134 66 7MB
German Pages 832 Year 2012
Kleveman (Hrsg.) Anwalts-Handbuch Einstweiliger Rechtsschutz
Anwalts-Handbuch Einstweiliger Rechtsschutz herausgegeben von
Rechtsanwalt Dr. Dirk Kleveman bearbeitet von
Rechtsanwalt Axel Braun, Köln Rechtsanwalt Dr. Richard Happ, Hamburg Rechtsanwalt Thomas Henßler, Hamburg, Hannover Rechtsanwältin Dr. Katrin Herchenröder, Hamburg Rechtsanwalt Dr. Dirk Kleveman, Hammoor Rechtsanwältin Gisela Kühner, Hamm Rechtsanwalt Dr. Kay Oelschlägel, Hamburg Rechtsanwalt Dr. Arndt Scheffler, München Rechtsanwalt Reinhard Willemsen, Köln, München 2. Auflage
2013
Zitierempfehlung: Kleveman/Bearbeitez, Einstweiliger Rechtsschutz, 2. Aufl. 2013, § ... Rz....
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen N ationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-47097-5 @2013 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorlrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: Schäper, Bonn Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Das Anwalts-Handbuch soll dem Rechtsanwalt bei der Bewältigung der vielfältigen Probleme des einstweiligen Rechtsschutzes kompetent und rasch helfen. Die Autoren dieses Werkes sind allesamt erfahrene Praktiker, die aus einem großen Erfahrungsschatz schöpfen und in der Praxis bewährte Lösungen präsentieren. Der Allgemeine Teil wendet sich insbesondere an den Rechtsanwalt, der mit den prozessualen Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes nicht ständig zu tun hat und deshalb zuverlässigen Rat sowie gute Muster benötigt. Aber auch der erfahrene Prozessanwalt dürfte im Allgemeinen Teil noch viel Neues und Antworten für seltene Fallkonstellationen (zB Schiedsverfahren, Auslandsbezug) finden. Der Besondere Teil orientiert sich an den Rechtsgebieten, in denen der einstweilige Rechtsschutz eine große Rolle spielt. Hierzu werden die speziellen Fragen erörtert, die sich aus der Verzahnung von Prozess- und materiellem Recht ergeben. Das materielle Recht wird dabei immer soweit erläutert, wie es für das Verständnis der prozessualen Situation erforderlich ist. Die Darstellung ist so gewählt, dass der unter großem Zeitdruck arbeitende Rechtsanwalt sehr schnell das für seinen Fall relevante Wissen findet. Hierzu dienen insbesondere die Muster mit vielen Formulierungsvorschlägen, aber auch zahlreiche Praxistipps sowie Checklisten. Zusätzlich wird auf Fehlerquellen und prozesstaktische Finessen hingewiesen. Unabhängig von der praktischen Ausrichtung beziehen die Autoren zu vielen prozessualen Streitfragen Stellung. Deshalb hoffe ich, dass das Buch weiterhin zur Meinungsbildung beiträgt und von Rechtsprechung und Schrifttum gerne herangezogen wird. Die 2. Auflage berücksichtigt neue Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis Oktober 2012. Kritik und Anregungen sind wiederum sehr willkommen. Antwortkarten stehen hierfür am Buchende zur Verfügung. Allen Autoren danke ich für ihre Beiträge und dem Verlag Dr. Otto Schmidt für die stets angenehme Zusammenarbeit. Dank schulde ich aber auch meiner Ehefrau Silke und unseren Kindern Julia, Fabian, Isabel und Carina, die meine buchbedingte Abwesenheit geduldig akzeptiert haben. Hammoor, im Oktober 2012
Dirk Kleveman
V
Inhalts- und Musterübersicht* Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XVII
Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIII
§ 1 Vorprozessuale Überlegungen (Kleveman)
I. II. III. IV. V. VI. VII.
Mandatsannahme . Anwaltsvertrag . . Vergütung . . . . . Sachverhalt . . . . Erfolgsaussichten . Kostenrisiko . . . . Schadensersatz . .
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Rz.
Seite
1 7 11 22 27 29 30
1 3 4 6 7 7 8
1 14 47
9 11 17
1 13
26 28
17 25 30
29 31 32
52 110 125 136 176 178
35 46 48 50 59 60
. . . . . . .
§ 2 Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes (Kleveman)
I. Abgrenzungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 2.1: Abschlussschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 3 Einstweilige Verfügung (Kleveman)
I. Typen von einstweiligen Verfügungen . . . . . . . . . . . . Muster 3.1: Herausgabe an den Sequester . . . . . . . . . . . Muster 3.2: Verbot von Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 3.3: Leistungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . .
II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung . . . . . . .
Muster 3.4: Weitgefasster Antrag mit einzelnen Verbotsvorschlägen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe . . . Muster 3.5: Sofortige Beschwerde . Muster 3.6: Widerspruch . . . . . . IV. Das Rechtfertigungsverfahren . .
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. . . . Muster 3.7: Rechtfertigungsverfahren nach § 942 Abs. 1 ZPO .
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* Ausführliche Inhaltsverzeichnisse zu Beginn eines jeden Paragraphen.
VII
Inhalts- und Musterübersicht Rz.
Seite
. . . . .
179 188 215 226 235
60 62 67 69 71
I. Arresttypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzungen des Arrests . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 4.1: Antrag auf persönlichen Arrest . . . . . . . . . . . Muster 4.2: Antrag auf dinglichen Arrest und Arrestpfändung . . III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sicherheitsleistung des Antragstellers . . . . . . . . . . . . V. Aufhebung des Arrestes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 5 50 51 60 64 69 71
73 74 83 84 87 88 89 89
. . . . . . . .
1 37 40 51 58 64 66 69
91 99 100 102 104 106 107 107
I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Antrag und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 5
111 112
. . . .
30 41 42 48 55 56
119 123 124 126 128 128
Muster 6.5: Antrag auf Klageerhebung durch den Antragsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
130
V. Aufhebung der einstweiligen Verfügung . . . . . . . Muster 3.8: Aufhebungsantrag nach § 926 Abs. 2 ZPO . Muster 3.9: Aufhebungsantrag nach § 927 ZPO . . . . . VI. Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 3.10: Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
§ 4 Arrest
(Kleveman)
§ 5 Vollziehung und Vollstreckung (Happ)
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . II. Vollziehung des Arrests . . . . . . Muster 5.1: Versteigerungsantrag . . Muster 5.2: Pfändungsantrag . . . . .
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. . . .
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. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . . Muster 5.3: Antrag auf Eintragung einer Arresthypothek . Muster 5.4: Aufhebungsantrag . . . . . . . . . . . . . . III. Vollziehung der einstweiligen Verfügung . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . . Muster 5.5: Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes .
. . . . . . . .
§ 6 Selbständiges Beweisverfahren (Happ)
Muster 6.1: Antrag auf Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 6.2: Streitverkündung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III. Durchführung der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . Muster 6.3: Ablehnung des Gutachters wegen Befangenheit . Muster 6.4: Antrag auf Ladung des Sachverständigen . . . . . IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VIII
Inhalts- und Musterübersicht
§ 7 Insolvenz (Willemsen)
Rz.
Seite
1 3 7
131 132 133
.
1
148
. . .
16 31 40
153 156 159
Muster 8.3: Antrag auf Aufhebung des Vollziehungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
161
1
163
2
164
. . . .
35 37
171 173
. . . .
59 77
179 181
. . . . .
. . . . .
1 2 20 37 61
184 184 188 191 195
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter . . . . . . . .
1 8
199 201
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aktivprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Passivprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 8 Schiedsverfahren (Happ)
I. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor Schiedsgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 8.1: Verfügungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 8.2: Antrag nach § 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO . . . . . .
§ 9 Auslandsbezug (Kleveman)
I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsgrundlagen des deutschen internationalen einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 9.1: Antrag auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 9.2: Beschwerde gegen Vollstreckbarkeitserklärung . Muster 9.3: Zustellung an Schuldner mit Wohnsitz im EUMitgliedstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 9.4: Vollstreckbarkeitsklage gemäß §§ 722, 723 ZPO
§ 10 Kosten und Gebühren (Herchenröder)
I. II. III. IV. V.
Einleitung . . . . . Streitwert . . . . . Gerichtskosten . . Anwaltsgebühren . Prozesskostenhilfe
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§ 11 Mietrecht (Herchenröder)
IX
Inhalts- und Musterübersicht Seite
. . . .
. . . .
34 39 58 65
206 210 216 220
. III. Ansprüche des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 11.6: Verletzung der Betriebspflicht . . . . . . . . . . Muster 11.7: Räumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
78 83 109 119
224 228 234 238
129 133
242 245
140 148
246 249
1 12
255 259
.
34
266
.
42
270
.
48
274
.
55
277
.
62
280
.
68
284
.
82
289
.
93
294
. III. Kollektivarbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
101 102
297 298
121
304
122
305
Muster Muster Muster Muster Muster
11.1: Konkurrenzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2: Wiedereinräumung des Besitzes . . . . . . . . 11.3: Verbotene Eigenmacht (Strom abstellen) . . . . 11.4: Unterlassen von Modernisierungsmaßnahmen . 11.5: Unterlassung und Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch (Vorkaufsrecht) . . . .
Rz.
Muster 11.8: Widerspruch gegen Ausübung des Vermieterpfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IV. Ansprüche der Mieter untereinander . . . . . . . . . . . . .
Muster 11.9: Unterlassen nach § 823 Abs. 1 BGB (Hundehaltung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V. Sonderfall: Leasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 12 Arbeitsrecht (Braun)
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Individualarbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.1: Antrag auf Lohnzahlung im einstweiligen Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.2: Antrag auf Unterlassung im einstweiligen Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.3: Antrag des Arbeitnehmers auf Herausgabe von Arbeitsmitteln im einstweiligen Rechtsschutz . . Muster 12.4: Antrag des Arbeitnehmers auf Herausgabe der Arbeitspapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.5: Antrag des Arbeitnehmers auf Urlaubsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.6: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . Muster 12.7: Weiterbeschäftigungsantrag des Arbeitnehmers gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG . . . . . . . . Muster 12.8: Antrag auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungsverpflichtung gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.9: Antrag auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Muster 12.10: Antrag auf Zutritt eines Gewerkschaftsvertreters zu einer Betriebsversammlung . . . . . . . . . . Muster 12.11: Antrag auf Untersagung einer Betriebsversammlung durch den Arbeitgeber . . . . . . . .
X
Inhalts- und Musterübersicht Rz.
Seite
.
129
308
.
134
311
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143
316
.
167
326
. .
173 182
328 332
. . . . .
1 3 9 20 21
335 336 338 342 344
Muster 13.3: Untersagung auf Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern . . . . . . . . . . . . . Muster 13.4: Eintragung einer Vormerkung . . . . . . . . . . . .
37 50
349 354
. . . . . .
1 8 21 26 28 31
358 358 362 364 366 369
Muster 14.4: Verbot der Ausführung eines Eigentümerbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 14.5: Untersagung einer baulichen Veränderung . . . . . Muster 14.6: Wohngeldrückstand . . . . . . . . . . . . . . . .
35 37 41
372 375 378
Muster 12.12: Antrag auf Vollziehung/Unterlassung einer Betriebsvereinbarung oder eines Einigungsstellenspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.13: Antrag des Arbeitgebers auf Entbindung von der Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters gemäß § 78a Abs. 4 BetrVG Muster 12.14: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Anordnung von Überstunden . . . . . . Muster 12.15: Anträge im Zusammenhang mit Betriebsratswahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 12.16: Einstweiliger Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Mandatsausübung . . . . . . . . . . . Muster 12.17: Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf . .
§ 13 Bau- und Werkvertragsrecht (Happ)
I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ansprüche des Auftraggebers/Bauherrn . . . . . . Muster 13.1: Herausgabe von Kopien . . . . . . . . . Muster 13.2: Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers
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. . . . .
§ 14 Wohnungseigentumsrecht (Herchenröder)
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Streitgegenstände und Fallgruppen . . . . . . . . . Muster 14.1: Bestellung eines vorläufigen Verwalters . Muster 14.2: Einberufungsermächtigung . . . . . . . .
. . . . . Muster 14.3: Herausgabe von Versicherungsunterlagen .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
XI
Inhalts- und Musterübersicht
§ 15 Familienrecht (Kühner)
Rz.
Seite
1
384
21 53
386 392
.
54
392
. . . .
81 82 87 117
396 396 397 402
.
156
408
.
200
415
. .
242 242
421 421
.
331
435
.
399
445
. III. Einstweiliger Rechtsschutz in FG-Familiensachen . . . . .
440 450
451 452
. . . .
470 525 587 664
457 466 476 487
. . . .
665 729
488 497
1 26 51 61 82 94
508 514 522 526 532 535
I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einstweiliger Rechtsschutz in Familienstreitsachen gemäß § 112 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 15.1: Antrag auf Unterhalt – Ehegattenunterhalt . . . . . Muster 15.2: Antrag auf Unterhalt – Ehegatten- und Kindesunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 15.3: Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung, § 54 Abs. 2 FamFG . . . . . . . . . . Muster 15.4: Antrag auf Aufhebung, § 54 Abs. 1 FamFG . . . Muster 15.5: Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung . . . . Muster 15.6: Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens . . Muster 15.7: Antrag auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 15.8: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Unterhalt vor Geburt . . . . . . . . . . . . . Muster 15.9: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Feststellung der Vaterschaft . . . . . . . . . Muster 15.10: Antrag auf Sicherungsanordnung . . . . . . . . Muster 15.11: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in sonstigen Familiensachen . . . . . . . . . . Muster 15.12: Antrag auf dinglichen Arrest zur Sicherung eines Unterhaltsanspruches . . . . . . . . . . . . . . Muster 15.13: Antrag auf dinglichen Arrest zur Sicherung einer Zugewinnausgleichsforderung . . . . . . . . . Muster 15.14: Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . Muster 15.15: Antrag auf Gewährung von Umgangsrecht . . Muster 15.16: Antrag auf Kindesherausgabe . . . . . . . . . Muster 15.17: Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung . . . Muster 15.18: Antrag auf Herausgabe von Haushaltsgegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 15.19: Antrag nach § 1 GewSchG . . . . . . . . . .
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§ 16 Gesellschaftsrecht (Kleveman)
I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . Muster 16.1: Stimmrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . Muster 16.2: Geschäftsführungsberechtigter Gesellschafter . Muster 16.3: Sicherung des Widerspruchsrechts . . . . . . II. Offene Handelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 16.4: Anmeldung zum Handelsregister . . . . . . . . XII
. . . . . .
. . . . . .
Inhalts- und Musterübersicht
Muster 16.5: Vorläufige Entziehung der Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . .
III. Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . Muster 16.6: Stimmrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . Muster 16.7: Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen . .
. . . .
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Muster 16.8: Untersagung der Geschäftsführung und Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 16.9: Abberufung als Vorstandsmitglied . . . . . . . . . Muster 16.10: Unterlassungsverfügung eines Aktionärs . . . . .
Rz.
Seite
104 113 125 133 141
538 542 544 546 549
185 203 222 230
559 565 570 574
1 17 21 22 29 30
579 584 585 586 588 590
42 43
594 595
47
596
49 50
598 599
1 2
602 603
52 73
623 632
77 86 99 106
635 639 646 650
§ 17 Vereinsrecht (Kleveman)
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufnahme als Vereinsmitglied . . . . . . . . . . Muster 17.1: Vorläufige Mitgliedschaft im Verein . . . III. Vereinsstrafen, insbesondere Vereinsausschluss Muster 17.2: Vereinsausschluss . . . . . . . . . . . IV. Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . .
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Muster 17.3: Einstweilige Verfügung auf Teilnahme an der Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . . .
V. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . .
Muster 17.4: Einstweilige Verfügung zur Abberufung des Vorstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 17.5: Einstweilige Verfügung auf Fortsetzung der Vorstandstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .
VI. Vollziehung von Vereinsbeschlüssen . . . . . . . . . . . . .
§ 18 Unlauterer Wettbewerb (Henßler)
I. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes im unlauteren Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . III. Der Verfahrensablauf beim einstweiligen Rechtsschutz unlauteren Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 18.1: Wettbewerbsrechtliche Abmahnung . . . . . . Muster 18.2: Strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (als eigene Reaktion des Abgemahnten) . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 18.3: Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 18.4: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Muster 18.5: Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . im . . . . . . . .
. . . .
XIII
Inhalts- und Musterübersicht Rz.
Seite
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
108 122
652 657
. . . . . . . . . . . . . . . IV. Checklisten einstweiliger Rechtsschutz im unlauteren Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
123
658
124
658
1 4 12
663 664 667
49 58 58 59
683 685 685 686
1 5 37
689 691 698
52
703
60
707
73
712
1 6 31 61 62 67 81
717 719 726 733 734 735 740
Muster 18.6: Kostenwiderspruch . . Muster 18.7: Abschlussschreiben . Muster 18.8: Abschlusserklärung als schreiben . . . . . . .
Anlage zum Abschluss-
§ 19 Kartellrecht (Scheffler)
I. II. III. IV.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen . . . . . . Exkurs: Einstweiliger Rechtsschutz im Kartellverwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Muster Antragsschrift und Schutzschrift . . . . . . . . . . Muster 19.1: Antragsschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 19.2: Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 20 Urheberrecht (Oelschlägel)
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen . III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Urheberrechtsverletzungen Muster 20.1: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch – . . . Muster 20.2: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – Auskunft hinsichtlich Dritter – . . . . . . . . . . . Muster 20.3: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – Besichtigungsanspruch – . . . . . . . . . . . . .
§ 21 Presserecht (Oelschlägel)
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen . III. Schutz vor Presseveröffentlichungen . . . . . . . . . . . . . Muster 21.1: Veröffentlichungsverlangen . . . . . . . . . . . . . Muster 21.2: Gegendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 21.3: Antragsschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 21.4: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . .
XIV
Inhalts- und Musterübersicht
§ 22 Markenrecht (Oelschlägel)
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen . . . Muster 22.1: Abmahnschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 22.2: Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung . . . . Muster 22.3: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – markenrechtlicher Unterlassungsanspruch – . . .
Rz.
Seite
1 6 40 53 54
743 745 753 757 758
58
760
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
769
XV
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.F. ABl. EG/EU Abs. abw. AEUV AfP AG AGB AGG AGS AktG Alt. AnfG Anm. AnwBl. AO AP ArbGG ArbRB Art. Aufl. AuR AVAG Az. BAG BAGE BAT BauR BayObLG BB BDSG BetrVG BezG BFH BGB BGBl. BGH BGHReport BGHZ BORA BRAGO BRAK
anderer Ansicht alte Fassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften/Europäischen Union Absatz abweichend Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht Amtsgericht, Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Anwaltsgebühren Spezial Aktiengesetz Alternative Anfechtungsgesetz Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des BAG Arbeitsgerichtsgesetz Der Arbeits-Rechts-Berater Artikel Auflage Arbeit und Recht Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundes-Angestelltentarif Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Bundesdatenschutzgesetz Betriebsverfassungsgesetz Bezirksgericht Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Schnelldienst zur Zivilrechtsprechung des Bundesgerichtshofs Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Berufsordnung der Rechtsanwälte Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltskammer XVII
Abkürzungsverzeichnis
BRAO BR-Drucks. BT-Drucks. BUrlG BVerfG BVerfGE BWNotZ
Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrats-Drucksache Bundestags-Drucksache Bundesurlaubsgesetz Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg
DAV DB DIS DStR DWE DWW
Deutscher Anwaltverein Der Betrieb Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit Deutsches Steuerrecht Der Wohnungseigentümer Deutsche Wohnungswirtschaft
-E e.V. EG EGBGB EGInsO EGZPO EheGVVO
-Entwurf eingetragener Verein Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Gesetz, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 vom 27.11.2003 Energiewirtschaftsgesetz Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis Einkommensteuergesetz Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäischer Wirtschaftsraum Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht
EnWG ErbR EStG ESUG EU EuGH EuGVÜ EuGVVO EuZW EWiR EWIV EWR EzA FamFG FamGKG XVIII
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen
Abkürzungsverzeichnis
FamRB FamRZ FF FGG
GuT GVG GVGA GVO GWB
Der Familien-Rechts-Berater Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Forum Familien- und Erbrecht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Flaggenrechtsgesetz Finanzierung Leasing Factoring Familie, Partnerschaft, Recht Festschrift Grundbuchordnung Gesellschaft bürgerlichen Rechts Grundeigentum Gebrauchsmustergesetz Geschmacksmustergesetz Gewerbeordnung Gewaltschutzgesetz Grundgesetz Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Internationaler Teil Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Rechtsprechungs-Report Gewerbemiete und Teileigentum Gerichtsverfassungsgesetz Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Gerichtsvollzieherordnung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
h.M. Halbs. HGB HKÜ HOAI
herrschende Meinung Halbsatz Handelsgesetzbuch Haager Kindesentführungsübereinkommen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
i.d.F. i.V.m. IBR ICC IHR
in der Fassung in Verbindung mit Immobilien- und Baurecht International Chamber of Commerce Internationales Handelsrecht – Zeitschrift für das Recht des internationalen Warenkaufs und Warenvertriebs
FGO FGPrax FlagRG FLF FPR FS GBO GbR GE GebrMG GeschmMG GewO GewSchG GG GKG GmbH GmbHG GmbHR GRUR GRUR Int. GRUR-Prax GRUR-RR
XIX
Abkürzungsverzeichnis
InsO IntFamRVG InVo IPR IPRax IZPR
Insolvenzordnung Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz Insolvenz und Vollstreckung Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Internationales Zivilprozessrecht
JR JurBüro JuS Justiz
Juristische Rundschau Das Juristische Büro Juristische Schulung Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Gesetz für Jugendwohlfahrt Juristenzeitung Kapitel Kammergericht, Kommanditgesellschaft Kammergericht-Report Berlin Kostenrechtsmodernisierungsgesetz Kündigungsschutzgesetz Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie Kostenverzeichnis
JWG JZ Kap. KG KGR KostRModG KSchG KUG KV LAG LAGE LG LPartG LPG LSG LugÜ
Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Landgericht Lebenspartnerschaftsgesetz Landespressegesetz Landessozialgericht Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen
m.w.N. MarkenG MDR MietRB MMR
mit weiteren Nachweisen Markengesetz Monatsschrift für Deutsches Recht Der Miet-Rechts-Berater MultiMedia und Recht
n.F. n.v. NAV NJOZ NJW NJWE-FER NJWE-MietR NJWE-WettBR
neue Fassung nicht veröffentlicht Niederspannungsanschlussverordnung Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungsdienst Familien- und Erbrecht NJW-Entscheidungsdienst Miet- und Wohnungsrecht NJW Entscheidungsdienst Wettbewerbsrecht
XX
Abkürzungsverzeichnis
NJW-RR NVwZ NVwZ-RR NZA NZA-RR NZBau NZG NZV OHG OLG OLGE OLGR
NJW-Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht
OVG
Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungssammlung der Oberlandesgerichte OLG-Report, Schnelldienst zur Zivilrechtsprechung der Oberlandesgerichte Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht
p.a. PartGG PatG PharmR PKH PKHB ProdHaftG PStG
pro anno/per annum Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentgesetz Pharma Recht (Zeitschrift) Prozesskostenhilfe Prozesskostenhilfebekanntmachung Produkthaftungsgesetz Personenstandsgesetz
RdA RegE RGZ RIW Rpfleger RPflG Rs. Rspr. RVG Rz.
Recht der Arbeit Regierungsentwurf Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz Rechtssache Rechtsprechung Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Randzahl
SAE SchiedsVZ SchlHA SchRegO SGB I–XI Slg. st. Rspr. StPO StromGVV
Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Zeitschrift für Schiedsverfahren Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schiffsregisterordnung Sozialgesetzbuch, 1.–11. Buch Sammlung ständige Rechtsprechung Strafprozessordnung Stromgrundversorgungsordnung
OLGZ
XXI
Abkürzungsverzeichnis
TzBfG
Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge
UStG UVG UWG
Umsatzsteuergesetz Unterhaltsvorschussgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VerbrKrG VersR VG VGH VO VOB/A
Verbraucherkreditgesetz Versicherungsrecht Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Verordnung VOB Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen VOB Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführungen von Bauleistungen Vorbemerkung Vergütungsverzeichnis Verwaltungsgerichtsordnung
VOB/B Vorbem. VV VwGO WEG WiB WM WO WPg WRP WuM WUW/E
Wohnungseigentumsgesetz Wirtschaftliche Beratung Wertpapier-Mitteilungen Wahlordnung Die Wirtschaftsprüfung Wettbewerb in Recht und Praxis Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wirtschaft und Wettbewerb – Entscheidungssammlung zum Kartellrecht
ZAP ZEV ZfBR ZfIR ZGR ZHR ZInsO ZIP ZMR ZPO ZRP ZS ZSEG
Zeitschrift für die Anwaltspraxis Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Baurecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zivilsenat Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Zeitschrift für Zivilprozess
ZUM ZUM-RD ZVG ZZP XXII
Allgemeines Literaturverzeichnis Werke, die darüber hinaus für das jeweilige Rechtsgebiet einschlägig sind, finden Sie am Anfang jedes Paragrafens.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, Kommentar, 70. Aufl. 2012 Berger (Hrsg.), Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, 2006 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 9. Aufl. 2011 Crückeberg, Vorläufiger Rechtsschutz, Schriftsätze und Erläuterungen, 4. Aufl. 2012 Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, 3. Aufl. 1999 Ebmeier/Schöne, Der einstweilige Rechtsschutz, 1997 Enders/Börstinghaus, Einstweiliger Rechtsschutz, 2. Aufl. 2010 Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 13. Aufl. 2011, hrsg. vom H.P. Westermann Keidel, FamFG, Familienverfahren, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Kommentar, 17. Aufl. 2011 Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1 §§ 1–240, 6. Aufl. 2012, hrsg. von Säcker/Rixecker (MünchKomm. BGB) Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band 1 §§ 1–510c, 3. Aufl. 2008; Band 2 §§ 355–1024, 4. Aufl. 2012, Band 3 §§ 946–1086 und Nebengesetze, 3. Aufl. 2008, Band 1 und 3 hrsg. von Rauscher/Wax/Wenzel, Band 2 hrsg. von Krüger/Rauscher (MünchKomm. ZPO) Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz, 9. Aufl. 2012 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012 Schneider, Die Klage im Zivilprozess, 3. Aufl. 2007 Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 13. Aufl. 2011 Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, Kommentar, 5. Aufl. 2011
XXIII
Allgemeines Literaturverzeichnis
Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Neubearb. 2001 ff. Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 10 Bände, 22. Aufl. 2002 ff. Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, Kommentar, 32. Aufl. 2011 Vorwerk, Das Prozessformularbuch, 9. Aufl. 2010 Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, 1993 Zöller, Zivilprozessordnung, Kommentar, 29. Aufl. 2012
XXIV
§1 Vorprozessuale Überlegungen Inhaltsübersicht I. Mandatsannahme . . . . . . . . 1. Vertretungsverbote . . . . . . . 2. Interessenkollision . . . . . . . 3. Aufklärungspflichten a) Tätigkeit für Gegner . . . . b) Vertretung von Interessen Dritter gegen Auftraggeber
. . .
1 2 4
.
5
III. Vergütung 1. Gebühren nach Gegenstandswert 2. Vergütungsvereinbarung . . . . . 3. Prozesskostenhilfe . . . . . . . .
11 12 19
IV. Sachverhalt . . . . . . . . . . . .
22
.
6
V. Erfolgsaussichten . . . . . . . . .
27
II. Anwaltsvertrag 1. Form . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . .
VI. Kostenrisiko . . . . . . . . . . . .
29
7 10
VII. Schadensersatz . . . . . . . . . .
30
I. Mandatsannahme Vor Annahme eines Mandats hat der Rechtsanwalt mit dem potenziellen Mandanten dessen Ziele zu klären und insbesondere mit ihm zu erörtern, ob ein Prozess der richtige Weg ist, um diese Ziele zu erreichen. Sodann ist zu besprechen, wer die Beteiligten des Rechtsstreites sind und ob der Mandatsübernahme zwingende Gründe entgegenstehen.
1
1. Vertretungsverbote Hierzu hat der Anwalt zunächst zu prüfen, ob ein in den §§ 45–47 BRAO geregeltes Vertretungsverbot besteht, das ihn zur Mandatsablehnung verpflichtet. Hierbei ist zu beachten, dass die Tätigkeitsverbote der §§ 45 Abs. 1 und 2, 46 Abs. 2 BRAO für die gesamte Sozietät und in sonstiger Weise zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundenen Rechtsanwälte und Angehörige anderer Berufe gelten (§§ 45 Abs. 3, 46 Abs. 3 BRAO). Bei einer Vielzahl von Berufsträgern hat deshalb der mit der Mandatsanbahnung befasste Rechtsanwalt sehr sorgfältig zu prüfen, ob er einem Tätigkeitsverbot unterliegt, weil ein Übernahmeverbot aus der Tätigkeit eines mit ihm verbundenen Berufsträgers resultiert.
2
Verstöße gegen ein Vertretungsverbot führen zur Nichtigkeit eines gleichwohl abgeschlossenen Anwaltsvertrags.1 Das Tätigkeitsverbot wird auch nicht dadurch beseitigt, dass der Mandant trotz Kenntnis des Vertretungsverbots in die Tätigkeit des Rechtsanwaltes einwilligt.2
3
1 BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 48/10, NJW 2011, 373. 2 Vorwerk in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 1 Rz. 27.
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§1
Rz. 4
Vorprozessuale Überlegungen
2. Interessenkollision 4
Ferner hat der Rechtsanwalt vor Mandatsübernahme zu klären, ob er die Mandatsannahme nicht wegen Interessenkollision abzulehnen hat. § 43a Abs. 4 BRAO verbietet dem Anwalt, widerstreitende Interessen zu vertreten. Nach § 3 Abs. 1 BORA darf der Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat. Dabei gilt das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen nach § 3 Abs. 2 BORA grundsätzlich auch, wenn die widerstreitenden Interessen von einem in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwalt vertreten wurden oder werden.1 Vertritt der Rechtsanwalt widerstreitende Interessen, ist der Anwaltsvertrag nichtig (§ 43a Abs. 4 BRAO, § 134 BGB).2
3. Aufklärungspflichten a) Tätigkeit für Gegner 5
Vertritt der Rechtsanwalt oder ein Sozius bzw. ein in sonstiger Weise zur gemeinschaftlichen Berufsausübung mit ihm verbundener Kollege häufig den Gegner der Partei, die ihr ein neues Mandat anträgt, so hat der Rechtsanwalt auf diesen Umstand hinzuweisen, selbst wenn ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang mit den vom Gegner erteilten Aufträgen nicht besteht.3 Wenn der Rechtsanwalt in dieser Situation nicht ohnehin das Mandat ablehnen möchte, ist er zumindest verpflichtet, den Mandanten hierüber zu informieren, damit dieser entscheiden kann, ob er gleichwohl das Mandat erteilt oder die Vertretung in andere Hände legt. b) Vertretung von Interessen Dritter gegen Auftraggeber
6
Vertritt der Rechtsanwalt oder ein Sozius des Rechtsanwaltes einen Dritten gegen den potenziellen Mandanten, so ist dieses rechtlich zulässig. Der Rechtsanwalt kann in verschiedenen Sachen gleichzeitig für und gegen einen Mandanten tätig sein.4 Auch hierüber hat der Rechtsanwalt aufzuklären und insbesondere dem potenziellen Mandanten deutlich vor Augen zu führen, was dies bedeutet.5
1 § 3 BORA ist mit Wirkung zum 1.7.2006 neu gefasst; vgl. zur alten Fassung BVerfG v. 3.7.2003 – 1 BvR 238/01, NJW 2003, 2520. 2 KG v. 12.7.2007 – 16 U 62/06, NJW 2008, 1458. 3 BGH v. 8.11.2007 – IX ZR 5/06, WM 2008, 371. 4 BGH v. 7.6.1984 – III ZR 37/83, NJW 1985, 41. 5 Vgl. dazu BGH v. 7.6.1984 – III ZR 37/83, NJW 1985, 41 (42).
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II. Anwaltsvertrag
Rz. 10
§1
II. Anwaltsvertrag 1. Form Der Anwaltsvertrag ist regelmäßig ein Geschäftsbesorgungsvertrag, dessen Zustandekommen sich nach den allgemeinen Vorschriften richtet. Auch wenn Schriftform nicht vorgeschrieben ist, sollte der Rechtsanwalt auf eine schriftliche Vereinbarung bestehen, um später nachweisen zu können, dass ihm tatsächlich ein Auftrag erteilt wurde und welchen Inhalt dieser hatte.
7
Zusätzlich benötigt der Rechtsanwalt zumindest eine vom Auftraggeber unterschriebene Vollmacht.
8
" Praxistipp: In Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren sollte der 9 Rechtsanwalt stets mit einer Original-Vollmacht im Termin erscheinen. Ansonsten läuft er das Risiko, dass auf Rüge des Gegners das Gericht die Prozessvollmacht prüfen will und dies nicht möglich ist. Maßgebender Zeitpunkt für den Nachweis ist jedoch der Schluss der mündlichen Verhandlung.1 Das Gericht hätte dann nur die Möglichkeit, den Termin nach § 227 ZPO zu vertagen. Es ist jedoch strittig, ob dies im Arrest- bzw. einstweiligen Verfügungsverfahren überhaupt zulässig ist.2 Auf jeden Fall ist das Gericht nicht verpflichtet, die mündliche Verhandlung zu vertagen, sondern kann den nicht legitimierten Rechtsanwalt zurückweisen und durch Prozess- bzw. Versäumnisurteil entscheiden.3
2. Inhalt Inhaltlich ist zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt zu klären, ob das Mandat sich nur auf die prozessuale Auseinandersetzung beschränkt oder ob der Rechtsanwalt den Mandanten auch beraten soll. Ist das Mandat nicht beschränkt, so ist der Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet, seinen Auftraggeber umfassend und erschöpfend zu beraten.4 Ist der Auftrag hingegen auf die Prozessführung beschränkt, hat der Anwalt die Interessen seines Auftraggebers nur in den Grenzen des erteilten Mandates wahrzunehmen. Gleichwohl darf der Rechtsanwalt auch bei einem in solcher Weise eingeschränkten Mandat die ihm übertragene Prozessführung nicht völlig isoliert von den übrigen Interessen des Auftraggebers sehen.5 Der Rechtsanwalt ist auch in diesen Fällen verpflichtet, mit dem Rechtsstreit unmittelbar zusammenhängende rechtliche und wirtschaftliche Belange seiner Partei mit zu berücksichtigten und darauf zu achten, dass ihr insoweit nicht durch ein Versäumnis während des Prozesses Nachteile entstehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn für den Rechtsanwalt ersichtlich ist, dass bei Verlust des Prozesses Ansprüche gegen einen Dritten in Betracht
1 2 3 4 5
Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 88 ZPO Rz. 12. Vgl. Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 15; Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 15. Bork in Stein/Jonas, § 89 ZPO Rz. 1. BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 81/96, NJW 1997, 2168 (2169). BGH v. 29.4.1993 – IX ZR 101/92, NJW 1993, 2045.
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§1
Rz. 11
Vorprozessuale Überlegungen
kommen und der Auftraggeber insoweit nicht anderweitig beraten wird.1 Bei Belangen, die außerhalb des Mandats liegen, beschränkt sich die Warnpflicht jedoch auf Gefahren, die dem Rechtsanwalt bekannt oder für ihn offenkundig sind.2
III. Vergütung 1. Gebühren nach Gegenstandswert 11
Die Gebühren des Rechtsanwalts werden gemäß § 2 Abs. 1 RVG nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Die konkrete Gebührenhöhe richtet sich nach dem Vergütungsverzeichnis, das als Anlage 1 dem RVG angefügt ist. Nach der Feststellung des Gegenstandwerts lassen sich die Gerichts- und Anwaltsgebühren berechnen. Da der weitere Verlauf eines Rechtsstreits ungewiss ist (z.B. durch Gegenanträge, Rechtsmittel), sollte der Rechtsanwalt auf zusätzliche Kosten hinweisen und Alternativen durchrechnen.
2. Vergütungsvereinbarung 12
Für eine Vereinbarung, nach der der Mandant eine höhere als die gesetzliche Vergütung leisten soll, ist nach § 3a RVG Folgendes zu beachten: – Die Vergütungsvereinbarung bedarf der Textform (§ 126b BGB); – sie darf nicht in der Vollmacht enthalten sein; – sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet und von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein; – sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.
13
Neben einer zeitbezogenen Vergütung (Stundenhonorar) kommt auch eine Erhöhung der gesetzlichen Gebühren, ein Zusatzhonorar oder im Rahmen des § 4a RVG ein Erfolgshonorar in Betracht.3
14
Bei einem Prozessmandat ist es (von § 4a RVG abgesehen) unzulässig, geringere als die gesetzlichen Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern.4 Der Rechtsanwalt ist jedoch grundsätzlich berechtigt, eine höhere Vergütung zu vereinbaren. Bei einer Berechnung des Honorars auf Grundlage des tatsächlichen Zeitaufwands des Rechtsanwalts ist bei Mandatserteilung häufig noch nicht absehbar, ob die Abrechnung nach dem Zeitaufwand nicht dazu führt, dass die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgeschriebenen Gebühren 1 2 3 4
BGH v. 29.4.1993 – IX ZR 101/92, NJW 1993, 2045. BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 81/96, NJW 1997, 2168 (2169). Vorwerk in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 1 Rz. 87 ff. Vorwerk in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 1 Rz. 87.
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III. Vergütung
Rz. 20
§1
und Auslagen in unzulässiger Weise unterschritten würden. Dies muss durch eine entsprechende Klausel verhindert werden.
" Praxistipp: In der Vergütungsvereinbarung kann wie folgt formuliert werden: 15 Die Vergütung wird auf Grundlage des tatsächlichen Zeitaufwands des Rechtsanwalts mit einem Stundensatz von … Euro zuzüglich Mehrwertsteuer berechnet. Sie bemisst sich jedoch mindestens in Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Auf die unter vorstehender Voraussetzung erfolgende Bestimmung der Vergütung nach dem Gegenstandswert wird der Auftraggeber gemäß § 49b Abs. 5 BRAO hingewiesen. Der obsiegenden Partei werden nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen erstattet. § 4a RVG sieht vor, dass ausnahmsweise ein Erfolgshonorar vereinbart werden darf, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. In einem gerichtlichen Verfahren darf dabei für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.
16
Die Vereinbarung muss nach § 4a Abs. 2 RVG enthalten:
17
– die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und ggf. die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, sowie – die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingung verdient sein soll. Zusätzlich verlangt § 4a Abs. 3 RVG, dass in der Vergütungsvereinbarung die wesentlichen Gründe anzugeben sind, auf denen die Bemessung des Erfolgshonorars beruht. Ferner ist ein Hinweis aufzunehmen, dass die Vereinbarung keinen Einfluss auf die ggf. vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten und die von ihm zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter hat.
18
3. Prozesskostenhilfe Prozesskostenhilfe kann für alle von der ZPO erfassten Rechtsstreitigkeiten gewährt werden, auch für Arrest, einstweilige Verfügung, einstweilige Anordnung und selbständiges Beweisverfahren.1 Prozesskostenhilfebewilligung für ein schon anhängiges Verfahren in der Hauptsache deckt nicht ein Arrest- oder einstweiliges Verfügungsverfahren mit ab, sondern muss gesondert beantragt werden.2
19
Es ist hingegen nicht erforderlich, für die Vollziehung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung gesondert Prozesskostenhilfe zu beantragen, da die Beiordnung des Rechtsanwalts für das Arrest- bzw. Verfügungsverfahren auch
20
1 Geimer in Zöller, § 114 ZPO Rz. 2; Bork in Stein/Jonas, § 114 ZPO Rz. 11; OLG München v. 9.10.2008 – 25 W 2183, NJW-RR 2009, 325 (einstweilige Verfügung). 2 Engels in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 10 Rz. 90.
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§1
Rz. 21
Vorprozessuale Überlegungen
deren Vollziehung oder Vollstreckung mit umfasst, sofern der Beiordnungsbeschluss nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet.1 21
Nach § 118 Abs. 1 ZPO ist dem Gegner vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn dies nicht aus besonderen Gründen unzweckmäßig erscheint. Bei Arrest und einstweiliger Verfügung sowie teilweise auch bei einstweiligen Anordnungen hängt der Erfolg häufig von einer Überraschungswirkung ab, sodass ggf. das Gericht gebeten werden sollte, von einer vorherigen Anhörung des Gegners abzusehen.2
IV. Sachverhalt 22
Für den Prozess ist es von zentraler Bedeutung, dass der Rechtsanwalt alle rechtlich erheblichen Tatsachen für die Anspruchsgrundlagen und mögliche Einwendungen herausarbeitet. Hierbei ist der Mandant darauf hinzuweisen, dass der Anwalt für ihn in der Regel nur erfolgversprechend arbeiten kann, wenn der Mandant ihm sämtliche Informationen erteilt und nichts zurückhält.
23
Sodann ist mit dem Mandanten zu besprechen, für welche Tatsachen er beweispflichtig ist und wie der Beweis geführt werden kann. Nach §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO sind die tatsächlichen Voraussetzungen des Arrest- bzw. Verfügungsanspruches und des Arrest- bzw. Verfügungsgrundes glaubhaft zu machen. Dies bedeutet zunächst, dass im Arrest- bzw. einstweiligen Verfügungsverfahren die Wahrheit einer streitigen Behauptung nicht bewiesen werden muss, sondern es ausreicht, wenn der Richter sie für wahrscheinlich hält. Eine Behauptung ist glaubhaft gemacht, sofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft.3
24
Für die Glaubhaftmachung sind neben den auch im Hauptsacheprozess statthaften Beweismitteln (Zeugen, Sachverständige, Urkunden- und Augenscheinsbeweis sowie Parteivernehmung) insbesondere die eidesstattliche Versicherung einer Partei oder eines Dritten zulässig. Darüber hinaus kommen schriftliche Zeugenerklärungen, Atteste, Privatgutachten und Fotos in Betracht.4 Für die Glaubhaftmachung sind jedoch nur Beweise geeignet, die das Gericht sofort erheben kann (§ 294 Abs. 2 ZPO). Die beweispflichtige Partei muss deshalb grundsätzlich jedes Beweismittel, auch die Zeugen, zum Termin zur mündlichen Verhandlung mitbringen, da eine Vertagung zur Beweisaufnahme unzulässig ist.5
1 Engels in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 10 Rz. 90a. 2 Geimer in Zöller, § 118 ZPO Rz. 3; Engels in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 10 Rz. 90. 3 BGH v. 11.9.2003 – IX ZB 37/03, NJW 2003, 3558. 4 Greger in Zöller, § 294 ZPO Rz. 5; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 294 ZPO Rz. 6. 5 Greger in Zöller, § 294 ZPO Rz. 3; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 294 Rz. 9.
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V. Erfolgsaussichten
Rz. 29
§1
Wenn der Antragsteller erreichen will, dass das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet, so hat er glaubhaft zu machen, dass im konkreten Fall naheliegende Einwendungen oder Einreden nicht bestehen.1
25
" Praxistipp: Auch wenn im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren 26 die Tatsachen, auf denen der Klaganspruch beruht, nur glaubhaft gemacht werden müssen, ist stets zu beachten, dass der Antragsgegner die Anordnung der Klageerhebung nach § 926 ZPO verlangen kann. In dem Hauptsacheverfahren ist dann der Vollbeweis zu führen, wofür lediglich die im Hauptsacheprozess statthaften Beweismittel zur Verfügung stehen.
V. Erfolgsaussichten Die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sind vom Rechtsanwalt sorgfältig zu prüfen. Hierbei hat der Rechtsanwalt sich zunächst an dem Sachverhalt zu orientieren, aber mit dem Mandanten auch zu besprechen, inwieweit sich der vorgetragene Sachverhalt beweisen lässt und welche Risiken im Rahmen einer Beweisaufnahme bestehen. Sodann hat der Rechtsanwalt den Mandanten über die Rechtslage und etwaige Unsicherheiten im rechtlichen Bereich zu informieren und ihn über das Prozessrisiko möglichst genau aufzuklären, damit der Mandant eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann, ob er eine prozessuale Auseinandersetzung wünscht oder davon Abstand nimmt.2
27
Besteht der Mandant trotz geringer Erfolgsaussichten darauf, dass der Rechtsstreit geführt wird, so begeht der Rechtsanwalt keine Pflichtverletzung, wenn er diese Weisung befolgt.3 Der Rechtsanwalt sollte jedoch prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, den Auftrag abzulehnen bzw. das Mandat niederzulegen. Der Rechtsanwalt kann in dem Fall den Mandatsvertrag aus wichtigem Grund kündigen, ohne dass er seinen Anspruch auf die bereits verdiente Vergütung verliert.4
28
VI. Kostenrisiko Den Rechtsanwalt trifft keine generelle Belehrungspflicht zu den Kosten seiner Tätigkeit, da als bekannt vorausgesetzt werden darf, dass die Tätigkeit des Anwalts und die Tätigkeit des Gerichts nicht kostenlos ist und die in einem Prozess unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits tragen muss.5 Es ist jedoch von dem Anwalt § 49b Abs. 5 BRAO zu beachten, wonach der Anwalt 1 Grunsky in Stein/Jonas, § 920 ZPO Rz. 11; Crückeberg, § 3 Rz. 74. 2 BGH v. 17.4.1986 – IX ZR 200/85, NJW 1986, 2043 (2044); OLG Koblenz v. 12.6.2006 – 12 U 315/05, NJW-RR 2006, 1358 (1359); Schneider in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 4 Rz. 7 ff. 3 Schneider, § 1 Rz. 34. 4 Schneider, § 1 Rz. 35. 5 Schneider in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 4 Rz. 14; Schneider, § 1 Rz. 43.
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§1
Rz. 30
Vorprozessuale Überlegungen
den Mandanten vor Übernahme des Mandats darauf hinweisen muss, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnen. Demgemäß hat der Rechtsanwalt den Mandanten auf den Abrechnungsmodus hinzuweisen. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits für den Mandanten gering, so ist der Rechtsanwalt verpflichtet, auch ungefragt über das Kostenrisiko zu belehren.1 Darüber hinaus ist der Rechtsanwalt verpflichtet, auf ein ungewöhnlich hohes Kostenrisiko ungefragt hinzuweisen.2 Selbstverständlich muss der Rechtsanwalt den Mandanten über das Kostenrisiko umfassend aufklären, wenn dieser ihn hiernach fragt. In dem Fall muss der Anwalt die eigene Vergütung, die Gerichtskosten sowie die evtl. zu erstattenden Kosten der Gegenseite einbeziehen. Insbesondere ist der Mandant darüber aufzuklären, dass für das Eilverfahren und für das Hauptsacheverfahren jeweils separate Gerichtskosten und Anwaltsgebühren anfallen.
VII. Schadensersatz 30
Der Rechtsanwalt hat den Mandanten schließlich über die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO aufzuklären. Nach dieser Vorschrift haftet der Gläubiger, wenn sich die Anordnung des Arrests oder der einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder wenn die angeordnete Maßregel aufgrund der §§ 926 Abs. 2 und 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass derjenige, welcher von einem noch nicht endgültig rechtsbeständigen Titel Gebrauch macht, aber im weiteren Verlauf des Rechtsstreits unterliegt, dem Gegner Schadensersatz zu leisten hat.3 Die Schadensersatzpflicht aus § 945 ZPO tritt unabhängig vom Verschulden des Vollstreckungsgläubigers ein.
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Anspruchsberechtigt ist der Gegner, das ist die Partei des Arrest-(Verfügungs-)Verfahrens, gegen die der Arrest bzw. die einstweilige Verfügung als Schuldner vollzogen wurde. Zu ersetzen ist der durch die Vollziehung von Arrest oder einstweiliger Verfügung adäquat kausal verursachte, zurechenbare unmittelbare und mittelbare Vermögensschaden.4 Der nach § 945 ZPO zu ersetzende Vollziehungsschaden umfasst beispielsweise: Produktionseinstellung, Betriebsausfall, Schäden aus Liefersperren, entgangene Aufträge, Gewinnausfall, Beeinträchtigung des Absatzes.5 Kommt es nicht zu einer Vollziehung des Arrests oder der einstweiligen Verfügung, weil der Schuldner gemäß §§ 923, 927, 939 ZPO Sicherheit geleistet hat, kann der Schuldner den dadurch entstandenen Schaden gemäß § 945 ZPO ersetzt verlangen.6 1 Schneider, § 1 Rz. 46. 2 OLG München v. 31.5.1990 – 24 U 808/89, NJW-RR 1991, 1460 (1461); Schneider, § 1 Rz. 44. 3 BGH v. 26.3.1992 – IX ZR 108/91, NJW 1992, 2297 f.; BGH v. 22.1.2009 – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72 = MDR 2009, 1072; Vollkommer in Zöller, § 945 ZPO Rz. 3. 4 Vollkommer in Zöller, § 945 ZPO Rz. 14; BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 94/03, NJW 2006, 2767. 5 Vollkommer in Zöller, § 945 ZPO Rz. 14c. 6 Vollkommer in Zöller, § 945 ZPO Rz. 15.
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§2 Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes Inhaltsübersicht I. Abgrenzungsfragen 1. Regelungsziel . . . . . . . . . . 2. Sonderstellung in der ZPO . . 3. Arrest/einstweilige Verfügung a) Arrest . . . . . . . . . . . . . b) Einstweilige Verfügung . .
. . . . .
II. Einzelfragen 1. Keine Vorwegnahme der Hauptsache a) Grundsatz . . . . . . . . . . . b) Leistungsverfügung als Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis der Institute des einstweiligen Rechtsschutzes untereinander und zum Hauptsacheprozess . . . . . 3. Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . 4. Verweisung . . . . . . . . . . . . 5. Rechtshängigkeit a) Unterschiedliche Streitgegenstände . . . . . . . . . . . . . . b) Leistungsverfügung als Ausnahme . . . . . . . . . . . . . .
1 3 5 6 11
14 16
17 20 25
28 34
6. Rechtskraft . . . . . . . . . . . . a) Formelle Rechtskraft . . . . . b) Materielle Rechtskraft . . . . 7. Abschlussverfahren . . . . . . . a) Abschlusserklärung . . . . . . b) Abschlussschreiben . . . . . . c) Wartefrist . . . . . . . . . . . . 8. Rechtliches Gehör . . . . . . . . a) Entscheidung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung durch Urteil . 9. Antragsänderung und -rücknahme a) Antragsänderung . . . . . . . b) Antragsrücknahme . . . . . . 10. Anerkenntnis und Verzicht . . . 11. Erledigung der Hauptsache . . . a) Erledigendes Ereignis . . . . . b) Übereinstimmende Erledigungserklärungen . . . . . . . c) Einseitige Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . 12. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . 13. Verjährung . . . . . . . . . . . . .
37 39 40 43 44 46 48 57 60 62
68 73 78 87 90 92 96 100 104
I. Abgrenzungsfragen 1. Regelungsziel Im Regelfall muss der Anspruchsberechtigte bei gerichtlicher Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs auf einen Vollstreckungstitel so lange warten, bis das Gericht die einzelnen Stadien des Erkenntnisverfahrens (wie etwa Vorverfahren, mündliche Verhandlung, Beweisaufnahme usw.) durchlaufen hat. Dieser zeitaufwendige Verfahrensablauf und die chronische Überlastung der Gerichte bergen die Gefahr, dass die Durchsetzung eines Anspruchs vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert wird.
1
Um dieser Gefahr zu begegnen und Ansprüche zu sichern (im Regelfall jedoch nicht zu befriedigen), wurde zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Zivilrecht das Institut des einstweiligen Rechtsschutzes in das 8. Buch der ZPO eingefügt (§§ 916–945 ZPO). In anderen Verfahrensordnungen, wie z.B. der VwGO oder der FGO, existieren eigenständige Regelungen des einstweiligen Rechtsschutzes.
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§2
Rz. 3
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
2. Sonderstellung in der ZPO 3
Trotz seiner Aufnahme im 8. Buch der ZPO unter dem Titel „Zwangsvollstreckung“ handelt es sich beim einstweiligen Rechtsschutz um ein summarisches Erkenntnisverfahren und nicht um ein Vollstreckungsverfahren.
4
Aufgrund dieser Einordnung als besondere Art des Erkenntnisverfahrens sind grundsätzlich die Vorschriften des Erkenntnisverfahrens anwendbar, soweit sich nicht aus den §§ 916 ff. ZPO oder aus den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes etwas anderes ergibt.1 Die §§ 916 ff. ZPO enthalten im Wesentlichen Regelungen zum Erkenntnisverfahren und nur einige wenige Zwangvollstreckungsnormen in den §§ 929 Abs. 1, 930–933 ZPO.2
3. Arrest/einstweilige Verfügung 5
Unterschieden wird zwischen Arrest und einstweiliger Verfügung. Der Arrest dient zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, die einstweilige Verfügung zur Sicherung eines Individualanspruchs oder zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses.3 a) Arrest
6
Der Arrest findet zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldforderung übergehen kann (§ 916 Abs. 1 ZPO).
7
Bei begründeten Anhaltspunkten des Gläubigers für eine wesentliche Erschwerung der Zwangsvollstreckung durch den Schuldner bietet der Arrest dem Gläubiger Schutz vor dem Verlust seiner Befriedigungsmöglichkeit.4
8
Unter Geldforderungen versteht man alle Forderungen auf Zahlung oder Überweisung eines bestimmten Geldbetrages, z.B. Forderungen auf Kaufpreis- oder Mietzahlung oder Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz.
9
Ansprüche, die in Geldforderungen übergehen können, sind alle sonstigen vermögensrechtlichen Ansprüche, beispielsweise Unterlassungsansprüche im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes (etwa § 8 UWG), mietrechtliche Unterlassungsansprüche (z.B. wegen Hundehaltung)5 und alle nichtvermögensrechtlichen Ansprüche, die sich in einen Geldanspruch als Sekundäranspruch umwandeln können, z.B. der Anspruch auf Schadensersatz aufgrund einer Persönlichkeitsrechtsverletzung.6
1 Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 3; Berger in Berger, Kap. 2 Rz. 2. 2 Enders in Enders/Börstinghaus, Teil 1, § 1 Rz. 3. 3 Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 1; Reichold in Thomas/Putzo, Vor § 916 ZPO Rz. 8. 4 Ebmeier/Schöne, A Rz. 2. 5 Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 4. 6 Grunsky in Stein/Jonas, Vor § 916 ZPO Rz. 51.
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II. Einzelfragen
§2
Rz. 15
Ist der Individualanspruch gefährdet und das Entstehen einer Ersatzforderung denkbar, so kann der Gläubiger wählen, ob er den Individualanspruch durch einstweilige Verfügung oder den Geldanspruch durch Arrest sichern will.1 Ausnahmsweise kann neben der einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Individualanspruchs auch ein Arrest zur Sicherung des Ersatzanspruchs angeordnet werden.2
10
b) Einstweilige Verfügung Die einstweilige Verfügung hingegen dient der Sicherung von Individualansprüchen, also anderen Ansprüchen als Geldansprüchen (§ 935 ZPO), oder der einstweiligen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses (§ 940 ZPO). Lediglich im Rahmen einer Leistungsverfügung kann eine Geldforderung ausnahmsweise Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein.
11
In der Praxis werden wesentlich häufiger einstweilige Verfügungen beantragt als Arreste. Die Konzentration bzw. Ausrichtung der §§ 916 ff. ZPO auf den Arrest deckt sich insoweit nicht mit der Bedeutung dieser Normen für die Praxis.
12
Das Verhältnis von Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) und Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) ist in der Literatur umstritten.3 In der Praxis wird zwischen beiden Verfügungen nicht scharf unterschieden.4
13
II. Einzelfragen 1. Keine Vorwegnahme der Hauptsache a) Grundsatz Arrest und einstweilige Verfügung dienen grundsätzlich nur der einstweiligen Sicherung des Anspruchs, nicht aber der Befriedigung (Ausnahme: Leistungsverfügung). Deshalb dürfen sie die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen.5 Die Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sollen in ihrem materiell-rechtlichen Gehalt im Vergleich zum Urteil im Hauptsacheverfahren ein Minus beinhalten.6
14
" Hinweis: Sicherungsmittel, die die Hauptsache nicht vorwegnehmen, sind 15 beispielsweise bei einem Herausgabeanspruch die Anordnung der Herausgabe an einen Gerichtsvollzieher (Sequestration) und bei einem Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks die Eintragung einer Vormerkung.
1 Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 2. 2 Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 2. 3 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 2; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 940 ZPO Rz. 1. 4 Drescher in MünchKomm., § 938 ZPO Rz. 8; Berger in Berger, Kap. 2 Rz. 12 ff. 5 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Grundz. § 916 ZPO Rz. 5; Berger in Berger, 1. Teil, Kap. 2 Rz. 27. 6 Drescher in MünchKomm., § 938 ZPO Rz. 16.
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§2
Rz. 16
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
b) Leistungsverfügung als Ausnahme 16
Einzige Ausnahme von dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache ist die von der Rechtsprechung entwickelte und inzwischen anerkannte Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung, die unter bestimmten Voraussetzungen eine vorläufige Befriedigung des Gläubigers zulässt.1 Die Leistungsverfügung kommt aber nur in Betracht, wenn Sicherungsmaßnahmen wegen einer bestehenden oder künftigen Notlage zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Gläubiger nicht ausreichend sind.2 Leistungsverfügungen können z.B. bei der Durchsetzung von Ansprüchen auf Zahlung von Unterhalt oder Arbeitsentgelt in Betracht kommen.
2. Verhältnis der Institute des einstweiligen Rechtsschutzes untereinander und zum Hauptsacheprozess 17
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und das Hauptsacheverfahren sind nebeneinander möglich. Erst mit Rechtskraft der Entscheidung des Hauptsacheprozesses wird ein vorläufiges Verfahren unzulässig.3
18
Der Übergang von dem Arrestverfahren oder dem einstweiligen Verfügungsverfahren in das Hauptsacheverfahren ist nach h.M. nicht zulässig, da es sich dabei um eine andere Verfahrensart mit einem anderen Streitgegenstand handelt.4
19
Zwischen den beiden einstweiligen Rechtsschutzinstituten ist trotz der unterschiedlichen Zwecke von Arrest und einstweiliger Verfügung wegen der Ähnlichkeit beider Verfahren ein Wechsel zulässig.5
3. Rechtsweg 20
Das Verfahren des Arrestes und der einstweiligen Verfügung kommt nur in Betracht, wenn der ordentliche Rechtsweg in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten eröffnet ist.6
21
Wenn dies nicht der Fall ist, kommt eine Rechtswegverweisung von Amts wegen gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs in Betracht.7
22
Die entsprechenden Verfahrensordnungen, wie z.B. VwGO oder FGO, verfügen zwar nicht über identische Institute wie Arrest und einstweilige Verfügung, bie1 Grunsky in Stein/Jonas, Vor § 935 ZPO Rz. 31 ff.; Reichold in Thomas/Putzo, § 940 ZPO Rz. 6. 2 Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 6. 3 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Grundz. § 916 ZPO Rz. 11; Berger in Berger, Kap. 3 Rz. 91. 4 Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 14; Reichold in Thomas/Putzo, § 263 ZPO Rz. 13 und § 920 ZPO Rz. 3; Huber in Musielak, § 916 ZPO Rz. 3. 5 Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 3; Huber in Musielak, § 916 ZPO Rz. 5. 6 Berger in Berger, Kap. 3 Rz. 31. 7 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 29; Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 4.
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II. Einzelfragen
§2
Rz. 28
ten aber dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers vergleichbare Rechtsschutzmöglichkeiten. Der staatliche Eilrechtsschutz ist auch dann gewährleistet, wenn für die Hauptsache die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart worden ist (§§ 1033, 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. dazu § 8 „Schiedsverfahren“). Dies war früher streitig, ist aber seit der Neuregelung des Schiedsverfahrenrechts nun ausdrücklich gesetzlich geregelt. Neben den staatlichen Gerichten kann auch das Schiedsgericht vorläufige und sichernde Maßnahmen anordnen. Insofern hat der Antragsteller ein Wahlrecht. Jede Vollziehungsmaßnahme setzt allerdings voraus, dass das staatliche Gericht die Vollziehung durch Beschluss zulässt.
23
" Praxistipp: Einen schnelleren Rechtsschutz erlangt der Antragsteller, wenn 24 er Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes unmittelbar bei einem staatlichen Gericht begehrt, da das Schiedsgericht Zwangsmittel weder verhängen noch androhen darf und daher jede Vollziehungsmaßnahme ohnehin erst von dem staatlichen Gericht zugelassen werden muss.
4. Verweisung Es ist umstritten, ob im summarischen Verfahren von Arrest und einstweiliger Verfügung bei sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit die Verweisungsnorm des § 281 ZPO, die unmittelbar nur im Klageverfahren gilt, anwendbar ist.1
25
Von der h.M. wird dies dann bejaht, wenn der Eilzweck der Verweisung nicht entgegensteht.2 Die h.M. bejaht auch die Zulässigkeit einer Verweisung, wenn gegen eine ergangene Beschlussverfügung Widerspruch eingelegt worden ist.3
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Da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das Streitverhältnis schon durch Einreichung des Antrags begründet wird, kann der Rechtsstreit bereits verwiesen werden, bevor der Arrest- oder Verfügungsantrag dem Antragsgegner zugestellt ist.4
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5. Rechtshängigkeit a) Unterschiedliche Streitgegenstände Im Eilverfahren ist nicht der sachlich-rechtliche Anspruch selbst, sondern nur der Anspruch auf Sicherung einer Geldforderung bzw. von Individualansprüchen oder der einstweiligen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses rechtshängig. Es werden also im Hauptsacheverfahren und im einstweiligen 1 Reichold in Thomas/Putzo, § 281 ZPO Rz. 1; BGH v. 8.2.1989 – IVb ARZ 47/88, FamRZ 1989, 847. 2 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 281 ZPO Rz. 4; Greger in Zöller, § 281 ZPO Rz. 2; Foerste in Musielak, § 281 ZPO Rz. 2; Teplitzky, DRiZ 1982, 41 (42). 3 OLG Hamm v. 20.12.1988 – 4 U 244/88, 249/88, OLGZ 1989, 338 (340); OLG Stuttgart v. 11.12.1957 – 4 W 90/57, MDR 1958, 171. 4 Teplitzky, DRiZ 1982, 41 (42).
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§2
Rz. 29
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
Rechtsschutzverfahren zwei unterschiedliche Streitgegenstände zur Entscheidung gebracht.1 29
Mit Eingang des Eilantrags beim Gericht wird das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes rechtshängig, nicht jedoch der Hauptsacheanspruch.2 Wenn der gesicherte Anspruch nicht bereits rechtshängig ist, kann er zeitgleich oder später gerichtlich geltend gemacht werden.
30
Sobald ein Arrest- oder Verfügungsantrag rechtshängig ist, kann kein weiterer Arrest- oder Verfügungsantrag, der auf demselben Lebenssachverhalt beruht, gestellt werden. Insofern gilt auch hier das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO.3 Dies soll selbst dann gelten, wenn das Verfahren schon in der Rechtsmittelinstanz schwebt, da neue Tatsachen auch noch in der Rechtsmittelsinstanz vorgebracht werden können.4
31
Daher sind bei mehreren Gerichten gleichzeitig eingereichte inhaltsgleiche Anträge unzulässig. Falls ein Gericht davon Kenntnis erlangt, muss es den später gestellten Antrag wegen anderweitiger Rechtshängigkeit zurückweisen.
32 " Hinweis: In der Praxis kommt es allerdings vor, dass bei unterschiedlichen Gerichten gleichlautende Anträge gestellt werden, um auf diese Weise die Erfolgschancen zu verbessern. Die Gerichte versuchen dieses „forum-shopping“ zu unterbinden, indem sie den später gestellten Antrag als „unheilbar unzulässig“ beurteilen.5 33
Wenn aber der Antragsteller sowohl einen Antrag auf persönlichen als auch auf dinglichen Arrest stellt und er ein berechtigtes Interesse daran hat, beide Wege zu beschreiten, so ist dies zulässig, da zwei unterschiedliche Anträge und Rechtsschutzziele vorliegen.6 b) Leistungsverfügung als Ausnahme
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Es ist umstritten, ob die Leistungsverfügung ein Hauptsacheverfahren wegen anderweitiger Rechtshängigkeit hindert, da sie letztendlich zur Vorwegnahme der Hauptsache führt.
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Die h.M. nimmt zutreffend auch im Fall der Leistungsverfügung keine Rechtshängigkeit der Hauptsache an, sodass der Anspruchsteller zeitgleich zusätzlich Hauptsacheklage erheben kann.7 Der Antragsgegner ist im Falle einer Verurteilung auf Leistung im Eilverfahren und im Hauptsacheverfahren durch die Mög-
1 Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 5. 2 Drescher in MünchKomm., Vor §§ 916 ff. ZPO Rz. 15; Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 5. 3 Drescher in MünchKomm., Vor § 916 ZPO Rz. 16; Berger in Berger, Kap. 3 Rz. 22. 4 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 10; Berger in Berger, Kap. 3 Rz. 22. 5 OLG Hamburg v. 26.11.2009 – 3 U 60/90, GRUR 2010, 266. 6 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 10c. 7 Drescher in MünchKomm., Vor §§ 916 ZPO Rz. 15; Teplitzky, DRiZ 1982, 41 (42); Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 471; a.A. OLG Köln v. 9.11.1979 – 6 U 158/79, WRP 1980, 92 (93).
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II. Einzelfragen
§2
Rz. 42
lichkeit der Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 4, 5 ZPO vor einer doppelten Inanspruchnahme hinreichend geschützt.1 Einstweilen frei.
36
6. Rechtskraft Die Rechtskraft im Eilverfahren erstreckt sich wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände von Eilverfahren und Hauptsacheverfahren nicht auf den Streitgegenstand der Hauptsache.2 Das Gericht kann im Eilverfahren anders entscheiden als im Hauptsacheverfahren.
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Bei der Rechtskraftwirkung ist zwischen formeller und materieller Rechtskraft zu unterscheiden.
38
a) Formelle Rechtskraft Soweit über den Eilantrag nach einer mündlichen Verhandlung durch Urteil entschieden wurde und kein Rechtsmittel mehr zulässig ist, ist die Entscheidung formell rechtskräftig. Gleiches gilt für einen abweisenden Beschluss, wenn die sofortige Beschwerde zurückgewiesen wurde oder nicht statthaft ist. Ein stattgebender Beschluss wird nicht rechtskräftig, da vom Antragsgegner Widerspruch erhoben werden kann.
39
b) Materielle Rechtskraft Das formell rechtskräftige Urteil, das dem Arrest- oder Verfügungsantrag stattgibt, wird in den Grenzen des § 927 ZPO materiell rechtskräftig.3 Ein formell rechtskräftiger abweisender Beschluss hat beschränkte materielle Rechtskraft. Ein zweites Gesuch um einstweiligen Rechtsschutz ist unzulässig, wenn seit dem ersten Gesuch keine Veränderung eingetreten ist.4
40
Der Antragsteller kann aber ein erneutes Gesuch stellen, wenn er sein Begehren auf neue Tatsachen stützt, die nach der Ablehnung entstanden oder bekannt geworden sind und keine Gelegenheit bestand, diese im ersten Verfahren vorzutragen. Gleiches gilt, wenn der Antragsteller neue Mittel der Glaubhaftmachung vorträgt, die er im ersten Verfahren nicht vorbringen konnte.
41
Schließlich kann ein erneuter Antrag gestellt werden, wenn der erlassene Arrest oder die einstweilige Verfügung nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen wurde.5
42
1 2 3 4
Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 7. Heiderhoff in Berger, Kap. 7 Rz. 41. Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 13; Heiderhoff in Berger, Kap. 7 Rz. 42. OLG Frankfurt v. 14.7.2005 – 16 U 23/05, NJW 2005, 3222; OLG Köln v. 5.7.2005 – 15 U 57/05, GRUR-RR 2005, 363; Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 13. 5 Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 13; Heiderhoff in Berger, Kap. 7 Rz. 42.
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§2
Rz. 43
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
7. Abschlussverfahren 43
Da es sich bei der einstweiligen Verfügung nur um eine vorläufige Regelung handelt und der Rechtsstreit wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände von Eil- und Hauptverfahren damit nicht endgültig entschieden ist, wurden von der wettbewerbsrechtlichen Prozesspraxis die so genannte „Abschlusserklärung“ und das so genannte „Abschlussschreiben“ entwickelt (vgl. dazu auch § 18 Rz. 117 ff.). a) Abschlusserklärung
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Die Abschlusserklärung dient nach Durchführung des einstweiligen Verfügungsverfahrens zur Vermeidung eines Hauptsacheprozesses.1
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Nachdem eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, erkennt der Antragsgegner in einer so genannten „Abschlusserklärung“ die zuvor ergangene einstweilige Verfügung als endgültige und zwischen den Parteien materiell-rechtlich verbindliche Regelung an.2 Hierzu erklärt er, dass er auf die Rechtsbehelfe des Widerspruchs gemäß §§ 936, 924 ZPO (bei einer Beschlussverfügung) bzw. der Berufung (bei einer Urteilsverfügung), die Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage gemäß §§ 936, 926 ZPO sowie auf die Stellung eines Antrags auf Aufhebung wegen veränderter Umstände gemäß §§ 936, 927 ZPO mit Ausnahme künftiger Umstände, die einem rechtskräftigen Hauptsachetitel entgegengesetzt werden könnten, verzichtet.3 b) Abschlussschreiben
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Der Antragsteller kann den Antragsgegner mit einem „Abschlussschreiben“ auffordern, in einer Abschlusserklärung die zuvor ergangene einstweilige Verfügung als endgültige und zwischen den Parteien materiell-rechtlich verbindliche Regelung anzuerkennen und die in einer Abschlusserklärung üblichen Verzichtserklärungen (vgl. Rz. 44 f.) abzugeben. Die Kosten des Abschlussschreibens hat der Antragsgegner zu erstatten, wenn er nach Zustellung der einstweiligen Verfügung ausreichend Zeit hatte, eine Abschlusserklärung abzugeben und diese erst nach Erhalt des Abschlussschreibens abgibt.4
" Praxistipp: Ohne Abschlussschreiben sollte keine Hauptsacheklage erho-
ben werden, da der Kläger sonst Gefahr läuft, dass er die Kosten des Hauptsacheprozesses tragen muss, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt (§ 93 ZPO).5
1 2 3 4 5
Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 9. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 93 ZPO Rz. 77. Huber in Musielak, § 936 Rz. 3; Berger in Berger, Kap. 2 Rz. 40. BGH v. 2.3.1973 – I ZR 5/72, NJW 1973, 901. BGH v. 4.3.2008 – VI ZR 176/07, NJW 2008, 1744 (1745).
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M 2.1
II. Einzelfragen
§2
Rz. 48
u
Abschlussschreiben
2.1 47
Einschreiben/Rückschein An . . . [Anschrift des Antragsgegners] Betr.: Einstweilige Verfügung . . . [Gericht, Aktenzeichen] Sehr geehrter Herr . . ., . . . [Antragsteller] hat uns mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt und uns gebeten, Ihnen Folgendes mitzuteilen: Unser Mandant hat gegen Sie beim Landgericht am . . . oben bezeichnete einstweilige Verfügung erwirkt, in welcher Ihnen untersagt worden ist . . . Diese einstweilige Verfügung wurde Ihnen am . . . zugestellt. Da die einstweilige Verfügung den Sach- und Streitstand lediglich vorläufig regelt und unser Mandant die Angelegenheit zum Abschluss bringen möchte, fordern wir Sie auf, bis zum . . . eine Abschlusserklärung abzugeben. Aus dieser soll hervorgehen, dass Sie die genannte einstweilige Verfügung als endgültige und zwischen unserem Mandanten und Ihnen materiell-rechtlich verbindliche Regelung anerkennen und auf Ihre Rechte aus § 924 ZPO (Einlegung eines Widerspruchs), § 926 ZPO (Anordnung der Klageerhebung) und auf Ihr Recht aus § 927 ZPO (Aufhebung wegen veränderter Umstände) verzichten. Ein entsprechendes Muster fügen wir als Anlage bei. Sofern die Abschlusserklärung nicht innerhalb der oben genannten Frist bei uns eingehen sollte, werden wir unserem Mandanten empfehlen, Klage in der Hauptsache zu erheben. Da unser Mandant Sie bereits mit Schreiben vom . . . erfolglos aufgefordert hatte, eine Abschlusserklärung abzugeben, sind Sie ferner verpflichtet, unserem Mandanten die Kosten für dieses Abschlussschreiben zu erstatten. Wir fordern Sie deshalb auf, den in der beiliegenden Kostenberechnung ausgewiesenen Betrag in Höhe von . . . bis zum . . . auf das in diesem Schreiben angegebene Konto zu überweisen. Mit freundlichen Grüßen ... (Rechtsanwalt)
c) Wartefrist Der Antragsteller hat nur dann einen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für das Abschlussschreiben, wenn er dem Antragsgegner angemessene Zeit gegeben hat, von sich aus eine Abschlusserklärung abzugeben. Von der Recht-
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§2
Rz. 49
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
sprechung wird eine Wartefrist von zwei Wochen1 bis zu einem Monat2 ab Zustellung der einstweiligen Verfügung verlangt. In der Praxis wird ein Zeitrahmen von zwölf Tagen bis zu mindestens einem Monat diskutiert. Hält der Antragsgegner diese Frist nicht ein und verfasst der Antragsteller ein Abschlussschreiben, trifft den Antragsgegner die negative Kostenfolge. 49–56 Einstweilen frei.
8. Rechtliches Gehör 57
Der in Art. 103 Abs. 1 GG statuierte Anspruch auf rechtliches Gehör gilt selbstverständlich auch für die Parteien im Eilverfahren. Dieses Grundrecht gewährt dem Anspruchsteller das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen, Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen. Der Anspruchsgegner muss im Gegenzug davon Kenntnis erhalten und sich dazu äußern können.
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Die im Eilverfahren bestehende Möglichkeit zur Einreichung einer Schutzschrift stellt keine ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Der Antragsgegner hat zum Zeitpunkt der Schutzschrift schließlich keine genaue Kenntnis vom Inhalt des Eilantrags, sondern hegt lediglich die Vermutung, dass ein entsprechender Antrag eingereicht wird.
59 " Hinweis: Sollte der Antragsgegner bereits eine Schutzschrift eingereicht haben, folgt nach einhelliger Auffassung aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör für das Gericht die Verpflichtung, diese Schutzschrift in vollem Umfang zu berücksichtigen.3 a) Entscheidung durch Beschluss 60
Bei einem Arrestverfahren ist nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 922 Abs. 1 S. 1 ZPO) und bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren unter den Voraussetzungen des § 937 Abs. 2 ZPO eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung möglich. Das rechtliche Gehör des Antragsgegners wird in diesem Fall durch die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Entscheidung gemäß § 924 Abs. 1 ZPO gewährleistet.
61
Wenn das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet, kann im Übrigen eine Anhörung des Antragsgegners vor der Beschlussfassung schriftlich, telefonisch4 oder auch elektronisch5 erfolgen, solange Sinn und Zweck des Eilverfahrens dadurch nicht unterlaufen werden.
1 OLG Hamm v. 19.11.2009 – 4 U 136/09, GRUR 2010, 267. 2 OLG Stuttgart v. 22.2.2007 – 2 U 173/06, NJOZ 2007, 3651; LG Berlin v. 7.3.2008 – 15 O 818/07, GRUR-RR 2008, 374. 3 Berger in Berger, Kap. 2 Rz. 22, 38. 4 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 44. 5 Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 17; Berger in Berger, Kap. 2 Rz. 22 ff.
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II. Einzelfragen
§2
Rz. 69
b) Entscheidung durch Urteil Für den Fall einer gerichtlichen Verhandlung muss beiden Parteien die Möglichkeit eingeräumt werden, zu den Erklärungen des Prozessgegners oder des Gerichts Stellung zu nehmen. Da aber in der Regel nur eine mündliche Verhandlung stattfindet, müssen sich die Parteien in diesem Termin vollständig erklären; ein Schriftsatznachlass ist unzulässig.
62
Grundsätzlich gilt, dass der Antragsteller den Sachverhalt glaubhaft zu machen hat (§§ 920 Abs. 2, 936 ZPO), da das Gericht ansonsten den Antrag als unbegründet abweisen wird (Ausnahme: § 921 Satz 1 ZPO).1 Bei der Glaubhaftmachung kann der Antragsteller sich – anders als im normalen Klageverfahren – aller präsenten Beweismittel bedienen. Neben den üblichen Beweismitteln gemäß §§ 371–455 ZPO (Sachverständige, Augenschein, Parteivernehmung, Urkunden und Zeugen) sind alle Mittel zulässig, die dazu geeignet sind, eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen. Dazu zählen beispielsweise die anwaltliche Versicherung, schriftliche Zeugenaussagen, Versicherung an Eides statt, dienstliche Äußerung eines Beamten oder eine behördliche Auskunft, Schriftstücke von Privatpersonen oder Behörden, Privatgutachten, Tonband- und Schallaufnahmen.
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" Hinweis: In der Praxis erfolgt die Glaubhaftmachung in den meisten Fällen 64 über eidesstattliche Versicherungen (§ 294 Abs. 1 ZPO).
Die Glaubhaftmachung erfordert, dass das Gericht die Beweise sofort erheben kann (§ 294 Abs. 2 ZPO). Daher können von dem Gericht nur präsente Beweismittel berücksichtigt werden. Für den Antragsteller folgt daraus, dass er jedes Beweismittel (Zeugen, Sachverständigengutachten, Urkunden etc.) zur mündlichen Verhandlung mitbringen muss.2 Einstweilen frei.
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66, 67
9. Antragsänderung und -rücknahme a) Antragsänderung Auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, einschließlich dem Widerspruchsverfahren, ist eine Klageänderung im Sinne der §§ 263 ff. ZPO möglich.
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Eine zu sichernde Geldforderung kann im Arrestverfahren bis zum Erlass des Arrestbefehls gegen eine andere ausgetauscht werden. Nach Erlass des Arrestbefehls kann der Arrestkläger im Widerspruchsverfahren den alten Arrestanspruch nicht gegen einen neuen austauschen, um den Arrestbefehl aufrechtzuerhalten. Er hat jedoch die Möglichkeit, im Wege der Klageänderung einen neuen Arrest zu erwirken.3
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1 Huber in Musielak, § 922 ZPO Rz. 2. 2 Huber in Musielak, § 294 ZPO Rz. 5. 3 OLG Frankfurt v. 15.9.1987 – 5 U 84, 87, NJW-RR 1988, 319.
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§2
Rz. 70
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
70
Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann ein neuer Verfügungsanspruch gemäß § 263 ZPO geltend gemacht werden. Dies ist entsprechend den allgemeinen Regeln auch noch in der Berufungsinstanz zulässig (§ 533 ZPO).1
71
Ein Übergang vom Eilverfahren in das Hauptsacheverfahren ist unzulässig, da dies nicht nur eine Änderung des Streitgegenstandes (§§ 263 ff. ZPO), sondern einen Wechsel der Verfahrensart darstellt.2
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Der Übergang vom Arrestverfahren ins Verfügungsverfahren und umgekehrt ist hingegen zulässig.3 Ein Übergang ist selbst in der Rechtsmittelinstanz möglich. Der Wechsel des Verfahrens kann aber in der Regel nicht durch die bloße Umdeutung des Arrestantrags in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolgen, sondern erfordert einen neuen Antrag. b) Antragsrücknahme
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§ 269 Abs. 1 ZPO, nach dem die Klage ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden darf, ist im Eilverfahren nicht anwendbar, da die Norm einen anderen Schutzzweck verfolgt. Da das Eilverfahren lediglich einen einstweiligen, sichernden Charakter besitzt, ist der Antragsgegner daher nicht so schutzwürdig wie beim Hauptsacheverfahren.4
74
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann der Antragsteller daher seinen Antrag bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, d.h. auch noch im Rechtsmittelverfahren, zurücknehmen. Einer Einwilligung des Gegners bedarf es nicht.5 Allerdings darf diese prozessuale Erleichterung nicht zum „forumshopping“ missbraucht werden, indem bei einem Gericht der Eilantrag zurückgenommen und sodann ein inhaltsgleicher Antrag bei einem anderen Gericht gestellt wird.6
75
Bei Antragsrücknahme hat der Antragsteller die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechend zu tragen.7 Dies gilt auch, wenn der Antragsteller den Arrestbefehl oder die einstweilige Verfügung nicht innerhalb der in § 929 Abs. 2 ZPO festgesetzten Monatsfrist dem Antragsgegner zustellt und aus diesem Grund den Antrag zurücknimmt, selbst dann, wenn er im Hauptsacheverfahren obsiegt.8
76
Die Rücknahme des Antrags ist formlos bis zum Widerspruch möglich, danach beim Landgericht nur durch einen Rechtsanwalt.9 1 OLG Hamburg v. 14.4.2005 – 5 U 96/04, GRUR-RR 2006, 15 (19). 2 Reichold in Thomas/Putzo, § 263 ZPO Rz. 13; OLG Hamm v. 18.9.1970 – 15 W 389/70, NJW 1971, 387; OLG Karlsruhe v. 29.12.1976 – 6 U 273/76, OLGZ 1977, 484. 3 KG v. 21.7.1961 – 10 W 1163/61, NJW 1961, 1978; Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 14. 4 OLG Düsseldorf v. 13.7.1982 – 5 U 54/82, NJW 1982, 2452. 5 Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 55; Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 13. 6 OLG Hamburg v. 6.12.2006 – 5 U 67/06, NJW-RR 2007, 763. 7 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 920 ZPO Rz. 18. 8 BGH v. 19.10.1994 – I ZR 187/92, NJW-RR 1995, 495. 9 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 920 ZPO Rz. 18; Grunsky in Stein/Jonas, § 920 ZPO Rz. 4.
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II. Einzelfragen
§2
Rz. 90
Die Rücknahme des Gesuchs führt zur Wirkungslosigkeit eines bereits ergangenen Urteils oder Beschlusses, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Wenn ein zweiseitiges Verfahren stattgefunden hat, hat der Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Antragsgegners zu tragen.
77
10. Anerkenntnis und Verzicht Auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann ein Anerkenntnis oder ein Verzicht erfolgen, da die Parteien hinsichtlich des Streitgegenstandes dispositionsbefugt sind.
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Ein auf den Streitgegenstand des Eilverfahrens beschränktes Anerkenntnis ist möglich.1 In dem Fall bedarf das Urteil, das den Arrest oder die einstweilige Verfügung erlässt, der Zustellung im Parteibetrieb.2 Gemäß § 306 ZPO kann der Antragsteller durch Verzicht das Eilverfahren beenden.
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Ein vom Antragsgegner abgegebenes Anerkenntnis hat zur Folge, dass das Gericht die vom Antragsteller begehrte Eilanordnung ohne Nachprüfung erlässt. Bei einem Verzicht des Antragstellers muss das Gericht den Antrag gemäß § 306 ZPO durch Verzichtsurteil ohne weitere Nachprüfung zurückweisen. Ist eine Anordnung bereits erfolgt, wird diese auf Antrag aufgehoben. Anerkenntnis und Verzicht haben keinen Einfluss auf den Hauptsacheanspruch.
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Einstweilen frei.
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11. Erledigung der Hauptsache Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann entsprechend § 91a ZPO die Erledigung der Hauptsache von den Beteiligten erklärt werden.3 Mit dem Begriff „Hauptsache“ ist hier aber nicht der zu sichernde Hauptsacheanspruch gemeint, der im Übrigen ohnehin in der Regel noch gar nicht rechtshängig ist, sondern die im Eilverfahren begehrte Rechtsfolge. Insofern müssen die Begriffe streng unterschieden werden.4 Einstweilen frei.
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88, 89
a) Erledigendes Ereignis Das erledigende Ereignis kann im Wegfall des Arrest- bzw. Verfügungsanspruchs liegen, aber auch im Wegfall des Arrest- bzw. Verfügungsgrunds, also im Wegfall der Dringlichkeit. Die Versäumung der Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO stellt hingegen kein erledigendes Ereignis dar.5 1 Vollkommer in Zöller, Vor § 916 ZPO Rz. 5; OLG Hamm v. 27.7.1986 – 4 U 324/85, NJW-RR 1986, 1232 (1233); Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 46. 2 OLG Hamm v. 27.2.1986 – 4 U 324/85, NJW-RR 1986, 1232. 3 Drescher in MünchKomm., Vor §§ 916 ff. ZPO Rz. 26; Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 58. 4 Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 60. 5 OLG Hamm v. 5.9.1989 – 4 U 150/89, GRUR 1989, 931 (932).
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§2 91
Rz. 91
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
Ein Antrag auf Aufhebung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung findet seine Erledigung, wenn die nicht fristgemäß erhobene Hauptsacheklage zugestellt wird. Eine Erledigung der Hauptsache ist auch dann zu bejahen, wenn der Aufhebungsantrag im Zeitpunkt der Zustellung der Hauptsacheklage dem Hauptsachekläger noch nicht zugestellt worden ist.1 Wenn die Hauptsacheklage zwar verspätet, aber noch während des Aufhebungsverfahrens erhoben wird, treffen die Kosten den Gläubiger, sofern der Schuldner den Aufhebungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt.2 b) Übereinstimmende Erledigungserklärungen
92
Im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung ergeben sich keine Besonderheiten zum Hauptsacheverfahren. Es gelten die allgemeinen Grundsätze. Allein die Erklärungen der Parteien sind maßgebend. Ob tatsächlich ein erledigendes Ereignis vorliegt oder nicht, ist irrelevant und wird auch nicht vom Gericht überprüft.
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Die Rechtshängigkeit des Arrest- bzw. Verfügungsverfahrens entfällt bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen, und es ist lediglich gemäß § 91a Abs. 1 ZPO über die Kosten zu entscheiden, wobei die Entscheidung von dem bisherigen Sach- und Streitstand abhängt.
94
Bereits ergangene, noch nicht rechtskräftige Entscheidungen werden durch die übereinstimmende Erledigungserklärung nach h.M. ex tunc unwirksam.3
95
Die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien schließt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen vorher begangener Zuwiderhandlungen aus.4 Ein bereits ergangener Ordnungsmittelbeschluss ist gemäß § 776 ZPO aufzuheben.5 c) Einseitige Erledigungserklärung
96
Wenn der Antragsteller die „Hauptsache“ einseitig für erledigt erklärt und der Antragsgegner widerspricht, hat das Gericht durch Feststellungsurteil zu entscheiden, ob der Antrag ursprünglich zulässig und begründet war und die Eilentscheidung nur wegen eines nach Antragstellung eingetretenen (erledigenden) Ereignisses nicht mehr erlassen werden kann.6
1 OLG Frankfurt v. 29.1.1987 – 6 U 33/86, GRUR 1987, 650 (651). 2 Drescher in MünchKomm., § 926 ZPO Rz. 17. 3 Vollkommer in Zöller, § 91a ZPO Rz. 12; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 890 ZPO Rz. 27; a.A. ex nunc: OLG Hamburg v. 23.10.1986 – 3 W 87/86, NJW-RR 1987, 1024 (1024). 4 KG v. 31.7.1998 – 5 W 4012 – 98, NJW-RR 1999, 790; str., a.A. OLG Hamburg v. 23.10.1986 – 3 W 87/86, NJW-RR 1987, 1024. 5 KG v. 31.7.1998 – 5 W 4012 – 98, NJW-RR 1999, 790. 6 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 4.
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II. Einzelfragen
§2
Rz. 105
Ein erledigendes Ereignis kann schon im Zeitraum zwischen Einreichung und Zustellung des Antrags oder stattgebenden Beschlusses eingetreten sein.1
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Umstritten ist, ob der Antragsteller neben dem eigentlichen Antrag hilfsweise die Feststellung der Erledigung der Hauptsache beantragen kann.2 Der BGH lehnt dies ab, da die prozessuale Stellung der Gegenpartei ansonsten in unangemessener Weise beeinträchtigt werde.3
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Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 ZPO.4
99
12. Vergleich Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann durch einen gerichtlichen Vergleich der Hauptsacheanspruch geregelt und ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel geschaffen werden. Der Vergleich kann sich aber auch nur auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren beschränken.5
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Bei einem späteren Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs ist der Streit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu klären.6
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Wird im Hauptsacheverfahren ein Vergleich abgeschlossen, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für das Eilverfahren. Das Eilverfahren sollte deshalb vom Antragsteller für erledigt erklärt werden, wenn der Vergleich sich nicht auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren erstreckt.
102
13. Verjährung Die Verjährung des Arrest- bzw. Verfügungsanspruchs wird durch die Eilmaßnahme gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB).7 Arrest und einstweilige Verfügung hemmen die Verjährung im gleichen Umfang wie eine Klage. Es wird nur der Verfügungs- bzw. Arrestanspruch gehemmt, nicht ein später geltend gemachter Schadensersatzanspruch.8
104
Die Hemmung beginnt mit der Zustellung des Eilantrags (§ 204 Abs. 1 Nr. 9 Alt. 1 BGB). Die Hemmungswirkung tritt bereits mit Antragseingang bei Gericht ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.9 Wenn der Eilantrag nicht zu-
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1 OLG Köln v. 12.1.2001 – 6 U 98/00, GRUR 2001, 424 (425); Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 4; verneinend OLG München v. 12.8.1955 – 8 W 1175/55, NJW 1955, 1803 (1804). 2 Verneinend BGH v. 8.2.1989 – IVa ZR 98/87, NJW 1989, 2885, 2887; BGH v. 23.11.1966 – VIII ZR 160/64, NJW 1967, 564 (565); bejahend OLG Koblenz v. 24.9.1987 – 6 U 1189/87, 6 U 1024/87, GRUR 1988, 43 (46). 3 BGH v. 8.2.1989 – IVa ZR 98/87, NJW 1989, 2885 (2887). 4 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 1. 5 Drescher in MünchKomm., Vor §§ 916 ff. ZPO Rz. 25; Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 53. 6 OLG Koblenz v. 15.1.2007 – 8 W 2/07, NJOZ 2007, 924; BGH v. 29.7.1999 – III ZR 272/98, NJW 1999, 2903. 7 Vollkommer in Zöller, Vor 916 ZPO Rz. 5a; Skamel in Berger, Kap. 7 Rz. 49. 8 Schmidt-Räntsch in Erman, § 204 BGB Rz. 24. 9 Schmidt-Räntsch in Erman, § 204 BGB Rz. 24.
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§2
Rz. 105
Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes
gestellt wird, tritt die Hemmung ab Antragseingang bei Gericht ein, wenn der Arrestbefehl bzw. die Beschlussverfügung innerhalb eines Monats nach Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird (§ 204 Abs. 1 Nr. 9 Alt. 2 BGB). Wird die Monatsfrist versäumt, tritt – ebenso wie beim durch Beschluss zurückgewiesenen (und somit dem Antragsgegner nicht zugestellten) Antrag – keine Hemmung ein.1
1 Schmidt-Räntsch in Erman, § 204 BGB Rz. 25.
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§3 Einstweilige Verfügung Inhaltsübersicht I. Typen von einstweiligen Verfügungen 1. Gesetzliche Grundlagen . . . . . 2. Verfügungsarten . . . . . . . . . a) Abgrenzung der Verfügungsarten . . . . . . . . . . . . . . . b) Die einzelnen Verfügungsarten aa) Sicherungsverfügung . . bb) Regelungsverfügung . . . cc) Leistungsverfügung . . . dd) Feststellungsverfügung . II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung . . . . . . . 1. Zulässigkeit des Verfügungsantrags a) Keine Sonderregelung . . . . b) Allgemeine Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . c) Rechtsschutzbedürfnis . . . . d) Zuständigkeit des Gerichts aa) Grundsatz . . . . . . . . . bb) Gericht der belegenen Sache . . . . . . . . . . . . e) Inhalt des Verfügungsgesuchs aa) Sachantrag . . . . . . . . . bb) Verfahrensantrag . . . . . cc) Kostenantrag . . . . . . . 2. Begründetheit des Verfügungsantrags . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfügungsanspruch aa) Sicherungsverfügung . . bb) Regelungsverfügung . . . cc) Leistungsverfügung . . . (1) Anspruch auf Geldzahlung . . . . . . . . . . (2) Anspruch auf Unterlassung . . . . . . . . . . . (3) Anspruch auf Vornahme einer Handlung . . . . . . (4) Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung . (5) Herausgabeanspruch . . . (6) Wiedereinräumung des Besitzes . . . . . . . . . . b) Verfügungsgrund . . . . . . . aa) Verfügungsgrund bei der
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Sicherungsverfügung . . bb) Verfügungsgrund bei der Regelungsverfügung . . . cc) Verfügungsgrund bei der Leistungsverfügung . . . c) Glaubhaftmachung . . . . . . 3. Beschlussverfahren . . . . . . . . a) Dringender Fall . . . . . . . . b) Zurückweisung . . . . . . . . c) Form und Inhalt der Entscheidung . . . . . . . . . . . . 4. Urteilsverfahren . . . . . . . . . a) Ladung . . . . . . . . . . . . . b) Terminvorbereitende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . c) Schriftsatzfrist . . . . . . . . . d) Präklusion gemäß § 296 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . e) Vertagung . . . . . . . . . . . . 5. Prozesskostenhilfe . . . . . . . .
77 79 84 86 92 95 97 99 102 103 104 106 107 108 109
III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe . . 1. Sofortige Beschwerde des Antragstellers . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit und Form . . . b) Frist . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfahren . . . . . . . . . . . . 2. Widerspruch des Antragsgegners a) Zuständiges Gericht . . . . . b) Form . . . . . . . . . . . . . . . c) Frist . . . . . . . . . . . . . . . d) Verzicht und Rücknahme . . e) Verfahren . . . . . . . . . . . . f) Widerspruchsentscheidung . 3. Berufung . . . . . . . . . . . . . . a) Statthaftigkeit der Berufung aa) Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen . . bb) Zulässigkeit bei falscher Bezeichnung der Entscheidung . . . . . . . . . cc) Kostenurteile und Urteile des Berufungsgerichts der Hauptsache . b) Zuständigkeit, Form und Inhalt aa) Zuständigkeit . . . . . . .
Kleveman
110 113 114 118 119 126 129 132 133 140 142 143 149 150 155 159 161
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§3
Rz. 1
bb) Form und Inhalt (1) Berufungsschrift . . . (2) Berufungsbegründung c) Frist . . . . . . . . . . . . . d) Verfahren . . . . . . . . . . 4. Revision . . . . . . . . . . . .
Einstweilige Verfügung
. . . . .
163 166 169 171 175
IV. Das Rechtfertigungsverfahren .
176
V. Aufhebung der einstweiligen Verfügung 1. Aufhebungsverfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO . . . . . . . a) Zulässigkeit des Aufhebungsantrags aa) Zuständigkeit . . . . . bb) Form und Frist . . . . b) Begründetheit des Aufhebungsantrags . . . . . . c) Verfahren . . . . . . . . . . d) Entscheidung . . . . . . . e) Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen . . . . . .
. . . . .
. .
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. . . .
181 182
. . . . . .
184 191 192
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2. Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit des Aufhebungsantrages aa) Zuständigkeit . . . . . bb) Form und Frist . . . . b) Begründetheit des Aufhebungsantrags . . . . . . aa) Veränderte Umstände bb) Sicherheitsleistung . . c) Verfahren . . . . . . . . . . d) Entscheidung . . . . . . . e) Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen . . . . . .
. .
196
. . . .
197 204
. . . . .
. . . . .
210 211 216 218 219
. .
222
VI. Schutzschrift 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . 2. Notwendiger Inhalt . . . . . . . 3. Rechtsfolgen der Einreichung der Schutzschrift . . . . . . . . .
226 227 236
I. Typen von einstweiligen Verfügungen 1. Gesetzliche Grundlagen 1
2, 3
Die einstweilige Verfügung ist in den §§ 935–942 ZPO geregelt. Obwohl die einstweilige Verfügung in der Praxis viel häufiger vorkommt als der Arrest, beziehen sich die meisten Normen des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Arrest, nämlich die §§ 916–934 ZPO. Über § 936 ZPO sind die Vorschriften auf die einstweilige Verfügung teilweise entsprechend anwendbar, insbesondere die §§ 916 Abs. 2, 920, 921 Satz 2, 922 Abs. 1 und 2, 924–929 ZPO.1 Die §§ 943–945 ZPO gelten sowohl für den Arrest als auch für die einstweilige Verfügung. Einstweilen frei.
2. Verfügungsarten 4
Bei der einstweiligen Verfügung unterscheidet man drei unterschiedliche Typen, die sich hinsichtlich des Verfügungszwecks und der Verfügungswirkung unterscheiden. – Die Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) dient der Sicherung von Individualansprüchen. – Die Reglungsverfügung (§ 940 ZPO) dient der Regelung eines einstweiligen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis.
1 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 936 ZPO Rz. 2 ff.
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I. Typen von einstweiligen Verfügungen
§3
Rz. 12
– Die Leistungsverfügung führt zur vorläufigen Befriedigung des Gläubigers durch einstweilige Erfüllung des Anspruchs. Streitig ist, ob einstweilige Verfügungen mit feststellendem Charakter (Feststellungsverfügungen) zulässig sind.
5
a) Abgrenzung der Verfügungsarten Die inhaltliche und dogmatische Abgrenzung der verschiedenen Verfügungsarten ist umstritten, da der Gesetzgeber in den §§ 935 ff. ZPO keine terminologischen Festsetzungen getroffen hat.
6
Die h.M. sieht in § 935 ZPO die Grundlage für die Sicherungsverfügung, in § 940 ZPO die Norm für die Regelungsverfügung und die Leistungsverfügung als Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung.1
7
" Praxistipp: Der Antragsteller sollte sich im Zweifelsfall nicht für eine be- 8 stimmte Verfügungsart entscheiden, sondern die dogmatische Zuordnung offenlassen. Auch die Gerichte stützen ihre einstweilige Verfügung oftmals pauschal auf die §§ 935, 940 ZPO.
Im Widerspruchs- oder Rechtsmittelverfahren wird eine einstweilige Verfügung aufrechterhalten, auch wenn die rechtliche Zuordnung zu einer bestimmten Verfügungsart korrigiert werden muss.
9
b) Die einzelnen Verfügungsarten aa) Sicherungsverfügung Die Sicherungsverfügung dient gemäß § 935 ZPO der Sicherung eines nicht auf Geld gerichteten Anspruchs, der auch in einem Hauptsacheprozess durchgesetzt werden kann.2
10
Es können alle Ansprüche auf Handlung, Duldung oder Unterlassung gesichert werden, unabhängig von ihrer Einordnung als dingliche oder persönliche Ansprüche und welchen Rechtsgrunds sie sind.3 Einstweilige Verfügungen können bedingte oder betagte Ansprüche sichern, künftige Ansprüche allerdings nur dann, wenn ein unabweisbares Sicherungsbedürfnis zu bejahen ist.4
11
In folgenden Fällen ist die Sicherung künftiger Ansprüche durch einstweilige Verfügung anerkannt:5
12
– Sicherung eines künftigen Anspruchs auf Zugewinnausgleich, – Sicherung des Vermieterpfandrechts durch Herausgabe der pfandrechtsbelasteten Sachen an den Vermieter oder einen Sequester, – Sicherung der Herausgabe aufgrund eines Eigentumsvorbehalts. 1 Grunsky in Stein/Jonas, Vor § 935 ZPO Rz. 31; Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 935 ZPO Rz. 2. 2 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 6. 3 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 6. 4 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 6. 5 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 935 ZPO Rz. 15 m.w.N.
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§3
3.1 13
Rz. 13
M 3.1
Einstweilige Verfügung
u
Herausgabe an den Sequester
An das Amtsgericht1 . . . EILT! Bitte sofort vorlegen! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des . . . – Antragsteller – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Antragsgegner – Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir, bei dem wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit gemäß § 942 ZPO zuständigen Amtsgericht, ohne mündliche Verhandlung2 folgende einstweilige Verfügung zu erlassen: 1. Der Antragsgegner hat den im Eigentum des Antragstellers stehenden und in seinem Besitz befindlichen PKW der Marke . . . und dem amtlichen Kennzeichen . . . mit der Fahrgestell Nr. . . . zur Verwahrung an den Gerichtsvollzieher . . . als Sequester, hilfsweise an einen vom Gericht zu benennenden Gerichtsvollzieher als Sequester, herauszugeben. 2. Die Durchsuchung der Garage3 in . . . des Antragsgegners zur Vollstreckung wird gestattet.4 3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ... 1 Grundsätzlich ist das Gericht der Hauptsache für den Erlass der einstweiligen Verfügung zuständig, § 937 ZPO. In dringenden Fällen kann jedoch auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die belegene Sache befindet, eine einstweilige Verfügung erlassen, § 942 Abs. 1 ZPO. Vgl. dazu Rz. 42. 2 Nach § 942 Abs. 4 i.V.m. § 128 Abs. 4 ZPO ist die mündliche Verhandlung freigestellt, vgl. dazu Rz. 92 ff. 3 Unter Wohnung im Sinne des § 758a ZPO fallen auch Garagen. 4 Eine richterliche Durchsuchungsanordnung nach § 758a ZPO wird beantragt, damit die Herausgabe des Pkw gleich vollstreckt werden kann.
14 " Praxistipp: Gemäß § 758a Abs. 1 ZPO darf die Wohnung des Schuldners ohne dessen Einwilligung nur aufgrund einer richterlichen Anordnung durchsucht werden. Aus diesem Grund ist es zweckmäßig, gleichzeitig mit der Herausgabe eine richterliche Durchsuchungsanordnung zu beantragen, um den Herausgabeanspruch – ohne zeitliche Verzögerung – zu vollstrecken.1 1 Stöber in Zöller, § 758a ZPO Rz. 6.
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M 3.2
I. Typen von einstweiligen Verfügungen
§3
Rz. 17
bb) Regelungsverfügung Die Regelungsverfügung dient – im Gegensatz zur Sicherungsverfügung – nicht zur Sicherung eines Individualanspruchs, sondern zur einstweiligen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses, wenn dies notwendig ist.1
15
Typische Fallgruppen sind:
16
– Bankrecht: Verbot der Inanspruchnahme eines Bürgen aus Bürgschaft auf erstes Anfordern; – Gesellschaftsrecht: vorläufige Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis; – Arbeitsrecht: vorläufige Regelung eines Wettbewerbsverbots und des Beschäftigungsanspruchs.
u
Verbot von Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen An das
3.2 17
Landgericht . . . – Kammer für Handelssachen1 – EILT! Bitte sofort vorlegen! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der . . . – Antragstellerin – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Antragsgegner – Namens und im Auftrag der Antragstellerin beantragen wir, wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund unverzüglich anzuberaumender mündlicher Verhandlung, den Erlass der nachfolgenden einstweiligen Verfügung: 1. Dem Antragsgegner wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor dem Landgericht . . . Az.: . . . die Geschäftsführung und die Vertretung der Antragstellerin untersagt. 1 Wenn das Verbot als „Handelssache“ im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 4a GVG zu qualifizieren ist, sollte der Eilantrag wegen der besonderen Sachkunde an die Kammer für Handelssachen gerichtet werden, § 96 Abs. 1 GVG. Ist die Hauptsache bereits bei der Kammer für Handelssachen anhängig, so muss auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dort anhängig gemacht werden (§ 937 Abs. 1 ZPO; vgl. auch OLG Zweibrücken v. 19.10.1988 – 2 U 13/88, MDR 1989, 272).
1 Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 2 f.
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§3
Rz. 18
Einstweilige Verfügung
M 3.2
2. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot in Ziffer 1 ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250 000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, angedroht. 3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ... 18 " Praxistipp: Der Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen durch Verhängung eines Ordnungsmittels muss gemäß § 890 Abs. 2 ZPO grundsätzlich eine entsprechende Androhung vorausgehen. Daher sollte mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugleich der Antrag auf Androhung gestellt werden. cc) Leistungsverfügung 19
Grundsätzlich ist im Eilverfahren die Vorwegnahme der Hautsache verboten. Die Befriedigung des Gläubigers ist daher in der Regel nur durch die Zwangsvollstreckung aus einem im Hauptsachverfahren erlangten Titel möglich.
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Wenn jedoch wesentliche Nachteile für den Gläubiger drohen und andere Maßnahmen für die Sicherung des Gläubigers nicht ausreichen, kann auf die so genannte Leistungsverfügung zurückgegriffen werden, sodass ausnahmsweise eine (teilweise) Befriedigung des Gläubigers bereits im Eilverfahren akzeptiert wird.
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Die Rechtsgrundlage der Leistungsverfügung ist umstritten, kann jedoch dahingestellt bleiben, da die Leistungsverfügung zum einen allgemein anerkannt ist und zum anderen die meisten Gerichte einstweilige Verfügungen ohnehin pauschal auf die §§ 935, 940 ZPO stützen.
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Wegen der Gefahr der endgültigen Schädigung des Antragsgegners werden an die Voraussetzungen der Leistungsverfügung jedoch besonders hohe Anforderungen gestellt (s. § 2 Rz. 16).
23
Trotz des zum Teil endgültigen Charakters der Leistungsverfügung kann der Gläubiger neben der Leistungsverfügung auch das Hauptsacheverfahren einleiten. Vor einer eventuellen doppelten Verurteilung ist der Gläubiger durch § 775 Nr. 4 und 5 ZPO hinreichend geschützt.
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Die allgemeinen Regeln über die Zwangsvollstreckung sind auch bei der Leistungsverfügung anwendbar1 (s. § 5 Rz. 72).
1 Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 2.
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M 3.3
I. Typen von einstweiligen Verfügungen
§3
Rz. 26
u
Leistungsverfügung An das
3.3 25
Amtsgericht/Landgericht . . . 1
EILT! Bitte sofort vorlegen! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des . . . – Antragsteller – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen 1. den . . . – Antragsgegner zu 1) – 2. die . . . – Antragsgegnerin zu 2) – wegen Schadensersatzes aus einem Verkehrsunfall Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir, wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund unverzüglich anzuberaumender mündlicher Verhandlung2, folgende einstweilige Verfügung zu erlassen: 1. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner an den Antragsteller bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens Az.: . . ., eine monatliche Schadensrente in Höhe von . . . Euro zu zahlen. 2. Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ... 1 Das Gericht der Hauptsache ist für den Erlass der einstweiligen Verfügung ausschließlich zuständig, §§ 802, 937 ZPO, vgl. dazu Rz. 39 ff. 2 Im einstweiligen Verfügungsverfahren ist eine mündliche Verhandlung in dringenden Fällen gemäß § 937 Abs. 2 ZPO entbehrlich, s. § 2 Rz. 60.
dd) Feststellungsverfügung Die h.M. hält feststellende einstweilige Verfügungen für unzulässig.1 Einstweilige Feststellungsverfügungen werden mit der Begründung abgelehnt, dass sie nicht vollstreckbar und ungeeignet seien, ein Rechtsverhältnis verlässlich zu
1 OLG Koblenz v. 7.8.2008 – 10 W 486/08, NJOZ 2009, 130; LAG München v. 1.12.2004 – 5 Sa 913/04, NZA-RR 2005, 354 (356).
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§3
Rz. 27
Einstweilige Verfügung
regeln, zumal es dem Antragsgegner freistehe, ob er der Feststellung folge oder nicht.1 27
Eine Mindermeinung bejaht die Zulässigkeit einer Feststellungsverfügung.2 Eine Feststellungsverfügung könne aber nur in den Fällen zum Erfolg führen, in denen zu erwarten sei, dass der Antragsgegner der Feststellung des Gerichts folge, da er mangels Vollstreckbarkeit und wegen des vorläufigen Charakters nicht an die Feststellungsverfügung gebunden sei.3
28, 29 Einstweilen frei.
II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung 30
Auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist – wie im Hauptsacheverfahren – zwischen Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags zu unterscheiden.
1. Zulässigkeit des Verfügungsantrags a) Keine Sonderregelung 31
Es darf keine Spezialregelung existieren, die dann – so weit ihr Regelungsgehalt reicht – der einstweiligen Verfügung vorgeht. Dies ist z.B. der Fall, wenn das Gesetz für den Sachverhalt eine einstweilige Anordnung zur Regelung vorläufigen Rechtsschutzes enthält.4
32
In diesen Fällen sind die Regelungen über einstweilige Verfügungen lediglich ergänzend heranzuziehen. b) Allgemeine Prozessvoraussetzungen
33
Es müssen die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen (Partei-, Prozess-, ggf. Postualtionsfähigkeit, keine anderweitige Rechtsanhängigkeit, keine entgegenstehende Rechtskraft). c) Rechtsschutzbedürfnis
34
Der Antragsteller muss einen durch einstweilige Verfügung sicherbaren Anspruch behaupten, um sein Rechtsschutzbedürfnis darzulegen. Für diesen Verfügungsanspruch muss der ordentliche Rechtsweg eröffnet sein.
1 LAG München v. 1.12.2004 – 5 Sa 913/04, NZA-RR 2005, 354 (356). 2 Vogg, NJW 1993, 1357 (1362 ff.); Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 465a; Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 2 „in engen Grenzen“. 3 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, A Rz. 465a. 4 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 3; Reichold in Thomas/Putzo, § 935 ZPO Rz. 2; OLG Nürnberg v. 3.6.2009 – 3 W 471/09, MMR 2010, 143.
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II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 41
Ferner muss ein Verfügungsgrund behauptet werden, wenn nicht ausnahmsweise das Gesetz eine Dringlichkeitsvermutung vorsieht und deshalb auf eine Darlegung verzichtet.
35
" Hinweis: Die Dringlichkeit wird beispielsweise bei dem Antrag auf Eintra- 36 gung einer Vormerkung gemäß § 885 Abs. 1 BGB, der Eintragung eines Widerspruchs ins Grundbuch, § 899 Abs. 2 BGB und bei Unterlassungsansprüchen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gemäß § 12 Abs. 2 UWG (widerlegbar) gesetzlich vermutet.1
Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund müssen vom Antragsteller vorgetragen werden. Ob ihre Voraussetzungen ausreichend glaubhaft gemacht sind, ist eine Frage der Begründetheit.
37
Einstweilen frei.
38
d) Zuständigkeit des Gerichts aa) Grundsatz Grundsätzlich ist gemäß § 937 Abs. 1 ZPO für den Erlass einstweiliger Verfügungen das Gericht der Hauptsache zuständig. Unter Gericht der Hauptsache ist gemäß § 943 Abs. 1 ZPO das Gericht des ersten Rechtszuges und, wenn die Hauptsache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht zu verstehen. Nach Revisionseinlegung ist das Gericht des ersten Rechtszuges erneut zuständig.2 Ist die Hauptsache noch nicht anhängig, kann der Antragsteller nach seiner Wahl jedes Gericht anrufen, das für die Hauptsache zuständig ist. „Hauptsache“ meint den zu sichernden Individualanspruch bzw. das zu regelnde Rechtsverhältnis.3
39
" Wichtig: Ist die Hauptsache bei Einreichung des Verfügungsantrages noch 40 nicht anhängig, so ist Gericht der Hauptsache jedes Gericht, bei dem die Hauptsache nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln anhängig gemacht werden kann. Ist die Hauptsache bereits anhängig, so ist dasjenige Gericht Gericht der Hauptsache, bei dem diese anhängig ist, wobei nicht zu prüfen ist, ob das Gericht für die Hauptsache auch zuständig ist.4
Da die Regelungen über den einstweiligen Rechtsschutz im 8. Buch der ZPO enthalten sind, gilt auch hinsichtlich dieses Verfahrens die Regelung des § 802 ZPO, wonach das Hauptsachegericht örtlich und sachlich ausschließlich zuständig ist. Davon abweichende Zuständigkeitsvereinbarungen sind unwirksam.
1 Die Dringlichkeitsvermutung ist widerlegbar: OLG Hamm v. 4.11.2003 – 21 U 44/03, NJW-RR 2004, 379. 2 Huber in Musielak, § 943 ZPO Rz. 6. 3 Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 3. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 919 ZPO Rz. 5.
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41
§3
Rz. 42
Einstweilige Verfügung
bb) Gericht der belegenen Sache 42
Bei Vorliegen eines besonders dringenden Falls ist gemäß § 942 Abs. 1 ZPO das Amtsgericht der belegenen Sache für den Erlass einer einstweiligen Verfügung zuständig. Da für alle einstweiligen Verfügungen eine gewisse Dringlichkeit erforderlich ist, muss es sich in diesem Ausnahmefall um einen gesteigerten Grad an Dringlichkeit handeln. Dies ist dann der Fall, wenn der Antragsteller durch eine zeitlich eintretende Verzögerung, die – ausschließlich – durch Anrufung des Gerichts der Hauptsache entstehen würde, Nachteile1 bzw. einen unzumutbaren Rechtsverlust erleiden würde.2
43
Ohne besondere Dringlichkeitsvoraussetzungen ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts der belegenen Sache zu bejahen, wenn eine Vormerkung oder ein Widerspruch ins Grundbuch, Schiffs- oder Schiffsbauregister eingetragen werden soll (§ 943 Abs. 2 ZPO).
44
Muster: s. Rz. 13 Muster 3.1
45 " Hinweis: Über die Rechtmäßigkeit der vom Amtsgericht der belegenen Sache erlassenen einstweiligen Verfügung entscheidet im so genannten Rechtfertigungsverfahren das Gericht der Hauptsache aufgrund mündlicher Verhandlung.3 e) Inhalt des Verfügungsgesuchs aa) Sachantrag 46
Das Gesuch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung muss einen bestimmten Antrag enthalten.4 Hierbei ist es ausreichend, wenn der Antragsteller sein Rechtsschutzziel angibt.5 Eine bestimmte Maßnahme muss nicht beantragt werden, da das Gericht gemäß § 938 Abs. 1 ZPO hierüber nach freiem Ermessen entscheidet.6 Bei einer Unterlassungsverfügung ist jedoch genau zu bezeichnen, was dem Antragsgegner verboten werden soll.7 Wird eine Befriedigung durch Leistungsverfügung angestrebt, so muss die begehrte Leistung wie bei einer Leistungsklage beantragt werden.8 Bei einer Regelungsverfügung muss der Antragsteller den Antrag auf Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses stellen, wobei jedoch die angestrebte Maßnahme nicht konkret bezeichnet werden muss.
47
In der Praxis ist ein wohlüberlegter und gut formulierter Sachantrag von großer Bedeutung. Er sollte nicht zu eng, aber auch nicht zu weitgehend formuliert 1 2 3 4 5 6 7 8
Crückeberg, § 3 Rz. 54; Reichold in Thomas/Putzo, § 942 ZPO Rz. 2. Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 7. Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 938 ZPO Rz. 3; Saenger, § 938 ZPO Rz. 2; a.A. Drescher in MünchKomm., § 938 ZPO Rz. 6 f. Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 938 ZPO Rz. 3. Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 938 ZPO Rz. 3. OLG Koblenz v. 24.7.1986 – 6 U 604/86, NJW-RR 1987, 95 (96); Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 2. Huber in Musielak, § 938 ZPO Rz. 3; Crückeberg, § 3 Rz. 68.
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M 3.4
II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 52
werden. Anregungen des Antragstellers helfen dem Gericht, den Verfügungstenor zu formulieren, und verhindern somit Verzögerungen bzw. Missverständnisse. Ein zu weit gefasster Antrag kann jedoch zu Nachfragen des Gerichts und möglicherweise zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung führen, in der dann mit einer teilweisen Zurückweisung des Antrags gerechnet werden müsste. Allerdings darf der Antrag auch nicht zu eng gefasst werden, da das Gericht nach h.M. nur Maßnahmen anordnen kann, die noch im Rahmen der gestellten Anträge liegen.1
" Praxistipp: Wird eine Sicherungs- oder Regelungsverfügung begehrt, emp- 48 fiehlt es sich, das Rechtsschutzziel in dem Antrag anzugeben und dem Gericht Maßnahmen vorzuschlagen, durch die das Ziel erreicht werden kann. Das Gericht ist dann frei, auch andere ihm geeignet erscheinende Maßnahmen anzuordnen.
Einstweilen frei.
49–51
u
Weitgefasster Antrag mit einzelnen Verbotsvorschlägen
3.4 52
An das Landgericht . . . – Kammer für Handelssachen – EILT! Bitte sofort vorlegen! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der . . . – Antragstellerin – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Antragsgegner – Namens und im Auftrag der Antragstellerin beantragen wir, wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund unverzüglich anzuberaumender mündlicher Verhandlung, den Erlass der nachfolgenden einstweiligen Verfügung: 1. Dem Antragsgegner wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor dem Landgericht . . . Az.: . . . die Geschäftsführung und die Vertretung der Antragstellerin untersagt, insbesondere ein Mietverhältnis über die Immobilie . . . einzugehen, die Beteiligung an der Tochtergesellschaft . . . zu veräußern und den Anstellungsvertrag mit Herrn . . . zu beenden. 1 Drescher in MünchKomm., § 938 ZPO Rz. 6; Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 2.
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§3
Rz. 53
Einstweilige Verfügung
M 3.4
2. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot in Ziffer 1 ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250 000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. 3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ...
bb) Verfahrensantrag 53
Ein Antrag auf Abkürzung der Ladungsfrist gemäß § 226 Abs. 1 ZPO muss ausdrücklich gestellt werden. Ansonsten ist die Ladungsfrist (§ 217 ZPO) vom Gericht einzuhalten, während die Einlassungsfrist (§ 274 Abs. 3 ZPO) im Eilverfahren nicht gilt.1
54 " Praxistipp: Es empfiehlt sich immer, einen Antrag auf Abkürzung der Ladungsfrist zu stellen, da das Gericht möglicherweise eine mündliche Verhandlung anordnet, auch wenn in dem Gesuch eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beantragt wurde. 55
In Antragsschriftsätzen ist häufig die Formulierung zu finden, es möge „ohne mündliche Verhandlung“ und/oder es möge „durch den Vorsitzenden allein entschieden werden“. Die Entscheidung hierüber steht aber gemäß § 937 Abs. 2 und § 944 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, sodass der Hinweis nur eine Anregung ist.
56
Muster: s. Rz. 52 Muster 3.4.
57 " Praxistipp: Der Antragsteller kann das Gericht um einen Hinweis bitten, falls das Gericht über die beantragte Eilmaßnahme nur nach mündlicher Verhandlung entscheiden will. Nach einem entsprechenden Hinweis hat der Antragsteller die Möglichkeit, den Antrag zurückzunehmen. cc) Kostenantrag 58
Auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bedarf es keines gesonderten Kostenantrags, da das Gericht gemäß § 308 Abs. 2 ZPO auch ohne Antrag darüber von Amts wegen zu entscheiden hat.
2. Begründetheit des Verfügungsantrags 59
Zur Begründetheit des Verfügungsantrags muss der Verfügungsanspruch und – bis auf wenige Ausnahmefälle, wie z.B. beim Antrag auf Eintragung einer Vormerkung nach § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB – auch der Verfügungsgrund schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Der Antragsteller muss zur Begründung die Tatsachen vortragen und glaubhaft machen, aus denen sich der Arrest1 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 15; Grunsky in Stein/Jonas, § 922 ZPO Rz. 21.
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II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 65
anspruch und der Arrestgrund ergeben. Wenn die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes oder des Verfügungsanspruchs nicht gelingt, ist der Antrag unbegründet. Ausnahmsweise kann eine einstweilige Verfügung angeordnet werden, wenn der Antragsteller gemäß §§ 936, 921 Satz 1 ZPO eine Sicherheit für die dem Gegner drohenden Nachteile leistet.1 Einstweilen frei.
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a) Verfügungsanspruch aa) Sicherungsverfügung Als Verfügungsansprüche kommen sämtliche gegenwärtig einklagbaren Ansprüche in Betracht, die nicht von vornherein auf Geld gerichtet sind, sofern der ordentliche Rechtsweg (§ 13 GVG) eröffnet ist.2 Da betagte und bedingte Ansprüche bereits entstandene – wenn auch noch nicht fällige – Ansprüche sind, können auch sie unter den Voraussetzungen der §§ 257–259 ZPO eingeklagt werden. Künftige Ansprüche hingegen sind grundsätzlich nicht einklagbar. Eine Ausnahme wird dann gemacht, wenn der künftige Anspruch im Wege einer Feststellungsklage geltend gemacht werden kann.
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Umstritten ist, ob gemäß § 888 Abs. 2 ZPO nicht vollstreckbare Ansprüche, wie z.B. eine Auskunftserteilung, das Abdrucken einer Gegendarstellung, Grundlage für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sein können. Die wohl h.M. bejaht dies zumindest für die Sicherungs- und Regelungsverfügung.3
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Typische Verfügungsansprüche bei einer Sicherungsverfügung sind Ansprüche auf Handlungen, Duldung und Unterlassung.4
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bb) Regelungsverfügung Anstelle eines konkreten Individualanspruches setzt die Regelungsverfügung ein zwischen den Parteien streitiges Rechtsverhältnis voraus. Aus diesem Rechtsverhältnis müssen zwar noch keine Ansprüche entstanden sein, aber entstehen können.5 Zu Streitigkeiten, die eine Regelungsverfügung verlangen, kommt es häufig bei den im Besonderen Teile dieses Buches behandelten Rechtsgebieten.
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cc) Leistungsverfügung Da die Leistungsverfügung der Befriedigung des Antragstellers dient, sind an den Verfügungsanspruch strenge Anforderungen zu stellen.
1 Grunsky in Stein/Jonas, § 936 ZPO Rz. 4; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 936 ZPO Rz. 3. 2 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 6. 3 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 6; Reichold in Thomas/Putzo, § 935 ZPO Rz. 5. 4 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 6; Reichold in Thomas/Putzo, § 935 ZPO Rz. 5. 5 OLG Koblenz v. 24.4.1986 – 6 U 87/86, NJW-RR 1986, 1039; Huber in Musielak, § 940 ZPO Rz. 3; str., a.A. Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 2.
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§3
Rz. 66
Einstweilige Verfügung
(1) Anspruch auf Geldzahlung 66
Anders als im Normalfall der einstweiligen Verfügung, in dem die Sicherung einer Geldforderung wegen der Arrestvorschriften ausgeschlossen ist, geht es bei der Leistungsverfügung nicht nur um die Sicherung, sondern um die Erfüllung eines Zahlungsanspruchs. Ansprüche auf Geldzahlung können in Gestalt von Unterhaltsforderungen, Mietzahlungsansprüchen, Lohn- und Gehaltsansprüchen, Rentenzahlungen, Schadensersatzansprüchen etc. bestehen. Eine Leistungsverfügung darf allerdings nur dann erlassen werden, wenn sich der Antragsteller in einer akuten Notlage befindet oder das Geld zur Sicherung seines Lebensunterhalts benötigt.1 Eine weitere Restriktion besteht darin, dass nicht der volle Betrag des materiellen Anspruchs, sondern nur der zum „Überstehen der Notlage“ notwendige Betrag zugesprochen werden darf. Die Leistungsverfügung wird in der Regel zeitlich auf höchstens sechs Monate begrenzt. Danach kann eine einstweilige Verfügung nur dann erneut mit Erfolg beantragt werden, wenn die Notlage noch andauert. Um Missbrauch zu vermeiden, muss der Antragsteller seine Forderung zügig im Hauptsacheverfahren geltend machen.2 Anderenfalls darf keine erneute einstweilige Verfügung erlassen werden. (2) Anspruch auf Unterlassung
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Im Wege der Leistungsverfügung kann der Antragsteller einen Anspruch auf Unterlassung (z.B. wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsvorschriften) geltend machen. (3) Anspruch auf Vornahme einer Handlung
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Der Antragsteller muss auf die Erfüllung der Handlung dringend angewiesen sein, um eine einstweilige Verfügung auf Vornahme einer Handlung rechtfertigen zu können. Denkbar sind einstweilige Verfügungen, mit denen ein Versorgungsunternehmen verpflichtet wird, den Antragsteller mit Energie (Wasser, Strom, Gas) zu beliefern.3 Auch bei Fixgeschäften, wie z.B. der Überlassung eines gemieteten Saales oder Schiffes, darf eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht rechtzeitig zu erlangen ist.4
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Eine einstweilige Verfügung auf Auskunft ist nur dann zulässig, wenn die Realisierung des Hauptanspruchs von existentieller Bedeutung ist und daher von der sofortigen Auskunftserteilung abhängt oder ohne umgehende Auskunftserteilung ein endgültiger Rechtsverlust droht5 (s. § 22 Rz. 62). 1 Boemke in Berger, Kap. 5 Rz. 18. 2 OLG Frankfurt v. 11.10.2006 – 19 W 51/06, NJW 2007, 851; Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 6. 3 LG Rostock v. 26.9.2007 – 4 O 235/07, ZIP 2007, 2379; Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 8. 4 LG München v. 11.6.1986 – 9 O 10807/86, NJW-RR 1987, 958; Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 6. 5 OLG Rostock v. 13.4.2004 – 3 U 68/04, NZM 2005, 440; Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 8.
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II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 74
Im Medienbereich, also Presse, Hörfunk und Fernsehen, kann ein Anspruch auf Gegendarstellung nach einem in den meisten Landesmediengesetzen geregelten Schnellverfahren durchgesetzt werden (s. § 21 Rz. 32 ff.). Ob hingegen eine einstweilige Verfügung auf Widerruf unwahrer Behauptungen erlassen werden kann, ist umstritten und wird von der wohl h.M. unter Berufung auf die damit einhergehende Vorwegnahme der Hauptsache verneint.1 Die Rechtsprechung hält teilweise einen Widerruf zwar für zulässig, will ihn aber durch Zusätze wie „vorläufig“ oder „vorerst“ in seiner Wirkung einschränken.2
70
(4) Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung Das BGB sieht in zwei Fällen vor, dass die Abgabe einer Willenserklärung durch einstweilige Verfügung ersetzt werden kann (§ 885 BGB – Vormerkung; § 899 BGB – Widerspruch). Wenn die Abgabe einer Willenserklärung einen endgültigen Zustand herbeiführt, ist sie im Übrigen nur nach den strengen Anforderungen zulässig, die an eine Leistungsverfügung gestellt werden3 (vgl. auch § 2 Rz. 14 ff.).
71
Dient die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete einstweilige Verfügung hingegen der bloßen Sicherung eines streitigen Anspruchs oder nur einer vorläufigen Regelung, so sind die Zulässigkeit und die Begründetheit nach den allgemeinen Regeln zu beurteilen.4
72
(5) Herausgabeanspruch Herausgabeansprüche aus Eigentum (§ 985 BGB) oder wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) erfordern, dass der Antragsteller auf die entsprechenden Sachen dringend angewiesen ist, weil die Aufrechterhaltung seines Lebensunterhalts5 oder eine sonstige Notlage ihn dazu zwingt.6 Anderenfalls ist Herausgabe an einen Sequester zu verlangen.7
73
(6) Wiedereinräumung des Besitzes Die von der Herausgabe zu unterscheidende Wiedereinräumung des Besitzes kann nach § 861 BGB in Betracht kommen. Das Vorliegen verbotener Eigenmacht begründet den Verfügungsgrund, sodass es einer besonderen Dringlichkeit in diesem Fall nicht bedarf. Wegen verbotener Eigenmacht kann daher ge1 OLG Celle v. 23.7.1964 – 3 U 132/64, BB 1964, 910 (910); OLG Nürnberg v. 20.6.1952 – 3 W 174/52, NJW 1952, 1418 (1419). 2 OLG Stuttgart v. 10.8.1962 – 4 U 96/62, NJW 1962, 2066 (2067). 3 OLG Köln v. 7.12.1995 – 18 U 93/95, NJW-RR 1997, 59; Grunsky in Stein/Jonas, § 935 ZPO Rz. 50; Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 503; a.A. OLG Hamburg v. 20.6.1990 – 12 U 37/90, NJW-RR 1991, 382. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 935 ZPO Rz. 50; vgl. auch OLG Stuttgart v. 15.2.1973 – 10 U 106/72, NJW 1973, 908; OLG Karlsruhe v. 15.3.1984 – 15 W 14/84, NJW 1984, 1905; Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 503. 5 Crückeberg, § 3 Rz. 25; OLG Köln v. 19.4.1996 – 25 U 13/95, NJW-RR 1997, 57 (58). 6 Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 8. 7 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, A Rz. 502 m.w.N.
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§3
Rz. 75
Einstweilige Verfügung
mäß § 940a ZPO auch die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung angeordnet werden (s. § 11 Rz. 110 ff.). b) Verfügungsgrund 75
Soweit das Gesetz einen Verfügungsgrund nicht vermutet (z.B. §§ 885, 889 BGB, § 12 Abs. 2 UWG, § 42a Abs. 6 Satz 2 UrhG), ist dieser vom Antragsteller vorzutragen und glaubhaft zu machen.
76
Einstweilen frei. aa) Verfügungsgrund bei der Sicherungsverfügung
77
Bei einer Sicherungsverfügung setzt der Verfügungsgrund voraus, dass die Verwirklichung des Individualanspruchs durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte1. Die Gefährdung kann in der drohenden Veränderung einer Sache oder in bevorstehenden Rechtseingriffen liegen.
78
Umstritten ist, ob bei der Sicherungsverfügung eine Interessenabwägung wie bei der Regelungsverfügung und der Leistungsverfügung zu erfolgen hat.2 Spätestens bei der Konkretisierung der zu verfügenden Maßnahme wird das Gericht im Rahmen des § 938 ZPO die Interessen des Antragstellers und die des Antragsgegners gegeneinander abwägen. bb) Verfügungsgrund bei der Regelungsverfügung
79
Bei der Regelungsverfügung ist ein Verfügungsgrund dann anzunehmen, wenn eine einstweilige Regelung notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 940 ZPO). Dabei umfasst der Begriff „Gewalt“ jede unerlaubte Handlung, die sich gegen den Antragsteller richtet.3 Ein wesentlicher Nachteil kann auch der aus vertragswidrigem Verhalten drohende Schaden sein.4 Die schutzwürdigen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner sind gegeneinander abzuwägen.5
80 " Hinweis: Der Antragsteller sollte nach Kenntnis des Sachverhalts unverzüglich den Antrag beim Gericht einreichen, da anderenfalls die Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten widerlegt wird (so genannte Selbstwiderlegung). So wurde z.B. entschieden, dass es an der Dringlichkeit fehlt, wenn der Antrag erst vier Monate nach Eintritt der Gefährdung bei Gericht gestellt wird.6 Teilweise wird auch ein Zuwarten von mehr als einem Monat 1 Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 10. 2 Bejahend Drescher in MünchKomm., § 938 ZPO Rz. 3; verneinend Walker in Schuschke/Walker, § 938 Rz. 245. 3 Schuschke in Schuschke/Walker, § 940 ZPO Rz. 3. 4 Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 4. 5 Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 4. 6 OLG Bremen v. 25.6.2003 – 1 W 31/03, MDR 2004, 50.
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II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 86
bereits als Selbstwiderlegung angesehen und der Verfügungsgrund deshalb verneint (vgl. § 18 Rz. 29 f.; § 20 Rz. 17 f.; § 22 Rz. 23 f.).
" Praxistipp: Wenn der Antragsteller erst kurz vor Antragseinreichung von 81 den relevanten Umständen, die bereits geraume Zeit zurückliegen, erfahren hat, sollte er dies detailliert schildern und glaubhaft machen, um den Einwand der Selbstwiderlegung auszuräumen.
Wenn die behauptete Störung bereits vollendet ist, kann ein Verfügungsgrund nur noch bei Wiederholungsgefahr angenommen werden.1
82
Einstweilen frei.
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cc) Verfügungsgrund bei der Leistungsverfügung Wegen der teilweisen Vorwegnahme der Hauptsache bei dieser Verfügungsart und der daraus teilweise resultierenden endgültigen Befriedigung des Gläubigers sind besonders hohe Anforderungen an den Verfügungsgrund zu stellen. Der Antragsteller muss so dringend auf die Erfüllung seines Anspruchs angewiesen sein, dass er eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht abwarten kann, ohne dass ein irreparabler Zustand eintreten bzw. er einen endgültigen Rechtsverlust erleiden würde.2 Ein anderer Grund kann darin liegen, dass die Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht rechtzeitig zu bekommen ist. Des Weiteren kann sich die besondere Dringlichkeit aus einer wirtschaftlichen Notlage des Antragstellers ergeben, der nur durch vorläufige Befriedigung begegnet werden kann. Dringlichkeit kann auch darin bestehen, dass der Antragsgegner einen gesetzeswidrigen Zustand geschaffen hat, dessen Fortbestand die Rechtsordnung nicht bis zur Entscheidung in der Hauptsache hinnehmen kann.3
84
Wenn die Dringlichkeit bejaht werden kann und keine milderen, aber gleich effektiven Maßnahmen möglich erscheinen, ist eine Abwägung der Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners vorzunehmen. Dabei wird auch die Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren berücksichtigt und ob der Antragsteller die besondere Dringlichkeit möglicherweise selbst zu verantworten hat.
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c) Glaubhaftmachung Gemäß §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO müssen der Verfügungsanspruch und der Verfügungsgrund glaubhaft gemacht werden. Im Unterschied zum Hauptsacheverfahren, in dem der Vollbeweis erforderlich ist, genügt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Glaubhaftmachung (§ 920 Abs. 2 ZPO), sodass bereits die überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme eines Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrundes ausreicht, unabhängig davon, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird oder nicht. Eine weitere Er1 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, A Rz. 506. 2 Boemke in Berger, Kap. 5 Rz. 45. 3 Ebmeier/Schöne, B Rz. 87.
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§3
Rz. 87
Einstweilige Verfügung
leichterung besteht darin, dass alle Beweismittel und nicht nur die ausdrücklich gesetzlich geregelten (§§ 371–455 ZPO) zugelassen sind. Deshalb kann der Antragsteller oder ein Dritter eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Die Glaubhaftmachung kann auch durch anwaltliche Versicherung oder schriftliche Zeugenaussagen erfolgen. Allerdings müssen die Beweismittel präsent sein, da gemäß § 294 Abs. 2 ZPO eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, unstatthaft ist. 87
In der mündlichen Verhandlung muss damit gerechnet werden, dass der Gegner weiteren – und ggf. auch neuen – Vortrag in das Verfahren einführt und darüber hinaus auch unerwartete Beweismittel präsentiert. Da kein Anspruch auf Vertagung besteht, müssen nicht nur sämtliche denkbaren Argumente der Gegenseite vorab erwogen werden, sondern es sind auch alle in Betracht kommenden Zeugen, Sachverständige, Urkunden, eidesstattliche Versicherungen zur mündlichen Verhandlung mitzubringen, da eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, unstatthaft ist (§ 294 Abs. 2 ZPO).
88
Wenn die Glaubhaftmachung nicht gelingt, wird das Verfügungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen, es sei denn, das Gericht erlässt ausnahmsweise gemäß §§ 936, 921 Satz 1 ZPO dennoch eine einstweilige Verfügung gegen Leistung einer Sicherheit. Die Sicherheitsleistung soll den Gegner vor den ihm drohenden Nachteilen schützen. Allerdings ersetzt die Sicherheitsleistung nur die fehlende Glaubhaftmachung, nicht aber den schlüssigen Vortrag von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund. Wenn schon diese nicht schlüssig dargelegt werden, kann eine einstweilige Verfügung ohnehin nicht erlassen werden.
89
Es ist umstritten, ob der Antragsteller neben der Darlegung und Glaubhaftmachung seiner Ansprüche zusätzlich darlegen und glaubhaft machen muss, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für Einwendungen und Einreden des Antragsgegners fehlen.1 Eine vermittelnde, im Vordringen befindliche Meinung unterscheidet danach, ob eine mündliche Verhandlung stattfindet oder nicht.2 Danach kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung nur entscheiden, wenn der Antragsteller vorgetragen hat, dass vom Antragsgegner keine Einwendungen erhoben wurden bzw. weshalb die erhobenen Einwendungen nicht relevant sind.
90 " Praxistipp: Der Antragsteller sollte Einwendungen des Antragsgegners, die ihm bekannt sind, dem Gericht vortragen und darlegen, weshalb diese nicht stichhaltig sind. Nur dann kann der Antragsteller auf eine rasche Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung hoffen. 91
Einstweilen frei.
1 Bejahend Hirtz, NJW 1986, 110 (113); Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 920 ZPO Rz. 11; verneinend OLG Stuttgart v. 23.12.1977 – 2 U 145/77, WRP 1978, 316 (317). 2 Reichold in Thomas/Putzo, Vorbem. § 916 ZPO Rz. 9; Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 10.11.1982 – 6 U 105/82, WRP 1983, 170 (171).
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II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 98
3. Beschlussverfahren Gemäß § 937 Abs. 2 ZPO kann eine Entscheidung ausnahmsweise ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss dann ergehen, wenn der Erlass der einstweiligen Verfügung dringend oder wenn der Antrag zurückzuweisen ist.
92
Wenn das Amtsgericht der belegenen Sache gemäß § 942 ZPO entscheidet, ist die mündliche Verhandlung zwar freigestellt; das Gericht setzt dem Gläubiger jedoch von Amts wegen – im Sonderfall des Absatzes 2 auf Antrag des Gegners – eine Frist, innerhalb der vom Gläubiger die Ladung des Gegners zu einer mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung bei dem Gericht der Hauptsache zu beantragen ist.
93
Jede Entscheidung des Amtsgerichts gemäß § 942 ZPO ergeht gemäß § 942 Abs. 4 ZPO durch Beschluss.
94
a) Dringender Fall Da für den Erlass jeder einstweiligen Verfügung eine gewisse Dringlichkeit erforderlich ist, bedarf es für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einer besonderen Dringlichkeit. Ein solcher dringender Fall liegt dann vor, wenn selbst eine kurzfristig anberaumte mündliche Verhandlung wegen der besonderen Eilbedürftigkeit und der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr abgewartet werden kann oder der Zweck der einstweiligen Verfügung gerade den Überraschungseffekt der Beschlussverfügung erfordert.1
95
" Praxistipp: Kommt es dem Antragsteller auf den Überraschungseffekt an, 96 kann er in der Antragsschrift darum bitten, dass ihn das Gericht von einer evtl. beabsichtigten Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unterrichtet, um dann entweder das Gericht zu überzeugen, eine Beschlussverfügung zu erlassen oder den Antrag zurückzunehmen.
b) Zurückweisung Obwohl nach dem Wortlaut des § 937 Abs. 2 ZPO im Fall der Zurückweisung die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, erscheint dennoch eine mündliche Verhandlung, die im Ermessen des Gerichts liegt, in folgenden Fällen sinnvoll:
97
– Die Mängel der Glaubhaftmachung oder andere Antragsmängel sind behebbar; – das Vorbringen ist ergänzungsbedürftig und ergänzungsfähig; – es besteht Aussicht auf einen Vergleich. Wenn der Antrag nach Auffassung des Gerichts keinerlei Aussicht auf Erfolg hat, sollte es ihn ohne mündliche Verhandlung zurückweisen. Der Antragsteller hat dann die Möglichkeit, alsbald das Rechtsmittelgericht anzurufen.
1 Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 2.
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§3
Rz. 99
Einstweilige Verfügung
c) Form und Inhalt der Entscheidung 99
Wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet, ergeht die Entscheidung durch Beschluss gemäß §§ 936, 922 Abs. 1 ZPO. Die Ablehnung der mündlichen Verhandlung ist unanfechtbar. Eine Beschwerde findet nicht statt.
100
Der Beschluss muss eine Kostenentscheidung nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO enthalten.
101
Das Gericht bestimmt gemäß § 938 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind. Allerdings ist das Gericht auch im Verfügungsverfahren nicht befugt, dem Antragsteller mehr zu gewähren, als dieser begehrt hat. Die angeordnete Maßnahme muss sich also im Rahmen des gestellten Antrags halten.1
4. Urteilsverfahren 102
Wenn das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen eine mündliche Verhandlung anordnet, sind grundsätzlich die Vorschriften über das normale Erkenntnisverfahren anwendbar. Allerdings tritt an die Stelle des Strengbeweises die Glaubhaftmachung. Da es sich um ein Eilverfahren handelt, bestehen einige Besonderheiten. a) Ladung
103
Zur mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Parteien von Amts wegen zu laden (§ 214 ZPO). Dabei ist zwar die Ladungsfrist des § 217 ZPO zu beachten, nicht aber die zweiwöchige Einlassungsfrist nach § 274 Abs. 3 ZPO.2 Es besteht aber die Möglichkeit, auf Antrag die Ladungsfrist gemäß § 226 ZPO abzukürzen. Dem Antragsgegner ist mit der Ladung eine Abschrift des Verfügungsgesuchs zuzustellen. Anders als im Klageverfahren sind die Terminsbestimmung und die Ladung nicht von der Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig. b) Terminvorbereitende Maßnahmen
104
Nach der überwiegenden Ansicht ist § 273 ZPO, wonach das Gericht erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen hat, auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anwendbar.3 Selbstverständlich können aber nur solche vorbereitende Anordnungen vom Gericht getroffen werden, die das Verfahren nicht verzögern.
1 Reichold in Thomas/Putzo, § 938 ZPO Rz. 2; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 938 ZPO Rz. 4. 2 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 15; Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 13. 3 Greger in Zöller, § 294 ZPO Rz. 3; Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, A Rz. 208 m.w.N.; a.A. OLG München v. 19.1.1978 – 6 U 4528/77, WRP 1978, 399 (400).
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II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 109
Gemäß § 273 ZPO kann das Gericht beispielsweise die Ladung von Zeugen anordnen. Da das Gericht nicht dazu verpflichtet1 ist und sich die Partei daher nicht auf eine Ladung von Zeugen verlassen kann, ist es ratsam, auch ohne eine gesonderte Ladung Zeugen oder andere Beweismittel zu der mündlichen Verhandlung mitzunehmen (s. Rz. 86 ff.). Wenn die Partei allerdings in der Antragsschrift glaubhaft geltend macht, dass sie wegen Mittellosigkeit nicht dazu imstande ist, einen potenziellen Zeugen zu stellen, gebietet es der allgemeine Gleichheitsgrundsatz i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, dass der Zeuge von dem Gericht zum Termin zu laden ist.2
105
c) Schriftsatzfrist Wegen der Eilbedürftigkeit sind die §§ 2833 und 132 ZPO4 nicht anwendbar und daher Schriftsatzfristen nicht einzuräumen.
106
d) Präklusion gemäß § 296 ZPO Grundsätzlich dürfen beide Parteien bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung neue Tatsachen und Beweismittel vorbringen. Eine Zurückweisung wegen verspäteten Vorbringens gemäß § 296 ZPO kommt in der Regel nicht in Betracht, weil gemäß §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO ohnehin nur eine sofortige Beweisaufnahme statthaft ist.5 Ausnahmsweise ist eine Zurückweisung jedoch zulässig, wenn eine Partei Behauptungen oder Mittel der Glaubhaftmachung rechtsmissbräuchlich zurückhält, um die Verteidigung des Gegners zu erschweren.6
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e) Vertagung Eine Vertagung gemäß § 227 ZPO ist wegen des Eilcharakters des summarischen Verfahrens in der Regel nicht zulässig.7
108
5. Prozesskostenhilfe Auch bei Arrest und einstweiliger Verfügung gelten die Vorschriften über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, §§ 114 ff. ZPO. Grundsätzlich muss dem Antragsgegner gemäß § 118 Abs. 1 ZPO vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Wenn aber das Gericht die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen will, ist eine vorherige Anhörung entbehrlich.8 1 2 3 4 5 6 7
Teplitzky, JuS 1981, 122 (125); Ebmeier/Schöne, C Rz. 165. Ebmeier/Schöne, C Rz. 165. Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 15. Reichold in Thomas/Putzo, § 132 ZPO Rz. 3. Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 15. OLG Koblenz v.5.2.1987 – 6 U 1319/86, NJW-RR 1987, 509 (511). OLG Jena v. 30.5.2007 – 2 W 173/07, GRUR 2008, 108 (109); Reichold in Thomas/Putzo, § 922 ZPO Rz. 2; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 922 ZPO Rz. 16. 8 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, A Rz. 40.
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§3
Rz. 110
Einstweilige Verfügung
III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe 110
Den Parteien stehen mehrere Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die erlassene Entscheidung zu: – Gegen einen den Verfügungsantrag zurückweisenden Beschluss des Gerichts steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde gemäß §§ 567 ff. ZPO zu. – Die einfache Beschwerde kann eingelegt werden, wenn zwar eine Verfügung erlassen, aber keine Entscheidung über die Kosten getroffen wurde. – Der Antragsgegner kann gegen einen stattgebenden Beschluss gemäß § 936 i.V.m. § 924 ZPO Widerspruch bei dem Gericht einlegen, das die Beschlussverfügung erlassen hat, gegen eine einstweilige Verfügung des Beschwerdegerichts nach h.M. bei der ersten Instanz.1 – Gegen eine Anordnung bzw. Bestätigung, Abänderung, oder Ablehnung einer vorläufigen Maßnahme durch Endurteil nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist die Berufung gemäß §§ 511 ff. ZPO statthaft. – Gegen ein Versäumnisurteil steht der säumigen Partei Einspruch gemäß § 338 ZPO zu.
111
Zu den wichtigsten Rechtsbehelfen zählen die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Verfügungsantrags durch Beschluss und der Widerspruch gegen einen dem Verfügungsantrag stattgebenden Beschluss.
112
Will der Antragsgegner gegen eine einstweilige Verfügung vorgehen, so sollte er zunächst die Rechtsmittel im Anordnungsverfahren ausschöpfen. Das Gericht prüft nämlich nach einem Widerspruch bzw. einer Berufung nicht, ob die einstweilige Verfügung – damals – zu Recht ergangen ist, sondern ob sie im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Widerspruchs- oder Berufungsverfahren noch zu Recht besteht.2 Der Antragsgegner hat daher die Möglichkeit, sich auch auf Tatsachen zu stützen, die erst nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung eingetreten sind.3
1. Sofortige Beschwerde des Antragstellers 113
Bei Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss kann der Antragsteller gemäß §§ 567 ff. ZPO sofortige Beschwerde einlegen. a) Zuständigkeit und Form
114
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 569 Abs. 1 ZPO bei dem Erlassgericht oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen.
1 KG v. 27.11.2007 – 5 W 287/07, NJW-RR 2008, 520; Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 6; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 924 ZPO Rz. 11. 2 Crückeberg, § 3 Rz. 136; Enders/Börstinghaus, Rz. 264. 3 OLG Düsseldorf v. 15.7.1987 – 2 U 77/87, NJW-RR 1988, 188.
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III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe
§3
Rz. 120
Der Beschwerdeführer kann die Beschwerde entweder schriftlich einlegen oder gemäß § 569 Abs. 3 ZPO zu Protokoll der Geschäftsstelle erklären, wenn im ersten Rechtszug kein Anwaltszwang bestand. Ob dies auch bei ablehnenden Entscheidungen des Landgerichts für eine Beschwerde vor dem Oberlandesgericht gilt, ist umstritten. Die Befürworter einer solchen Möglichkeit argumentieren, dass für das Verfügungsgesuch auch vor dem Landgericht kein Anwaltszwang bestehe (§§ 936, 920 Abs. 3 ZPO).1 Da bei Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens sowie bei Erlass einer Beschlussverfügung eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich sei, sollte dies auch im Beschwerdeverfahren möglich sein.
115
" Praxistipp: Wenn das Erstgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen 116 Verfügung durch Beschluss zurückweist, sollte der Antragsteller die sofortige Beschwerde durch einen Rechtsanwalt beim Beschwerdegericht einlegen lassen. Ausnahmsweise kann der Antragsteller die sofortige Beschwerde auch selbst einlegen, wenn er sicher weiß, dass das Beschwerdegericht eine anwaltliche Vertretung nicht für erforderlich hält.
Einstweilen frei.
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b) Frist Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO binnen einer Notfrist von zwei Wochen einzulegen.
118
c) Verfahren Wenn die sofortige Beschwerde beim Beschwerdegericht eingelegt wird, kann das Beschwerdegericht das Verfahren an das Erstgericht abgeben, damit das Erstgericht eine Abhilfeentscheidung trifft. Das Beschwerdegericht kann jedoch wegen der Eilbedürftigkeit auch auf das Abhilfeverfahren verzichten und gleich selbst in der Sache entscheiden.2 Wird die Beschwerde bei dem erstinstanzlichen Gericht eingelegt, hat dieses die Möglichkeit, der Beschwerde gemäß § 572 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO abzuhelfen, wenn sie zulässig und begründet ist. Es darf aber keine mündliche Verhandlung anordnen, da dann eine Entscheidung durch Urteil erginge und somit das Beschwerdeverfahren, welches für Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung gilt, unterlaufen würde.3
119
" Hinweis: Gemäß § 937 Abs. 2 Alt. 2 ZPO ergeht die Zurückweisung des 120 Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss – also ohne mündliche Verhandlung. Diese Entscheidung des Gerichts wird dem Antragsgegner wegen §§ 936, 922 Abs. 3 ZPO nicht mitgeteilt. Infolgedessen unterbleibt die Vorwarnung des Antragsgegners, sodass sowohl bei ei-
1 OLG Celle v. 22.1.2009 – 13 W 135/08, NJW-RR 2009, 977 (978); OLG Köln v. 4.5.1987 – 2 W 27/87, NJW-RR 1988, 254; OLG Karlsruhe v. 5.5.1993 – 6 W 23/93, NJW-RR 1993, 1470 (1471); Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 13; str., a.A. OLG Hamm v. 29.4.1996 – 8 W 8/96, NJW-RR 1997, 763; Heßler in Zöller, § 569 ZPO Rz. 8. 2 Heßler in Zöller, § 572 ZPO Rz. 4; Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 13. 3 Grunsky in Stein/Jonas, § 922 ZPO Rz. 8.
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§3
Rz. 121
Einstweilige Verfügung
M 3.5
nem erneuten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als auch nach erfolgreicher Beschwerde das Überraschungsmoment für den Antragsteller bestehen bleibt. 121
Wenn das erstinstanzliche Gericht nicht abhilft, muss es das Beschwerdegesuch gemäß § 572 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO unverzüglich dem Beschwerdegericht vorlegen.
122
Wenn das Beschwerdegericht eine mündliche Verhandlung anordnet, muss es durch Endurteil entscheiden. Das Urteil gilt als in zweiter Instanz erlassen. Revision ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO nicht zulässig.1
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Erfolgt die Zurückweisung durch das Beschwerdegericht, ist eine Rechtsbeschwerde nicht statthaft (arg. §§ 542 Abs. 2, 574 Abs. 1 Satz 2 ZPO).2 Das bedeutet, dass die Zurückweisung der Beschwerde durch das Beschwerdegericht rechtskräftig ist.
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Einstweilen frei.
3.5 125
u
Sofortige Beschwerde
Vorab per Telefax: An das . . .gericht1 In der einstweiligen Verfügungssache . . . ./. . . . Az.: . . . des . . . – Antragstellers – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Antragsgegner – – Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwälte . . . – legen wir gegen den Beschluss des Amts-/Landgerichts . . . vom . . . zugestellt am . . . 1 Gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist die Beschwerde binnen einer Notfrist (§ 224 Abs. 1 Satz 1 ZPO) von zwei Wochen bei dem Gericht, welches den Beschluss erlassen hat (iudex a quo) oder beim Beschwerdegericht (iudex ad quem) einzulegen.
1 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 14. 2 BGH v. 27.2.2003 – I ZB 22/02, NJW 2003, 1531; Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 14.
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M 3.5
III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe
§3
Rz. 130
sofortige Beschwerde ein und beantragen, unter Abänderung des Beschlusses des Amts-/Landgerichts . . . vom . . . Az.: . . ., zugestellt am . . ., folgende einstweilige Verfügung zu erlassen: 1. . . . 2. . . . Begründung: ...
2. Widerspruch des Antragsgegners Der Widerspruch ist gemäß § 936 i.V.m. § 924 ZPO der Rechtsbehelf des Antragsgegners gegen einen dem Verfügungsantrag stattgebenden Beschluss („Beschlussverfügung“). Mangels Devolutiv- und Suspensiveffekts handelt es sich bei dem Widerspruch nicht um ein Rechtsmittel,1 sondern um einen Rechtsbehelf. Die Vollziehung und die Vollstreckung der einstweiligen Verfügung wird durch Einlegung des Widerspruchs nicht gehemmt. Allerdings können einstweilige Anordnungen zur Einschränkung der Vollziehbarkeit ergehen, die allerdings nur unter besonderen Umständen in Betracht kommen2 (§ 924 Abs. 3 i.V.m. § 707 Abs. 1 ZPO).
126
Die widersprechende Partei hat gemäß § 936 i.V.m. § 924 Abs. 2 ZPO die Gründe darzulegen, die sie für die Aufhebung der einstweiligen Verfügung geltend machen will.
127
Der Antragsgegner kann den Widerspruch auch auf einen Teil der Verfügung beschränken, wenn die einstweilige Verfügung mehrere abgrenzbare Entscheidungen enthält. Der Widerspruch kann sich auch nur auf die Kostenentscheidung beziehen („Kostenwiderspruch“)3. In einem Kostenwiderspruch liegt zugleich ein unwiderruflicher Verzicht auf einen Vollwiderspruch. Der Übergang von einem Kostenwiderspruch zu einem Vollwiderspruch ist deshalb unzulässig.4
128
a) Zuständiges Gericht Grundsätzlich ist der Widerspruch bei dem Gericht einzulegen, das die Beschlussverfügung erlassen hat. Das Erlassgericht ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig. Wird die Beschlussverfügung vom Beschwerdegericht erlassen, ist jedoch das erstinstanzliche Gericht zuständig.5
129
Wenn das Amtsgericht der belegenen Sache gemäß § 942 Abs. 1 ZPO die einstweilige Verfügung erlassen hat, ist für den Widerspruch das Gericht der Haupt-
130
1 Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 15. 2 Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 13; BGH v. 21.5.1997 – I ZB 7/97, NJW-RR 1997, 1155. 3 Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 5. 4 OLG Hamburg v. 28.10.1999 – 3 U 157/99, NJW-RR 2000, 1238. 5 KG v. 27.11.2007 – 5 W 287/07, NJW-RR 2008, 520.
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Rz. 131
Einstweilige Verfügung
M 3.6
sache zuständig und nicht das Erlassgericht.1 Durch rügeloses Verhandeln tritt eine Zuständigkeit des Gerichts der belegenen Sache wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Hauptsachegerichte (§§ 802, 927 Abs. 1 ZPO) nicht ein.2 131
Auf Antrag kann das Verfahren gemäß § 281 Abs. 1 ZPO an das zuständige Gericht verwiesen werden, wenn der Widerspruch irrtümlich bei einem unzuständigen Gericht (z.B. bei dem nächsthöheren Gericht) eingelegt worden ist.3 b) Form
132
Der Widerspruch ist grundsätzlich schriftlich einzulegen. Wenn das Amtsgericht zuständig ist, kann der Widerspruch auch zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem jeweiligen Amtsgericht erhoben werden. Im Verfahren vor den Landgerichten besteht Anwaltszwang.4 c) Frist
133
Das Gesetz bestimmt für die Einlegung des Widerspruchs keine bestimmte Frist. Der Widerspruch kann bereits ab Erlass der einstweiligen Verfügung und somit noch vor Zustellung derselben eingelegt werden.5 Er ist so lange zulässig, wie der Verfügungsbeschluss besteht.
134
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass auch beim Widerspruch Verwirkung eintreten kann, wenn Zeitmoment (sehr langes Abwarten des Antragsgegners) und Umstandmoment (Verhalten, auf Grund dessen der Antragsteller von einem Ausbleiben des Widerspruchs ausgehen durfte) zusammentreffen. Von einer Verwirkung kann allerdings nicht schon dann ausgegangen werden, wenn das Ende des Hauptsacheverfahrens abgewartet wird, auch wenn dies lange dauern sollte.6
135
Der Widerspruch führt dazu, dass über die Rechtmäßigkeit der Beschlussverfügung aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird.
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u
Widerspruch
Vorab per Telefax: An das Amtsgericht/Landgericht . . . 1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 942 ZPO Rz. 9; Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 4. 2 Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 4. 3 Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 6. 4 Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 7. 5 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 924 ZPO Rz. 14. 6 Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 10; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 924 ZPO Rz. 14.
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III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe
§3
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In der einstweiligen Verfügungssache . . . ./. . . . Az.: . . . des . . . – Antragstellers – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Antragsgegner – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – zeigen wir an, dass wir den Antragsgegner vertreten. Namens und in Vollmacht des Antragsgegners legen wir gegen die am . . . vom Amts-/Landgericht . . . erlassene einstweilige Verfügung Widerspruch ein und bitten um Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, in dem wir folgende Anträge stellen werden: 1. Die einstweilige Verfügung des Amts-/Landgerichts . . . vom . . . Az.: . . . wird aufgehoben. 2. Die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung wird mit sofortiger Wirkung ohne – erforderlichenfalls gegen – Sicherheitsleistung eingestellt. 3. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ...
" Hinweis: Der Antrag zu Ziffer 2 im Muster wird gestellt, da der Wider- 137 spruch selbst die Zwangsvollstreckung der einstweiligen Verfügung nicht hemmt. Gemäß §§ 924 Abs. 3, 707 ZPO kann das Gericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung aussprechen.
Einstweilen frei.
138, 139
d) Verzicht und Rücknahme Auf den Widerspruch kann verzichtet werden. Dies kann ausdrücklich oder konkludent geschehen.1 Wichtig ist, dass die Verzichterklärung erkennen lässt, ob ein umfassender Verzicht gewollt ist oder ob beispielsweise ein Kostenwiderspruch vorbehalten sein soll. Wurde wirksam auf einen Widerspruch verzichtet, ist ein gleichwohl erhobener Widerspruch unzulässig. In Wettbewerbsprozessen erfolgt der Verzicht im Rahmen einer so genannten Abschlusserklärung (vgl. § 18 Rz. 118). Zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Hauptsache1 Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 9.
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Rz. 141
Einstweilige Verfügung
klage in Wettbewerbsprozessen ist jedoch erforderlich, dass der Verzicht außer den Rechten aus § 924 ZPO auch noch die Rechte aus §§ 926, 927 ZPO erfasst (vgl. § 18 Rz. 114 ff.). 141
Der Antragsgegner kann den Widerspruch jederzeit bis zur Rechtskraft der Widerspruchsentscheidung ohne Zustimmung des Antragstellers zurücknehmen.1 Der Antragsgegner hat dann die durch den Widerspruch entstandenen Kosten zu tragen (§ 516 Abs. 3 ZPO analog). e) Verfahren
142
Nachdem der Widerspruch bei dem Gericht eingegangen ist, hat das Gericht eine mündliche Verhandlung unter Beachtung der Ladungsfristen gemäß § 217 ZPO durchzuführen.2 In dem Verfahren heißen die Parteien „Verfügungskläger“ und „Verfügungsbeklagter“. Das Gericht entscheidet über die Rechtmäßigkeit der mit dem Widerspruch angegriffenen Entscheidung. Dabei ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen. Insofern sind alle Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erneut zu prüfen. Beide Parteien haben die Gelegenheit, neue Tatsachen vorzutragen und ihre Anträge zu erweitern oder zu beschränken. Es kann sich aus Kostengründen für den Verfügungskläger anbieten, die Sache für erledigt zu erklären, wenn der Antrag zwar ursprünglich zulässig und begründet war, sich nun aber die Sach- und Rechtslage so ungünstig verändert hat, dass der Antrag abweisungsreif ist. f) Widerspruchsentscheidung
143
Jede Entscheidung über einen zulässigen Widerspruch ergeht gemäß §§ 936, 925 Abs. 1 ZPO durch Endurteil.3 Wenn der Widerspruch unzulässig ist, ist er in entsprechender Anwendung des § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.4 Soweit der Widerspruch zulässig ist, kann das Gericht nach Prüfung der Voraussetzungen der Eilentscheidung in vollem Umfang die einstweilige Verfügung ganz oder teilweise bestätigen, abändern oder aufheben (§ 936 i.V.m. § 925 Abs. 2 ZPO). Es ist insofern an seine vorherige Entscheidung nicht gebunden. In diesem Zusammenhang kann es die Bestätigung oder Abänderung der einstweiligen Verfügung auch von einer Sicherheitsleistung abhängig machen (§ 925 Abs. 2 Alt. 2). Eine Aufhebung gegen Sicherheitsleistung kann bei der einstweiligen Verfügung im Gegensatz zum Arrest nur unter besonderen Umständen gestattet werden (§ 939 ZPO).
144
Bei einer aufhebenden Entscheidung hebt das Gericht den Verfügungsbeschluss durch Endurteil auf und weist das Verfügungsgesuch zurück. Nach richtiger Ansicht tritt die Wirkung der Aufhebung des Verfügungsbeschlusses bereits mit
1 2 3 4
Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 8. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 924 ZPO Rz. 16. Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 26; Ebmeier/Schöne, C Rz. 201. Reichold in Thomas/Putzo, § 925 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 925 ZPO Rz. 4.
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III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe
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Verkündung des Urteils1 ein und nicht erst ab Zustellung oder mit Rechtskraft, da der vorherige Beschluss durch die Entscheidung ersetzt wird und kein Rechtsschutzinteresse des Verfügungsklägers an einer Aufrechterhaltung ersichtlich ist. Wenn das Gericht die Beschlussverfügung für zutreffend erachtet, erlässt es ein bestätigendes Urteil. Das bestätigende Urteil bedarf keiner erneuten Vollziehung, wenn es die einstweilige Verfügung inhaltlich nicht oder nur unwesentlich verändert oder erweitert hat.2
145
" Wichtig: Wird eine einstweilige Verfügung im Widerspruchsverfahren in- 146 haltlich nicht nur unwesentlich geändert oder erweitert, ist eine erneute Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch Zustellung des bestätigenden Urteils im Parteibetrieb erforderlich.3
Bei einer nur teilweisen Bestätigung bzw. teilweisen Aufhebung ist die Beschlussverfügung hinsichtlich des weiterhin gerechtfertigten Teils zu bestätigen und hinsichtlich des ungerechtfertigten Teils aufzuheben und der Antrag hinsichtlich dieses Teils ausdrücklich zurückzuweisen. In diesem Fall ist eine erneute Vollziehung nicht erforderlich.4
147
Gegen die Widerspruchsentscheidung kann die beschwerte Partei Berufung einlegen (s. Rz. 149).
148
3. Berufung Hat das Amts- oder Landgericht als Gericht des ersten Rechtszugs über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach mündlicher Verhandlung durch Endurteil entschieden (§ 936 i.V.m. § 922 Abs. 1 ZPO), steht der beschwerten, d.h. mit ihrem Antrag zumindest teilweise unterlegenen Partei gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung (§§ 511 ff. ZPO) zu. Dasselbe gilt für die nach dem Widerspruch des Antragsgegners ebenfalls durch Endurteil ergehende (§ 936 i.V.m. § 925 Abs. 1 ZPO) Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügung; auch hiergegen findet das Rechtsmittel der Berufung statt.5
149
a) Statthaftigkeit der Berufung aa) Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen Für die Statthaftigkeit der Berufung gelten die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen. So ist die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerde1 OLG Düsseldorf v. 28.5.2001 – U (Kart) 25/01, NJW-RR 2002, 138; KG v. 3.5.1996 – 9 U 2837/96, NJW-RR 1996, 1088; Reichold in Thomas/Putzo, § 925 ZPO Rz. 2; Vollkommer in Zöller, § 925 ZPO Rz. 10; a.A. OLG Celle v. 24.7.1986 – 5 U 139/86, NJW-RR 1987, 64. 2 KG v. 28.1.2000 – 5 W 8802/99, NJWE-WettbR 2000, 197; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 4 U 243-97, NJW-RR 1999, 631; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 15. 3 OLG Stuttgart v. 21.8.2008 – 2 U 13/08, NJW-RR 2009, 696; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 15. 4 OLG Hamburg v. 22.12.2009 – 3 U 33/09 – NJOZ 2010, 1212. 5 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 17.
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Einstweilige Verfügung
gegenstands den Betrag von 600 Euro übersteigt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung im Urteil zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). 151
Der für die Statthaftigkeit der Streitwertberufung maßgebende Wert des Beschwerdegegenstands bestimmt sich nach der Höhe des Betrags, um den der Berufungskläger durch das Urteil des ersten Rechtszugs in seinen Rechten verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Berufungsantrag eine Abänderung des angefochtenen Urteils begehrt.1 Hierbei ist zu beachten, dass der von dem Berufungsgericht nach freiem Ermessen festzusetzende Wert des Beschwerdegegenstands im einstweiligen Rechtsschutz im Allgemeinen unter dem der Hauptsache liegt, weil das für das Eilverfahren maßgebende Interesse des Antragstellers an der Sicherung (Sicherstellung) im Regelfall das Befriedigungsinteresse nicht erreicht. Bei einstweiligen Verfügungen und Arrestverfahren bleibt es deshalb in der Regel bei einer Bruchteilsbewertung, wobei die Bruchteilswerte meist im Rahmen von 1/ 3 bis 1/ 2 des Hauptsachewerts liegen. Lediglich in Fällen, in denen allein die Anordnung einer einstweiligen Verfügung oder eines Arrestes der Befriedigung in der Hauptsache nahekommt, neigt die Rechtsprechung dazu, bei der Wertfestsetzung bis zur Höhe des Hauptsachewerts zu gehen (s. dazu § 10 Rz. 8).
152 " Hinweis: Das Berufungsgericht setzt den Wert des Beschwerdegegenstands fest. Hierbei stellt es auf das Interesse des Rechtsmittelführers zur Zeit der Berufungseinlegung ab. Das Berufungsgericht ist nicht an die Streitwertfestsetzung durch das Gericht erster Instanz gebunden. 153
Bei Nichterreichen der Berufungssumme ist die Berufung nur zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs sie zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Berufung wird nur zugelassen, wenn entweder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO). Die Zulassungsentscheidung ist von Amts wegen zu treffen, setzt also keinen Antrag einer Partei auf Zulassung der Berufung voraus.
154
Einstweilen frei. bb) Zulässigkeit bei falscher Bezeichnung der Entscheidung
155
Da die Berufung nach § 511 Abs. 1 ZPO (nur) gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile stattfindet, ist die Art des richtigen Rechtsbehelfs zweifelhaft, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung entgegen § 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Beschluss statt durch Urteil stattgegeben hat.
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Nach überwiegender Auffassung soll in diesem Fall zugunsten des beschwerten Verfügungsbeklagten der Grundsatz der Meistbegünstigung gelten; eine trotz mündlicher Verhandlung (zu Unrecht) durch Beschluss ergangene Entscheidung 1 Heßler in Zöller, § 511 ZPO Rz. 13.
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kann danach wahlweise mit dem Widerspruch nach § 924 ZPO oder – soweit gegen ein ordnungsgemäß ergangenes Urteil die Berufung zulässig gewesen wäre – mit der Berufung angefochten werden.1 Nach anderer Auffassung soll in diesem Fall nur die Berufung zulässig sein, weil dem Verfügungsbeklagten nicht die verfahrensrechtliche Möglichkeit eröffnet werden dürfe, eine aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene einstweilige Verfügung in demselben Rechtszug zur Nachprüfung zu stellen.2 Dem Verfügungsbeklagten sei der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung deshalb dort versagt, wo ihm auch bei korrekter Entscheidung – nach mündlicher Verhandlung – nur die Berufung bleibe. Soweit er durch die falsche Form der Entscheidung auf den Weg des – nach jener Auffassung – unzulässigen Widerspruchs verwiesen worden ist und deshalb die Berufungsfrist versäumt hat, soll allerdings eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen.3 Die gegen eine Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes vorgebrachten Bedenken überzeugen indes nicht. Denn bei Einlegung eines der äußeren Form der (unzutreffend bezeichneten) Vorentscheidung entsprechenden Rechtsbehelfs ist in das richtige Verfahren überzuleiten und dieses Verfahren bei Anrufung des hierfür unzuständigen Gerichts in entsprechender Anwendung des § 281 ZPO an das zuständige Gericht zu verweisen.4 Demzufolge führt die Zulassung eines Widerspruchs gegen eine fälschlich als „Beschluss“ bezeichnete Entscheidung nicht zu einer Nachprüfung der aufgrund mündlicher Verhandlung ergangenen einstweiligen Verfügung in demselben Rechtszug, sondern zu einer Überleitung des Widerspruchs in das Berufungsverfahren und zu einer Verweisung von dem Gericht des ersten Rechtszugs an das Berufungsgericht.5
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Ebenso gilt der Meistbegünstigungsgrundsatz, wenn das Gericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder das Arrestgesuch statt durch Beschluss durch Urteil zurückgewiesen hat; in diesem Fall ist wahlweise die sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO oder die Berufung statthaft.6
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cc) Kostenurteile und Urteile des Berufungsgerichts der Hauptsache Von dem Grundsatz des § 511 Abs. 1 ZPO, nach dem die Berufung gegen im ersten Rechtszug erlassene Endurteile stattfindet, findet sich eine Ausnahme: Wird gegen den eine einstweilige Verfügung erlassenden (oder einen Arrest anordnenden) Beschluss Widerspruch nur wegen der Kosten eingelegt, ist gegen eine daraufhin ergehende Kostenentscheidung, die nach § 128 Abs. 3 ZPO auch ohne mündliche Verhandlung durch Urteil ergeht, nicht das Rechtsmittel der Berufung, sondern in entsprechender Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO die 1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 922 ZPO Rz. 23; Ebmeier/ Schöne, C Rz. 220; Drescher in MünchKomm., § 922 ZPO Rz. 25; Grunsky in Stein/Jonas, § 922 ZPO Rz. 11, 30; Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 17. 2 OLG Karlsruhe v. 29.9.1986 – 2 UF 230/86, NJW 1987, 509; Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 8; Reicholt in Thomas/Putzo, § 922 ZPO Rz. 7. 3 OLG Karlsruhe v. 29.9.1986 – 2 UF 230/86, NJW 1987, 509. 4 Gummer/Heßler in Zöller, vor § 511 ZPO Rz. 33 m.w.N. 5 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 17. 6 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Grundz § 511 ZPO Rz. 30.
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Rz. 160
Einstweilige Verfügung
sofortige Beschwerde statthaft.1 Eine gegen das Kostenurteil dennoch eingelegte (unzulässige) Berufung soll nach den Grundsätzen des § 140 BGB in eine zulässige sofortige Beschwerde analog § 99 Abs. 2 ZPO umgedeutet werden können.2 160
Die Berufung ist darüber hinaus unstatthaft gegen Endurteile des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts als Berufungsgericht der Hauptsache (§ 943 Abs. 1 ZPO), wenn also die Hauptsache bei dem erkennenden Gericht in der Berufung anhängig ist und das Gericht über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Endurteil entschieden hat.3 Kein Rechtsmittel ist statthaft, wenn das Landgericht, nachdem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder das Arrestgesuch vom Amtsgericht durch Beschluss zurückgewiesen wurde, erst in der Beschwerdeinstanz mündliche Verhandlung angeordnet und durch Urteil entschieden hat (§§ 511 Abs. 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).4 b) Zuständigkeit, Form und Inhalt aa) Zuständigkeit
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Die Berufung wird gemäß § 519 Abs. 1 ZPO durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. Nach § 72 GVG ist das Landgericht für Berufungen gegen Urteile des Amtsgerichts zuständig, wenn nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist.5 Berufung gegen Urteile des Landgerichts ist beim Oberlandesgericht einzulegen (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG).
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Wird die Berufungsschrift bei dem (unzuständigen) Gericht des ersten Rechtszugs eingereicht, ist dieses zwar verpflichtet, den fristgebundenen Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das zuständige Berufungsgericht weiterzuleiten,6 jedoch wird die Berufungsfrist (s. Rz. 169 f.) durch die Einreichung bei dem unzuständigen Gericht nicht gewahrt. bb) Form und Inhalt (1) Berufungsschrift
163
Da die Berufung durch Einreichung der Berufungsschrift eingelegt wird (§ 519 Abs. 1 ZPO), ist eine Berufungseinlegung durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle ausgeschlossen.
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Die Berufungsschrift muss Klarheit über den Gegenstand und die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens verschaffen. Nach § 519 Abs. 2 ZPO muss sie die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, und die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
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Einstweilen frei. 1 OLG Brandenburg v. 17.2.1994 – 1 U 001/93, NJW-RR 1994, 1022 f.; Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 5. 2 OLG Brandenburg v. 17.2.1994 – 1 U 001/93, NJW-RR 1994, 1022 (1023). 3 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 17; Grunsky in Stein/Jonas, § 922 ZPO Rz. 30. 4 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 922 ZPO Rz. 22; Reicholt in Thomas/Putzo, § 922 ZPO Rz. 6; Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 17. 5 Zu Einzelheiten Teubel in Vorwerk, Prozessformularbuch, Kap. 65 Rz. 12. 6 BGH v. 1.12.1997 – II ZR 85/97, NJW 1998, 908.
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Rz. 170
(2) Berufungsbegründung Die Berufungsbegründung kann in der Berufungsschrift oder durch gesonderten Schriftsatz bei dem Berufungsgericht erfolgen (§ 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Der notwendige Inhalt der Berufungsbegründung ist in § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorgeschrieben und umfasst:
166
– die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); – die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; – die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; – die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sind. Gemäß § 520 Abs. 4 ZPO soll die Berufungsbegründung ferner enthalten: die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstands, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt, außerdem eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen. Da es sich bei § 520 Abs. 4 ZPO um eine Sollvorschrift handelt, lässt das Fehlen dieser Angaben die Zulässigkeit der Berufung unberührt.1
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Bei der Berufung gegen ein den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückweisendes Urteil ist über die allgemeinen Berufungsgründe des § 513 Abs. 1 ZPO hinaus die – weiterhin bestehende – Dringlichkeit der Entscheidung (Verfügungsgrund) vorzutragen und glaubhaft zu machen. Denn auch das Berufungsgericht darf die einstweilige Verfügung nur erlassen, wenn zu besorgen ist, dass die Verwirklichung des geltend gemachten Rechts des Antragstellers ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
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c) Frist Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat seit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils einzulegen (§ 517 ZPO).
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Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt ebenfalls mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Im Unterschied zu der Berufungsfrist ist die Berufungsbegründungsfrist keine Notfrist und kann daher auf Antrag verlängert werden (§ 520 Abs. 2 Satz 2 und 3).
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1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 520 ZPO Rz. 36.
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Einstweilige Verfügung
d) Verfahren 171
Für das Berufungsverfahren gelten grundsätzlich die allgemeinen Verfahrensregeln der §§ 521 ff. ZPO. Daneben gelten wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung allerdings auch im Berufungsverfahren weiterhin die Besonderheiten des Eilverfahrens, weshalb die Terminierung möglichst kurzfristig erfolgt, die Einlassungsfrist des § 274 Abs. 3 ZPO nicht gewahrt werden muss, die (ggf. nach § 226 Abs. 1 ZPO verkürzte) Ladungsfrist des § 217 ZPO ausreicht, die Glaubhaftmachung der Tatsachen genügt und Beweis ggf. sofort zu erheben ist.1 Darüber hinaus ist wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs gemäß § 538 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.2
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Auch nach Einlegung der Berufung gegen ein die einstweilige Verfügung erlassendes oder bestätigendes Urteil kann gemäß §§ 719, 707 ZPO die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt werden. Allerdings ist die Einstellung nur ganz ausnahmsweise veranlasst, etwa wenn bereits feststeht, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist oder fehlende Dringlichkeit glaubhaft gemacht ist,3 weil anderenfalls die durch Urteil erlassene einstweilige Verfügung durch die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung unterlaufen würde.
173 " Hinweis: Wenn das Erstgericht die Beschlussverfügung nach Widerspruch durch Urteil aufgehoben hat, kann das Berufungsgericht die Wirksamkeit der Beschlussverfügung nicht gemäß §§ 707, 719 ZPO wiederherstellen.4 174
Für die Entscheidung des Berufungsgerichts gelten keine Besonderheiten. Eine unzulässige Berufung wird verworfen, eine unbegründete Berufung wird zurückgewiesen. Hält das Berufungsgericht die Berufung hingegen für zulässig und begründet, hebt es das die einstweilige Verfügung erlassende Urteil des Gerichts des ersten Rechtszugs auf und weist den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Wurde der Antrag durch das angefochtene Urteil zurückgewiesen und hält das Berufungsgericht die Berufung für zulässig und begründet, hebt es das Urteil auf und erlässt die einstweilige Verfügung.
4. Revision 175
Gemäß § 542 Abs. 2 ZPO ist die Revision gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, nicht statthaft. Die Revision ist im Arrestoder einstweiligen Verfügungsverfahren also stets ausgeschlossen, selbst wenn 1 Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 10. 2 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 922 ZPO Rz. 23; Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 10. 3 KG v. 13.8.1997 – 3 UF 3216 – 97, NJW-RR 1998, 1381; Herget in Zöller, § 719 ZPO Rz. 1 m.w.N. 4 OLG Düsseldorf v. 28.5.2011 – U (Kart) 25/01, NJW-RR 2002, 138; Herget in Zöller, § 719 ZPO Rz. 1; Vollkommer in Zöller, § 925 ZPO Rz. 11; str., a.A. KG v. 16.3.1994 – 24 U 335/94, MDR 1994, 727.
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IV. Das Rechtfertigungsverfahren
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Rz. 178
die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen wird, ist eine Rechtsbeschwerde nach § 522 Abs. 1 ZPO nicht statthaft.1 Bei Folgesachen, z.B. Streit über Schadensersatz gemäß § 945 ZPO, ist die Revision hingegen statthaft.2
IV. Das Rechtfertigungsverfahren Erlässt das in der Hauptsache nicht zuständige Amtsgericht der belegenen Sache gemäß § 942 Abs. 1 ZPO aufgrund seiner Notzuständigkeit eine einstweilige Verfügung, setzt es dem Antragsteller eine Frist, innerhalb der die Ladung des Gegners zur mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung bei dem Gericht der Hauptsache zu beantragen ist. Die Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache ist eine ausschließliche Zuständigkeit, sodass bei fälschlicher Einlegung beim Amtsgericht dieses selbst bei rügeloser Einlassung des Gegners nicht entscheiden kann.3 Der Antrag des Gläubigers enthält zusätzlich konkludent den Antrag auf Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung.4 Wenn innerhalb der gesetzten Frist kein Antrag gestellt wird, ist gemäß § 942 Abs. 3 ZPO auf Antrag des Gegners die einstweilige Verfügung aufzuheben. Der Antrag des Gläubigers ist jedoch noch so lange zulässig, wie die einstweilige Verfügung nicht aufgehoben wurde.5Die Ladung des Gegners erfolgt von Amts wegen und leitet das Rechtfertigungsverfahren ein. Auch der Antragsgegner kann einen Termin zur mündlichen Verhandlung beantragen oder beim Gericht der Hauptsache Widerspruch einlegen. Die Parteirollen ändern sich durch den Antrag des Gegners jedoch nicht, d.h., der Antragsgegner bleibt Verfügungsbeklagter.
176
Das Rechtfertigungsverfahren stimmt im Wesentlichen mit dem Widerspruchsverfahren überein,6 da das Gericht der Hauptsache im Rahmen des Rechtfertigungsverfahrens aufgrund einer mündlichen Verhandlung darüber entscheidet, ob die vom Amtsgericht der belegenen Sache erlassene einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten oder aufzuheben ist.
177
Das Gericht der Hauptsache trifft seine Entscheidung wie im Widerspruchsverfahren aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt zum Schluss der mündlichen Verhandlung.7
178
1 BGH v. 10.10.2002 – VII ZB 11/02, NJW 2003, 69 (69); s. auch BGH v. 20.6.1984 – IV b ZB 122/83, NJW 1984, 2368 (2368). 2 Heßler in Zöller, § 542 ZPO Rz. 8. 3 Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 4. 4 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 942 ZPO Rz. 10. 5 Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 7. 6 Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 7. 7 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 942 ZPO Rz. 11; Vollkommer in Zöller, § 942 ZPO Rz. 7.
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59
§3
3.7
Rz. 179
u
M 3.7
Einstweilige Verfügung
Rechtfertigungsverfahren nach § 942 Abs. 1 ZPO
An das Landgericht . . . In der einstweiligen Verfügungssache Az.: . . . des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen den . . . – Antragsgegner – hat das Amtsgericht für den Antragsteller mit Beschluss vom . . . eine einstweilige Verfügung gemäß § 942 Abs. 1 ZPO erlassen und bestimmt, dass der Antragsteller bis zum . . . die Ladung des Antragsgegners zur mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung bei dem Gericht der Hauptsache zu beantragen hat. Hiermit beantragen wir, das Rechtfertigungsverfahren durchzuführen und einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, zu dem der Antragsgegner zu laden ist. Im Termin zur mündlichen Verhandlung werden wir beantragen: 1. Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts . . . vom . . . (Az.: . . .) wird bestätigt. 2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ...
V. Aufhebung der einstweiligen Verfügung 1. Aufhebungsverfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO 179
§ 926 ZPO dient dem Schutz des Schuldners, der durch eine vorläufige Maßnahme belastet ist. Er kann den Gläubiger dazu zwingen, Hauptsacheklage zu erheben, um damit die Überprüfung der im Eilverfahren getroffenen Entscheidung im Hauptsacheverfahren herbeizuführen. Während in § 926 Abs. 1 ZPO das so genannte Fristsetzungsverfahren geregelt ist, regelt § 926 Abs. 2 ZPO das Aufhebungsverfahren. Beide Verfahren hängen zwar miteinander zusammen, da die Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage immer Voraussetzung für den Aufhebungsantrag nach § 926 Abs. 2 ZPO ist, müssen aber dennoch auseinandergehalten werden, da die Aufhebung der einstweiligen Maßnahme nicht automatisch mit dem fruchtlosen Fristablauf erfolgt, sondern einen zusätzlichen Antrag des Schuldners erfordert.1 1 Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 1.
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V. Aufhebung der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 185
" Hinweis: Der Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung kann 180 nicht mit dem Fristsetzungsantrag verbunden werden, sondern darf erst nach Fristablauf gestellt werden.
a) Zulässigkeit des Aufhebungsantrags aa) Zuständigkeit Der Schuldner muss den Antrag grundsätzlich bei dem Gericht stellen, das die einstweilige Verfügung erlassen und damit auch die Frist nach § 926 Abs. 1 ZPO gesetzt hat, auch wenn das einstweilige Verfügungsverfahren in der Berufungsinstanz anhängig ist.1 Wurde die einstweilige Verfügung in der Berufungsoder Beschwerdeinstanz erlassen, so ist gleichwohl das erstinstanzliche Gericht für Fristsetzung und Aufhebungsantrag zuständig.2 Bei einer einstweiligen Verfügung, die das Amtsgericht der belegenen Sache gemäß § 942 ZPO erlassen hat, ist das Gericht der Hauptsache zuständig.3
181
bb) Form und Frist Der Antrag muss schriftlich eingereicht werden, und es besteht beim Landgericht gemäß § 78 ZPO grundsätzlich Anwaltszwang. Beim Amtsgericht kann der Antrag allerdings auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden gemäß § 496 ZPO.4 Zur Stellung des Aufhebungsantrags existiert keine Frist.
182
Einstweilen frei.
183
b) Begründetheit des Aufhebungsantrags Der Aufhebungsantrag ist begründet, wenn die gemäß § 926 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist verstrichen ist, ohne dass der Gläubiger Hauptsachklage erhoben hat. Ferner ist der Antrag begründet, wenn zwar Hauptsacheklage innerhalb der Frist erhoben, diese aber wieder zurückgenommen oder als unzulässig zurückgewiesen wurde.5
184
Entscheidend ist, ob vom Gläubiger Hauptsacheklage erhoben wurde, d.h. die Klage dem Schuldner fristgerecht zugestellt wurde bzw. der Gläubiger die Klage eingereicht hat und diese gemäß § 167 ZPO demnächst zugestellt wird. Der Gläubiger muss jedenfalls alle für eine alsbaldige Zustellung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt haben. Die Zustellung eines Mahnbescheids oder die Einleitung eines Verfahrens vor einem zuständigen Schiedsgericht stehen der
185
1 Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 22; Huber in Musielak, § 926 ZPO Rz. 21; str., a.A. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 926 ZPO Rz. 13 (Berufungsgericht). 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 926 ZPO ZPO Rz. 16; Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 6. 3 OLG Schleswig v. 12.2.1997 – 2 W 11/97, NJW-RR 1997, 829; Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 6. 4 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 926 ZPO Rz. 13. 5 Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 24.
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§3
Rz. 186
M 3.8
Einstweilige Verfügung
Erhebung der Hauptsacheklage gleich.1 Es ist umstritten, ob bereits ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausreicht, um die Frist zu wahren.2 186
Die Frist ist nach Sinn und Zweck des § 926 ZPO jedoch dann nicht gewahrt, wenn der Gläubiger zwar eine der oben genannten Maßnahmen fristgerecht vorgenommen, diese aber wieder zurückgenommen hat.
187
Für die Beurteilung der Fristwahrung ist der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Aufhebungsverfahren maßgeblich. Daher kann der Gläubiger bei einer Fristversäumnis die Klageerhebung bis zu diesem Zeitpunkt nachholen.3 Voraussetzung ist, dass die Hauptsacheklage dann auch tatsächlich zugestellt ist. In einem solchen Fall gilt die Fristversäumung als geheilt. Der Schuldner hat die Möglichkeit, den Aufhebungsantrag für erledigt zu erklären. Der Gläubiger trägt dann die Verfahrenskosten.4
3.8 188
u
Aufhebungsantrag nach § 926 Abs. 2 ZPO
Vorab per Telefax An das Amtsgericht/Landgericht . . . EILT! Bitte sofort vorlegen! In der einstweiligen Verfügungssache . . . ./. . . . Az.: . . . des . . . – Verfügungsschuldner1 – – Verfahrensbevollmächtigte : Rechtsanwälte . . . – 2
gegen den . . . – Verfügungsgläubiger – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – 1 Die Parteirollen sind hier vertauscht. Der Antrag kann ausschließlich durch den Schuldner oder durch seinen Rechtsnachfolger gestellt werden. 2 Gemäß § 78 ZPO besteht Anwaltszwang beim Landgericht.
1 Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 32. 2 Bejahend Vollkommer in Zöller; § 926 ZPO Rz. 32; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 926 ZPO Rz. 11; ablehnend OLG Hamm v. 12.12.1988 – 5 U 212/88, OLGZ 1989, 323. 3 OLG Frankfurt v. 21.9.1989 – 6 U 74/89, NJW-RR 1990, 190 f.; Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 33. 4 OLG Frankfurt v. 29.1.1987 – 6 U 33/86, GRUR 1987, 650 (651); Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 26.
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M 3.8
V. Aufhebung der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 192
zeigen wir an, dass wir den Verfügungsschuldner vertreten. Namens und in Vollmacht des Verfügungsschuldners bitten wir um die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, in dem wir beantragen werden: 1. Die einstweilige Verfügung des Amts-/Landgerichts . . . vom . . . Az.: . . . wird aufgehoben. 2. Die Zwangsvollstreckung der einstweiligen Verfügung wird bis zur Entscheidung im Aufhebungsverfahren ohne – notfalls gegen – Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt. [vgl. Hinweis Rz. 189] 3. Der Verfügungsgläubiger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung:3 ... 3 Der Antrag ist begründet, wenn das Gericht dem Verfügungsgläubiger durch Beschluss aufgegeben hat, innerhalb einer bestimmten Frist Klage zur Hauptsache zu erheben und er dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist (Einzelheiten vgl. Rz. 184 ff.).
" Hinweis: Im Aufhebungsverfahren kann das Gericht die Zwangsvollstre- 189 ckung einstweilen einstellen; § 924 Abs. 3 ZPO ist entsprechend anzuwenden.1
Einstweilen frei.
190
c) Verfahren Bei dem Aufhebungsverfahren handelt es sich um ein Urteilsverfahren aufgrund notwendiger mündlicher Verhandlung, in dem die Parteirollen vertauscht sind. Der Antragsteller hat die Rolle des Beklagten und der Antragsgegner hat die Parteirolle des Klägers. Auch hier gelten die Grundsätze des summarischen Verfahrens, sodass die Glaubhaftmachung den Strengbeweis ersetzt.2
191
d) Entscheidung Die Entscheidung im Aufhebungsverfahren ergeht immer durch Urteil,3 das mit der Berufung gemäß §§ 511 ff. ZPO angegriffen werden kann. Auch ein Versäumnisurteil ist möglich, gegen das der Einspruch statthaft ist. Die Entscheidung lautet entweder auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung oder auf Zurückweisung des Antrags. Die Kostenentscheidung richtet sich nach den §§ 91 ff. ZPO. Bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung bezieht sich die Kostenentscheidung – anders als beim Verfahren nach § 927 ZPO – auf die Kosten des gesamten Verfügungsverfahrens, also auch auf die Kosten des Anordnungsverfahrens.4 Dies wird damit begründet, dass die vorläufige Maßnahme mit der Nichterfüllung der gerichtlichen Auflage gemäß § 926 Abs. 1 ZPO als von vorn1 2 3 4
Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 28. Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 22. Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 52. Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 26; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 926 ZPO Rz. 15.
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192
§3
Rz. 193
Einstweilige Verfügung
herein ungerechtfertigt anzusehen ist. Bereits mit Verkündung des aufhebenden Urteils entfällt die Wirkung der einstweiligen Verfügung ex tunc.1 Der Schuldner hat gegen den Gläubiger einen Schadensersatzanspruch gemäß § 945 ZPO. 193
Bei Abweisung des Antrags auf Aufhebung bezieht sich die Kostenentscheidung allerdings nur auf die Aufhebungsentscheidung. Bei einem abweisenden Urteil richtet sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach der Höhe der Kosten gemäß §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 ZPO. e) Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen
194
Gegen eine einstweilige Verfügung kann der Schuldner wahlweise (und neben einem Widerspruch) einen Aufhebungsantrag nach §§ 926 Abs. 2 oder 927 ZPO stellen.2 Wenn der Hauptsacheanspruch nach Erlass der einstweiligen Verfügung weggefallen ist, kann das Aufhebungsverfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO allerdings nicht mehr durchgeführt werden. Auch im Widerspruchsverfahren und im Verfahren nach § 927 ZPO kann der Schuldner den Ablauf der Frist des § 926 Abs. 1 ZPO geltend machen, selbst in der Berufungsinstanz.3 Des Weiteren hat der Schuldner die Möglichkeit, anstelle des Aufhebungsverfahrens gemäß § 926 Abs. 2 ZPO durch negative Feststellungsklage selbständig ein Hauptsachverfahren einzuleiten und bei Obsiegen eine Aufhebung nach § 927 ZPO zu verlangen.4
195
Einstweilen frei.
2. Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO 196
Auch nach Bestätigung der einstweiligen Verfügung kann sich der Schuldner gegen die Fortdauer der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Verfügungsgrundes wenden.5 Im Unterschied zum Arrest kann nach § 939 ZPO die Sicherheitsleistung nur unter besonderen Umständen einen Aufhebungsgrund darstellen. a) Zulässigkeit des Aufhebungsantrages aa) Zuständigkeit
197
Bei der Zuständigkeit des Gerichts ist zu unterscheiden, ob die Hauptsache anhängig ist oder nicht (§ 927 Abs. 2 ZPO).6
198
Ist die Hauptsache bereits anhängig, ist das Gericht der Hauptsache ausschließlich zuständig. Gemeint ist das Gericht, das im Zeitpunkt der Antragstellung mit der Hauptsache befasst ist. Befindet sich die Hauptsache in der Berufungs1 2 3 4
Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 54. Reichold in Thomas/Putzo, § 924 ZPO Rz. 6. Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 3. OLG Hamburg v. 20.12.2001 – 3 U 212/01, MDR 2002, 965; Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 56 ff. 5 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 4 ff. 6 Heiderhoff in Berger, 2. Teil, Kap. 8 Rz. 60.
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V. Aufhebung der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 209
instanz, ist das Berufungsgericht zuständig. Das Hauptsachegericht erster Instanz ist indes zuständig, wenn sich die Hauptsache in der Revisionsinstanz befindet, da der Antrag durch ein Tatsachengericht entschieden werden muss.1 Ist die Hauptsache allerdings vor einem Schiedsgericht anhängig, ist nicht das Schiedsgericht,2 sondern das Gericht zuständig, welches die einstweilige Verfügung angeordnet hat.
199
Eine andere Ausnahme besteht für den Fall, dass die Hauptsache vor einem ausländischen Gericht anhängig ist. Dann entscheidet aus Gründen der Praktikabilität das Gericht, welches die Eilmaßnahme erlassen hat.
200
Ist die Hauptsache nicht anhängig, entscheidet über den Aufhebungsantrag das Gericht, das die Eilmaßnahme erlassen hat.
201
Wenn eine einstweilige Verfügung erst vom Rechtsmittelgericht erlassen wurde, ist dennoch das erstinstanzliche Gericht zuständig.3
202
Wenn gemäß § 942 ZPO das Amtsgericht der belegenen Sache entschieden hat, ist das Gericht der Hauptsache für den Aufhebungsantrag zuständig.
203
bb) Form und Frist Antragsberechtigt ist der Schuldner oder sein Rechtsnachfolger. In amtsgerichtlichen Verfahren kann der Antrag schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Ansonsten besteht nach § 78 ZPO Anwaltszwang. Wenn die Hauptsache bereits anhängig ist, kann der Antrag im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt werden.4
204
Der Antrag kann jederzeit ohne Einwilligung des Gläubigers zurückgenommen werden. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO gilt entsprechend.
205
Streitig ist, ob der Schuldner auf den Aufhebungsantrag verzichten kann.5 Diese Frage ist besonders von Bedeutung, wenn der Verfügungsgläubiger vom Verfügungsschuldner eine Abschlusserklärung verlangt.
206
Solange die vorläufige Maßnahme Bestand hat, kann ein Antrag auf Aufhebung gestellt werden. Allerdings kann unter Umständen Verwirkung eintreten.
207
Selbst wenn die Hauptsacheklage rechtskräftig abgewiesen wurde, kann noch ein solcher Antrag gestellt werden, da durch die Abweisung der Hauptsacheklage nicht automatisch auch die einstweilige Verfügung wirkungslos wird.6
208
" Hinweis: Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen muss der Ver- 209 fügungsschuldner ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung haben.
1 Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 60; Grunsky in Stein/Jonas, § 927 ZPO Rz. 12. 2 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 10; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 927 ZPO Rz. 12. 3 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 10. 4 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 9. 5 Bejahend Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 9a; Reichold in Thomas/Putzo, § 924 ZPO Rz. 9; grds. auch BGH v. 2.7.2009 – I ZR 146/07, NJW 2009, 3303; einschränkend Heinze in MünchKomm., 2. Aufl., § 927 ZPO Rz. 13. 6 BGH v. 1.4.1993 – I ZR 70/91, NJW 1993, 2685; Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 4.
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§3
Rz. 210
Einstweilige Verfügung
Hierfür ist erforderlich, dass die einstweilige Verfügung noch besteht und Auswirkungen auf den Verfügungsschuldner hat. b) Begründetheit des Aufhebungsantrags 210
Der Aufhebungsantrag ist begründet, wenn entweder veränderte Umstände vorliegen, die eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung rechtfertigen, oder wenn eine Sicherheitsleistung durch den Schuldner angeboten wurde. aa) Veränderte Umstände
211
Die veränderten Umstände können sowohl den Verfügungsanspruch als auch den Verfügungsgrund betreffen und dürfen nicht zu eng verstanden werden. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung können neue Tatsachen eingetreten sein, die eine Aufhebung der Verfügung rechtfertigen. Es können aber auch bereits im Zeitpunkt des Erlasses Umstände vorliegen, die aber dem Schuldner erst im Nachhinein bekannt geworden sind oder die er erst später beweisen kann. Auch eine geänderte Gesetzgebung oder höchstrichterliche Rechtsprechung können ausreichen, wenn der Hauptsacheanspruch deswegen nicht (mehr) durchgesetzt werden kann.
212
Der Verfügungsanspruch kann beispielsweise durch folgende veränderte Umstände wegfallen: – – – –
Erlass oder Erfüllung des gesicherten Anspruchs; Verjährung oder Stundung; Wegfall der Wiederholungsgefahr beim Unterlassungsanspruch; rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren, mit der festgestellt wird, dass kein Anspruch besteht oder mit der der Anspruch endgültig als unbegründet abgewiesen wird; – gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich über den gesicherten Anspruch; – Erledigung des Anspruchs durch Zeitablauf.
213
Auch der Verfügungsgrund oder die Möglichkeit einer Vollstreckung aus dem vorläufigen Titel können aufgrund veränderter Umstände wegfallen bzw. entfallen: – Eine für die Vollziehung der einstweiligen Verfügung zu leistende Sicherheit wurde nicht erbracht. – Nach Erlass einer Leistungsverfügung entfällt die Existenzgefährdung des Antragstellers. – Die nach § 926 Abs. 1 ZPO gesetzte oder nach § 929 Abs. 2 ZPO bestimmte Frist ist abgelaufen.
214
Es gibt aber auch Veränderungen, die keine Aufhebung nach § 927 ZPO rechtfertigen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn nur eine von mehreren Anspruchgrundlagen wegfällt oder wenn ein noch nicht rechtskräftiges Urteil ergeht.1 1 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 7.
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M 3.9
V. Aufhebung der einstweiligen Verfügung
§3
Rz. 216
u
Aufhebungsantrag nach § 927 ZPO Vorab per Telefax
3.9 215
An das Amtsgericht/Landgericht1 . . . EILT! Bitte sofort vorlegen! In der einstweiligen Verfügungssache . . . ./. . . . Az.: . . . des . . . – Verfügungsschuldner2 – – Verfahrensbevollmächtigter3: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Verfügungsgläubiger – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – zeigen wir an, dass wir den Verfügungsschuldner vertreten. Namens und in Vollmacht des Verfügungsschuldners beantragen wir: 1. Die durch Endurteil bestätigte einstweilige Verfügung des Amts-/Landgerichts . . . vom . . . Az.: . . . wird aufgehoben. 2. Die Zwangsvollstreckung der einstweiligen Verfügung wird bis zur Entscheidung im Aufhebungsverfahren einstweilen eingestellt.4 3. Der Verfügungsgläubiger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ... 1 Gemäß § 927 Abs. 2 ZPO ist das Gericht zuständig, welches die Verfügung erlassen hat, und wenn die Hauptsache bereits anhängig ist, das Gericht der Hauptsache. 2 Die Parteirollen sind hier vertauscht. Der Antrag kann ausschließlich durch den Schuldner oder durch seinen Rechtsnachfolger gestellt werden. 3 Gemäß § 78 ZPO besteht Anwaltszwang beim Landgericht. 4 In entsprechender Anwendung von § 924 Abs. 3 ZPO kann im Aufhebungsverfahren die Vollstreckung der angegriffenen einstweiligen Verfügung einstweilen eingestellt werden.
bb) Sicherheitsleistung Die Aufhebung wegen Sicherheitsleistung des Verfügungsschuldners kommt nach § 939 ZPO nur unter besonderen Umständen in Betracht. Das Gericht entscheidet im Aufhebungsverfahren über die vom Verfügungsschuldner beantragte Aufhebung der einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung.1 Ge1 Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 70.
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§3
Rz. 217
Einstweilige Verfügung
stattet das Gericht die Aufhebung der einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung, so tritt die einstweilige Verfügung ohne Weiteres außer Kraft, wenn der Verfügungsschuldner die Sicherheit leistet.1 Die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln erfolgt nach §§ 775 Nr. 1 und 3, 776 ZPO.2 217
Eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung gegen eine Sicherheitsleistung kommt nur in den seltenen Fällen in Betracht, in denen die Sicherheitsleistung tatsächlich die Gewähr dafür geben kann, dass der Zweck der einstweiligen Verfügung erreicht wird.3 c) Verfahren
218
Das Aufhebungsverfahren entspricht dem Urteilsverfahren nach § 922 Abs. 1 ZPO. Es hat eine mündliche Verhandlung zu erfolgen. Auch hier gelten die Grundsätze des summarischen Verfahrens, sodass der Strengbeweis durch die Glaubhaftmachung ersetzt wird. Wie beim Aufhebungsverfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO sind die Parteirollen vertauscht. Kläger ist daher der Schuldner und Beklagter der Gläubiger.4 d) Entscheidung
219
Das Gericht entscheidet immer durch Endurteil, selbst wenn die einstweilige Verfügung durch Beschluss erlassen wurde. Je nach Rechtslage kann das Gericht den Antrag zurückweisen, die einstweilige Verfügung ganz oder teilweise aufheben, abändern oder Sicherheitsleistung des Gläubigers anordnen. Es kann ein Versäumnisurteil erlassen und eine Entscheidung nach Aktenlage treffen.5
220
Die Kostenentscheidung richtet sich nach den §§ 91 ff. ZPO. Im Gegensatz zu den Verfahren nach §§ 924, 926 ZPO betrifft die Kostenentscheidung aber grundsätzlich nur das Aufhebungsverfahren, nicht aber das Anordnungsverfahren.6 Eine Ausnahme besteht dann, wenn die einstweilige Verfügung gar nicht hätte erlassen werden dürfen, also insoweit die Aufhebungsgründe schon von Anfang an bestanden. Dann muss auf Antrag des Schuldners über die gesamten Kosten entschieden werden.7 Die gesamten Kosten hat der Gläubiger der einstweiligen Verfügung auch dann zu tragen, wenn die einstweilige Verfügung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO aufgehoben wird.8
1 OLG Köln v. 27.11.1974 – 16 U 124/74, NJW 1975, 454 (455); Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 74. 2 Vollkommer in Zöller, § 939 ZPO Rz. 2. 3 Vollkommer in Zöller, § 939 ZPO Rz. 1. 4 OLG Frankfurt v. 10.9.1999 – 25 U 58/99, NJW-RR 2000, 1236. 5 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 11; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 927 ZPO Rz. 10. 6 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 927 ZPO Rz. 10. 7 BGH v. 1.4.1993 – I ZR 70/91; Heiderhoff in Berger, Kap. 8 Rz. 73. 8 OLG Düsseldorf v. 12.3.1999 – 22 U 66/98, NJW-RR 2000, 68; Grunsky in Stein/Jonas, § 927 ZPO Rz. 16; str., a.A. OLG München v. 4.4.1986 – 21 U 5833/85, NJW-RR 1986, 998 (999).
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VI. Schutzschrift
§3
Rz. 226
Grundsätzlich ist gegen das kontradiktorische Endurteil die Berufung nach den §§ 511 ff. ZPO statthaft. Wenn aber das Endurteil von dem Berufungsgericht der Hauptsache erlassen wurde, ist kein Rechtsmittel gegeben.1
221
e) Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen Gegen die einstweilige Verfügung können die veränderten Umstände nicht nur im Aufhebungsverfahren, sondern auch im Widerspruchs- oder Berufungsverfahren geltend gemacht werden. Der Antragsgegner hat ein Wahlrecht. Er muss sich jedoch auf eine Möglichkeit beschränken.2 Für ein Aufhebungsverfahren fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Verfügungsschuldner Widerspruch oder Berufung eingelegt hat oder einlegt.3 Veränderte Umstände, über die bereits rechtskräftig im Widerspruchs- oder Berufungsverfahren entschieden wurde, können in einem Aufhebungsverfahren nicht mehr vorgebracht werden.4
222
Neben einem Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO kann parallel ein Aufhebungsverfahren nach § 926 ZPO betrieben werden. Wenn in einem Aufhebungsverfahren eine rechtskräftig stattgebende Entscheidung vorliegt, wird das andere Aufhebungsverfahren unzulässig und sollte für erledigt erklärt werden.5
223
Einstweilen frei.
224, 225
VI. Schutzschrift 1. Sinn und Zweck Die Schutzschrift ist ein gesetzlich nicht geregeltes, aber von der Rechtsprechung anerkanntes, vorbeugendes Verteidigungsmittel gegen einen (erwarteten) Antrag auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung.6 Ziel der Schutzschrift ist es, dass ein gegen den Antragsgegner gerichtetes Gesuch abgewiesen oder zumindest über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.7 Ihren Ursprung findet die Schutzschrift im Wettbewerbsrecht, sie wird aber mittlerweile auch in allen anderen Rechtsgebieten verwendet.
1 2 3 4
Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 927 ZPO Rz. 12. Huber in Musielak, § 927 ZPO Rz. 2. Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 927 ZPO Rz. 2. LG Lüneburg v. 7.12.2007 – 4 O 263/07, MDR 2008, 528; Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 2. 5 Huber in Musielak, § 927 ZPO Rz. 3. 6 Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 4; Drescher in MünchKomm., § 937 ZPO Rz. 9. 7 Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 4.
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§3
Rz. 227
Einstweilige Verfügung
2. Notwendiger Inhalt 227
Die Schutzschrift sollte sich in der Form an einem Schriftsatz orientieren und mit „Schutzschrift“ bezeichnet werden. Aktiv- und Passivrubrum sowie Streitgegenstand sind möglichst genau anzugeben, damit die Schutzschrift einem eingehenden Verfügungsantrag zugeordnet werden kann. Notfalls ist der mögliche Antragsteller mit „unbekannt“ zu benennen, wenn – wie beispielsweise bei Wettbewerbssachen – noch unklar ist, wer rechtliche Schritte einleiten wird. Anschriften sind der Schutzschrift beizufügen.
228
Inhalt und Aufbau der Schutzschrift sollten einem denkbaren Verfügungsgesuch angeglichen sein. Das Ziel der Schutzschrift ist durch einen Antrag, ggf. mit Hilfsanträgen, anzugeben. Des Weiteren sollte in der Schutzschrift das erwartete Verfügungsgesuch angegeben, der Sachverhalt geschildert und die Einwendungen dargestellt werden, die gegen die Zulässigkeit, Begründetheit oder Dringlichkeit des Gesuchs sprechen. Die vorgetragenen Behauptungen sind glaubhaft zu machen (z.B. durch eine eidesstattliche Versicherung).
229
Für den Fall, dass das Verfügungsgesuch nicht bereits ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen wird, sollte der mögliche Antragsgegner sein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung in der Schutzschrift darlegen.
230 " Hinweis: Der Gegner (potenzielle Antragsteller) erhält vom Gericht keine Abschrift der Schutzschrift, solange er nicht einen Verfügungsantrag bei Gericht eingereicht hat. Der potenzielle Antragsteller kann sich jedoch vor Antragseinreichung anhand des Allgemeinen Gerichtsregisters informieren, ob eine Schutzschrift eingetragen ist. Er ist jedoch nicht berechtigt, Einsicht in die Schutzschrift zu nehmen.1 Nach Eingang des Verfügungsantrags ist dem Antragsteller vom Gericht umgehend eine Abschrift der Schutzschrift zuzusenden.2 231
Die Schutzschrift sollte bei dem Gericht eingereicht werden, das für das erwartete Verfügungsgesuch zuständig ist. Sollten mehrere Gerichte infrage kommen, sind vorsichtshalber bei allen in Betracht kommenden Gerichten Schutzschriften zu hinterlegen.
232 " Praxistipp: Die Schutzschrift sollte bei jeder in Betracht kommenden Kammer des potenziellen Gerichts hinterlegt werden. Vor Fertigstellung der Schutzschrift sollte der Mandant darauf hingewiesen werden, dass kein Anwaltszwang besteht und die anfallenden Kosten nicht nach § 91 ZPO erstattungsfähig sind, falls ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unterbleibt. 233
Die Kosten einer bei Gericht hinterlegten Schutzschrift sind grundsätzlich zu erstatten, wenn ein Verfügungsantrag bei dem Gericht eingeht und der Antrag zurückgenommen oder abgewiesen wird. Erstattungsfähig ist die 1,3-fache Gebühr nach Nr. 3100 RVG VV.3 1 Greger in Zöller, § 299 ZPO Rz. 6c; Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 4. 2 Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 4. 3 BGH v. 13.2.2008 – I ZB 20/07, NJW-RR 2008, 1093.
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M 3.10
VI. Schutzschrift
§3
Rz. 235
Wenn der Antragsgegner die Schutzschrift indes erst nach Rücknahme des Verfügungsantrages bei Gericht einreicht, kommt allenfalls eine Erstattung in Höhe einer 0,8-fachen Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100, 3101 Nr. 1 RVG in Betracht.1 Das Einreichen einer Schutzschrift löst keine Gerichtsgebühr aus. Wenn kein Verfügungsantrag gestellt wird, ist die Schutzschrift vom Gericht nach Registrierung nur wegzulegen.2
u
Schutzschrift Vorab per Telefax:
234
3.10 235
An das Amtsgericht/Landgericht . . . EILT! Bitte sofort vorlegen! Schutzschrift In Sachen ... – vermutlicher Antragsteller – – vermutliche Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – vermutlicher Antragsgegner – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – wegen Abwehr einer einstweiligen Verfügung zeigen wir an, dass wir den vermutlichen Antragsgegner vertreten. Für den Fall, dass der vermutliche Antragsteller wegen nachstehend wiedergegebenen Sachverhalts einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen sollte, beantragen wir: 1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen; 2. hilfsweise: über den Verfügungsantrag nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden; 3. die Kosten des Verfügungsverfahrens, einschließlich der Kosten der Schutzschrift, trägt der Antragsteller.
1 BGH v. 23.11.2006 – I ZB 39/06, NJW-RR 2007, 1575. 2 Zimmermann in Binz/Dömdorfer/Petzold/Zimmermann, Gerichtskostengesetz, 2. Aufl. 2009, KV Nr. 1410 Rz. 12.
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§3
Rz. 236
Einstweilige Verfügung
M 3.10
Begründung: ...
3. Rechtsfolgen der Einreichung der Schutzschrift 236
Das Gericht hat den Inhalt der Schutzschrift bei der Wahl des Verfahrens und der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.1
237
Wenn sich in der Schutzschrift ein Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigter für den möglichen Antraggegner bestellt hat, ist diesem im Falle der Anordnung einer mündlichen Verhandlung die Ladung zuzustellen.
238 " Praxistipp: Für die Vollziehung der einstweiligen Verfügung hat die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, auch wenn sich dieser nur in einer Schutzschrift für das zu erwartende Verfügungsverfahren bestellt hat.2 Eine Zustellung an die Partei ist nicht ausreichend.
1 BGH v. 13.2.2003 – I ZB 23/02, NJW 2003, 1257 (1258); Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 4. 2 OLG Hamburg v. 7.7.1994 – 3 U 84/94, NJW-RR 1995, 444; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 12.
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§4 Arrest Inhaltsübersicht I. Arresttypen 1. Gesetzliche Grundlagen . 2. Arrestarten . . . . . . . . . a) Dinglicher Arrest . . . b) Persönlicher Arrest . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
II. Voraussetzungen des Arrests . . 1. Zulässigkeit des Arrestantrags . a) Zuständigkeit . . . . . . . . . aa) Gericht der Hauptsache . bb) Amtsgericht . . . . . . . . b) Form und Inhalt des Arrestgesuchs . . . . . . . . . . . . . . 2. Begründetheit des Arrestantrags a) Arrestanspruch . . . . . . . . aa) Geldforderungen . . . . . bb) Ansprüche, die in eine Geldforderung übergehen können . . . . . . . . . . . cc) Bedingte oder betagte Ansprüche . . . . . . . . . . dd) Zukünftige Ansprüche . b) Arrestgrund . . . . . . . . . . aa) Arrestgrund beim dinglichen Arrest . . . . . . .
1 2 3 4 5 6 7 9 12 15 23 24 25 26 29 30 31 33
(1) Arrestgrund nach § 917 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . (2) Arrestgrund nach § 917 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . bb) Arrestgrund beim persönlichen Arrest . . . . . . . c) Glaubhaftmachung . . . . . . 3. Beschlussverfahren . . . . . . . . 4. Urteilsverfahren . . . . . . . . . III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe . 1. Beschwerde . . . . . . . . . . . 2. Widerspruch gegen dinglichen oder persönlichen Arrest . . . 3. Berufung/Revision . . . . . . .
34 36 41 46 53 58
. .
60 61
. .
62 63
IV. Sicherheitsleistung des Antragstellers . . . . . . . . . . . . . . .
64
V. Aufhebung des Arrestes 1. Aufhebung wegen Nichterhebung der Hauptsacheklage nach § 926 ZPO . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO . . .
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VI. Schutzschrift . . . . . . . . . . .
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I. Arresttypen 1. Gesetzliche Grundlagen Der Arrest dient gemäß § 916 Abs. 1 ZPO der Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergehen kann. Der Zulässigkeit des Arrestes steht grundsätzlich nicht entgegen, dass der Anspruch betagt oder bedingt ist (§ 916 Abs. 2 ZPO). Da eine Vielzahl von Ansprüchen in Geldforderungen übergehen kann (s. § 2 Rz. 9), ist der Anwendungsbereich des Arrestes groß. Der Arrest soll – wie die einstweilige Verfügung – den Gläubiger vor dem Verlust der Verwirklichung seines Rechts schützen1 (s. § 2 Rz. 14).
1 Vollkommer in Zöller, vor § 916 ZPO Rz. 1; Skamel in Berger, Kap. 4 Rz. 39.
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1
§4
Rz. 2
Arrest
2. Arrestarten 2
Die ZPO kennt zwei Arten des Arrestes, den dinglichen und den persönlichen Arrest. Beide Arrestarten unterscheiden sich im Arrestgrund und in der Rechtsfolge. Der persönliche Sicherheitsarrest ist gegenüber dem dinglichen Arrest subsidiär.1 a) Dinglicher Arrest
3
Der dingliche Arrest ist in § 917 ZPO geregelt und findet immer dann Anwendung, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Der Arrest dient also dazu, den Gläubiger vor unlauterem Verhalten des Schuldners zu schützen. Der Arrestbefehl ist in das gesamte Vermögen des Schuldners vollstreckbar.2 b) Persönlicher Arrest
4
Der persönliche Arrest ist in § 918 ZPO geregelt. Nur wenn andere Mittel nicht mehr ausreichen, ist zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners der persönliche Arrest zulässig. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn sich der Schuldner der Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zwecks Offenbarung seiner Vermögensverhältnisse entziehen will3 oder Angaben über den Verbleib wesentlichen Vermögens verweigert.4 Der persönliche Sicherheitsarrest ist gegenüber dem dinglichen Arrest subsidiär und richtet sich gegen die Person des Schuldners. Er ordnet Haft oder andere persönliche Freiheitsbeschränkungen des Schuldners an.5 Dabei kann Schuldner auch ein Ausländer sein, der sich im Inland aufhält.
II. Voraussetzungen des Arrests 5
Wie im Hauptsacheverfahren unterscheidet man auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zwischen Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags.
1. Zulässigkeit des Arrestantrags 6
Ein Arrestantrag ist nur zulässig, wenn die allgemeinen Prozessvoraussetzungen wie beispielsweise Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Zulässigkeit des Rechtswegs, Zuständigkeit des Gerichts in sachlicher und örtlicher Hinsicht etc. vorliegen. Des Weiteren müssen Arrestanspruch und Arrestgrund behaup1 Skamel in Berger, Kap. 4 Rz. 39; Reichold in Thomas/Putzo, § 918 ZPO Rz. 1. 2 OLG Karlsruhe v. 28.1.1998 – 11 Wx 29/97, NJW-RR 1998, 523 (524); Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 2; vgl. zur Vollstreckung des deutschen Urteils im Ausland Grunsky in Stein/Jonas, § 917 ZPO Rz. 20. 3 OLG München v. 19.10.1987 – 5 W 2977/87, NJW-RR 1988, 382. 4 OLG Karlsruhe v. 7.5.1996 – 2 UF 59/96, NJW-RR 1997, 450. 5 Grunsky in Stein/Jonas, § 933 ZPO Rz. 1; Vollkommer in Zöller, § 933 ZPO Rz. 1.
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II. Voraussetzungen des Arrests
§4
Rz. 10
tet werden.1 Ob der Arrestanspruch und der Arrestgrund ausreichend glaubhaft gemacht sind, ist jedoch eine Frage der Begründetheit.2 a) Zuständigkeit Gemäß § 919 ZPO ist für die Anordnung des Arrestes sowohl das Gericht der Hauptsache als auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person befindet. Bei der Zuständigkeit handelt es sich um eine ausschließliche konkurrierende Zuständigkeit (§ 802 ZPO). Da dem Gläubiger zwei Gerichte zur Auswahl stehen, hat er ein Wahlrecht (§ 35 ZPO). Aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit ist eine Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam, sofern damit ein anderes Gericht als das Gericht der Hauptsache oder das gemäß § 919 ZPO zuständige Amtsgericht vereinbart werden soll.3
7
Das durch die Wahl des Gläubigers zuständig gewordene Gericht ist das Arrestgericht und auch für das Widerspruchsverfahren gemäß § 924 ZPO, für die Anordnung der Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage gemäß § 926 Abs. 1 ZPO, für die Arrestaufhebung gemäß § 926 Abs. 2 ZPO, für die Aufhebung des Arrestes wegen veränderter Umstände gemäß § 927 ZPO (Ausnahme: § 927 Abs. 2 Alt. 2 ZPO), für die Klage auf Erteilung einer in Ausnahmefällen erforderlichen Vollstreckungsklausel gemäß §§ 929 Abs. 1, 731 ZPO und für die Pfändung von Forderungen in Vollziehung des Arrestes (§ 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO) zuständig.4
8
aa) Gericht der Hauptsache Zur Bestimmung des Gerichts der Hauptsache ist zu unterscheiden, ob die Hauptsache bereits anhängig ist oder nicht.
9
Wenn der Arrestanspruch bereits anhängig ist, ist das damit befasste Gericht das Gericht der Hauptsache im Sinne von § 919 ZPO.5 Entscheidend ist also, wo die Hauptsache zum Zeitpunkt des Eingangs des Arrestantrags tatsächlich anhängig ist. Nach h.M. gilt dies auch für die internationale Zuständigkeit im Geltungsbereich der EuGVVO, die nicht gesondert zu prüfen ist.6 Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht für die Hauptsache zuständig ist. Es ist auch nicht von Bedeutung, ob das Gericht nach Eingang des Arrestantrags seine Zuständigkeit für die Hauptsache verneint oder verliert und die Hauptsache an ein anderes Gericht verweist oder wegen Unzuständigkeit abweist. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Zivilrechtsweg überhaupt zulässig ist.7
10
1 Reichold in Thomas/Putzo, § 916 ZPO Rz. 2. 2 Reichold in Thomas/Putzo, § 916 ZPO Rz. 3. 3 Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 124; Grunsky in Stein/Jonas, § 919 ZPO Rz. 1. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 919 ZPO Rz. 15 f. 5 Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 4; Reichold in Thomas/Putzo, § 919 ZPO Rz. 3. 6 Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 2; str., a.A. Huber in Musielak, § 943 ZPO Rz. 4. 7 Reichold in Thomas/Putzo, § 919 ZPO Rz. 3; Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 8.
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§4 11
Rz. 11
Arrest
Ist die Hauptsache noch nicht anhängig, richtet sich die Zuständigkeit des Gerichts nach den allgemeinen für die Hauptsache einschlägigen Zuständigkeitsregeln.1 Es kommt also jedes deutsche Gericht in Betracht, bei dem die Hauptsache nach den allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften anhängig gemacht werden kann. Wenn mehrere Gerichte für die Hauptsache zuständig sind, hat der Gläubiger ein Wahlrecht nach § 35 ZPO. bb) Amtsgericht
12
Das Amtsgericht, in dessen Bezirk der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person sich befindet (§ 919 Alt. 2 ZPO), hat bei entsprechender Wahl des Antragstellers zu entscheiden.2
13
Wenn es sich um mehrere Gegenstände handelt, die sich in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken befinden, soll nach h.M. ausreichend sein, wenn ein Amtsgericht darüber entscheidet3, vorausgesetzt, dass sich mindestens ein Gegenstand in dessen Gerichtsbezirk befindet. Die Belegenheit der Forderung bestimmt sich gemäß § 23 Satz 2 ZPO nach dem Wohnsitz des Drittschuldners und, wenn für die Forderung eine Sache zur Sicherheit haftet, auch nach dem Ort, wo die Sache sich befindet.
14
Für die Zuständigkeit des Amtsgerichts der Belegenheit ist nicht von Bedeutung, ob die Hauptsache anhängig ist oder wie hoch der Streitwert ist. Eine besondere Dringlichkeit ist – anders als bei der einstweiligen Verfügung gemäß § 942 Abs. 1 ZPO – nicht erforderlich.4 Das Amtsgericht ist selbst dann zuständig, wenn für die Hauptsache kein inländisches Gericht zuständig ist.5 b) Form und Inhalt des Arrestgesuchs
15
Form und Inhalt des Arrestgesuchs richten sich nach § 920 ZPO. Der Antragsteller kann das Arrestgesuch schriftlich einreichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklären (§ 920 Abs. 3 ZPO). Anwaltszwang besteht nach § 78 Abs. 3 Alt. 2 ZPO für das Gesuch nicht.6 Wenn das Gericht aber eine mündliche Verhandlung anordnet, müssen sich die Parteien vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 ZPO).
16
Gemäß § 920 Abs. 1 ZPO muss das Arrestgesuch die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. Der Gläubiger muss alle anspruchsbegrün1 Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 9; Reichold in Thomas/Putzo, § 919 ZPO Rz. 2. 2 Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 10. 3 Grunsky in Stein/Jonas, § 919 ZPO Rz. 13; Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 10; Thümmel, NJW 1985, 472 (472) m.w.N.; einschränkend Stadler, JZ 1999, 1089 (1094). 4 Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 10. 5 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 919 ZPO Rz. 9; Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 10. 6 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 920 ZPO Rz. 17; Crückeberg, § 5 Rz. 10.
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II. Voraussetzungen des Arrests
§4
Rz. 23
denden Tatsachen und die Höhe des Geldbetrages oder -wertes angeben. Der konkrete Geldbetrag ist insbesondere wegen der gemäß § 923 ZPO in dem Arrestbefehl festzustellenden Lösungssumme von Bedeutung. Ferner hängen der Umfang des Arrestpfandrechts und die Höhe der Sicherungshypothek von der Höhe des Arrestanspruchs ab.1 Bezüglich des Arrestgrundes müssen die Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich die Gefährdung der späteren Zwangsvollstreckung ergeben soll.2 Im Übrigen entsprechen die formalen Erfordernisse denen einer Klageschrift gemäß § 253 Abs. 2 ZPO. Im Rubrum des Arrestgesuchs muss der Antragsgegner genau bezeichnet sein.3
17
Das Arrestgesuch hat einen bestimmten Antrag zu enthalten, der auf Erlass eines dinglichen oder persönlichen Arrestes oder beider gleichzeitig zu richten ist.4
18
Beim dinglichen Arrest ist nicht erforderlich, dass der Arrestgegenstand bezeichnet wird, da der Arrest in das „Vermögen des Schuldners“ angeordnet wird und insofern auf alle im Inland belegenen Vermögensgegenstände des Schuldners zugegriffen werden kann. Es ist jedoch zulässig, mit dem Arrestgesuch bereits einen Antrag auf Forderungspfändung zu verbinden.5
19
Mit Eingang des Arrestgesuchs wird der Arrestprozess rechtshängig, nicht jedoch der zu sichernde Anspruch.6
20
Der Antragsteller kann jederzeit ohne Einwilligung des Antragsgegners das Arrestgesuch zurücknehmen, auch noch nach der mündlichen Verhandlung im Widerspruchs- oder sonstigen Rechtsmittelverfahren. Insoweit ist § 269 Abs. 1 ZPO, wonach dies nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung möglich ist, nicht anwendbar. War ein Arrest bereits verhängt, wird dieser mit der Rücknahme des Arrestgesuchs wirkungslos (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).7
21
Durch eine Rücknahme des Gesuchs wird die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ausgelöst, auch wenn das Gesuch dem Gegner nicht mitgeteilt wurde8, es sich also um eine Rücknahme im einseitigen Verfahren handelt.
22
2. Begründetheit des Arrestantrags Es ist erforderlich, dass sowohl der Arrestanspruch als auch der Arrestgrund schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht werden, ansonsten ist das Gesuch unbegründet. Bei fehlender Glaubhaftmachung kann das Gericht dennoch ge1 2 3 4 5 6
Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 1. Drescher in MünchKomm., § 920 ZPO Rz. 3. Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 3. Huber in Musielak, § 920 ZPO Rz. 6. Drescher in MünchKomm., Vor §§ 916 ff. ZPO Rz. 15; Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 12. 7 Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 13. 8 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 920 ZPO Rz. 18; Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 13; Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Rz. A 148 m.w.N.
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§4
Rz. 24
Arrest
mäß § 921 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Arrest anordnen, wenn wegen der dem Gegner drohenden Nachteile Sicherheit geleistet wird.1 a) Arrestanspruch 24
Ein Arrestanspruch setzt einen materiell-rechtlich klagbaren Anspruch voraus, der entweder in einer Geldforderung besteht oder aber in eine solche übergehen kann. Dass die Ansprüche einklagbar sein müssen, ergibt sich aus § 926 Abs. 1 ZPO (Anordnung der Klageerhebung). Auch betagte und bedingte Ansprüche sind einklagbare Ansprüche (§ 916 Abs. 2 ZPO), da sie zwar noch nicht fällig, aber schon entstanden und somit gemäß §§ 257–259 ZPO einklagbar sind. Voraussetzung ist aber, dass der Anspruch einen gegenwärtigen Vermögenswert darstellt. Künftige Ansprüche können hingegen grundsätzlich nicht eingeklagt werden. Eine Ausnahme soll nach h.M. allerdings dann gelten, wenn der künftige Anspruch bereits durch Erhebung einer Feststellungsklage geltend gemacht werden kann.2 aa) Geldforderungen
25
Unter Geldforderungen versteht man Ansprüche auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme.3 bb) Ansprüche, die in eine Geldforderung übergehen können
26
Neben Geldforderungen können auch Ansprüche durch Arrest gesichert werden, die in Geldforderungen übergehen können. Damit sind alle Individualansprüche erfasst, aus deren Verletzung ein Geldanspruch resultiert.4
27
Während Geldforderungen grundsätzlich nur durch Arrest gesichert werden können und nicht durch eine einstweilige Verfügung, hat der Antragsteller bei Ansprüchen auf eine individuell bestimmte Leistung, die erst in eine Geldforderung übergehen können, die Wahl zwischen der Sicherung des Primäranspruches im Wege der einstweiligen Verfügung und der Sicherung der zu erwartenden Geldforderung durch Beantragung eines Arrestes.5
28 " Praxistipp: In der Praxis empfiehlt es sich, beide Anträge im Rahmen eines Haupt- und Hilfsantrags zu verbinden. cc) Bedingte oder betagte Ansprüche 29
Durch Arrest können sowohl auflösend bedingte als auch aufschiebend bedingte Ansprüche gesichert werden (§ 916 Abs. 2 ZPO). Erforderlich ist allerdings, dass die Möglichkeit des Bedingungseintritts nicht allzu fernliegend ist, also der – aufschiebend – bedingte Anspruch bereits einen gegenwärtigen Ver1 2 3 4 5
Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 2. Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 8; Drescher in MünchKomm., § 916 ZPO Rz. 10. Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 4. Huber in Musielak, § 916 ZPO Rz. 14. Ebmeier/Schöne, A Rz. 5.
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II. Voraussetzungen des Arrests
§4
Rz. 33
mögenswert hat.1 Betagte Ansprüche können ebenfalls durch Arrest gesichert werden. Unter solchen Ansprüchen versteht man Ansprüche, die bereits entstanden, aber noch nicht fällig sind, deren künftige Fälligkeit jedoch kalendermäßig feststeht oder durch Kündigung herbeigeführt werden kann (z.B. Ansprüche auf Zahlung von Leibrenten und Kapitalzinsen). Der Arrest ist auch dann zulässig, wenn ein vollstreckbarer Titel vorliegt, aus dem die Vollstreckung erst künftig, nach Ablauf eines bestimmten Kalendertages, erfolgen darf.2 dd) Zukünftige Ansprüche Künftige Ansprüche, die gemäß §§ 257–259 ZPO einklagbar sind, können durch Arrest gesichert werden. Im Übrigen sind zukünftige Ansprüche nicht arrestfähig, es sei denn, dass der künftige Anspruch im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden kann.3 Einige Autoren verlangen zusätzlich noch ein schutzwertes Interesse an der gegenwärtigen Sicherung des künftigen Anspruchs.4 Beispiele:
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– Sicherung des Anspruchs auf künftigen Unterhalt;5 – Sicherung des künftigen Anspruchs auf Zugewinnausgleich (str.);6 – Sicherung des Anspruchs auf Prozesskostenerstattung, bevor die Entscheidung rechtskräftig ist, sofern ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptverfahren zu erwarten ist.7 b) Arrestgrund Nach h.M. gehört der Arrestgrund nicht zur Zulässigkeit, sondern zur Begründetheit des Arrestgesuchs.8
31
Der Arrestgrund des dinglichen Arrests und der Arrestgrund des persönlichen Arrests sind zu unterscheiden.
32
aa) Arrestgrund beim dinglichen Arrest Beim Arrestgrund des dinglichen Arrests muss wiederum zwischen dem allgemeinen Arrestgrund der Vollstreckungsgefährdung nach § 917 Abs. 1 ZPO und dem besonderen Arrestgrund der Auslandsvollstreckung nach § 917 Abs. 2 ZPO unterschieden werden. 1 Reichold in Thomas/Putzo, § 916 ZPO Rz. 4. 2 Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 7. 3 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 916 ZPO Rz. 10; Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 8; Huber in Musielak, § 916 ZPO Rz. 16. 4 Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 8. 5 OLG Stuttgart v. 5.1.1996 – 11 UF 223/95, NJW-RR 1996, 775; OLG Düsseldorf v. 18.6.1993 – 3 UF 189/92, NJW-RR 1994, 450. 6 OLG Brandenburg v. 29.9.2008 – 13 UF 68/08, NJW-RR 2009, 801; Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 8; str., a.A. OLG Karlsruhe v. 17.7.2006 – 18 WF 140/06, FamRZ 2007, 410. 7 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 916 ZPO Rz. 9; Grunsky in Stein/Jonas, § 916 ZPO Rz. 11. 8 Reichold in Thomas/Putzo, § 916 ZPO Rz. 3; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 3.
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§4
Rz. 34
Arrest
(1) Arrestgrund nach § 917 Abs. 1 ZPO 34
Beim allgemeinen Arrestgrund der Vollstreckungsgefährdung ist zu besorgen, dass ohne Arrestverhängung die Vollstreckung eines Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Ein Urteil muss nicht bereits vorliegen, ausreichend ist die Sicherung eines später zu titulierenden Arrestanspruchs. Ob der Arrestgrund zu bejahen ist, richtet sich nicht nach der persönlichen Ansicht des Gläubigers, sondern nach objektiven Maßstäben. Der Arrest soll den Gläubiger vor unlauterem Verhalten des Schuldners schützen. Ein solches Verhalten wird begründet durch Beiseiteschaffen von Vermögensstücken1, Verschiebung ins Ausland2, Verschwendungssucht3, eine gegen das Vermögen des Gläubigers gerichtete Straftat bei Wiederholungsgefahr4, auffallender Grundstücksbelastung, unsteten Aufenthalt, Wegzug ins Ausland (anders jedoch bei ausreichendem Inlandsvermögen).5 Für die Annahme eines Arrestgrundes ist ein Verschulden des Schuldners nicht erforderlich.6 Ausreichend ist, dass seine Handlungen objektiv die Besorgnis der Gefährdung der späteren Zwangsvollstreckung rechtfertigen.
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Die Gefährdung liegt darin, dass eine nachteilige Veränderung der Vermögensverhältnisse droht. Diese nachteilige Veränderung oder der Eintritt ihrer Wirkung muss zumindest unmittelbar bevorstehen und darf nicht bereits abgeschlossen sein.7 Daher bilden in der Vergangenheit liegende Handlungen nur dann einen Arrestgrund, wenn sie die Gefahr einer – weiteren – nachteiligen Veränderung der Vermögensverhältnisse begründen.8 Nicht ausreichend für die Bejahung eines Arrestgrundes ist die lediglich schlechte Vermögenslage des Schuldners9 oder die Konkurrenz anderer Gläubiger.10 Der Arrest soll dem Gläubiger nicht dazu verhelfen, einen Vorrang vor anderen Gläubigern zu bekommen.11 Ferner muss das Vorliegen eines Arrestgrundes abgelehnt werden, wenn kein Sicherungsbedürfnis besteht, weil der Gläubiger z.B. bereits hinreichend durch einen Eigentumsvorbehalt oder eine Sicherungsübereignung dinglich gesichert ist.12 Der Arrestgrund kann auch entfallen, wenn eine andere Vollstreckungsmöglichkeit besteht, der Gläubiger z.B. bereits einen ohne Sicherheitsleistung vorläufig oder endgültig vollstreckbaren Titel besitzt.13 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
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OLG Dresden v. 7.12.2006 – 21 UF 410/06, NJW-RR 2007, 659. OLG Düsseldorf v. 18.6.1993 – 3 UF 192/92, NJW-RR 1994, 453 (454). Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 5. Huber in Musielak, § 917 ZPO Rz. 3. Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 5. Reichold in Thomas/Putzo, § 917 ZPO Rz. 1; Huber in Musielak, § 917 ZPO Rz. 3. Reichold in Thomas/Putzo, § 917 ZPO Rz. 1. BGH v. 11.3.1975 – VI ZR 231/72, VersR 1975, 763 (764). BGH v. 19.10.1995 – IX ZR 82/94, NJW 1996, 321 (324); Reichold in Thomas/Putzo, § 917 ZPO Rz. 2. BGH v. 19.10.1995 – IX ZR 82/94, NJW 1996, 321 (324); Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 917 ZPO Rz. 7, 10; Reichold in Thomas/Putzo, § 917 ZPO Rz. 2. Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 5; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 917 ZPO Rz. 7. BGH v. 1.3.2007 – IX ZR 261/03, NJW 2007, 2485 (2487). OLG Hamburg v. 18.2.1958 – 2 U 233/57, NJW 1958, 1145; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 12.
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II. Voraussetzungen des Arrests
§4
Rz. 40
" Wichtig: Ergeht im ordentlichen Verfahren ein Urteil, das nur gegen Sicher-
heitsleistung vorläufig vollstreckbar ist, bleibt daneben ein Arrest zulässig.1
(2) Arrestgrund nach § 917 Abs. 2 ZPO Bei dem besonderen Arrestgrund der Auslandsvollstreckung soll vermieden werden, ein Urteil im Ausland vollstrecken zu müssen, wenn die Vollstreckung dort auf wesentlich größere rechtliche Schwierigkeiten stößt als die Vollstreckung eines ausländischen Urteils in Deutschland („fehlende Gegenseitigkeit“).
36
Die Notwendigkeit einer Auslandsvollstreckung ist kein Arrestgrund gemäß § 917 Abs. 2 ZPO, wenn Gegenseitigkeit verbürgt ist.2 Tatsächliche Schwierigkeiten einer Auslandsvollstreckung können aber als Arrestgrund gemäß § 917 Abs. 1 ZPO qualifiziert werden.3
37
Einer nachzuweisenden konkreten Gefährdung bedarf es für den privilegierten Arrestgrund nicht, da bei Notwendigkeit der Vollstreckung im Ausland, das keine Gegenseitigkeit verbürgt, eine Gefahr unwiderleglich vermutet wird.4 Die Staatsangehörigkeit und der Aufenthaltsort der Parteien sind nicht relevant. Ein Arrestgrund fehlt jedoch, wenn der Gläubiger über ausreichend Sicherheiten verfügt, auch wenn diese im Ausland liegen. Sofern der Schuldner ausreichendes Vermögen im Inland besitzt, liegt ebenfalls kein Arrestgrund vor.5
38
Es ist umstritten, ob unter „Urteile“ im Sinne des § 917 Abs. 2 ZPO nur inländische Urteile zu verstehen sind6 oder auch Urteile aus Mitgliedstaaten des EuGVÜ bzw. jetzt EUGVVO/LugÜ.7 Richtigerweise ist der letzteren Auffassung zu folgen, da der EuGH in seinem Urteil vom 10.2.19948 unter Hinweis auf das Benachteiligungsverbot Urteile von Vertragsstaaten bei einer Vollstreckung im Nicht-EU-Ausland inländischen Urteilen gleichstellen will, wenn auf inländisches Vermögen zugegriffen werden soll.9
39
Einstweilen frei.
40
1 OLG Hamm v. 27.11.1989 – 31 U 59/89, NJW-RR 1990, 1536; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 13 (h.M.). 2 Eine Länderliste, aus der die Staaten hervorgehen, die Gegenseitigkeit verbürgen, ist abgedruckt bei Zöller, ZPO, Anhang V. 3 OLG Dresden v. 7.12.2006 – 21 UF 410/06, NJW-RR 2007, 659; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 17. 4 Huber in Musielak, § 917 ZPO Rz. 5. 5 OLG Stuttgart v. 5.1.1996 – 11 UF 223/95, NJW-RR 1996, 775; Huber in Musielak, § 917 ZPO Rz. 5. 6 OLG München v. 2.12.1987 – 21 U 5425/87, NJW-RR 1988, 1023 ff.; OLG Hamburg v. 11.12.1989 – 6 W 109/89, NJW 1990, 1425 ff. 7 LG Hamburg v. 14.8.1996 – 317 S 144/96, RIW 1997, 67; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 16. 8 EuGH v. 10.2.1994 – Rs. C-398/92, NJW 1994, 1271 (1272). 9 Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 16; Huber in Musielak, § 917 ZPO Rz. 7.
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§4
Rz. 41
Arrest
bb) Arrestgrund beim persönlichen Arrest 41
Der persönliche Arrest ist nur subsidiär zulässig, wenn der dingliche Arrest allein für die Sicherung der Zwangsvollstreckung nicht ausreicht und andere Sicherungsmittel fehlen.1 Die Verhältnismäßigkeit ist zu prüfen. Bei einer Bagatellforderung darf der persönliche Arrest nicht angeordnet werden.2
42
Wie beim dinglichen Arrest nach § 917 Abs. 1 ZPO muss auch beim persönlichen Arrest die Zwangsvollstreckung gefährdet sein (§ 918 ZPO).
43
Voraussetzung für den persönlichen Arrest ist, dass der Schuldner überhaupt pfändbares Vermögen hat.3 Der persönliche Arrest dient nicht dazu, den Schuldner dazu zu zwingen, Vermögen aus dem Ausland herbeizuschaffen oder Einkünfte zu erzielen,4 sondern er soll verhindern, dass der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände beiseiteschafft. Deshalb hat der Antragsteller die Existenz pfändbaren Vermögens glaubhaft zu machen.
44
Sollte der Verbleib glaubhaft gemachten inländischen Vermögens unklar und zu befürchten sein, dass der Schuldner es dem Zugriff des Gläubigers entziehen will, kann der Gläubiger gleichzeitig den Erlass eines persönlichen und eines dinglichen Arrestes beantragen.5
45
Ein persönlicher Arrest kann z.B. in folgenden Fällen erwirkt werden: – Der Verbleib einzelner nachweisbarer Vermögensstücke ist nicht bekannt, da der Schuldner den Ort des Verbleibs verheimlicht oder verschleiert oder zu befürchten ist, dass er die Vermögensstücke beiseiteschafft und auf diese Weise eine Pfändung unmöglich macht.6 – Der Schuldner ist zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet und es besteht die Befürchtung, dass sich der Schuldner der Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Offenbarung seiner Vermögensverhältnisse entziehen will.7 – Der Schuldner verweigert Angaben über den Verbleib wesentlichen Vermögens oder macht nur unzureichende Angaben.8 c) Glaubhaftmachung
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Sowohl der Arrestanspruch als auch der Arrestgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Gleiches gilt für die Prozessvoraussetzungen.9
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Reichold in Thomas/Putzo, § 918 ZPO Rz. 1; Huber in Musielak, § 918 ZPO Rz. 2. Vollkommer in Zöller, § 918 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 918 ZPO Rz. 4. Vollkommer in Zöller, § 918 ZPO Rz. 1. LG Frankfurt v. 31.3.1960 – 2/2 Q 6/60, NJW 1960, 2006; Vollkommer in Zöller, § 918 ZPO Rz. 1; Huber in Musielak, § 918 ZPO Rz. 4. Vollkommer in Zöller, § 918 ZPO Rz. 1; Grunsky in Stein/Jonas, § 918 Rz. 6. Grunsky in Stein/Jonas, § 918 ZPO Rz. 6; Reichold in Thomas/Putzo, § 918 ZPO Rz. 2. OLG München v. 19.10.1987 – 5 W 2977/87, NJW-RR 1988, 382; Reichold in Thomas/ Putzo, § 918 ZPO Rz. 2. OLG Karlsruhe v. 7.5.1996 – 2 UF 59/96, NJW-RR 1997, 450. Vollkommer in Zöller, § 920 ZPO Rz. 9; Reichold in Thomas/Putzo, § 920 ZPO Rz. 4.
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M 4.1
II. Voraussetzungen des Arrests
§4
Rz. 50
Die Glaubhaftmachung selbst ist in § 294 Abs. 1 ZPO geregelt. Danach kann sich der Beweispflichtige aller Beweismittel bedienen und auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Wenn es an der Glaubhaftmachung fehlt, ist das Arrestgesuch grundsätzlich zurückzuweisen, es sei denn, das Gericht macht gemäß § 921 Satz 1 ZPO von der Möglichkeit Gebrauch, den Arrest gegen eine Sicherheitsleistung anzuordnen. Da die Sicherheitsleistung aber kein vollwertiger Ersatz für die Glaubhaftmachung ist, muss zumindest ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit gegeben sein.1
47
Neben Tatsachen ist auch ausländisches Recht glaubhaft zu machen2, wenn es für die Entscheidung auf ausländisches Recht ankommt. Das Gericht ist zwar verpflichtet, ausländisches Recht von Amts wegen zu ermitteln,3 wegen der Eilbedürftigkeit des summarischen Verfahrens erstreckt sich diese Ermittlungspflicht aber nur auf präsente Erkenntnisquellen.4 Der Partei obliegt es in einem solchen Fall, eine für sie günstige Anwendung fremden Rechts glaubhaft zu machen.
48
Einstweilen frei.
49
u
Antrag auf persönlichen Arrest Vorab per Telefax:
4.1 50
An das Amtsgericht/Landgericht1 ... EILT! Bitte sofort vorlegen! Antrag auf persönlichen Arrest des . . . – Antragsteller – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Antragsgegner – Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir – wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – folgenden 1 Gemäß § 919 ZPO ist sowohl das Gericht der Hauptsache als auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person befindet, zuständig.
1 Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 2; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 921 ZPO Rz. 9. 2 Reichold in Thomas/Putzo, § 920 ZPO Rz. 4. 3 BGH v. 15.7.2008 – XI ZR 105/07, NJW 2009, 916 (917); Geimer in Zöller, § 293 ZPO Rz. 14 ff. 4 OLG Köln v. 19.1.2007 – 6 U 163/06, ZUM 2007, 401 (402); OLG Frankfurt v. 7.11.1968 – 6 U 78/68, NJW 1969, 991; Reichold in Thomas/Putzo, § 293 ZPO Rz. 7.
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§4
Rz. 51
M 4.2
Arrest
Arrest- und Haftbefehl zu erlassen: 1. Wegen einer Forderung in Höhe von . . . Euro nebst . . . % Zinsen seit dem . . . sowie einer Kostenpauschale2 von . . . wird gegen den Antragsgegner der persönliche Sicherheitsarrest angeordnet. 2. In Vollziehung des Arrestes wird die Haft gegen den Antragsgegner verhängt.3 3. Die Vollziehung des Arrestes wird durch Hinterlegung eines Geldbetrages von . . . Euro oder Stellung einer schriftlichen, unbeschränkten, unbefristeten und unwiderruflichen selbstschuldnerischen Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts über . . . Euro gehemmt.4 4. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung:5 ... 2 In der Kostenpauschale sind die Kosten des Hauptsacheprozesses anzugeben, die nur bei einem entsprechenden Antrag berücksichtigt werden (Huber in Musielak, § 923 ZPO Rz. 2). 3 In dem Arrestbefehl ist die Art der Freiheitsbeschränkung (z.B. Meldepflicht, Hausarrest, Haft) anzugeben. Bei einer Haftanordnung ist für die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher zusätzlich ein Haftbefehl gemäß § 933 i.V.m. § 901 ZPO erforderlich (Vollkommer in Zöller, § 933 ZPO Rz. 1; Heiderhoff in Berger, Kap. 9 Rz. 55; Huber in Musielak, § 933 ZPO Rz. 2. 4 Streng vom Wortlaut des § 923 ZPO könnte die Vollziehung des Arrestes nur durch Hinterlegung eines Geldbetrages gehemmt werden. Eine Bankbürgschaft wird jedoch unter Hinweis auf § 108 ZPO für zulässig angesehen (Grunsky in Stein/Jonas, § 923 ZPO Rz. 6; Vollkommer in Zöller, § 923 ZPO Rz. 1). 5 Da der persönliche Arrest gegenüber dem dinglichen subsidiär ist, sollte dargelegt werden, warum ein dinglicher Arrest nicht ausreichend ist.
4.2 51
u
Antrag auf dinglichen Arrest und Arrestpfändung
Vorab per Telefax: An das Amtsgericht/Landgericht1 ... EILT! Bitte sofort vorlegen! Antrag auf dinglichen Arrest und Arrestpfändung der – Antragstellerin – – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . – gegen den . . . – Antragsgegner – wegen Arrest und Arrestpfändung 1 Gemäß § 919 ZPO ist sowohl das Gericht der Hauptsache als auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der mit Arrest zu belegende Gegenstand befindet, zuständig.
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M 4.2
II. Voraussetzungen des Arrests
§4
Rz. 53
beantragen wir, gegen den Antragsgegner – wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – folgenden Arrestbefehl und Arrestpfändungsbeschluss zu erlassen: 1. Wegen einer Kaufpreisforderung der Antragstellerin in Höhe von . . . Euro nebst Zinsen in Höhe von . . .. Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem . . . gegen den Antragsgegner sowie einer Kostenpauschale2 in Höhe von . . . Euro wird der dingliche Arrest in das gesamte Vermögen des Antragsgegners angeordnet. 2. Die Vollziehung des Arrestes wird durch Hinterlegung eines Geldbetrags in Höhe von . . . Euro durch den Antragsgegner gehemmt.3 3. In Vollziehung des Arrestes wird der angebliche Pflichtteilsanspruch des Antragsgegners gegen X bis zu einem Höchstbetrag von . . . Euro gepfändet.4 Der Antragsgegner hat sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten. Der Drittschuldner darf an den Antragsgegner nicht mehr leisten.5 4. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begründung: ... 2 In der Kostenpauschale sind die Kosten des Hauptsacheprozesses anzugeben, die nur bei einem entsprechenden Antrag berücksichtigt werden (Huber in Musielak, § 923 ZPO Rz. 2). 3 Gemäß § 923 ZPO ist bereits von Amts wegen eine Lösungssumme im Arrestbefehl anzugeben. Die Höhe der Lösungssumme wird nach der zu sichernden Forderung nebst Zinsen und Kostenpauschale bemessen. 4 Gemäß § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist für die Pfändung einer Forderung das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht zuständig. Es ist zur Beschleunigung empfehlenswert, den Vollziehungsantrag gleichzeitig mit dem Arrestantrag zu stellen. 5 Von Amts wegen hat das Gericht dem Drittschuldner im Pfändungsbeschluss zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen, und dem Schuldner zu gebieten, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten (§ 829 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO). Es ist nicht notwendig, dies in den Antrag aufzunehmen, wird aber gleichwohl empfohlen (vgl. zum Antrag Stöber in Zöller, § 829 ZPO Rz. 3 ff.).
" Wichtig: Die Vollziehung des Arrestes ist gemäß § 929 Abs. 3 Satz 1 ZPO 52 bereits vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner erlaubt. Zu beachten ist § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO, wonach die Zustellung innerhalb einer Woche nach Vollziehung und vor Ablauf der Monatsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO erfolgen muss.1
3. Beschlussverfahren Anders als bei der einstweiligen Verfügung nach § 937 Abs. 2 ZPO entscheidet das Gericht beim Arrestverfahren nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat oder nicht. Es entscheidet das gesamte Gericht, also bei einem Kollegialorgan das Kollegium und nicht der Vorsitzende allein. Gegen die Entscheidung des Gerichts, ob mit oder ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, gibt es kein Rechtsmittel.2 Wenn 1 Zum Beginn der Wochenfrist Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 24. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 921 ZPO Rz. 3; Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 1.
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§4
Rz. 54
Arrest
das Gericht ohne mündliche Verhandlung über den Arrest entscheidet, ergeht ein Beschluss (§ 922 Abs. 1 ZPO). Es kann dem Gesetz aber nicht entnommen werden, dass grundsätzlich die Entscheidung ohne eine mündliche Verhandlung zu treffen ist. In der Regel ist es unter Berücksichtigung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) vielmehr angezeigt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, falls dadurch der Zweck des Arrestverfahrens nicht gefährdet wird.1 Dies kann der Fall sein, wenn der Zweck des Arrests die Überraschung des Antragsgegners erfordert oder selbst eine sehr kurzfristig terminierte mündliche Verhandlung wegen der Eilbedürftigkeit nicht mehr abgewartet werden kann. Die Darlegungslast liegt beim Antragsteller, der besondere Gründe vorzutragen und glaubhaft zu machen hat, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung erfordern.2 54
In dem Antrag, den Arrest nur bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu erlassen, sieht die h.M. eine unwirksame bedingte Rücknahme des Arrestgesuchs für den Fall, dass das Gericht eine mündliche Verhandlung anordnen sollte.3 Die Unwirksamkeit der bedingten Rücknahme hat zur Folge, dass das Gericht nicht etwa das Gesuch zurückweist, sondern in der Sache entscheidet.
55 " Praxistipp: Der Antragsteller sollte das Gericht bitten, ihn über eine beabsichtigte mündliche Verhandlung zu informieren, damit er das Arrestgesuch (wirksam) zurücknehmen kann. 56
Der Beschluss, durch den der Arrest angeordnet wird, ist von Amts wegen dem Antragsteller bzw. seinem Prozessbevollmächtigten zuzustellen.4 Dem Antragsgegner wird der Beschluss hingegen nicht von Amts wegen zugestellt. Der Gläubiger hat dem Gegner eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses durch den Gerichtsvollzieher zuzustellen (§ 922 Abs. 2 i.V.m. §§ 192–194 ZPO). Ein Beschluss, durch den der Arrestantrag zurückgewiesen oder eine vorherige Sicherheitsleistung für erforderlich erklärt wird, ist dem Gläubiger förmlich zuzustellen (§§ 329 Abs. 3, 567, 569 ZPO) und dem Gegner nicht mitzuteilen (§ 922 Abs. 3 ZPO).5
56a
Innerhalb der Vollziehungsfrist gemäß § 929 Abs. 2 ZPO muss der Gläubiger den Beschlussarrest dem Schuldner zustellen und Vollstreckungshandlungen (§§ 930–933 ZPO) beim Vollstreckungsorgan beantragen (z.B. Forderungspfändung; Pfändung beweglicher Sachen; Eintragung einer Sicherungshypothek).6
" Wichtig: Es ist unzulässig, nach Ablauf der Vollziehungsfrist eine weitere, völlig neue Vollstreckungsmaßnahme zu beantragen.7
57
Als Rechtsbehelf gegen den ohne mündliche Verhandlung stattgebenden Arrestbeschluss steht dem Antragsgegner der Widerspruch gemäß § 924 Abs. 1 ZPO 1 Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 1. 2 Skamel in Berger, Kap. 6 Rz. 5. 3 Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 1; Reichold in Thomas/Putzo, § 922 ZPO Rz. 1; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 921 ZPO Rz. 2. 4 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 11. 5 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 12. 6 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 10; Huber in Musielak, § 929 ZPO Rz. 6. 7 BGH v. 25.10.1990 – IX ZR 211/89, NJW 1991, 496.
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III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe
§4
Rz. 61
zur Verfügung. Durch den Widerspruch wird zwar nicht die Vollziehung des Arrestes gehemmt (§ 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO), die Zwangsvollstreckung kann aber gemäß §§ 924 Abs. 3 Satz 2, 707 ZPO einstweilen eingestellt werden. Gegen den ablehnenden Beschluss eines Gerichts erster Instanz kann der Antragsteller sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO einlegen. Wegen der Einzelheiten zum Thema Rechtsbehelfe wird auf § 3 Rz. 110 ff. verwiesen.
4. Urteilsverfahren Wenn eine mündliche Verhandlung über das Arrestgesuch stattgefunden hat, entscheidet das Gericht durch Endurteil (§ 922 Abs. 1 ZPO). Rechtsmittel gegen ein kontradiktorisches Endurteil des Amts- und Landgerichts der ersten Instanz ist die Berufung.1
58
Es ist strittig, ob beim Urteilsarrest eine Zustellung von Amts wegen ausreicht oder eine Zustellung des Urteils im Parteibetrieb erforderlich ist.2
58a
" Praxistipp: Der anwaltliche Vertreter des Gläubigers sollte den Urteils-
arrest dem Schuldner im Parteibetrieb zustellen, da nur dies (angesichts der noch unklaren Rechtslage) der sichere Weg ist, den Arrest zu vollziehen.
Da die Grundsätze des Urteilsverfahrens beim Arrest- und Verfügungsverfahren übereinstimmen, kann wegen der Einzelheiten auf § 3 Rz. 102 ff. verwiesen werden.
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III. Rechtsmittel, Rechtsbehelfe Die Art des Rechtsmittels bzw. Rechtsbehelfs hängt davon ab, ob eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat oder nicht. Gegen ein Urteil ist grundsätzlich die Berufung statthaft.3 Bei einem Beschluss hängt es wiederum davon ab, ob er stattgebend ist, dann Widerspruch, oder ablehnend, dann sofortige Beschwerde. Da die Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe bei beiden Arten des einstweiligen Rechtsschutzes identisch sind, kann insofern auf die Ausführungen zur einstweiligen Verfügung in § 3 Rz. 110 ff. verwiesen werden.
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1. Beschwerde Der Antragsteller kann gegen einen ablehnenden Arrestbeschluss eines Gerichts erster Instanz sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 ZPO einlegen. Ein Rechtsmittel gegen einen ablehnenden Beschluss des Beschwerdegerichts ist nicht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 542 Abs. 2 ZPO).4 Wegen der Einzelheiten vgl. die Ausführungen in § 3 Rz. 113 ff.
1 2 3 4
Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 17; Reichold in Thomas/Putzo, § 922 ZPO Rz. 6. Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 10; Huber in Musielak, § 929 ZPO Rz. 6. Reichold in Thomas/Putzo, § 922 ZPO Rz. 6. Huber in Musielak, § 922 ZPO Rz. 10b.
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§4
Rz. 62
Arrest
2. Widerspruch gegen dinglichen oder persönlichen Arrest 62
Gegen einen stattgebenden Beschluss, gleichgültig ob erster oder zweiter Instanz, kann der Antragsgegner Widerspruch einlegen (§ 924 Abs. 1 ZPO). Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in § 3 Rz. 126 ff. verwiesen.
3. Berufung/Revision 63
Für die Berufung und die – nach § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO unzulässige – Revision gegen eine im Arrestverfahren auf mündliche Verhandlung durch Urteil ergangene Entscheidung gilt wegen § 936 ZPO das in vorstehendem § 3 zur Berufung und Revision im einstweiligen Verfügungsverfahren Ausgeführte entsprechend (vgl. § 3 Rz. 149 ff., 175).
IV. Sicherheitsleistung des Antragstellers 64
Gemäß § 921 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Anordnung des Arrestes von einer Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig machen, wenn der Arrestanspruch oder Arrestgrund nicht glaubhaft gemacht worden sind. Ein schlüssiger Tatsachenvortrag ist allerdings unverzichtbar.1 Fehlt es an einem Arrestanspruch oder Arrestgrund, scheidet eine Arrestanordnung von vornherein aus.
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Das Gericht kann aber auch dann eine Sicherheitsleistung verlangen, wenn sowohl der Arrestanspruch als auch der Arrestgrund glaubhaft gemacht worden sind (§ 921 Satz 2 ZPO). Dies kommt in Betracht, wenn dem Schuldner ein erheblicher Schaden droht oder der endgültige Ausgang des Verfahrens wegen Rechtsfragen ungewiss ist. Denkbar ist auch eine Absicherung für den Fall, dass der Gläubiger eine eventuell auf ihn zukommende Schadensersatzforderung voraussichtlich nicht erfüllen kann.2
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Im Fall des § 921 Satz 2 ZPO erklärt das Gericht zunächst die Sicherheitsleistung für erforderlich und ordnet dann – nachdem die Sicherheit geleistet wurde – in einem gesonderten Beschluss den Arrest an (Arrestanordnung nach Sicherheitsleistung).3
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Das Gericht kann aber auch die Vollziehung des Arrestbefehls von einer Sicherheitsleistung abhängig machen (Arrestvollziehung gegen Sicherheitsleistung). Für die Sicherheitsleistung ist keine Frist erforderlich, da ohnehin die einmonatige Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO gewahrt werden muss und der Nachweis der Sicherheitsleistung dem Schuldner innerhalb dieser Frist zuzustellen ist.4 Gemäß § 108 ZPO stehen Art und Höhe der Sicherheitsleistung im freien Ermessen des Gerichts. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Höhe der Sicherheitsleistung den etwaigen Schadensersatzanspruch absi1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 921 ZPO Rz. 8; Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 2; Reichold in Thomas/Putzo, § 921 ZPO Rz. 3. 2 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 921 ZPO Rz. 3; Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 3. 3 Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 3. 4 Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 4.
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V. Aufhebung des Arrestes
§4
Rz. 71
chern soll und nicht etwa die Höhe des Hauptsacheanspruchs, sodass die Sicherheitsleistung auch sehr viel höher oder niedriger sein kann als der Hauptsacheanspruch. Gegen den Beschluss des Gerichts, mit dem die Sicherheitsleistung angeordnet wird, kann der Gläubiger sofortige Beschwerde einlegen für den Fall, dass er den Arrest ohne Sicherheitsleistung beantragt hat oder dazu nicht Stellung genommen hat. Sollte der Gläubiger sich aber mit der Sicherheitsleistung einverstanden erklärt haben oder sogar diese von sich aus angeboten haben, kann er nach richtiger Auffassung keine Beschwerde einreichen, da er nicht beschwert ist.1
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V. Aufhebung des Arrestes 1. Aufhebung wegen Nichterhebung der Hauptsacheklage nach § 926 ZPO Gemäß § 926 Abs. 1 ZPO kann der Antragsgegner den Antragsteller binnen einer bestimmten Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zwingen, wenn diese noch nicht anhängig ist (Anordnungsverfahren bzw. Fristsetzungsverfahren). Sollte der Antragsteller dieser Anordnung nicht Folge leisten, kann der Arrestbefehl auf Antrag des Antragsgegners aufgehoben werden (Aufhebungsverfahren). Da § 926 ZPO für Arreste und einstweilige Verfügungen gilt, kann wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen in § 3 Rz. 179 ff. verwiesen werden.
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2. Aufhebung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO Der durch die Eilmaßnahme belastete Schuldner kann wegen veränderter Umstände, die den Arrestanspruch oder den Arrestgrund entfallen lassen, die Aufhebung des Arrests beantragen. Bei diesem Aufhebungsverfahren handelt es sich um ein völlig selbständiges Verfahren, in dem es nicht um die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Arrestes geht, sondern um die Rechtmäßigkeit der Fortdauer des Arrestes. Die Regelung ist Ausdruck dafür, dass mit der Entscheidung im summarischen Verfahren gerade keine endgültige Entscheidung getroffen wird, sondern eine vorläufige Entscheidung, die auch wieder aufgehoben werden kann. Auch hier kann wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen zur einstweiligen Verfügung in § 3 Rz. 196 ff. verwiesen werden.
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VI. Schutzschrift Das Rechtsinstitut der Schutzschrift ist zwar gesetzlich nicht geregelt, wird aber von der Rechtsprechung allgemein anerkannt. Der potenzielle Antragsgegner kann sich durch das Einreichen einer Schutzschrift gegen einen erwarteten Arrestantrag wehren (zu den Einzelheiten vgl. § 3 Rz. 226 ff.). 1 Zustimmend Vollkommer in Zöller, § 921 ZPO Rz. 6; Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/ Feldmeier, Rz. A 237; ablehnend Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 921 ZPO Rz. 15.
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§5 Vollziehung und Vollstreckung Inhaltsübersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 1. Vollziehung . . . . . . . . . . . . 2. Wahrung der Vollziehungsfrist . a) Zustellung . . . . . . . . . . . aa) Was ist zuzustellen? . . . bb) Wem ist zuzustellen? . . cc) Heilung fehlerhafter Zustellung? . . . . . . . . . . b) Neben der Zustellung erforderliche Maßnahmen zur Wahrung der Vollziehungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vollziehung vor Zustellung . . .
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II. Vollziehung des Arrests . . . . . 1. Vollziehung in bewegliche Sachen und Forderungen . . . . . . 2. Vollziehung in Schiffe oder Schiffsbauwerke . . . . . . . . .
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a) Vollziehung in eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke b) Vollziehung in sonstige inländische oder ausländische Schiffe . . . . . . . . . . . . . . 3. Arresthypothek . . . . . . . . . . 4. Persönlicher Arrest . . . . . . . . 5. Aufhebung der Vollziehung . . .
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III. Vollziehung der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . 1. Unterlassungsverfügung . . . . . 2. Vornahme von Handlungen . . . 3. Auf Geld gerichtete Leistungsverfügung . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsbehelfe gegen die Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Ahrens (Hrsg.), Der Wettbewerbsprozess – Ein Praxishandbuch, 6. Aufl. 2009; Anders, Die Zustellung einstweiliger Verfügungen nach dem Zustellungsreformgesetz, WRP 2003, 204 ff.; Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl. 2000; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. 2011.
I. Allgemeines Eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes, ob Arrest oder einstweilige Verfügung, entfaltet mit Anordnung (beim Arrest) bzw. Erlass (bei einstweiliger Verfügung) durch das Gericht noch keine Wirkung. Es handelt sich nur um einen Vollstreckungstitel. Gegenüber dem Schuldner und ggf. dritten Parteien (z.B. einer Bank) entfaltet sie erst mit Vollziehung Wirkung.
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1. Vollziehung Das Gesetz definiert den Begriff der Vollziehung nicht. § 928 ZPO schreibt nur vor, dass auf die Vollziehung des Arrests die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht in den §§ 930–934 ZPO Abweichendes geregelt wird. Da ein Arrest- bzw. Verfügungsgläubiger nur
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§5
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Vollziehung und Vollstreckung
Sicherung, nicht aber Befriedigung verlangen kann, ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine Vorschrift entsprechend angewandt werden kann.1 3
Auf die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung finden die Vorschriften über das Arrestverfahren, und damit auch die §§ 928–934 ZPO, gemäß § 936 ZPO grundsätzlich entsprechend Anwendung.
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Arrest und einstweiliger Verfügung gemeinsam ist, dass grundsätzlich weder eine Vollstreckbarkeitserklärung noch eine Vollstreckungsklausel für die Vollziehung erforderlich ist (§ 929 Abs. 1 ZPO). Zur Vollziehung genügt eine Ausfertigung des Beschlusses/Urteils, sofern nicht gegen Dritte (d.h. nicht im Arrestbefehl bezeichnete Personen) oder im Ausland vollzogen werden muss.
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Die Vollziehung unterliegt ferner der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO. Danach ist die Vollziehung eines Arrestbefehls (bzw. einer einstweiligen Verfügung) unstatthaft, „wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist“. Diese Vollziehungsfrist soll im Interesse des Schuldnerschutzes verhindern, dass der Arrest/die einstweilige Verfügung unter wesentlich veränderten Umständen vollzogen wird, als unter denen, die seiner/ihrer Anordnung zugrunde lagen.2 Es handelt sich um eine gesetzliche Frist, die auch durch Parteivereinbarung nicht verlängert werden kann, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht möglich.3 Das Gesetz unterscheidet für den Beginn der Vollziehungsfrist danach, ob es sich um ein Urteil oder einen Beschluss handelt. Bei einem Urteil beginnt die Vollziehungsfrist mit Verkündung des Urteils zu laufen.
6 " Wichtig: Auf die Zustellung einer Fassung des Urteils an den Gläubiger kommt es nicht an. Die Frist beginnt unabhängig davon zu laufen, ob dem Gläubiger eine Urteilsausfertigung vorliegt, die überhaupt vollzogen werden kann.4 Daher ist bei einem Urteilsarrest bzw. einer Urteilsverfügung auf die Vollziehungsfrist besonders zu achten, insbesondere mit der Geschäftsstelle des Gerichts Kontakt aufzunehmen, wenn das Urteil nicht alsbald übersandt wird. 7
Bei einem Beschluss läuft die Vollziehungsfrist ab dem Zeitpunkt, in dem die Ausfertigung des Beschlusses dem Antragsteller von Amts wegen zugestellt wurde.
8 " Wichtig: Für den Antragsteller bedeutet dies: Hat er vom Gericht keine ordnungsgemäße Ausfertigung der Beschlussverfügung erhalten, läuft die Vollziehungsfrist noch nicht. Umgekehrt muss der Schuldner, der eine Fristver1 BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92, NJW 1993, 1076 (1077); Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 928 ZPO Rz. 5 ff.; Vollkommer in Zöller, § 928 ZPO Rz. 4 ff. 2 BGH v. 25.10.1990 – IX ZR 211/89, NJW 1991, 496; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO ZPO Rz. 3. 3 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 3; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 ZPO Rz. 8, 9. 4 OLG Düsseldorf v. 28.5.1986 – 17 U 17/86, NJW-RR 1987, 764; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 6. Verfassungsrechtlich ist dies nach BVerfG v. 27.4.1988 – 1 BvR 549/87, NJW 1988, 3141 unbedenklich.
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I. Allgemeines
§5
Rz. 12
säumnis einwenden will, prüfen, ob und ggf. wann dem Gläubiger eine ordentliche Ausfertigung zugestellt wurde! Die in der Praxis übliche Übergabe auf der Geschäftsstelle des Gerichts oder im Amtszimmer des Richters stellt eine förmliche Zustellung dar, § 173 ZPO. Wurde der Beschluss nur formlos übergeben, läuft die Vollziehungsfrist von dem Tag, an dem der Gläubiger in den Besitz der Urkunde kam. Das ist spätestens mit Übergabe der Ausfertigung durch den Gläubiger an den Gerichtsvollzieher der Fall.1 Das Fristende wird nach den allgemeinen Regeln, §§ 222 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und 3 BGB, berechnet.
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Unter bestimmten Umständen beginnt aufgrund einer neuen gerichtlichen Entscheidung, z.B. durch Urteil auf Widerspruch des Schuldners hin, eine neue Vollziehungsfrist zu laufen. Streitig sind die Details, z.B. ob die bloße Bestätigung der Eilentscheidung durch Urteil ausreicht, um eine neue Frist in Gang zu setzen.2 Nach wohl noch h.M. wird eine neue Frist nur in Gang gesetzt, wenn
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– die Widerspruchsentscheidung wesentliche Änderungen im Tenor der Verfügung wie z.B. die Anordnung einer Sicherheitsleistung mit sich bringt;3 – ein Aufhebungsantrag des Schuldners nach § 927 ZPO abgewiesen wurde;4 – ein Beschlussarrest, der im Widerspruchsverfahren aufgehoben wurde, vom Berufungsgericht bestätigt bzw. neu erlassen wird.5 Von dem erneuten Lauf der Vollziehungsfrist, die z.B. relevant werden kann, wenn ursprünglich die Frist versäumt wurde, zu unterscheiden ist die Frage, ob eine erneute Vollziehung notwendig ist, wenn der Arrest oder die Verfügung bestätigt oder verändert werden. Eine erneute Vollziehung wird für notwendig gehalten, wenn die Beschlussverfügung auf Widerspruch hin aufgehoben, in der Berufungsinstanz aber „bestätigt“ und damit neu erlassen wird6 oder wenn eine im Beschlussweg ergangene einstweilige Verfügung im Widerspruchs- oder Rechtsmittelverfahren inhaltlich wesentlich geändert oder neu gefasst wird.7
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" Praxistipp: Weist die neue Entscheidung inhaltliche Veränderungen auf, 12 sollte vorsorglich erneut vollzogen werden.8
1 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 5. 2 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 7 m.w.N.; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 ZPO Rz. 4. 3 OLG Brandenburg v. 12.7.2006 – 4 U 91/06, juris; KG v. 31.5.1996 – 5 U 889/96, NJW 1997, 1161; OLG Celle v. 24.7.1986 – 5 U 139/86, NJW-RR 1987, 64. 4 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 7; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 ZPO Rz. 4. 5 OLG Frankfurt v. 20.12.2001 – 6 U 79/01, MDR 2002, 602 = NJW-RR 2002, 1080; OLG Düsseldorf v. 12.3.1999 – 22 U 66/98, NJW-RR 2000, 68; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 ZPO Rz. 6; Vollkommer in Zöller, § 925 ZPO Rz. 12, § 929 ZPO Rz. 7. 6 OLG Frankfurt a.M. v. 20.12.2001 – 6 U 79/01, NJW-RR 2002, 1080; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 15; a.A. OLG Celle v. 24.7.1986 – 5 U 139/86, NJW-RR 1987, 64. 7 OLG Hamburg v. 12.4.2007 – 3 U 290/06; OLG Hamburg v. 2.11.2006 – 3 U 256/05; OLG Sachsen-Anhalt v. 6.4.2005 – 6 U 162/04, AfP 2005, 281; OLG Karlsruhe v. 23.10.2002 – 6 U 77/02, OLGR Karlsruhe 2003, 410 (412); vgl. auch Bernecke in Ahrens, Kap. 57 Rz. 20–21; KG v. 31.5.1996 – 5 U 889/96, NJW 1997, 1161; OLG Karlsruhe v. 23.10.2002 – 6 U 77/02, OLGR Karlsruhe 2003, 410 (412). 8 So auch Teplitzky, Kap. 55 Rz. 49.
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§5
Rz. 13
Vollziehung und Vollstreckung
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Versäumt der Gläubiger die Vollziehungsfrist, wird die Vollziehung unstatthaft. Jegliche weitere Vollstreckung, sofern nicht bereits eingeleitet, wird unzulässig. Die Vollstreckungsorgane, z.B. der Gerichtsvollzieher, dürfen nicht mehr tätig werden und der Schuldner kann Aufhebung des Arrestbefehls bzw. der einstweiligen Verfügung verlangen1.
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Die Erhebung eines Widerspruchs oder die Einlegung einer Berufung durch den Antragsgegner führt nicht dazu, dass nicht mehr vollzogen werden muss (arg. § 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die Verfügung muss auf eigenes Risiko des Antragstellers vollzogen werden. Unterlässt der Antragsteller die Vollziehung, ist die Verfügung schon wegen Fristversäumnisses aufzuheben.2 Erhält der Antragsteller eine seinem Antrag nur teilweise stattgebende Verfügung, ist sorgfältig zu überlegen, ob er Rechtsmittel einlegt und dennoch vollzieht. Einerseits würde eine neue Vollziehungsfrist zu laufen beginnen, wenn der Tenor der Verfügung in der Berufungsinstanz abgeändert wird (s. Rz. 11). Andererseits wird der Schuldner durch die Vollziehung der Verfügung darauf aufmerksam gemacht, dass der Antrag teilweise abgewiesen wurde. Dies wird nicht immer wünschenswert sein. Dann ist zu überlegen, den Antrag zurückzunehmen und einen neuen Antrag im – offensichtlich – zulässigen Umfang zu stellen.
2. Wahrung der Vollziehungsfrist 15
Es ist äußerst wichtig, die Vollziehungsfrist zu wahren. Wie bereits erläutert, definiert das Gesetz den Begriff der Vollziehung jedoch nicht. Erforderlich ist in jedem Fall die Zustellung im Parteibetrieb an den Schuldner (Rz. 16 ff.). Was darüber hinaus notwendig ist, hängt davon ab, ob es sich um einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung, und welchen Typ einer einstweiligen Verfügung, handelt (Rz. 28 ff.). a) Zustellung
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Voraussetzung für die Wahrung der Vollziehungsfrist ist in jedem Fall die Zustellung des Beschlusses oder des Urteils durch den Gläubiger im Parteibetrieb an den Schuldner. Die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt durch den Gerichtsvollzieher, dem der Gläubiger das zuzustellende Schriftstück samt den erforderlichen Abschriften zu übergeben hat (§ 192 ZPO). Dass bei einem Verfügungsoder Arresturteil das Urteil von Amts wegen an den Schuldner zugestellt wird, kann die Zustellung durch den Gläubiger in der Regel nicht ersetzen.3 Nur die
1 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 21 m.w.N. 2 Teplitzky, Kap. 55 Rz. 48; Bernecke in Ahrens, Kap. 57 Rz. 20. 3 OLG Hamburg v. 30.6.2005 – 3 U 221/04, OLGR Hamburg 2006, 572; LG Karlsruhe v. 7.1.2005 – 2 O 574/04, PharmaR 2005, 371 = Magazindienst 2005, 1141; BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92, NJW 1993, 1076 (1077); Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO ZPO Rz. 10,16; a.A. (nach der Reform des Zustellungsrechts) OLG München v. 5.7.2005 – 32 Wx 56/05, FGPrax 2005, 196.
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I. Allgemeines
§5
Rz. 22
Zustellung durch den Gläubiger dokumentiert regelmäßig dessen Willen, das Urteil zu vollstrecken.1
" Praxistipp: Um eine möglichst rasche Zustellung sicherzustellen, bietet es 17 sich an, den zuständigen Gerichtsvollzieher vorab zu ermitteln (über die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des Gerichts) und ihm das Schriftstück direkt zu übersenden oder persönlich zu übergeben.
aa) Was ist zuzustellen? Zuzustellen ist grundsätzlich eine Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung (§§ 928, 750 ZPO). Eine Ausfertigung muss die Unterschriften der Richter, auch in abschriftlicher Wiedergabe, das Gerichtssiegel sowie die Unterschrift des Urkundsbeamten enthalten (§ 317 Abs. 4 ZPO).2 Die Ausfertigung muss darüber hinaus vollständig sein.
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" Wichtig: Es ist darauf zu achten, dass wenn z.B. Anlagen zur Ausfertigung 19 in Farbe sind, evtl. zugestellte Kopien ebenfalls in Farbe sind. Fertigt der Gerichtsvollzieher z.B. eigenmächtig Schwarz-Weiß-Kopien an und stellt diese zu, ist die Vollziehung unwirksam.3
In der Praxis wird regelmäßig nur eine vom Gerichtsvollzieher beglaubigte Abschrift (§§ 18, 26 GVGA) der Ausfertigung zugestellt, die Ausfertigung erhält der Antragsteller/Gläubiger mit Zustellvermerk vom Gerichtsvollzieher zurück. Die Zustellung einer Abschrift ist nur ausreichend, wenn die beglaubigte Abschrift die Voraussetzungen einer Ausfertigung erfüllt, also:
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– die Unterschriften der Richter wenigstens abschriftlich wiedergibt; – die Bezeichnung als „Ausfertigung“ trägt; – beglaubigt ist,4 also vom Urkundsbeamten des Gerichts unterschrieben ist und das Gerichtssiegel trägt.5 Bezieht sich das Gericht in seiner Entscheidung auf die Antragsschrift und macht diese zum Bestandteil des Beschlusses, ist sie mit zuzustellen.6
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" Praxistipp: Ist der Arrest bzw. die einstweilige Verfügung mehreren Per- 22 sonen zuzustellen, so z.B. mehreren Drittschuldnern im Rahmen eines dinglichen Arrests, sollte von vornherein die notwendige Anzahl von Ausfertigungen beantragt werden.
1 Vgl. aber Teplitzky, Kap. 55 Rz. 42 mit Beispielen dafür, wann sich der Vollziehungswille z.B. über Ordnungsgeldanträge dokumentieren lässt. 2 Stöber in Zöller, § 169 ZPO ZPO Rz. 14. 3 OLG Hamburg v. 30.1.2007 – 3 W 239/06, WRP 2007, 559 = NJW-RR 2007, 986. 4 Stöber in Zöller, § 192 ZPO ZPO Rz. 6 m.w.N. 5 OLG Hamburg v. 22.3.2001 – 3 U 239/00, WRP 2001, 720; Berneke in Ahrens, Kap. 57 Rz. 35. 6 OLG Düsseldorf v. 10.2.2010 – 15 U 276/09, MDR 2010, 652; OLG München v. 2.9.2003 – 29 W 2010/03, NJW-RR 2003, 1722; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 13.
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§5
Rz. 23
Vollziehung und Vollstreckung
bb) Wem ist zuzustellen? 23
Ist der Schuldner durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, muss die Zustellung an diesen erfolgen (§ 172 ZPO).
24 " Wichtig: Die Zustellung an den Schuldner anstelle des Prozessbevollmächtigen wird nicht als wirksame Vollziehung angesehen.1 25
Das gilt schon dann, wenn zureichende Anhaltspunkte für die Vertretung vorliegen, z.B. durch eine Schutzschrift, auf die das Gericht Bezug nimmt oder die es mit übersendet. Weist ein Anwalt vorgerichtlich darauf hin, er sei „zustellungsbevollmächtigt“, ist das mangels anderer Anhaltspunkte als Hinweis auf die Prozessbevollmächtigung zu verstehen.2 Ein bloßes vorgerichtliches Anwaltsschreiben genügt jedoch nicht, wenn es keinen Hinweis auf die Prozessvollmacht enthält.3
26 " Praxistipp: Von Anwalt zu Anwalt kann gemäß § 195 ZPO auch per Fax zugestellt werden. Ist unklar, ob ein Anwalt auch prozessbevollmächtigt ist, sollte ihm die gerichtliche Entscheidung vorsorglich per Fax mit dem Hinweis zugestellt werden, dass eine Ausfertigung seinem Mandanten zugestellt wird. cc) Heilung fehlerhafter Zustellung? 27
Seit der Reform des Zustellungsrechts kann eine fehlerhafte Zustellung grundsätzlich gemäß § 189 ZPO geheilt werden. Ein unter Verletzung zwingender Formvorschriften zugestelltes Dokument gilt in dem Moment als zugestellt, in dem es dem richtigen Empfänger (s. Rz. 23) tatsächlich zugegangen ist. Einzelheiten sind aber umstritten. Nach wohl überwiegender und richtiger Ansicht sind nur Mängel des Zustellungsvorgangs, nicht aber des zugestellten Dokuments heilbar.4 So wird zum Teil vertreten, dass eine Übersendung des Beschlusses/Urteils durch ein einfaches Einschreiben ausreichend sein kann, wenn der ordnungsgemäße Zugang bewiesen werden kann.5 Eine fehlende Unterschrift des Urkundsbeamten auf der zuzustellenden Ausfertigung ist jedoch nicht heilbar.6 Bis vor kurzem war sehr streitig, ob eine Zustellung in fehlerhafter Zustellungsart, also z.B. nur Amtszustellung anstatt fristgerechter Parteizustellung, geheilt werden kann. Das OLG München hat dies für den Fall der Amtszustellung einer Urteilsverfügung vertreten.7 Diese Auffassung hat sich
1 OLG Hamburg v. 30.6.2005 – 3 U 221/04, OLGR Hamburg 2006, 572. 2 OLG Hamburg v. 31.1.2002 – 3 U 83/01, OLGR Hamburg 2002, 407–410; a.A. OLG Düsseldorf v. 29.4.2004 – I-20 U 18/04, GRUR-RR 2005, 102. 3 OLG Hamburg v. 28.4.2006 – 5 U 199/05, MDR 2006, 1183 = WRP 2006, 909; ebenso Berneke in Ahrens, Kap. 57 Rz. 37 m.w.N. 4 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 14; Teplitzky, Kap. 55 Rz. 47a; Berneke in Ahrens, Kap. 57 Rz. 44–46. 5 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 16; Anders, WRP 2003, 204 (206). 6 Stöber in Zöller, § 192 ZPO Rz. 7. 7 OLG München v. 5.7.2005 – 32 Wx 56/05, FGPrax 2005, 196.
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I. Allgemeines
§5
Rz. 30
jedoch zu Recht nicht durchgesetzt.1 Denn Voraussetzung für die Vollziehung ist nicht die Zustellung an sich, sondern die Dokumentation des Vollziehungswillens eben durch Parteizustellung. Eine nur von Amts wegen zugestellte Verfügung ist nicht „vollzogen“, es handelt sich nicht um einen heilbaren Zustellungsmangel, sondern einen nicht heilbaren Vollziehungsmangel. Aber auch eine Parteizustellung genügt nicht, wenn eine Zustellung von Amts wegen erforderlich wäre.2 Verstöße gegen die vorgeschriebene Art der Zustellung sind damit nicht heilbar.3 b) Neben der Zustellung erforderliche Maßnahmen zur Wahrung der Vollziehungsfrist Innerhalb der Vollziehungsfrist muss mit der Vollziehung des Arrests/der einstweiligen Verfügung begonnen worden sein. Ist die Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung erlaubt, muss die Sicherheitsleistung innerhalb der Monatsfrist erbracht und dies dem Schuldner im Parteibetrieb nachgewiesen werden.4 Neben der Zustellung der gerichtlichen Entscheidung ist unter Umständen darüber hinaus die Einleitung der Zwangsvollstreckung erforderlich. Was dafür erforderlich ist, hängt davon ab, ob es sich um einen Arrest oder eine Verfügung handelt.
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Bei einem Arrest reicht die Zustellung allein niemals aus. Erforderlich ist darüber hinaus zumindest ein rechtzeitig eingegangener Antrag auf Pfändung (beim dinglichen Arrest) beim zuständigen Vollstreckungsorgan.5 Es kommt nicht darauf an, ob z.B. der Gerichtsvollzieher innerhalb der Monatsfrist tätig wurde, z.B. also die Pfändung auch durchgeführt hat. Die Vollstreckungsmaßnahme kann daher auch nach Ablauf der Frist durchgeführt werden.
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Bei einstweiligen Verfügungen bestimmen sich die Anforderungen an die Vollziehung nach der Art der einstweiligen Verfügung. Eine Verbotsverfügung muss nach h.M. mit einer Ordnungsmittelandrohung zugestellt werden.6 Ein Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 ZPO braucht jedoch noch nicht eingeleitet zu werden. Die Vollziehungsfrist wird dadurch gewahrt, dass der Zustellungsantrag rechtzeitig beim Gerichtsvollzieher eingeht (arg. § 167 ZPO).7 Im Fall einer Leistungsverfügung, die z.B. auf Zahlung von Geld gerichtet ist, reicht der
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1 OLG Düsseldorf v. 10.2.2010 – 15 U 276/09, MDR 2010, 652; OLG Hamburg v. 30.6.2005 – 3 U 221/04, OLGR Hamburg 2006, 572; LG Karlsruhe v. 7.1.2005 – 2 O 574/04, PharmaR 2005, 371 = Magazindienst 2005, 1141; OLG Frankfurt v. 19.8.2004 – 6 U 154/04; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 14. 2 BGH v. 19.5.2010 – IV ZR 14/08, MDR 2010, 885; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 14. 3 Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 14. 4 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 929 ZPO Rz. 13, 3; Teplitzky, Kap. 55 Rz. 41. 5 BGH v. 25.10.1989 – IX ZR 211/90, NJW 1991, 496 = MDR 1991, 242; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 10 m.w.N. 6 BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92, NJW 1993, 1076; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 18 m.w.N.; Teplitzky, Kap. 55 Rz. 41. 7 Heiderhoff in Berger, Kap. 9 Rz. 27 m.w.N.; vgl. Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 10; Teplitzky, Kap. 55 Rz. 41a.
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§5
Rz. 31
Vollziehung und Vollstreckung
rechtzeitige Antrag an das Vollstreckungsorgan aus. Umstritten ist, ob bei Verfügungen auf wiederkehrende Leistungen, z.B. im Unterhaltsrecht, die Zustellung nur einmal erfolgen,1 oder für jede wiederkehrende Leistung die Vollziehungsfrist erneut eingehalten werden muss.2 Vorsorglich sollte der strengeren Auffassung gefolgt und für jede einzelne Teilleistung erneut die Vollstreckung eingeleitet werden. Enthält die einstweilige Verfügung ein Handlungsgebot, ist umstritten, ob die Parteizustellung ausreicht oder darüber hinaus bereits Vollstreckungsanträge gemäß §§ 887, 888 ZPO gestellt sein müssen.3 Die besseren Gründe sprechen dafür, dass auch ein Vollstreckungsantrag gestellt werden muss. Es ist nicht einzusehen, warum ein Unterschied zur Vollziehung der Unterlassungsverfügung bestehen soll, für die verlangt wird, dass die Ordnungsgeldandrohung mit zugestellt wird.4 31 " Praxistipp: Vorsorglich sollte man die für das Arrestgericht geltende Praxis des jeweiligen Oberlandesgerichts recherchieren. Kann diese nicht ermittelt werden, empfiehlt es sich, vorsorglich einen Vollstreckungsantrag zu stellen. 32
Auch bei der einstweiligen Verfügung gilt, dass die Vollziehung bis zum Ablauf der Vollziehungsfrist nicht beendet, sondern nur durch Zustellung und, sofern notwendig, Einleitung der Vollstreckungsmaßnahmen begonnen haben muss.5
3. Vollziehung vor Zustellung 33
§ 929 Abs. 3 ZPO erlaubt die Vollziehung bereits vor Zustellung an den Schuldner. Jedoch muss die Zustellung innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und noch innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfolgen. Der Schuldner kann bei Versäumnis der Wochenfrist gemäß § 766 ZPO Erinnerung einlegen.6 Wenn die Monatsfrist gemäß § 929 Abs. 2 ZPO versäumt wurde, kann er gemäß § 927 ZPO die Aufhebung des Arrestbefehls verlangen.7
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Die Möglichkeit der Vollziehung vor Zustellung ist hauptsächlich für einen Arrest relevant, bei dem verhindert werden soll, dass der Schuldner nach Zustellung, aber vor Pfändung sein Vermögen dem Zugriff des Gläubigers entzieht. Ebenfalls relevant ist diese Möglichkeit, wenn der Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherungshypothek durch Eintragung einer Vormerkung mittels einstweiliger Verfügung (§ 885 BGB) gesichert werden soll (vgl. § 13 Rz. 38). Bei dem in der Praxis häufigsten Fall einer Verfügung, nämlich einer Unterlassungs1 OLG Köln v. 19.8.1991 – 27 UF 47/91, FamRZ 1992, 75; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 19. 2 Huber in Musielak, § 936 ZPO Rz. 6. 3 Zustellung ausreichend: OLG Brandenburg v. 23.9.2005 – 4 U 25/05; OLG Frankfurt a.M. v. 20.11.1997 – 6 U 139/97, NJW-RR 1998, 1007; ablehnend: OLG Rostock v. 24.5.2006 – 6 U 242/05; OLG Hamburg v. 6.6.1996 – 3 U 9/96, NJWE-WettBR 1997, 91; Grunsky in Stein/Jonas, § 938 ZPO Rz. 30. 4 So auch Teplitzky, Kap. 55 Rz. 40a. 5 Grunsky in Stein/Jonas, § 938 ZPO Rz. 31. 6 BGH v. 9.2.1989 – IX ZR 17/88, NJW-RR 1989, 636. 7 Grunsky in Stein/Jonas, § 930 ZPO Rz. 22.
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II. Vollziehung des Arrests
§5
Rz. 39
verfügung, spielt diese Möglichkeit daher keine Rolle. Die Zustellung (mit Ordnungsmittelandrohung) genügt zur Vollziehung.
" Praxistipp: Bis die für die Vollstreckung benutzte Ausfertigung vom Voll- 35 streckungsorgan zurück ist, kann die Vollstreckungsfrist verstrichen sein. Daher sollten zwei Ausfertigungen beantragt werden. Mit der einen wird vollstreckt, die andere wird zugestellt.
Nach ganz h.M. beginnt die Wochenfrist nicht schon mit dem Eingang des Antrags beim zuständigen Vollstreckungsorgan, sondern erst mit erfolgtem Zugriff auf das Schuldnervermögen.1 Für eine Forderungspfändung bedeutet das, dass die Frist mit Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner zu laufen beginnt.2 Begänne die Wochenfrist bereits z.B. mit Eingang des Pfändungsantrags beim Gericht, würde das erhebliche Risiko bestehen, dass die Frist vor Erlass und Zustellung des Pfändungsbeschlusses abläuft, und der Schuldner evtl. noch Vermögen dem Zugriff des Gläubigers entziehen kann.
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II. Vollziehung des Arrests Gemäß § 928 ZPO sind auf die Vollziehung des Arrests die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, soweit sich aus den §§ 929–933 ZPO nicht etwas Abweichendes ergibt. Abweichungen ergeben sich insbesondere daraus, dass der Arrest nur der Sicherung des Gläubigers dient, nicht aber seiner Befriedigung.
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1. Vollziehung in bewegliche Sachen und Forderungen Die Vollziehung in bewegliche Sachen und Forderungen wird gemäß § 930 Abs. 1 ZPO durch Pfändung gemäß §§ 803 ff. ZPO bewirkt. Die Pfändung erfolgt nach denselben Grundsätzen wie jede andere Pfändung und begründet ein Arrestpfandrecht mit den in § 804 ZPO bestimmten Folgen. Aufgrund des Sicherungscharakters des Arrests sind die Vorschriften, die sich auf die Befriedigung des Gläubigers beziehen, nicht anwendbar. Die Pfändung körperlicher Sachen erfolgt gemäß § 808 ZPO dadurch, dass der Gerichtsvollzieher sie in seinen Besitz nimmt und verwahrt.
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Die Verwertung der gepfändeten Sachen, §§ 814 ff. ZPO, ist grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Versteigerung gepfändeter Sachen ist gemäß § 930 Abs. 3 ZPO nur möglich, wenn eine beträchtliche Wertminderung (z.B. bei verderblicher Ware) droht oder die Aufbewahrung unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Notwendig ist ein Antrag des Gläubigers oder des Schuldners an das Vollstreckungsgericht. Der Erlös ist vom Gerichtsvollzieher zu hinterlegen.
39
1 OLG Frankfurt a.M. v. 6.10.1998 – 26 W 121/98, NJW-RR 1999, 1446; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 24; Huber in Musielak, § 929 ZPO Rz. 10; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 ZPO Rz. 21. 2 Vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 6.10.1998 – 26 W 121/98, NJW-RR 1999, 1446; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 ZPO Rz. 21.
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§5
5.1 40
Rz. 40
u
Vollziehung und Vollstreckung
M 5.1
Versteigerungsantrag
An das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – ... Versteigerungsantrag gemäß § 930 ZPO In der Arrestsache . . . [Langrubrum] beantrage ich namens und in Vollmacht des Gläubigers, anzuordnen, dass die vom Gerichtsvollzieher . . . laut Pfändungsprotokoll vom . . . gepfändeten 30 t Tiefkühlfisch versteigert werden und der Erlös hinterlegt wird. Begründung: Der Gläubiger hat gegen den Schuldner den Arrestbefehl des Amtsgerichts . . . erwirkt. In Vollzug dieses Befehls hat der Gerichtsvollzieher laut anliegendem Pfändungsprotokoll am . . . 30 t Tiefkühlfisch gepfändet. Dieser Fisch hat eine angegebene Haltbarkeit von zwei Monaten und ist danach wertlos. Darüber hinaus verursacht die Aufbewahrung laut anliegender Mitteilung des Gerichtsvollziehers Kosten, die in keinem Verhältnis zum Wert stehen. Rechtsanwalt
41
Für die Pfändung einer Forderung ist das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht zuständig, § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO. Arrestgericht ist gemäß § 919 ZPO auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk der mit Arrest zu belegende Gegenstand sich befindet. Das erlaubt es, den Antrag auf Erlass des Arrests mit dem Antrag auf Pfändung der Forderung zu verbinden.1 Folgt das Gericht diesem Antrag, wird dem Gläubiger eine Ausfertigung erteilt. Er hat dann im Parteibetrieb den Gerichtsvollzieher mit Zustellung an Schuldner und Drittschuldner zu beauftragen.
42 " Praxistipp: Sollen z.B. Konten bei zwei oder mehreren Banken an verschiedenen Orten gepfändet werden (sodass verschiedene Gerichtsvollzieher für die Zustellung zuständig wären), sollte bereits im Antrag auf Erlass des Arrests unbedingt beantragt werden, eine entsprechende Anzahl von Ausfertigungen zu erteilen. 43
Die Pfändung einer Forderung hat zur Folge, dass der Drittschuldner nur noch gemeinsam an Schuldner und Arrestgläubiger zahlen darf. Beide können Hinterlegung des gepfändeten Betrages für sich verlangen und ggf. auf Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle klagen.2 Der Arrestgläubiger kann aufgrund des Siche1 Vollkommer in Zöller, § 930 ZPO Rz. 3; Grunsky in Stein/Jonas, § 930 ZPO Rz. 5. 2 Vollkommer in Zöller, § 930 ZPO Rz. 4 unter Verweis auf RGZ 36, 357.
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II. Vollziehung des Arrests
§5
Rz. 47
rungscharakters des Arrests jedoch keine Überweisung verlangen, ein Überweisungsbeschluss wäre nichtig.1 Obsiegt der Gläubiger in der Hauptsache und sind die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung aus dem Hauptsachetitel erfüllt, verwandelt sich das Arrestpfandrecht in ein Vollstreckungspfandrecht. Der Gläubiger kann dann die Verwertung des gepfändeten Vermögens betreiben, also den hinterlegten Erlös sich auszahlen lassen, gepfändete Forderungen überweisen und gepfändete Sachen versteigern lassen.
44
2. Vollziehung in Schiffe oder Schiffsbauwerke Hinsichtlich der Vollziehung in Schiffe oder Schiffsbauwerke ist danach zu unterscheiden, ob es sich um ein in das Schiffsregister bzw. Schiffsbauregister eingetragenes inländisches Schiff oder ein sonstiges inländisches Schiff oder ein ausländisches Schiff handelt.
45
Während die Vollziehung eines Arrests in Schiffsbauwerke nicht zwingend eilbedürftig ist, stellt sich die praktische Situation für die Vollziehung eines Arrests in Schiffe anders dar. Gemäß § 482 HGB ist die Vollziehung nämlich unzulässig, wenn sich das Schiff auf der Reise befindet und nicht in einem Hafen liegt. Ein Schiff liegt erst dann im Hafen, wenn es am Liegeplatz festgemacht hat. Wartet das Schiff daher z.B. auf Reede auf seinen Liegeplatz, liegt es noch nicht im Hafen.2 Insbesondere Handelsschiffe liegen heutzutage nur für wenige Stunden oder Tage im Hafen. Die Vollziehung ist daher extrem eilbedürftig. Man sollte daher in jedem Fall gemäß § 929 Abs. 3 ZPO vor Zustellung an den Schuldner vollziehen.
46
" Hinweis: Die Bundesregierung plant die komplette Überarbeitung des Seehandelsrechts.3 Die entsprechenden Vorschriften würden sich danach in §§ 930 Abs. 4, 931 Abs. 7 ZPO befinden.
a) Vollziehung in eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke Die Vollziehung des Arrestes in eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke erfolgt gemäß § 931 ZPO grundsätzlich nach den Vorschriften über die Pfändung beweglicher Sachen. Eingetragene Schiffe sind solche, die in das Schiffsregister eingetragen sind. In das Schiffsregister sind alle Seeschiffe einzutragen, die die Bundesflagge führen müssen oder dürfen und länger als 15 m sind.4 Vorbehaltlich einer abweichenden Rechtsverordnung der Länder werden die Schiffsregister von den Amtsgerichten geführt, § 1 SchRegO.
1 BGH v. 17.12.1992 – IX ZR 226/91, NJW 1993, 735 = MDR 1993, 578; Vollkommer in Zöller, § 930 ZPO Rz. 4. 2 Rabe, S. 45. 3 BT Drs 17/10309. 4 Rechtlich maßgeblich sind das FlagRG v. 8.2.1951 i.d.F. v. 26.10.1994, BGBl. I 1994, 3176 sowie die SchRegVO v. 19.12.1940 i.d.F. v. 26.5.1994, BGBl. I 1994, 433 – mit nachfolgenden Änderungen. Zu den Einzelheiten Rabe, S. 24 ff.
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§5
Rz. 48
Vollziehung und Vollstreckung
M 5.2
48
Die Vollziehung des Arrests in eingetragene Schiffe unterscheidet sich von der Zwangsvollstreckung, die gemäß §§ 864, 870a ZPO durch Eintragung einer Schiffshypothek in das Schiffsregister erfolgt. Im Rahmen des Arrestvollzugs wird das Schiff (oder Schiffsbauwerk) als bewegliche Sache behandelt und vom Gerichtsvollzieher gepfändet. Die Pfändung begründet ein Pfandrecht, das dem Arrestgläubiger im Verhältnis zu den anderen Rechten am Schiff dieselben Rechte wie eine Schiffshypothek gewährt.
49
Notwendig ist ein Pfändungsantrag des Gläubigers an das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht. Um der Eilbedürftigkeit Rechnung zu tragen, kann als Arrestgericht das Amtsgericht gewählt werden, in dessen Bezirk das Schiff liegt. Wie bei einer Forderungspfändung kann und sollte auch hier der Antrag auf Pfändung mit dem Arrestantrag verbunden werden.1 Der Gläubiger sollte ferner gleich zwei Ausfertigungen beantragen, um Pfändung und – weiterhin notwendige – Parteizustellung des Arrestbeschlusses gleichzeitig vornehmen zu können. Das Arrestgericht ordnet die Pfändung an und ersucht gleichzeitig von Amts wegen das (Schiffs-)Registergericht um Eintragung einer Vormerkung in das Schiffsregister zur Sicherung des Arrestpfandrechts, § 931 Abs. 3 ZPO. Abweichend von den üblichen Regeln der Parteizustellung stellt das Gericht dem Schuldner die Pfändungsanordnung zu, § 329 Abs. 3 ZPO, wodurch das Arrestpfandrecht entsteht.2 Eine Ausfertigung wird dem Arrestgläubiger erteilt.
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Der Gerichtsvollzieher pfändet auf Antrag des Arrestgläubigers das Schiff (oder Schiffsbauwerk) und hat es gemäß § 931 Abs. 4 ZPO in Bewachung und Verwahrung zu nehmen. Es würde zwar ausreichen, dass der Antrag an den Gerichtsvollzieher innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfolgt, allerdings dürfte die Frist in der Praxis selten ausgeschöpft werden. Der Antrag kann auch noch gestellt werden, wenn die Zwangsversteigerung des Schiffes bereits eingeleitet wurde, § 931 Abs. 5 ZPO. Um die Bearbeitung zu beschleunigen, sollte man vorab über die Gerichtsvollzieherverteilungsstelle des Amtsgerichts den zuständigen Gerichtsvollzieher ausfindig machen und ihm telefonisch die Übersendung des Antrags ankündigen.
5.2 51
u
Pfändungsantrag
An . . . [Gerichtsvollzieher/Obergerichtsvollzieher] In der Arrestsache . . . [Langrubrum] nehme ich Bezug auf das vorhin geführte Telefonat und überreiche namens und in Vollmacht des Gläubigers als Anlage
1 Grunsky in Stein/Jonas, § 931 ZPO Rz. 2; Huber in Musielak, § 931 ZPO Rz. 1. 2 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 931 ZPO Rz. 3; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 931 ZPO Rz. 5.
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M 5.2
II. Vollziehung des Arrests
§5
Rz. 54
– eine Ausfertigung des Arrestbeschlusses des Amtsgerichts . . . vom . . ., Az. . . . nebst Abschrift(en), – sowie die damit verbundene Pfändungsanordnung für das Motorschiff . . ., eingetragen in das Schiffsregister des AG . . . unter der Nr. . . . und Heimathafen . . . 1. Ich beauftrage Sie, die Pfändung vorzunehmen. Das Schiff befindet sich derzeit . . . [Liegeplatz]. Absprachegemäß zahle ich einen Kostenvorschuss in Höhe von . . . Euro durch Überweisung ein. 2. Des Weiteren beauftrage ich Sie, anschließend unverzüglich in der Frist des § 929 Abs. 3 ZPO dem Arrestschuldner Arrestbeschluss und Pfändungsanordnung zuzustellen. Beglaubigte Abschriften füge ich bei. Rechtsanwalt Das Arrestpfandrecht wird nur auf Antrag des Arrestgläubigers in das Schiffsregister eingetragen, § 931 Abs. 6 ZPO. Gegenüber gutgläubigen Dritten würde es ohne die Vormerkung wegen des öffentlichen Glaubens des Schiffsregisters daher bis zur Eintragung (bzw. bis zur Eintragung der Vormerkung) unwirksam sein.
52
b) Vollziehung in sonstige inländische oder ausländische Schiffe Die Vollziehung in nicht eingetragene oder ausländische Schiffe regelt sich gemäß § 930 ZPO nach den Regeln der Vollstreckung in bewegliche Sachen.1 Das Vollstreckungsgericht kann gemäß § 930 Abs. 3 ZPO die Versteigerung eines gepfändeten ausländischen Schiffes anordnen.2 Auf Antrag von Gläubiger oder Schuldner kann ein Schiff aber auch im freihändigen Verkauf durch den Gerichtsvollzieher verwertet werden, insbesondere wenn ein höherer Erlös zu erwarten ist.3
53
Für den Arrestvollzug in ausländische Schiffe gelten darüber hinaus die Beschränkungen des internationalen Übereinkommens zur Vereinheitlichung von Regeln über den Arrest in Seeschiffe, soweit das Schiff die Flagge eines Vertragsstaats führt.4 Insbesondere können Schiffe nur wegen einer Seeforderung mit Arrest belegt werden (vgl. Artikel 2 des Übereinkommens).5
54
1 Huber in Musielak, § 931 ZPO Rz. 1; Grunsky in Stein/Jonas, § 931 ZPO Rz. 1. 2 LG Hamburg v. 10.2.1978 – 29 T 2/78, MDR 1978, 764. Nach der geplanten Reform des Seehandelsrechts (§ 870a ZPO) wäre die Anordnung der Zwangsversteigerung unzulässig, wenn sich das Schiff auf der Reise befindet. 3 OLG Schleswig v. 24.4.1997 – 16 W 74/97, OLGR Schleswig 1997, 182. 4 Internationales Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über den Arrest in Seeschiffe v. 10.5.1952, BGBl. II 1972, 653 (655). 5 Der vollständige Text ist abgedruckt bei Rabe, S. 50.
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103
§5
Rz. 55
Vollziehung und Vollstreckung
M 5.3
3. Arresthypothek 55
Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück oder in ein Recht, für das die auf Grundstücke anwendbaren Vorschriften gelten, erfolgt gemäß § 932 ZPO durch Eintragung einer Sicherungshypothek. Die Arresthypothek wird als Höchstbetragshypothek (§ 1190 BGB) eingetragen. Anzugeben ist die im Arrestbefehl festgelegte Lösungssumme, durch deren Hinterlegung die Vollziehung des Arrests gehemmt wird (§ 923 BGB). Löschungsansprüche nach §§ 1179a und 1179b BGB stehen dem Arrestgläubiger jedoch nicht zu.
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Die Arresthypothek wird nur auf Antrag des Gläubigers eingetragen (§§ 932 Abs. 2, 867 Abs. 1 ZPO). Wichtig ist, dass der Antrag auf Eintragung der Hypothek als Vollziehung des Arrestbefehls gilt (§ 932 Abs. 3 ZPO) und somit in der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfolgen muss. Für die Fristwahrung ist es ausreichend, dass der Antrag bei dem Amtsgericht, zu dem das für die Eintragung zuständige Grundbuchamt gehört, eingeht. Die rechtzeitige Vorlegung beim Grundbuchamt selbst oder sogar dem zuständigen Beamten ist nicht erforderlich,1 sollte aber vorsorglich angestrengt werden. Der Antrag bedarf nicht der Form des § 29 GBO,2 die Arrestsumme muss jedoch über 750 Euro liegen (§§ 932 Abs. 2, 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Mit Eingang des Antrags beim Amtsgericht bzw. Grundbuchamt beginnt auch die Wochenfrist des § 929 Abs. 3 ZPO zu laufen, die vom Grundbuchamt nicht überprüft wird. Wird die Wochenfrist versäumt, ist die Eintragung wirkungslos, und der Schuldner kann die Eintragung eines Widerspruchs sowie Löschung der eingetragenen Arresthypothek beantragen (§§ 894, 899 BGB, § 22 GBO).
57 " Praxistipp: Auch hier ist es daher dringend zu empfehlen, die Erteilung von zwei Ausfertigungen des Arrestbefehls zu beantragen, um dem Schuldner über den Gerichtsvollzieher den Arrestbefehl zustellen zu lassen und parallel beim Grundbuchamt die Eintragung der Arresthypothek beantragen zu können.
5.3 58
u
Antrag auf Eintragung einer Arresthypothek
An das Amtsgericht . . . – Grundbuchamt – In der Vollstreckungssache . . . [Langrubrum] überreichen wir anliegend eine Ausfertigung des Arrestbefehls des Landgerichts . . . (Az.: . . .) vom . . . und beantragen namens und in Vollmacht des Gläubigers,
1 BGH v. 1.2.2001 – V ZB 49/00, NJW 2001, 1134 = MDR 2001, 714; Vollkommer in Zöller, § 932 ZPO Rz. 7; a.A. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 932 ZPO Rz. 8. 2 Vollkommer in Zöller, § 932 ZPO Rz. 6.
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M 5.3
II. Vollziehung des Arrests
§5
Rz. 62
auf dem Grundstück . . ., in . . ., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von . . ., Band . . ., Blatt . . ., eine Sicherungshypothek mit dem Höchstbetrag von . . . Euro einzutragen. Begründung: Durch Arrestbefehl des Landgerichts . . . vom . . . (Az.: . . .) ist wegen einer Forderung des Antragstellers in Höhe von . . . Euro nebst . . . Zinsen seit . . . der dingliche Arrest in das Vermögen des Schuldners angeordnet. Das Gericht hat die Lösungssumme auf . . . Euro festgesetzt. Der Schuldner ist als Eigentümer des Grundbesitzes . . . in . . . im Grundbuch des Amtsgerichts . . ., Band . . ., Blatt . . . eingetragen. Rechtsanwalt Die Arresthypothek entsteht erst mit Eintragung im Grundbuch, nicht schon im Zeitpunkt des Antragseingangs. Nach h.M. kommt ihr bereits eine latente Verwertungsfunktion zu, der Gläubiger kann aus ihr auf Duldung der Zwangsvollstreckung klagen.1 Der Sicherungsfunktion des Arrests widerspricht das nicht. Im Hauptsacheverfahren muss nämlich die bisher nur glaubhaft gemachte Arrestforderung bewiesen werden.
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4. Persönlicher Arrest Die Vollziehung des persönlichen Arrests ist in § 933 ZPO geregelt. Er wird durch Haft oder sonstige Arten der Beschränkung vollzogen. In Betracht kommen z.B. Hausarrest, die Verhängung einer Meldepflicht oder die Abgabe des Reisepasses. Welche Maßnahme angeordnet wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Arrestgerichts.2 Das Gericht hat die Maßnahme im Arrestbefehl genau anzuordnen und die Lösungssumme des § 923 ZPO ebenfalls mit aufzunehmen.
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Ordnet das Arrestgericht Haft an, stellt es neben dem Arrestbefehl auch einen Haftbefehl aus. Die Verhaftung regelt sich nach den §§ 901, 904–913 ZPO. Die gesetzliche Höchstdauer der Haft beträgt sechs Monate, § 913 ZPO. Diese Regelung bezieht sich jedoch nur auf die Haftverbüßung aufgrund desselben Haftbefehls. Bei einer Mehrheit von Schuldtiteln kommt dagegen wegen eines jeden Schuldtitels die Haft von sechs Monaten in Betracht, wobei die Fristen nicht gleichzeitig ablaufen müssen.3
61
5. Aufhebung der Vollziehung Ein Arrestbefehl legt den Geldbetrag fest, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrests gehemmt wird, § 923 ZPO. Wenn der Schuldner diesen Geldbetrag hinterlegt, hebt das Vollstreckungsgericht den Arrestvollzug (nicht 1 BGH v. 15.4.1997 – IX ZR 112/96, NJW 1997, 3233 = MDR 1997, 778; Vollkommer in Zöller, § 932 ZPO Rz. 1. 2 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 933 ZPO Rz. 2. 3 OLG Celle v. 19.3.1999 – 4 W 33/99 = OLGR Celle 1999, 212.
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105
62
§5
Rz. 63
Vollziehung und Vollstreckung
M 5.4
den Arrest selbst) gemäß § 934 Abs. 1 ZPO auf. Streitig ist, ob für die Aufhebung ein Antrag des Schuldners (der Gläubiger kann jederzeit auf seine Rechte verzichten) erforderlich ist.1 Der Antrag sollte vorsorglich gestellt werden. 63
5.4 64
Zuständiges Gericht für die Aufhebung ist bei einer Forderungspfändung das Arrestgericht (§ 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO), bei der Pfändung von Sachen, Schiffen, der Eintragung einer Arresthypothek oder einem persönlichen Arrest das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Maßnahme stattgefunden hat, als Vollstreckungsgericht (§ 764 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung wird durch den Rechtspfleger getroffen (§ 20 Nr. 15 RPflG), Rechtsmittel ist daher gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 RPflG, § 567 ZPO die sofortige Beschwerde.
u
Aufhebungsantrag
An das Amtsgericht . . . Az.: . . . In der Arrestsache . . . [Kurzrubrum] wird beantragt, die in Vollziehung des Arrestbefehls des Amtsgerichts . . . vom . . . vorgenommene Pfändung des/der . . . aufzuheben. Begründung: Ausweislich des anliegenden Nachweises hat die Schuldnerin die im Arrestbefehl festgelegte Lösungssumme in Höhe von . . . Euro am . . . beim Amtsgericht . . . hinterlegt. Rechtsanwalt
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Das Vollstreckungsgericht kann die Aufhebung der Vollstreckung auch anordnen, wenn der Gläubiger den notwendigen Kostenvorschuss, z.B. für eine Lagerung oder Bewachung der Güter, nicht gezahlt hat, § 934 Abs. 2 ZPO. Darüber hinaus steht dem Schuldner die Möglichkeit offen, gemäß § 766 ZPO Vollstreckungserinnerung einzulegen. Diese Möglichkeit ist insbesondere für den Fall relevant, dass der Gläubiger die einmonatige Vollziehungsfrist versäumt hat.
1 Dafür Reicholdt in Thomas/Putzo, § 934 ZPO Rz. 2; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 934 ZPO Rz. 4; dagegen Vollkommer in Zöller, § 934 ZPO Rz. 1.
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Happ
M 5.5
III. Vollziehung der einstweiligen Verfügung
§5
Rz. 69
III. Vollziehung der einstweiligen Verfügung Welche Maßnahmen ein Gläubiger zur Vollziehung einer einstweiligen Verfügung treffen muss, richtet sich nach dem Inhalt der einstweiligen Verfügung. Alle für die Vollziehung notwendigen Maßnahmen müssen jedenfalls innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO zumindest beantragt worden sein. Im Folgenden soll kurz die Vollziehung der wichtigsten Arten einstweiliger Verfügungen erläutert werden.
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1. Unterlassungsverfügung Den Regelfall in der Praxis bildet die Unterlassungsverfügung. Wie oben dargelegt (s. Rz. 30), genügt es für die Wahrung der Vollziehungsfrist, die Unterlassungsverfügung mit einer Ordnungsmittelandrohung zuzustellen (zumindest muss die Ordnungsmittelandrohung, falls separat, innerhalb der Vollziehungsfrist zugestellt werden). Die Verfügung ist damit vollzogen. Verstößt der Schuldner gegen das darin ausgesprochene Verbot, kann der Gläubiger gemäß § 890 ZPO die Verhängung eines angemessenen Ordnungsgeldes beantragen. Ist die Unterlassungsverfügung durch Urteil erlassen, ist das Unterlassungsgebot aber schon ab Verkündung und nicht erst ab Zustellung wirksam.1
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" Wichtig: Im Ordnungsmittelverfahren ist eine Glaubhaftmachung nicht 68 ausreichend. Der Antragsteller muss den vollen Beweis dafür erbringen, dass der Antragsgegner gegen die Unterlassungsverfügung verstoßen hat.2
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Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes An das
5.5 69
Landgericht . . . Antrag auf Festsetzung eines angemessenen Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO In der Zwangsvollstreckungssache . . . [Langrubrum] wegen: Zuwiderhandlung gegen eine einstweilige Verfügung Namens und in Vollmacht des Gläubigers beantragen wir gegen die Schuldnerin wegen Verstoßes gegen das Verbot,. . . [genaue Angabe des Verbots] ein Ordnungsgeld in empfindlicher Höhe und – für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann – Ordnungshaft festzusetzen. Ferner beantragen wir ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden und der Schuldnerin eine Frist zur Stellungnahme von nicht mehr als zehn Tagen zu setzen. 1 BGH v. 22.1.2009 – I ZB 115/07, MDR 2009, 1072. 2 KG v. 16.1.2004 – 18 WF 414/03, FPR 2004, 267; LG Landau in der Pfalz v. 4.4.2001 – 1 T 108/01, NJW-RR 2002, 214.
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107
§5
Rz. 70
Vollziehung und Vollstreckung
M 5.5
Begründung: 1. Nach der durch das angerufene Gericht erlassenen einstweiligen Verfügung vom . . ., Az.: . . ., ist es der Schuldnerin unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verboten worden, . . .. Diese Verfügung wurde ihr am . . . zugestellt. Beweis: beigefügte Ausfertigung des Beschlusses vom . . . nebst Zustellungsnachweis (Anlage G 1) 2. Nach der Zustellung der einstweiligen Verfügung hat die Schuldnerin gegen das Verbot verstoßen. . . . [genaue Schilderung des Verstoßes]. Beweis: Zeugnis des . . . zu laden über: . . . 3. Wegen dieser offensichtlichen Missachtung der einstweiligen Verfügung vom . . . und der noch andauernden Beeinträchtigung der Rechte des Gläubigers ist die Schuldnerin durch ein empfindliches Ordnungsgeld zur Einhaltung des gerichtlichen Verbots zu zwingen. Die Höhe sollte . . . nicht unterschreiten. Wir bitten um baldige Rücksendung der beigefügten Vollstreckungsunterlagen. Rechtsanwalt
2. Vornahme von Handlungen 70
Richtet sich die Verfügung auf die Vornahme von Handlungen, hängt die Vollstreckung davon ab, ob es sich um die Herausgabe von Sachen oder die Vornahme vertretbarer oder unvertretbarer Handlungen handelt.
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Die Herausgabe von Sachen richtet sich nach §§ 883–886 ZPO. Da die Verpflichtung zur Herausgabe in der Regel im Rahmen einer Sicherungsverfügung erfolgt, verbleibt die Sache nach Herausgabe beim Gerichtsvollzieher.1 Bei vertretbaren Handlungen wird die Verfügung durch Ersatzvornahme gemäß § 887 ZPO vollstreckt, bei unvertretbaren Handlungen gemäß § 888 ZPO durch Verhängung von Zwangsgeld bzw. Zwangshaft.
3. Auf Geld gerichtete Leistungsverfügung 72
Ist eine Leistungsverfügung auf die Zahlung von Geld gerichtet, erfolgt die Vollstreckung gemäß §§ 936, 928 ZPO grundsätzlich nach den Regeln des Arrestvollzugs und damit nach § 930 ZPO. Im Gegensatz zu einem Arrest, der nur Sicherungscharakter hat, hat die auf Geld gerichtete Leistungsverfügung auch Befriedigungscharakter. Der Gläubiger kann daher nicht nur Pfändung, sondern auch Verwertung und somit gleich Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen.2
1 Heiderhoff in Berger, Kap. 9 Rz. 64. 2 Huber in Musielak, § 936 ZPO Rz. 7.
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III. Vollziehung der einstweiligen Verfügung
§5
Rz. 75
4. Rechtsbehelfe gegen die Vollziehung § 934 ZPO ist nicht auf den Vollzug einer einstweiligen Verfügung anwendbar. § 939 ZPO stellt klar, dass die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung nur unter besonderen Umständen gestattet werden kann. Das ist u.a. der Fall, wenn die einstweilige Verfügung selbst nur eine Geldforderung sichern soll, z.B. bei einer Verfügung auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek.1 Ein selbständiges Antragsverfahren ist nicht vorgesehen, die Entscheidung ergeht auf erhobenen Widerspruch oder aufgrund einer Entscheidung nach § 927 ZPO.2
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Im Rahmen eines Widerspruchs ist es gemäß § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO möglich, einen Antrag gemäß § 707 ZPO auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung zu stellen. Das Gericht kann auf Antrag anordnen, dass
74
– die Vollziehung ohne Sicherheitsleistung eingestellt wird; – die Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung (des Schuldners) eingestellt wird, oder – die Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung (des Gläubigers) stattfinden darf. Das Gericht kann eine Einstellung anordnen, hat also Ermessen. Das Gericht muss die Parteiinteressen abwägen und die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass der Widerspruch überwiegende Aussicht auf Erfolg hat.3 Die Auswirkungen der Zwangsvollstreckung auf den Schuldner können keine Einstellung begründen, weil sie zwangsläufige Folge der vom Gesetz bereits vorgesehenen Vollziehung sind.4 Die in § 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO aufgeführten engen Grenzen einer Einstellung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung gelten zwar gemäß § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren. Dennoch wird eine Einstellung ohne Sicherheitsleistung nur in wenigen Fällen in Betracht kommen.5 Würde bei einer Unterlassungsverfügung die Einstellung faktisch zum Verlust des Rechts führen, scheidet eine Einstellung aus.6 Der Beschluss über die einstweilige Einstellung der Vollziehung ist unanfechtbar, § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Das Gericht kann den Beschluss jedoch im Wege der Selbstkontrolle abändern, sodass eine Beschwerde als Änderungsantrag zu deuten ist.7
1 2 3 4 5 6
Huber in Musielak, § 939 ZPO Rz. 2; Grunsky in Stein/Jonas, § 939 ZPO Rz. 1. Huber in Musielak, § 939 ZPO Rz. 3. Vgl. Lackmann in Musielak, § 707 ZPO Rz. 7. Vgl. Herget in Zöller, § 707 ZPO Rz. 13. BGH v. 21.5.1997 – I ZB 7/97, NJW-RR 1997, 1155. OLG Saarbrücken v. 19.4.2006 – 1 U 86/06, Magazindienst 2006, 944; vgl. Vollkommer in Zöller, § 924 ZPO Rz. 13. 7 Herget in Zöller, § 707 ZPO Rz. 22.
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§6 Selbständiges Beweisverfahren Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . II. Antrag und Verfahren 1. Antragsbefugnis . . . . . . . . . . 2. Prozessuale und materielle Wirkung eines Antrags . . . . . . . . 3. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . 4. Zuständiges Gericht . . . . . . . 5. Inhalt des Antrags . . . . . . . . 6. Rechtsschutzbedürfnis bei Schiedsgutachten/Schiedsverfahren? . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Gegenanträge . . . . . . . . . . . 8. Entscheidung des Gerichts . . . 9. Streitverkündung . . . . . . . . .
1 5 6 11 15 18
29 31 33 37
10. Beendigung . . . . . . . . . . . .
41a
III. Durchführung der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erstellung des Gutachtens durch den Sachverständigen . . . . . . 2. Ablehnung des Gutachters wegen Befangenheit . . . . . . . . . . . . 3. Erläuterung und Erörterung des Gutachtens . . . . . . . . . . . . IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Streitwertfestsetzung . . . . . . 2. Kostenerstattung im nachfolgenden Hauptsacheverfahren . . . . 3. Kostenerstattung im selbständigen Beweisverfahren . . . . . . .
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Literatur: Berg/Vogelheim/Wittler, Bau- und Architektenrecht, 2006; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008; Sturmberg, Die Beweissicherung, 2006; Weise, Selbstständiges Beweisverfahren im Baurecht, 2002; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl. 2011.
I. Einleitung Streng genommen gehört das selbständige Beweisverfahren gemäß §§ 485 ff. ZPO nicht zum einstweiligen Rechtsschutz. Erstens handelt es sich nicht um ein Rechtsschutzverfahren. Das Gericht erlässt keine Verfügung, die Rechte und Pflichten der Verfahrensparteien regelt, sondern lässt nur einen tatsächlichen Zustand feststellen. Zweitens handelt es sich nicht um ein einstweiliges Verfahren. Gemäß § 493 ZPO steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich. Es handelt sich somit um eine endgültige Tatsachenfeststellung.
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Dennoch erscheint es angebracht, das selbständige Beweisverfahren in diesem Buch zu behandeln. Voraussetzung für das Verfahren ist nämlich, sofern der Gegner nicht zustimmt (was selten der Fall sein wird), dass der Verlust eines Beweismittels zu befürchten ist. In diesem ähnelt das selbständige Beweisverfahren dem einstweiligen Rechtsschutz, der mit dem Verfügungs-/Arrestgrund auch drohende Nachteile für den Antragsteller verlangt (z.B. endgültigen Rechtsverlust). Darüber hinaus wird im Regelfall ein selbständiges Beweisverfahren beantragt werden, wenn noch kein Hauptsacheverfahren anhängig ist (§ 485 Abs. 1 Alt. 2 ZPO), um eine raschere Beweisaufnahme als im Hauptver-
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fahren zu erreichen. Es ist dieser Fall, der nachfolgend hauptsächlich dargestellt wird. 3
Regelmäßig wird ein selbständiges Beweisverfahren aber wesentlich länger dauern als ein einstweiliges Verfügungs- oder Arrestverfahren. Selbst wenn das zuständige Gericht bereit sein sollte, den Antrag sofort zu erlassen, werden sich nur wenige qualifizierte Gutachter finden, die „auf Zuruf“ sofort mit der Begutachtung beginnen können. Zeiträume von mehreren Tagen bis Wochen zwischen dem Antrag und der tatsächlichen Begutachtung sind keine Seltenheit. Darüber hinaus wird das Gericht dem Antragsgegner, jedenfalls im Fall des § 485 Abs. 2 ZPO, vor Beschlussfassung regelmäßig rechtliches Gehör einräumen. Durch Befangenheitsanträge gegen den Gutachter kann der Antragsgegner diesen Zeitraum auch noch verzögern.
4 " Praxistipp: Ist Eile angesagt, muss man als Anwalt daher sorgfältig abwägen, ob man anstelle eines selbständigen Beweisverfahrens ein Schiedsgutachten oder ein Privatgutachten erstellen lassen sollte.1 Die Erstellung eines Schiedsgutachtens setzt das Einverständnis des Gegners voraus und wird daher nur infrage kommen, wenn es in einem Vertrag bereits vorgesehen wurde. Ein Privatgutachten hat zwar nur eine geringe Bindungswirkung und der Gutachter kann nur als sachverständiger Zeuge gehört werden, jedoch wird das Privatgutachten regelmäßig rasch erstellt werden.
II. Antrag und Verfahren 1. Antragsbefugnis 5
Jede natürliche und juristische Person kann einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens stellen. Auch baurechtliche Arbeitsgemeinschaften (ARGE) und Wohnungseigentümergemeinschaften2 sind antragsbefugt, da sie zumindest teilrechtsfähig sind.3
2. Prozessuale und materielle Wirkung eines Antrags 6
Der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens führt nicht dazu, dass der dem Antrag zugrunde liegende (möglicherweise existierende) Mängelgewährleistungsanspruch rechtshängig wird. Mit Zustellung des Antrags an den Antragsgegner wird jedoch gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB die Verjährung gehemmt. Voraussetzung ist, dass sich das Verfahren gegen den Schuldner richtet und die Tatsachenbehauptung, die Gegenstand des Verfahrens ist, für die Entscheidung über den Anspruch von Bedeutung ist.4 Die durch Zustellung erfolgte Verjährungshemmung wirkt jedoch gemäß § 167 Abs. 1 ZPO auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht zurück, sofern die Zustel1 2 3 4
Ausführlich dazu Weise, S. 6–14; Koeble in Kniffka/Koeble, 2. Teil Rz. 1. BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061. v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1911, 1912. Ellenberger in Palandt, § 204 BGB Rz. 22.
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II. Antrag und Verfahren
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lung anschließend „demnächst“ erfolgte. Das setzt voraus, dass der Antragsteller die Zustellung nicht schuldhaft mehr als 14 Tage verzögert hat. Er darf zwar die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses abwarten, jedoch sollte der Anwalt von sich aus aktiv werden und z.B. telefonisch nach Kontoverbindung und Aktenzeichen fragen, um den Vorschuss umgehend einzahlen zu können. Eines der wichtigsten Ziele des selbständigen Beweisverfahrens ist die prozessuale Verwertbarkeit der Ergebnisse in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren. § 493 Abs. 1 ZPO regelt, dass das grundsätzlich möglich ist und dass die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleichsteht. Ein Sachverständigengutachten gilt nicht nur als Urkundsbeweis, sondern als voller Sachverständigenbeweis. War der Gegner in einem Termin im selbständigen Verfahren nicht erschienen, kann das Ergebnis gemäß § 493 Abs. 2 ZPO jedoch nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.
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" Wichtig: Ein Verstoß gegen § 493 Abs. 2 ZPO führt nicht zu einem absolu- 8 ten Verwertungsverbot. Das Gutachten kann immer noch im Wege des Urkundsbeweises eingeführt werden, sofern kein unmittelbarer Beweis zur Verfügung steht.1 Im Urkundenprozess ist dagegen sorgfältig zu prüfen, ob für die zu beweisende Tatsache ein unmittelbarer Beweis zur Verfügung steht. Dieser wäre dann vorrangig und eine auf das Gutachten gestützte Beweisführung im Urkundenprozess unzulässig. Das gilt auch, wenn mit dem Gutachten (Urkunde) ein im Urkundenprozess nicht zulässiger Sachverständigenbeweis ersetzt werden soll.2
Darüber hinaus muss zwischen den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens und des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens Parteiidentität bestehen. Ob der Kläger im selbständigen Verfahren Antragsgegner oder Antragsteller war, ist unerheblich.3 Sind mehrere Parteien auf Kläger- oder Beklagtenseite, ist das Beweisergebnis auch nur zwischen denen verwertbar, die Parteien des selbständigen Beweisverfahrens waren.4 Eine nur äußerlich unrichtige Parteibezeichnung ist unschädlich, wenn die richtige Partei erkennbar ist.5 Keine Voraussetzung für die Verwertbarkeit ist, dass das Beweisverfahren überhaupt zulässig oder das Gericht zuständig war.6 Zu einem Verwertungsverbot führen nur gravierende Fehler, z.B. die Unzulässigkeit des Beweismittels oder Fehler bei der Beweisaufnahme.7 Solche Rügen sollten so früh wie möglich erhoben werden, um den Verlust des Rügerechts gemäß § 295 ZPO zu verhindern.
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Das selbständige Beweisverfahren hindert das Gericht nicht, weiterführende oder ergänzende Beweiserhebungen durchzuführen. Im Anschluss an ein selbständiges Beweisverfahren ist eine weitere Beweisaufnahme nicht nur dann durchzuführen, wenn im selbständigen Beweisverfahren Verfahrensfehler un-
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Herget in Zöller, § 493 ZPO Rz. 5. BGH v. 18.9.2007 – XI ZR 211/06, NJW 2008, 523. Weise, Rz. 638. BGH v. 10.7.2003 – VII ZB 32/02, MDR 2003, 1306 = NJW 2003, 3057. OLG Naumburg v. 13.12.2006 – 6 U 74/06, OLGR Naumburg 2007, 598. Pastor in Werner/Pastor, Rz. 118–119; Herget in Zöller, § 493 ZPO Rz. 3. Weise, Rz. 656–658; Herget in Zöller, § 493 ZPO Rz. 3.
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Selbständiges Beweisverfahren
terlaufen sind. Vielmehr kommt eine weitere Beweisaufnahme auch dann in Betracht, wenn das Sachverständigengutachten sachlich ergänzungsbedürftig erscheint. Eine solche Ergänzungsbedürftigkeit kann sich z.B. aus den abweichenden Feststellungen in einem Privatgutachten ergeben.1
3. Zulässigkeit 11
Das selbständige Beweisverfahren unterliegt den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen für gerichtliche Verfahren. Die speziellen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in § 485 ZPO geregelt. Die Regelungen der Beweissicherung und damit auch des selbstständigen Beweisverfahrens sind auch in arbeitsgerichtlichen Verfahren anwendbar.2 Die ZPO kennt im Wesentlichen zwei Arten des selbständigen Beweisverfahrens.
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Gemäß § 485 Abs. 1 ZPO kann während oder außerhalb eines Streitverfahrens die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch Sachverständige angeordnet werden, wenn entweder der Gegner zustimmt oder zu besorgen (befürchten) ist, dass das Beweismittel verlorengeht oder seine Benutzung erschwert wird. Die Zustimmung des Gegners ist in der Praxis nur selten zu erreichen. Die erschwerte Benutzung eines Beweismittels liegt z.B. vor, wenn ein Zeuge für längere Zeit verreist. Wichtigster Fall ist jedoch, dass Beweismittel verlorengehen, weil z.B. ein Zeuge sehr alt ist,3 Lebensmittel verderben oder der Antragsteller selbst durch Fortschritt der Bauarbeiten eine spätere Begutachtung unmöglich macht. Maßgeblich ist in solchen Fällen, ob es dem Antragsteller zumutbar wäre, das Beweismittel zu erhalten. Das ist dann der Fall, wenn sich der Antrag auf Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens als Rechtsmissbrauch darstellt, z.B. wenn Mängel bereits länger bekannt sind und erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist gerügt werden. Muss der Antragsteller jedoch zum Beispiel Mängel beseitigen, um die Arbeit mit anderen Gewerken weiterzuführen, führt das nicht zur Unzulässigkeit des Antrags.4
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Regelverfahren in der Praxis ist das selbständige Beweisverfahren bei noch nicht anhängigem Rechtsstreit, § 485 Abs. 2 ZPO. Eine Partei kann die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass (1) der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache (§ 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), (2) die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels (§ 485 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), (3) der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels (§ 485 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) 1 OLG Hamburg v. 27.2.2002 – 14 U 157/99, OLGR Hamburg 2002, 481; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 121. 2 BAG v. 30.9.2008 – 3 AZB 47/08, NJOZ 2009, 281 (284). 3 OLG Nürnberg v. 26.2.1997 – 10 WF 275–97, NJW-RR 1998, 575 = MDR 1997, 594. 4 Pastor in Werner/Pastor, Rz. 15; Weise, Rz. 203–207.
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II. Antrag und Verfahren
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festgestellt wird. Das rechtliche Interesse ist gemäß § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellungen der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen können.1 Die Gerichte legen den Begriff des „rechtlichen Interesses“ weit aus. Ein rechtliches Interesse liegt schon dann vor, wenn der Zustand der Sache die Grundlage eines Anspruchs des Antragstellers bilden kann oder die Verjährung droht.2 Irrelevant für das rechtliche Interesse ist, ob die Beweisermittlungsanträge für einen späteren Prozess erheblich sein können, die Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens sind nicht zu prüfen.3 Ein rechtliches Interesse kann daher nur verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann.4 Daher ist ein selbstständiges Beweisverfahren mangels rechtlichem Interesse gemäß § 485 Abs. 3 ZPO unzulässig, wenn über den gleichen Beweisgegenstand gegen den gleichen Antragsgegner bereits eine Begutachtung vor einem Gericht beantragt wurde. Dies gilt in entsprechender Anwendung der §§ 265, 325 i.V.m. § 485 Abs. 3 ZPO auch für den Zessionar, wenn der Zedent vor Abtretung der Forderung ein selbstständiges Beweisverfahren zu den anspruchsbegründenden Tatsachen eingeleitet hat.5 Der Zessionar kann jedoch ein selbständiges Beweisverfahren zu Tatsachen einleiten, die nicht Gegenstand des vom Zedenten eingeleiteten Verfahrens sind, selbst wenn der Zessionar an diesem als Nebenintervenient beteiligt ist.6
" Praxistipp: Regelmäßig dürfte es ausreichen, vorzutragen, dass das Verfah- 14 ren der Vermeidung eines Rechtsstreits dient, weil das Ergebnis zu einer gütlichen Einigung führen kann. Die Einigungsbereitschaft des Gegners muss jedoch nicht glaubhaft gemacht werden, da sie gerade erst aus dem Ergebnis des Verfahrens folgen kann. Das Gesetz verlangt nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Streitschlichtung.
4. Zuständiges Gericht Welches Gericht zuständig ist, hängt davon ab, welche Alternative des selbständigen Beweisverfahrens gewählt wird. Ist bereits ein Rechtsstreit anhängig, ist der Antrag beim Prozessgericht zu stellen (§ 486 Abs. 1 ZPO), ansonsten bei dem Gericht, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre (§ 486 Abs. 2 ZPO). Der Antragsteller hat die Tatsachen, aus denen sich die örtliche und sachliche (Streitwert) Zuständigkeit ergibt, glaubhaft zu machen, vgl. § 487 Nr. 4 ZPO. Fehlt jedoch, z.B. wegen einer 1 BAG v. 30.9.2008 – 3 AZB 47/08, NJOZ 2009, 281 (285). 2 Herget in Zöller, § 485 ZPO Rz. 7a; Weise, Rz. 215–226. 3 BGH v. 27.10.2011 – VII ZB 126/09, NJW-RR 2012, 224 (225); OLG Thüringen v. 10.6.2005 – 4 W 273/05, OLG-NL 2005, 209; BGH v. 16.9.2004 – III ZB 33/04, NJW 2004, 3488 = MDR 2005, 162; OLG Celle v. 20.4.2004 – 5 W 13/04, BauR 2004, 1659 (1660). 4 BGH v. 16.9.2004 – III ZB 33/04, NJW 2004, 3488 = MDR 2005, 162; OLG Köln, NJW-RR 1996, 573, 574; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 1725 (1726); Herget in Zöller, § 485 ZPO Rz. 7a. 5 BGH v. 27.10.2011 – VII ZB 126/09, NJW-RR 2012, 224. 6 BGH v. 27.10.2011 – VII ZB 126/09, NJW-RR 2012, 224 (225).
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Parteivereinbarung, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, dann sind deutsche Gerichte evtl. selbst dann nicht für ein selbstständiges Beweisverfahren zuständig, wenn der Ort der Sache in Deutschland liegt.1 16 " Wichtig: Auch zum Wert der Ansprüche ist vorzutragen, damit die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts/Landgerichts ermittelt werden kann. Auf eine Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherungen oder Urkunden, z.B. mittels Gutachten oder Kostenvoranschlag, kann unter Umständen verzichtet werden, wenn der Vortrag ausreichend ist.2 17
In Fällen dringender Gefahr eröffnet § 486 Abs. 3 ZPO eine Sonderzuständigkeit des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die zu vernehmende oder zu begutachtende Person sich aufhält oder die in Augenschein zu nehmende oder zu begutachtende Sache sich befindet. Diese Sonderzuständigkeit gilt nur für Verfahren gemäß § 485 Abs. 1 Alt. 2 ZPO3 und kommt z.B. in Betracht, wenn ein Zeuge schwer krank ist oder Lebensmittel zu verderben drohen. Die zugrunde liegenden Tatsachen sind auch hier glaubhaft zu machen. In Bausachen dürfte ein solcher Notfall so gut wie nie glaubhaft zu machen sein.4
5. Inhalt des Antrags 18
Gemäß § 487 ZPO muss der Antrag bestimmten Anforderungen genügen: Der Gegner muss so genau wie möglich bezeichnet werden. Nach Möglichkeit sollten alle gemäß § 130 Nr. 1 ZPO notwendigen Angaben enthalten sein. Es ist auch möglich, den Antrag gegen eine Vielzahl von Beteiligten zu stellen. Der Mandant ist jedoch darauf hinzuweisen, dass er unter Umständen gemäß § 494a ZPO mit Kostenerstattungsanträgen der Beteiligten zu rechnen hat, die nicht durch den Sachverständigen als Verursacher von Mängeln identifiziert werden.5
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Ist Antragsgegner eine GbR, gebietet es die anwaltliche Sorgfalt, auch sämtliche Gesellschafter der GbR miteinzubeziehen, wenn im Hauptsacheverfahren Haftungsansprüche gegen die Gesellschafter möglicherweise geltend gemacht werden sollen. Ist es dem Antragsteller ohne sein Verschulden nicht möglich, einen Gegner zu benennen, kann der Antrag auch gegen unbekannt gestellt werden. Ein solcher Antrag hemmt jedoch nicht die Verjährung.6
20 " Wichtig: Um einen Antrag gegen einen unbekannten Antragsgegner einzureichen, reicht es nicht aus, dass nur nicht bekannt ist, wer von mehreren 1 Das OLG Düsseldorf sah dies beispielsweise in einem Fall als gegeben an, in dem die Parteien in einer Schiedsabrede sowohl die Anwendbarkeit koreanischen Rechts als auch die Zuständigkeit der koreanischen Schlichtungsstelle für Handelsfragen vereinbart hatten, OLG Düsseldorf v. 16.1.2001 – 22 W 2/01, NJW-RR 2001, 1725 (1726). 2 Koeble in Kniffka/Koeble, 2. Teil Rz. 66. Nach Herget in Zöller, § 486 ZPO Rz. 4, ist der Wert vom Gericht gemäß § 3 ZPO zu schätzen. 3 Herget in Zöller, § 486 ZPO Rz. 5. 4 Pastor in Werner/Pastor, Rz. 73; vgl. Weise, Rz. 98–103. 5 Vgl. Koeble in Kniffka/Koeble, 2. Teil Rz. 99; v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1915. 6 BGH v. 13.3.1980 – VII ZR 80/79, NJW 1980, 1458.
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II. Antrag und Verfahren
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Baubeteiligten in Betracht kommt. In so einem Fall wäre der Antrag gegen alle in Betracht kommenden Beteiligten zu stellen.1 Vielmehr muss der Antragsgegner tatsächlich unbekannt sein. Des Weiteren muss der Antrag die Tatsachen bezeichnen, über die Beweis erhoben werden soll. Das selbständige Beweisverfahren nimmt die Beweiserhebung im Hauptverfahren vorweg, sodass ein Ausforschungsbeweis unzulässig ist.2 Da der Antragsteller aber üblicherweise vor dem Sachverständigengutachten keine genauen Angaben über den Grund für mögliche Mängel machen kann, stellen Gerichte keine hohen Anforderungen an die Substanziierung, es genügt die Angabe der Beweistatsachen in „groben Zügen“.3 Jedenfalls im Gewährleistungsrecht und soweit es um die Ursache eines Sachmangels geht, genügt es, wenn der Antragsteller die Anforderungen der Symptomtheorie erfüllt, indem er die Mangelerscheinungen schildert, ohne sich hinsichtlich der Ursachen festzulegen.4
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" Wichtig: Die Konkretisierung der Tatsachen ist auch notwendig, um die 22 Verjährung zu hemmen.
Ein Sachverständiger kann nicht feststellen, ob ein „Mangel“ vorliegt. Dabei handelt es sich um eine rechtliche Wertung, die nur vom Gericht vorgenommen werden kann. Ein Sachverständiger kann nur feststellen, ob Leistungen z.B. vom Stand der Technik, der Baukunst oder dem vertraglich geschuldeten etc. abweichen.
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" Praxistipp: Nach Möglichkeit sollte man versuchen, die Tatsachenbehaup- 24 tungen nicht in Form einer Frage zu fassen.5 Dies vermindert die Gefahr, dass die Beweisthemen als versuchter Ausforschungsbeweis (z.B.: „Weichen die Bauleistungen vom Stand der Technik ab?“) abgelehnt werden.
Die Tatsachen müssen sich auf die gemäß § 485 Abs. 1 bzw. § 485 Abs. 2 ZPO zulässigen Beweisthemen beziehen, sich also z.B. auf den Zustand einer Person oder die Ursache eines Sachschadens sowie den Aufwand für die Beseitigung beziehen.6 Der Zustand einer Sache nach § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfasst z.B. auch ihre innere Beschaffenheit und erlaubt eine Untersuchung der Sache durch den Sachverständigen.7 Geht es darum, die Ursachen eines Schadens oder Sachmangels festzustellen, darf der Sachverständige z.B. auch feststellen, welche Personen – auch in welchem Umfang – schadensursächlich waren.8
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BGH v. 13.3.1980 – VII ZR 80/79, NJW 1980, 1458; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 44. BAG v. 30.9.2008 – 3 AZB 47/08, NJOZ 2009, 281 (286). Ausführlich OLG Thüringen v. 10.6.2005 – 4 W 273/05, OLG-NL 2005, 209. Koeble in Kniffka/Koeble, 2. Teil Rz. 109; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 54; v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1896; Herget in Zöller, § 487 ZPO Rz. 4. Weise, Rz. 157–158, der die Zulässigkeit aber zumindest für die Feststellung der Ursache eines Mangels als möglich und zulässig ansieht. Anzumerken ist, dass in der Praxis jedoch fast immer Fragen gestellt werden. OLG München v. 9.2.2006 – 1 W 805/06, juris. Huber in Musielak, § 485 ZPO Rz. 12. Herget in Zöller, § 485 ZPO Rz. 9; v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1895.
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Darüber hinaus muss der Antragsteller die Beweismittel angeben. Handelt es sich um ein Verfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO, ist also anzugeben, dass ein schriftliches Sachverständigengutachten über die Behauptungen des Antragstellers eingeholt werden soll. Der Sachverständige wird vom Gericht ernannt, § 404 ZPO.
27 " Wichtig: Es ist wenig ratsam, dem Gericht einen Sachverständigen vorzuschlagen.1 Dies dürfte nur dazu führen, dass der Antragsgegner einen Befangenheitsantrag stellt. Selbst wenn dieser unbegründet ist (was meistens der Fall sein dürfte), führt der Antrag zu einer unnötigen Verzögerung. Allenfalls sollte man auf Verzeichnisse kompetenter Sachverständiger (z.B. von IHK) hinweisen oder dem Gericht anbieten, einen Vorschlag zu unterbreiten. 28
Letztlich sind die Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen, glaubhaft zu machen. Dazu gehören insbesondere das rechtliche Interesse sowie die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts. Zur Glaubhaftmachung kann sich der Antragsteller aller Beweismittel einschließlich eidesstattlicher Versicherungen bedienen. Unstreitiges braucht jedoch nicht glaubhaft gemacht zu werden.
6. Rechtsschutzbedürfnis bei Schiedsgutachten/Schiedsverfahren? 29
Eine Schiedsvereinbarung im Hauptvertrag führt nach h.M. nicht zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für ein selbständiges Beweisverfahren.2 Umstritten ist dies für eine Schiedsgutachtenvereinbarung. Für den Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses wird angeführt, dass das Ergebnis in einem nachfolgenden Verfahren nicht verwertbar sei.3 Da dies aber gerade keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens ist, bleibt dieser auch bei Vorliegen einer Schiedsgutachterklausel zulässig.4 Ist die Schiedsgutachtenvereinbarung in AGB enthalten, ist zudem zu bedenken, dass diese gemäß § 307 BGB unwirksam sein kann, wenn wegen der Bedeutung der Beweissicherung für das Hauptsacheverfahren mit dem Ausschluss des staatlichen Verfahrens zur Beweissicherung erhebliche Risiken verbunden sind.5 1 Anders Koeble in Kniffka/Koeble, 2. Teil Rz. 114. 2 OLG Hamm v. 15.12.2004 – 17 W 43/04, BauR 2005, 1360; OLG Frankfurt v. 5.5.1993 – 19 W 8/93, BauR 1993, 504; einschränkend (bis zur Konstitution des Schiedsgerichts) OLG Koblenz v. 15.7.1998 – 5 W 464/98, MDR 1999, 502 = BauR 1999, 1055; v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1902. A.A. OLG Bremen v. 30.3.2009 – 1 W 10/09, NJW-RR 2009, 1294. Unklar in diesem Zusammenhang OLG Düsseldorf v. 7.2.2008 – 20 W 152/07, IPRax 2010, 442. 3 OLG Düsseldorf v. 28.4.1998 – 23 W 25/98, BauR 1998, 1111; differenzierend OLG Brandenburg v. 19.4.2002 – 7 W 16/02, NJW-RR 2002, 1537 (jedenfalls bei Streit über die Wirksamkeit der Schiedsgutachterklausel zulässig). 4 v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1904; OLG Köln v. 19.10.1998 – 20 W 48/98, IBR 1999, 289. 5 So bspw. bei AGBs zu einem Bauvertrag über die Errichtung eines Hauses, OLG Köln v. 24.4.2008 – 15 W 15/08, NJW-RR 2009, 159 (160).
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Antrag auf Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens
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Landgericht . . . [Adresse] Antrag auf Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens In Sachen . . . [Langrubrum] Vorläufiger Streitwert: 550 000 Euro Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir gemäß § 485 Abs. 2 ZPO, ein selbständiges Beweisverfahren durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über folgende Behauptungen der Antragstellerin anzuordnen: Die von der Antragsgegnerin zu 1) geplante neue gläserne Außenfassade am Haupteingang des Gebäudes der Antragstellerin, . . . [Adresse], weist folgende Mängel auf: 1. Die hinter der alten Fassade befindlichen Räume werden – auch bei geöffnetem Fenster – unzureichend be- und entlüftet. 2. Gespräche, die in den der Glasfassade gegenüberliegenden Räumen im oberen Stockwerk des Gebäudes, insbesondere in den Räumen der Geschäftsführung, bei geöffnetem Fenster durchgeführt werden, können in den Nachbarräumen mitgehört werden, insbesondere wenn auch das Fenster dort geöffnet ist. Das Gutachten soll feststellen a) welches die Ursachen für diese Zustände sind, b) ob ein Verstoß gegen die Regeln der Baukunst und den Stand der Technik vorliegt, c) ob es sich um einen planerischen Fehler des Architekten handelt, d) welche Maßnahmen zur Beseitigung erforderlich sind und e) welche Kosten dadurch entstehen werden. Begründung: I. 1. Die Antragsgegner zu 2)–4) sind Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 1). Dieser, vertreten durch den Antragsgegner zu 3), wurde von der Antragstellerin der Auftrag über die Erbringung von Architekturleistungen für die Umgestaltung des Haupteinganges des Gebäudes der Antragstellerin in . . . [Adresse] erteilt. Glaubhaftmachung: Vertrag vom . . . Anlage Ast 1 Die Bauarbeiten wurden Ende . . . abgeschlossen, eine Abnahme fand bisher nicht statt. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des mit der Baumaßnahme beauftragten Prokuristen der Antragstellerin, Herrn . . ., Anlage ASt 2. Happ
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Selbständiges Beweisverfahren
M 6.1
2. Es zeigten sich in der Folgezeit die oben beschriebenen Mängel, für die die Antragsgegnerin zu 1) mit in Kopie als Anlagenkonvolut ASt 3 beigefügten Schreiben vom . . . und . . . die Verantwortung abgelehnt hat. Provisorische Maßnahmen der Antragstellerin zur Mängelbeseitigung brachten keinen Erfolg. Die Antragsgegner weigern sich jetzt – unter Hinweis auf ihre Versicherung – ohne gerichtliche Feststellung der Mängel und ihrer Verantwortung irgendwelche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung durchführen zu lassen. Mit Schreiben vom . . ., beigefügt als Anlage Ast 4 lehnte die Antragsgegnerin zu 1) es auch ab, gemeinsam einen Gutachter zu bestellen. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung, Anlage ASt 2. 3. Die Antragsgegnerin zu 1) forderte bereits mit Rechnung vom . . ., Anlage ASt 5 die Zahlung von Architektenhonorar in Höhe von . . . Euro auf der Basis anrechenbarer Kosten in Höhe von . . . Euro. Die Antragstellerin will diesen Betrag zurückhalten bis die Mängel beseitigt sind und behält sich vor, die Mängelbeseitigung auf Kosten der Antragsgegnerin durchzuführen. Ein Rechtsstreit ist zwischen den Parteien zurzeit nicht anhängig. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung, Anlage ASt 2. II. 1. Das angerufene Gericht ist gemäß § 486 Abs. 2 ZPO zuständig, weil es zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich daraus, dass Erfüllungsort für die Ansprüche des Auftraggebers aus einem Architektenvertrag der Ort des Bauvorhabens ist. Ferner haben die Antragsgegner ihren Geschäftssitzsitz in . . . Das Landgericht ist sachlich zuständig, da der voraussichtliche Streitwert in einem Hauptverfahren über 5 000 Euro liegen wird. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach dem rechtlichen Interesse der Antragstellerin. Da wahrscheinlich ist, dass die Mängelbeseitigung den Abriss und die Neuerrichtung der Außenfassade erfordert, ist angesichts der hierfür entstehenden Kosten von 550 000 Euro ein vorläufiger Streitwert in dieser Höhe anzusetzen. 2. Das rechtliche Interesse ist zu bejahen, weil die begehrten Feststellungen dazu führen können, dass ein Hauptprozess vermieden wird. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten wird Ursache und Ausmaß der Mängel sowie die zur Beseitigung notwendigen Maßnahmen festlegen und damit den Streit zwischen den Parteien beseitigen. 3. Die Antragstellerin ist gern bereit, dem Gericht einen anerkannten Sachverständigen für Bauphysik, Schall- und Feuchtigkeitsschutz vorzuschlagen. Beglaubigte und einfache Abschrift anbei. Rechtsanwalt 120
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II. Antrag und Verfahren
§6
Rz. 34
7. Gegenanträge Regelmäßig sendet das Gericht den Beweisantrag erst einmal an den Antragsgegner, damit dieser dazu Stellung nehmen kann. Bei Durchsicht des Antrags kann der Antragsgegner zu dem Schluss kommen, dass die Beweisfragen ungenau oder unpräzise sind. Im Wege eines Gegenantrags kann der Antragsgegner dann beantragen, die dem Sachverständigen gestellten Beweisfragen zu ändern oder zu ergänzen. Das könnte z.B. angebracht sein, wenn es um die Feststellung von Sowieso-Kosten geht oder auch andere Verursacher in Betracht kommen. Ein solcher Antrag wird nach ganz überwiegender Rechtsprechung für zulässig gehalten, wenn
31
– ein rechtlicher Zusammenhang zwischen den Beweisthemen besteht, es sich also um eine Ergänzung oder Ausweitung des ursprünglichen Beweisthemas handelt, – keine neuen Verfahrensbeteiligten einbezogen werden (also keine „Drittgegenanträge“), – die Frage vom gleichen Sachverständigen beantwortet werden kann und – keine Verzögerung eintritt.1 Ein Gegenantrag kann auch noch nach Anordnung der Begutachtung2 und evtl. sogar bis zur Durchführung des Ortstermins gestellt werden.3 Der Antragsgegner muss in entsprechender Anwendung des § 487 Nr. 4 ZPO die „Zulässigkeitstatsachen“ glaubhaft machen.4 Ansonsten würde er über einen Gegenantrag etwas erreichen, was er mit einem eigenständigen Verfahren nicht erhalten könnte.
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8. Entscheidung des Gerichts Über den Antrag entscheidet das Gericht gemäß § 490 Abs. 1 ZPO durch Beschluss. Eine mündliche Verhandlung ist möglich (§ 128 Abs. 4 ZPO), aber wegen der Eilbedürftigkeit selten üblich. Grundsätzlich muss das Gericht dem Gegner vor der Entscheidung rechtliches Gehör durch Anhörung gewähren. In Ausnahmefällen, wenn eine sofortige Beweisanordnung notwendig ist, kann das Gericht den Beschluss zwar erst erlassen und später zustellen.5 Dies ist jedoch keineswegs die Regel.
33
" Wichtig: In der Position des Antragsgegners führt Schweigen zwar nicht da- 34 zu, dass die behaupteten Tatsachen als zugestanden gelten. Unterlässt man
1 OLG Koblenz v. 3.1.2008 – 8 W 878/07, IBR 2008, 127; OLG Köln v. 6.12.2004 – 15 W 59/04, BauR 2005, 752; OLG Celle v. 8.9.2003 – 14 W 37/03, BauR 2003, 1942; OLG Hamm v. 29.10.2002 – 21 W 25/02, BauR 2003, 1763; Herget in Zöller, § 485 ZPO Rz. 3; Sturmberg, Rz. 262; v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1923. 2 OLG Hamm v. 29.10.2002 – 21 W 25/02, BauR 2003, 1763; a.A. OLG Stuttgart v. 23.2.2004 – 13 W 6/04, BauR 2004, 886. 3 Sturmberg, Rz. 264. 4 Sturmberg, Rz. 269. 5 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 490 ZPO Rz. 5. Herget in Zöller, § 490 ZPO Rz. 1.
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§6
Rz. 35
Selbständiges Beweisverfahren
es aber, Einwendungen bereits im selbständigen Beweisverfahren geltend zu machen, ist man im Hauptverfahren mit der Schwierigkeit konfrontiert, den vollen Gegenbeweis zu führen, dass das Ergebnis des Beweisverfahrens falsch ist. Es empfiehlt sich daher, sorgfältig zu überlegen, ob man gegen die Zulässigkeit des Antrags Einwendungen erhebt und ggf. Gegenanträge (s. Rz. 31) stellt. 35
Der stattgebende Beschluss ist grundsätzlich nicht anfechtbar. Da es sich um einen Beweisbeschluss handelt, kann die Entscheidung z.B. aufgrund der Stellungnahme des Antragsgegners (wenn ihm erst nachträglich rechtliches Gehör gewährt wurde) oder aufgrund einer Gegenvorstellung geändert werden.1
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Für das selbständige Beweisverfahren ist der Antragsteller Kostenschuldner. Um das Verfahren zu beschleunigen, sollte man nicht die Aufforderung, die Gerichtskosten einzuzahlen, abwarten. Wenn man über keinen Gerichtskostenstempler verfügt, sollte man sich bei Gericht nach dem Aktenzeichen erkundigen und den Betrag dann umgehend überweisen.
9. Streitverkündung 37
Seit der Entscheidung des BGH vom 5.12.19962 ist unbestritten, dass im selbständigen Beweisverfahren die Streitverkündung möglich ist. Dies ist insbesondere für Baustreitigkeiten relevant und kann zum Beispiel zu Streitverkündungen eines Generalunternehmers (als Antragsgegner) gegen einen oder mehrere Subunternehmer führen. Die Streitverkündung bewirkt – genau wie während eines Hauptprozesses –, dass die Verjährung gehemmt wird (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB) und dem Streitverkündeten in einem möglicherweise nachfolgenden Regressprozess das Ergebnis der Beweiserhebung entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Mängel und die evtl. aufgrund der Mängel bestehenden Regressansprüche konkret genug sind. Der Antragsgegner sollte daher ggf. einen Gegenantrag zur Präzisierung stellen.
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Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das selbständige Beweisverfahren gelten nicht für die Streitverkündung. Sie unterliegt nur den gesetzlichen Anforderungen (§§ 72, 73 ZPO). Insbesondere darf man nicht vergessen, den Stand des selbständigen Beweisverfahrens mitzuteilen (§ 73 ZPO).
39 " Wichtig: Der Antrag auf Streitverkündung hemmt nur dann die Verjährung, wenn er „demnächst“ zugestellt wird. Da von Amts wegen kein Zustellungsnachweis übersandt wird, sollte man regelmäßig bei der Geschäftsstelle des Gerichts nachhaken. 40
Die Zulässigkeit einer Streitverkündung wird vom Gericht nicht geprüft und spielt erst im Folgeprozess eine Rolle. Eine Streitverkündung gegen den im Verfahren tätigen Sachverständigen ist nicht möglich, der Schriftsatz ist auch nicht zuzustellen.3 1 Ausführlich zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses Weise, S. 75 f. 2 BGH v. 5.12.1996 – VII ZR 108/95, BGHZ 134, 190 = NJW 1997, 859 = MDR 1997, 390. 3 BGH v. 27.7.2006 – VII ZB 16/06, BGHZ 168, 380 = NJW 2006, 3214 = MDR 2007, 166; anders noch OLG Celle v. 14.11.2005 – 7 W 117/05, BauR 2006, 722 = DS 2006, 113.
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M 6.2
II. Antrag und Verfahren
§6
Rz. 41
u
Streitverkündung
6.2 41
Landgericht . . . . . . [Adresse] Az: . . . Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren . . . [Kurzrubrum] Namens und in Vollmacht der Antragstellerin verkünden wir hiermit dem Architekten . . . [Name, Adresse] den Streit, verbunden mit der Aufforderung, dem Beweisverfahren aufseiten der Antragstellerin beizutreten. Wir bitten das Gericht, diesen Schriftsatz nebst Anlagen dem Streitverkündeten alsbald zuzustellen. Begründung: 1. Die Streitverkündung ist zulässig. Auch im selbständigen Beweisverfahren ist eine Streitverkündung zulässig (BGH v. 5.12.1996 – VII ZR 108/95, BGHZ 134, 190) und kann bis zur Beendigung des Beweisverfahrens erfolgen. Das Gericht hat mit Verfügung vom . . . gemäß § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme zum Gutachten von drei Wochen gesetzt. Somit ist das Beweisverfahren frühestens mit Ablauf dieser Frist beendet (BGH v. 20.2.2002 – VIII ZR 228/00, NJW 2002, 1640 [1641]). Die mögliche gesamtschuldnerische Haftung des Architekten und der Antragsgegnerin steht der Zulässigkeit der Streitverkündung nicht entgegen (LG Landau/Pfalz v. 8.2.2001 – 4 O 470/00, NJW-RR 2001, 1026 [1027]). 2. Dem Beweisverfahren liegen Mängel zugrunde, die an dem von der Antragsgegnerin eingebrachten Fußbodenaufbau in . . . der Antragstellerin aufgetreten sind. Der Streitverkündete hat im Auftrag der Antragstellerin die Arbeiten geplant, die Ausschreibung vorbereitet und die Ausführung der Arbeiten überwacht. Der gerichtlich ernannte Sachverständige . . . hat mit Datum vom . . . sein Gutachten erstattet. Der Sachverständige nimmt an, dass ein Teil der behaupteten Mängel auf einen von der Antragstellerin zu vertretenden Planungsfehler zurückzuführen ist. Der Fußbodenaufbau müsse schon wegen dieses Planungsfehlers wieder entfernt werden. 3. Die Antragstellerin wird gegen diese Annahme Einwendungen geltend machen und eine Ergänzung des Gutachtens beantragen. Sollte das Beweisverfahren jedoch mit dem Ergebnis enden, dass der Fußbodenaufbau zumindest auch wegen des Planungsfehlers des Architekten entfernt werden muss, hat die Antragstellerin gegen den Streitverkündeten einen Schadenersatzanspruch in noch unbekannter Höhe. 4. Der Stand des selbständigen Beweisverfahrens ergibt sich aus dem Beweisbeschluss vom . . . und dem Sachverständigengutachten vom . . . einschließlich gerichtlicher Verfügung vom . . . Diese Unterlagen sind in Kopie als Anlagen Ast x–y beigefügt Rechtsanwalt Happ
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§6
Rz. 41a
Selbständiges Beweisverfahren
10. Beendigung 41a
Das Gesetz enthält keine Bestimmungen über die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens. Es endet daher mit der sachlichen Erledigung der Sicherung des verfahrensgegenständlichen Beweises. Erfolgt die Beweiserhebung durch ein schriftliches Sachverständigengutachten, ist das selbständige Beweisverfahren mit dessen Übersendung an die Parteien beendet, wenn weder das Gericht nach § 411 Abs. 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitteilen.1
III. Durchführung der Beweisaufnahme 42
Die Beweisaufnahme erfolgt gemäß § 492 Abs. 1 ZPO mit den für das jeweilige Beweismittel geltenden Vorschriften. Erfolgt die Beweisaufnahme durch ein Sachverständigengutachten, sind somit die §§ 402–414 ZPO maßgebend. § 411 ZPO regelt das schriftliche Sachverständigengutachten.
1. Erstellung des Gutachtens durch den Sachverständigen 43
Der Sachverständige hat beide Parteien von einem Ortstermin zu verständigen und ihnen Gelegenheit zur Teilnahme zu geben (§ 169 GVG). Benötigt der Sachverständige Informationen zur Erstellung, wird er diese in der Regel über das Gericht anfordern.
44
Durch den Beweisbeschluss des Gerichts wird der Antragsgegner nicht verpflichtet, am Verfahren mitzuwirken oder das Betreten seines Grundstücks zu dulden.2 Das Gericht kann dem Antragsgegner und Dritten nach § 144 ZPO jedoch aufgeben, die Begutachtung zu dulden.3 Auch Anordnungen nach § 142 ZPO sind zulässig.4 Der Antragsteller sollte auf entsprechende Anordnungen des Gerichts durch einen Antrag hinwirken. Kommt der Antragsgegner der Anordnung nicht nach, kann dies vom Gericht im Hauptsacheverfahren entsprechend gewürdigt werden.5 Ist dem Antragsgegner die Mitwirkung unzumutbar, stellt die Verweigerung jedoch keine Beweisvereitelung dar.6 Unbeschadet dessen sollte der Antragsteller aber prüfen, ob ihm materiell-rechtliche Ansprüche zustehen, z.B. aus §§ 809, 810 BGB, die er mit einer einstweiligen Verfügung durchsetzen kann.7
1 2 3 4 5 6 7
BGH v. 28.10.2010 – VII ZR 172/09, NJW 2011, 594. Statt aller Pastor in Werner/Pastor, Rz. 86. v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1934. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 142 ZPO Rz. 3. Greger in Zöller, § 142 ZPO Rz. 15 und § 144 ZPO Rz. 4. v. Berg in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 1934. OLG Karlsruhe v. 27.4.2001 – 14 U 187/00, NJW-RR 2002, 951 = BauR 2002, 1437.
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III. Durchführung der Beweisaufnahme
§6
Rz. 46
Das Gericht kann dem Sachverständigen gemäß § 411 Abs. 1 Satz 2 ZPO eine Frist zur Erstellung des Gutachtens setzen. Versäumt er diese, kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.
45
Beantragt eine Partei im selbstständigen Beweisverfahren ein neues Gutachten (§ 412 ZPO) und wird dieses abgelehnt, so kann hiergegen keine Beschwerde eingelegt werden. Die Entscheidung des Gerichts ein neues Gutachten in Auftrag zu geben, ist von Amts wegen zu treffen, sodass der „Antrag“ der Partei lediglich eine Anregung an das Gericht sein kann. Die Beschwerde ist außerdem unzulässig, da im Erkenntnisverfahren keine Rechtsmittel gegen die Nichteinholung eines neuen Gutachtens bestehen und die Beweismöglichkeiten im selbstständigen Beweisverfahren nicht über diejenigen im Hauptsacheverfahren hinausgehen.1
45a
2. Ablehnung des Gutachters wegen Befangenheit Jede Partei kann den Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit (§§ 406 Abs. 1, 42 ZPO) im selbständigen Beweisverfahren ablehnen.2 Diese Ablehnung muss grundsätzlich binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen erfolgen, § 406 Abs. 2 ZPO. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, ohne sein Verschulden verhindert gewesen zu sein, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich der Ablehnungsgrund erst durch den Ortstermin oder aus dem Gutachten ergibt. Dann ist der Ablehnungsantrag binnen zwei Wochen nach Erhalt des Gutachtens zu stellen.3 Ablehnungsgründe können sich z.B. ergeben, wenn: – der Gutachter sich unter Hinzuziehung nur einer Partei technische Informationen verschafft,4 – der Gutachter eine rechtliche Bewertung abgibt, z.B. einen „Mangel“ feststellt oder die „Verantwortung“ für bestimmte Tatsachen einer Partei zuschiebt,5
1 BGH v. 9.2.2010 – VI ZB 59/09, DS 2010, 397 (397 f.); OLG Düsseldorf v. 30.1.2009 – 1 W 3/09, MDR 2009, 588. A.A. OLG Stuttgart v. 4.8.2008 – 10 W 38/08, OLGR Stuttgart 2009, 149. Weitere Nachweise für beide Auffassungen sind in der erstgenannten BGHEntscheidung enthalten. 2 Seit der Neuordnung des Rechts des Beweisverfahrens unbestritten, vgl. OLG Zweibrücken v. 26.11.1999 – 4 W 67/99, juris; KG v. 1.10.1997 – 4 W 5615/97, NJW-RR 1998, 144; OLG Celle v. 13.2.1995 – 8 W 42/95, BauR 1996, 144 = NJW-RR 1995, 1404; OLG Frankfurt a.M. v. 19.2.1992 – 23 W 47/91, OLGZ 1993, 330. 3 OLG Karlsruhe v. 2.10.2001 – 14 W 73/01, IBR 2002, 292. 4 OLG Celle v. 22.1.2007 – 13 W 101/06, BauR 2007, 602 = OLGR Celle 2007, 270 (Gutachter hielt Wiederholung eines mit nur einer Partei durchgeführten Ortstermins für überflüssig); OLG Frankfurt v. 19.2.1992 – 23 W 47/91, OLGZ 1993, 330; OLG Zweibrücken v. 26.11.1999 – 4 W 67/99, OLGR Zweibrücken 2000, 342. 5 A.A. OLG Nürnberg v. 1.8.2001 – 4 W 2519/01, BauR 2002, 129 = MDR 2002, 291; Koeble in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 65.
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§6
Rz. 47
Selbständiges Beweisverfahren
M 6.3
– der Gutachter voreingenommen ist.1 47
6.3 48
Ergeben sich die Ablehnungsgründe aus dem Gutachten, sollte mit dem Ablehnungsantrag ein Antrag auf neue Begutachtung gemäß § 412 Abs. 2 ZPO verbunden werden. Eine entsprechende Entscheidung des Gerichts verzögert zwar das Verfahren, stellt aber sicher, dass das alte Gutachten nicht mehr verwertet werden kann.
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Ablehnung des Gutachters wegen Befangenheit
Im selbständigen Beweisverfahren . . . [Kurzrubrum] nehmen wir verfügungsgemäß Stellung zum Gutachten des Sachverständigen. Wir erheben die nachfolgenden Einwendungen und beantragen, 1. den Sachverständigen . . . wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen; sowie 2. eine neue Begutachtung a) durch einen anderen Sachverständigen b) hilfsweise durch den Sachverständigen . . . anzuordnen. Begründung: Das Gutachten des Sachverständigen vom . . . rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit des Gutachters (hierzu unter I.). Daher ist eine neue Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen, in jedem Fall durch den Sachverständigen . . . notwendig. Das Gutachten ist nämlich mangelhaft und nicht verwertbar (hierzu unter II.). I. Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen 1. Dieses Ablehnungsgesuch ist gemäß § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. Ergibt sich der Befangenheitsgrund erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist nach Ernennung des Sachverständigen, z.B. aus der schriftlichen Stellungnahme des Sachverständigen, ist das Ablehnungsgesuch zulässig, wenn es unverzüglich nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes erfolgt (Greger in Zöller, § 406 ZPO Rz. 11). Die Stellungnahme des Sachverständigen ist am . . . im Büro der Bevollmächtigten der Antragstellerin eingegangen und führt zu den nachfolgenden, berechtigten Ablehnungsgründen. 2. Die Stellungnahme des Sachverständigen rechtfertigt die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit des Gutachters. Gemäß § 406 Abs. 1 ZPO rechtfertigen dieselben Gründe zur Ablehnung eines Sachverständigen, die auch zur Ablehnung eines Richters gemäß § 42 ZPO berechtigen. Für die Besorgnis der Befangenheit genügt jede Tatsache, die ein auch nur subjektives Misstrauen der Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (BGH v. 15.4.1975 – X ZR 52/73, NJW 1975, 1363). 1 LG Hamburg v. 9.3.1989 – 11 T 17/89, WuM 1989, 439.
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M 6.3
III. Durchführung der Beweisaufnahme
§6
Rz. 52
Ein erhebliches Misstrauen ist gerechtfertigt, weil . . . [nähere Ausführungen] II. Notwendigkeit einer neuen Begutachtung Wegen der begründeten Besorgnis der Befangenheit ist gemäß § 412 Abs. 2 ZPO eine neue Begutachtung durch einen anderen Gutachter anzuordnen. Aber auch wenn das Gericht den Sachverständigen nicht ablehnen sollte, ist in jedem Fall eine neue Begutachtung gemäß § 412 Abs. 1 ZPO anzuordnen. Das Gutachten ist ungenügend und nicht verwertbar. Der Sachverständige beantwortet im Gutachten weder die Beweisfragen des Gerichts (hierzu unter 1.), noch sind seine Ausführungen nachprüfbar auf der Basis festgestellter Tatsachen getroffen (hierzu unter 2.). Daher ist das Gutachten neu zu erstatten. Im Einzelnen ist Folgendes anzumerken: . . . [nähere Ausführungen] Rechtsanwalt
3. Erläuterung und Erörterung des Gutachtens Der Gutachter übersendet sein Gutachten an das Gericht, §§ 492, 411 Abs. 1 ZPO. Anschließend wird das Gericht das Gutachten den Parteien übermitteln, die dann innerhalb einer angemessenen Frist ihre Einwendungen gegen das Gutachten sowie ihre Anträge und Ergänzungsfragen zum Gutachten mitteilen können. Hierfür kann das Gericht ihnen eine Frist setzen, §§ 492, 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO, was es auch üblicherweise tut. Setzt das Gericht keine ausdrückliche Frist, hängt die Länge einer „angemessenen Frist“ auch davon ab, wie schwierig und komplex der Sachverhalt ist und ob z.B. ein eigenes Privatgutachten eingeholt werden muss.1 Ist der Fall einfach gelagert, können zwei Monate auch im Hinblick auf den Eilcharakter des selbständigen Beweisverfahrens vom Gericht als unangemessen lang beurteilt werden.
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" Wichtig: Die Frist läuft ab Vorlage des Ausgangsgutachtens, nicht eines 50 evtl. vom Gericht beauftragten und dann vorgelegten Ergänzungsgutachtens.2
" Praxistipp: Es empfiehlt sich daher bei schwierigen Sachverhalten, Kontakt 51 mit dem Gericht aufzunehmen und unter Hinweis auf z.B. ein notwendiges Privatgutachten eine bestimmte Frist zur Stellungnahme zu beantragen. Das vermeidet, dass das Gericht nachträglich die Zeitdauer als unangemessen einordnet und das Verfahren als beendet erachtet.
Zu den „Anträgen“ gehört z.B. ein Antrag auf Ladung des Sachverständigen zwecks mündlicher Befragung. Ein solcher Antrag ist auch im selbständigen Beweisverfahren zulässig.3 Einem solchen Antrag muss das Gericht auch dann stattgeben, wenn es die Fragen selber nicht für erheblich hält, solange kein Rechtsmissbrauch vorliegt.4 1 2 3 4
OLG Koblenz v. 3.4.2006 – 5 W 200/06, OLGR Koblenz 2006, 745 = BauR 2006, 1034. OLG Frankfurt a.M. v. 2.1.2006 – 24 W 91/05, NJW-RR 2007, 17. BGH v. 13.9.2005 – VI ZB 84/04 = BGHZ 164, 94, NZBau 2005, 688 = NZV 2006, 76. BGH v. 8.11.2005 – VI ZR 121/05, NJW-RR 2006, 1503 = NzBau 2006, 650; BGH v. 22.5.2001 – VI ZR 268/00, NJW-RR 2001, 1431 = MDR 2001, 1130.
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§6
Rz. 53
Selbständiges Beweisverfahren
M 6.4
53 " Praxistipp: Die Ergänzungsfragen müssen zwar nicht konkret ausformuliert werden. Es reicht aus, wenn eine Partei allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeiführen will.1 Sofern möglich, sollten sie vorsorglich jedoch so genau wie möglich formuliert werden. 54
6.4 55
Von Amts wegen „kann“ das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das Gutachten erläutert. Dabei handelt es sich um gebundenes Ermessen: Können Zweifel und Unklarheiten durch eine Erläuterung ausgeschlossen werden, muss das Gericht den Sachverständigen laden.2
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Antrag auf Ladung des Sachverständigen
In Sachen . . . [Kurzrubrum] nehmen wir Bezug auf die gerichtliche Verfügung vom . . ., nehmen zum Gutachten Stellung und beantragen, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden und zu diesem Zweck einen Ortstermin anzuberaumen. Begründung: Das Gutachten beantwortet den Beweisbeschluss nur unvollständig, geht von falschen Tatsachengrundlagen aus und ist teilweise nicht nachvollziehbar (hierzu unter 1.). Daher werden wir im anzuberaumenden Termin dem Sachverständigen die nachfolgend vorformulierten Fragen stellen, wobei weitere Fragen vorbehalten bleiben (hierzu unter 2.). 1. Einwendungen gegen das Gutachten Das vom Sachverständigen erstattete Gutachten nimmt zum Beweisbeschluss nur unvollständig Stellung und geht von falschen Tatsachengrundlagen aus. . . . 2. Fragen an den Sachverständigen Die Antragstellerin wird dem Sachverständigen im Termin zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens folgende Fragen stellen, wobei weitere Fragen vorbehalten bleiben: ... Rechtsanwalt
IV. Kosten 56
Der Beschluss des Gerichts über die Anordnung/Ablehnung des selbständigen Beweisverfahrens enthält eine Kostengrundentscheidung nur bei Abweisung 1 BGH v. 8.11.2005 – VI ZR 121/05, NJW-RR 2006, 1503, NzBau 2006, 650. 2 Huber in Musielak, § 411 ZPO Rz. 9.
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IV. Kosten
§6
Rz. 60
oder Rücknahme des Antrags. Wird dem Antrag stattgegeben, richtet sich die Kostenlast grundsätzlich nach der Entscheidung im nachfolgenden/parallel anhängigen Hauptsacheverfahren. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens werden dann als Kosten der Hauptsache angesehen, über die nicht eigens entschieden wird, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 96 ZPO vorliegen. Für den Anwalt fallen eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV und eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV an. Das selbständige Beweisverfahren ist zwar eine eigene Angelegenheit (e contrario § 19 RVG). Die Verfahrensgebühr ist jedoch auf eine Verfahrensgebühr eines nachfolgenden Hauptsacheverfahrens anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 5 zu Teil 3 VV). Für die Terminsgebühr existiert keine solche Anrechnungsvorschrift.
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1. Streitwertfestsetzung Das Gericht setzt den Streitwert von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei fest. Der vom Antragsteller bei Einleitung des Verfahrens geschätzte Wert ist nicht maßgeblich, vielmehr hat das Gericht nach Einholung des Gutachtens den Streitwert mit dem vollen Hauptsachewert anzusetzen, auf den sich die Beweisaufnahme bezieht, wobei das Ergebnis der Beweisaufnahme unberücksichtigt bleibt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist die Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers. Liegen bestimmte behauptete Mängel nicht vor, hat das Gericht unter Umständen auch die Kosten zu schätzen, die für die Beseitigung angefallen wären, wenn die Mängel bestanden hätten.1
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2. Kostenerstattung im nachfolgenden Hauptsacheverfahren Das selbständige Beweisverfahren ist nach Erstattung des Gutachtens einschließlich etwaiger Ergänzungen und mündlicher Erläuterungen beendet. Grundsätzlich kennt das selbständige Beweisverfahren keine Kostenentscheidung. Denn im selbständigen Beweisverfahren wird nicht festgestellt, wer obsiegt und wer unterliegt. Vielmehr geht das Gesetz davon aus, dass ein Antragsteller bei günstigem Ausgang des Beweisverfahrens ein Hauptsacheverfahren anstrengt. In diesem wird dann über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens entschieden. Das setzt jedoch voraus, dass Parteien und Streitgegenstand in beiden Verfahren identisch sind und die Ergebnisse des Beweisverfahrens eingebracht werden. Letzteres ist schon dann der Fall, wenn der Kläger sich auf die Ergebnisse des Verfahrens beruft.2
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3. Kostenerstattung im selbständigen Beweisverfahren Geht das selbständige Beweisverfahren für den Antragsteller ungünstig aus, wird er kein Hauptsacheverfahren einleiten. Auf Antrag des Gegners wird das 1 BGH v. 16.9.2004 – III ZB 33/04, NJW 2004, 3488. 2 Weise, Rz. 591–627; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 123–126.
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§6
Rz. 61
Selbständiges Beweisverfahren
M 6.5
Gericht daher gemäß § 494a Abs. 1 ZPO anordnen, dass der Antragsteller (des selbständigen Beweisverfahrens) binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. Dieser Antrag ist erst nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens zulässig. Das Gesetz geht davon aus, dass der Antrag unmittelbar nach Beendigung gestellt wird, gleichwohl gibt es keine Frist. Der Antragsgegner braucht nur den Gesetzeswortlaut zu wiederholen, es ist keine Konkretisierung nötig.1
6.5 61
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Antrag auf Klageerhebung durch den Antragsteller
In Sachen . . . [Kurzrubrum] beantragen wir, anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. Rechtsanwalt
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Kommt der Antragsteller der gerichtlichen Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag (des Gegners) auszusprechen, dass der Antragsteller die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat, § 494a Abs. 2 ZPO. Es handelt sich dabei um eine Kostengrundentscheidung und einen vollstreckungsfähigen Titel.2
1 Sturmberg, Rz. 304 f. 2 Herget in Zöller, § 494a ZPO Rz. 4a.
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§7 Insolvenz Inhaltsübersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . II. Aktivprozesse 1. Beginn des einstweiligen Verfahrens vor dem Insolvenzverfahren 2. Beginn des einstweiligen Verfahrens durch den Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Passivprozesse . . . . . . . . . . . 1. Zeit vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens . a) Rückschlagsperre . . . . . . . aa) Sicherung versus Befriedigung . . . . . . . . . . . . bb) Freiwillige Zahlung . . . b) Monatsfrist . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . 2. Insolvenzantrag . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen des Insolvenzantrags . . . . . . . . . . aa) Zahlungsunfähigkeit . . bb) Drohende Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . . .
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cc) Überschuldung . . . . . . 36 b) Vollstreckungshindernisse . . 37 3. Insolvenzeröffnungsverfahren . 39 4. Schutzschirmverfahren . . . . . 43a 5. Eröffnetes Insolvenzverfahren . 44 a) Unmittelbare Wirkung der Eröffnung . . . . . . . . . . . . . 45 aa) Arrest und einstweilige Verfügung . . . . . . . . . 47 bb) Betroffene Gläubiger . . . 52 b) Anfechtung . . . . . . . . . . . 55 aa) Kongruente Deckungsgeschäfte § 130 InsO . . . 62 bb) Inkongruente Deckungsgeschäfte § 131 InsO . . . 65 cc) Absichtliche Gläubigerbenachteiligung § 133 InsO . . . . . . . . . . . . 68 6. Masseverbindlichkeiten . . . . . 69 7. Insolvenzplanverfahren . . . . . 72 8. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . 73
Literatur: Braun, Insolvenzordnung Kommentar, 5. Aufl. 2012; Uhlenbruck, Insolvenzordnung Kommentar, 13. Aufl. 2010; Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2007, 2008), Präsenz Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsg. von Haarmeyer/ Wutzke/Förster, 1. Aufl. 2010 (PK-HWF); Willemsen/Rechel, Kommentar zum ESUG, 2012.
I. Allgemeines Die Insolvenz eines Unternehmens oder einer natürlichen Person bedeutet einen gravierenden Einschnitt in deren Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen sowie die Möglichkeit einzelner Gläubiger, in das Vermögen der betreffenden Personen/Gesellschaft zu vollstrecken. Dies gilt in gleicher Weise für die Vollstreckungsverfahren im einstweiligen Rechtsschutz. Im Folgenden wird – falls dies nicht ausdrücklich anders angegeben ist – von der Unternehmensinsolvenz ausgegangen.
1
Die wesentlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind das Arrestverfahren und das Verfahren zur Erlangung einer einstweiligen Verfügung. Bei beiden ist zu unterscheiden, ob sie aktiv, also zugunsten des Schuldners („Aktivprozess“) oder gegen ihn („Passivprozess“) betrieben werden.
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§7
Rz. 3
Insolvenz
II. Aktivprozesse 1. Beginn des einstweiligen Verfahrens vor dem Insolvenzverfahren 3
Gemäß § 240 ZPO ist das Verfahren zur Erwirkung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung, das ein Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnen hat, zwar durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst unterbrochen.1 Es kann vom Verwalter aber nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (nicht Insolvenzantrag!) aufgenommen werden, wo dies zweckdienlich und wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Nimmt der Verwalter das Verfahren auf, so haftet die Masse für die hierdurch entstehenden Kosten. Nimmt er das Verfahren nicht auf, so sind die bereits entstandenen Kosten der Gegenseite lediglich Insolvenzforderungen und entsprechend zur Tabelle anzumelden. Gleiches gilt für die eigenen Kosten der Rechtsverfolgung (insbesondere Anwaltskosten).
4 " Wichtig: Häufig erklären Verwalter nach Aufnahme des Verfahrens Masseunzulänglichkeit. Im Ergebnis werden dann – trotz Aufnahme durch den Verwalter – die im Falle seines Unterliegens zu zahlenden Prozess- und Anwaltskosten nur quotal befriedigt.2 Gemäß § 270b Abs. 3 InsO kann der im so genannten Schutzschirmverfah4a ren agierende eigenverwaltende Schuldner auf Antrag Masseverbindlichkeiten begründen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gilt dies auch für die Kosten eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens. Betreibt daher der eigenverwaltende Schuldner im Schutzschirmverfahren den vorläufigen Rechtsschutz, sind die hieraus entstehenden Kosten im später eröffneten Verfahren Masseverbindlichkeiten.3 Wird das Schutzschirmverfahren beendet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so sind die von diesem ausgelösten Kosten – vom Sonderfall des starken vorläufigen Verwalters abgesehen – bloße Insolvenzforderungen.
2. Beginn des einstweiligen Verfahrens durch den Insolvenzverwalter 5
Ist der Schuldner Gläubiger eines Dritten, so ist der Insolvenzverwalter (nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens) nicht gehindert, die Rechte des Schuldners (auch) im Wege des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung geltend zu machen, also auch, ein solches Verfahren erst einzuleiten. Die hieraus resultierenden Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten) sind zwar grundsätzlich ebenfalls Masseverbindlichkeiten. Erklärt der Verwalter aber Masseunzulänglichkeit, so erfolgt auch hier nur eine quotale Befriedigung.
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Hat der Insolvenzverwalter ein Arrestverfahren/Verfahren zur Erlangung einer einstweiligen Verfügung aufgenommen oder begonnen, so gelten keine weiteren Besonderheiten im Vergleich zum Verfahren ohne Insolvenz. 1 Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 85 InsO Rz. 33. 2 Vgl. u.a. BGH v. 22.9.2005 – IX ZB 91/05, ZIP 2005, 1983 f. 3 Willemsen/Rechel, § 270b InsO Rz. 26.
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III. Passivprozesse
§7
Rz. 12
III. Passivprozesse Ziel des Insolvenzverfahrens ist gemäß § 1 InsO die gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger eines Schuldners (die so genannte, „par condicio creditorum“), indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Diesem Ziel widerspricht es, wenn einzelnen Gläubigern im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (oder durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen) Sondervorteile verschafft werden.1
7
Der Gesetzgeber hat daher in verschiedenen Stadien der Insolvenz eines Unternehmens dafür Sorge getragen, dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung bzw. des einstweiligen Rechtsschutzes unter bestimmten Voraussetzungen nicht greifen, unwirksam sind oder jedenfalls der Anfechtung unterliegen (können).
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Gemäß § 21 InsO hat zudem das Insolvenzgericht – nach Stellung des Insolvenzantrags – „alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag (also Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder Aufhebung des Verfahrens)2 eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten“. Analog dürfte dies auch für das Schutzschirmverfahren gelten (vgl. § 270b InsO). Im Folgenden wird anhand der verschiedenen Stadien des Insolvenzverfahrens dargestellt, wie dieser Schutz des Schuldnervermögens in der Praxis ausgestaltet ist.
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1. Zeit vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Die Insolvenzreife eines Unternehmens tritt in der Regel nicht plötzlich ein, sondern ist ein schleichender Prozess, der sich in mehreren Schritten von der strategischen über die Ertrags- bis zur Liquiditätskrise erstreckt. Erst wenn die Liquidität nicht mehr ausreicht, die drängendsten Gläubiger zu befriedigen, erfolgt dann meist der Insolvenzantrag. In aller Regel, ist zu diesem Zeitpunkt schon lange eine Überschuldung – und damit die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrags – eingetreten (s. Rz. 36). Es leuchtet ein, dass die Wochen vor dem Insolvenzantrag diejenigen sind, in denen ganz besonders häufig Zwangsvollstreckungsmaßnahmen – insbesondere Arrest und einstweilige Verfügung – ausgebracht werden.
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An dieser Stelle greifen gleich mehrere Mechanismen ein, um den Schutz des Schuldnervermögens vor dem Zugriff der Gläubiger „in letzter Sekunde“ sicherzustellen.
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a) Rückschlagsperre Gemäß § 88 InsO sind Sicherungen, die ein Gläubiger im letzten Monat vor der Stellung des Insolvenzantrags erwirkt hat (oder danach), mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam. 1 Kroth in Braun, § 88 InsO Rz. 1 f.; Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 88 InsO Rz. 1. 2 Zusatz in Klammern und Hervorhebungen durch den Verfasser.
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§7
Rz. 12a
Insolvenz
12a
Zweifelhaft ist, ob der Rückschlagsperrenzeitraum bei der Anordnung eines Schutzschirmverfahrens vor diesen Zeitpunkt verlegt wird. Da gemäß § 270b InsO die Zulassung eines Schutzschirmverfahrens einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorsieht, ist dies im Ergebnis wohl zu bejahen.
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Unter „Sicherungen“ sind beispielsweise zu verstehen: Pfandrechte aufgrund ausgebrachter Pfändungen in das bewegliche (§§ 804 ff. ZPO) und unbewegliche (§§ 864 ff. ZPO) Vermögen oder von Forderungen und anderen Vermögensrechten (§§ 828 ff. ZPO), die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek (§§ 866 ff. ZPO) oder einer Zwangsvormerkung (§§ 941 ff. ZPO).1
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Die Vorschrift erklärt damit die durch Zwangsvollstreckungen erlangten Sicherungen eines Gläubigers ipso jure für unwirksam. Gleiches gilt nach allgemeiner Ansicht auch für den Vollzug eines Arrestes und/oder einer einstweiligen Verfügung.2
15 " Wichtig: Dies gilt nur für die durch Zwangsvollstreckung oder vorläufigen Rechtsschutz erlangten Sicherungen, nicht für die (endgültige) Befriedigung. Ebenso wenig ist die Vorschrift anwendbar bei rechtsgeschäftlich erlangten Sicherungen. 16 " Praxistipp: Bei Zwangsvollstreckungen gegen einen in der Krise befindlichen Schuldner ist also darauf zu achten, dass möglichst schnell eine Befriedigung erlangt wird oder zumindest (auch) eine rechtsgeschäftliche Sicherung erfolgt. Das Recht zur Anfechtung (s. Rz. 55 ff.) bleibt hiervon allerdings unberührt. 17
Diese gesetzliche Beschränkung der Rückschlagsperre auf die durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherungen, also die Zulässigkeit der rechtsgeschäftlichen Sicherung einerseits und der Befriedigung durch Zwangsvollstreckung andererseits hat zu umfangreicher Kritik in der Literatur geführt, da es – vor dem Hintergrund des Schutzes der Gläubigerinteressen – nur schwer vermittelbar erscheint, dass eine Sicherung unzulässig, die – viel weitergehende – Befriedigung aber zulässig sein soll.3 aa) Sicherung versus Befriedigung
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Bei der Abgrenzung, ob die Zwangsvollstreckung nur zu einer Sicherung oder schon zu einer Befriedigung des Gläubigers geführt hat, ist nicht eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich, sondern der Inhalt des Vollstreckungstitels.4 Ist demnach durch die Vollstreckungsmaßnahme die im Titel bestimmte Rechtsfolge eingetreten, liegt eine Befriedigung vor, die nicht den Restriktionen des § 88 InsO unterfällt. 1 Breuer in MünchKomm., § 88 InsO Rz. 12. 2 BGH v. 17.7.1999 – IX ZR 239/98, NJW 1999, 3122; Ries/Böhner in PK-HWF, § 88 InsO Rz. 10; Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 88 InsO Rz. 9. 3 Breuer in MünchKomm., § 88 InsO Rz. 3; Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 88 InsO Rz. 2; Kroth in Braun, § 88 InsO Rz. 5. 4 Breuer in MünchKomm., § 88 InsO Rz. 17.
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III. Passivprozesse
§7
Rz. 25
Stellt die Zwangsmaßnahme nur einen sichernden Zwischenschritt auf dem Weg zur vollständigen Befriedigung dar, handelt es sich lediglich um eine „Sicherung“ im Sinne des § 88 InsO.1
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" Wichtig: Entscheidend ist also der Inhalt des Vollstreckungstitels. Dieser 20 bestimmt sich nach dem vom Gläubiger gestellten Antrag.
" Praxistipp: Ist bekannt, dass ein Schuldner bereits „wacklig“ ist, kann es 21 sinnvoll sein, einen Vollstreckungstitel zu erwirken, der beispielsweise die Bestellung einer Hypothek zum Inhalt hat oder die Sicherungsübereignung eines Gegenstandes, wenn zu befürchten ist, dass die Erwirkung eines Titels auf endgültige Eigentumsübertragung zu lange dauert. Allerdings mag die Bestellung dieser Sicherheit sich im Nachhinein als anfechtbar herausstellen, was aber immerhin Verhandlungsspielräume mit dem Verwalter eröffnet, jedenfalls aber besser ist als eine ipso jure eintretende Unwirksamkeit.
bb) Freiwillige Zahlung Freiwillige Zahlungen oder freiwillige Sicherheitsleistungen des Schuldners an den Gläubiger – auch zur Abwendung der (nur sichernden) Zwangsvollstreckung – unterfallen nach h.M. nicht der Rückschlagsperre.2
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Der Begriff der „Freiwilligkeit“ ist dabei weit zu verstehen. So scheidet die Anwendung des § 88 InsO sogar dann aus, wenn der Schuldner zur Abwendung der weiteren Zwangsvollstreckung (also beispielsweise der Mobiliarpfändung) dem Gerichtsvollzieher die dem Vollstreckungstitel entsprechenden Leistungen übergibt und dieser sie entgegennimmt und quittiert.3 Fällt die Monatsfrist des § 88 InsO hier in den Zeitraum zwischen Erhalt der Leistung durch den Gerichtsvollzieher und der Übergabe des Erlangten an den Gläubiger, greift trotzdem die Rückschlagsperre nicht ein, da die Übergabe „freiwillig“ erfolgte. Allerdings dürfte in einem solchen Fall die Möglichkeit der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter gegeben sein (s. Rz. 55 ff.).
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" Praxistipp: Entscheidend ist daher der dem Gerichtsvollzieher gegebene 24 Vollstreckungsauftrag. Ratsam kann es unter Umständen sein, selbst (oder durch seinen Prozessbevollmächtigten) an dem Vollstreckungstermin teilzunehmen und so den Schuldner zu einer freiwilligen Zahlung zu überreden zu versuchen, wobei dies – im Hinblick auf die oben erwähnte Anfechtungsmöglichkeiten – vorher rechtlich geprüft werden sollte.
b) Monatsfrist Nach § 88 InsO werden nur die im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die nach diesem Antrag durch Zwangsvollstre1 Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 88 InsO Rz. 13 m.w.N. 2 BGH v. 10.2.1971 – VIII ZR 182/69, BGHZ 55, 307 (309); Breuer in MünchKomm., § 88 InsO Rz. 16. 3 Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 88 InsO Rz. 15.
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§7
Rz. 26
Insolvenz
ckung erlangten Sicherungen unwirksam. Für das Verbraucherinsolvenzverfahren beträgt die Frist des § 88 InsO gemäß § 312 Abs. 1 Satz 3 InsO drei Monate vor dem Insolvenzantrag. 26
Berechnet wird die Frist gemäß § 139 InsO. Danach beginnt die Frist mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem (im Folgemonat) der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte. Unerheblich ist es, ob der Beginn der Frist auf einen Sonn- oder Feiertag fällt.1 Liegen mehre Anträge vor, so ist gemäß § 139 Abs. 2 InsO grundsätzlich der erste, begründete Antrag maßgeblich, unabhängig davon, ob das Verfahren aufgrund dieses Antrags oder erst eines späteren eröffnet wird.
27
Entscheidend für die Frage, ob eine Sicherung innerhalb der Sperrfrist erlangt wird, ist nicht der Zeitpunkt der Vollstreckungshandlung, sondern des Vollstreckungserfolges.2 So ist beispielsweise bei einer Arrest- oder Zwangssicherungshypothek auf den Zeitpunkt ihrer Eintragung im Grundbuch abzustellen, nicht auf den Eintragungsantrag.
28
Leidet die Pfändung an Mängeln, so müssen diese vollständig beseitigt sein, bevor die Frist des § 88 InsO zu laufen beginnt. Bei einem Arrest ist entscheidend, dass dieser gemäß § 930 ZPO bereits vollzogen wurde. Hier kommt es jedoch nicht darauf an, dass die Zustellung bereits erfolgte, da diese keine Vollstreckungshandlung ist.3
29
Umgekehrt gilt, dass eine vollständig vor der Sperrfrist erlangte Sicherung dem Gläubiger – vorbehaltlich etwaiger Anfechtungsrechte – im Insolvenzverfahren ein Absonderungsrecht gibt.
30 " Wichtig: Hier, wie bei allen anderen Rechtshandlungen mit Krisenunternehmen, ist daher aus der Sicht des Gläubigers ein funktionierendes Krisenerkennungssystem unerlässlich, was es dem Gläubiger erlaubt, frühzeitig auf eine sich anbahnende Krise seines Schuldners (sei es Abnehmer oder Lieferant) reagieren zu können. c) Rechtsfolgen 31
Sind die Voraussetzungen des § 88 InsO gegeben, wird die erlangte Sicherung – und nicht etwa das gesamte Vollstreckungsverfahren – mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ipso jure unwirksam. Diese Rechtsfolge ist verschuldensunabhängig. Auch wenn der Gläubiger also keinerlei Kenntnis von der (drohenden) Insolvenz des Schuldners hatte oder haben musste, tritt die Rechtsfolge ein.4 Noch nicht endgültig geklärt ist die Frage, ob die Unwirksamkeit der Sicherungsbestellung eine relative, nur den Insolvenzgläubigern gegenüber gültige oder eine absolute ist. Bedeutung erlangt diese Frage in den Fällen, in denen der Insolvenzverwalter (später) das Sicherungsgut aus der Insolvenzmasse frei1 2 3 4
Hirte in Uhlenbruck, § 139 InsO Rz. 3. Breuer in MünchKomm., § 88 InsO Rz. 22; Kroth in Braun, § 88 InsO Rz. 5. Breuer in MünchKomm., § 88 InsO Rz. 22. Kroth in Braun, § 88 InsO Rz. 8; Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 88 InsO Rz. 3, Breuer in MünchKomm., § 88 InsO Rz. 23 ff.
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III. Passivprozesse
§7
Rz. 35
gibt oder das Verfahren nach § 207 InsO eingestellt wird,1 wobei der BGH2 dazu tendiert, grundsätzlich eine absolute Unwirksamkeit anzunehmen. Ausnahmsweise könne nach Freigabe des Sicherungsgutes aus der Insolvenzmasse allerdings die Sicherheit mit unverändertem Rang wieder aufleben, wenn sie als Buchposition noch erhalten war.
2. Insolvenzantrag Unter „Insolvenzantrag“ wird die Einreichung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. Zulassung des Schutzschirmverfahrens verstanden. Maßgeblich ist der Eingang bei Gericht.
32
a) Voraussetzungen des Insolvenzantrags Ein Insolvenzantrag setzt zunächst das Vorliegen eines Insolvenzantragsgrundes voraus. Insolvenzantragsgründe sind Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.
33
aa) Zahlungsunfähigkeit Gemäß § 17 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Nach der Rechtsprechung des BGH3 ist die Vorschrift – in Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung – so zu verstehen, dass Zahlungsunfähigkeit eintritt, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, innerhalb von drei Wochen (nach Fälligkeit) mehr als 90 % seiner fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit setzt demnach eine Liquiditätsplanung voraus. Bei juristischen Personen ist der Geschäftsleiter verpflichtet, bei Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit den Insolvenzantrag zu stellen. Andernfalls macht er sich schadenersatzpflichtig, bzw. gemäß § 15a InsO sogar strafbar.
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bb) Drohende Zahlungsunfähigkeit Sie tritt gemäß § 18 InsO ein, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Der Prognosezeitraum beträgt rund sechs Monate. Im Gegensatz zu den beiden anderen Insolvenzantragsgründen ist der Antragsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit (theoretisch, dazu Rz. 36) fakultativ, d.h. der Geschäftsleiter einer juristischen Person kann, muss aber nicht Insolvenzantrag stellen. Ist der Geschäftsführer nicht selbst 100%iger Gesellschafter, so sollte er – vor einem Insolvenzantrag gemäß § 18 InsO – die Gesellschafter darüber informieren. Andernfalls macht er sich möglicherweise diesen gegenüber schadenersatzpflichtig. 1 Vgl. zum Stand der Auseinandersetzung Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 88 InsO Rz. 3. 2 BGH v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 ff. 3 BGH v. 24.5.2006 – IX ZR 123/04, ZIP 2006, 1426 (1427).
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§7
Rz. 36
Insolvenz
cc) Überschuldung 36
Überschuldung liegt gemäß § 19 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden (also sämtliche Verbindlichkeiten, nicht bloß die fälligen) Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich1. Bis zum 31.12.2013 kann daher, bei Vorliegen einer positiven Fortbestehungsprognose, keine Überschuldung eintreten. Die Überschuldung ist nicht anhand der Handelsbilanz, sondern in einem so genannten Überschuldungsstatus festzustellen. Stille Reserven sind dabei aufzudecken, verwertbares aber nicht bilanziertes Vermögen (bspw. selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter) ebenfalls. Dabei darf das Vermögen des Schuldners (in der bis zum 17.10.2008 und möglicherweise ab dem 1.1.2014 wieder geltenden Fassung) zu Fortführungswerten nur bewertet werden, wenn eine Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist (sogenannte „positive Fortführungsprognose“)2. Da eine drohende Zahlungsunfähigkeit dafür spricht, dass eine positive Fortführungsprognose nicht besteht und damit alle Vermögensgegenstände nur noch zu Zerschlagungswerten anzusetzen sind, bedeutet schon eine nur drohende Zahlungsunfähigkeit fast immer auch eine eingetretene Überschuldung. Auch die Überschuldung verpflichtet den Geschäftsleiter zur Insolvenzantragstellung. Andernfalls macht er sich strafbar und schadenersatzpflichtig (s. Rz. 34). b) Vollstreckungshindernisse
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Die Einreichung des Insolvenzantrags stellt bezüglich des Vermögens des Schuldners eine wichtige Zäsur dar. Zahlreiche Vorschriften der Insolvenzordnung (§§ 129 ff., 88 InsO) orientieren sich am Zeitpunkt des Insolvenzeröffnungsantrages.
38 " Praxistipp: Bei allen Rechtsbeziehungen mit einem insolventen Schuldner ist es unerlässlich, sich den gerichtlichen Beschluss über das vorläufige Insolvenzverfahren übersenden zu lassen. Aus diesem ergibt sich das Datum des Beginns des vorläufigen Verfahrens (was in aller Regel – aber nicht notwendigerweise – auch dem Insolvenzantragsdatum entspricht), der Name und die Anschrift des vorläufigen Verwalters und dessen Rechtsstellung (starker oder schwacher Verwalter, s. Rz. 40). Um ganz sicher zu gehen, sollte durch einen Anruf bei dem entsprechenden Insolvenzgericht geklärt werden, wann der Antrag tatsächlich bei Gericht eingegangen ist. Sämtliche Beschlüsse eines Gerichts in Insolvenzsachen finden sich im Übrigen unter www.insolvenzbekanntmachungen.de.
1 Dies ist die Fassung des Gesetzes seit dem 18.10.2008. Bislang soll diese Fassung bis zum 31.12.2013 gelten. Zurzeit wird geprüft, ob danach wieder zum alten Überschuldungsbegriff zurückgekehrt werden soll. 2 Zu den – sehr komplexen – Einzelheiten vgl. Groß/Amen, Die Fortbestehensprognose – Rechtliche Anforderungen und ihre betriebswirtschaftlichen Grundlagen, WPg 2002, 225 ff. und 433; Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 19 InsO Rz. 13 ff.
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III. Passivprozesse
§7
Rz. 43b
3. Insolvenzeröffnungsverfahren Das Insolvenzeröffnungsverfahren meint die Zeit zwischen Stellung des Insolvenzantrags und Entscheidung des Gerichtes hierüber (Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Abweisung der Eröffnung mangels Masse oder Aufhebung, wenn kein Eröffnungsgrund vorliegt).
39
Nach Eingang des Insolvenzantrags bestellt das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, der gemäß § 22 Abs. 1 InsO entweder die allgemeine Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners erhält (so genannter „starker vorläufiger Verwalter“) oder dem gemäß § 22 Abs. 2 InsO (nur) die Zustimmung zu Verfügungen des Schuldners obliegt (so genannter „schwacher vorläufiger Verwalter“). In der Praxis deutscher Insolvenzgerichte überwiegt die Bestellung schwacher vorläufiger Verwalter bei weitem. Ist nur ein schwacher vorläufiger Verwalter bestellt, so bleibt der Schuldner selbst verfügungsbefugt (allerdings benötigen seine Verfügungen zu ihrer Wirksamkeit die Zustimmung des vorläufigen Verwalters). Verfügungen des vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters sind unter bestimmten Voraussetzungen durch den Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren anfechtbar, sogar dann, wenn – was der Regelfall ist – vorläufiger und endgültiger Verwalter identisch sind.1
40
Darüber hinaus spricht das Gericht in aller Regel aus, dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagt werden bzw. einstweilen einzustellen sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO).
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Gemäß § 88 InsO gelten die vorstehend in Rz. 12 ff. gemachten Ausführungen zur Rückschlagsperre auch für die Zeit nach der Stellung des Insolvenzantrages.
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" Praxistipp: Maßnahmen der Zwangsvollstreckung – auch solche des einst- 43 weiligen Rechtsschutzes – sind, wenn nicht sowieso aufgrund des Gerichtsbeschlusses unwirksam, so doch in jedem Fall anfechtbar und damit chancenlos. Aus Kostengründen sollte in diesem Verfahrensstadium hierauf verzichtet werden.
4. Schutzschirmverfahren Mit dem ESUG2 wird dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet, einen Insolvenzantrag mit der Einrichtung eines Schutzschirmverfahrens zu verbinden, vorausgesetzt, er ist noch nicht zahlungsunfähig (Überschuldung und/oder drohende Zahlungsunfähigkeit müssen aber vorliegen3).
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Darüber hinaus hat der Schuldner eine Bescheinigung vorzulegen, aus der sich ergibt, dass eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist und dass er (noch) nicht zahlungsunfähig ist (§ 270b Abs. 1 InsO).
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1 Einschränkend jetzt BGH v. 15.12.2005 – IX ZR 156/04, ZIP 2006, 431. 2 „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“, BGBl. I 2011, 2582. Die Änderungen zur Insolvenzordnung sind in Kraft seit dem 1.3.2012. 3 Willemsen/Rechel, § 270b InsO Rz. 2 ff.
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§7
Rz. 43c
Insolvenz
43c
Gemäß § 270b Abs. 2 InsO kann das Gericht vorläufige Maßnahmen gemäß § 21 Abs. 1 und 2 Nr. 1a, 3–5 InsO anordnen.1
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Schließlich hat das Gericht – auf Antrag des Schuldners – auszusprechen, dass dieser Masseverbindlichkeiten begründen kann.2 Im Ergebnis gilt vollstreckungsrechtlich für das Schutzschirmverfahren das Gleiche wie zur Rz. 39 ff. Gesagte.
5. Eröffnetes Insolvenzverfahren 44
Stellt das Gericht – aufgrund eines entsprechenden Gutachtens des meist als Gutachter bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters – fest, dass ein Insolvenzeröffnungsgrund vorliegt und eine die Kosten des Verfahrens deckende Insolvenzmasse vorhanden ist, so wird das Insolvenzverfahren eröffnet. a) Unmittelbare Wirkung der Eröffnung
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Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 InsO das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über, es sei denn, das Verfahren wird in Eigenverwaltung geführt. Gemäß § 240 ZPO werden sämtliche gerichtlichen Verfahren mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen.
46 " Wichtig: Gemäß § 89 InsO sind Zwangsvollstreckungen einzelner Gläubiger während der (gesamten) Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen zulässig, und zwar unabhängig davon, ob Eigenverwaltung angeordnet wurde oder ein Insolvenzplanverfahren durchgeführt wird aa) Arrest und einstweilige Verfügung 47
Anders als in § 14 KO sind Arrest und einstweilige Verfügung nun in § 89 InsO nicht mehr explizit genannt, da sie der „Straffung“ der Insolvenzordnung zum Opfer gefallen sind. Mit der h.M.3 ist jedoch davon auszugehen, dass auch Arrest und einstweilige Verfügung – so wie dies auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt4 – dem § 89 InsO unterfallen mit der Folge, dass auch sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich unzulässig sind.
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Da § 89 InsO ebenfalls den bereits erwähnten Grundsatz der par condicio creditorum (Rz. 7) widerspiegelt, umfasst er sämtliche Formen der Zwangsvollstreckung, gleichgültig, ob es sich um persönliche Haftung auf Geld und vertretbare Handlungen nach der ZPO oder dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz handelt,5 ob die Vollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen 1 Willemsen/Rechel, § 270b InsO Rz. 22. 2 Willemsen/Rechel, § 270b InsO Rz. 26 f. 3 Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 89 InsO Rz. 1, 121 m.w.N.; Breuer in MünchKomm., § 89 InsO Rz. 13. 4 Amtl. Begr. zu § 100 RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 137. 5 Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 89 InsO Rz. 4.
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III. Passivprozesse
§7
Rz. 53
oder in das unbewegliche Vermögen des Schuldners erfolgt. Nicht nur der Beginn von Vollstreckungshandlungen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern auch deren Fortsetzung sind untersagt.1 Anders verhält es sich, wenn die Vollstreckungsmaßnahme bereits zu einer dinglichen Sicherung geführt hat. Dann ist für den vollstreckenden Gläubiger bereits ein Absonderungsrecht entstanden, welches allerdings durch die Regelung des § 88 InsO (Rückschlagsperre, Rz. 12 ff.) unwirksam sein oder möglicherweise durch Anfechtung (s. Rz. 55 ff.) beseitigt werden kann.
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Da der Arrest prinzipiell schon vor der Zustellung des Arrestbefehls vollzogen werden kann (§ 929 Abs. 3 ZPO, s. § 5 Rz. 33 f.), ist die Entstehung des entsprechenden, aus dem Arrest resultierenden Pfandrechts nur dann gehindert, wenn der Arrestbefehl nicht binnen einer Woche zugestellt wird (unter Beachtung der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO). § 89 InsO greift mithin nicht ein, wenn vor Verfahrenseröffnung die Arrestvollziehung ohne vorherige Zustellung des Arrestbefehls bewirkt, die Zustellung aber innerhalb der Frist des § 929 Abs. 3 ZPO nachgeholt wurde.2 Erfolgt zwischen Arrestvollziehung und Zustellung die Insolvenzeröffnung, so hat die Zustellung an den Insolvenzverwalter zu erfolgen. Ähnliches gilt (s. Rz. 25 ff.) hinsichtlich der Berechnung der Frist der Rückschlagsperre.
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Ein Gutglaubensschutz besteht prinzipiell nicht.3 Nicht vom Verbot des § 89 InsO umfasst werden solche Maßnahmen, die die Zwangsvollstreckung nur vorbereiten, wie Erteilung der Vollstreckungsklausel oder Vollstreckbarkeitserklärungen.4
51
bb) Betroffene Gläubiger Dem Vollstreckungsverbot unterfallen sämtliche (auch nachrangige) Insolvenzgläubiger,5 nicht jedoch aussonderungsberechtigte Gläubiger, die nicht gehindert sind, ihre Rechte im Wege der Zwangsvollstreckung geltend zu machen,6 vorausgesetzt natürlich, die Vollstreckung erfolgt in den Gegenstand, der der Aussonderung unterliegt. Eine Ausnahme regelt § 107 Abs. 2 InsO, wonach der Insolvenzverwalter mit der Entscheidung über die Frage, ob er einen Eigentumsvorbehaltskauf erfüllt oder nicht, bis nach der ersten Gläubigerversammlung warten darf. Dementsprechend darf der Eigentümer seinen Herausgabeanspruch auch erst nach Ablauf dieser Frist vollstrecken.
52
Auch absonderungsberechtigte Gläubiger unterfallen grundsätzlich – jedenfalls wegen ihres Absonderungsanspruchs – nicht dem § 89 InsO. Allerdings sind sie möglicherweise wegen § 166 InsO gehindert, ihr Absonderungsrecht geltend zu
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1 2 3 4 5 6
Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 89 InsO Rz. 5. Breuer in MünchKomm., § 89 InsO Rz. 13 m.w.N. Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 89 InsO Rz. 8. Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 89 InsO Rz. 16. Kroth in Braun, § 89 InsO Rz. 6; Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 89 InsO Rz. 19. Ries/Böhner in PK-HWF, § 89 InsO Rz. 10.
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§7
Rz. 54
Insolvenz
machen, soweit es bewegliches Vermögen oder Rechte betrifft, sodass de facto damit wieder die Sperre des § 89 InsO eingreift.1 54
Anders verhält es sich bei hypothekarisch bzw. grundbuchlich gesicherten Gläubigern (soweit sie Ihre Sicherungsrechte außerhalb der Rückschlagsperre erworben haben). Da dem Insolvenzverwalter insoweit keine Verwertungsbefugnis zusteht (§ 165 InsO), können diese Gläubiger die Verwertung von Grundstücken durch Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung betreiben (beachte insoweit aber die entsprechenden Vorschriften des ZVG, §§ 30d, 30e, 153b ZVG). Ähnliches gilt für rechtsgeschäftlich bestellte oder durch Zwangsvollstreckung – außerhalb der Rückschlagsperre – erworbene Pfandrechte, die ebenfalls vom Gläubiger selbst verwertet werden können und damit nicht der Sperre des § 89 InsO unterliegen. Die Vorschrift des § 166 InsO greift nicht, da die dem Pfandrecht unterliegenden Gegenstände sich beim Gläubiger befinden, also gerade nicht der Verfügungsmacht des Verwalters unterliegen. b) Anfechtung
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Über die unmittelbare Wirkung des Eröffnungsbeschlusses hinaus ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Insolvenzverwalter die Möglichkeit der Anfechtung eröffnet. Auch das Recht der Anfechtung ist letztlich Ausdruck der par condicio creditorum: Wer sich gemäß §§ 129 ff. InsO in unzulässiger Art und Weise kurz vor dem Insolvenzeröffnungsantrag Sondervorteile verschafft hat, soll durch das Anfechtungsrecht gezwungen werden, diese Vorteile wieder abzugehen.
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Im Gegensatz zu den in §§ 88 und 89 InsO geregelten Verboten wirkt allerdings die in §§ 129 ff. InsO geregelte Anfechtung nicht automatisch. Eine an sich anfechtbare Rechtshandlung bleibt so lange wirksam, bis die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter explizit erklärt und (notfalls) gerichtlich durchgesetzt wird.
57 " Praxistipp: Da die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung keine unmittelbare Auswirkung auf die Wirksamkeit dieser Rechtshandlung hat, kann es sich manchmal empfehlen, in Zweifelsfällen trotz der möglicherweise bestehenden Gefahr einer Anfechtung die Rechtshandlung vorzunehmen, um so eine bessere Verhandlungsposition mit dem Insolvenzverwalter zu erhalten. Dies verbietet sich allerdings bei offensichtlich anfechtbaren Rechtshandlungen. 58
Gemäß § 129 InsO kann der Insolvenzverwalter solche Rechtshandlungen, die vor dem Insolvenzantrag oder danach vorgenommen wurden, nach Maßgabe der §§ 130 ff. InsO anfechten, wenn sie die (übrigen) Insolvenzgläubiger benachteiligen.
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Grundvoraussetzung aller Anfechtungen ist also einerseits eine (objektive) Benachteiligung der Gläubiger, andererseits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. 1 Uhlenbruck in Uhlenbruck, § 89 InsO Rz. 20.
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III. Passivprozesse
§7
Rz. 65
Als Benachteiligung genügt in der Regel – und ist aber auch erforderlich – der objektiv nachteilige Erfolg für die Gesamtheit der Gläubiger ohne Rücksicht auf einen ihn erstrebenden Vorsatz. Letzterer ist nur in dem besonderen Fall des § 133 InsO (vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung) zusätzliche Anfechtungsvoraussetzung. Ferner ist eine tatsächlich erfolgte Bereicherung des Anfechtungsgegners als Anfechtungsvoraussetzung nicht nötig.1
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Es führte zu weit, an dieser Stelle auf die – teilweise recht umfangreiche – Kasuistik der Anfechtungsfälle im Einzelnen einzugehen. Im Folgenden soll daher nur schlagwortartig zu den wichtigsten Anfechtungsregeln Stellung genommen werden:
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aa) Kongruente Deckungsgeschäfte § 130 InsO Gemäß § 130 InsO sind solche Rechtshandlungen anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag eine Sicherung oder Befriedigung gewährt haben, wenn der Schuldner bei Vornahme dieser Handlungen zahlungsunfähig war und der Gläubiger dies wusste oder von Umständen Kenntnis hatte, die zwingend auf das Vorhandensein der Zahlungsunfähigkeit schließen ließen. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger auf genau diese Rechtshandlung einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch hatte.
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Kenntnis des Gläubigers dürfte insbesondere dann zu vermuten sein, wenn schon mehrere vergebliche Zwangsvollstreckungsversuche – auch im einstweiligen Verfahren – durchgeführt wurden. Die Tatsache allein, dass eine fällige Forderung erst tituliert und dann vollstreckt werden muss, ist dagegen noch kein ausreichendes Indiz.2 Ebenso ist die Vereinbarung von Ratenzahlungen oder die Stundung kein Indiz für die Kenntnis des Gläubigers von einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit.
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" Praxistipp: Vor diesem Hintergrund kann es im Einzelfall sinnvoll sein, den 64 Schuldner vor „offiziellen“ Zwangsvollstreckungsmaßnahmen mündlich oder telefonisch zur Zahlung aufzufordern, um nicht durch die vergeblichen Zwangsvollstreckungsversuche die eigene Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu dokumentieren.
bb) Inkongruente Deckungsgeschäfte § 131 InsO Gemäß § 131 InsO sind solche Rechtshandlungen anfechtbar, die einem Gläubiger in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag eine Sicherung oder Befriedigung gewährt haben, die er nicht, nicht in der Art oder zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Dabei ist die Rechthandlung im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag immer anfechtbar, im zweiten und dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag dann, wenn der Schuldner zahlungsunfähig war, oder der Gläubiger wusste, dass durch die Rechtshandlung andere Gläubiger benachteiligt werden.
1 Kirchhof in MünchKomm., § 129 InsO Rz. 76. 2 Kirchhof in MünchKomm., § 130 InsO Rz. 34 ff.
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65
§7
Rz. 66
Insolvenz
66 " Praxistipp: Wegen des erhöhten Anfechtungsrisikos sollte in jedem Fall versucht werden, ein „inkongruentes“ Deckungsgeschäft zu vermeiden. Es empfiehlt sich also, nur diejenigen Leistungen zu akzeptieren, die auch in dieser Form so geschuldet waren (beispielsweise kein Geld anstelle der geschuldeten Ware, keine Sicherung statt der Erfüllung etc.) 67
Befriedigungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stellen nach Ansicht des BGH1 immer inkongruente Deckungsgeschäfte dar, weil nach dem Eintritt der Krise und der damit verbundenen materiellen Insolvenz eine Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht mehr durch den Einsatz staatlicher Zwangsmittel insolvenzfest erzwungen werden soll.2 In dem entschiedenen Fall war die Vorpfändung (§ 845 ZPO) vor dem kritischen Drei-Monatszeitraum erfolgt, die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dagegen erst danach. Die Anwendbarkeit des § 88 InsO schied aus, weil die Pfändung außerhalb der Monatsfrist erfolgte. Der BGH stellte aber klar, dass trotzdem eine Anfechtbarkeit nach § 131 InsO gegeben sei, dies, obwohl die Vorpfändung außerhalb des DreiMonatszeitraumes erfolgte, da die Vorpfändungen noch kein insolvenzgeschütztes Sicherungsrecht begründeten.3 cc) Absichtliche Gläubigerbenachteiligung § 133 InsO
68
Bei einem Arrest oder einer einstweiligen Verfügung dürfte § 133 InsO in der Regel nicht zur Anwendung kommen, da „eine Benachteiligung anderer Insolvenzgläubiger durch den Schuldner in diesen Fällen nicht vorliegen dürfte.
6. Masseverbindlichkeiten 69
Hinsichtlich der vom Insolvenzverwalter begründeten Masseverbindlichkeiten gelten im Grundsatz keine Besonderheiten im Vergleich zu Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gegen Schuldner ohne Insolvenzverfahren. Arrestverfahren und Verfahren zur Erlangung einstweiliger Verfügungen gegen den Insolvenzverwalter sind also möglich und zulässig, soweit sie Masseverbindlichkeiten betreffen und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Zu richten sind sie an „XY als Insolvenzverwalter über das Vermögen der YZ, Anschrift des Schuldners“.
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Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit erklärt und damit dokumentiert hat, dass die Insolvenzmasse voraussichtlich nicht zur Befriedigung aller Massegläubiger ausreichen wird.
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In diesem Fall gelten hinsichtlich der Altmasseverbindlichkeiten, also der Masseverbindlichkeiten, die vor der Erklärung der Masseunzulänglichkeit entstanden sind, im Grundsatz die gleichen Regeln wie für „normale“ Insolvenzforderungen. Insbesondere ist die Zwangsvollstreckung in die Insolvenzmasse wegen solcher Masseverbindlichkeiten unzulässig.4 1 2 3 4
St. Rspr., zuletzt BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, NZI 2006, 397 (398). BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, NZI 2006, 397 (398). BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, NZI 2006, 397 (398). OLG Brandenburg v. 27.2.2007 – 11 U 62/06, juris.
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III. Passivprozesse
§7
Rz. 73
7. Insolvenzplanverfahren Prinzipiell die gleichen Aussagen wie oben gelten auch hinsichtlich der Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens. Da dieses zunächst normales Regelverfahren ist, gelten die Vorschriften der Insolvenzordnung uneingeschränkt. Nach Annahme des Insolvenzplanes gelten bezüglich neuer – also erst nach Annahme des Plans begründeter – Forderungen keine Besonderheiten im Vergleich zu Verfahren ohne Insolvenz. Die vor Annahme des Insolvenzplanes begründeten Forderungen sind entweder Masseverbindlichkeiten (s. Rz. 69 f.) oder sie werden durch den Insolvenzplan geregelt. Gemäß § 257 InsO können die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen zur Insolvenztabelle festgestellt wurden, aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan die Zwangsvollstreckung betreiben und – bei Vorliegen der entsprechenden, speziellen Voraussetzungen – auch einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
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8. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens können Gläubiger gegen den Schuldner wieder normal im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen, sofern dies wirtschaftlich noch sinnvoll erscheint.
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§8 Schiedsverfahren Inhaltsübersicht I. Rechtliche Grundlagen 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bedeutung der Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes durch Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsschutz nur durch konstituierte Schiedsgerichte . . b) Umstrittene Zulässigkeit von ex-parte-Verfahren . . . . . . c) Keine Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherungen . . . . . . . . . . d) Keine automatische Vollziehbarkeit einer Anordnung und keine Ordnungsmittelkompetenz . . . . . . . . . . . . . . e) Keine Begrenzung der Rechtsschutzformen . . . . . . . . .
1 2
6 7 9 11
12 14
II. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor Schiedsgerichten 1. Erlass einer Maßnahme durch das Schiedsgericht a) Zulässigkeit aa) Checkliste: Zuständigkeit des Schiedsgerichts . . . bb) Wirkungen paralleler/ sukzessiver Verfahren vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten? . . . . b) Voraussetzungen . . . . . . . c) Inhalt einer Entscheidung . . d) Rechtsbehelfe . . . . . . . . . 2. Vollziehung einer Maßnahme durch das staatliche Gericht . . 3. Aufhebung einer Maßnahme . . 4. Aufhebung der Vollziehung . . . 5. Schadensersatz . . . . . . . . . .
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18 21 25 30 33 42 45 47
Literatur: Bandel, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, 2000; Böckstiegel/ Nacimiento/Kröll, Arbitration in Germany, 2007; Gottwald/Adolphsen, Das neue deutsche Schiedsverfahrensrecht, DStR 1998, 1017; Hobeck/Weyreuther, SchiedsVZ 2005, 238; Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit für die Praxis, 2006; Kröll, Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für einstweiligen Rechtsschutz bei ausländischem Schiedsort, IHR 2005, 142; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008; Pörnbacher/Thiel, Kostensicherheit in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2010, 14; Risse/Frohloff, Schadensersatzansprüche nach einstweiligen Verfügungen in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2011, 239; Schlosser, Der einstweilige Rechtsschutz in Sportangelegenheiten, SchiedsVZ 2009, 84; Schroeder, Mareva Injunctions and Freezing Orders in International Commercial Arbitration, SchiedsVZ 2004, 26; Schroth, Einstweiliger Rechtsschutz im deutschen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2002, 102; Schütze (Hrsg.), Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 2011; Schütze, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, BB 1998, 1650; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005; Hanefeld, Country Report Germany, in Weigand (Hrsg.), Practitioner’s Handbook on International Arbitration, 2. Aufl. 2009; Westphal/Busse, Vorläufige Maßnahmen durch ein bei Großprojekten vereinbartes ständiges Schiedsgericht, SchiedsVZ 2006, 21.
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§8
Rz. 1
Schiedsverfahren
I. Rechtliche Grundlagen 1. Einleitung 1
Mit der Neufassung des 10. Buchs der ZPO im Jahr 1998 wurde den Schiedsgerichten in § 1041 ZPO ausdrücklich die Befugnis eingeräumt, auch Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu erlassen. Welche Bedeutung die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes durch Schiedsgerichte für die anwaltliche Praxis hat, ist nach wie vor schwierig zu beurteilen. In den meisten Bereichen des einstweiligen Rechtsschutzes, z.B. wettbewerbs- oder markenrechtlichen Streitigkeiten, spielen Schiedsgerichte kaum eine Rolle. Denn Schiedsgerichte setzen eine Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien voraus. Sind die Parteien aber, wie bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten, nicht vertraglich verbunden, besteht auch keine Schiedsvereinbarung. In anderen Bereichen, z.B. dem Miet- oder Familienrecht, kommen Schiedsverfahren kaum vor bzw. sind unzulässig.1 Die Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes durch Schiedsgerichte dürfte sich daher auf vertragliche Streitigkeiten im Bereich des Wirtschafts- und Gesellschaftsrechts beschränken. In jüngster Zeit hat aber auch der einstweilige Rechtsschutz in Sportschiedsverfahren an Bedeutung gewonnen.2
2. Die Bedeutung der Parteivereinbarung 2
§ 1041 ZPO begründet eine originäre, d.h. nicht abgeleitete Kompetenz der Schiedsgerichte. Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, kann das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei vorläufige oder sichernde Maßnahmen anordnen, die es in Bezug auf den Streitgegenstand für erforderlich hält. Damit stellt das Gesetz klar, dass die Parteien die Zuständigkeit der Schiedsgerichte in ihrer Schiedsvereinbarung durch ausdrückliche Regelung abbedingen können.3 Gleichzeitig bleiben die staatlichen Gerichte nach § 1033 ZPO für den einstweiligen Rechtsschutz zuständig. Dazu gehört auch das selbstständige Beweisverfahren.4 In der Praxis sehen alle maßgeblichen Schiedsordnungen (z.B. DISSchiedsO oder ICC-SchiedsO) die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes durch Schiedsgerichte vor. Ein „unbeabsichtigter“ Ausschluss dieser Möglichkeit durch Wahl einer Schiedsordnung dürfte daher nicht vorkommen. 1 Gemäß § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann jeder vermögensrechtliche Anspruch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Gemäß § 1030 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind Schiedsvereinbarungen über Rechtsstreitigkeiten, die den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum im Inland betreffen, unwirksam. Als nicht schiedsfähig gelten darüber hinaus Ehe- und Kindschaftssachen, Geimer in Zöller, § 1030 ZPO Rz. 6. Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern sowie zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern sind schiedsfähig, Geimer in Zöller, § 1030 ZPO Rz. 10–10c. 2 S. dazu Schlosser, SchiedsVZ 2009, 84. 3 Angesichts des Wortlauts der Norm ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die Kompetenz des Schiedsgerichts zum Erlass von einstweiligen Rechtsschutzmaßnahmen nicht abbedungen haben. 4 Geimer in Zöller, § 1033 ZPO Rz. 3; OLG Koblenz v. 15.7.1998 – 5 W 464/98, MDR 1999, 502.
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I. Rechtliche Grundlagen
§8
Rz. 5
" Wichtig: Gegen einen Antrag beim Staatsgericht kann die Einrede der 3 Schiedsvereinbarung nicht erhoben werden.1 Ebenso unbegründet ist es daher, die Eilbedürftigkeit eines Antrages beim staatlichen Gericht mit Hinweis auf die Schiedsklausel abzulehnen.
Ob diese Zuständigkeit der staatlichen Gerichte durch die Schiedsvereinbarung ausgeschlossen werden kann, ist strittig. Die Ausschlussmöglichkeit wird mit der Parteiautonomie oder (a maiore ad minus) mit der Möglichkeit, die Klagbarkeit einer Forderung auszuschließen, begründet.2 Vermittelnd wird teilweise argumentiert, ein Ausschluss müsse möglich sein, wenn die Parteien in der Schiedsvereinbarung sichergestellt haben, dass ähnlich effektiver Rechtsschutz wie vor staatlichen Gerichten gewährt wird3. Auch wenn das zu begrüßen wäre, überzeugen die Argumente dafür nicht. Während die Kompetenz des Schiedsgerichts gilt, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, ist § 1033 ZPO dem Wortlaut nach nicht abdingbar. § 1033 ZPO gehört auch nicht zu den Vorschriften über das schiedsrichterliche Verfahren, die nach § 1042 ZPO bis auf zwingende Vorschriften abbedungen werden können. § 1033 Abs. 1 ZPO dient vielmehr der Verwirklichung effektiven einstweiligen Rechtsschutzes und ist deshalb zwingend.4 Ist die Wirksamkeit der Schiedsklausel, mit der die Zuständigkeit abbedungen wird, im Streit, wäre unter Umständen bis zur gerichtlichen Klärung dieses Streits einstweiliger Rechtsschutz weder beim Schiedsgericht noch beim staatlichen Gericht gegeben. Der „vermittelnden“ Ansicht ist entgegenzuhalten, dass ein um Rechtsschutz angerufenes staatliches Gericht selten in der Lage sein wird, die Effektivität des vereinbarten schiedsgerichtlichen Rechtsschutzes richtig einzuschätzen. Eine völlig andere Frage ist, ob die Anrufung staatlicher Gerichte, wenn deren Kompetenz von den Parteien ausgeschlossen werden sollte, im Innenverhältnis zwischen den Parteien rechtswidrig ist.
4
" Wichtig: Aus der Vereinbarung eines ausländischen Schiedsortes kann 5 nicht geschlossen werden, dass die Parteien die Zuständigkeit deutscher Gerichte derogieren wollten.5 Nicht einmal die ausdrückliche Prorogation der exklusiven Zuständigkeit der Gerichte des ausländischen Schiedsorts führt zwingend zur Unzuständigkeit deutscher Gerichte.6
1 Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 22. 2 Grunsky in Stein/Jonas, vor § 916 ZPO Rz. 31; Geimer in Zöller, § 1033 ZPO Rz. 6; Schütze, BB 1998, 1650. 3 Kreindler/Schäfer/Wolff, Rz. 899; Westphal/Busse, SchiedsVZ 2006, 25. Das ist z.B. beim Sportschiedsgericht der DIS der Fall, da auch dann, wenn das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, Rechtsschutz gewährleistet wird. 4 Voit in Musielak, § 1033 ZPO Rz. 3; LG Berlin v. 6.2.2006 – 5 O 39/06; OLG München v. 26.10.2000 – U (K) 3208/00, NJW-RR 2001, 711; Lachmann, Rz. 2853. 5 Kröll, IHR 2005, 143–146; a.A. OLG Nürnberg v. 30.11.2004 – 12 U 2881/04, SchiedsVZ 2005, 50; Lachmann, Rz. 2875. 6 OLG Köln v. 12.4.2002 – 6 U 142/01, GRUR-RR 2002, 309.
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§8
Rz. 6
Schiedsverfahren
3. Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes durch Schiedsgerichte 6
Ist der Streit zwischen dem eigenen Mandanten und dem Gegner von der Reichweite einer Schiedsvereinbarung erfasst, ist sorgfältig zu überlegen, ob ein Antrag beim Schiedsgericht oder beim staatlichen Gericht zu stellen ist. Der schiedsgerichtliche einstweilige Rechtsschutz weist einige Besonderheiten auf, die bedacht werden müssen. a) Rechtsschutz nur durch konstituierte Schiedsgerichte
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Schiedsgerichte können erst dann Rechtsschutz gewähren, wenn sie sich konstituiert haben. Haben die Parteien nichts anderes vereinbart und findet das Verfahren in Deutschland statt, gelten dafür die §§ 1034, 1035 ZPO. Bis zur ersten Sitzung des vollständigen Schiedsgerichts können somit durchaus ein bis zwei Monate vergehen.1 Der damit verbundene Zeitverlust kann nicht nur den Eileffekt einstweiligen Rechtsschutzes infrage stellen, sondern auch die für das Rechtsschutzbedürfnis notwendige Eilbedürftigkeit zunichte machen. Im Regelfall wird einstweiliger Rechtsschutz durch Schiedsgerichte somit nur in Erwägung zu ziehen sein, wenn das Schiedsgericht sich schon konstituiert hat und mit dem Sachverhalt vertraut ist oder ausnahmsweise vorher Rechtsschutz zulässig ist. Selbst dann aber wird kaum ein Schiedsgericht einstweiligen Rechtsschutz – wie ein staatliches Gericht – binnen weniger Stunden gewähren können. Seit der ersten Auflage dieses Buches haben Schiedsinstitutionen wie die SCC oder die ICC Regelungen über „emergency arbitrators“ eingeführt, die die Ernennung eines solchen ‚Notschiedsrichters‘ binnen weniger Tage vorsehen. Umfangreiche Erfahrungen damit existieren noch nicht.
8 " Praxistipp: Einstweiliger Rechtsschutz durch ein noch nicht konstituiertes Schiedsgericht kommt in Betracht, wenn in der Schiedsvereinbarung das Schiedsgericht (z.B. ein Einzelschiedsrichter) bereits benannt oder die Zuständigkeit für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes z.B. auf den Vorsitzenden übertragen und der Vorsitzende in der Schiedsklausel bereits benannt wurde.2 Überlegenswert ist auch die Vereinbarung eines speziellen Mechanismus zum einstweiligen Rechtsschutz wie z.B. das Pre-ArbitralReferee-Verfahren der ICC. b) Umstrittene Zulässigkeit von ex-parte-Verfahren 9
Üblicherweise wird man einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Gesuch verbinden, über den Antrag ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung ver1 Ist die Gegenseite nicht kooperativ (was bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme zu erwarten ist), können aufgrund der gesetzlichen Fristen des § 1035 ZPO mindestens zwei Monate vergehen, bevor das Schiedsgericht konstituiert ist. 2 Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 17. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 1052 ZPO. Die DIS-Sportschiedsgerichtsordnung ermöglicht auf ähnliche Weise so auch Rechtsschutz vor Konstituierung des Schiedsgerichts.
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I. Rechtliche Grundlagen
§8
Rz. 11
zögert nicht nur den Erlass der Maßnahme, sondern setzt den Antragsgegner auch von der Maßnahme in Kenntnis. Dies kann zur Vereitelung des Zwecks der Maßnahme führen. Es ist jedoch umstritten, ob Schiedsgerichte Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ohne vorherige Anhörung der Gegenseite (ex-parte-Maßnahmen) erlassen dürfen.1 Dagegen wird angeführt, dass die ZPO kein Rechtsmittel gegen einstweilige Maßnahmen des Schiedsgerichts vorsehe, sodass rechtliches Gehör zwingend vorher gewährt werden müsse.2 Das ist jedoch nicht bedenklich, weil (s. Rz. 12) sich der Betroffene der einstweiligen Verfügung des Schiedsgerichts nicht zu unterwerfen braucht.3 Durch die Reform wurden Schiedsgerichte und staatliche Gerichte ferner als gleichwertig nebeneinander gestellt. Einstweilige Maßnahmen ohne Anhörung des Antragsgegners sind daher zulässig, wenn das Schiedsgericht den Antragsgegner unmittelbar nach Erlass der Maßnahme anhören muss und ggf. die Maßnahme abändert.4 Versäumt es dies, dürfte ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör vorliegen, der eine Vollziehung der Maßnahme durch ein staatliches Gericht unmöglich macht.
" Wichtig: Die Entwicklung hierzu ist noch im Fluss, auch kann die gewählte 10 Schiedsordnung (z.B. DIS-SchiedsO) die vorherige Anhörung des Antragsgegners vorschreiben5. Will man den sichersten Weg gehen, und würde eine Anhörung des Gegners den Zweck der Maßnahme vereiteln, sollte man einstweiligen Rechtsschutz unmittelbar beim staatlichen Gericht beantragen.6
c) Keine Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherungen Nach h.M. ist ein Schiedsgericht nicht befugt, eidesstattliche Versicherungen als Mittel zur Glaubhaftmachung entgegenzunehmen.7 Ein Antragsteller muss sich anderer Mittel zur Glaubhaftmachung bedienen. Da ein Schiedsgericht jedoch nicht an das Strengbeweisverfahren der ZPO gebunden ist, kommen daher auch schriftliche oder fernmündliche Zeugenaussagen, Behördenauskünfte oder anwaltliche Versicherungen in Betracht.8
1 Ablehnend z.B. Schütze, BB 1998, 1650 (1651); befürwortend z.B. Geimer in Zöller, § 1042 ZPO Rz. 3; Hanefeld in Weigand, Rz. 7 139; Walter in Schwab, Kap. 17a Rz 20. 2 Schütze, BB 1998, 1650 (1651); Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1041 ZPO Rz. 2. 3 Walter in Schwab, Kap. 17a Rz 39. 4 Geimer in Zöller, § 1041 ZPO Rz. 1; Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 20; Kreindler/ Schäfer/Wolff, Rz. 920; Lachmann, Rz. 2907. So auch Art. 26 Abs. 3 der 2012 Swiss Rules. 5 Vgl. z.B. Theune, DIS-Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 20 Rz. 4, in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit. 6 So auch Hobeck/Weyreuther, SchiedsVZ 2005, 238 (240). 7 Bandel, S. 104; Geimer in Zöller, § 1041 Rz. 2; Schütze, BB 1998, 1650 (1651); Lachmann, Rz. 2902. 8 Vgl. die Ausführungen zum Freibeweisverfahren im Herdegen in Karlsruher Kommentar, 6. Aufl. 2008, § 244 StPO Rz. 8.
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11
§8
Rz. 12
Schiedsverfahren
d) Keine automatische Vollziehbarkeit einer Anordnung und keine Ordnungsmittelkompetenz 12
Eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes, die ein Schiedsgericht erlässt, ist jedoch nicht automatisch vollziehbar. Erfüllt der Antragsgegner die Anordnung des Schiedsgerichts nicht freiwillig, z.B. weil er schon die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestreitet, muss der Antragsteller beim staatlichen Gericht gemäß § 1041 Abs. 2 ZPO beantragen, die Vollziehung der Maßnahme zuzulassen (s. dazu Rz. 33 ff.). Diese gesetzlich gewollte Stufung des Verfahrens kann die Effizienz des schiedsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes erheblich beeinträchtigen1, weil erst nach dieser Zulassung die eigentliche Vollziehung (d.h. Zustellung im Parteibetrieb sowie notwendige Vollstreckungsmaßnahmen) stattfinden kann. In der Praxis werden einstweilige Verfügungen des Schiedsgerichts jedoch oft freiwillig erfüllt, da das Schiedsgericht ja auch über die Hauptsache entscheidet und eine Nichtbefolgung das Schiedsgericht verärgern kann.
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Ebenso ist ein Schiedsgericht nicht befugt, Unterlassungsanordnungen mit der Androhung von Ordnungsgeldern zu verbinden oder bei Verstoß gegen eine Unterlassungsanordnung Ordnungsgelder zu verhängen. Zuständig dafür ist das gemäß § 1062 Abs. 1, 2 ZPO näher zu bestimmende Oberlandesgericht.2 e) Keine Begrenzung der Rechtsschutzformen
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Gemäß § 1041 Abs. 1 ZPO kann das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei vorläufige oder sichernde Maßnahmen anordnen, die es für erforderlich hält. Nach h.M. ist ein Schiedsgericht dabei an die Rechtsschutzformen der ZPO, also Arrest und einstweiligen Rechtsschutz, nicht gebunden.3 Es können auch dem deutschen Recht unbekannte Maßnahmen angeordnet werden. Dies ermöglicht dem Schiedsgericht, Maßnahmen fallspezifisch zuzuschneiden, und stellt einen wesentlichen Vorteil dar.
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Allerdings kann der staatliche Richter nur die Vollziehung von Maßnahmen anordnen, die nach deutschem Recht möglich sind.4 § 1041 Abs. 2 Satz 2 ZPO ermächtigt daher das Staatsgericht, die Anordnung der Vollziehung abweichend zu fassen, wenn das zur Vollziehung der Maßnahme notwendig ist.
1 Dies gilt sicherlich nicht für industrielle Großprojekte, z.B. im Anlagenbau, bei denen die zugrunde liegenden Verträge oftmals komplexe Schiedsgerichtsklauseln mit bereits benannten Schiedsrichtern enthalten. Entscheidet das Schiedsgericht auch über die Hauptsache, besteht für den Antragsgegner ein faktischer Zwang zur Befolgung der vorläufigen oder sichernden Maßnahme. 2 Bandel, S. 178–181; Lachmann, Rz. 2929; a.A. Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 16. 3 Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 5; Otte in Berger, S. 883. 4 Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 5.
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II. Verfahren d. einstw. Rechtssch. vor Schiedsgerichten
§8
Rz. 20
II. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor Schiedsgerichten 1. Erlass einer Maßnahme durch das Schiedsgericht a) Zulässigkeit aa) Checkliste: Zuständigkeit des Schiedsgerichts – Liegt eine wirksame Schiedsvereinbarung vor? – Ist der Gegenstand der zu beantragenden Maßnahme schiedsfähig? – Ist das Schiedsgericht ordnungsgemäß konstituiert bzw. ist der Vorsitzende Schiedsrichter (oder eine andere Person) laut Schiedsvereinbarung allein für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zuständig und bereits benannt oder gibt es „emergency arbitrator“-Regeln? – Haben die Parteien die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für den einstweiligen Rechtsschutz nicht abbedungen?
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Sind die Voraussetzungen der Checkliste erfüllt, ist ein Schiedsgericht grundsätzlich zuständig, eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes zu erlassen.
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bb) Wirkungen paralleler/sukzessiver Verfahren vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten? Gemäß § 1033 ZPO besteht eine parallele Zuständigkeit der staatlichen Gerichte. Ein Antragsteller kann daher einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich gleichzeitig vor staatlichen Gerichten und vor dem vereinbarten Schiedsgericht einbringen. Widersprüchliche Entscheidungen werden im Ergebnis dadurch vermieden, dass gemäß § 1041 Abs. 2 ZPO eine vom Schiedsgericht erlassene Maßnahme nicht mehr durch das Gericht zur Vollziehung zugelassen werden kann, wenn vor dem Staatsgericht eine Maßnahme beantragt wurde. Die Rechtshängigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem Staatsgericht führt daher nicht zur Unzuständigkeit des Schiedsgerichts.1
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Hat das Schiedsgericht eine Entscheidung getroffen, bindet diese Entscheidung das staatliche Gericht nicht.2 Es gibt keine Einrede der Schiedshängigkeit. Dies folgt aus § 1041 Abs. 2 ZPO: Eine vor dem Staatsgericht beantragte Maßnahme führt zur Unzulässigkeit eines Antrags auf Vollziehung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme.
19
Hat das staatliche Gericht die beantragte Maßnahme erlassen, dürfte einem parallelen oder nachträglichen Antrag beim Schiedsgericht die gemäß § 1041 Abs. 1 ZPO notwendige „Erforderlichkeit“ fehlen. Das Rechtsschutzbedürfnis wird nur dann vorliegen, wenn es um neue Tatsachen oder Beweismittel geht.3 Umstritten und noch nicht richterlich entschieden ist, ob eine ablehnende Ent-
20
1 Schroth, SchiedsVZ 2003, 102 (105); a.A. Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 26. 2 Schroth, SchiedsVZ 2002, 102 (106). 3 Schroth, SchiedsVZ 2002, 102 (107); Bandel, S. 302.
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§8
Rz. 21
Schiedsverfahren
scheidung des staatlichen Gerichts das Schiedsgericht ebenfalls bindet.1 Hiergegen spricht, dass eine stattgebende Maßnahme des Schiedsgerichts noch der gerichtlichen Vollziehung bedürfte, und eine Bindungswirkung im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens stattfinden kann. b) Voraussetzungen 21
Nach dem Wortlaut des § 1041 Abs. 1 ZPO kann das Schiedsgericht vorläufige oder sichernde Maßnahmen anordnen, die es in Bezug auf den Streitgegenstand für erforderlich hält. Ob eine beantragte Maßnahme erlassen wird, steht nicht im Ermessen des Schiedsgerichts.2 Denn dann wäre der Rechtsschutz vor dem Schiedsgericht nicht dem Rechtsschutz vor dem staatlichen Gericht gleichgestellt. Das „kann“ in § 1041 ZPO ist daher nur Ausdruck der Zuständigkeit des Schiedsgerichts.3
22 " Praxistipp: Dies ist jedoch nicht unumstritten. Da gegen Entscheidungen des Schiedsgerichts auch keine Rechtsmittel gegeben sind, muss der Mandant darauf hingewiesen werden, dass ein Schiedsgericht daher rechtsirrig den Erlass ablehnen könnte. Dem sichersten Weg würde es entsprechen, vor das Staatsgericht zu ziehen. 23
Es ist in der schiedsgerichtlichen Literatur umstritten, ob die „Erforderlichkeit“ die einzige Voraussetzung für den Erlass einer Maßnahme ist4, oder ob das Schiedsgericht darüber hinaus an die Anforderungen der §§ 916 ff. ZPO gebunden ist, also Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch vorliegen müssen.5 Soweit erkennbar, ist diese Frage noch nicht schieds- oder staatsgerichtlich entschieden worden. Ein Streitentscheid ist hier unnötig. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Ansichten kaum: Als „erforderlich“ wird eine Maßnahme dann angesehen, wenn sie dem Schutz des geltend gemachten Rechts dient und ein sachlicher Grund, z.B. ein drohender Nachteil, für den Eingriff in die Rechtsstellung des Antragsgegners vorhanden ist.6
24 " Praxistipp: Vorsorglich sollten daher Grund und Anspruch für die beantragte Maßnahme einstweiligen Rechtsschutzes dargelegt werden. c) Inhalt einer Entscheidung 25
Wie bereits erläutert, ist ein Schiedsgericht nicht auf die Rechtsschutzformen der §§ 916 ff. ZPO beschränkt.7 Die Bandbreite möglicher Maßnahmen kann hier nur exemplarisch aufgezählt werden: 1 2 3 4 5
Vgl. Schroth, SchiedsVZ 2002, 102; Bandel, S. 300–301. So aber wohl Kreindler/Schäfer/Wolff, Rz. 921; auch BT-Drucks. 13/5274, 45. Lachmann, Rz. 2901. Bandel, S. 100; Lörcher/Lörcher, S. 23. Schütze, BB 1998, 1650 (1651); Lachmann, Rz. 2901; Geimer in Zöller, § 1041 ZPO Rz. 1. 6 Vgl. Bandel, S. 102. 7 Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 5, Geimer in Zöller, § 1041 ZPO Rz. 8; Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 4.
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II. Verfahren d. einstw. Rechtssch. vor Schiedsgerichten
§8
Rz. 28
– Beweissicherungsverfahren (str.);1 – Sicherungsmaßnahmen wie z.B. Veräußerungsverbote oder Anordnung der Hinterlegung einer Sache; – Leistungsverfügungen bzw. Befriedigungsmaßnahmen;2 – „Freezing Orders“;3 – Kostensicherheit;4 – Arrest (str.)5. Wie bereits ausgeführt, kommt es auf die Vollziehbarkeit der Maßnahme nicht an, da das staatliche Gericht die Maßnahme notfalls abweichend fassen kann, um die Vollstreckung zu sichern.
26
Nicht überzeugend ist, dass ein Schiedsgericht nicht befugt sein sollte, im Einzelfall mit einer Leistungsverfügung eine Vorwegnahme der Hauptsache anzuordnen6. Nicht nur sind staatliche Gerichte und Schiedsgerichte für den Erlass einstweiliger Anordnungen gleichgestellt worden, sodass kein Grund ersichtlich ist, Schiedsgerichten etwas zu versagen, was staatliche Gerichte können. Eine vorläufige oder sichernde Maßnahme ist somit dann zulässig (und kann gerichtlich vollzogen werden), wenn die Vollziehung ausnahmsweise zur Erfüllung des verfolgten Anspruchs führen würde. Solche Ansprüche können z.B. im Sport gegeben sein, wenn der Anspruch auf Teilnahme an einer Veranstaltung nur durch eine sofortige Verwirklichung gesichert werden kann.7
27
Ob die in der Literatur angenommene Möglichkeit eines Interimsschiedsspruchs, mit dem eine endgültige, aber zeitlich befristete Maßnahme erlassen wird8, in der Praxis weiterhilft, ist zweifelhaft. Denn hierfür ist nicht nur eine ausdrückliche Ermächtigung der Parteien notwendig. Es ist auch richtige Ansicht, dass eine solche „endgültige“ Entscheidung nicht auf Basis einer summarischen Prüfung und Glaubhaftmachung durch eine Partei ergehen kann.9
28
1 Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 12; Westpfahl/Busse, SchiedsVZ 2006, 21 (24); ablehnend Bandel, S. 182; Lachmann, Rz. 2892. 2 Bandel, S. 192; Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 11, 15. 3 Kreindler/Schäfer/Wolff, Rz. 927. Zur „Freezing Order“ bzw. „Mareva Injunction“ ausführlich Schroeder, SchiedsVZ 2004, 26. Eine „Mareva Injunction“ dient der Sicherung von Geldforderungen. Im Gegensatz zu einem dinglichen Arrest kann sie auf einzelne Vermögenswerte des Antragsgegners beschränkt werden und verbietet ihm die Verfügung über diese Vermögenswerte. Im Rahmen der gerichtlichen Vollziehung müsste sie aber gemäß § 1041 Abs. 3 ZPO in einen beschränkten Arrest umgewertet werden. 4 Pörnbacher/Thiel, SchiedsVZ 2010, 14. 5 Ob ein Schiedsgericht einen persönlichen Arrest anordnen kann (die Vollziehung obläge dem staatlichen Gericht) ist umstritten, vgl. Lachmann, Rz. 2890. Da der persönliche Arrest in der Praxis jedoch kaum eine Rolle spielt, soll dem hier nicht weiter nachgegangen werden. Nach Wagner, S. 772 sind an den dinglichen Arrest erhöhte Anforderungen zu stellen. 6 Bandel, S. 192; Walter in Schwab, Kap. 17a Rz. 13. Die Maßnahme darf jedoch nicht einer endgültigen Entscheidung gleichkommen, sondern muss befristet sein, Geimer in Zöller, § 1041 ZPO Rz. 6; Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 5. 7 OLG Frankfurt a.M. v. 5.4.2001 – 24 Sch 1/01, NJW-RR 2001, 1078. 8 Dafür z.B. Kreindler/Schäfer/Wolff, S. 267; Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 5. 9 Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 5; a.A. Geimer in Zöller, § 1041 ZPO Rz. 7.
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§8
Rz. 29
M 8.1
Schiedsverfahren
29 " Wichtig: Nach § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann das Schiedsgericht von jeder Partei im Zusammenhang mit einer Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes eine angemessene Sicherheit verlangen, ohne dass ein Antrag der Parteien notwendig ist. Die Sicherheit kann sowohl vom Antragsteller (um Schadensersatzansprüche nach § 1041 Abs. 4 ZPO zu sichern) als auch vom Antragsgegner verlangt werden (als Mittel zur Abwendung der Maßnahme).1 d) Rechtsbehelfe 30
8.1 31
Die ZPO sieht keine Rechtsbehelfe des Antragsgegners gegen den Erlass einer Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes durch ein Schiedsgericht vor. Das Gleiche gilt für die in der Praxis verwendeten Schiedsordnungen (z.B. DISSchiedsO). Das Schiedsgericht kann aber jederzeit seine Maßnahme aufheben oder ändern. Da eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes auch erst mit gerichtlicher Anordnung der Vollziehung effektive Rechtswirkungen entfaltet, ist das Fehlen eines Rechtsbehelfs nicht problematisch.
u
Verfügungsantrag
. . . [Schiedsrichter 1] . . . [Schiedsrichter 2] . . . [Schiedsrichter 3] In der Schiedssache A GmbH, . . . – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen die B AG, . . . – Antragsgegner – Verfahrensbevollmächtigte: . . . beantragen wir, im Wege einer vorläufigen Maßnahme gemäß § 1041 ZPO der Antragsgegnerin zu verbieten, . . . Begründung: 1. Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für den Erlass vorläufiger und sichernder Maßnahmen ergibt sich aus § 1041 ZPO. Die Parteien haben diese Zuständigkeit in der Schiedsklausel nicht abbedungen. Es liegt ferner keine entsprechende einstweilige Verfügung eines staatlichen Gerichts vor. 2. Die beantragte Maßnahme ist erforderlich, um . . .
1 Vgl. Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 4 m.w.N.
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M 8.1
II. Verfahren d. einstw. Rechtssch. vor Schiedsgerichten
§8
Rz. 35
Rechtsanwalt Über die Kosten entscheidet das Schiedsgericht erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens gemäß § 1057 Abs. 1 ZPO. Für eine separate Kostenentscheidung besteht grundsätzlich auch kein Bedürfnis, weil – anders als bei Verfahren vor staatlichen Gerichten – für einstweiligen Rechtsschutz und Hauptsacheverfahren regelmäßig keine unterschiedliche Zuständigkeit bestehen kann.
32
2. Vollziehung einer Maßnahme durch das staatliche Gericht Die Zuständigkeit für einen Antrag auf Vollziehung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes richtet sich nach § 1062 ZPO. Gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet wurde, oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk das Schiedsverfahren stattfindet, für Entscheidungen über Anträge betreffend die Vollziehung, Änderung oder Aufhebung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen des Schiedsgerichts zuständig. Liegt der Sitz des Schiedsverfahrens nicht in Deutschland oder ist er noch nicht bestimmt, ist gemäß § 1062 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, sich Vermögen des Antragsgegners oder der von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet. Liegen alle diese Voraussetzungen nicht vor, ist das Kammergericht in Berlin zuständig.
33
Widersprüchlich scheint die ZPO die Frage zu regeln, ob auch einstweilige Rechtsschutzmaßnahmen ausländischer Schiedsgerichte in Deutschland vollzogen werden können. Einerseits bestimmt § 1025 ZPO, dass die Vorschriften des 10. Buchs nur anzuwenden sind, soweit der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland liegt. § 1041 ZPO gehört nicht zu den in § 1025 Abs. 2 ZPO aufgezählten Vorschriften, die ausnahmsweise auch anwendbar sind, wenn der Schiedsort im Ausland liegt. Andererseits regelt § 1062 Abs. 2 ZPO ausdrücklich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für den Fall, dass der Schiedsort im Ausland liegt (s. Rz. 33). Es macht jedoch wenig Sinn, dass deutsche Gerichte bei ausländischen Schiedsverfahren einstweilige Verfügungen erlassen können (§§ 1025 Abs. 2, 1033 ZPO) und Schiedsgerichte bei der Beweisaufnahme unterstützen dürfen (§§ 1025 Abs. 2, 1050 ZPO), aber nicht die Vollziehung einstweiliger Maßnahmen dieses ausländischen Schiedsgerichts anordnen dürfen. Im Ergebnis ist daher § 1041 Abs. 2 ZPO auch auf Maßnahmen ausländischer Schiedsgerichte anwendbar.1
34
" Praxistipp: Findet ein Schiedsverfahren im Ausland statt und sind einstwei- 35 lige Rechtsschutzmaßnahmen in Deutschland notwendig, entspricht es
1 So auch Kreindler/Schäfer/Wolff, Rz. 938; Bandel, S. 369; Walter in Schwab, Kap. 30 Rz. 12; a.A. Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 6, Gottwald/Adolphsen, DStR 1998, 1017 (1020).
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§8
Rz. 36
Schiedsverfahren
noch dem sichersten Weg, gemäß §§ 1025 Abs. 2, 1033 ZPO einstweiligen Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten zu beantragen. 36
Dem Antrag auf Vollziehung ist eine Ausfertigung der Anordnung des Schiedsgerichts beizufügen. Das Gericht entscheidet durch Beschluss nach vorheriger Anhörung des Gegners, die Vollziehung erfolgt nach den allgemeinen Vollstreckungsregeln (s. oben § 5).
37 " Praxistipp: Gemäß § 1063 Abs. 3 ZPO kann der Vorsitzende des Zivilsenats ohne vorherige Anhörung des Gegners anordnen, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 1041 ZPO die Vollziehung aus der vorläufigen oder sichernden Maßnahme betreiben darf. Ein entsprechender Antrag sollte unbedingt gestellt werden. Der Antragsgegner ist jedoch befugt, die Vollziehung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden. 38
Hat das Schiedsgericht in seiner vorläufigen oder sichernden Maßnahme dem Antragsgegner ein bestimmtes Handeln verboten, sollte der Antrag auf Vollziehung mit einem Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln verbunden werden. Denn die Vollziehung (d.h. Vollstreckung) der Unterlassungsverfügung setzt voraus, dass neben der Verfügung auch die Ordnungsmittelandrohung im Parteibetrieb zugestellt wird.1 Hierfür ist ebenfalls das Oberlandesgericht zuständig.2
39
§ 1041 Abs. 2 ZPO räumt dem staatlichen Gericht nach allgemeiner Auffassung Ermessen hinsichtlich der Entscheidung ein, ob die vorläufige oder sichernde Maßnahme des Schiedsgerichts für vollziehbar erklärt werden soll.3 Das staatliche Gericht überprüft nicht die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Schiedsgerichts, sofern diese nicht offensichtlich rechtswidrig ist, z.B. weil es an einem Anordnungsgrund fehlt, kein Anspruch besteht oder die Maßnahme unverhältnismäßig ist.4 Überprüft werden üblicherweise jedoch die folgenden Punkte5: – Liegt eine Schiedsvereinbarung vor und ist das Schiedsgericht zum Erlass vorläufiger oder sichernder Maßnahmen zuständig?
" Praxistipp: Die Schiedsvereinbarung sollte dem Antrag auf Vollziehung in
beglaubigter Ablichtung beigefügt werden. Das Gericht könnte sonst gemäß
1 Zustellung ausreichend: OLG Brandenburg v. 23.9.2005 – 4 U 25/05; OLG Frankfurt a.M. v. 20.11.1997 – 6 U 139/97, NJW-RR 1998, 1007; Ordnungsmittelanträge müssen gestellt werden: OLG Rostock v. 24.5.2006 – 6 U 242/05; OLG Hamburg v. 6.6.1996 – 3 U 9/96, NJWE-WettBR 1997, 91 = GRUR 1997, 147; Grunsky in Stein/Jonas, § 938 ZPO Rz. 30. 2 Lachmann, Rz. 2929; Bandel, S. 181. 3 Bandel, S. 216; enger Lachmann, Rz. 2917, der das gesetzliche „kann“ als Kompetenzzuweisung ansieht. 4 OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323; Schlosser in Stein/ Jonas, § 1041 ZPO Rz. 14; Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 7; für eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit Geimer in Zöller, § 1041 ZPO Rz. 3. 5 Bandel, S. 217; Lachmann, Rz. 2917.
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M 8.2
II. Verfahren d. einstw. Rechtssch. vor Schiedsgerichten
§8
Rz. 40
§ 142 ZPO die Vorlage der Schiedsvereinbarung anordnen, was zu unnötiger Verzögerung führen dürfte. – Wurde eine identische oder ähnliche Maßnahme bereits bei einem staatlichen Gericht beantragt? § 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO schließt für diesen Fall die Zulassung zur Vollziehung aus.
" Praxistipp: Im Antrag auf Vollziehung sollte versichert werden, dass keine solchen Maßnahmen beantragt wurden.
– Liegen Verfahrensfehler vor, die nach § 1059 Abs. 2 ZPO zur Aufhebung eines Schiedsspruches führen würden? – Besteht die Notwendigkeit, die Anordnung zum Zwecke der Vollstreckung gemäß § 1041 Abs. 2 ZPO abweichend zu fassen? – Würde die Vollziehung in Rechte am Verfahren unbeteiligter Dritter eingreifen? Dann scheidet eine Vollziehung aus.1
u
Antrag nach § 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO An das
8.2 40
Oberlandesgericht ... Antrag nach § 1041 Abs. 2 Satz. 1 ZPO In der Schiedssache A GmbH, . . ... – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen die B AG, . . .. – Antragsgegner – Verfahrensbevollmächtigte: . . . überreichen wir anliegend die Eil-Entscheidung des Schiedsgerichts vom . . . sowie die zwischen den Parteien des Schiedsgerichtsverfahrens getroffene Schiedsvereinbarung (in beglaubigter Ablichtung) und beantragen, 1. die Vollziehung der vom Schiedsgericht in der Entscheidung vom.. angeordneten Maßnahme zuzulassen; 2. vorab durch den Vorsitzenden des Zivilsenats anzuordnen, dass die vom Schiedsgericht in der Entscheidung vom . . . angeordnete Maßnahme bis zur Entscheidung des Senats vollzogen werden darf; 3. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vom Schiedsgericht in der Entscheidung vom . . . angeordnete Verbot ein festzuset1 OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323.
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§8
Rz. 41
Schiedsverfahren
M 8.2
zendes Ordnungsgeld bis zu 250 000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, anzudrohen; 4. der Antragsgegnerin die Kosten dieses Zulassungsverfahrens aufzuerlegen. Wir versichern hiermit, dass die Antragstellerin eine dem vom Schiedsgericht ausgesprochenen Verbot entsprechende einstweilige Verfügung bei keinem staatlichen Gericht in der Bundesrepublik Deutschland beantragt hat. Rechtsanwalt Kosten: a) Gericht: 2,0 Gebühren gemäß GKG-KV 1626. Der Wert ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. GKG, § 3 ZPO zu berechnen; b) Anwalt: Schiedsverfahren und Antrag auf Vollziehung sind gemäß § 17 Nr. 6 RVG verschiedene Angelegenheiten, Gebühren nach VV 3100 ff.
41 " Wichtig: Der Beschluss des Oberlandesgerichts, mit dem die Vollziehung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes angeordnet wird, ist gemäß § 1065 Abs. 1 Satz 2 ZPO unanfechtbar!
3. Aufhebung einer Maßnahme 42
Vorläufige oder sichernde Maßnahmen eines Schiedsgerichts sind keine Schiedssprüche und unterliegen daher auch nicht der gerichtlichen Aufhebung nach § 1059 ZPO. Eine sonstige Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Maßnahme durch ein staatliches Gericht besteht nicht.
43
Für die Aufhebung der Maßnahme ist daher § 1041 ZPO entsprechend anzuwenden: Es ist ein Antrag an das Schiedsgericht erforderlich. In dem Antrag muss dargelegt werden, dass die Gründe, die die Anordnung der Maßnahme erforderlich machten, weggefallen sind. Das Schiedsgericht prüft hingegen nicht, ob die Aufhebung der Maßnahme erforderlich ist.1
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Hebt das Schiedsgericht die Anordnung der Maßnahme auf, beseitigt dies nicht eine evtl. gerichtlich angeordnete Vollziehbarkeit. Notwendig ist dann noch ein weiterer Antrag gemäß § 1041 Abs. 3 ZPO an das zuständige Oberlandesgericht, welches die Aufhebung der Anordnung durch das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat.2
4. Aufhebung der Vollziehung 45
Die Aufhebung der gerichtlich angeordneten Vollziehung wird in § 1041 Abs. 3 ZPO geregelt. Danach kann das Gericht „auf Antrag“ den Vollziehungsbeschluss nach § 1041 Abs. 2 ZPO aufheben oder ändern. Diese Möglichkeit ist eng auszulegen: Das staatliche Gericht darf seinen Vollziehungsbeschluss nur aufheben oder ändern, wenn das Schiedsgericht seine Entscheidung aufgehoben oder geändert hat oder trotz eines entsprechenden Antrags der Parteien
1 Bandel, S. 224. 2 Bandel, S. 226.
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M 8.3
II. Verfahren d. einstw. Rechtssch. vor Schiedsgerichten
§8
Rz. 46
nicht tätig geworden ist.1 Hat hingegen das Schiedsgericht eine Änderung oder Aufhebung der Maßnahme abgelehnt, kommt eine Änderung oder Aufhebung des Vollziehungsbeschlusses durch das Gericht grundsätzlich nicht in Betracht2, sofern der Vollziehungsbeschluss nicht fehlerhaft ist.
u
Antrag auf Aufhebung des Vollziehungsbeschlusses
8.3 46
An das Oberlandesgericht ... Antrag gemäß § 1041 Abs. 3 ZPO In der Schiedssache A GmbH, . . . – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen die B AG, . . . – Antragsgegner – Verfahrensbevollmächtigte: . . . Az.: überreichen wir für die Antragsgegnerin als Anlage AG eine Ausfertigung der Entscheidung des Schiedsgerichts vom . . ., mit dem das Schiedsgericht die in der Entscheidung vom . . . angeordnete vorläufige Maßnahme aufgehoben hat. Wir beantragen, 1. den Beschluss des Gerichts vom . . . (Az: . . .) aufzuheben; 2. der Antragstellerin die Kosten dieses Aufhebungsverfahrens aufzuerlegen. Begründung: 3. Die Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus §§ 1041 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Das Schiedsgericht hat seinen Sitz im Bezirk dieses Gerichts. 4. Mit Beschluss vom . . . hat das Gericht die in der Entscheidung des Schiedsgerichts vom . . . angeordnete vorläufige Maßnahme zur Vollziehung zugelassen. Auf Betreiben der Antragsgegnerin hat das Schiedsgericht durch Entscheidung vom . . . (Anlage AG) die vorläufige Maßnahme wieder aufgehoben. Somit ist vom Gericht der Beschluss, mit dem die Vollziehung angeordnet wurde, ebenfalls aufzuheben (Voit in Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 1041 Rz. 12; Bandel, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, S. 228). 1 OLG Jena v. 24.11.1999 – 4 Sch 3/99, BB Beilage 12, Nr. 50, 22–24; Schütze, BB 1998, 1650 (1653); Bandel, S. 228. 2 Voit in Musielak, § 1041 ZPO Rz. 12.
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§8
Rz. 47
Schiedsverfahren
M 8.3
Rechtsanwalt Kosten: a) Gericht: GKG-KV Nr. 1626 2,0 Gebühren. Im Verfahren über die Zulassung der Vollziehung und dem Verfahren über die Aufhebung oder Änderung einer Entscheidung über die Zulassung der Vollziehung werden die Gerichtsgebühren gesondert erhoben, b): Rechtsanwalt: Gemäß § 16 Nr. 9 RVG sind das Verfahren über die Zulassung und das Verfahren über die Aufhebung bzw. Änderung „dieselbe Angelegenheit“. Es fallen daher keine separaten Gebühren an.
5. Schadensersatz 47
Gemäß § 1041 Abs. 4 ZPO hat die Partei, die die Vollziehung einer einstweiligen Maßnahme erwirkt hat, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Vollstreckung der Maßnahme entstanden ist oder dadurch, dass er Sicherheit geleistet hat, um die Vollstreckung abzuwenden. Voraussetzung ist, dass sich die Anordnung der Maßnahme als von Anfang an ungerechtfertigt erweist.
48
In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass Schadensersatz auch dann zu leisten ist, wenn der Antragsteller nicht die Vollziehung beantragt hat, sondern der Gegner sich freiwillig der Verfügung gebeugt hat.1 Diese Auffassung ist abzulehnen. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig, für eine Analogie ist weder Raum noch Bedarf.
1 Risse/Frohloff, SchiedsVZ 2011, 239.
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§9 Auslandsbezug Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsgrundlagen des deutschen internationalen einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . 1. EuGVVO a) Anwendbarkeit aa) Geltungsbereich . . . . . bb) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . cc) Wohnsitz des Beklagten im Mitgliedsstaat . . . . dd) Kein staatsvertragliches Spezialübereinkommen . b) Einstweilige Maßnahme . . . c) Internationale Zuständigkeit aa) Hauptsachegericht nach der EuGVVO . . . . . . . bb) Eilzuständigkeit nach nationalem Recht . . . . . . cc) Mehrfache Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . dd) Schiedsvereinbarung, Gerichtsstandsvereinbarung
1
2
4 5 6 7 9 15 20 23 29 30
d) Anerkennung und Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . 2. Autonomes deutsches Recht . . a) Internationaler Arrest aa) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . bb) Arrestanspruch . . . . . . cc) Arrestgrund . . . . . . . . dd) Arrestverfahren . . . . . . ee) Zustellungen ins Ausland ff) Arrestvollziehung . . . . b) Internationale einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . aa) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . bb) Verfügungsanspruch . . . cc) Verfügungsgrund . . . . . dd) Verfügungsverfahren . . . ee) Zustellungen ins Ausland ff) Vollziehung der einstweiligen Verfügung . . . . . . c) Internationales selbständiges Beweisverfahren . . . . . . . . d) Anerkennung und Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . .
32 38 39 40 43 47 52 56 60 61 64 65 68 69 70 71 74
Literatur: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. 2010; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2009; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011; Mankowski, Selbständige Beweisverfahren und einstweiliger Rechtsschutz in Europa, JZ 2005, 1144; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2007; Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht Band II, 2. Aufl. 2006; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 5. Aufl. 2010; Sujecki, Die reformierte Zustellungsverordnung, NJW 2008, 1628.
I. Einleitung Bei Fällen mit Auslandsberührung ist vom Rechtsanwalt zu prüfen, welche materielle Rechtsordnung und welches Verfahrensrecht Anwendung findet. Deutsche Gerichte wenden bei materiellen Fragen das deutsche Internationale Privatrecht (IPR) und bei Verfahrensfragen das deutsche Internationale Zivilprozessrecht (IZPR) an. Hierbei handelt es sich nicht um internationales Recht, sondern um nationales Recht, auch wenn dies teilweise international vereinheitlicht ist.1 Beim internationalen einstweiligen Rechtsschutz geht es eben1 Schack, Rz. 2.
Kleveman
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§9
Rz. 2
Auslandsbezug
falls um nationales Recht. Der Rechtsanwalt hat zu prüfen, ob aufgrund des Auslandsbezugs deutsche Gerichte überhaupt zuständig sind (so genannte „internationale Zuständigkeit“) und ob auslandsbezogene Verfahrensvorschriften zur Anwendung kommen. Wenn der Rechtsanwalt den Gläubiger vertritt, hat er zusätzlich zu überlegen, ob es für seinen Mandanten vorteilhaft ist, bei einem ausländischen Gericht einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen.
II. Rechtsgrundlagen des deutschen internationalen einstweiligen Rechtsschutzes 2
Wesentliche Teile des internationalen Zivilprozessrechts hat die EU durch Verordnungen geregelt. Besonders hervorzuheben sind die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen1 (EuGVVO), das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.19882 (LugÜ) und die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 vom 27.11.20033 (EheGVVO).
3
Das deutsche internationale Zivilprozessrecht ist auf dem Gebiet der Rechtshilfe, der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in Staatsverträgen geregelt.4 Schließlich finden sich Normen zum deutschen internationalen Zivilprozessrecht in der ZPO und im GVG.
1. EuGVVO a) Anwendbarkeit aa) Geltungsbereich 4
Die EuGVVO gilt in allen Mitgliedsstaaten der EU, durch Abkommen zwischen der EG und Dänemark findet sie seit 1.7.2007 auch im Verhältnis zu Dänemark Anwendung.5
1 ABl. EG Nr. L 12 v. 16.1.2001, S. 1; die EuGVVO hat das Übereinkommen v. 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) abgelöst. 2 BGBl. II 1994, 2658, 3772. 3 ABl. EU Nr. L 338 v. 23.11.2003, S. 1. 4 Abdruck von Rechtsquellen und Materialien zum internationalen und europäischen Zivilprozessrecht bei Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 3. Aufl. 2006, 6. Band. 5 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 1 EuGVVO Rz. 27 f.; Geimer in Zöller, Art. 1 EuGVVO Rz. 1.
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§9
Rz. 9
bb) Sachlicher Anwendungsbereich Die EuGVVO ist grundsätzlich in allen „Zivil- und Handelssachen“ (Art. 1 Abs. 1 EuGVVO) anwendbar, schließt jedoch einige Sachgebiete in Art. 1 Abs. 2 EuGVVO aus, insbesondere Statussachen, eheliche Güterstandssachen (aber nicht Unterhaltssachen, Art. 5 Nr. 2 EuGVVO), Erbsachen, Insolvenzsachen, sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten und Schiedssachen.1
5
cc) Wohnsitz des Beklagten im Mitgliedsstaat Der Antragsgegner muss grundsätzlich seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben (Art. 2 EuGVVO). Gesellschaften und juristische Personen haben gemäß Art. 60 Abs. 1 EuGVVO für die Anwendung dieser Verordnung ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Unerheblich ist es im Allgemeinen, ob der Kläger/Antragsteller seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat oder in einem Nichtmitgliedstaat hat.2 Ausnahmen von dem Grundsatz, dass der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben muss, enthalten Art. 22 und 23 EuGVVO.
6
dd) Kein staatsvertragliches Spezialübereinkommen Staatsvertragliche Spezialübereinkommen, die nicht durch die EuGVVO abgelöst worden sind, gehen der EuGVVO gemäß Art. 71 der Verordnung vor.3 Ist eine Entscheidung aufgrund eines Spezialübereinkommens ergangen, kann sie nach Art. 71 Abs. 2 lit. b EuGVVO in allen Mitgliedsstaaten der EU anerkannt und vollstreckt werden.4
7
" Wichtig: Die EuGVVO gilt auch im Verhältnis zu Drittstaaten, wenn sich 8 aus den einzelnen Bestimmungen der EuGVVO nichts Gegenteiliges ergibt. Der Kläger mit Wohnsitz oder Sitz in einem Drittstaat kann seine Klage auf Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO stützen, wenn diese sachlich (z.B. Art. 22 EuGVVO) oder in der Person des Beklagten (Wohnsitz im Mitgliedstaat) oder kraft Vereinbarung einschlägig sind.5
b) Einstweilige Maßnahme Der in Art. 31 EuGVVO verwendete Begriff „einstweilige Maßnahme“ ist im Text der Verordnung nicht definiert. Er ist autonom zu bestimmen und beinhal1 Näher dazu Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Art. 1 EuGVVO Rz. 5 ff.; Geimer in Zöller, Art. 1 EuGVVO Rz. 22 ff. 2 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 1 EuGVVO Rz. 2; Stadler in Musielak, Art. 2 EuGVVO Rz. 2. 3 Aufzählung von Spezialübereinkommen bei Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 71 EuGVVO Rz. 2 und Schack, Rz. 59 ff. 4 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 71 EuGVVO Rz. 6; Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 83. 5 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 3 EuGVVO Rz. 27; Kropholler, vor Art. 2 EuGVVO Rz. 8.
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§9
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Auslandsbezug
tet alle Maßnahmen, die einen vorläufigen, grundsätzlich vom späteren Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abhängigen Rechtsschutz gewähren.1 10
Als einstweilige Maßnahme im Sinne von Art. 31 EuGVVO sind der Arrest und die einstweilige Verfügung in ihren verschiedenen Erscheinungsformen (einschließlich Leistungsverfügung) anzusehen.2
11
Sehr umstritten ist die Einordnung des selbständigen Beweisverfahrens.3 Der EuGH hat zu einer vorgezogenen Zeugenvernehmung in den Niederlanden entschieden, dass diese nicht als einstweilige Maßnahme im Sinne von Art. 24 EuGVÜ (nunmehr Art. 31 EuGVVO) zu qualifizieren ist.4 Der EuGH judizierte, dass sich die Zuständigkeit des angerufenen niederländischen Gerichts ausschließlich nach den Regelungen der EuGVVO beurteile und diese im konkreten Fall nicht gegeben sei, weil eine Zeugenvernehmung nicht als einstweilige Maßnahme im Sinne von Art. 24 EuGVÜ anzusehen wäre.
12
Dieser Entscheidung des EuGH folgte das Oberlandesgericht Köln und entschied, dass auf ein selbständiges Beweisverfahren nur die Zuständigkeitsregeln nach der EuGVVO Anwendung finden.5 Eine Ausnahme von der ausschließlichen Anwendbarkeit der EuGVVO ergebe sich auch nicht aus Art. 31 EuGVVO, der für das Gebiet des einstweiligen Rechtsschutzes das nationale Zuständigkeitsrecht (neben dem der EuGVVO) zulasse, da das selbständige Beweisverfahren keine „einstweilige Maßnahme“ im Sinne des Art. 31 EuGVVO sei.6
13
Im Schrifttum wird die Entscheidung des EuGH kritisiert und vertreten, dass ein selbständiges Beweisverfahren eine einstweilige Maßnahme im Sinne von Art. 31 EuGVVO sei, weil es sichernden Charakter habe.7 Nach anderer Ansicht wird die Anwendbarkeit der EuGVVO auf das selbständige Beweisverfahren insgesamt abgelehnt.8
14
Ein selbständiges Beweisverfahren ist ein Verfahren in Zivil- und Handelssachen und unterliegt deshalb den Regelungen der EuGVVO.9 Wenn Beweismittelverlust bzw. eine erschwerte Benutzung des Beweismittels drohen (§ 485 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), hat das selbständige Beweisverfahren sichernde Funktion und ist als einstweilige Maßnahme nach Art. 31 EuGVVO zu qualifizieren. In diesem Fall dient das selbständige Beweisverfahren nicht dazu, die „Chancen
1 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 2; Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 5. 2 Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 6 f.; Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 2. 3 Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 5; Wagner in Stein/Jonas, Art. 31 EuGVVO Rz. 20. 4 EuGH v. 28.4.2005 – Rs. C-104/03 – St. Paul Dairy Industries NV/Unibel Exser BVBA, EuZW 2005, 401. 5 OLG Köln v. 24.5.2006 – 16 W 25/06, OLGR Köln 2006, 661 = juris Rz. 5. 6 OLG Köln v. 24.5.2006 – 16 W 25/06, OLGR Köln 2006, 661 = juris Rz. 6. 7 Mankowski, JZ 2005, 1144 ff.; Wagner in Stein/Jonas, Art. 31 EuGVVO Rz. 20. 8 Schack, Rz. 491; Geimer in Geimer/Schütze, Art. 2 EuGVVO Rz. 92; Geimer in Zöller, IZPR Rz. 9; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 72; Stadler in Musielak, Art. 31 EuGVVO Rz. 2. 9 Zutreffend Mankowski, JZ 2005, 1144 (1150).
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II. 1. EuGVVO
§9
Rz. 19
und Risiken eines eventuellen Rechtsstreits zu beurteilen“1, sondern der Beweismittelsicherung. c) Internationale Zuständigkeit Einstweilige Maßnahmen können nach Art. 31 EuGVVO von einem nach der EuGVVO in der Hauptsache zuständigen Gericht oder von dem aufgrund autonomen nationalen Rechts zuständigen Gericht erlassen werden.2 Die im innerstaatlichen Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen können bei dem national zuständigen Gericht auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund der EuGVVO zuständig ist.3
15
" Wichtig: Der Antragsteller kann zwischen der Zuständigkeit nach 16 EuGVVO und der nach autonomem nationalen Recht wählen. Bei der Wahl ist zu bedenken, wo die Entscheidung vollstreckt werden soll und ob sie dort anerkannt wird. Soweit das nationale Prozessrecht auf das „Gericht der Hauptsache“ verweist, ist nicht auf das Hauptsachegericht nach Art. 2 ff. EuGVVO abzustellen, sondern auf das nach nationalem Prozessrecht hypothetisch zuständige Hauptsachegericht.4
Die Reichweite der durch Art. 31 EuGVVO ausgesprochenen Verweisung auf das nationale Verfahrensrecht beschränkt sich nicht auf den Erlass einstweiliger Maßnahmen, sondern erstreckt sich auf Entscheidungen über ihre Gültigkeit oder Aufhebung.5
17
Art. 31 EuGVVO regelt nur Maßnahmen, die in den von Art. 1 EuGVVO umschriebenen sachlichen Anwendungsbereich der EuGVVO fallen.6 Art. 31 EuGVVO erlaubt daher nicht, die Zuständigkeit im Eilverfahren auf solche Rechtsgebiete auszuweiten, die vom sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung nach Art. 1 EuGVVO ausgenommen sind.7 Maßgebend für die Frage, ob sich der Anwendungsbereich der Verordnung auf eine beantragte Maßnahme erstreckt, ist das Rechtsgebiet, dem sie selbst zuzurechnen ist, und nicht das Gebiet, um das es im Hauptantrag geht.8
18
Soweit der Gegenstand eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen eine Frage betrifft, die in den sachlichen Anwendungsbereich der EuGVVO fällt,
19
1 Darauf stützt der EuGH in erster Linie seine ablehnende Haltung zur vorgezogenen Zeugenvernehmung in seiner Entscheidung EuGH v. 28.4.2005 – Rs. C-104/03 – St. Paul Dairy Industries NV/Unibel Exser BVBA, EuZW 2005, 401 (vgl. dort insbesondere Rz. 24). 2 Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 1; Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 Rz. 5. 3 Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 18; Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 1. 4 Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 10; Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 21; vgl. auch EuGH v. 17.11.1998 – Rs. C-391/95 – Van Uden Maritime BV/Kommanditgesellschaft in Firma Deco-Line u.a. – Rz. 42, EuZW 1999, 413 (416), (EuGVÜ). 5 Kropholler, Art. 31 Rz. 2; Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 38. 6 Vgl. EuGH v. 28.4.2005 – Rs. C-104/03 – St. Paul Dairy Industries NV/Unibel Exser BVBA – Rz. 10, EuZW 2005, 401. 7 Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 23. 8 Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 23; Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 3.
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§9
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kann Art. 31 EuGVVO die Zuständigkeit des Gerichts des vorläufigen Rechtsschutzes auch dann begründen, wenn ein Hauptsacheverfahren vor einem Schiedsgericht stattfinden müsste. Gegenstand der einstweiligen Maßnahme ist in dem Fall nicht die (gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. d EuGVVO vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgeschlossene) Schiedsgerichtsbarkeit als Rechtsgebiet, sondern die Sicherung des materiellen Anspruchs, auf dessen Rechtsnatur abzustellen ist.1 aa) Hauptsachegericht nach der EuGVVO 20
Ein Gericht, das nach der EuGVVO für die Entscheidung eines Rechtsstreits in der Hauptsache zuständig ist, ist nach der Verordnung auch für die Anordnung einstweiliger oder sichernder Maßnahmen zuständig.2
21
Eine Zuständigkeit in der Hauptsache kann in verschiedenen Staaten bestehen, z.B. Staat des Wohnsitzes des Beklagten (Art. 2 EuGVVO) und Staat des Erfüllungsorts einer vertraglichen Verpflichtung (Art. 5 Nr. 1 EuGVVO). Wenn ein Hauptsacheverfahren noch nicht rechtshängig ist, kann (isolierter) einstweiliger Rechtsschutz vor jedem nach der EuGVVO (hypothetisch) zuständigen Hauptsachegericht beantragt werden.3 Aber auch wenn ein Hauptsacheverfahren bereits bei einem Gericht eines Mitgliedstaates rechtshängig ist, so steht dies der Eilzuständigkeit eines konkurrierenden Hauptsachegerichts in einem anderen Mitgliedstaat nach h.M. nicht entgegen.4
22
Die formale Anknüpfung an die Rechtshängigkeit eines Hauptsacheverfahrens genügt jedoch nicht, wenn das Gericht offensichtlich unzuständig ist.5 bb) Eilzuständigkeit nach nationalem Recht
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Die internationale Zuständigkeit für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kann – auch im Anwendungsbereich der EuGVVO – allein aus nationalem Zuständigkeitsrecht hergeleitet werden (Art. 31 EuGVVO). Praktisch hat dies jedoch nur Relevanz, wenn das nationale Recht einen von der EuGVVO nicht vorgesehenen Gerichtsstand anbietet.6 Für einstweilige Maßnahmen sind die ansonsten gemäß Art. 3 EuGVVO ausgeschlossenen Gerichtsstände durch Art. 31 EuGVVO i.V.m. dem nationalen Recht eröffnet.7 1 EuGH v. 17.11.1998 – Rs. C-391/95 – Van Uden Maritime BV/Kommanditgesellschaft in Firma Deco-Line ua – Rz. 33, 34, EuZW 1999, 413 (415); Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 4; Wagner in Stein/Jonas, Art. 31 EuGVVO Rz. 10. 2 EuGH v. 17.11.1998 – Rs. C-391/95 – Van Uden Maritime BV/Kommanditgesellschaft in Firma Deco-Line ua – Rz. 19, EuZW 1999, 413 (415). 3 Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 11; Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 7; Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 6. 4 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 6; Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 29; Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 8; a.A. Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 11. 5 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 6. 6 Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 9. 7 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 8; Geimer in Zöller, Art. 31 EuGVVO Rz. 6.
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II. 1. EuGVVO
§9
Rz. 26
Art. 31 EuGVVO sieht – soweit er auf nationales Recht verweist – eine Ausnahme von dem durch die EuGVVO geregelten Zuständigkeitssystem vor und ist daher nach Auffassung des EuGH eng auszulegen.1 Dies gilt insbesondere für Leistungs- und Unterlassungsverfügungen, die etwa im Unterhalts- oder Wettbewerbsrecht häufig zu einer endgültigen Befriedigung des Antragstellers führen und damit ihrem Wesen nach die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Der EuGH sieht zudem die Gefahr einer Umgehung der Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO, wenn dem Antragsteller das Recht eingeräumt wird, die vorläufige Erbringung einer vertraglichen Hauptleistung beim Gericht seines Wohnsitzes zu erwirken, das nach den Art. 2 bis 24 EuGVVO für die Entscheidung in der Hauptsache nicht zuständig ist, um die Anordnung sodann im Staat des Antragsgegners anerkennen und vollstrecken zu lassen. Nach Auffassung des EuGH stellt die Anordnung der vorläufigen Erbringung einer vertraglichen Hauptleistung deshalb nur dann eine einstweilige Maßnahme im Sinne des Art. 31 EuGVVO dar, wenn die Rückzahlung des zugesprochenen Betrages an den Antragsgegner in dem Fall, dass der Antragsteller nicht in der Hauptsache obsiegt, gewährleistet ist.2 Die bloße Ersatzpflicht entsprechend § 945 ZPO reicht dabei für die Gewährleistung der Rückzahlung nicht aus; gewährleistet ist die Rückzahlung vielmehr nur bei Sicherheitsleistung, die das Gericht anzuordnen hat.3
24
Zusätzlich ist für die Anordnung einstweiliger oder sichernder Maßnahmen gemäß Art. 31 EuGVVO nach Auffassung des EuGH erforderlich, dass „zwischen dem Gegenstand der beantragten Maßnahmen und der gebietsbezogenen Zuständigkeit des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts eine reale Verknüpfung besteht“.4 Es ist indes unklar, was der EuGH mit „realer Verknüpfung“ meint. Nicht ausreichend soll es sein, wenn der Schuldner nur beabsichtigt, Vermögen in den Gerichtsstaat zu bringen. Es muss stattdessen bereits Vermögen im Gerichtsstaat sein, in das vollstreckt werden kann.5
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Nach deutschem autonomem Recht ist zu prüfen, ob – wie regelmäßig – aus der örtlichen Zuständigkeit die internationale Zuständigkeit folgt.6 §§ 919 Alt. 1 und 937 Abs. 1 ZPO verweisen auf das Gericht der Hauptsache, das auch international zuständig ist, insbesondere gilt dies auch für den Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO).7 Die Vorschrift ist nach Art. 3 Abs. 2 EuGVVO für das Hauptsacheverfahren zwar ausgeschlossen, nicht jedoch für den einstweili-
26
1 EuGH v. 28.4.2005 – Rs. C-104/03 – St. Paul Dairy Industries NV/Unibel Exser BVBA – Rz. 11, EuZW 2005, 401. 2 EuGH v. 17.11.1998 – Rs. C-391/95 – Van Uden Maritime BV/Kommanditgesellschaft in Firma Deco-Line ua – Rz. 40 f. und 46 f., EuZW 1999, 413 (416); Geimer in Geimer/ Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 15; Stadler in Musielak, Art. 31 EuGVVO Rz. 3. 3 Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 49; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 15; Schack, Rz. 486; Stadler in Musielak, Art. 31 EuGVVO Rz. 3. 4 EuGH v. 17.11.1998 – Rs. C-391/95 – Van Uden Maritime BV/Kommanditgesellschaft in Firma Deco-Line ua – Rz. 40, EuZW 1999, 413 (416). 5 Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 11–15; Stadler in Musielak, Art. 31 EuGVVO Rz. 3. 6 Schack, Rz. 266. 7 Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 18; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 10; Schack, Rz. 475.
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Auslandsbezug
gen Rechtsschutz.1 In das in Deutschland belegene Vermögen eines Schuldners, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat wohnt, kann folglich ein dinglicher Arrest durch ein nach § 23 ZPO zuständiges Gericht angeordnet werden. 27 " Praxistipp: Zum Vermögen des Schuldners zählen auch Forderungen des Schuldners gegen einen Drittschuldner, die dort belegen sind, wo der Drittschuldner seinen Wohnsitz hat.2 Hat der Schuldner auch eine Forderung gegen den Gläubiger, so führt die Anwendung von § 23 ZPO zu einem Gerichtsstand am Wohnsitz des Gläubigers (Klägergerichtsstand).3 28
Das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person befindet (§ 919 Abs. 2 ZPO), ist international zuständig.4 Strittig ist, ob das Amtsgericht, das gemäß § 942 ZPO eine einstweilige Verfügung erlassen kann, auch international zuständig ist.5 Effektiver einstweiliger Rechtsschutz gebietet es, in den dringenden Fällen des § 942 ZPO die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts zu bejahen. Dem steht auch nicht entgegen, dass ein Rechtfertigungsverfahren vor dem ausländischen Hauptsachegericht undurchführbar ist.6 Die Vorschrift des § 942 ZPO ist dahin gehend anzupassen, dass das Amtsgericht für den Widerspruch und für eine Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage nach §§ 936, 926 ZPO zuständig ist. cc) Mehrfache Rechtshängigkeit
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Einstweiliger Rechtsschutz ist grundsätzlich zulässig, auch wenn in einem anderen Mitgliedstaat ein entsprechendes Verfahren anhängig ist.7 Art. 27 ff. EuGVVO beziehen sich nur auf widersprechende Entscheidungen in der Hauptsache. Eine Einschränkung ist allenfalls bei Leistungsverfügungen angebracht.8 dd) Schiedsvereinbarung, Gerichtsstandsvereinbarung
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Eine Schiedsvereinbarung steht der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes nicht entgegen (vgl. dazu auch § 8 Rz. 3 f.).9
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Die Vereinbarung eines Gerichtsstands bezieht sich im Zweifel nur auf das Hauptsacheverfahren und wirkt sich damit zunächst nur mittelbar („Gericht der Hauptsache“) auf den einstweiligen Rechtsschutz aus.10 Ist ein auslän1 Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 62 f.; vgl. auch OLG Karlsruhe v. 2.10.2001 – 9 W 88/01, MDR 2002, 231 = VersR 2002, 463 (Lugano-Übereinkommen). 2 Vollkommer in Zöller, § 23 ZPO Rz. 10. 3 Schack, Rz. 475; Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 22 Fn. 26. 4 Schack, Rz. 475; Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 18. 5 Dafür: OLG Düsseldorf v. 29.5.2000 – 24 W 32/00, RIW 2001, 380 (obiter dictum); Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 10; a.A. für § 942 Abs. 1 ZPO: Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 110; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 45. 6 Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 31 EuGVVO Rz. 10. 7 Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 60; Kropholler, Art. 31 EuGVVO Rz. 19. 8 Geimer in Geimer/Schütze, Art. 31 EuGVVO Rz. 60. 9 Schack, Rz. 479. 10 Schack, Rz. 478.
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M 9.1
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discher Gerichtsstand vereinbart, so ist das inländische Gericht kein Gericht der Hauptsache gemäß §§ 919 Alt. 1, 937 ZPO.1 Die Eilzuständigkeiten nach § 919 Alt. 2 und § 942 ZPO bestehen jedoch trotz der Gerichtsstandsvereinbarung, sofern die Parteien in die Gerichtsstandsvereinbarung nicht ausdrücklich den einstweiligen Rechtsschutz einbezogen haben.2 d) Anerkennung und Vollstreckung Die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen ist in Art. 32 ff. der EuGVVO geregelt. Die EuGVVO sieht – von Ausnahmen in Art. 35 Abs. 1 EuGVVO abgesehen – nicht vor, dass die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats im Anerkennungs- und Vollstreckungsstadium geprüft wird (Art. 35 Abs. 3 EuGVVO).3
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" Praxistipp: Der Rechtsanwalt, der einen Antragsgegner vertritt, muss alle 33 Einwendungen gegen die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts im Erkenntnisverfahren vorbringen, da die Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung nach EuGVVO – anders als bei § 328 Abs. 1 ZPO – ausgeschlossen ist.4
Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sind Entscheidungen im Sinne von Art. 32 ff. der EuGVVO, die in einem Zweitstaat grundsätzlich anerkannt werden und vollstreckungsfähig sind.5 Die Vollstreckbarerklärung folgt auf Antrag des Berechtigten (Art. 38 Abs. 1 EuGVVO in Deutschland i.V.m. § 4 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes – AVAG).6
u
Antrag auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach EuGVVO
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Landgericht . . . Zivilkammer Antrag auf Klauselerteilung gemäß VO (EG) 44/2001 In der Sache . . . [Name, Anschrift], Amsterdam, Niederlande – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift], Stenungsund, Schweden 1 OLG Stuttgart v. 19.12.2000 – 6 W 58/00, RIW 2001, 228. 2 Schack, Rz. 478, Wagner in Stein/Jonas, Art. 31 EuGVVO Rz. 58. 3 Kropholler, Art. 35 EuGVVO Rz. 1 ff.; Oberhammer in Stein/Jonas, Art. 35 EuGVVO Rz. 1 ff.; Geimer in Geimer/Schütze, Art. 35 EuGVVO Rz. 1 ff. 4 Geimer in Geimer/Schütze, Einl. Rz. 87. 5 BGH v. 21.12.2006 – IX ZB 150/05, NJW-RR 2007, 1573; Geimer in Geimer/Schütze, Art. 32 EuGGVO Rz. 34; Gottwald in MünchKomm. ZPO, Art. 32 EuGVVO Rz. 16. 6 Abgedruckt bei: Geimer in Zöller, Anhang III; Gottwald in MünchKomm. ZPO, Europäisches Zivilprozessrecht Ziff. 3).
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§9
Rz. 36
M 9.1
Auslandsbezug
– Antragsgegner – beantragen wir namens und in Vollmacht des Antragstellers: Das Urteil des Gerichts im Landgerichtsbezirk Amsterdam (Rechtbank in het arrondissement Amsterdam) vom 17.7.2012 (Az.: . . .), mit dem der dingliche Arrest zur Sicherung eines Anspruchs des Antragstellers auf Zahlung von 4 500 000,00 Euro in jedes bewegliche und unbewegliche Vermögen und jeden Vermögensgegenstand des Antragsgegners bis zu einem Betrag von 4 500 000,00 Euro angeordnet wird, mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen. Begründung: 1. Das Urteil Anlage ASt 1 ist nach Art. 38 ff. VO (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO) i.V.m. dem deutschen Ausführungsgesetz (AVAG) mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen. Die vorgelegte vollstreckbare Ausfertigung wurde dem Antragsteller vom Gerichtsschreiber des Gerichts in Amsterdam erteilt. Gemäß Art. 56 EuGVVO bedarf die Ausfertigung des Urteils weder der Legalisation noch einer ähnlichen Förmlichkeit. Die Bescheinigung nach Art. 54 EuGVVO ist als Anlage ASt 2 beigefügt. Außerdem fügt der Antragsteller eine beglaubigte Übersetzung des Urteils sowie der Bescheinigung gemäß Art. 54 EuGVVO als Anlagenkonvolut ASt 3 bei. Gemäß Art. 55 Abs. 2 EuGVVO ist eine beglaubigte Übersetzung aus einem EU-Mitgliedstaat ausreichend. 2. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts . . . ergibt sich aus Art. 39 Abs. 2 EuGVVO, § 3 Abs. 2 AVAG. Der Antragsteller beabsichtigt, gegen den Antragsgegner im Bezirk des Landgerichts . . . zu vollstrecken (vgl. Geimer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., Anh. I, Art. 39 EuGVVO Rz. 2). Nach Kenntnis des Antragstellers verfügt der Antragsgegner über ein Grundstück in. . . . 3. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts . . . ergibt sich aus Art. 39 Abs. 1 EuGVVO, § 3 Abs. 1, 3 AVAG. Danach entscheidet über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Vorsitzende einer Zivilkammer. Zwei Abschriften des Urteils sowie seiner Übersetzung sind beigefügt. Rechtsanwalt 36
Eine wichtige Ausnahme ist von der Rechtsprechung jedoch für den Fall entschieden worden, dass der Antragsgegner (Schuldner) nicht zur mündlichen Verhandlung geladen und ihm kein rechtliches Gehör gewährt worden ist.1 Dann
1 EuGH v. 21.5.1980 – Rs. C-125/79 – Denilauder/Couchet Frères, Slg. 1980, 1553 = IPRax 1981, 95 (EuGVÜ); OLG München v. 5.4.2000 – 25 W 1067/00, RIW 2000, 464 (EuGVÜ); BGH v. 21.12.2006 – IX ZB 150/05, NJW-RR 2007, 1573 (EuGVVO); BGH v. 10.12.2009 – IX ZB 143/07, NJOZ 2010, 1477 (EuGVVO).
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II. 1. EuGVVO
§9
Rz. 37
ist eine Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Art. 32 Nr. 2 EuGVVO nicht anzuerkennen und nicht für vollstreckbar zu erklären.1
u
Beschwerde gegen Vollstreckbarkeitserklärung An das
9.2 37
Oberlandesgericht – Zivilsenat – . . . In Sachen . . . [Name, Anschrift], Stenungsund, Schweden – Antragsteller/Beschwerdegegner – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift], Amsterdam, Niederlande – Antragsgegner/Beschwerdeführer – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . vertreten wir den Antragsgegner und legen gegen den am . . . zugestellten Beschluss des Landgerichts . . . vom . . . (Az. . . .) Beschwerde ein. Es wird beantragt, den vorgenannten Beschluss, mit dem der Arrestbeschluss des Amtsgerichts Stenungsund (Schweden) vom . . . (Az.: . . .) für vollstreckbar erklärt wird, aufzuheben und den Vollstreckbarkeitsantrag abzuweisen. Begründung: Zu Unrecht hat das Landgericht . . . den Arrestbeschluss . . . für vollstreckbar erklärt. Der Antragsgegner ist vor Erlass des Arrestbeschlusses weder gehört noch ist ihm zuvor ein verfahrenseinleitendes oder gleichwertiges Schriftstück zugestellt worden. Der Arrestbeschluss hätte deshalb nicht für vollstreckbar erklärt werden dürfen. Zwar handelt es sich bei dem Arrestbeschluss um eine Entscheidung gemäß Art. 32 EuGVVO, die grundsätzlich für vollstreckbar erklärt werden kann. Die Vorschriften des Kapitels III der EuGVVO sind aber nicht auf gerichtliche Entscheidungen anwendbar, die nach dem innerstaatlichen Recht des Erststaates ergehen, ohne dass die Gegenpartei die Möglichkeit erhält, auf die Entscheidung des Gerichts einzuwirken. Deshalb durfte das Landgericht den Arrestbeschluss nicht anerkennen und für vollstreckbar erklären. Das Landgericht hat seine gegenteilige Auffassung damit begründet, dass die nationalen Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten einstweilige Anordnungen mit 1 BGH v. 21.12.2006 – IX ZB 150/05, NJW-RR 2007, 1573 (1574); BGH v. 10.12.2009 – IX ZB 143/07, NJOZ 2010, 1477 (1478).
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§9
Rz. 38
Auslandsbezug
M 9.2
Überraschungseffekt kennen. Effektiver einstweiliger Rechtsschutz sei deshalb nur gewährleistet, wenn auch entsprechende Entscheidungen des vorläufigen Rechtsschutzes anerkannt und für vollstreckbar erklärt würden. Rechtliches Gehör erhalte der Antragsgegner im Rechtsbehelfsverfahren des Erststaates. Die Auffassung des Landgerichts steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (v. 21.12.2006 – IX ZB 150/05, NJW-RR 2007, 1573; v. 10.12.2009 – IX ZB 143/07, NJOZ 2010, 1477). Der Bundesgerichtshof hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dargelegt, dass gerichtliche Entscheidungen, durch die einstweilige oder auf eine Sicherung gerichtete Maßnahmen angeordnet werden und die ohne Ladung der Gegenpartei ergangen sind, nicht nach Art. 32 der EuGVVO anerkannt und vollstreckt werden können. Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt sich das Landgericht nicht auseinander, sodass ihm diese wohl nicht bekannt war. Dementsprechend gehen wir davon aus, dass das Oberlandesgericht der Beschwerde stattgibt und der überzeugenden Begründung des Bundesgerichtshofs folgt. Rechtsanwalt
2. Autonomes deutsches Recht 38
Unter dem autonomen deutschen internationalen Zivilprozessrecht werden die inländischen Normen verstanden, die sich auf Prozessrechtsverhältnisse mit ausländischen Elementen beziehen.1 Das autonome deutsche Recht kommt nur zur Anwendung, wenn keine EU-Verordnungen oder für Deutschland verbindliche Staatsverträge einschlägig sind. Dies folgt einerseits aus dem Vorrangprinzip des Unionsrechts und andererseits aus der Regel, dass die spezielle Norm der allgemeinen vorgeht („lex specialis derogat legi generali“).2 a) Internationaler Arrest aa) Internationale Zuständigkeit
39
Die deutschen Gerichtsstandsvorschriften sind grundsätzlich doppelfunktional, d.h. sie bestimmen zum einen den Umfang der deutschen internationalen Zuständigkeit und zum anderen legen sie fest, welches Gericht örtlich zuständig ist.3 Die ZPO regelt die internationale Zuständigkeit, also die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher Gerichte und der Zuständigkeit ausländischer Gerichte nicht ausdrücklich und unmittelbar, sondern grundsätzlich nur mittelbar durch stillschweigende Verweisung auf die Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO über den Gerichtsstand.4 Die internationale Zuständigkeit eines 1 Vgl. Schack, Rz. 64 f. 2 Bei Rechtshilfe- und Anerkennungsverträgen gilt jedoch teilweise das Günstigkeitsprinzip im Verhältnis zum nationalen Recht; vgl. Schack, Rz. 68. 3 Geimer in Zöller, IZPR Rz. 37; Patzina in MünchKomm., § 12 ZPO Rz. 90. 4 BGH v. 14.6.1965 – GSZ 1/65, NJW 1965, 1665.
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II. 2. Autonomes deutsches Recht
§9
Rz. 42
deutschen Gerichts wird folglich regelmäßig durch dessen örtliche Zuständigkeit indiziert.1 Daraus folgt, dass für den deutschen Arrestprozess immer dann eine internationale Zuständigkeit gegeben ist, wenn für die Hauptsache ein Gerichtsstand besteht oder der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person sich im Inland befinden (§ 919 ZPO).2 Haben die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen und für Streitigkeiten in der Hauptsache ein ausländisches Gericht vereinbart, so besteht eine deutsche Arrestzuständigkeit nur für das Amtsgericht, in dessen Bezirk der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person sich befindet.3 bb) Arrestanspruch Bei Fällen mit Auslandsberührung hat das deutsche Gericht das in Deutschland geltende Internationale Privatrecht (IPR) zu beachten. Danach bestimmt sich, ob inländisches oder ausländisches Recht zur Anwendung kommt. Vorschriften des IPR finden sich im Europäischen Gemeinschaftsrecht (z.B. Rom-I- und IIVerordnungen), in Staatsverträgen und im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB).4 Im Arrestverfahren hat deshalb das Gericht ebenfalls ausländisches Recht zu beachten. Das Gericht kann sich jedoch auf die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen beschränken, da die Einholung von Rechtsgutachten im Allgemeinen mit der Eilbedürftigkeit des Verfahrens nicht in Einklang zu bringen sein dürfte.5
40
" Praxistipp: Da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das Gericht die Er- 41 mittlung ausländischen Rechts auf präsente Erkenntnisquellen beschränken darf, hat der Rechtsanwalt, der für seine Partei günstige Schlüsse aus einem nach fremdem Recht zu beurteilenden Sachverhalt herleiten will, dieses Recht und seine Anwendung darzulegen und glaubhaft zu machen.
Wenn der Inhalt des ausländischen Rechts sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, kann der Richter keine „Non-liquet-Entscheidung“ treffen. Anders als bei Tatsachen besteht im Rahmen von Rechtsfragen ein Entscheidungszwang. Im Einzelnen ist sehr umstritten, welche Rechtsordnung dann heranzuziehen ist.6 Nach Meinung der Rechtsprechung ist in einem solchen Fall deutsches Recht als „lex fori“ anwendbar.7 Nur wenn die Anwendung des inländischen Rechts äußerst unbefriedigend wäre, kann auch die An1 BGH v. 17.12.1998 – IX ZR 196/97, NJW 1999, 1395 (1396); ausdrücklich geregelt ist die internationale Zuständigkeit nur im Familienrecht (§§ 98–106 FamFG). 2 Drescher in MünchKomm., § 919 ZPO Rz. 3; Geimer in Zöller, IZPR Rz. 91. 3 OLG Stuttgart v. 19.12.2000 – 6 W 58/00, RIW 2001, 228; Drescher in MünchKomm., § 919 ZPO Rz. 3. 4 Hohloch in Erman, Einl. Art. 3–47 EGBGB Rz. 11 ff.; Geimer in Zöller, § 293 ZPO Rz. 9. 5 OLG Frankfurt v. 7.11.1968 – 6 U 78/68, NJW 1969, 991 (992); OLG Koblenz v. 28.1.1993 – 5 U 1633/92, RIW 1993, 939; OLG Köln v. 19.1.2007 – 6 U 163/06, ZUM 2007, 401; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 35; Geimer in Zöller, § 293 ZPO Rz. 11. 6 Prütting in MünchKomm., § 293 ZPO Rz. 61 ff. 7 BGH v. 23.12.1981 – IV b ZR 643/80, NJW 1982, 1215; zustimmend Geimer in Zöller, § 293 ZPO Rz. 11.
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§9
Rz. 43
Auslandsbezug
wendung des dem an sich berufenen Rechts nächstverwandten oder wahrscheinlich geltenden Rechts gerechtfertigt sein.1 cc) Arrestgrund 43
Es gelten grundsätzlich die allgemeinen Regelungen (vgl. § 4 Rz. 31 ff.).
44
Besonders hinzuweisen ist jedoch auf den Arrestgrund gemäß § 917 Abs. 2 ZPO. Danach ist es als zureichender Arrestgrund anzusehen, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Erste Voraussetzung ist, dass das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste, also die Notwendigkeit besteht, wegen fehlenden inländischen Vermögens des Schuldners in das ausländische Vermögen vollstrecken zu müssen.2 Maßgeblich ist hierbei der Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger aus dem Urteil des Hauptprozesses vollstrecken könnte.3 Als ausreichend wird es angesehen, dass ein Schuldner Vorbereitungen trifft, um sein Vermögen ins Ausland zu bringen.4
45
Der Arrestgrund nach § 917 Abs. 2 ZPO ist jedoch nur dann zu bejahen, wenn die Gegenseitigkeit der Vollstreckung des Hauptsacheurteils nicht verbürgt ist.5
46
Wenn der besondere Arrestgrund nach § 917 Abs. 2 ZPO nicht gegeben ist, können Schwierigkeiten bei einer Auslandsvollstreckung gleichwohl dazu führen, dass ein Arrestgrund nach § 917 Abs. 1 ZPO zu bejahen ist.6 dd) Arrestverfahren
47
Verfahrensfragen richten sich nach dem jeweiligen Prozessrecht des erkennenden Gerichts (lex fori).7 Die deutschen Gerichte wenden deshalb für Verfahrensfragen die ZPO an, auch wenn nach deutschem IPR ausländisches Sachrecht anzuwenden ist. Die Unterscheidung zwischen Verfahren („procedure“) und Sache („substance“), also die Zuordnung zum materiellen oder zum Prozessrecht (so genannte „Qualifikation“), trifft das angerufene Gericht.8
48
Für das Arrestverfahren gilt deshalb auch bei internationalem Bezug, dass das deutsche Gericht deutsches Prozessrecht anwendet.9 1 BGH v. 23.12.1981 – IV b ZR 643/80, NJW 1982, 1215. 2 Drescher in MünchKomm., § 917 ZPO Rz. 10; Grunsky in Stein/Jonas, § 917 ZPO Rz. 13. 3 Drescher in MünchKomm., § 917 ZPO Rz. 10. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 917 ZPO Rz. 13. 5 Ein Staatenverzeichnis, das Auskunft darüber gibt, ob die Gegenseitigkeit verbürgt ist oder nicht, findet sich bei Gottwald in MünchKomm., § 328 ZPO Rz. 120 ff.; bei Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Anh. § 328 ZPO; und bei Geimer in Zöller, Anh. V. 6 OLG Dresden v. 7.12.2006 – 21 UF 410/06, NJW-RR 2007, 659; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 17; Drescher in MünchKomm., § 917 ZPO Rz. 11. 7 BGH v. 27.6.1984 – IV b ZR 2/83, NJW 1985, 552 (553); Geimer in Zöller, IZPR Rz. 1; Gottwald in MünchKomm. ZPO, Schlussanhang Internationales Zivilprozessrecht Rz. 3. 8 Schack, Rz. 52; Geimer in Zöller, IZPR Rz. 2. 9 Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 37.
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II. 2. Autonomes deutsches Recht
§9
Rz. 55
Ein ausländischer Antragsteller ist nicht verpflichtet, einen Gerichtskostenvorschuss einzuzahlen, da der Arrestantrag nicht als Klage im Sinne von § 12 GKG angesehen wird.1
49
Eine Prozesskostensicherheit gemäß § 110 ZPO ist im internationalen Arrestverfahren nach h.M. erst zu leisten, wenn es zur mündlichen Verhandlung kommt.2 Nach anderer Auffassung ist eine Sicherheit bereits dann erforderlich, wenn der Antragsgegner einen entsprechenden Antrag in einer Schutzschrift gestellt hat.3
50
" Praxistipp: Vertritt der Rechtsanwalt einen ausländischen Mandanten, bei 51 dem grundsätzlich die Voraussetzungen zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 ZPO erfüllt sind, so muss er seinen Mandanten über die Höhe einer kurzfristig zu leistenden Prozesskostensicherheit im Arrestverfahren aufklären und möglichst sicherstellen, dass eine Prozesskostensicherheit kurzfristig geleistet werden kann.
ee) Zustellungen ins Ausland Spezielle Vorschriften, die die Zustellung ins Ausland regeln, finden sich in §§ 183, 184 ZPO, wobei § 183 ZPO nicht nur für Zustellungen von Amts wegen, sondern gemäß § 191 ZPO auch für die Zustellung auf Betreiben einer Partei gilt. Die Form der Auslandszustellung ordnet der Vorsitzende des Prozessgerichts an.4
52
Für Zustellungen innerhalb der EU gilt die Verordung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten,5 nachfolgend „EU-ZustellVO“. Die EU-ZustellVO gilt in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU, auch in Dänemark.6 Für die Durchführung der Zustellung nach der EU-ZustellVO sind die §§ 1067–1069 ZPO zu beachten. Eine Zustellung nach § 184 ZPO soll im Bereich der EU-ZustellVO nicht zulässig sein.7
53
" Wichtig: Art. 14 der EU-ZustellVO lässt es nicht mehr zu, dass Mitglied- 54 staaten die Zustellung durch Postdienste völlig ausschließen.8 Die Zustellung im Parteibetrieb ist nach Art. 15 der EU-ZustellVO grundsätzlich zulässig, wenn der Mitgliedstaat diese Form der Zustellung kennt.9
Einstweilen frei.
55
1 Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 39. 2 OLG Köln v. 8.2.1994 – 4 U 9/93, ZIP 1994, 326; Giebel in MünchKomm., § 110 ZPO Rz. 35; Herget in Zöller, § 110 ZPO Rz. 3. 3 Geimer, Rz. 2006. 4 Häublein in MünchKomm., § 183 ZPO Rz. 5. 5 ABl. EU Nr. L 324 v. 10.12.2007, S. 79; abgedruckt bei: Geimer in Zöller, Anhang II B; Stadler in Musielak, ZPO, Europäisches Zivilprozessrecht, Anhang 1. 6 Geimer in Zöller, Anhang II B Art. 1 Rz. 9. 7 BGH v. 2.2.2011 – VIII ZR 190/10, NJW 2011, 1885. 8 Stadler in Musielak, Art. 14 EU-ZustellVO; Geimer in Zöller, Art. 14 EUZustellVO Rz. 1. 9 Sujecki, NJW 2008, 1628 ff.; Geimer in Zöller, Art. 14 EUZustellVO Rz. 2.
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§9
Rz. 56
Auslandsbezug
ff) Arrestvollziehung 56
Unter Arrestvollziehung versteht die ZPO die Zwangsvollstreckung aus Arresten.1 Die Zwangsvollstreckung durch deutsche staatliche Stellen ist als Hoheitsakt mit Zwangscharakter grundsätzlich auf Deutschland beschränkt.2 Unproblematisch ist deshalb die Arrestvollziehung, wenn sie ausschließlich in Deutschland stattfinden kann. Schwieriger ist jedoch der Fall gelagert, dass der Arrestbefehl mit Pfändungsanordnung hinsichtlich eines in Deutschland liegenden Gegenstands dem Antragsgegner im Rahmen der Arrestvollziehung im Ausland zugestellt werden muss. Dann entfaltet die Zustellung Beschlagnahmewirkung und wird deshalb im Schrifttum teilweise als Verstoß gegen den Territorialitätsgrundsatz und deshalb als unzulässig angesehen.3 Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Da die Zustellung Zwangswirkung nur in Deutschland entfaltet, ist sie völkerrechtsmäßig und deshalb zulässig.4 Demgegenüber ist eine Arrestpfändung eines im Ausland belegenen Gegenstands durch ein deutsches Gericht nicht zulässig.5 Zwangsvollstreckung im Ausland ist nur möglich, wenn der Arrest dort anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird. Die Durchführung der Zwangsvollstreckung richtet sich dann nach den Regelungen im Ausland.6
57
Den Beschluss, durch den ein Arrest angeordnet wird, hat der Gläubiger einem im Ausland wohnenden Schuldner gemäß § 183 ZPO zustellen zu lassen.7 Auch ein Arresturteil, das dem Schuldner von Amts wegen zugestellt wird, hat der Gläubiger dem Schuldner zusätzlich zustellen zu lassen (§ 929 Abs. 2 ZPO; s. § 5 Rz. 16).8 Wird der Schuldner jedoch durch Prozessbevollmächtigte vertreten, erfolgt die Zustellung an diese (vgl. § 5 Rz. 23 ff.).
58
Der Rechtsanwalt kann beim Gericht eine bestimmte Art der Zustellung anregen. Hat er Sorge, dass die Zustellung per Post durch Einschreiben mit Rückschein scheitert, so kann er neben der postalischen Zustellung um eine zusätzliche behördliche Zustellung nach Art. 7 EG-ZustellVO bitten.9
1 BGH v. 15.7.1999 – IX ZR 239/98, NJW 1999, 3122; Vollkommer in Zöller, § 928 ZPO Rz. 1; Drescher in MünchKomm., § 928 ZPO Rz. 1. 2 Schack, Rz. 1061. 3 Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 40. 4 So auch Schack, Rz. 663. 5 Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 41. 6 Vgl. Schack, Rz. 1070. 7 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 11; Drescher in MünchKomm., § 922 ZPO Rz. 12. 8 Drescher in MünchKomm., § 929 ZPO Rz. 5. 9 Vgl. zur kumulativen Zustellung nach der EG-ZustellVO EuGH v. 9.2.2006 – Rs. C-473/04 – Plumex/Young Sports NV, NJW 2006, 975; Geimer in Zöller, § 183 ZPO Rz. 8.
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M 9.3
II. 2. Autonomes deutsches Recht
§9
Rz. 63
u
Zustellung an Schuldner mit Wohnsitz im EU-Mitgliedstaat Per Kurier
9.3 59
Landgericht . . . Zivilkammer Az. . . . In dem Arrestverfahren . . . [Name, Anschrift], Hamburg – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . .[Name, Anschrift], Amsterdam – Antragsgegner – beantragen wir, den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom . . . (Az. . . .) dem Antragsgegner zuzustellen. Als Anlagen überreichen wir zwei Ausfertigungen des zuzustellenden Beschlusses sowie beglaubigte Übersetzungen der Beschlussausfertigungen, der Antragsschrift und der Anlage ASt 1. Wir bitten das Gericht, dem Antragsgegner eine Ausfertigung an dessen Wohnsitz in Amsterdam, Anschrift: . . . und eine Ausfertigung an dessen Geschäftssitz in Rotterdam, Adresse: . . ., zuzustellen. Ferner bitten wir das Gericht, uns über die erfolgte Zustellung zu benachrichtigen. Rechtsanwalt
b) Internationale einstweilige Verfügung Die Ausführungen zum internationalen Arrest gelten im Allgemeinen auch für die internationale einstweilige Verfügung.
60
aa) Internationale Zuständigkeit Nach § 937 Abs. 1 ZPO ist für den Erlass einstweiliger Verfügungen das Gericht der Hauptsache zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Hauptsachegerichts indiziert die internationale Zuständigkeit.
61
In dringenden Fällen ist auch das Amtsgericht der belegenen Sache (§ 942 ZPO) international zuständig (vgl. dazu Rz. 28).
62
Sofern in einer Schiedsgerichtsvereinbarung ein Schiedsort festgelegt wurde, ist dieser auch maßgeblich, um das Gericht der Hauptsache zu bestimmen.1
63
1 OLG Hamburg v. 6.5.1996 – 6 W 32/96, NJW 1997, 749; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 44.
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§9
Rz. 64
Auslandsbezug
bb) Verfügungsanspruch 64
Im einstweiligen Verfügungsverfahren hat das Gericht das geltende Internationale Privatrecht zu beachten und ggf. ausländisches Recht anzuwenden (vgl. dazu Rz. 40 ff.). cc) Verfügungsgrund
65
Es gelten die allgemeinen Regelungen (vgl. § 3 Rz. 75 ff.).
66
Die Vorschrift des § 917 Abs. 1 ZPO ist nicht anwendbar, §§ 935, 940 ZPO sind einschlägig, wobei eine einstweilige Verfügung zulässig ist, wenn die Vollstreckung eines Individualanspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.1
67
Die Vorschrift des § 917 Abs. 2 ZPO ist auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zu beachten.2 dd) Verfügungsverfahren
68
Die deutschen Gerichte wenden das deutsche Zivilprozessrecht an (vgl. Rz. 47 ff.). ee) Zustellungen ins Ausland
69
Auf die Ausführungen zum Arrest kann verwiesen werden (vgl. Rz. 52 ff.). ff) Vollziehung der einstweiligen Verfügung
70
Die Vollzugsfrist für die einstweilige Verfügung beträgt gemäß §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO einen Monat, und zwar ab der Zustellung der Ausfertigung des Verfügungsbeschlusses an den Gläubiger bzw. ab Verkündung des Verfügungsurteils (vgl. dazu § 5 Rz. 30 ff.). Soweit für die Vollziehung eine Auslandszustellung erforderlich ist, wird die Monatsfrist durch den Antrag auf Auslandszustellung gewahrt, wenn diese demnächst erfolgt.3 c) Internationales selbständiges Beweisverfahren
71
Außerhalb eines Streitverfahrens ist das Gericht für das selbständige Beweisverfahren zuständig, das nach dem Vortrag des Antragstellers für die Hauptsache zuständig ist (§ 486 Abs. 2 ZPO). Ist danach ein inländisches Gericht zuständig, so besteht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte. Gleiches gilt, wenn die Hauptsache vor einem deutschen Gericht bereits anhängig ist (§ 486 Abs. 1 ZPO).
72
Schließlich ist in Fällen dringender Gefahr die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts zu bejahen, in dessen Bezirk die zu vernehmende oder zu begutachtende Person sich aufhält oder die in Augenschein zu nehmende oder zu begutachtende Sache sich befindet (§ 486 Abs. 3 ZPO). 1 Grunsky in Stein/Jonas, § 936 ZPO Rz. 2; Drescher in MünchKomm., § 936 ZPO Rz. 4. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 936 ZPO Rz. 2; Drescher in MünchKomm., § 936 ZPO Rz. 4. 3 AG Berlin v. 4.9.1998 – 25 U 266/98, IPRax 2001, 236; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 47.
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M 9.4
II. 2. Autonomes deutsches Recht
§9
Rz. 77
Die Durchführung der Beweisaufnahme erfolgt nach der lex fori, also deutschem Recht. Soweit die Beweisaufnahme im Ausland erfolgen soll, ist § 363 ZPO zu beachten. Für eine Beweisaufnahme in einem EU-Mitgliedsstaat gilt die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen1 – „EG-BewVO“ – und für deren Durchführung die §§ 1072 und 1073 ZPO.2 Gegenüber Dänemark kommt die Verordnung nicht zur Anwendung (Art. 1 Abs. 3 EG-BewVO).
73
d) Anerkennung und Vollstreckung Sofern EuGVVO, LugÜ und EheGVVO sowie sonstige bilaterale Staatsverträge nicht anwendbar sind, ist nach autonomem deutschem Zivilprozessrecht zu prüfen, ob eine Anerkennung und Vollstreckung einstweiliger Maßnahmen in Betracht kommt. Einschlägig sind §§ 723 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. 328 ZPO.
74
Nach § 328 ZPO sind Urteile eines ausländischen Gerichts unter gewissen Voraussetzungen anerkennungsfähig. Unter „Urteil“ versteht § 328 ZPO jede gerichtliche Entscheidung, die den Prozess der Parteien in einem beide Parteien Gehör gebenden Verfahren rechtskräftig entschieden hat. Arrest und einstweilige Verfügung zählen hierzu regelmäßig nicht, da sie den Streit nicht erledigen.3
75
Eine Anerkennung kommt jedoch in Betracht, wenn die einstweilige Maßnahme ausnahmsweise geeignet ist, die Streitsache endgültig zu erledigen (so bei der Leistungsverfügung).4
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u
Vollstreckbarkeitsklage gemäß §§ 722, 723 ZPO An das
9.4 77
Landgericht . . . Klage des . . . [Name, Anschrift] – Kläger – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift] – Beklagter – 1 ABl. EG Nr. L 174 v. 27.6.2001, S. 1. 2 Vgl. zur Anwendbarkeit in selbständigen Beweisverfahren v. Hein in Rauscher, Art. 1 EG-BewVO Rz. 51 ff. 3 Geimer in Zöller, § 328 ZPO Rz. 70; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 328 ZPO Rz. 11; Schack, Rz. 914; Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 134. 4 Geimer in Zöller, § 328 ZPO Rz. 70; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 328 ZPO Rz. 7; Schack, Rz. 914; Otte in Berger, Kap. 18 Rz. 135; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 80.
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§9
Rz. 78
Auslandsbezug
M 9.4
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . wegen: Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils gemäß §§ 722, 723 ZPO bestellen wir uns für den Kläger und beantragen, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des . . . [Gericht] vom . . .. (Az. . . .) mit folgender Urteilsformel zuzulassen: „Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger . . . Euro zu zahlen.“ Gründe: 1. Durch das vorbezeichnete Urteil wurde der Beklagte verurteilt, an den Kläger . . . Euro zu zahlen. Beweis: Ausfertigung des Urteils nebst Übersetzung, Anlage K 1 Die Zustellung des Urteils erfolgte am . . . Beweis: Zustellnachweis als Anlage K 2 Das Urteil ist seit dem . . . rechtskräftig. Beweis: Rechtskraftbescheinigung und Übersetzung als Anlage K 3 2. Die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Staates, dem das . . . [Gericht] angehört, ist in spiegelbildlicher Anwendung der deutschen Regeln über die internationale Zuständigkeit zu bejahen (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Dies ergibt sich aus Folgendem: . . . 3. Der Beklagte hat sich auf das Verfahren vor dem . . . [Gericht] eingelassen (§ 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Beweis: Protokoll über die mündliche Verhandlung vom . . . nebst Übersetzung als Anlage K 4 4. Eine Unvereinbarkeit gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegt nicht vor. 5. Das Urteil, das eine Leistungsverfügung zum Gegenstand hat, ist auch mit den Grundsätzen des deutschen Rechts (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) vereinbar. Auch das deutsche Recht kennt in Ausnahmefällen eine Leistungsverfügung. 6. Im Verhältnis zum . . . [Staat] ist die Gegenseitigkeit der Anerkennung von Urteilen verbürgt (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO; vgl. dazu die Länderübersicht bei Gottwald in Münchener Kommentar, § 328 ZPO Rz. 120). Rechtsanwalt 78
In Deutschland ist nur das Ergebnis eines gemäß §§ 485 ff. ZPO durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens nach § 493 Abs. 1 ZPO verwertbar, nicht jedoch das Ergebnis eines von einem ausländischen Gericht angeordneten und durchgeführten Beweisverfahrens.1 Das ausländische Beweisergebnis kann jedoch im Wege des frei zu würdigenden Urkundenbeweises in das inländische Verfahren eingeführt werden.2 1 OLG Köln v. 5.1.1983 – 17 W 482/82, NJW 1983, 2779; OLG Hamburg v. 29.9.1990 – 8 W 235/99, MDR 2000, 53; Schreiber in MünchKomm., § 493 ZPO Rz. 2. 2 Geimer, Rz. 2541; Nagel/Gottwald, § 15 Rz. 74.
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§ 10 Kosten und Gebühren Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . .
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II. Streitwert 1. Zuständigkeitsstreitwert . . . . 2 2. Gebührenstreitwert . . . . . . . 4 3. Streitwert bei Rechtsmitteln, Rechtsbehelfen und Vollziehung a) Rechtsmittelstreitwert . . . . 13 b) Rechtsbehelfsstreitwert . . . 15 c) Streitwert der Vollziehung . 18 4. Verfahrensstreitwert in Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . 19a III. Gerichtskosten . . . . . . . . . . 1. Verfahrensgebühr . . . . . . . . . 2. Verfahrensgebühr in der Berufungsinstanz . . . . . . . . . . . .
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3. Verfahrensgebühr bei der Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . 4. Einstweilige Anordnungen in Familiensachen . . . . . . . . . . . 5. WEG-Verfahren . . . . . . . . . .
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IV. Anwaltsgebühren 1. Anordnungs-, Abänderungs- und Aufhebungsverfahren a) Angelegenheiten . . . . . . . b) Gebühren . . . . . . . . . . . . 2. Vollziehung . . . . . . . . . . . . 3. Einstweilige Anordnungen in Familiensachen . . . . . . . . . . . 4. WEG-Verfahren . . . . . . . . . .
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V. Prozesskostenhilfe . . . . . . . .
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Literatur: Abramenko, Grundzüge der Rechtsanwaltsvergütung in Wohnungseigentumssachen nach dem RVG, ZMR 2005, 166; Drasdo, Rechtsanwaltsvergütung bei Beantragung einer einstweiligen Verfügung im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren, MDR 2005, 786; Ebmeier/Schöne, Der einstweilige Rechtschutz, 1997; Fischer, Zivilprozess – Prozesskostenhilfe für einstweiligen Rechtsschutz und Hauptsache?, MDR 2011, 642; Hansen, Terminsgebühr und Einigungsgebühr bei eA-Verfahren und Hauptsacheverfahren, RVG Report 2011, 224; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl. 2012; Hartung/Römermann/Schons, Praxiskommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Aufl. 2006; Keske, Kostenrechtliche Auswirkungen der Anwendung neuen Rechts auf Altverfahren, FPR 2010, 78; Kroiß, Die Entwicklung des Gerichts- und Notarkostenrechts im Jahr 2010, NJW 2011, 498; Lappe, Die Entwicklung des Gerichts- und Notarkostenrechts im Jahr 2004, NJW 2005, 263; Lappe, Die Entwicklung des Gerichts- und Notarkostenrechts im Jahr 2005, NJW 2006, 270; Lappe, Die Entwicklung des Gerichts- und Notarkostenrechts im Jahr 2006, NJW 2007, 273; Lappe, Die Entwicklung des Gerichts- und Notarkostenrechts im Jahr 2009, NJW 2010, 420; Schlünder, Die gebührenrechtlichen Änderungen des FGG-Reformgesetzes, FamRZ 2009, 2056; Schneider, Anrechnungsprobleme im Zusammenhang mit einstweiligen Verfügungsverfahren, Abmahnung – einstweilige Verfügung – Abschlussschreiben – Hauptsacheverfahren, NJW 2009, 2017; Schneider, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, AnwBl. 2009, 777; Schneider/Mock, Das neue Gebührenrecht für Anwälte, 2004; Schneider/Wolf/Volpert, Kommentar zum Familiengerichtskostengesetz, 2009; Schulte-Bunert/Weinreich, Kommentar zum Familiengerichtskostengesetz, 2. Aufl. 2009; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. 2011; Witte, Die Wertvorschriften im einstweiligen Anordnungsverfahren, FPR 2010, 316.
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§ 10
Rz. 1
Kosten und Gebühren
I. Einleitung 1
Die Kostenfrage spielt oft eine zentrale Rolle bei der Frage nach Rechtsschutzmöglichkeiten. Gerade im Hinblick darauf, dass dem einstweiligen Verfügungsverfahren in der Regel noch ein Hauptsacheverfahren folgt, sollte das Kostenrisiko frühzeitig in die Überlegungen mit einbezogen werden.
II. Streitwert 1. Zuständigkeitsstreitwert 2
Anders als im Hauptsacheverfahren hat der Streitwert im Eilverfahren keine Bedeutung für die Zuständigkeit. Diese richtet sich im Arrestverfahren nach § 919 ZPO und im einstweiligen Verfügungsverfahren in der Regel nach § 937 ZPO (s. § 3 Rz. 39 ff. sowie § 4 Rz. 7 ff.). Zuständig ist damit grundsätzlich das Gericht der Hauptsache.
3 " Wichtig: Bei der Bestimmung der Zuständigkeit dürfen keine Fehler unterlaufen. Allein der Streitwert der Hauptsache ist maßgeblich für die sachliche Zuständigkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren. Der Verfügungsstreitwert ist unerheblich.1
2. Gebührenstreitwert 4
Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG bestimmt sich der Wert über einen Antrag auf Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung nach § 3 ZPO.
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Ausschlaggebend für die nach § 3 ZPO vorzunehmende Schätzung ist im Eilverfahren das Sicherungsinteresse des Antragstellers. Da es im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich nicht um die Befriedigung des Antragstellers geht, sondern nur um eine einstweilige Sicherung oder Regelung, ist das Sicherungsinteresse niedriger anzusetzen als das Befriedigungsinteresse. Daher liegt der Gebührenstreitwert im Eilverfahren im Allgemeinen unter dem der Hauptsache. In den meisten Fällen bewegt er sich in der unteren Hälfte des Hauptsachewerts, häufig zwischen 1/2 und 1/3.2
6 " Wichtig: In einem wettbewerbsrechtlichen Verfügungsverfahren hat das KG ausgeführt: „Es liegt […] nicht fern, zukünftig einen Regelwert im Verhältnis des Verfügungsverfahrens zum Hauptsacheverfahren von zwei Drit-
1 Schneider/Herget, Rz. 1975. 2 Herget in Zöller, § 3 ZPO Rz. 16 Stichworte „Arrest“ und „Einstweilige Verfügung“; Hartmann, Anh. I § 48 (§ 3 ZPO) Rz. 16; Parigger in Vorwerk, Kap. 39 Rz. 24; Schneider/Herget, Rz. 1588; Lappe, NJW 2007, 273 (275): 1/5; LG Bonn v. 12.11.2010 – 8 T 181/10, AGS 2011, 90 (90).
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II. Streitwert
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teln anzunehmen.“ Hintergrund ist die vom KG festgestellte Aufwertung des Verfügungsverfahrens.1 Interessant ist auch die Entscheidung des OLG Brandenburg2 für die Verpflichtung zur Abnahme von Windenergie: Der Streitwert für das Verfügungsverfahren bemisst sich nach der prognostizierten Zeitersparnis, die der Verfügungskläger bei einer Befriedigung im Wege des Eilverfahrens gegenüber einer Befriedigung im ordentlichen Klageverfahren erreichen kann. Für die Ermittlung des Hauptsachestreitwerts gelten die allgemeinen Grundsätze und Streitwertbestimmungen. Das angedrohte oder verhängte Ordnungsgeld ist kein Indiz für den Streitwert.3
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In Einzelfällen kann der Verfügungsstreitwert aber auch an den Hauptsachestreitwert heranreichen. Dies ist dann möglich, wenn mit dem Arrest oder der einstweiligen Verfügung praktisch schon die Hauptsachentscheidung vorweggenommen wird, wie z.B.
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– bei der Herausgabe an den Antragsteller persönlich,4 – bei Zahlung eines Prozesskostenvorschusses,5 – wenn ohne den Arrest die Zwangsvollstreckung vereitelt würde bzw. der Arrest zur Befriedigung führen kann6 oder – wenn durch eine einstweilige Verfügung unumkehrbare Fakten geschaffen werden (Abwehrmaßnahmen gegen ein feindliches Übernahmeangebot).7 Einstweilen frei.
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Bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten wird der Streitwert ebenfalls gemäß § 3 ZPO geschätzt. Richtschnur für das richterliche Ermessen ist § 48 Abs. 2 GKG, wonach 1 Million Euro die Obergrenze ist. Auch in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten beträgt der Streitwert des Eilverfahrens nur einen Bruchteil des Hauptsacheverfahrens.8
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1 KG v. 26.11.2004 – 5 W 146/04, WRP 2005, 368 ff.: Zum einen hemmt nunmehr auch die Zustellung der einstweiligen Verfügung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB den Ablauf der Verjährungsfrist, sodass dem Zwang zur alsbaldigen parallelen Einleitung des Hauptsacheverfahrens entgangen werden kann. Zum anderen hat das Verfügungsverfahren unter dem Aspekt des Rechtsmissbrauchs an Bedeutung gewonnen. Eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung kann schon dann vorliegen, wenn neben dem einstweiligen Verfügungsverfahren gleichzeitig das Hauptsacheverfahren eingeleitet wird, ohne abzuwarten, ob die einstweilige Verfügung erlassen wird und der Schuldner sie in einer Abschlusserklärung als endgültige Regelung anerkennt (BGH v. 6.4.2000 – I ZR 76/98, GRUR 2000, 1089 [1091]; BGH v. 24.5.2000 – I ZR 222/97, GRUR 2001, 78 [79]); ebenso bei Unterlassungsanspruch: OLG München v. 26.5.2009 – 29 W 1498/09, BeckRS 2009, 27637; so auch Lappe, NJW 2010, 421 (421). 2 OLG Brandenburg v. 5.1.2006 – 6 U 110/05, OLGR Brandenburg 2006, 371 f. 3 Hüßtege in Thomas/Putzo, § 3 ZPO Rz. 52. 4 OLG Köln v. 27.1.1999 – 16 W 3/99, OLGR Köln 1999, 336; OLG Saarbrücken v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661; OLG Celle v. 13.8.2007 – 2 W 71/97, BeckRS 2007, 14332. 5 OLG Schleswig v. 21.11.1977 – 8 WF 198/77, SchlHA 1978, 22. 6 KG v. 20.12.1996 – 14 W 8213/96, KGR Berlin 1997, 240. 7 OLG Düsseldorf v. 31.8.2000 – 6 W 33/00, NJW-RR 2001, 250 (251). 8 OLG Frankfurt v. 22.11.1982 – 22 W 36/82, AnwBl. 1983, 89.
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Kosten und Gebühren
Bei mehreren Anträgen ist wie folgt zu differenzieren: – Verbindet der Antragsteller einen Antrag auf persönlichen und dinglichen Arrest, handelt es sich um dieselbe Streitigkeit, d.h. der Streitwert ist nur einmal in Ansatz zu bringen.1 – Begehrt der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung und eines Arrestes, so sind die isoliert ermittelten Streitwerte zu addieren (§ 39 Abs. 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO).2 – Stellt der Antragsteller einen Hilfsantrag, so gilt § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG entsprechend. – Für den Fall, dass der Antragsteller das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren verbindet, findet eine Zusammenrechnung nicht statt. Da es sich nicht um eine einheitliche Verfahrensart handelt, müssen die Gebühren getrennt berechnet werden.3 – Wird der Eilantrag mit einem Antrag auf Vollziehungsmaßnahmen verbunden, erhöht sich der Streitwert des Eilverfahrens selbst nicht4 (zum Streitwert der Vollziehung s. Rz. 18 f.).
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Für die Streitwertbestimmung im Einzelfall sei auf die einschlägigen Übersichten verwiesen.5
3. Streitwert bei Rechtsmitteln, Rechtsbehelfen und Vollziehung a) Rechtsmittelstreitwert 13
Der Rechtsmittelstreitwert wird nach den gleichen Grundsätzen ermittelt, die für den Gebührenstreitwert gelten. Auf den Rechtsmittelstreitwert kommt es an, wenn im Eilverfahren durch Urteil nach mündlicher Verhandlung entschieden worden ist. In diesem Fall muss die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht sein. Diese bestimmt sich nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes und muss 600 Euro übersteigen.6
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Eine Revision ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht statthaft. b) Rechtsbehelfsstreitwert
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§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO gilt auch für das Widerspruchsverfahren (§ 924 ZPO), das Verfahren auf Aufhebung (§ 927 ZPO) sowie das Beschwerdeverfahren (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Der Streitwert ist daher zu schätzen wie beim Anordnungsverfahren.7 1 2 3 4
Schneider/Herget, Rz. 1125b. Schneider/Herget, Rz. 1126. Schneider/Herget, Rz. 1127. OLG Koblenz v. 30.12.1980 – 14 W 530/80, JurBüro 1981, 572; KG v. 11.9.1990 – 1 W 4084/90, MDR 1991, 66. 5 Z.B.Schneider/Herget, Rz. 1122 ff. 6 Reichold in Thomas/Putzo, § 511 ZPO Rz. 11. 7 Roth in Stein/Jonas, § 3 ZPO Rz. 46.
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II. Streitwert
Rz. 19a
§ 10
In der Regel entspricht der Streitwert des Verfahrens, das sich gegen die erlassene einstweilige Verfügung bzw. den Arrest richtet, dem Streitwert des Anordnungsverfahrens.1 Wenn sich das ursprüngliche Sicherungsinteresse des Antragstellers verringert hat, ist nur ein herabgesetzter Streitwert festzusetzen.2 Das ist z.B. der Fall, wenn es nur noch um die formelle Aufhebung einer einstweiligen Verfügung geht, die nach übereinstimmender Auffassung der Parteien durch die Entwicklung der Dinge gegenstandslos geworden ist.3
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Verlangt der Antragsteller nur teilweise Abänderung oder Aufhebung, so reduziert sich der Streitwert entsprechend.4 Bei einem Kostenwiderspruch bemisst sich der Streitwert nur nach dem Kosteninteresse5 (zum Kostenwiderspruch vgl. auch § 18 Rz. 107 sowie das Muster 18.6).
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c) Streitwert der Vollziehung Der Streitwert der Vollziehung ist vor allem für die Anwaltsgebühren von Bedeutung. Die gerichtliche Vollziehungsgebühr ist seit dem 30.12.2006 gestrichen. Nr. 2110 KV GVG sieht nur noch eine 15-Euro-Festgebühr für das Vorverfahren über den Auftrag auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung vor.
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Wie Vollstreckungsmaßnahmen zu bewerten sind, die zur Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung durchgeführt werden, ist gesetzlich nicht geregelt. Die h.M. setzt den Streitwert des Vollziehungsverfahrens grundsätzlich in entsprechender Anwendung der § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO dem des Anordnungsverfahrens gleich.6 Pfändungen zum Zweck der Arrestvollziehung haben wegen ihres Sicherungscharakters keinen höheren Streitwert als das Anordnungsverfahren. Dies leuchtet ein, schließlich wird dem Antragsteller die Vollziehung nicht mehr wert sein als die bereits auf Vollziehung abzielende Anordnung der Eilmaßnahme.7 Ist sein Interesse dagegen geringer geworden, ist die Begrenzungsregel des § 6 Satz 2 ZPO anzuwenden.
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4. Verfahrensstreitwert in Familiensachen Zum 1.9.2009 ist neben dem FamFG8 auch das FamGKG9 in Kraft getreten. Das FamGKG ist ein einheitliches Kostengesetz für alle Familiensachen mit Aus1 Hartmann, Anh. I § 48 GKG Rz. 17; Schneider/Herget, Rz. 1992 ff. 2 OLG Saarbrücken v. 4.3.2010 – 5 W 12/10, BeckRS 2010, 11777; Kroiß, NJW 2011, 498 (499). 3 OLG Hamburg v. 18.10.1977 – 3 W 170/77, WRP 1977, 814; KG v. 21.9.2001 – 5 W 40/01, JurBüro 2002, 479: 1/3 des Wertes des Verfügungsantrags. 4 Ebmeier/Schöne, Rz. 385. 5 OLG Hamburg v. 17.7.1989 – 8 W 171/89, MDR 1989, 1002; OLG Frankfurt v. 10.5.1990 – 6 W 79/90, JurBüro 1990, 1210. 6 Schneider/Herget, Rz. 1992 ff. zu den verschiedenen Auffassungen. 7 Schneider/Herget, Rz. 1993. 8 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17.12.2008, BGBl. I 2008, 2586. 9 Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen v. 17.12.2008, BGBl. I 2008, 2586.
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Rz. 19b
Kosten und Gebühren
nahme der Mahn- und Vollstreckungsverfahren. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem Kostenverzeichnis zum FamGKG. Grundsätzlich ist das FamGKG auf alle nach dem 1.9.2009 eingeleiteten Verfahren anzuwenden. Einzelheiten zur Übergangsregelung finden sich in Art. 111 FGG-RG.1 19b " Praxistipp: Aus der neu geregelten Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens folgt, dass jede einstweilige Anordnung eine Kostengrundentscheidung enthalten muss. Fehlt sie, ist für die Ergänzung des Beschlusses die 14-Tage-Frist nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 321 ZPO zu wahren. Wird diese Frist versäumt, hat der Mandant einen Schadenersatzanspruch auf Befreiung von der Kostenschuld.2 19c
Für die nach § 51 Abs. 3 Satz 1 FamFG nunmehr selbständigen einstweiligen Anordnungsverfahren werden pauschale Verfahrensgebühren erhoben. Nach § 41 FamGKG ist der Wert des Anordnungsverfahrens einheitlich auf den halben Wert der Hauptsache festgelegt. Dieser Wert kann aber im Einzelfall nach oben oder unten korrigiert werden.
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Eine Korrektur nach oben kommt vor allem in solchen Fällen in Betracht, in denen abweichend von § 49 FamFG nicht nur eine vorläufige Regelung getroffen wird, wie z.B. – bei einer Leistungsanordnung auf Zahlung von Unterhalt in voller Höhe und ohne zeitliche Beschränkung nach § 246 Abs. 1 Alt. 1 FamFG;3 – bei einer Anordnung auf Zahlung des Prozesskostenvorschusses nach § 246 Abs. 1 Alt. 2 FamFG.4
19e
Diskutiert wird eine Erhöhung auch für einstweilige Anordnungen, die das Umgangsrecht für unmittelbar bevorstehende Feier- oder Ferientage regeln,5 und für Gewaltschutzsachen (§§ 210, 214 FamFG).6
III. Gerichtskosten 20
Eilverfahren und Hauptsacheverfahren sind zwei verschiedene Verfahren, sodass für beide Verfahren separate Gerichtskosten anfallen. Für den einstweiligen Rechtsschutz gelten die Nrn. 1410 ff. KV GKG.
1 Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17.12.2008, BGBl. I 2008, 2586; ausführlich zu den kostenrechtlichen Auswirkungen der Anwendung neuen Rechts auf Altverfahren Keske, FPR 2010, 78. 2 Witte, FPR 2010, 316 (316). 3 Fölsch in Schneider/Wolf/Volpert, § 41 FamGKG Rz. 14; Witte, FPR 2010, 316 (317). 4 Witte, FPR 2010, 316 (317); Keske in Schulte-Brunert/Weinreich, § 49 FamGKG Rz. 2. 5 Keske in Schulte-Brunert/Weinreich, § 49 FamGKG Rz. 2. 6 Fölsch in Schneider/Wolf/Volpert, § 41 FamGKG Rz. 15; LG Flensburg v. 28.6.2004 – 1 T 31/04, NJW-RR 2004, 1509 (1509); a.A. OLG Saarbrücken v. 20.8.2007 – 5 W 175/07, NJW-RR 2008, 746 (746).
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III. Gerichtskosten
Rz. 27
§ 10
" Praxistipp: Eine Besonderheit des Eilverfahrens liegt darin, dass keine Vo- 21 rauszahlungspflicht für die Gerichtskosten besteht. Dies folgt indirekt aus §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 10 GKG.1 Das Gericht wird auch ohne Vorschuss tätig.
1. Verfahrensgebühr Gemäß Nr. 1410 KV GKG entsteht im Anordnungsverfahren eine Verfahrensgebühr in Höhe von 1,5, die sich gemäß Nr. 1412 KV GKG auf 3,0 erhöht, wenn durch Urteil bzw. durch Beschluss nach § 91a ZPO oder § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO entschieden wird. Nach einer Entscheidung des KG errechnet sich die Erhöhung der Verfahrensgebühr bei einem Teilurteil nach dem Wert des Streitgegenstandes, auf den sich die Entscheidung bezieht.2 Die Gebühr bemisst sich nach dem Wert des Streitgegenstandes, auf den sich die Entscheidung bezieht. Dies wird z.B. bedeutsam, wenn der Antragsteller seinen Antrag beschränkt oder erweitert.
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Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich auf 1,0, wenn der Antrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wird, bei Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil oder bei Vergleich (Nr. 1411 KV GKG). Versäumnisurteile reduzieren die Gerichtskosten nicht, Erledigterklärungen nach § 91a ZPO nur, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt.
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" Wichtig: Als Fall des Anerkenntnisses kann auch ein Kostenwiderspruch 24 zu werten sein3 (s. hierzu Muster 18.6).
Widerspruchs- oder Rechtfertigungsverfahren gemäß § 924 ZPO bzw. § 942 ZPO lösen keine eigenständige Verfahrensgebühr aus, da sie mit dem Anordnungsverfahren einen einheitlichen Rechtsstreit bilden. Nr. 1411 Nr. 1 KV GKG gilt entsprechend für die Rücknahme des Widerspruchs vor Schluss der mündlichen Verhandlung.4
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Das Aufhebungs- und Abänderungsverfahren gemäß § 926 Abs. 2, § 927, 936 ZPO gilt gemäß der amtlichen Vorbemerkung 1.4.1 KV GKG als eigenständiges Verfahren mit der Folge, dass die oben genannten Kosten jeweils gesondert anfallen.
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Für das Einreichen einer Schutzschrift entstehen keine Gerichtskosten.5
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1 Hartmann, § 12 GKG Rz. 4. 2 KG v. 7.10.2008 – 1 W 77/07, BeckRS 2008, 24383; a.A. OLG München v. 10.12.2008 – 11 W 2504/08, BeckRS 2009, 03032. 3 Hartmann, Nr. 1410 KV Rz. 4; zum Meinungsstand: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. 2011, Kap. 55 Rz. 09. 4 OLG Hamburg v. 7.10.2004 – 8 W 217/04, MDR 2005, 418; Lappe, NJW 2006, 270 (272). 5 Parigger in Vorwerk, Kap. 39 Rz. 36.
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§ 10
Rz. 28
Kosten und Gebühren
2. Verfahrensgebühr in der Berufungsinstanz 28
Im Berufungsverfahren beträgt die Verfahrensgebühr 4,0 (Nr. 1413 KV GKG).1 Im Zuge des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (nachfolgend: KostRModG)2 wurde die Verfahrensgebühr deutlich erhöht, dafür ist die Urteilsgebühr weggefallen.3 Unter Nr. 1413 KV GKG fallen Anordnungs-, Widerspruchs-, Abänderungs- und Aufhebungsverfahren.
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Auch wenn das Berufungsgericht in 1. Instanz als Gericht der Hauptsache tätig wird, entstehen die Gebühren gemäß Nrn. 1413 ff. KV GKG, weil es als Berufungsgericht mit der Sache befasst ist.4 Die Verfahrensgebühr reduziert sich gemäß Nr. 1414 KV GKG auf 1,0 bei Zurücknahme der Berufung, des Antrags oder des Widerspruchs vor Eingang der Berufungsbegründungsschrift bei Gericht. Der Rücknahme stehen die unter Rz. 23 genannten Erledigterklärungen gleich.
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Nach Nr. 1415 KV GKG ermäßigt sich die Verfahrensgebühr auf 2,0 bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Berufung vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung, des Anerkenntnis- oder Verzichtsurteils, des gerichtlichen Vergleichs oder der Erledigungserklärung. Für den Fall, dass die Parteien auf eine schriftliche Urteilsbegründung verzichten, reduziert sich die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1416 KV GKG auf 3,0, wenn nicht ein schriftlich begründetes Urteil oder ein Versäumnisurteil vorausgegangen ist.
3. Verfahrensgebühr bei der Beschwerde 31
Die Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren, etwa gegen den Beschluss der Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder eines Arrests, beläuft sich gemäß Nr. 1417 KV GKG auf 1,5. Sie ermäßigt sich anders als vor dem KostRModG bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Beschwerde auf 1,0 (Nr. 1418 KV GKG). Wird die Beschwerde nur teilweise zurückgenommen, bleibt es bei Nr. 1417 KV GKG.5
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Die Verfahrensgebühr deckt das gesamte Verfahren über die sofortige Beschwerde ab, inklusive einer möglichen mündlichen Verhandlung. Mehrere sofortige Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung begründen nur ein Verfahren. Anders verhält es sich bei Wiederholung einer erledigten sofortigen Beschwerde oder bei mehreren sofortigen Beschwerden gegen verschiedene Entscheidungen. Dann handelt es sich um verschiedene Verfahren.6
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Verweist das Beschwerdegericht unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses die Sache zur weiteren Behandlung zurück, fallen die Gebühren nach Nrn. 1410–1412 KV GKG nicht noch einmal an (§§ 35, 37 GKG). 1 2 3 4 5 6
Hartmann, Nr. 1413 KV Rz. 1. KostRModG v. 5.5.2004, BGBl. I 2004, 718 ff. Lappe, NJW 2005, 263 (265). Hartmann, Nr. 1413 KV Rz. 2. Hartmann, Nr. 1417 KV Rz. 3. Hartmann, Nr. 1810 KV Rz. 8 und 9.
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IV. Anwaltsgebühren
Rz. 38
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4. Einstweilige Anordnungen in Familiensachen Aufgrund der Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens nach dem FamFG fallen nunmehr in allen familiengerichtlichen einstweiligen Anordnungsverfahren Gerichtskosten an.1 Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus dem Kostenverzeichnis zum FamGKG (KV FamGKG). Grundsätzlich wird zwischen einstweiligen Anordnungen in Kindschaftssachen (Nrn. 1410 ff. KV FamGKG) und einstweiligen Anordnungen in übrigen Familiensachen und Arrest (Nrn. 1420 ff. KV FamGKG) unterschieden.
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In Kindschaftssachen beträgt die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1410 KV FamGKG 0,3, im Beschwerdeverfahren nach Nr. 1411 FamGKG 0,5. In allen übrigen Familiensachen entstehen in der Regel nach Nr. 1420 KV FamGKG Verfahrensgebühren in Höhe von 1,5. Im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht beträgt die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1422 KV FamGKG 2,0.
5. WEG-Verfahren Nach dem bis zum 30.6.2007 geltenden WEG a.F. entstanden keine gesonderten Gerichtsgebühren für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Gerichtskosten des Hauptsacheverfahrens (§ 48 WEG) deckten die einstweilige Anordnung mit ab. Der Kostenansatz richtete sich nach der Kostenordnung.
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Nach der Novelle des WEG, die zum 1.7.2007 in Kraft trat, findet der einstweilige Rechtsschutz nunmehr nach den Instrumentarien der ZPO, also mittels einstweiliger Verfügung und Arrest statt. Für diese Verfahren fallen die in diesem Kapitel dargestellten Gebühren an.
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IV. Anwaltsgebühren 1. Anordnungs-, Abänderungs- und Aufhebungsverfahren a) Angelegenheiten Das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren sind verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten, § 17 Nr. 4 Buchst. a und b Alt. 1 RVG. Das bedeutet, dass die in dem Eilverfahren entstehenden Gebühren unabhängig von den Gebühren des Hauptsacheverfahrens entstehen.
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Im Eilverfahren selbst bildet jedes Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung zusammen mit dem Anordnungsverfahren gemäß § 16 Nr. 5 RVG eine einzige Angelegenheit.2 Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Rechtsanwalt in Aufhebungs- oder Abänderungsver-
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1 Schneider, AnwBl. 2009, 777 (780); Witte, FPR 2010, 316 (318, 319). 2 OLG Braunschweig v. 20.2.1995 – 2 W 13/95, JurBüro 1995, 642; OLG Dresden v. 18.8.1999 – 15 W 1353/99, JurBüro 2000, 138; Hartung/Römermann/Schons, § 16 RVG Rz. 18.
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Rz. 39
Kosten und Gebühren
fahren, in denen er vorher schon tätig war, bereits mit den Einzelheiten des Falles vertraut ist.1 39
Zum Abgeltungsbereich des § 16 Nr. 5 RVG gehören: – das Anordnungsverfahren (§ 922 ZPO), – das Widerspruchsverfahren (§§ 924, 925 ZPO), – die diversen Aufhebungsverfahren (§§ 926 Abs. 2, § 927, § 939 und § 942 Abs. 3 ZPO), – das Rechtfertigungsverfahren (§ 942 Abs. 1 ZPO).
40 " Praxistipp: Zu prüfen ist aber stets, ob nicht (gebührenrechtlich) ein neues Verfahren vorliegt. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn beantragt wird, eine zeitlich begrenzte einstweilige Verfügung um ein Jahr zu verlängern. Dann fallen die Gebühren des § 16 Nr. 5 RVG neu an.2 41
Probleme können sich wie schon bei der Vorgänger-Vorschrift des § 40 Abs. 2 BRAGO daraus ergeben, dass es sich bei den genannten Verfahren prozessual um verschiedene Verfahren handelt, sodass die Möglichkeit gegenteiliger Kostenentscheidungen besteht. Jede Partei kann sich auf die für sie günstige Kostenentscheidung berufen.3 Das RVG hat keinen Gleichlauf des prozessualen Rechtszugs hergestellt.4 b) Gebühren
42
Für das Arrest- bzw. das einstweilige Verfügungsverfahren entstehen wie auch sonst in einem Zivilprozess die Gebühren nach Teil 3 VV RVG, d.h. bei Erfüllung der entsprechenden Tatbestandsmerkmale: – eine Verfahrensgebühr in Höhe von 1,3 nach Nr. 3100 VV RVG und ggf. – eine Terminsgebühr in Höhe von 1,2 nach Nr. 3104 VV RVG.
43
Die Verfahrensgebühr erhöht sich gemäß Nr. 1008 VV RVG bei mehreren Auftraggebern um 0,3 je weiteren Auftraggeber, maximal um 2,0, wenn der Anwalt für sie wegen desselben Gegenstandes tätig wird.
44
Für den Fall, dass der Auftrag sich vorzeitig erledigt, reduziert sich die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3101 VV RVG auf 0,8.
45 " Wichtig: Die Terminsgebühr entsteht auch, wenn der Anwalt ohne Beteiligung des Gerichts Besprechungen zur gütlichen Einigung führt (Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG).5 Sie entsteht ferner gemäß Nr. 3104 Nr. 1 KV GKG, wenn mit Einverständnis der Parteien in einem Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.6 1 2 3 4 5 6
Hartung/Römermann/Schons, § 16 RVG Rz. 20. OLG Hamburg v. 10.5.1991 – 8 W 121/91, JurBüro 1991, 1084. OLG Hamburg v. 1.8.1980 – 8 W 143/80, JurBüro 1981, 277. Schneider/Mock, § 16 Rz. 64. Schneider/Mock, § 16 Rz. 71. Dazu zählt allerdings nicht der Verweisungsbeschluss und das Anordnen des Ruhens, OLG Karlsruhe v. 29.7.2005 – 15 W 26/05, MDR 2006, 118.
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Herchenröder
IV. Anwaltsgebühren
Rz. 50
§ 10
Im Falle eines Versäumnisurteils reduziert sich die Terminsgebühr gemäß Nr. 3105 VV RVG auf 0,5. Dies trägt dem verminderten Aufwand des Rechtsanwalts Rechnung.
46
Die Gebühren richten sich nach den Nrn. 3100 ff. VV RVG auch dann, wenn der Antrag auf Erlass eines Arrests bzw. einer einstweiligen Verfügung erstmals im Berufungsverfahren gestellt wird (Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 VV RVG). Der Rechtsanwalt kann nicht die erhöhten Gebühren nach den Nrn. 3200 VV RVG beanspruchen.1
47
Daneben kann auch im Eilverfahren eine Einigungsgebühr entstehen. Bei Einigung über anhängige Ansprüche entsteht die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG in Höhe von 1,0; im Berufungsverfahren nach Nr. 1004 VV RVG in Höhe von 1,3. Bei Einigung über nicht anhängige Ansprüche entsteht eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG in Höhe von 1,5. Das kann z.B. der Fall sein, wenn im Eilverfahren die noch nicht anhängige Hauptsache mitverglichen wird.2
48
Für die Einreichung einer Schutzschrift erhält der Anwalt, dessen Tätigkeit sich auftragsgemäß darin erschöpft, eine Verfahrensgebühr in Höhe von 0,8.3 Erhält der Anwalt einen umfassenden Auftrag zur Vertretung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, löst die bei Gericht eingereichte Schutzschrift eine volle Verfahrensgebühr aus.4 Erstattungsfähig ist diese Gebühr, wenn der einstweilige Verfügungs- oder der Arrestantrag zurückgenommen oder zurückgewiesen wird.5 Wenn allerdings der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor Zustellung an den Gegner zurückgenommen wird, sind die Kosten für die eingereichte Schutzschrift nicht erstattungsfähig.6
49
Das Abschlussschreiben gehört im Hinblick auf die angedrohten Gebühren zum Hauptsacheverfahren und nicht zum Eilverfahren7 (s. dazu ausführlich Kap. 18 Rz. 119).
2. Vollziehung Sachlich nicht zum Erkenntnisverfahren, sondern zum Zwangsvollstreckungsverfahren gehört die Vollziehung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung. Aus diesem Grund erhält der Rechtsanwalt für jede Vollziehung eine besondere 1 Schneider/Mock, § 16 Rz. 73. 2 S. dazu auch Hansen, RVGReport 2011, 224 (225). 3 Nach Nr. 3101 VV RVG: OLG Hamburg v. 22.4.2005 – 8 W 62/05, MDR 2005, 1196; nach Nr. 3403 VV RVG: OLG Nürnberg v. 11.4.2005 – 5 W 262/05, MDR 2005, 1317 (1317). 4 OLG Nürnberg v. 11.4.2005 – 5 W 262/05, MDR 2005, 1317 (1318) = NJW-RR 2005, 941 f. 5 OLG Nürnberg v. 8.7.1977 – 3 W 53/77, MDR 1977, 936; OLG Hamburg v. 28.9.1977 – 8 W 247/77, MDR 1978, 151; KG v. 25.4.1980 – 1 W 1259/80, MDR 1980, 942. 6 OLG Düsseldorf v. 18.6.1980 – 2 W 48/80, WRP 1980, 561. 7 BGH v. 4.3.2008 – VI ZR 176/07, r+s 2008, 446 (447); BGH v. 12.3.2009 – IX ZR 10/08, BeckRS 2009, 10489; zur richtigen Abrechnung im einstweiligen Verfügungsverfahren: Schneider, NJW 2009, 2017–2020.
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50
§ 10
Rz. 51
Kosten und Gebühren
Verfahrensgebühr in Höhe von 0,3 nach Nr. 3309 VV RVG, ggf. auch eine Terminsgebühr in Höhe von 0,3 nach Nr. 3310 VV RVG. Dies allerdings nur, wenn die Vollziehung sich nicht auf die Zustellung beschränkt (§ 18 Nr. 4 RVG).1 Die Zustellung gehört gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 15 RVG noch zum Rechtszug und wird daher nicht besonders vergütet.2 Dies ist in der Praxis meistens der Fall.3 51
Auch für einstweilige Verfügungen, die auf ein Unterlassen gerichtet sind, gilt nun § 18 Nr. 4 RVG. Dies ist bedeutsam, wenn im Parteibetrieb die einstweilige Verfügung (nochmals) zugestellt wird, um den Vollziehungswillen zu manifestieren. Die sich auf eine Zustellung beschränkende Vollziehung stellt keine besondere Angelegenheit dar und ist deshalb – entgegen der früher herrschenden Auffassung – nicht eigens zu vergüten.4
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Unter Nr. 3309 VV RVG fällt auch die Aufhebung der Vollziehung, da es sich hierbei um eine Aufhebung der Zwangsvollstreckung und nicht der Anordnung des Arrestes handelt.
53 " Praxistipp: Wird der Antrag auf Erlass eines Arrestes mit dem Antrag auf Pfändung einer Forderung verbunden,5 so gilt es zu unterscheiden: – Die Vollziehungsgebühr entsteht neben der Verfahrensgebühr nicht, wenn der Arrestantrag zurückgewiesen wird, und zwar weil der Pfändungsantrag so auszulegen ist, dass er nur für den Fall des Erlasses des Titels – als zwingende Voraussetzung der Vollziehung – gestellt wird.6 – Anders ist es, wenn der Arrest erlassen, der Pfändungsantrag aber zurückgewiesen wird. In diesem Fall entsteht die Vollziehungsgebühr trotzdem.7
3. Einstweilige Anordnungen in Familiensachen 54
Gerade im familienrechtlichen Bereich spielen die einstweiligen Anordnungen eine wichtige Rolle. Zu den Familiensachen zählen nach § 111 FamFG insbesondere die Ehe- und Lebenspartnerschaftssachen (Scheidung, Aufhebung der Lebenspartnerschaft) samt den Scheidungs- und Lebenspartnerschaftsfolgesachen (Unterhalt, Versorgungsausgleich, elterliche Sorge).8
55
Nach der BRAGO galt in Familiensachen unterschiedliches Kostenrecht, da sie teils der streitigen, teils der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterliegen. Das RVG 1 OLG Düsseldorf v. 3.5.1990 – 10 W 34/90, MDR 1990, 733; OLG Hamm v. 5.3.2001 – 23 W 608/00, JurBüro 2001, 475; OLG Frankfurt v. 9.11.2001 – 6 W 197/01, JurBüro 2002, 140. 2 Hartung/Römermann/Schons, § 18 RVG Rz. 28. 3 Hartmann, § 16 RVG Rz. 18. 4 Vgl. hierzu Schneider/Mock, § 28 Rz. 16 m.w.N. 5 Die Zuständigkeit des Arrestgerichts für die Pfändung der Forderung ergibt sich aus § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO. 6 OLG Düsseldorf v. 24.3.1983 – 17 W 11/83, Rpfleger 1984, 161; Schneider/Mock, § 28 Rz. 15. 7 LG Berlin v. 10.11.1981 – 82 AR 485/81, Rpfleger 1982, 160; Schneider/Mock, § 28 Rz. 15. 8 Schneider/Mock, § 18 Rz. 1.
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V. Prozesskostenhilfe
Rz. 61
§ 10
hat hier für Vereinfachung gesorgt. Nunmehr unterfallen alle Verfahren in Familiensachen dem Teil 3 VV RVG. Nach § 17 Nr. 4 Buchst. b RVG stellt die einstweilige Anordnung gegenüber dem Hauptsacheverfahren eine selbständige Angelegenheit dar. Daran hat sich durch FamFG und FamGKG nichts geändert.1 Hinsichtlich der entstehenden Gebühren kann daher auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Zu beachten ist, dass die Vollziehung eines Arrests und die Vollstreckung nach Maßgabe des § 18 Abs. 2 Nr. 1 und 2 RVG besondere Angelegenheiten sind. § 18 Nrn. 1 und 2 RVG a.F. sind ersatzlos weggefallen. Daraus folgt, dass für jedes einstweilige Anordnungsverfahren die Gebühren gesondert abgerechnet werden können und mehrere einstweilige Anordnungen in derselben Hauptsache nicht mehr wie früher gebührenrechtlich als eine Angelegenheit behandelt werden.2 Für die Abänderung einer einstweiligen Anordnung entstehen keine neuen Gebühren (§ 16 Nr. 5 RVG). Anders als nach früherem Recht kommt auch eine Wertaddition nach dem Wegfall von § 18 Nrn. 1 und 2 RVG a.F. nicht mehr in Betracht.3
56
Einstweilen frei.
57
4. WEG-Verfahren Eine Ausnahme im Bereich der FGG-Verfahren bildete der einstweilige Rechtsschutz in WEG-Verfahren nach dem WEG a.F. § 44 Abs. 3 WEG a.F. sah vor, dass der Richter die einstweilige Anordnung im laufenden Verfahren von Amts wegen erlässt. Ein dahin gehender Antrag wurde nur als „Anregung“ verstanden (s. zu den Einzelheiten unten § 14). Wegen dieser Besonderheit erhielt der Rechtsanwalt in einem WEG-Eilverfahren keine besondere Vergütung.4
58
Dies ist nach der WEG-Novelle nicht mehr der Fall. Statt des FGG ist nunmehr die ZPO als Verfahrensordnung auf das Wohnungseigentumsrecht anwendbar. Insofern erhält der Rechtsanwalt die unter Rz. 20–30 genannten Gebühren für seine Tätigkeit.
59
Zur Kostenregelung im selbständigen Beweisverfahren s. § 6 Rz. 56 ff.
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V. Prozesskostenhilfe Wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten für eine Prozessführung nicht, nur teilweise oder nur in Raten aufbringen kann, kann gemäß § 114 ZPO Prozesskostenhilfe (nachfolgend: „PKH“) erhalten. 1 Witte, FPR 2010, 316 (318). 2 Schlünder, FamRZ 2009, 2056 (2057); Witte, FPR 2010, 316 (318). 3 Schneider, AnwBl. 2009, 777 (780); Schlünder, FamRZ 2009, 2056 (2058); Witte, FPR 2010, 316 (318) m.w.N. zur früheren Rspr. 4 Zur Rechtslage nach BRAGO: BayObLG v. 23.3.2005 – 2Z BR 238/04, ZMR 2005, 563 (564); zur Rechtslage nach RVG: Drasdo, MDR 2005, 786 (787); a.A. Abramenko, ZMR 2005, 166 (169).
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§ 10 62
Rz. 62
Kosten und Gebühren
PKH kann auch für einstweiligen Rechtsschutz gewährt werden.1 Die Voraussetzungen sind grundsätzlich dieselben wie im Hauptsacheverfahren. Der PKHAntrag wird also entsprechend aufgebaut und muss insbesondere auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthalten.
63 " Praxistipp: Wegen der besonderen Eilbedürftigkeit lässt sich im Eilverfahren rechtfertigen, dass die entsprechenden Unterlagen nachgereicht werden.2 Hierzu kann dem Antragsteller eine Frist gesetzt werden. 64
Die Eigenständigkeit des Eilverfahrens bedingt, dass für Eil- und Hauptsacheverfahren getrennt PKH zu beantragen ist. Grundsätzlich ist daher für beide Verfahren die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen einzureichen. Darüber hinaus gilt als Faustregel innerhalb des Eilverfahrens, dass immer dann gesondert PKH zu beantragen ist, wenn für den neuen Abschnitt eigene Gerichtskosten oder Anwaltsgebühren anfallen.
65 " Praxistipp: Damit kann es zu einer vervielfachten Pflicht der Einreichung der oben genannten Erklärung nebst Anlagen kommen. Ob eine mehrfache Einreichung erforderlich ist, richtet sich nach der jeweiligen gerichtsspezifischen Auffassung. Insofern empfiehlt es sich, bei Gericht Nachfrage zu halten, um überflüssigen Formalismus zu vermeiden. 66
Für die Vollziehung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung ist nicht gesondert PKH zu beantragen. In der Regel erstreckt sich die Beiordnung des Rechtsanwalts für das Arrest- oder Verfügungsverfahren auch auf deren Vollziehung oder Vollstreckung (§ 48 Abs. 2 RVG).3
1 Engels in Vorwerk, Kap. 10 Rz. 37; Fischer, MDR 2011, 642 (642). 2 Geimer in Zöller, § 117 ZPO Rz. 19, § 119 ZPO Rz. 53. 3 Hartmann, § 48 RVG Rz. 76.
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Herchenröder
§ 11 Mietrecht Inhaltsübersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich einstweilige Verfügung/Arrest . . . . . . . . . 2. Verfahrensfragen . . . . . . . . . 3. Mietrechtsreform-Entwurf . . . II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter . . . . . . . . . . . . . 1. Doppelvermietung . . . . . . . . a) Verhinderung des weiteren Vertragsabschlusses . . . . . . b) Verbot der Drittüberlassung . c) Besitzeinräumung . . . . . . . 2. Vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konkurrenzschutz . . . . . . . . a) Vor Abschluss des Mietvertrages . . . . . . . . . . . . . . b) Nach Abschluss, aber vor Überlassung . . . . . . . . . . c) Nach Abschluss und Überlassung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besitzschutz . . . . . . . . . . . . a) Auswechseln von Türschlössern . . . . . . . . . . . . . . . b) Überschreitung des Selbsthilferechts . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Fälle . . . . . . . . . 5. Einstellung von Versorgungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestehendes Mietverhältnis . b) Beendetes Mietverhältnis . . aa) Bislang herrschende Meinung . . . . . . . . . . . . bb) Neuer dogmatischer Ansatz des KG . . . . . . . . cc) Entscheidung des BGH vom 6.5.2009 . . . . . . . dd) Weitere Entscheidungen 6. Unterlassung von Modernisierungsmaßnahmen . . . . . . . . a) Außenmodernisierung . . . . b) Innenmodernisierung . . . . . 7. Miete/Mietkaution a) Minderung der Miete . . . . .
1 2 5 7a 8 9 10 11 18 20 25 28 31 32 35 36 40 42 43 44 48 49 50 53 57 59 60 63 66
b) Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme der Mietkaution . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausübung des Vorkaufsrechts . 9. Anspruch auf Drittüberlassung .
69 73 79
III. Ansprüche des Vermieters . . . 83 1. Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs . . . . . . . . . 84 2. Untervermietung/Drittüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3. Besichtigung/Betreten der Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4. Duldung von Instandsetzungs-/ Modernisierungsmaßnahmen a) Instandsetzungsarbeiten . . . 93 b) Modernisierungsmaßnahmen 96 5. Unterlassung der Tierhaltung . 99 6. Betriebspflicht . . . . . . . . . . . 101 a) Verfügungsanspruch . . . . . 102 b) Verfügungsgrund . . . . . . . 106 7. Räumung . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Verbotene Eigenmacht . . . . 112 b) Konkrete Gefahr für Leib oder Leben . . . . . . . . . . . . . . 120 c) Gewerbliches Mietrecht . . . 123 d) Mietrechtsreform-Entwurf . . 123a 8. Vermieterpfandrecht . . . . . . . 124 a) Sicherung des Pfandrechts . . 125 b) Zurückschaffung entfernter Pfandsachen . . . . . . . . . . 130 IV. Ansprüche der Mieter untereinander . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterlassung von Lärm und Tierhaltung . . . . . . . . . . . . a) Lärm . . . . . . . . . . . . . . . b) Tierhaltung . . . . . . . . . . 2. Streitigkeiten unter Eheleuten, Lebenspartnern oder Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . V. Sonderfall: Leasing . . . . . . . 1. Sicherstellung . . . . . . . . . . 2. Herausgabe der Leasingsache . a) Verfügungsgrund . . . . . . b) Gestaltungsmöglichkeiten .
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. . . . .
133 134 135 139
141 148 149 151 152 154
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Mietrecht
Literatur: Bücher: Bamberger/Roth, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band I, §§ 1–610, 3. Aufl. 2011; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. 2008; Ebmeier/Schöne, Der einstweilige Rechtschutz, 1997; Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl. 2005; Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Wohnraummiete, 3. Aufl. 2010; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel, Formularhandbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl. 2012; Krumscheid/Zwißler, Mietrecht, 3. Aufl. 2008; Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 6. Aufl. 2011; Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, 4. Aufl. 2010; Schmid/Harz, Fachanwaltskommentar Mietrecht, 3. Aufl. 2012; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Neubearbeitung 2011; Sternel, Mietrecht, 4. Aufl. 2009; v. Westphalen, Der Leasingvertrag, 6. Aufl. 2008; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrecht, 10. Aufl. 2009. Aufsätze: Beckmann, Offene Fragen bei Finanzierungsleasinggeschäften, DStR 2000, 1185; Börstinghaus, Einstweiliger Rechtsschutz im Mietrecht, ZAP Fach 4, 711; Börstinghaus, Vermieterwechsel kraft Gesetzes – Fallstricke in wirtschaftlich schwerer Zeit, NZM 2004, 481; Derleder, Die rechtlichen Voraussetzungen der Einstellung von Versorgungsleistungen an den Mieter wegen Leistungsstörungen im Verhältnis von Vermieter und Mieter, NZM 2000, 1098; Derleder/Pellegrino, Die Anbahnung des Mietverhältnisses, NZM 1998, 550; Fleindl, Das geplante Mietrechtsreformgesetz – Ein Überblick über die wesentlichen Änderungen, NZM 2012, 57; Fritsche, Einstweiliger Rechtsschutz im Mietrecht – eine Übersicht zur Rechtsprechung, Rpfleger 2005, 637; Helle, Der schlagende Mitbewohner, Schutz durch einstweilige Verfügung?, NJW 1991, 212; Hinz, Einstweiliger Rechtsschutz im Mietprozess, NZM 2005, 841; Horst, Selbsthilfemöglichkeiten bei der Abwicklung beendeter Mietverhältnisse, NZM 1998, 139; Hüermann, Die Räumungsvollstreckung in ihrer praktischen Durchführung, WuM 2004, 135; Jendrek, Die Betriebspflicht im Gewerberaummietvertrag, NZM 2000, 526; Jendrek/Ricker, Konkurrenzschutz im Mietrecht – Antragsfassung und Vollstreckung, NZM 2000, 229; Katzenstein, Einstweilige Verfügung bei Doppelvermietung, ZZP 116 (2003), 459; Kluth/Grün, Die Räumungsverfügung nach § 940 ZPO bei gewerblicher Miete, NZM 2001, 1013; Kluth/Grün, Mieterrechte bei Doppelvermietung, NZM 2002, 473; Kohler, Doppelvermietung – ein Glückspiel für den Mieter?, NZM 2008, 545; Lehmann-Richter, Änderung des Mietvertrags durch Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen und die Rechtsfolgen von Verstößen gegen Ankündigungspflichten, NZM 2011, 572; Lisken, Räumungstitel gegen „Unbekannt?“, NJW 1982, 1136; Lützenkirchen, Die obergerichtliche Rechtsprechung zum Mietrecht im Jahre 2004, WuM 2005, 89; Lützenkirchen, Besichtigungsrechte des Vermieters von Wohn- oder Gewerberaum, NJW 2007, 2152; Lützenkirchen, Die obergerichtliche Rechtsprechung zum Mietrecht im Jahre 2007, WuM 2008, 119; Neuhaus, Einstweiliger Rechtsschutz im gewerblichen Mietrecht, GuT 2005, 239; Ostermann, Vorgetäuschter Eigenbedarf – Zum Missbrauch des Kündigungsrechts nach § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB, WuM 1992, 342; Raeschke-Kessler, Einstweilige Verfügung gegen Unbekannt – ein Mittel gegen Hausbesetzer?, NJW 1981, 663; Saenger, Macht und Ohnmacht der Gerichte bei der eiligen Durchsetzung von Herausgabeansprüchen, JZ 1999, 970; Scheidacker, Wasser abstellen erlaubt? – Eine aktuelle Untersuchung zur Sperrung von Versorgungsleitungen und anderen Besitzstörungen in der Miete und im Wohnungseigentum, NZM 2005, 281; Schick, Die einstweilige Verfügung zur Herausgabe von finanzierten Nutzfahrzeugen, FLF 2005, 268; Schladebach, Die einstweilige Verfügung gegen namentlich nicht bekannte Personen – Zur Bezeichnung von Haus- und Unternehmensbesetzern, ZMR 2000, 72; Schlüter, Besichtigungsrecht des Vermieters – Voraussetzungen und Durchsetzung, NZM 2006, 681; Schneider, Einstweiliger Rechtsschutz in Mietersachen, MDR 2004, 319; Stobbel/Tachezy, Mietvertragsgestaltung im Einkaufszentrum: Betriebspflicht nebst Sortimentsbindung und Konkurrenzschutzausschluss?, NZM 2002, 557; Streyl, Doppelvermietung – Eine Erwiderung auf Kohler, NZM 2008, 878; Theesfeld, Haustierhaltung in der Mietswohnung, MDR 2010, 607; Tolani, Einstweilige Verfügung bei Doppelvermietung? Zur Zulässigkeit, Begründetheit und Rechtsfolge des Sicherungs-
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I. Allgemeines
Rz. 5
§ 11
mittels, Jura 2010, 887; Ulrici, Einstweiliges Überlassungsverbot bei Doppelvermietung, ZMR 2002, 881; Ulrici, Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme der Mietkaution, ZMR 2004, 404; Wichert, Einstweilige Verfügung bei Doppelvermietung, ZMR 1997, 16.
I. Allgemeines Im Mietrecht gibt es reichlich Streitpotenzial. Von den rund 300 000 Mietprozessen in Deutschland pro Jahr entfällt ein erklecklicher Teil auf den einstweiligen Rechtsschutz. Konstellationen und Streitfelder sind auch im Eilverfahren vielfältig: Mieter gegen Vermieter, Mieter untereinander oder Vermieter gegen Mieter streiten über verschiedenste Fragen der Wohn- und Gewerberaummiete.
1
1. Anwendungsbereich einstweilige Verfügung/Arrest Entgegen der gesetzlichen Konzeption liegt das Hauptaugenmerk im mietrechtlichen Eilverfahren auf der einstweiligen Verfügung. Deren Spielarten werden im Folgenden detailliert dargestellt.
2
Der Arrest führt im Mietprozess ein „regelrechtes Schattendasein.“1 Das liegt daran, dass es dem Gläubiger nur in Ausnahmefällen gelingt, einen Arrestgrund glaubhaft zu machen. In der Regel können Vermieter auf die Kaution oder ihr Vermieterpfandrecht zurückgreifen und Mieter gegen Mietforderungen aufrechnen oder Zurückbehaltungsrechte geltend machen. Dies ist bei finanzschwachen Mietern ohnehin erfolgversprechender als eine – oftmals ins Leere gehende – Vollziehung eines Arrests.
3
Hinzu kommt, dass der Gläubiger in den meisten Fällen nicht glaubhaft machen kann, dass eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse bevorsteht. Die unverändert schlechte Vermögenslage des Schuldners ist nämlich ebenso wenig ein Arrestgrund wie die drohende Konkurrenz anderer Gläubiger.2 Das AG Brandenburg hat präzisiert, dass eine Verschlechterung der jetzigen Vermögensverhältnisse erforderlich sei; es müsse glaubhaft gemacht werden, dass der Mieter bestehende Zahlungsverpflichtungen mit fast 100%iger Sicherheit nicht erfüllen könne.3 Die Messlatte hängt also ziemlich hoch.
4
2. Verfahrensfragen Die Zuständigkeit in Mietesachen ist im Eilverfahren nicht anders zu beurteilen als im Hauptsacheverfahren. In Wohnraummietesachen ist ausschließlich das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden, § 29a ZPO, § 23 Nr. 1 GVG. In Gewerbemietesachen sowie bei Streitigkeiten von
1 Hinz, NZM 2005, 841 (842). 2 BGH v. 19.10.1995 – IX ZR 82/94, NJW 1996, 321 (324). 3 AG Brandenburg v. 9.9.2004 – 31 C 180/04, WuM 2005, 67 (70).
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§ 11
Rz. 6
Mietrecht
Mietern untereinander oder gegen Dritte gelten die allgemeinen Zuständigkeitsregeln.1 6 " Praxistipp: An den Amtsgerichten besteht auch am Wochenende ein Bereitschaftsdienst für Fälle, die keinen weiteren Aufschub dulden. Einzelheiten lassen sich den entsprechenden Geschäftsverteilungsplänen entnehmen. 7
Ein Einigungsversuch vor einer Gütestelle nach § 15a Abs. 1 EGZPO ist nicht erforderlich, auch nicht, wenn der in Nr. 1 der Vorschrift genannte Schwellenwert von 750 Euro unterschritten ist. Dies folgt daraus, dass nur Streitigkeiten, die durch die Erhebung einer Klage eingeleitet werden, unter § 15a EGZPO fallen. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zählt nicht dazu.2 Dies würde sich auch nicht mit Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes vertragen, da es naturgemäß auf schnelle gerichtliche Hilfe ankommt.
3. Mietrechtsreform-Entwurf3 7a
Die letzte Mietrechtsreform stammt aus dem Jahr 2001. Mit dem Referentenentwurf des Gesetzes über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln vom 25.10.2011 soll das Mietrecht erneut reformiert werden.4
7b
Zweck der Reform ist unter anderem, das so genannte Mietnomadentum einzudämmen. Räumungsprozesse gegen säumige Mieter sollen beschleunigt werden. Während des Räumungsprozesses soll der Vermieter seine Ansprüche durch eine Hinterlegungsanordnung sichern können. In die ZPO soll ein neuer § 283a eingefügt werden. Danach kann der Vermieter wegen solcher Geldforderungen, die nach Rechtshängigkeit fällig werden, eine Sicherungsanordnung beantragen. Das Gericht soll diese erlassen, wenn die Klage eine hohe Aussicht auf Erfolg hat und die Interessenabwägung zugunsten des Vermieters ausgeht. Ein gut beratener Mieter wird im Verfahren Mängel der Wohnung geltend machen, um dem Antrag die hohe Aussicht auf Erfolg zu nehmen. Insofern bleibt abzuwarten, ob das Gesetz in der Form des Referentenentwurfs entgegen der Kritik beschlossen wird.5
7c
Des Weiteren soll auch die Durchführung der Räumung selbst erleichtert werden. So kann nach § 940a Abs. 3 ZPO-E bei einer Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs eine einstweilige Verfügung erwirkt werden, wenn der Mieter der Hinterlegungsanordnung nach § 302a ZPO-E nicht Folge geleistet hat. 1 2 3 4
Zwißler in Krumscheid/Zwißler, § 9 Rz. 5; Börstinghaus, ZAP Fach 4, 711 (721). Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 15a ZPO Rz. 4. Vgl. auch Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 30 ff. BT-Drucks. 17/10485; Referentenentwurf Stand 11.5.2011 ist veröffentlicht in NZM 2011, 424 ff.; Stand 25.10.2011 veröffentlicht unter http://www.bmj.de/SharedDocs/ Downloads/DE/pdfs/RefE_Mietrechtsaenderungsgesetz.html?nn=1930246; s. auch Stellungnahme des Bundesrates v. 6.7.2012 unter http://217.79.215.188/dip21/brd/2012/ 0313-12B.pdf. 5 Fleindl, NZM 2012, 57 (64); s. auch FAZ v. 7.9.2011, S. 19 „Geplante Regelung gegen Mietnomaden gilt als wirkungslos“.
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
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§ 11
Darüber hinaus kann bei vorliegendem Räumungstitel gegen den Mieter die Räumung auch gegen dritte Personen, die sich ohne Kenntnis des Vermieters in den Besitz der Wohnung gebracht haben, per einstweiliger Verfügung angeordnet werden (§ 940a Abs. 2 ZPO-E).
7d
II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter Im Folgenden finden sich praxisrelevante Konstellationen, die Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter betreffen. Die Darstellung ist chronologisch vom Beginn zur Beendigung des Mietverhältnisses geordnet.
8
1. Doppelvermietung In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass ein Vermieter dieselbe Wohnung doppelt vermietet, z.B. weil ihm Zweifel an der Bonität des ersten Mieters gekommen sind, weil der zweite Mieter eine höhere Miete geboten hat1 oder weil er annimmt, das bestehende Mietverhältnis sei wirksam aufgelöst. Mit der Frage, ob einer der betroffenen Mieter gegen die Doppelvermietung mit einer einstweiligen Verfügung vorgehen kann, haben sich Rechtsprechung und Literatur unter verschiedenen Blickwinkeln auseinandergesetzt.
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a) Verhinderung des weiteren Vertragsabschlusses Das früheste Stadium einer möglichen Abwehr einer Doppelvermietung wäre die Verhinderung des zweiten Vertragsabschlusses. Diese Konstellation lag einem Obergericht – soweit ersichtlich – noch nicht zur Entscheidung vor. In der Literatur wird diese Möglichkeit überwiegend abgelehnt.2 Ein solches Vorgehen würde zu weit in die Privatautonomie des Vermieters eingreifen. Allenfalls dann, wenn zutage trete, dass der Vermieter sich treuwidrig aus dem Mietvertrag mit dem Erstmieter lösen wolle, könnte die Untersagung des Vertragsschlusses mit dem Zweitmieter gerechtfertigt sein. Zu denken ist hier an kollusives Zusammenwirken von Vermieter und Zweitmieter.3
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b) Verbot der Drittüberlassung Hat der Vermieter eine Doppelvermietung vorgenommen, sind beide Mietverträge voll wirksam.4 Beide Mieter haben einen vollwertigen Anspruch auf Überlassung der Mietsache. Da das Schuldrecht von der Privatautonomie und nicht – wie das Sachenrecht – vom Prioritätsprinzip geprägt ist, steht es dem Vermieter frei, welchem Mieter gegenüber er seine Verpflichtung erfüllen will. Nachdem der Vermieter sein Wahlrecht ausgeübt hat, bleibt dem Mieter, der leer aus-
1 Derleder/Pellegrino, NZM 1998, 550 (556); Kluth/Grün, NZM 2002, 473 (474). 2 Hinz, NZM 2005, 841 (845); Kluth/Grün, NZM 2002, 473 (475); a.A. Schneider, MDR 2004, 319 (321); Boemke in Berger, Kap. 5 Rz. 114. 3 Hinz, NZM 2005, 841 (845). 4 OLG Hamm v. 15.10.2003 – 30 U 131/03, NJW-RR 2004, 521.
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Mietrecht
gegangen ist, nur ein Schadensersatzanspruch aus § 311a Abs. 2 BGB bzw. ein Ersatzanspruch aus § 284 BGB.1 12
Die Kernfrage ist aber, ob der Erstmieter mit einer einstweiligen Verfügung dem Vermieter verbieten lassen kann, die Mietsache dem Zweitmieter zu überlassen. Diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur insbesondere im Hinblick auf den Verfügungsgrund umstritten. Das OLG Düsseldorf hat sie Anfang der 90er Jahre ohne Problematisierung und Begründung bejaht;2 dem folgen Teile der Literatur.3 Demgegenüber haben in jüngerer Zeit die Oberlandesgerichte Frankfurt, Brandenburg, Schleswig, Hamm, Koblenz sowie das Kammergericht4 den Erlass einer einstweiligen Verfügung in dieser Konstellation abgelehnt. Dem hat sich ein Großteil der Fachliteratur angeschlossen.5
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Diese Rechtsprechung der Obergerichte überzeugt aus zwei Gründen:
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aa) Zum einen steht die bereits angesprochene Privatautonomie des Vermieters dem Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen. In sie darf nicht mittels einer einstweiligen Verfügung dergestalt eingegriffen werden, dass der Vermieter gezwungen wird, an den Mieter zu leisten, der eine einstweilige Verfügung erwirkt und vollzieht. Welchem Mieter gegenüber der Vermieter erfüllt und welchem er Schadenersatz leistet, bleibt seinem freien Wahlrecht überlassen.6
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Das Argument der Gegenmeinung, der Vermieter sei vertragsbrüchig geworden und daher in seiner Privatautonomie nicht schützenswert, verfängt nicht. Beide Mietverträge stehen gleichwertig nebeneinander. Im Schuldrecht gilt die Priorität des Vertragschlusses gerade nicht. Durch den ersten Vertragsschluss ist der Vermieter nicht in der Weise eingeschränkt, weitere, gleichermaßen wirksame Verträge abzuschließen. Der Schutz der Privatautonomie geht bis zur Grenze des kollusiven oder sonst sittenwidrigen Verhaltens.7 1 Fritsche, RPfleger 2005, 637 (641). 2 OLG Düsseldorf v. 4.10.1990 – 10 U 93/90, NJW-RR 1991, 137 (138). 3 Fischer in Bub/Treier, VIII Rz. 118; Lützenkirchen, WuM 2005, 89, Ziffer IV. 2; Lützenkirchen, WuM 2008, 119 Ziffer 6.2; Emmerich in Staudinger, § 536 BGB Rz. 48; Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 09; Kluth/Grün, NZM 2002, 473 (477); Derleder/Pellegrino, NZM 1998, 550 (557). 4 OLG Frankfurt v. 28.8.1996 – 17 W 22/96, NJW-RR 1997, 77; OLG Brandenburg v. 6.8.1997 – 3 U 72/97, MDR 1998, 98; OLG Schleswig v. 12.7.2000 – 4 U 76/00, MDR 2000, 1428; OLG Hamm v. 15.10.2003 – 30 U 131/03, NJW-RR 2004, 521; OLG Koblenz v. 25.10.2007 – 5 U 1148/07, NZM 2008, 248; KG v. 25.1.2007 – 8 W 7/07, NZM 2007, 518; OLG Celle v. 20.9.2008 – 2 W 199/08, MDR 2009, 135. 5 Ehlert in Bamberger/Roth, Vorb. § 535 BGB Rz. 10; Weidenkaff in Palandt, § 536 BGB Rz. 30; Börstinghaus, ZAP Fach 4, 711 (712); Fritsche, Rpfleger 2005, 637 (641); Ulrici, ZMR 2002, 881 (883); Hinz, NZM 2005, 841 (844); Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 17; a.A. Kohler, NZM 2008, 545 (552); Tolani, Jura 2010, 887 ff.; differenzierend Streyl, NZM 2008, 878 (878). 6 OLG Frankfurt v. 28.8.1996 – 17 W 22/96, NJW-RR 1997, 77; OLG Brandenburg v. 6.8.1997 – 3 U 72/97, MDR 1998, 98; OLG Schleswig v. 12.7.2000 – 4 U 76/00, MDR 2000, 1428; OLG Hamm v. 15.10.2003 – 30 U 131/03, NJW-RR 2004, 521; OLG Koblenz v. 25.10.2007 – 5 U 1148/07, NZM 2008, 248; KG v. 25.1.2007 – 8 W 7/07, NZM 2008, 518. 7 OLG Hamm v. 15.10.2003 – 30 U 131/03, NJW-RR 2004, 521.
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 20
§ 11
bb) Teilweise wird eine Parallele zur Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung in Fällen des Doppelverkaufs gezogen.1 Dabei wird allerdings verkannt, dass anders als bei der Doppelvermietung beim Doppelverkauf gesetzliche Kollisionsnormen bestehen. Der Käufer eines Grundstücks ist durch §§ 883 Abs. 2, 885 BGB geschützt; der Käufer einer beweglichen Sache ist über §§ 135 Abs. 1 Satz 1, 136 BGB gesichert. In beiden Fällen gilt aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Normierung das Prioritätsprinzip.2
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Im Fall der Doppelvermietung fehlt eine den §§ 883 Abs. 2, 885 BGB entsprechende Regelung und auch die §§ 135 Abs. 1 Satz 1, 136 BGB sind nicht anwendbar. Dies aus dem ebenso einfachen wie einleuchtenden Grund, dass die Besitzüberlassung einen Realakt und keine Verfügung darstellt.3 Gegen eine analoge Anwendung der §§ 135, 136 BGB spricht, dass eine gesetzliche Rechtsfolge geändert würde. Die relative Unwirksamkeit einer Verfügung würde durch die relative Unwirksamkeit der Besitzübertragung ersetzt.4
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c) Besitzeinräumung Eine Leistungsverfügung, gerichtet auf Überlassung des Besitzes an den Antragsteller, ist regelmäßig wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig.5 Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn ein konkurrierender Überlassungsanspruch tatsächlich gar nicht besteht, wie bei kollusivem Zusammenwirken von Vermieter und Zweitmieter. Der zweite Mietvertrag ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig. Die Hürde für den Antragsteller wird in den meisten Fällen darin liegen, das kollusive Zusammenwirken glaubhaft zu machen.6
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" Praxistipp: Die Rechtsprechung behandelt den Mieter bevorzugt, dem der 19 Vermieter den Besitz bereits überlassen hat.7 Gerade vor dem Hintergrund, dass Rechtsschutz mittels einer einstweiligen Verfügung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erfolgversprechend ist, sollte mit dem Mandanten überlegt werden, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, in die geschützte Position des Besitzers zu gelangen.8
2. Vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung Eine der vorstehend geschilderten nicht unähnliche Situation kann bei einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung entstehen. Der getäuschte Mieter 1 Wichert, ZMR 1997, 16 (17 f.); Lützenkirchen in Lützenkirchen, I Rz. 65 f. 2 Zur analogen Anwendung der §§ 136, 136 BGB Kohler, ZZP 123 (2010), 439 (447 ff.). 3 So auch Kluth/Grün, NZM 2002, 473 (476); Ulrici, ZMR 2002, 881 (883); a.A. Wichert, ZMR 1997, 16 (18). 4 OLG Hamm v. 15.10.2003 – 30 U 131/03, NJW-RR 2004, 521 (522). 5 Katzenstein, ZZP 116 (2003), 459 (468 Fn. 39); Derleder/Pellegrino, NZM 1998, 550 (557); LG Hamburg v. 10.1.2008 – 334 O 259/07, juris, unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, s. oben Rz. 12. 6 Hinz, NZM 2005, 841 (845). 7 BGH v. 11.12.1961 – VIII ZR 46/61, MDR 1962, 398 = ZMR 1962, 175; Kraemer in Bub/ Treier, III B Rz. 1185; Fritz, Rz. 600a Stichwort Doppelvermietung. 8 Vgl. den Vorschlag bei Lützenkirchen in Lützenkirchen, I Rz. 33 f.
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Rz. 21
Mietrecht
kann Wiedereinräumung des Besitzes verlangen, wenn er die Wohnung aufgrund der Kündigung geräumt hat und der Vermieter die Wohnung noch nicht einem Dritten überlassen hat. Das Gleiche gilt, wenn der Eigenbedarf nach der Kündigung weggefallen ist und der Vermieter es unterlassen hat, dies dem Mieter mitzuteilen.1 21 " Hinweis: Der Bundesgerichtshof hat 2005 entschieden, dass diese Mitteilungspflicht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und nicht bis zur Räumung der Wohnung besteht.2 22
Der Anspruch auf Wiedereinräumung folgt einer Ansicht nach aus einem Schadenersatzanspruch in Form der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB.3 Nach einer anderen Auffassung soll der Mieter einen Anspruch auf Abschluss eines Mietfortsetzungsvertrags oder auf Aufhebung der Kündigungswirkungen haben.4
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In diesem Fall muss der Mieter, der von Bestrebungen seines ehemaligen Vermieters erfährt, die Wohnung an einen Dritten zu vermieten, in den Genuss des einstweiligen Rechtsschutzes kommen. Denn bei der vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung ist ein besonderer Umstand gegeben, der darauf schließen lässt, dass der Vermieter sich in treuwidriger Weise seinen mietvertraglichen Pflichten entziehen will. Ein entsprechender Antrag könnte auf Untersagung des Vertragsabschlusses mit dem Dritten lauten.5 Anders sieht es aus, wenn der Mietvertrag mit dem Dritten schon abgeschlossen ist.6 Dann ist die Rechtslage wie unter Rz. 11 ff. zu beurteilen.
24 " Praxistipp: Will der Vermieter die Wohnung verkaufen, kann der Mieter seinen Anspruch auf erneute Überlassung der Wohnung durch ein einstweiliges Veräußerungsverbot sichern.7 Um einen gutgläubigen Erwerb des Dritten zu verhindern, kann er das Veräußerungsverbot im Grundbuch eingetragen lassen (vgl. im Einzelnen Rz. 73 ff.).
3. Konkurrenzschutz 25
In Gewerbemietverträgen finden sich oft so genannte Konkurrenzschutzklauseln. Sie dienen dazu, den Mieter vor Konkurrenten in demselben Gebäude oder auf einem benachbarten Grundstück oder vor vertraglich untersagter Sortimentsumstellung des Konkurrenten zu schützen.8 Dieser Anspruch folgt auch ohne besondere Klausel im Mietvertrag aus der Gebrauchsgewährungspflicht 1 Hinz, NZM 2005, 841 (845). 2 BGH v. 9.11.2005 – VIII ZR 339/04, NZM 2006, 50. 3 Ostermann, WuM 1992, 342 (346); LG Hamburg v. 7.6.2007 – 307 S 34/07, WuM 2008, 92; LG Hamburg v. 6.11.2008 – 307 S 72/08, juris; zum Verfahrensfortgang BGH v. 16.12.2009 – VIII ZR 313/08, NJW 2010, 1068 ff. 4 Börstinghaus, NZM 2004, 481 (488); vgl. auch Blank in Schmidt-Futterer, § 573 BGB Rz. 90. 5 Hinz, NZM 2005, 841 (845). 6 LG München I v. 16.5.1991 – 14 T 8943/91, WuM 1991, 577. 7 LG Bonn v. 12.8.1988 – 6 T 169/88, NJW-RR 1988, 1361. 8 Jendrek/Ricker, NZM 2000, 229 (229).
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 30
§ 11
des Vermieters (so genannter vertragsimmanenter Konkurrenzschutz).1 Der richtige Anspruchsgegner ist der Vermieter. Gegen den Konkurrenten kann der Mieter ggf. unter den Voraussetzungen des § 1 UWG vorgehen. Eine solche Konkurrenzsituation führt nicht selten dazu, dass der Erstmieter im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Vermietung und Überlassung an den Konkurrenten bzw. den Betrieb des Konkurrenten verbieten lassen will.2 Generell gilt, dass mit dem Antrag nicht zu lange zugewartet werden darf, nachdem die Konkurrenzsituation bekannt geworden ist. Das OLG Hamm hat einen Zeitraum von drei Monaten Zuwarten bereits für zu lang erachtet und den Antrag mangels Dringlichkeit zurückgewiesen.3
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Ähnlich wie in der Situation der Doppelvermietung lassen sich drei verschiedene Stadien unterscheiden, in denen der Mieter aktiv werden kann: (a) vor Abschluss des Mietvertrages, (b) nach Abschluss, aber vor Überlassung und (c) nach Abschluss und Überlassung und Aufnahme des Konkurrenzbetriebs.
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a) Vor Abschluss des Mietvertrages Erfährt der Mieter von einer bevorstehenden Vermietung von Räumen an einen Konkurrenten, so kann er dem Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung untersagen lassen, den Vertrag mit dem Konkurrenten abzuschließen.4 Dies stellt keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar, weil die einstweilige Verfügung das Verhalten des Vermieters nur vorläufig bis zur Hauptsacheentscheidung regelt.
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" Praxistipp: Im Antrag sind die beanstandeten Konkurrenztätigkeiten um- 29 fassend darzulegen und glaubhaft zu machen. Es muss substanziiert geschildert werden, worin die Überschneidungen der Angebote und Tätigkeiten liegen. Einen Musterfall stellt das Urteil des OLG Hamm vom 19.4.19915 dar, in dem akribisch der Vortrag des Klägers zu dessen ärztlichen Behandlungen, Operationen und Überschneidungen zu der Konkurrenzpraxis wiedergegeben wird.
Die Vollstreckung eines solchen Antrags richtet sich nach § 890 ZPO. Der Mieter sollte im Hinblick auf § 890 Abs. 2 ZPO die Androhung von Ordnungsmitteln sogleich mit beantragen.
1 Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel, Kap. 2.8.3 Rz. 1; vgl. auch KG v. 18.5.2007 – 12 U 99/07, NZM 2008, 248. 2 Neuhaus, GuT 2005, 239 (240). 3 OLG Hamm v. 9.3.1990 – 7 U 142/89, NJW-RR 1990, 1236. 4 OLG Hamm v. 19.4.1991 – 30 U 56/01, NJW-RR 1991, 1483; OLG Frankfurt v. 6.11.1987 – 10 U 102/87, NJW-RR 1988, 396; Heintzmann in Soergel, §§ 535, 536 BGB Rz. 176; Fritz, Rz. 600b. 5 OLG Hamm v. 19.4.1991 – 30 U 56/01, NJW 1991, 1483 ff.
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§ 11
Rz. 31
M 11.1
Mietrecht
b) Nach Abschluss, aber vor Überlassung Ein Antrag, nach Abschluss des zweiten Mietvertrags die Überlassung der Räume untersagen zu lassen, ist aus den gleichen Gründen wie bei der Doppelvermietung (vgl. Rz. 14 ff.) abzulehnen.1
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c) Nach Abschluss und Überlassung Nach Überlassung der Räume kann der Erstmieter verlangen, dass der Vermieter die störende Konkurrenz beseitigt, d.h. auf den Konkurrenten einwirkt, damit dieser die Konkurrenz einstellt.2 Wie der Vermieter dies bewerkstelligt, bleibt ihm überlassen. Üblich sind z.B. folgende Anträge:
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– die Aufnahme (bzw. Fortführung) des Konkurrenzunternehmens in den Mieträumen zu verhindern, – auf das Konkurrenzunternehmen einzuwirken, den Betrieb zu unterlassen, – dafür zu sorgen, dass in seinem Haus keine weitere Praxis für … betrieben wird. Die Vollstreckung dieser Anträge richtet sich nach § 888 ZPO.3
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Konkurrenzschutz
An das Landgericht . . . EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Herrn . . . – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen Frau . . . – Antragsgegnerin – Wegen: Konkurrenzschutz Vorläufiger Streitwert: . . . [über 5 000 Euro] Wir zeigen an, dass wir den Antragsteller vertreten.
1 OLG Jena v. 25.7.2007 – 2 W 339/07, NJOZ 2008, 1667 ff.; a.A. Jendrek/Ricker, NZM 2005, 229 (230). 2 Wolf/Eckert/Ball, Rz. 727; OLG Frankfurt v. 27.8.1981 – 6 U 75/81, NJW 1982, 707 ff.; OLG Hamm v. 6.11.1990 – 7 U 135/90, NJW-RR 1991, 975; LG Hagen v. 21.7.1994 – 4 O 272/94, BeckRS 2008, 01291; KG v. 21.1.2008 – 8 W 85/07, NZM 2009, 621. 3 Hinz, NZM 2005, 841 (854); Jendrek/Ricker, NZM 2000, 229 (230).
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 34
§ 11
Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, die auf dem Grundstück . . . [konkrete Bezeichnung] belegenen Räume an Herrn . . . [konkrete Bezeichnung] oder eine andere Person zum Zwecke des Betriebs einer Arztpraxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu vermieten und zu überlassen. 2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ferner wird beantragt, dem Antragsteller eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Der Antragsteller ist Mieter, die Antragsgegnerin Vermieterin von Gewerberäumen (Ärztehaus) . . . [konkrete Bezeichnung]. Den Mietvertrag vom . . . [Datum] überreichen wir in Kopie als Anlage ASt 1. 2. Die Vermietung erfolgte gemäß § 2 des Mietvertrages zum Zwecke des Betriebs einer Arztpraxis für Chirurgie und Orthopädie. Zudem vereinbarten die Parteien unter § 5 des Mietvertrages eine Konkurrenzschutzklausel zugunsten des Antragstellers. Diese lautet: „Der Vermieter verpflichtet sich, im selben Gebäude keine weitere Arztpraxis mit einer der beiden Fachrichtungen Chirurgie/Orthopädie einzurichten bzw. durch einen Dritten einrichten und/oder ausüben zu lassen.“ 3. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller wie allen anderen Mietern des Hauses letzte Woche mitgeteilt, dass sie beabsichtigt, der im Verfügungsantrag bezeichneten Person im gleichen Gebäude Räume zum Betrieb einer Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) zu vermieten und zu überlassen. 4. Die derzeitige und künftige Tätigkeit des Antragstellers überschneidet sich in wesentlichen Kernbereichen mit der von dem zweiten Mieter geplanten Tätigkeit. Es geht hier nicht nur um eine Überschneidung in unwesentlichen Randgebieten: In seiner allgemeinchirurgischen Praxis ist der Antragsteller in erheblichem Umfang mit folgenden Operationen befasst, die in dem zur Ausbildungsordnung für MKG-Chirurgie aufgeführten Operationsverzeichnis ausgeführt sind und folglich auch zu dem Fachgebiet des zweiten Mieters gehören: extra- und intraorale Eröffnung von Abszessen und Phlegmonen, Speicheldrüsenextirpationen; chirurgische Behandlung von Gesichtsverbrennungen und Gesichtswunden sowie Herchenröder
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Rz. 35
Mietrecht
M 11.1
von Weichteilverletzungen; Eingriffe der präprothetischen Chirurgie, nämlich Operationen von Narben etc., Schleimhaut- und Hauttransplantationen sowie Knorpeltransplantationen; Tumoroperationen; Eingriffe der plastischen und Wiederherstellungs-Chirurgie; Fremdkörperentfernung. Dies alles gehört zur täglichen Arbeit des Antragstellers. In Großkliniken werden Unfallpatienten regelmäßig sofort der MKG-Chirurgie überstellt, wenn es um Kopfverletzungen geht. Würden vorliegend die beiden Praxisschilder übereinander angebracht, wüsste der durchschnittliche Patient nicht, welcher der beiden Ärzte für ihn zuständig ist; wenn es um Kopfverletzungen geht, würde der Patient den MKG-Chirurgen als Spezialisten ansehen und sich bevorzugt von ihm behandeln lassen. Von 76 Betriebsunfällen im Januar 2012, die der Antragsteller als Durchgangsarzt behandelte, betrafen 15 den Kopfbereich der Patienten. Vom 1.1.2012 bis 21.3.2012 hat der Antragsteller 99 allgemeinchirurgische Operationen durchgeführt, davon 33 im Kopf- und Halsbereich; auch diese 33 Operationen hätten von einem MKG-Chirurgen durchgeführt werden können. Zur Glaubhaftmachung der vorstehenden Ausführungen überreichen wir die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Anlage ASt 2. II. Rechtliche Beurteilung Der Antragsteller hat einen Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin. Dieser folgt aus § 5 des Mietvertrages, der Konkurrenzschutzklausel. Die Antragsgegnerin verstößt mit der beabsichtigten Vermietung und Überlassung gegen die Konkurrenzschutzklausel. Zwischen einer Praxis für Allgemeinchirurgie und einer Praxis für MKG-Chirurgie besteht sowohl im Allgemeinen wie auch im vorliegenden Fall eine Konkurrenzsituation. Dem Antragsteller erwächst sowohl für seine allgemeinchirurgische Praxis wie auch für seine chirurgische Tätigkeit als Durchgangsarzt eine Konkurrenz, wenn in dem Ärztehaus auch eine MKG-Chirurgie betrieben würde. Die besondere Dringlichkeit ergibt sich daraus, dass der Abschluss des zweiten Mietvertrages unmittelbar bevorsteht. Wenn der zweite Mieter erst eingezogen ist, werden Tatsachen geschaffen, die für alle Beteiligten noch mehr Nachteile mit sich bringen. Insbesondere müsste der Antragsteller nämlich dann darauf hinwirken, dass der zweite Mieter seine Konkurrenztätigkeit unterlässt. Er müsste also im Ergebnis wieder ausziehen. Rechtsanwalt
4. Besitzschutz 35
Der Mieter hat ein Recht auf ungestörten Mietgebrauch. Gegen rechtswidrige Eingriffe in sein Besitzrecht durch den Vermieter kann der Mieter sich zur Wehr setzen. Für den einstweiligen Rechtsschutz sind insbesondere die folgenden Konstellationen von Bedeutung: 208
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 38
§ 11
a) Auswechseln von Türschlössern Besonders praxisrelevant ist der Fall, dass der Vermieter – z.B. nach Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung – das Türschloss der Wohnungstür auswechselt, um den Mieter an der Benutzung der Wohnung zu hindern.1 Das ist verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB. Dagegen hat der Mieter einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes und Unterlassen der Besitzstörung, den er mittels einer einstweiligen Verfügung durchsetzen kann.2 Einer besonderen Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes bedarf es in Fällen verbotener Eigenmacht nicht. Dem Besitzschutz ist der Eilcharakter immanent, sodass die besondere Dringlichkeit regelmäßig als gegeben anzusehen ist.3 Zu beachten ist jedoch, dass dies nicht gilt, wenn der Vermieter den durch verbotene Eigenmacht erlangten Besitz einem gutgläubigen Dritten vermietet hat und dieser nicht zur Herausgabe bereit ist.4
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Diese Rechtsschutzmöglichkeit ist dem Mieter selbst nach Erlass eines Räumungsurteils noch eröffnet, wenn der Vermieter im Wege der Selbsthilfe versucht, den Mieter an der Nutzung der Wohnung zu hindern.5 Der Vermieter muss in diesem Fall aus dem Titel vollstrecken.6 Die verbotene Eigenmacht des Vermieters kann über das Auswechseln von Türschlössern hinausgehen bis zur eigenmächtigen Räumung der Wohnung des abwesenden Mieters. In diesem Fall kann sich der Vermieter wegen Nötigung (§ 240 StGB) und Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) strafbar machen.7
37
" Praxistipp: Der Antrag sollte gerichtet sein auf Wiedereinräumung des ent- 38 zogenen Besitzes durch Herausgabe der Mietsache.8 Zweckmäßigerweise wird zusätzlich der Antrag gestellt, dem Vermieter zu untersagen, dem Mieter den Zutritt zur Wohnung zu verweigern, insbesondere das Türschloss auszuwechseln. Die Androhung von Ordnungsmitteln sollte nach § 890 Abs. 2 ZPO gleich mit beantragt werden, damit das Gericht sie ohne erneuten gerichtlichen Beschluss nach Anhörung des Schuldners aussprechen kann (§ 891 Satz 2 ZPO).
1 Zwißler in Krumscheid/Zwißler, § 9 Rz. 1; Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 19. 2 Hinz, NZM 2005, 841 (845); Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 19. 3 OLG Köln v. 19.11.1999 – 3 U 93/99, MDR 2000, 152; Zwißler in Krumscheid/Zwißler, § 9 Rz. 2. 4 KG v. 19.11.1998 – 8 U 6420/98, MDR 1999, 927 ff. 5 OLG Celle v. 10.11.1993 – 2 U 115/93, ZMR 1994, 163; AG Ulm v. 5.7.1996 – 4 C 1654/96, WuM 1999, 433; Fritz, Rz. 600a Stichwort Schlossaustausch. 6 Gather in Schmidt-Futterer, § 546 BGB Rz. 29; Horst, NZM 1998, 139 (140 f.). 7 OLG Köln v. 25.7.1995 – Ss 340/95, NJW 1996, 472. 8 OLG Köln v. 19.11.1999 – 3 U 93/99, MDR 2000, 152.
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§ 11
Rz. 39
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M 11.2
Mietrecht
Wiedereinräumung des Besitzes
An das Amtsgericht . . . – Mietabteilung – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Frau . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen Herrn . . . – Antragsgegner – wegen: Wiedereinräumung des Besitzes Vorläufiger Streitwert: Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, der Antragstellerin den Besitz an der Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung] wieder einzuräumen, ferner in die Wohnungstür ein neues Schloss einzubauen und der Antragstellerin sämtliche dazu passenden Schlüssel auszuhändigen oder wahlweise das bisherige Schloss wieder einzubauen. 2. Sofern der Antragsgegner die Anordnung zu 1. nicht innerhalb von zwei Stunden nach Zustellung dieses Beschlusses erfüllt, wird die Antragstellerin ermächtigt, auf Kosten des Antragsgegners die Wohnungstür durch den zuständigen Gerichtsvollzieher unter Mitwirkung eines Fachhandwerkers öffnen zu lassen und ein neues Türschloss durch einen Fachhandwerker einbauen zu lassen. 3. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, der Antragstellerin den Zutritt zu der o.g. Wohnung zu verweigern, insbesondere das Wohnungstürschloss auszuwechseln. 4. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen.
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M 11.2
II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 39
§ 11
Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Antragstellerin ist Mieterin, der Antragsgegner Vermieter der Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung]. Den Mietvertrag vom . . . [Datum] überreichen wir in Kopie als Anlage ASt 1. 2. Der Antragsgegner hat den Mietvertrag mit Wirkung zum 7. März 2012 außerordentlich fristlos gekündigt, weil die Antragstellerin angeblich ein „Messie“ sei. Das Kündigungsschreiben überreichen wir in Ablichtung als Anlage ASt 2. 3. Dieser Kündigung hat die Antragstellerin unverzüglich widersprochen, wie sich aus dem in Kopie als Anlage ASt 3 überreichten Schreiben vom . . . [Datum] ergibt. Die im Kündigungsschreiben angegebene Bezichtigung ist frei erfunden und entbehrt jeder Grundlage. 4. Die vom Antragsgegner ausgesprochene Kündigung ist derzeit Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung vor dem hiesigen Amtsgericht . . . [Geschäftszeichen]. 5. Gestern Mittag musste die Antragstellerin dann feststellen, dass ihr Wohnungstürschloss ausgewechselt worden war, während sie sich beim Einkaufen befand. Sie kann die von ihr gemietete Wohnung nicht mehr betreten und war somit ohne Obdach. Sie musste bei ihrer Tochter übernachten. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin Anlage ASt 4 Dass der Antragsgegner das Türschloss ausgewechselt hat, ergibt sich aus der Notiz mit dem Wortlaut „Hier ist kein Platz für verwahrloste Omas!“ Anlage ASt 5 Die Notiz trägt die Unterschrift des Antragsgegners und war an die Wohnungstür der Antragstellerin geheftet. II. Rechtliche Beurteilung Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes aus § 861 Abs. 1 BGB und auf Unterlassung weiterer Störungen aus § 862 Abs. 2 BGB. Das Vorgehen des Antragsgegners ist als verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB zu qualifizieren. Die Antragstellerin hat ein Recht auf ungestörten Mietgebrauch aus dem Mietvertrag. Daran ändert auch die vom Antragsgegner ausgesprochene Kündigung nichts. Selbst wenn sich in der gerichtlichen Herchenröder
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§ 11
Rz. 40
Mietrecht
M 11.2
Auseinandersetzung herausstellen sollte, dass die Kündigung wirksam sein sollte, wäre der Antragsgegner nicht berechtigt, die Antragstellerin eigenmächtig vom Besitz an der Wohnung auszuschließen. Er hätte insoweit nur die Möglichkeit der Vollstreckung aus einem Räumungstitel (vgl. AG Ulm v. 5.7.1996 – 4 C 1654/96, WuM 1999, 433). Eines besonderen Verfügungsgrundes bzw. dessen Glaubhaftmachung bedarf es im Falle verbotener Eigenmacht nicht (Bassenge in Palandt, 71. Aufl. 2012, § 861 Rz. 12). Die Rechtsordnung kann diesen Zustand nicht dulden. Zudem verträgt die Beseitigung der Obdachlosigkeit der Antragstellerin keinen Aufschub. Zur Vermeidung erheblicher Nachteile ist daher die geschuldete Handlung so kurzfristig zu erbringen, dass ein Durchlaufen des Hauptsacheverfahrens unmöglich ist. Die beantragte einstweilige Verfügung ist daher dringend geboten. Rechtsanwalt
b) Überschreitung des Selbsthilferechts 40
Der Vermieter hat gegen den Mieter ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen aus § 562 BGB (vgl. zum Vermieterpfandrecht Rz. 124 ff.). Ist der Mieter dabei, dem Pfandrecht unterliegende Sachen beiseite zu schaffen, steht dem Vermieter ein Selbsthilferecht aus § 562b Abs. 1 BGB zu. Es kommt vor, dass der Vermieter die Türschlösser auswechselt, um seine Pfandsachen zu sichern. Das ist verbotene Eigenmacht, gegen die sich der Mieter mit einer einstweiligen Verfügung wehren kann.1
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Des Weiteren muss der Vermieter im Rahmen seines Selbsthilferechts die Widerspruchsbefugnis des Mieters nach § 562a Satz 2 BGB beachten. Insbesondere kann er sich nicht gegen die Fortschaffung wehren, wenn diese den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspricht, wie z.B. bei Weggabe zur Reparatur oder bei Mitnahme auf Reisen. Inbesitznahme dieser Sachen durch den Vermieter stellt ebenfalls verbotene Eigenmacht dar.
" Praxistipp: Der Vermieter ist besser beraten, im Verfügungsverfahren sein
Vermieterpfandrecht geltend zu machen, anstatt sich in Selbsthilfe zu üben. Das Landgericht Berlin hat einen Verfügungsantrag eines Mieters zurückgewiesen, der sich gegen die verbotene Eigenmacht seines Vermieters richtete, weil der Vermieter im Verfügungsverfahren begründeterweise sein Vermieterpfandrecht geltend gemacht hat.2
c) Sonstige Fälle 42
Die Rechtsprechung hat in folgenden Fällen einen im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Anspruch aus Besitzschutz festgestellt:
1 AG Pinneberg v. 27.6.2003 – 67 C 181/03, nicht veröffentlicht; OLG Karlsruhe v. 11.2.2005 – 10 U 199/03, NZM 2005, 542; vgl. aber auch OLG Koblenz v. 2.11.2004 – 12 U 1530/03, NZM 2005, 784 (785). 2 LG Berlin v. 6.12.2004 – 12 O 633/04, GE 2005, 238 ff.
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 46
§ 11
– Aufstellung von Blumenkübeln,1 – Beseitigung eines Baugerüsts (vgl. aber zum Duldungsanspruch des Vermieters Rz. 93 ff.),2 – Unterlassen, das Dach zum Zwecke der Anbringung einer Satellitenanlage zu betreten,3 – Unterlassen der Bewirtschaftung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche durch den Verpächter.4
5. Einstellung von Versorgungsleistungen Ebenfalls sehr praxisrelevant sind die Fälle, in denen es zur Einstellung von Versorgungsleistungen wie Wasser, Strom, Gas oder Heizung kommt. Diese Fälle stehen im Spannungsverhältnis der zuweilen diametral entgegengesetzten Interessen von Mieter und Vermieter. Der Vermieter könnte ein solches Vorgehen als tatsächliches Druckmittel gegen einen säumigen Mieter einsetzen wollen. Der Mieter hingegen sieht sich in einem solchen Fall ggf. einem einschneidenden Eingriff in seine Grundversorgung ausgesetzt.
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a) Bestehendes Mietverhältnis In den Wintermonaten kann der Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet werden, die Heizung anzustellen, wenn er sich trotz Aufforderung geweigert hat, die Heizung und/oder das Warmwasser in einem angemessenen Umfang zu betreiben.5 Der Vermieter darf nicht einseitig eine so genannte Heizperiode bestimmen und die Witterungsverhältnisse ignorieren. In der Antragsschrift sollte die Zimmertemperatur glaubhaft gemacht werden.
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Solange das Mietverhältnis besteht, umfasst der Gebrauch der Mietsache (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) regelmäßig auch die Versorgung mit Wasser und Heizenergie.6 Das gilt auch, wenn der Mieter sich mit der Miete im Zahlungsrückstand befindet.7 Der Mieter kann seine diesbezüglichen Rechte per einstweiliger Verfügung durchsetzen.
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" Praxistipp: Der Antrag ist in der Regel auf Wiederherstellung der Versor- 46 gung mit Wasser bzw. Gas gerichtet,8 kann aber auch darauf lauten, dass der Vermieter durch Bezahlung der Gasrechnung dafür sorgt, dass eine Un-
1 2 3 4 5
AG Schöneberg v. 19.2.2000 – 7 C 505/99, ZMR 2000, 230. AG Berlin-Mitte v. 9.6.1999 – 26 C 1003/99, GE 1999, 984. BezG Halle v. 22.5.1991 – 4 S 19/91, NJ 1991, 415. OLG Köln v. 31.8.2010 – 23 U 57/10, BeckRS 2010, 23585. OLG Köln v. 13.4.1994 – 2 W 50/94, MDR 1995, 95; LG Koblenz v. 27.1.1986 – 4/43/86, NJW-RR 1986, 506; Schach in Kinne/Schach/Bieber, § 535 BGB Rz. 51; AG Bremen v. 6.12.2010 – 16 C 424/10, WuM 2011, 126 ff. 6 Moersch in Hannemann/Wiegner, § 19 Rz. 4 f.; AG Leipzig v. 19.3.1998 – 03 C 3421/98, MDR 1998, 1025. 7 LG Göttingen v. 7.3.2003 – 5 T 282/02, WuM 2003, 626. 8 AG Leipzig v. 19.3.1998 – 3 C 3421/98, MDR 1998, 1025.
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§ 11
Rz. 47
Mietrecht
terbrechung der Versorgung durch das Versorgungsunternehmen nicht angedroht oder durchgeführt wird.1 47 " Wichtig: Anders ist die Lage zu beurteilen, wenn das Versorgungsunternehmen Vertragspartner des Mieters ist.2 Verbotene Eigenmacht liegt nicht vor. Denn den Versorgungsunternehmen ist es bei Zahlungsverzug des Kunden nach § 19 StromGVV bzw. § 24 Abs. 2 NAV gesetzlich gestattet, die Versorgungsleistungen einzustellen. Diese Gestattung korreliert mit dem Kontrahierungszwang der Versorgungsunternehmen, die sich – anders als ein Vermieter – ihre Vertragspartner nicht aussuchen können. b) Beendetes Mietverhältnis 48
Ist das Mietverhältnis hingegen beendet, der Mieter aber noch im Besitz der Wohnung, ist die Lage komplexer. Zwei Entscheidungen des KG gegen die bislang h.M. haben für Diskussionen gesorgt.3 aa) Bislang herrschende Meinung
49
Ca. 40 Jahrelang betrachtete die gefestigte Rechtsprechung die Einstellung von Versorgungsleistungen als verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB.4 Sowohl während als auch nach Beendigung von Wohnraum- oder Gewerberaummietverhältnissen sei die eigenmächtige Sperrung jeglicher Versorgung verboten. Dies wurde in dogmatischer Hinsicht damit begründet, dass Besitzschutzansprüchen nur possessorische, nicht aber petitorische Einwendungen entgegengehalten werden können. Dies gelte auch, wenn ein rechtskräftiger Räumungstitel vorliege. Der Besitzschutz umfasse auch die Ausübung der Sachherrschaft bzw. die Nutzung der Mietsache. Der Bezug von Versorgungsleistungen gehöre zur Nutzbarkeit dazu. bb) Neuer dogmatischer Ansatz des KG
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Das KG beschreitet in zwei Entscheidungen zum Gewerberaummietrecht neue (dogmatische) Wege.5 Es sei zumindest nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Unterbrechung der Versorgungsleistungen durch den Vermieter keine verbotene Eigenmacht zu erblicken. Das KG differenziert zwischen Besitz an der Mietsache und Gebrauch der Mietsache. Zur Gebrauchsgewährung, wozu auch die Versorgungsleistungen gehörten, sei der Vermieter nur während des bestehenden Vertragsverhältnisses verpflichtet. Nach Beendigung könne der Ver1 AG Ludwigsburg v. 18.12.1997 – 1 C 3577/97, NZM 1999, 122; a.A. AG Wuppertal v. 11.7.1988 – 95 C 344/88, ZMR 1989, 311. 2 Vgl. zum Ganzen Derleder, NZM 2000, 1098 ff. 3 Vgl. zum Ganzen Scheidacker, NZM 2005, 281 ff. 4 LG Mannheim v. 24.7.1963 – 5569/63, WuM 1963, 167; OLG Koblenz v. 24.7.2000 – 3 W 472/00, OLG-RP Koblenz 2001, 2 f.; OLG Köln v. 26.4.2004 – 1 U 67/03, NJW-RR 2005, 99 f.; OLG Celle v. 28.4.2005 – 11 U 44/05, NJW-RR 2005, 1383 f. 5 KG v. 21.5.2001 – 24 W 94/01, MDR 2001, 1346 f.; KG v. 8.7.2004 – 12 W 21/04, MDR 2005, 165.
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 57
§ 11
mieter die Versorgung einstellen, dadurch werde nur der Gebrauch der Mietsache, nicht aber der Besitz als tatsächliche Sachherrschaft gestört. In seiner zweiten Entscheidung ging das KG noch einen Schritt weiter. Bei Zahlungsrückstand des Mieters dürfe der Vermieter selbst bei ungekündigtem Mietvertrag ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB an den weiteren Versorgungsleistungen geltend machen.
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" Hinweis: Das KG hat ausdrücklich offengelassen, ob dieser neue Ansatz 52 auch auf Wohnraummietverträge innerhalb der Räumungsfrist zur Anwendung kommen soll.
cc) Entscheidung des BGH vom 6.5.2009 Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 6.5.2009 die Rechtsprechung des KG bestätigt.1 Nach Beendigung des gewerblichen Mietverhältnisses dürfe der Vermieter die Versorgungsleistungen einstellen. Ansonsten drohe ihm ein weiterer Zahlungsausfall und damit eine Schadensintensivierung. Damit erteilt der BGH dem Vorwurf der „kalten Räumung“ bzw. der unzulässigen Selbstvollstreckung eine Absage.
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Nach der Entscheidung des BGH ist die Einwendung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts nicht mehr ausgeschlossen. Damit könnte das Eilverfahren an Bedeutung gewinnen. Denn nun kann im einstweiligen Verfügungsverfahren geprüft werden, ob tatsächlich ein Zurückbehaltungsrecht besteht. Dies ist bei Betriebskostenabrechnungen, Mieterhöhungen oder Minderungen bei Mängeln interessant. Nicht zuletzt könnten nun auch Kündigungsstreitigkeiten entschieden werden, weil der BGH nach Beendigung des Mietverhältnisses einen Anspruch auf Erbringung der Versorgungsleistungen verneint.
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Dieser Weg ist insbesondere für Vermieter interessant. Regelmäßig müsste der Mieter versuchen, per einstweiliger Verfügung die Versorgung wieder in Gang zu setzen. Der Vermieter könnte in diesem Verfahren klären lassen, ob der Mieter noch Mietschulden hat, ohne einen eigenen Prozess anstrengen zu müssen. Dieser Gedanke greift auch für Räumungsklagen: Hält das Verfügungsgericht die Kündigung für wirksam, steigen die Chancen, dass der Mieter „freiwillig“ das Feld räumt und auszieht.
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Schwierigkeiten könnten sich bei der Beweisführung ergeben. Zugelassen sind nur präsente Beweismittel (§ 294 Abs. 2 BGB). Dies könnte insbesondere bei Mietmängelprozessen, bei denen im Hauptsacheverfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt würde, für den Mieter bedeuten, dass er die behaupteten Mietmängel nur schwerlich glaubhaft machen kann.
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dd) Weitere Entscheidungen Das KG hat in einer aktuellen Entscheidung2 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH betont, dass der Vermieter grundsätzlich mit Beendigung 1 BGH v. 6.5.2009 – XII ZR 137/07, MDR 2009, 919 f.; vgl. dazu ausführlich Scheidacker, NZM 2010, 103 ff.; Ehlert in Bamberger/Roth, § 535 BGB Rz. 204 a. 2 KG v. 16.5.2011 – 8 U 2/11, MietRB 2011, 244 f.
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§ 11
Rz. 57a
M 11.3
Mietrecht
des Mietverhältnisses nicht mehr zur Gebrauchsüberlassung verpflichtet sei. Gleichwohl sei er nach § 242 BGB zur Bereitstellung von Versorgungsleistungen verpflichtet, wenn das Interesse des Mieters an der Aufrechterhaltung des Mietgebrauchs das Interesse des Vermieters an der Einstellung der Versorgungsleistung überwöge. Abzustellen sei bei der Abwägung darauf, ob dem Vermieter ein weiterer Schaden drohe. Das sei beispielsweise nicht der Fall, wenn der Mieter aktuell keinen Mietrückstand habe und weder Betriebskostenabrechnung noch Vorschüsse offen seien. Auch die besonderen Belange des Mieters, der seinen Friseursalon nicht ohne Wasser betreiben konnte, spielten bei der Interessenabwägung eine Rolle. Ebenfalls das KG hat entschieden, dass eine Unterbrechung von Versorgungsleistungen durch einen außenstehenden Dritten – im Gegensatz zu einer Versorgungssperre, die in der Einstellung von Leistungen besteht – gegenüber dem Besitzer der Räume eine verbotene Eigenmacht darstellt.1
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11.3 58
Verbotene Eigenmacht (Strom abstellen)
An das Amtsgericht . . . – Mietabteilung – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Frau . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen Herrn . . . – Antragsgegner – wegen: verbotener Eigenmacht (Strom abstellen) Vorläufiger Streitwert: . . . Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, unverzüglich die Stromversorgung für die Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung] wieder in Betrieb zu nehmen und aufrecht zu erhalten. 2. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass die1 KG v. 1.10.2009 – 8 U 105/09, NZM 2010, 321 f.
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M 11.3
II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 58
§ 11
ses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, die Antragstellerin erneut von der Versorgung mit Strom auszuschließen. 3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Antragstellerin ist Mieterin, der Antragsgegner Vermieter der Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung]. Den Mietvertrag vom . . . [Datum] überreichen wir in Kopie als Anlage ASt 1. 2. Der Antragsgegner hat das Mietverhältnis mit Wirkung zum 31. März 2012 gekündigt. Die Antragstellerin ist zu diesem Datum aber nicht ausgezogen, sondern wohnt weiterhin in der Wohnung. 3. Diesem fortgesetzten Gebrauch hat der Antragsgegner erst am 21. April 2012 widersprochen. Anlage ASt 2 4. Gestern musste die Antragstellerin nun feststellen, dass ihr der Strom abgestellt wurde. Sie vermutete zunächst einen Kurzschluss und rief deshalb beim Antragsgegner an. Dieser erklärte ihr daraufhin, dass er nunmehr zur „kalten Räumung“ übergehen werde, da sie die Wohnung „widerrechtlich besetzt“ halte. Im Übrigen schulde die Antragstellerin ihm noch drei Monatsmieten, insofern mache er von seinem Zurückbehaltungsrecht an der Stromversorgung Gebrauch. Die Antragstellerin kann mangels Strom weder kochen noch waschen, da ihr E-Herd und ihre Waschmaschine nicht funktionieren. Abgesehen davon verderben die Lebensmittel in Kühlschrank und Gefrierfach. Die Antragstellerin hat zwei kleine Kinder im Alter von 2 und 5 Jahren zu versorgen. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin Anlage ASt 3 II. Rechtliche Beurteilung Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Versorgung mit Strom. Das Verhalten des Antragsgegners stellt verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB dar. Die eigenmächtige Sperrung jeglicher Versorgungsleistungen ist verboten, und zwar sowohl während der Vertragslaufzeit als auch nach Beendigung bis zur Räumung.
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Rz. 59
Mietrecht
M 11.3
Der Mietvertrag hat sich hier gemäß § 545 BGB auf unbestimmte Zeit verlängert, weil der Antragsgegner der Fortsetzung des Mietgebrauchs nicht innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Mietverhältnisses widersprochen hat. Der vertraglich eingeräumte Besitz berechtigt die Antragstellerin auch zur Ausübung desselben bzw. zur Nutzung der Wohnung. Die Versorgung mit Strom ist eine elementare Voraussetzung der Nutzbarkeit der Wohnung. Ob dem Antragsgegner ein Zurückbehaltungsrecht wegen angeblichen Mietrückstandes zusteht, kann dahingestellt bleiben. Petitorische Einwendungen sind im Besitzschutzverfahren ausgeschlossen (§ 863 BGB). Jedenfalls ist aber der Antragsgegner nach § 242 BGB verpflichtet, Stromversorgung bereitzustellen, weil das Interesse der Antragstellerin an der Aufrechterhaltung des Mietgebrauchs das Interesse des Antragsgegners an der Einstellung der Versorgungsleistung überwiegt (vgl. KG v. 16.5.2011 – 8 U 2/11, MietRB 2011, 244 f.). Die Antragstellerin hat keine Mietschulden . . . [ausführen]. Auch sonst sind keine Forderungen des Antragsgegners offen . . . [ausführen]. Vor allem aber hat die Antragstellerin zwei kleine Kinder zu versorgen. Eines besonderen Verfügungsgrundes bzw. dessen Glaubhaftmachung bedarf es im Falle verbotener Eigenmacht nicht (Bassenge in Palandt, 71. Aufl. 2012, § 861 Rz. 12). Die Rechtsordnung kann diesen Zustand keinen Augenblick länger dulden. Darüber hinaus verträgt die Tatsache, die Kinder und sich selbst nicht ordnungsgemäß versorgen zu können, keinen Aufschub. Zur Vermeidung erheblicher Nachteile ist daher die geschuldete Handlung so kurzfristig auszuführen, dass ein Hauptsacheverfahren nicht durchlaufen werden kann. Die beantragte einstweilige Verfügung ist daher dringend geboten. Rechtsanwalt
6. Unterlassung von Modernisierungsmaßnahmen 59
Schnelle Hilfe benötigt der Mieter auch in den Fällen, in denen der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen durchführen lassen will und die Handwerker „vor der Tür stehen“. Hier ist zwischen Außen- und Innenmodernisierung zu unterscheiden (vgl. dazu auch Rz. 93 ff.). a) Außenmodernisierung
60
Ob dem Mieter bei einer Außenmodernisierung ein per einstweiliger Verfügung durchsetzbarer Unterlassungsanspruch gegen den Vermieter zusteht, wird nicht einheitlich beurteilt.
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Nach einer Ansicht soll es regelmäßig am Rechtsschutzbedürfnis fehlen.1 Der Mieter werde durch die Modernisierungsmaßnahmen nicht unmittelbar, sondern allenfalls mittelbar beeinträchtigt. Der Vermieter müsse daher nicht vorab gerichtlich klären lassen, ob der Mieter nach § 554 Abs. 2 BGB zur Duldung ver1 LG Berlin v. 8.2.1996 – 61 S 343/95, GE 1996, 679; LG Berlin v. 22.2.1996 – 61 S 257/95, MDR 1996, 899.
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 64
§ 11
pflichtet sei (s. auch „Duldung von Modernisierungsmaßnahmen“ Rz. 96). Allerdings könne ein Unterlassungsanspruch ausnahmsweise im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, wenn es zu einem direkten Eingriff in die Mietsache oder zu Gesundheitsbeeinträchtigungen komme.1 Der Mietgebrauch kann beispielsweise durch Baulärm, Einrüstungen oder Verschmutzung gestört werden.2 Zu beachten ist, dass es sich um eine erhebliche Beeinträchtigung des Mietgebrauchs handeln muss. Die Gegenansicht stellt hingegen darauf ab, dass der Mieter Maßnahmen der Außenmodernisierung nur unter den Voraussetzungen des § 554 Abs. 2 BGB zu dulden habe.3 Diese Vorschrift schütze auch vor der Modernisierungsmaßnahme schlechthin, wenn Härtefälle bestünden. Der Unterlassungsanspruch richte sich aber nicht gegen eine Besitzstörung, sondern gegen die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB).
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b) Innenmodernisierung Bei einer beabsichtigten Innenmodernisierung ist der Vermieter gut beraten, bei einem nicht zustimmenden Mieter zunächst im Klageverfahren einen Duldungstitel gegen den Mieter zu erwirken. Sollte er nämlich ohne einen solchen Titel mit den Modernisierungsarbeiten beginnen, kann der Mieter die Maßnahmen mit einer einstweiligen Verfügung verbieten lassen.4 Der Mieter kann des Weiteren Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangen. So in einem vom AG Wolgast5 entschiedenen Fall, in dem der Vermieter verpflichtet worden ist, den entfernten Eingang wieder zu errichten.
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Nach einer Entscheidung des AG Tiergarten6 soll dem Mieter allerdings das Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Verfügung fehlen, wenn er die Arbeiten verhindern kann, indem er den Handwerkern den Zutritt zur Wohnung verweigert.
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1 LG Berlin v. 10.9.1996 – 63 S 341/96, MM 1998, 390; LG Berlin v. 3.9.1998 – 62 S 183/98, GE 1999, 317; LG Hamburg v. 11.11.2008 – 334 S 38/08, ZMR 2009, 208 f.; LG Hamburg v. 13.11.2009 – 311 O 330/09, ZMR 2010, 530 f.; Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 6. 2 Lehmann-Richter, NZM 2011, 572 (573). 3 OLG München v. 29.7.1991 – 21 W 1961/91, WuM 1991, 481; LG Gera v. 10.4.1995 – 5 T 152/95, juris; BezG Potsdam v. 5.8.1993 – 6 T 61/93, WuM 1993, 599; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, § 554 BGB Rz. 361; Fischer in Bub/Treier, VIII Rz. 118. 4 Dickersbach in Lützenkirchen, H Rz. 182 f.; Emmerich in Staudinger, § 554 BGB Rz. 62; Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 7. 5 AG Wolgast v. 12.11.1993 – C 544/93, WuM 1994, 265. 6 AG Tiergarten v. 29.5.1985 – 6 C 123/85, GE 1986, 47.
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§ 11
Rz. 65
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M 11.4
Mietrecht
Unterlassen von Modernisierungsmaßnahmen
An das Amtsgericht . . . – Mietabteilung – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Frau . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen Herrn . . . – Antragsgegner – wegen: Unterlassung von Modernisierungsarbeiten Vorläufiger Streitwert: . . . Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) aufgegeben, die Bauarbeiten zum Einbau von Isolierglasfenstern in der Wohnung der Antragstellerin sofort einzustellen. 2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Antragstellerin ist Mieterin, der Antragsgegner Vermieter der Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung]. Den Mietvertrag vom . . . [Datum] überreichen wir in Kopie als Anlage ASt 1. 2. Bei der Wohnung handelt es sich um eine im Westviertel der Stadt belegene Altbauwohnung. Sie ist seit Jahrzehnten mit Kastendoppelfenstern ausgestattet. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 3. April 2012 220
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M 11.4
II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 65
§ 11
Anlage ASt 2 mitgeteilt, dass er Isolierglasfenster einbauen werde. Die Antragstellerin hat dem Einbau sofort mit Schreiben vom 5. April 2012 widersprochen, weil der Einbau für sie eine unzumutbare Härte bedeuten und zudem durch den Einbau von Isolierglasfenstern keine Wertverbesserung eintreten würde. Anlage ASt 3 3. Heute Morgen klingelte es bei der Antragstellerin. Zwei Mitarbeiter des von dem Antragsgegner mit dem Fenstereinbau beauftragten Unternehmens standen vor der Tür. Die völlig überrumpelte Antragstellerin ließ die Herren in die Wohnung, worauf diese ohne langes Zögern mit der Demontage des Kastendoppelfensters im Wohnzimmer der Antragstellerin begannen. Auf energisches Einschreiten der Antragstellerin ließen sie schließlich dazu bewegen, die Arbeiten für heute einzustellen. Sie haben allerdings angekündigt, morgen wiederzukommen und dann mit dem Einbau fortzufahren. Dies sei schließlich ihr Auftrag. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin, Anlage ASt 4 II. Rechtliche Beurteilung Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Unterlassung der Modernisierungsarbeiten, die sie nicht gemäß § 554 Abs. 2 BGB dulden muss. Sie hat dem Einbau der Isolierglasfenster explizit widersprochen. 1. Der Antragsteller muss in einem solchen Fall vor Beginn der Bauarbeiten gerichtlich klären lassen, ob die Antragsgegnerin zur Duldung der Modernisierungsmaßnahmen verpflichtet ist. Jedenfalls jetzt muss die Antragstellerin den Einbau der Isolierglasfenster nicht hinnehmen. 2. Der Einbau der Isolierglasfenster stellt darüber hinaus keine Wertverbesserung im Sinne des § 554 Abs. 2 BGB und damit keine gesetzlich vorgesehene Modernisierungsmaßnahme dar. Kastendoppelfenster vermitteln wegen ihrer speziellen Eigenschaften mehr Wohnkomfort als Isolierglasfenster. Auch eine etwaige höhere Schalldämmung vermag an dieser Wertung nichts zu ändern (LG Berlin v. 30.4.2002 – 63 S 263/01, WuM 2002, 337). 3. Die Antragstellerin muss damit rechnen, dass die Handwerker morgen früh erneut erscheinen, um die Arbeiten fortzusetzen. Daher ist Eile geboten. Zur Vermeidung erheblicher Nachteile ist daher die geschuldete Handlung so kurzfristig auszuführen, dass ein Hauptsacheverfahren nicht durchlaufen werden kann. Die beantragte einstweilige Verfügung ist daher dringend geboten. Rechtsanwalt
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§ 11
Rz. 66
Mietrecht
7. Miete1/Mietkaution a) Minderung der Miete 66
Oftmals wird der Mieter dem Vermieter eine Einzugsermächtigung für die Miete erteilt haben. Raum für den Erlass einer einstweiligen Verfügung entsteht dann, wenn der Vermieter von der Einzugsermächtigung nach Widerruf durch den Mieter Gebrauch macht.2 Der Vermieter muss den Widerruf auch beachten, wenn er ihn für unberechtigt hält.
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In der Praxis relevant wird diese Konstellation insbesondere dann, wenn sich die Miete aufgrund von Minderung kraft Gesetzes reduziert (§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB). Anders als beim Kauf bedarf es also nicht einer besonderen Erklärung des Mieters oder eines Gestaltungsakts. Die Miete reduziert sich automatisch in dem Umfang, in dem die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit (Ist-Zustand) hinter der vertraglich vereinbarten (Soll-Zustand) zurückbleibt. Vereinbarungen, die die Minderungsbefugnis des Mieters einschränken oder ausschließen, sind gemäß § 536 Abs. 4 BGB unwirksam. Der Vermieter ist bei Minderung nur zum Einzug der geminderten Miete berechtigt.3
68 " Praxistipp: Der Antrag ist darauf zu richten, dass der Antragsgegner den Einzug vom Konto (Kontonummer, Bankleitzahl, Kreditinstitut) bei Vermeidung von Ordnungsmitteln unterlässt. b) Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme der Mietkaution4 69
Häufig entstehen bei Beendigung des Mietverhältnisses Auseinandersetzungen darüber, ob bzw. in welchem Umfang dem Vermieter gegen den Mieter noch Forderungen zustehen. Vermieter greifen in diesen Fällen – zur Deckung ihrer ggf. vermeintlichen Ansprüche – gern auf die gestellte Mietkaution zu. Es stellt sich daher die Frage, ob sich der Mieter gegen dieses Verhalten mit einer einstweiligen Verfügung zur Wehr setzen kann.5 In der Regel kann der Mieter den Zugriff des Vermieters allein deshalb schon nicht verhindern, weil er von dem Zugriff erst nach Abrechnung über die Kaution erfährt. Die Situation ändert sich, wenn der Mieter die Kaution nicht in bar oder per Überweisung an den Vermieter leistet, sondern durch Verpfändung des von ihm errichteten Kautionskontos. Aus den Verpfändungsbedingungen ergibt sich vielmals, dass die Auszahlung an den Vermieter erst vier Wochen nach der Kündigung des Kontos erfolgt. 1 Ein Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Zahlung der Miete im Wege einer einstweiligen Verfügung besteht wegen unzulässiger Vorwegnahme der Hauptsache regelmäßig nicht. Dies selbst dann nicht, wenn das Hauptsacheverfahren wegen eines offenen Betreuungsverfahren auf unbestimmte Zeit nach § 241 ZPO ausgesetzt wird und der Vermieter lediglich Zahlung auf ein Anderkonto bzw. Hinterlegung beim Amtsgericht beantragt, AG Brandenburg v. 9.9.2004 – 31 C 180/04, WuM 2005, 67 ff. 2 LG Berlin v. 20.5.1996 – 67 T 41/96, GE 1996, 805; Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 16. 3 LG Berlin v. 20.5.1996 – 67 T 41/96, GE 1996, 805. 4 Ausführlich dazu Ulrici, ZMR 2004, 404 f. 5 Boemke in Berger, Kap. 5 Rz. 126.
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II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 74
§ 11
Von der Rechtsprechung wird überwiegend vertreten, dass der Mieter die Auszahlung an den Vermieter im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verhindern kann.1 Zur Begründung wird angeführt, dass sich aus der Sicherungsabrede regelmäßig ergebe, dass der Vermieter nur dann auf die Mietkaution zurückgreifen dürfe, wenn seine Forderung unstreitig oder gerichtlich festgestellt sei. Falls der Mieter die Ansprüche bestreite, müsse dieser sie gerichtlich klären lassen. Dafür sei das einstweilige Verfügungsverfahren aufgrund der begrenzten Beweiserhebungsmöglichkeiten indes nicht geeignet.
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Abgelehnt wurde der Erlass einer einstweiligen Verfügung in einem Fall, in dem der Mietvertrag ausdrücklich vorsah, dass der Vermieter sich wegen fälliger (nicht: unstreitiger) Forderungen aus dem Mietverhältnis jederzeit aus der Kaution befriedigen können soll.2
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" Praxistipp: Der Antrag ist auf Unterlassung der Auflösung des zum Spar- 72 konto Nr. … verpfändeten Sparguthabens in Höhe von … Euro nebst Zinsen zu richten. Möglich ist auch die Untersagung der Inanspruchnahme des Sparkontos Nr. … Der Verfügungsgrund ergibt sich aus § 935 ZPO, da die Gefahr besteht, dass bei einer Auszahlung Gläubiger des Vermieters auf das Geld zugreifen. Bis zur Klärung der Rechtslage dient die Mietkaution aber nicht der Befriedigung, sondern nur der Sicherung des Vermieters.
Der Streitwert für die Untersagung der Inanspruchnahme einer Mietbürgschaft bestimmt sich nach dem für den Mieter zu erwartenden Zinsschaden.3
8. Ausübung des Vorkaufsrechts Hat der Mieter ein vertragliches oder gemäß § 577 BGB ein gesetzliches Vorkaufsrecht, so stehen ihm bei Umgehung desselben nicht nur Schadenersatzansprüche, sondern auch – jedenfalls bei bereits ausgeübtem Vorkaufsrecht – Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus §§ 826, 1004 BGB zu.4 Typischer Fall ist z.B., dass mehrere Eigentumswohnungen zu einem Paketpreis verkauft werden. Mit dem Käufer werden dann besonders hohe Teilpreise für bestimmte Wohnungen vereinbart, um bestimmte Mieter von der Ausübung ihres Vorkaufsrechts abzuhalten.5
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Der Vorkaufsberechtigte kann nach wirksamem Ausüben des Vorkaufsrechts im Einzelfall die Eintragung des Erwerbers durch eine einstweilige Verfügung verhindern.6
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1 LG Berlin v. 5.9.2002 – 65 T 64/02, GE 2003, 742 f.; LG Wuppertal v. 27.11.2003 – 9 S 194/03, NJW-RR 2004, 1309 f.; AG Bremen v. 15.5.2007 – 4 C 166/07, WuM 2007, 399. 2 LG Potsdam v. 21.6.2007 – 11 S 192/06, GE 2007, 1253 f. 3 LG Bonn v. 14.2.2008 – 6 T 27/08, juris; dagegen Schneider, NZM 2010, 466 (467). 4 OLG München v. 15.1.1999 – 23 U 6670/98, NZM 1999, 797 ff.; Bub, NZM 2000, 1092 (1094). 5 Blank in Schmidt-Futterer, § 577 BGB Rz. 54. 6 Riecke in Schmid/Harz, § 577 BGB Rz. 59.
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§ 11
Rz. 75
Mietrecht
M 11.5
Nach einer Entscheidung des AG Hamburg1 können dem Mieter die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bei kollusivem Zusammenwirken von Veräußerer und Erwerber auch ohne Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 469 Abs. 2 BGB) zustehen (Hervorhebungen hinzugefügt):
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„Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch die vorbeschriebene Vertragskonstruktion in das seinerzeit durch den Vertragsabschluss entstandene Vorkaufsrecht (sofort) eingegriffen wurde und dadurch ein Schadenersatzanspruch entstanden ist, dessen Rechtsfolgen sich nach §§ 249 ff. BGB richten. Dieser Anspruch geht u.a. auch auf Unterlassung oder Beseitigung der durch die schädigende Handlung hervorgerufenen Beeinträchtigung … Daher steht den Klägern mit der für das einstweilige Verfügungsverfahren hinreichenden Gewissheit in der Hauptsache ein Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung des Vorkaufsrechts zu, der im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden kann und keineswegs mit Ablauf der Ausübungsfrist des Vorkaufsrechts erlischt. Eine solche Akzessorietät besteht nicht, zumal der Vorkaufsberechtigte nicht gezwungen werden kann, durch Ausübung des Vorkaufsrechts einen Kaufvertrag zu einem überhöhten Preis abzuschließen und damit eine entsprechende wirksame Verpflichtung einzugehen. Die sittenwidrige Schädigung liegt gerade darin, den Klägern durch die Vertragsgestaltung diese Möglichkeit genommen zu haben.“
Da das Vorkaufsrecht schuldrechtlicher Natur ist, kann der Erwerber seine Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch betreiben. Droht eine Umgehung des Vorkaufsrechts, kommt es also darauf an, vollendete Tatsachen durch Eintragung des Erwerbers im Grundbuch als Eigentümer zu verhindern, bis die Situation geklärt ist. Dies kann durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des vorkaufsberechtigten Mieters geschehen,2 oder, wenn eine Auflassungsvormerkung bereits zugunsten des Erwerbers eingetragen worden ist, durch Eintragung eines Widerspruchs.
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77 " Praxistipp: Zweckmäßigerweise ist das Grundbuchamt bereits in der einstweiligen Verfügung selbst um Eintragung zu ersuchen (§ 941 ZPO).
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Unterlassung und Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch (Vorkaufsrecht)
An das Amtsgericht . . . – Mietabteilung – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung1 1. der Frau . . . 2. des Herrn . . . 1 Die einstweilige Verfügung ist antragsgemäß erlassen worden, AG Hamburg v. 20.4.2005 – 39A C 41/05 und nach Widerspruch bestätigt worden, AG Hamburg v. 29.6.2005 – 39A C 41/05, nicht veröffentlicht.
1 AG Hamburg v. 29.6.2005 – 39A C 41/05, S. 8, nicht veröffentlicht. 2 Riecke in Schmid/Harz, § 577 BGB Rz. 63.
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M 11.5
II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 78
§ 11
– Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen 1. Herrn . . . [Veräußerer] 2. Herrn . . . [Erwerber] – Antragsgegner – wegen: Unterlassung und Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch vorläufiger Streitwert: . . . Wir zeigen an, dass wir die Antragsteller vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragsteller beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Den Antragsgegnern wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, die Eintragung des Antragsgegners zu 2. als Eigentümer der im Wohnungsgrundbuch von . . . des Amtsgerichts . . . Band . . . Blatt . . . verzeichneten Eigentumswohnung zu beantragen und/oder einen bereits gestellten Antrag auf Eigentumsumschreibung aufrechtzuerhalten. 2. Es wird die Eintragung eines Widerspruchs gegen die für den Antragsgegner zu 2. in dem vorbezeichneten Wohnungsgrundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung angeordnet. 3. Das Grundbuchamt wird um Eintragung des Widerspruchs gemäß Antrag zu 2. ersucht. 4. Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Ferner wird beantragt, den Antragstellern zwei Ausfertigungen des Beschlusses zu erteilen. Begründung: Durch die einstweilige Verfügung soll den Antragsgegnern untersagt werden, die von den Antragstellern gemietete Eigentumswohnung zu deren Nachteil zu veräußern, weil die Antragsteller hierdurch in sittenwidriger Weise an der Ausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechts gehindert würden. I. Sachverhalt 1. Der Antragsgegner zu 1. ist Eigentümer, Vermieter und Verkäufer der in der . . . [konkrete Anschrift] belegenen Wohnung Nr. 5 (4. OG). Der Antragsgegner zu 2. ist Käufer dieser Wohnung.
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§ 11
Rz. 78
Mietrecht
M 11.5
2. Seit nunmehr 30 Jahren sind die Antragsteller Mieter der streitgegenständlichen Wohnung. Den Mietvertrag vom 21. April 1975 überreichen wir als Anlage ASt 1. In dem Haus befinden sich noch fünf weitere Wohnungen, die ebenfalls im Eigentum des Antragsgegners zu 1. stehen. 3. Das gesamte Objekt wurde Anfang dieses Jahres zu einem Preis von 1 575 000 Euro zum Verkauf angeboten. Die Verkaufsaufgabe überreichen wir als Anlage ASt 2. 4. Am 12. März 2012 erhielten die Antragsteller eine Ausfertigung des Kaufvertrags vom 2. März 2012 (UR-Nr. . . . des Notars . . .). Eine Ablichtung überreichen wir als Anlage ASt 3. Aus dem Kaufvertrag ergibt sich, dass die Antragsgegner für die von den Antragstellern gemietete Wohnung einen Kaufpreis von 440 000 Euro vereinbart haben. 5. Ausweislich des Kaufvertrages ist an dem Objekt im Jahre 1991 Wohnungseigentum begründet worden. Die beiden anderen Wohnungen des Hauses, für die nach Kenntnis der Antragsteller ebenfalls gesetzliche Vorkaufsrechte bestehen, sind zu Kaufpreisen von 440 000 Euro und 420 000 Euro ebenfalls an den Antragsgegner zu 2. verkauft worden. Es handelt sich um die Wohnungen Nr. 2 (1. OG) und Nr. 3 (2. OG). Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherungen des Antragstellers zu 1. II. Rechtliche Beurteilung 1. Verfügungsanspruch Durch kollusives Zusammenwirken der Antragsgegner bei der Kaufpreisgestaltung wollen diese in sittenwidriger Weise die Ausübung des den Antragstellern gemäß § 577 BGB zustehenden gesetzlichen Vorkaufsrechts vereiteln. Hiermit verstoßen die Antragsgegner gegen § 826 BGB. Daraus folgt der Verfügungsanspruch der Antragsteller. Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht der Mieter ist eine über § 826 BGB geschützte Rechtsposition. Das OLG München hat mit Urteil vom 15. Januar 1999 entschieden, dass den Mietern nicht nur Schadenersatzansprüche, sondern bei drohender Umgehung des Vorkaufsrechts auch Unterlassungsansprüche zustehen. Zur Erleichterung der Bezugnahme überreichen wir die Entscheidung als Anlage ASt 4. Aus dem Verkaufsangebot ist zu ersehen, dass der Antragsgegner zu 1. den Wert des in der . . . belegenen Immobilieneigentums auf (maximal) 1 575 000 Euro
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M 11.5
II. Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter
Rz. 78
§ 11
veranschlagt hat. Wenn man diesen Betrag auf die sechs Wohnungen des Hauses verteilt, ergibt sich ein Durchschnittsbetrag von 262 500 Euro. Die Wohnungen Nr. 1 (EG) und Nr. 6 (DG) sind zwar etwas kleiner, ihnen sind aber verschiedene Sondernutzungsrechte und andere Sonderrechte zuerkannt worden. Berücksichtigt man diese Sonderrechte, so wird man die Wohnung Nr. 1 (EG) als den Wohnungen Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 gleichwertig und die Wohnung Nr. 6 (DG) als die wertvollste Wohnung anzusehen haben. Im vorliegenden Fall haben die Antragsgegner eine Kaufpreisgestaltung gewählt, durch die die Kaufpreise für die drei dem gesetzlichen Vorkaufsrecht unterliegenden Wohnungen
insgesamt also
440 000 440 000 420 000 1 300 000
Euro Euro Euro Euro
betragen. Für die drei anderen Wohnungen würde hiernach ein Differenzbetrag von insgesamt 275 000 Euro verbleiben, also pro Wohnung weniger als 92 000 Euro; dies, obwohl die Wohnung Nr. 6 aufgrund der großzügigen Einräumung von Sonderrechten als die mit Abstand wertvollste anzusehen ist. Nach der Verkaufsaufgabe (Anlage ASt 2) war für das gesamte Objekt ein Preis von 1 575 000 Euro gefordert worden. Bei Mieteinnahmen des gesamten Objekts von 94 527,12 Euro p.a. (vgl. hierzu die erste Seite der Verkaufsaufgabe gemäß Anlage ASt 2) entspricht dies einem Multiplikator der Jahresnettomiete von 16,66 und liegt damit für Wohnobjekte guter Wohnlage bereits in einem sehr hohen Bereich. Dies darf als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden. Berechnet man den Multiplikator dagegen auf der Grundlage eines Kaufpreises von 440 000 Euro bezogen auf die von den Antragstellern gemietete Wohnung und eine Grundmiete von 14 733,72 Euro (monatliche Grundmiete 1 227,81 Euro gemäß Einzelmietaufstellung als Teil der Verkaufaufgabe × 12), so ergibt sich ein Multiplikator von 29,86. Ein solcher Multiplikator ist für Wohnungen im Hamburger Innenstadtbereich nicht nur unrealistisch, sondern absolut exotisch. Es ist hiernach evident, dass die Antragsgegner für die drei durch ein Vorkaufsrecht belasteten Wohnungen Mondpreise allein zu dem Zweck vereinbart haben, die Vorkaufsberechtigten abzuschrecken und an der Ausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechts zu hindern. 2. Verfügungsgrund Die Antragsteller müssen damit rechnen, dass der Antragsgegner zu 2. in Kürze Eigentum an der streitgegenständlichen Wohnung erwirbt. Da dem Antragsgegner zu 2. eine Auflassungsvormerkung bewilligt worden ist (III.2. des Kaufvertrags), ist Eile geboten. Rechtsanwältin
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§ 11
Rz. 79
Mietrecht
9. Anspruch auf Drittüberlassung 79
Eine Frage, die sich Mietern immer öfter stellt, ist die, ob sie einen Anspruch auf Erteilung einer Untermieterlaubnis haben (§ 553 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn es um die Aufnahme eines Lebensgefährten in die Wohnung geht.
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Nach bisheriger Meinung kann der Mieter den Anspruch nicht im Eilverfahren geltend machen, weil es nicht geeignet sei, eine umfassende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu gewährleisten.1 Dies gilt vor allem im Hinblick auf die möglichen Verweigerungsgründe, die der Vermieter einwenden kann (§ 553 Abs. 1 Satz 2 BGB). Zudem würden durch die Erlaubnis Fakten geschaffen, die sich nur schwer rückgängig machen ließen. Damit läge quasi eine Vorwegnahme der Hauptsache vor.
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Andererseits kann sich dadurch die Aufnahme eines Lebensgefährten je nach Gericht um Monate, bisweilen Jahre verzögern. Dies ist ein Ergebnis, das im Widerspruch steht zur Wertentscheidung des Gesetzgebers, „neben Ehe und Familie auch den auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mietrechtlich besonders zu schützen.“2 Zudem hat der BGH die Anforderungen für die Erlaubniserteilung deutlich herabgesetzt.3 Das berechtigte Interesse des Mieters rechtfertigt sich nun regelmäßig aus dem Wunsch, eine Lebensgemeinschaft zu bilden.
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Dies ändert indes nichts an der grundsätzlichen Erwägung, dass das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht die geeignete Plattform ist, bei Einwendungen des Vermieters die erforderliche Prognose zu treffen. Allenfalls, wenn Verweigerungsgründe offenkundig unter keinem Gesichtspunkt in Betracht kommen, könnte an eine einstweilige Verfügung zu denken sein.
III. Ansprüche des Vermieters 83
Nicht weniger vielgestaltig sind die Fälle, in denen der Vermieter auf schnelle gerichtliche Hilfe gegen seinen Mieter angewiesen ist.
1. Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs 84
Den Mieter, der sich nicht vertragsgemäß verhält, muss der Vermieter grundsätzlich gemäß § 541 BGB abmahnen, bevor er auf Unterlassung klagen kann. Damit ist aber allein das Hauptsacheverfahren gemeint. In Ausnahmefällen ist dem Vermieter der Weg des einstweiligen Rechtsschutzes eröffnet. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ersetzt die Abmahnung, sodass bei fortgesetztem vertragswidrigem Gebrauch nach Antragstellung die Voraussetzungen des § 541 BGB gegeben sind. 1 LG Hamburg v. 27.5.1998 – 307 T 52/98, WuM 2000, 303; Börstinghaus, ZAP Fach 4, 711 (719). 2 BT-Drucks. 14/4553, S. 49. 3 BGH v. 5.11.2003 – VIII ZR 371/02, NJW 2004, 56 ff.
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III. Ansprüche des Vermieters
Rz. 88
§ 11
Einen solchen Ausnahmefall bejahte das AG Bad Homburg für den Fall einer Abschlussparty des ausziehenden Mieters, zu der er 120 Jugendliche eingeladen hatte. Das Gericht verfügte eine Beschränkung auf 40 Personen.1
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Ein anderer wichtiger Fall des vertragswidrigen Gebrauchs, gegen den der Vermieter mittels einer einstweiligen Verfügung vorgehen kann, liegt vor, wenn der Mieter den Hausfrieden stört, indem er Plakate, Spruchbänder oder andere Dekorationen mit beleidigendem bzw. anstößigem Inhalt (z.B. fremdenfeindliche Parolen) sichtbar anbringt. Der Vermieter kann dem Mieter auferlegen lassen, diese Dinge von den Wohnungstüren, dem Balkon, den Fenstern oder der Gebäudeaußenwand zu entfernen.2 Nicht so eindeutig ist die Rechtslage bei Plakaten o.Ä. mit politischem Inhalt, die aber noch in das demokratische Spektrum fallen. Hier ist nach überwiegender Ansicht eine Abwägung zwischen den Interessen vorzunehmen, wobei allerdings sehr fraglich ist, ob das Eilverfahren dafür geeignet ist.3
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In einem gewerblichen Mietverhältnis kann der Vermieter dem Mieter per einstweiliger Verfügung eine störende Veranstaltung, wie z.B. einen Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe, verbieten lassen.4 Abgelehnt wurde aber der Erlass einer einstweiligen Verfügung in einem Fall, in dem sich die Nutzung der Mietsache im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen hielt.5
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2. Untervermietung/Drittüberlassung Der Vermieter einer Gewerbe-Immobilie kann im Einzelfall gegen eine von ihm nicht genehmigte Überlassung der Räumlichkeiten an einen Dritten mit einer einstweiligen Verfügung vorgehen und dem Mieter die Überlassung verbieten lassen.6 Anders ist die Rechtslage aber zu beurteilen, wenn der Dritte bereits Besitz an einer Wohnung erlangt hat. In diesem Fall kann der Vermieter mit einer einstweiligen Verfügung nichts mehr ausrichten.7 Sein Begehren gegen den Mieter, dass dieser das Untermietverhältnis beenden und den Untermieter zur Räumung zu veranlassen möge, muss der Vermieter im Hauptsacheverfahren geltend machen (zur Rechtslage bei Aufnahme eines Lebensgefährten in die Wohnung vgl. Rz. 79 ff.).
1 AG Bad Homburg v. 25.2.1991 – 2 C 405/91, NJW-RR 1992, 335. 2 AG Ludwigsburg v. 11.8.1989 – 7 C 2028/89, WuM 1989, 618 (Plakat mit der Aufschrift: „In diesem Haus sind Kinder unerwünscht. Hier darf nicht gewohnt, gespielt, gelacht werden.“); Hinz, NZM 2005, 841 (850). 3 Hinz, NZM 2005, 841(850). 4 LG Wuppertal v. 7.12.1995 – 17 O 430/95, ZMR 1996, 439 ff. 5 LG Berlin v. 22.2.2000 – 29 O 62/00, juris (Betrieb einer Diskothek in Räumen, die zum Betrieb eines Tanzlokals und Gastronomiebetriebs jeglicher Art vermietet waren). 6 LG Oldenburg v. 11.5.1988 – 12 O 4090/87, NJW-RR 1989, 81; LG Hamburg v. 13.3.2003 – 311 O 62/03, ZMR 2003, 493; Ehlert in Bamberger/Roth, § 540 BGB Rz. 27. 7 LG Bochum v. 26.3.1991 – 11 S 70/91, WuM 1991, 586.
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§ 11
Rz. 89
Mietrecht
3. Besichtigung/Betreten der Wohnung 89
Entgegen in Vermieterkreisen verbreiteter Ansicht hat der Vermieter grundsätzlich kein Recht auf Zutritt zur vermieteten Wohnung. Der Mieter ist „Herr der Wohnung“. Demzufolge gesteht die Rechtsprechung dem Vermieter ein Besichtigungs- und Betretungsrecht nur in engen Grenzen zu. Der Vermieter darf die Räume betreten, wenn dies zur Erfüllung seiner Instandhaltungspflicht (z.B. Prüfung, Reparatur, Wartung) notwendig ist oder wenn das Betreten der Wohnung zur Wahrung seiner Rechte erforderlich ist (Ablesen von Messeinrichtungen, Besichtigung mit Miet- oder Kaufinteressenten nach Kündigung oder Überprüfen des vertragsgerechten Mietgebrauchs).
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Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann der Vermieter allerdings nur in besonders dringenden Fällen vorgehen.1 Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes wird insbesondere angenommen, wenn das Betreten der Wohnung zur Abwehr oder Beseitigung einer akuten Gefahr für Personen oder Sachen erforderlich ist, wie z.B. bei dringenden Instandsetzungsarbeiten.2 Die Rechtsprechung hat diesen Fällen das Betreten der Wohnung zum Zwecke des Ablesens von Heizkostenverteilern oder Wärmezählern gleichgestellt.3 Gegenteilig beurteilt die Rechtsprechung aber den Fall der Kontrolle der Einstellung von Heizkörpern oder zum Abstellen von Versorgungsleistungen.4
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Nicht durchgedrungen ist beispielsweise ein Vermieter mit seinem Antrag auf Wohnungszutritt zum Zweck der Wohnungsbesichtigung mit Mietinteressenten, nachdem der Mieter die Kündigung als unbegründet zurückgewiesen hat und der Vermieter den Räumungsanspruch nicht gerichtlich geltend gemacht hat.5
92 " Praxistipp: Der Antrag wird in der Praxis meist darauf gerichtet, dem Antragsgegner aufzugeben, eine Besichtigung der (konkret zu bezeichnenden) Wohnung an einem Werktag in der Zeit zwischen 10.00 bis 13.00 Uhr oder 15.00 bis 18.00 Uhr nach vorheriger Ankündigung von mindestens 48 Stunden zu dulden. Die Androhung von Ordnungsmitteln sollte sogleich mit beantragt werden.6 1 Sternel, V Rz. 184; Harsch in Schmid/Harz, § 940a ZPO Rz. 22; AG Köln v. 20.5.1988 – 210 C 424/88, WuM 1989, 88; AG Rheine v. 4.3.2003 – 4 C 668/02, WuM 2003, 315; LG Stuttgart v. 8.1.1985 – 13 S 358/84, ZMR 1985, 273; LG Duisburg v. 11.8.2006 – 13 T 81/06, NZM 2006, 897. 2 AG Hohenschönhausen v. 12.8.1997 – 6 C 383/97, GE 1997, 1175; LG Frankfurt v. 31.1.1967 – 2/11 S 6/67, MDR 1968, 328; AG Neuss v. 30.8.1985 – 36 C 558/85, WuM 1986, 244; Schlüter, NZM 2006, 681 (682); Eisenschmid in Schmidt-Futterer, § 535 BGB Rz. 189. 3 LG Hamburg v. 18.12.1986 – 11 T 96/86, DWW 1987, 164; Lammel in Schmidt-Futterer, § 6 HeizKVO Rz. 8; Gies in Hannemann/Wiegner, § 24 Rz. 331; Harsch in Schmid/ Harz, § 940a ZPO Rz. 22 a.E. 4 OLG Hamburg v. 3.11.1997 – 4 W 48/77, WuM 1978, 169 f.; vgl. hierzu auch KG v. 17.12.1998 – 8 U 7247/98, GE 2004, 622. 5 AG Ibbenbühren v. 4.1.1991 – 3 C 1078/90, WuM 1991, 360; Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (2156). 6 N. Schneider in Lützenkirchen, M Rz. 344a.
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III. Ansprüche des Vermieters
Rz. 98
§ 11
4. Duldung von Instandsetzungs-/Modernisierungsmaßnahmen a) Instandsetzungsarbeiten Der Mieter muss nach § 554 Abs. 1 BGB die zur Erhaltung der Mietsache erforderlichen Maßnahmen dulden. Eine aktive Mitwirkungspflicht besteht in aller Regel nicht (vgl. dazu auch Rz. 59 ff.).
93
Über die Zulässigkeit der Durchsetzung von Erhaltungsmaßnahmen ist grundsätzlich im Klagewege zu entscheiden.1 Ein Verfügungsgrund wird allerdings nur selten vorliegen, nämlich dann, wenn besonders dringliche Arbeiten anstehen, die keinen Aufschub dulden.2 Dies kann bei einer Gefährdungslage wie defekter Heizungsanlage im Winter oder Wasserrohrbruch der Fall sein.3 Keinen hinreichenden Verfügungsgrund stellt es naturgemäß dar, dass der Vermieter die Handwerker schon bestellt hat.4
94
" Praxistipp: Bei widerspenstigen Mietern kann die einstweilige Verfügung 95 neben der Duldung auch auf eine Unterlassung von Behinderungen oder auf Betreten der Wohnung zum Zwecke der Durchführung der Instandsetzung gerichtet werden.
b) Modernisierungsmaßnahmen Im Umkehrschluss zu dem unter Rz. 59 ff. geschilderten Unterlassungsanspruch des Mieters ergibt sich für den Duldungsanspruch des Vermieters Folgendes:
96
Außenmodernisierung muss der Mieter grundsätzlich dulden, es sei denn, es kommt zu einem direkten Eingriff in die Mietsache oder zu Gesundheitsbeeinträchtigungen.
97
Anders verhält es sich bei der Innenmodernisierung. Stimmt der Mieter ihr nicht zu, muss der Vermieter zunächst im Klageverfahren einen Duldungstitel erwirken. Ein diesbezüglicher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist regelmäßig unzulässig.5 Hierin läge zum einen eine Vorwegnahme der Hauptsache. Zum anderen ist das summarische Verfahren nicht geeignet, der nach § 554 Abs. 1 BGB notwendigen umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen den gebotenen Raum zu geben. Auch wenn der Vermieter erhebliche Nachteile durch die Zeitverzögerung erleidet, wie z.B. ein Baustillstand oder der Verfall öffentlicher Fördermittel, ist ihm der Weg der einstweiligen Verfügung nicht eröffnet.6
98
1 LG Hamburg v. 9.11.1984 – 7 T 99/84, WuM 1986, 243. 2 AG Neuss v. 30.8.1985 – 36 C 558/85, NJW-RR 1986, 314; LG Berlin v. 17.9.1996 – 64 T 82/96, MM 1996, 452; Emmerich in Staudinger, § 554 BGB Rz. 61. 3 Eisenschmid in Schmidt-Futterer, § 554 BGB Rz. 54; LG Berlin v. 26.3.1996 – 65 T 11/96, GE 1997, 245. 4 Sternel, VII 180. 5 Ganz h.M., Eisenschmid in Schmidt-Futterer, § 554 BGB Rz. 357; AG Dortmund v. 28.6.1978 – 116 C 371/78, WuM 1979, 38. 6 LG Frankenthal v. 12.5.1993 – 2 S 3/93, WuM 1993, 418; AG Görlitz v. 10.6.1993 – 7 C 371/93, WuM 1993, 390.
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§ 11
Rz. 99
Mietrecht
5. Unterlassung der Tierhaltung 99
Um die Frage der Tierhaltung wird viel gestritten. Die Meinungen in Literatur und Rechtsprechung gehen weit auseinander. Die Weichen werden im Mietvertrag gestellt. Es gibt drei Hauptrichtungen: Die Tierhaltung ist vertraglich nicht geregelt, erlaubt oder verboten. Für einen diesbezüglichen Überblick sei auf die einschlägige Literatur verwiesen.1
100
Einstweiliger Rechtsschutz auf Unterlassung der Tierhaltung ist aufgrund des stets erforderlichen Verfügungsgrundes nur zulässig, wenn von dem Tier eine gesundheitliche Gefahr für die Mitbewohner des Hauses oder eine konkrete körperliche Bedrohung ausgeht. So hat beispielsweise das AG Köln entschieden, dass der Vermieter die vertraglich vorbehaltene Zustimmung zur Tierhaltung verweigern kann, wenn gesundheitliche Belange (Tierhaarallergie) weiterer Mieter im Haus der Tierhaltung entgegenstehen.2 Vgl. zu Ansprüchen der Mieter untereinander auch Rz. 139.
6. Betriebspflicht 101
Unter Betriebspflicht versteht man die Verpflichtung des Mieters, die angemieteten Räume während bestimmter oder bestimmbarer Öffnungszeiten zu dem im Mietvertrag festgelegten Gebrauchszweck für das Publikum offen zu halten, den Geschäftsbetrieb durchzuführen und ein entsprechendes Angebot von Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten.3 Gerade in Einkaufspassagen oder Einkaufszentren hängen Kundenakzeptanz und Attraktivität stark von dem Gesamteindruck ab, der entscheidend dadurch geprägt wird, dass die Geschäfte einheitlich geöffnet sind und betrieben werden. a) Verfügungsanspruch
102
Die Betriebspflicht besteht nicht ohne Weiteres, sondern muss eindeutig vereinbart sein.4 Sie kann auch in AGB vereinbart werden. Insbesondere Klauseln, die eine bestimmte Öffnungszeit vorsehen, sind anerkannt.5
103
Verletzt der Mieter seine Betriebspflicht, hat der Vermieter aus der vertraglichen Regelung einen Anspruch auf Wiederaufnahme des Betriebs. Teilweise wird der Anspruch auch auf § 541 BGB i.V.m. der vertraglichen Abrede gestützt.6 Dagegen spricht, dass § 541 BGB die Unterlassung vertragswidrigen Ge1 Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel, I.2.5.; Lützenkirchen in Lützenkirchen, G.I.1; s. zu diesem Themenkreis auch BGH v. 14.11.2007 – VIII ZR 340/06, MDR 2008, 134 f. sowie Blank, NJW 2007, 729 ff.; Theesfeld, MDR 2010, 607 f. 2 AG Köln v. 12.2.1988 – 219 C 565/87, WuM 1988, 122 f. 3 Jendrek, NZM 2000, 526 (526); Stobbe/Tachezy, NZM 2002, 557 (557). 4 LG Lübeck v. 20.2.1992 – 14 S 11/92, NJW-RR 1993, 78; OLG Düsseldorf v. 17.8.2000 – 24 W 49/00, MDR 2001, 384 f; OLG Brandenburg v. 8.7.2009 – 3 U 15/09, juris. 5 BGH v. 29.4.1992 – XII ZR 221/90, NJW-RR 1992, 1032 ff.; vgl. aber Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel, 2.7.3 Rz. 2 f. 6 OLG Köln v. 28.7.2000 – 19 U 184/99, NZM 2002, 345; LG Bamberg v. 21.11.2003 – 1 O 563/03, ZMR 2004, 581; Kraemer in Bub/Treier, III Rz. 939.
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Herchenröder
III. Ansprüche des Vermieters
Rz. 106
§ 11
brauchs gebietet, während der Vermieter ein darüber hinausgehendes positives Tun begehrt. Es erscheint deshalb sachgerechter, den Anspruch (nur) auf die vertragliche Abrede zu stützen.1 Streitig ist, ob die Betriebspflicht im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens auch durchgesetzt werden kann. Das OLG Naumburg verneint dies, weil eine mietvertragliche Betriebspflicht weder als vertretbare Handlung nach § 887 ZPO noch als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO vollstreckt werden könne; Gegenstand einer einstweiligen Verfügung könnten nur vollstreckungsfähige Ansprüche sein.2 Die h.M. bejaht die Durchsetzbarkeit der Betriebspflicht mittels einstweiliger Verfügung.3 Sie legt die Kriterien des § 888 ZPO eng aus. Eine Vollstreckung komme nur dann nicht in Betracht, wenn der Schuldner die erforderliche Mitwirkung Dritter trotz zumutbarer Anstrengungen nicht erreichen könne. Dies sei indes eine Einwendung, die der Schuldner im Vollstreckungsverfahren erheben müsse. Die überwiegende Ansicht überzeugt. Die Vollstreckbarkeit hat nichts mit dem Verfügungsanspruch oder -grund zu tun. Das OLG Naumburg schließt unzutreffend von der Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf dessen Voraussetzungen.4 Nicht durchsetzbar wegen Unzumutbarkeit ist die Betriebspflicht übrigens gegen einen vermögenslosen Mieter.5
104
Streitig ist auch, ob sich die Betriebspflicht gegenüber der Zahlungsunfähigkeit des Mieters durchsetzt. Das OLG Celle bejaht dies mit der h.M. und verweist zur Begründung auf § 893 ZPO, der für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Schuldners bezüglich der Primäransprüche eine Titulierung voraussetzt.6 Dagegen hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass der Mieter seine mangelnde Leistungsfähigkeit bei Insolvenz bereits im Erkenntnisverfahren geltend machen kann.7 Hier sprechen die besseren Argumente für die Ansicht des OLG Celle, da anderenfalls der Gläubiger Nachteile erleidet, wenn der Mieter sich wirtschaftlich erholt.
105
b) Verfügungsgrund An den Verfügungsgrund werden unterschiedliche Anforderungen gestellt. Sehr streng ist das KG.8 Der Antragsteller müsse nachweisen, so dringend auf die Erfüllung angewiesen zu sein, dass ihm anderenfalls erhebliche Nachteile droh1 Jendrek, NZM 2000, 526 (526); Sternel, VI Rz. 240 f. 2 OLG Naumburg v. 21.11.1997 – 2 W 14/97, NJW-RR 1998, 873. 3 OLG Düsseldorf v. 9.1.1997 – 24 U 94/96, NJW-RR 1997, 648; OLG Celle v. 2.1.1996 – 2 W 80/95, NJW-RR 1996, 585; OLG Frankfurt v. 17.7.1991 – 20 W 43/91, NJW-RR 1992, 171; OLG Frankfurt v. 10.12.2008 – 2 U 250/08, ZMR 2009, 446 ff.; OLG Köln v. 9.9.1991 – 2 W 126/91, NJW-RR 1992, 633; OLG Hamburg v. 6.1.2003 – 4 W 1/03, WuM 2003, 641. 4 Neuhaus, GuT 2005, 239; Schneider, MDR 2004, 319 (321); Jendrek, NZM 2000, 526, (530); N. Schneider in Lützenkirchen, M Rz. 348. 5 LG Köln v. 28.12.2004 – 87 O 109/04, NZM 2005, 621. 6 OLG Celle v. 3.7.2007 – 2 W 56/07, NZM 2007, 838 f. 7 OLG Karlsruhe v. 8.11.2006 – 9 U 58/06, MDR 2007, 577 f. 8 KG v. 18.10.2004 – 8 U 92/04, NZM 2005, 620 f.
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106
§ 11
Rz. 107
M 11.6
Mietrecht
ten, sodass ihm ein Zuwarten oder die Verweisung auf Schadenersatzansprüche nicht zumutbar seien. Vermutungen und Hypothesen über die Nachahmung durch andere Mieter (Dominoeffekt) und die drohende Schließung reichten dafür ebenso wenig aus wie der Hinweis auf die Beeinträchtigung des Gesamtcharakters des Einkaufszentrums, das von der Vielfalt seiner Angebote an Waren und Dienstleistungen lebe. Dagegen ist das LG Bamberg geradezu großzügig:1 Die vereinbarte Betriebspflicht diene gerade dazu, die Attraktivität des Einkaufszentrums zu sichern, indem alle Ladengeschäfte betrieben würden und somit ein umfassendes Angebot bereitgestellt würde. Einkaufspassagen mit Leerständen oder geschlossenen Geschäften könnten schnell an Anziehungskraft verlieren. Deshalb abgeschreckte Kunde könnten kaum zurückgewonnen werden. Schon kurzfristige Schließungen dürften die Attraktivität der Passage für potenzielle Kunde nachhaltig verringern. Dies gelte insbesondere für den stark frequentierten Bereich des Erdgeschosses und des 1. OG. Hier sei es nicht zumutbar für den Antragsteller, bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
107
108 " Praxistipp: In der Praxis gängig ist der Antrag, den Mieter zu verurteilen, das (konkret bezeichnete) Ladenlokal an bestimmten Wochentagen von … bis … offen zu halten und zu betreiben. Für den Fall, dass ein Mieter sein Geschäft zwar betreibt, aber abends vorzeitig schließt, kommt auch ein mit Ordnungsmittelandrohung bewehrter Unterlassungsantrag in Betracht (… dem Mieter wird verboten, das von ihm betriebene, in … gelegene Ladenlokal an bestimmten Wochentagen vor … Uhr zu schließen).2
u
11.6 109
Verletzung der Betriebspflicht
An das Landgericht . . . – Mietekammer – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der . . . GmbH [Firma, Anschrift], diese vertreten durch ihren Geschäftsführer . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen Herrn . . ., e.K. – Antragsgegner – Wegen: Verletzung der Betriebspflicht Vorläufiger Streitwert: . . . [über 5 000 Euro] 1 LG Bamberg v. 21.11.2003 – 1 O 563/03, ZMR 2004, 581 ff. 2 Sternel, II Rz. 276; Jendrek, NZM 2000, 526 (529).
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Herchenröder
M 11.6
III. Ansprüche des Vermieters
Rz. 109
§ 11
Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, sein in der Einkaufspassage Heine-Galerie in . . . belegenes Delikatessengeschäft „Chacun à son goût“ montags bis samstags bereits um 16.30 Uhr zu schließen. 2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Antragstellerin ist Vermieterin der Einkaufspassage Heine-Galerie . . . [konkrete Bezeichnung], der Antragsgegner Mieter der darin im Erdgeschoss belegenen Geschäftsräume. Den Mietvertrag vom . . . [Datum] überreichen wir in Kopie als Anlage ASt 1. 2. Die Überlassung des Mietobjekts erfolgte laut dessen § 3 zum Zwecke des Betriebes eines Delikatessengeschäfts. Der Antragsgegner hat sich verpflichtet, sein Ladenlokal montags bis freitags bis 20.00 Uhr und samstags bis 18.00 Uhr geöffnet zu halten und zu betreiben. 3. Der Mietvertrag ist langfristig abgeschlossen, er kann ordentlich frühestens zum . . . gekündigt werden (§ 4). Die Miete ist umsatzabhängig (§ 5). 4. In den letzten drei Wochen hat der Antragsgegner sein Geschäft jeweils bereits um 16.30 Uhr geschlossen. Auf dieses Verhalten angesprochen, äußerte er sich dahin gehend, dass seine Klientel gemeinhin ab 16.00 Uhr auf dem Golfplatz weile und er deshalb keinen Bedarf für das Offenhalten seines Geschäfts sehe. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherungen des Geschäftsführers der Antragstellerin sowie der benachbarten Mieterin des Handarbeitsgeschäfts „Nadel und Streifen“, Frau . . . Anlagen ASt 2 und 3. 5. Im ebenfalls benachbarten Badausstattungs-Geschäft „Wanne-Eickel“ haben einige Kunden, die dort zwischen 17.00 und 18.00 Uhr aufschienen, irritiert nachgefragt, ob der Antragsgegner sein Geschäft aufgeben wolle. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Herrn Eickel Herchenröder
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§ 11
Rz. 110
Mietrecht
M 11.6
II. Rechtliche Beurteilung Die Anspruchstellerin hat einen Anspruch aus § 3 des Mietvertrages darauf, dass der Anspruchsgegner sein Delikatessengeschäft innerhalb der im Mietvertrag genannten Öffnungszeiten tatsächlich geöffnet hält und betreibt. Die Antragstellerin muss die von dem Antragsgegner vorgenommene erhebliche Betriebseinschränkung von 3,5h pro Werktag und 1,5h am Samstag nicht hinnehmen. Durch das Verhalten des Antragsgegners drohen der Antragstellerin erhebliche Nachteile, da diese binnen kürzester Zeit zu empfindlichen Umsatzeinbußen führen werden. Gerade Einkaufspassagen, die Leerstände oder geschlossene Geschäfte aufweisen, verlieren schnell an Attraktivität. Angesichts des starken Wettbewerbs können Kunden, die sich wegen des negativen Erscheinungsbildes einmal entschlossen haben, das Objekt nicht mehr aufzusuchen, kaum mehr zurückgewonnen werden. Schon kurzfristige Schließungen von Ladenlokalen können die Anziehungskraft der Einkaufspassage für potenzielle Kunden nachhaltig verringern (LG Bamberg v. 21.11.2003 – 10563/03, ZMR 2004, 581, 582). Das Verhalten des Antragsgegners droht sich negativ auf den Geschäftserfolg aller Geschäfte auszuwirken. Wegen dieser besonderen Dringlichkeit kann eine Hauptsacheentscheidung nicht abgewartet werden. Dies würde nämlich bedeuten, dass die Antragstellerin die durch die Betriebseinschränkung des Antragstellers eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bis zur Entscheidung in der Hauptsache hinnehmen müsste. Rechtsanwalt
7. Räumung1 110
Die Räumung von Wohnraum kann der Vermieter in der Regel nicht durch einstweilige Verfügung erwirken. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind hoch. Beispielsweise reicht es nicht aus, dass nach fristloser Kündigung die Gefahr des Mietverlustes droht, insbesondere, wenn der Vermieter sich noch aus der Kaution befriedigen kann.2 Im Eilverfahren darf die Räumung von Wohnraum gemäß § 940a ZPO nur bei verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden. Die zweite Alternative ist durch das Gewaltschutzgesetz zum 1.1.2002 in die ZPO eingefügt worden.3
111
Stets ist darauf zu achten, dass im Antrag das Mietobjekt mit sämtlichen Räumen und Flächen konkret bezeichnet wird. Der Antrag ist auf Räumung und Herausgabe zu richten.4
1 Zur praktischen Durchführung der Räumungsvollstreckung vgl. Hüermann, WuM 2004, 135 ff. 2 Zwißler in Krumscheid/Zwißler, § 9 Rz. 7. 3 BGBl. I 2001, 3513. 4 Zwißler in Krumscheid/Zwißler, § 9 Rz. 6.
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Herchenröder
III. Ansprüche des Vermieters
Rz. 116
§ 11
a) Verbotene Eigenmacht Durch das Erfordernis der verbotenen Eigenmacht wird der Anwendungsbereich für einstweiligen Rechtsschutz stark eingegrenzt. Hat der Mieter oder ein Dritter zu einem Zeitpunkt berechtigten Besitz erlangt, ist verbotene Eigenmacht auch nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht gegeben. Insofern bleibt dem Vermieter nur der Weg der Räumungsklage. Das bedeutet, dass eine Räumung mittels einstweiliger Verfügung gegen den in der Wohnung verbliebenen Lebensgefährten eines bereits aufgrund eines gegen ihn erwirkten Titels ausgezogenen Mieters nicht zulässig ist. In diesem Fall liegt keine verbotene Eigenmacht vor.1
112
§ 940a ZPO ist auch anwendbar, wenn das Sozialamt den Bewohner in die Wohnung bzw. das zu Wohnzwecken dienende Hotelzimmer eingewiesen hat.2
113
Der klassische Fall einer Räumungsverfügung wegen verbotener Eigenmacht liegt bei Hausbesetzungen vor. Hier stellt sich vor allem das Problem, dass der Hausbesetzer dem Vermieter meistens nicht von Person bekannt ist. In älteren Entscheidungen wurde ausdrücklich die Unzulässigkeit des Antrages festgestellt, wenn der Antragsgegner nicht hinreichend konkret benannt wurde (Antrag gegen „Unbekannt“).3 Auch ein Antrag gegen „der Anzahl und Identität nach unbekannte Personen, die sich im Zeitpunkt der Zustellung in einem bestimmten Haus aufhalten“, ist unzulässig.4 Der/die Antragsgegner müssen so bestimmt bezeichnet werden, dass sie für jeden Dritten zu ermitteln sind.5
114
Ein Teil des Schrifttums spricht sich hingegen für die Zulässigkeit der Verfügung gegen „Unbekannt“ oder jedenfalls gegen „die bei Vollziehung anwesenden Personen“ aus.6 Insbesondere, wenn sich in einem Gebäude ausschließlich unbefugte Personen aufhielten, sei nicht zu befürchten, dass Unbeteiligte von der zwangsweise durchgesetzten Räumung betroffen seien.
115
Diese Sichtweise begegnet seit der Grundsatzentscheidung des BGH7 zur Räumungsvollstreckung indes Bedenken. In dieser Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass gegen einen Untermieter die Räumungsvollstreckung nicht aufgrund des gegen den Hauptmieter ergangenen Titels betrieben werden kann. Insofern bleibt dem Vermieter wohl nur, die Möglichkeiten des Polizei- und Ordnungsrechts auszuschöpfen.8
116
1 AG Menden v. 22.1.1999 – 4 C 23/99, NZM 1999, 416; LG Arnsberg v. 29.1.1999 – 6 T 62/99, WuM 1999, 418. Vgl. hierzu auch die aktuelle Entscheidung des BGH v. 19.3.2008 – I ZB 56/07, NJW 2008, 1959. 2 AG Neuss v. 13.2.1991 – 30 C 36/91, NJW-RR 1991, 1168. 3 OLG Köln v. 18.8.1981 – 3 W 24/81, NJW 1982, 1888. 4 OLG Brandenburg v. 3.2.1994 – 5 W 9/94, GE 1994, 339; LG Krefeld v. 30.7.1981 – 5 O 303/81, NJW 1982, 289; a.A. LG Kassel v. 9.7.1990 – 2 T 81/90, NJW-RR 1991, 381. 5 LG Bremen v. 30.7.1990 – 2 T 536/90, WuM 1990, 527 unter Hinweis auf BGH v. 9.12.1987 – IVb ZR 4/87, NJW 1988, 2114 f. 6 Lisken, NJW 1982, 1136 f.; Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663 ff.; Schladebach, ZMR 2000, 72 ff. 7 BGH v. 18.7.2003 – IXa ZB 116/03, NZM 2003, 802. 8 Hinz, NZM 2005, 841 (854); krit. Lisken, NJW 1982, 1136 (1137).
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§ 11
Rz. 117
M 11.7
Mietrecht
117
Ausnahmsweise kann verbotene Eigenmacht vorliegen, wenn der Mieter den Besitz zunächst freiwillig aufgegeben hatte und ihn sich dann erneut verschafft hat.1
118
Sind die Voraussetzungen des § 940a ZPO gegeben, kommt die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO wegen der besonderen Eilsituation konsequenterweise nicht in Betracht.2
u
11.7 119
Räumung
An das Amtsgericht . . . – Mietabteilung – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Frau . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen Herrn . . . – Antragsgegner – wegen: Räumung Vorläufiger Streitwert: . . . Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung], bestehend aus . . . [konkrete Beschreibung] zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben. 2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Antragstellerin hat die im Verfügungsantrag bezeichnete Wohnung an den Antragsgegner mit Mietvertrag vom . . . vermietet, 1 Vgl. OLG Köln v. 21.2.1997 – 19 U 168/96, ZMR 1997, 463 ff. 2 LG Hamburg v. 18.9.1991 – 311 T 116/91, NJW-RR 1993, 1233.
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Herchenröder
M 11.7
III. Ansprüche des Vermieters
§ 11
Rz. 119
Anlage ASt 1. Der Antragsgegner hatte bei dem Vorstellungsgespräch auf die Antragstellerin einen ordentlichen Eindruck gemacht. Er erklärte, er sei bei dem Logistik-Unternehmen Car&Go in leitender Position beschäftigt und verdiene dort ein Monatssalär von . . . Euro. Er legte der Antragstellerin die als Anlage ASt 2 überreichte Verdienstbescheinigung seines angeblichen Arbeitgebers vor. 2. Wie sich hinterher herausstellte, war die Bescheinigung gefälscht. In Wirklichkeit ist der Antragsgegner bei Car&Go völlig unbekannt. Zu keinem Zeitpunkt war er dort beschäftigt, schon gar nicht in leitender Position. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers . . ., Anlage ASt 3 3. Zu Car&Go hatte die Antragstellerin letzte Woche Kontakt aufgenommen, nachdem sie zuvor zufällig in einer TV-Dokumentation . . . [Name, Sendeplatz] über so genannte „Mietnomanden“ ihren Mieter erkannt hatte! Gegen ihn laufen bereits mehrere Gerichtsverfahren wegen rückständiger Mieten der früheren Vermieter. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin, Anlage ASt 4 4. Umgehend nach dem Telefonat mit Herrn . . . von Car&Go hat die Antragstellerin noch vor Einzug des Antragsgegners in die Wohnung den Mietvertrag mit dem als Anlage ASt 5 beigefügten Schreiben vom . . . wegen arglistiger Täuschung angefochten. Dennoch ist der Antragsteller vorgestern in die Wohnung eingezogen. Wie er hineingelangt ist, entzieht sich der Kenntnis der Antragstellerin. II. Rechtliche Beurteilung Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung wegen verbotener Eigenmacht aus § 861 Abs. 1 BGB. Der Einzug in die Wohnung ist jedenfalls ohne den Willen der Antragstellerin erfolgt. Dieser Räumungsanspruch ist gemäß § 940a ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbar. Eines besonderen Verfügungsgrundes bzw. dessen Glaubhaftmachung bedarf es im Falle verbotener Eigenmacht nicht (Bassenge in Palandt, 71. Aufl. 2012, § 861 Rz. 12). Rechtsanwältin
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§ 11
Rz. 120
Mietrecht
b) Konkrete Gefahr für Leib oder Leben 120
Der zweite in § 940a ZPO geregelte Ausnahmefall, in dem der Erlass einer Räumungsverfügung bzw. (als „minus“) eines Betretungsverbotes in Betracht kommt, ist der, dass eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben besteht. Verfügungsgrund ist damit der Schutz der Person vor körperlicher Gewalt. Schon vor Erlass des Gewaltschutzgesetzes1 hatte die Rechtsprechung in verfassungskonformer Auslegung über den Wortlaut des § 940a ZPO hinaus eine Räumungsverfügung und ein Betretungsverbot in diesen Fällen für zulässig erachtet.2 Nunmehr hat der Gesetzgeber diese Rechtsprechung auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gestellt.
121
Grundsätzlich ist diese Alternative des § 940a ZPO auf die Situation des Übergriffs auf einen Mitmieter zugeschnitten.3 Begrenzt darauf ist sie indes nicht. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 940a ZPO auch dann Anwendung finden, wenn ein Mieter von Wohnraum den Vermieter bedroht.4 Das AG Pinneberg hat einem Antrag auf einstweilige Räumungsverfügung in einem Fall stattgegeben, in dem der Mieter ein minderjähriges Kind des Vermieters sexuell missbraucht hatte.5
122
Noch nicht von der Rechtsprechung geklärt ist die Frage, ob § 940a ZPO auch dann anwendbar ist, wenn es zwischen zwei Mietern zu Bedrohungen bzw. Ausschreitungen gekommen ist und der Vermieter nun den Aggressor durch eine einstweilige Räumungsverfügung aus der Wohnung setzen lassen will. Die Frage ist also, ob der Antragsteller selbst der konkreten Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt sein muss. Der Wortlaut des § 940a ZPO setzt dies nicht zwingend voraus. Ferner erschließt sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum Gewaltschutzgesetz, dass Sinn und Zweck des Gesetzes der umfassende Schutz gegen unzumutbare Belästigungen sein soll, auch über die konkreten Tatbestände hinaus.6 Insofern erscheint auch eine einstweilige Verfügung des Vermieters gegen den Aggressor möglich. Verfügungsanspruch ist in diesem Fall der Räumungsanspruch des Vermieters nach § 546 BGB. c) Gewerbliches Mietrecht
123
Zwar gilt § 940a ZPO nicht im gewerblichen Mietrecht. Eine Räumungsverfügung ist dennoch in der Regel wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig.7 Nur in Ausnahmefällen, in denen der Anspruchsinhaber aufgrund einer besonderen Notlage dringend auf die Herausgabe der Immobilie angewiesen ist, 1 BGBl. I 2001, 3513. 2 LG Bochum v. 9.3.1990 – 5 S 22/90, NJW-RR 1990, 896; LG Braunschweig v. 21.11.1990 – 3 T 44/90, NJW-RR 1991, 832; Helle, NJW 1991, 212 (213). 3 LG Freiburg v. 4.5.2001 – 13 T 75/01, FamRZ 2002, 405; LG Freiburg v. 26.11.2004 – 13 T 329/04, FamRZ 2005, 1252; vgl. auch von Pechstaedt, NJW 2007, 1233 ff. zu zivilrechtlichen Abwehrmaßnahmen gegen Stalking. 4 BT-Drucks. 14/5429, S. 35. 5 AG Pinneberg – 69 C 81/05, nicht veröffentlicht, zitiert nach Hinz, NZM 2005, 841 ff. 6 BT-Drucks. 14/5429, S. 10. 7 Hinz, NZM 2005, 841 (855).
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III. Ansprüche des Vermieters
Rz. 125
§ 11
kommt eine Leistungsverfügung in Betracht.1 Die Einstellung von Mietzahlung und die Weigerung des Mieters, die Mieträume herauszugeben, rechtfertigen ohne weitere Umstände noch nicht den Erlass einer Räumungsverfügung.2 Daneben kann aber auch im gewerblichen Mietrecht eine besondere Gefahr für Leib und Leben der Mitbewohner den Erlass einer Räumungsverfügung rechtfertigen.3 d) Mietrechtsreform-Entwurf Zu den geplanten Änderungen des § 940a ZPO s. Rz. 7a ff. § 940a Abs. 2 und 3 ZPO-E i.d.F. der BT-Drucks. 17/10485 vom 15.8.2012 sehen die Möglichkeiten einer einstweiligen Verfügung auf Räumung einerseits auch vor, wenn ein Dritter in Unkenntnis des Vermieters Besitz an der Wohnung begründet hat und der Vermieter einen Räumungstitel nur gegen den Mieter erwirkt hat, und andererseits, wenn ein Mieter bei einer rechtshängigen Klage wegen Zahlungsverzugs einer Sicherungsanordnung nach dem ebenfalls neuen geplanten § 283a ZPO-E nicht Folge geleistet hat.
123a
8. Vermieterpfandrecht Bestehen Mietrückstände und erfährt der Vermieter von einem bevorstehenden Auszug des Mieters, hat der Vermieter verschiedene Möglichkeiten, der Beiseiteschaffung von Gegenständen entgegenzuwirken, die dem Vermieterpfandrecht (§§ 562, 578 Abs. 1 BGB) unterliegen (vgl. zur Überschreitung des Selbsthilferechts Rz. 40). Einstweiliger Rechtsschutz für den Vermieter bietet sich vor allem in zwei Konstellationen an:
124
a) Sicherung des Pfandrechts Befinden sich die eingebrachten Sachen noch in der Wohnung, hat der Vermieter einen Anspruch auf Unterlassung der Beiseiteschaffung aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 1227, 1257, 562 BGB.4 An die Bestimmtheit des Antrags sind keine übermäßigen Anforderungen zu stellen.5 Dies aus dem Grunde, dass der Vermieter in der Regel keine genaue Kenntnis der seinem Pfandrecht unterliegenden Gegenstände hat.
" Praxistipp: Nach der Rechtsprechung ist ein Antrag bestimmt genug, „mit
dem Antragsgegner untersagt werden soll, Sachen, die in seinem Eigentum stehen oder an denen er ein Anwartschaftsrecht besitzt und die infolgedes-
1 OLG Celle, v. 26.7.2000 – 2 W 58/00, ZMR 2000, 752; OLG Köln v. 11.1.1995 – 16 W 73/94, NJW-RR 1995, 1088; detailliert zur Einzelfallabwägung Kluth/Grün, NZM 2001, 1013 (1016 ff.); a.A. OLG Düsseldorf v. 26.2.2009 – 10 W 14/09, MDR 2009, 1035 f. 2 OLG Düsseldorf v. 22.6.2004 – I-24 W 36/04, MDR 2004, 1291 f. 3 LG Wiesbaden v. 29.3.1993 – 8 T 15/93, NJW-RR 1993, 1293. 4 OLG Stuttgart v. 26.9.1996 – 5 W 43/96, NJW-RR 1997, 521 ff. 5 Fritz, Rz. 600a Stichwort Vermieterpfandrecht.
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§ 11
Rz. 126
Mietrecht
M 11.8
sen dem Vermieterpfandrecht unterliegen, aus den angemieteten Räumen … [konkrete Bezeichnung] fortzuschaffen“.1 126
Kann der Vermieter die eingebrachten Sachen nach Art und Umfang mangels hinreichender Information nicht konkret bezeichnen, wird teilweise von den Obergerichten vertreten, dass der Vermieter den Mieter auch im einstweiligen Verfügungsverfahren im Wege der Stufenklage auf Auskunft in Anspruch nehmen kann.2
127
Bei Sachen des gewöhnlichen Lebensbedarfs kann der Vermieter gemäß § 562a Satz 2 Alt. 1 BGB der Fortschaffung nicht widersprechen. Das ist z.B. bei Weggabe zur Reparatur oder Mitnahme auf Reisen, im Gewerbemietverhältnis insbesondere bei normalem Warenverkauf der Fall.3 Diesen Einwand muss der Mieter im Widerspruchsverfahren gemäß §§ 924, 936 ZPO erheben.
128
Ein Verfügungsgrund ist auch schon dann gegeben, wenn der Mieter ankündigt, dass er demnächst ausziehen werde. In einer solchen Situation fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der Vermieter muss sich nicht auf sein Selbsthilferecht gemäß § 562b Abs. 2 BGB verweisen lassen.4
u
11.8 129
Widerspruch gegen Ausübung des Vermieterpfandrechts
An das Amtsgericht . . . – Mietabteilung – . . . [Geschäftszeichen] Widerspruch In dem einstweiligen Verfügungsverfahren . . . [Kurzrubrum] wegen: unrechtmäßiger Ausübung des Vermieterpfandrechts legitimieren wir uns für den Antragsgegner. Namens und in Vollmacht des Antragsgegners erheben wir Widerspruch und beantragen, die einstweilige Verfügung vom . . . aufzuheben und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
1 OLG Stuttgart v. 26.9.1996 – 5 W 43/96, NJW-RR 1997, 521 ff.; OLG Hamm v. 23.7.1999 – 30 W 25/99, NZM 2001, 623. 2 OLG Rostock v. 13.4.2004 – 3 U 68/04, NZM 2005, 440; OLG Brandenburg v. 18.7.2007 – B W 20/07, NJOZ 2007, 4876 f.; a.A. wohl die überwiegende Meinung, nach der ein Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht durch einstweilige Verfügung erzwungen werden kann, Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 940 ZPO Rz. 17. 3 Weidenkaff in Palandt, § 562a BGB Rz. 6. 4 OLG Celle v. 12.6.1986 – 2 W 34/86, NJW-RR 1987, 447 ff.
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M 11.8
III. Ansprüche des Vermieters
Rz. 129
§ 11
Begründung: Die einstweilige Verfügung ist aufgrund einseitiger und unzutreffender Schilderung des Sachverhalts erlassen worden und darf keinen Bestand haben. I. Sachverhalt 1. Richtig ist, dass der Antragsgegner Mieter der vom Antragsteller vermieteten Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung] ist. Richtig ist auch, dass der Antragsgegner seit vier Monaten die Miete um 50 % mindert. Dazu ist der Antragsgegner entgegen den Behauptungen der Antragstellerin auch berechtigt: Seit vier Monaten ist die Wohnung des Antragsgegners eher als Feuchtbiotop denn als Wohnung zu bezeichnen. Aus bislang nicht geklärten Gründen ist es im Wohnzimmer des Antragsgegners zu erheblicher Feuchtigkeit und Nässe gekommen. An der Decke befindet sich Tropfwasser. Der Teppichboden ist durchfeuchtet.1 Mehrfach und zuletzt mit Schreiben vom . . . Anlage AG 1 hat der Antragsgegner Beseitigung des Mangels verlangt. 2. Mit absurden Behauptungen weist die Antragstellerin den Mangel zurück. Sie ist offenbar der (weltfremden) Ansicht, die Feuchtigkeit rühre von einem falschen Lüften her, wie sie im Schreiben vom . . . Anlage AG 2 zum Ausdruck bringt. 3. Der Antragsgegner ist ein sehr erfolgreicher Amateur-Surfer. Als er vor drei Tagen Vorbereitungen für eine Reise zum Deutschen Windsurfcup nach Sylt traf, kam die Antragstellerin hinzu. Sie vermutete sogleich, dass der Antragsgegner sich mit der Surf-Ausrüstung im Gesamtwert von 10 000 Euro davonmachen wolle. Sie ließ den Antragsgegner gar nicht erst zu Wort kommen, sondern entfernte sich mit der Ankündigung, dass das Verhalten des Antragsgegners noch ein Nachspiel haben werde. Beweis: Zeugnis des Herrn . . . [ladungsfähige Anschrift]. Herr . . . ist ein Freund des Antragsgegners, der das Zusammentreffen mit der Antragstellerin miterlebt hat. 4. Am . . . hat die Antragstellerin dann vor dem hiesigen Amtsgericht eine einstweilige Verfügung erwirkt, nach der es dem Antragsgegner untersagt ist, „die in seinem Eigentum stehende komplette Surf-Ausrüstung (insbesondere drei Surfbretter der Marke JP Australia, drei Masten, Gabeln und Segel der Marke NeilPryde) im Gesamtwert von 10 000 Euro aus den angemieteten Räumen . . . [konkrete Bezeichnung] zu schaffen.“ 1 Vgl. zu diesem Fall AG Leverkusen v. 18.4.1979 – 23 C 471/76, WuM 1980, 163.
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Rz. 130
Mietrecht
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II. Rechtliche Beurteilung Die einstweilige Verfügung ist aufzuheben. Die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung liegen nicht vor. Weder Verfügungsanspruch noch Verfügungsgrund sind gegeben. 1. Zum einen hat die Antragstellerin bereits keinen Verfügungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 1227, 1257, 562 BGB. Das Vermieterpfandrecht an der im Verfügungstenor genannten Surfausrüstung ist gemäß § 562a Satz 2 BGB erloschen. Der Antragsgegner darf die Surfausrüstung aus der Wohnung . . . [konkrete Bezeichnung] entfernen. Die Antragstellerin kann der Entfernung der Surfausrüstung nicht widersprechen, weil sie den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspricht. Der Antragsgegner ist begeisterter und erfolgreicher Amateur-Surfer. In dieser Eigenschaft nimmt er häufig an Wettkämpfen teil. Er will am Deutschen Windsurfcup auf Sylt teilnehmen. Dass die Mitnahme von Kleidung, Sportgerät und Reisegepäck den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspricht, unterliegt keinem ernsthaften Zweifel (Artz in MünchKomm. BGB, 6. Aufl. 2012, § 562a Rz. 10). 2. Zum anderen mangelt es auch an einem Verfügungsgrund. Weder will der Antragsgegner ausziehen noch besteht Grund zur Annahme, dass der Antragsgegner seine Miete nicht bezahlen will. Vielmehr zahlt der Antragsgegner die von ihm geschuldete Miete. Diese ist wegen der o.g. Mängel um 50 % gemindert. Rechtsanwältin
b) Zurückschaffung entfernter Pfandsachen 130
Hat der Mieter die dem Pfandrecht unterliegenden Sachen bereits ohne das Wissen bzw. gegen den Willen des Vermieters fortgeschafft, hat der Vermieter einen Anspruch auf Herausgabe zum Zweck der Rückschaffung in die Wohnung bzw., wenn der Mieter schon ausgezogen ist, auf Überlassung des Besitzes (§ 562b Abs. 2 BGB).
131
Den Herausgabeanspruch kann der Vermieter aber nur erfolgreich durchsetzen, wenn er die Gegenstände konkret bezeichnen kann. Zwei Obergerichte haben entschieden, dass dem Vermieter ein Auskunftsanspruch gemäß § 260 BGB zusteht, den er als Stufenantrag im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend machen könne.1 Bereits die fristgerechte Geltendmachung des Auskunftsanspruchs verhindere ein Erlöschen des Pfandrechts nach § 562b Abs. 2 Satz 2 BGB.
1 OLG Rostock v. 13.4.2004 – 3 U 68/04, NZM 2005, 440 ff.; OLG Brandenburg v. 18.7.2007 – 3 W 20/07, NJOZ 2007, 4876 f.; anders wohl die überwiegende Meinung, nach der ein Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht durch einstweilige Verfügung erzwungen werden kann, Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 940 ZPO Rz. 17.
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IV. Ansprüche der Mieter untereinander
Rz. 135
§ 11
Die Eilbedürftigkeit folge aus dem Umstand, dass der Vermieter die Rückgängigmachung eines vom Mieter eigenmächtig zu seinen Gunsten herbeigeführten Zustands begehre.1
132
IV. Ansprüche der Mieter untereinander Auch zwischen Mietern untereinander gibt es oft genug Ärger. Gerade in großen Mehrparteienhäusern, in denen eine Vielzahl von Menschen eng beieinander wohnt, kommt es durch unterschiedliches Verständnis von Mietgebrauch zu Auseinandersetzungen. Wiederum stellt sich die Frage, gegen welche Störungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgegangen werden kann.
133
1. Unterlassung von Lärm und Tierhaltung Die Klassiker, über die sich die Gemüter erhitzen, sind nachbarlicher Lärm und Tierhaltung.
134
a) Lärm Vielfach wird im Eilverfahren versucht, Lärmstörungen von anderen Mietern untersagen zu lassen. Vor allem bei lautem Türenschlagen, Kinderlärm, dem Betrieb von Radio und Fernsehen über Zimmerlautstärke, Musizieren und lautem Feiern bis in die frühen Morgenstunden ist bei Mitmietern das Ende der Geduld rasch erreicht. Grundsätzlich zählt es zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung durch den Mieter, Geräte wie z.B. den Fernseher zu betreiben, auch wenn damit eine Geräuschentwicklung verbunden ist. Ebenso ist der Mieter berechtigt, in seiner Wohnung Besuch zu empfangen und zu feiern.2 Diese Rechte werden aber durch das Recht der andern Mieter auf ungestörten Gebrauch ihrer Wohnung begrenzt. – – – –
Besitzstörung durch Hundegebell3; nächtliche Pfauenschreie4 Kinderlärm im Mehrfamilienhaus5 Laute Rockmusik6 Laute Musik, Streit, Stöhnen7
1 OLG Stuttgart v. 26.9.1996 – 5 W 43/96, NJW-RR 1997, 521; OLG Rostock v. 13.4.2004 – 3 U 68/04, NZM 2005, 440. 2 Ein Irrglaube ist jedoch die Annahme, einmal im Monat zu einer lauten Feier berechtigt zu sein, vgl. http://www.mieterverein-hamburg.de/tl_files/dokumente/merkblaetter/ merkblatt-20-mietrechtliche-maerchen.pdf (Stand: 21.3.2012). 3 LG Würzburg v. 30.12.1965 – 3 S 142/65, NJW 1966, 1031 mit krit. Anm. Kuchinke. 4 OLG Frankfurt v. 19.5.1987 – 9 W 19/87, NJW-RR 1987, 1166. 5 AG Kassel v. 23.4.1991 – 872 C 855/91, WuM 1991, 558; vgl. aber auch LG Berlin v. 11.1.1991 – 62 S 290/98, WuM 1999, 329. 6 AG Bremen v. 30.1.2004 – 9 C 838/03, juris. 7 AG Warendorf v. 19.8.1997 – 5 C 414/97, DWW 1997, 344.
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§ 11
Rz. 136
M 11.9
Mietrecht
– Musizieren außerhalb der Ruhezeiten1 136
Der Verfügungsanspruch folgt aus § 862 Abs. 1 BGB. Er entfällt, wenn und soweit der Eigentümer diese Einwirkung gemäß § 906 BGB dulden müsste. Es kommt daher im Einzelfall darauf an, ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, und bejahendenfalls, ob die Beeinträchtigung durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen hätte verhindert werden können.
137
An die Bestimmtheit des Antrags werden keine allzu hohen Anforderungen gestellt. Insbesondere müssen keine Dezibelzahlen genannt werden.2 Es reicht z.B. aus, „die Unterlassung des Betriebs von Radio- und Fernsehgeräten erheblich über Zimmerlautstärke, nämlich so laut, sodass sie in der benachbarten Wohnung deutlich zu hören sind“ zu beantragen.
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Im Hinblick auf den Verfügungsgrund ist darauf hinzuweisen, dass zwischen der beanstandeten Störung und der Inanspruchnahme des Gerichts nicht zu lange abgewartet werden darf. In jedem Fall zu lang ist ein Zeitraum von mehr als fünf Monaten.3 Häufig fehlt es auch an der Eilbedürftigkeit, weil die gerichtliche Hilfe erst nach mehrmaligen Störungen in Anspruch genommen werden soll, nämlich wenn „das Fass übergelaufen ist“.4 b) Tierhaltung Der Bewohner eines Mehrfamilienhauses, der von einem auf dem Grundstück frei herumlaufenden Hund belästigt wird, hat gegen den Halter des Hundes einen Unterlassungsanspruch, der durch einstweilige Verfügung geregelt werden kann (vgl. zum Anspruch gegen den Vermieter auch Rz. 99).5
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Unterlassen nach § 823 Abs. 1 BGB (Hundehaltung)
An das Amtsgericht . . . – Mietabteilung – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Frau . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . .
1 AG Frankfurt v. 22.5.1996 – 33 C 1437/96, WuM 1997, 430; LG Flensburg v. 18.12.1992 – 7 S 167/92, DWW 1993, 102 f. 2 Ebmeier/Schöne, Rz. 606. 3 AG Bremen v. 30.1.2004 – 9 C 838/03, juris. 4 Eisenschmid in Schmidt-Futterer, § 536 BGB Rz. 133. 5 OLG Hamburg v. 29.1.1975 – 5 U 212/74, MDR 1975, 578 f.
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M 11.9
IV. Ansprüche der Mieter untereinander
Rz. 140
§ 11
gegen Herrn . . . – Antragsgegner – wegen: Unterlassung des freien Laufenlassens eines irischen Wolfshunds Vorläufiger Streitwert: . . . Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, seinen irischen Wolfshund im oder vor dem Haus . . . [konkrete Bezeichnung] frei herumlaufen zu lassen. 2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt Antragstellerin und Antragsgegner sind Mieter des Mehrfamilienhauses . . . [konkrete Bezeichnung]. Der Antragsgegner hält einen irischen Wolfshund namens Rex. Der Rüde hat die Größe eines Ponys. Eine fotografische Aufnahme des Hundes überreichen wir als Anlage ASt 1. Dieses Tier lässt der Antragsgegner frei im Haus und vor dem Haus herumtollen. Der Hund springt Menschen an. Die Antragstellerin fürchtet sich vor dem großen Tier. Sie begegnet Rex regelmäßig und wird jedes Mal von ihm angesprungen. In der vergangenen Woche hätte Rex sie beinahe zu Boden geworfen. Er hat dabei vernehmlich geknurrt. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner vergeblich gebeten, Rex anzuleinen. Der Antragsteller hat darauf entgegnet, das sei mit der Würde dieses königlichen Tieres unvereinbar. Außerdem sei Rex ganz friedlich, er wolle nur spielen. Zu dieser Äußerung neigen Hundebesitzer erfahrungsgemäß. Die Antragstellerin möchte nicht mit dem Hund spielen. Sie befürchtet ständig, dass sie von Rex gebissen wird und dass der Antragsgegner dann geltend macht, Rex sei gutmütig, die Antragstellerin müsse den Angriff selbst verschuldet haben. Zur Glaubhaftmachung überreichen wir als
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§ 11
Rz. 141
Mietrecht
M 11.9
Anlage ASt 2 eine eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin, und als Anlage ASt 3 eine eidesstattliche Versicherung der Nachbarin Frau . . ., aus denen sich ergibt, an welchen Tagen die Antragstellerin und auch die Nachbarin von Rex belästigt worden sind. II. Rechtliche Beurteilung Die Antragstellerin hat einen Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Sie muss nicht zuwarten, bis Rex sie tatsächlich beißt oder anderweitig durch Umwerfen verletzt. Dies droht ihr jedoch ständig. Insofern kann nur die begehrte Unterlassungsverfügung ihr wirksamen Schutz gewähren. Jede weitere Zeitverzögerung erhöht dieses Risiko und kann zu erheblichen Verletzungen der Antragstellerin führen. Rechtsanwältin
2. Streitigkeiten unter Eheleuten, Lebenspartnern oder Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft 141
Zum 1.9.2009 ist das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in Kraft getreten. Das FamFG führt die vorher in ZPO, FGG, HausratsVO und GewSchG verstreuten Vorschriften in einem Gesetz zusammen. Ansprüche zwischen Eheleuten richten sich grundsätzlich nicht nach mietrechtlichen Vorschriften, sondern nach dem FamFG. Bei verbotener Eigenmacht hinsichtlich der Ehewohnung ist nach §§ 111 Nr. 5, 200 FamFG ausschließlich das Familiengericht im FamFG-Verfahren zuständig.1 Auch für alle Gewaltschutzsachen ist das Familiengericht im FamFG-Verfahren zuständig.2 Die ZPO findet in Gewaltschutzsachen keine Anwendung, weil diese nicht zu den Familienstreitsachen im Sinne von § 112 FamFG zählen. Lebenspartnerschaftssachen sind Ehesachen gleichgestellt, § 111 Nr. 11 i.V.m. § 269 FamFG. Zu den einzelnen Ansprüchen s. insgesamt Kap. 15 hier im Werk.
142
Die Vorschriften des FamFG sind auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht übertragbar.3 Das zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern bestehende Rechtsverhältnis richtet sich nach den Regeln der BGB-Gesellschaft.4 Welcher der nichtehelichen Lebenspartner einen Anspruch auf die alleinige Nutzung der Wohnung hat, bestimmt sich danach, wer Vertragspartner des mit dem Vermieter bestehenden Mietvertrages ist. 1 2 3 4
Vollkommer in Zöller, § 940a ZPO Rz. 2. Lorenz in Zöller, § 210 FamFG Rz. 1. Bumiller/Harders, § 200 FamFG Rz. 1; Giers in Keidel, § 200 FamFG Rz. 2. OLG München v. 14.1.1994 – 21 U 4806/93, ZMR 1994, 216 ff.
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V. Sonderfall: Leasing
Rz. 148
§ 11
Besteht der Mietvertrag nur mit einem Lebenspartner, ist dieser grundsätzlich berechtigt, dem anderen den Zutritt zur Wohnung zu verwehren und die Räumung zu verlangen, wenn die Gemeinschaft aufgelöst ist.1 Besteht der Mietvertrag mit beiden Lebensgefährten, ist keiner der beiden untereinander zur Räumung verpflichtet.
143
Die Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes richten sich insbesondere nach den §§ 210 ff. FamFG i.V.m. dem Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001.2 Dieses Gesetz sieht eigene Unterlassungsansprüche zum Schutz von Leib, Leben, Freiheit und Gesundheit vor. § 1 Satz 1 GewSchG sieht einen nicht abschließenden Katalog von möglichen Schutzanordnungen vor, von denen vor allem die folgenden zwei im Mietrecht eine Rolle spielen:
144
– das Verbot, die Wohnung des Opfers zu betreten, und – das Verbot, sich der Wohnung auf einen vom Gericht zu bestimmenden Umkreis zu nähern. Solche Anordnungen sind nicht nur bei vollendeten Gewalttaten, sondern auch bei widerrechtlichen Drohungen mit solchen Taten zulässig. Sie sind auch dann möglich, wenn der Täter die Tat in einem Zustand der Unzurechnungsfähigkeit aufgrund von Alkohol oder Drogen begangen hat. § 2 GewSchG enthält die entsprechende Vorschrift zur Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung. Abweichend von den sonstigen Vorschriften ist § 2 GewSchG auch analog auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anwendbar.3
145
Die Verfahren werden nunmehr ausschließlich von den Familiengerichten nach den Grundsätzen des FamFG durchgeführt. Das frühere Abgrenzungskriterium, wonach die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt gehabt oder innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung geführt haben mussten, spielt nun keine Rolle mehr4 (vgl. hierzu im Einzelnen unten § 15).
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Einstweilen frei.
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V. Sonderfall: Leasing Im Leasingrecht spielt der einstweilige Rechtsschutz eine eher untergeordnete Rolle. Nicht selten besteht indes die Konstellation, dass der Leasingnehmer sich mit der Zahlung der Leasingraten in Verzug befindet, seinen Versicherungsschutz verloren hat oder in Vermögensverfall gerät. Kündigt der Leasinggeber in diesen Fällen den Vertrag, kann der Leasingnehmer das Leasinggut oft noch monatelang ohne Gegenleistung bis zur gerichtlichen Entscheidung weiternutzen. Das Fahrzeug verliert unterdessen immer mehr an Wert. Ein nachträglicher finanzieller Ausgleich ist in den meisten Fällen unrealistisch. Diese Situation wird auch als Weg zum „kostenlosen Fahrzeug“ charakterisiert.5 1 AG Gelsenkirchen v. 29.4.1993 – 14 C 812/92, WuM 1994, 194; AG Hamburg v. 14.9.1988 – 5 C 223/88, NJW-RR 1989, 271. 2 BGBl. I 2001, 3513. 3 Bumiller/Harders, § 200 FamFG Rz. 1. 4 Lorenz in Zöller, § 210 FamFG Rz. 1. 5 Saenger, JZ 1999, 970 (977).
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§ 11
Rz. 149
Mietrecht
1. Sicherstellung 149
Immer wieder vollziehen Leasinggeber nach einer (außerordentlichen) Kündigung oder bei Verzug des Leasingnehmers mit den Leasingraten die Rückgabe des Leasinggutes eigenmächtig. Das ist unzulässig. Der Leassinggeber darf – selbst bei Vereinbarung eines Sicherstellungsrechts in den allgemeinen Leasingbedingungen – das Leasinggut dem Leasingnehmer nicht gegen dessen Willen wegnehmen.1 Sogar bei Bestehen eines Herausgaberechts stellt eine Sicherstellung im Wege der Selbsthilfe verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB dar.2
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Dagegen kann sich der Leasingnehmer wehren und mittels einer einstweiligen Verfügung Herausgabe des ihm im Wege der verbotenen Eigenmacht weggenommenen Leasinggutes verlangen.3
2. Herausgabe der Leasingsache 151
Der Leasinggeber kann versuchen, die Herausgabe des Leasinggutes im Wege der einstweiligen Verfügung durchzusetzen. Die Gerichte sind in dieser Hinsicht allerdings eher zurückhaltend.4 Die hauptsächliche Schwierigkeit besteht darin, das Vorliegen eines Verfügungsgrundes glaubhaft zu machen.5 a) Verfügungsgrund
152
Uneinheitlich beurteilt werden die Anforderungen an den Verfügungsgrund. Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass die bloße Weiterbenutzung einer Sache nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses zur Begründung einer Leistungsverfügung nicht ausreiche. Erforderlich sei vielmehr eine drohende Veräußerung oder Substanzbeeinträchtigung der Sache.6 Die mit der schlichten Weiterbenutzung verbundenen Risiken habe der Leasinggeber vertragsmäßig zu tragen. Mit der Nichtrückgabe verwirkliche sich nur eine dem Leasingvertrag von Anfang an innewohnende Gefahr. Anders verhalte es sich dann, wenn dem Gläubiger durch die Vorenthaltung des Besitzes unabwendbare Nachteile entstanden seien und weiterhin drohten. Hierzu bedürfe es einer Interessenabwägung, die zugunsten des Gläubigers ausfalle, wenn dieser auf die Herausgabe der Sache dringend angewiesen sei und – bei einem erheblichen
1 2 3 4 5 6
OLG Hamm v. 20.12.1991 – 30 U 93/91, MDR 1992, 730 f. Stoffels in Staudinger, Leasing Rz. 329; Beckmann, DStR 2000, 1185 (1191). LG Nürnberg-Fürth v. 20.8.1997, BB-Beilage 1998, 24 mit Anm. Beyrle-Zirnbauer. Saenger, JZ 1999, 970 (977). Graf v. Westphalen in Graf v. Westphalen, Kap. K. Rz. 33. OLG Köln v. 25.1.1988 – 12 U 210/87, ZIP 1988, 445; OLG Rostock v. 3.5.2001 – 1 U 233/00, OLG-NL 2001, 279 (282); OLG Brandenburg v. 13.7.2001 – 6 W 138/01, MDR 2001, 1185; OLG Düsseldorf v. 30.3.1995 – 11 W 10/95, MDR 1995, 635; OLG Dresden v. 21.10.1997 – 17 W 1513/97, MDR 1998, 305; OLG Hamm v. 17.6.1992 – 30 U 5/92, OLGR Hamm 1992, 351; Grunsky in Stein/Jonas, § 935 ZPO Rz. 12; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 935 ZPO Rz. 16.
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Herchenröder
V. Sonderfall: Leasing
Rz. 154
§ 11
Ausfall schon bestehender Zahlungsansprüche – auch nicht mit der Realisierung von Nutzungsersatzansprüchen zu rechnen sei.1 Nach der gegenteiligen Auffassung reichen die schlichte Weiterbenutzung der Sache und der damit verbundene Wertverlust zur Begründung des Verfügungsgrundes aus.2 Dafür spricht, dass insbesondere Kraftfahrzeuge mit jedem gefahrenen Kilometer an Wert verlieren. Hinzu kommt, dass Leasingnehmer oftmals nach erfolgter Kündigung keine Veranlassung mehr zur Durchführung vertraglich geschuldeter Wartungs- und Reparaturarbeiten spüren.3
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b) Gestaltungsmöglichkeiten In aller Regel wird Herausgabe an einen Sequester beantragt. Sollte dies dem Gericht zu einschneidend sein, kann es z.B. die Vollziehung der einstweiligen Verfügung gemäß §§ 921 Abs. 2, 936, 939 ZPO von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Denkbar ist auch, dem Leasingnehmer zur Abwendung der Vollziehung bzw. Aufhebung der einstweiligen Verfügung eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen, etwa in Höhe der rückständigen Raten zuzüglich eines Aufschlags für zukünftige Raten.4
1 OLG Rostock v. 3.5.2001 – 1 U 233/00, OLG-NL 2001, 279 (282). 2 LG Braunschweig v. 21.1.1993 – 1 O 17/93, MDR 1993, 757; LG Ravensburg v. 10.4.1986 – 2 KfHO 519/86 – Computer, NJW 1987, 139 f.; KreisG Arnstadt v. 25.1.1993 – 1 C 33/93, MDR 1993, 757; Saenger, JZ 1999, 970 (975 f.); Schick, FLF 2005, 268 (269). 3 Schick, FLF 2005, 268 (269). 4 Ausführlich Saenger, JZ 1999, 970 (974 ff.).
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§ 12 Arbeitsrecht Inhaltsübersicht I. Einführung 1. Allgemeines . . . . . . . . . 2. Arrest . . . . . . . . . . . . . 3. Einstweilige Verfügung . . a) Sicherungsverfügung . . b) Regelungsverfügung . . c) Leistungsverfügung . . . d) Abgrenzung . . . . . . . e) Feststellungsverfügung .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
II. Individualarbeitsrecht 1. Allgemeine Voraussetzung der einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren . . . . . . . . . . . 2. Dienstleistungsanspruch und einstweilige Verfügung . . . . . 3. Lohnzahlung . . . . . . . . . . . 4. Unterlassung von Konkurrenztätigkeit . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliches Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . b) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . 5. Herausgabe von Arbeitsmitteln 6. Herausgabe von Arbeitspapieren 7. Erteilung von Urlaub . . . . . . . 8. Reduzierung der Arbeitszeit . . 9. (Weiter-)Beschäftigung nach § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . a) Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs durch einstweilige Verfügung . . . .
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12 18 25 36 37 40 44 50 56 63 69 71
b) Abwehr einer Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG . . . . . . . . . 10. Zeugniserteilung . . . . . . . . .
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III. Kollektivarbeitsrecht 1. Allgemeine Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren . . . . . . . . . 2. Einstweilige Verfügung zur Teilnahme an Betriebsratsschulungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Betriebsversammlungen . . . . . 4. Vollziehung einer Betriebsvereinbarung oder eines Einigungsstellenspruchs . . . . . . . . . . . 5. Übernahme eines Jugend- und Auszubildendenvertreters nach § 78a BetrVG . . . . . . . . . . . 6. Unterlassung mitbestimmungswidriger Handlungen im Bereich der sozialen Mitbestimmung . . 7. Einstweilige Verfügung bei personellen Einzelmaßnahmen . . 8. Unterlassen einer Betriebsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Betriebsratswahl . . . . . . . . . 10. Einstweiliger Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Mandatsausübung . . . . . . . . . . . 11. Einstweilige Verfügung im Arbeitskampf a) Arbeitskampfmaßnahmen . . b) Tarifliche Sozialpläne . . . .
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Literatur: Bücher/Loseblattwerke: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012; Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann, Anwaltsformularbuch Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2011; Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl. 1982; Däubler, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl. 2011; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Aufl. 2012; Düwell/Lipke, Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2012 (ArbGV); Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, hrsg. von Müller-Glöge/Preis/Schmidt, 12. Aufl. 2012 (ErfK); Fitting/Engels/ Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz, 26. Aufl. 2012; Gemeinschaftskommentar Arbeitsgerichtsgesetz, hrsg. von Ascheid/Bader/Dörner/Leinemann/ Mikosch/Schütz/Vossen/Wenzel, Loseblatt (GK-ArbGG); Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschrif-
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§ 12
Arbeitsrecht
ten, hrsg. von Becker/Etzel/Bader, 9. Aufl. 2009 (KR); Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, 7. Aufl. 2009 (Germelmann); Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, 1993; Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, 7. Aufl. 1995; Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 8. Aufl. 2011; Herbst/Bertelsmann/Reiter, Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren, 2. Aufl. 1998; Jaeger/Röder/Heckelmann, Praxishandbuch Betriebsverfassungsrecht, 2003; Klebe, Recht und soziale Arbeitswelt, Festschrift für Wolfgang Däubler zum 60. Geburtstag, 1999; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 2. Aufl. 2007 (ER); Leipold, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes im zivil-, verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, 1971; Löwisch/Kaiser, Betriebsverfassungsgesetz, 6. Aufl. 2010; Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, hrsg. von Richardi/Wlotzke, 3. Aufl. 2009; Natter/Gross, Arbeitsgerichtsgesetz, 2010; Ostrowicz/Künzl/Scholz, Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2010; Pielsticker, Der Schutz in Ausbildung befindlicher Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen nach § 78a BetrVG, 1987; Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Aufl. 2012; Schaub, Arbeitsrechthandbuch, 14. Aufl. 2011; Schliemann, Das Arbeitsrecht im BGB, 2. Aufl. 2002 (Schliemann); Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2011; Wienecke, Der Schutz Auszubildender in besonderen Fällen, 1983; Wiese/Kreutz/Oetker/ Raab/Weber/Franzen, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 9. Aufl. 2010 (GK-BetrVG); Aufsätze: Bauer, Aktuelle Probleme des Personalabbaus im Rahmen von Betriebsänderungen, DB 1994, 217; Bauer/Diller, Zulässige und unzulässige Bedingungen in Wettbewerbsverboten, DB 1997, 94; Bauer/Krieger, Unterlassungsanspruch bei Betriebsänderungen – Rückenwind für Betriebsräte aus Brüssel?, BB 2010, 53; Baur, Arrest und einstweilige Verfügung in ihrem heutigen Anwendungsbereich, BB 1964, 607; Becker/Schaffner, Die Rechtsprechung zu § 78a BetrVG, DB 1987, 2647; Beckschulze, Die Durchsetzbarkeit des Teilzeitanspruchs in der betrieblichen Praxis, DB 2000, 2598; Bengelsdorf, Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten, SAE 1996, 139; Bischof, Die Arten der Betriebsversammlungen und ihre zeitliche Lage, BB 1993, 1937; Böhm, Die Weiterbeschäftigungspflicht nach § 102 Abs. 5 BetrVG, BB 1974, 1641; Bonanni/Mückl, Betriebsratswahlen 2010 – Was tun, wenn die Wahl falsch läuft?, BB 2010, 437; Corts, Einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung, NZA 1998, 357; Derleder, Betriebliche Mitbestimmung ohne vorbeugenden Rechtsschutz, AuR 1983, 289; Dütz, Effektiver Bestandsschutz im Arbeitsverhältnis, DB 1978, Beilage 13, 9; Dütz, Vorläufiger Rechtsschutz im Arbeitskampf, BB 1980, 533; Dütz, Erzwingbare Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat, DB 1984, 115; Dütz, Einstweiliger Rechtsschutz beim Teilzeitanspruch, AuR 2003, 161; Ernst, Rechtsprechung zur einstweiligen Verfügung wegen Betriebsänderung und zu deren Gegenstandswert, AuR 2003, 19; Faecks, Die einstweilige Verfügung im Arbeitsrecht, NZA 1985, Beilage 3, 6; Gotthardt, Teilzeitanspruch und einstweiliger Rechtsschutz, NZA 2001, 1183; Gruber, Der abgeleitete Unterlassungsanspruch – Ein Instrument der Sicherung des Unterrichtungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrats, NZA 2011, 1011; Hanau, Praktische Fragen zur Neuregelung der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten, BB 1972, 451; Hanau, Der neue Erste Senat, NZA 1996, 841; Heider, Der Eilantrag auf Abbruch von Betriebsratswahlen, NZA 2010, 488; Heinze, Bestandsschutz durch Beschäftigung trotz Kündigung? – Zum Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag, DB 1985, 111; Heinze, Einstweiliger Rechtsschutz im arbeitsgerichtlichen Verfahren, RdA 1986, 273; Hohenstatt, Der Interessenausgleich in einem veränderten rechtlichen Umfeld, NZA 1998, 846; Hoß, Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot während des Kündigungsschutzprozesses und im Aufhebungsvertrag, DB 1997, 1818; Houben, § 78a BetrVG – Schutz vor einer Schutznorm?, NZA 2006, 769; Houben, Tarifvertragliche Ansprüche auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis – Chance oder Risiko für Auszubildende?, NZA 2011, 182; Hümmerich/Spirolke, Allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderung, BB 1996, 1986; Kessler, Checkliste für die auf Zahlung der Arbeitsvergütung gerichtete einstweilige Verfügung, WiB 1996, 706; Klebe, Aktuelle Gesetzesänderungen und Betriebsratsrechte, AiB 1996, 717; Kliemt, Der neue Teilzeit-
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I. Einführung
Rz. 1
§ 12
anspruch – Die gesetzliche Neuregelung der Teilzeitarbeit ab dem 1.1.2001, NZA 2001, 63; Korinth, Prozessuale Stolpersteine auf dem Weg zum Arbeitszeugnis, ArbRB 2004, 321; Korinth, Die einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Betriebsänderung, ArbRB 2005, 61; Krause, Nach der Kündigung: Weiterbeschäftigung, Freistellung, Annahmeverzug, NZA 2005, Beilage 1, 51; Lipinski/Reinhardt, Kein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderungen – auch nicht bei Berücksichtigung der Richtlinie 2002/14/EG!, NZA 2009, 1184; Löwisch, Das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz, NZA 1996, 1009; Matthes, Neue Funktionen für Interessenausgleich und Sozialplan, RdA 1999, 178; Neef, Die Neuregelung des Interessenausgleichs und ihre praktischen Folgen, NZA 1997, 65; Olderog, Probleme des einstweiligen Rechtsschutzes im Bereich der sozialen Mitbestimmung, NZA 1985, 753; Otto, Der vorläufige Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses, RdA 1975, 68; Pflüger, Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderungen, DB 1998, 2062; Prütting, Unterlassungsanspruch und einstweilige Verfügung in der Betriebsverfassung, RdA 1995, 257; Raab, Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrats – Die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und ihre Folgen für die einzelnen Mitbestimmungstatbestände, ZfA 1997,183; Reidel, Die einstweilige Verfügung auf (Weiter-)Beschäftigung – eine vom Verschwinden bedrohte Rechtsschutzform?, NZA 2000, 454; Reinecke, Die Übernahme des Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis nach § 78a BetrVG, DB 1981, 889; Reinhard/Kliemt, Die Durchsetzung arbeitsrechtlicher Ansprüche im Eilverfahren, NZA 2005, 545; Richardi/Annuß, Gesetzliche Neuregelung von Teilzeitarbeit und Befristung, BB 2000, 2201; Rieble, Zur Teilbarkeit von Betriebsversammlungen, ArbuR 1995, 245; Rolfs, Das neue Recht der Teilzeitarbeit, RdA 2001, 129; Salamon/Fuhlrott, Die Reichweite des Wettbewerbsverbotes im gekündigten Arbeitsverhältnis, BB 2011, 1018; Schäfer, Inhalt und praktische Konsequenzen der Weiterbeschäftigungsentscheidung des Großen Senats, NZA 1985, 691; Schaub, Zur Frage, ob dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch zusteht, bis das Verfahren nach BetrVG § 112 oder InsO § 122 durchgeführt ist, EWiR 1997, 369; Schiefer, Anspruch auf Teilzeitarbeit nach § 8 TzBfG – Die ersten Entscheidungen, NZA-RR 2002, 393; Völksen, Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei interessenausgleichspflichtigen Betriebsänderungen – Entscheidungshilfe aus Erfurt?, RdA 2010, 354; Vossen, Die auf Zahlung der Arbeitsvergütung gerichtete einstweilige Verfügung, RdA 1991, 216; Walker, Grundlagen und aktuelle Entwicklungen des einstweiligen Rechtsschutzes im Arbeitsgerichtsprozess, NfA 2005, 45; Weihrauch, Besondere Fälle einstweiliger Anordnungen im Beschlussverfahren nach § 2 Abs. 1 Ziff. 4 ArbGG, AuR 1965, 9; Willemsen/Hohenstatt, Weiterbeschäftigung und Entbindungsmöglichkeiten nach § 102 Abs. 5 BetrVG, insbesondere bei Massenentlassungen, DB 1995, 215; Zeuner, Zur Entgeltklage im Kündigungsschutzstreit, RdA 1997, 6; Zwanziger, Gerichtliche Eingriffe in laufende Betriebsratswahlen, DB 1999, 2264.
I. Einführung 1. Allgemeines Ein gerichtliches Verfahren zieht sich gerade bei komplexeren Sachverhalten im Regelfall über mehrere Monate – teilweise sogar über Jahre – hin. Insbesondere wenn unwiederbringliche Rechtsstellungen betroffen sind, ist dies nicht sachgerecht. Aus diesem Grund existiert der einstweilige Rechtsschutz. Das Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) enthält hierzu keine eigenständige Regelung. Es verweist aber auf die allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts, weshalb eine gerichtliche Entscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auch im Arbeitsrecht möglich ist. Zu beachten ist, dass es durch den einstweiligen Rechtsschutz nicht zur Vorwegnahme der Hauptsache kommen darf. Insoweit Braun
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1
§ 12
Rz. 2
Arbeitsrecht
bestehen keine Besonderheiten für das Arbeitsrecht. Durch die einstweilige Verfügung soll lediglich eine vorläufige Regelung geschaffen werden, die nur bis zum Abschluss des Hauptverfahrens gilt. Endgültig entschieden werden die Streitigkeiten im Hauptverfahren. 2
§ 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG verweist für das Urteilsverfahren hinsichtlich Arrest und einstweiliger Verfügung auf die Vorschriften des 8. Buches der Zivilprozessordnung (§§ 916 ff. ZPO). § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG enthält eine arbeitsrechtliche Sonderregelung, durch welche dem Gericht die Möglichkeit an die Hand gegeben wird, in dringenden Fällen auch ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
3
Im Beschlussverfahren findet die einstweilige Verfügung ihre gesetzliche Grundlage in § 85 Abs. 2 ArbGG. Dieser verweist wiederum auf die Vorschriften des 8. Buches der ZPO mit der Maßgabe, dass die Entscheidungen durch Beschluss ergehen, erforderliche Zustellungen von Amts wegen erfolgen und ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 945 ZPO in Angelegenheiten der Betriebsverfassung nicht besteht.
2. Arrest 4
Nach § 916 Abs. 1 ZPO findet der Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldforderung übergehen kann. Der Arrest zielt nur auf die Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung, nicht auf die wenigstens vorläufige Befriedigung des Gläubigers. Zulässig ist der Antrag, wenn die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen.1 Für die (Rechtsweg-)Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gilt dies ebenso. Ist diese nicht gegeben, ist auch im Arrest-/Verfügungsverfahren eine Rechtswegverweisung zulässig.2 Auch ist eine Verweisung an das örtlich zuständige Gericht möglich.3
5
Erforderlich ist, dass auch ein Arrestanspruch gegeben ist. Ein solcher Arrestanspruch kann nur eine Geldforderung oder ein Individualanspruch sein, der in eine solche übergehen kann. Ein Übergang ist möglich bei Nichterfüllung. Es ist nicht erforderlich, dass der Anspruch bereits fällig ist.
6
Weiter ist auch ein Arrestgrund glaubhaft zu machen, nämlich Eilbedürftigkeit. Das Vorliegen eines Arrestgrundes wird nach ganz h.M. als Zulässigkeitsvoraussetzung angesehen, sodass ein mangels Arrestgrund abgelehnter Antrag ggf. wiederholt werden kann.4
1 2 3 4
Walker in Schwab/Weth, § 62 ArbGG Rz. 95. Gift/Baur, Rz. 34. BGH v. 8.2.1989 – IVb ARZ 47/88, FamRZ 1989, 847. Vgl. Gift/Baur, Rz. 21 m.w.N.
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I. Einführung
Rz. 9
§ 12
3. Einstweilige Verfügung Nach überwiegender Ansicht wird zwischen Sicherungs-, Regelungs- und Leistungsverfügung unterschieden.1
7
a) Sicherungsverfügung Die Sicherungsverfügung im Sinne von § 935 ZPO ist auf die Sicherung eines nicht auf Geld gerichteten Individualanspruchs gerichtet,2 insbesondere, wenn zu besorgen ist, dass durch die Veränderung eines bestehenden Umstandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.3 Es muss ein sichtbarer, konkreter Anspruch bestehen. Der zu sichernde Anspruch, der als Verfügungsanspruch bezeichnet wird, ist jeder bürgerlich-rechtliche oder arbeitsrechtliche Individualanspruch, z.B. der auf Herausgabe überlassener Arbeitsgeräte. Der Zweck der einstweiligen Verfügung besteht darin, die Verwirklichung des Anspruchs dadurch zu sichern, dass der bestehende Zustand in Bezug auf einen bestimmten Streitgegenstand erhalten bleibt. Nicht durch eine einstweilige Verfügung sicherbar sind jedoch Geldforderungen oder Ansprüche, die in Geldforderungen übergehen können, da insoweit der Arrest stattfindet. Ausnahmsweise kann es jedoch zu einem Nebeneinander kommen. Bei einem Anspruch auf eine gegenständliche Leistung, der in eine Geldforderung übergehen kann, ist es zulässig, sowohl die noch nicht entstandene Geldforderung durch dinglichen Arrest als auch den fortbestehenden Leistungsanspruch durch einstweilige Verfügung zu sichern, wenn beide Ansprüche gefährdet sind und die Sicherung des einen allein nicht ausreicht.4
8
b) Regelungsverfügung Die Regelungsverfügung ist in § 940 ZPO geregelt. Sie ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Rahmen eines streitigen Rechtsverhältnisses zulässig, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gefahr oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Da es nicht nur um die Sicherung des Rechtsfriedens, sondern auch um den Schutz von Individualinteressen geht, ist zu prüfen, ob aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ein materieller Anspruch entstehen kann. Das streitige Rechtsverhältnis bildet hier den Verfügungsgrund. Dieses muss auf einen Zustand insbesondere von längerer Dauer gerichtet sein. Streitig ist das Rechtsverhältnis, wenn sein Bestand bestritten wird oder wenn ein unstreitig bestehendes verletzt wird.
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Brehm in Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, § 393 Rz. 12. Brehm in Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, § 393 Rz. 12. Walker in Schwab/Weth, § 62 ArbGG Rz. 97. Drescher in MünchKomm., Vorb. §§ 916 ff. ZPO Rz. 37; Huber in Musielak, § 916 ZPO Rz. 5.
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§ 12
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c) Leistungsverfügung 10
In Ausnahmefällen ist im Rahmen von § 940 ZPO eine so genannte Leistungsverfügung zulässig.1 Die Leistungsverfügung gewährt dem Gläubiger nicht nur eine Sicherung, sondern Erfüllung eines Anspruchs. d) Abgrenzung
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Es ist nach neuerer Ansicht nur zwischen Sicherungs- und Leistungsverfügung zu unterscheiden. Jede Verfügungsart setze nämlich einen materiellen Verfügungsanspruch voraus, der entweder nur gesichert oder aber erfüllt werden könne. Für eine zwischen Sicherung und Leistung liegende Regelung sei kein Raum.2 Als unzulässig werden feststellende Verfügungen angesehen, weil sie weder zur Sicherung der Zwangsvollstreckung noch zur vorläufigen Durchsetzung eines Anspruchs noch zur verbindlichen Klärung der Rechtslage geeignet sind.3 e) Feststellungsverfügung
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Diese Frage der Zulässigkeit einer einstweiligen Feststellungsverfügung ist besonders umstritten und nicht eindeutig höchstrichterlich geklärt. Im Arbeitsrecht wird diese häufig in Bezug auf die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen (§§ 37, 40 BetrVG) diskutiert. Gegen die Zulässigkeit einer Feststellungsverfügung wird hervorgebracht, dass es hierfür regelmäßig an einem Rechtsschutzbedürfnis zur einstweiligen Feststellung fehle.4 Der einstweilige Rechtsschutz sei nicht zur bloßen Klärung der Rechtslage gedacht5 und die Feststellungsentscheidung im Verfügungsverfahren nicht vollstreckbar. Sie könne im Hauptsacheverfahren jederzeit aufgehoben werden.6 Daher könne auch die notwendige Rechtssicherheit nicht verschafft werden. Es fehle somit auch schon an einem Verfügungsgrund, da eine bloße Feststellung mit nur vorläufiger Wirkung ungeeignet sei, „materielle Rechte vor echten Gefahren bis zum Hauptsacherechtsschutz zu bewahren“.7 So liefe die Feststellungsverfügung auf die Erstellung eines gerichtlichen Gutachtens hinaus, was nicht Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes sei.8 Außerdem sei die Feststellungsverfügung dem geltenden Recht fremd.9 1 Walker in Schwab/Weth, § 62 ArbGG Rz. 93. 2 Vgl. zum Theorienstreit ausführlich Walker in Schwab/Weth, § 62 ArbGG Rz. 93; Walker, Rz. 100–119. 3 Walker in Schwab/Weth, § 62 ArbGG Rz. 93. 4 LAG Köln v. 20.11.2003 – 5 TaBV 69/03, DB 2004, 551; Roos in Natter/Groß, 2010, § 85 ArbGG Rz. 39. 5 LAG Düsseldorf v. 6.9.1995 – 12 TaBV 69/95, NZA-RR 1996, 12 (13); Kreitner in Küttner, Personalbuch 2012, Betriebsratsschulung Rz. 33. 6 LAG Hamm v. 21.5.2008 – 10 TaBVGa 7/08, EzB BetrVG § 37 Nr. 22; LAG Düsseldorf v. 6.9.1995 – 12 TaBV 69/95, NZA-RR 1996, 12 (13). 7 Vogg, NJW 1993, 1357 (1358); Dütz, BB 1980, 534. 8 Walker, RdA 2000, 59. 9 Künzl in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, § 78a BetrVG Rz. 159.
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 14
§ 12
Die Befürworter einer Feststellungsverfügung1 bringen jedoch vor, dass es manchmal notwendig sei, eine Feststellungsverfügung zuzulassen, gerade wenn es für die Parteien unzumutbar sei, sie auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.2 Als Stütze für eine Zulässigkeit der Feststellungsverfügung wird unter anderem ein obiter dictum des BAG-Beschlusses vom 6.5.19753 herangezogen. Es erscheint sinnvoll eine Feststellungsverfügung mit ihrem vorläufigen Charakter jedenfalls dann zuzulassen, wenn der Gegner signalisiert, er wolle die Entscheidung beachten. Nur dann hat der einstweilige Rechtsschutz eine wirkliche Funktion.4 In allen anderen Fällen können die Parteien auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden.
II. Individualarbeitsrecht 1. Allgemeine Voraussetzung der einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren Es müssen ein Verfügungsgrund und ein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht werden. Ein Verfügungsgrund ist anzunehmen, wenn bei Versagen der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung der Eintritt eines irreparablen Schadens zu befürchten ist. Der Verfügungsgrund ist z.B. zu verneinen, wenn die Entscheidung nicht vollstreckt werden könnte.5
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Für das Vorliegen des Verfügungsanspruchs ist vorab die Schlüssigkeit des materiell-rechtlichen Anspruchs zu prüfen.6 Diese Schlüssigkeitsprüfung ist trotz der Eilbedürftigkeit so gründlich wie möglich durchzuführen. Der Arbeitgeber muss den materiell-rechtlichen Anspruch im Gegensatz zum Hauptsacheverfahren nicht beweisen (Strengbeweis), sondern nur glaubhaft machen im Sinne des § 920 ZPO.
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Die §§ 919 ff. ZPO gelten nach § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 936 ZPO grundsätzlich für das Verfahren der einstweiligen Verfügung in der Arbeitsgerichtsbarkeit. Die Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus § 937 ZPO; es ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Das ist bei arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten das Arbeitsgericht. Auch in dringenden Fällen besteht keine rechtswegübergreifende Zuständigkeit des Amtsgerichts der belegenen Sache (§ 942 ZPO).7 Die Entscheidung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Ein solcher Fall liegt nur vor, wenn im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes die Warnung des
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U.a. Fitting, § 37 BetrVG Rz. 252. Grunsky, JuS 1976, 284 f.; Vogg, NJW 1993, 1357 (1358). BAG v. 6.5.1975 – 1 ABR 135/73, AP BetrVG 1972, § 65 Nr. 5. Ebenso Vogg, NJW 1993, 1357 (1365). Brehm in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 393 Rz. 25. Heinze, DB 1985, 111 (126); Vossen, RdA1991, 216 (217) m.w.N. Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 81; Vossen in GK-ArbGG, § 62 Rz. 86.
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§ 12
Rz. 15
Arbeitsrecht
Gegners oder die Zeitdauer, die mit einer mündlichen Verhandlung verbunden ist, vermieden werden muss, und wenn die zeitliche Dringlichkeit nicht auf ein zögerliches Verhalten des Antragstellers zurückzuführen ist.1 15
Die mündliche Verhandlung beginnt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der Dringlichkeit nicht mit einer Güteverhandlung.2 Auch ist im Verfahren einer einstweiligen Verfügung eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein unstatthaft, da das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf die Zulassung der Revision gerichtet ist, die nach § 72 Abs. 4 ArbGG im Verfahren der einstweiligen Verfügung gesetzlich ausgeschlossen ist.3 Da die Entscheidung schnell ergehen soll und so im Regelfall eine Beweisaufnahme nicht durchgeführt werden kann und teilweise aus Eilbedürftigkeit sogar eine Anhörung der Beteiligten nicht erfolgt, muss aus dem Antrag nicht nur der Tatsachenvortrag hervorgehen, sondern die so aufgestellten Behauptungen müssen „bekräftigt“ und Unrichtigkeiten bei den Behauptungen mit Sanktionen bedroht werden.
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Diesem Zweck dient die Glaubhaftmachung des eigenen Tatsachenvortrages. Die Glaubhaftmachung erfolgt üblicherweise durch Versicherung an Eides statt und/oder durch die Einreichung von Urkunden. Die eidesstattliche Versicherung sollte in der Praxis zur Vermeidung unnötiger Probleme statt eines Pauschalverweises auf den Vortrag aus einer eigenen Darstellung der glaubhaft zu machenden Tatsachen in der eidesstattlichen Versicherung bestehen.4 Ein zusätzlicher Erkenntniswert dieser schlichten Arbeitsverdoppelung ist indes nicht ersichtlich. Zur Glaubhaftmachung kann der Antragsteller darüber hinaus alle Mittel einsetzen, die der Überzeugungsfindung des Richters dienen und welche die Wahrnehmung über eine beweisbedürftige Tatsache ermöglichen.
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Die Urteilsverfügung wird dem Schuldner von Amts wegen zugestellt (§ 50 ArbGG). Zu ihrer Wirksamkeit bedarf es nicht der Parteizustellung. Ob sie dennoch zusätzlich im Parteibetrieb zugestellt werden muss, ist dann keine Frage der Wirksamkeit mehr, sondern der Vollziehung. Bei der Parteizustellung (§ 191 ZPO) ist dem Antragsgegner eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der einstweiligen Verfügung zuzustellen. Sie erfolgt durch den Gerichtsvollzieher (§ 192 Abs. 1 ZPO) nach Maßgabe der §§ 193, 194 ZPO persönlich, per Postzustellungsauftrag oder durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt (§ 195 ZPO). Ausnahmsweise kann eine durch Urteil erlassene Verbotsverfügung schon mit Verkündung wirksam sein, wenn sie eine Ordnungsmittelandrohung enthält.5 Zuwiderhandlungen lösen dann ab Verkündung Ordnungsmittel nach § 890 Abs. 1 ZPO aus und nicht erst bei Zustellung der einstweiligen Verfügung von Amts wegen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen und die Verbotsverfügung vollzogen ist.
1 Walker in Schwab/Weth, § 62 ArbGG Rz. 101. 2 LAG Frankfurt v. 16.2.1962 – 5 Sa 8/62, DB 1962, 1052; Walker in Schwab/Weth, § 62 ArbGG Rz. 102; Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 84. 3 BAG v. 16.12.2004 – 9 AZN 969/04, EzA § 72 ArbGG 1979 Nr. 33 = NZA 2005, 1016. 4 Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 521 ff. 5 BGH v. 22.1.2009 – I ZB 115/07, WM 2009, 1622.
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 21
§ 12
2. Dienstleistungsanspruch und einstweilige Verfügung Zweifelhaft ist, ob der Arbeitgeber seinerseits mithilfe einer einstweiligen Verfügung erzwingen kann, dass ein Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Arbeitsleistung auch erbringt.1 Festzustellen ist dabei zum einen, dass der Erfüllungsanspruch nicht mittelbar durch eine pauschal auf Unterlassung jeglicher anderweitigen Tätigkeit gerichtete Verfügung gestützt werden kann, da es sich dabei um die unselbständige Nebenpflicht zur Arbeitspflicht, welche die Hauptpflicht darstellt, handelt und als solche nicht einklagbar ist.2 Zum anderen ist eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Anspruchs auf Erbringung der Arbeitsleistung auch gegen den neuen Arbeitgeber nicht möglich, da es an einem auf Unterlassung der Beschäftigung gerichteten Verfügungsanspruch fehlt.3
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Ob der Anspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung gegenüber dem Arbeitnehmer per einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden kann, ist streitig.
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Bei einer einstweiligen Verfügung, die auf eine Dienstleistung gerichtet ist, wird vertreten, dass sie in jedem Falle ausscheide, soweit es sich um vertretbare Dienste handele, da es wegen der Ermächtigung zur Ersatzvornahme am Verfügungsgrund fehle. Bei vertretbaren Diensten ist der zur Dienstleistung Verpflichtete austauschbar und wird möglicherweise sogar laufend ausgetauscht. Handele es sich um unvertretbare Dienste, so sei eine Vollstreckung wegen § 888 Abs. 2 ZPO nicht möglich,4 weshalb auch eine Verurteilung zur Arbeitsleistung weder durch einstweilige Verfügung noch im normalen Erkenntnisverfahren in Betracht komme. Mangels Vollstreckbarkeit könne eine solche Verfügung daher auch nicht zur Effektivität des Rechtsschutzes beitragen und so der Zweck des Eilrechtsschutzes nicht erfüllt werden.5 Dagegen sprechen auch sein vorläufiger Charakter, die begrenzten Aufklärungsmöglichkeiten und die eingeschränkten Rechtsmittel. Bloße deklaratorische Entscheidungen können regelmäßig in dieser Verfahrensart nicht ergehen.6
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Nach anderer Auffassung soll ein vertragsbrüchiger Arbeitnehmer durch einstweilige Verfügung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz angehalten werden können, obwohl weder eine Vollstreckung nach § 888 Abs. 2 ZPO möglich noch eine Entschädigungszahlung gemäß § 61 Abs. 2 ArbGG festgesetzt werden kann.7
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1 Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 84. 2 Vereinigte Zivilsenate v. 24.1.1910 – I 188/08; RGZ 72, 394; LAG Berlin v. 23.9.1965 – 6 Ta 5/65, DB 1966, 827; LAG Berlin v. 16.2.1961 – 4 Sa 104/60, DB 1961, 612; LAG Düsseldorf v. 17.9.1957 – 3 Sa 253/57, BB 1958, 82; Baur, BB 1964, 607 (613); Grunsky, § 62 ArbGG Rz. 21; Heinze, RdA 1986, 273 (280). 3 Walker, § 12 Rz. 697. 4 LAG Baden-Württemberg v. 27.1.1958 – VII Ta 2/58, AP BGB § 611 Anspruch auf Arbeitsleistung Nr. 5; Vossen in GK-ArbGG, § 62 ArbGG Rz. 74; Dütz, BB 1980, 533 (534). 5 Walker, § 12 Rz. 698; Korinth, ER, I Rz. 1. 6 Vgl. dazu Grunsky, § 62 ArbGG Rz. 20; Walker, § 12 Rz. 698. 7 LAG Baden-Württemberg v. 9.4.1963 – 6 Ta 4/63 AP ZPO § 940 Nr. 5; LAG Bremen v. 9.11.1955 – Ta 15/55, AP BGB § 611 Anspruch auf Arbeitsleistung Nr. 3.
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§ 12
Rz. 22
Arbeitsrecht
22
Die erste Ansicht überzeugt nicht. Soweit man eine Arbeitsleistung als eine vertretbare Handlung ansehen will, kann eine Vollstreckung aus der Entscheidung über die einstweilige Verfügung nur gemäß § 887 ZPO durchgeführt werden.1 Der Einstufung als vertretbare Leistung steht nicht entgegen, dass die Arbeitsleistung im Zweifel persönlich zu erbringen ist (§ 613 BGB), da der Arbeitgeber auf die persönliche Erfüllung verzichten kann.2 Ein solcher einklagbarer und vollstreckbarer Anspruch kommt grundsätzlich als Verfügungsanspruch in Betracht.
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Die Vollstreckung kann nur durch eine Ersatzvornahme erfolgen.3 Wenn dem Arbeitgeber aber keine Ersatzkraft zur Verfügung steht, nützt ihm auch eine einstweilige Verfügung nichts. Die Vollstreckungskosten nach § 887 ZPO sind vom Gegner zu tragen und eventuell vorzuleisten (§ 887 Abs. 2 ZPO). Diese Erstattungsleistung ist aber nicht Ziel des Arbeitgebers, da er den Arbeitnehmer ohnehin bezahlen muss und er so die Kosten schließlich selbst trägt. Folglich würde sich in diesem Falle der Anspruch gegen den Arbeitnehmer lediglich auf eine Ersatzleistung reduzieren.4 Dies kann jedoch auch im Rahmen eines Schadensersatzprozesses gegen den vertragsbrüchigen Arbeitnehmer durchgesetzt werden, für eine einstweilige Verfügung fehlt es folglich in dieser Konstellation am Verfügungsgrund.
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Im Falle einer unvertretbaren Arbeitsleistung ist der Anspruch des Arbeitgebers nach § 888 Abs. 2 ZPO nicht vollstreckbar. Eine unvertretbare Arbeitsleistung ist selbst für diejenige Ansicht, die die Arbeitsleistung nicht ohnehin als höchstpersönliche Pflicht ansieht, in dem Fall gegeben, dass es sich um besonders qualifizierte oder spezialisierte Arbeitnehmer handelt, die bei ihrer Tätigkeit ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch nehmen.5 Einer Verurteilung zur Arbeitsleistung per einstweiliger Verfügung steht m.E. nur vordergründig die Bestimmung des § 888 Abs. 2 ZPO entgegen. Dass eine einstweilige Verfügung nicht geeignet ist, einen Rechtsanspruch zu sichern, weil sie nicht vollstreckbar ist, setzt die pauschale Unterstellung voraus, dass der Arbeitnehmer sich auch nach einer Verurteilung gesetzeswidrig verhalten wird. Häufig mag sich der Streit aber um das Bestehen oder Nichtbestehen einer Arbeitspflicht drehen, sodass eine Streitentscheidung per Urteilsspruch eine befriedende Wirkung haben kann und es der Vollstreckung gar nicht erst bedarf.
3. Lohnzahlung 25
Stellt der Arbeitgeber während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses seine Zahlungen ein, z.B. nach vorangegangener Suspendierung des Arbeitnehmers oder ab dem – nach seiner Ansicht – Wirksamwerden einer Kündigung (Aus1 2 3 4
Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 83. Walker, § 12 Rz. 698. ArbG Celle, ARSt. 1968, 21. Baur, BB 1964, 607 (613); Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1593; Colneric in Däubler, Arbeitskampfrecht, Rz. 1341; Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 107; Grunsky, § 62 ArbGG Rz. 19; Heinze, RdA 1986, 273 (280). 5 Walker, § 12 Rz. 698.
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 27
§ 12
spruch der fristlosen Kündigung, Ablauf der Kündigungsfrist bei ordentlicher Kündigung), kann der Arbeitnehmer die Vergütungszahlung vor dem Arbeitsgericht einklagen. Hat die Vergütungsklage Erfolg, erhält der Arbeitnehmer einen gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorläufig vollstreckbaren Titel. Bei Erhebung einer Vergütungsklage bis hin zur vorläufigen Vollstreckung kann aber unter Umständen viel Zeit vergehen. Das Arbeitsentgelt stellt meistens die Existenzgrundlage des Arbeitnehmers und der Personen, denen er zum Unterhalt verpflichtet ist, dar. Bleiben die Zahlungen aus und bezieht der Arbeitnehmer keine Lohnersatz- oder Sozialleistungen nach dem SGB XII, kann er ausnahmsweise gemäß §§ 916 ff., 935 ff. ZPO eine einstweilige Verfügung erwirken. Da das Arrestverfahren gemäß § 916 ZPO nur der Sicherung eines Anspruchs und nicht der Befriedigung des Gläubigers dient, kommt es nicht in Betracht. Die Zahlung der Arbeitsvergütung ist auf den ersten Blick auch nicht durch eine einstweilige Verfügung nach § 935 bzw. § 940 ZPO zu erreichen. Zum einen betreffen sowohl die Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) als auch die Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) in Abgrenzung zum Arrest gerade solche Ansprüche, die nicht auf Geld gerichtet sind. Zum anderen geht es bei beiden Verfügungen nur um die Sicherung von materiell-rechtlichen Ansprüchen und nicht um deren Erfüllung. Im Ergebnis wird trotzdem in Rechtsprechung1 und Literatur2 § 940 ZPO als Rechtsgrundlage für die Leistungsverfügung angesehen, nach der der Schuldner über den Sicherungszweck einer einstweiligen Verfügung hinaus zur Erfüllung des vom Gläubiger (Arbeitnehmer) geltend gemachten Anspruchs verurteilt werden kann.
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Auch die Leistungsverfügung setzt einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund voraus.3 Für das Vorliegen des Verfügungsanspruchs ist vorab die Schlüssigkeit des materiell-rechtlichen Anspruchs, also der Anspruch auf Entgelt, zu prüfen.4 Die Vergütungspflicht ist die unmittelbar aus § 611 Abs. 1 BGB folgende primäre Leistungspflicht des Arbeitgebers. Sie ist Hauptleistungspflicht und steht im Synallagma zur Arbeitspflicht als Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers. Im ungekündigten Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer nur das Vorliegen eines Arbeitsvertrages, die Erbringung der Arbeitsleistung (Vorleistungspflicht!) und einen daraus folgenden fälligen Lohnanspruch vorzutragen.5 Zur Glaubhaftmachung reicht bereits aus, dass der Lohnanspruch durch Vorlage der Lohnabrechnung und Versicherung an Eides statt versichert wird; erhebt der Arbeitgeber gegen die Berechtigung des Lohnanspruchs innerhalb einer gesetzten Frist keine Einwände, kann dieser im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden.6 Darüber hinaus kann sich der Lohnanspruch auch aus einem Annahmeverzug nach §§ 293 ff. i.V.m. § 615 Abs. 1
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1 LAG Niedersachsen v. 7.12.1986 – 3 Sa 101/85, DB 1986, 1126 (1129); OLG Celle v. 11.12.1986 – 10 UF 168/86, FamRZ 1987, 395; LAG Düsseldorf v. 17.11.2010 – 12 SaGa 19/10; LAG Sachsen-Anhalt v. 12.4.2012 – 6 SaGa 7/09. 2 Vossen, RdA 1991, 216 (217) m.w.N. 3 Heinze, DB 1985, 111 (126). 4 Heinze, DB 1985, 111 (126); Vossen, RdA1991, 216 (217) m.w.N. 5 Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545 (552); Vossen, RdA 1991, 216 (217) m.w.N. 6 LAG Köln v. 9.7.2007 – 5 Ta 188/07, AuR 2007, 405.
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§ 12
Rz. 28
Arbeitsrecht
BGB infolge des Fehlens einer Mitwirkungshandlung (namentlich nach Kündigung), aber auch aus Lohnzahlungspflichten durch Gesetz ohne Arbeitsleistung – wie etwa nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz – ergeben. 28
Zu beachten ist, dass es sich um eine Leistungs- oder Befriedigungsverfügung handelt, weshalb ein strenger Maßstab an den Verfügungsgrund anzulegen ist. Der zu befürchtende Schaden ist darin zu sehen, dass der Arbeitnehmer dringend auf die Zahlung angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er darf daher über keine Ersparnisse oder sonstigen Einkünfte verfügen, die zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreichen würden. Da eine einstweilige Verfügung auf Entgeltzahlung meist zu einer Befriedigung des Gläubigers führt,1 ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer darlegt und ggf. glaubhaft macht, dass er sich ohne die Entgeltzahlung in einer Notlage befinden würde.2 Eine solche Notlage ist dann nicht anzunehmen, wenn leicht realisierbare andere Forderungen vorhanden sind.3
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Wird das Entgelt infolge einer Kündigung vom Arbeitgeber nicht gezahlt, kommt eine einstweilige Verfügung auf Lohnzahlung nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer zum einen die Unwirksamkeit der Kündigung glaubhaft macht, zum anderen darlegt, dass die Voraussetzungen des Verzugs vorliegen und er zur Bestreitung seines Unterhalts dringend auf die Entgeltzahlung angewiesen ist.4
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Bei gleichzeitiger Bestandsstreitigkeit muss seitens des Arbeitnehmers glaubhaft gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung etc. beendet worden ist.5 Im einstweiligen Verfügungsverfahren wird diese Rechtsfrage nur als Vorfrage geklärt und daher nicht in Rechtskraft erwachsen.6 Es steht im Ermessen des ausschließlich mit der Vergütung befassten Gerichts, die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs in der Hauptsache bis zum endgültigen Abschluss des vorgreiflichen Bestandsrechtsstreits auszusetzen. Es hat die Möglichkeit, im Rahmen der Anspruchsprüfung inzidenter vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Das gilt selbst dann, wenn ein erstinstanzliches klageabweisendes Urteil vorliegt, solange dieses noch nicht rechtskräftig ist, da das Gericht hieran nicht gebunden ist.7
1 Zu deren Einzelheiten vgl. Korinth, ER, I Rz. 232 ff.; Schuschke in Schuschke/Walker, Vorbem. zu § 935 ZPO Rz. 129, 130. 2 Vgl. LAG Düsseldorf v. 20.1.1976 – 11 Sa 1555/75, DB 1976, 587; LAG Frankfurt v. 7.5.1976 – 8 SaGa 394/76, NJW 1977, 269 (270); LAG Frankfurt v. 8.9.1976 – 10 SaGa 816/76, NJW 1978, 76; LAG Köln v. 9.2.1991 – 8 Sa 94/91, NZA 1991, 396; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 6.7.2007 – 3 Sa 108/07; LAG Hamm v. 29.10.2009 – 11 SaGa 28/09; LAG Sachsen-Anhalt v. 12.4.2010 – 6 SaGa 7/09; ausführlich Vossen, RdA 1991, 216 ff. 3 LAG Hamm v. 29.10.2009 – 11 SaGa 28/09; ArbG Frankfurt/M. v. 6.1.1999 – 2 Ga 267/98, DB 1999, 289. 4 Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 104. 5 Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545 (552). 6 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 322 ZPO Rz. 29 ff.; Leipold in Stein/Jonas, § 322 ZPO Rz. 89; Vollkommer in Zöller, vor § 322 ZPO Rz. 34. 7 Schäfer, NZA 1985, 691 (695); Vossen, RdA1991, 216 (219).
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 32
§ 12
Umstritten ist, ob sich der Arbeitnehmer auch auf die öffentliche Hand verweisen lassen muss. Für die Sozialhilfe ist in § 2 Abs. 1 SGB XII die Subsidiarität gegenüber anderen Leistungen geregelt, sodass nach h.M.1 der Anspruch auf Sozialhilfe nicht die von § 940 ZPO geforderte finanzielle Notlage entfallen lässt. Dies gelte allerdings nicht, wenn der Antragsteller bereits Sozialhilfe bezieht. Da eine dem § 2 Abs. 1 SGB XII entsprechende Regelung für das Arbeitslosengeld fehlt, verlangt die bisherige Rechtsprechung vom Arbeitnehmer zur Abwendung einer finanziellen Notlage zunächst die Inanspruchnahme der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.2 Begründet wird dies u.a. mit § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III (bzw. des früheren § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG), wonach die Bundesagentur für Arbeit trotz des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs wegen eines Vergütungsanspruchs (§ 143 Abs. 1 SGB III) zur Zahlung des Arbeitslosengeldes verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich vom Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt erhält. Die gegenteilige Meinung beruft sich hingegen auf einen aus der Ruhensanordnung des § 134 Abs. 1 SGB III entnommenen subsidiären Charakter des Arbeitslosengeldes.3 Nach hier vertretener Ansicht kann der Arbeitnehmer nicht auf einen, möglicherweise, noch nicht realisierten Anspruch verwiesen werden, da der säumige Schuldner, hier der Arbeitgeber, durch die Unterhaltssicherungen des Sozialstaats nicht bessergestellt werden soll. Der soziale Schutz gilt allein dem Arbeitnehmer, der sich bei Ausbleiben der Monatsvergütung in einer sozialen Notlage befindet. Sofern daher Sozialleistungen auch für den Fall erbracht werden, dass zwar ein Lohnanspruch besteht, der aber tatsächlich nicht erfüllt wird, dient dies allein dem Schutz des Arbeitnehmers. Ihm muss ein Wahlrecht eingeräumt werden, ob er den Arbeitgeber im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes oder die Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nimmt.
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Auch auf die Inanspruchnahme eines Bankkredits darf der Arbeitnehmer nicht verwiesen werden. Hat der Arbeitnehmer aber bereits zur Sicherung seines Lebensunterhalts einen Bankkredit aufgenommen, dann liegt ein Verfügungsgrund nicht mehr vor. Würde das Gericht dem Verfügungsantrag in diesem Fall aber stattgeben, dann würde diese Entscheidung für den Arbeitnehmer die Rückführung des Kredits möglich machen.4
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1 LAG Köln v. 9.7.2007 – 5 Ta 188/07; LAG Bremen v. 5.12.1997, AP BGB § 611 Weiterbeschäftigung Nr.10; Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 ZPO Rz. 39; Walker, Rz. 703; Faecks, NZA 1985, Beilage Nr. 3 zu Heft 21, S. 6 (8); Leipold, S. 123; Kessler, WiB 1996, 706; Zeuner, RdA 1997, 6, 8 Fn. 25; a.A. Drescher in MünchKomm., vor § 935 ZPO Rz. 119. 2 LAG Kiel v. 26.8.1958 – 1 Ta 30/58, AP ZPO § 940 Nr. 1; LAG Tübingen v. 19.4.1961 – 7 Ta 4/61, NJW 1961, 2178 (2179); LAG Bremen v. 20.4.1961 – 1 Sa 48/61, BB 1961, 1130; LAG Baden-Württemberg v. 24.11.1967 – 7 Sa 114/67, DB 1968, 536; OLG Bamberg v. 29.1.1971 – 3 U 121/70, OLGZ 1971, 438 (441); LAG Frankfurt v. 7.5.1976 – 8 SaGa 394/76, NJW 1977, 269 (270); LAG Hamburg v. 6.5.1986 – 1 Ta 7/86, DB 1986, 1629; LAG Sachsen-Anhalt v. 12.4.2010 – 6 SaGa 7/09; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann § 940 ZPO Rz. 13; Gift/Baur, Rz. J 111. 3 Faecks, NZA 1985, Beilage Nr. 3 zu Heft 21, S. 6 (8); Vossen, RdA 1991, 216 (222); Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 ZPO Rz. 39; Walker, Rz. 703. 4 Gift/Baur, S. 1480, Rz. 111.
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§ 12 33
Rz. 33
M 12.1
Arbeitsrecht
Der Entgeltanspruch wird in diesen Fällen auch nicht in voller Höhe im Rahmen der einstweiligen Verfügung zugesprochen werden können, vielmehr kann hier lediglich die Zahlung des für den Lebensunterhalt Notwendigen in Betracht kommen.1 Soweit eine konkrete Höhe für den notwendigen Lebensunterhalt nicht ermittelt werden kann, kann generalisierend von der Höhe der Pfändungsfreigrenzen ausgegangen werden, da aus ihnen im Regelfall deutlich wird, was der Gesetzgeber als für den notwendigen Lebensunterhalt erforderlich angesehen hat.2 Im Hinblick auf die Dauer der Verurteilung kommt nur der Zeitraum bis zur potenziellen Verurteilung in der Hauptsache in Betracht, denn mit Erhalt des Titels zuzüglich einer kurzen Frist für dessen Vollstreckung ist die Notlage behoben.3
u
12.1 34
Antrag auf Lohnzahlung im einstweiligen Rechtsschutz
An das Arbeitsgericht . . . [zuständiges Gericht: gemäß §§ 937 Abs. 1, 943 ZPO Gericht der Hauptsache] Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – zeigen wir/ich an, dass wir/ich den Antragsteller anwaltlich vertreten (§ 59l BRAO). Ordnungsgemäße Bevollmächtigung sowie Vertretungsberechtigung des Unterzeichners werden anwaltlich versichert. Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir unter Abkürzung der Ladungsfrist die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung sowie den Erlass folgender einstweiliger Verfügung: [alternativ:
1 LAG Baden-Württemberg v. 19.4.1961 – 7 Ta 4/61, BB 1961, 977; LAG Kiel v. 26.8.1958 – 1 Ta 30/58, AP ZPO § 940 Nr. 1 = DB 1958, 1131; LAG Bremen v. 20.4.1961 – 1 Sa 48/61, BB 1961, 1130; LAG Hamm v. 29.10.2009 – 11 SaGa 28/09; Walker, § 12 Rz. 701 ff. 2 LAG Kiel v. 26.8.1958 – 1 Ta 30/58, AP ZPO § 940 Nr. 1 = DB 1958, 1131; LAG Hamm v. 29.10.2009 – 11 SaGa 28/09; Krönig in ArbGV, § 62 ArbGG Rz. 42; a.A. LAG Mannheim v. 24.11.1967 – 7 Sa 114/67, BB 1968, 335, das die Höhe des Arbeitslosengeldes als Bemessungsgrundlage annimmt. 3 Korinth, ER, I Rz. 246.
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M 12.1
II. Individualarbeitsrecht
Rz. 34
§ 12
Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir wegen des besonderen Eilbedürfnisses des Falles ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein den Erlass folgender einstweiliger Verfügung:] Der Antragsgegner wird verurteilt, als Abschlag auf die Entgeltansprüche des Antragstellers an diesen bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über den Rechtsstreit . . . [Aktenzeichen] monatlich einen angemessenen Betrag zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch . . . Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach §§ 288 Abs. 1, 247 BGB seit dem . . . I. Der am . . . geborene Antragsteller, der seiner Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, steht seit . . . in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Antragstellerin. Das Bruttomonatsgehalt beträgt zuletzt . . . Euro. Glaubhaftmachung: . . . Die Antragsgegnerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom . . . ordentlich aus betriebsbedingten Gründen zum . . . Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom . . . Gegen diese Kündigung hat der Antragsteller unter dem Aktenzeichen . . . Kündigungsschutzklage erhoben. II. Der Anspruch auf Entgeltzahlung des Antragstellers aus ungekündigtem Arbeitsverhältnis besteht als Hauptleistungspflicht der Antragsgegnerin fort, da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung beendet ist. Die Kündigung ist offensichtlich unwirksam, weil der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat nicht bezüglich der Kündigung angehört wurde. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden Die Kündigung ist weiterhin unwirksam, weil die Gründe für eine betriebsbedingte ordentliche Kündigung offensichtlich nicht vorlagen. Die Antragsgegnerin befand sich außerdem im Annahmeverzug; der Antragsteller hat seine Arbeitsleistung ausdrücklich angeboten, die Antragsgegnerin diese jedoch zurückgewiesen. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Der Antragsteller ist dringend auf die Lohnzahlung angewiesen zur Deckung seines eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts seiner Ehefrau und Kinder. Zur Deckung dieser laufenden Kosten benötigt der Antragsteller folgende monatliche Beträge: . . . Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Der Antragsteller bezieht zurzeit weder Sozialleistungen noch Arbeitslosengeld. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Der Antragsteller hat seine Entgeltansprüche seit dem . . . im Rahmen der Kündigungsschutzklage eingeklagt. Mit einer positiven Entscheidung ist jedoch nicht vor Ablauf eines erheblichen Zeitrahmens zu rechnen. Braun
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§ 12
Rz. 35
Arbeitsrecht
M 12.1
Rechtsanwalt 35 " Praxistipp zum Muster: Im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist grundsätzlich ein Nettobetrag anzugeben, da sich die Pfändungsfreigrenze aus § 850c ZPO aus dem Nettoverdienst errechnet!
4. Unterlassung von Konkurrenztätigkeit 36
Problematisch ist auch die Durchsetzung von Wettbewerbsverboten durch einstweilige Verfügung. Wettbewerbsverbote können sich während des laufenden Arbeitsvertrags aus §§ 60, 61 HGB, einem Aspekt der Treuepflicht des Arbeitnehmers als einer vertraglichen Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, ergeben sowie nachvertraglich aus § 74 HGB. Effektiver Rechtsschutz ist fast ausschließlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu erlangen. Es kommt zwar faktisch zu einer Vorwegnahme der Hauptsache, allerdings wird allgemein von der Zulässigkeit von solchen einstweiligen Verfügungen ausgegangen.1 a) Vertragliches Wettbewerbsverbot
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Eine Wettbewerbshandlung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer im Handelszweig des Arbeitgebers ein Handelsgewerbe betreibt oder in dessen Handelszweig für einen anderen Arbeitgeber tätig wird. Dazu zählt auch die spekulative, auf Gewinnerzielung gerichtete Teilnahme am geschäftlichen Verkehr, die nicht nur zur Befriedigung eigener privater Bedürfnisse erfolgt.2 Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sieht § 60 Abs. 1 HGB ein gesetzliches Wettbewerbsverbot für Handlungsgehilfen vor, woraus das Bundesarbeitsgericht für alle Arbeitnehmer ein Wettbewerbsverbot herleitet.3 Das Verbot gilt nur während der Vertragslaufzeit bis zum Ende der Kündigungsfrist; es besteht auch bei Freistellung4 sowie im ruhenden Arbeitsverhältnis (zB Elternzeit) weiter. Kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristlos und kann der Arbeitgeber darlegen, dass die Kündigung sich im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unwirksam herausstellen wird, dann kann der Arbeitgeber bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist die Einhaltung des Wettbewerbsverbots verlangen.5 Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer die von ihm zu beachtende Frist unrichtig berechnet hat und der Arbeitgeber die zutreffende 1 LAG Nürnberg v. 31.7.2001 – 6 Sa 408/01, NZA-RR 2002, 272; LAG Niedersachsen v. 16.7.2009 – 4 SaGa 697/09; LAG Rheinland-Pfalz v. 17.12.2009 – 5 SaGa 13/09; LAG Schleswig-Holstein v. 26.5.2011 – 1 Ta 76c/11; Brox/Walker, Rz. 1604; Vossen in GKArbGG, § 62 ArbGG Rz. 79; Salamon/Fuhlrott, BB 2011, 1018 (1020). 2 BGH v. 17.2.1997, NJW 1997, 2055. 3 BAG v. 17.10.1969 – 3 AZR 442/68, AP BGB § 611 BGB Treuepflicht Nr. 7; BAG v. 16.6.1976 – 3 AZR 73/75, NJW 1977, 646 = AP BGB § 611 BGB Treuepflicht Nr. 8; BAG v. 16.8.1990 – 2 AZR 113/90, NZA 1991, 141 = AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 10; BAG v. 25.4.1991 – 2 AZR 624/90, NZA 1992, 212 = AP BGB § 626 Nr. 104. 4 BAG v. 30.5.1978 – 2 AZR 598/76, NJW 1979, 335 = AP HGB § 60 Nr. 9. 5 LAG Hamm v. 7.4.1983 – 8 Ta 41/83, EzA ZPO § 935 Nr. 1; Scholz in Ostrowicz/Künzl/ Scholz, S. 513 ff.; Korinth, ER, I Rz. 9.
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§ 12
Frist darlegt. Reine Vorbereitungshandlungen für eine künftige Wettbewerbstätigkeit, die nicht die Interessen des Arbeitgebers unmittelbar gefährden, werden von dem gesetzlichen Verbot hingegen nicht erfasst.1 Allerdings kann es im Einzelnen schwierig sein, eine zulässige Vorbereitungshandlung von einem nicht zulässigen Wettbewerb zu unterscheiden, da bereits schon das „Vorfühlen“ bei potenziellen Kunden den Bereich zulässiger Vorbereitungshandlungen übersteigen kann.2 Ist seitens des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt worden und greift der Arbeitnehmer die Kündigung nicht an, kann der Arbeitnehmer auch für die Konkurrenz sofort tätig werden. Für den Fall aber, dass er Kündigungsschutzklage erhebt und somit die Wirksamkeit der Kündigung bestreitet, ist er nach Meinung der Rechtsprechung weiterhin an das gesetzliche Wettbewerbsverbot gebunden.3 Dies soll sich aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens ergeben. Diese Auffassung überzeugt indes nicht. Der Arbeitgeber, der – ohne dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wäre – eine Kündigung ausspricht, geht von deren Wirksamkeit aus und kann nicht mittelbar in den Genuss eines überdies entschädigungslosen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots kommen, nur weil der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt und im Prozess nicht obsiegt (etwa bis zum Prozessvergleich als praktischer Normalfall der Beendigung des Verfahrens). Das Risiko einer unwirksamen Kündigung trägt, wie § 615 BGB zeigt, der Arbeitgeber. Hat er kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart – und sei es auch nur, weil der Arbeitnehmer einer solchen Abrede nicht zustimmt –, so kann dieser Mangel einer Einigung nach Grund und Höhe auch nicht dadurch beseitigt werden, dass der Arbeitgeber einseitig eine Karenzentschädigung anbietet.4
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Inhaltlich liegt bereits dann ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot nach § 60 HGB vor, wenn ein Arbeitnehmer für ein Unternehmen tätig wird, das im Wettbewerb mit seinem Arbeitgeber steht, und zwar auch dann, wenn die vom Arbeitnehmer persönlich geleistete Arbeit eine andere ist. Das vertragliche Wettbewerbsverbot ist nicht tätigkeits-, sondern unternehmensbezogen.5 Eine wesentliche Überlappung der Tätigkeiten der beiden Arbeitgeber ist nicht erforderlich, das Loyalitätsgebot im laufenden Arbeitsverhältnis verbietet jede Konkurrenz.6
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b) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Im Falle eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots muss zunächst geprüft werden, ob die Wettbewerbsvereinbarungen dem Schriftform- und Übergabeerfordernis des § 74 Abs. 1 HGB genügen und ob eine der Vorschrift des § 74 1 BAG v. 30.5.1978 – 2 AZR 598/76, NJW 1979, 335 = AP HGB § 60 Nr. 9. 2 BAG v. 28.9.1989 – 2 AZR 97/89. 3 BAG v. 28.1.2010 – 2 AZR 1008/08, NZA-RR 2010, 461; BAG v. 25.4.1991 – 2 AZR 624/90, NZA 1992, 212 = AP BGB § 626 Nr. 104. 4 Korinth, ER, I Rz. 9; a.A. LAG Köln v. 4.7.1995 – 9 Sa 484/95; Hoß, DB 1997, 1818. 5 Korinth, ER, I Rz. 15. 6 Korinth, ER, I Rz. 15.
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M 12.2
Arbeitsrecht
Abs. 2 HGB entsprechende Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung vereinbart wurde.1 Auch ist es für die Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erforderlich, dass es dem Schutz der berechtigten Interessen des Arbeitgebers dient und den Arbeitnehmer nicht unbillig in seinem beruflichen Fortkommen beschwert (§ 74a Abs. 1 HGB). Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an; nicht dem Schutz berechtigter Interessen des Arbeitsgebers dient ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot z.B. dann, wenn er lediglich eine Stärkung der Konkurrenz verhindern will, ohne dass die Gefahr der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen oder des Einbruchs in den Kundenstamm zu befürchten ist.2 41
Für den Verfügungsgrund muss die konkrete Gefahr des Wettbewerbsverstoßes vorgetragen und glaubhaft gemacht werden (§§ 294, 920 Abs. 2 ZPO). Die Gefahr eines erstmaligen Verstoßes kann ausreichen, da eine Rückgängigmachung nicht möglich ist, ein bereits begangener Erstverstoß indiziert die Wiederholungsgefahr. Da effektiver Rechtsschutz wegen des Zeitablaufs anders nicht gewährleistet werden kann, ist hinzunehmen, dass die Hauptsache in aller Regel vorweggenommen wird.3
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Antrag auf Unterlassung im einstweiligen Rechtsschutz
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass folgender einstweiliger Verfügung: [Unterschieden wird bei den Anträgen zwischen:] I. Unterlassung von Wettbewerb im ungekündigten Arbeitsverhältnis: 1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, a) jegliche Art von Wettbewerbstätigkeit zulasten der Antragstellerin zu unterlassen; b) seine Tätigkeit für die Fa. . . . mit sofortiger Wirkung einzustellen; 1 BAG v. 22.5.1990 – 3 AZR 647/88, AP HGB § 74 Nr. 60; Bauer/Diller, DB 1997, 94 ff. 2 BAG v. 1.8.1995 – 9 AZR 884/93, AP HGB § 74a Nr. 5 = NZA 1996, 310. 3 Korinth, ER, I Rz. 22, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung.
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M 12.2
II. Individualarbeitsrecht
Rz. 42
§ 12
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eines der Verbote zu a) oder b) wird gegen den Antragsgegner ein Ordnungsgeld in Höhe von . . . Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu . . . Tagen/Monaten oder Ordnungshaft bis zu einer Dauer von . . . Tagen/Monaten verhängt. [alternativ:] 1. Dem Antragsgegner wird untersagt,. . . [einer bestimmten, vom Wettbewerbsverbot umfassten Tätigkeit] für einen anderen oder für eigene Rechnung nachzugehen. 2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld in Höhe von . . . Euro, ersatzweise . . . [wie oben] II. Unterlassung von Wettbewerb bei nachvertraglichem Wettbewerbsverbot: 1. dem Antragsgegner wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von . . . Euro oder Ordnungshaft bis zu . . . Monaten untersagt, bis zum . . . in selbständiger, unselbständiger oder in sonstiger Weise für ein Unternehmen, das mit der Antragstellerin in direktem oder indirektem Wettbewerb steht, insbesondere für die Fa. . . ., als . . . tätig zu werden. 2. . . . [wie oben] I. Zu I. Der Antragsteller betreibt ein Unternehmen für die Herstellung und den Vertrieb von . . . Der Antragsgegner ist seit . . . bei dem Antragsteller als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Der Antragsgegner hat das Arbeitsverhältnis zum . . . ordentlich gekündigt. Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom . . . Laut Arbeitsvertrag beträgt die ordentliche Kündigungsfrist jedoch . . . und ist daher frühestens zum . . . möglich. Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag vom . . . Am . . . ist der/die Antragsgegner in die Dienste der Fa. . . . getreten. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Personalleiters Die Fa. . . . und der Antragsteller stehen im Konkurrenzverhältnis. Glaubhaftmachung: Angebotsliste Das Produktions- und Vertriebsprogramm der Fa. . . . ist namentlich wegen folgender Gegenstände äquivalent mit demjenigen des Antragstellers: . . . Da die Kündigungsfrist noch bis zum . . . läuft und das Arbeitsverhältnis zum Antragsteller bis zu diesem Zeitpunkt weiter besteht, ist der Antragsgegner zur Unterlassung von Wettbewerbstätigkeit bei der Fa. . . . verpflichtet. Zur Vermeidung von schweren Schäden für den Antragsteller ist dem Antragsgegner daher die Tätigkeit für die Fa. . . . bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu untersagen. Zu II. Der Antragsteller betreibt ein Unternehmen für die Herstellung und den Vertrieb von ... Braun
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§ 12
Rz. 43
Arbeitsrecht
M 12.2
Der Antragsgegner war von . . . bis . . . bei dem Antragsteller als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am . . . aufgrund ordentlicher Eigenkündigung des Antragsgegners. Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom . . . Die Parteien haben ausweislich der Vertragsbestandteil gewordenen Vereinbarung vom . . . ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Danach ist es dem Antragsgegner untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Antragsteller in direkten oder indirekten Wettbewerb mit diesem zu treten. Die Vereinbarung enthält eine dem § 74 Abs. 2 HGB entsprechende Karenzentschädigung. Glaubhaftmachung: Wettbewerbsvereinbarung vom . . . Am . . . nahm der Antragsgegner seine Tätigkeit für die Fa. . . . auf; sein Tätigkeitsbereich umfasst nach Kenntnis des Antragstellers denselben Bereich wie im Rahmen der Tätigkeit für den Antragsteller, sodass die Tätigkeit für die Fa. . . . unter das Wettbewerbsverbot fällt. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Personalleiters . . . Die Fa. . . . und der Antragsteller stehen im Konkurrenzverhältnis. Das Produktionsund Vertriebsprogramm der Fa. . . . ergibt sich aus anliegender Angebotsliste. Das Produktions- und Vertriebsprogramm der Fa. . . . ist namentlich wegen folgender Gegenstände äquivalent mit demjenigen des Antragstellers: . . . II. Der Antragsgegner verstößt mit seinem Verhalten gegen das zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot. Zur Vermeidung von schweren Schäden für den Antragsteller ist dem Antragsgegner daher die Tätigkeit für die Fa. . . . bis zum Ablauf des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes zu untersagen. Ein Verweisen des Antragstellers auf den Klageweg im Hauptsacheverfahren ist diesem wegen des Zeitablaufs nicht zuzumuten. Rechtsanwalt 43 " Praxistipp zum Muster: Der Streitwert ist meistens mit demjenigen der Hauptsache identisch. Vom Antragsteller ist stets das berechtigte geschäftliche Interesse darzulegen; außerdem muss er drohende erhebliche Nachteile geltend machen.
5. Herausgabe von Arbeitsmitteln 44
Der Arbeitgeber hat mitunter im Verlaufe des Arbeitsverhältnisses, vor allem aber bei dessen Beendigung, ein Interesse daran, vom Arbeitnehmer diesem zuvor zur Durchführung der Arbeit überlassene Arbeitsmittel herauszuverlangen. Gerade im Hinblick auf Geschäftsunterlagen spielt oftmals auch das Bedürfnis nach Geheimhaltung eine Rolle.
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Alle das Unternehmen und seine Interessen berührenden Briefe sind ohne Rücksicht auf den Adressaten ebenso wie alle sonstigen Geschäftssachen, 272
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 47
§ 12
Zeichnungen, Notizen, Bücher, Muster, Modelle, Fahrzeuge für den reinen Dienstgebrauch, Werkzeuge, Material usw. nach erfolgter Aufforderung bzw. unaufgefordert nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, unverzüglich zurückzugeben. Der Arbeitnehmer ist insoweit reiner Besitzdiener. Zurückbehaltungsrechte sind ausgeschlossen. Der Arbeitgeber kann das Recht zur (dienstlichen) Nutzung der zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel jederzeit widerrufen, das Arbeitsmittel ohne Angabe von Gründen vom Mitarbeiter herausverlangen oder ihm ein anderes Arbeitsmittel zuteilen. Dies gilt auch bei geleasten Gegenständen, wobei der Verfügungsanspruch dann nicht auf § 985 BGB, sondern auf den §§ 666, 667 BGB beruht. Dass dieser Anspruch auf Herausgabe der Arbeitsmittel im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden kann, ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt. Nicht so eindeutig ist die Rechtslage bei der Herausgabe von Arbeitsmitteln, die auch zur Privatnutzung überlassen werden, wie dies typischerweise bei Dienstfahrzeugen, aber auch etwa bei Mobiltelefonen, Laptops oder anderen Gegenständen der Fall sein kann. Hier ist der Arbeitnehmer nicht nur Besitzdiener, sondern Besitzer mit Recht zum Besitz während der Vertragslaufzeit.1 Dieses Besitzrecht kann auch seit Inkrafttreten der Schuldrechtsreform wirksam vertraglich abbedungen werden, wenn entweder die Gründe für den Herausgabeanspruch z.B. des Dienstfahrzeugs im Arbeitsvertrag genannt sind oder alternativ für den Fall des Herausgabeverlangens ein entsprechend um den geldwerten Vorteil im Sinne des Steuerrechts erhöhter Barbezug zugesagt wird. In der ersten Alternative ergibt sich das Herausgaberecht aus der Rechtsprechung des BAG über den Widerrufsvorbehalt von Entgeltbestandteilen,2 im zweiten Fall ist die Komponente der Privatnutzung wegen der Austauschbarkeit von Privatnutzung und Bargeld überhaupt nicht mehr tangiert, sondern der rein dienstliche Charakter des Dienstfahrzeugs bleibt erhalten, ein eigenständiges Besitzrecht des Arbeitnehmers besteht dann nicht.
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In dieser Konstellation eine Herausgabeverfügung zu versagen, wäre erneut die Verweigerung effektiven Rechtsschutzes, denn der Arbeitgeber müsste entsprechende Betriebsmittel neu anschaffen, um nachfolgende Arbeitnehmer rechtzeitig für eine nahtlose Übergabe der Arbeit einzuweisen (typisches Praxisbeispiel: Ein Vertriebsmitarbeiter im Außendienst übernimmt den Bezirk eines ausscheidenden anderen Arbeitnehmers und benötigt zur Arbeit einen PKW). Ein Verweis auf eventuelle spätere Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitnehmer insbesondere mit Blick auf die Risiken der Vollstreckbarkeit wäre unzumutbar.3 Übt der Arbeitgeber allerdings verbotene Eigenmacht aus, so steht
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1 Korinth, ER, I Rz. 257. 2 Korinth, ER, I Rz. 257; BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457; BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809. 3 Vgl. aber LAG Köln v. 21.3.2007 – 7 SaGa 3/07; für die Klärung der Frage, wem das Nutzungsrecht während der Kündigungsfrist zustehen soll, fehlt es nach Ansicht des Gerichts beiden Beteiligten am Verfügungsgrund. Der Arbeitnehmer habe schon aus diesem Grund kein berechtigtes Interesse, sein Eigentum zu sichern, da er in der Regel Leasingnehmer und kein Eigentümer sei. Der Verfügungskläger müsse weiter glaubhaft machen, warum die Herausgabe des Fahrzeugs im Wege des einstweiligen Rechtsschut-
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Rz. 48
M 12.3
Arbeitsrecht
dem Arbeitnehmer seinerseits einstweiliger Rechtsschutz auf Überlassung eines Dienstfahrzeugs zu1 (neben den Schadensersatzansprüchen).
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12.3
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Antrag des Arbeitnehmers auf Herausgabe von Arbeitsmitteln im einstweiligen Rechtsschutz
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: Der Antragsgegner wird verurteilt, die folgenden Arbeitsmittel, die im Eigentum des Antragstellers stehen, an diesen herauszugeben: 1. Firmenfahrzeug . . . [genaue Bezeichnung, Fahrgestellnummer, amtliches Kennzeichen etc.] 2. Tankkarte . . . [ggf. unter Angabe der Kartennummer] 3. Firmencomputer . . . [genaue Bezeichnung] 4. Kundenadressbuch 5. . . . I. Der Antragsgegner ist bei dem Antragsteller vom . . . bis . . . als Außerdienstmitarbeiter beschäftigt. Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag vom . . . Der Antragsteller hat dem Antragsgegner zum . . . ordentlich gekündigt und mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsverpflichtung freigestellt. Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom . . . Im Rahmen der Durchführung des Arbeitsvertrags hat der Antragsteller dem Antragsgegner ein Firmenfahrzeug der Marke . . ., Fahrgestellnummer: . . ., sowie eine Tankkarte, einen Firmencomputer der Marke . . . und ein Kundenadressbuch zur Verfügung gestellt. zes geklärt werden müsse und dazu z.B. eine drohende Beschädigung oder Zerstörung glaubhaft machen. 1 Korinth, ER, I Rz. 257; LAG Berlin-Brandenburg v. 31.3.2008 – 13 Ta 519/08.
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M 12.3
II. Individualarbeitsrecht
Rz. 49
§ 12
Glaubhaftmachung: 1. eidesstattliche Versicherung des Personalleiters 2. Übergabeprotokoll vom . . . Ausweislich des Arbeitsvertrags ist der Antragsgegner verpflichtet, im Falle der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung oder der Freistellung die ihm überlassenen Gegenstände unverzüglich herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht in keinem Fall. Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag vom . . . Obwohl das Arbeitsverhältnis unstreitig zum . . . geendet und der Antragsteller die Herausgabe der Gegenstände ausdrücklich verlangt hat, ist der Antragsgegner diesem Verlangen bisher nicht nachgekommen, sondern beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Personalleiters des Antragstellers II. Aufgrund des wirksamen vertraglichen Ausschlusses besteht kein Zurückbehaltungsrecht des Antragsgegners an den Gegenständen. Unter § . . . des Arbeitsvertrags vom . . . hat sich der Antragsteller ein jederzeitiges Widerrufsrecht an sämtlichen, dem Antragsgegner zur Verrichtung seiner Arbeitsleistung übergebenen Gegenständen vorbehalten. Der Antragsteller hat auch ein berechtigtes Interesse an der sofortigen Herausgabe der streitgegenständlichen Gegenstände. Diese werden für neu eingestellte Mitarbeiter benötigt. Außerdem besteht hinsichtlich des Firmenfahrzeugs sowie der Tankkarte erhebliche Missbrauchsgefahr. Bezüglich des Kundenadressbuches und des Firmencomputers hat der Antragsteller ebenfalls ein berechtigtes Interesse an der sofortigen Herausgabe; hierbei handelt es sich um streng vertrauliche Informationen, die für das Tagesgeschäft essenziell sind. Durch die vorweggenommene Erfüllung des Herausgabeanspruchs im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entstehen dem Antragsgegner keine Nachteile, da er unter keinen Umständen ein Recht zum Besitz geltend machen kann und durch die vorweggenommene Erfüllung in keiner seiner Rechtspositionen beeinträchtigt wird. Rechtsanwalt
" Praxistipp zum Muster: Gegenstand eines Herausgabeanspruchs im einst- 49 weiligen Rechtsschutzverfahren können all jene Sachen sein, an denen der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat, weil er sie entweder für den ungestörten Fortgang der Betriebszwecke, z.B. für neue Mitarbeiter, benötigt oder weil er befürchtet, dass der Arbeitnehmer sein Eigentum missbraucht.
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Rz. 50
Arbeitsrecht
6. Herausgabe von Arbeitspapieren 50
Demgegenüber besitzt auch der Arbeitgeber Sachen, deren Rückerlangung für den Arbeitnehmer (etwa zur Stellensuche) von Bedeutung sein kann. Hierzu zählen Zeugnisse, Lohnsteuerkarte, Arbeitsbescheinigung und sonstige Arbeitspapiere.
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Der Antrag auf Herausgabe von Arbeitspapieren stellt daher ebenfalls einen häufigen Fall der einstweiligen Verfügung im arbeitsrechtlichen Verfahren dar. Anspruchsgrundlagen sind für die Lohnsteuerkarte, § 41b Abs. 1 Satz 5 EStG, für die Arbeitsbescheinigung § 312 SGB III, § 6 Abs. 2 BUrlG für die Urlaubsbescheinigung und im Hinblick auf andere Papiere eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag.1 Der Anspruch bezieht sich aus arbeitsrechtlicher Sicht auf das Ausfüllen und die Herausgabe der Arbeitsunterlagen, denn allein hierfür ist die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig. Die Berichtigung der Arbeitsbescheinigung ist vor der Sozialgerichtsbarkeit,2 die Berichtigung der Lohnsteuerkarte vor der Finanzgerichtsbarkeit3 geltend zu machen. Dies gilt auch bei vorsätzlich falschem Ausfüllen, wobei ein daraus resultierender Schadensersatzanspruch wiederum eine arbeitsrechtliche Streitigkeit ist.4
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Der Arbeitnehmer hat für den Verfügungsanspruch vorzutragen, dass er sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vergeblich bemüht hat, von seinem Arbeitgeber die zur Herausgabe fälligen Arbeitspapiere zu bekommen und der neue Arbeitgeber eine Einstellung von der Einreichung gerade dieser Arbeitspapiere abhängig macht oder die Lohnsteuerkarte für die Einkommensteuererklärung (bei Arbeitnehmern auch: Lohnsteuerjahresausgleich) benötigt wird.5 Zur Vorlage beim neuen Arbeitgeber benötigt der Arbeitnehmer zumeist die Lohnsteuerkarte des aktuellen Kalenderjahres, eventuell ein erforderliches Gesundheitszeugnis, unter Umständen eine ggf. erforderliche Arbeitserlaubnis, möglicherweise die Urlaubsbescheinigung nach § 6 Abs. 2 BUrlG und ggf. die Lohnnachweiskarte für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung nach § 2 Abs. 1 BRTV Bau.
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Dem Arbeitgeber steht insoweit kein Zurückbehaltungsrecht zu,6 auch nicht, wenn er meint, das Arbeitsverhältnis bestehe – noch – fort. Es handelt sich um eine Regelungsverfügung im Sinne des § 940 ZPO. Um Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch glaubhaft zu machen, muss der Arbeitnehmer lediglich darlegen, dass der Arbeitgeber, obgleich das Arbeitsverhältnis schon beendet ist, weder die Arbeitspapiere noch eine Zwischenbescheinigung übergeben hat und dass er diese benötigt, um ein neues Arbeitsverhältnis anzutreten (zB wegen § 312 Abs. 1 Satz 1 SGB III) bzw. um Arbeitslosengeld zu beantragen 1 2 3 4 5
Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 112. BAG v. 13.7.1988 – 5 AZR 467/87, NJW 1989, 1947. BAG v. 11.6.2003 – 5 AZB 1/03, NZA 2003, 877. Korinth, ER, I Rz. 273. Baur in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, S. 230, Rz. 31; Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 112. 6 BAG v. 20.12.1958 – 2 AZR 336/56, AP BGB § 611 Urlaubskarten Nr. 2 = NJW 1959, 453.
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M 12.4
II. Individualarbeitsrecht
§ 12
Rz. 55
(§ 323 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Die Glaubhaftmachung kann durch eine eidesstattliche Versicherung des Arbeitnehmers erfolgen.1 Die Verpflichtung zur Ausfüllung von Arbeitspapieren sowie zur Erteilung einer Arbeitsbescheinigung (§ 312 SGB III) und eines Arbeitszeugnisses ist eine unvertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO und nach dieser Vorschrift (Zwangshaft/Zwangsgeld) vollstreckbar. Die bloße Herausgabe von Arbeitspapieren nach bereits erfolgter Ausfüllung wird nach § 883 ZPO durch den Gerichtsvollzieher vollstreckt.
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Antrag des Arbeitnehmers auf Herausgabe der Arbeitspapiere An das Arbeitsgericht . . .
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12.4 55
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: Der Antragsgegner wird verurteilt, dem Antragsteller die auf seinen Namen ausgestellte Lohnsteuerkarte für das Jahr . . . herauszugeben. I. Der Antragsteller war vom . . . bis zum . . . bei dem Antragsgegner als . . . beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am . . . Glaubhaftmachung: 1. Arbeitsvertrag vom . . . 2. Kündigung vom . . . Obwohl der Antragsteller den Antragsgegner mehrfach aufforderte, seine Lohnsteuerkarte für das Jahr . . . herauszugeben, kam dieser der Aufforderung nicht nach. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Am . . . erschien der Antragsteller persönlich in der Lohnbuchhaltung des Antragsgegners im Beisein seiner Ehefrau, um seine Arbeitspapiere abzuholen; die dort beschäftigte Mitarbeiterin des Antragsgegners . . . erklärte, die Arbeitspapiere seien noch nicht fertig, würden dem Antragsteller aber bis spätestens zum . . . zugesandt.
1 Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 112.
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§ 12
Rz. 56
Arbeitsrecht
M 12.4
Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Ehefrau des Antragstellers Einer weiteren schriftlichen Aufforderung, die Lohnsteuerkarte an den Antragsteller herauszugeben, folgte der Antragsgegner ebenfalls nicht. II. Das Herausgabeverlangen ist als arbeitsrechtlicher Nebenanspruch begründet. Ein Zurückbehaltungsrecht des Antragsgegners besteht nicht. Der Antragsteller hat am . . . bei der Fa. . . . einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Er tritt seine neue Arbeitsstelle zum . . . an. Glaubhaftmachung: 1. Arbeitsvertrag der Fa. . . . vom . . . 2. eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Der Antragsteller benötigt daher seine Lohnsteuerkarte dringend für den Arbeitsantritt bei seiner neuen Arbeitgeberin. Rechtsanwalt
7. Erteilung von Urlaub 56
Arbeitnehmer haben gemäß § 1 BUrlG Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Bei der zeitlichen Festlegung sind ihre Wünsche gemäß § 7 BUrlG zu berücksichtigen, sofern nicht dringende betriebliche Belange entgegenstehen. Dabei besteht kein Recht des Arbeitnehmers zur Selbstbeurlaubung, vielmehr muss er den Urlaub vom Arbeitgeber genehmigen lassen. Dies gilt auch, wenn das Urlaubsjahr oder der Übertragungszeitraum zu Ende geht. Dies wird vom Bundesgerichtshof gerade mit der Existenz eines effektiven Rechtsschutzes begründet, was wiederum die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes voraussetzt. Das BAG hat in einem Urteil vom 18.12.19861 eine Leistungsklage – jedenfalls im Hauptsacheverfahren – als zutreffende Klageart bezeichnet und geht in ständiger Rechtsprechung von der Zulässigkeit einer entsprechenden einstweiligen Leistungsverfügung aus.2
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Problematisch ist indes die Vollstreckung: Ein Titel über die Bewilligung oder Genehmigung eines Urlaubsanspruchs kann bei Anwendung allgemeiner zwangsvollstreckungsrechtlicher Grundsätze im Regelfall bis zum Antritt des Urlaubs nicht mehr rechtzeitig vollstreckt werden. Dies gilt sowohl bei der Annahme, dass es sich bei der Urlaubsgenehmigung um eine Willenserklärung des Arbeitgebers handele, als auch bei der Annahme einer unvertretbaren Handlung.3 Im ersten Fall würde die Fiktionswirkung des § 894 ZPO erst mit Rechtskraft – selbst nur bei Abwarten einer angenommenen Rechtskraft des einstweiligen Verfahrens – eintreten, im zweiten Fall würde die Vollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO in der Form der Erzwingung der Urlaubsgewährung durch Zwangs1 BAG v. 18.12.1986 – 8 AZR 502/84, NZA 1987, 379 = AP BUrlG § 7 Nr.10. 2 Vgl. BAG v. 22.1.1998 – 2 ABR 19/97, NZA 1998, 708 = AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 38; BAG v. 16.3.2000 – 2 AZR 75/99, NZA 2000, 1332 = AP BetrVG 1972 § 102. Nr. 114. 3 Corts, NZA 1998, 357.
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 59
§ 12
geld oder -haft ebenfalls eine zu lange Zeit beanspruchen. Eine Leistungsverfügung dürfe nur im Ausnahmefall erlassen werden, wenn eine bloße Sicherung der Rechtsposition oder einstweilige Regelung durch die Sicherungs- oder Regelungsverfügung keinen ausreichenden Rechtsschutz gewährleistet.1 Im Grunde genügt für den Arbeitnehmer im Rahmen der einstweiligen Verfügung die gerichtliche Entscheidung, dass er berechtigt ist, ohne negative Auswirkungen für das Arbeitsverhältnis der Arbeit fernzubleiben.2 Durch rechtzeitige Erhebung der Klage in der Hauptsache kann der Verfall des Anspruchs verhindert werden; auch kann der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber Schadensersatz geltend machen, wenn er rechtzeitig den Urlaubsanspruch geltend gemacht hat und der Arbeitgeber diesen nicht rechtzeitig erfüllt hat.3 Erforderlich ist insoweit die Stellung eines Leistungsantrages.4 Ist der Antrag lediglich auf die Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit gerichtet, wird einerseits eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs vermieden, anderseits aber erreicht, dass der Arbeitnehmer seine grundsätzlich fortbestehende Arbeitspflicht nicht verletzt. Eines Vollstreckungsaktes bedarf es im Falle einer gerichtlichen Gestattung nicht, da es sich um eine rechtsgestaltende Verfügung handelt. Es genügt allein die Zustellung der gerichtlichen Entscheidung. Das Schicksal des arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs beurteilt sich nach dem Leistungsstörungsrecht. Steht dem Arbeitnehmer der Anspruch auf Urlaubsgewährung zu, behält er infolge der erlaubten Nichterbringung seinen Vergütungsanspruch. Stellt sich dagegen heraus, dass der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG berechtigt war, den Urlaub zu versagen, verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch. Zudem trifft den Arbeitnehmer ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO.5
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Für einen Anspruch auf Urlaubsgewährung im Wege der einstweiligen Verfügung ist erforderlich, dass dem Arbeitnehmer keine andere Möglichkeit bleibt, die Festlegung des Urlaubszeitraumes zu erreichen. Zu hinterfragen ist aber, wieso das Ablaufen des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums per se zur Eilbedürftigkeit führen soll. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt und verweigert der Arbeitgeber den Urlaub rechtswidrig, schuldet er im Wege der Naturalrestitution Ersatzurlaub aus Verzug.6 Dieser Ersatzurlaub ist nicht von weiteren Übertragungstatbeständen abhängig. Trotz der von höchstrichterlicher Rechtsprechung7 inzwischen eröffneten Möglichkeit einer über § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG hinausgehenden Übertragung, darf jedoch der Zweck des Erholungsurlaubs nicht aus den Augen verloren werden. So soll dieser nach allgemeiner Ansicht die Wiederherstellung der Arbeitskraft in zeitlicher Nähe zur
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Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545 (550). Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 101. BAG v. 5.9.1985 – 6 AZR 86/82, AP BurlG § 1 Treueurlaub Nr. 1 = NZA 1986, 394. Vossen in GK-ArbGG, § 62 ArbGG Rz. 76. Vgl. im Einzelnen Corts, NZA 1998, 357. BAG v. 12.4.2011 – 9 AZR 80/10, NZA 2011, 1050; BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 523/05, AP BurlG § 7 Übertragung Nr. 28 = NZA 2007, 56; BAG v. 7.11.1985 – 6 AZR 169/84, MDR 1986, 523 = NJW 1987, 150. 7 BAG v. 21.6.2005 – 9 AZR 200/04, ArbRB 2006, 39 = NZA 2006, 232; BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 523/05, NZA 2007, 56; EuGH v. 22.11.2011 – Rs. C-214/10, NJW 2012, 290.
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§ 12
Rz. 60
M 12.5
Arbeitsrecht
erbrachten Arbeitsleistung sichern. Ein unter Umständen jahrelanges Verweisen auf Ersatzurlaub hintertreibt die effektive Erreichung dieses gesetzlichen Ziels. 60
Weitere Voraussetzung für die Urlaubsgewährung im Rahmen des Eilrechtsschutzes ist, dass der Arbeitnehmer nicht durch eigenes Verhalten die Ursache für die Eilbedürftigkeit gesetzt hat.1 An einem Verfügungsgrund fehlt es demnach z.B., wenn der Arbeitnehmer ausweislich des Urlaubsantrags ohne jegliche Vorgabe eines Zeitraumes Urlaubsgewährung in einem gewissen Umfang anstrebt2 oder falls es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, über den Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG eine zeitliche Festlegung des Urlaubs zu erzwingen.3 Nicht ausreichend ist außerdem, wenn der Arbeitnehmer aus familiären Gründen an den Urlaubszeitraum gebunden ist oder eine teure Reise gebucht hat.4
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Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund bewilligten Urlaubs eine Urlaubsreise gebucht, die Urlaubsgewährung jedoch vom Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen widerrufen wird. Ein solcher Widerruf ist nämlich selbst bei entsprechender vertraglicher Regelung5 unwirksam und daher rechtlich unbeachtlich. Das BAG hat allerdings die Möglichkeit gesehen, in außerordentlichen Notfällen ein derartiges Widerrufsrecht ausnahmsweise zuzulassen. Das Recht, einen Urlaubsantrag aus betrieblichen Gründen zu verweigern, genügt jedenfalls nicht. Gerade weil aber die Berufung auf einen solchen Notfall aus Arbeitgebersicht naheliegt, darf dem Arbeitnehmer hier einstweiliger Rechtsschutz nicht verweigert werden. Dies wäre aber der Fall, würde die Widerrufsberechtigung erst als Vorfrage eines Kündigungsschutzprozesses nach vermeintlicher Arbeitsverweigerung geklärt werden.
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Antrag des Arbeitnehmers auf Urlaubsgewährung
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... 1 Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 102; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz v. 5.4.2007 – 9 SaGa 8/07, wenn der Urlaubsantrag nicht oder nicht rechtzeitig gestellt wurde. Dieser stellt insoweit keinen „unnötigen Formalismus“ dar. 2 Gift/Baur, S. 1479, Rz. 109. 3 Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 102. 4 Baur in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, S. 224, Rz. 26. 5 BAG v. 20.6.2000 – 9 AZR 405/99; MDR 2001, 35 = NJW 2001, 460.
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M 12.5
II. Individualarbeitsrecht
Rz. 63
§ 12
– Antragsgegner – Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen besonderer Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – aufgegeben, dem Antragsteller in der Zeit vom . . . bis . . . Urlaub zu gewähren. I. Der Antragsteller ist seit . . . als . . . bei dem Antragsgegner beschäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrags hat der Antragsteller einen Jahresurlaubsanspruch von 30 Tagen. Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag vom . . . Im laufenden Kalenderjahr ist dem Antragsteller noch kein Erholungsurlaub gewährt worden; ihm stehen daher die vollen 30 Tage zu. Glaubhaftmachung: 1. Urlaubsnachweise 2. eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters . . . Am . . . hat der Antragsteller für die Zeit vom . . . bis . . . Urlaub beantragt; dieser wurde ihm von dem Antragsgegner genehmigt. Glaubhaftmachung: Urlaubsantrag Am . . . buchte der Antragsteller für den Zeitraum vom . . . bis . . . eine Rundreise durch die USA. Glaubhaftmachung: Buchungsbestätigung des Reisebüros Zehn Tage vor Beginn des geplanten Urlaubs widerrief der Antragsgegner mit Hinweis auf betriebliche Gründe, ohne diese Gründe jedoch näher anzugeben, die Genehmigung des Urlaubsantrages. Glaubhaftmachung: Schreiben des Antragsgegners vom . . . II. Der Anspruch auf Urlaubsgewährung besteht. Ein Notfall, der den Arbeitgeber ausnahmsweise zum Widerruf eines schon genehmigten Urlaubes berechtigen könnte, liegt nicht vor. Der Verfügungsgrund ist zu bejahen, da die bereits gebuchte Ferienreise unmittelbar bevorsteht und damit ein Zuwarten des Antragstellers auf eine Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar ist. Eine Selbstbeurlaubung des Antragstellers kommt ebenfalls aufgrund der drohenden arbeitgeberseitigen Konsequenzen nicht in Betracht. Rechtsanwalt
8. Reduzierung der Arbeitszeit § 8 TzBfG normiert das allgemeine Recht eines Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit. Für die Durchsetzung des Reduzierungsanspruchs müssen die formellen Voraussetzungen des § 8 TzBfG vorliegen, d.h. die Beschäftigungsdauer muss mindestens sechs Monate betragen, der Arbeitgeber muss mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen, wobei Auszubildende nicht mitgezählt Braun
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§ 12
Rz. 64
Arbeitsrecht
werden, und der Verringerungsanspruch muss rechtzeitig – mindestens drei Monate vor Beginn der Reduzierungsperiode – geltend gemacht werden, § 8 Abs. 1, 2, 7 TzBfG. Außerdem dürfen der Arbeitszeitverringerung keine betrieblichen Gründe entgegenstehen, § 8 Abs. 4 TzBfG. Obgleich das Gesetz zwar gerade keine „dringenden“ betrieblichen Gründe verlangt, wird über diesen Punkt in der Praxis am häufigsten gestritten.1 Dem Arbeitgeber obliegt es, sein Organisationskonzept vorzutragen und darzulegen, warum sich die gewünschte Arbeitszeitverringerung nicht in den Arbeitsablauf einfügt.2 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass bei der Arbeitszeitverringerung ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehen kann, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, soweit ein kollektiver Bezug besteht. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wird nicht durch § 8 TzBfG beeinträchtigt, da § 8 TzBfG keinen Gesetzesvorbehalt im Sinne des § 87 Abs. 1 BetrVG darstellt. Vielmehr kann die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats einen betrieblichen Grund nach § 8 TzBfG darstellen.3 64
Der Gesetzgeber unterstellt in § 8 Abs. 3 TzBfG zunächst, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich über die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit sowie deren konkrete Verteilung einigen. Kommt kein Einvernehmen zustande, darf der Arbeitnehmer die Arbeitszeit nicht im Wege des Selbstvollzugs reduzieren, sondern hat dies im Klageweg zu erstreiten.4
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Der grundsätzlichen Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung im Rahmen des § 8 TzBfG stehen keine Bedenken entgegen. Der Antrag ist auf Abgabe einer nach § 894 ZPO zu vollstreckenden Willenserklärung gerichtet. Gemäß der Fiktionswirkung des § 894 ZPO gilt eine Willenserklärung aber erst mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben, sodass zum Teil eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Verringerungsanspruchs als nicht zulässig erachtet wird.5 Dem wird allerdings zu Recht entgegengesetzt, dass § 894 ZPO eine einstweilige Durchsetzung des Anspruchs zwar in der Regel, aber nicht ausnahmslos ausschließt.6 Ein Teil der Literatur lässt die Fiktionswirkung daher schon mit Erlass der einstweiligen Verfügung eintreten7 während eine andere Auffassung schlicht eine Gestaltungsverfügung annimmt, welche die Willenserklärung des Arbeitgebers unmittelbar durch Erlass der einstweiligen Verfügung ersetzt.8 Da der Gesetzgeber vorrangig von der Verhandlungslösung ausgeht, kann die einstweilige Verfügung nur dann zulässig sein, wenn die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gescheitert sind und eine einvernehmliche Lösung gerade nicht mehr zu erreichen ist, da sonst mittels Eilrechtsschutzes 1 Vgl. Preis in ErfK, § 8 TzBfG Rz. 23 ff. m.w.N. 2 BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 164/02, NZA 2003, 1392 (1395); BAG v. 18.3.2003 – 9 AZR 126/02, DB 2004, 319 (321); BAG v. 30.9.2003 – 9 AZR 665/02, NZA 2004, 382. 3 BAG v. 16.12.2008 – 9 AZR 893/07, NJW 2009, 1527; LAG Schleswig-Holstein v. 4.10.2007 – 4 Sa 242/07, NZA-RR 2008, 301. 4 Kliemt, NZA 2001, 63 (67); Richardi/Annuß, BB 2000, 2201 (2203). 5 Rolfs, RdA 2001, 129 (136); Schiefer, NZA-RR 2002, 393 (394). 6 Brox/Walker, Rz. 1594, 1620; Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 ZPO Rz. 50. 7 Brox/Walker, Rz. 1594, 1620; Dütz, AuR 2003, 161 (164). 8 LAG Schleswig-Holstein v. 1.3.2007 – 4 SaGa 1/07; LAG Hamburg v. 4.9.2006 – 4 Sa 41/06; LAG Hamm v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02, NZA-RR 2003, 178.
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 67
§ 12
die angestrebte Verhandlungslösung unterlaufen würde.1 Nach der Ablehnung des Teilzeitbegehrens durch den Arbeitgeber steht dem Arbeitnehmer dann aber der Rechtsweg offen, also auch der einstweilige Rechtsschutz.2 Hinsichtlich der Vollstreckung gelten die gleichen Überlegungen wie beim Anspruch auf Erholungsurlaub.3 An den Verfügungsanspruch sind wiederum strenge Anforderungen zu stellen; wie im Hauptsacheverfahren müssen sämtliche Voraussetzungen des Änderungsanspruchs vorliegen.4 Streitpunkte werden in der Regel die betrieblichen Ablehnungsgründe des Arbeitgebers sein, die der Arbeitszeitverringerung entgegenstehen können. Der Arbeitgeber trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast. In der Regel wird das Arbeitsgericht aus diesen Gründen eine einstweilige Verfügung nicht ohne Anhörung des Arbeitgebers und nicht ohne mündliche Verhandlung erlassen.
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Da die Reduzierung der Arbeitszeit für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung ein unwiederbringlicher Vorgang ist, liegt ein Verfügungsgrund nur vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vermeidung wesentlicher Nachteile auf die sofortige Erfüllung seines Verringerungsanspruchs dringend angewiesen ist.5 Erforderlich ist, dass die geschuldete Handlung kurzfristig zu erbringen und die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist, eine Zurückweisung des Antrags also einer Rechtsverweigerung gleichkäme.6 In der Rechtsprechung ist als wesentlicher Nachteil auf Arbeitnehmerseite anerkannt, wenn die Kinderbetreuung ohne Verringerung der Arbeitszeit nicht gewährleistet ist.7 An die Glaubhaftmachung dieses Grundes werden zum Teil überstrenge Anforderungen gestellt. Eine eidesstattliche Versicherung reicht in vielen Fällen nicht aus, es müssen vielmehr Atteste etc. beigebracht werden.8 Um aber die Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden, kommt nur eine vorläufige Regelung bis zum voraussichtlichen Kammertermin in der Hauptsache in Betracht.9 Im Rahmen der Interessenabwägung kommt es auf den nach summarischer Einschätzung voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens an. Dies wird häufig davon abhängen, ob hinsichtlich der vom Arbeitgeber vorgetragenen betrieblichen Gründe im Hauptsacheverfahren noch neue Erkennt-
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1 Gotthardt, NZA 2001, 1183 (1185). 2 Gotthardt, NZA 2001, 1183 (1185); a.A. OLG Hamm v. 25.6.1970 – 14 W 31/70, MDR 1971, 401. 3 Beckschulze, DB 2000, 2598 (2606). 4 LAG Berlin v. 20.2.2002 – 4 Sa 2243/91, NZA 2002, 858; LAG Hamburg v. 4.9.2006 – 4 Sa 41/06; LAG Schleswig-Holstein v. 1.3.2007 – 4 SaGa 1/07. 5 LAG Düsseldorf v. 6.2.1987 – 2 (4) Sa 1848/86, NZA 1987, 536; LAG Hessen v. 23.3.1987 – 1 SaGa 316/87, NZA 1988, 37; LAG Rheinland-Pfalz v. 12.4.2002 – 3 Sa 161/02, NZA 2002, 856; LAG Hamburg v. 4.9.2006 – 4 Sa 41/06, NZA-RR 2007, 122. 6 Vgl. BAG v. 26.4.1960 – 1 AZR 134/58, NJW 1960, 1734. 7 LAG Rheinland-Pfalz v. 12.4.2002 – 3 Sa 161/02, NZA 2002, 856 (858); LAG Hamm v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02, NZA-RR 2003, 178 (182); LAG Düsseldorf v. 4.12.2003 – 11 Sa 1507/03, NZA-RR 2004, 181; LAG Hamburg v. 4.9.2006 – 4 Sa 41/06, NZA-RR 2007, 122. 8 Walker, ZfA 2005, 45 (63). 9 Vgl. Korinth, ER, I Rz. 216.
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§ 12
Rz. 68
M 12.6
Arbeitsrecht
nisse etwa aufgrund von Beweismitteln erwartet werden können, die im Eilverfahren noch nicht präsent sind.1
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Reduzierung der Arbeitszeit
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen der . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – Namens und im Auftrag der Antragstellerin beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: Der Antragsgegner wird verurteilt, 1. der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit der Antragstellerin ab dem . . . von . . . auf . . . Wochenstunden, 2. sowie der Verteilung der reduzierten Wochenstunden wie folgt zuzustimmen: . . . [Leistungsverfügung!] I. Bei dem Antragsgegner sind regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Antragstellerin ist seit . . . bei dem Antragsgegner als . . . beschäftigt. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag vom . . . Am . . . hat die Antragstellerin ein Kind bekommen. Im Zeitraum von . . . bis . . . befand sie sich in Elternzeit. Seit der Rückkehr an den Arbeitsplatz übernahm die Betreuung des Kindes die Mutter der Antragstellerin. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Mutter der Antragstellerin Die Mutter der Antragstellerin erlitt am . . . einen Unfall; als Folge befindet sie sich für den Zeitraum von mindestens einem Jahr in einer Rehabilitationsklinik und steht daher zur Kinderbetreuung nicht zur Verfügung. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Mutter der Antragstellerin
1 ArbG Bonn v. 10.4.2002 – 4 Ga 23/02, NZA-RR 2002, 416.
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M 12.6
II. Individualarbeitsrecht
Rz. 71
§ 12
Am . . . stellte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner schriftlich einen Antrag zur Arbeitszeitreduzierung von bisher 40 auf 20 Wochenstunden, damit die Betreuung ihres Kindes gewährleistet ist. Glaubhaftmachung: Antrag der Antragstellerin vom . . . Der Antragsgegner hat den Antrag auf Arbeitszeitverringerung mit dem Hinweis auf eine ausgewogene Personalstruktur abgelehnt. Es seien bereits 50 % Teilzeitkräfte beschäftigt. Daher stünden betriebliche Ablehnungsgründe der Vertragsänderung entgegen. Glaubhaftmachung: Antwortschreiben des Antragsgegners II. Die formellen Reduzierungsvoraussetzungen liegen vor. Für die betrieblichen Ablehnungsgründe ist der Antragsgegner beweisbelastet. Dass bereits 50 % des Personals in Teilzeit arbeitet, stellt jedoch für sich genommen keinen betrieblichen Ablehnungsgrund dar. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsgegner dadurch wesentliche Nachteile entstehen. Die Antragstellerin ist zur Vermeidung wesentlicher Nachteile dringend auf die sofortige Erfüllung des Verringerungsanspruchs angewiesen, da die Betreuung ihres Kindes ansonsten nicht gewährleistet ist. . . . [Die Begründetheit muss die Darlegung einer Notlage, in die der Arbeitnehmer ohne die Reduzierung geraten würde, bzw. anderer dringender Gründe, aufgrund derer die sofortige Erfüllung des Verringerungswunsches erforderlich ist, enthalten.] Rechtsanwalt
9. (Weiter-)Beschäftigung nach § 102 BetrVG Der Weiterbeschäftigungsanspruch bezeichnet das Recht des Arbeitnehmers, zu den bisherigen Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden, obwohl der Arbeitgeber den Bestand des Arbeitsverhältnisses bestreitet.
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§ 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG eröffnet neben der Möglichkeit für den Arbeitnehmer, die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu verlangen, die Möglichkeit für den Arbeitgeber, sich unter bestimmten Bedingungen von dieser Weiterbeschäftigungspflicht entbinden zulassen. Beides ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzbar.
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a) Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs durch einstweilige Verfügung Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch knüpft unmittelbar an das Ende der Kündigungsfrist an. Voraussetzung ist, dass es sich um eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung handelt; bei einer außerordentlichen Kündigung kommt der Weiterbeschäftigungsanspruch von vornherein nicht in Betracht. Braun
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§ 12
Rz. 72
Arbeitsrecht
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Bei der Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung gemäß § 140 BGB besteht der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch ebenfalls. Dies gilt bereits dann, wenn die Umdeutungslage vorliegt1 und nicht erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber seine Umdeutungsabsicht kundgetan hat.2
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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch gilt auch für die ordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer einen auf § 102 Abs. 5 BetrVG gestützten Weiterbeschäftigungsanspruch allerdings nur dann geltend machen, wenn er die Kündigung nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen hat und es sich somit im Rechtssinne um eine Beendigungskündigung handelt.3
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Der Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis für die Zeit der Weiterbeschäftigung fortbesteht, auflösend bedingt durch den rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens.4 Rechtsgrundlage für den Beschäftigungsanspruch ist weiterhin der Arbeitsvertrag. Daher hat der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch keinen anderen Inhalt als der Beschäftigungsanspruch im ungekündigten Arbeitsverhältnis.5 Auch bleibt das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung bestehen.6 Die Beschäftigungspflicht entfällt aber z.B. in dem Fall, dass die Beschäftigung aufgrund einer Betriebsstilllegung tatsächlich unmöglich ist.7
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In zeitlicher Hinsicht erfasst der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren, sodass er auch dann besteht, wenn der Arbeitnehmer in erster Instanz unterliegt. Die Weiterbeschäftigungspflicht entfällt, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage zurücknimmt oder einen Auflösungsvertrag mit dem Arbeitgeber schließt. Indem der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG beantragt, zeigt er kein weiteres Interesse an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses; ein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung besteht dann nicht mehr.8 Die Zeit der Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ist als Zeit der Betriebszugehörigkeit zu werten, was für Sonderleistungen und die betriebliche Altersversorgung von Bedeutung sein kann.9 Auch im Arbeitskampf ist der Arbeitnehmer, der einen betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch erstritten hat, gegenüber den ungekündigten Arbeitnehmern weder privilegiert noch benachteiligt.10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Kittner in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, § 102 BetrVG Rz. 250. Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 198. Korinth, ER I, Rz. 157. Ganz h.M., s. Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 215. LAG Baden-Württemberg v. 13.2.2004 – 5 Sa 57/03; LAG Schleswig-Holstein v. 19.5.2010 – 6 SaGa 9/10. Korinth, ER, I Rz. 170. Willemsen/Hohenstatt, DB 1995, 215 (216 f.). Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 206. Krause, NZA 2005, Beilage Nr. 1, 51 (57). Korinth, ER, I Rz. 171.
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 79
§ 12
Voraussetzung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ist, dass der Betriebsrat gegen die Kündigung formgerecht Widerspruch eingelegt hat. Der Arbeitnehmer muss zunächst glaubhaft machen, dass ihm eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers zugegangen ist. Daneben muss der Arbeitnehmer glaubhaft machen, dass er Kündigungsschutzklage nach dem KSchG erhoben hat und dass der Betriebsrat der Kündigung ordnungsgemäß widersprochen hat.
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Für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes müssen im Unternehmen des Arbeitgebers mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne von § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt sein und das Arbeitsverhältnis des Klägers muss mindestens sechs Monate bestanden haben. Außerdem muss der Arbeitnehmer innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben haben. Falls wegen Fristversäumnis ein Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gemäß § 5 KSchG gestellt wurde, so kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur in Betracht, wenn die nachträgliche Zulassung durch rechtskräftigen Beschluss erfolgt ist.1 Zur Begründetheit des betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs muss der Kläger gerade die Sozialwidrigkeit der Kündigung im Sinne des § 1 KSchG geltend machen. Falls der Arbeitnehmer andere Unwirksamkeitsgründe als die aus § 1 KSchG anführt, kann er die Weiterbeschäftigung jedenfalls nicht nach § 102 Abs. 5 BetrVG verlangen, es sei denn, er macht von der Möglichkeit des § 6 KSchG Gebrauch.2
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Gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG muss der Arbeitnehmer erkennbar die Weiterbeschäftigung verlangen. Nicht ausreichend ist, wie im Falle des Annahmeverzugs gemäß § 615 BGB, die Arbeitskraft bloß anzubieten. Auch die Geltendmachung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs genügt diesen Anforderungen nicht. Die Weiterbeschäftigung soll innerhalb einer angemessenen Frist nach Zugang der Kündigungserklärung beansprucht werden, wobei es als ausreichend angesehen wird, wenn die Geltendmachung am ersten Arbeitstag nach Ablauf der Kündigungsfrist dem Arbeitgeber gegenüber erfolgt.3
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Der Betriebsrat muss der Kündigung ordnungs- und fristgemäß widersprochen haben. Der schriftlich einzulegende Widerspruch ist innerhalb einer Woche geltend zu machen, wobei nicht nur bei betriebsbedingten, sondern auch bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen widersprochen werden darf.4 Der Betriebsrat muss einen „Zweier-Schritt“5 einhalten: Er muss auf einen der Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 Nr. 1–5 BetrVG abstrakt Bezug nehmen sowie Tatsachen im Widerspruchsschreiben vorbringen, die es als möglich erscheinen lassen, dass einer dieser Gründe vorliegt. Wie konkret die Begründung zu erfolgen hat, hängt von dem einzelnen Widerspruchsgrund ab.6 Der Betriebsrat muss sich auf einen der genannten Widerspruchsgründe berufen, und seine Begründung darf nicht als völlig ausgeschlossen erscheinen lassen, dass dieser
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Vgl. Korinth, ER, I Rz. 159. Kittner in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, § 102 BetrVG Rz. 257. BAG v. 11.5.2000 – 2 AZR 54/99, NZA 2000, 1055. Korinth, ER, I Rz. 162. Reidel, NZA 2000, 454 (459). Korinth, ER, I Rz. 164.
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§ 12
Rz. 80
Arbeitsrecht
Grund tatsächlich vorliegt.1 Eine bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts genügt nicht.2 Ebenfalls nicht ausreichend ist es, wenn der Betriebsrat nur allgemein auf eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit in demselben oder einem anderen Betrieb des Unternehmens verweist, da ein Mindestmaß an konkreter Argumentation zu fordern ist.3 Für den Fall, dass der Arbeitgeber seine Auswahlüberlegungen anhand eines Punkteschemas darlegt, ist eine konkrete Stellungnahme erforderlich, warum die Auswahlüberlegungen des Arbeitgebers nicht zutreffen.4 80
Neben dem Verfügungsanspruch, der sich aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ergibt, bedarf es eines besonderen Verfügungsgrundes (vgl. §§ 935, 940 ZPO), woraus auf die Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung in Gestalt einer Sicherungsverfügung geschlossen werden kann. Da es sich bei dem Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung um einen zeitlich gebundenen Anspruch handelt, ist umstritten, ob an das Vorliegen des Verfügungsgrundes reduzierte Anforderungen gestellt werden oder ob das Erfordernis des Verfügungsgrundes gänzlich entfällt. Letztlich führen die Meinungen faktisch zum selben Ergebnis.5 Nach der wohl überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und der Literatur wird vom Erfordernis des Verfügungsgrundes zwar nicht ganz abgesehen, an dessen Vorliegen jedoch nur geringe Anforderungen gestellt; grundsätzlich genügt schon der Hinweis auf den drohenden Zeitablauf und die hierdurch eintretende Vereitelung des Beschäftigungsanspruchs, ohne dass es noch der Darlegung zusätzlicher Umstände zur Begründung der Eilbedürftigkeit bedarf.6 In den weit überwiegenden Fällen wird nach dieser Auffassung der Verfügungsgrund zu bejahen sein. Einer anderen Meinung zufolge ist es nicht notwendig, einen Verfügungsgrund überhaupt darzulegen. Das nach § 935 ZPO erforderliche Sicherungsinteresse folge bereits unmittelbar aus der Rechtsnatur des Anspruchs auf vorläufige Weiterbeschäftigung, da jede Dauer der Nichtbeschäftigung bereits eine Gefährdung des Beschäftigungsanspruchs bedeutet.7 Praktisch muss der Arbeitnehmer jedoch bei seinem Antrag auf einstweilige Verfügung zur Durchsetzung seines Weiterbeschäftigungsanspruchs nur auf die Gefährdung seines Anspruchs durch drohenden Zeitablauf verweisen. Falls noch weitere
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LAG München v. 10.2.1994 – 5 Sa 969/93, NZA 1994, 997. Korinth, ER, I Rz. 163. Korinth, ER, I Rz. 163. BAG v. 9.7.2003 – 5 AZR 305/02, NZA 2003, 1191; LAG Schleswig-Holstein v. 22.11.1999 – 4 Sa 514/99, BB 2000, 203. 5 Anders aber LAG Nürnberg v. 18.9.2007 – 4 Sa 586/07, wonach der „drohende endgültige Verlust des Arbeitsplatzes des Antragstellers“ nicht den Verfügungsgrund begründen kann. 6 LAG Berlin v. 15.9.1980 – 12 Sa 42/80, DB 1980, 2449; LAG Köln v. 2.8.1984 – 5 Ta 133/84, NZA 1984, 300; LAG Baden-Württemberg v. 30.8.1993 – 15 Sa 35/93, NZA 1995, 683; LAG München v. 10.2.1994 – 5 Sa 969/93, NZA 1994, 997; LAG Berlin-Brandenburg v. 30.3.2011 – 4 SaGa 432/11. 7 LAG Hamburg v. 14.9.1992 – 2 Sa 50/92, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr. 10 = AiB 93, 53 mit Anm. Gussone; ArbG Stuttgart v. 5.4.1993 – 6 Ga 26/93; Raab in GK-BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 189; Peiseler, Anm. zu LAG Düsseldorf v. 30.8.1977 – 8 Sa 505/77, DB 1977, 2383; Otto, RdA 1975, 68 (70); Hanau, BB 1972, 451.
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M 12.7
II. Individualarbeitsrecht
§ 12
Rz. 82
Gründe in Bezug auf die Dringlichkeit hinzukommen, sollten diese in der Antragsschrift glaubhaft gemacht werden.1 Ist dem Arbeitnehmer der Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung durch einstweilige Verfügung zuerkannt, erfolgt die Vollstreckung gemäß § 888 ZPO durch Verhängung von Zwangsgeld oder Zwangshaft gegen den Arbeitgeber.2 In Betracht kommt auch eine auf Antrag des Arbeitnehmers festzusetzende Entschädigung gemäß § 61 Abs. 2 ArbGG.3 Die Verurteilung des Arbeitgebers zu einer derartigen Entschädigung schließt dann jedoch nach § 61 Abs. 2 ArbGG die Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO aus.
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Weiterbeschäftigungsantrag des Arbeitnehmers gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG An das Arbeitsgericht . . .
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12.7
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: Der Antragsgegner wird verurteilt, den Antragsteller bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die bei dem Arbeitsgericht . . . unter dem Aktenzeichen . . . erhobene Kündigungsschutzklage vom . . . des Antragstellers gegen den Antragsgegner wegen der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung des Antragstellers als . . . im Betrieb . . . [Achtung: möglichst genaue Beschreibung] weiterzubeschäftigen. I. Der Antragsgegner beschäftigt in der Regel 30 Arbeitnehmer. Der Antragsteller ist seit . . . bei dem Antragsgegner als . . . beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt. . . . Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag vom . . . Mit Schreiben vom . . . kündigte der Antragsgegner das Arbeitsverhältnis ordentlich betriebsbedingt zum. . . . 1 Jaeger in Jaeger/Röder/Heckelmann, Kap. 25 § 102 BetrVG Rz. 170. 2 LAG Berlin v. 3.5.1978 – 6 Ta 1/78; ARSt. 79, 30; Böhm, BB 1974, 1641; Hanau, BB 1972, 451. 3 Germelmann in Germelmann, § 61 ArbGG Rz. 28.
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§ 12
Rz. 83
Arbeitsrecht
M 12.7
Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom . . . Gegen diese Kündigung hat der Antragsteller am . . . unter dem Aktenzeichen . . . form- und fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben und die Weiterbeschäftigung über den Kündigungstermin hinaus zu unveränderten Bedingungen verlangt. Glaubhaftmachung: Klageschriftsatz vom . . . Die Güteverhandlung vom . . . ist ohne gütliche Einigung geblieben; der Kammertermin wurde festgesetzt auf den . . . Bei dem Antragsgegner ist ein Betriebsrat gebildet, der der Kündigung des Antragstellers am . . . mit der Begründung widersprochen hat, der Antragsgegner habe bei der Kündigung keine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt. Sie habe weder die langjährige Betriebszugehörigkeit des Antragstellers noch dessen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Ehefrau sowie seinen zwei minderjährigen Kindern ausreichend berücksichtigt. Glaubhaftmachung: Stellungnahme des Betriebsrats vom . . . Der Antragsteller hat mit Schreiben vom . . . von dem Antragsgegner seine Weiterbeschäftigung gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG verlangt. Glaubhaftmachung: Schreiben des Antragstellers vom . . . Der Antragsgegner hat darauf nicht reagiert. II. Die ordentliche Kündigung des Antragstellers vom . . . ist offensichtlich unwirksam. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Das gemäß § 935 ZPO erforderliche Sicherungsinteresse folgt bereits aus der Rechtsnatur des Weiterbeschäftigungsanspruchs, da jede Dauer der Nichtbeschäftigung bereits eine unwiederbringliche Verletzung des Beschäftigungsanspruchs des Antragstellers bedeutet. Rechtsanwalt
b) Abwehr einer Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG 83
Zunächst ist zur Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG festzuhalten, dass eine solche Entbindung nur in wenigen Ausnahmefällen durch den Arbeitgeber beantragt werden kann. Die Entbindungsgründe in § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG sind abschließend und können auch nicht erweitert werden.1 Die Entbindung des Arbeitgebers von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung erfolgt nach den unter § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG genannten Voraussetzungen nach heute wohl fast einhelliger Meinung im Urteils- und nicht im Beschlussverfahren.2
1 Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 223. 2 LAG Berlin v. 11.6.1974 – 8 Sa 37/74, DB 1974, 1629; Grunsky, § 62 ArbGG Rz. 23 m.w.N.; Walker, § 12 Rz. 692.
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M 12.7
II. Individualarbeitsrecht
Rz. 86
§ 12
Der Entbindungsgrund gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BetrVG liegt vor, wenn die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder die Klage als mutwillig erscheint. Für das Vorliegen dieser Entbindungsgründe gelten die gleichen Voraussetzungen wie für die Gewährung der Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO.1 Aufgrund einer summarischen Prüfung sind die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage zu beurteilen.2 Hat der Arbeitgeber in der ersten Instanz des Kündigungsschutzprozesses obsiegt, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Kündigungsschutzklage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und daher der Entbindungsgrund des § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BetrVG vorliegt.3 Davon ist lediglich dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Arbeitnehmer glaubhaft macht, dass nunmehr neue Tatsachen vorliegen, die seine Erfolgsaussichten in der zweiten Instanz erhöhen.4 Auch ist der Entbindungsgrund gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BetrVG dann gegeben, wenn die Klage des Arbeitnehmers mutwillig erscheint. Davon ist dann auszugehen, wenn ein verständiger Arbeitnehmer sein Recht nicht in dieser Weise verfolgen würde.5
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Der Entbindungsgrund des § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG liegt vor, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass hohe Anforderungen an die Erfüllung dieses Tatbestandes gestellt werden. Es reicht als Argumentation des Arbeitgebers nicht aus, dass der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers lediglich entfallen sei und er nun weiter nicht mehr benötigt werde.6 Auch kann schon deshalb aus der Vergütungspflicht des Arbeitgebers keine unzumutbare wirtschaftliche Belastung folgen, weil andernfalls die Verpflichtung zur vorläufigen Weiterbeschäftigung gemäß § 102 Abs. 5 Satz BetrVG aufgrund der damit einhergehenden Verpflichtung zur Vergütung des weiterbeschäftigten Arbeitnehmers quasi automatisch einen Entbindungsgrund darstellen würde, was der Systematik der in § 102 Abs. 5 BetrVG erfolgten Regelung widerspricht.7
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Umstritten ist in der Rechtsprechung und der Literatur, ob der Entbindungsgrund des § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG vorliegt, wenn eine Weiterbeschäftigung der gekündigten Arbeitnehmer faktisch unmöglich ist, was insbesondere bei einer Betriebsstilllegung relevant wird. In den Konstellationen, in denen der Arbeitgeber lediglich über einen, nämlich den stillgelegten, Betrieb verfügt, wird in aller Regel bereits der Entbindungsgrund gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BetrVG greifen. Verfügt der Arbeitgeber aber über mehrere Betriebe, so wird der Streit relevant, sofern der Arbeitsvertrag keinen betriebsübergreifenden
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1 Vgl. Kittner in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, § 102 BetrVG Rz. 287. 2 LAG Düsseldorf v. 23.5.1975 – 8 Sa 152/75, EzA BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 4; Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 224. 3 ArbG Passau v. 18.2.1992 – 4 Ga 2/92, BB 1992, 928; Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 225. 4 Jaeger in Jaeger/Röder/Heckelmann, Kap. 25, § 102 BetrVG Rz. 182. 5 Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 224. 6 Löwisch/Kaiser, § 102 BetrVG Rz. 59; Kittner in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, § 102 BetrVG Rz. 293; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, § 102 BetrVG Rz. 119. 7 Jaeger in Jaeger/Röder/Heckelmann, Kap. 25, § 102 BetrVG Rz. 186.
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§ 12
Rz. 87
Arbeitsrecht
Versetzungsvorbehalt enthält, welcher den Arbeitgeber dazu berechtigt, die Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb des Unternehmens einzusetzen. 87
Nach einer abzulehnenden Auffassung kann die objektive Unmöglichkeit der vorläufigen Weiterbeschäftigung schon deshalb keine Unzumutbarkeit der Lohnzahlung im Rahmen des § 102 Abs. 5 BetrVG begründen, weil die gesetzliche Regelung zur vorläufigen Weiterbeschäftigung nicht für die Fälle der Betriebsstilllegung eingeschränkt ist.1
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Nach zutreffender Auffassung ist in diesen Fällen von einer Unzumutbarkeit der Belastung des Arbeitgebers mit der Lohnzahlungspflicht auszugehen, da es ihm aufgrund der Stilllegung des Betriebes unmöglich ist, die Gegenleistung für die Lohnzahlung, nämlich die Arbeitskraft der Arbeitnehmer in Anspruch zu nehmen.2 Der Gesetzgeber regelt nur pauschal Lebenssachverhalte, und gerade die Verwendung von Generalklauseln bedarf der Ausfüllung durch die Rechtsprechung. Diese hat aber – für tarifliche Alterssicherungsklauseln – schon entschieden,3 dass die Aufrechterhaltung eines sinnentleerten Beschäftigungsverhältnisses nicht gefordert werden kann. Diese Wertung gilt hier erst recht, denn es liegt auf der Hand und muss wohl nicht näher begründet werden, dass die Gewährung einer Weiterbeschäftigung ohne effektive Weiterbeschäftigungsmöglichkeit von einem Rechtssystem nicht verlangt werden kann.
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Ist der Widerspruch des Betriebsrats unbegründet, greift der Entbindungsgrund gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Dazu ist allerdings nicht ausreichend, dass sich der Widerspruch lediglich als unbegründet herausstellt, sondern der Widerspruch muss sich nach dem Sach- und Streitstand als offensichtlich unbegründet, nahezu grundlos, darstellen.4 Dem Betriebsrat ist ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen.5 Der Widerspruch kann sowohl rechtlich als auch tatsächlich offensichtlich unbegründet sein: – Aus tatsächlichen Gründen ist er offensichtlich unbegründet, wenn die vom Betriebsrat im Widerspruch vorgebrachten Einwände zwar unter einen der gesetzlichen Widerspruchsgründe fallen, jedoch die dort behaupteten Tatsachen nicht der Wahrheit entsprechen. – Aus rechtlichen Gründen ist der Widerspruch dann offensichtlich unbegründet, wenn der Betriebsrat die Voraussetzungen oder den Geltungsbereich des von ihm angeführten Widerspruchsgrundes tatsächlich nicht erkannt hat. So etwa, wenn der Betriebsrat bei einer personenbedingten Kündigung einen Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erhebt, weil soziale Aspekte nicht berücksichtigt wurden. In diesem Fall liegt ein offensichtlich unbegründeter 1 LAG Hamburg v. 16.5.2001 – 4 Sa 33/01, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr. 24 = NZA-RR 2002, 25; Kittner in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, § 102 BetrVG Rz. 293; s. als weiteres Beispiel LAG Nürnberg v. 17.8.2004 – 6 Sa 439/04, NZA-RR 2005, 255. 2 LAG München v. 5.10.1994 – 5 Sa 698/94, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr.19; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmeier, § 102 BetrVG Rz. 119. 3 BAG v. 26.1.1983 – 4 AZR 179/80, SAE 1983, 253–255. 4 LAG München v. 5.10.1994 – 5 Sa 698/94, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr. 19; Etzel in KR, § 102 BetrVG Rz. 230. 5 BAG v. 17.6.1999 – 2 AZR 608/98, NJW 2000, 236.
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II. Individualarbeitsrecht
Rz. 92
§ 12
Widerspruch vor, da § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG nur dann in Betracht kommt, wenn es sich um Kündigungen handelt, die betriebsbedingt ausgesprochen worden sind.1 Für einen ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrats gegen eine ordentliche Kündigung nach § 102 Abs. 3 Nr. 1–3 BetrVG, der Voraussetzung für einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ist, reicht es nicht aus, wenn der Betriebsrat auf Personalengpässe bei Arbeiten hinweist, die im Betrieb von einem Subunternehmer aufgrund eines Werkvertrags erledigt werden.2 Falls der Betriebsrat schon formal nicht ordnungsgemäß widersprochen hat, kann keine Weiterbeschäftigungspflicht entstehen, von der der Arbeitgeber sich folglich auch nicht durch einstweilige Verfügung befreien lassen muss.3
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Unbeachtlich ist der Widerspruch, wenn er zwar den formalen Minimalanforderungen entspricht, der behauptete Widerspruchsgrund sich aber keinem der gesetzlich aufgelisteten Gründe zuordnen lässt.4 Auch im Fall eines unbeachtlichen Widerspruchs besteht der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht. Nach einer Meinung wird zwar vertreten, dass für den Antrag auf einstweilige Verfügung in diesem Fall das Rechtsschutzinteresse fehle.5 Dem wird allerdings zu Recht entgegengehalten, dass diese Meinung zu formalistisch sei und im Interesse der Rechtssicherheit dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben werden müsse, in jedem Falle das Bestehen oder Nichtbestehen einer Weiterbeschäftigungsverpflichtung zu klären. Da das Gesetz in § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG die einstweilige Verfügung als das geeignete Mittel vorausgesetzt habe, müsse dies auch gelten, wenn nicht nur ein Gegenrecht gegen den Weiterbeschäftigungsanspruch bestehe, sondern vielmehr der Weiterbeschäftigungsanspruch selbst nicht gegeben sei.6 Der Streit scheint aber größtenteils akademischer Natur zu sein, denn auch Korinth sieht ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Befreiungsantrag, wenn ein Arbeitnehmer seinen Weiterbeschäftigungsantrag geltend macht, und lehnt nur Entbindungsentscheidungen „auf Vorrat“ ab.7 Solche Anträge wird aber kein verständiger Arbeitgeber stellen, droht doch die Gefahr, „schlafende Hunde zu wecken“. Anerkennenswert ist indes das Interesse des Arbeitgebers, frühzeitig und proaktiv auch dann tätig zu werden, wenn ein Weiterbeschäftigungsanspruch zwar tatsächlich nicht besteht, aber zumindest Zweifel bestehen.8
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In Bezug auf den Verfügungsanspruch sind vom Arbeitgeber die Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG darzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass der
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1 LAG Köln v. 19.10.2000 – 10 Sa 342/00, MDR 2000, 517; Kittner in Däubler/Kittner/ Klebe/Wedde, § 102 BetrVG Rz. 295; Jaeger in Jaeger/Röder/Heckelmann, Kap. 25, § 102 BetrVG Rz. 191. 2 BAG v. 11.5.2000 – 2 AZR 54/99, NJW 2000, 3587. 3 BAG v. 11.5.2000 – 2 AZR 54/99, BB 2000, 2049 (2050). 4 Thüsing in Richardi, § 102 BetrVG Rz. 148. 5 LAG Berlin v. 11.6.1974 – 8 Sa 37/74, DB 1974, 1629; Dütz, DB 1978, Beilage Nr. 13, S. 9; Korinth, ER, I Rz. 181. 6 LAG Baden-Württemberg v. 15.5.1974 – 6 Sa 35/74, BB 1975, 43; Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 110. 7 Korinth, ER, I Rz. 180. 8 Korinth, ER, I Rz. 182.
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§ 12
Rz. 93
M 12.8
Arbeitsrecht
Verfügungsgrund in diesem Falle zusätzlich dargetan wird, da das Gesetz ausdrücklich die einstweilige Verfügung als Mittel zur Durchsetzung des Verlangens des Arbeitnehmers genannt hat. So ist der Verfügungsgrund in aller Regel gegeben. Zur Glaubhaftmachung kann sich der Arbeitgeber aller zugelassenen Mittel, insbesondere der eidesstattlichen Versicherung, bedienen.
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Antrag auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungsverpflichtung gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: 1. Es wird festgestellt, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch des Antragsgegners nach § 102 Abs. 5 BetrVG nicht besteht. 2. Hilfsweise wird beantragt, dass der Antragsteller von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens, welches unter dem Aktenzeichen . . . bei dem Arbeitsgericht . . . anhängig ist, entbunden wird. Begründung: Der Antragsteller beschäftigt zurzeit ca. 40 Mitarbeiter. Ein Betriebsrat ist gebildet. Der Antragsgegner ist bei dem Antragsteller seit dem . . . als . . . beschäftigt. Der Antragsteller hat dem Antragsgegner am . . . zum . . . ordentlich betriebsbedingt gekündigt. Der Betriebsrat hat dieser Kündigung widersprochen und sich dabei ausdrücklich auf § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG berufen. Glaubhaftmachung: 1. Kündigungsschreiben vom . . . 2. Widerspruchsschreiben des Betriebsrats vom . . . Der Antragsgegner hat am . . . gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben und gleichzeitig beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, den Antragsgegner bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen. Das Kündigungsschutzverfahren wird unter dem Aktenzeichen . . . beim Arbeitsgericht . . . geführt. Glaubhaftmachung: Klageschriftsatz des Antragsgegners vom . . . 294
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M 12.8
II. Individualarbeitsrecht
Rz. 94
§ 12
Der Antragsteller ist von der Weiterbeschäftigungspflicht gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BetrVG zu entbinden. Die Kündigungsschutzklage des Antragsgegners hat keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg; der Antragsteller hat bei der Kündigung soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt. Der Antragsteller beschäftigt neben dem Antragsgegner drei weitere Mitarbeiter als . . . Aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung im Januar wurde die Abteilung, in der der Antragsgegner tätig war, der Zentrale am Standort . . . zugeordnet. Auf diese Weise konnten Arbeitsabläufe optimiert werden. Die Tätigkeiten, die zuvor am Standort . . . von vier Mitarbeitern erledigt wurden, können nun aufgrund der anderen Aufgabenverteilung von nunmehr zwei Mitarbeitern bewältigt werden. Daher ist der Beschäftigungsbedarf für zwei Stellen am Standort . . . entfallen. Gleichzeitig mit dem Antragsgegner wurde dem Mitarbeiter . . . gekündigt. Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben des Mitarbeiters . . . vom . . . Die beiden verbleibenden Mitarbeiter sind sozial schutzwürdiger als der Antragsgegner. Der Mitarbeiter . . . weist im Gegensatz zum Antragsgegner ein erheblich höheres Lebensalter sowie eine wesentlich längere Beschäftigungszeit auf. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Personalleiters (alternativ: des Mitarbeiters) Der Mitarbeiter . . . ist zwar zwei Jahre jünger als der Antragsgegner, seine sozial schutzwürdigere Position ergibt sich indes daraus, dass er seiner nicht-berufstätigen Ehefrau sowie zwei minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig ist. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters . . . Die Ehefrau des Antragsgegners verfügt demgegenüber über ein eigenes Einkommen. Die Kündigung des Antragsgegners war daher rechtswirksam. Die Kündigungsschutzklage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg; der Antragsteller ist somit von der Weiterbeschäftigungspflicht des Antragsgegners zu entbinden. Rechtsanwalt
10. Zeugniserteilung Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 630 BGB einen Anspruch auf Zeugniserteilung. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen einem Zeugnis, welches nur die Bezeichnung der Art des Dienstverhältnisses und dessen Dauer umfasst (einfaches Zeugnis), und einem Zeugnis, welches sich zusätzlich auf die individuellen Leistungen des Arbeitnehmers und dessen Führung im Dienste erstreckt (qualifiziertes Zeugnis). Zwischen den beiden Zeugnisarten besteht ein Wahlrecht. Erteilt der Arbeitgeber wunschgemäß ein einfaches Zeugnis, ist das Wahlrecht ausgeübt und der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis erloschen. Aus dem qualifizierten Zeugnis muss sich alles Wesentliche ergeben, was für eine Gesamtbeurteilung erforderlich ist. Das Zeugnis muss wohlwollend, aber wahr sein.1 1 Vgl. BGH v. 26.11.1963 – VI ZR 221/62, AP BGB § 826 Nr. 10.
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§ 12
Rz. 95
Arbeitsrecht
M 12.8
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Hat der Arbeitgeber überhaupt kein Zeugnis erteilt, steht dem Arbeitnehmer regelmäßig ein Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung zur Seite. Es bedarf keiner besonderen Darlegung hinsichtlich der Dringlichkeit, denn typischerweise ist der Arbeitnehmer nach einer Kündigung auf ein Zeugnis angewiesen, um sich Erfolg versprechend um eine andere Arbeitsstelle bemühen zu können.1 Im Einzelfall kann die Eilbedürftigkeit entfallen, beispielsweise bei einem sich anschließenden Rentenbezug. Der Durchsetzbarkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren steht die Vorwegnahme der Hauptsache nicht entgegen.
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Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, je eindeutiger der Verfügungsanspruch besteht. Da dem Zeugniserteilungsanspruch auch keine Zurückbehaltungsrechte entgegengehalten werden können,2 ist der Verfügungsgrund regelmäßig gegeben.3 Für den Fall, dass ein Zeugnis erteilt wird, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht mittels einstweiliger Verfügung eine bessere Beurteilung oder sonstige Änderungen erzwingen. Die neuere Rechtsprechung lässt hierzu nur eng begrenzte Ausnahmen zu. Nur dann, wenn das Zeugnis schon dem äußeren Anschein nach nicht den Anforderungen entspricht und/oder die Beschreibung der Tätigkeit derart unvollständig ist oder bei der Bewertung von Führung und Leistung so ungünstige oder unsachliche Formulierungen enthält, dass Erfolg versprechende Bewerbungen dadurch ausgeschlossen erscheinen, soll die Berichtigung auch durch einstweilige Verfügung möglich sein.4
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Bei inhaltlichen Fragen, insbesondere bei Bewertungen (soweit dies nach Vorstehendem überhaupt im einstweiligen Rechtsschutz relevant sein kann), spielt die Beweislastverteilung eine prozessentscheidende Rolle. Der Arbeitnehmer kann auch mit dem so genannten „Zeugnisberichtigungsanspruch“ im Hauptverfahren weiterhin die Erfüllung seines Zeugnisanspruchs geltend machen, da dieser sich inhaltlich auf ein „wahres“ Zeugnis bezieht.5 Die durchschnittliche Beurteilung stellt den Normalfall dar, und bei Abweichungen nach oben oder nach unten obliegt die Beweislast demjenigen, der sie für sich reklamiert. Das BAG billigt dem Arbeitgeber allerdings einen Beurteilungsspielraum zu, der das gerichtliche Ermessen einengt.6
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Wenn der Arbeitnehmer die Änderung eines bereits erteilten Zeugnisses begehrt, muss er im Antrag präzise umschreiben, welche Formulierungen im erteilten Zeugnis er durch welche anderen ersetzt haben möchte.7 Das Gericht ist befugt, das gesamte Zeugnis zu überprüfen und unter Umständen selbst neu zu 1 Korinth, ArbRB 2004, 321 (323). 2 BAG v. 20.12.1958 – 2 AZR 336/56, AP BGB § 611 Urlaubskarten Nr. 2 = NJW 1959, 453; Eisemann in Schliemann, § 630 BGB Rz. 18. 3 LAG Köln v. 5.5.2003 – 12 Ta 133/03, LAGReport 2003, 304; s. weiter hierzu Korinth, ER, Rz. 278; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 527. 4 LAG Köln v. 5.5.2003 – 12 Ta 133/03; LAGReport 2003, 304. 5 BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 12/03, BAGReport 2004, 225= NZA 2004, 842. 6 BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 12/03, BAGReport 2004, 225 = NZA 2004, 842. 7 BAG v. 14.3.2000 – 9 AZR 246/99, NJOZ 2001, 44; LAG Düsseldorf v. 11.6.2003 – 12 Sa 354/03, LAGE § 109 GewO 2003 Nr 1.
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II. Individualarbeitsrecht
§ 12
Rz. 101
formulieren, da es ein einheitliches Ganzes ist, dessen Teile nicht ohne die Gefahr der Sinnentstellung auseinander gerissen werden können.1 Die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ist nach allgemeiner Meinung2 eine unvertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO und nach dieser Vorschrift (Zwangshaft/Zwangsgeld) vollstreckbar. Die bloße Herausgabe des Zeugnisses nach bereits erfolgter Verfassung und Unterzeichnung wird nach § 883 ZPO durch den Gerichtsvollzieher vollstreckt; es besteht eine Holschuld.3
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Es handelt sich um eine Regelungsverfügung im Sinne des § 940 ZPO. Für die Glaubhaftmachung reicht es aus, wenn der Arbeitnehmer darlegt, dass der Arbeitgeber trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder die Arbeitspapiere noch eine Zwischenbescheinigung übergeben hat und dass der Arbeitnehmer diese benötigt, um ein neues Arbeitsverhältnis anzutreten, z.B. wegen § 312 Abs. 1 Satz 1 SGB III bzw. um Arbeitslosengeld zu beantragen (§ 323 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Zur Glaubhaftmachung genügt eine eigene eidesstattliche Versicherung.4
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Antrag auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses An das Arbeitsgericht . . .
12.9 101
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen des . . . – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen ... – Antragsgegner – Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: Der Antragsgegner wird verurteilt, dem Antragsteller folgendes Zeugnis zu erteilen: . . . [voller Zeugnistext wird Bestandteil des Antrags]
1 BAG v. 24.3.1977 – 3 AZR 232/76, AP BGB § 630 Nr. 12 = DB 1977, 1369; LAG Düsseldorf v. 11.6.2003 – 12 Sa 354/03; Müller-Glöge in ErfK, § 109 GewO Rz. 75. 2 Vgl. Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 58 und 62; Vossen in GK-ArbGG, § 62 ArbGG Rz. 48. 3 BAG v. 8.3.1995 – 5 AZR 848/93, MDR 1995, 825 = NJW 1995, 2373. 4 Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 112.
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§ 12
Rz. 102
Arbeitsrecht
M 12.9
I. Der Antragsteller war vom . . . bis . . . bei dem Antragsgegner als . . . beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am . . . aufgrund eines Aufhebungsvertrags zwischen den Parteien. Glaubhaftmachung: 1. Arbeitsvertrag vom . . . 2. Aufhebungsvereinbarung vom . . . Obwohl der Antragsteller mehrfach schriftlich und unter Fristsetzung die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses von dem Antragsgegner verlangt hat, ist dieser dem Verlangen nicht nachgekommen. Glaubhaftmachung: 1. Schreiben vom . . ., . . . und vom . . . 2. Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers II. Der Antragsteller hat gemäß § 630 BGB einen Anspruch auf Erteilung eines wohlwollenden, der Wahrheit entsprechenden Arbeitszeugnisses, wobei er ein Wahlrecht zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis hat. Dieses Wahlrecht hat der Antragsteller ausgeübt. Der Antragsteller ist dringend auf das Arbeitszeugnis angewiesen, damit er Erfolg versprechend Bewerbungen schreiben kann. Rechtsanwalt
III. Kollektivarbeitsrecht 1. Allgemeine Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren 102
Grundlegend für einstweilige Verfügungen jeglicher Art ist auch im Kollektivarbeitsrecht, dass ein zu sichernder Anspruch und besondere Eilbedürftigkeit bestehen müssen, also ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund. Weiterhin muss der Tatsachenvortrag durch Glaubhaftmachung belegt werden. Auch im Beschlussverfahren ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig, § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Nach § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG gelten für das Verfahren die Vorschriften des 8. Buches der ZPO über die einstweilige Verfügung entsprechend mit der Maßgabe, dass die Entscheidung durch Beschluss der Kammer ergeht, erforderliche Zustellungen von Amts wegen erfolgen und ein Anspruch auf Schadensersatz im Sinne des § 945 ZPO in Angelegenheiten des BetrVG nicht besteht. In § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist der Arrest zwar nicht erwähnt, diesen im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens auszuschließen, erscheint indes nicht sachgerecht. Vielmehr hat § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG hinsichtlich der einstweiligen Verfügung eine klarstellende, hinsichtlich des Arrestes jedoch keine ausschließende Funktion.1
1 Matthes in Germelmann, § 85 ArbGG Rz. 28; Grunsky, § 85 ArbGG Rz. 24.
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III. Kollektivarbeitsrecht
§ 12
Rz. 107
Ansprüche des Betriebsrats können in Betriebsverfassungssachen auf Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruhen.
103
Im Beschlussverfahren setzt die einstweilige Verfügung für einen zu sichernden Anspruch des Betriebsrats voraus, dass das begehrte Handeln oder Unterlassen höchst dringlich ist. An den Verfügungsgrund im Beschlussverfahren werden von den Arbeitsgerichten recht unterschiedliche Anforderungen gestellt. Zunächst kann auf das Verhältnis zwischen der Schwere der gerügten Rechtsverletzung und den sich daraus ergebenden Folgen abgestellt werden. Hinsichtlich der Anforderungen an den Verfügungsgrund ist das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme einerseits für den Arbeitgeber und andererseits für die Belegschaft abzuwägen.1 Je eindeutiger die Anspruchsgrundlage oder der dem Anspruch zugrunde liegende Sachverhalt sind – also je offenkundiger der Rechtsverstoß ist – desto eher wird der Verfügungsgrund zu bejahen sein.2
104
An den Verfügungsgrund sind indes nur geringe Anforderungen zu stellen, wenn keine ernsthaften Zweifel am Verfügungsanspruch bestehen, etwa bei einem offensichtlichen Verstoß des Arbeitgebers gegen Mitbestimmungsrechte.3 Kenntnis und Wille des Arbeitgebers, Maßnahmen unter Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats durchzuführen, sprechen für das Vorliegen des Verfügungsgrundes.4 Die Gefahr eines zeitweiligen Rechtsverlustes muss vom Antragsteller zumindest dann hingenommen werden, wenn er dadurch entweder gar keinen oder einen leicht zu verkraftenden Schaden erleidet, während umgekehrt der Antragsgegner durch den Erlass einer Befriedigungsverfügung in eine Notlage geriete, die möglicherweise zu einer Existenzgefährdung oder zu einem unverhältnismäßig hohen Schaden führt.5 Im Gegensatz dazu ist ein Verfügungsgrund insbesondere dann anzunehmen, wenn bei einem Unterlassungsanspruch ohne einstweilige Verfügung – nicht notwendig dauerhafte – Undurchsetzbarkeit gegeben wäre, die Mitbestimmung also vereitelt wäre.6 Der vorläufige Rechtsschutz kann mangels Verfügungsgrund scheitern, wenn eine mitbestimmungswidrige Situation vom Betriebsrat trotz längerer Kenntnis der Situation nicht angegriffen worden ist.7
105
Eine Beschlussverfügung wird erst dann wirksam,8 wenn sie dem Antragsgegner in einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift9 im Parteibetrieb zugestellt wird (§§ 936, 922 Abs. 2 ZPO).
106
Wird die einstweilige Verfügung erlassen, muss der Gläubiger sie binnen eines Monats vollziehen (§§ 936, 929 Abs. 2 ZPO). Bleibt er während dieser Frist untätig, darf er aus der einstweiligen Verfügung nicht mehr vollstrecken. Beantragt
107
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BAG v. 3.5.1994 – 1 ABR 24/93, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23 = NJW 1995, 1044. Matthes in Germelmann, § 85 ArbGG Rz. 37. Matthes in Germelmann, § 85 ArbGG Rz. 37. ArbG Hamburg v. 19.9.1995 – 28 GaBV 1/95. Prütting, RdA 1995, 257 (263). Grunsky, § 85 ArbGG Rz. 16; Prütting, RdA 1995, 257 (263). ArbG Hamburg v. 7.1.1987 – 9 GaBV 7/86. Grunsky in Stein/Jonas, § 922 ZPO Rz. 5a. Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, S. 134 Rz. 525.
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§ 12
Rz. 108
Arbeitsrecht
ein Arbeitnehmer beispielsweise die Weiterbeschäftigung erst einige Monate (sechs Monate) nach Verkündung eines die Unwirksamkeit der Kündigung feststellenden erstinstanzlichen Urteils im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens, so fehlt hierfür der Verfügungsgrund (Eilbedürftigkeit).1 Die Vollziehungsfrist bei der Beschlussverfügung beginnt mit deren Zustellung bzw. Aushändigung2 an den Antragsteller bzw. dessen Prozessbevollmächtigten.
2. Einstweilige Verfügung zur Teilnahme an Betriebsratsschulungen 108
Jedem Mitglied eines Betriebsrats steht das Recht zu, an Schulungen teilzunehmen, die für die Mandatsausübung erforderlich (§ 37 Abs. 6 BetrVG) oder hierfür geeignet (Absatz 7) sind. Die Teilnahmeberechtigung hängt nicht von einer arbeitgeberseitigen Erlaubnis ab, sondern besteht ex lege.
109
Nachdem also ein Verfügungsanspruch grundsätzlich besteht, stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes, wenn der Arbeitgeber eine Teilnahme ausdrücklich untersagt und das Betriebsratsmitglied die Teilnahme scheut, um keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu riskieren.3 Korinth4 hält eine einstweilige Verfügung für zulässig, weil gemäß dem Wortlaut des § 37 Abs. 2 BetrVG die Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit „zu befreien“ sind, also eine Handlung des Arbeitgebers erfolgen müsse. Damit werde das Betriebsratsmitglied der Gefahr enthoben, auf eigenes Beurteilungsrisiko über eine Teilnahme entscheiden zu müssen. Dieser Auslegung kann indes nicht gefolgt werden. Die Konsequenz, dass bei diesem Verständnis des Wortlauts jede Teilnahme eine arbeitgeberseitige Befreiungserklärung erfordere, wird nämlich ausdrücklich nicht gezogen. Insofern ist es nicht konsequent, einerseits von einem Erlaubnistatbestand ex lege auszugehen, andererseits zur Vermeidung von rechtlichen Zweifeln für die Betriebsratsmitglieder einen Befreiungstatbestand und damit im einstweiligen Rechtsschutz einen Verfügungsanspruch anzuerkennen. Das Risiko einer rechtlichen Fehlbeurteilung haben Betriebsratsmitglieder in gleicher Weise wie alle anderen Beteiligten am Rechtsverkehr (zB der Arbeitgeber bei Ausspruch einer Kündigung) zu tragen. Für eine solche Risikoabsicherung besteht angesichts des allseits anerkannten Beurteilungsermessens zugunsten der Betriebsräte5 und der äußerst großzügigen Anerkennung der Erforderlichkeit einer Betriebsratsschulung durch die Arbeitsgerichte6 ohnehin kein Anlass.
3. Betriebsversammlungen 110
Von der Betriebsversammlung als Organ der Betriebsverfassung sind zunächst solche Versammlungen zu unterscheiden, die der Arbeitgeber aufgrund seines 1 2 3 4 5 6
LAG Hamm v. 18.2.1986 – 11 Sa 1656/85, NZA 1986, 399. Str. vgl. Gift/Baur, Rz. 179 m.w.N. zum Streitstand. Korinth, ER, K Rz. 34. Korinth, ER, K Rz. 35. Thüsing in Richardi, § 37 BetrVG Rz. 88. Wedde in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, § 37 BetrVG Rz. 127; Eisemann in ErfK, § 37 BetrVG Rz. 16 ff.
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 114
§ 12
Direktionsrechts einberuft und an denen teilzunehmen die Arbeitnehmer daher verpflichtet sind. Der Arbeitgeber ist berechtigt, solche Versammlungen jederzeit einzuberufen.1 Sollen sie außerhalb der Arbeitszeit stattfinden, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.2 Der Betriebsrat muss einmal pro Quartal eine Betriebsversammlung einberufen. Zusätzliche Betriebsversammlungen sind unter der Voraussetzung des § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG zulässig, aber nicht zwingend. Die Einberufung der Betriebsversammlung sowie die Entscheidung, wann sie stattfindet und ob diese als Abteilungs- oder Teilversammlung durchgeführt werden soll, obliegt dem Betriebsrat. Dies gilt auch dann, wenn die Betriebsversammlung vom Arbeitgeber, den Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft beantragt wird.
111
Die Rechtsprechung gewährt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, im Wege des arbeitsgerichtlichen Eilrechtsschutzes im Beschlussverfahren noch vor der Durchführung der Betriebsversammlung diese in gesetzmäßige Bahnen zu lenken; ohne diesen effektiven Rechtsschutz könnte der Betriebsrat ohne Rücksicht auf zeitliche und inhaltliche Grenzen beliebig „terminieren“ und nach Gutdünken Themen auf die Tagesordnung setzen. Mag auch der Betriebsrat hier über Ermessensspielräume verfügen, so kann bei gravierenden und erkennbaren Fehlern nicht Ziel des Gesetzes sein, diese nicht unterbinden zu können. Nur die gesetzeskonforme Betriebspartnerschaft ist vertrauensbildend (vgl. § 2 Abs. 1 BetrVG).
112
Der Arbeitgeber kann außerdem in Zweischichtbetrieben Teilversammlungen verhindern.3 Ebenso kann das Unterlassen der Einberufung von Versammlungen eine einstweilige Verfügung (§ 85 Abs. 2 ArbGG, § 935 ff. ZPO) rechtfertigen.4
113
Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 1004 BGB analog i.V.m. § 43 BetrVG.5 Zum Verfügungsgrund müssen Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitsablauf
114
1 BAG v. 27.6.1989 – 1 ABR 28/88, AP BetrVG 1972 § 42 Nr. 5 = DB 1989, 2543 = NZA 1990, 113. 2 BAG v. 13.3.2001 – 1 ABR 33/00, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 87 = DB 2001, 2055 = FA 2001, 251. 3 LAG Schleswig-Holstein v. 26.6.1991 – 4 TaBV 31/91, AiB 1991, 391. 4 LAG Düsseldorf v. 24.10.1972 – 11 (6) BV Ta 43/72, DB 1972, 2212; LAG Baden-Württemberg v. 12.7.1979 – 11 Sa 44/79; ArbG Wuppertal v. 23.1.1975 – 1 BVGa 1/75, DB 1975, 1084; ArbG Magdeburg v. 30.3.1993 – 6 BVGa 1/93, nicht veröffentlicht, betreffend eine einstweilige Verfügung gegen die Durchführung einer Betriebsversammlung, die zur angeblichen Fortsetzung einer vorangegangenen weiteren Betriebsversammlung dienen sollte. In Wirklichkeit handelte es sich bei dieser „Fortsetzungsbetriebsversammlung“ um eine außerordentliche Betriebsversammlung, die während der Arbeitszeit untersagt ist. Vgl. auch Heinze, RdA 1986, 273 (289). Ein Muster für eine Antragsschrift ist zu finden in Baur in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, S. 371 ff.; zum vom Betriebsrat eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren vgl. LAG Köln v. 19.4.1988 – 11 TaBV 24/88, DB 1988, 1400. 5 Heinze, RdA 1986, 273; vgl. zum Verfügungsanspruch ArbG Magdeburg v 30.3.1993 – 6 BVGa 1/93, nicht veröffentlicht.
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301
§ 12
Rz. 115
Arbeitsrecht
durch den vorgesehenen Termin unzumutbar und endgültig beeinträchtigt würde. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn außer dem durch die Betriebsversammlung unvermeidbar anfallenden Produktionsausfall weitere zusätzliche erhebliche Nachteile und Vermögensschäden entstünden. 115
Ebenso besteht die Möglichkeit, eine Betriebsversammlung mit unzulässiger Thematik oder unzulässigen Referenten im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu unterbinden.1
116
Auch der Betriebsrat kann, mittels einstweiliger Verfügung, unter Berufung auf den allgemeinen Unterlassungsanspruch des § 1004 BGB gegen eine rechtswidrig vom Arbeitgeber anberaumte Versammlung vorgehen2 oder sich gegen Behinderungen der Betriebsversammlung durch den Arbeitgeber wehren. So stellt der Versuch des Arbeitgebers, eine Teilnahme an der Betriebsversammlung etwa durch Überhängen der Einladung oder das Versprechen eines halben Tages Zusatzurlaubs bei Nichtteilnahme zu verhindern, einen groben Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG dar,3 der im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geahndet werden kann. Die Duldung der Durchführung der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit kann ebenso durch eine einstweilige Verfügung im Beschlussverfahren erzwungen werden.4
117
Insbesondere ist weiterhin eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Zutrittsrechts von Gewerkschaftsmitgliedern zur Teilnahme an den Versammlungen möglich.5 Ein Verfügungsanspruch ergibt sich hier aus § 2 Abs. 2 BetrVG, der ein allgemeines Zutrittsrecht der Gewerkschaftsvertreter zum Betrieb garantiert. Weiter folgt dieses Recht aus den §§ 31, 51 Abs. 1, 53 Abs. 3, 59 Abs. 1 BetrVG, aus § 46 Abs. 1 BetrVG und aus §§ 65 Abs. 1, 73 Abs. 2 BetrVG.
118
Der Arbeitgeber ist allerdings berechtigt, dem Gewerkschaftsvertreter den Zugang zur Betriebsversammlung zu verweigern, wenn die von der Gewerkschaft entsandte Person den Verrat von Betriebsgeheimnissen, grobe Beleidigungen oder andere Straftaten gegen den Arbeitgeber begangen hat oder konkret befürchten lässt.6 Falls die Gewerkschaft solche Gründe nicht für gegeben hält, dann kann sie ihr Zutrittsrecht auch für die von ihr benannten Vertreter mittels gerichtlichen Eilrechtsschutzes erzwingen. Streitig ist allerdings, inwieweit die Gewerkschaft darlegen muss, dass die Befürchtungen des Arbeitgebers haltlos sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes reichte es bisher aus, dass eine entsprechende unsubstanziierte Behauptung der Gewerkschaft 1 LAG Düsseldorf v. 24.10.1972 – 11 (6) BV Ta 43/72, DB 1972, 2212; Bischof, BB 1993, 1937. 2 Rieble, ArbuR 1995, 245. 3 LAG Baden-Württemberg v. 30.4.1987 – 13 (7) TaBV 15/86, BetrR 1987, 420. 4 ArbG Frankfurt v. 17.5.1976 – 11 BVGa 6/76. 5 Vgl. LAG Hamm v. 9.3.1972 – 8 BVTa 2/72, DB 1972, 777; LAG Düsseldorf v. 5.12.1988 – 4 TaBV 140/88, DB 1989, 1036; Hess/Schlochauer/Worzalla, § 2 BetrVG Rz. 111; Walker, § 13 Rz. 807. 6 BAG v. 18.3.1964 – 1 ABR 12/63, BAGE 15, 307 (314 f.) = DB 1964, 446; BAG v. 14.2.1967 – 1 ABR 7/66, BAGE 19, 236 (241) = NJW 1967,1295; Richardi in Richardi, § 2 BetrVG Rz. 112; Fitting/Engels/Schmidt/Linsenmaier, § 2 BetrVG Rz. 65; Walker, § 13 Rz. 807.
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 120
§ 12
ohne Namensnennung eines bestimmten Mitgliedes oder eine eidesstattliche Versicherung bzw. notarielle Tatsachenbescheinigung abgegeben wird.1 Dagegen wird insbesondere eingewandt, dass es zu kaum tragbaren Ergebnissen führe, wenn dem Arbeitgeber die Möglichkeit von vornherein genommen würde, den Anspruch substanziiert zu bestreiten, indem man eine unsubstanziierte Behauptung zur Begründung des Verfügungsanspruchs ausreichen ließe.2 Selbst dann, wenn der Gewerkschaft insoweit die Darlegung und Glaubhaftmachung gelänge, bestünde der Verfügungsanspruch jedenfalls nicht, wenn Gründe feststehen oder vom Arbeitgeber substanziiert dargelegt werden könnten, aus denen sich ein Zutrittsverweigerungsrecht ergibt.3 Der Verfügungsgrund ist bei einer Zutrittsgewährung wegen des sonst drohenden endgültigen Rechtsverlustes ohne Weiteres zu bejahen, wenn die Betriebsversammlung unmittelbar bevorsteht.4 Anderseits wird die zusätzlich erforderliche Interessenabwägung in den Fällen, in denen der Arbeitgeber nicht jedem, sondern nur einem bestimmten Gewerkschaftsbeauftragen den Zutritt verweigert, regelmäßig zugunsten des Arbeitgebers ausfallen, sodass insoweit kein Verfügungsgrund besteht.5 Falls der Arbeitgeber einer Gewerkschaft aber jegliches Zutrittsrecht verweigert, wird die Interessenabwägung regelmäßig zur Bejahung eines Verfügungsgrundes führen, denn allein durch die Teilnahme eines zusätzlichen Gewerkschaftsbeauftragten, gegen dessen Person der Arbeitgeber nichts einzuwenden hat, ist der Arbeitgeber kaum benachteiligt.6
119
Eine unzulässige Form der Behinderung der Durchführung von Betriebsversammlungen liegt in den Fällen vor, in denen der Arbeitgeber durch Aushang eine Betriebsversammlung ablehnt oder seinerseits eine Mitarbeiterversammlung einberuft, wenn im Rahmen dieser Veranstaltung betriebliche Belange behandelt werden, die Fragen betreffen, für die der Betriebsrat zuständig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn anlässlich der vom Arbeitgeber einberufenen Versammlung der Arbeitgeber versucht, die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung durch die Gegenveranstaltungen gezielt zu unterlaufen oder die Kommunikation zwischen dem Betriebsrat und der Belegschaft erschwert.7 Eine einstweilige Verfügung ist ebenfalls dann zulässig, wenn der Betriebsrat anlässlich einer Betriebsvereinbarung die Herausgabe der Adressen solcher Mitarbeiter begehrt, die sich wegen Krankheit, Urlaub, Erziehungsurlaub, Mutterschutz usw. nicht an ihrem Arbeitsplatz befinden.8
120
1 BAG v. 25.3.1992 – 7 ABR 65/90, DB 1993, 95; LAG Düsseldorf v. 6.4.1978 – 14 TaBV 123/77, DB 1979, 110; LAG Düsseldorf v. 5.12.1988 – 4 TaBV 140/88, DB 1989, 1036. 2 Vgl. Walker, § 13 ArbGG Rz. 808. 3 ArbG Siegburg v. 30.3.1972 – 1 BV 6/72, Eza § 2 BetrVG 1972; Walker, § 13 Rz. 808. 4 Weihrauch, AuR, 1965, 9 (15). 5 Heinze, RdA 1986, 273 (287); Walker, § 13 Rz. 809. 6 Heinze, RdA 1986, 273 (288); Walker, § 13 Rz. 810. 7 Joost in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 312 Rz. 18; Rieble, AuR 1995, 245 (250). 8 ArbG Berlin v. 29.1.2004 – 75 BVGa 1964/04, NZA-RR 2004, 642.
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303
§ 12
u
12.10
121
Rz. 121
M 12.10
Arbeitsrecht
Antrag auf Zutritt eines Gewerkschaftsvertreters zu einer Betriebsversammlung
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Im Beschlussverfahren 1. der Gewerkschaft . . ., vertreten durch den Vorstand, – Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – 2. des Betriebsrats der Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden, – Beteiligter zu 2) – gegen die Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Geschäftsführer . . ., – Antragsgegnerin und Beteiligte zu 3) – und dem weiteren Beteiligten . . . (konkret betroffener Gewerkschaftsbeauftragter – Beteiligter zu 4) – . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: Der Beteiligten zu 3) wird aufgegeben, 1. den Zugang des (Gewerkschaftsvertreters) . . . zur Betriebsversammlung am . . . im Betrieb . . . zu dulden. 2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Duldungsverpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 3) ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 10 000 Euro angedroht. I. Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist eine im Betrieb der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 3) vertretene Gewerkschaft. Ihr gehört mindestens ein Arbeitsnehmer des Betriebs an, der nicht zu den leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG zählt. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Mitglieds der Antragstellerin und Beteiligten zu 1) Der Beteiligte zu 2) ist der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Der Beteiligte zu 2) hat für den . . . die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgesehene regelmäßige Betriebsversammlung anberaumt. Glaubhaftmachung: 1. Einladungsschreiben vom . . . in Kopie 2. Eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden
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Braun
M 12.11
III. Kollektivarbeitsrecht
§ 12
Rz. 122
Die Antragstellerin teilte der Antragsgegnerin am . . . mit, dass sie zu den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften gehört und beabsichtige, durch ihren Gewerkschaftsbeauftragten, den Beteiligten zu 4), an der für den . . . angesetzten Betriebsversammlung teilnehmen will. Glaubhaftmachung: Schreiben der Antragstellerin vom . . . Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom . . . mit, dass sie den Zutritt des Beteiligten zu 4) nicht gestatte; zur Begründung gab sie an, dass sie grobe Beleidigungen durch den Gewerkschaftsbeauftragten . . . befürchte. Ein anderer Gewerkschaftsbeauftragter der Antragstellerin habe sich anlässlich einer vorherigen Betriebsversammlung in beleidigender Weise über die Geschäftsführung der Antragsgegnerin geäußert. II. Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin ergibt sich aus dem Zutrittsrecht der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften gemäß § 46 Abs. 1 BetrVG. Die Antragsgegnerin ist auch nicht berechtigt, dem Beteiligten zu 4) den Zutritt zu verweigern. Selbst wenn der vorherige Gewerkschaftsvertreter sich in beleidigender Weise gegenüber der Antragsgegnerin geäußert hat, hat diese kein allgemeines Ablehnungsrecht gegenüber sämtlichen Vertretern der Antragstellerin. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass die Betriebsversammlung bereits am . . . stattfinden soll; die Antragstellerin kann somit nicht darauf verwiesen werden, den Anspruch im Hauptsachverfahren geltend zu machen. [Der Verfügungsanspruch ergibt sich hier aus § 2 Abs. 2 BetrVG (allgemeines Zutrittsrecht der Gewerkschaftsvertreter zum Betrieb) sowie aus §§ 31, 51 Abs. 1, 53 Abs. 3, 59 Abs. 1 BetrVG, aus § 46 Abs. 1 BetrVG und aus §§ 65 Abs. 1, 73 Abs. 2 BetrVG.] Rechtsanwalt
u
Antrag auf Untersagung einer Betriebsversammlung durch den Arbeitgeber
12.11
122
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Im Beschlussverfahren 1. der Fa. . . ., vertreten durch den Geschäftsführer, – Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – und 2. dem Betriebsrat der Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden, – Beteiligter zu 2) – und Braun
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§ 12
Rz. 123
M 12.11
Arbeitsrecht
den Betriebsratsmitgliedern . . ., – Beteiligte zu 3)–6) – . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: 1. Den Beteiligten zu 2) bis . . . wird untersagt, am . . . eine Betriebsversammlung abzuhalten. 2. Schon jetzt beantragen wir, für den Fall des Obsiegens eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gemäß § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu erteilen. I. Der Beteiligte zu 2) ist der bei der Antragstellerin gebildete Betriebsrat, die Beteiligten zu 3)–6) dessen Mitglieder. Der Beteiligte zu 2) hat für den . . . zu einer Betriebsversammlung im Betrieb der Antragstellerin eingeladen. Während des laufenden Quartals hat bereits am . . . eine Betriebsversammlung im Betrieb der Antragsgegnerin stattgefunden. Glaubhaftmachung: 1. Sitzungsprotokoll der Betriebsversammlung vom . . . 2. Einladungsschreiben vom . . . in Kopie Besondere Gründe, aus denen eine weitere Betriebsversammlung zweckmäßig erscheint, liegen nicht vor. Die betriebliche Situation im Betrieb der Antragstellerin hat sich seit der Betriebsversammlung vom . . . nicht geändert. II. Für die Durchführung einer weiteren Betriebsversammlung besteht keinerlei Anlass. Zwar hat der Betriebsrat hinsichtlich der besonderen Gründe, die eine weitere Betriebsversammlung zweckmäßig erscheinen lassen, einen weiten Ermessensspielraum. Ausweislich der Einladung sollen auf der geplanten Betriebsversammlung jedoch ausschließlich allgemeine Fragen behandelt werden. Diese hätten auf der nächsten regelmäßigen Betriebsversammlung ebenfalls behandelt werden können. Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin auf Untersagung der geplanten Betriebsversammlung am . . . besteht mithin. Der Verfügungsgrund liegt darin, dass die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens bis zur Betriebsversammlung nicht mehr möglich ist. Rechtsanwalt
4. Vollziehung einer Betriebsvereinbarung oder eines Einigungsstellenspruchs 123
Der Betriebsrat hat Anspruch auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung. Dasselbe gilt für die Durchführung von Sprüchen einer Einigungsstelle, da diese die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in den gesetzlich geregelten
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 128
§ 12
Fällen ersetzen und daher die gleiche Wirkung wie Betriebsvereinbarungen haben.1 Der Anspruch hat zwei Aspekte: Einerseits soll dem Arbeitgeber aufgegeben werden, in Erfüllung der Pflichten aus der Betriebsvereinbarung unter dem Spruch eine bestimmte Handlung vorzunehmen, und andererseits beinhaltet er die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Regelungsinhalt zuwiderlaufende Handlungen zu unterlassen. Der Durchführungsanspruch beinhaltet jedoch nicht das Recht, vom Arbeitgeber die Erfüllung von Individualansprüchen der Arbeitnehmer aus der Vereinbarung oder dem Einigungsstellenspruch zu verlangen.
124
Es mag dogmatisch im Detail streitig sein, ob sich der Verfügungsanspruch aus der Betriebsvereinbarung selbst oder aus § 77 Abs. 1 BetrVG ergibt, in der Praxis spielt dieser Streit aber keine Rolle, da ein Anspruch in jedem Fall besteht.
125
Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes beurteilt sich dagegen nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Hier hat der Betriebsrat als Antragsteller konkret vorzutragen, warum ein unzumutbarer Rechtsverlust droht, wenn er die Durchführung des Hauptsacheverfahrens abwartet.
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Die Rechtslage nach dem Spruch der Einigungsstelle stellt sich dagegen weniger eindeutig dar, da Einigungsstellensprüche gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG angefochten werden können. Diese Anfechtung ist wegen Ermessensfehler innerhalb von zwei Wochen, wegen Rechtsfehler im Rahmen der allgemeinen Verwirkung unbeschränkt zulässig. Die Anfechtungsklage hat aber, da dies gesetzlich nicht angeordnet ist, keine aufschiebende Wirkung. Umgekehrt hat der Spruch auch nicht den Charakter eines vollstreckbaren Titels, sodass es eines Beschlussverfahrens bedarf, um den Spruch durchzusetzen oder umgekehrt dessen Durchsetzung zu verhindern.2 Einstweiliger Rechtsschutz kommt mitunter nur in Betracht, wenn es dem Antragsteller unzumutbar ist, das Ergebnis des Beschlussverfahrens (Anfechtungsklage oder Klage auf Umsetzung des Spruches) abzuwarten. Hier sind verschiedene Interessenlagen zu unterscheiden:
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Setzt der Arbeitgeber kraft Weisungsrechts während des laufenden Anfechtungsverfahrens eine im Einigungsstellenspruch geforderte Regelung um (zB neue Ladenöffnungszeiten), so wird die Eilbedürftigkeit nur bei besonders krassen und offensichtlichen Rechtsverstößen zu bejahen sein.3 Die Überschreitung der Ermessensgrenzen ist nach hier vertretener Meinung der summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz nicht zugänglich, denn Ermessenserwägungen obliegen vorrangig der Einigungsstelle, nicht den Gerichten, und selbst im dafür vorgesehenen Anfechtungsprozess nach § 76 BetrVG ist eine Überprüfung nur beschränkt zulässig. Eine doppelte Beschränkung ist nicht mit dem Gesetzeszweck vereinbar. Verlangt der Betriebsrat im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vom Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Einigungsstellenspruch, so kommt ein Verfügungsgrund
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1 Walker, § 13 Rz. 837. 2 Walker, § 13 Rz. 836. 3 LAG Köln v. 30.7.1999 – 11 TaBV 35/99, NZA 2000, 334; Korinth, ER, K Rz. 175.
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§ 12
Rz. 129
M 12.12
Arbeitsrecht
in Betracht, wenn dem Betriebsrat andernfalls ein unwiederbringlicher Rechtsverlust droht und durch das Eilverfahren die Hauptsache nicht vorweggenommen wird. Allein der noch laufende Anfechtungsprozess entbindet den Arbeitgeber nicht von der Pflicht zur Umsetzung des Spruchs. Letztlich kommt es hinsichtlich des Verfügungsgrundes auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen an. Auch hier gilt, dass der Verfügungsanspruch nicht der Umsetzung von Individualansprüchen der Arbeitnehmer dient.
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Antrag auf Vollziehung/Unterlassung einer Betriebsvereinbarung oder eines Einigungsstellenspruchs
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Im Beschlussverfahren 1. des Betriebsrats der Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden, – Antragsteller – und 2. der Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Geschäftsführer, – Antragsgegnerin – . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: 1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, vor der Entscheidung der Einigungsstelle die Ladenöffnungszeiten von . . . Uhr auf . . . Uhr heraufzusetzen. [Zeitpunkt: vor dem Spruch der Einigungsstelle] [alternativ:] 1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Spruch der Einigungsstelle vom . . . hinsichtlich der . . . [z.B. Ladenöffnungszeiten] bis zum Abschluss des Anfechtungsverfahren des Antragstellers vor dem Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen . . . durch Anordnung vom . . . gegenüber . . . [Name des Mitarbeiters] zu vollziehen. [Unterlassungsverfügung, nur bei besonders krassen und offensichtlichen Rechtsverstößen; Zeitpunkt: während des Laufs eines Anfechtungsprozesses des Einigungsstellenspruchs] [alternativ:] 1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, den Einigungsstellenspruch/die Betriebsvereinbarung vom . . . umzusetzen. 2. Schon jetzt beantragen wir, für den Fall des Obsiegens eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gemäß § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu erteilen.
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M 12.12
III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 130
§ 12
I. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um ein Unternehmen des Einzelhandels, der Antragsteller ist der dort errichtete Betriebsrat. Die Betriebsparteien haben am . . . einvernehmlich eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht . . . zur Klärung der Frage, ob die Ladenöffnungszeiten von 20 Uhr auf 22 Uhr hinaufgesetzt werden können, errichtet. Die Einigungsstelle hat am . . . nach längerer Beratung mehrheitlich mit der Stimme des Vorsitzenden und den Beisitzern der Arbeitgeberseite einen Spruch gefällt. Der Spruch sieht vor, dass die Ladenöffnungszeiten ohne weitere Einschränkung ab dem . . . von 20 auf 22 Uhr heraufgesetzt werden können. Glaubhaftmachung: Spruch der Einigungsstelle vom . . . Der Einigungsstellenspruch wurde den Parteien am . . . zugestellt. Am . . . hat der Antragsteller den Spruch bei dem zuständigen Arbeitsgericht gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG wegen Ermessensüberschreitung angefochten. Glaubhaftmachung: Antragsschrift vom . . . II. Der Spruch der Einigungsstelle ist offensichtlich unwirksam. Die Antragsgegnerin hat lediglich beantragt, die Öffnungszeiten an Freitagen und Samstagen von 20 auf 22 Uhr heraufsetzen zu können. Mit dem Spruch hat die Einigungsstelle daher mehr zugesprochen, als beantragt worden ist. Damit liegt eine Ermessensüberschreitung vor. Außerdem war der Einigungsstellenspruch auch deshalb unwirksam, weil der Antragsteller nicht zuständig war. Die Antragsgegnerin betreibt insgesamt drei Betriebe, in denen jeweils ein Betriebsrat gebildet ist. Alle drei Betriebsräte entsenden Mitglieder zum Gesamtbetriebsrat. Ziel der Antragsgegnerin war es, für alle drei Betriebe eine Erweiterung der Ladenöffnungszeiten herbeizuführen. Damit sind nicht die Einzelbetriebsräte jeweils, sondern der Gesamtbetriebsrat zuständig, da es sich um eine Angelegenheit, die mehrere Betriebe betrifft, handelt, im Sinne des § 50 Abs. 1 BetrVG. Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin am . . . von der Anfechtung des Einigungsstellenspruchs gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG in Kenntnis gesetzt und sie aufgefordert, diesen nicht zu vollziehen. Glaubhaftmachung: Schreiben vom . . . Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich erklärt, dass sie den Spruch als bindend erachte und diesen zum . . . vollziehen werde. Ein Verfügungsgrund ist daher ebenfalls gegeben. Rechtsanwalt
" Hinweis zum Muster: Geht es nur um die Überschreitung des Ermessens, 130 kann der Antragsteller die Durchführung des angefochtenen Einigungsstellenspruchs nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verhindern.
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§ 12
Rz. 131
Arbeitsrecht
Etwas anderes gilt indes hinsichtlich solcher Sprüche, die nichtig oder offensichtlich rechtswidrig sind (wie im Beispielsfall).1
5. Übernahme eines Jugend- und Auszubildendenvertreters nach § 78a BetrVG 131
Sehr umstritten ist das Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz bei der Übernahme von Jugend- und Auszubildendenvertretern (JA-Vertretern) nach § 78a BetrVG.
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Hält der Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung nach Ende der Ausbildungszeit für unzumutbar, kann er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes weder gemäß § 78a Abs. 4 Nr. 1 BetrVG feststellen lassen, dass ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis nicht begründet wird, noch kann er im Sinne von Nr. 2 ein kraft gesetzlicher Fiktion zustande gekommenes Arbeitsverhältnis gerichtlich einstweilen auflösen lassen, da andernfalls bereits ein endgültiger Rechtszustand hergestellt würde.2 Er kann lediglich beantragen, ihn von der Weiterbeschäftigungspflicht bis zur Entscheidung in der Hauptsache einstweilen zu entbinden.3 Die Zulässigkeit eines solchen Antrags ist allerdings umstritten.4 Die Gegner eines solchen Antrags berufen sich auf die Regelung des § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Entbindung des Arbeitgebers von der Weiterbeschäftigungspflicht im Wege der einstweiligen Verfügung ermöglicht. Der Gesetzgeber habe eine vergleichbare Regelung für § 78a BetrVG weder bei dessen Inkrafttreten 1974 noch im Rahmen des BetrVReformG im Jahre 2001 getroffen, was zeige, dass der Gesetzgeber einen solchen Weg nicht habe schaffen wollen. Demgegenüber wird angeführt, dass eine einstweilige Verfügung unter den allgemeinen Voraussetzungen des 8. Buches der Zivilprozessordnung über § 85 Abs. 2 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entsprechende Anwendung findet. Für die Beschränkung oder gar den Ausschluss eines Entbindungsantrags bedürfe es einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung wie etwa in § 940a ZPO, an der es aber fehlt.5
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Ob dem Antragsteller das geltend gemachte Recht in materieller Hinsicht zusteht, beurteilt sich nach den Tatbestandsvoraussetzungen der anspruchsbegründenden Regelung. Will der Arbeitgeber wegen Unzumutbarkeit vorläufig von einer Weiterbeschäftigungspflicht entbunden werden, hat er die Tatsachen, 1 So auch Korinth, ER, K Rz. 174 ff.; Diller in Anwaltsformularbuch Arbeitsrecht, Muster 40.5, S. 915. 2 Fitting/Engels/Schmidt/Trebing/Linsenmaier, 23. Aufl. 2006, § 78a BetrVG Rz. 45; Weigand in KR, § 78a BetrVG Rz. 36. 3 Houben, NZA 2006, 769. 4 Bejahend LAG Köln v. 31.3.2005 – 5 Ta 52/05, LAGE § 78a BetrVG 2001 Nr. 2 und Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, § 78a BetrVG Rz. 45; Kania in ErfK, § 78a BetrVG Rz. 12; Oetker in GK-BetrVG, § 78a BetrVG Rz. 69 ff.; Pielsticker, S. 147. Verneinend LAG Schleswig-Holstein v. 25.3.1985, EzB § 78a BetrVG 1972 Nr. 38; ArbG Wiesbaden v. 11.1.1978 – 6 Ga 3/77, DB 1978, 797; Becker-Schaffner, DB 1987, 2647 (2652); Kittner in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, § 78a Rz. 46; Reinecke, DB 1981, 889 (890). 5 Pielsticker, S. 147; Houben, NZA 2006, 769; Houben, NZA 2011, 182 (186 f.).
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M 12.13
III. Kollektivarbeitsrecht
§ 12
Rz. 134
die eine solche Unzumutbarkeit begründen, gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Wenn die gegebenen Umstände geeignet sind, Unzumutbarkeit in der Hauptsache zu begründen, kann für den einstweiligen Rechtsschutz nichts anderes gelten, denn die Anspruchsvoraussetzungen bleiben in der Sache dieselben. Die Besonderheit liegt im Erlass einer für die Beteiligten schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens – wenn auch nur vorübergehenden – verbindlichen Entscheidung, weswegen „strengere“ Anforderungen hinsichtlich dieser zeitlichen Komponente zu stellen sind. Einen betont strengen Maßstab anzulegen, der eine Weiterbeschäftigung „besonders unzumutbar“ werden ließe, ist nicht erforderlich.1 Dies geschieht hinreichend durch das Erfordernis des Verfügungsgrundes.
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Antrag des Arbeitgebers auf Entbindung von der Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters gemäß § 78a Abs. 4 BetrVG
12.13
An das Arbeitsgericht . . .
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Im Beschlussverfahren der Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Geschäftsführer, – Antragstellerin – gegen 1. den/die Auszubildende (n) . . ., gesetzlich vertreten [bei Minderjährigen] durch . . . – Antragsgegner/in – 2. den Betriebsrat der Fa. . . ., vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden . . . – Beteiligter zu 1) – und 3. die Jugend- und Auszubildendenvertretung der Fa. . . ., vertreten durch den Vorsitzenden der Jugend- und Auszubildendenvertretung, – Beteiligte zu 2) – wegen Entbindung von der Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: [Vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses:] Die Antragstellerin wird bis zu der rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache (Feststellungsantrag gemäß § 78 Abs. 4 Nr. 1 BetrVG bzw. Auflösungsantrag gemäß § 78 Abs. 4 Nr. 2 BetrVG, eingelegt unter dem Aktenzeichen . . .) von der Ver1 So aber Pielsticker, S. 148; Wienecke, S. 190 f.
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§ 12
Rz. 135
Arbeitsrecht
M 12.13
pflichtung zur Weiterbeschäftigung gemäß § 78 Abs. 2 BetrVG des/der Antragsgegner/in entbunden. I. Die Antragstellerin betreibt ein Unternehmen für . . . Sie beschäftigt . . . Arbeitnehmer, darunter . . . Auszubildende. Die Antragstellerin hat mit dem Antragsgegner einen Ausbildungsvertrag über die Ausbildung zum . . . geschlossen. Das Ausbildungsverhältnis ist in das Berufsausbildungsverzeichnis bei der Industrie- und Handelskammer eingetragen. Ausweislich des Ausbildungsvertrags ist eine . . .jährige Ausbildung für die Zeit vom . . . bis . . . vorgesehen. Das Ausbildungsverhältnis endet mithin voraussichtlich am . . . Der Termin für die Abschlussprüfung ist festgelegt auf den . . . Glaubhaftmachung: Ausbildungsvertrag vom . . . Der Antragsgegner ist seit . . . Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Beteiligten zu 2). Die Jugend- und Auszubildendenvertretung besteht aus . . . Personen; sie vertritt . . . jugendliche Betriebsangehörige. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner bereits am . . . mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtigt, mit ihm ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom . . . seine Weiterbeschäftigung verlangt. Glaubhaftmachung: Schreiben vom . . . der Antragstellerin Schreiben vom . . . des Antragsgegners Der als Beteiligter zu 1) benannte Betriebsrat der Antragstellerin hat die Weiterbeschäftigung des Antragsgegners gleichfalls verlangt. Glaubhaftmachung: Schreiben vom . . . des Betriebsrats Die Weiterbeschäftigung des Antragsgegners über das Ende des Ausbildungsverhältnisses ist der Antragstellerin unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zumutbar; ein freier Arbeitsplatz, auf dem der Antragsgegner weiterbeschäftigt werden könnte, existiert bei der Antragstellerin nicht. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Personalleiters der Antragstellerin II. ... [In der Klagebegründung sind die Tatsachen glaubhaft zu machen, aufgrund deren dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann; in der Regel wenn kein freier Arbeitsplatz besteht.] Rechtsanwalt
6. Unterlassung mitbestimmungswidriger Handlungen im Bereich der sozialen Mitbestimmung 135
Die Durchsetzung von Mitbestimmungsrechten ist die in der Praxis häufigste Zielrichtung von Anträgen im einstweiligen Verfügungsverfahren. Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber versuchen, ohne Rücksicht auf Mitbestim312
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 138
§ 12
mungsrechte der Betriebsräte durch Durchsetzung verschiedenster Regelungen vollendete Tatsachen im Betrieb zu schaffen. Zielrichtung der einstweiligen Verfügung ist es insofern, bis zum eventuellen Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung (ggf. nach dem Spruch einer Einigungsstelle) zu verhindern, dass der durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats vermittelte Schutz der Arbeitnehmerrechte vorab durch den Arbeitgeber vereitelt wird. Ob dem Betriebsrat ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zusteht, mit dem er gegen mitbestimmungswidrige Handlungen des Arbeitgebers vorgehen kann, war lange Zeit in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der Betriebsrat konnte nach traditioneller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig nicht verlangen, dass der Arbeitgeber eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme solange unterlässt, bis das Mitbestimmungsverfahren durchgeführt worden ist. Einen solchen allgemeinen Unterlassungsanspruch gegen mitbestimmungswidrige Handlungen kenne das Betriebsverfassungsgesetz nicht. Nur wenn der Arbeitgeber mit seiner Maßnahme grob gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoße, könne der Betriebsrat verlangen, dass eine solche Maßnahme rückgängig gemacht, aufgehoben oder unterlassen werde, § 23 Abs. 3 BetrVG.1 Die Instanzgerichte sind dieser Rechtsprechung weitestgehend gefolgt. Soweit Unterlassungsverfügungen von Landesarbeitsgerichten bestätigt wurden, konnte das Bundesarbeitsgericht über deren Rechtmäßigkeit nicht entscheiden, da im einstweiligen Verfügungsverfahren keine Rechtsbeschwerde vorgesehen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat aber schließlich entschieden, dass dem Betriebsrat unabhängig von § 23 Abs. 3 BetrVG ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zustehen könne, wenn dies zur Sicherung der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten erforderlich sei;2 für Beteiligungsrechte in personellen Angelegenheiten hat das Gericht einen allgemeinen Unterlassungsanspruch jedoch abgelehnt.3 Von diesem allgemeinen Unterlassungsanspruch ist aber derjenige Anspruch zu unterscheiden, den der Betriebsrat gegen den Arbeitgeber darauf hat, dass der Arbeitgeber sämtliche gegen die Betriebsvereinbarung verstoßenden Maßnahmen unterlässt.4
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Weiterhin ist allerdings fraglich, ob dieser zugebilligte allgemeine Unterlassungsanspruch auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden kann, was auf die Effektivität des Rechtsschutzes natürlich von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist.
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Als Verfügungsanspruch ist jeder betriebsverfassungsrechtliche Anspruch möglich, also auch ein Anspruch auf Unterlassung mitbestimmungswidriger Hand-
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1 BAG v. 22.2.1983 – 1 ABR 27/81, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 2= NJW 1984, 196; BAG v. 17.5.1983 – 1 ABR 21/80, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 19 = DB 1983, 1986 = BB 1983, 1984. 2 BAG v. 3.5.1994 – 1 ABR 24/93, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23 = BB 1994, 2273 = DB 1994, 2450 = NZA 1995, 40 = NJW 1995, 1044 (1044); BAG v. 23.7.1996 – 1 ABR 13/96, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 68 = DB 1997, 378 = BB 1997, 472 = NZA 1997, 274. 3 BAG v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08 = AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 48 = NZA 2009, 1430. 4 BAG v. 28.9.1988 – 1 ABR 41/87, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 29 = DB 1989, 1033 = BB 1989, 433 = NZA 1989, 184; BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02, AP BetrVG 1972 § 77 Durchführung Nr. 3 = NZA 2004, 670 = FA 2004, 217.
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§ 12
Rz. 139
Arbeitsrecht
lungen.1 Da vielfach bereits Erfüllungswirkung eintreten kann, muss eine umfassende Interessenabwägung stattfinden.2 Die einstweilige Verfügung muss die Sicherung des Mitbestimmungsrechts bezwecken. Durch sie soll verhindert werden, dass der Arbeitgeber mitbestimmungspflichtige Sachverhalte einseitig regelt und damit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats leerläuft. Um dies zu erreichen, ist zumeist zur Sicherung des Mitbestimmungsrechts der Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung erforderlich.3 Die Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache würde oft viele Monate in Anspruch nehmen und wäre erst mit Rechtskraft, also unter Umständen nach mehreren Jahren, vollstreckbar.4 Letztlich hieße dies, dass der Betriebsrat sich nicht gegen die Missachtung der Mitbestimmungsrechte durch den Arbeitgeber wehren könnte. Das Argument, es müsse vor Erlass der einstweiligen Verfügung versucht werden, ggf. unter Inanspruchnahme des Verfahrens nach § 98 ArbGG eine Entscheidung der Einigungsstelle herbeizuführen, da ein Verfügungsgrund nur dann vorliegen könne, wenn der Arbeitgeber vor der Entscheidungsmöglichkeit der Einigungsstelle einer der Mitbestimmung unterliegenden Maßnahme durch einseitiges Handeln die Grundlage entziehe,5 überzeugt nicht. Es wäre nicht die Pflicht des Betriebsrats, die Einigungsstelle anzurufen, wenn er bei der bisherigen rechtmäßigen Verfahrensweise bleiben will, vielmehr muss der Arbeitgeber initiativ werden, der eine Änderung herbeiführen möchte.6 Insbesondere ist die zeitliche Komponente der Einschaltung der Einigungsstelle zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber wird die Zuständigkeit der Einigungsstelle bestreiten und deshalb zunächst das Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG durchführen. Dies allein nimmt in der Regel bereits mehrere Monate in Anspruch. Daran schließt sich das eigentliche Einigungsstellenverfahren an, das, je nach Sachlage, wiederum mehrere Monate dauern kann. In dieser Zeit kann die in Streit stehende Maßnahme abgeschlossen und das Mitbestimmungsrecht unwiederbringlich verletzt sein. In diesen Fällen hilft es dem Betriebsrat auch nichts, dass er durch die Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 23 Abs. 3 BetrVG seine Rechte für die Zukunft sichern kann. 139
Soweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 BetrVG eindeutig vorliegt und dessen Verletzung durch einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers feststeht oder ernsthaft zu befürchten ist, wird im Regelfall die Eilbedürftigkeit bejaht, wenn ansonsten ein Unterlassungsanspruch nicht mehr durchsetzbar wäre.7 Bei Ablehnung des Verfügungsgrundes wäre das Recht des Betriebsrats auf Mitbestimmung nach § 87 BetrVG häufig endgültig vereitelt.8 In Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist daher auch häufig eine zeitliche Beschränkung enthalten; etwa bei Unterlassung: „ … solange nicht die Zustimmung des Betriebsrats dazu erteilt oder aber durch einen Beschluss der Eini1 2 3 4 5 6 7 8
Grunsky, § 85 ArbGG Rz. 14. Vgl. Olderog, NZA 1985, 757. Dütz, DB 1984, 115 (122); Derleder, AuR 1983, 289 (303). LAG Frankfurt v. 19.4.1988 – 5 TaBVGa 52/88, AiB 1988, 313. Vgl. Olderog, NZA 1985, 753 (757 f.). LAG Bremen v. 15.6.1984 – 3 TaBV 12/84, DB 1984, 1935. Im Ergebnis auch Korinth, ER, K Rz. 110 ff. Grunsky, § 85 Rz. 16.
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 141
§ 12
gungsstelle eine anderweitige Regelung getroffen ist …“. Die Rechtsprechung stellt keine allzu hohen Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Praxisrelevante Beispiele sind gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG z.B. die Veränderung der betrieblich bestehenden Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber, die Veränderung der Lage der Arbeitszeit sowie die einseitige Aufstellung von Arbeitszeitsystemen. Bei der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG kommen die Anordnung oder Duldung von ungenehmigten Überstunden als häufige Fälle des Bedürfnisses nach einer einstweiligen Verfügung in Betracht. Bei der Formulierung des Antrags ist zu beachten, dass dieser hinreichend bestimmt ist. Ansonsten ist er unzulässig. Zwar sind danach regelmäßig auch so genannte Globalanträge, mit denen beispielsweise die Feststellung eines Mitbestimmungsrechtes hinsichtlich einer jeden Anordnung von Überstunden begehrt wird, zulässig. Ein solcher Globalantrag ist aber unbegründet, wenn auch nur hinsichtlich einer denkbaren Anordnung von Überstunden das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht besteht. Daher sind Globalanträge stets risikoreich.1
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§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wird häufig dadurch verletzt, dass EDV-Systeme in Betrieb genommen werden, ohne dass dies mit dem Betriebsrat beraten oder eine Betriebsvereinbarung über die Inbetriebnahme und die Verwendung des EDVSystems getroffen worden wäre, oder dass Stempeluhren/Zeiterfassungssysteme, Bildschirmgeräte, Personalinformationssysteme, Telefonanlagen und Ähnliches eingeführt wurden. Auch im Bereich der Mitbestimmung hinsichtlich des Entgelts im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 10 und Nr. 11 BetrVG kann einstweiliger Rechtsschutz erforderlich sein, wenn der Arbeitgeber z.B. neue Provisionssysteme einführen, Tariferhöhungen anrechnen oder übertarifliche Zulagen neu verteilen will, ohne den Betriebsrat beteiligt zu haben.2 Auch kommt es vor, dass es der Arbeitgeber unterlässt, den Betriebsrat in so genannten Eilfällen zu beteiligen. Der Arbeitgeber ist auch dann nicht berechtigt, eine Angelegenheit einseitig zu regeln, wenn dies für den Betriebsablauf unmittelbar notwendig erscheint. Dasselbe gilt auch bezüglich vorläufiger Regelungen, da diese selbst mitbestimmungspflichtig sind. Eine Befreiung von Mitbestimmungsrechten im Eilfall kommt nicht in Betracht. Da das wiederholte Auftreten von Eilfällen im Betrieb vorhersehbar sein kann, kann gerade unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts im Voraus mit dem Betriebsrat geregelt werden, wie in solchen Eilfällen zu verfahren ist. Auf eine solche Verfahrensbetriebsvereinbarung hat der Betriebsrat einen, auch durch Spruch der Einigungsstelle, erzwingbaren Rechtsanspruch.3 Hat sich der Betriebsrat einer vom Arbeitgeber geforderten
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1 Vgl. BAG v. 10.6.1986 – 1 ABR 61/84 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 18 = RdA 1986, 404 = NZA 1986, 840; BAG v. 10.3.1992 – 1 ABR 31/91– AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr.1 = RdA 1992, 285 = NZA 1992, 952; BAG v. 3.6.2003 – 1 ABR 19/02 – AP BetrVG 1972 § 89 Nr. 1 = DB 2003, 2496; BAG v. 15.5.2007 – 1 ABR 32/06 – AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 30 = NZA 2007, 1240. 2 Vgl. insbesondere zu den Nachweisen der Entscheidungen Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 331 ff. 3 Hess. VGH v. 7.9.2005 – 22 TL 2624/04, RiA 2006, 92 (93).
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§ 12
Rz. 142
Arbeitsrecht
M 12.14
Verfahrensregelung widersetzt, schlägt sich dies bei der Rechtsgüterabwägung hinsichtlich des Verfügungsgrundes nieder. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber eine solche Regelung nie gefordert hat, obwohl es wegen wiederholter Eilfälle in der Vergangenheit Anlass dazu gegeben hätte. Allenfalls in echten Notfällen kann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entfallen,1 wobei es sich hier um Fälle höherer Gewalt handeln muss. Die mittelbare Folge höherer Gewalt (Anordnung einer Sonderschicht zur Beseitigung von Produktionsrückständen nach Feuer im Betrieb) ist bereits kein Notfall mehr, sondern nur ein mitbestimmungspflichtiger Eilfall.2
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Anordnung von Überstunden
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der Fa. . . . – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – und der Fa. . . . – Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) – wegen Unterlassung der Anordnung von Überstunden. Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Anordnung, Vereinbarung oder Duldung der Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit oder eine Überschreitung der vertraglichen Arbeitszeit von Arbeitsnehmern des Betriebes . . . in der Zeit von . . . bis . . . zu unterlassen, wenn nicht der Beteiligte zu 1) die Zustimmung dazu erteilt hat oder die fehlende Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist oder Notfälle vorliegen. 2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird gegen die Beteiligte zu 2) für jeden Tag und jeden Arbeitnehmer ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, verhängt. I. Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen der . . . Industrie. Sie beschäftigt zurzeit 150 Mitarbeiter, davon 90 in der Produktion. Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. 1 Richardi in Richardi, § 87 BetrVG Rz. 62. 2 Richardi in Richardi, § 87 BetrVG Rz. 63.
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M 12.14
III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 146
§ 12
Die Antragsgegnerin hat gegenüber dem Antragsteller angekündigt, dass aufgrund eines Großauftrags in der Zeit vom . . . bis zum . . . gegenüber den in der Produktion beschäftigten Mitarbeitern Mehrarbeit angeordnet werden wird, um den Auftrag termingerecht erfüllen zu können. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden Die Zustimmung des Betriebsrats wurde nicht eingeholt. Glaubhaftmachung: wie vor II. Dem Antragsteller steht ein zwingendes Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu. Daraus folgt, dass der übergangene Betriebsrat einen allgemeinen Unterlassungsanspruch für die ohne Beachtung dieses Mitbestimmungsrechts angeordneten Überstunden hat. Es liegt auch kein Notfall vor, der zur Anordnung von Mehrarbeit ohne Betriebsratsbeteiligung berechtigen würde. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass das zwingende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats leerlaufen würde, wenn der Arbeitgeber zunächst bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Anordnung der Überstunden durchsetzen könnte. Rechtsanwalt
7. Einstweilige Verfügung bei personellen Einzelmaßnahmen Auch bei der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG bestehen Ansprüche des Betriebsrats – und zwar namentlich auf Information und Abgabe einer Erklärung –, sodass eine Sicherung solcher Rechte im einstweiligen Rechtsschutz nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.
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Allerdings hat der Gesetzgeber mit den §§ 100, 101 BetrVG ein gesondertes Regelwerk für den Fall der Eilbedürftigkeit von personellen Einzelmaßnahmen geschaffen. Umstritten ist, ob dieses die allgemeinen Regelungen über einstweilige Verfügungen verdrängt.
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Nach Auffassung der Landesarbeitsgerichte Köln und Niedersachsen1steht das Verfahren nach § 101 BetrVG neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung. Begründet wird dies dadurch, dass § 101 BetrVG keine abschließende Regelung des vorbeugenden Rechtsschutzes enthält. Vielmehr bestehe der Anspruch des Betriebsrats auf die künftige Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte neben dem Anspruch nach § 101 BetrVG.2
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1 LAG Köln v. 13.8.2002 – 12 Ta 244/02; NZA-RR 2003, 249; LAG Köln v. 19.3.2004 – 8 TaBV 13/04, ArbRB 2004, 306; LAG Niedersachsen v. 25.7.1995 – 11 TaBV 68/95, NZA-RR 1996, 217. 2 LAG Köln v. 13.8.2002 – 12 Ta 244/02, NZA-RR 2003, 249; LAG Köln v. 19.3.2004 – 8 TaBV 13/04, ArbRB 2004, 306.
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§ 12 147
Rz. 147
Arbeitsrecht
Das BAG hat sich jedoch mit Beschluss vom 23.6.2009 der Mehrheit der Landesarbeitsgerichte angeschlossen und einen allgemeinen, von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG unabhängigen Unterlassungsanspruch bei personellen Einzelmaßnahmen verneint.1 Danach enthalten die §§ 100 f. BetrVG ein spezielles und abschließendes Normensystem, das die allgemeinen Regeln verdrängt. Die Annahme, dem Betriebsrat stehe daneben ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zu, würde zu einer Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats führen. Das Gesetz sehe aber erkennbar eine Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats vor. Ein allgemeiner Unterlassungsanspruch sei daher mit den systematischen Grundentscheidungen des Gesetzgebers unvereinbar und hätte die Bedeutungslosigkeit der explizit gesetzlichen Regelung zur Folge. Ein effektiver Schutz der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sei durch die Handlungsmöglichkeiten des § 101 BetrVG, durch die Möglichkeit der Feststellung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sowie durch 23 Abs. 3 BetrVG gewährleistet. Dem ist zuzustimmen. Wenn der Gesetzgeber ausschließlich für den Bereich der personellen Einzelmaßnamen ein sehr ins Detail gehendes, an keiner anderen Stelle im Gesetz zu findendes Regelwerk aufstellt, das bemerkenswerterweise die rechtlichen Konsequenzen erst an eine rechtskräftige arbeitsgerichtliche Entscheidung knüpft, verstößt es nach meiner Meinung fundamental gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung, wenn die Rechtsprechung mit dem Hinweis auf „unvollkommene Konsequenzen“ ein diametral entgegengesetztes Regelwerk zusätzlich zulässt, das auch die einstweilige Vollstreckung aus vorläufig vollstreckbaren Titeln zulässt. Die spezielle Norm verdrängt die allgemeinere, die hier abschließend zu verstehen ist.
8. Unterlassen einer Betriebsänderung 148
Falls der Arbeitgeber eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG plant, muss er Beratungs- und Informationsrechte des Betriebsrats wahren und versuchen, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich herbeizuführen, erforderlichenfalls auch unter Anrufung der Einigungsstelle. Wegen der langen Zeit eines solchen Verfahrens könnte ein Arbeitgeber geneigt sein, das Ergebnis der Einigungsstellenverhandlungen nicht abzuwarten und vorher mit der Betriebsänderung zu beginnen. Die Umsetzung einer Betriebsänderung beginnt, wenn unumkehrbare Maßnahmen getroffen werden.2 Der unternehmerische Beschluss allein ist nicht unumkehrbar, die Beschlussfassung als solche ist daher auch noch keine Verletzung des Verfahrens.
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Ob der Betriebsrat gegen die Umsetzung einer Betriebsänderung eine einstweilige Verfügung erwirken kann, ist in der Literatur und der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte seit jeher höchst umstritten. Der Gesetzgeber hat bisher keine dauerhafte gesetzliche Regelung geschaffen, die Regelungen über die 1 BAG v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08 = AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 48 = NZA 2009, 1430. 2 Annuß in Richardi, § 111 BetrVG Rz. 40.
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 150
§ 12
Höchstdauer der Verhandlungsperiode von drei Monaten hatte nur von 1996 bis 1998 Bestand. Dem Betriebsrat steht, anders als bei der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, bei Betriebsänderungen kein echtes, vollwertiges Mitbestimmungsrecht zu. Er hat lediglich Beratungs- und Informationsrechte und kann die Durchsetzung der unternehmerischen Entscheidungen nur verzögern, nicht verhindern. Die Rechtsprechung des BAG verneint einen kollektivrechtlichen Erfüllungsanspruch hinsichtlich des mangels Erzwingbarkeit freiwillig abgeschlossenen Interessenausgleichs.1 Auch einige Landesarbeitsgerichte stellen zutreffenderweise auf den Charakter des Interessenausgleichs als Obliegenheit und eben nicht als Rechtspflicht ab. Daraus folgern die Gegner2 eines Unterlassungsanspruchs, dass auch kein Verfügungsanspruch auf ein auch nur zeitlich begrenztes Unterlassen der Betriebsänderung bestehen könne. Der Nachteilsausgleich im Sinne des § 113 BetrVG sei die abschließende Sanktion für mitbestimmungswidriges Verhalten. Die Anerkennung eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs bei der sozialen Mitbestimmung sage nichts über die Rechtslage bei bloßen Mitwirkungsrechten im Sinne des § 111 BetrVG aus. Schließlich könne der Betriebsrat andernfalls mit der einstweiligen Verfügung mehr erreichen als im Hauptsacheverfahren.3 Dies steht nach Auffassung der Befürworter eines Unterlassungsanspruchs einer einstweiligen Verfügung jedoch nicht entgegen. Für die Vertreter dieser Meinung ergibt sich der Verfügungsanspruch aus § 111 BetrVG. Zwar könne der Betriebsrat im Hauptsacheverfahren nicht die Unterlassung der Betriebsänderung erreichen, sodass kein diesbezügliches Sicherungsbedürfnis bestehe; ein solches sei aber hinsichtlich Beratungs- und Informationsansprüchen gegeben. Eine Kongruenz zwischen dem zu sichernden Anspruch und dem Mittel der Sicherung müsse nicht bestehen, denn nach § 938 ZPO obliege dem Gericht die Festlegung des erforderlichen Sicherungsmittels. Auf das Bestehen eines materiell-rechtlichen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruchs komme es wegen § 938 ZPO nicht an. Dabei sei auch zu beachten, dass Unterlassungsansprüche auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung als selbständige, einklagbare Nebenansprüche bestehen könnten. Durch eine solche einstweilige Verfügung trete auch keine Übersicherung des Betriebsrats ein. Es gehe nicht darum, die Betriebsänderung auf Dauer zu verhindern. Diese soll nur für eine angemessene Zeit aufgeschoben werden, um den Arbeitgeber zur Beachtung seiner betriebsverfassungsrechtlichen 1 BAG v. 28.8.1991 – 7 ABR 72/90, NZA 1992, 41 = BB 1991, 2306. 2 LAG Baden-Württemberg v. 28.8.1985 – 2 TaBV 8/85; BB 1986, 1015; LAG Baden-Württemberg v. 21.10.2009 – 20 TaBVGa 1/09; LAG Rheinland-Pfalz v. 28.3.1989 – 3 TaBV 6/89, NZA1989, 863; LAG Schleswig-Holstein v. 13.1.1992 – Ta BV 54/91, BB 1992, 1210; LAG Köln v. 1.9.1995 – 13 Ta 223/95; LAG Köln v. 27.5.2009 – 2 TaBVGa 7/09; LAG Düsseldorf v. 19.11.1996 – 8 TaBV 80/96, BB 1997, 1315 = NZA-RR 1997, 297; LAG Nürnberg v. 9.3.2009 – 6 TaBVGa 2/09; ArbG Bonn v. 23.8.1995 – 4 BVGa 9/95, BB 1995, 2115 = NZA 1995, 966; Annuß in Richardi, § 111 BetrVG Rz. 166 f.; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 244 Rz. 29; Walker in Schwab/Weth, § 85 ArbGG Rz. 110; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, § 111 BetrVG Rz. 131; Löwisch, NZA 1996, 1009; Neef, NZA 1997, 65 (68); Raab, ZfA 1997, 183; Bauer, DB 1994, 224; Hohenstatt, NZA 1998, 846; Bauer/Krieger, BB 2010, 53 (54 f.). 3 So insbesondere LAG München v. 24.9.2003 – 5 TaBV 48/03, NZA-RR 2004, 536.
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Rz. 151
Arbeitsrecht
Pflichten anzuhalten.1 Auch das Argument, ein vernünftiger Arbeitgeber müsse in der Lage sein, vorausschauend zu planen, um Sanktionen durch die Gerichte zu entgehen, wird zur Begründung eines Unterlassungsanspruchs vorgetragen.2 In jüngster Zeit wird vereinzelt auch auf Art. 8 der Richtlinie 2002/14/EG und eine richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Vorschriften zurückgegriffen, um einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats zu bejahen.3 151
Falls man aber den Verfügungsanspruch bejahen sollte, ist für den Verfügungsgrund notwendig, dass der Vollzug der Betriebsänderung droht und nur durch eine vorläufige Eilmaßnahme verhindert werden kann. Dies ist spätestens dann der Fall, wenn der Arbeitgeber das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG einleitet oder Betriebsmittel vom Betriebsgelände abzutransportieren beginnt. Ein Anspruch auf Rückgängigmachung bereits umgesetzter Maßnahmen besteht allerdings auch nach dieser Auffassung nicht. Im Rahmen der Erwägung des Verfügungsgrundes wird auch eine Folgenabwägung vorzunehmen sein, bei der die Nachteile des Unternehmers aufgrund einer vorläufigen Untersagung mit den Nachteilen der Belegschaft durch die Nichtbeachtung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats abgewogen werden müssen. In diese Überlegungen wird auch der Nachteilsausgleich gemäß § 113 BetrVG und das Verhalten des Arbeitgebers im Vorfeld eingestellt werden.4 Hier gilt wieder die Korrelation zwischen Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch: Je erkennbarer der Verfügungsanspruch ist, desto eher wird man von dem Vorliegen eines Verfügungsgrundes ausgehen müssen; aber gerade im vorliegenden Kontext ist das Vorliegen eines Anspruchs äußerst umstritten und liegt nach hiesiger Auffassung nicht vor, sodass ein Verfügungsgrund nur im Ausnahmefall bei drohenden gravierenden Schäden ersichtlich ist.
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Insbesondere ist streitig, ob dem Betriebsrat ein allgemeiner Unterlassungsanspruch in Bezug auf betriebsbedingte Kündigungen zusteht. Nach einer Ansicht kann ein solcher Anspruch aus dem Unterrichtungs- und Beratungsrecht des Betriebsrats nach § 111 BetrVG oder aus dem durch § 2 Abs. 1 BetrVG aus1 LAG Hamburg v. 13.11.1981 – 6 TaBV 9/81, DB 1982, 1522; LAG Frankfurt v. 21.9.1982 – 4 TaBV Ga 94/82, DB 1983, 613; LAG Hamm v. 23.3.1983 – 12 TaBV 15/83, AuR 1984, 54; LAG Berlin v. 7.9.1995 – 10 TaBV 5/95, LAGE § 111 BetrVG 1972 Nr. 13 = NZA 1996, 1284; LAG Hamburg v. 26.6.1997 – 6 TaBV 5/97, NZA-RR 1997, 296; LAG Thüringen v. 26.9.2000 – 1 TaBV 14/2000, LAGE § 111 BetrVG 1972 Nr. 17; LAG Thüringen v. 18.8.2003 – 1 Ta 104/03, ZIP 2004, 1118; LAG Hamm v. 28.8.2003 – 13 TaBV 127/03; LAGR 2004, 24 = ArbRB 2004, 44 = NZA-RR 2004, 80 unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; LAG Thüringen v. 21.8.2008 – 13 TaBVGa 16/08; LAG Schleswig-Holstein v. 15.12.2010 – 3 TaBVGa 12/10, DB 2011, 714; LAG Hessen v. 18.1.2011 – 4 Ta 487/10; Däubler in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, §§ 112, 112a BetrVG Rz. 23; Fabricius/Oetker in GK-BetrVG, § 111 BetrVG Rz. 189 ff.; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, § 111 BetrVG Rz. 130 ff.; Matthes in Germelmann, § 85 ArbGG Rz. 31 ff.; Heither in FS Däubler, S. 338; Klebe, AiB 1996, 717 (723); Matthes, RdA 1999, 178; Gruber, NZA 2011, 1011 (1012 ff.). 2 Korinth, ER, K Rz. 148, allerdings von außerhalb des Wirtschaftslebens. 3 LAG München v. 22.12.2008 – 6 TaBVGa 6/08, BB 2010, 896; dagegen jedoch LAG München v. 28.6.2005 – 5 TaBV 46/05; LAG München – 2 TaBV 19/03; Bauer/Krieger, BB 2010, 53 (54 f.); Lipinski/Reinhardt, NZA 2009, 1184. 4 Korinth, ArbRB 2005, 61 (62).
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 152a
§ 12
gestalteten gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen Unternehmer und Betriebsrat i.V.m. dem Mitbestimmungstatbestand der §§ 111 f. BetrVG hergeleitet werden.1 Die Vertreter einer anderen Auffassung lehnen zutreffenderweise einen durch eine einstweilige Verfügung durchzusetzenden Unterlassungsanspruch des Betriebsrats ab, da der Gesetzgeber die Unterrichtung und Beratung des Betriebsrats vor der Durchführung einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG im Gegensatz zum Sozialplan gerade nicht als erzwingbare Pflicht, sondern als bloße Obliegenheit ausgestaltet habe.2 Die im BetrVG vorgesehene Sanktion mit Nachteilsausgleich und einem Bußgeld ist abschließend. Einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats hat der Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen. Er hat in Kenntnis des Meinungsstandes um einen Unterlassungsanspruch bei der zwischenzeitlichen Neufassung des § 113 BetrVG durch Gesetz vom 25.9.19963 einen solchen Anspruch gerade nicht aufgenommen. Auch wäre ein Unterlassungsanspruch in wirtschaftlichen Angelegenheiten nicht mit der Unternehmerfreiheit vereinbar, denn zu dieser Freiheit gehört auch die Möglichkeit, Unternehmerentscheidungen über Betriebsänderungen so umzusetzen, dass die schnelle Realisierung durch veränderte Bedingungen nicht mehr möglich ist.4 Somit fehlt es an einem Verfügungsanspruch des Betriebsrats, und der „Betriebsrat“ kann nicht im Wege der einstweiligen Verfügung die Durchführung betriebsbedingter Kündigungen vor Abschluss eines Interessenausgleichverfahrens untersagen lassen. Viel diskutiert wird die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung auf Auskunftserteilung. Fraglich ist hier, ob der Betriebsrat, bevor er gegen den Arbeitgeber im Rahmen von § 111 BetrVG mithilfe einer Unterlassungsverfügung vorgeht, eine Verfügung auf Auskunftserteilung erlangen kann. Nur zur erfolgreichen Durchsetzung seines Unterrichtungsrechts kann eine solche Leistungsverfügung auf Auskunftserteilung oder auf Vorlage von Unterlagen zulässig und auch notwendig sein.5
1 LAG Hamburg v. 13.11.1981 – TaBV 9/81, ZIP 1997, 2205; DB 1982, 1522; LAG Hamburg v. 8.6.1983 – 6 TaBV 9/83, DB 1983, 2369 (2370 f.); LAG Berlin v. 7.9.1995 – 10 TaBv 5/95, AP Nr. 36 zu § 111 BetrVG 1972; LAG München v. 16.7.1997 – 9 TaBV 54/97, AuR 1998, 89; LAG Thüringen v. 18.8.2003 – 1 Ta 104/03, ZIP 2004, 1118 (ein durch Unterlassungsverfügung zu sichernder Verhandlungsanspruch); LAG Hamm v. 28.8.2003 – 13 TaBV 127/03, NZA-RR 2004, 80 (81); LAG Hamm v. 28.6.2010 – 13 Ta 250/10; LAG Hessen v. 19.1.2010 – 4 TaBVGa 3/10, NZA-RR 2010, 187; Derleder, AuR 1983, 289 (302); Ernst, AuR 2003, (21 f.); Matthes in Germelmann, § 85 ArbGG Rz. 31; Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 389 ff.; Pflüger, DB 1998, 2062 (2063). 2 LAG Düsseldorf v. 14.11.1983 – 12 TaBV 88/83, DB 1984, 511; LAG Düsseldorf v. 19.11.1996 – 8 TaBV 80/96, NZA-RR 1997, 297; LAG Baden-Württemberg v. 28.8.1985 – 2 TaBV 8/85, DB 1986, 805; LAG Rheinland-Pfalz v. 28.3.1989 – 3 TaBV 6/89, NZA 1989, 863; LAG Hamm v. 1.4.1997 – 13 TaBV 34/97, NZA-RR 1997, 343; LAG Köln v. 30.4.2004 – 5 Ta 166/04, NZA-RR 2005, 199; ArbG Bonn v. 23.8.1995 – 4 BVGa 9/95, NZA 1995, 966; Bauer, DB 1994, 217 (224); Bengelsdorf, SAE 1996, 139 ff.; Hanau, NZA 1996, 841 (844 f.); Hümmerich/Spirolke, BB 1996, 1986; Schaub, EWiR 1997, 369 (370). 3 BGBl. I, 1476. 4 LAG Schleswig-Holstein v. 27.3.2003 – 5 Sa 137/03, NZA-RR 2003, 592 (594). 5 Annuß in Richardi, § 111 BertrVG Rz. 171.
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§ 12
Rz. 153
Arbeitsrecht
Diese Meinung übersieht aber, dass eine Verfügung auf Erteilung einer Auskunft von der Natur der Sache her immer befriedigenden Charakter hat. Eine erstinstanzlich im Wege der Zwangsvollstreckung erteilte Auskunft kann nicht „rückabgewickelt“ werden, wenn in zweiter Instanz entschieden wird, ein Anspruch auf Auskunft insgesamt oder auf diese Auskunft bestehe nicht. Angesichts des summarischen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine einstweilige Verfügung auf Auskunftserteilung daher pauschal abzulehnen.
9. Betriebsratswahl 153
Alle vier Jahre werden mit den Betriebsratswahlen auch einstweilige Verfügungen relevant, zum Teil aufgrund von Streitigkeiten zwischen den an der Betriebsratswahl beteiligten Gruppen, insbesondere bei Versuchen des Arbeitgebers, in den Wahlablauf einzugreifen.1
154
Anträge auf einstweilige Verfügungen durch den Wahlvorstand sind in mehrfacher Hinsicht denkbar: Der Arbeitgeber hat den Wahlvorstand, der die Betriebsratswahl vorbereitet, zu unterstützen. Zur Anfertigung der Wählerliste muss der Arbeitgeber dem Wahlvorstand gemäß § 2 Abs. 2 WO alle erforderlichen Auskünfte erteilen und ihm alle Unterlagen zur Verfügung stellen. Diese Vorbereitungshandlung ist Aufgabe des Vorsitzenden, der ohne Beschluss des Wahlvorstandes diesen Anspruch geltend machen darf.2 Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 WO darf der Anspruch auf Vorlage einer Mitarbeiterliste auch nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass der Arbeitgeber der Meinung ist, es handele sich um keinen betriebsratsfähigen Betrieb oder der Wahlvorstand verkenne den Betriebsbegriff;3 dies gilt zumindest dann, wenn die Einschätzung durch den Wahlvorstand nicht ersichtlich falsch ist. Ansonsten bleibt dem Arbeitgeber nur die Wahlanfechtung oder er ist auf das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG angewiesen.4
155
Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass der Wahlvorstand gehalten ist, die Wahl unverzüglich einzuleiten und durchzuführen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Eine nach Durchführung des Hauptsacheverfahrens auf Auskunftserteilung durchgeführte Wahl wäre aber nicht mehr „unverzüglich“ in diesem Sinne. Antragsbefugt ist der Wahlvorstand, Antragsgegner der Arbeitgeber.
156
Die einstweilige Verfügung kommt auch dann in Betracht, wenn der Wahlvorstand den Zugang zum Betrieb begehrt. Auch wenn gegenüber Mitgliedern des Wahlvorstandes vor ihrer Bestellung eine Kündigung ausgesprochen und sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freigestellt werden, müssen sie in der Lage sein, ihr Amt als Mitglied des Wahlvorstandes wahr-
1 Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 314 ff. 2 LAG Baden-Württemberg v. 30.10.1992 – 1 TaBV 2/92, AuR 1993, 374. 3 LAG Hamm v. 14.3.2005 – 10 TaBV 31/05, NZA-RR 2005, 373; LAG Hamm v. 15.3.2010 – 10 TaBVGa 5/10. 4 ArbG Nürnberg v. 29.11.2001 – 6 BVGa 8/01, AiB 2002, 187.
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III. Kollektivarbeitsrecht
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§ 12
zunehmen.1 Eine Freistellung von der Arbeit beeinträchtigt die Befugnis zur Amtsausübung nicht. Sowohl Kündigung als auch die Freistellung mögen unwirksam sein, aber erst der vollstreckbare Titel im Verfahren der einstweiligen Verfügung verhindert, dass der Arbeitgeber durch Zeitablauf Fakten im Wahlverfahren schafft. Der Verfügungsgrund ergibt sich auch hier aus dem Umstand, dass der Wahlvorstand die Wahl unverzüglich durchzuführen hat. Antragsbefugt ist das betroffene Mitglied des Wahlvorstandes, Antragsgegner der Arbeitgeber. Der Wahlvorstand ist weiterer Beteiligter.2
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Auch kann eine einstweilige Verfügung durch einen Listenvertreter begehrt werden, um in die Vorschlagsliste gemäß § 19 WO aufgenommen zu werden.3
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Eine einstweilige Verfügung ist auch für den Fall möglich, dass zwei auf unterschiedliche Weise entstandene Wahlvorstände in einem Unternehmen um die Durchführungsberechtigung der Betriebsratswahl streiten. Es kann dann ein korrigierender gerichtlicher Eingriff vorgenommen werden, der dann auch zum Abbruch eines bereits begonnenen Wahlverfahrens führen kann. Dies insbesondere dann, wenn ein Wahlvorstand ohne wirksame Rechtsgrundlage gebildet worden ist.4 Auch kann per einstweilige Verfügung einem zweiten Wahlvorstand die Durchführung einer Betriebswahl untersagt werden, falls dieser die Durchführung für sich beansprucht. Ist bereits nach § 17 Abs. 2 BetrVG zu einer Betriebsversammlung eingeladen worden, ist die Wahl eines zweiten Wahlvorstandes auf einer anderen, späteren Versammlung nach dem Prioritätsprinzip nichtig.5 Der Arbeitgeber kann durch einstweilige Verfügung einen vom Gericht bestellten, neuen Wahlvorstand bis zur Rechtskraft der Entscheidung daran hindern, tätig zu werden, da der bislang amtierende Wahlvorstand sein Amt so lange behält, bis ein neuer rechtskräftig eingesetzt worden ist.6 Der Wahlvorstand hat auch einen Anspruch auf einstweilige Verfügung, wenn eine vom Mitarbeiter einberufene Mitarbeiterversammlung allein dazu dient, die bevorstehende Betriebsratswahl zu beeinflussen.7
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Die bloße Korrektur ermöglicht die weitere Durchführung der Betriebsratswahl unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, sodass es nicht zu einer endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache kommt und der Betrieb nicht betriebsratslos wird. Auch wenn lediglich eine Anfechtbarkeit der Wahl die Folge
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1 2 3 4 5 6
Vgl. LAG Düsseldorf v. 22.2.1977 – 11 TaBV 7/77, DB 1977, 1053. Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 751. Korinth, ER, K Rz. 87. LAG Köln v. 10.3.2000 – 13 TaBV 9/00, NZA-RR 2001, 423. LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03, LAGR 2004, 255. BAG v. 25.9.1986 – 6 ABR 68/84, NZA 1987, 708; LAG Niedersachsen v. 4.12.2003 – 16 TaBV 91/03, ZIP 2004, 377 = BB 2004, 1114; LAG Hamm v. 14.8.2009 – 10 TaBVGa 3/09, NZA-RR 2010, 191 (192). 7 ArbG Regensburg v. 6.6.2002 – 6 BVGa 6/02, AiB 2003, 554.
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Rz. 161
Arbeitsrecht
wäre, ist eine Korrektur möglich.1 Erforderlich ist jedoch stets eine Interessenabwägung, die zugunsten des Eingriffs in das Wahlverfahren ausfällt, wenn ein erheblicher Verfahrensfehler mit Sicherheit festgestellt werden kann, dessen Beseitigung auf diesem Wege möglich ist.2 161
Problematisch ist die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung zum Eingriff in die laufende Betriebsratswahl: Gemäß § 19 BetrVG kann eine fehlerhafte Betriebsratswahl angefochten und damit nachträglich einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden. Nur die Wahl, der die Fehlerhaftigkeit auf den ersten Blick auf die Stirn geschrieben steht, ist von vornherein nichtig, ein daraus hervorgegangenes Gremium ist rechtlich nicht existent. Da die bloß fehlerhafte Betriebsratswahl zwar zur Anfechtung berechtigt, der fehlerhaft gewählte Betriebsrat jedoch zunächst bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Anfechtungsantrag im Amt bleibt,3 stellt sich hier besonders dringend die Frage nach einstweiligem Rechtsschutz. Dieser könnte deshalb erforderlich sein, damit nicht das Risiko in Kauf genommen werden muss, dass sich nach jahrelangem Prozess kurz vor Ablauf der Wahlperiode ein Betriebsrat als Gremium ohne Legitimation durch Wahl herausstellt.
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Die grundsätzliche Zulässigkeit von Eingriffen in die Betriebsratswahl ist nicht streitig,4 wohl aber Art und Tiefe des Eingriffs durch einstweiligen Rechtsschutz. Eine Aussetzung der Wahl scheidet in der Regel aus, da es ansonsten zu einer längeren betriebsratslosen Zeit kommen könnte. Allerdings ist es nach Ansicht des LAG Hamm5 möglich, eine kurzzeitige Unterbrechung der Betriebsratswahl herbeizuführen, um endgültig Klarheit über Rechtsfragen zu schaffen, etwa wenn ein bereits vor Beginn der Betriebsratswahl angestrengtes Beschussverfahren kurz vor dem Abschluss steht.
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Als äußerst gravierender Eingriff ist der Abbruch einer Betriebsratswahl und deren Neuausschreibung anzusehen. Mildestes Mittel zur Erreichung des Ziels einer fehlerfreien Wahl ist daher die einstweilige Verfügung zur Korrektur von Verfahrensfehlern, jedenfalls dann, wenn der Fehler noch behebbar ist. Lange Zeit war umstritten, ob der Abbruch der Betriebsratswahlen auch bei Wahlfehlern möglich ist, die zwar nur zu einer Anfechtung der Wahl berechtigen, jedoch so schwerwiegend sind, dass die Anfechtung mit Sicherheit zum Erfolg führen würde, ohne dass die Fehler noch im Wahlverfahren korrigiert wer1 LAG Köln v. 27.12.1989 – 10 TaBV 70/89, AiB 1990, 421; LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03, AuR 2004, 78; LAG Düsseldorf v. 17.5.2002 – 18 TaBV 26/02, LAGE § 14 n.F. BetrVG 2001 Nr. 2; LAG Hessen v. 17.2.2005 – 9 TaBV Ga 28/05; LAG Hessen v. 27.4.2006 – 9 TaBV Ga 61/06; a.A. ArbG Würzburg v. 14.5.2002 – 3 BVGa 11/02 S, AuR 2002, 358, wonach ein Eingriff nur dann zulässig sein soll, wenn die Wahl als nichtig anzusehen wäre; Zwanziger, DB 1999, 2264 (2266). 2 BAG v. 20.2.1991 – 7 ABR 85/89, NZA 1992, 33; LAG Hessen v. 24.4.2003 – 9 TaBVGa 48/03. 3 BAG v. 13.3.1991 – 7 ABR 5/90, BAGE 67, 316 = BB 1991, 2452 = NZA 1991, 946. 4 BAG v. 15.12.1972 – 1 ABR 8/72, AP BetrVG 1972 § 14 Nr.1 = DB 1973, 2052. 5 LAG Hamm v. 10.4.1975 – 8 TaBV 29/75, DB 1975, 1176.
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 166
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den können,1 oder ob die Betriebsratswahl mit Sicherheit nichtig sein muss, falls sie weiter durchgeführt würde.2 Nach der zutreffenden Ansicht des LAG Köln steht ein Wahlmangel nicht mit Sicherheit fest, wenn die wechselseitig glaubhaft gemachten entscheidungserheblichen Tatsachen streitig sind.3 Das BAG hat in seinem Beschluss vom 27.7.20114 entgegen der Mehrheit der Landesarbeitsgerichte entschieden, dass der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl auf Grund von Mängeln des Wahlverfahrens nur in Betracht kommt, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre. Die sichere Anfechtbarkeit der Wahl reiche nicht aus. Ferner führe nicht jeder schwerwiegende Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl. Dies sei nur der Fall, wenn es sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handele. Ein korrigierender Eingriff in das Wahlverfahren, um korrigierbare Mängel zu beseitigen, ist möglich.5 Diese Korrekturen darf und muss der Wahlvorstand auch selbst vornehmen.6
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Im Verfügungsverfahren ist jeder antragsberechtigt, der durch Maßnahmen des Wahlvorstandes in seinem aktiven oder passiven Wahlrecht beeinträchtigt ist.7 Es müssen entsprechend § 19 Abs. 2 BetrVG drei Wahlberechtigte den Antrag stellen. Gemäß § 19 Abs. 2 BetrVG ist eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft sowie der Arbeitgeber berechtigt, das Anfechtungsverfahren durchzuführen und mittels eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in das Wahlverfahren einzugreifen, wobei der alte Betriebsrat nicht antragsberechtigt ist.8
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Der Verfügungsgrund ist allein deshalb anzunehmen, weil ohne die Eilentscheidung das als fehlerhaft erkannte Wahlverfahren fortgeführt und der Betroffene auf das Anfechtungsverfahren verwiesen würde.9 Eine weitere Dringlichkeit muss nicht glaubhaft gemacht werden.
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1 LAG Hamm v. 9.9.1994 – 3 TaBV 137/94, BB 1995, 260; LAG Hamm v. 18.9.1996 – 3 TaBV 108/96, BB 1996, 2622; LAG Baden-Württemberg v. 16.9.1996 – 15 TaBV 10/96, NZA-RR 1997, 141; LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03, AuR 2004, 78; LAG Berlin v. 7.2.2006 – 4 TaBV 214/06, NZA 2006, 509; Heider, NZA 2010, 488 (490); Bonanni/Mückl, BB 2010, 437 (439). 2 LAG Hessen v. 5.6.1992 – 12 TaBV GA 91/92, NZA 1993, 192; LAG Hessen v. 16.7.1992 – 12 TaBVGa 112/92, NZA 1993, 1008; LAG Hessen v. 29.4.1997 – 12 TaBVGA 60/97, BB 1997, 2220; LAG Köln v. 27.12.1989 – 10 TaBV 70/89, DB 1990, 539; LAG Köln v. 17.4.1998 – 5 TaBV 20/98, NZA-RR 1999, 247; LAG Köln v. 29.3.2001– 5 TaBV 22/01, BB 2001, 1356. 3 LAG Köln v. 17.4.1998 – 5 TaBV 20/98, NZA-RR 1999, 247; ähnlich ArbG Hamburg v. 18.8.1994 – 18 BV 4/94. 4 BAG v. 27.7.2011 – 7 ABR 61/10 – AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 2 = NZA 2012, 345. 5 Zwanziger, DB 1999, 2264 (2265); Bonanni/Mückl, BB 2010, 437 (438). 6 BAG v. 20.2.1991 – 7 ABR 85/89, NZA 1992, 33; BAG v. 27.1.1993 – 7 ABR 37/92, NZA 1993, 949. 7 LAG Hamburg v. 6.5.1996 – 4 TaBV 3/96, NZA-RR 1997, 136. 8 LAG Baden-Württemberg v. 13.4.1994 – 9 TaBV 4/94, DB 1994, 1091. 9 Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 460; Heider, NZA 2010, 488 (490).
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§ 12
Rz. 167
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12.15 167
M 12.15
Arbeitsrecht
Anträge im Zusammenhang mit Betriebsratswahlen
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Im Beschlussverfahren des . . ., – Antragstellers . . . (betroffenes Mitglied des Wahlvorstandes) und Beteiligter zu 1) – und der Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Geschäftsführer, – Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) – sowie den Mitgliedern des Wahlvorstandes der Fa. . . ., – Beteiligter zu 3) bis . . . . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: 1. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) in seiner Eigenschaft als Mitglied des Wahlvorstandes im Rahmen der Durchführung der Betriebsratswahl Zugang zum Betrieb der Antragsgegnerin zu gewähren. 2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Duldungsverpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 10 000 Euro angedroht. I. Der Antragsteller wurde am . . . in den Wahlvorstand der Antragsgegnerin gewählt. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Die Antragsgegnerin hat das Arbeitsverhältnis mit dem Antragsteller mit Schreiben vom . . . zum . . . ordentlich verhaltensbedingt gekündigt und den Antragsteller mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung freigestellt und ihm Hausverbot erteilt. Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom . . . II. Dem Antragsteller steht ein Verfügungsanspruch zu. Mitglieder des Wahlvorstandes müssen unabhängig von einem wirksamen Beschäftigungsverhältnis in der Lage sein, ihr Amt als Mitglieder des Wahlvorstandes wahrzunehmen. Dazu müssen sie auch den Betrieb, in dem die Wahl durchzuführen ist, betreten dürfen. Damit ist das Hausverbot jedenfalls in Hinblick auf die Tätigkeit als Organ der Betriebsverfassung unwirksam. Der Verfügungsgrund ergibt sich gemäß § 18 Abs. 1 BetrVG daraus, dass der Wahlvorstand die Wahl unverzüglich einzuleiten hat. Die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens kommt mithin nicht in Betracht. 326
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M 12.15
III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 172
§ 12
Rechtsanwalt
10. Einstweiliger Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Mandatsausübung Im Zusammenhang mit der Mandatsausübung kommt eine einstweilige Anordnung des einzelnen Mandatsträgers auf Unterlassung von Behinderungen bei der Mandatsausübung wie eine solche des Arbeitgebers auf Untersagung von bestimmten Amtshandlungen in Betracht.
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Der potenziell zu sichernde Verfügungsanspruch des Betriebsratsmitglieds ist der Anspruch auf ungestörte Amtsausübung und das Recht des Betriebsratsmitglieds, zwecks Amtsführung den Betrieb zu betreten.1
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Dieses Recht ist gekoppelt an den Bestand des Arbeitsverhältnisses, denn das Mandat endet im Regelfall – Ausnahme: nachwirkendes Mandat – mit fristloser Kündigung oder mit Ablauf der Kündigungsfrist bei ordentlicher betriebsbedingter Kündigung unter der Voraussetzung des § 15 KSchG. Der Anspruch bleibt also auch bei objektivem Vorliegen eines wichtigen Grundes bestehen, solange der Betriebsrat seine Zustimmung nicht erteilt hat und diese auch nicht in einem Verfahren nach § 103 BetrVG durch das Arbeitsgericht rechtskräftig ersetzt wurde. Hat der Arbeitgeber eine Kündigung ohne Zustimmung oder deren Ersetzung ausgesprochen, so ist diese offensichtlich unwirksam, und das Betriebsratsmitglied kann seinen Anspruch auf ungestörte Amtsführung im Wege der einstweiligen Verfügung ebenso durchsetzen wie seinen Beschäftigungsanspruch.
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Ist die Kündigung nicht im obigen Sinne offensichtlich unwirksam, sondern streitig und prozessbefangen, so ist das Betriebsratsmitglied bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verhindert im Sinne von § 25 Abs. 1 BetrVG.2 Die Funktion des Gremiums ist damit gesichert, für eine einstweilige Verfügung außerhalb des vorgenannten Falles besteht wegen dieser Sonderregelung kein Raum. Verfügungsgrund bei der Behinderung des Betriebsrats im unstreitig bestehenden oder offensichtlich unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis ist die Fehlbesetzung dieses Gremiums.3 Letztlich spielt hier wieder die Wechselwirkung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund eine Rolle. An den Verfügungsgrund sind hier geringe Anforderungen zu stellen, weil der Verfügungsanspruch ein offensichtliches Fehlverhalten des Arbeitgebers schon voraussetzt.
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Umgekehrt kann der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied bei grober Verletzung seiner Amtspflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG ausschließen lassen. Ein solcher Ausschluss wird erst bei Rechtskraft des Beschlusses wirksam. Wegen des
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1 Korinth, ER, K Rz. 16; Walker, § 13 Rz. 813. 2 LAG Köln v. 12.12.2001 – 8 TaBV 72/01, NZA-RR 2002, 425; LAG Hamm v. 25.6.2004 – 10 TaBV 61/04; LAG München v. 27.1.2011 – 3 TaBVGa 20/10; LAG Köln v. 27.7.2011 – 9 TaBVGa 2/11. 3 LAG Sachsen v. 27.10.2003 – 3 TaBV 22/03.
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§ 12
Rz. 173
M 12.16
Arbeitsrecht
Grundsatzes der Diskontinuität der Amtsperiode wird das Verfahren mit Ablauf der Amtsperiode eingestellt. In manchen überlasteten Gerichtsbezirken führt dies faktisch zu Verweigerungen des Rechtsschutzes der Arbeitgeber bei Verstößen in der zweiten Hälfte der Amtsperiode, da sich, je näher das Ende der Amtszeit rückt, desto häufiger das Verfahren zu verlangsamen scheint. Andererseits hat der Gesetzgeber hier ein detailliertes Sonderverfahren eingeführt, dessen Prinzipien (Ausschlüsse nur bei grobem Fehlverhalten und bei rechtskräftiger Entscheidung) nicht dadurch konterkariert werden dürfen, dass das reguläre einstweilige Verfügungsverfahren (anknüpfend an jeden Verstoß und Gestattung vorläufiger Vollstreckung) daneben zugelassen wird.1 Dies würde die gesetzgeberische Wertung auf den Kopf stellen; dies zu tun rechtfertigt auch die Überlastung der Gerichte nicht.
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12.16
173
Einstweiliger Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Mandatsausübung
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Im Beschlussverfahren des Betriebsrats der Fa. . . ., – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – und der Fa. . . . (Arbeitgeberin), vertreten durch den Geschäftsführer, – Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) – sowie dem weiteren Beteiligten . . . (konkret betroffenes Betriebsratsmitglied), – Beteiligter zu 3) bis . . . – . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] sowie den Erlass nachstehender einstweiliger Verfügung: 1. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, den Zugang des Betriebsratsmitgliedes, Beteiligter zu 3), zum gesamten Betriebsgelände des Betriebs . . . während der betriebsüblichen Arbeitszeiten zu dulden.1 [oder] 1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, vom schwarzen Brett des Antragstellers in . . . die Betriebsratsinformation Nr . . .. vom . . . ohne vorherige Einwilligung des Antragstellers zu entfernen. 1 Beispiel nach Korinth, ER, K Rz. 25.
1 A. A. Korinth, ER, K Rz. 26.
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M 12.16
III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 174
§ 12
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Duldungsverpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 10 000 Euro angedroht. I. Der Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) und Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Der Beteiligte zu 3) ist Betriebsratsmitglied. Am . . . hat die Antragsgegnerin gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG gegen den Beteiligten zu 3) ein Ausschlussverfahren eingeleitet. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 3) Dem Beteiligten zu 3) wurde am . . . der Zugang zum Betrieb . . . der Antragsgegnerin mit der Begründung verweigert, die weitere Anwesenheit des Beteiligten zu 3) sei nicht zumutbar. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 3) II. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der dem Betriebsrat obliegenden Pflichten gemäß § 80 BetrVG sowie aus dem Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Erfüllung seiner Pflichten aus § 80 BetrVG ist dem Betriebsrat nur möglich, wenn seinen Mitgliedern uneingeschränkt Zutritt zum Betrieb gewährt wird, damit diese die Betriebsratstätigkeit ausüben können. Zwar kann der Arbeitgeber grundsätzlich einen Ausschließungsgrund gemäß § 23 BetrVG geltend machen; er hat in diesen Fällen jedoch seinerseits eine entsprechende einstweilige Verfügung auf ein Verbot der Amtsausübung zu beantragen. Der Antragsgegner ist jedenfalls nicht befugt, durch Verweigerung des Zutritts zum Betrieb die Betriebsratstätigkeit endgültig zu vereiteln. Ein Verfügungsgrund liegt ebenfalls vor, da das Betriebsratsmitglied durch die Zutrittsverweigerung an der Ausübung seiner Rechte gehindert ist. Die Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten für die Vergangenheit ist durch Zeitablauf jedoch endgültig vereitelt. Rechtsanwalt
11. Einstweilige Verfügung im Arbeitskampf a) Arbeitskampfmaßnahmen Im Rahmen von Arbeitskämpfen ist wegen der zeitlichen Dringlichkeit eine Geltendmachung von Ansprüchen im Rahmen der einstweiligen Verfügung zur Abwehr von rechtswidrigen Streik- oder Aussperrungshandlungen elementar, da sich eventuelle Rechtsverstöße bei oft nur wenige Stunden oder Tage dauernden Arbeitskämpfen angesichts der normalen Prozessdauer nicht wirksam verhindern ließen. Ohne die grundsätzliche Möglichkeit einstweiliger Verfügungen wäre effektiver Rechtsschutz der Partei, die durch rechtswidrige Kampfhandlungen der Gegenseite beschwert ist, ausgeschlossen. Andererseits ist eine gewisse Zurückhaltung deshalb geboten, weil die Gefahr besteht, dass Braun
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174
§ 12
Rz. 175
Arbeitsrecht
ein Arbeitskampf bereits dadurch beeinflusst wird, dass erstinstanzlich eine Unterlassungsverfügung ergeht, die zweitinstanzlich wieder aufgehoben wird. Durch die Zeitverzögerung zwischen den Instanzen würde die Kampfbereitschaft verpuffen, obwohl sich die Kampfmaßnahme letztlich als rechtmäßig herausstellt. Zur Prüfung, ob eine auf Unterlassung eines Arbeitskampfes gerichtete einstweilige Verfügung im Sinne des § 940 ZPO zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, hat eine Interessenabwägung stattzufinden; hier sind sämtliche in Betracht kommenden materiell-rechtlichen und vollstreckungsrechtlichen Erwägungen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen für beide Parteien einzubeziehen.1 175
Der Verfügungsanspruch ergibt sich, je nach Stoßrichtung, entweder aus der sich aus Art. 9 GG ergebenden Arbeitskampffreiheit oder aus dem Anspruch auf Einhaltung der gesetzlichen Beschränkungen derselben (§ 1004 BGB i.V.m. Art. 9 GG).2 Die wesentlichen Einschränkungen der Streikfreiheit ergeben sich, da das Arbeitskampfrecht nicht kodifiziert ist, aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Ein Verfügungsanspruch auf Unterlassung von Arbeitskampfmaßnahmen gegen eine Gewerkschaft nach § 1004 Abs. 1 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB, Art. 9 Abs. 3 GG kann einem einzelnen Arbeitgeber bzw. einem Arbeitgeberverband nur dann zustehen, wenn die Maßnahme offensichtlich rechtswidrig ist und dies glaubhaft gemacht wird.3 Im Rahmen der einstweiligen Verfügung wird daher die Rechtmäßigkeit der Maßnahme summarisch überprüft. Erforderlich ist wegen der etwaigen Ausmaße einer Untersagungsverfügung für den Kernbereich des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG, dass der Unterlassungsantrag nicht zu dem Zweck gestellt wird, den Arbeitskampf insgesamt zu verhindern. Zur Rechtmäßigkeit eines Streiks ist zunächst Voraussetzung, dass er von einer Gewerkschaft im Rechtssinne4 getragen wird und diese Gewerkschaft ihrer Satzung nach für das Unternehmen tarifzuständig ist.5 Der Streik muss um einen durch die Tarifparteien regelbares Ziel geführt werden, was bei politischen Streiks nicht der Fall ist.6
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Eng verwandt mit dem politischen Streik ist der ebenfalls unzulässige Demonstrationsstreik,7 der von vornherein nicht den Abschluss eines Tarifvertrags zum Ziel hat. Davon abzugrenzen ist der Sympathiestreik, den das BAG kürzlich für zulässig erklärt hat.8 Rechtswidrig ist weiterhin der Streik während des Laufes der Friedenspflicht,9 die ihrer Natur nach allerdings eine relative ist,10 sich mit1 Korinth, ER, J Rz. 3 ff. 2 Vgl. auch Germelmann in Germelmann, § 62 ArbGG Rz. 113. 3 BAG v. 24.4.2007 – 1 AZR 252/06, NZA 2007, 987; LAG Sachsen v. 2.11.2007 – 7 SaGa 19/07 – Lokführerstreik, NZA 2008, 59. 4 BAG v. 6.6.2000 – 1 ABR 10/99 – Verband der TÜV-Angestellten, AP TVG § 2 Nr. 55 = NZA 2001, 160; BAG v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03 – UFO, AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 1 = NZA 2005, 697. 5 LAG Hessen v. 11.1.2007 – 9 SaGa 2098/06. 6 Brox/Rüthers, Rz. 87. 7 BAG v. 23.10.1984 – 1 AZR 126/81, NZA 1985, 459 = NJW 1985, 2440. 8 BAG v. 19.6.2007 – 1 AZR 396/06, NJW 2007, 3087. 9 Koch in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 193 II 4b. 10 BAG v. 21.12.1982 – 1 AZR 411/80, NJW 1983, 1750.
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III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 180
§ 12
hin also nur auf die Materien bezieht, die in noch ungekündigten Tarifverträgen geregelt sind. Nach Auslaufen eines Lohntarifvertrags besteht deshalb die Friedenspflicht für Materien des Manteltarifvertrags weiter, für Entgeltfragen endet sie. Eine Ausnahme vom Streikverbot während der Friedenspflicht gilt nach der Rechtsprechung nur für befristete Warnstreiks im Rahmen des Ultima-RatioPrinzips.1 Auch die Gewerkschaften können eine Unterlassungsverfügung erwirken, wenn nämlich der Arbeitgeber mit einer Maßnahme in das Streikrecht in rechtswidriger Weise eingreift.2
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Ist der Arbeitskampf als solcher rechtmäßig, so können dennoch einzelne rechtswidrige Einzelhandlungen im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt werden. Solche rechtswidrigen Einzelhandlungen auf Arbeitnehmerseite, die nicht durch den rechtmäßigen Arbeitskampf gedeckte Eingriffe in den eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen, sind etwa Betriebsblockaden, das gewaltsame Behindern von arbeitswilligen Arbeitnehmern am Betreten des Betriebes,3 oder Betriebsbesetzungen. Als rechtswidrige Einzelhandlungen des Arbeitgebers bei Aussperrungen kann etwa die Überschreitung der Aussperrungsarithmetik4 oder die gezielte Aussperrung von Gewerkschaftsmitgliedern gelten.5
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Ein Verfügungsgrund ist gegeben, wenn die rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahme unmittelbar droht (etwa ein Streikaufruf bereits erfolgt ist) und, wie im Regelfall, anders nicht verhindert werden kann. Dass darüber hinaus der Eintritt erheblicher wirtschaftlicher oder sonstiger Schäden droht,6 kann nicht verlangt werden, denn dieser Schadensersatzanspruch ist seiner Struktur nach nicht ermittelbar und kann auch nicht geschätzt werden. Der Schaden einer rechtswidrigen Streikmaßnahme besteht nämlich nicht nur in dem unmittelbaren Produktionsausfall, sondern auch letztlich – gerade dazu wird der Arbeitskampf durchgeführt – in einem anderen Tarifabschluss. Die Beantwortung der Frage, ob und wenn ja auf welchem Niveau bei rechtmäßigem Verhalten ein Tarifabschluss zustande gekommen wäre, ist reine Spekulation. Hierauf muss sich der Arbeitskampfbetroffene nicht verweisen lassen.
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b) Tarifliche Sozialpläne Während die tarifliche Regelbarkeit von wirtschaftlichen Nachteilen anlässlich einer Betriebsänderung neben betrieblichen Sozialplänen möglich ist, was angesichts des Wortlauts des § 112 Abs. 1 Satz 4 BetrVG auch weitgehend aner1 BAG v. 21.6.1988 – 1 AZR 651/86, NJW 1989, 57 = NZA 1988, 846. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 24.10.2007 – 7 SaGa 2044/07 – Arbeitgebernotdienst, BB 2007, 2688. 3 BAG v. 21.6.1988 – 1 AZR 653/86, NZA 1988, 884 = NJW 1989, 61. 4 BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 168/79, NJW 1980, 1653; BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 331/79, NJW 1980, 1653. 5 BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 331/79, NJW 1980, 1653. 6 LAG Schleswig-Holstein v. 28.6.1993 – 5 Sa 346/93, LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 51.
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§ 12
Rz. 181
M 12.17
Arbeitsrecht
kannt wird,1 ist die Möglichkeit der Erstreikbarkeit eines Tarifsozialplans umstritten. Sicherlich zu kurz gegriffen – wenn auch inzwischen höchstrichterlich „abgesegnet“ – ist die Argumentation, dass aus der tariflichen Regelbarkeit notwendigerweise auch auf eine Erstreikbarkeit geschlossen werden kann,2 denn das Arbeitskampfrecht ist vom Ultima-Ratio-Prinzip beherrscht. Kampf ist nach hier vertretener Meinung eben nicht die vom Gesetz gewünschte primäre Konfliktlösung, wenn ein kampfloses, justizförmig ausgestattetes Verfahren wie das Einigungsstellenverfahren beim betrieblichen Sozialplan zur Verfügung steht. Das Bundesarbeitsgericht hat nun in seiner Entscheidung vom 24.4.20073 dargelegt, dass das Betriebsverfassungsgesetz die Regelungsbefugnis von Tarifvertragsparteien nicht einschränkt. So sind typische Sozialplaninhalte, wie Ansprüche auf Abfindungen oder Qualifizierungsmaßnahmen, zugleich tariflich regelbare Angelegenheiten und sind daher auch erstreikbar, wenn nicht nach allgemeinen Regeln z.B. die Friedenspflicht entgegensteht, etwa in Form tariflicher Rationalisierungsschutzabkommen. Dass die Arbeitskampfparität hier strukturell gestört ist, weil der Betriebsrat im Rahmen des Sozialplanverfahrens nach §§ 111, 112 BetrVG auf Kosten des Arbeitgebers ein wirtschaftliches Gutachten über die Leistungsfähigkeit des Unternehmers erstellen lassen darf (in der Praxis in der Regel erstellt von Beratungsgesellschaften der Gewerkschaften), bevor dann die personenidentische gewerkschaftliche Tarifkommission – im Wissen, was vorhanden ist – zum Sozialtarifstreik aufruft, hat das BAG dabei für nicht relevant gehalten.
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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf
An das Arbeitsgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Fa. . . ., – Antragstellerin – gegen die Gewerkschaft . . ., – Antragsgegnerin – . . . [wie Rz. 34 Muster 12.1] Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir wegen Dringlichkeit des Falles ohne mündliche Anhörung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist, der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, 1 LAG Schleswig-Holstein v. 27.3.2003 – 5 Sa 137/03, NZA-RR 2003, 592; LAG Niedersachsen v. 2.6.2004 – 7 Sa 819/04, NZA-RR 2005, 200; dagegen LAG Hamm v. 31.5.2000 – 18a Sa 858/00, AP ArbGG 1979 § 10 Nr. 4. 2 So etwa Korinth, ER, Rz. 21. 3 BAG v. 24.4.2007 – 1 AZR 252/06, ArbRB 2007, 352 = NJW 2007, 3660.
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M 12.17
III. Kollektivarbeitsrecht
Rz. 182
§ 12
Arbeitskampfmaßnahmen in dem Betrieb und Unternehmen der Antragstellerin selbst durchzuführen, zu übernehmen oder durchführen zu lassen, insbesondere die Arbeitnehmer dieser Betriebe zu Arbeitsniederlegungen aufzurufen oder aufrufen zu lassen; [alternativ:] Arbeitskampfmaßnahmen, insbesondere Arbeitsniederlegungen in den Betrieben der Mitgliedsunternehmen des Klägers durchzuführen oder durchführen zu lassen, insbesondere die Arbeitnehmer dieser Betriebe zu Arbeitsniederlegungen aufzurufen oder aufrufen zu lassen, solange über Inhalte eines Tarifvertrags noch nicht verhandelt wurde oder noch verhandelt wird und das Scheitern der Tarifverhandlungen nicht ausdrücklich von einer Tarifpartei erklärt worden ist. Weiter wird schon jetzt für den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckungsfähige Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe) zu erteilen.1 I. Die Antragstellerin ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes . . . Dieser hat mit der Antragsgegnerin einen Manteltarifvertrag sowie einen Lohn- und Gehaltstarifvertrag abgeschlossen. Die Tarifverträge sind auf unbestimmte Zeit geschlossen und bislang noch nicht gekündigt worden. Glaubhaftmachung: 1. Manteltarifvertrag vom . . . 2. Lohn- und Gehaltstarifvertrag vom . . . 3. eidesstattliche Versicherung des . . . Mit Schreiben vom . . . hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Aufnahme von Tarifverhandlungen über einen Firmentarifvertrag aufgefordert. Glaubhaftmachung: Schreiben vom . . . Gegenstand dieses Firmentarifvertrags soll die Regelung von Schicht- und Feiertagszulagen, sowie Zulagen für Mehrarbeit sein. Mit Schreiben vom . . . hat die Antragstellerin die Aufforderung zurückgewiesen. Glaubhaftmachung: Schreiben vom . . . Daraufhin drohte die Antragsgegnerin mit der Durchführung von Streikmaßnahmen, zunächst in Form von Warnstreiks. Glaubhaftmachung: 1. einstweilige Verfügung der Betriebsleitung 2. Schreiben vom . . . 1 Beispiele nach Korinth, ER, J Rz. 54.
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§ 12
Rz. 182
Arbeitsrecht
M 12.17
II. Der Verfügungsanspruch besteht. Aufgrund der bestehenden, ungekündigten Tarifverträge zwischen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin besteht eine relative Friedenspflicht, die Arbeitskämpfe grundsätzlich untersagt, die die Aufhebung oder Abänderung eines gültigen Tarifvertrags zum Ziel haben. Die angedrohten Streikmaßnahmen wären daher rechtswidrig; die Antragsgegnerin müsste zunächst die bestehenden Tarifverträge kündigen, da im Rahmen des Entgelttarifvertrags Schicht- und Feiertagszulagen sowie die Vergütung von Mehrarbeit geregelt sind. Rechtsanwalt
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§ 13 Bau- und Werkvertragsrecht Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . II. Ansprüche des Auftraggebers/ Bauherrn 1. Herausgabe von Konstruktionsund Zeichnungsunterlagen . . . 2. Duldung von Baumaßnahmen durch Nachbarn . . . . . . . . . . a) Benutzung des Nachbargrundstücks . . . . . . . . . . b) Unterlassen der Beeinträchtigung eines Wegerechts . . . . III. Ansprüche des Auftragnehmers/ Bauunternehmers . . . . . . . . . 1. Unterlassung der Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern . . . . . . . . . . .
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a) Rechtsrahmen der Bürgschaft auf erstes Anfordern . . . . . b) Einwendungen gegen die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern . . . . . . . . . . . . . . . c) Einstweilige Verfügung . . . 2. Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek a) Anspruch auf Eintragung einer Bauunternehmersicherungshypothek . . . . . . . . . . . . b) Einstweilige Verfügung zur Sicherung des Anspruchs . .
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Literatur: Beck-Online Praxis der Kommunalverwaltung; Berg/Vogelheim/Wittler, Bauund Architektenrecht, 2006; Bruns, Das Zurückbehaltungsrecht des Architekten an den von ihm gefertigten Plänen, BauR 1999, 529; Fischer, Schutz vor missbräuchlicher Nutzung der Bürgschaft auf erstes Anfordern, WM 2005, 529; Grüneberg, Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bürgschaft, WM 2010 Heft 43 Sonderbeilage 2; Grziwotz, Der aktuelle Umfang von Wegerechten, NJW 2008, 1851; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008; Lauer, Herausgabe der für den Weiterbau erforderlichen Pläne und Zurückbehaltungsrecht des Architekten, BauR 2000, 812; Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl. 2012; Neumeister/von Gamm, Ein Phönix: Das Urheberrecht der Architekten, NJW 2008, 2678; Oepen, Auf erstes Anfordern versprochene Bürgschaften und Garantien, NJOZ 2009, 756; Pauly, Urheberrechtliche Schutzvoraussetzungen von Bauwerken, NZBau 2011, 645; Schulze, Urheberrecht der Architekten, NZBau 2007, 537 und 611; Timme, Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern, MDR 2003, 1094; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl. 2011.
I. Einleitung Wie Werner/Pastor zutreffend bemerken, wird im Baurecht von der Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung relativ selten Gebrauch gemacht, obgleich sich bei der bekannten Schwerfälligkeit der Bauprozesse das Verfügungsverfahren geradezu anbietet.1 Darüber hinaus bieten Bauprojekte eine Vielzahl von Fall1 Pastor in Werner/Pastor, Rz. 349. Dies gilt auch für den Bereich der öffentlichen Vergabe, wobei jedoch umstritten ist, ob einstweiliger Rechtschutz auch unterhalb der vergaberechtlichen Schwelle möglich ist; vgl. hierzu beispielsweise OLG Düsseldorf v. 13.10.2010 – I-27 U 1/09, NZBau 2010, 272; OLG Brandenburg v. 2.10.2008 – 12 U 91/08, OLGR Brandenburg 2009, 281 = BauR 2009, 983.
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§ 13
Rz. 2
Bau- und Werkvertragsrecht
gestaltungen für einstweilige Verfügungen. Zum einen kommen regelmäßig mindestens drei Parteien in Betracht, die einstweilige Verfügungen beantragen können: Auftraggeber (hierzu Rz. 3 ff.), Unternehmer (hierzu Rz. 21 ff.) sowie Dritte, die durch das Bauprojekt berührt werden.1 Zum anderen stehen die Beteiligten unter hohem Zeitdruck. Wartet man die Entscheidung eines ordentlichen Gerichts ab, dürfte das Bauprojekt schon abgeschlossen sein, bevor eine Entscheidung ergeht. 2
Ähnliche Probleme können sich auch im allgemeinen Werkvertragsrecht ergeben. Es bietet sich daher an, wo angebracht, auf Besonderheiten des allgemeinen Werkvertragsrechts einzugehen.
II. Ansprüche des Auftraggebers/Bauherrn 1. Herausgabe von Konstruktions- und Zeichnungsunterlagen 3
Kommt es zwischen Bauherrn und Bauunternehmer bzw. Architekt zum Streit und wird der Werkvertrag gekündigt, kann der Bauherr vor einem Dilemma stehen. Zur Fortführung des Baus mit einem anderen Unternehmer benötigt er unter Umständen die Pläne des „alten“ Unternehmers. Dieser jedoch wird zur Herausgabe nicht bereit sein, solange er nicht vollständig bezahlt wurde. Dazu wird der Bauherr – je nach Grund der Kündigung – wiederum nicht bereit sein.
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Es stellt sich daher die Frage, ob der Bauherr – der Eilbedürftigkeit halber im Wege einstweiliger Verfügung – vom Unternehmer die Herausgabe der von ihm erstellten Konstruktions- und Zeichnungsunterlagen verlangen kann.
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Ein allgemeiner Herausgabeanspruch gegen einen Bauunternehmer besteht nicht.2 Unbestritten ist jedoch, dass der Bauherr einen Verfügungsanspruch gegen den Architekten3 auf Herausgabe der Planunterlagen hat.4 Nicht eindeutig kommt in der Rechtsprechung zum Ausdruck, was die Anspruchsgrundlage ist. Eine ausdrückliche gesetzliche Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. Einerseits wird vertreten, dass § 631 BGB Anspruchsgrundlage sei.5 Der Architektenvertrag wird als Werkvertrag eingeordnet6 und die Pflicht zur Planung verkör1 Im Regelfall wird es sich um Nachbarn handeln, die sich gegen das Bauvorhaben wenden. Die zugrunde liegenden Verfügungsansprüche stammen regelmäßig aus dem Nachbarrecht oder dem öffentlichen Baurecht und sind daher hier nicht zu behandeln. 2 OLG Frankfurt a.M. v. 26.10.2006 – 26 U 2/06, IBR 2007, 9 = NJW-RR 2007, 817. Der Bauunternehmer hatte nur eine Natursteinfassade erstellt. Nachdem Streit über Mängel ausbrach, kündigte der Bauherr den Vertrag und verlangte (erfolglos) Herausgabe der statischen Nachweise und Ausführungspläne. Erforderlich ist ein besonderes, konkret begründetes Interesse, s. LG München I v. 2.3.2007 – 2 O 23839/06, NJOZ 2007, 3539. 3 Zu einem entsprechenden Anspruch gegen den Bauunternehmer s. OLG Frankfurt v. 26.10.2006 – 26 U 2/06, NJOZ 2008, 1581, welches nach Vertragsauslegung das Bestehen eines Anspruchs verneinte. 4 Koeble in Kniffka/Koeble, 12. Teil Rz. 135; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 354; Bruns, BauR 1999, 529 ff.; Lauer, BauR 2000, 812 ff.; OLG Köln v. 11.7.1997 – 11 W 21/97, NJW-RR 1998, 1097; OLG Hamm v. 20.8.1999 – 25 U 88/99, BauR 2000, 295. 5 OLG Hamm v. 20.8.1999 – 25 U 88/99, BauR 2000, 295. 6 Peters/Jacoby in Staudinger, Vorbem. zu §§ 631 ff. BGB Rz. 128–129.
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II. Ansprüche des Auftraggebers/Bauherrn
Rz. 8
§ 13
pert sich gerade in den Plänen.1 Andererseits wird argumentiert, dass der Architekt mit Abschluss des Architektenvertrags in aller Regel die urheberrechtliche Nutzungsbefugnis an seinen Plänen auf den Bauherrn übertrage.2 Dazu gehört zwangsläufig auch die Übergabe der Pläne, ohne die das Werk, an dem das Nutzungsrecht besteht, nicht genutzt werden kann.3 Beide Ansichten widersprechen sich nicht notwendig, da sie beide letztlich auf den abgeschlossenen Vertrag abstellen. Umstritten ist, ob dem Architekten wegen nicht gezahlten Honorars ein Zurückbehaltungsrecht an den Plänen zusteht. Die Rechtsprechung und ein Teil der Literatur verneinen dies bis jetzt und halten den Architekten für vorleistungspflichtig, zumindest müssten Mutterpausen oder Kopien (falls die Pläne im PC gespeichert sind) herausgegeben werden.4 Die Rechtsprechung wird in einem Teil der Literatur heftig und mit beachtlichen Argumenten kritisiert.5 Angesichts der bis jetzt eindeutigen Rechtsprechung und Unterstützung in der Literatur ist aber von einer Vorleistungspflicht auszugehen.
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Ein Verfügungsgrund besteht, wenn der Bauherr für die Fortführung des Baus dringend auf die Unterlagen angewiesen ist.6 Dies begrenzt auch den Umfang des Herausgaberechts. Innerhalb dieser Begrenzung sind wegen der dem Bauherrn drohenden Nachteile die strengen Voraussetzungen einer Leistungsverfügung erfüllt, sodass der Verfügung auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegensteht7 (vgl. zur Leistungsverfügung auch § 2 Rz. 14).
7
Zuständiges Gericht ist das Gericht der Hauptsache. Als Gerichtsstand dürfte regelmäßig nur der Geschäftssitz des Architekten in Betracht kommen, der Ort des Bauvorhabens als Gerichtsstand des Erfüllungsorts kommt nicht in Betracht.8
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1 BGH v. 9.7.1962 – VII ZR 98/61, NJW 1962, 1764 (1765); Peters/Jacoby in Staudinger, Vorbem. zu §§ 631 ff. BGB Rz. 128. 2 OLG Köln v. 11.7.1997 – 11 W 21–97, NJW-RR 1998, 1097; OLG Frankfurt v. 21.1.1982 – 6 W 148/81, BauR 1982, 166. S. aber die im Zusammenhang mit dem Teilabriss des Astra-Hochhauses in Hamburg und der Kürzung des Hallendachs beim Bau des Berliner Hauptbahnhofs wieder aufgekeimte Diskussion über das Urheberrecht des Architekten, Pauly, NZBau 2011, 645; Neumeister/von Gamm, NJW 2008, 2678; Schulze, NZBau 2007, 537 und 611. 3 Bruns, BauR 1999, 529 (533). 4 OLG Köln v. 11.7.1997 – 11 W 21–97, NJW-RR 1998, 1097; OLG Hamm v. 20.8.1999 – 25 U 88/99, BauR 2000, 295; zustimmend Koeble in Kniffka/Koeble, Teil 12 Rz. 136; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 3002. 5 Bruns, BauR 1999, 529; Lauer, BauR 2000, 812. 6 OLG Hamm v. 20.8.1999 – 25 U 88/99, BauR 2000, 295; Koeble in Kniffka/Koeble, Teil 12 Rz. 135; Bruns, BauR 1999, 529 (537). 7 OLG Hamm v. 20.8.1999 – 25 U 88/99, BauR 2000, 295. 8 Heinrich in Musielak, § 29 ZPO Rz. 20. Dies gilt jedenfalls für die Planungsleistungen, um die es bei der Herausgabe geht.
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§ 13
Rz. 9
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13.1 9
Bau- und Werkvertragsrecht
M 13.1
Herausgabe von Kopien
Vorab per Telefax:1 An das Landgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Langrubrum] Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, gegen den Antragsgegner – wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorherige mündliche Verhandlung – den Erlass folgender einstweiliger Verfügung: Der Antragsgegner ist verpflichtet, dem Antragsteller Kopien folgender Unterlagen herauszugeben: . . . [möglichst genaue und detaillierte Beschreibung der Pläne und Unterlagen] Begründung: I. Sachverhalt 1. Der Antragsteller hatte mit dem Antragsgegner den als Anlage AST 1 beigefügten Architektenvertrag geschlossen und ihm die Vollarchitektur für sein geplantes Einfamilienhaus übertragen. 2. Während der Erstellung des Rohbaus kam es zum Streit zwischen den Parteien. Mit Schreiben vom . . ., beigefügt als Anlage AST 2 kündigte der Antragsteller das Vertragsverhältnis fristlos . . . [ausführen]. Anschließend beauftragte er das Architekturbüro Mörtel & Partner mit der Weiterführung des Baus. 3. Für die Weiterführung des Baus sind die vom Antragsgegner erstellten Bauunterlagen, die Gegenstand des Antrags sind, zwingend notwendig. Die Pläne aufgrund des Baus zu rekonstruieren und neu zu erstellen, würde zu mehrmonatigen Bauverzögerungen und erheblichen Kosten für den Antragsteller führen. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Architekten Mörtel, beigefügt als Anlage AST 3. 4. Der Antragsgegner hat sich zuletzt mit Schreiben vom . . ., Anlage AST 4 unter Hinweis auf angeblich bestehende Honoraransprüche geweigert, die Pläne herauszugeben. 1 Bei einstweiligen Verfügungen, die nicht vorab per Telefax oder per Boten eingereicht werden, erhöht sich das Risiko, dass ein Gericht entweder einen Verfügungsgrund oder die Dringlichkeit, deretwegen eine mündliche Verhandlung nicht stattfinden kann, verneint.
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M 13.1
II. Ansprüche des Auftraggebers/Bauherrn
Rz. 12
§ 13
II. Rechtslage 1. Der Anspruch des Antragstellers auf Erlass der beantragten Verfügung ergibt sich aus dem geschlossenen Architektenvertrag. Dem Antragsgegner steht kein Zurückbehaltungsrecht wegen seiner angeblichen Honoraransprüche zu . . . Mit Abschluss des Architektenvertrags überträgt der Architekt dem Bauherrn das alleinige Nutzungsrecht an den Plänen. Hinsichtlich dieser Übertragung ist er vorleistungspflichtig. Der Antragsteller begehrt ferner keineswegs die Originalpläne, sondern nur Kopien. 2. Der Verfügungsgrund ist durch die eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. Sie ist notwendig zur Abwehr wesentlicher Nachteile für den Antragsteller. Erhält er die Pläne nicht, können die Bauarbeiten nicht fortgeführt werden, bis neue Pläne erstellt worden sind. Rechtsanwalt
2. Duldung von Baumaßnahmen durch Nachbarn Ein heikles Thema sind einstweilige Verfügungen gegen Nachbarn, um sie zur Duldung von Baumaßnahmen zu zwingen. Dies kann zum einen vorkommen, wenn Nachbargrundstücke in Anspruch genommen werden müssen, um Geräte oder Gerüste aufzubauen, und zum anderen, wenn ein Wegerecht über das Nachbargrundstück in Anspruch genommen werden muss, um ein Hinterliegergrundstück zu bebauen oder zu erreichen.
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a) Benutzung des Nachbargrundstücks Bei Bauvorhaben auf einem Grundstück kann es notwendig werden, Geräte oder Gerüste auf dem Nachbargrundstück aufzustellen, z.B. wenn grenznah gebaut oder Gruben ausgeschachtet werden sollen. Rechtsgrundlage hierfür ist das so genannte Hammerschlag- und Leiterrecht, das in den landesrechtlichen Nachbarrechten geregelt ist. Die §§ 903 ff. BGB regeln diesen Aspekt nicht abschließend, Art. § 124 EGBGB.1 Enthält das Landesrecht keine entsprechende Regelung, versucht die Rechtsprechung, Duldungs- und Nutzungsrechte aus § 242 BGB abzuleiten.2
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Das Hammerschlag- und Leiterrecht berechtigt den Eigentümer eines Grundstücks, das Nachbargrundstück zu betreten, um von dort aus Bau- und Instandsetzungsarbeiten am eigenen Grundstück vornehmen zu können. Voraussetzung ist, dass die Bau- und Instandsetzungsarbeiten nicht anders vorgenommen werden können und nach den Umständen des Einzelfalls das Eigentumsrecht des Nachbarn nur unwesentlich beeinträchtigen. Es handelt sich um ein obligatorisches Recht, d.h. dass der Nachbar den Zugang gestatten muss. Eigenmächtiges Betreten des Nachbargrundstücks ohne gerichtliche Gestattung wäre da-
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1 Im Einzelnen Mayer/Albrecht in Staudinger, Art. 124 EGBGB Rz. 28 ff. 2 Vgl. LG Aachen v. 21.10.1965 – 6 S 155/64, NJW 1966, 204; OLG Hamm v. 2.12.1965 – 5 U 132/65, NJW 1966, 599.
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§ 13
Rz. 13
Bau- und Werkvertragsrecht
her verbotener Eigenmacht gleichzusetzen, sofern nicht ein Notfall (§ 904 BGB) vorliegt.1 Regelmäßig sehen die Nachbargesetze daher vor, dass die Inanspruchnahme einige Zeit vorher angezeigt werden muss (zwischen zwei Wochen und zwei Monaten). 13
Üblicherweise besteht die Ausübung im Betreten und Benutzen des fremden Grundstücks. Dazu gehört das Aufstellen von Gerüsten, das Lagern der erforderlichen Baustoffe sowie die An- und Abfahrt mit Fahrzeugen. Ein geplanter Aushub von Boden, z.B. um eine Mauer zu gründen, stellt kein „Benutzen“ mehr dar.2 Der Umfang des Hammerschlag- und Leiterrechts kann von Bundesland zu Bundesland variieren. Gerichtsentscheidungen aus einem Bundesland lassen sich daher nicht ohne Weiteres auf die Rechtslage in einem anderen Bundesland übertragen. So ist das Aufstellen eines Schwenkkrans, dessen Ausleger in den Luftraum über den Nachbargrundstück hineinragt, nach der Rechtsprechung in Schleswig-Holstein erlaubt,3 in Baden-Württemberg nicht.4 Aber selbst nach allgemeinem Nachbarrecht kann z.B. die Verpflichtung bestehen, die zeitweise Rückverankerung einer an der Grundstücksgrenze stehenden Bohrpfahlwand mit Ankern im eigenen Grundstück zu dulden.5 Bei der Beurteilung, ob eine solche Duldungspflicht besteht, kann von Bedeutung sein, ob dem Nachbarn ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zusteht.6 Der bauende Nachbar ist jedoch nicht vorleistungspflichtig bezüglich dieser Entschädigung, sodass der betroffene Nachbar die Duldung nicht von einer vorherigen Entschädigungszahlung abhängig machen kann.7
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Eine einstweilige Verfügung, mit der einem Nachbarn als Antragsgegner aufgegeben wird, die Nutzung seines Grundstücks durch den Antragsteller zu dulden, steht vor dem Problem des Einwands der Vorwegnahme der Hauptsache. Denn mit der einstweiligen Verfügung hat der Antragsteller sein Ziel erreicht, die Baumaßnahmen können durchgeführt werden. Dennoch sollte eine einstweilige Verfügung ausnahmsweise zulässig sein, wenn ansonsten das Recht faktisch ausgehebelt wird, die Genehmigung mutwillig in letzter Minute verweigert wird oder nur Streit über die Höhe der zu zahlenden Entschädigung besteht.
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Der Verfügungsgrund muss glaubhaft gemacht werden. Bei Vorliegen eines Notstands (§ 904 BGB) wäre das Benutzen des Grundstücks auch unabhängig vom Hammerschlag- und Leiterrecht zulässig, daher sind in einem solchen Fall an die Voraussetzungen des Verfügungsgrundes entsprechend geringere Anforderungen zu stellen. 1 Bassenge in Beck-Online, Praxis der Kommunalverwaltung, F10 Nr. 3.1.1. 2 OLG Düsseldorf v. 31.7.1991 – 9 W 79/91, NVwZ-RR 1992, 528. 3 LG Kiel v. 30.10.1990 – 2 O 427/90, BauR 1991, 380. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 26.2.2007 – 9 W 105/06 = NZM 2007, 582, die nicht einmal eine Besitzbeeinträchtigung annahmen. 4 OLG Karlsruhe v. 11.12.1991 – 6 U 121/91, NJW-RR 1993, 91. S. auch OLG Frankfurt a.M. v. 11.1. 2011 – 4 W 43/10, NJOZ 2011, 1015. 5 OLG Stuttgart v. 2.12.1993 – 7 U 23/93, NJW 1994, 731 = BauR 1994, 545. 6 BGH v. 10.7.1987 – V ZR 285/85, BGHZ 101, 290. 7 Das LG Stuttgart wies die Berufung des betroffenen Nachbarn auf ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB daher zurück, LG Stuttgart v. 22.6.2010 – 24 O 119/10, juris.
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II. Ansprüche des Auftraggebers/Bauherrn
Rz. 19
§ 13
b) Unterlassen der Beeinträchtigung eines Wegerechts Streit mit Nachbarn kann ebenfalls entstehen, wenn ein Hinterliegergrundstück bebaut wird und der Baustellenverkehr über das an die Straße angrenzenden Grundstück geführt werden muss. Das – oftmals unerwartete – Ausmaß des Baustellenverkehrs kann dazu führen, dass die Eigentümer des Vordergrundstücks sich gestört fühlen oder Beschädigungen ihres Grundstücks befürchten und den weiteren Baustellenverkehr stoppen.
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Grundlage für den Baustellenverkehr ist üblicherweise ein im Grundbuch eingetragenes Wegerecht über das Straßengrundstück. Ein „Wegerecht“ berechtigt grundsätzlich auch zum Befahren des Grundstücks.1 Darüber hinaus richtet sich der Umfang eines Wegerechts nach den jeweiligen Bedürfnissen des herrschenden Grundstücks unter Berücksichtigung seiner Entwicklung und kann mit einer Bedarfssteigerung wachsen.2 Voraussetzung ist, dass sich die Bedarfssteigerung in Grenzen hält und nicht völlig unvorhersehbar war.3 Die Möglichkeit der Bebauung eines Hinterliegergrundstücks – und der damit verbundene Baustellenverkehr – ist grundsätzlich nicht unvorhersehbar. Kurzfristige Umfangserweiterungen, wie sie sich bei Baumaßnahmen ergeben, sind daher vom Wegerecht umfasst.4
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Der Verfügungsanspruch ergibt sich gemäß § 1029 BGB i.V.m. § 862 BGB aus den Besitzschutzvorschriften des BGB. Die Störung einer zugunsten des Antragstellers eingetragenen Grunddienstbarkeit gibt ihm gemäß § 862 BGB einen Anspruch auf Beseitigung der Störung und Unterlassung.
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Nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur muss im Fall verbotener Eigenmacht ein besonderer Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht werden.5 Er dürfte aber sowieso regelmäßig vorliegen. Die Unterbrechung des Baustellenverkehrs führt für den Bauherrn zu unzumutbaren Nachteilen. Der Bau würde bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache faktisch stillgelegt werden. Die damit verbundenen Kosten dürften für wenige Bauherrn tragbar sein. Regelmäßig wird es auch nicht möglich sein, binnen kurzer Zeit eine alternative Zuwegung anzulegen.
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1 OLG Karlsruhe v. 24.7.1985 – 6 U 65/85, OLGZ 1986, 70 = BWNotZ 1986, 174; Bassenge in Palandt, § 1018 BGB Rz. 17. Dies gilt aber nur bei einem „Wegerecht“, nicht bei einem „Betretungsrecht“. 2 Dies gilt aber nur, wenn der Inhalt der Grunddienstbarkeit nicht genau bestimmt ist. Ansonsten ist eine Änderung nur ausnahmsweise zulässig, s. Grziwotz, NJW 2008, 1851 (1852 f.). 3 BGH v. 11.4.2003 – V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235; Grziwotz, NJW 2008, 1851 (1852). 4 BGH v. 3.2.1989 – V ZR 224/87, NJW 1989, 1607; OLG Düsseldorf v. 28.4.2003 – I-9 U 204/02, OLGR 2004, 69; LG Mainz v. 2.3.2010 – 101 O 325/08, BauR 2010, 955; Bassenge in Palandt, § 1018 BGB Rz. 17. 5 OLG Frankfurt v. 11.11.1980 – 8 U 119/80, BB 1981, 148; OLG Köln v. 11.11.1999 – 3 U 93/99, MDR 2000, 152 = BauR 2000, 1096; OLG Celle v. 12.10.2007 – 2 U 152/07, OLGR Celle 2008, 145 = MDR 2008, 445; Bassenge in Palandt, § 862 BGB Rz. 12.
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§ 13
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13.2 20
Rz. 20
Bau- und Werkvertragsrecht
M 13.2
Besitzschutz
Vorab per Telefax Landgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen . . . [Langrubrum] wegen: Besitzschutz vorläufiger Streitwert: 8 000 Euro zeigen wir an, dass wir den Antragsteller vertreten. Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, gegen die Antragsgegnerin – wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorherige mündliche Verhandlung – den Erlass folgender einstweiliger Verfügung: 1. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, Personen daran zu hindern oder es ihnen zu verbieten, über das Grundstück Gemarkung . . . [genaue grundbuchrechtliche Bezeichnung], auf das Grundstück Gemarkung . . . [genaue grundbuchrechtliche Bezeichnung] zu gehen oder zu fahren. 2. Der Antragsgegnerin wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 250 000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festgesetzt werden kann. Begründung: Der Antragsteller nimmt gerichtliche Hilfe in Anspruch, weil die Antragsgegnerin ihn und andere Personen trotz eines zugunsten des Antragstellers eingetragenen Wegerechts und eines vorhandenen Weges daran hindern will, über das in ihrem Besitz befindliche Grundstück . . . [Adresse] auf das Grundstück des Antragstellers zu gelangen. I. Sachverhalt 1. Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks . . . [genaue grundbuchrechtliche Bezeichnung]. Glaubhaftmachung: beglaubigter Grundbuchauszug, AST 1 Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin des Grundstücks . . . [genaue grundbuchrechtliche Bezeichnung]. Glaubhaftmachung: beglaubigter Grundbuchauszug, AST 2. 2. Wie aus der als Anlage AST 3 beigefügten Kopie eines Auszugs aus dem Liegenschaftskataster zu entnehmen ist, ist dieses Grundstück nur über einen Weg, der über das von der Antragsgegnerin bewohnte Grundstück führt, mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden.
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M 13.2
II. Ansprüche des Auftraggebers/Bauherrn
Rz. 20
§ 13
3. Beide Grundstücke standen ursprünglich im ungeteilten Eigentum. Das Grundstück, welches die Antragsgegnerin in Besitz hat, wurde 1962 vom Grundstück des Antragstellers abgetrennt und verkauft. Für den Weg über das im Besitz der Antragsgegnerin befindliche Grundstück ist laut dem bereits als Anlage AST 2 überreichtem Grundbuchauszug in Abteilung II Nr. 3 folgende Grunddienstbarkeit eingetragen: „Wegerecht für den jeweiligen Eigentümer des im Grundbuch von . . . verzeichneten Grundbesitzes.“ Bei dem so bezeichneten Grundstück handelt es sich um das Grundstück des Antragstellers. 4. Auf dem vorbezeichneten Grundstück renoviert der Antragsteller sein Wohnhaus. Hierfür wurde ihm die in Kopie als Anlage AST 4 überreichte Baugenehmigung erteilt. Damit die beauftragten Baufirmen und Zulieferer das Grundstück des Antragstellers erreichen können, müssen sie über den vorhandenen Weg über das von der Antragsgegnerin bewohnte Grundstück fahren. 5. Am 14. Februar befanden sich drei Mitarbeiter des Bauunternehmens Fa. Baugeschäft Mörtel auf der Baustelle, darunter auch Herr Putz. Die Handwerker warteten dort auf einen LKW, der Kies anliefern sollte. Als der LKW kam, wurde er von der Antragsgegnerin daran gehindert, das Grundstück über den vorhandenen Weg zu befahren, indem sie ihn zum Anhalten aufforderte und die Weiterfahrt untersagte. Nach telefonischer Rücksprache mit dem mit der Renovierung beauftragten beteiligten Architekten und dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, ist der LKW-Fahrer unter Hinweis auf das Wegerecht dann weitergefahren. Nach dem Entladen wollte der LKW-Fahrer die Baustelle über den fraglichen Weg wieder verlassen. Die Antragsgegnerin hatte jedoch in der Zwischenzeit mit ihrem Pkw die Durchfahrt versperrt, sodass der LKW die Baustelle nicht verlassen konnte. Schließlich konnte die Antragstellerin nach längerer Diskussion mit dem herbeigekommenen Zeugen Herrn Z davon überzeugt werden, ihren Pkw zu entfernen und die Durchfahrt freizugeben. Die Antragsgegnerin erklärte jedoch zugleich, dass sie in der Zukunft die Durchfahrt nicht mehr frei machen würde und es auf keinen Fall zulassen wird, dass Fahrzeuge über das von ihr bewohnte Grundstück fahren. Glaubhaftmachung: 1. Eidesstattliche Versicherung des Unterzeichners, AST 5; 2. Eidesstattliche Versicherung des Herrn Putz, AST 6; 3. Eidesstattliche Versicherung des Herrn Z, AST 7 II. Rechtslage 1. Der Anspruch des Antragstellers auf Erlass der beantragten Verfügung ergibt sich aus § 862 BGB, da die Antragsgegnerin die Ausübung der zu seinen Gunsten eingetragenen Grunddienstbarkeit stört (vgl. Bassenge in Palandt, § 1029 BGB Rz. 1). Das eingetragene Wegerecht berechtigt nicht nur den Antragsteller, Happ
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§ 13
Rz. 21
Bau- und Werkvertragsrecht
M 13.2
sondern auch von ihm beauftragte Bauunternehmen, über das Grundstück der Antragsgegnerin auf das Grundstück des Antragstellers zu fahren. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass ein „Wegerecht“ zum Befahren berechtigt (Bassenge in Palandt, § 1018 BGB Rz. 17), sondern auch daraus, dass kurzfristige, vorhersehbare Umfangserweiterungen, wie sie sich z.B. bei Baumaßnahmen ergeben, vom Wegerecht umfasst sind (vgl. Bassenge in Palandt, § 1018 BGB Rz. 17). Der Antragsteller hat ferner den Zustand des Weges vor Beginn der Bauarbeiten zusammen mit der Voreigentümerin dokumentiert und wird nach Beendigung den dokumentierten Zustand wiederherstellen. 2. Obwohl ein Verfügungsgrund bei Besitzschutzansprüchen grundsätzlich nicht notwendig ist (Bassenge in Palandt, § 861 BGB Rz. 12), besteht ein solcher im vorliegenden Fall und ist durch die eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht. Die einstweilige Verfügung ist notwendig zur Abwehr wesentlicher Nachteile für den Antragsteller. Da die Antragsgegnerin jeglichen Fahrzeugverkehr auf das Grundstück des Antragstellers unterbinden will und eine andere Zuwegung nicht existiert, droht der Zustand, dass das Grundstück des Antragstellers faktisch nicht erreichbar ist. Rechtsanwalt
III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers 21
Die Hauptanwendungsfälle in der Praxis für den Erlass einer einstweiligen Verfügung zugunsten des Bauunternehmers sind die Unterlassung der Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sowie die Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek.
1. Unterlassung der Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern 22
Eine in der Praxis besonders wichtige Gruppe betrifft Fallgestaltungen, in denen ein Bauherr eine Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch nehmen will und Schuldner oder Bürge dies für unberechtigt halten. a) Rechtsrahmen der Bürgschaft auf erstes Anfordern
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Bürgschaften „auf erstes Anfordern“ sind eine Sonderform der Bürgschaft, die den Gläubiger besonders stark privilegieren.1 Der Gläubiger kann den Bürgen dadurch in Anspruch nehmen, dass er die in der Bürgschaftsurkunde festgelegten formalen Voraussetzungen des Bürgschaftsfalls schlüssig vorträgt. Die materielle Berechtigung, d.h. die Fälligkeit der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung, muss er im Zweifel nur behaupten, aber nicht darlegen.2 Die 1 Allgemein dazu Sprau in Palandt, Einf. vor § 765 BGB Rz. 14; Boisserée in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 864–869; Grüneberg, WM 2010 Heft 43 Sonderbeilage 2, 18. 2 BGH v. 17.10.1996 – IX ZR 325/95, NJW 1997, 255. In dem Fall waren in der Bürgschaft auf erstes Anfordern „fällige“ Hauptansprüche verbürgt.
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III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers
Rz. 26
§ 13
Schlüssigkeit ist vom Bürgen somit nur in Hinblick darauf zu prüfen, ob die Zahlungsanforderung den vertraglichen Voraussetzungen entspricht.1 Nach ständiger Rechtsprechung kann der aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern Verpflichtete seiner Inanspruchnahme Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner nur dann entgegensetzen, wenn der Gläubiger seine Rechtsstellung offensichtlich missbraucht. Das ist nur dann der Fall, wenn der materielle Bürgschaftsfall nach dem Urkundeninhalt, dem unstreitigen Parteivorbringen oder dem liquide beweisbaren Sachverhalt nicht eingetreten ist. Alle Streitfragen, deren Beantwortung sich nicht ohne Weiteres ergibt, sind im Rückforderungsprozess auszutragen.2 Diese vereinfachte Form der Inanspruchnahme macht Bürgschaften auf ersten Anfordern reizvoll für Gläubiger, die sich auf Kosten des Bürgen – und letztendlich des Schuldners – einfach und schnell Liquidität verschaffen wollen. Es kommt daher vor, dass Bürgschaften gezogen werden, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.3
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b) Einwendungen gegen die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern Ob und welche Einwendungen der Bürge gegen die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern geltend machen kann, ist Gegenstand erheblicher Diskussion in Rechtsprechung und Literatur gewesen.4 Mögliche Einwendungen können sich aus drei Aspekten ergeben:
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– Einwendungen aus dem Bürgschaftsvertrag; – Einwendungen gegen die Hauptschuld; – Einwendungen aus der Sicherungsabrede. Einwendungen aus dem Bürgschaftsvertrag: Der Bürgschaftsvertrag kommt in der Regel durch Übergabe der Bürgschaftsurkunde und Annahme durch den Gläubiger zustande. Der Zugang der Annahmeerklärung ist gemäß § 151 BGB regelmäßig entbehrlich.5 Somit regelt die Bürgschaftsurkunde, welche Ansprüche geltend gemacht werden können. Sichert die Bürgschaft laut Urkunde Erfüllungsansprüche, sind Ansprüche wegen Mängeln, die erst nach Abnahme entstehen, nicht abgesichert.6 Der Gläubiger muss exakt das erklären, was in der Bürgschaftsurkunde als Voraussetzung für die Inanspruchnahme niedergelegt ist. Keine Einwendung begründet es, dass der Gläubiger im Ausland sitzt oder 1 OLG Düsseldorf v. 29.11.1996 – 22 U 83/96, NJW-RR 1998, 776 (777); OLG Düsseldorf v. 9.8.2001 – 23 W 46/01, NZBau 2002, 223 = WM 2001, 2294. 2 BGH v. 3.4.2003 – IX ZR 287/99, NJW 2003, 2231; BGH v. 5.3.2002 – XI ZR 113/01, NJW 2002, 1493; BGH v. 8.3.2001 – IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99 (102) = NJW 2001, 1857; OLG Düsseldorf v. 27.4.2012 – 16 U 34/11, BauR 2012, 1261. 3 BGH v. 18.4.2002 – VII ZR 192/01, BGHZ 150, 299 (303) = NJW 2002, 2388 (2389); Wolff in Messerschmidt/Voit, Rz. M.149. 4 Ausführlich dazu Fischer, WM 2005, 529 ff.; Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 7–10. 5 Sprau in Palandt, § 765 BGB Rz. 5. 6 Sprau in Palandt, Einf. v. § 765 BGB Rz. 13.
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§ 13
Rz. 27
Bau- und Werkvertragsrecht
unter Insolvenzverwaltung steht1 und so das Rückforderungsrisiko erhöht ist.2 Nur im Fall einer masselosen Insolvenz kann der Bürge die Befriedigung verweigern.3 27
Einwendungen gegen die durch die Bürgschaft gesicherte Hauptschuld kann der Bürge grundsätzlich nicht geltend machen (s. Rz. 24). Ob z.B. Mängel oder der gesicherte Anspruch bestehen, ist im Rückforderungsprozess zu prüfen. Ein offensichtlicher Missbrauch läge nur vor, wenn der Gläubiger ein Abnahmeprotokoll unterzeichnet hat, ohne Mängel festzuhalten. Ebenfalls ein zulässiger liquide beweisbarer Einwand liegt z.B. vor, wenn der Gläubiger bei der Abnahme versäumt hat, sich Vertragsstrafenansprüche vorzubehalten, und nun die diese Ansprüche sichernde Bürgschaft ziehen will.4
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Einwendungen aus der Sicherungsabrede zwischen Gläubiger und Hauptschuldner sind im Regelfall noch am erfolgversprechendsten und im Baurecht am relevantesten. Ist die Sicherungsabrede unwirksam, oder war keine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart, kann der Bürge zumindest nicht auf erstes Anfordern in Anspruch genommen werden. Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Bürge bewusst von der Sicherungsabrede abgewichen ist oder, wie es bei Versicherungen manchmal vorkommt, die Sicherungsabrede bewusst nicht geprüft hat.5
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Die Sicherungsabrede kann insbesondere dann unwirksam sein, wenn sie auf einer formularmäßigen Verpflichtung beruht. Aufgrund der gesteigerten Gefahren, die mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verbunden sind, sind auch bei einer individualvertraglichen Vereinbarung hohe Maßstäbe anzulegen und ist der Bürge ggf. über die bestehenden Gefahren vorvertraglich aufzuklären.6 Nur Kreditinstitute, Versicherungen und andere Personen, die gewerbsmäßig Bürgschaften übernehmen, können aufgrund von AGB verpflichtet werden, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen.7 Für die Bauwirtschaft besonders relevant ist die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit einer bauvertraglichen AGB1 BGH v. 4.7.2002 – IX ZR 97/99, NJW 2002, 3170 (3171). 2 Anders allerdings die Rechtsprechung zur Frage, ob ein Verfügungsgrund vorliegt, s. dazu Rz. 36. 3 BGH v. 4.7.2002 – IX ZR 97/99, NJW 2002, 3170; OLG Düsseldorf v. 10.4.2003 – 5 U 129/02, OLGR Düsseldorf 2004, 104 = BauR 2003, 1582; OLG Rostock v. 16.4.2008 – 1 W 26/08, OLGR Rostock 2009, 440. 4 OLG Brandenburg v. 25.3.1999 – 12 U 157/98, OLG-NL 2002, 6. Der BGH hat die Revision mit Beschluss BGH v. 18.9.2001 – IX ZR 150/99 nicht angenommen. S. auch Fischer, WM 2005, 529 (532). 5 BGH v. 10.2.2000 – IX ZR 397/98, BGHZ 143, 381 (383) = NJW 2000, 1563; OLG Hamm v. 27.10.2006 – 12 U 76/06, ZfBR 2007, 146. 6 BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 79–97, NJW 1998, 2280, 2281; Wolff in Messerschmidt/Voit, Rz. M.150–151; Grüneberg, WM 2010 Heft 43 Sonderbeilage 2, 19. 7 BGH v. 10.9.2002 – XI ZR 305/01, NJW 2002, 2627 = MDR 2003, 16; BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 79/97, NJW 1998, 2280 = MDR 1998, 759. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger die öffentliche Hand ist, Wolff in Messerschmidt/Voit, Rz. M.188; Grüneberg, WM 2010 Heft 43 Sonderbeilage 2, 18. Das OLG Stuttgart sah auch eine AGB-Klausel in einem Vertrag mit einem international tätigen Unternehmen als wirksam an, da erwartet werden könne, dass dem Unternehmen die Auswirkungen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern bekannt sind, OLG Stuttgart v. 1.12.2010 – 9 U 89/10, WM 2011, 691.
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III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers
Rz. 32
§ 13
Klausel, nach der der Sicherungseinbehalt in Höhe von 5 % nur durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (Vertragserfüllungsbürgschaften).1 Diese sind nach der Auslegungsentscheidung des BGH aus dem Jahre 2002 unwirksam. Bei Verträgen, die vor Bekanntwerden dieser Entscheidung abgeschlossen wurden, ist jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung dergestalt möglich, dass immerhin die Verpflichtung bestehe, je nach Interessenlage eine einfache oder selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen.2 Bei einer Gewährleistungsbürgschaft ist eine solche ergänzende Vertragsauslegung jedoch nicht möglich.3
" Praxistipp: Ergibt sich die Ausgestaltung der Bürgschaft bereits aus der ver- 30 traglichen Klausel, ist der Wortlaut eines evtl. beigefügten Musters der Bürgschaft unerheblich.4
c) Einstweilige Verfügung Missbraucht der Gläubiger seine Rechtsstellung, ist eine einstweilige Verfügung das einzige Mittel, mit dem schwere Nachteile für den Hauptschuldner vermieden werden können. Die in Anspruch genommene Bank wird nach Zahlung unmittelbar Rückgriff beim Hauptschuldner nehmen und sein Konto mit dem Bürgschaftsbetrag belasten.
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Regelmäßig wird der Hauptschuldner gegen den Gläubiger vorgehen, um ihm die Inanspruchnahme der Bürgschaft untersagen zu lassen. Dieser Fall wird im nachfolgenden Muster (Rz. 37) beschrieben. Denkbar ist auch, dass sich das bürgende Kreditinstitut gegen die Inanspruchnahme wehrt. Umstritten ist, ob der Hauptschuldner gegen die Bank vorgehen kann. Die besseren Argumente scheinen dafür zu sprechen, dass das nicht möglich ist.5 Ein solches Verbot würde in das Vertragsverhältnis zwischen Gläubiger und Bank eingreifen. Es ist auch nicht nötig. Der Hauptschuldner kann nach Auszahlung durch die Bank der Belastungsbuchung widersprechen und ggf. eine einstweilige Unterlassungsverfügung erwirken, wenn die Inanspruchnahme der Bürgschaft offensichtlich rechtsmissbräuchlich war. Der Bank steht dann nämlich kein Rückgriffsanspruch gegen den Hauptschuldner zu.6
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1 BGH v. 24.5.2007 – VII ZR 213/06, NZBau 2007, 780; vgl. BGH v. 28.2.2008 – VII ZR 51/07, NJW-RR 2008, 830; BGH v. 16.6.2009 – XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422; OLG Hamburg v. 26.11.2010 – 1 U 163/09, NJW 2011, 2663. 2 BGH v. 4.7.2002 – VIII ZR 502/99, BGHZ 151, 229 = NJW 2002, 3098 = MDR 2002, 136. Zur Entwicklung der BGH-Rechtsprechung ausführlich Fischer, WM 2005, 529 ff.; Timme, MDR 2003, 1094 ff.; Oepen, NJOZ 2009, 756. Bestätigt durch BGH v. 28.2.2008 – VII ZR 51/07, NJW-RR 2008, 830. S. auch OLG Hamburg v. 26.11.2010 – 1 U 163/09, NJW 2011, 2663. 3 BGH v. 28.7.2011 – VII ZR 207/09, NJW-RR 2011, 1526 = WM 2011, 1697; Grüneberg, WM 2010 Heft 43 Sonderbeilage 2, 18. 4 OLG Brandenburg v. 21.6.2007 – 12 U 181/06, BauR 2008, 1169. Anderenfalls ist der Text des Musters zu beachten, vgl. BGH v. 9.12.2004 – VII ZR 265/03, BauR 2005, 539 = NJW-RR 2005, 458; LG Köln v. 21.12.2010 – 27 O 157/10, BauR 2011, 1008. 5 Pastor in Werner/Pastor, Rz. 371; Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 6. 6 Pastor in Werner/Pastor, Rz. 371.
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§ 13
Rz. 33
Bau- und Werkvertragsrecht
33 " Wichtig: Der Gläubiger muss einen Anspruch auf Zahlung aus der Bürgschaft durch eine formalisierte Aufforderung gegenüber dem Bürgen (der Bank) geltend machen, welche den vereinbarten Anforderungen zu entsprechen hat („formaler Bürgschaftsfall“).1 Sobald eine formell ordnungsgemäße Zahlungsanforderung eingeht, ist die Bank berechtigt und verpflichtet, an den Gläubiger zu zahlen. Da es umstritten ist, ob eine einstweilige Verfügung gegen die Bank auf Unterlassung der Auszahlung beantragt werden kann, muss eine einstweilige Verfügung gegen den Gläubiger entweder vor Zahlungsanforderung beantragt werden oder sich darauf richten, dem Gläubiger die Entgegennahme der Bürgschaftssumme zu untersagen.2 Eine nachträgliche Untersagung der Inanspruchnahme dürfte ins Leere gehen.3 Wenn irgendmöglich, sollte die einstweilige Verfügung daher beantragt werden, bevor der Gläubiger die Bank in Anspruch nimmt. 34
Die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung des Hauptschuldners gegen den Gläubiger ist in der Rechtsprechung anerkannt. Der Verfügungsanspruch besteht, wenn sich die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Bürgschaft aus unstreitigen Tatsachen ergibt oder liquide beweisbar ist.4
35 " Wichtig: Liquide Beweismittel sind nur Urkunden.5 Eidesstattliche Versicherungen dürften nicht ausreichen, da im Hauptsacheprozess auch Zeugenaussagen nicht ausreichend wären. 36
Umstritten ist, welche Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes zu stellen sind. Während ein Teil der Literatur und Rechtsprechung fordern, dass schwerwiegende Nachteile drohen, z.B. bei Insolvenz oder notwendiger Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs im Ausland,6 sind nach anderer Auffassung keine erhöhten Anforderungen zu stellen, so dass es ausreichen soll, dass der Rückforderungsanspruch gefährdet sei.7 Für die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes sind eidesstattliche Versicherungen zulässig.8
1 2 3 4
5 6 7 8
Wolff in Messerschmidt/Voit, Rz. M.153. So Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 5. Vgl. BGH v. 10.10.2000 – XI ZR 344/99, NJW 2001, 282 für den Fall einer Garantie. OLG Düsseldorf v. 24.1.2008 – I-5 U 59/07; OLG Braunschweig v. 3.3.2004 – 8 U 5/04, OLGR 2004, 287; OLG Rostock v. 19.12.2002 – 4 W 43/02, BauR 2003, 928 = IBR 2003, 359; OLG Köln v. 14.1.2002 – 11 U 96/01, OLGR Köln 2002, 267 = BauR 2002, 1445; LG Frankfurt v. 5.9.2002 – 2–30 O 210/02, BauR 2004, 1039; OLG Rostock v. 16.7.2002 – 4 U 246/01, BauR 2003, 582. Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 3. OLG Celle v. 30.4.2002 – 6 W 56/02, BauR 2002, 1596; Koeble in Kniffka/Koeble, Teil 13 Rz. 11. OLG Rostock v. 19.12.2002 – 4 W 43/02, BauR 2003, 928 = IBR 2003, 359. Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 4.
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M 13.3
III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers
Rz. 37
§ 13
u
Untersagung auf Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern
13.3
37
An das Landgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen . . . [Langrubrum] wegen: Untersagung zeigen wir an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir gegen die Antragsgegnerin – wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorherige mündliche Verhandlung – den Erlass folgender einstweiliger Verfügung: 1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, die X-Bank aus den Bürgschaften Nr. . . . über . . . Euro und Nr. . . . über . . . Euro auf Zahlung auf erstes Anfordern in Anspruch zu nehmen. 2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Begründung: Die Antragstellerin wehrt sich gegen die beabsichtigte rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme zweier Erfüllungsbürgschaften durch die Antragsgegnerin. I. Sachverhalt 1. Im . . . [Datum] schloss die Antragstellerin mit der Antragsgegnerin zwei Bauverträge zum Umbau von Gebäuden zu Filialen der Restaurantkette der Antragsgegnerin. Diese Verträge, die sich auf die Filialen Nr. 118 und Nr. 119 beziehen und entsprechend als Vertrag Nr. 118 und Vertrag Nr. 119 bezeichnet sind, überreichen wir in Kopie als Anlagenkonvolut AST 1. 2. Beide Verträge sind bis auf wenige Details (Filialen, Fertigstellungsdatum, Auftragssumme) gleichlautend. 3. Gemäß § 11 Abs. 2 der beiden Verträge hatte die Antragstellerin eine Erfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe der Bausumme zu stellen. Die von der Antragstellerin beauftragte X-Bank erstellte daraufhin die Bürgschaftsurkunden Nr. 235/05 und 236/05, die die Antragstellerin der Antragsgegnerin übersandte. Kopien der Bürgschaftsurkunden überreichen wir als Anlagenkonvolut AST 2. 4. § 12 Abs. 1 der Verträge sieht vor, dass die Antragstellerin der Antragsgegnerin nach Abnahme eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Bausumme des jeweiligen Werkvertrags zur Verfügung zu stellen hat. Die mängelfreie Abnahme erfolgte am . . . [Datum]. Das von beiden Parteien unterzeichnete Abnahmeprotokoll überreichen wir als Happ
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§ 13
Rz. 37
Bau- und Werkvertragsrecht
M 13.3
Anlage AST 3. 5. Mit Schreiben vom . . . an die Antragstellerin Anlage AST 4 kündigte die Antragsgegnerin an, die X-Bank aus den Erfüllungsbürgschaften Nr. 235/05 und 236/05 in Anspruch zu nehmen. Als Begründung gab sie an, dass das Bauwerk Mängel aufweisen würde und die Antragstellerin nicht vertragsgemäß erfüllt habe. 6. Die X-Bank hat der Antragstellerin gestern schriftlich mitgeteilt, dass sie binnen drei Tagen der Aufforderung nachkommen und das Konto der Antragstellerin dann mit den Bürgschaftsbeträgen belasten würde. Dies würde zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Liquidität der Antragstellerin führen und einen Insolvenzantragsgrund darstellen. Glaubhaftmachung: 1. Bescheinigung der X-Bank vom . . ., Anlage AST 5 2. Eidesstattliche Versicherung des Prokuristen der Antragstellerin, Anlage AST 6 II. Rechtslage Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist begründet. Die Inanspruchnahme ist offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Der Verfügungsgrund ergibt sich aus den schweren finanziellen Nachteilen, die der Antragstellerin erwachsen, wenn die Antragsgegnerin von der X-Bank Zahlung verlangen kann. 1. Die Inanspruchnahme ist offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Schon nach dem Urkundeninhalt und dem liquide beweisbaren Sachverhalt ist der Bürgschaftsfall nicht eingetreten. Die Bürgschaften Nr. 235/05 und 236/05 sind nach ihrem Wortlaut Erfüllungsbürgschaften. Erfüllungsbürgschaften sichern den Anspruch auf fristgemäße abnahmefähige Herstellung des Werks, einschließlich der Beseitigung bereits vor Abnahme bestehender Mängel. Sie erlöschen jedoch mit Abnahme des Werks, wenn sie bis dahin nicht in Anspruch genommen wurden (Sprau in Palandt, 71. Aufl. 2012, Einf. vor § 765 BGB Rz. 13 m.w.N.). Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Werkleistung jedoch als mangelfrei abgenommen. Dass die Erfüllungsbürgschaften sich nicht auf nach Abnahme entstehende Mängel beziehen, ergibt sich aus den Werkverträgen, die in § 12 ausdrücklich noch eine Gewährleistungsbürgschaft vorsehen. Gewährleistungsbürgschaften sichern die Mängelhaftungsansprüche nach Abnahme sowie wegen bereits bei Abnahme bestehender Mängel (Sprau in Palandt, aaO). 2. Darüber hinaus hatte die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Begebung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern. Nach der Rechtsprechung des BGH sind formularmäßige Verpflichtungen auf Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern unwirksam, da sie den Bauunternehmer unangemessen benachteiligen (BGH v. 28.2.2008 – VII ZR 51/07, NJW-RR 2008, 830; OLG Hamburg v. 26.11.2010 – 1 U 163/09, NJW 2011, 2663). Die Verpflichtung in § 11 Abs. 2 der Verträge Nr. 118 und Nr. 119 zur Stellung einer Erfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Es handelt sich um eine für die Verwendung
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Happ
M 13.3
III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers
§ 13
Rz. 39
in einer Vielzahl von Verträgen vorformulierte Klausel. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klauseln in beiden Verträgen gleichlautend sind.1 3. Der Verfügungsgrund ergibt sich hier aus den schweren Nachteilen, die der Antragstellerin aus der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Bürgschaften entstehen werden. Die Weiterbelastung durch die Bank wird die Liquidität so beanspruchen, dass die Antragstellerin gezwungen sein wird, einen Insolvenzantrag zu stellen. Rechtsanwalt 1 Die Eigenschaft einer Vertragsklausel als AGB muss unstreitig sein oder sich aus den Urkunden selbst ergeben, BGH v. 5.3.2002 – XI ZR 113/01, NZBau 2002, 270; OLG Köln v. 14.1.2002 – 11 U 96/01, BauR 2002, 1445. Normalerweise wird verlangt, dass die Klausel in mindestens drei Verträgen verwandt wird, vgl. Grüneberg in Palandt, § 305 BGB Rz. 9. Hier handelt es sich also um einen Grenzfall.
2. Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek a) Anspruch auf Eintragung einer Bauunternehmersicherungshypothek § 648 BGB gewährt dem Unternehmer eines Bauwerks – oder einzelner Teile eines Bauwerks – für seine Forderungen aus dem Vertrag den Anspruch, die Einräumung einer Sicherungshypothek am Grundstück des Bestellers zu verlangen. Dieser Anspruch ist begrenzt auf einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung. Somit gewährt § 648 BGB dem Unternehmer, der vorleistungspflichtig ist, für den durch seine Arbeit geschaffenen Mehrwert eine Sicherung gegen den Ausfall mit seiner Forderung. Der Anspruch kann durch AGB des Bestellers nicht ersatzlos ausgeschlossen werden.1 Die wirtschaftliche Bedeutung des Anspruchs wird trotzdem als gering eingeschätzt, weil eine erst- oder zweitrangige Sicherung in Anbetracht vorrangiger Grundpfandrechte von Kreditinstituten oftmals nicht möglich sein dürfte.2 Hat der Bauunternehmer bereits eine Sicherung nach § 648a BGB erlangt, schließt das den Anspruch aus (§ 648a Abs. 4 BGB).
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Berechtigter des Anspruchs ist ein Unternehmer eines Bauwerks (Bauwerkunternehmer). Das ist jeder Unternehmer, der aufgrund eines Werkvertrags mit dem Bauherrn Werkleistungen an einem Bauwerk erbringt.3 Maßgeblich für die Einordnung als Bauwerkunternehmer ist nicht die Beteiligung an der Bauausführung, sondern sind die rechtlichen Beziehungen zum Bauherrn. Lieferanten von Baumaterialien scheiden damit aus.4 Ein Architekt, der im Rahmen eines Werkvertrags mit dem Bauherrn Leistungen erbringt (z.B. Planung, Ob-
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1 Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 1; BGH v. 3.5.1984 – VII ZR 80/82, BGHZ 91, 139 = NJW 1984, 2100; vgl. auch OLG Saarland v. 22.2.2000 – 4 U 468/99, OLGR Saarbrücken 2000, 251 (für § 648a BGB). S. auch OLG Düsseldorf v. 27.4.2012 – 16 U 34/11, BauR 2012, 1261. 2 Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 28. 3 Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 2; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 197, Boisserée in Berg/ Vogelheim/Wittler, Rz. 833. 4 Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 2; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 197.
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§ 13
Rz. 40
Bau- und Werkvertragsrecht
jektüberwachung, Vollarchitektur), gilt ebenfalls als Bauwerkunternehmer.1 Gleiches gilt für Statiker und Baubetreuer, sofern sie Werkleistungen erbringen.2 40
Gesichert werden können alle aus dem jeweiligen Werkvertrag herrührenden Ansprüche, einschließlich Schadensersatzansprüchen sowie evtl. Verfahrenskosten, um die Hypothek bzw. Vormerkung eintragen zu lassen.3 Mit der Werkleistung muss zwar schon begonnen worden sein,4 die Forderung braucht jedoch noch nicht fällig zu sein. Der Anspruch besteht grundsätzlich in voller Höhe der Forderung und ist daher – anders als vor dem Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes 2009 – nicht durch den Baufortschritt begrenzt. Vorsicht ist daher geboten bei der Beurteilung, welchen Einfluss Mängel auf die Höhe der Sicherungshypothek haben. Nach altem Recht (vor Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes) bestand bei Mängeln der Anspruch nur im Umfang einer dem Zustand des Werks entsprechenden Teilvergütung.5 Dies ist jetzt nicht mehr der Fall und § 648a Abs. 1 Satz 4 BGB klargestellt.6 Ansprüche z.B. aus Abschlagszahlungen können auch noch nach Kündigung und trotz Schlussrechnungsreife geltend gemacht werden.7
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Sicherungsobjekt kann nur das Grundstück des Bestellers sein. Besteller und Eigentümer müssen somit rechtlich identisch sein, eine wirtschaftliche Übereinstimmung reicht nicht aus. Ein „Durchgriff“ kann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn sich ansonsten eine untragbare Position für den Bauunternehmer ergäbe, z.B. wenn der Eigentümer den Besteller nur vorgeschoben hat und die tatsächlichen Vorteile aus der Werkleistung zieht.8 Wird das Bauwerk auf mehreren Grundstücken errichtet, ist eine Gesamthypothek einzutragen und haftet jedes Grundstück für die volle Summe.9 Anders hingegen, wenn aufgrund verschiedener Verträge auf verschiedenen Grundstücken gearbeitet wird: Dann 1 OLG Koblenz v. 2.3.2005 – 6 W 124/05, NZBau 2006, 188 = BauR 2005, 909; OLG Düsseldorf v. 3.9.1999 – 12 U 118/99, NJW-RR 2000, 166 = MDR 1999, 1439; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 212–215 m.w.N. Eine Eintragung ist jedoch erst dann möglich, wenn eine Wertsteigerung des Grundstücks eingetreten ist, in der Regel also erst mit dem Beginn der Bauarbeiten, OLG Hamburg v. 18.3.2009 – 14 W 24/09, NZBau 2010, 182; OLG Düsseldorf v. 30.11.2006 – 22 U 83/06, NJOZ 2007, 4907. 2 Im Einzelnen dazu Pastor in Werner/Pastor, Rz. 216–221; Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 2. 3 Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 4; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 222–232. 4 OLG Hamburg v. 18.3.2009 – 14 W 24/09, NZBau 2010, 182 = NJW-RR 2010, 376; OLG Koblenz v. 2.3.2005 – 6 W 124/05, NZBau 2006, 188. Zur Frage, was als Beginn der Bauarbeiten anzusehen ist, s. Pastor in Werner/Pastor, Rz. 237–242. 5 BGH v. 10.3.1977 – VII ZR 77/76, NJW 77, 947, BGHZ 68, 180; Pastor in Werner/Pastor, Rz. 234 m.w.N. Vgl. hierzu auch LG Köln v. 18.9.2009 – 13 S 195/09, NJW-RR 2010, 447. 6 Vgl. Busche in MünchKomm. 6. Aufl. 2012, § 648a BGB Rz. 29. Eine Anpassung kommt nur noch dann in Betracht, wenn der Besteller bereits Minderung oder Wandlung verlangt hat. 7 OLG München v. 12.5.2005 – 13 W 1494/05, BauR 2005, 1960. 8 Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 3 m.w.N.; Boisserée in Berg/Vogelheim/Wittler, Rz. 835; OLG Hamm v. 30.11.2006 – 21 U 80/06, NZBau 2008, 118. 9 BGH v. 30.3.2000 – VII ZR 299/96, NJW 2000, 1861 = MDR 2000, 879; LG Köln v. 18.9.2009 – 13 S 195/09, NJW-RR 2010, 447; Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 22.
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III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers
Rz. 46
§ 13
kann der Bauunternehmer nur auf jedem Grundstück die Eintragung einer Sicherungshypothek in der Höhe der jeweiligen Werklohnforderung verlangen.1 b) Einstweilige Verfügung zur Sicherung des Anspruchs Die Eintragung einer Sicherungshypothek setzt eine gütliche Einigung zwischen den Parteien oder ein Urteil voraus. Kniffka/Koeble weisen zu Recht darauf hin, dass die Möglichkeit einer gütlichen Einigung eher theoretischer Natur ist und Auftragnehmer sich entweder scheuen, eine solche zu verlangen, oder Auftraggeber entsprechenden Druck ausüben2 (weil sie für die Finanzierung ein unbelastetes Grundstück benötigen). Entsteht dann für den Bauunternehmer die Notwendigkeit, seinen Anspruch durchzusetzen, wird ein Hauptsacheverfahren zu lange dauern. Bis ein vorläufig vollstreckbares Urteil vorliegt, ist das Bauwerk entweder schon fertig oder der Bauherr schon in der Insolvenz. Daher hat die Möglichkeit, den Anspruch auf Eintragung durch eine Vormerkung zu sichern, und diese mittels einstweiliger Verfügung eintragen zu lassen, große praktische Bedeutung.
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" Praxistipp: Bevor man einen Antrag stellt, sollte man das Grundbuch ein- 43 sehen. Ist bereits eine Auflassungsvormerkung eingetragen, könnte die Vormerkung auf Eintragung der Hypothek nur nachrangig eingetragen werden. Wird dann die Auflassung durchgeführt, könnte der Erwerber Löschung der Hypothek verlangen.
Die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung ist unbestritten. Die Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus § 937 ZPO (Hauptsachegericht) bzw. § 942 ZPO (Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist).3 Das Grundstück muss im Antrag so genau wie möglich beschrieben werden, um die spätere Eintragung der Vormerkung zu ermöglichen.
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Der Antragsteller muss die Voraussetzungen des Verfügungsanspruchs schlüssig darlegen und glaubhaft machen: seine Stellung als Bauwerkunternehmer, der Werkvertrag und der Umfang des zu sichernden Anspruchs, Baugrundstück des Bestellers. Als Mittel der Glaubhaftmachung kommen Unterlagen und eidesstattliche Versicherungen in Betracht, z.B. der Bauvertrag, Abschlags- und Schlussrechnungen4 sowie eidesstattliche Versicherungen zur geleisteten Arbeit5 und zur Richtigkeit der Rechnung.6
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" Wichtig: Bis zur Abnahme trägt der Unternehmer die Darlegungs- und 46 Glaubhaftmachungslast hinsichtlich der Mängelfreiheit. Erst nach der Ab-
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Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 3. Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 15. Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 29. Für den Architekten verlangt das LG Fulda die Vorlage einer den Vorschriften des § 8 HOAI genügenden Schlussrechnung, vgl. LG Fulda v. 25.1.1991 – 1 S 155/90, NJW-RR 1991, 790 (791) = BauR 1992, 110. 5 Pastor in Werner/Pastor, Rz. 271; Kniffka in Kniffka/Koeble, 13. Teil Rz. 34. 6 OLG Stuttgart v. 25.1.2005 – 6 U 175/04, NJOZ 2005, 1144 (1145) = BauR 2005, 1147; OLG Brandenburg v. 24.4.2002 – 13 U 245/01, BauR 2003, 578.
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§ 13
Rz. 47
Bau- und Werkvertragsrecht
M 13.4
nahme muss der Bauherr die Mängel darlegen und glaubhaft machen. Die Mängelfreiheit kann durch Privatgutachten und, vorzugsweise, durch das Ergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens glaubhaft gemacht werden. Vor Abnahme kann der Bauherr daher durch die Behauptung, es lägen Mängel vor, den Anspruch des Unternehmers beeinträchtigen. Ob es einem Unternehmer dann gelingt, die Mangelfreiheit seiner Leistung glaubhaft zu machen, ist zweifelhaft.1 Ein Verfügungsantrag vor Abnahme muss daher sorgfältig begründet und belegt werden. 47
Der Verfügungsgrund, d.h. die drohende Gefährdung des Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek, muss gemäß § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht glaubhaft gemacht werden. Dennoch ist es ratsam, diesen wenigstens vorzutragen. Die Dringlichkeitsvermutung des § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ferner widerlegbar, z.B. wenn die einstweilige Verfügung erst mehr als ein Jahr nach Fertigstellung der Arbeiten beantragt wird.2
48
Hinsichtlich der Vollziehung der einstweiligen Verfügung ist die Vollziehungsfrist der §§ 929 Abs. 2, 3 ZPO zu beachten. Wegen der Dringlichkeit wird der Antragsteller oftmals zunächst den Eintragungsantrag beim Grundbuch stellen oder gleich gemäß § 941 ZPO das Gericht bitten, das Grundbuch von Amts wegen um die Eintragung zu ersuchen. Dabei wird der Zeitpunkt des Eingangs beim Grundbuchamt als entscheidend angesehen. Wird eine einstweilige Verfügung aber vor Zustellung an den Schuldner vollzogen, muss die Zustellung dann binnen einer Woche und noch in der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfolgen. Durch einen Antrag nach § 941 ZPO verliert der Antragsteller die Kontrolle darüber, wann die Verfügung dort eingegangen ist. Ist die Ausfertigung im Bereich des Grundbuchamts, kann es sich auch als schwierig erweisen, sie rechtzeitig zurückzuerhalten.
49 " Praxistipp: Daher sollte der Antragsteller gleich zwei Ausfertigungen beantragen, um diese parallel beim Grundbuchamt einzureichen und dem Schuldner zuzustellen.
u
13.4 50
Eintragung einer Vormerkung
An das Amtsgericht/Landgericht . . .
1 Nach Pastor in Werner/Pastor, Rz. 275 kann es nicht Sinn und Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens sein, dass sich das Gericht mit allen Einzelheiten der gegnerischen Gutachten auseinandersetzt, das müsse Aufgabe des Hauptsacheverfahrens bleiben. 2 OLG Hamm v. 4.11.2003 – 21 U 44/03, NJW-RR 2004, 379 (anderthalb Jahre); OLG Brandenburg v. 16.2. 2005 – 4 U 129/04, BauR 2005, 1067 (drei Jahre); OLG Düsseldorf v. 10.12.1999 – 22 U 170/99, NJW-RR 2000, 825 (2 1/4 Jahre). Bei Zeiträumen von weniger als einem Jahr wurde die Dringlichkeitsvermutung nicht als widerlegt angesehen, OLG Koblenz v. 27.4.2007 – 5 W 309/07, MDR 2007, 1307 (vier Monate); KG v. 1.4.2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047 = GWR 2010, 295.
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M 13.4
III. Ansprüche des Auftragnehmers/Bauunternehmers
Rz. 50
§ 13
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung In Sachen . . . [Langrubrum] wegen: Eintragung einer Vormerkung Vorläufiger Streitwert: . . . Euro Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir, im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorherige mündliche Verhandlung,1 den Erlass folgender einstweiligen Verfügung: 1. Dem Antragsgegner ist auf dem Grundstück, eingetragen im Grundbuch von . . . beim Amtsgericht . . ., Band . . . [genaue Bezeichnung], eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek wegen einer Werklohnforderung in Höhe von . . . Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von . . . Euro sowie eines Kostenbetrags2 in Höhe von . . . Euro einzutragen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner. Darüber hinaus beantragen wir, dem Antragsteller zum Zwecke der Vollziehung zwei Ausfertigungen zu erteilen. Begründung: 1. Der Antragsgegner ist Eigentümer des im Antrag genannten Grundstücks. Glaubhaftmachung: Beglaubigter Grundbuchauszug als Anlage AST 1. 2. Der Antragsteller wurde gemäß Bauvertrag vom . . . beauftragt, Anlage AST 2 auf dem genannten Grundstück des Antragsgegners Putzarbeiten durchzuführen. Der Bauvertrag unterliegt der VOB/B. Die im Vertrag und im Leistungsverzeichnis aufgeführten Arbeiten sind von dem Antragsteller ordnungsgemäß und mangelfrei erbracht worden. Die Arbeiten wurden am . . . abgenommen. Glaubhaftmachung: 1. Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage AST 3 2. Von beiden Parteien unterzeichnetes Abnahmeprotokoll, Anlage AST 4 3. Über die durchgeführten Putzarbeiten hat der Antragsgegner zwischenzeitlich am . . . Schlussrechnung über den vertraglich vereinbarten Festpreis erteilt. Die Rechnung wird als Anlage AST 5 beigefügt. Die Rechnung ist richtig und prüfbar. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage AST 3 1 Nach OLG Karlsruhe v. 15.4.1987 – 6 W 30/87 = NJW-RR 1987, 1206 ist das Merkmal des dringenden Grundes nicht mit dem Verfügungsgrund identisch. Das bestimmte gesetzliche Regelungen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes vermuten würden, enthebe nicht davon, die Dringlichkeit darzulegen. Vorsorglich sollte sie auch glaubhaft gemacht werden. S. auch OLG Düsseldorf v. 12.10.1990 – 9 W 90/90, NJW-RR 1991, 382. 2 Es sind auch die Kosten der Rechtsverfolgung einschließlich der Kosten der Eintragung der Vormerkung absicherbar, Sprau in Palandt, § 648 BGB Rz. 4; a.A. Pastor in Werner/Pastor, Rz. 231.
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§ 13
Rz. 50
Bau- und Werkvertragsrecht
M 13.4
4. Die zweimonatige Prüfungsfrist ist abgelaufen. Trotz verschiedener Mahnungen, Anlagenkonvolut AST 6 hat der Antragsgegner die ausstehende Rechnung bisher nicht bezahlt. Der Antragsteller hat erfahren, dass der Antragsgegner finanzielle Schwierigkeiten haben soll und auch die Rechnungen anderer Bauunternehmer nicht bezahlt hat. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage AST 3 Es besteht daher die Gefahr, dass der Antragsgegner das Grundstück anderweitig belastet, wenn er von diesem Antrag erfährt, und andere Gläubiger vorrangig die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben. Eine Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648a BGB hat der Antragsteller nicht erlangt. 5. Die Verzugszinsen setzen sich wie folgt zusammen:. . . 6. Der Kostenbetrag ergibt sich aus folgenden Beträgen: ... ... ... 7. Der Antragsteller benötigt zwei Ausfertigungen, um parallel die Eintragung der Vormerkung ins Grundbuch zu veranlassen und die Verfügung binnen der Wochenfrist des § 929 Abs. 3 ZPO dem Antragsgegner zuzustellen. Rechtsanwalt
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§ 14 Wohnungseigentumsrecht Inhaltsübersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen 1. Zuständigkeit . . . . . . 2. Parteibezeichnung . . . 3. Zustellung . . . . . . . . 4. Beiladung . . . . . . . . 5. Rechtsschutzbedürfnis .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1 8 11 16 17 20
III. Streitgegenstände und Fallgruppen 1. Streitgegenstände . . . . . . . . . 2. Fallgruppen a) Verwaltungsangelegenheiten b) Aussetzung der Wirksamkeit von Beschlüssen . . . . . . . . c) Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander . . d) Zahlungsansprüche . . . . . .
21 22 33 36 38
Literatur: Bücher und Loseblattwerke: Bärmann, Wohnungseigentumsrecht, 11. Aufl. 2010; Blankenstein, WEG-Reform, 2007; Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, 2010; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 2007; Hinz/Junker/von Rechenberg/Sternel, Formularbuch Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl. 2012; Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, 2007; Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl. 2012; Köhler, Das neue WEG, 2008; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 5. Aufl. 2010; Müller, Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl. 2011; Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl. 2010; Riecke/Schmid, Kompaktkommentar WEG, 2005; Staudinger, §§ 25–64 WEG, Neubearbeitung 2005; Aufsätze: Abramenko, Der einstweilige Rechtsschutz in Wohnungseigentumssachen, ZMR 2010, 329; Bonifacio, Die Einsetzung eines Notverwalters nach der WEG-Reform, MDR 2007, 869; Briesemeister, Alte und neue Streitfragen nach der WEG-Reform, ZWE 2007, 421; Briesemeister, Bestellung des Wohnungseigentumsverwalters durch einstweilige Verfügung, NZM 2009, 64; Drabek, Obstruktives Eigentümerverhalten bei notwendigen Sanierungen an gemeinschaftlichem Eigentum, ZMR 2003, 241; Gottschalg, Die Durchsetzung des Anspruchs der Wohnungseigentümer auf Einberufung der Eigentümerversammlung, NZM 2005, 406; Gottschalg, WEG-Reform: Das neue Verfahrensrecht, DWE 2007, 13; Hügel/Elzer, Zwei Jahre neues WEG – oder: Das Wohnungseigentum auf dem Weg vom Immobiliareigentum zur gesellschaftsrechtlichen Beteiligung?, NZM 2009, 457; Jennißen, Die Entwicklung des Wohnungseigentumsrechts in den Jahren 2008 und 2009, NJW 2010, 2101; Klimesch, Wenn jede Minute zählt – einstweilige Verfügungen im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2010, 427; Köhler, Einige Aspekte bei der gerichtlichen Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters nach dem WEG, ZfIR 2010, 85; Moosheimer, Zwei Jahre WEGReform, ZMR 2009, 809; Niedenführ, Die WEG-Novelle 2007, NJW 2007, 1841; Niedenführ, Erste Erfahrungen mit dem neuen WEG-Verfahrensrecht, NJW 2008, 1768; Riecke/v. Rechenberg, Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht – insb. mit Bezug zur WEG-Novelle, MDR 2009, 65, MDR 2010, 121, MDR 2011, 9; Riecke/v. Rechenberg, Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht, MDR 2012, 1; Schmid, Die einstweilige Anordnung in Wohnungseigentumssachen, GE 1989, 594; Schmid, Notwendigkeit einer Reparatur der WEG-Reform, ZRP 2009, 169; Schmid, Baustopp durch einstweilige Verfügung im Wohnungseigentumsverfahren, NZBau 2010, 290; Schmid, Prozessführung durch den Wohnungseigentumsverwalter, ZWE 2010, 305; Schreiner, Die Vorlage der Eigentümerliste bei Gericht, NZM 2011, 761; Wanderer, So betreibt man erfolgreich Wohngeldverfahren, GE 2004, 1009.
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§ 14
Rz. 1
Wohnungseigentumsrecht
I. Allgemeines 1
Zum 1.7.2007 ist die WEG-Novelle in Kraft getreten,1 die in der Literatur auf geteilte Meinung gestoßen ist.2
2
Seitdem richtet sich das Verfahren in WEG-Sachen nach der ZPO und nicht mehr wie zuvor nach dem FGG. Damit kann nicht mehr wie vor der WEG-Novelle im Rahmen des Hauptsacheverfahrens eine einstweilige Anordnung erlassen werden, sondern es muss in einem separaten Verfahren einstweiliger Rechtsschutz nach den Vorschriften der ZPO beantragt werden.3
3–7
Einstweilen frei.
II. Verfahrensfragen 1. Zuständigkeit 8
Die Zuständigkeit im Eilverfahren folgt der des Hauptsacheverfahrens. Nach § 43 WEG ist das Gericht ausschließlich örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. § 23 Nr. 2 Buchst. c GVG begründet die erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit beim Amtsgericht; diese Zuständigkeit ist ausschließlich. Lediglich für Klagen Dritter gegen die Eigentümergemeinschaft oder die Eigentümer (also die Fälle des § 43 Nr. 5 WEG) bleibt die erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte bestehen, wenn der Gegenstandswert mehr als 5 000 Euro beträgt.4
9
Eine Zuständigkeit der Amtsgerichte besteht nach § 43 Nr. 1 und 2 WEG auch für die Wohnungseigentümergemeinschaft in Gründung. In einem vom KG entschiedenen Fall hatten die Wohnungseigentümer der werdenden WEG eine GbR zum Zwecke des Erwerbes, der Aufteilung und der Renovierung der späteren Wohnungseigentumsanlage gegründet und die Renovierungsarbeiten zum Teil schon vor Gründung der Wohnungseigentümergemeinschaft ausführen lassen.5 Das OLG Karlsruhe hatte demgegenüber für einen „steckengebliebenen Bau“ nach WEG a.F. eine Zuständigkeit des Prozessgerichts und nicht des Gerichts für Wohnungseigentumssachen angenommen.6
10 " Praxistipp: Die Rechtsprechung des KG lässt sich nicht auf Beschlussanfechtungen übertragen. Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft können erst nach wirksamer Gründung gefasst werden.
1 BT-Drucks. 16/3843. 2 Kritisch z.B. Briesemeister, ZWE 2007, 421 ff.; Schmid, ZWE 2010, 305 ff.; Schmid, ZRP 2009, 169; positiv im Hinblick auf den Systemwechsel im Verfahrensrecht Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (469). 3 BGH v. 10.6.2011 – V RZ 146/10, MDR 2011, 1032. 4 Gottschalg, DWE 2007, 13; Niedenführ, NJW 2007, 1841 (1844). 5 KG v. 11.12.2008 – 2 R 55/08, NZM 2009, 487. 6 OLG Karlsruhe v. 26.8.1999 – 3 W 72/99, ZMR 2000, 56.
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II. Verfahrensfragen
Rz. 13
§ 14
2. Parteibezeichnung In der Antragsschrift sind die Parteien zu bezeichnen. Hierbei ist Folgendes zu beachten: – Bei Anträgen der Wohnungseigentümergemeinschaft oder gegen sie führt die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft dazu, dass nunmehr auch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband parteifähig ist (§ 10 Abs. 6 Satz 4 und 5 WEG).1 – Bei Anträgen von allen oder gegen alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Gegners genügt zur näheren Bezeichnung in der Antragsschrift nach § 44 WEG, die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs folgt, dass als Kurzbezeichnung entweder die postalische Anschrift oder der Grundbucheintrag gewählt werden kann.2 Sind die Wohnungseigentümer Antragsgegner, so sind zum Zwecke der Zustellung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 WEG auch der Verwalter und der Ersatzzustellungsvertreter anzugeben (dazu sogleich Rz. 16). – Die Eigentümerliste, in der alle Eigentümer namentlich und mit ladungsfähiger Anschrift bezeichnet werden müssen, hat gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorzuliegen.3
11
" Praxistipp: Da in der Regel der Erlass der einstweiligen Verfügung ohne 12 mündliche Verhandlung beantragt wird, ist es am besten, die Eigentümerliste bereits der Antragsschrift beizufügen. Dies wird in der Kürze der Zeit nicht immer ganz einfach sein. Wenn der Mandant die übrigen Eigentümer nicht benennen kann, so ist der Verwalter so früh wie möglich aufzufordern, die Eigentümerliste zur Verfügung zu stellen. Hierzu ist der Verwalter verpflichtet.4 Der Verfahrensbevollmächtigte ist also gut beraten, sich frühzeitig um die Eigentümerliste zu bemühen.
In dem Kommentar von Jennißen wird vertreten, dass § 44 Abs. 1 WEG im einstweiligen Verfügungsverfahren nur modifiziert anzuwenden sei. Wenn der Antragsteller glaubhaft mache, die Eigentümerliste aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht vorlegen zu können, könne dem Antrag auch ohne Vorlage der Eigentümerliste stattgegeben werden. Dem Antragsteller sei sodann eine Frist zu setzen, innerhalb derer er die Eigentümerliste beibringen müsse.5 Dagegen vertritt Bärmann, dass die Eigentümerliste grundsätzlich schon mit dem Antrag eingereicht werden müsse. Werde die Liste auch innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist nicht nachgereicht, so sei der Antrag wegen mangelnder Bestimmtheit abzuweisen.6 1 Zum Thema Rubrumsberichtigung/Parteiwechsel bei Beschlussanfechtung Riecke/v. Rechenberg, MDR 2009, 65 (66), MDR 2010, 121 (122); MDR 2011, 9 (12); MDR 2012, 1 (2). 2 BT-Drucks. 16/887, S. 36; s. auch Niedenführ, NJW 2008, 1768 (1772); Grziwotz in Erman, § 44 WEG Rz. 1. 3 Ausführlich Schreiner, NZM 2011, 761 ff. 4 OLG Saarbrücken v. 29.8.2006 – 5 W 72/06, ZMR 2007, 141 f.; Greiner, Rz. 1408. 5 Suilmann in Jennißen, § 44 WEG Rz. 22 und § 46 WEG Rz. 185. 6 Klein in Bärmann, § 44 WEG Rz 13; dagegen Abramenko, ZMR 2010, 329 (330), der darauf abstellt, ob eine mündliche Verhandlung überhaupt stattfindet.
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§ 14
Rz. 14
Wohnungseigentumsrecht
14
Ob die Vorlage der Eigentümerliste im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann, ist zweifelhaft. Nach einer Entscheidung des LG Stuttgart fehlt es am Verfügungsgrund, solange das Gericht nicht eine Anordnung nach § 142 ZPO verweigert oder der Verwalter einer solchen Anordnung erkennbar nicht Folge leisten würde.1 In der Literatur wird hingegen vertreten, dass der Anspruch per einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden können müsse, da es sich bei § 142 ZPO um eine nicht zwingende Vorschrift handele und auch nicht sichergestellt sei, dass der Verwalter einer solchen Anordnung tatsächlich Folge leiste.2
15
In einer aktuellen Entscheidung (allerdings im Hauptsacheverfahren) hat das LG Köln3 entschieden, dass es Sache des Klägers sei, die Eigentümerliste beizubringen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, das Gericht um Einholung der Eigentümerliste nach § 142 ZPO gebeten zu haben. Wörtlich heißt es dazu: „§ 142 ZPO regelt Maßnahmen der materiellen Prozessleitung durch das Gericht. Die prozessualen Voraussetzungen einer Klageerhebung können über § 142 ZPO jedoch nicht geschaffen werden. Die Frage, wer verklagt werden soll, ist als prozessuale Voraussetzung alleine von dem Kläger zu beantworten.“
3. Zustellung 16
Die Zustellung ist in § 45 WEG geregelt. – § 45 Abs. 1 WEG spiegelt die bisherige Gerichtspraxis wider. Der Verwalter ist Zustellungsvertreter der beklagten Wohnungseigentümer.4 Allerdings bleibt es dem Gericht unbenommen, an die beklagten Wohnungseigentümer direkt zuzustellen.5 Ausgeschlossen als Zustellungsvertreter ist der Verwalter, wenn er als Gegner der Wohnungseigentümer(gemeinschaft) am Verfahren beteiligt ist oder wenn aufgrund des Streitgegenstands die Gefahr besteht, dass der Verwalter die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten werde. So verhält es sich in der Regel, wenn Rechtspositionen des Verwalters Verfahrensgegenstand sind.6
" Praxistipp: Für eine wirksame Zustellung kommt es auf die tatsächliche
Verwalterstellung an. Ein ehemaliger Verwalter oder ein faktischer Verwalter sind keine geeigneten Zustellungsempfänger.7
1 LG Stuttgart v. 14.8.2008 – 19 T 299/08, NZM 2009, 165 f.; s. dazu auch Riecke/v. Rechenberg, DR 2009; 65 (68 f.). 2 Scheel in Beck’scher Onlinekommentar, § 44 WEG Rz. 6; Schreiner, NZM 2011, 761 (762); Suilmann in Jennißen, § 44 Rz. 14b; Elzer in Beck’scher Onlinekommentar, § 44 WEG Rz. 25; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 44 WEG Rz. 9; Klein in Bärmann, § 44 WEG Rz. 11; s. auch Abramenko, ZMR 2010, 329 (330). 3 LG Köln v. 17.2.2011 – 29 S 143/10, ZWE 2011, 234. 4 Riecke/v. Rechenberg, MDR 2010, 121 (122). 5 Köhler, § 45 WEG Rz. 573; Grziwotz in Erman, § 44 WEG Rz. 2. 6 Z.B. Wirksamkeit über die Verwalterabberufung oder -bestellung, LG Lübeck v. 9.9.1985 – 7 T 562/85, DWE 1986, 63; über die Entlastung des Verwalters, OLG Stuttgart v. 8.7.1977 – 8 W 572/76, Justiz 1977, 429; bei Pflichtverletzungen des Verwalters, OLG Stuttgart v. 8.7.1977 – 8 W 572/76, Justiz 1977, 429. 7 LG Hamburg v. 11.2.2009 – 318 S 88/08, ZMR 2009, 794.
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II. Verfahrensfragen
Rz. 19
§ 14
– Für derartige Fälle sieht § 45 Abs. 2 WEG ein Novum vor: den Ersatzzustellungsvertreter. Die Wohnungseigentümer haben den Ersatzzustellungsvertreter sowie dessen Vertreter durch Mehrheitsbeschluss zu bestimmen. Dies dient der Verfahrenserleichterung und -beschleunigung.1 In der Regel wird als Ersatzzustellungsbevollmächtigter ein Eigentümer bestimmt werden. Dieser muss aber mit der Übernahme der Aufgaben einverstanden sein; ein Beschluss zulasten Dritter ist unzulässig.2 Es ist ratsam, den Ersatzzustellungsvertreter rechtzeitig zu bestellen und nicht erst, wenn ein Rechtsstreit anhängig ist. – Haben die Wohnungseigentümer keinen Ersatzzustellungsvertreter bestimmt oder ist die Zustellung nach § 45 Abs. 1 oder 2 WEG aus sonstigen Gründen nicht durchführbar, so kann nach § 45 Abs. 3 WEG das Gericht einen Ersatzzustellungsvertreter bestimmen. Der Gesetzgeber hat offengelassen, wer als geeigneter Zustellungsvertreter in Betracht kommt und wer verpflichtet sein soll, die gerichtliche Bestellung anzunehmen. Aus der Gesetzesbegründung zu § 45 Abs. 2 WEG folgt, dass niemand gegen seinen Willen zwangsverpflichtet werden kann. Nichts anderes dürfte auch im Rahmen von § 45 Abs. 3 WEG gelten.3 In der Praxis neigen die Gerichte wohl zu der Bestellung des Verwaltungsratsvorsitzenden oder eines Verwaltungsratsmitglieds.4
4. Beiladung Die Beiladung dient im Hinblick auf die in § 48 Abs. 3 WEG angeordnete Rechtskrafterstreckung dazu, dass formell diejenigen beteiligt werden, die materiell betroffen sind.56
17
Dies allerdings nur in den Fällen, in denen nicht sowieso schon alle Wohnungseigentümer bzw. der Verwalter als Antragsteller oder Antragsgegner an dem Verfahren beteiligt sind. Damit ist der Anwendungsbereich des § 48 WEG auf die Verfahren der Wohnungseigentümer untereinander (§ 43 Nr. 1 WEG) und die Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 43 Nr. 3 WEG) beschränkt. Sollte der Verwalter in einem Beschlussanfechtungsverfahren gemäß § 43 Nr. 4 WEG ausnahmsweise nicht Partei sein, so ist er beizuladen.
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Von der Beiladung ist nur dann abzusehen, wenn die rechtlichen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer „erkennbar nicht betroffen“ sind, § 48 Abs. 1
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1 Blankenstein, S. 230; angesichts der erforderlichen Anhörung sämtlicher Wohnungseigentümer vor Bestellung des Ersatzzustellungsvertreters durch das Gericht, ist es aber zweifelhaft, ob eine Beschleunigung erreicht werden kann, vgl. Köhler, ZfIR 2010, 85 (88). 2 BT-Drucks. 16/887, S. 37. 3 Klein in Bärmann, § 45 WEG Rz. 39; Schmid, ZRP 2009, 169 (170); Abramenko in Riecke/Schmid, § 45 WEG Rz. 8. 4 Köhler, ZfIR 2010, 85 (86). 5 Elzer in Hügel/Elzer, § 13 Rz. 195. 6 Kritisch Schmid, ZRP 2009, 169 (171).
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§ 14
Rz. 20
Wohnungseigentumsrecht
a.E. WEG. Dies kann z.B. bei Gebrauchsstreitigkeiten oder Beseitigungsansprüchen der Fall sein.1
5. Rechtsschutzbedürfnis 20
Bevor ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt wird, muss die Eigentümerversammlung mit dem Begehren befasst worden sein, weil dies gegenüber dem gerichtlichen Verfahren der einfachere Weg ist.2
III. Streitgegenstände und Fallgruppen 1. Streitgegenstände 21
Von § 43 WEG werden Streitigkeiten über die sich aus dem Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten untereinander3, Streitigkeiten über Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer erfasst. Außerdem umfasst § 43 WEG Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft und Wohnungseigentümern sowie Streitigkeiten zwischen Dritten und der Wohnungseigentümergemeinschaft oder Wohnungseigentümern.
2. Fallgruppen a) Verwaltungsangelegenheiten 22
Vor der WEG-Novelle konnte ein vorläufiger Notverwalter im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer des Verfahrens auf Bestellung eines Notverwalters nach § 26 Abs. 3 WEG a.F. bestellt werden.4
23 " Wichtig: Die Aufhebung der Vorschrift über die Notverwaltung gemäß § 26 Abs. 3 WEG a.F. bedeutet nicht, dass es in Zukunft keine kurzfristige Verwirklichung des Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung mehr gibt. Ganz im Gegenteil: Die Wohnungseigentümer können unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 WEG eine Verwalterbestellung (als Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG) in Fällen besonderer Dringlichkeit im Wege der einstweiligen Verfügung erwirken.5 1 Gottschalg, DWE 2007, 13 (16); Elzer in Beck’scher Onlinekommentar, § 48 WEG Rz. 29; Klein in Bärmann, § 48 WEG Rz. 12. 2 BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, ZMR 2003, 937 (941); OLG Frankfurt v. 4.7.2006 – 20 W 179/04, ZMR 2006, 873 (874); OLG Hamm v. 29.5.2007 – 15 W 16/07, ZMR 2007, 880 (881). 3 OLG Zweibrücken v. 16.9.2010 – 3 W 132/10, NZM 2011, 79. 4 Schmid, GE 1989, 594 (595); Dunkl in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, C Rz. 43; Jennißen, NJW 2010, 2101 (2106). 5 OLG Düsseldorf v. 31.8.2007 – I-3 Wx 85/07, WuM 2007, 593; Köhler, Rz. 462; Blankenstein, S. 177.
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Herchenröder
III. Streitgegenstände und Fallgruppen
Rz. 25b
§ 14
Das LG Hamburg hat entschieden, dass es gegen die Einsetzung eines Notverwalters per einstweiliger Verfügung spreche, wenn es einen Verwalter gebe, der Verband damit handlungsfähig sei und die noch verbleibende Dauer des Anfechtungsverfahrens gegen die Wahl des aktuellen Verwalters absehbar sei.1
24
" Praxistipp: Bei Beschlüssen über die (Wieder-)Wahl eines ungeeigneten Verwalters kann die Voraussetzung des Fehlens eines Verwalters dadurch erreicht werden, dass die Aussetzung des Bestellungsbeschlusses beantragt wird.2
Das LG Stuttgart fordert für die Eilbedürftigkeit, dass z.B. so dringende Angelegenheiten wie eine Heizölbestellung oder die Schaffung einer ausreichenden Liquidität durch Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan anstehen müssten.3
25
Briesemeister spricht sich dafür aus, aufgrund der Stellung des Verwalters als „Zentralfigur“, die mit vielfältigen Aufgaben betraut ist, regelmäßig von der Eilbedürftigkeit der Bestellung eines Notverwalters auszugehen.4 Ein Hauptsacheverfahren dauere in der Regel nicht unter einem Jahr (zwei Instanzen). In diesem Zeitraum müssten so wichtige Punkte wie Festsetzung des Wirtschaftsplans, Abrechnung des Vorjahres sowie die Einforderung der laufenden Wohngelder erledigt werden. In diese Richtung geht auch die Entscheidung des AG Landsberg zu diesem Thema.5
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" Praxistipp: Der Verfahrensbevollmächtige geht den sicheren Weg, wenn er konkret erforderliche Verwaltungsmaßnahmen glaubhaft macht.6
Darüber hinaus stellen sich die Fragen nach Dauer und Entgelt der Bestellung des Notverwalters. Diese beiden Punkte müssen vom Gericht in der einstweiligen Verfügung geregelt werden.7 Außerdem muss der einzusetzende Verwalter mit der Übernahme des Amts einverstanden sein.
" Praxistipp: Die Dauer der Einsetzung sollte ins Ermessen des Gerichts ge-
stellt werden, um nachteilige Kostenfolgen zu vermeiden. Die derzeit wohl h.M. geht davon aus, dass eine Einsetzung des Notverwalters nur bis zur Entscheidung in der Hauptsache probat sei.8 Ein Hinweis, dass die Berechnung des Entgelts von einer gewissen Mindestdauer der Einsetzung abhängig ist, schadet nicht. Das Einverständnis des Verwalters mit der Übernahme des Amts ist dem Antrag beizufügen.
1 2 3 4 5 6 7 8
LG Hamburg v. 29.8.2008 – 318 T 90/08, ZMR 2009, 69. Scheffler in Elzer/Fritsch/Meier, § 3 Rz. 57. LG Stuttgart v. 20.6.2008 – 10 T 80/08, ZMR 2009, 148. Briesemeister, NZM 2009, 64 (68); ähnlich Scheffler in Elzer/Fritsch/Meier, § 3 Rz. 56. AG Landsberg v. 19.12.2008 – 1 C 1225/08, ZMR 2009, 486 f. Abramenko, ZMR 2010, 329 (331). Briesemeister, NZM 2009, 64 (69). Moosheimer, ZMR 2009, 809 (817); Jennißen in Jennißen, § 26 WEG Rz. 49; Bonifacio, MDR 2007, 869 (871).
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§ 14
Rz. 26
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M 14.1
Wohnungseigentumsrecht
Bestellung eines vorläufigen Verwalters
An das Amtsgericht . . . – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Frau . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . [Kanzlei, Anschrift] gegen 1. Frau . . . [Name, Anschrift] 2. Herrn . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – wegen: Bestellung eines vorläufigen Verwalters Vorläufiger Streitwert: . . . Euro Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Die Antragstellerin wird für den Zeitraum bis . . . zur vorläufigen Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft Winzeldorfer Str. 117, Hamburg bestellt. 2. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft Winzeldorfer Str. 117, Hamburg. Gemäß der als Anlage ASt 1 überreichten Teilungserklärung hält die Antragstellerin 500/1000, die Antragsgegnerin zu 1. 271/1000 und der Antragsgegner zu 2. 229/1000 der Miteigentumsanteile. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über keinen Verwalter. Die Wohnungseigentümer haben die Verwaltung bislang gemeinschaftlich ausgeübt, wobei die Antragstellerin die Buch- und Kontenführung übernahm. Zwischen den Parteien bestehen Unstimmigkeiten. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin,
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M 14.1
III. Streitgegenstände und Fallgruppen
Rz. 27
§ 14
Anlage ASt 2 2. Am . . . haben die Beteiligten eine Eigentümerversammlung durchgeführt, die sich unter TOP 7 mit der Bestellung eines Verwalters befasst hat. In der Beschlussfassung ist der von der Antragsgegnerin zu 1. gestellte Antrag auf Bestellung eines Fremdverwalters mit den Stimmen der Antragstellerin abgelehnt worden. Die Antragsgegner vertreten die Auffassung, dass ein gewerblicher Verwalter bestellt werden müsse, da dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspreche. Das Sitzungsprotokoll der Versammlung überreichen wir als Als
Anlage ASt 3.
Anlage ASt 4 fügen wir eine Auskunft von IMOBA und GVI zur Anfrage der Antragstellerin im Hinblick auf eine gewerbliche Verwaltung bei. II. Rechtliche Würdigung Die Antragstellerin hat gemäß § 21 Abs. 4 WEG Anspruch auf Bestellung eines vorläufigen Verwalters, da dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (OLG Saarbrücken v. 6.2.2004 – 5 W 255/03 – 60, 5 W 255/03, OLGR Saarbrücken 2004, 203 ff.). Die Bestellung eines Verwalters kann gemäß § 20 Abs. 2 WEG nicht ausgeschlossen werden. Bei der Auswahl des Verwalters ist der Zuschnitt der Wohnungseigentümergemeinschaft zu berücksichtigen. Bei nur drei Eigentümern handelt es sich um eine überschaubare Einheit. Aus diesem Grund ist die Bestellung eines Miteigentümers angezeigt. Hinzu kommt, dass eine Fremdverwaltung nicht nur erheblich teurer ist, sondern dass eine Anfrage bei IMOBA und GVI ergeben hat, dass für ein Objekt mit drei Einheiten eine Hausverwaltung zu einem wirtschaftlich vertretbaren Verwalterhonorar nicht gefunden werden kann. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin nicht in der Lage ist, die Verwaltung auszuüben, da sie bereits in der Vergangenheit mit der Buch- und Kontenführung einen wichtigen Teil der Verwaltung übernommen hat. Schließlich wird den Bedenken der Antragsgegner auch dadurch Rechnung getragen, dass nur eine befristete Verwalterbestellung beantragt wird. Die Eilbedürftigkeit resultiert daraus, dass eine Beschlussfassung aufgrund der sich neutralisierenden Mehrheitsverhältnisse beider „Lager“ nicht möglich ist. Beide Parteien beharren auf ihrem Standpunkt: Während die Antragsgegner nach wie vor der Auffassung sind, dass nur ein gewerblicher Verwalter mit der Aufgabe der Hausverwaltung betraut werden dürfe, kommt nach zutreffender Auffassung der Antragstellerin nur ein Eigentümer selbst als Verwalter in Betracht. Insofern kann eine den Vorgaben der §§ 20 Abs. 2, 21. Abs. 4 WEG entsprechende Regelung nur durch einen richterlichen Gestaltungsakt herbeigeführt werden. Rechtsanwalt Die Bestellung eines Notverwalters ist entbehrlich, wenn ein Wohnungseigentümer zur Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung einstweilen erHerchenröder
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§ 14
Rz. 28
M 14.2
Wohnungseigentumsrecht
mächtigt wird, weil der Verwalter seiner Verpflichtung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht nachkommt.1 Der Wohnungseigentümer kann auch zur Leitung der Eigentümerversammlung ermächtigt werden.2
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Einberufungsermächtigung
An das Amtsgericht . . . – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 1. der Frau . . . [Name, Anschrift]1 2. des Herrn . . . [Name, Anschrift] 3. . . . – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: . . . [Kanzlei, Anschrift] gegen 1. die übrigen Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage Herrlichkeit 12, Hamburg, gemäß der als Anlage ASt 1 beigefügten Eigentümerliste Ersatzzustellungsbevollmächtigter:. . . [Name, Anschrift] 2. Herrn . . . [Name, Anschrift] als bestellter Verwalter der Wohnungseigentumsanlage Herrlichkeit 12, Hamburg – Antragsgegner – wegen: Einberufungsermächtigung Vorläufiger Streitwert: . . . Euro Wir zeigen an, dass wir die Antragsteller vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragsteller beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1 " Wichtig: Das erforderliche Quorum des § 24 Abs. 2 Alt. 2 WEG muss erreicht sein!
1 LG Stuttgart v. 27.5.1992 – 2 T 390/92, WuM 1992, 565; vgl. hierzu Gottschalg, NZM 2005, 406 f.; Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (467). 2 Riecke/v. Rechenberg, MDR 2009, 65 (67).
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M 14.2
III. Streitgegenstände und Fallgruppen
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§ 14
1. Die Miteigentümerin . . . [Name, Anschrift] der Wohnungseigentumsanlage Herrlichkeit 12 wird ermächtigt, anstelle des Verwalters eine Wohnungseigentümerversammlung mit den folgenden beiden Tagesordnungspunkten einzuberufen und diese Versammlung zu leiten: (1) Abberufung des Antragsgegners zu 2. als Verwalter und außerordentliche – hilfsweise ordentliche – Kündigung des Verwaltervertrages (2) Bestellung eines neuen Verwalters 2. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens. Ferner wird beantragt, den Antragstellern eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Antragsteller sind Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage Herrlichkeit 12. Der Antragsgegner zu 2. ist der wirksam bestellte Verwalter dieser Anlage. Eine Kopie des entsprechenden Beschlusses der Eigentümerversammlung sowie den Verwaltervertrag vom . . . [Datum] überreichen wir als Anlagenkonvolut ASt 2. 2. Ohne Nennung von Gründen verweigert der Antragsgegner zu 2. die Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung, obwohl wichtige Beschlüsse zu fassen sind . . . [ausführen]. Wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom . . . ist der Antragsgegner von den Antragstellern aufgefordert worden, eine Versammlung einzuberufen und die Jahresabrechnung vorzulegen. Anlage ASt 3 3. Daraufhin hat der Antragsgegner den Miteigentümer . . . [Name, Anschrift] angerufen und in brüskem Ton mitgeteilt, dass er Wichtigeres zu tun habe, „als sich um diese Peanuts zu kümmern“. Im Übrigen breche er in Kürze zu einem mehrmonatigen Winterurlaub nach Teneriffa auf. 4. Den Antragsgegnern zu 1. ist die Haltung des Verwalters gleichgültig. Sie stehen auf dem Standpunkt, dass die Abhaltung von Eigentümerversammlungen überflüssig sei und nur der Profilierung einzelner Miteigentümer diene. 5. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist ohne Verwalter quasi handlungsunfähig. Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus 34 Miteigentümern. Das Verhältnis der Miteigentümer untereinander ist alles andere als harmonisch. Die Einzelheiten sind der eidesstattlichen Versicherung der Antragsteller zu 1. und 2. vom . . . zu entnehmen. Anlage ASt 4 Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat auch keinen Beirat. II. Rechtliche Würdigung Die Antragsteller haben Anspruch darauf, zur Einberufung einer Eigentümerversammlung durch gerichtliche Entscheidung ermächtigt zu werden. Dies folgt aus Herchenröder
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Rz. 28a
Wohnungseigentumsrecht
M 14.2
der entsprechenden Anwendung des § 37 Abs. 2 BGB, § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG, § 45 Abs. 3 GenG (Elzer in Jennißen, § 24 WEG Rz. 33 m.w.N.). Der Antragsgegner zu 2. ist dem Einberufungsverlangen der Antragsteller nach § 24 Abs. 2 Alt. 2 WEG nicht nachgekommen, obwohl wichtige Beschlüsse zu fassen sind. . . . [ausführen]. Der Antragsgegner schuldet eine ordnungsgemäße Verwaltung. Dazu gehören . . . [die Abhaltung von Eigentümerversammlungen, jährliche Abrechnung . . .]. Der Antragsgegner zu 2. weigert sich nachhaltig, seine Pflichten zu erfüllen und fährt stattdessen lieber in den Urlaub. Eine Abberufung des Antragsgegners zu 2. ist aufgrund der Handlungsunfähigkeit der Antragstellerin schnellstmöglich erforderlich. Eine effektive Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch sämtliche Wohnungseigentümer nach § 27 Abs. 3 Satz 2 WEG ist nicht gewährleistet. Ein Beirat existiert nicht, sodass auch eine Einberufung durch dessen Vorsitzenden nach § 24 Abs. 3 WEG nicht möglich ist. Die im Antrag bezeichnete Miteigentümerin ist Steuerberaterin und hat in dieser Eigenschaft schon andere Wohnungseigentümerversammlungen geleitet. Rechtsanwalt 28a
Daneben kann auch dem Verwalter per einstweiliger Verfügung aufgegeben werden, kurzfristig eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn ein bestimmter Punkt so dringend ist, dass bei Abwarten bis zur nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung ein immenser oder sogar irreparabler Schaden droht.1
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Auch wenn die Abhaltung einer Eigentümerversammlung verhindert werden soll, z.B. weil ein faktischer Verwalter (also ein Verwalter, der nicht ordnungsgemäß zum Verwalter bestellt worden ist) eine Versammlung einberufen hat oder weil anfechtbare Beschlüsse gefasst werden sollen, können die Eigentümer dem Verwalter per einstweiliger Verfügung verbieten lassen, Eigentümerversammlungen einzuberufen bzw. die einberufene Versammlung abzuhalten.2
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Auch das Recht auf Herausgabe dringend benötigter Verwaltungsunterlagen kann im Wege der einstweiligen Verfügung gegen den Verwalter geltend gemacht werden.3 So befand das AG Kelheim, dass vom ehemaligen Verwalter die Herausgabe von Verwalterunterlagen zum Zwecke der Einsichtnahme verlangt werden kann, und zwar auch, wenn der ehemalige Verwalter gegen den Beschluss der Abwahl vorgeht.4 Wenn jedoch kurzfristig mit einem Urteil in der Hauptsache zu rechnen ist und die benötigten Dokumente in den Unterlagen des ehemaligen Verwalters wahrscheinlich nicht zu finden sind, ist nach An-
1 LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, ZMR 2011, 839. 2 AG Wangen v. 30.1.2008 – 4 C 36/08, ZMR 2008, 580; AG Niebüll v. 27.5.2008 – 18 C 38/08, ZMR 2009, 82; AG Hamburg v. 15.12.2009 – 102d C 127/09, ZMR 2010, 477; AG Fürth v. 4.11.2008 – 391 C 10212/08 WEG, ZMR 2009, 955 ff. 3 Dagegen kein Anspruch auf Übermittlung der Eigentümerbeschlüsse von einem Beiratsmitglied, AG Wennigsen v. 3.6.1986 – 10a II 6/86, WuM 1986, 354. 4 AG Kelheim v. 19.10.2007 – 5 C 0965/07, 5 C 965/07, ZMR 2008, 83.
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III. Streitgegenstände und Fallgruppen
§ 14
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sicht des LG Hamburg einer Leistungsverfügung nicht stattzugeben.1 Ggf. ist Hilfsantrag auf Herausgabe an einen Sequester zur Anfertigung von Fotokopien zu stellen.2
" Praxistipp: Im Verfügungsantrag sollten alle herauszugebenden Unterlagen 30 und Dokumente bezeichnet werden.3 Andernfalls ist der Antrag nicht bestimmt genug. Dies ist auch im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO von Bedeutung.4
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Herausgabe von Versicherungsunterlagen An das
14.3 31
Amtsgericht . . . – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Wohnungseigentümergemeinschaft Rothenbaumchaussee 76, Hamburg, gemäß der als Anlage ASt 1 beigefügten Eigentümerliste, vertreten durch ihren Verwalter . . . [Name, Adresse] – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . [Kanzlei, Anschrift] gegen Herrn . . . [Name, Adresse] – Antragsgegner – wegen: Herausgabe von Versicherungsunterlagen Vorläufiger Streitwert: . . . Euro Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Zwangsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Zwangshaft oder einer Zwangshaft bis zu 1 LG Hamburg v. 14.12.2007 – 318 T 222/07, ZMR 2008, 326. 2 Abramenko, ZMR 2010, 329 (332). 3 Vgl. zu den einzelnen Verwaltungsunterlagen Hogenschurz in Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, Kap. L, Abschnitt VI. Muster 1. 4 Riecke/v. Rechenberg, MDR 2009, 65 (68); nach Jennißen in Jennißen, § 26 WEG Rz. 175 reicht es, „alle Unterlagen“ zu fordern (Änderung zur 1. Aufl.).
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Wohnungseigentumsrecht
M 14.3
sechs Monaten aufgegeben, sämtliche Versicherungsunterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft Rothenbaumchaussee 76 an den neuen Verwalter Herrn . . . [Name, Adresse] herauszugeben, insbesondere die Versicherungsverträge nebst -policen über die Feuerversicherung, die Leitungswasserversicherung, die Sturm- und Hagelversicherung, die Elementarschadenversicherung, die Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, die Öltankversicherung und die Glasversicherung nebst den jeweiligen Schadensakten 2. hilfsweise, diese zum Zwecke der Sichtung und Anfertigung von Kopien an einen vom Gericht zu bestellenden Sequester herauszugeben. 3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Der Antragsgegner ist der ehemalige Verwalter der Antragstellerin. Am . . . hat es im Treppenhaus des Gebäudes Rothenbaumchaussee 76 einen Brand gegeben. Dabei ist nicht nur die Aufzugsanlage zerstört worden. Durch Feuer und Löschwasser sind auch erhebliche Schäden an der Bausubstanz entstanden. Als Anlage überreichen wir das Protokoll der Feuerwehrleitzentrale Hamburg vom . . . Anlage ASt 2 2. Es wird wegen Brandstiftung ermittelt. Der Antragsgegner, der Kettenraucher ist, hat am Tag des Brands einen Schock erlitten. Er blockt jedes Gespräch, das mit dem Brand zusammenhängt, kategorisch ab und ist in therapeutischer Behandlung. Auf die wiederholten Schreiben der Antragstellerin bzw. deren neuen Verwalters, zuletzt vom . . . Anlage ASt 3 hat der Antragsgegner nicht reagiert. 3. Der Antragsgegner ist aufgrund seiner Krankheit mit Beschluss vom . . . aus wichtigem Grund als Verwalter abberufen worden. Desgleichen wurde sein Verwaltervertrag vom . . . am . . . gekündigt. Als neuer Verwalter ist Herr . . . [Name, Adresse] bestellt worden. Das Protokoll der Eigentümerversammlung und die Kündigung überreichen wir als Anlagen ASt 4 und 5. 4. Gegen den Antragsgegner läuft eine Klage auf Herausgabe sämtlicher Verwaltungsunterlagen vor dem Amtsgericht . . . unter dem Aktenzeichen . . . Die Antragstellerin benötigt die Versicherungsunterlagen jedoch dringend vorab, um fristgerecht ihre Schadenanzeigepflicht gegenüber den Versicherungen zu erfüllen.
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III. Streitgegenstände und Fallgruppen
Rz. 34
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II. Rechtliche Würdigung Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Herausgabe der Versicherungsunterlagen nach § 667 BGB. Sie ist gemäß § 10 Abs. 7 Satz 2 WEG auch befugt, diesen Anspruch geltend zu machen. Mit Beendigung des Verwaltungsamtes ist der Verwalter verpflichtet, alles, was er zur Ausführung der Verwaltertätigkeit oder in Folge seiner Geschäftsbesorgung erlangt hat, an die Eigentümergemeinschaft herauszugeben (vgl. Jennißen in Jennißen, § 26 WEG Rz. 172). Hierzu gehören auch die vom Verwalter verwahrten Versicherungsunterlagen. Die Eilbedürftigkeit resultiert daraus, dass der Schaden den Versicherungen innerhalb kurzer Frist nach dem Schadensereignis anzuzeigen ist. Ansonsten geht der Versicherungsnehmer seiner Ansprüche verlustig. Die genauen Fristen sind der Anspruchstellerin unbekannt, da sie in den jeweiligen Versicherungspolicen genannt werden, die sich im Besitz des Antragsgegners befinden. Auch sämtliche weiteren Details im Hinblick auf die Versicherungsverträge sind nur dem Antragsgegner bekannt, da er allein die Unterlagen verwahrt. Rechtsanwalt Eine Ermächtigung zum Betreten der Wohnung durch den Verwalter oder einen Dritten kommt nur bei ganz besonderer Dringlichkeit in Betracht wie z.B. dringende Reparaturarbeiten zur Vermeidung von Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum oder Ablesung von Messgeräten (vgl. hierzu auch § 11 Rz. 89).1
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b) Aussetzung der Wirksamkeit von Beschlüssen Ein angefochtener Wohnungseigentümerbeschluss konnte nach WEG a.F. für die Dauer des Hauptsacheverfahrens außer Kraft gesetzt werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses bestanden und ein Vollzug vollendete Tatsachen geschaffen hätte.2 Diese Möglichkeit war insbesondere bei Modernisierungsmaßnahmen bedeutsam.3
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Nunmehr kommt eine einstweilige Verfügung auf Verbot der Ausführung eines Eigentümerbeschlusses bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage in Betracht. Der Verwalter darf nämlich mit der Umsetzung des Beschlusses nicht warten, bis über die Anfechtungsklage rechtskräftig entschieden ist, sondern muss den Beschluss ungeachtet der Anfechtung vollziehen.4
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Das LG München I vertritt dazu eine recht strenge Auffassung: Bei der Interessenabwägung ist die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, dass angefochtene Eigentümerbeschlüsse gültig und zu vollziehen sind, solange sie nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt worden sind.5 1 Schmid, GE 1989, 594 (597). 2 BayObLG v. 16.1.1990 – BReg 1b Z 35/89, WuM 1990, 324; Dunkl in Dunkl/Moeller/ Baur/Feldmeier, C Rz. 44 mit Hinweisen auf unveröffentlichte Rspr. 3 Vgl. hierzu Drabek, ZMR 2003, 241 (243). 4 Abramenko in Riecke/Schmidt, § 27 WEG Rz. 13; Heinemann in Jennißen, § 27 WEG Rz. 11; Merle in Bärmann, § 27 WEG Rz. 18. 5 LG München I v. 17.7.2008 – 36 S 9508/08, ZMR 1009, 146 f.
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§ 14
Rz. 34a
Wohnungseigentumsrecht
M 14.4
Anfechtungsklagen entfalten keinen Suspensiveffekt. Daher könne die Vollziehung eines Eigentümerbeschlusses nur dann per einstweiliger Verfügung ausgesetzt werden, wenn glaubhaft gemacht werde, dass die Interessen der anfechtenden Miteigentümer im konkreten Einzelfall ausnahmsweise überwögen, weil ein weiteres Zuwarten wegen drohender irreversibler Schäden nicht mehr zugemutet werden könne.1 34a
Auch wenn wegen gefestigter Rechtsprechung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses so offenkundig sei, dass eine Überprüfung im Hauptsacheverfahren entbehrlich sei, könne eine einstweilige Verfügung gerechtfertigt sein. 2
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Neben dem Aussetzungsantrag kann ein Unterlassungsantrag dahin gehend gestellt werden, dass die Wohnungseigentümer es zu unterlassen haben, den Beschluss zu vollziehen. Sollte der Beschluss nämlich entgegen der einstweiligen Verfügung umgesetzt werden, hat der Antragsteller die Handhabe des Ordnungsgeldes.3
34c " Wichtig: Die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ist unbedingt zu beachten. Ihre Versäumung macht eine Anfechtungsklage in der Hauptsache unbegründet. Dies führt dazu, dass der Verfügungsanspruch entfällt, da eine Ungültigerklärung in der Hauptsache durch das Fristversäumnis ausscheidet. Wenn keine Nichtigkeitsgründe vorliegen, müssen bestandskräftige Eigentümerbeschlüsse akzeptiert werden. Daher wird empfohlen, den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor Ablauf der Anfechtungsfrist des § 46 WEG zu stellen.4 Hinzuweisen ist noch darauf, dass auch der Verwalter eine einstweilige Verfügung beantragen darf, wenn er einen Beschluss nicht sofort umsetzen will.5
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Verbot der Ausführung eines Eigentümerbeschlusses
An das Amtsgericht . . . – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Frau . . . [Name, Anschrift] 1 LG München I v. 8.8.2008 – 1 T 13 169/98, ZMR 2009, 73; LG Frankfurt/M v. 17.3.2010 – 2-13 S 32/09, ZMR 2010, 787; weiterführend Abramenko, ZMR 2010, 329 ff.; Klimesch, ZMR 2010, 427 ff.; Boltenberg/Kühnemund in Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel, II.20.1, Anm. 4.1. 2 Riecke/v. Rechenberg, MDR 2009, 65 (69); Schmid, ZWE 2010, 305 (309). 3 Klimesch, ZMR 2010, 427 (428). 4 Abramenko, ZMR 2010, 329 (331 f.) 5 Merle in Bärmann, § 27 WEG Rz. 16; Abramenko in Riecke/Schmid, § 27 WEG Rz. 15; Schmid, NZBau 2010, 290 (291).
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M 14.4
III. Streitgegenstände und Fallgruppen
Rz. 35
§ 14
– Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . [Kanzlei, Anschrift] gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft Am Feenteich 27, Hamburg, gemäß der als Anlage ASt 1 beigefügten Eigentümerliste vertreten durch ihren Verwalter . . . [Name, Adresse] Ersatzzustellungsbevollmächtigter . . . [Name, Adresse] – Antragsgegnerin – wegen: Verbot der Ausführung eines Eigentümerbeschlusses bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage. Vorläufiger Streitwert: . . . Euro Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Die Vollziehung der zu TOP 3 beschlossenen Installation einer Videoüberwachungskamera in jedem Eingang wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt. 2. Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten untersagt, die in der Eigentümerversammlung vom . . . [Datum] zu TOP 3 beschlossene Installation einer Videoüberwachungskamera in jedem Eingang bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache durchzuführen oder durchführen zu lassen. 3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft Am Feenteich 27. Am . . . [Datum] haben die Beteiligten eine Eigentümerversammlung durchgeführt, die sich unter TOP 3 mit der Installation einer Videoüberwachungsanlage befasst hat. Es handelt sich dabei um eine Anlage, die es jedem Bewohner ermöglichen soll, per Tastendruck den Eingangsbereich vom Fernsehgerät aus einzusehen. Hierbei soll die vorhandene Wechselsprechanlage durch eine Wechselsprechanlage mit Videoauge ersetzt werden. Die Antragsgegnerin hat ihren Antrag zum einen damit begründet, dass die Videoüberwachungsanlage als modernisierende Instandsetzung anzusehen sei und zum anderen, dass in letzter Zeit die Miteigentümer verstärkt von so genannten „Drückerbanden“ heimgesucht worden seien, die Erotikmagazine in aufdringlicher Herchenröder
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§ 14
Rz. 35
Wohnungseigentumsrecht
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Art und Weise vertreiben. Da deshalb ständig fremde Personen zweifelhaften sittlichen Niveaus im Haus seien, bestehe ein erhöhter Sicherheitsbedarf. Eine Kopie des Protokolls der Eigentümerversammlung überreichen wir als Anlage ASt 2. 2. In der Beschlussfassung ist der von der Antragsgegnerin gestellte Antrag auf Installation der Videoüberwachungsanlage mehrheitlich angenommen worden (vgl. Anlage ASt 2). Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin heute Anfechtungsklage erhoben und beantragt, den Beschluss für ungültig zu erklären. Das Aktenzeichen ist noch nicht bekannt und wird nachgereicht. Die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ist gewahrt. 3. Der Hausmeister der Anlage hat durch Aushang am schwarzen Brett Anlage ASt 3 mitgeteilt, dass die Bauarbeiten am . . . [Datum], also in zwei Tagen, beginnen sollen. II. Rechtliche Würdigung Der unter TOP 3 gefasste Beschluss zur Installierung einer Videoüberwachungsanlage entspricht nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 22 WEG. Dabei kann es dahinstehen, ob eine modernisierende Instandhaltung vorliegt, weil es sich um eine neuartige Technik handelt (vgl. KG v. 26.6.2002 – 24 W 309/01, NZM 2002, 702). Jedenfalls ergeben sich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung durchgreifende rechtliche Bedenken, weil es die Videoanlage nach ihrer Konzeption technisch ermöglicht, dass ein Wohnungseigentümer den Hauseingang über sein Fernsehgerät ständig beobachtet, Videoaufzeichnungen herstellt und auswertet. Dies stellt einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mitbewohner dar, die ebenso wie Besucher der ständigen Überwachung ausgeliefert wären, auch wenn nicht die Klingel zu einer bestimmten Wohnung betätigt würde. Der Eigentümerbeschluss verstößt damit gegen die Vorgaben des § 6b des Bundesdatenschutzgesetzes („BDSG“, KG NZM 2002, 702 m.w.N.). Die Motivation zur Installation der Anlage wegen der „Drückerbanden“ bestätigt die Befürchtung der Antragstellerin, dass mit der Videoanlage eine ständige Überwachung durchgeführt werden soll. Die Möglichkeit der dauernden Beobachtung durch jeden Bewohner geht deutlich über das hinaus, was zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist und beeinträchtigt die Persönlichkeitsrechte der sich im Eingangsbereich aufhaltenden Personen (§ 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Dass und wie der Umstand der Beobachtung der verantwortlichen Stelle bekannt gemacht wird (§ 6b Abs. 2 BDSG), legt der Eigentümerbeschluss nicht fest. Er regelt auch nicht das erforderliche Löschen der Daten (§ 6b Abs. 5 BDSG). Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass die Bauarbeiten unmittelbar bevorstehen, wie aus der Ankündigung am schwarzen Brett hervorgeht. Mit der begehrten einstweiligen Verfügung sollen also „vollendete Tatsachen“ verhindert werden, bis über die Wirksamkeit des Eigentümerbeschlusses vom . . . zu TOP 3 im Hauptsacheverfahren rechtskräftig entschieden worden ist.
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M 14.5
III. Streitgegenstände und Fallgruppen
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c) Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander Wie im Mietrecht können auch Gebrauchsregelungen unter den Eigentümern Gegenstand eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sein, wie z.B. die Regelung über die Waschmaschinenbenutzung;1 Verhinderung einer unzulässigen Vermietung oder Gebrauchsüberlassung; Unterlassung von baulichen Veränderungen, soweit sie Gemeinschaftseigentum betreffen oder einen Nachteil für einen anderen Eigentümer bedeuten.2 Das AG München hat entschieden, dass durch bauliche Veränderungen meist vollendete Tatsachen geschaffen würden, sodass eine Untersagung per einstweiliger Verfügung in Betracht komme.3
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" Praxistipp: Der Antrag auf einstweilige Verfügung sollte so früh wie möglich gestellt werden. Das erspart unter Umständen das Problem von bereits mit Dritten (Bauunternehmen) abgeschlossenen Verträgen.4
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Untersagung einer baulichen Veränderung An das
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Amtsgericht . . . – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Wohnungseigentümergemeinschaft Bellevue 4, Hamburg, gemäß der als Anlage ASt 1 beigefügten Eigentümerliste vertreten durch ihren Verwalter . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . [Kanzlei, Anschrift] gegen Herrn . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – wegen: Untersagung der Umgestaltung der Dachterrasse zu einem begrünten Dachgarten Vorläufiger Streitwert: . . . Euro 1 AG Weinheim v. 17.9.1985 – UR II 8/85, zitiert nach Schmid, GE 1989, 594 (597). 2 BayObLG v. 1.8.1991 – BReg 2 Z 80/91, ZMR 1991, 444 f.; weitere Beispiele bei Wenzel in Staudinger, § 44 WEG Rz. 26. 3 AG München v. 8.7.2010 – 483 C 703/10, ZMR 2010, 999. 4 Schmid, NZBau 2010, 290 (292).
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§ 14
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Wohnungseigentumsrecht
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Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, mit den Bauarbeiten zur Anlegung eines intensiv begrünten Dachgartens auf der in der Teilungserklärung als „Dachterrasse“ bezeichneten Fläche zu beginnen bzw. fortzufahren. 2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Parteien sind Miteigentümer der aus vier Einheiten bestehenden Eigentumsanlage Bellevue 4. Der Antragsgegner ist Eigentümer des Dachgeschosses. Zum Dachgeschoss gehört eine im Sondereigentum des Antragsgegners stehende Dachterrasse. In der Teilungserklärung vom . . . [Datum] Anlage ASt 2 ist als Nutzungsart „Dachterrasse“ angegeben. 2. Der Antragsgegner hat den übrigen Miteigentümern am . . . [Datum] mitgeteilt, dass er beabsichtige, auf seiner Dachterrasse einen üppigen Dachgarten anzulegen, weil dies in seinem Freundeskreis jetzt en vogue sei. Dies passe auch sehr viel besser zu dem repräsentativen Charakter des Hauses. Er zeigte den übrigen Miteigentümern eine bebilderte Planung seines Gartenbauarchitekten, auf der deutlich zu erkennen ist, dass es sich um einen auf der Dachfläche aufgebrachten mehrschichtigen Aufbau mit verschieden hohen Grünpflanzen und Bäumchen sowie einer Wasserfontäne handelt. Eine Ablichtung dieser Planungsunterlagen überreichen wir als Anlage ASt 3 3. Auf die Proteste der Miteigentümer hat der Antragsgegner ablehnend reagiert. Dass es zu einer erheblichen Gefahr von Feuchtigkeitsschäden käme, halte er für abwegig. Es sei sein gutes Recht, mit seinem Eigentum so zu verfahren, wie er wolle. Im Übrigen sei dies nur eine kleine bauliche Veränderung der Dachterrasse. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der Miteigentümerin . . . [Name] als Anlage ASt 4 4. Gestern sind mehrere Kubikmeter Mutterboden angeliefert worden. Diese seien für den „Luxus-Dachgarten“ bestimmt, wie der Fahrer der Landschaftsgärtnerei 376
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III. Streitgegenstände und Fallgruppen
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mitgeteilt hat. Er käme morgen wieder, um mit den Gartenbauarbeiten zu beginnen. Glaubhaftmachung: wie zuvor. II. Rechtliche Beurteilung 1. Die Antragstellerin verlangt von dem Antragsgegner zu Recht Unterlassung der Gartenbauarbeiten aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 10 Abs. 2, 13, 14 Abs. 1 WEG. Dieser hat keinen Anspruch darauf, die in der Teilungserklärung vom . . . [Datum] als „Dachterrasse“ bezeichnete, in seinem Sondereigentum stehende Fläche als Dachgarten mit intensiver Begrünung auf einem auf der Dachfläche aufgebrachten mehrschichtigen Aufbau, wie aus den Planungsunterlagen (Anlage ASt 3) ersichtlich, nutzen zu dürfen. Die Nutzung der Dachfläche als Dachgarten in der Form, wie vorliegend geplant, stellt eine andere Art der Nutzung, also eine Änderung der Zweckbestimmung des Sondereigentums gegenüber der in der Teilungserklärung vorgesehenen dar, nicht nur eine bauliche Veränderung innerhalb der nach der Teilungserklärung festgelegten Zweckbestimmung. Eine Dachterrasse ist etwas ganz anderes als ein intensiv begrünter Dachgarten, dessen Pflanzen innerhalb einer auf der Dachfläche aufgeschütteten Erdschicht wie in einem Garten auf der natürlichen Erdoberfläche wachsen (OLG Köln v. 6.9.1999 – 16 Wx 56/99, NZM 1999, 1103 und v. 19.9.2003 – 16 Wx 139/03, NJOZ 2003, 3594). Daran ändert auch der Charakter des Hauses der Parteien als Wohnhaus des Luxus-Segments nichts. Auch in einem solchen Haus ist der Begriff „Dachterrasse“ kein Synonym für „Dachgarten“ (OLG Köln v. 10.1.2005 – 16 Wx 217/04, NZM 2005, 508). 2. Eine substantiell andere Nutzungsart des Sondereigentums als in der Teilungserklärung festgelegt, geht über eine bloße Gebrauchsregelung des Sondereigentums hinaus und kann mit Bindung für alle Wohnungseigentümer deshalb nur durch eine Vereinbarung festgelegt werden. Eine solche ist hier aber nicht getroffen worden. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die andere Art der Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht mehr beeinträchtigt als die in der Teilungserklärung vorgesehene. Nur in diesem Fall hätte der Antragsgegner einen Anspruch darauf, dass die übrigen Wohnungseigentümer die andere Nutzungsart hinnähmen, ohne dass es einer Änderung der Teilungserklärung bedürfte (OLG Köln v. 27.12.2002 – 16 Wx 233/02, OLGR 2003, 113). Davon kann vorliegend keine Rede sein: Es ist offenkundig, dass die erhebliche Erdaufschüttung nebst Wasserfontäne die übrigen Wohnungseigentümer deutlich mehr beeinträchtigt als die Nutzung als bloße Dachterrasse: Die Klärung der Schadensursache und Schadensbeseitigung im Falle von Feuchtigkeitsschäden in angrenzenden Räumen ist erheblich schwieriger sowie arbeits- und kostenintensiver. 3. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass die Gartenbauarbeiten morgen starten sollen. Es muss verhindert werden, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden. Daher ist Eile geboten. Rechtsanwalt
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Da die Anfechtungsklage keinen Suspensiveffekt entfaltet, hat ein Wohnungseigentümer nach der Wertung des Gesetzgebers Sanierungsmaßnahmen eines angefochtenen, aber noch nicht rechtskräftig für ungültig erklärten Beschlusses grundsätzlich zu dulden. Wenn der duldungspflichtige Wohnungseigentümer die Bauarbeiten stört, können ihm die Störungen per einstweiliger Verfügung untersagt werden.1
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d) Zahlungsansprüche 38
Wohngeldausfälle betreffen nahezu jede Wohnungseigentümergemeinschaft einmal. Bei besonders hohen Außenständen kann dies zu einer erheblichen finanziellen Schieflage führen. Es gehört daher zum täglichen Handwerkszeug einer Hausverwaltung, Wohngeldverfahren zu führen.2
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Bei diesen Fallkonstellationen kommt eine Leistungsverfügung in Betracht. Hier sollten trotz Vorwegnahme der Hauptsache nicht zu hohe Voraussetzungen an den Verfügungsgrund gestellt werden, weil es sich um eine gesetzlich begründete Pflicht zur Zahlung eines Vorschusses handelt (§ 28 Abs. 2 WEG). Die Rechte des Eigentümers werden durch die jährliche Abrechnung gemäß § 28 Abs. 3 WEG gewahrt. Zudem steht dem Eigentümer ein Schadenersatzanspruch gemäß § 945 ZPO zu, wenn sich die einstweilige Verfügung auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit als von Anfang an ungerechtfertigt erweist.3
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Nach Entscheidungen des AG Kerpen4 und des LG Berlin5 ist bei Insolvenz eines Wohnungseigentümers ein Arrestgrund gegeben, weil der Gesetzgeber den Wohngeldforderungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG Vorrang vor anderen Forderungen zugebilligt hat. Es wird vertreten, dass § 919 ZPO die speziellere Zuständigkeitsvorschrift sei als § 43 WEG.6
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Wohngeldrückstand
An das Amtsgericht . . . – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – EILT! Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Wohnungseigentümergemeinschaft Holthusenstr. 4–8, Hamburg, gemäß der als 1 LG Berlin v. 15.6.2010 – 85 S 74/09 WEG, ZMR 2010, 978 f. 2 Wanderer, GE 2004, 1009. 3 Vgl. BGH v. 20.11.1992 – V ZR 279/91, MDR 1993, 342 f. zur entsprechenden Anwendung des § 945 ZPO bei einstweiliger Anordnung nach WEG a.F. 4 AG Kerpen v. 14.7.2008 – 26 C 27/08, ZMR 2009, 323 (324). 5 LG Berlin v. 22.7.2009 – 85 S 18/09 WEG, ZMR 2010, 142 f. 6 Abramenko, ZMR 2010, 329 (334).
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III. Streitgegenstände und Fallgruppen
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Anlage ASt 1 beigefügten Eigentümerliste vertreten durch den Verwalter . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . [Kanzlei, Anschrift] gegen Herrn . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – Wegen: Wohngeldrückstand Vorläufiger Streitwert: . . . Euro Wir zeigen an, dass wir die Antragstellerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung wie folgt zu beschließen: 1. Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin . . . Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Ferner wird beantragt, der Antragstellerin eine Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Wohnungseigentumsanlage Holthusenstr. 4–8 besteht aus 32 Einheiten. 24 Einheiten stehen im Eigentum des Antragsgegners. Dies entspricht 750/1000 Miteigentumsanteilen. Die restlichen 250/1000 entfallen auf die übrigen sieben Miteigentümer. Der Antragsgegner ist mithin als „Großeigentümer“ zu qualifizieren. 2. In der Wohnungseigentümerversammlung vom . . . [Datum] haben die Wohnungseigentümer nach § 28 WEG den Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne für das Kalenderjahr vom 1.1.2012 bis 31.12.2012 beschlossen. Eine Ablichtung des Protokolls der Eigentümerversammlung überreichen wir als Anlage ASt 2 3. Für den Antragsgegner ergibt sich aus dem Einzelwirtschaftsplan Anlage ASt 3 eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von monatlich . . . Euro. Der Antragsgegner hat seit fünf Monaten kein Wohngeld mehr an die Antragstellerin bezahlt. Es steht daher ein Betrag von . . . Euro zur Zahlung offen. Dies ergibt sich aus dem in Ablichtung beigefügten Auszug aus dem Kontenblatt für das Raumeigentum des Antragsgegners Herchenröder
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Anlage ASt 4 4. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um denjenigen Miteigentümer, der aufgrund seiner Eigenschaft als „Großeigentümer“ den Löwenanteil des Wohngelds zahlen muss. Nach fünfmonatigem Ausfall der Zahlung steht die Eigentümergemeinschaft vor der Zahlungsunfähigkeit. Dies ergibt sich aus der als Anlage ASt 5 überreichten detaillierten Gegenüberstellung der fälligen bzw. in Kürze fällig werdenden Zahlungsverpflichtungen mit den verfügbaren Mitteln. 5. Sämtliche Zahlungsaufforderungen, zuletzt mit anwaltlichem Mahnschreiben vom . . . [Datum], waren vergeblich. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Verwalters . . . vom . . . als Anlage ASt 6 II. Rechtliche Beurteilung Der Anspruch der Antragstellerin folgt aus § 28 Abs. 2 WEG, wonach der Antragsgegner verpflichtet ist, nach Abruf durch den Verwalter die dem beschlossenen Wirtschaftplan entsprechenden Vorschüsse zu leisten. Der Antragsgegner befindet sich mit der Zahlung seiner Wohngeldvorschüsse seit mittlerweile fünf Monaten in Verzug. Die besondere Dringlichkeit ergibt sich daraus, dass der Antragstellerin aufgrund der fehlenden Wohngeldbeiträge des Antragsgegners die akute Zahlungsunfähigkeit droht. Dies resultiert aus der als Anlage ASt 5 beigefügten Aufstellung. Rechtsanwalt
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§ 15 Familienrecht Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . II. Einstweiliger Rechtsschutz in Familienstreitsachen gemäß § 112 FamFG 1. Einstweilige Anordnung a) Einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen . . . . . . . aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Regelungsbedürfnis . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . . hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . nn) Außerkrafttreten . . . . . (1) Wegen Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung . . . . . . . . . . . . . (2) Aus sonstigen Gründen . oo) Kein Rechtsmittel . . . . pp) Abgrenzung zum negativen Feststellungs- und Vollstreckungsabwehrantrag . . . . . . . . . . . . . qq) Rückforderungsansprüche/Schadensersatz . . . b) Einstweilige Anordnung auf Verfahrenskostenvorschuss aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Regelungsbedürfnis . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . .
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21 22 28 35 41 42 46 55 64 70 73 74 83 88 97 98 109 119
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hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . nn) Außerkrafttreten . . . . . oo) Kein Rechtsmittel . . . . pp) Konkurrenz zur Verfahrenskostenhilfe . . . . . . c) Einstweilige Anordnung Unterhalt vor Geburt eines Kindes aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Regelungsbedürfnis . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . . hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Keine Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . nn) Außerkrafttreten . . . . . oo) Kein Rechtsmittel . . . . pp) Rückforderung, Schadensersatz . . . . . . . . . . . . d) Einstweilige Anordnung Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Regelungsbedürfnis . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . .
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hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . nn) Außerkrafttreten . . . . . oo) Kein Rechtsmittel . . . . pp) Rückforderung, Schadensersatz . . . . . . . . . . . . e) Einstweilige Anordnung in Güterrechtssachen des § 261 Abs. 1 FamFG aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Regelungsbedürfnis . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . . hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . nn) Schadensersatz . . . . . . oo) Außerkrafttreten . . . . . pp) Kein Rechtsmittel . . . . f) Einstweiliger Rechtsschutz in sonstigen Familiensachen des § 266 Abs. 1 FamFG aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Regelungsbedürfnis . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . . hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . .
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mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . nn) Außerkrafttreten . . . . . oo) Kein Rechtsmittel . . . . pp) Schadensersatz . . . . . . 2. Arrest a) Allgemeine Grundsätze . . . b) Sicherung einer Unterhaltsforderung aa) Arrestgesuch . . . . . . . bb) Zuständigkeit . . . . . . . cc) Arrestanspruch . . . . . . dd) Arrestgrund . . . . . . . . ee) Entscheidung . . . . . . . ff) Vollziehung . . . . . . . . gg) Rechtsbehelfe . . . . . . . hh) Schadensersatz . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . c) Sicherung der Zugewinnausgleichsforderung . . . . . . . . aa) Arrestgesuch . . . . . . . bb) Zuständigkeit . . . . . . . cc) Arrestanspruch . . . . . . dd) Arrestgrund . . . . . . . . ee) Entscheidung . . . . . . . ff) Vollziehung . . . . . . . . gg) Rechtsbehelfe . . . . . . . hh) Schadensersatz . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . III. Einstweiliger Rechtsschutz in FG-Familiensachen 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 2. Einstweilige Anordnungen in Kindschaftssachen a) Sorgerechtsangelegenheiten aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Dringendes Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . . hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . .
344 349 356 357 365 369 371 375 379 382 388 393 398 400 410 413 414 420 421 425 429 434 439 441
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§ 15
Familienrecht nn) Außerkrafttreten . . . . . oo) Rechtsmittel . . . . . . . b) Umgangssachen aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Dringendes Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . . hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . nn) Außerkrafttreten . . . . . oo) Kein Rechtsmittel . . . . c) Kindesherausgabe aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . bb) Dringendes Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . cc) Verfahrensbeteiligte . . . dd) Kein Anwaltszwang . . . ee) Örtliche Zuständigkeit . ff) Verfahrenseinleitung . . gg) Verfahrensablauf . . . . . hh) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . ii) Kosten . . . . . . . . . . . jj) Vollstreckung . . . . . . . kk) Aufhebung/Abänderung . ll) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . nn) Außerkrafttreten . . . . . oo) Rechtsmittel . . . . . . . 3. Einstweilige Anordnungen in Ehewohnungs- und Haushaltssachen
492 499 510 512 514 516 517 521 526 529 534 537 544 546 547 554 560 570 575 576 578 579 583 588 592 597 600 607 610 611 615 621
a) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch aa) Ehewohnungssachen . . bb) Haushaltssachen . . . . . b) Dringendes Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfahrensbeteiligte . . . . . d) Kein Anwaltszwang . . . . . e) Örtliche Zuständigkeit . . . . f) Verfahrenseinleitung . . . . . g) Verfahrensablauf . . . . . . . h) Beendigung des Verfahrens . i) Kosten . . . . . . . . . . . . . aa) Ehewohnungssachen . . bb) Haushaltssachen . . . . . j) Vollstreckung . . . . . . . . . k) Aufhebung/Abänderung . . . l) Aussetzung der Vollstreckung m) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . . . . . . . n) Außerkrafttreten . . . . . . . o) Rechtsmittel . . . . . . . . . . 4. Einstweilige Anordnungen in Gewaltschutzsachen a) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch . . . . . . . . b) Dringendes Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfahrensbeteiligte . . . . . d) Kein Anwaltszwang . . . . . e) Örtliche Zuständigkeit . . . . f) Verfahrenseinleitung . . . . . g) Verfahrensablauf . . . . . . . h) Beendigung des Verfahrens . i) Kosten . . . . . . . . . . . . . j) Vollstreckung . . . . . . . . . k) Aufhebung/Abänderung . . . l) Aussetzung der Vollstreckung m) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens . . . . . . . . . . . n) Außerkrafttreten . . . . . . . o) Rechtsmittel . . . . . . . . . . 5. Einstweilige Anordnungen in Versorgungsausgleichssachen . .
635 643 649 655 656 657 658 666 670 676 678 680 682 684 687 688 694 700
715 718 721 722 723 726 730 735 744 748 751 756 757 762 770 774
Literatur: Bücher und Loseblattwerke: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2009; Gießler/Soyka, Vorläufiger Rechtsschutz in Familiensachen, 5. Aufl. 2010; Johannsen/Henrich, Familienrecht, 5. Aufl. 2011; Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl. 2011; Krenzler/Borth, Anwaltshandbuch Familienrecht, 2. Aufl. 2012; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 2. Aufl. 2011; Prütting/Helms, FamFG, 2. Aufl. 2011; Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 2. Aufl. 2011; Schulte-Bunert/Weinreich,
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§ 15
Rz. 1
Familienrecht
FamFG, 3. Aufl. 2011; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011; Aufsätze: Bömelburg, Die einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen im Sinne des § 231 Abs. 1 FamFG, FF 2011, 355; Borth, Einführung in das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (FGG-Reformgesetz), FamRZ 2009, 157; Bruns, Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 1 GewSchG – Grundlagen und ausgewählte Praxisprobleme, FamRZ 2012, 1024; van Els, Die Aussetzung der Vollstreckung nach § 55 FamFG, FamRZ 2011, 1706 f.; Götsche, Anwaltszwang nach dem FamFG, FamRB 2009, 162; Griesche, Die vorläufige Vollstreckbarkeit in Unterhaltssachen nach Inkrafttreten des FamFG, FamRB 2009, 258; Heistermann, Eilverfahren im Sorge- und Umgangsbereich nach dem FamFG, FF 2009, 281; Löhnig/Heiß, Die Neuregelung des einstweiligen Rechtsschutzes nach dem FamFG – die einstweilige Anordnung nach §§ 49 f. FamFG, FamRZ 2009, 1101; Maurer, Die Rechtsmittel in Familiensachen nach dem FamFG, FamRZ 2009, 465; Schlünder, Analoge Anwendung von § 241 FamFG auf die einstweilige Anordnung?, FamRZ 2010, 2038; Schlünder, Die Vollstreckung nach dem FamFG, FamRZ 2009, 1636; Vogel, (Offene) Rechtsfragen zum einstweiligen Rechtsschutz nach den §§ 49 f. FamFG, FF 2011, 196; Schürmann, Die einstweilige Anordnung nach dem FamFG, FamRB 2008, 375.
I. Einleitung 1
Das Instrumentarium des einstweiligen Rechtsschutzes ist in Familiensachen (§ 111 Nr. 2–11 FamFG) von erheblicher Bedeutung, um schnellen und effektiven Rechtsschutz insbesondere in Unterhalts- oder Kindschaftssachen zu erlangen. Grundsätzlich kann einstweiliger Rechtsschutz für alle in § 111 Nr. 2 und 3 sowie Nr. 5–11 FamFG aufgeführten Familiensachen beantragt werden, das Hauptgewicht in der Praxis liegt jedoch sicherlich bei den Unterhalts-, Sorgeund Umgangsrechts- sowie in den ehelichen Güterrechtssachen.
2
Mit Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 wurde der einstweilige Rechtsschutz in Familiensachen grundlegend geändert und vereinheitlicht. In Betracht kommen nur noch zwei Verfahrensarten, nämlich die einstweilige Anordnung gemäß §§ 49 f. FamFG (s. Rz. 21) und der Arrest gemäß §§ 916 f. ZPO (s. Rz. 365).
3 " Wichtig: Eine einstweilige Verfügung ist in Familiensachen nicht mehr statthaft1. 4
Im Unterschied zur früheren Rechtslage setzt die einstweilige Anordnung nicht mehr zwingend die Anhängigkeit einer gleichartigen Hauptsache bzw. eines diesbezüglichen Verfahrenskostenhilfegesuchs voraus, sondern wird unabhängig von einem Hauptsacheverfahren als selbständiges Verfahren geführt.
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Die Trennung von Hauptsache und einstweiliger Anordnung entspricht der Situation bei Arrest und einstweiliger Verfügung der ZPO2 und führt zu einer Harmonisierung der Verfahrensordnungen3.
1 OLG Karlsruhe v. 5.8.2010 – 18 UF 100/10 = FamRZ 2011, 234; Regierungsentwurf BTDrucks. 16/6308, 226; Feskorn in Zöller, § 49 FamFG Rz. 2. 2 BT-Drucks. 16/6308, 199. 3 BT-Drucks. 16/6308, 199.
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I. Einleitung
Rz. 11
§ 15
Die Vergleichbarkeit zwischen Arrest und einstweiligem Anordnungsverfahren zeigt sich insbesondere darin, dass
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– auf Antrag eines Beteiligten nach einer von Amts wegen erlassenen einstweiligen Anordnung das Gericht (§ 52 Abs. 1 Satz 1 FamFG) bzw. – nach Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Verfahren, das nur auf Antrag eingeleitet werden kann (§ 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG) der Beteiligte, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, auf Antrag des anderen Beteiligten gezwungen werden kann, ein Hauptsacheverfahren einzuleiten (so genanntes Erzwingungsverfahren, s. Rz. 88). Während das einstweilige Anordnungsverfahren darauf gerichtet ist, vorläufige Maßnahmen oder Regelungen zu treffen, geht es beim Arrest (s. Rz. 365) jedoch nur um die Sicherung eines künftigen Anspruchs.
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" Wichtig: Aufgrund der Verfahrensselbständigkeit sind die Entscheidungen 8 im einstweiligen Anordnungsverfahren mit einer Kostenentscheidung zu versehen mit der Folge, dass z.B. bei Unterliegen in einem Unterhaltsanordnungsverfahren ein Kostenerstattungsanspruch des Gegners besteht, während nach früherer Rechtslage die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens der Hauptsache folgten und keinen Kostenerstattungsanspruch auslösen konnten.
Hauptanwendungsfall des einstweiligen Rechtsschutzes in Familiensachen ist die einstweilige Anordnung. Das Arrestverfahren (s. Rz. 365) ist nur in Familienstreitsachen (s. Rz. 12) zulässig und dient insbesondere der Sicherung von Unterhaltsrückständen und zukünftigen Unterhaltsleistungen sowie der Sicherung der künftigen Zugewinnausgleichsforderung.
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Grundsätzlich ist vor Einleitung eines auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens zunächst zu prüfen, ob es sich bei dem Regelungsgegenstand um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit, d.h. um eine FG-Familiensache oder um eine Familienstreitsache, die in § 112 FamFG definiert ist, handelt. Die Unterscheidung zwischen FG-Familiensachen und Familienstreitsachen ist notwendig, weil z.B. Arrestverfahren nur in Familienstreitsachen zulässig sind (§ 119 Abs. 2 FamFG).
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Darüber hinaus bestehen z.B. Unterschiede im Hinblick auf die Verfahrenseinleitung, den Ablauf, die Bekanntgabe und Wirksamkeit der Entscheidung sowie deren Abänderung und Vollstreckung. Während die allgemeinen Vorschriften des einstweiligen Anordnungsverfahrens in §§ 49–57 FamFG einheitlich sowohl in FG-Familiensachen als auch in Familienstreitsachen anwendbar sind, sind für Familienstreitsachen die übrigen allgemeinen Vorschriften des FamFG (§§ 1–110 FamFG) über § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG nur eingeschränkt anzuwenden. Vielmehr gelten die allgemeinen Vorschriften der ZPO und die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
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§ 15 12
Rz. 12
FG-Familiensachen1 sind:
Familienrecht Familienstreitsachen gemäß § 112 FamFG sind:
– Unterhaltssachen, § 231 Abs. 1 FamFG – Kindschaftssachen, § 151 FamFG u. Lebenspartnerschaftssachen nach – Abstammungssachen, § 169 FamFG § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9 FamFG – Ehewohnungs- und Haushaltssachen, – Güterrechtssachen, § 261 Abs. 1 FamFG § 200 FamFG und Lebenspartnerschaftssachen nach – Gewaltschutzsachen, § 210 FamFG § 269 Abs. 1 Nr. 10 FamFG – Versorgungsausgleichssachen, § 217 – sonstige Familiensachen, § 266 Abs. 1 FamFG FamFG und Lebenspartnerschaftssachen – Unterhaltssachen, § 231 Abs. 2 FamFG nach § 269 Abs. 2 FamFG – Güterrechtssachen, § 261 Abs. 2 FamFG – sonstige Familiensachen, § 266 Abs. 2 FamFG – Lebenspartnerschaftssachen, § 269 Abs. 1 Nr. 3–7, 11, 12, Abs. 3 FamFG
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§ 49 FamFG enthält den Grundtatbestand der einstweiligen Anordnung. Die Regelungen der §§ 49 f. FamFG gelten für alle einstweiligen Anordnungen, soweit das FamFG keine besonderen Vorschriften für die einzelnen Verfahren enthält. Spezialregelungen gelten für Gewaltschutzsachen, § 214 FamFG (s. Rz. 715), für Anträge auf Zahlung von Unterhalt oder zur Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses, § 246 FamFG (s. Rz. 135), für einstweilige Anordnungen vor Geburt des Kindes, § 247 FamFG (s. Rz. 190), bei Feststellung der Vaterschaft, § 248 FamFG (s. Rz. 230) und in Kindschaftssachen, §§ 156 Abs. 3 Satz 1, 157 Abs. 3 FamFG (s. Rz. 454).
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Die einstweilige Anordnung ermöglicht vorläufige Maßnahmen auf der Grundlage einer summarischen Prüfung, die in § 49 Abs. 2 FamFG beispielhaft genannt sind, nämlich Maßnahmen zur Sicherung oder vorläufigen Regelung eines bestehenden Zustands und Ge- oder Verbote. Davon abweichend ermöglicht § 246 FamFG die Anordnung zur Verpflichtung auf Zahlung von Unterhalt oder eines Kostenvorschusses für ein gerichtliches Verfahren. Der Erlass der einstweiligen Anordnung setzt in Familienstreitsachen grundsätzlich ein Regelungsbedürfnis und in FG-Familiensachen sogar ein dringendes Regelungsbedürfnis für das sofortige Tätigwerden des Gerichts voraus.
15–20 Einstweilen frei.
II. Einstweiliger Rechtsschutz in Familienstreitsachen gemäß § 112 FamFG 1. Einstweilige Anordnung a) Einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen 21
Die einstweiligen Anordnungen betreffend Unterhalt sind in den §§ 246 Abs. 1 Alt. 1, 119, 49 f. FamFG geregelt. 1 Adoptionssachen gemäß § 186 FamFG sind FG-Familiensachen, die jedoch nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geregelt werden können.
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II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 27
§ 15
aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch In sämtlichen Unterhaltssachen, die in § 231 Abs. 1 FamFG im Einzelnen definiert sind, sowie in Lebenspartnerschaftssachen gemäß § 269 Nr. 8 und 9 FamFG, ist die Titulierung der jeweiligen Unterhaltsansprüche im Wege der einstweiligen Anordnung möglich. Der Regelungsbereich der einstweiligen Anordnung umfasst
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– den Ehegattenunterhalt (§§ 1360, 1361, 1569 f. BGB), – den Verwandtenunterhalt (§§ 1601 f. BGB), also insbesondere den Kindesund Elternunterhalt, – Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der nichtehelichen Mutter oder dem nichtehelichen Vater (§ 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB) sowie – die durch die Lebenspartnerschaft begründeten Unterhaltsverpflichtungen (§ 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9 FamFG). Erfasst wird nicht nur Elementarunterhalt, sondern auch Sonder- und Mehrbedarf; vertraglich vereinbarter Unterhalt kann ebenfalls im Wege der einstweiligen Anordnung verlangt werden, wenn er lediglich eine Modifizierung des gesetzlich geschuldeten Unterhalts darstellt1.
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass dem Anspruchsteller materiellrechtlich ein Unterhaltsanspruch zusteht, z.B. ein Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB, auf nachehelichen Unterhalt gemäß §§ 1569 f. BGB, auf Trennungs- oder nachpartnerschaftlichen Unterhalt gemäß §§ 12, 16 LPartG, auf Unterhalt für die nichteheliche Mutter oder den nichtehelichen Vater gemäß § 1615l BGB oder auf Kindes- oder Elternunterhalt gemäß §§ 1601 f. BGB. Die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen sind in der Antragsbegründung im Einzelnen darzulegen.
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Grundsätzlich kann der volle angemessene laufende Unterhalt ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht und zuerkannt werden2, dies gilt jedoch nur für die Zeit ab Antragstellung.
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" Wichtig: Die bis zur Antragstellung bereits aufgelaufenen Unterhaltsrück- 26 stände können nicht im Wege der einstweiligen Anordnung tituliert werden, sondern müssen gesondert in einem isolierten Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden.
Weitere Unterhaltssachen sind in § 231 FamFG definiert. Erfasst werden die Verfahren gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 des BKGG und gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 des EStG. Diese Unterhaltssachen sind FG-Familiensachen. Grundsätzlich besteht auch in diesen Angelegenheiten die Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß §§ 49 f. FamFG zu erlangen. Die Verfahren spielen in der Praxis jedoch nur eine untergeordnete Rolle, sodass von einer näheren Darstellung abgesehen wird. 1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 6. 2 BT-Drucks. 16/6308, 259; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 10; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 59; Borth, FamRZ 2009, 157; Schürmann, FamRB 2008, 375.
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§ 15
Rz. 28
Familienrecht
bb) Regelungsbedürfnis 28
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend Unterhalt erfordert gemäß § 246 Abs. 1 Alt. 1 FamFG ein Regelungsbedürfnis. In Abweichung von dem Grundtatbestand der einstweiligen Anordnung in § 49 FamFG muss kein „dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden“ des Gerichts bestehen. Insoweit modifiziert § 246 Abs. 1 FamFG für Unterhaltssachen gegenüber § 49 FamFG die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Ein Regelungsbedürfnis liegt regelmäßig vor, wenn der Unterhaltsschuldner nach vorausgegangener Zahlungsaufforderung keinen Unterhalt oder nur Teilzahlungen leistet oder die Einstellung der bisher freiwillig geleisteten Zahlungen angekündigt hat1.
30 " Praxistipp: Auch bei Teilzahlungen besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Titulierung des vollen Betrages. Das Rechtsschutzbedürfnis für ein einstweiliges Anordnungsverfahren kann jedoch entfallen, wenn der Unterhaltsschuldner den vollen geschuldeten Betrag als Darlehen anbietet2. 31
Zahlt der Unterhaltsschuldner den vollen geschuldeten laufenden Unterhalt pünktlich und regelmäßig, liegt kein Regelungsbedürfnis für eine einstweilige Anordnung vor.
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Der Bezug von Sozialleistungen lässt das Regelungsbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht entfallen, weil für den Unterhaltsgläubiger ein begründetes und anerkennenswertes Interesse besteht, den Unterhalt künftig von dem Unterhaltsschuldner und nicht vom Sozialleistungsträger zu erhalten3; der Antragsteller muss jedoch für die Ansprüche zwischen der Anhängigkeit des Anordnungsverfahrens und der mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Familiengerichts die Zahlung des Unterhalts in Höhe der empfangenen Leistungen an den Sozialleistungsträger beantragen4.
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Besteht bereits ein vollstreckbarer Unterhaltstitel, fehlt das Regelungsbedürfnis; dies gilt auch dann, wenn die Beteiligten über auskömmliche Einkommensverhältnisse verfügen und lediglich geringer Aufstockungsunterhalt im Wege der einstweiligen Anordnung zuzusprechen wäre5.
34 " Praxistipp: Im Einzelfall kann es sich zur Vermeidung einer Titulierung des Unterhaltsanspruches im Wege der einstweiligen Anordnung für den Unterhaltsschuldner empfehlen, z.B. über den Ehegattenunterhalt über einen unstreitig geschuldeten Teilbetrag eine notarielle Urkunde vorzulegen. Wird Kindesunterhalt freiwillig und in voller Höhe gezahlt und wird trotz Auffor1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 41; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 3. 2 Gießler/Soyka, Rz. 543. 3 BGH v. 2.4.2008 – XII ZB 266/03 = FamRZ 2008, 1159; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 43. 4 BGH v. 2.4.2008 – XII ZB 266/03 = FamRZ 2008, 1159; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 43. 5 Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 404; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG § 246 Rz. 11.
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II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 41
§ 15
derung keine vollstreckbare Jugendamtsurkunde überreicht, besteht zwar kein Regelungsbedürfnis für ein einstweiliges Anordnungsverfahren, jedoch gleichwohl ein Titulierungsinteresse für ein isoliertes Hauptsacheverfahren. cc) Verfahrensbeteiligte Grundsätzlich sind nur die Beteiligten eines etwaigen Hauptsacheverfahrens verfahrensbeteiligt und damit antragsberechtigt im einstweiligen Anordnungsverfahren.
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Macht ein Elternteil gegen den anderen Elternteil für ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind Unterhalt oder die Zahlung eines Verfahrenskostenvorschussanspruches geltend, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in gesetzlicher Verfahrensstandschaft gemäß § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB, d.h. im eigenen Namen zu stellen, wenn die Eltern getrennt leben, gemeinsam sorgeberechtigt sind und das Kind in der Obhut dieses Elternteils lebt.
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Der Anordnungsantrag ist von dem Kind in gesetzlicher Vertretung (§ 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB) zu stellen, wenn
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– die Eltern getrennt leben und dem Elternteil, in dessen Obhut das Kind lebt, die alleinige elterliche Sorge zusteht oder – die Eltern gemeinsam sorgeberechtigt, jedoch rechtskräftig geschieden sind. Ein noch in gesetzlicher Verfahrensstandschaft eingeleitetes Unterhaltsverfahren kann trotz zwischenzeitlich eingetretener Rechtskraft der Ehescheidung oder Lebenspartnerschaftsaufhebung noch im Wege der Verfahrensstandschaft zu Ende geführt werden1.
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Wird das Kind volljährig, endet die Verfahrensstandschaft oder die gesetzliche Vertretung, das Kind muss dem Verfahren beitreten und nun sich selbst vertreten2.
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Wechselt das minderjährige Kind während des Verfahrens in den Haushalt des anderen Elternteils, endet die Verfahrensstandschaft und der Antrag wird unzulässig3.
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dd) Kein Anwaltszwang Während in Familienstreitsachen, die als Hauptsacheverfahren geführt werden, grundsätzlich Anwaltszwang besteht, bedarf es im gesamten Verfahren der einstweiligen Anordnung keiner anwaltlichen Vertretung (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG). 1 BGH v. 15.11.1989 – IV b ZR 3/89 = FamRZ 1990, 283; Schmitz in Wendl/Dose, § 19 Rz. 51. 2 OLG Köln v. 29.9.1999 – 27 UF 189/99 = FamRZ 2000, 678; Bömelburg in Prütting/ Helms, § 249 FamFG Rz. 12. 3 BGH v. 26.4.1989 – IV b ZR 42/88 = FamRZ 1989, 850, Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 49.
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§ 15
Rz. 42
Familienrecht
ee) Örtliche Zuständigkeit 42
Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach § 50 FamFG. Danach ist das Gericht zuständig, das für eine deckungsgleiche Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre (§ 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG).
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Für Hauptsacheverfahren in Unterhaltssachen ist die örtliche Zuständigkeit in §§ 232, 233 FamFG geregelt. Danach bestehen folgende ausschließliche Zuständigkeiten: – Bei Geltendmachung von Kindesunterhalt eines gemeinschaftlichen minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kindes (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) vor Anhängigkeit einer Ehesache, ist zuständig das Gericht, in dessen Bezirk das Kind oder der Elternteil, in dessen Obhut das minderjährige Kind oder der Elternteil, der aufseiten des minderjährigen Kindes zu handeln befugt ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind oder ein Elternteil haben den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland. Diese Zuständigkeit gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG geht der ausschließlichen Zuständigkeit eines anderen Gerichts vor (§ 232 Abs. 2 FamFG). – Bei Geltendmachung von Kindesunterhalt für ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten während der Anhängigkeit einer Ehesache ist ausschließlich zuständig das Gericht, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war (§ 232 Abs. 1 Nr. 1 FamFG). – Bei Geltendmachung von Kindesunterhalt gegen beide Elternteile bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach den Vorschriften über den allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12 f. ZPO) mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthalt tritt (§ 232 Abs. 3 Satz 1 FamFG); wahlweise kann der Antrag bei dem Gericht eingereicht werden, das für den Antrag gegen einen Elternteil zuständig ist (§ 232 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 FamFG). – Bei Geltendmachung von Ehegattenunterhalt vor Anhängigkeit einer Ehesache bestimmt sich die Zuständigkeit nach den Vorschriften über den allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12 f. ZPO) mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthalt tritt, wahlweise kann der Antrag auf Zahlung von Ehegattenunterhalt auch bei dem Gericht gestellt werden, bei dem das Verfahren betreffend den Kindesunterhalt im ersten Rechtszug anhängig ist (§ 232 Abs. 3 Nr. 1 FamFG). Besitzt der Antragsgegner im Inland keinen Gerichtsstand, kann der Antrag auch bei dem Gericht gestellt werden, bei dem der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Während der Anhängigkeit der Ehesache ist das Gericht, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war, ausschließlich zuständig. – Für den Antrag auf Zahlung von Unterhalt nach § 1615l BGB ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 232 Abs. 3 Satz 1 FamFG, §§ 12 f. ZPO) oder nach Wahl des Antragstellers das Gericht, bei dem bereits ein Verfahren über den Unterhalt des Kindes im ersten Rechtszug anhängig ist (§ 232 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 FamFG). Besitzt der Antragsgegner im Inland keinen Gerichtsstand, kann der Antrag auch bei dem Gericht gestellt werden, bei dem der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 390
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II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 49
§ 15
– In Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9 FamFG sind gemäß § 270 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit der §§ 232, 233 FamFG entsprechend anzuwenden, sodass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Im Einzelfall kann es in einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend den Kindesunterhalt zu einem Auseinanderfallen der Zuständigkeit für das einstweilige Anordnungs- und das Hauptsacheverfahren kommen, wenn nach Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens ein Aufenthaltswechsel des Kindes stattfindet und nach diesem Wechsel eine einstweilige Anordnung beantragt wird. Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist für das einstweilige Anordnungsverfahren das Gericht der bereits anhängigen Hauptsache zuständig, während gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort ausschließlich zuständig ist.
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Ist bereits ein Unterhaltshauptsacheverfahren anhängig, ist gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG das Gericht der Hauptsache im ersten Rechtszug für den Erlass der einstweiligen Anordnung zuständig. Während der Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens beim Beschwerdegericht ist das Beschwerdegericht zuständig (§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
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ff) Verfahrenseinleitung Das einstweilige Anordnungsverfahren in Unterhaltssachen setzt einen Antrag voraus. Der Antrag bedarf der Schriftform (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 129 ZPO), kann jedoch auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts gestellt werden (§ 129a ZPO). Erforderlich ist ein bestimmter Sachantrag (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), aus dem sich die Höhe des geltend gemachten Unterhalts ergibt. Bei Geltendmachung von Kindesunterhalt für ein minderjähriges Kind kann der Antrag auch dynamisiert (§ 1612a BGB) unter Anrechnung des staatlichen Kindergeldes gestellt werden.
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" Wichtig: Ein Stufenantrag oder reiner Auskunftsantrag ist im einstweiligen 47 Anordnungsverfahren nicht zulässig, geltend gemacht werden können nur bezifferte Ansprüche.
Der Antragsteller muss den Antrag begründen und die Voraussetzungen für die einstweilige Anordnung glaubhaft machen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Die Glaubhaftmachung bestimmt sich nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 294 ZPO1. In der Regel erfolgt die Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung.
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" Praxistipp: Zur ordnungsgemäßen Glaubhaftmachung ist die Vorlage einer 49 eidesstattlichen Versicherung mit eigener Darstellung der glaubhaft zu machenden Tatsachen erforderlich2. Glaubhaft zu machen sind die gesamten verfahrens- und materiellrechtlichen Voraussetzungen der einstweiligen
1 BT-Drucks. 16/6308, 200. 2 BGH v. 11.9.2003 – IX ZB 37/03 = NJW 2003, 3558; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 50; Gießler/Soyka, Rz. 15.
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§ 15
Rz. 50
Familienrecht
M 15.1
Anordnung. Als weitere Beweismittel zur Glaubhaftmachung kommen insbesondere Urkunden, Fotokopien von Urkunden, Bescheinigungen von Behörden, ärztliche Atteste oder schriftliche Zeugenerklärungen, ggf. in Form der eidesstattlichen Versicherung in Betracht1. 50
Gerichtskosten für das einstweilige Anordnungsverfahren werden erst mit Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 Abs. 1 FamGKG).
51
Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren ein Verfahrenskostenvorschuss (s. Rz. 135) geltend zu machen oder Verfahrenskostenhilfe (§§ 114 f. ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) zu beantragen.
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Wird ein isolierter Verfahrenskostenhilfeantrag für das beabsichtigte einstweilige Anordnungsverfahren gestellt, wird dem Antragsgegner zunächst Gelegenheit gegeben, im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren Einwendungen zu erheben, bevor die Antragsschrift zugestellt wird.
u
15.1
Antrag auf Unterhalt – Ehegattenunterhalt
Namens und kraft Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir,
53
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, an die Antragstellerin zum 1. eines jeden Monats im Voraus, beginnend ab dem . . ., Trennungsunterhalt1 in Höhe von monatlich . . . Euro zu zahlen. 1 Oder ab Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens: Elementarunterhalt in Höhe von . . . Euro und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von . . . Euro oder ab Rechtskraft der Ehescheidung: nachehelichen Elementarunterhalt in Höhe von . . . Euro und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von . . . Euro.
u
15.2 54
Antrag auf Unterhalt – Ehegatten- und Kindesunterhalt1
. . . beantragen wir, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, an die Antragstellerin zum 1. eines jeden Monats im Voraus, beginnend ab dem . . ., 1) Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich . . . Euro sowie 2) für das gemeinschaftliche Kind . . ., geb. am . . ., Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 120 % des Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB in der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils für ein erstes Kind zu zahlen. 1 In Verfahrensstandschaft.
1 Gießler/Soyka, Rz. 15.
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II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 62
§ 15
gg) Verfahrensablauf Grundsätzlich ist dem Antragsgegner vor Erlass der Entscheidung gemäß Art. 103 Abs. 1 GG rechtliches Gehör zu gewähren. Die Antragsschrift ist ihm daher förmlich zuzustellen (§ 270 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) und eine angemessene Frist zur Erwiderung zu setzen. Ist der Antrag offenkundig unzulässig und ein entsprechender Hinweis gemäß § 139 ZPO erfolgt, ist die vorherige Bekanntgabe an den Antragsgegner entbehrlich.
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Es steht im Ermessen des Gerichts, ob ohne mündliche Verhandlung (§ 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG) oder nach mündlicher Verhandlung entschieden wird.
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Abweichend von § 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG sieht § 246 Abs. 2 FamFG jedoch vor, dass die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen erst nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ergehen soll, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Beilegung des Verfahrens geboten erscheint.
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Die Vorschrift betont die Bedeutung der mündlichen Verhandlung im Verfahren der einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass das Ziel einer Verfahrensbeschleunigung in Unterhaltssachen nicht in der Weise im Vordergrund steht, wie in anderen Bereichen des einstweiligen Rechtsschutzes1. Vielmehr können in der mündlichen Verhandlung offengebliebene Gesichtspunkte geklärt und Rechts- und Einschätzungsfragen erörtert werden, darüber hinaus erleichtert die Verhandlungssituation zudem das Zustandekommen von Vereinbarungen2.
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Somit dürfte eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung in Unterhaltssachen in der Regel ausgeschlossen sein3. Allenfalls in einfach gelagerten oder besonders eilbedürftigen Fällen (z.B. bei der Geltendmachung des Mindestunterhalts eines minderjährigen Kindes4) kommt eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung in Betracht5.
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" Praxistipp: Grundsätzlich ist zu empfehlen, gegen einen erwarteten Antrag 60 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine Schutzschrift bei dem Familiengericht einzureichen. Die Schutzschrift ist ein vorbeugendes Verteidigungsmittel6, um insbesondere zu erreichen, dass über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur nach mündlicher Verhandlung entschieden wird (zu den Einzelheiten s. § 3 Rz. 226 ff.).
Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich (§ 170 GVG).
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Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage (§ 217 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Auf Antrag kann die Frist verkürzt werden (§ 226 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
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BT-Drucks. 16/6308, 260. BT-Drucks. 16/6308, 260. Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 7. Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 418. BT-Drucks. 16/6308, 260, Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 54; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 7. 6 Vollkommer in Zöller, § 937 ZPO Rz. 4.
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§ 15
Rz. 63
Familienrecht
63 " Wichtig: Wegen der Besonderheit des summarischen Verfahrens sind in der Verhandlung nur präsente Beweismittel zugelassen, Sachverständigengutachten können regelmäßig nicht eingeholt werden. hh) Beendigung des Verfahrens 64
Die Entscheidung über die einstweilige Anordnung ergeht durch Beschluss (§§ 38 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Die Entscheidung wird auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen und des materiellrechtlichen Anspruches getroffen. Hat der Antragsteller die Voraussetzungen glaubhaft gemacht, kann das Gericht den vollen, nach materiellrechtlichen Vorschriften geschuldeten laufenden Unterhalt ohne zeitliche Begrenzung zusprechen1, weil abweichend von § 49 Abs. 1 FamFG, der lediglich vorläufige Maßnahmen im Wege der einstweiligen Anordnung vorsieht, eine solche Einschränkung in § 246 FamFG nicht enthalten ist2. Das Gericht hat jedoch auch die Möglichkeit, den Unterhalt betragsmäßig und zeitlich zu begrenzen (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG)3. Eine solche Begrenzung wird auf Ausnahmefälle zu beschränken sein, weil anderenfalls das gesetzgeberische Ziel, das Institut der einstweiligen Anordnung zu stärken4 und damit ein Hauptsacheverfahren überflüssig zu machen5, nicht erreicht würde. Der Regelungsumfang der Entscheidung ist durch die Sachanträge der Beteiligten begrenzt (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 307, 308 ZPO)6.
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Eine Versäumnisentscheidung ist ausgeschlossen (§ 51 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Im Falle eines Anerkenntnisses wird ohne weitere Sachprüfung ein Anerkenntnisbeschluss erlassen (§ 307 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Mit Ausnahme eines Anerkenntnisbeschlusses ist die Entscheidung über die einstweilige Anordnung zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 39 FamFG)7.
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Hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist auch über die Möglichkeit des Antrages auf Durchführung der mündlichen Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG zu belehren.
67
Die Beteiligten können das einstweilige Anordnungsverfahren durch Vergleich beenden, dessen Wirkung in der Regel nicht weiter reicht, als die Entscheidung 1 BT-Drucks. 16/6308, 259; OLG Thüringen v. 27.9.2010 – 1 WF 327/10 = FamRZ 2011, 491 m. Anm. van Els; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 10; Bömelburg in Prütting/ Helms, § 246 FamRG Rz. 59; Schürmann, FamRB 2008, 375. 2 OLG Thüringen v. 27.9.2010 – 1 WF 327/10 = FamRZ 2011, 491 m. Anm. van Els; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 10. 3 Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 10; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 59. 4 BT-Drucks. 16/6308, 199. 5 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 59. 6 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 61. 7 BT-Drucks. 16/6308, 201; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 62; a.A. Feskorn in Zöller, § 51 FamFG Rz. 11; wegen Unanfechtbarkeit des Beschlusses: OLG Stuttgart v. 12.10.2009 – 16 WF 193/09 = FamRZ 2010, 146; Elzer in Bork/Jacoby/ Schwab, § 39 FamFG Rz. 13.
394
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Kühner
II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 75
§ 15
im einstweiligen Anordnungsverfahren, es sei denn, aus dem Vergleich lässt sich entnehmen, dass die Beteiligten nicht nur eine vorläufige Regelung, sondern eine endgültige Unterhaltsregelung herbeiführen wollten.
" Praxistipp: Bei Abschluss eines Vergleichs im einstweiligen Anordnungs- 68 verfahren ist zu empfehlen, in den Text die Formulierung „zur Erledigung des einstweiligen Anordnungsverfahrens“ oder „zur endgültigen Hauptsacheregelung“1 aufzunehmen.
Die Rechtsnatur des Vergleichs ist u.a. entscheidend für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Abänderung zulässig ist; ein Vergleich im einstweiligen Anordnungsverfahren kann nur über § 54 FamFG (s. Rz. 74), eine endgültige vergleichsweise Regelung nur über § 239 FamFG abgeändert werden.
69
ii) Kosten Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 91 f. ZPO). Die Grundentscheidung ist gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen.
70
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
71
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der Hauptsache, davon 1/ 2 (§§ 51 Abs. 1, 41 Satz 2 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG), Regelwert.
72
jj) Vollstreckung Die Vollstreckung einstweiliger Anordnungen in Unterhaltssachen richtet sich gemäß § 53 FamFG i.V.m. § 120 FamFG nach den Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung; einer Vollstreckungsklausel bedarf es nicht. Die Vollstreckung ist nach Zustellung des Beschlusses zulässig (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 750 Abs. 1 ZPO).
73
kk) Aufhebung/Abänderung Die Aufhebung oder Abänderung einer einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen ist in § 54 FamFG geregelt, der als Ersatz für die in Unterhaltssachen nicht gegebene Anfechtbarkeit der einstweiligen Anordnung angesehen wird2. Hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen, um eine neue Entscheidung des Gerichts zu erreichen.
74
Hat das Gericht bereits aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung des Beschlusses nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden. Dies aber setzt voraus, dass nach Erlass der Entschei-
75
1 Gießler/Soyka, Rz. 115. 2 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 71.
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§ 15
Rz. 76
Familienrecht
M 15.3
dung Veränderungen eingetreten sind, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag verneint werden muss1. 76
Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG).
77
Die Abänderung oder Aufhebung ist rückwirkend möglich, weil die einstweilige Anordnung nicht in materieller Rechtskraft erwächst, sondern nur einen Vollstreckungstitel schafft, ohne das diesem zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten verbindlich zu gestalten mit der Folge, dass ein Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren eine geringere Bestandskraft hat, als eine in der Hauptsache ergangene Entscheidung2.
78
Weder der Antrag nach § 54 Abs. 1 FamFG noch der Antrag nach § 54 Abs. 2 FamFG sind fristgebunden3, die Anträge sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 97). Der Abänderungs- oder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
79 " Wichtig: Der Antrag auf Abänderung nach § 54 Abs. 1 FamFG lässt das Rechtsschutzbedürfnis für einen negativen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO nicht entfallen4; das Rechtsschutzbedürfnis entfällt erst mit Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens (s. Rz. 120). 80 " Praxistipp: Das Verfahren über die Aufhebung oder Änderung der einstweiligen Anordnung löst keine besondere Gebühren aus, wenn der Rechtsanwalt bereits in dem Anordnungsverfahren tätig war (§ 16 Nr. 5 RVG).
u
15.3
Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung, § 54 Abs. 2 FamFG
. . . beantragen wir,
81
aufgrund mündlicher Verhandlung neu zu entscheiden.
u
15.4 82
Antrag auf Aufhebung, § 54 Abs. 1 FamFG
. . . beantragen wir, die einstweilige Anordnung des AG . . . vom . . ., Az: . . ., aufzuheben. 1 So auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 73; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 32; Schürmann, FamRB 2008, 375. 2 Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 2 und 27; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 70; Schürmann, FamRB 2008, 375. 3 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12. 4 So auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246FamFG Rz. 77; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 7 und § 246 FamFG Rz. 16; Kühner in Krenzler/Borth, Kap. 12 Rz. 313.
396
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Kühner
M 15.5
II. 1. a) Unterhaltssachen
§ 15
Rz. 89
ll) Aussetzung der Vollstreckung Ist ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden, kann das Gericht gemäß § 55 FamFG die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aussetzen oder beschränken. Voraussetzung ist, dass der Abänderungsantrag hinreichende Erfolgsaussichten hat.
83
Über den Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung ist wegen der Eilbedürftigkeit vorab zu entscheiden (§ 55 Abs. 2 FamFG).
84
Die Entscheidung über die Aussetzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, das die Vollstreckung auch von einer Sicherheitsleistung abhängig machen kann1. Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
85
" Praxistipp: Ein Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung ist nicht erforder- 86 lich, es ist jedoch unbedingt anzuraten, den Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung mit dem Antrag auf Abänderung oder Aufhebung zu stellen, weil ein etwaiger späterer Rückforderungsanspruch wegen überzahlten Unterhalts nur sehr schwer durchsetzbar ist.
u
Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung beantragen wir,
15.5 87
die Vollstreckung aus der einstweiligen Anordnung des AG . . . vom . . ., Az: . . . – hilfsweise gegen Sicherheitsleistung – auszusetzen.
mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Der Antragsgegner, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, kann gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens erzwingen, etwa um eine streitige Tatsache mit besseren Erkenntnismöglichkeiten oder höherem richterlichen Überzeugungsgrad abschließend zu klären2. Die Vorschrift zur Herbeiführung des Hauptsacheverfahrens lehnt sich weitestgehend an die für Arrest und einstweilige Verfügung geltende Vorschrift des § 926 ZPO an3. Mit der Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens, das im Gegensatz zur früheren Rechtslage nicht mehr in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Hauptsacheverfahren steht, wird dem Antragsgegner nun ermöglicht, im Erkenntnisverfahren eine Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen und diese ggf. durch das Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen, während Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen unanfechtbar sind (§ 57 Satz 1 FamFG).
88
Grundsätzlich setzt § 52 FamFG voraus, dass eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, sodass Anträge auf Einleitung eines Hauptsacheverfahrens
89
1 BT-Drucks. 16/6308, 202; Feskorn in Zöller, § 55 FamFG Rz. 4. 2 BT-Drucks. 16/6308, 201. 3 BT-Drucks. 16/6308, 201.
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§ 15
Rz. 90
Familienrecht
nach § 52 Abs. 2 FamFG nicht in Betracht kommen, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen wurde1. 90
Die Einleitung des Hauptsacheverfahrens setzt einen Antrag des Antragsgegners voraus, der schriftlich gestellt oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle erklärt werden kann. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsgegner durch die einstweilige Anordnung in seinen Rechten beeinträchtigt ist2.
91
Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Fristsetzung für das Hauptsacheverfahren fehlt, wenn der Antragsteller bereits das Hauptsacheverfahren oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig gemacht, die einstweilige Anordnung keinen Bestand mehr hat, der zu sichernde Anspruch aus der einstweiligen Anordnung wegen Erfüllung oder Erledigung weggefallen ist oder der Unterhaltsgläubiger auf den Anspruch verzichtet hat3.
92
Entgegen dem Gesetzeswortlaut kann der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist4.
93
Wird der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens bzw. eines Antrages auf Verfahrenskostenhilfebewilligung für ein Hauptsacheverfahren zurückgewiesen, ist gegen diesen Beschluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt5, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG).
94
Wird dem Antrag stattgegeben, hat das Gericht gegenüber dem Antragsteller, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, anzuordnen, binnen einer zu bestimmenden Frist entweder – das Hauptsacheverfahren einzuleiten oder – einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen.
95
Die Frist zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens oder des Antrages auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren darf höchstens drei Monate betragen, muss sich aber an den Umständen des Einzelfalles orientieren und wird in Unterhaltssachen regelmäßig deutlich kürzer zu bemessen sein. 1 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 2 BT-Drucks. 16/6308, 201. 3 OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 52 FamFG Rz. 11. 4 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 5 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele.
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Kühner
II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 101
§ 15
Nach fruchtlosem Fristablauf ist die einstweilige Anordnung durch Beschluss zwingend aufzuheben, eines gesonderten Antrages bedarf es nicht1. Der Beschluss ist unanfechtbar2 mit der Folge, dass damit die Grundlage für alle beigetriebenen Zahlungen rückwirkend entfällt3. In diesem Fall steht dem Unterhaltsschuldner zwar ein Bereicherungsanspruch zu4, ein Schadensersatzanspruch gemäß § 945 ZPO besteht hingegen nicht, weil § 945 ZPO gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG auf Unterhaltssachen keine Anwendung findet.
96
nn) Außerkrafttreten Das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung richtet sich nach § 56 FamFG.
97
(1) Wegen Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung Grundsätzlich gelten einstweilige Anordnungen bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung weiter (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG).
98
Eine anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann – eine Endentscheidung in der Hauptsache, – ein abändernder oder aufhebender Beschluss nach § 54 FamFG5, – ein gerichtlich protokollierter Vergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, – eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO oder – eine außergerichtliche Vereinbarung sein. Voraussetzung für das Außerkrafttreten ist, dass zwischen dem Gegenstand der einstweiligen Anordnung und dem Gegenstand der anderweitigen Regelung vollständige Deckungsgleichheit in sachlicher und zeitlicher Hinsicht besteht6.
99
Die gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache, mit der der Unterhaltsantrag im Hauptsacheverfahren aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückgewiesen wurde, ohne dass eine Entscheidung zur Sache getroffen wurde, stellt keine anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG dar7.
100
" Wichtig: Eine während der Trennungszeit ergangene einstweilige Anord- 101 nung über Ehegattenunterhalt tritt nicht mit Rechtskraft der Ehescheidung
1 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 6; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 30; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 2 BT-Drucks. 16/6308, 201; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 82. 3 BGH v. 22.3.1989 – IV b ZA 2/89, FamRZ 1989, 850; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 Rz. 82. 4 BGH v. 27.10.1999 – XII ZR 239/97, FamRZ 2000, 751; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 Rz. 82. 5 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3. 6 Gießler/Soyka, Rz. 271. 7 Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 6; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3.
Kühner
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399
§ 15
Rz. 102
Familienrecht
außer Kraft1, sondern wirkt auch nach der Ehescheidung bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung weiter fort2. 102
Ist die Ehe rechtskräftig geschieden, kann der Unterhaltsschuldner den Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Anordnung gemäß § 54 Abs. 1 FamFG3 oder einen negativen Feststellungsantrag stellen4, solange noch kein Hauptsacheverfahren auf Zahlung nachehelichen Unterhalts rechtshängig ist.
103
Hat das Gericht für das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung einen früheren Zeitpunkt bestimmt, ist dieser für das Außerkrafttreten maßgebend.
104
Handelt es sich bei der anderweitigen Regelung um die Endentscheidung im isolierten Hauptsacheverfahren, tritt die einstweilige Anordnung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 FamFG erst mit Rechtskraft der Endentscheidung außer Kraft, und zwar unabhängig davon, ob dem Hauptsacheantrag in der Sache vollumfänglich stattgegeben oder der Antrag zurückgewiesen wurde.
105 " Praxistipp: Grundsätzlich werden Endentscheidungen in Familienstreitsachen, also in den Unterhaltssachen gemäß § 231 Abs. 1 FamFG, erst mit Rechtskraft wirksam (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Das Gericht soll jedoch die sofortige Wirksamkeit anordnen, wenn die Endentscheidung in der Hauptsache eine Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt enthält (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG); in der Regel gilt dies jedoch nur für laufenden Unterhalt5. 106
Besteht eine einstweilige Anordnung und ist die Endentscheidung im isolierten Hauptsacheverfahren, in der geringerer Unterhalt zuerkannt wurde, noch nicht rechtskräftig, existieren zwei Vollstreckungstitel nebeneinander und der Unterhaltsgläubiger kann, weil die anderweitige Regelung noch nicht rechtskräftig ist, weiter aus der einstweiligen Anordnung vollstrecken. Für den Unterhaltsschuldner ist zur Vermeidung von Überzahlungen daher entweder ein Antrag auf Abänderung der einstweiligen Anordnung gemäß § 54 Abs. 1 FamFG6 i.V.m. dem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 55 FamFG zu stellen oder ggf. mit einem Vollstreckungsabwehrantrag gemäß § 767 ZPO7 verbunden mit einem Antrag auf Einstellung der Vollstreckung gemäß § 769 ZPO gegen die einstweilige Anordnung vorzugehen.
1 BT-Drucks. 16/6308, 202. 2 BT-Drucks. 16/6308, 202; Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 5; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 37; a.A. Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 2. 3 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 84. 4 Borth in Musielak, § 246 FamFG Rz. 11; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 84. 5 BT-Drucks. 16/6308, 412; Lorenz in Zöller, § 116 FamFG Rz. 10; Griesche, FamRB 2009, 258. 6 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 87; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 2. 7 Feskorn in Zöller, § 56 Rz. 2; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 14.
400
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Kühner
II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 112
§ 15
Eine Einschränkung enthält § 56 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 FamFG für die Fälle, in denen die Endentscheidung in einer Familienstreitsache erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt. Hiervon erfasst wird die Folgesache Unterhalt im Scheidungsverbund, die gemäß § 148 FamFG erst mit Rechtskraft der Ehescheidung wirksam wird, sodass die einstweilige Anordnung auch erst mit Rechtskraft der Ehescheidung außer Kraft tritt. Auch in diesem Fall können also zwei Vollstreckungstitel nebeneinander bestehen und es muss ggf. ein Antrag nach § 54 FamFG i.V.m. § 55 FamFG gestellt werden.
107
" Praxistipp: Wird ein Verbundbeschluss (§ 142 FamFG) teilweise angefoch- 108 ten, kann sich der Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung durch die Möglichkeit der befristeten Einlegung eines Anschlussrechtsmittels gemäß § 145 FamFG erheblich verzögern, wenn nicht bereits in erster Instanz von beiden Beteiligten ein Rechtsmittelverzicht gegen den Scheidungsausspruch erklärt wurde.
(2) Aus sonstigen Gründen Die einstweilige Anordnung tritt auch dann außer Kraft (§ 56 Abs. 2 Nr. 1–4 FamFG), wenn – – – –
109
der Antrag in der Hauptsache zurückgenommen oder der Hauptsacheantrag rechtskräftig zurückgewiesen oder die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig eintritt.
Voraussetzung ist, dass es sich um ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren handelt. Eine anderweitige Erledigung ist z.B. ein Beschluss über die Erledigung des Hauptsacheverfahrens aufgrund einseitiger Erledigungserklärung, nicht aber das Ruhen des Verfahrens. Wird das Hauptsacheverfahren nicht weiterbetrieben, tritt eine Erledigung im Sinne des § 56 Abs. 2 Nr. 4 FamFG nicht ein1. In diesem Fall hat der Antragsgegner jedoch die Möglichkeit, auf die Fortführung des Hauptsacheverfahrens zu drängen und im Übrigen einen Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG zu stellen, der damit begründet werden kann, dass ein Regelungsbedürfnis wegen des Verfahrensstillstandes nicht mehr gegeben sei2.
110
Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist3. Zuständig ist das Gericht, das im einstweiligen Anordnungsverfahren im ersten Rechtszug zuletzt entschieden hat.
111
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure4 außer Kraft.
112
1 2 3 4
So auch Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 5; a.A. Gießler/Soyka, Rz. 277. Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 5. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278.
Kühner
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401
§ 15
Rz. 113
Familienrecht
M 15.6
113
Der Beschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG) und ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
114
Das Beschlussverfahren gemäß § 56 Abs. 3 FamFG, in dem deklaratorisch das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung festgestellt wird1, dient vor allem als Nachweis für die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung gemäß §§ 775 Nr. 1, 776, 795 ZPO2.
115
Ist ein Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens der einstweiligen Anordnung zulässig, wird für einen Vollstreckungsabwehrantrag (§ 767 ZPO) in der Regel das Rechtsschutzinteresse zu verneinen sein3.
116 " Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG4 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss5. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden.
u
15.6 117
Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens
In der Familiensache . . . ./. . . . – Az: . . . – beantragen wir namens und kraft Vollmacht des Antragsgegners, festzustellen, dass die einstweilige Anordnung vom 4.10.2010 aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des AG . . . vom 9.3.2012 mit Wirkung ab . . . außer Kraft getreten ist. Begründung: Mit Beschluss des AG . . . vom 4.10.2010 wurde der Antragsgegner verpflichtet, Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 700 Euro ab . . . zu zahlen. Mit Beschluss des AG . . . vom 9.3.2012 wurde der Antrag in der Hauptsache abgewiesen, der Beschluss ist seit dem . . . rechtskräftig. Mit Eintritt der Rechtskraft ist die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten, sodass antragsgemäß das Außerkrafttreten des Beschlusses auszusprechen ist. 1 2 3 4
Gießler/Soyka, Rz. 278. Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278. Gießler/Soyka, Rz. 281. OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 5 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt.
402
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Kühner
M 15.6
II. 1. a) Unterhaltssachen
Rz. 123
§ 15
Rechtsanwalt/Rechtsanwältin
" Praxistipp: Der Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens löst weder 118 Gerichtskosten noch besondere Anwaltsgebühren aus.
oo) Kein Rechtsmittel Entscheidungen in einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend den Unterhalt sind grundsätzlich unanfechtbar, ein Rechtsmittel ist weder gegen einen ablehnenden noch gegen einen stattgebenden Beschluss zulässig. Anstelle eines Rechtsmittels kommt ein Aufhebungs- oder Abänderungsantrag nach § 54 FamFG (s. Rz. 74) in Betracht, der jedoch voraussetzt, dass eine Änderung eingetreten ist. Im Übrigen kann der Unterhaltsgläubiger das Hauptsacheverfahren einleiten bzw. der Unterhaltsschuldner den Antrag auf Fristsetzung gemäß § 52 Abs. 2 FamFG (s. Rz. 88) stellen, um sodann die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren durch das Gericht noch einmal prüfen zu lassen bzw. die Hauptsacheentscheidung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anzugreifen.
119
pp) Abgrenzung zum negativen Feststellungs- und Vollstreckungsabwehrantrag Neben dem Abänderungsantrag gemäß § 54 FamFG und dem Antrag auf Einleitung des Hauptsacheverfahrens gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG hat der Unterhaltsschuldner die Möglichkeit, sich gegen die einstweilige Anordnung mit einem negativen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO zur Wehr zu setzen1.
120
Das Rechtsschutzinteresse für einen negativen Feststellungsantrag ist jedenfalls bis zur Rechtshängigkeit eines Hauptsacheverfahrens aus Gründen des Schuldnerschutzes zu bejahen2. Der negative Feststellungsantrag kann mit einem Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung analog § 769 ZPO gestellt werden3.
121
Der negative Feststellungsantrag kann mit einem Hilfsantrag auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Unterhalts verbunden werden, alternativ kann auch sofort ein Verfahren auf Rückforderung (zu viel) gezahlten Unterhalts eingeleitet werden4.
122
Rechtshemmende (zB Stundung) oder rechtsvernichtende (zB wegen Erfüllung oder Verzicht) Einwendungen gegen die einstweilige Anordnung können mit dem Vollstreckungsabwehrantrag gemäß § 767 ZPO geltend gemacht werden.
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1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 77. 2 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 77; Stößer in Prütting/Helms, § 57 FamFG Rz. 15. 3 Stößer in Prütting/Helms, § 57 Rz. 15. 4 Stößer in Prütting/Helms, § 57 Rz. 15.
Kühner
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403
§ 15
Rz. 124
Familienrecht
qq) Rückforderungsansprüche/Schadensersatz 124
Hat der Unterhaltspflichtige aufgrund einer einstweiligen Anordnung zur Vermeidung der Vollstreckung Zahlung geleistet bzw. der Unterhaltsgläubiger die titulierten Beträge beigetrieben, stellt sich die Frage, ob die überzahlten Beträge zurückgefordert werden können, wenn die einstweilige Anordnung ganz oder teilweise durch eine spätere rechtskräftige Hauptsacheentscheidung außer Kraft gesetzt worden ist.
125
Eine Schadensersatzpflicht gemäß § 945 ZPO besteht nicht, da die Vorschrift gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG keine Anwendung findet.
126
In Betracht kommt ein Antrag auf Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Geltendmachung scheitert in der Regel jedoch an dem Entreicherungseinwand des § 818 Abs. 3 BGB, weil sich der Unterhaltsgläubiger in der Regel darauf berufen kann, die erhaltenen Beträge zum Lebensunterhalt verbraucht zu haben.
127
Die verschärfte Haftung nach § 818 Abs. 4 BGB setzt erst mit Rechtshängigkeit des Rückforderungsantrages ein. Für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Rückforderungsantrages wird sich der Unterhaltsschuldner regelmäßig auch nicht auf die verschärfte Haftung gemäß § 819 Abs. 1 BGB i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB berufen können, weil die verschärfte Haftung voraussetzt, dass der Unterhaltsgläubiger das Fehlen des rechtlichen Grundes selbst und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen positiv kennen muss1 und dieser Nachweis regelmäßig nicht geführt werden kann. Auf § 820 Abs. 1 BGB kann die verschärfte Haftung schon deshalb nicht gestützt werden, weil die Unterhaltsleistung nicht auf einem Rechtsgeschäft, sondern auf der gerichtlichen Entscheidung beruht2.
128 " Praxistipp: Bei der Bezifferung eines Rückzahlungsantrags ist zu beachten, dass die jeweils vollstreckten oder geleisteten Unterhaltsbeträge dem jeweiligen Unterhaltszeitraum aus der einstweiligen Anordnung zugeordnet werden3. 129–134 Einstweilen frei. b) Einstweilige Anordnung auf Verfahrenskostenvorschuss aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch 135
§ 246 Abs. 1 FamFG enthält die Befugnis des Gerichts, auf Antrag durch einstweilige Anordnung die Verpflichtung zur Zahlung eines Kostenvorschusses für ein gerichtliches Verfahren (vgl. § 1360a Abs. 4 BGB i.V.m. § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB) zu regeln4. Im Gegensatz zu der bis zum 31.8.2009 geltenden Rechtslage wurde mit § 246 Abs. 1 Alt 2 FamFG nunmehr eine einheitliche Vorschrift für einstweilige Anordnungen auf Zahlung eines Kostenvorschusses geschaffen.
1 2 3 4
BGH v. 22.4.1998 – XII ZR 221/96, FamRZ 1998, 951. BGH v. 22.4.1998 – XII ZR 221/96, FamRZ 1998, 951. Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 442. BT-Drucks. 16/6308, 259.
404
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Kühner
II. 1. b) Verfahrenskostenvorschuss
Rz. 142
§ 15
Ein Verfahrenskostenvorschussanspruch kann für alle Verfahren in Unterhaltssachen gemäß § 231 Abs. 1 und 2 FamFG geltend gemacht werden.
136
Der Regelungsbereich des § 246 Abs. 1 Alt. 2 FamFG erfasst nicht nur die Unterhaltssachen, die Familienstreitsachen gemäß § 112 Abs. 1 FamFG sind, also die Unterhaltssachen gemäß § 231 Abs. 1 FamFG, sondern auch die Unterhaltssachen gemäß § 231 Abs. 2 FamFG, die zu den FG-Familiensachen gehören1.
137
Rechtsgrundlage für eine einstweilige Anordnung ist die Verfahrenskostenvorschusspflicht nach materiellem Recht2; die Vorschrift des § 246 Abs. 1 Alt. 2 FamFG ist lediglich eine reine Verfahrensvorschrift3.
138
Zwischen Ehegatten folgt der Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses aus § 1360a Abs. 4 BGB i.V.m. § 1361 Abs. 4 Satz BGB und für Lebenspartner aus § 12 Satz 2 LPartG. Minderjährige unverheiratete Kinder haben gegen ihre Eltern einen Kostenvorschussanspruch gemäß § 1360a Abs. 4 BGB analog4. Dies gilt auch für volljährige unverheiratete Kinder, die noch keine von den Eltern unabhängige, selbständige Lebensstellung erreicht haben5.
139
Kein Vorschussanspruch steht dem Elternteil, der ein nichteheliches Kind betreut, gegen den anderen Elternteil zu6. Zwischen Großeltern und Enkeln besteht keine Kostenvorschusspflicht7, auch Eltern haben gegen ihre Kinder keinen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss8.
140
" Wichtig: Grundsätzlich besteht zwischen geschiedenen Ehegatten kein An- 141 spruch mehr auf Zahlung eines Kostenvorschusses, die Vorschusspflicht endet mit Rechtskraft der Scheidung9.
Der Kostenvorschuss wird für die Führung eines gerichtlichen Verfahrens in persönlichen Angelegenheiten geschuldet10. Hierzu gehören grundsätzlich alle Familiensachen im Sinne des § 111 FamFG11. Auch vermögensrechtliche Ansprüche, die sich gegen einen Dritten richten, können eine persönliche Angelegenheit sein, wenn sie ihre Wurzel in der Ehegemeinschaft oder in den aus der Ehe erwachsenen persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen und damit eine personenbezogene Funktion haben12. Persönliche Angelegenheiten sind so1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 17; Borth in Musielak, § 246 FamFG Rz. 19; Maier in Johannsen/Henrich, § 246 FamFG Rz. 3. 2 Borth in Musielak, § 246 FamFG Rz. 24. 3 Borth in Musielak, § 246 FamFG Rz. 24. 4 BGH v. 4.8.2004 – XII ZA 6/04, FamRZ 2004, 1633. 5 BGH v. 23.3.2005 – XII ZB 13/05, FamRZ 2005, 883. 6 Scholz in Wendl/Dose, § 6 Rz. 24; Borth in Musielak, § 246 FamFG Rz. 26. 7 Scholz in Wendl/Dose, § 6 Rz. 27. 8 OLG München v. 23.10.1992 – 26 WF 605/91, FamRZ 1993, 821. 9 BGH v. 25.11.2009 – XII ZB 46/09, FamRZ 2010, 189; BGH v. 9.11.1983 – IX b ZR 14/83, FamRZ 1984, 148. 10 BGH v. 25.11.2009 – XII ZB 46/09, FamRZ 2010, 189; BGH v. 23.3.2005 – XII ZB 13/05, FamRZ 2005, 883. 11 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 27; Brudermüller in Palandt, § 1360a BGB Rz. 7; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 21. 12 BGH v. 25.11.2009 – XII ZB 46/09, FamRZ 2010, 189 m. Anm. Borth; Scholz in Wendl/ Dose, § 6 Rz. 33.
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142
§ 15
Rz. 143
Familienrecht
mit auch Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung1, Kündigungsschutzverfahren2, die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen3 oder die Verteidigung in einem Strafverfahren (§ 1360a Abs. 4 BGB)4. 143
Der Kostenvorschussanspruch setzt die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten voraus. Kann der Pflichtige den Kostenvorschuss nicht in einer Summe leisten, können ihm Ratenzahlungen auferlegt werden5.
144
Schließlich muss die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Aussicht auf Erfolg haben und darf nicht mutwillig sein. Insoweit sind die für die Verfahrenskostenhilfe geltenden Kriterien heranzuziehen. Die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen sind in der Antragsbegründung im Einzelnen darzulegen.
145
Die Höhe des Kostenvorschusses richtet sich nach den voraussichtlich entstehenden Gerichts- und Anwaltskosten des beabsichtigten oder ggf. bereits eingeleiteten Verfahrens.
146
Ein Vorschussanspruch kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn das Verfahren, für das der Vorschuss durchgesetzt werden soll, bereits beendet ist.
147 " Praxistipp: Im einstweiligen Anordnungsverfahren können im Unterschied zur früheren Rechtslage nur die Kosten für das beabsichtigte Verfahren als Vorschuss geltend gemacht werden, nicht aber zusätzlich als Teil des Leistungsantrages die Anwaltskosten des Anordnungsverfahrens, weil die einstweilige Anordnung nach Inkrafttreten des FamFG wegen ihrer Verfahrensselbständigkeit bereits eine Entscheidung über die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahren enthalten muss6. Anderenfalls wäre eine doppelte Titulierung gegeben7. bb) Regelungsbedürfnis 148
Ein Regelungsbedürfnis liegt vor, wenn der Verpflichtete trotz vorausgegangener Aufforderung den Kostenvorschuss nicht geleistet hat und der Vorschuss zur Führung eines aktuellen Rechtsstreits benötigt wird8.
149 " Praxistipp: Kein Regelungsbedürfnis besteht, wenn der Pflichtige auf den Zugewinnausgleichsanspruch des anderen Ehegatten eine Vorschusszahlung leistet9.
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BGH v. 25.1.2007 – IX ZB 6/06, FamRZ 2007, 722. BAG v. 5.4.2006 – 3 AZB 61/04, FamRZ 2006, 1117. OLG München v. 6.9.2006 – 1 W 2126/06, FamRZ 2007, 911. Scholz in Wendl/Dose, § 6 Rz. 34. BGH v. 4.8.2004 – XII ZA 6/04, FamRZ 2004, 1633. AG Berlin-Schöneberg v. 4.11.2011 – 84 F 238/11, FamRZ 2012, 734. AG Berlin-Schöneberg v. 4.11.2011 – 84 F 238/11, FamRZ 2012, 734. Borth in Musielak, § 246 FamFG Rz. 30. So auch Borth in Musielak, § 246 FamFG Rz. 30.
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II. 1. b) Verfahrenskostenvorschuss
Rz. 155
§ 15
cc) Verfahrensbeteiligte Beteiligte des einstweiligen Anordnungsverfahrens sind diejenigen, die auch Beteiligte des deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens sind. Wird für ein beabsichtigtes Unterhaltsverfahren auf Zahlung von Unterhalt für ein minderjähriges Kind der Kostenvorschussanspruch geltend gemacht, ist zu unterscheiden, ob der Unterhaltsanspruch im Wege der gesetzlichen Verfahrensstandschaft (s. Rz. 36) oder in gesetzlicher Vertretung (s. Rz. 37) geltend gemacht werden muss. Bei gesetzlicher Verfahrensstandschaft ist der Elternteil Beteiligter des einstweiligen Anordnungsverfahrens, bei gesetzlicher Vertretung hingegen das minderjährige Kind.
150
dd) Kein Anwaltszwang Einer anwaltlichen Vertretung bedarf es auch im Verfahren auf Zahlung eines Kostenvorschusses nicht (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG).
151
ee) Örtliche Zuständigkeit Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach der Zuständigkeit, die für ein dem Antrag entsprechendes Hauptsacheverfahren besteht (§ 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG).
152
Zuständig ist danach das Gericht, das für ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren auf Zahlung eines Kostenvorschusses zuständig wäre. Der Anspruch auf Leistung eines Kostenvorschusses leitet sich aus der gesetzlichen Unterhaltspflicht ab, sodass sich die örtliche Zuständigkeit für das Hauptsacheverfahren nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit in Unterhaltssachen gemäß § 232 FamFG richtet. Ist das Hauptsacheverfahren auf Zahlung des Kostenvorschusses in erster Instanz bereits anhängig, ist dieses Gericht auch für den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung auf Zahlung eines Kostenvorschusses örtlich zuständig. Ist das Hauptsacheverfahren noch nicht in erster Instanz anhängig, ist gemäß § 232 FamFG danach zu differenzieren, ob bereits eine Ehesache anhängig ist und ob der Kostenvorschuss für ein minderjähriges oder volljähriges Kind oder von einem Ehegatten geltend gemacht wird (vertiefend s. Rz. 43).
153
Ist das Hauptsacheverfahren auf Zahlung des Kostenvorschusses in zweiter Instanz anhängig, ist das Beschwerdegericht auch für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung des Kostenvorschusses zuständig (§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
154
" Praxistipp: Das Beschwerdegericht ist für den Erlass einer einstweiligen 155 Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses nur dann zuständig, wenn die Verfahrensgegenstände identisch sind. Ist ein Beschwerdeverfahren z.B. über Trennungsunterhalt vor dem OLG anhängig, ist ein Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses für das Beschwerdeverfahren bei dem erstinstanzlich zuständigen Gericht zu beantragen, weil sich die Verfahrensgegenstände in der Sache nicht entsprechen1.
1 OLG Oldenburg v. 23.8.2011 – 14 UFH 2/11, FamRZ 2012, 390.
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§ 15
Rz. 156
Familienrecht
M 15.7
ff) Verfahrenseinleitung Der Antrag setzt einen bezifferten Sachantrag (§ 113 Abs. 1 Satz FamFG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) voraus, aus dem sich die Höhe des Kostenvorschusses ergibt. Der Antrag ist zu begründen und glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Die Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel durch eidesstattliche Versicherung (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 294 ZPO)1. Ggf. ist ein Verfahrenskostenhilfeantrag für das einstweilige Anordnungsverfahren zu stellen.
156
u
15.7
Antrag auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses
. . . beantragen wir, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an die Antragstellerin, zu Händen ihrer Verfahrensbevollmächtigten, einen Verfahrenskostenvorschuss in Höhe von . . . Euro zu zahlen. Begründung: Die Beteiligten leben seit mehr als einem Jahr voneinander getrennt, die Antragstellerin beabsichtigt, das Ehescheidungsverfahren einzuleiten, weil die Ehe gescheitert ist. Sie verfügt lediglich über eigene Einkünfte in Höhe von monatlich . . . Euro und ist daher nicht in der Lage, die Kosten für das Scheidungsverfahren aufzubringen. Der Antragsgegner ist leistungsfähig, er verfügt über monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von mindestens ca. . . . Euro. Der Verfahrenskostenvorschuss errechnet sich wie folgt:. . . . [es folgt die Berechnung der für das Ehescheidungsverfahren voraussichtlich entstehenden Gerichtskosten und Anwaltsgebühren]. Der Antragsgegner ist mit Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom . . . zur Zahlung des oben errechneten Kostenvorschusses für das Ehescheidungsverfahren aufgefordert worden, Zahlung wurde nicht geleistet. Zur Glaubhaftmachung des Antrages sind in der Anlage die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin und eine aktuelle Verdienstbescheinigung der Antragstellerin beigefügt. Rechtsanwalt/Rechtsanwältin
gg) Verfahrensablauf 157
Dem Antragsgegner ist vor Erlass der Entscheidung regelmäßig rechtliches Gehör zu gewähren und eine angemessene Frist zur Erwiderung zu setzen. In der Regel wird die Entscheidung nur aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen (s. Rz. 57). Die Verhandlung ist nicht öffentlich (§ 170 GVG). Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage (§ 217 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) und 1 BT-Drucks. 16/6308, 200.
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II. 1. b) Verfahrenskostenvorschuss
Rz. 166
§ 15
kann auf Antrag verkürzt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 226 Abs. 1 ZPO). Hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden, kann Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt werden, § 54 Abs. 2 FamFG (s. Rz. 168).
158
" Wichtig: Wegen der Besonderheit des summarischen Verfahrens sind in der 159 Verhandlung nur präsente Beweismittel zugelassen, Sachverständigengutachten können regelmäßig nicht eingeholt werden.
hh) Beendigung des Verfahrens Die Entscheidung ergeht auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen und des materiellrechtlichen Anspruches auf Kostenvorschuss durch Beschluss (§§ 38 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Eine Versäumnisentscheidung ist ausgeschlossen (§ 51 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Im Falle eines Anerkenntnisses wird ohne weitere Sachprüfung ein Anerkenntnisbeschluss erlassen (§ 307 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
160
Die Entscheidung ist zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 39 FamFG)1.
161
Hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist über die Möglichkeit des Antrages auf Durchführung der mündlichen Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG zu belehren.
162
Das einstweilige Anordnungsverfahren kann durch Vergleich beendet werden, dessen Wirkung in der Regel jedoch nicht weiter reicht, als die Entscheidung durch Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren.
163
ii) Kosten Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 91 f. ZPO). Die Grundentscheidung ist gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen.
164
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
165
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der Hauptsache, bezifferte Forderung davon 1/ 2 (§§ 51 Abs. 1, 41 Satz 2 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG), Regelwert.
166
1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 62; Feskorn in Zöller, § 51 FamFG Rz. 11; a.A. wegen Unanfechtbarkeit des Beschlusses: OLG Stuttgart v. 12.10.2009 – 16 WF 193/09 = FamRZ 2010, 146; Elzer in Bork/Jacoby/Schwab, § 39 FamFG Rz. 13.
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§ 15
Rz. 167
Familienrecht
jj) Vollstreckung 167
Die Vollstreckung erfolgt gemäß § 120 FamFG nach den Vorschriften der ZPO, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf. kk) Aufhebung/Abänderung
168
Hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG ein Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen, um eine Überprüfung der Entscheidung zu erlangen. Ist der Entscheidung eine mündliche Verhandlung vorausgegangen, kann eine Abänderung oder Aufhebung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG unter der Voraussetzung beantragt werden, dass Veränderungen eingetreten sind. Die Anträge nach § 54 FamFG sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 173). Der Antrag gemäß § 54 FamFG ist zu begründen, die Änderungen sind glaubhaft zu machen. ll) Aussetzung der Vollstreckung
169
Das Gericht kann auf Antrag gemäß § 55 FamFG die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aussetzen oder beschränken, wenn ein Antrag gemäß § 54 FamFG nach Erlass der einstweiligen Anordnung gestellt worden ist. Dies setzt voraus, dass der Aufhebungs- oder Abänderungsantrag hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Entscheidung über die Aussetzung ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG). mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens
170
Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG kann der in seinen Rechten beeinträchtigte Antragsgegner1 die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens erzwingen (s. auch Rz. 88). Der Antrag kann entweder schriftlich gestellt oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle erklärt werden. Der Antrag ist nicht mehr zulässig, wenn der Antragsteller des einstweiligen Anordnungsverfahrens bereits ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig gemacht hat, da in diesem Fall das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Fristsetzung für die Einleitung des Hauptsacheverfahrens entfallen ist. Dies gilt auch dann, wenn die einstweilige Anordnung keinen Bestand mehr hat, der zu sichernde Anspruch aus der einstweiligen Anordnung wegen Erfüllung oder Erledigung weggefallen ist oder Unterhaltsgläubiger auf den Anspruch verzichtet hat2. Gegen den Beschluss, mit dem der Antrag auf Fristsetzung zurückgewiesen wird, ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG)3. 1 BT-Drucks. 16/6308, 201. 2 OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 52 FamFG Rz. 11. 3 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele.
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II. 1. b) Verfahrenskostenvorschuss
Rz. 175
§ 15
Entgegen dem Wortlaut kann der Antrag auf Fristsetzung zur Erzwingung des Hauptsacheverfahrens hilfsweise auch mit einem Antrag auf Zurückweisung der einstweiligen Anordnung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist1. Wird dem Antrag auf Fristsetzung stattgegeben, hat das Gericht dem Antragsteller, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufzugeben, binnen einer zu bestimmenden Frist entweder das Hauptsacheverfahren auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für dieses Hauptsacheverfahren zu stellen. Die Frist darf höchstens drei Monate betragen, muss sich aber an den Umständen des Einzelfalles orientieren.
171
Kommt der Antragsteller der Anordnung des Gerichts nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, ist die einstweilige Anordnung durch Beschluss zwingend aufzuheben, eines Antrages bedarf es nicht2. Dieser Beschluss ist unanfechtbar3 mit der Folge, dass die Grundlage für alle beigetriebenen Zahlungen damit rückwirkend entfällt4.
172
nn) Außerkrafttreten Die einstweilige Anordnung gilt grundsätzlich bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung weiter (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Eine anderweitige Regelung kann entweder eine Endentscheidung in der Hauptsache, ein abändernder oder aufhebender Beschluss gemäß § 54 FamFG5, ein gerichtlich protokollierter Vergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO oder eine außergerichtliche Vereinbarung sein, wenn zwischen dem Gegenstand der einstweiligen Anordnung und dem Gegenstand der anderweitigen Regelung vollständige Deckungsgleichheit besteht.
173
Weitere Fälle des Außerkrafttretens regelt § 56 Abs. 2 Nr. 1–4 FamFG. Danach tritt die einstweilige Anordnung auch bei Rücknahme, rechtskräftiger Abweisung des Hauptsacheantrags, nach übereinstimmender Erledigungserklärung oder anderweitiger Erledigung der Hauptsache außer Kraft. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure6 außer Kraft.
174
Gemäß § 56 Abs. 3 FamFG ist von dem Gericht, das über die einstweilige Anordnung im ersten Rechtszug zuletzt entschieden hat, auf Antrag auszuspre-
175
1 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 2 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 6; Lorenz in Zöller, § 246 FamFG Rz. 30; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 3 BT-Drucks. 16/6308, 201; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 82. 4 BGH v. 22.3.1989 – IV b ZA 2/89, FamRZ 1989, 850; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 82. 5 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3. 6 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278.
Kühner
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§ 15
Rz. 176
Familienrecht
chen, ob, wann und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist1. Das Beschlussverfahren gemäß § 56 Abs. 3 FamFG, in dem deklaratorisch das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung festgestellt wird2, dient vor allem als Nachweis für die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung gemäß §§ 775 Nr. 1, 776, 795 ZPO3. 176
Ist ein Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens der einstweiligen Anordnung zulässig, wird für einen Vollstreckungsabwehrantrag (§ 767 ZPO) in der Regel das Rechtsschutzinteresse zu verneinen sein4.
177
Der Beschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG) und ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
178 " Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG5 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss6. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden. 179
Der Antrag nach § 56 Abs. 3 Satz 1 FamFG löst weder Gerichtskosten noch besondere Anwaltsgebühren aus. oo) Kein Rechtsmittel
180
Der Beschluss über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Verfahrenskostenvorschuss ist grundsätzlich unanfechtbar, ein Rechtsmittel ist weder gegen den ablehnenden noch gegen den stattgebenden Beschluss zulässig. In Betracht kommen nur die Rechtsbehelfe gemäß § 54 FamFG (s. Rz. 168) bzw. für den Antragsgegner der Antrag auf Fristsetzung zur Erzwingung des Hauptsacheverfahrens gemäß § 52 Abs. 2 FamFG (s. Rz. 170) und für den Antragsteller, dessen Antrag zurückgewiesen wurde, die Geltendmachung des Kostenvorschussanspruches im isolierten Hauptsacheverfahren. pp) Konkurrenz zur Verfahrenskostenhilfe
181
Besteht materiellrechtlich ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss, geht die Inanspruchnahme eines insoweit leistungsfähigen Verpflichteten der Verfahrenskostenhilfe jedenfalls dann vor, wenn der Kostenvorschussanspruch als1 2 3 4 5
Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Gießler/Soyka, Rz. 278. Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278. Gießler/Soyka, Rz. 281. OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 6 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt.
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Kühner
II. 1. c) Unterhalt vor Geburt eines Kindes
Rz. 193
§ 15
bald realisierbar ist1, sodass in diesem Fall kein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe besteht. Einstweilen frei.
182–189
c) Einstweilige Anordnung Unterhalt vor Geburt eines Kindes aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch Vor Geburt eines Kindes kann gemäß § 247 Abs. 1 FamFG im Wege der einstweiligen Anordnung vor Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft Kindesunterhalt für die ersten drei Lebensmonate und der Unterhaltsanspruch der Kindesmutter gemäß § 1615l Abs. 1 BGB (sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt nebst Kosten infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung) tituliert werden. Mit § 247 FamFG wird die Sperrwirkung des § 1600d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft, also z.B. die Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem nichtehelichen Kind, grundsätzlich erst nach Anerkennung oder gerichtlicher Vaterschaftsfeststellung geltend gemacht werden können, durchbrochen.
190
§ 247 FamFG entspricht der durch Art. 50 Nr. 25 FGG-RG aufgehobenen Vorschrift des § 1615o BGB. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter gemäß § 1615l Abs. 1 BGB richtet sich gemäß § 1615l Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer Lebensstellung. Der Unterhalt des Kindes bestimmt sich nach §§ 1601 f. BGB. Grundsätzlich kann für das Kind der volle angemessene Unterhalt verlangt werden, mangels genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse wird der Anspruch in der Regel nur in Höhe des Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB verlangt, weil für diesen Fall eine Glaubhaftmachung des Unterhaltsbedarfs des Kindes nicht notwendig ist.
191
" Wichtig: Sobald ein Verfahren auf Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d 192 BGB anhängig ist, kommt nur noch eine einstweilige Anordnung nach § 248 FamFG in Betracht2.
bb) Regelungsbedürfnis Ein dringendes Regelungsbedürfnis für das sofortige Tätigwerden des Gerichts ist nicht erforderlich, ausreichend ist, wenn die Kindesmutter bzw. das Kind unterhaltsbedürftig ist. Kein Regelungsbedürfnis besteht, wenn der Kindesunterhalt beispielsweise durch Sicherheitsleistung oder Vorlage einer vollstreckbaren Urkunde sichergestellt ist3.
1 BGH v. 10.7.2008 – VII ZB 25/08, FamRZ 2008, 1842. 2 Lorenz in Zöller, § 247 FamFG Rz. 2; Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 2. 3 Gießler/Soyka, Rz. 455.
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413
193
§ 15
Rz. 194
Familienrecht
cc) Verfahrensbeteiligte 194
Antragsbefugt ist die Kindesmutter für ihren eigenen Unterhaltsanspruch, den Unterhaltsanspruch des Kindes kann sie als gesetzliche Vertreterin oder auch im eigenen Namen in Verfahrensstandschaft (§ 247 Abs. 2 Satz 1 FamFG) geltend machen. Ist auf Antrag der Kindesmutter eine Beistandschaft des Jugendamtes (§ 1712 BGB) eingerichtet worden, wird das Kind von dem Jugendamt vertreten. dd) Kein Anwaltszwang
195
Für das Verfahren besteht kein Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG). ee) Örtliche Zuständigkeit
196
Ausschließlich zuständig ist das Gericht, das für das deckungsgleiche Hauptsacheverfahren zuständig wäre (§ 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Die örtliche Zuständigkeit ist nach § 232 FamFG zu bestimmen1. Vor Geburt des Kindes wird der gewöhnliche Aufenthaltsort der Mutter entscheidend sein2. ff) Verfahrenseinleitung
197
Das Verfahren wird nur auf Antrag eingeleitet. Der Antrag bedarf der Schriftform (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 129 ZPO), kann jedoch auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts gestellt werden (§ 129a ZPO). Der Antrag muss einen bestimmten Sachantrag enthalten (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), der auf Zahlung des Unterhalts für die ersten drei Monate nach der Geburt des Kindes und/oder auf Zahlung des Unterhalts für die nichteheliche Mutter gemäß § 1615l Abs. 1 BGB für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt und/oder auf die Zahlung der Kosten infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung gerichtet ist.
198
Die Anspruchsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 294 ZPO). Glaubhaft zu machen sind insbesondere die Schwangerschaft, der Zeitpunkt der Geburt und die Vaterschaftsvermutung gemäß § 1600d Abs. 2 und Abs. 3 BGB3.
199
Liegt bereits ein vor der Geburt des Kindes zulässiges wirksames Vaterschaftsanerkenntnis (§ 1594 BGB) vor, bedarf es der Glaubhaftmachung der Vaterschaftsvermutung nicht mehr, da durch das wirksame Vaterschaftsanerkenntnis bereits der Beweis der Vaterschaft erbracht ist.
1 So auch Lorenz in Zöller, § 247 FamFG Rz. 2; Gießler/Soyka, Rz. 453; Giers in Keidel, § 247 FamFG Rz. 8; a.A. Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 12: §§ 248 Abs. 2, 170 FamFG. 2 Gießler/Soyka, Rz. 453. 3 Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 10.
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M 15.8
II. 1. c) Unterhalt vor Geburt eines Kindes
Rz. 201
§ 15
u
15.8
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Unterhalt vor Geburt
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
200
des noch ungeborenen Kindes der Frau . . . [Name, Anschrift] als gesetzliche Vertreterin des noch ungeborenen Kindes – Antragsteller zu 1) – und der Frau . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin zu 2) – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen Herrn . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . beantragen wir namens und kraft Vollmacht der gesetzlichen Vertreterin des Antragstellers,1 im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen der Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an den Antragsteller zu Händen der gesetzlichen Vertreterin Unterhalt in Höhe von . . . Euro in drei gleichen Raten wie folgt zu zahlen: die erste Rate unmittelbar nach der Geburt des Kindes; die zweite und dritte Rate spätestens jeweils zum 3. Kalendertag des nächsten und übernächsten Monats. 2. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin zu 2) Unterhalt in Höhe von . . . Euro in drei gleichen Raten wie folgt zu zahlen: die erste Raten unmittelbar nach der Geburt des Kindes, die zweite und dritte Rate spätestens jeweils zum 3. Kalendertag des nächsten und übernächsten Monats. 1 Ggf. ist auch ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu stellen.
gg) Verfahrensablauf Grundsätzlich ist dem Antragsgegner vor Erlass der Entscheidung gemäß Art. 103 Abs. 1 GG rechtliches Gehör zu gewähren. Die Antragsschrift ist dem Antragsgegner förmlich zuzustellen (§ 270 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) und eine angemessene Frist zur Erwiderung zu setzen. Eine vorherige Bekanntgabe an den Antragsgegner ist jedoch entbehrlich, wenn der Antrag offenkundig unzulässig und ein entsprechender Hinweis gemäß § 139 ZPO erfolgt ist.
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201
§ 15
Rz. 202
Familienrecht
202
Es steht im Ermessen des Gerichts, ob vor der Entscheidung eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.
203
§ 247 FamFG stellt eine Ergänzung zu § 246 FamFG dar, der auf das vorliegende Verfahren Anwendung findet. Danach soll gemäß § 246 FamFG vor Erlass der Entscheidung eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Beilegung des Verfahrens geboten erscheint.
204
Angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit und der fortgeschrittenen Schwangerschaft dürfte eine mündliche Verhandlung jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen1. Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich (§ 170 GVG). Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage (§ 217 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Auf Antrag kann die Frist verkürzt werden (§ 226 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
205 " Wichtig: Wegen der Besonderheit des summarischen Verfahrens sind in der Verhandlung nur präsente Beweismittel zugelassen, Sachverständigengutachten können regelmäßig nicht eingeholt werden. hh) Beendigung des Verfahrens 206
Wird das Verfahren nicht durch eine vergleichsweise Regelung abgeschlossen, ergeht eine Entscheidung durch Beschluss (§ 38 Abs. 1 FamFG), der begründet und den Verfahrensbeteiligten zugestellt werden muss. Der Beschluss ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 39 FamFG). Die Entscheidung wird auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen und des materiellrechtlichen Anspruches getroffen.
207
Wird dem Antrag stattgegeben, ordnet das Gericht die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des Unterhalts für drei Monate an.
208
Das Gericht kann gemäß § 247 Abs. 2 Satz 3 FamFG auch anordnen, dass der zu zahlende Betrag zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Geburt des Kindes zu hinterlegen ist. Diese Anordnung sollte angesichts des Regelungszwecks der Vorschrift, mit der im Interesse der Mutter und des Kindes die Zahlung des Unterhalts in der besonderen Situation kurz vor und nach der Geburt in einem beschleunigten und möglichst einfach zu betreibenden Verfahren sicherzustellen, die Ausnahme sein2.
209
Eine Versäumnisentscheidung ist ausgeschlossen (§ 51 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Im Falle eines Anerkenntnisses wird ohne weitere Sachprüfung ein Anerkenntnisbeschluss erlassen (§ 307 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). ii) Kosten
210
Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 91 f. ZPO). Die Grund1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 13. 2 BT-Drucks. 16/6308, 260.
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II. 1. c) Unterhalt vor Geburt eines Kindes
Rz. 216
§ 15
entscheidung ist gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen. Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
211
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der Hauptsache, bezifferte Forderung davon 1/ 2 (§§ 51 Abs. 1, 41 Satz 2 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG), Regelwert.
212
jj) Vollstreckung Die Vollstreckung richtet sich gemäß § 120 Abs. 1 FamFG nach den Vorschriften der ZPO, die Vollstreckung ist nach Zustellung des Beschlusses zulässig (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 750 Abs. 1 ZPO).
213
kk) Aufhebung/Abänderung Ist die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergangen, ist auf Antrag gemäß § 54 Abs. 2 FamFG aufgrund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden. Hat vor Erlass der einstweiligen Anordnung eine mündliche Verhandlung stattgefunden, kann ein Antrag auf Aufhebung oder Änderung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 FamFG gestellt werden, der jedoch voraussetzt, dass eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.
214
ll) Aussetzung der Vollstreckung Anträge nach § 54 FamFG können mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 55 FamFG verbunden werden. Der Aussetzung der Vollstreckung wird wegen des besonderen Schutzbedürfnisses regelmäßig nur stattgegeben werden, wenn der Antragsgegner schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft glaubhaft machen kann1.
215
mm) Keine Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Ein Antrag nach § 52 Abs. 2 FamFG auf Fristsetzung zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens oder eines Verfahrenskostenhilfegesuchs für ein Hauptsacheverfahren ist unzulässig, da ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren vor der Geburt des Kindes und ohne rechtskräftige Feststellung der Vaterschaft gemäß § 1600d Abs. 4 BGB für die mit § 247 FamFG zu treffenden Regelungen im Gesetz nicht vorgesehen ist2. Ab Geburt des Kindes besteht für die Unterhaltsberechtigten die Möglichkeit, einstweilige Anordnungen auf Zahlung von Unterhalt gemäß § 246 FamFG zu stellen. Der Antragsgegner hat in diesem Verfahren die Möglichkeit, gemäß § 52 FamFG die Einleitung der Hauptsache zu erzwingen, sodass es eines Rückgriffs auf § 247 FamFG nicht bedarf3. 1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 21. 2 Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 18; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 464; a.A. Gießler/Soyka, Rz. 470: wenn die Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt wurde. 3 Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 464.
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§ 15
Rz. 217
Familienrecht
nn) Außerkrafttreten 217
Das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung richtet sich allein nach § 56 Abs. 1 FamFG, § 56 Abs. 2 FamFG findet keine Anwendung. Die einstweilige Anordnung tritt außer Kraft, wenn eine anderweitige Regelung wirksam wird (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Als anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG kommen nur ein abändernder oder aufhebender Beschluss nach § 54 FamFG1, ein gerichtlich protokollierter Vergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO oder eine außergerichtliche Vereinbarung in Betracht. Dies setzt aber voraus, dass zwischen dem Gegenstand der einstweiligen Anordnung und dem Gegenstand der anderweitigen Regelung vollständige Deckungsgleichheit in sachlicher und zeitlicher Hinsicht besteht2. Die einstweilige Anordnung gemäß § 247 FamFG kann nicht durch eine Endentscheidung im Hauptsacheverfahren außer Kraft treten, weil für die Ansprüche gemäß § 247 FamFG kein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren zur Verfügung steht3.
218
Sofern eine anderweitige Regelung vorliegt, muss das Gericht, das in der einstweiligen Anordnungssache im ersten Rechtszug zuletzt entschieden hat, das Außerkrafttreten durch Beschluss aussprechen (§ 56 Abs. 3 FamFG).
219
Der Beschluss ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 57 Abs. 3 Satz 2 FamFG). oo) Kein Rechtsmittel
220
Die Entscheidung des Gerichts über den Antrag gemäß § 247 FamFG ist unanfechtbar (§ 57 FamFG). Dies gilt sowohl für die stattgebende als auch für die ablehnende Entscheidung. pp) Rückforderung, Schadensersatz
221
Erweist sich in einem späteren Unterhaltshauptsacheverfahren ab Geburt des Kindes der Anspruch auf Zahlung des Kindesunterhalts für die ersten drei Monate nach der Geburt als ungerechtfertigt, steht dem Antragsgegner kein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Vorschrift des § 945 ZPO keine Anwendung findet4.
222
Die Rückforderung überzahlten Unterhalts wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wird wegen des Entreicherungseinwands gemäß § 818 Abs. 3 BGB regelmäßig keinen Erfolg haben.
223–229 Einstweilen frei.
1 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3. 2 Gießler/Soyka, Rz. 271. 3 Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 464; Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 2; a.A. Gießler/Soyka, Rz. 470. 4 Bömelburg in Prütting/Helms, § 247 FamFG Rz. 23; Gießler/Soyka, Rz. 472.
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II. 1. d) Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverf.
Rz. 236
§ 15
d) Einstweilige Anordnung Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch Die Vorschrift des § 248 FamFG ergänzt die Regelungen der §§ 246, 247 FamFG und ersetzt die §§ 641d, 641 f und 641g ZPO. § 248 FamFG durchbricht in seiner Wirkung die Sperre des § 1600d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung an geltend gemacht werden können1.
230
Der Antrag setzt die Anhängigkeit eines positiven Verfahrens auf Feststellung der Vaterschaft nach § 1600d BGB voraus (§ 248 Abs. 1 FamFG), es sei denn, die Vaterschaft steht gemäß § 1592 Nr. 1, 2 BGB oder § 1593 BGB fest. Ein negativer Feststellungsantrag reicht nicht aus2. Mutter und Kind können jedoch im negativen Feststellungsverfahren einen Widerantrag auf positive Feststellung der Vaterschaft anhängig machen. Damit wäre ab diesem Zeitpunkt die Zulässigkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 248 FamFG gegeben3.
231
Streitig ist, ob entgegen dem Wortlaut des § 248 Abs. 1 FamFG bereits die Einreichung eines Antrages auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Vaterschaftsfeststellungsverfahren ausreichend ist4.
232
Das Anordnungsverfahren nach § 248 FamFG ist nicht Teil des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens. Dieses Verfahren kann erst ab Geburt des Kindes anhängig gemacht werden, sodass ein Antrag nach § 248 FamFG erst nach Geburt des Kindes gestellt werden kann, für die Zeit vor der Geburt ist gemäß § 247 FamFG (s. Rz. 190) vorzugehen.
233
Grundsätzlich kann der volle laufende Unterhalt für Mutter und Kind ab Antragstellung geltend gemacht werden.
234
bb) Regelungsbedürfnis Ein dringendes Regelungsbedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts ist nicht erforderlich.
235
Darzulegen und glaubhaft zu machen sind die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Unterhaltsanspruch. Im Unterschied zur früheren Rechtslage (§ 641d Abs. 2 Satz 3 ZPO) setzt der Erlass der einstweiligen Anordnung auch nicht mehr voraus, dass ein Bedürfnis für den Erlass der einstweiligen Anordnung besteht5, also der Unterhalt für Mutter und Kind nicht auf andere Weise
236
1 BT-Drucks. 16/6308, 260; Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 3; Borth in Musielak, § 248 FamFG Rz. 1. 2 Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 6; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 470. 3 Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 6; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 470. 4 So: Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 5; Giers in Keidel, § 248 FamFG Rz. 3; Maier in Johannsen/Henrich, § 248 FamFG Rz. 3; a.A. Lorenz in Zöller, § 248 FamFG Rz. 2; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 471. 5 Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 474.
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§ 15
Rz. 237
Familienrecht
sichergestellt sein darf1. Die Sicherstellung des Unterhaltsbedarfs durch eigenes Einkommen oder Vermögen steht somit dem Erlass der einstweiligen Anordnung nicht mehr entgegen2. Notwendig ist jedoch das spezifische Bedürfnis nach einer Eilentscheidung3. cc) Verfahrensbeteiligte 237
Beteiligte des Verfahrens sind die Kindesmutter bzw. das minderjährige Kind und der mutmaßliche Kindesvater. Den Anspruch des Kindes kann die Kindesmutter in gesetzlicher Vertretung (§ 1626a Abs. 2 BGB) geltend machen oder das Kind wird durch das Jugendamt vertreten, wenn eine Beistandschaft eingerichtet wurde (§ 1712 BGB). dd) Kein Anwaltszwang
238
Für das Verfahren besteht kein Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG). ee) Örtliche Zuständigkeit
239
Zuständig für das Verfahren ist das Gericht des ersten Rechtszuges, bei dem das positive Vaterschaftsfeststellungsverfahren anhängig ist (§ 248 Abs. 2 Halbs. 1 FamFG), dessen Zuständigkeit sich nach § 170 FamFG bestimmt.
240
Ist das Vaterschaftsfeststellungsverfahren beim Beschwerdegericht anhängig, ist das Beschwerdegericht für den Erlass der einstweiligen Anordnung zuständig (§ 248 Abs. 2 Halbs. 2 FamFG). ff) Verfahrenseinleitung
241
Die Einleitung des Verfahrens erfolgt nur auf Antrag, der schriftlich gestellt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden kann. Der Antrag muss einen bestimmten Sachantrag enthalten (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 253 ZPO) und ist zu begründen. In der Begründung sind die materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen und die Beiwohnung in der Empfängniszeit darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 294 ZPO). Geltend gemacht werden kann grundsätzlich ab Antragstellung der volle materiellrechtlich geschuldete Unterhalt, der genau zu beziffern ist. Der Kindesunterhalt kann auch dynamisiert (§ 1612a BGB) verlangt werden. Neben dem Antrag auf Unterhaltszahlung kann der Antragsteller auch einen Antrag auf Sicherungsanordnung stellen (§ 248 Abs. 4 FamFG), wenn zu befürchten ist, dass die später aufgelaufenen rückständigen Unterhaltsansprüche nicht durchgesetzt werden können. Der Antrag kann auch von vornherein oder während des laufenden Verfahrens auf Erlass einer Sicherungsanordnung gestellt werden, wenn eine Anordnung auf Zahlung von Unterhalt nicht in Betracht kommt, weil der Unterhalt der Mutter und des Kindes durch Leistungen Dritter sichergestellt ist oder 1 So noch OLG Koblenz v. 5.4.2006 – 13 WF 261/06, FamRZ 2006, 1137. 2 Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 474. 3 Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 474; Hüßtege in Thomas/Putzo, § 246 FamFG Rz. 4.
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Kühner
M 15.10
§ 15
II. 1. d) Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverf. Rz. 243
die Anspruchsvoraussetzungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sind1.
u
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Feststellung der Vaterschaft
15.9
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
242
der Frau . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin zu 1) – und des Kindes . . ., geb. am . . ., gesetzlich vertreten durch die Antragstellerin zu 1) – Antragsteller zu 2) – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen Herrn . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . Namens und kraft Vollmacht der Antragsteller beantragen wir, im Wege der einstweiligen Anordnung wie folgt zu beschließen: 1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin zu 1) beginnend ab dem . . . zum 1. eines jeden Monats im Voraus Unterhalt in Höhe von . . . Euro zu zahlen. 2. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an den Antragsteller zu 2) zu Händen der gesetzlichen Vertreterin beginnend ab dem . . . zum 1. eines jeden Monats im Voraus Unterhalt in Höhe von . . . Euro zu zahlen.
u
Antrag auf Sicherungsanordnung
15.10
. . . beantragen wir, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, Sicherheit für den Unterhalt der Antragstellerin zu 1) und des Antragstellers zu 2) in Höhe von . . . Euro zu leisten.
gg) Verfahrensablauf Eine mündliche Verhandlung ist für das Verfahren nicht zwingend vorgeschrieben. Im Hinblick darauf, dass gemäß § 246 Abs. 2 FamFG in einstweiligen An1 Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 475.
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243
§ 15
Rz. 244
Familienrecht
ordnungsverfahren auf Zahlung von Unterhalt eine mündliche Verhandlung vor Erlass der Entscheidung stattfinden soll, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Beilegung des Verfahrens geboten erscheint, sollte auch im Verfahren gemäß § 248 FamFG nur in besonders eilbedürftigen oder einfach gelagerten Fällen von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden1. Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich (§ 170 GVG). Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage (§ 217 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Auf Antrag kann die Frist verkürzt werden (§ 226 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). 244 " Wichtig: Wegen der Besonderheit des summarischen Verfahrens sind in der Verhandlung nur präsente Beweismittel zugelassen, Sachverständigengutachten können regelmäßig nicht eingeholt werden. hh) Beendigung des Verfahrens 245
Das Gericht kann durch Beschluss auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen und des materiellrechtlichen Anspruches entscheiden. Der Beschluss ist zu begründen, den Beteiligten bekanntzugeben und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen, die die Belehrung über den Antrag gemäß § 52 FamFG enthalten muss. Wird ohne mündliche Verhandlung entschieden, muss die Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis auf die Abänderungsmöglichkeit nach § 54 FamFG enthalten. Die Entscheidung kann eine Zahlungs- oder Sicherungsanordnung sein. Die Höhe der Sicherheitsleistung richtet sich nach der Höhe des voraussichtlich zu zahlenden Unterhaltsanspruches. Die Art der Sicherheitsleistung bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen (§ 108 ZPO). Die Sicherheitsleistung kann durch Einzahlung auf ein Sperrkonto2 oder durch Bankbürgschaft3 angeordnet werden.
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Eine Versäumnisentscheidung ist ausgeschlossen (§ 51 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Im Falle eines Anerkenntnisses wird ohne weitere Sachprüfung ein Anerkenntnisbeschluss erlassen (§ 307 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
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Die Beteiligten können das einstweilige Verfahren auch durch Vergleich beenden, dessen Wirkung in der Regel nicht weiter reicht, als die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren, es sei denn, aus dem Vergleich lässt sich entnehmen, dass die Beteiligten eine endgültige Regelung herbeiführen wollten.
248 " Praxistipp: Bei Abschluss eines Vergleichs ist zu empfehlen, in den Text die Formulierung „zur Erledigung des einstweiligen Anordnungsverfahren“ oder „zur Erledigung der endgültigen Hauptsacheregelung“4 aufzunehmen. 249
Die Rechtsnatur des Vergleichs ist u.a. entscheidend für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Abänderung zulässig ist; ein Vergleich im einstwei1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 14. 2 OLG Düsseldorf v. 25.6.1993 – 3 W 243/93, FamRZ 1994, 111; Bömelburg in Prütting/ Helms, § 248 FamFG Rz. 17; Lorenz in Zöller, § 248 FamFG Rz. 7. 3 Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 16; Lorenz in Zöller, § 248 FamFG Rz. 7. 4 Gießler/Soyka, Rz. 115; Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 15.
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II. 1. d) Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverf.
Rz. 256
§ 15
ligen Anordnungsverfahren kann nur über § 54 FamFG (s. Rz. 254), eine endgültige vergleichsweise Regelung hingegen nur über § 239 FamFG abgeändert werden. ii) Kosten Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 91 f. ZPO). Die Grundentscheidung ist gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen.
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Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
251
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der Hauptsache, davon 1/ 2 (§§ 51 Abs. 1, 41 Satz 2 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
252
jj) Vollstreckung In den einstweiligen Anordnungsverfahren gemäß § 246 FamFG) erfolgt die Zwangsvollstreckung auch in den Verfahren nach § 248 FamFG nach den Vorschriften der ZPO, einer Vollstreckungsklausel bedarf es nicht.
253
kk) Aufhebung/Abänderung Wird die Entscheidung ausnahmsweise ohne mündliche Verhandlung getroffen, ist vorrangig zunächst ein Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gemäß § 54 Abs. 2 FamFG zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kommt ein Änderungs- oder Aufhebungsantrag gemäß § 54 Abs. 1 FamFG in Betracht, der jedoch voraussetzt, dass Änderungen dargetan und glaubhaft gemacht werden können (vertiefend s. Rz. 75).
254
ll) Aussetzung der Vollstreckung Das Gericht kann gemäß § 55 FamFG die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aussetzen oder beschränken, wenn ein Antrag gemäß § 54 FamFG nach Erlass der einstweiligen Anordnung gestellt worden ist. Dies setzt voraus, dass der Aufhebungs- oder Abänderungsantrag hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Entscheidung über die Aussetzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, das die Vollstreckung auch von einer Sicherheitsleistung abhängig machen kann1. Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
255
mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Grundsätzlich kann der Antragsgegner, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, im einstweiligen Anordnungsverfahren die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 FamFG erzwingen (vertiefend s. Rz. 88). Auf Antrag ordnet das Gericht dem Antragsteller an, innerhalb einer 1 BT-Drucks. 16/6308, 202; Feskorn in Zöller, § 55 FamFG Rz. 4.
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256
§ 15
Rz. 257
Familienrecht
Frist von längstens drei Monaten das Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Verfahrenskostenhilfeantrag für das Hauptsacheverfahren zu stellen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 und 2 FamFG). Wird dem Antrag nicht fristgerecht Folge geleistet, ist die einstweilige Anordnung aufzuheben (§ 52 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Als deckungsgleiches Hauptsacheverfahren kommt nur das Unterhaltsverfahren bei Feststellung der Vaterschaft (§ 237 FamFG) in Betracht, das lediglich auf die Zahlung von Kindesunterhalt gerichtet ist. Die Kindesmutter kann ihren eigenen Unterhaltsanspruch in einem Unterhaltshauptsacheverfahren jedoch erst dann geltend machen, wenn zuvor die Vaterschaft rechtskräftig festgestellt ist, sodass erst ab diesem Zeitpunkt der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens wegen des Unterhaltsanspruches der Kindesmutter hinreichende Aussicht auf Erfolg hat1. 257 " Praxistipp: In dem einstweiligen Anordnungsverfahren sollte versucht werden, eine zeitliche Befristung der einstweiligen Anordnung über den Unterhalt der Kindesmutter bis zur Rechtskraft des Abstammungsverfahrens zu erreichen. nn) Außerkrafttreten 258
Die einstweilige Anordnung tritt gemäß § 56 FamFG erst bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft, es sei denn, das Gericht hat einen früheren Zeitpunkt des Außerkrafttretens der einstweiligen Anordnung bestimmt. Eine anderweitige Regelung kann eine Endentscheidung in der Hauptsache, ein abändernder oder aufhebender Beschluss nach § 54 FamFG2, ein gerichtlich protokollierter Vergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO oder eine außergerichtliche Vereinbarung sein. Maßgebend ist jedoch, dass zwischen dem Gegenstand der einstweiligen Anordnung und dem Gegenstand der anderweitigen Regelung vollständige Deckungsgleichheit besteht3.
259
§ 248 Abs. 5 Satz 1 FamFG enthält in Ergänzung zu § 56 FamFG zwei weitere Fälle für das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung. Danach tritt die einstweilige Anordnung auch dann außer Kraft, wenn der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft zurückgenommen oder rechtskräftig zurückgewiesen worden ist. Dies hat jedoch zur Folge, dass der Antragsgegner noch bis zur Rechtskraft des Abstammungsverfahrens in Anspruch genommen werden kann. Aus der Zurückweisung des Vaterschaftsfeststellungsantrages ist bereits ersichtlich, dass erhebliche Zweifel an der Vaterschaft bestehen, sodass in diesem Fall ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 54 Abs. 1 FamFG verbunden mit dem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 55 FamFG anzuraten ist.
260
Auf Antrag hat das Gericht auszusprechen, ob und ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist4. 1 Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 19; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 478. 2 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3. 3 Gießler/Soyka, Rz. 271. 4 BT-Drucks. 16/6308, 202; Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10.
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II. 1. e) Güterrechtssachen des § 261 Abs. 1 FamFG
Rz. 270
§ 15
Für den Antrag ist das Gericht zuständig, das zuletzt im ersten Rechtszug in dem einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden hat1. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ispo iure2 außer Kraft. Der Beschluss ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Streitig ist, ob die Beschwerde gemäß § 58 FamFG innerhalb von zwei Wochen (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG)3 oder binnen eines Monats (§ 63 Abs. 1 FamFG)4 einzulegen ist.
" Praxistipp: Es sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde in- 261 nerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden.
oo) Kein Rechtsmittel Die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren ist unanfechtbar (§ 57 FamFG).
262
pp) Rückforderung, Schadensersatz Während in Unterhaltssachen grundsätzlich kein Schadensersatzanspruch gemäß § 945 ZPO gegeben ist, weil die Vorschrift gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Unterhaltssachen nicht anwendbar ist, sieht § 248 Abs. 5 Satz 2 FamFG ausdrücklich eine Schadensersatzpflicht für den Fall der Rücknahme oder rechtskräftigen Zurückweisung des Vaterschaftsfeststellungsantrages vor. Der Schadensersatzanspruch besteht gegen denjenigen, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat. Zu ersetzen ist der aus der Vollziehung der einstweiligen Anordnung oder einer Sicherheitsleistung5 entstandene Schaden. Hat der Antragsgegner von dem biologischen Vater Ersatz für geleisteten Unterhalt erlangt, mindern diese Leistungen die Schadensersatzpflicht gemäß § 248 Abs. 5 Satz 2 FamFG6. Einstweilen frei.
263
264–269
e) Einstweilige Anordnung in Güterrechtssachen des § 261 Abs. 1 FamFG aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch Die Sicherung von Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 49 FamFG hat nur nebensächliche Bedeu1 Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. 2 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278. 3 OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 4 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt. 5 Lorenz in Zöller, § 248 FamFG Rz. 13; Bömelburg in Prütting/Helms, § 248 FamFG Rz. 22. 6 Lorenz in Zöller, § 248 FamFG Rz. 13; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 483.
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270
§ 15
Rz. 271
Familienrecht
tung. Im Unterschied zu Unterhaltssachen existiert in Güterrechtssachen keine Sondervorschrift für den einstweiligen Rechtsschutz, sodass der Grundtatbestand des § 49 FamFG anzuwenden ist. § 119 Abs. 2 FamFG bestimmt, dass in Familienstreitsachen der dingliche oder persönliche Arrest gemäß §§ 916–934 ZPO, §§ 943–945 ZPO angeordnet werden kann. Während der Arrest der Sicherung der Vollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen wegen Geldforderungen dient, kann im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 49 FamFG jedoch nur eine Sicherungs- und Regelungsanordnung bzw. ein Ge- oder Verbot erlangt werden. Damit scheidet eine einstweilige Anordnung gemäß § 49 FamFG nach ihrem Regelungsbereich für die Sicherung von Ansprüchen auf zukünftigen Zugewinnausgleich aus; die Sicherung dieser Ansprüche ist nur im Wege des Arrestes möglich (s. Rz. 365). Der Anwendungsbereich der einstweiligen Anordnung in den Güterrechtssachen des § 261 Abs. 1 FamFG beschränkt sich somit im Wesentlichen auf die Ansprüche gemäß § 1365 Abs. 1 BGB auf Unterlassung einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen durch die Anordnung eines Veräußerungsverbots, während die Sicherung des Zugewinnausgleichsanspruches dem Arrestverfahren gemäß §§ 916 f. ZPO vorbehalten bleibt. 271
Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, die ein Ehegatte im Güterstand der Zugewinngemeinschaft über sein Vermögen im Ganzen vornimmt, sind zustimmungsbedürftig (§§ 1365, 1366 BGB). Fehlt die Zustimmung des anderen Ehegatten, wird das Rechtsgeschäft nur mit Genehmigung des anderen Ehegatten wirksam (§ 1366 Abs. 1, Abs. 4 BGB). Die Zustimmung zur Einwilligung kann durch das Familiengericht unter den Voraussetzungen des § 1365 Abs. 2 BGB ersetzt werden. Auch Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände können zustimmungsbedürftig sein, wenn der Vermögensgegenstand nahezu das gesamte Vermögen des verfügenden Ehegatten ausmacht1. Zustimmungsbedürftig ist bereits der Antrag eines Ehegatten auf Teilungsversteigerung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn der Miteigentumsanteil am Eigenheim sein ganzes oder nahezu ganzes Vermögen darstellt2.
272
Der Ehegatte, der die Zustimmung zu einem zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäft nicht erteilen will, kann gegen den anderen Ehegatten den Antrag auf Erlass eines Veräußerungsverbots stellen und gegen den Dritterwerber den Erlass eines Erwerbsverbotes beantragen und ggf. die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch betreiben3.
273
Auf Ansprüche aus dem lebenspartnerschaftlichen Güterrecht sind die in Güterrechtssachen geltenden Vorschriften über § 270 Abs. 1 Satz 2 FamFG entsprechend anzuwenden.
1 BGH v. 13.3.1991 – XII ZR 79/90, FamRZ 1991, 669; Budzikiewicz in Erman, § 1365 BGB Rz. 6; Brudermüller in Palandt, § 1365 BGB Rz. 4: keine Verfügung über größerem Vermögen (über 250 000 Euro) im Ganzen, wenn 10 % des ursprünglichen Gesamtvermögens verbleiben. 2 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 102/06, FamRZ 2007, 1634; Budzikiewicz in Erman, § 1365 BGB Rz. 14 m.w.N. 3 Gießler/Soyka, Rz. 606.
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II. 1. e) Güterrechtssachen des § 261 Abs. 1 FamFG
Rz. 278
§ 15
Weitere Güterrechtssachen sind in § 261 Abs. 2 FamFG definiert. Erfasst werden die Verfahren auf Stundung gemäß § 1382 Abs. 1–4 BGB oder der Ausgleich der Zugewinnausgleichsforderung durch Übertragung von Vermögensgegenständen gemäß § 1383 Abs. 1 BGB. Diese Güterrechtssachen sind FG-Familiensachen. Grundsätzlich besteht auch in diesen Angelegenheiten die Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß §§ 49 f. FamFG zu erlangen. Die Verfahren spielen in der Praxis jedoch nur eine untergeordnete Rolle, sodass von einer näheren Darstellung abgesehen wird.
274
bb) Regelungsbedürfnis Der Erlass der einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 49 FamFG ein dringendes Regelungsbedürfnis voraus, da in sonstigen Familiensachen keine Sondervorschrift für das einstweilige Anordnungsverfahren besteht, sodass auf den Grundtatbestand des § 49 FamFG zurückgegriffen werden muss. Das Regelungsbedürfnis ist zu bejahen, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Verfügung über das Vermögen im Ganzen im Sinne des § 1365 Abs. 1 BGB vorliegen.
275
cc) Verfahrensbeteiligte Grundsätzlich sind nur die in einem etwaigen deckungsgleichen Hauptsacheverfahren beteiligten Personen, also die Ehegatten und/oder ggf. der Dritterwerber antragsberechtigt und damit Beteiligte im einstweiligen Anordnungsverfahren.
276
dd) Kein Anwaltszwang Einer anwaltlichen Vertretung im Verfahren der einstweiligen Anordnung bedarf es nicht (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG).
277
ee) Örtliche Zuständigkeit Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 50 FamFG. Zuständig ist danach das Gericht, das für eine deckungsgleiche Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre (§ 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Während der Anhängigkeit einer Ehesache bestimmt sich für Güterrechtssachen die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Gerichtsstandvorschriften der ZPO (§§ 12 f. ZPO) mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthalt tritt (§ 262 Abs. 2 FamFG). Bei Anhängigkeit der Ehesache besteht eine ausschließliche Zuständigkeit im Bezirk des Gerichts, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war. Ist bereits in erster Instanz eine deckungsgleiche Hauptsache anhängig, ist das erstinstanzliche Gericht für das einstweilige Anordnungsverfahren zuständig (§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG) oder das Beschwerdegericht, wenn die deckungsgleiche Hauptsache bereits bei dem Beschwerdegericht anhängig ist.
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278
§ 15
Rz. 279
Familienrecht
ff) Verfahrenseinleitung 279
Das Verfahren wird nur auf Antrag eingeleitet, der Antrag bedarf der Schriftform und kann zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts gestellt werden. Erforderlich ist ein bestimmter Sachantrag (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Antrag ist zu begründen, die Voraussetzungen für die einstweilige Anordnung sind glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Die Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel durch eidesstattliche Versicherung (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 294 ZPO).
280
Gerichtskosten werden erst nach Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 FamGKG). Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren ein Verfahrenskostenvorschuss (s. Rz. 135) geltend zu machen oder Verfahrenskostenhilfe (§§ 114 f. ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) zu beantragen. Wird ein isolierter Verfahrenskostenhilfeantrag für das beabsichtigte einstweilige Anordnungsverfahren gestellt, wird dem Antragsgegner zunächst Gelegenheit gegeben, im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren Einwendungen zu erheben, bevor die Antragsschrift zugestellt wird. gg) Verfahrensablauf
281
Dem Antragsgegner ist vor Erlass der Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren. Ob vor Erlass der Entscheidung eine mündliche Verhandlung stattfindet, steht im Ermessen des Gerichts (§ 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage und kann auf Antrag verkürzt werden (§§ 217, 226 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
282 " Wichtig: Wegen der Besonderheit des summarischen Verfahrens sind in der Verhandlung nur präsente Beweismittel zugelassen, Sachverständigengutachten können regelmäßig nicht eingeholt werden. hh) Beendigung des Verfahrens 283
Die Entscheidung über die einstweilige Anordnung ergeht durch Beschluss (§§ 38 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Die Entscheidung wird auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen und des materiellrechtlichen Anspruches getroffen. Die Entscheidung erwächst nicht in materieller Rechtskraft.
284
Der Beschluss ist zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung über das Antragsrecht nach § 52 FamFG zu versehen1. Wurde ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist über den Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG zu belehren2.
285
Eine Versäumnisentscheidung ist ausgeschlossen (§ 51 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Im Falle eines Anerkenntnisses wird ohne weitere Sachprüfung ein Anerkennt1 BT-Drucks. 16/6308, 201; Stößer in Prütting/Helms, § 51 FamFG Rz. 14; a.A. OLG Stuttgart v. 12.10.2009 – 16 WF 193/09, FamRZ 2010, 146 (wegen Unanfechtbarkeit des Beschlusses); Feskorn in Zöller, § 51 FamFG Rz. 11. 2 Schürmann, FamRB 2008, 375; Gießler/Soyka, Rz. 134.
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II. 1. e) Güterrechtssachen des § 261 Abs. 1 FamFG
Rz. 293
§ 15
nisbeschluss erlassen (§ 307 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Mit Ausnahme eines Anerkenntnisbeschlusses ist die Entscheidung über die einstweilige Anordnung zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 39 FamFG)1. Hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist auch über die Möglichkeit des Antrags auf Durchführung der mündlichen Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG zu belehren.
286
Die Beteiligten können das einstweilige Anordnungsverfahren durch Vergleich beenden, dessen Wirkung in der Regel nicht weiter reicht, als die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren, es sei denn, aus dem Vergleich lässt sich entnehmen, dass die Beteiligten nicht nur eine vorläufige Regelung, sondern eine endgültige Unterhaltsregelung herbeiführen wollten.
287
" Praxistipp: Bei Abschluss eines Vergleichs im einstweiligen Anordnungs- 288 verfahren ist zu empfehlen, in den Text die Formulierung „zur Erledigung des einstweiligen Anordnungsverfahrens“ oder „zur endgültigen Hauptsacheregelung“2 aufzunehmen.
ii) Kosten Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 91 f. ZPO). Die Grundentscheidung ist gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen.
289
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
290
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der Hauptsache (Auffangwert des § 42 Abs. 1 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
291
jj) Vollstreckung Die Vollstreckung erfolgt gemäß §§ 53, 120 Abs. 1 FamFG nach den Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung, einer Vollstreckungsklausel bedarf es nicht.
292
kk) Aufhebung/Abänderung Die Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung bestimmt sich nach § 54 FamFG. Hat das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Ver1 BT-Drucks. 16/6308, 201; Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 62; a.A. Feskorn in Zöller, § 51 FamFG Rz. 11; wegen Unanfechtbarkeit des Beschlusses OLG Stuttgart v. 12.10.2009 – 16 WF 193/09, FamRZ 2010, 146; Elzer in Bork/Jacoby/Schwab, § 39 FamFG Rz. 13. 2 Gießler/Soyka, Rz. 115.
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293
§ 15
Rz. 294
Familienrecht
handlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden, d.h. es müssen Veränderungen nach Erlass der Entscheidung eingetreten sein, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu verneinen ist1. 294
Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG). Die Abänderung oder Aufhebung ist rückwirkend möglich, weil die einstweilige Anordnung nicht in materieller Rechtskraft erwächst. Die Anträge nach § 54 FamFG sind nicht fristgebunden2; sie sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 303). Der Abänderungs- oder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
295 " Praxistipp: Das Verfahren über die Aufhebung oder Änderung der einstweiligen Anordnung löst keine besonderen Gebühren aus, wenn der Rechtsanwalt bereits in dem Anordnungsverfahren tätig war (§ 16 Nr. 5 RVG). ll) Aussetzung der Vollstreckung 296
Das Gericht kann die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung gemäß § 55 FamFG aussetzen oder beschränken, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden ist. Ist ein Antrag auf Aussetzung gestellt, ist über diesen Antrag vorab zu entscheiden (§ 55 Abs. 2 FamFG). Die Entscheidung über die Aussetzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG). mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens
297
Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG kann der Antragsgegner, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens erzwingen, um im Erkenntnisverfahren eine Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen und diese ggf. durch das Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen. Die Vorschrift zur Herbeiführung des Hauptsacheverfahrens lehnt sich weitestgehend an die für Arrest und einstweilige Verfügung geltende Vorschrift des § 926 ZPO an3. Grundsätzlich setzt § 52 FamFG voraus, dass eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, sodass Anträge auf Einleitung eines Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 FamFG nicht in Betracht kommen, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen wurde4. Die Anordnung zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens setzt einen Antrag des Antragsgegners voraus, der schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden kann. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsgegner durch die einstweilige Anordnung in seinen Rechten beeinträchtigt ist5. 1 2 3 4 5
Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 4; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 54 FamFG Rz. 2. Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12. BT-Drucks. 16/6308, 201. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. BT-Drucks. 16/6308, 201.
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II. 1. e) Güterrechtssachen des § 261 Abs. 1 FamFG
Rz. 303
§ 15
Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Fristsetzung für das Hauptsacheverfahren fehlt, wenn der Antragsteller bereits das Hauptsacheverfahren oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig gemacht, die einstweilige Anordnung keinen Bestand mehr hat, der zu sichernde Anspruch aus der einstweiligen Anordnung wegen Erfüllung oder Erledigung weggefallen ist oder der Antragsteller auf den Anspruch verzichtet hat1.
298
Entgegen dem Gesetzeswortlaut kann der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist2.
299
Wird der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens bzw. eines Antrages auf Verfahrenskostenhilfebewilligung für ein Hauptsacheverfahren zurückgewiesen, ist gegen diesen Beschluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt3, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG).
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Hat das Gericht dem Antrag stattgegeben, wird dem Antragsteller, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgegeben, binnen einer Frist von bis zu drei Monaten entweder das Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist die einstweilige Anordnung auf Antrag aufzuheben, der Beschluss ist unanfechtbar4.
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nn) Schadensersatz Wird die einstweilige Anordnung aufgehoben, besteht eine Schadensersatzpflicht desjenigen Beteiligten, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, da § 945 ZPO über § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG entsprechend anwendbar ist.
302
oo) Außerkrafttreten Die einstweilige Anordnung tritt gemäß § 56 FamFG bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Eine anderweitige Regelung kann die rechtskräftige Endentscheidung in der deckungsgleichen Hauptsache, ein aufhebender oder abändernder Beschluss nach § 54 FamFG, ein gerichtlich protokollierter Vergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 1 OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 52 FamFG Rz. 11. 2 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 3 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele. 4 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5.
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303
§ 15
Rz. 304
Familienrecht
Nr. 1 ZPO, eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO oder eine außergerichtliche Vereinbarung sein. Die einstweilige Anordnung tritt ebenfalls außer Kraft, wenn der Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig abgewiesen, die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig eingetreten ist (§ 56 Abs. 2 Nr. 1–4 FamFG). 304
Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist1. Zuständig ist das Gericht, das im einstweiligen Anordnungsverfahren im ersten Rechtszug zuletzt entschieden hat.
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Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure2 außer Kraft.
306
Der Beschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG) und ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
307
Das Beschlussverfahren gemäß § 56 Abs. 3 FamFG, in dem deklaratorisch das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung festgestellt wird3, dient vor allem als Nachweis für die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung gemäß §§ 775 Nr. 1, 776, 795 ZPO4.
308
Ist ein Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens der einstweiligen Anordnung zulässig, wird für einen Vollstreckungsabwehrantrag (§ 767 ZPO) in der Regel das Rechtsschutzinteresse zu verneinen sein5.
309 " Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG6 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss7. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden. pp) Kein Rechtsmittel 310
Sowohl der stattgebende als auch der ablehnende Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren in Güterrechtssachen sind unanfechtbar (§ 57 FamFG).
311–319 Einstweilen frei. 1 2 3 4 5 6
Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278. Gießler/Soyka, Rz. 278. Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278. Gießler/Soyka, Rz. 281. OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 7 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt.
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II. 1. f) Familiensachen des § 266 Abs. 1 FamFG
Rz. 323
§ 15
f) Einstweiliger Rechtsschutz in sonstigen Familiensachen des § 266 Abs. 1 FamFG aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch Für die in § 266 Abs. 1 FamFG genannten sonstigen Familiensachen, die ebenfalls zu den Familienstreitsachen zählen (§ 112 Nr. 3 FamFG), sind einstweilige Anordnungen statthaft, die Sicherungs- und Regelungsanordnungen oder Geund Verbote zum Inhalt haben. Weiteres Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes in den sonstigen Familiensachen im Sinne des § 266 Abs. 1 FamFG ist der Arrest gemäß §§ 916 f. ZPO (s. Rz. 365) z.B. zur Sicherung einer Schadensersatzoder Bereicherungsforderung1. Von dem Anwendungsbereich des § 49 FamFG werden vorrangig die Ansprüche auf Unterlassung und Abwehr von Störungen des räumlich gegenständlichen Bereichs der Ehe (§ 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) gegenüber dem anderen Ehegatten oder einem Dritten erfasst.
320
Zu den sonstigen Familiensachen, die Familienstreitsachen sind, gehören insbesondere
321
– gem. § 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG die Ansprüche aus einem gescheiterten Verlöbnis (§§ 1301, 1298 BGB); – gem. § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG alle aus § 1353 BGB (eheliche Lebensgemeinschaft) abgeleiteten Ansprüche persönlicher oder vermögensrechtlicher Art, wie z.B. die Ansprüche auf Mitwirkung bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung2 oder die Unterlassungs- und Abwehransprüche von Störungen des räumlich gegenständlichen Bereichs; regelbar sind im Wege der einstweiligen Anordnung auch Ansprüche auf Herausgabe der zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten/Lebenspartners bestimmten Sachen3; – gem. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG Ansprüche aus dem so genannten Nebengüterrecht (zB der Anspruch auf Rückabwicklung unbenannter Zuwendungen, Rückforderung von Zuwendungen von Schwiegereltern, die Auseinandersetzung der Miteigentumsgemeinschaft oder der Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Herausgabe persönlicher Gegenstände4); – gem. § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG Streitigkeiten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis (zB über die Verwaltung des Kindesvermögens) und – gem. § 266 Abs. 1 Nr. 5 FamFG Schadensersatzansprüche wegen Vereitelung des Umgangsrechts. Auf die Verfahren in sonstigen Lebenspartnerschaftssachen, die in § 269 Abs. 2 FamFG definiert sind, sind über § 270 FamFG die in sonstigen Familiensachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
322
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass dem Anspruchsteller materiellrechtlich ein Anspruch zusteht.
323
1 2 3 4
Gießler/Soyka, Rz. 595. Bömelburg in Prütting/Helms, § 266 FamFG Rz. 42. Gießler/Soyka, Rz. 657. Bömelburg in Prütting/Helms, § 266 FamFG Rz. 54.
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§ 15 324
Rz. 324
Familienrecht
Weitere sonstige Familiensachen sind in § 266 Abs. 2 FamFG definiert. Erfasst werden die Verfahren über einen Antrag gemäß § 1357 Abs. 2 Satz 1 BGB. Diese sonstigen Familiensachen sind FG-Familiensachen. Grundsätzlich besteht auch in diesen Angelegenheiten die Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß §§ 49 f. FamFG zu erlangen. Die Verfahren spielen in der Praxis jedoch nur eine untergeordnete Rolle, sodass von einer näheren Darstellung abgesehen wird. bb) Regelungsbedürfnis
325
Für die einstweilige Anordnung muss gemäß § 49 FamFG ein dringendes Bedürfnis für das sofortige Tätigwerden des Gerichts bestehen, das ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet1; in sonstigen Familiensachen besteht keine Sondervorschrift für das einstweilige Anordnungsverfahren, sodass auf den Grundtatbestand des § 49 FamFG zurückgegriffen werden muss. cc) Verfahrensbeteiligte
326
Grundsätzlich sind die in einem etwaigen Hauptsacheverfahren beteiligten Personen Beteiligte und damit im einstweiligen Anordnungsverfahren antragsberechtigt. dd) Kein Anwaltszwang
327
Einer anwaltlichen Vertretung bedarf es im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG). ee) Örtliche Zuständigkeit
328
Zuständig ist das Gericht, das für eine deckungsgleiche Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre (§ 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Während der Anhängigkeit einer Ehesache bestimmt sich für Güterrechtssachen die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Gerichtsstandvorschriften der ZPO (§§ 12 f. ZPO) mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthalt tritt (§ 262 Abs. 2 FamFG). Bei Anhängigkeit der Ehesache besteht eine ausschließliche Zuständigkeit im Bezirk des Gerichts, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war. Ist bereits in erster Instanz eine deckungsgleiche Hauptsache anhängig, ist das erstinstanzliche Gericht für das einstweilige Anordnungsverfahren zuständig (§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG) oder das Beschwerdegericht, wenn die deckungsgleiche Hauptsache bereits bei dem Beschwerdegericht anhängig ist. ff) Verfahrenseinleitung
329
Das einstweilige Anordnungsverfahren setzt einen Antrag voraus, der der Schriftform bedarf und einen bestimmten Sachantrag enthalten muss (§ 113 1 Feskorn in Zöller, § 49 FamFG Rz. 8.
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M 15.11
II. 1. f) Familiensachen des § 266 Abs. 1 FamFG
§ 15
Rz. 332
Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Antrag kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts gestellt werden (§ 129a ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Der Antrag ist zu begründen, die Voraussetzungen für die einstweilige Anordnung sind glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG). In der Regel erfolgt die Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 294 ZPO)1 (vgl. Rz. 49). Gerichtskosten werden erst nach Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 FamGKG). Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren ein Verfahrenskostenvorschuss (s. Rz. 135) geltend zu machen oder Verfahrenskostenhilfe (§§ 114 f. ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) zu beantragen. Wird ein isolierter Verfahrenskostenhilfeantrag für das beabsichtigte einstweilige Anordnungsverfahren gestellt, wird dem Antragsgegner zunächst Gelegenheit gegeben, im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren Einwendungen zu erheben, bevor die Antragsschrift zugestellt wird.
330
u
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in sonstigen Familiensachen
15.11
. . . beantragen wir,
331
im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen der Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – anzuordnen: 1. Dem Antragsgegner wird untersagt, Frau . . ., in der Ehewohnung oder auf dem zur Ehewohnung gehörenden Grundstück zu empfangen und ihr den Aufenthalt dort zu gestatten1. 2. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziff. 1 ausgesprochene Verbot ein Zwangsgeld bis zu 25 000 Euro und für den Fall, dass das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft bis zu sechs Monaten angedroht. 1 OLG Schleswig v. 2.11.1988 – 13 U 3 und 4/88, FamRZ 1989, 979; Gießler/Soyka, Rz. 644.
gg) Verfahrensablauf Dem Antragsgegner ist grundsätzlich vor Erlass der Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren, die Antragsschrift ist ihm daher förmlich zuzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 270 ZPO) und eine angemessene Frist zur Erwiderung zu setzen. Ist der Antrag offenkundig unzulässig und ein entsprechender Hinweis gemäß § 139 ZPO erfolgt, ist die vorherige Bekanntgabe an den Antragsgegner entbehrlich. Im Interesse der Beschleunigung kann das Gericht in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens2 (§ 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG) die Entscheidung ohne vorherige mündliche Verhandlung treffen. Die mündli1 BT-Drucks. 16/6308, 200. 2 BT-Drucks. 16/6308, 201.
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§ 15
Rz. 333
Familienrecht
che Verhandlung ist nicht öffentlich (§ 170 GVG). Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage (§ 217 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Auf Antrag kann die Frist verkürzt werden (§ 226 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). 333 " Wichtig: Wegen der Besonderheit des summarischen Verfahrens sind in der Verhandlung nur präsente Beweismittel zugelassen, Sachverständigengutachten können regelmäßig nicht eingeholt werden. hh) Beendigung des Verfahrens 334
Das Verfahren kann durch gerichtliche Entscheidung oder Vergleich beendet werden. Die Entscheidung des Gerichts wird auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen und des materiellrechtlichen Anspruches getroffen. Die Entscheidung erwächst nicht in materieller Rechtskraft. Der Beschluss ist zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung über das Antragsrecht nach § 52 FamFG zu versehen1. Wurde ohne mündliche Verhandlung entschieden, ist über den Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG zu belehren2.
335 " Praxistipp: Bei Abschluss eines Vergleichs im einstweiligen Anordnungsverfahren ist zu empfehlen, in den Text die Formulierung „zur Erledigung des einstweiligen Anordnungsverfahrens“ oder „zur endgültigen Hauptsacheregelung“3 aufzunehmen. ii) Kosten 336
Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 91 f. ZPO). Die Grundentscheidung ist gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen.
337
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
338
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der Hauptsache (Auffangwert des § 42 Abs. 1 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). jj) Vollstreckung
339
Die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung richtet sich gemäß § 53 FamFG i.V.m. § 120 FamFG nach den Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung, einer Vollstreckungsklausel bedarf es nicht.
1 BT-Drucks. 16/6308, 201; Stößer in Prütting/Helms, § 51 FamFG Rz. 14; a.A. OLG Stuttgart v. 12.10.2009 – 16 WF 193/09, FamRZ 2010, 146 (wegen Unanfechtbarkeit des Beschlusses); Feskorn in Zöller, § 51 FamFG Rz. 11. 2 Schürmann, FamRB 2008, 375; Gießler/Soyka, Rz. 134. 3 Gießler/Soyka, Rz. 115.
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II. 1. f) Familiensachen des § 266 Abs. 1 FamFG
Rz. 344
§ 15
kk) Aufhebung/Abänderung Die Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung richtet sich nach § 54 FamFG. Hat das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung des Beschlusses nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden. Dies setzt voraus, dass nach Erlass der Entscheidung Veränderungen eingetreten sind, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlt1.
340
Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG). Die Abänderung oder Aufhebung ist rückwirkend möglich, weil die einstweilige Anordnung nicht in materieller Rechtskraft erwächst. Die Anträge nach § 54 FamFG sind nicht fristgebunden2; die Anträge sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 349). Der Abänderungs- oder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
341
" Praxistipp: Das Verfahren über die Aufhebung oder Änderung der einstwei- 342 ligen Anordnung löst keine besonderen Gebühren aus, wenn der Rechtsanwalt bereits in dem Anordnungsverfahren tätig war (§ 16 Nr. 5 RVG).
ll) Aussetzung der Vollstreckung Das Gericht kann die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung gemäß § 55 FamFG aussetzen oder beschränken, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden ist. Über den Antrag auf Aussetzung ist vorab zu entscheiden (§ 55 Abs. 2 FamFG). Die Entscheidung über die Aussetzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Ein Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung ist grundsätzlich empfehlenswert.
343
mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG kann der Antragsgegner, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens erzwingen, um im Erkenntnisverfahren eine Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen und diese ggf. durch das Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen. Die Vorschrift zur Herbeiführung des Hauptsacheverfahrens lehnt sich weitestgehend an die für Arrest und einstweilige Verfügung geltende Vorschrift des § 926 ZPO an3. Grundsätzlich setzt § 52 FamFG voraus, dass eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, sodass Anträge auf Einleitung eines Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 FamFG nicht in Betracht kommen, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen 1 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 4; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 54 FamFG Rz. 2. 2 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12. 3 BT-Drucks. 16/6308, 201.
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344
§ 15
Rz. 345
Familienrecht
wurde1. Die Anordnung zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens setzt einen Antrag des Antragsgegners voraus, der schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden kann. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsgegner durch die einstweilige Anordnung in seinen Rechten beeinträchtigt ist2. 345
Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Fristsetzung für das Hauptsacheverfahren fehlt, wenn der Antragsteller bereits das Hauptsacheverfahren oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig gemacht, die einstweilige Anordnung keinen Bestand mehr hat, der zu sichernde Anspruch aus der einstweiligen Anordnung wegen Erfüllung oder Erledigung weggefallen ist oder der Antragsteller auf den Anspruch verzichtet hat3.
346
Entgegen dem Gesetzeswortlaut kann der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist4.
347
Wird der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens bzw. eines Antrages auf Verfahrenskostenhilfebewilligung für ein Hauptsacheverfahren zurückgewiesen, ist gegen diesen Beschluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt5, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG).
348
Hat das Gericht dem Antrag stattgegeben, wird dem Antragsteller, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgegeben, binnen einer Frist von bis zu drei Monaten entweder das Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist die einstweilige Anordnung auf Antrag aufzuheben, der Beschluss ist unanfechtbar6. nn) Außerkrafttreten
349
Die einstweilige Anordnung tritt gemäß § 56 FamFG bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Eine anderweitige Regelung kann die rechtskräftige Endentscheidung in der deckungsgleichen 1 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 2 BT-Drucks. 16/6308, 201. 3 OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 52 FamFG Rz. 11. 4 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 5 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele. 6 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5.
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II. 1. f) Familiensachen des § 266 Abs. 1 FamFG
Rz. 356
§ 15
Hauptsache, ein aufhebender oder abändernder Beschluss nach § 54 FamFG, ein gerichtlich protokollierter Vergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO oder eine außergerichtliche Vereinbarung sein. Die einstweilige Anordnung tritt ebenfalls außer Kraft, wenn der Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig abgewiesen, die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig eingetreten ist (§ 56 Abs. 2 Nr. 1–4 FamFG). Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist1. Zuständig ist das Gericht, das im einstweiligen Anordnungsverfahren im ersten Rechtszug zuletzt entschieden hat.
350
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure2 außer Kraft.
351
Der Beschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG) und ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
352
Das Beschlussverfahren gemäß § 56 Abs. 3 FamFG, in dem deklaratorisch das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung festgestellt wird3, dient vor allem als Nachweis für die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung gemäß §§ 775 Nr. 1, 776, 795 ZPO4.
353
Ist ein Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens der einstweiligen Anordnung zulässig, wird für einen Vollstreckungsabwehrantrag (§ 767 ZPO) in der Regel das Rechtsschutzinteresse zu verneinen sein5.
354
" Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 355 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG6 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss7. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden.
oo) Kein Rechtsmittel Sowohl der stattgebende als auch der ablehnende Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren in sonstigen Familiensachen ist unanfechtbar (§ 57 FamFG). 1 2 3 4 5 6
Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278. Gießler/Soyka, Rz. 278. Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 278. Gießler/Soyka, Rz. 281. OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 7 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt.
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§ 15
Rz. 357
Familienrecht
pp) Schadensersatz 357
Wird die einstweilige Anordnung aufgehoben, besteht eine Schadensersatzpflicht desjenigen Beteiligten, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, da § 945 ZPO über § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG entsprechend anwendbar ist.
358–364 Einstweilen frei.
2. Arrest a) Allgemeine Grundsätze 365
Ein weiteres Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes in Familienstreitsachen stellt der Arrest (§ 119 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 916 f. ZPO) dar. Das Arrestverfahren ist grundsätzlich in Unterhaltssachen (§ 231 Abs. 1 FamFG) und in sonstigen Familiensachen (§ 266 Abs. 1 FamFG) bzw. in den entsprechenden Lebenspartnerschaftssachen gemäß § 269 Abs. 1 Nr. 8–10 FamFG zulässig, praxisrelevant ist der Arrest aber vor allem zur Sicherung von Zugewinnausgleichsansprüchen.
366
Im Unterschied zur einstweiligen Anordnung nach § 49 FamFG dient der Arrest der Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen wegen Geldforderungen (§ 916 Abs. 1 ZPO).
367
Das Arrestgesuch unterliegt nicht dem Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 6 FamFG i.V.m. § 78 Abs. 3 ZPO), weil der Arrestantrag zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden kann (§ 920 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 129a Abs. 1 ZPO)1. Dies gilt auch für den Widerspruch gegen den ohne mündliche Verhandlung erlassenen Arrest2. Erst wenn im Arrestverfahren eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, müssen sich die Beteiligten durch einen Anwalt vertreten lassen (§ 114 Abs. 1 FamFG)3.
368
Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich auf die praxisrelevanten Arrestverfahren in Unterhalts- und Zugewinnausgleichssachen. Zu den Einzelheiten der allgemeinen Voraussetzungen für das Arrestverfahren, die sich in Familiensachen nicht vom Arrestverfahren in Zivilsachen unterscheiden, wird auf die Ausführungen in §§ 4 und 5 dieses Buches verwiesen. b) Sicherung einer Unterhaltsforderung aa) Arrestgesuch
369
Die Einleitung des Arrestverfahrens erfordert ein Arrestgesuch. Das Arrestgesuch muss keinen bestimmten Sachantrag gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO enthalten. Aus dem Arrestgesuch muss jedoch hervorgehen, ob ein persönlicher oder dinglicher Arrest beantragt wird. Der persönliche Arrest kann nur angeord1 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 8. 2 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 8. 3 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 8; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 119 FamFG Rz. 18.
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II. 2. b) Sicherung einer Unterhaltsforderung
Rz. 375
§ 15
net werden, wenn die erforderliche Sicherung des Gläubigers nicht durch dinglichen Arrest erreicht werden kann1, sodass in der Regel der persönliche Arrest in der Praxis keine Bedeutung hat. Das Arrestgesuch für ein minderjähriges gemeinschaftliches Kind ist entweder in gesetzlicher Verfahrensstandschaft gemäß § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB oder in gesetzlicher Vertretung gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB zu stellen (s. Rz. 36).
370
bb) Zuständigkeit Sachlich zuständig für den Arrest ist das Familiengericht (§§ 23a Nr. 1, 23b GVG). Örtlich zuständig ist grundsätzlich sowohl das Gericht der Hauptsache als auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person befindet (§ 919 ZPO).
371
Das Gericht der Hauptsache ist nach den allgemeinen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit in Unterhaltssachen gemäß §§ 232, 233 FamFG (s. Rz. 42) zu bestimmen. Ist eine Hauptsache noch nicht anhängig, ist Arrestgericht das Gericht, das für das Hauptsacheverfahren gemäß § 232 FamFG zuständig wäre. Ist die Hauptsache bereits anhängig, ist gemäß §§ 919, 943 Abs. 1 ZPO dieses Gericht auch für den Erlass des Arrestes zuständig.
372
Wahlweise kann der Arrest bei dem Amtsgericht der Belegenheit (§ 919 Alt. 2 ZPO) beantragt werden, jedoch nur, wenn keine vorrangige ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 232 Abs. 1 FamFG besteht, da die Zuständigkeit nach § 232 Abs. 1 FamFG der ausschließlichen Zuständigkeit eines anderen Gerichts vorgeht (§ 232 Abs. 2 FamFG).
373
Ist das Hauptsacheverfahren in der Beschwerdeinstanz anhängig, ist das Oberlandesgericht für den Erlass des Arrestes zuständig.
374
cc) Arrestanspruch Arrestanspruch ist die Hauptsacheforderung, deren Vollstreckung für den Fall ihrer in der Regel späteren Titulierung gesichert werden soll2. Betroffen sind alle Geldforderungen sowie vermögensrechtlichen Ansprüche, soweit diese in eine Geldforderung übergehen können3. Sicherbar sind alle Unterhaltsansprüche, die auch im Wege einer einstweiligen Anordnung (s. Rz. 21) oder in einem Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden können, d.h. die durch die Ehe oder eine Lebenspartnerschaft begründete Unterhaltspflicht, der Kindes- oder sonstige Verwandtenunterhalt und die Ansprüche auf Unterhalt für die/den nichteheliche/n Mutter/Vater. Voraussetzung ist, dass der zu sichernde Anspruch in der Hauptsache einklagbar wäre.
1 Vgl. OLG Bamberg v. 3.7.2003 – 2 UF 48/03, OLGR Bamberg 2005, 206;Vollkommer in Zöller, § 918 ZPO Rz. 1. 2 Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 1. 3 Vollkommer in Zöller, § 916 ZPO Rz. 4.
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§ 15
Rz. 376
Familienrecht
376
Die materiellrechtlichen Grundlagen sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 294 ZPO). Der Arrestanspruch zur Sicherung künftigen Unterhalts besteht unabhängig davon, ob bereits ein Titel über die künftig fällig werdenden Unterhaltsleistungen besteht oder nicht1. Weder eine bereits anhängige Hauptsache noch ein bereits bestehender vollstreckbarer Unterhaltstitel lässt das Sicherungsbedürfnis für die künftig fällig werdenden Unterhaltsansprüche durch einen Arrest entfallen2, weil die Vollstreckung aus einem Titel für künftig fällige wiederkehrende Leistungen nicht vor Fälligkeit der jeweiligen Unterhaltsbeträge zulässig ist (§ 751 ZPO)3.
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Zur Sicherung rückständigen Unterhalts ist der Arrest nur zulässig, wenn die Unterhaltsansprüche noch nicht rechtskräftig tituliert sind4 oder die sofortige Wirksamkeit (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FamFG) des Beschlusses nicht angeordnet wurde.
378 " Praxistipp: Künftige, bisher noch nicht titulierte Unterhaltsansprüche können im Wege des Arrestes nur gesichert werden, wenn der Unterhaltsanspruch in der Hauptsache einklagbar wäre; für die Sicherung zukünftigen nachehelichen Unterhalts einschließlich des Altersvorsorgeunterhalts setzt dies die Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens voraus5. dd) Arrestgrund 379
Besteht die Besorgnis, dass ohne Arrest die künftige Durchsetzung des Unterhaltsanspruches vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 917 Abs. 1 ZPO), ist ein Arrestgrund gegeben. Der Arrestgrund ist darzulegen und glaubhaft zu machen.
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Ein Arrestgrund wurde z.B. bejaht bei Verdacht der Veräußerung eines erheblichen Vermögenswertes6, bei Verdacht der Veräußerung der letzten noch vorhandenen Vermögenswerte vor der Vollstreckung bei undurchsichtigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen7, bei Beiseiteschaffen von Vermögen8 und bei beabsichtigtem Wegzug ins Ausland9.
381
Ein Arrestgrund wurde z.B. verneint bei verweigerter Einkommensauskunft10 und bei Auswanderungsverdacht ohne Veräußerungsabsicht bei noch vorhandenem umfangreichem inländischem Vermögen11. 1 OLG Hamm v. 18.1.1980 – 2 UF 30/80, FamRZ 1980, 391; Gießler/Soyka, Rz. 400; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 8. 2 OLG Hamm v. 18.1.1980 – 2 UF 30/80, FamRZ 1980, 391. 3 Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 12. 4 Gießler/Soyka, Rz. 417. 5 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 6; Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 8; Gießler/Soyka, Rz. 403; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 486. 6 OLG Karlsruhe v. 17.10.1996 – 2 UF 140/96, FamRZ 1997, 622. 7 OLG Hamm v. 18.1.1980 – 2 UF 30/80, FamRZ 1980, 391. 8 OLG Hamm v. 20.6.1995 – 3 UF 51/95, FamRZ 1995, 1427. 9 KG v. 27.3.1985 – 18 UF 6755/84, FamRZ 1985, 730. 10 OLG München v. 10.8.1999 – 12 WF 1136/99, FamRZ 2000, 965 (LS). 11 OLG Stuttgart v. 5.1.1996 – 11 UF 223/95, FamRZ 1997, 181.
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Kühner
II. 2. b) Sicherung einer Unterhaltsforderung
Rz. 388
§ 15
ee) Entscheidung Über das Arrestgesuch kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 922 Abs. 1 ZPO). Eine mündliche Verhandlung wird dann nicht anzuordnen sein, wenn die vorherige Anhörung des Schuldners den Zweck des Arrestes gefährden würde1.
382
Der Arrestbefehl muss die Geldforderung nach Grund und Betrag, die Art des Arrestes und die Lösungssumme (§ 923 ZPO) bezeichnen sowie die Kostenentscheidung enthalten2. Werden künftige Unterhaltszahlungen mit dem Arrest gesichert, muss in der Entscheidung der zu sichernde Zeitraum festgelegt werden. Bei minderjährigen Kindern kommt eine Absicherung der Unterhaltsansprüche bis zum Eintritt der Volljährigkeit in Betracht3, für den Trennungsunterhalt bemisst sich die zeitliche Begrenzung an der voraussichtlich eintretenden Rechtskraft der Ehescheidung. Soll nachehelicher Unterhalt gesichert werden, kommt es für die Bestimmung des jeweiligen Sicherungszeitraums darauf an, wie lange nachehelicher Unterhalt voraussichtlich geschuldet wird. Die Zeitspanne kann nur einzelfallbezogen bestimmt werden und erfordert eine Interessenabwägung zwischen Gläubiger und Schuldner4.
383
Das Gericht kann die Anordnung des Arrestes von einer Sicherheitsleistung durch den Gläubiger abhängig machen (§ 921 Abs. 2 ZPO).
384
Wird keine Sicherheitsleistung angeordnet, kann der Arrestbefehl auch eine Forderungspfändung (§ 930 ZPO)5, die Pfändung in ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk (§ 931 ZPO)6, die Eintragung einer Arresthypothek (§ 932 ZPO) bzw. in den Fällen des persönlichen Arrestes den Erlass eines Haftbefehls (§§ 933, 909 ZPO)7 anordnen.
385
" Wichtig: Die Vollziehungsmaßnahmen gemäß §§ 930–932 ZPO werden 386 nur auf einen Antrag des Gläubigers angeordnet.
Auf Antrag des Schuldners kann das Gericht mit der Arrestanordnung dem Gläubiger aufgeben, das Hauptsacheverfahren rechtshängig zu machen (§ 926 ZPO)8.
387
ff) Vollziehung Der Arrest wird erst wirksam mit Vollziehung. Die Vollziehung muss binnen eines Monats erfolgen (§ 119 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO). Wurde der Arrestbefehl ohne mündliche Verhandlung erlassen, beginnt die Vollziehungsfrist mit Zustellung oder Aushändigung des Beschlusses an den Gläubiger.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 2. KG v. 27.3.1985 – 18 UF 6755/84, FamRZ 1985, 730. Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 486: nicht mehr als fünf Jahre. Vollkommer in Zöller, § 930 ZPO Rz. 3; Gießler/Soyka, Rz. 329. Vollkommer in Zöller, § 931 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 933 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 9; Gießler/Soyka, Rz. 329. Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 5.
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388
§ 15
Rz. 389
Familienrecht
389
Innerhalb der Vollziehungsfrist muss der Gläubiger den Arrestbeschluss im Parteiwege dem Schuldner zustellen (§ 922 Abs. 2 ZPO) und die Vollstreckung beantragt haben1.
390
Die Vollstreckung vor Zustellung des Beschlusses ist zulässig (§ 929 Abs. 3 ZPO), die Zustellung muss jedoch innerhalb einer Woche nach Einleitung der Vollstreckung nachgeholt worden sein.
391
Wird die Vollziehungsfrist versäumt, ist der Arrestbeschluss auf Antrag aufzuheben (§ 927 ZPO).
392 " Praxistipp: Sobald der Verkündungstermin bekannt ist, sollte nicht nur der Verkündungstermin, sondern auch sofort die Monatsfrist notiert werden. gg) Rechtsbehelfe 393
Hat das Gericht dem Arrestantrag ohne mündliche Verhandlung stattgegeben, kann der Unterhaltspflichtige nur Widerspruch einlegen (§ 924 ZPO)2.
394
Wurde der Arrestantrag ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen oder dem Antrag zwar stattgegeben, gleichzeitig aber eine Sicherheitsleistung durch den Gläubiger angeordnet, ist streitig, ob für den Gläubiger die befristete Beschwerde innerhalb eines Monats3 nach § 58 FamFG oder die sofortige Beschwerde innerhalb von zwei Wochen4 gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eingelegt werden muss. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte die Zwei-Wochen-Frist für die sofortige Beschwerde eingehalten werden.
395
Bei veränderten Umständen, z.B. wegen Wegfall des Arrestanspruchs oder Erledigung des Arrestgrundes5, kann der Schuldner mit dem Aufhebungsantrag gemäß § 927 ZPO gegen den Arrestbeschluss vorgehen.
396
Im Übrigen bleibt dem Schuldner die Möglichkeit, den Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens durch den Gläubiger zu stellen (§ 926 Abs. 1 ZPO). Dies setzt allerdings voraus, dass noch keine deckungsgleiche Hauptsache anhängig ist.
397
Die Erhebung eines negativen Feststellungsantrags ist ebenfalls zulässig, das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag entfällt jedoch mit Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens.
1 BGH v. 15.12.2005 – I ZB 63/05, NJW 2006, 1290; Gießler/Soyka, Rz. 333; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 493; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 10. 2 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 9; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 119 FamFG Rz. 18. 3 OLG München v. 16.11.2010 – 33 UF 1650/10, FamRZ 2011, 746; OLG Karlsruhe v. 5.8.2010 – 18 UF 100/10, FamRZ 2011, 234. 4 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 9; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 119 FamFG Rz. 18; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 495. 5 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 1.
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Kühner
M 15.12
II. 2. b) Sicherung einer Unterhaltsforderung
§ 15
Rz. 409
hh) Schadensersatz 398
Während gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG in einstweiligen Anordnungsverfahren in Unterhaltssachen des § 231 Abs. 1 FamFG ein Schadensersatzanspruch gemäß § 945 ZPO ausgeschlossen ist, ist die Vorschrift im Arrestverfahren anwendbar. Die Schadensersatzpflicht setzt jedoch voraus, dass der Arrestbeschluss von Anfang an ungerechtfertigt war, also weder ein Arrestanspruch noch ein Arrestgrund bestand oder der Arrest wegen Versäumung der Frist für die Einleitung des Hauptsacheverfahrens gemäß § 926 Abs. 2 ZPO aufgehoben wurde.
u
Antrag auf dinglichen Arrest zur Sicherung eines Unterhaltsanspruches
15.12
399
In der Familiensache der Frau . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen Herrn . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . beantragen wir – wegen der besonderen Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – folgenden Arrestbefehl zu erlassen: Zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen rückständigen und künftigen Trennungsunterhalts der Antragstellerin in Höhe von monatlich . . . Euro ab dem . . . sowie einer Kostenpauschale von . . . Euro den dinglichen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Antragsgegners anzuordnen.
ii) Kosten Der Arrestbeschluss muss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 91 f. ZPO).
400
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
401
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der zu sichernden Hauptsache, der nach dem Auffangwert des § 42 Abs. 1 FamGKG zu bestimmen ist, weil § 51 FamGKG nicht unmittelbar anwendbar ist.
402
403–409
Einstweilen frei.
Kühner
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§ 15
Rz. 410
Familienrecht
c) Sicherung der Zugewinnausgleichsforderung 410
Mit Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 ist die Sicherung einer Zugewinnausgleichsforderung wesentlich vereinfacht worden. Der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts am 1.7.20091 bestehende Streit, ob und unter welchen Voraussetzungen die Zugewinnausgleichsforderung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gesichert werden konnte, hat sich erledigt. Die Vorschrift des § 1389 BGB a.F. sah einen materiellrechtlichen Kautionsanspruch vor, mit dem ein Ehegatte bei Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrags oder einer Klage auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft Sicherheitsleistung verlangen konnte, wenn wegen des Verhaltens des anderen Ehegatten die Besorgnis der Gefährdung seines zukünftigen Zugewinnausgleichsanspruches bestand. Streitig war, ob dieser Anspruch mit Arrest bzw. einstweiliger Verfügung gesichert werden konnte. § 1389 BGB wurde überflüssig, nachdem bei Gefährdung des Zugewinnausgleichsanspruchs seit 1.9.2009 ein Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1385 Nr. 2 BGB zulässig ist; die Vorschrift wurde mit Wirkung ab 1.9.2009 aufgehoben. Der Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich kann nunmehr ausschließlich durch Arrest gesichert werden2.
411
Grundsätzlich kann nicht nur die bereits fällige Zugewinnausgleichsforderung im Wege des Arrestes gesichert werden, sondern auch die künftige Zugewinnausgleichsforderung. Die Sicherung der künftigen Zugewinnausgleichsforderung setzt voraus, dass der zu sichernde Anspruch auf Zugewinn einklagbar ist3. Diese Voraussetzung ist erfüllt entweder ab Rechtshängigkeit – eines Antrags auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (§§ 1385, 1386 BGB)4, – eines Scheidungsantrags5 oder – ab Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft.
412 " Wichtig: Vor Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrags oder eines Antrags auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft besteht für den ausgleichsberechtigten Ehegatten zur Sicherung der Zugewinnausgleichsforderung nur ein mittelbarer Schutz gemäß §§ 1365–1370 BGB bzw. § 1390 BGB; eine Sicherung durch einstweilige Anordnung oder Arrest ist nicht möglich.
1 2 3 4
BGBl. I 2009, 1696. BT-Drucks. 16/10798, 19. Vollkommer in Zöller, § 917 ZPO Rz. 8; Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 7. OLG Brandenburg v. 29.9.2008 – 13 UF 68/08, FamRZ 2009, 446; OLG Karlsruhe v. 29.8.2006 – 5 UF 173/06, FamRZ 2007, 408; OLG München v. 30.5.2006 – 12 UF 1118/06, FamRZ 2007, 1101; OLG Hamburg v. 9.10.2001 – 2 UF 61/01, FamRZ 2003, 238; Gießler/Soyka, Rz. 615. 5 OLG Brandenburg v. 29.9.2008 – 13 UF 68/08, FamRZ 2009, 446; OLG Karlsruhe v. 29.8.2006 – 5 UF 173/06, FamRZ 2007, 408; OLG München v. 30.5.2006 – 12 UF 1118/06, FamRZ 2007, 1101; OLG Hamburg v. 9.10.2001 – 2 UF 61/01, FamRZ 2003, 238; Gießler/Soyka, Rz. 615.
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II. 2. c) Sicherung der Zugewinnausgleichsforderung
Rz. 416
§ 15
Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, ein Veräußerungsverbot im Wege der einstweiligen Anordnung nach §§ 49 f. FamFG zu beantragen (vgl. Rz. 270). aa) Arrestgesuch Die Einleitung des Arrestverfahrens erfordert ein Arrestgesuch. Aus dem Arrestgesuch muss jedoch hervorgehen, ob ein dinglicher oder persönlicher Arrest beantragt wird. Die Anordnung eines persönlichen Arrestes kann nur erlangt werden, wenn die erforderliche Sicherung des Gläubigers nicht durch dinglichen Arrest erreicht werden kann1, sodass der persönliche Arrest in der Regel nicht praxisrelevant ist.
413
bb) Zuständigkeit Sachlich zuständig für den Arrest in Güterrechtssachen (§ 262 FamFG) ist das Familiengericht (§§ 23a Nr. 1, 23b GVG). Örtlich zuständig ist grundsätzlich gemäß § 919 ZPO das Gericht der Hauptsache als auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person befindet.
414
Das Gericht der Hauptsache bestimmt sich nach § 262 FamFG.
415
Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist danach zu differenzieren, ob eine zukünftige oder eine bereits entstandene Zugewinnausgleichsforderung gesichert werden soll:
416
– Die Sicherung der zukünftigen Ausgleichsforderung setzt die Rechtshängigkeit eines Hauptsacheverfahrens (Scheidungsantrag oder Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich) voraus, sodass bei Rechtshängigkeit der Ehesache das Gericht der Ehesache (§ 122 FamFG) ausschließlich zuständig ist. Hauptsache kann ein Stufenantrag (§ 254 ZPO i.V.m. § 1385 BGB) sein, ein isolierter bezifferter Leistungsantrag nach Beendigung des Güterstandes durch vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gemäß § 1386 BGB, die Folgesache Zugewinnausgleich im Verbund, und zwar entweder als Stufenantrag oder als bezifferter Leistungsantrag. – Ist das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich rechtshängig, ist dieses Gericht auch für den Arrest örtlich zuständig. Zu beachten ist, das sich die örtliche Zuständigkeit für das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß § 262 FamFG danach richtet, ob bereits eine Ehesache anhängig ist oder nicht. Ist die Ehesache noch nicht anhängig, richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Verfahrens auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach den allgemeinen Gerichtsstandsregeln der §§ 12 f. ZPO mit der Maßgabe, dass anstelle des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthaltsort des Antragsgegners tritt (§ 262 Abs. 2 FamFG). Ist die Ehesache bereits anhängig, ist auch für das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich das Gericht der Ehesache ausschließlich zuständig (§ 262 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Arrestgericht ist in diesem Fall also auch das Gericht der Ehesache. 1 Vollkommer in Zöller, § 918 ZPO Rz. 1.
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§ 15
Rz. 417
Familienrecht
– Die Zugewinnausgleichsforderung entsteht mit Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Beendigung des Güterstandes tritt in der Regel mit Rechtskraft der Ehescheidung oder der Entscheidung über die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ein. Sind die Eheleute rechtskräftig geschieden und ist noch kein Hauptsacheverfahren Zugewinnausgleich anhängig, ist Arrestgericht das Gericht, das für das Hauptsacheverfahren gemäß § 262 FamFG zuständig wäre. Ist die Hauptsache bereits anhängig, ist gemäß §§ 919, 943 Abs. 1 ZPO dieses Gericht auch für den Erlass des Arrestes zuständig. 417
Wurde der Güterstand durch eine Endentscheidung, mit der die Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben wurde, beendet (§ 1388 BGB), sind folgende Fälle zu unterscheiden: – Wurde der Güterstand lediglich durch das Gestaltungsverfahren gemäß § 1386 BGB beendet und ist keine Ehesache anhängig, richtet sich die Zuständigkeit des Arrestgerichts nach § 262 Abs. 2 FamFG. – Wurde ein Stufenantrag (§ 254 ZPO) auf vorzeitigen Zugewinngemeinschaft bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (§ 1385 BGB) erhoben, wird der Güterstand beendet, wenn bereits dem Gestaltungsantrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich stattgegeben wurde. Mit dem Stufenantrag ist jedoch bereits der unbezifferte Leistungsantrag anhängig geworden, sodass damit auch bereits die Hauptsache anhängig ist mit der Folge, dass das Arrestverfahren bei diesem Gericht zu beantragen ist. Die Zuständigkeit kann sich verändern, wenn in der Folgezeit die Ehesache rechtshängig wird. In diesem Fall sind sowohl das Stufenverfahren als auch das Arrestverfahren an das Gericht der Ehesache abzugeben (§ 263 FamFG).
418
Wahlweise kann der Arrest auch bei dem Amtsgericht der Belegenheit (§ 919 2. Alt. ZPO) beantragt werden, jedoch nur, wenn keine vorrangige ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 262 Abs. 1 Satz 1 FamFG besteht, da eine Zuständigkeit nach dieser Vorschrift der ausschließlich Zuständigkeit eines anderen Gerichts vorgeht (§ 262 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
419
Ist das Hauptsacheverfahren in der Beschwerdeinstanz anhängig, ist das Oberlandesgericht für den Erlass des Arrestes zuständig. cc) Arrestanspruch
420
Die voraussichtliche Zugewinnausgleichsforderung ist darzulegen und glaubhaft zu machen (§§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). An die Darlegung und Glaubhaftmachung sind keine hohen Anforderungen zu stellen, da dem Gläubiger regelmäßig ein genauer Einblick in die Vermögenswerte des anderen Ehegatten fehlt und ein vorhergehender Auskunftsantrag nicht zwingend ist1. Ausreichend ist, dass die Darlegung des Gläubigers und die ihm mögliche eingeschränkte Beweisführung Bestand und Höhe der Ausgleichsforderung wahrscheinlich machen2. 1 OLG Brandenburg v. 29.9.2008 – 13 UF 68/08, FamRZ 2009, 446; OLG Düsseldorf v. 9.11.1990 – 3 UF 98/90, FamRZ 1991, 351; Gießler/Soyka, Rz. 619. 2 OLG Düsseldorf v. 9.11.1990 – 3 UF 98/90, FamRZ 1991, 351.
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II. 2. c) Sicherung der Zugewinnausgleichsforderung
Rz. 424
§ 15
dd) Arrestgrund Ein Arrestgrund ist gegeben, wenn die Besorgnis besteht, dass die Durchsetzung des künftigen Zugewinnausgleichsanspruches ohne den Arrest vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 917 Abs. 1 ZPO). Die Gefährdung der Durchsetzung ergibt sich in der Regel aus dem Verhalten des ausgleichspflichtigen Ehegatten1.
421
Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Verminderung oder der Verlust der Zugewinnausgleichsforderung des berechtigten Ehegatten durch die Vornahme einer der in § 1365 BGB oder § 1375 Abs. 2 BGB bezeichneten (illoyalen) Handlungen zu befürchten ist, besteht ein Anspruch auf vorzeitigen Zugewinn (§ 1385 BGB), der unmittelbar durch Arrest gesichert werden kann2. § 1385 BGB sichert jedoch nur den materiellrechtlichen Anspruch auf Zugewinn als solchen, während mit dem Arrest die Durchsetzung der künftigen Forderung gesichert wird.
422
Maßgeblich ist, ob durch eine entsprechende Handlung die Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist. Eine Gefährdung kann nach der Vorstellung des Gesetzgebers3 in folgenden Fällen angenommen werden:
423
– Mit der Trennung beginnt der Ehemann, sein Aktienvermögen zu veräußern und die Festgeldkonten aufzulösen; das Geld transferiert er ohne wirtschaftlichen Grund auf sein Girokonto. – Unmittelbar nach der Trennung inseriert die Ehefrau die in ihrem Alleineigentum befindliche vermietete Eigentumswohnung, die als Kapitalanlage einen erheblichen Teil ihres Vermögens darstellt, zum Verkauf, obwohl dies wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. – Während der Ehezeit hat der Ehemann ein kleines Vermögen erspart, während der Ehe lebten die Ehegatten in einfachen Vermögensverhältnissen. Unmittelbar nach der Trennung bucht der Ehemann für sich und seine Freundin eine Luxuskreuzfahrt. Die Rechtsprechung bejaht einen Arrestgrund bei beabsichtigter Veräußerung eines das wesentliche Vermögen darstellenden Grundstücks4, bei wissentlich grob falscher Auskunft über das Endvermögen5, im Falle der Besorgnis der Erschwerung oder Vereitelung der Vollstreckung6, bei häufigem Wechsel des Wohnsitzes, beabsichtigtem Wegzug ins Ausland7, es sei denn, es ist noch ausreichendes Vermögen im Inland vorhanden8. 1 2 3 4
5 6 7 8
Gießler/Soyka, Rz. 621. BT-Drucks. 16/10798, 29. BT-Drucks. 16/10798, 29. OLG Brandenburg v. 29.9.2008 – 13 UF 68/08, FamRZ 2009, 446 (Übertragung des Grundbesitzes auf den eigenen Sohn); OLG Naumburg v. 30.1.2008 – 8 WF 4/08, FamRZ 2008, 2202; OLG München v. 30.5.2006 – 12 UF 1118/06, FamRZ 2007, 1101; OLG Hamm v. 17.5.2002 – 33 U 7/02, FamRZ 2003, 758. OLG Frankfurt v. 12.9.1995 – 3 UF 172/95, FamRZ 1996, 747. OLG Dresden v. 7.12.2006 – 21 UF 410/06, FamRZ 2007, 1029. KG v. 27.3.1985 – 18 UF 6755/84, FamRZ 1985, 730. OLG Stuttgart v. 5.1.1996 – 11 UF 223/95, FamRZ 1997, 181.
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§ 15
Rz. 425
Familienrecht
ee) Entscheidung 425
Über das Arrestgesuch kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 922 Abs. 1 ZPO). Würde die vorherige Anhörung des Schuldners den Zweck des Arrestes gefährden, wird eine mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen sein1.
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Der Arrestbefehl muss die Geldforderung nach Grund und Betrag, die Art des Arrestes und die Lösungssumme (§ 923 ZPO) bezeichnen sowie die Kostenentscheidung enthalten2. Die Anordnung des Arrestes kann von einer Sicherheitsleistung durch den Gläubiger abhängig gemacht werden (§ 921 Abs. 2 ZPO).
427
Auf Antrag des Gläubigers kann der Arrestbeschluss auch die Forderungspfändung (§ 930 ZPO)3, die Pfändung in ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk (§ 931 ZPO)4, die Eintragung einer Arresthypothek (§ 932 ZPO) bzw. in den Fällen des persönlichen Arrestes den Erlass eines Haftbefehls (§§ 933, 909 ZPO)5 enthalten.
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Auf Antrag des Schuldners kann das Gericht dem Gläubiger mit der Arrestanordnung oder später durch gesonderten Beschluss aufgeben, das Hauptsacheverfahren rechtshängig zu machen (§ 926 ZPO)6. ff) Vollziehung
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Der Arrest wird erst wirksam mit Vollziehung. Die Vollziehung muss binnen eines Monats erfolgen (§ 119 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO). Wurde der Arrestbefehl ohne mündliche Verhandlung erlassen, beginnt die Vollziehungsfrist mit Zustellung oder Aushändigung des Beschlusses an den Gläubiger.7
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Innerhalb der Vollziehungsfrist muss der Gläubiger den Arrestbeschluss im Parteiwege dem Schuldner zustellen (§ 922 Abs. 2 ZPO) und die Vollstreckung beantragt haben8.
431
Die Vollstreckung vor Zustellung des Beschlusses ist zulässig (§ 929 Abs. 3 ZPO), die Zustellung muss jedoch innerhalb einer Woche nach Einleitung der Vollstreckung nachgeholt worden sein.
432
Wird die Vollziehungsfrist versäumt, ist der Arrestbeschluss auf Antrag aufzuheben (§ 927 ZPO).
433 " Praxistipp: Sobald der Verkündungstermin bekannt ist, sollte nicht nur der Termin, sondern auch sofort die Monatsfrist notiert werden. 1 2 3 4 5 6 7 8
Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 2. Vollkommer in Zöller, § 930 ZPO Rz. 3; Gießler/Soyka, Rz. 329. Vollkommer in Zöller, § 931 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 933 ZPO Rz. 1. Vollkommer in Zöller, § 926 ZPO Rz. 9; Gießler/Soyka, Rz. 329. Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 5. BGH v. 15.12.2005 – I ZB 63/05, NJW 2006, 1290; Gießler/Soyka, Rz. 333; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 493; Vollkommer in Zöller, § 929 ZPO Rz. 10.
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Kühner
M 15.13
II. 2. c) Sicherung der Zugewinnausgleichsforderung
§ 15
Rz. 440
gg) Rechtsbehelfe Hat das Gericht dem Arrestantrag ohne mündliche Verhandlung stattgegeben, kann der Unterhaltspflichtige nur Widerspruch einlegen (§ 924 ZPO)1.
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Wurde der Arrestantrag ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen oder dem Antrag zwar stattgegeben, gleichzeitig aber eine Sicherheitsleistung durch den Gläubiger angeordnet, ist streitig, ob für den Gläubiger die befristete Beschwerde innerhalb eines Monats2 nach § 58 FamFG oder die sofortige Beschwerde innerhalb von zwei Wochen3 gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eingelegt werden muss. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte die Zwei-Wochen-Frist für die sofortige Beschwerde eingehalten werden.
435
Im Übrigen kann der Unterhaltsschuldner bei veränderten Umständen, z.B. wegen Wegfall des Arrestanspruches oder Erledigung des Arrestgrundes4, mit dem Aufhebungsantrag gemäß § 927 ZPO gegen den Arrestbeschluss vorgehen.
436
Im Übrigen bleibt dem Schuldner die Möglichkeit, den Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens durch den Gläubiger zu stellen (§ 926 Abs. 1 ZPO). Dies setzt allerdings voraus, dass noch keine Hauptsache anhängig ist.
437
Die Erhebung eines negativen Feststellungsantrags ist ebenfalls zulässig, das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag entfällt jedoch mit Rechtshängigkeit eines Hauptsacheverfahrens.
438
hh) Schadensersatz Während gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG in einstweiligen Anordnungsverfahren in Unterhaltssachen des § 231 Abs. 1 FamFG ein Schadensersatzanspruch gemäß § 945 ZPO ausgeschlossen ist, ist die Vorschrift im Arrestverfahren anwendbar. Die Schadensersatzpflicht setzt jedoch voraus, dass der Arrestbeschluss von Anfang an ungerechtfertigt war, also weder ein Arrestanspruch noch ein Arrestgrund bestand oder der Arrest wegen Versäumung der Frist für die Einleitung des Hauptsacheverfahrens gemäß § 926 Abs. 2 ZPO aufgehoben wurde.
439
u
Antrag auf dinglichen Arrest zur Sicherung einer Zugewinnausgleichsforderung
15.13
. . . beantragen wir,
440
1 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 9; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 119 FamFG Rz. 18. 2 OLG München v. 16.11.2010 – 33 UF 1650/10, FamRZ 2011, 746; OLG Karlsruhe v. 5.8.2010 – 18 UF 100/10, FamRZ 2011, 234. 3 Helms in Prütting/Helms, § 119 FamFG Rz. 9; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 119 FamFG Rz. 18; Schmitz in Wendl/Dose, § 10 Rz. 495. 4 Vollkommer in Zöller, § 927 ZPO Rz. 1.
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451
§ 15
Rz. 441
Familienrecht
M 15.13
im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen der Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – Folgendes anzuordnen: Zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer künftigen Zugewinnausgleichsforderung des Antragstellers in Höhe von . . . Euro sowie einer Kostenpauschale von . . . Euro wird der dingliche Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Antragsgegnerin angeordnet. Für den Fall, dass der Arrestbeschluss erlassen wird, beantragen wir zugleich, in Vollziehung des Arrestes ist im Grundbuch der Antragsgegnerin auf ihrem Grundstück in . . ., eingetragen im Grundbuch von . . ., Blatt . . ., AG . . ., eine Arresthypothek, und zwar bis zu einem Höchstbetrag von . . . Euro, für den Antragsteller einzutragen.
ii) Kosten 441
Der Arrestbeschluss muss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 91 f. ZPO).
442
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 f. FamGKG).
443
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Wert der zu sichernden Hauptsache, der nach dem Auffangwert des § 42 Abs. 1 FamGKG zu bestimmen ist, weil § 35 FamGKG nicht unmittelbar anwendbar ist.
444–449 Einstweilen frei.
III. Einstweiliger Rechtsschutz in FG-Familiensachen 1. Allgemeines 450
Als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes ist in FG-Familiensachen nur die einstweilige Anordnung gemäß §§ 49 f. FamFG zulässig, die Sicherung von Ansprüchen im Wege des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung ist ausgeschlossen. Das einstweilige Anordnungsverfahren in FG-Familiensachen (s. Rz. 12) ist insbesondere in den Kindschaftssachen des § 151 FamFG, also Sorgeund Umgangsrechts- sowie Kindesherausgabeverfahren, den Ehewohnungsund Haushaltssachen gemäß § 200 FamFG und den Gewaltschutzsachen des § 210 FamFG von praktischer Bedeutung. Die Voraussetzungen des einstweiligen Anordnungsverfahrens bestimmen sich nach §§ 49 f. FamFG, die durch die Sondervorschriften in Kindschaftssachen gemäß § 156 Abs. 3 FamFG und § 157 Abs. 1 FamFG sowie in Gewaltschutzsachen durch § 214 FamFG ergänzt werden. Die FG-Familiensachen unterliegen dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG), der nur in § 27 FamFG bzw. für Haushaltssachen in § 206 FamFG eingeschränkt wird. Die allgemeinen Vorschriften der ZPO und die Vorschriften der ZPO über die Verfahren vor den Landgerichten sind in FG-Familiensachen aufgrund der fehlenden Verweisung in § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht anwendbar.
452
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 455
§ 15
" Wichtig: In den kindschaftsrechtlichen Rechtsfürsorgeangelegenheiten des 451 § 151 FamFG, also Sorge-, Umgangsrechts- und Kindesherausgabeverfahren, aber auch in Betreuungs- und Unterbringungs- sowie Freiheitsentziehungsangelegenheiten, können einstweilige Anordnungen auch von Amts wegen erlassen werden, während in allen anderen FG-Familiensachen das Gericht nur auf Antrag tätig werden kann. Im Gesetz wird ausdrücklich zwischen Antragsverfahren (§ 23 FamFG) und Amtsverfahren (§ 24 FamFG) unterschieden.
Jedes einstweilige Anordnungsverfahren in FG-Familiensachen setzt nach dem Grundtatbestand des § 49 Abs. 1 FamFG ein dringendes Regelungsbedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden voraus. Möglich sind vorläufige Sicherungs- oder Regelungsanordnungen (§ 49 Abs. 2 Satz 1 FamFG) und/oder die Anordnung von Ge- oder Verboten (§ 49 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Zugleich kann das Gericht mit der einstweiligen Anordnung auch die zu ihrer Durchführung erforderlichen Anordnungen treffen (§ 49 Abs. 2 FamFG).
452
Im Unterschied zu einstweiligen Anordnungen in Familienstreitsachen (s. Rz. 12) sind einstweilige Anordnungen in FG-Familiensachen unter den in § 57 FamFG genannten Voraussetzungen mit dem Rechtsmittel der Beschwerde überprüfbar.
453
2. Einstweilige Anordnungen in Kindschaftssachen a) Sorgerechtsangelegenheiten aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch Der Regelungsbereich umfasst grundsätzlich die Übertragung der gesamten alleinigen Personen- und Vermögenssorge oder eines Teils der elterlichen Sorge (Aufenthaltsbestimmungsrecht) zwischen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten gemäß § 1671 BGB. Ein Anordnungsantrag auf Übertragung der Alleinsorge wird jedoch regelmäßig daran scheitern, dass kein dringendes Regelungsbedürfnis vorliegt. Erfasst werden auch Einzelmaßnahmen nach § 1628 BGB, wonach einem Elternteil die alleinige Entscheidung in einer bestimmten Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung sind, übertragen werden kann. Hierunter fallen z.B. Entscheidungen über die Auswahl der weiterführenden Schule, über Schulwechsel bzw. Internatsunterbringung, Umzug oder die Ausstellung eines Kinderausweises. Gemäß § 9 Abs. 3 LPartG werden auch Streitigkeiten zwischen den Lebenspartnern über die Befugnis zur Mitentscheidung in Bezug auf die Kinder eines Lebenspartners erfasst.
454
Bei Kindeswohlgefährdung (§ 1666 BGB) hat das Gericht die Befugnis, von Amts wegen einstweilige Anordnungen betreffend die elterliche Sorge zu beschließen. Gegenstand einer einstweiligen Anordnung kann auch die Abänderung einer bereits wirksamen Hauptsacheentscheidung in einer Sorgerechtssache sein, wenn die Voraussetzungen der Kindeswohlgefährdung gemäß § 1666 BGB vorliegen1.
455
1 Gießler/Soyka, Rz. 818.
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§ 15
Rz. 456
Familienrecht
456
Die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren soll zwar nur eine vorläufige Regelung darstellen und die Hauptsache nicht vorwegnehmen. Die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren in Rechtsfürsorgeangelegenheiten kann jedoch die endgültige Entscheidung beeinflussen1, weil bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren rein faktisch eine (weitere) Entfremdung des Kindes zum anderen Elternteil eintreten kann und/oder die Bindung zwischen Kind und betreuendem Elternteil stärker wird mit der Folge, dass es auch im Hauptsacheverfahren bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits getroffenen Entscheidung bleibt.
457
Um ein solches Ergebnis zu verhindern, sollte der nicht betreuende Elternteil möglichst frühzeitig einen umfassenden Umgangsrechtsantrag stellen.
458
Die Übertragung des Sorgerechts auf einen Vormund oder eines Teils der elterlichen Sorge auf einen Pfleger ist im Wege der einstweiligen Anordnung nur wegen der Gefährdung des Kindeswohls oder des Kindesvermögens gemäß §§ 1666, 1666a BGB von Amts wegen möglich2. bb) Dringendes Regelungsbedürfnis
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Sorgerechtsangelegenheiten setzt ein dringendes Bedürfnis (§ 49 FamFG) für ein sofortiges Einschreiten des Gerichts voraus, das ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet3. Ein dringendes Bedürfnis besteht, wenn ein Zuwarten bis zur Endentscheidung im Hauptsacheverfahren das Kindeswohl nachhaltig beeinträchtigen würde4. Die Übertragung der gesamten elterlichen Sorge im Wege der einstweiligen Anordnung ist daher auf Ausnahmefälle beschränkt5. Zu berücksichtigen ist, dass die einstweilige Anordnung die endgültige Sorgerechtsregelung beeinflussen kann, sodass die Entscheidung nur aufgrund einer Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles getroffen werden kann, die sich vorrangig am Kindeswohl zu orientieren hat6. Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden sich daher regelmäßig auf die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teil der gesamten elterlichen Sorge oder auf die Übertragung der Entscheidungsbefugnis in einzelnen Angelegenheiten beschränken. Die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil, soweit sie über das Aufenthaltsbestimmungsrecht hinausgeht, stellt einen erheblichen Eingriff in das Elternrecht des anderen Elternteils nach Art. 6 GG dar7. Selbst die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge in einem Hauptsacheverfahren erfordert die Be1 BVerfG v. 13.11.2008 – 1 BvR 1192/08, FamRZ 2009, 189; OLG Hamburg v. 4.2.1986 – 12 WF 1/86 S, FamRZ 1986, 481; Feskorn in Zöller, § 49 FamFG Rz. 16. 2 Gießler/Soyka, Rz. 830. 3 OLG Brandenburg v. 28.6.2011 – 10 WF 229/10, FamRZ 2012, 236 (LS); OLG Koblenz v. 29.9.2008 – 13 WF 794/08, FamRZ 2009, 987; Feskorn in Zöller, § 49 FamFG Rz. 8. 4 OLG Hamm v. 28.7.2011 – II-8 UF 86/11, FamRZ 2012, 236; OLG Stuttgart v. 25.1.2010 – 17 UF 15/10, FamRZ 2010, 1678. 5 Gießler/Soyka, Rz. 828. 6 BVerfG v. 27.6.2008 – 1 BvR 1265/08, FamRZ 2009, 189; Feskorn in Zöller, § 49 FamFG Rz. 16. 7 BVerfG v. 1.3.2004 – 1 BvR 738/01, FamRZ 2004, 1015.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 462
§ 15
rücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, sodass die Gerichte deshalb mit Teilentscheidungen als milderes Mittel begnügen müssen, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut1. Erst recht müssen diese Grundsätze für die Übertragung der Alleinsorge in einem einstweiligen Anordnungsverfahren gelten, das nur vorläufigen und summarischen Charakter hat. Die Übertragung der Alleinsorge im Wege der einstweiligen Anordnung kommt z.B. in Betracht bei missbräuchlicher Ausübung der elterlichen Sorge durch Vernachlässigung des Kindes oder Erziehungsungeeignetheit2 oder wenn sich in einem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren abzeichnet, welchem Elternteil das Sorgerecht möglicherweise übertragen werden wird3. cc) Verfahrensbeteiligte Grundsätzlich sind beide Elternteile Verfahrensbeteiligte des einstweiligen Anordnungsverfahrens, entweder als Beteiligte kraft Gesetzes (§ 7 Abs. 1 FamFG) oder kraft Hinzuziehung (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Das minderjährige Kind ist ebenfalls Verfahrensbeteiligter und wird grundsätzlich von den sorgeberechtigten Eltern ungeachtet ihrer eigenen Verfahrensbeteiligung gesetzlich vertreten4 (§ 1629 BGB). Bei Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kind kann durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands (§ 158 FamFG) für eine wirksame Interessenvertretung des Kindes Sorge getragen werden, sodass selbst in diesem Fall den Eltern die Vertretungsbefugnis nicht entzogen werden darf5. Mit seiner Bestellung wird der Verfahrensbeistand Beteiligter des Verfahrens (§ 158 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Das Jugendamt wird nur auf Antrag am Verfahren beteiligt (§§ 7 Abs. 6, 162 Abs. 2 FamFG).
460
dd) Kein Anwaltszwang Das gesamte Verfahren der einstweiligen Anordnung in FG-Familiensachen, und damit auch in Sorgerechtssachen, unterliegt nicht dem Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG).
461
ee) Örtliche Zuständigkeit Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit richtet sich nach § 50 FamFG. Örtlich zuständig ist danach das Gericht, das auch für die deckungsgleiche Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre. Ist oder war eine Ehesache im ersten Rechtszug anhängig, ist ausschließlich das Gericht der Ehesache für den Erlass der einstweiligen Anordnung zuständig (§ 152 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Ist keine Ehesache anhängig, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 152 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Gewöhnlicher Aufenthalt 1 2 3 4 5
BVerfG v. 1.3.2004 – 1 BvR 738/01, FamRZ 2004, 1015. OLG Saarbrücken v. 2.8.2007 – 9 WF 90/07, FamRZ 2008, 711; Gießler/Soyka, Rz. 828. Gießler/Soyka, Rz. 828. BGH v. 7.9.2011 – XII ZB 12/11, FamRZ 2011, 1788. BGH v. 7.9.2011 – XII ZB 12/11, FamRZ 2011, 1788.
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§ 15
Rz. 463
Familienrecht
ist der Ort, an dem eine gewisse Integration des Kindes in ein soziales und familiäres Umfeld zu erkennen ist1. Eine nur geringe oder vorübergehende Aufenthaltsdauer begründet regelmäßig keinen gewöhnlichen Aufenthalt2. 463 " Wichtig: Bei eigenmächtiger Änderung des Aufenthalts des Kindes kann das eigentlich nach § 152 Abs. 2 FamFG zuständige Gericht das Verfahren an das Gericht des früheren gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes verweisen, es sei denn, dem anderen Elternteil steht das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht zu oder die Änderung des Aufenthaltsortes war zum Schutz des Kindes oder des betreuenden Elternteils erforderlich (§ 154 FamFG). Die Verweisung nach § 3 FamFG ist für das Empfangsgericht bindend3. 464
Ist ein einstweiliges Anordnungsverfahren in einem Sorgerechtsverfahren in erster Instanz anhängig, ist das Verfahren an das Gericht der Ehesache abzugeben, wenn bei einem anderen Gericht die Ehesache rechtshängig wird (§ 153 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 FamFG).
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Ist bereits ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren anhängig, ist für das einstweilige Anordnungsverfahren das Gericht des ersten Rechtszuges oder bei Anhängigkeit der Hauptsache beim Beschwerdegericht das Beschwerdegericht zuständig (§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG). ff) Verfahrenseinleitung
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Das einstweilige Anordnungsverfahren wird entweder auf Antrag eines Elternteils oder beider Eltern eingeleitet. Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden. Der Antrag ist zu begründen; die Voraussetzungen der Anordnung, insbesondere das dringende Regelungsbedürfnis4, sind glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz FamFG). Die Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel durch eidesstattliche Versicherung, § 31 FamFG (s. Rz. 49).
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Gerichtskosten werden erst mit Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 FamGKG).
468
Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren Verfahrenskostenhilfe zu beantragen oder ein Verfahrenskostenvorschussanspruch (s. Rz. 135) geltend zu machen.
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Das Gericht kann ein einstweiliges Anordnungsverfahren aber auch von Amts wegen einleiten, wenn die Gefahr der Kindeswohlgefährdung besteht (§§ 1666, 1666a BGB). Die Einleitung eines amtswegigen Verfahrens kann von dritter Seite angeregt werden (§ 24 FamFG).
1 2 3 4
EuGH v. 22.12.2010 – C-497/10 PPU, FamRZ 2011, 617. OLG Hamm v. 13.7.2010 – 2 Sdb (Fams) Zust. 21/10, FamRZ 2011, 395. BT-Drucks. 16/9733, 293; Stößer in Prütting/Helms, § 154 FamFG Rz. 4. Stößer in Prütting/Helms, § 51 FamFG Rz. 4.
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M 15.14
III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 474
§ 15
u
Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
15.14
. . . namens und kraft Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir,
470
im Wege der einstweiligen Anordnung der Antragstellerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind . . ., geb. am . . ., zu übertragen.
gg) Verfahrensablauf Das einstweilige Anordnungsverfahren unterliegt dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 26 FamFG. Es bestimmt sich nach den Vorschriften, die für eine deckungsgleiche Hauptsache gelten (§ 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Dies bedeutet, dass das Gericht sowohl das Kind (§ 159 FamFG) als auch die Eltern (§ 160 Abs. 2 FamFG) sowie das Jugendamt (§ 162 Abs. 1 FamFG) zwingend anhören muss. Das Kind muss persönlich (mündlich) angehört werden, der persönlichen Anhörung der Eltern bedarf es nur in Verfahren, die Maßnahmen zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung betreffen (§ 160 Abs. 1 FamFG). Nur aus schwerwiegenden Gründen darf von der Anhörung abgesehen werden, sie ist jedoch unverzüglich nachzuholen.
471
Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung erlassen werden. Wird terminiert, muss nur eine angemessene Frist zwischen Ladung und Termin liegen; eine Mindestfrist von unter drei Tagen wird wohl nur bei besonderer Eilbedürftigkeit angemessen sein1. Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht, die Herausgabe des Kindes oder Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung betreffen, sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen (§ 155 FamFG). Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden (§ 155 Abs. 2 Satz 2 FamFG).
472
Wegen des Vorrangs- und Beschleunigungsgebots gemäß § 155 Abs. 1 FamFG dürfte eine Verlegung des frühen ersten Termins, die nur aus zwingenden Gründen zulässig ist, lediglich im Falle einer Terminskollision mit einem Termin in einer anderen eilbedürftigen Kindschaftssache möglich sein2.
473
hh) Beendigung des Verfahrens Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist grundsätzlich zu begründen (§ 38 Abs. 3 FamFG). Auf eine Begründung kann in Ausnahmefällen (§ 38 Abs. 4 FamFG) verzichtet werden, z.B. wenn der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben (§ 38 Abs. 4 Nr. 3 FamFG). Der Beschluss ist mit einer Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) zu versehen und den Beteiligten bekannt zu geben (§ 41 FamFG). Der Beschluss wird bereits mit Bekanntgabe wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG). Die Entscheidung ist nicht nur 1 Abramenko in Prütting/Helms, § 32 FamFG Rz. 25, 26; Feskorn in Zöller, § 32 FamFG Rz. 6. 2 BT-Drucks. 16/6308, 236.
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474
§ 15
Rz. 475
Familienrecht
den Eltern und dem Jugendamt (§ 162 Abs. 3 Satz 1 FamFG), sondern auch dem Kind, das bereits das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist, bekannt zu machen (§ 64 Satz 1 FamFG), weil dem Kind gemäß § 60 Satz 1 FamFG ein eigenes Beschwerderecht in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten zusteht, ohne dass es einer Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters bedarf. Ist ein Verfahrensbeistand bestellt, ist diesem die Entscheidung bekannt zu geben. Der Beschluss ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. 475 " Wichtig: Mit dem Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge sollte zugleich ein Antrag auf Kindesherausgabe (s. Rz. 570) gestellt werden, weil Sorgerechtsentscheidungen nicht vollstreckbar sind. 476
Gemäß § 36 FamFG können die Beteiligten das Verfahren durch Vergleich (§ 36 FamFG) beenden. Auf eine gütliche Einigung der Beteiligten soll das Gericht sogar hinwirken (§ 36 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Die Dispositionsbefugnis der Beteiligten findet allerdings ihre Einschränkung in Sorgerechtssachen nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB und § 1671 Abs. 3 BGB i.V.m. § 1666 BGB1. ii) Kosten
477
Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82 FamFG).
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Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 0,3 erhoben (KV Nr. 1410 FamGKG).
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Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Regelwert 3 000 Euro, hiervon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 45 Abs. 1 und 3 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 45 Abs. 3 FamGKG).
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In der Kostenentscheidung wird die Erstattung der außergerichtlichen Kosten in der Regel nicht angeordnet, diese trägt jeder Beteiligte selbst. jj) Vollstreckung
481
Einstweilige Anordnungen betreffend die Regelung der elterlichen Sorge wirken lediglich rechtsgestaltend und sind einer Vollstreckung nicht zugänglich. Der Antragsteller ist daher bei Verweigerung der Herausgabe nach Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der gesamten elterlichen Sorge gezwungen, eine Herausgabeanordnung zu erwirken, die gemäß § 86 FamFG durch Anordnung eines Ordnungsgeldes – ersatzweise Ordnungshaft – bzw. durch unmittelbaren Zwang (§ 90 FamFG) gegenüber dem zur Herausgabe Verpflichteten vollzogen werden kann.
1 Borth in Musielak, § 36 FamFG Rz. 3; vgl. auch BGH v. 16.3.2011 – XII ZB 407/10, FamRZ 2011, 797 m. Anm. Völker.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 486
§ 15
kk) Aufhebung/Abänderung Die Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung richtet sich nach § 54 FamFG. Hat das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung des Beschlusses nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden. Dies setzt voraus, dass nach Erlass der Entscheidung Veränderungen eingetreten sind, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlt1.
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Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG). Die Anträge nach § 54 FamFG sind nicht fristgebunden2; die Anträge sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 492). Der Abänderungsoder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
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" Praxistipp: Das Verfahren über die Aufhebung oder Änderung der einstwei- 484 ligen Anordnung löst keine besonderen Gebühren aus, wenn der Rechtsanwalt bereits in dem Anordnungsverfahren tätig war (§ 16 Nr. 5 RVG).
ll) Aussetzung der Vollstreckung Die Vollstreckung einer Sorgerechtsentscheidung kann gemäß § 55 FamFG ausgesetzt werden, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Änderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden ist. Sorgerechtsentscheidungen sind zwar nicht vollstreckbar, die Vorschrift ist dennoch anwendbar3. Mit der Aussetzung kann die Vollziehung der Entscheidung z.B. über das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das dem anderen Elternteil übertragen wurde, verhindert und ggf. ein mehrfacher Aufenthaltswechsel des Kindes zwischen den Eltern vermieden werden4. Über den Aussetzungsantrag ist vorab zu entscheiden (§ 55 Abs. 2 FamFG). Dem Antrag ist nur stattzugeben, wenn der Antrag auf Aufhebung oder Abänderung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Der Beschluss über die Aussetzung ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
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mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Der Beteiligte, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, kann ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren mit besseren Erkenntnismöglichkeiten5 unter den Voraussetzungen des § 52 FamFG erzwingen, um im ordentlichen Erkenntnisverfahren eine abschließende Klärung zu erreichen und ggf. die erstinstanzliche
1 2 3 4 5
Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 4; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 54 FamFG Rz. 2. Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12. Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 2. Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 2; Gießler/Soyka, Rz. 837. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 1.
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486
§ 15
Rz. 487
Familienrecht
Entscheidung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde (§§ 58 f. FamFG) überprüfen zu lassen. 487
Ist bereits ein Hauptsacheverfahren oder ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig, besteht für den Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis1.
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Im Antragsverfahren bestimmt sich das Erzwingungsverfahren nach § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG.
489
Wurde die einstweilige Anordnung von Amts wegen erlassen, richtet sich die Einleitung des Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 1 FamFG. Auf Antrag muss das Gericht das Hauptsacheverfahren einleiten, kann jedoch mit Erlass der einstweiligen Anordnung bereits eine Wartefrist für den Antrag bestimmen, um zu vermeiden, dass vorschnell ein Hauptsacheverfahren eingeleitet wird2 (§ 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Diese Frist darf höchstens drei Monate betragen (§ 52 Abs. 1 Satz 3 FamFG).
490
Die Fristsetzung hat zu unterbleiben, wenn das Gericht bei Erlass der einstweiligen Anordnung bereits zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens entschlossen ist3. Ein vor Fristablauf im amtswegigen Verfahren gestellter Antrag ist unzulässig (§ 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Uneinigkeit besteht darüber, ob der verfrühte Antrag auf die Zeit nach Fristablauf fortwirkt und das Gericht nach Ablauf der Wartefrist das Hauptsacheverfahren einleiten muss4.
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Wurde die einstweilige Anordnung auf Antrag erlassen, bestimmt sich die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 FamFG. In diesen Verfahren muss das Gericht auf Antrag dem Beteiligten, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgeben, binnen einer Frist von bis zu drei Monaten ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen (§ 52 Abs. 2 FamFG). Dieser Antrag auf Anordnung einer Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kann entgegen dem Gesetzeswortlaut bereits hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist5. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist ist die einstweilige Anordnung aufzuheben, ohne dass es eines gesonderten Antrags bedarf6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar7. Wird der Antrag auf Fristsetzung zurückgewiesen, ist gegen diesen Be1 OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1. 2 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3. 3 BT-Drucks. 16/6308, 201. 4 So wohl Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3; Schürmann, FamRB 2008, 375; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 3. 5 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 6 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 6; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 7 BT-Drucks. 16/6308, 201.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 496
§ 15
schluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt1, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG). nn) Außerkrafttreten Die einstweilige Anordnung tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 FamFG, insbesondere bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG), sofern das Gericht nicht einen früheren Zeitpunkt bestimmt hat. Als anderweitige Regelung kommt in Sorgerechtssachen insbesondere eine Endentscheidung in einer deckungsgleichen Hauptsache in Betracht, sofern in der Hauptsache eine Sachentscheidung ergeht und der Antrag nicht nur als unzulässig zurückgewiesen wird2.
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Eine anderweitige Endentscheidung ist z.B.
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– der Beschluss im isolierten Sorgerechtsverfahren, – die Folgesache Sorgerecht im Verbundbeschluss oder – eine aus dem Verbund abgetrennte (§ 140 Nr. 3 FamFG) Entscheidung über die elterliche Sorge. Auch ein abändernder oder aufhebender Beschluss gemäß § 54 FamFG kann eine anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG sein.
" Wichtig: Für das Außerkrafttreten stellt § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf das 494 Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung ab. In den FG-Familiensachen, d.h. auch in Sorgerechtssachen, wird die Endentscheidung im Unterschied zu Familienstreitsachen bereits mit Bekanntgabe wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 41 FamFG). Handelt es sich bei der Endentscheidung um ein Sorgerechtsverfahren, über das als Folgesache einheitlich im Verbundbeschluss entschieden wurde, wird die Folgesache Sorgerecht jedoch erst mit Rechtskraft der Ehesache wirksam (§ 148 FamFG).
Die einstweilige Anordnung kann auch aus sonstigen Gründen gemäß § 56 Abs. 2 FamFG außer Kraft treten, d.h. z.B. wenn der deckungsgleiche Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig zurückgewiesen wurde oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig (zB. durch Tod eines Beteiligten) eingetreten ist. Durch eine Versöhnung der Kindeseltern wird die einstweilige Anordnung nicht hinfällig, sie gilt bis zu einer Aufhebung gemäß § 54 Abs. 1 FamFG fort3.
495
Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist4. Zuständig ist das Gericht, das zuletzt im
496
1 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele. 2 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3. 3 KG v. 22.9.1993 – 1 W 2432/93, FamRZ 1994, 119; Gießler/Soyka, Rz. 841. 4 BT-Drucks. 16/6308, 202; Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10.
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§ 15
Rz. 497
Familienrecht
ersten Rechtszug in dem einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden hat1. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure2 außer Kraft. Der Beschluss, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist, kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG). 497 " Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG3 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss4. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden. 498 " Praxistipp: Der Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens löst weder Gerichtskosten noch besondere Anwaltsgebühren aus. oo) Rechtsmittel 499
Entscheidungen des Gerichts aufgrund mündlicher Erörterung in Sorgerechtssachen sind anfechtbar (§ 57 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Abweichend von § 620c Satz 1 ZPO a.F. kann auch die Entscheidung, mit der ein Antrag auf Sorgerechtsregelung zurückgewiesen wird, mit der Beschwerde angefochten werden5.
500
Zulässiges Rechtsmittel ist die Beschwerde (§ 58 FamFG). Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Die Zwei-Wochen-Frist gilt auch für die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.6 Die Beschwerde muss gemäß § 64 Abs. 1 FamFG durch Einreichung der Beschwerdeschrift bei dem Familiengericht eingelegt werden, das den Beschluss erlassen hat. Sie kann durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 64 Abs. 2 FamFG). Die inhaltlichen Voraussetzungen der Beschwerdeschrift regelt § 64 Abs. 2 FamFG.
501
Beschwerdeberechtigt sind die Beteiligten, deren Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt werden (§ 59 Abs. 1 FamFG). Hierzu gehören in Sorgerechtsange1 Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. 2 Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. 3 OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 4 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt. 5 BT-Drucks. 16/6308, 202. 6 So auch KG v. 18.4.2011 – 16 UF 52/11, FamRZ 2012, 51; OLG Zweibrücken v. 8.10.2010 – 6 WF 196/10, FamRZ 2011, 497; Stößer in Prütting/Helms, § 57 FamFG Rz. 12; a.A.: Monatsfrist gemäß § 63 Abs, 2 Nr. 1 FamFG Feskorn in Zöller, § 63 FamFG Rz. 3; Althammer in Johannsen/Henrich, § 63 FamFG Rz. 3; Sternal in Keidel/ Giers, § 63 FamFG Rz. 14.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 512
§ 15
legenheiten regelmäßig die Eltern, das minderjährige Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat (§ 60 FamFG), der Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs. 4 FamFG im Interesse des Kindes oder das Jugendamt (§ 162 Abs. 3 FamFG) und ggf. die Pflegeeltern1. Die Beschwerde soll begründet werden (§ 65 Abs. 1 FamFG). Die Begründungspflicht dient der Verfahrensförderung2. Das Beschwerdegericht kann dem Beschwerdeführer eine (angemessene) Frist zur Begründung der Beschwerde setzen. Die Ausgestaltung als Sollvorschrift stellt sicher, dass die Beschwerde nicht als unzulässig verworfen werden kann, wenn die Begründung unterbleibt.
502
Im Beschwerdeverfahren besteht kein Anwaltszwang.
503
" Wichtig: Die Einlegung der Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, 504 sodass mit Einlegung der Beschwerde der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 55 Abs. 1 FamFG (s. Rz. 485) gestellt und sowohl die Beschwerde als auch der Aussetzungsantrag vorläufig begründet werden sollten.
505–509
Einstweilen frei. b) Umgangssachen aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch
Durch einstweilige Anordnung kann das Gericht auf Antrag den persönlichen Umgang der Eltern mit einem gemeinsamen Kind (§§ 1626, 1684 BGB) regeln, die einstweilige Anordnung kann auch auf eine Einschränkung des Umgangsrechts oder die Anordnung so genannten beschützten Umgangs (§ 1684 Abs. 4 BGB) gerichtet sein. Grundsätzlich kann das Umgangsrecht auch im Wege der einstweiligen Anordnung ausgeschlossen werden3, dürfte aber wegen des summarischen Charakters des Verfahrens nur in Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen sein, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Selbst im Hauptsacheverfahren ist ein Umgangsrechtsausschluss für längere Zeit oder auf Dauer nur zulässig, wenn anderenfalls das Kindeswohl gefährdet wäre (§ 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB). Grundsätzlich kommt auch eine einstweilige Anordnung zur Regelung des Umgangsrechts dritter Personen, z.B. den Großeltern mit dem Kind gemäß § 1685 BGB in Betracht.
510
Bei Kindeswohlgefährdung (§ 1666 BGB) hat das Gericht die Befugnis, von Amts wegen einstweilige Anordnungen betreffend das Umgangsrecht zu beschließen.
511
bb) Dringendes Regelungsbedürfnis Das gemäß § 49 Abs. 1 FamFG für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche dringende Regelungsbedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts besteht, wenn sich die Eltern über Bestand, Art und Ausübung des 1 Maurer, FamRZ 2009, 465. 2 BT-Drucks. 16/6308, 206. 3 Stößer in Prütting/Helms, § 49 FamFG Rz. 13; a.A. wohl Gießler/Soyka, Rz. 863.
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512
§ 15
Rz. 513
Familienrecht
Umgangsrechts nicht einigen können1. Ein dringendes Regelungsbedürfnis besteht nicht, wenn es nur um unwesentliche Details des Umgangs geht2. Ein sofortiges Tätigwerden hingegen ist notwendig, wenn einem Elternteil der Umgang mit dem gemeinsamen Kind verweigert wird oder zwar bereits ein Hauptsacheverfahren über das Umgangsrecht anhängig ist, eine Einigung im frühen ersten Termin zwischen den Beteiligten jedoch nicht erzielt werden konnte und ersichtlich auch keine Gründe dafür bestehen, den Umgang auszuschließen. In diesem Fall muss das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung erörtern (§ 156 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Dies gilt auch dann, wenn in einem Verfahren auf Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder wegen Kindesherausgabe eine einvernehmliche Regelung im Termin nicht erreicht werden kann. Wird die Teilnahme an einer Beratung oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet, soll das Gericht in einem Verfahren betreffend das Umgangsrecht den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen (§ 156 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Liegen dringende Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1684 Abs. 4 BGB (Beschränkung des Umgangs, Anordnung beschützten Umgangs oder Umgangsausschluss) vor, kann der Umgang auch im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig ausgeschlossen werden. 513
Eine einstweilige Anordnung kommt nicht nur zur Regelung eines umfänglichen Besuchsrechts in Betracht, sondern auch für einzelne Teilbereiche (zB Ferien- oder Feiertagsregelungen oder die Ermöglichung telefonischer Kontakte mit dem anderen Elternteil3 o.Ä.). Möglich sind auch Ge- und Verbote mit der Anordnung, einen Reisepass des Kindes oder des Umgangsberechtigten zur Verhinderung einer Kindesentführung zu hinterlegen4. cc) Verfahrensbeteiligte
514
Grundsätzlich sind beide Elternteile Beteiligte des einstweiligen Anordnungsverfahrens, die Beteiligtenstellung ist in § 7 FamFG geregelt.
515
Beteiligter kraft Gesetzes ist der Antragsteller (§ 7 Abs. 1 FamFG), der andere Elternteil ist Beteiligter kraft Hinzuziehung (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), weil sein Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Zu diesem Personenkreis gehört auch das minderjährige Kind, das von den sorgeberechtigten Eltern bzw. dem alleinsorgeberechtigten Elternteil gesetzlich vertreten wird (§ 1629 BGB)5. Bei erheblichem Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind kann ein Verfahrensbeistand bestellt werden, der die Interessen des Kindes vertritt (§ 158 FamFG). Mit seiner Bestellung wird der Verfahrensbeistand Beteiligter des Verfahrens (§ 158 Abs. 3 Satz 2 FamFG). 1 Gießler/Soyka, Rz. 857. 2 OLG München v. 26.11.2007 – 26 WF 1792/07, FamRZ 2008, 1089; Gießler/Soyka, Rz. 857. 3 KG v. 28.10.2005 – 13 UF 119/05, FamRZ 2006, 878. 4 OLG Frankfurt v. 4.6.1996 – 20 W 170/96, FamRZ 1997, 571; Stößer in Prütting/Helms, § 49 FamFG Rz. 13; Gießler/Soyka, Rz. 861. 5 BGH v. 14.5.2008 – XII ZB 225/06, FamRZ 2008, 1334.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 521
§ 15
dd) Kein Anwaltszwang Das gesamte Verfahren der einstweiligen Anordnung in FG-Familiensachen, und damit auch in Umgangssachen, unterliegt nicht dem Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG).
516
ee) Örtliche Zuständigkeit Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 50 FamFG. Örtlich zuständig ist danach das Gericht, das auch für die deckungsgleiche Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre. Ist oder war eine Ehesache im ersten Rechtszug anhängig, ist ausschließlich das Gericht der Ehesache für den Erlass der einstweiligen Anordnung zuständig (§ 152 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Ist keine Ehesache anhängig, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 152 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Gewöhnlicher Aufenthalt ist der Ort, an dem eine gewisse Integration des Kindes in ein soziales und familiäres Umfeld zu erkennen ist1. Eine nur geringe oder vorübergehende Aufenthaltsdauer begründet regelmäßig keinen gewöhnlichen Aufenthalt2.
517
" Wichtig: Bei eigenmächtiger Änderung des Aufenthalts des Kindes kann 518 das eigentlich nach § 152 Abs. 2 FamFG zuständige Gericht das Verfahren an das Gericht des früheren gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes verweisen, es sei denn, dem anderen Elternteil steht das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht zu oder die Änderung des Aufenthaltsortes war zum Schutz des Kindes oder des betreuenden Elternteils erforderlich (§ 154 FamFG). Die Verweisung nach § 3 FamFG ist für das Empfangsgericht bindend3.
Ist ein einstweiliges Anordnungsverfahren in einem Umgangsrechtsverfahren in erster Instanz anhängig, ist das Verfahren an das Gericht der Ehesache abzugeben, wenn bei einem anderen Gericht die Ehesache rechtshängig wird (§ 153 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 FamFG).
519
Ist bereits ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren anhängig, ist für das einstweilige Anordnungsverfahren das Gericht des ersten Rechtszuges oder bei Anhängigkeit der Hauptsache beim Beschwerdegericht das Beschwerdegericht zuständig (§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
520
ff) Verfahrenseinleitung Einstweilige Anordnungen auf Regelung des Umgangsrechts oder dessen Einschränkung oder Ausschluss setzen regelmäßig einen Antrag voraus. Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden. Der Antrag ist zu begründen; die Voraussetzungen der Anordnung, insbesondere das dringende Regelungsbedürfnis4, sind glaubhaft 1 2 3 4
EuGH v. 22.12.2010 – C-497/10 PPU, FamRZ 2011, 617. OLG Hamm v. 13.7.2010 – 2 Sdb (Fams) Zust. 21/10, FamRZ 2011, 395. BT-Drucks. 16/9733, 293; Stößer in Prütting/Helms, § 154 FamFG Rz. 4. Stößer in Prütting/Helms, § 51 FamFG Rz. 4.
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521
§ 15
Rz. 522
Familienrecht
M 15.15
zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz s FamFG). Die Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel durch eidesstattliche Versicherung, § 31 FamFG (s. Rz. 49). 522
Gerichtskosten werden erst mit Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 FamGKG).
523
Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren Verfahrenskostenhilfe zu beantragen oder ein Verfahrenskostenvorschussanspruch (s. Rz. 135) geltend zu machen.
524
Das Gericht kann auch von Amts wegen ein einstweiliges Anordnungsverfahren betreffend das Umgangsrecht einleiten. Die Einleitung eines amtswegigen Umgangsverfahrens kann auch auf Anregung erfolgen (§ 24 FamFG).
u
15.15 525
Antrag auf Gewährung von Umgangsrecht
Namens und kraft Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, im Wege der einstweiligen Anordnung wie folgt zu beschließen: Der Antragsteller ist berechtigt, beginnend ab dem . . . das gemeinsame Kind . . ., geb. am . . ., 1. alle 14 Tage von Freitag um 15:00 Uhr bis zum darauffolgenden Sonntag um 17:00 Uhr zu sich zu nehmen.
gg) Verfahrensablauf 526
Das einstweilige Anordnungsverfahren unterliegt dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 26 FamFG. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, die für eine deckungsgleiche Hauptsache gelten (§ 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Dies bedeutet, dass das Gericht sowohl das Kind (§ 159 FamFG) als auch die Eltern (§ 160 Abs. 2 FamFG) sowie das Jugendamt (§ 162 Abs. 1 FamFG) zwingend anhören muss. Das Kind muss persönlich (mündlich) angehört werden, der persönlichen Anhörung der Eltern bedarf es nur in Verfahren, die Maßnahmen zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung betreffen (§ 160 Abs. 1 FamFG). Nur aus schwerwiegenden Gründen darf von der Anhörung abgesehen werden, sie ist jedoch unverzüglich nachzuholen.
527
Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung erlassen werden. Wird terminiert, muss nur eine angemessene Frist zwischen Ladung und Termin liegen; eine Mindestfrist von unter drei Tagen wird wohl nur bei besonderer Eilbedürftigkeit angemessen sein1.
528
Wegen des Vorrangs- und Beschleunigungsgebots in Umgangssachen (§ 155 Abs. 1 FamFG) dürfte eine Verlegung des frühen ersten Termins, die nur aus
1 Abramenko in Prütting/Helms, § 32 FamFG Rz. 25, 26; Feskorn in Zöller, § 32 FamFG Rz. 6.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 533
§ 15
zwingenden Gründen zulässig ist, nur im Falle einer Terminskollision mit einem Termin in einer anderen eilbedürftigen Kindschaftssache möglich sein1. hh) Beendigung des Verfahrens Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist grundsätzlich zu begründen (§ 38 Abs. 3 FamFG). Auf eine Begründung kann in Ausnahmefällen (§ 38 Abs. 4 FamFG) verzichtet werden, so z.B. wenn der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben (§ 38 Abs. 4 Nr. 3 FamFG). Der Beschluss ist mit einer Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) zu versehen und den Beteiligten bekannt zu geben (§ 41 FamFG). Der Beschluss wird bereits mit Bekanntgabe wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG). Die Entscheidung ist nicht nur den Eltern und dem Jugendamt (§ 162 Abs. 3 Satz 1 FamFG), sondern auch dem Kind, das bereits das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist, bekannt zu machen (§ 64 Satz 1 FamFG), weil dem Kind gemäß § 60 Satz 1 FamFG ein eigenes Beschwerderecht in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten zusteht, ohne dass es einer Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters bedarf. Ist ein Verfahrensbeistand bestellt, ist diesem die Entscheidung bekannt zu geben. Der Beschluss des Gerichts muss den Warnhinweis gemäß § 89 Abs. 2 FamFG enthalten (s. Rz. 533). Der Beschluss ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
529
Die Beteiligten können das einstweilige Anordnungsverfahren durch eine vergleichsweise Regelung beenden. Das Gericht soll sogar in Verfahren, die das Umgangsrecht betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken (§ 156 Abs. 1 FamFG), wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Kann Einvernehmen erzielt werden, ist die einvernehmliche Regelung als gerichtlich gebilligter Vergleich aufzunehmen (§ 156 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. In der Regel reicht die vergleichsweise Regelung nicht weiter als ein Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren.
530
Die Dispositionsbefugnis der Beteiligten findet allerdings ihre Einschränkung in Umgangsrechtsangelegenheiten nach §§ 1684,1685 BGB i.V.m. § 1666 BGB2.
531
Die Erklärung der Beteiligten, das Verfahren als erledigt anzusehen, führt nur dann zur Verfahrensbeendigung, wenn aus den Erklärungen und Beschlüssen des Gerichts entnommen werden kann, dass es einen zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleich billigt und das Verfahren als erledigt ansieht. In diesem Fall bedarf es keines ausdrücklichen gerichtlichen Beschlusses zur Billigung oder Feststellung der Erledigung3.
532
" Praxistipp: Der Vergleich stellt nur dann einen Vollstreckungstitel dar, der 533 bei Zuwiderhandlungen die Festsetzung von Ordnungsmitteln ermöglicht,
1 BT-Drucks. 16/6308, 236. 2 Borth in Musielak, § 36 FamFG Rz. 3; vgl. auch BGH v. 16.3.2011 – XII ZB 407/10, FamRZ 2011, 797 m. Anm. Völker. 3 OLG Schleswig v. 30.12.2011 – 10 UF 230/11, FamRZ 2012, 164 (LS).
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§ 15
Rz. 534
Familienrecht
wenn er durch Beschluss des Gerichts familiengerichtlich gebilligt wurde1. Ferner setzt die Vollstreckung eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung der Umgangskontakte voraus, sodass eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich ist2. Es ist darauf zu achten, dass der gerichtlich gebilligte Vergleich den Warnhinweis gemäß § 89 Abs. 2 FamFG mit der Belehrung über die Rechtsfolgen einer Zuwiderhandlung enthält; der Warnhinweis ist Vollstreckungsvoraussetzung. Fehlt der Hinweis, kann er nachgeholt werden3, dies gilt auch für gerichtlich genehmigte Vergleiche aus der Zeit vor Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2009. ii) Kosten 534
Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82 FamFG).
535
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 0,3 erhoben (KV Nr. 1410 FamGKG).
536
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Regelwert 3 000 Euro, hiervon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 45 Abs. 1 und 3 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 45 Abs. 3 FamGKG). jj) Vollstreckung
537
Die Vollstreckung eines Umgangsrechtsbeschlusses erfolgt gemäß § 86 FamFG durch Anordnung von Ordnungsgeld – ersatzweise Ordnungshaft –, um verschuldete Verstöße des Pflichtigen gegen die Entscheidung für die Vergangenheit zu ahnden und zugleich damit zu erreichen, dass sich der Pflichtige zukünftig an die Regelung hält. Nach dem Wortlaut des § 86 FamFG „kann“ das Gericht ein Ordnungsmittel verhängen, die Entscheidung steht somit im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts4. Die Ermessensausübung muss sich jedoch in erster Linie daran ausrichten, dass das Vollstreckungsverfahren nach §§ 89 f. FamFG die effektive Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung ermöglichen soll, sodass in Hauptsacheverfahren das Gericht zur Anordnung eines Ordnungsmittels verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen5. Es erscheint gerechtfertigt, diesen Grundsatz auch für eine Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren zu übernehmen, wobei es im Wesentlichen darauf ankommen wird, ob ein Hauptsacheverfahren anhängig ist, aus dem sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die getroffene Umgangsregelung im einstweiligen Anordnungsverfahren in dieser Art oder in dem Umfang nicht dem Kindeswohl entspricht. 1 BGH v. 17.8.2011 – XII ZB 621/10, FamRZ 2011, 1729; Schlünder, FamRZ 2012, 9 m.w.N. 2 BGH v. 1.2.2012 – XII ZB 188/11, FamRB 2012, 143. 3 BGH v. 17.8.2011 – XII ZB 621/10, FamRZ 2011, 1729. 4 OLG Schleswig v. 3.3.2011 – 15 UF 2/11, juris; Feskorn in Zöller, § 89 FamFG Rz. 5. 5 Stößer in Prütting/Helms, § 89 FamFG Rz. 9; Feskorn in Zöller, § 89 FamFG Rz. 5.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 545
§ 15
Der Androhung eines Ordnungsmittels (§ 33 Abs. 3 FGG a.F.) bedarf es nicht mehr, weil bereits in der gerichtlichen Entscheidung der Warnhinweis gemäß § 89 Abs. 2 FamFG enthalten sein muss. Ist der Warnhinweis unterblieben, kann er nachgeholt werden1.
538
" Praxistipp: Die Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG ist auch Vollstreckungs- 539 voraussetzung für einen auf der Grundlage des bis zum 31.8.2009 ergangenen Beschlusses, in dem bereits ein Zwangsgeld angedroht worden war2.
Die Höhe des Ordnungsgeldes darf 25 000 Euro nicht übersteigen.
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Das Gericht kann zur Durchsetzung der einstweiligen Anordnung unmittelbaren Zwang anordnen (§ 90 Abs. 1 FamFG); dies setzt voraus, dass entweder die Festsetzung von Ordnungsmitteln erfolglos war, sie keinen Erfolg verspricht oder eine alsbaldige Zwangsvollstreckung unbedingt geboten ist (§ 90 Abs. 1 Nr. 1–3 FamFG).
541
" Wichtig: Zur Durchsetzung einer Umgangsregelung ist die Anwendung un- 542 mittelbaren Zwangs gegen ein Kind, wenn es zur Ausübung des Umgangsrechts herausgegeben werden soll, nicht zulässig (§ 90 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
Gegen den Beschluss im Vollstreckungsverfahren ist gemäß § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 f. ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft, Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
543
kk) Aufhebung/Abänderung Die Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung richtet sich nach § 54 FamFG. Hat das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung des Beschlusses nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden. Dies setzt voraus, dass nach Erlass der Entscheidung Veränderungen eingetreten sind, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlt3.
544
Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG). Die Anträge nach § 54 FamFG sind nicht fristgebunden4; die Anträge sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 554). Der Abänderungsoder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
545
1 BGH v. 17.8.2011 – XII ZB 621/10, FamRZ 2011, 1729; OLG Brandenburg v. 18.11.2010 – 9 WF 319/10, FamRZ 2011, 830; OLG Stuttgart v. 17.3.2010 – 16 WF 41/10, FamRZ 2010, 1594; OLG Karlsruhe v. 19.2.2010 – 5 WF 28/10, FamRZ 2010, 1103, Stößer in Prütting/Helms, § 89 FamFG Rz. 10. 2 BGH v. 17.8.2011 – XII ZB 621/10, FamRZ 2011, 1729 = FamRB 2011, 339. 3 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 4; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 54 FamFG Rz. 2. 4 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12.
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469
§ 15
Rz. 546
Familienrecht
ll) Aussetzung der Vollstreckung 546
Die Vollstreckung einer Umgangsrechtsentscheidung kann auf Antrag gemäß § 55 FamFG ausgesetzt werden, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden ist. Dem Antrag ist nur stattzugeben, wenn der Antrag auf Aufhebung oder Abänderung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Über den Aussetzungsantrag ist vorab zu entscheiden (§ 55 Abs. 2 FamFG). Ein Rechtsmittel gegen den Aussetzungsbeschluss ist nicht gegeben (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG). mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens
547
Der Beteiligte, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, kann ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren mit besseren Erkenntnismöglichkeiten1 unter den Voraussetzungen des § 52 FamFG erzwingen, um im ordentlichen Erkenntnisverfahren eine abschließende Klärung zu erreichen und ggf. die erstinstanzliche Entscheidung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde (§§ 58 f. FamFG) überprüfen zu lassen.
548
Ist bereits ein Hauptsacheverfahren oder ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig, besteht für den Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis2.
549
Im Antragsverfahren bestimmt sich das Erzwingungsverfahren nach § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG.
550
Wurde die einstweilige Anordnung von Amts wegen erlassen, richtet sich die Einleitung des Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 1 FamFG. Auf Antrag muss das Gericht das Hauptsacheverfahren einleiten, kann jedoch mit Erlass der einstweiligen Anordnung bereits eine Wartefrist für den Antrag bestimmen, um zu vermeiden, dass vorschnell ein Hauptsacheverfahren eingeleitet wird3 (§ 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Diese Frist darf höchstens drei Monate betragen (§ 52 Abs. 1 Satz 3 FamFG).
551
Die Fristsetzung hat zu unterbleiben, wenn das Gericht bei Erlass der einstweiligen Anordnung bereits zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens entschlossen ist4. Ein vor Fristablauf im amtswegigen Verfahren gestellter Antrag ist unzulässig (§ 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Uneinigkeit besteht darüber, ob der verfrühte Antrag auf die Zeit nach Fristablauf fortwirkt und das Gericht nach Ablauf der Wartefrist das Hauptsacheverfahren einleiten muss5.
552
Wurde die einstweilige Anordnung auf Antrag erlassen, bestimmt sich die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 1 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 1. 2 OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1. 3 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3. 4 BT-Drucks. 16/6308, 201. 5 So wohl Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3; Schürmann, FamRB 2008, 375; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 3.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 555
§ 15
FamFG. In diesen Verfahren muss das Gericht auf Antrag dem Beteiligten, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgeben, binnen einer Frist von bis zu drei Monaten ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen (§ 52 Abs. 2 FamFG). Dieser Antrag auf Anordnung einer Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kann entgegen dem Gesetzeswortlaut bereits hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist1. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist ist die einstweilige Anordnung aufzuheben, ohne dass es eines gesonderten Antrages bedarf2. Dieser Beschluss ist unanfechtbar3. Die Aufhebung der einstweiligen Anordnung erfolgt rückwirkend4. Wird der Antrag auf Fristsetzung zurückgewiesen, ist gegen diesen Beschluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt5, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG).
553
nn) Außerkrafttreten Die Voraussetzungen des Außerkrafttretens der einstweiligen Anordnung sind in § 56 FamFG geregelt. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG tritt die einstweilige Anordnung bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft, sofern das Gericht nicht einen früheren Zeitpunkt bestimmt hat. Als anderweitige Regelung kommt in Umgangsrechtsverfahren insbesondere eine Endentscheidung in einer deckungsgleichen Hauptsache in Betracht, sofern eine Sachentscheidung in der Hauptsache ergeht und der Antrag nicht nur als unzulässig zurückgewiesen wird6. Eine anderweitige Endentscheidung ist z.B.
554
– ein Beschluss in einem isolierten Umgangsrechtsverfahren, – ein Verbundbeschluss mit einer Umgangsrechtsentscheidung als Folgesache im Verbund oder – eine aus dem Verbund abgetrennte (§ 140 Abs. 3 FamFG) Entscheidung über das Umgangsrecht. Auch ein abändernder oder aufhebender Beschluss gemäß § 54 FamFG kann eine anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG sein.
" Wichtig: Für das Außerkrafttreten stellt § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf das 555 Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung ab. In den FG-Familien-
1 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 2 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 6; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 3 BT-Drucks. 16/6308, 201. 4 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 7; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 5 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele. 6 Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3.
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§ 15
Rz. 556
Familienrecht
sachen, d.h. auch in Umgangsrechtssachen, wird die Endentscheidung im Unterschied zu Familienstreitsachen bereits mit Bekanntgabe wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 41 FamFG). Handelt es sich bei der Endentscheidung um ein Umgangsverfahren, über das als Folgesache einheitlich im Verbundbeschluss entschieden wurde, wird die Folgesache Umgangsrecht jedoch erst mit Rechtskraft der Ehesache wirksam (§ 148 FamFG). 556
Die einstweilige Anordnung kann auch aus sonstigen Gründen gemäß § 56 Abs. 2 FamFG außer Kraft treten, d.h. z.B. wenn der deckungsgleiche Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig zurückgewiesen wurde oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig (zB. durch Tod eines Beteiligten) eingetreten ist. Durch eine Versöhnung der Kindeseltern wird die einstweilige Anordnung nicht hinfällig, sie gilt bis zu einer Aufhebung gemäß § 54 Abs. 1 FamFG fort1.
557
Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist2. Zuständig ist das Gericht, das zuletzt im ersten Rechtszug in dem einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden hat3. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure4 außer Kraft. Der Beschluss, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist, kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG).
558 " Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG5 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss6. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden. 559 " Praxistipp: Der Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens löst weder Gerichtskosten noch zusätzliche Anwaltsgebühren aus. oo) Kein Rechtsmittel 560
Entscheidungen im einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend das Umgangsrecht sind nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar (§ 57 Satz 1 FamFG)7. 1 2 3 4 5
KG v. 22.9.1993 – 1 W 2432/93, FamRZ 1994, 119; Gießler/Soyka, Rz. 841. BT-Drucks. 16/6308, 202; Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 6 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt. 7 OLG München v. 25.10.2010 – 12 WF 1735/10, FamRZ 2011, 496; OLG Köln v. 9.11.2010 – 4 WF 189/10, FamRZ 2011, 574.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 572
§ 15
Die Anordnung einer Umgangspflegschaft gemäß § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB im Wege der einstweiligen Anordnung ist ebenfalls unanfechtbar, weil sie der Durchsetzung des dem nicht betreuenden Elternteil zustehenden Umgangsrechts dient und keinen Eingriff in die elterliche Sorge des betreuenden Elternteils darstellt.1
" Praxistipp: In Umgangsverfahren ist es wegen der fehlenden Anfechtbarkeit 561 sinnvoll, statt eines einstweiligen Anordnungsverfahrens sofort das Hauptsacheverfahren einzuleiten, in dem wegen des Vorrangs- und Beschleunigungsgebots gemäß § 155 FamFG binnen eines Monats terminiert werden muss. In der Praxis wird über die einstweilige Anordnung – von Ausnahmefällen abgesehen – in der Regel auch erst nach mündlicher Verhandlung entschieden, das Hauptsacheverfahren hat aber den Vorteil, dass die Entscheidung angefochten werden kann. Im Übrigen muss das Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung erörtern, wenn im Termin keine Einigung erzielt werden kann (§ 156 Abs. 3 Satz 1 FamFG).
Einstweilen frei.
562–569
c) Kindesherausgabe aa) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch Der Regelungsbereich umfasst den Herausgabeanspruch gemäß § 1632 Abs. 1 BGB. Herausgabeberechtigt ist der personensorgeberechtigte Elternteil, der entweder alleiniger Inhaber des Sorgerechts oder zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist2. Steht die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu, kann die Herausgabe von dem anderen Elternteil nicht verlangt werden3.
570
Herausgabepflichtig ist derjenige, in dessen Obhut sich das Kind befindet4 und der dem Herausgabeberechtigten das Kind widerrechtlich vorenthält5. Der Herausgabeanspruch erstreckt sich auch auf die Fälle, in denen der nur umgangsberechtigte Elternteil nach einem Besuchskontakt das Kind nicht mehr an den personenberechtigten Elternteil zurückgibt6. Herausgabepflichtig kann der andere Elternteil oder ein Dritter sein.
571
Die Herausgabeanordnung ist keine bloße Vollstreckungsmaßnahme, die sich ohne sachliche Prüfung aus der Zuteilung der elterlichen Gewalt oder des Sorgerechts ableitet7 und setzt daher eine Kindeswohlprüfung voraus8. Die Über-
572
1 OLG Celle v. 16.12.2010 – 10 UF 253/10, FamRZ 2011, 574; a.A. Sternal in Keidel/ Giers, § 57 FamFG Rz. 6; Schwanberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 57 FamFG Rz. 10. 2 BayObLG v. 22.5.1990 – BReg. 1 aZ 16/90, FamRZ 1990, 1379; Michalski/Döll in Erman, § 1632 BGB Rz. 3; Gießler/Soyka, Rz. 880. 3 Michalski/Döll in Erman, § 1632 BGB Rz. 3. 4 Gießler/Soyka, Rz. 880. 5 Michalski/Döll in Erman, § 1632 BGB Rz. 4. 6 Stößer in Prütting/Helms, § 49 FamFG Rz. 12. 7 BayObLG v. 1.7.1976 – BReg. 1 Z 72/76, FamRZ 1977, 137; Michalski/Döll in Erman, § 1632 BGB Rz. 9. 8 OLG Hamm v. 17.8.1990 – 10 UF 308/90, FamRZ 1991, 102; Michalski/Döll in Erman, § 1632 BGB Rz. 9.
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§ 15
Rz. 573
Familienrecht
prüfung des Kindeswohls kann sich darauf beschränken, ob das Herausgabeverlangen rechtsmissbräuchlich ist oder zur Unzeit gestellt wurde, wenn dem die Herausgabe begehrenden Elternteil kurz zuvor bereits das Sorgerecht übertragen und diesem Zusammenhang das Kindeswohl ausgiebig erörtert wurde1. Die Anordnung nach § 1632 BGB kann nicht nur die Herausgabe des Kindes, sondern auch flankierende Maßnahmen in Form von Ge- und Verboten (zB Hinterlegung des Reisepasses) beinhalten. 573
Der Anspruch auf Herausgabe des Kindes zwecks Durchführung der Umgangskontakte wird von § 1632 BGB nicht erfasst, sondern kann im Umgangsverfahren beantragt und als flankierende Maßnahme angeordnet werden. Ergänzend zu der Herausgabeanordnung kann auch die Herausgabe der zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmten Sachen angeordnet werden2.
574
Für den Anspruch auf Herausgabe des Kindes nach Art. 1, 12 HKÜ (Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung) richten sich die Voraussetzungen für ein einstweiliges Anordnungsverfahren nach § 15 IntFamRVG i.V.m. §§ 49, 97 Abs. 1 Satz 2 FamFG3. bb) Dringendes Regelungsbedürfnis
575
Für eine Herausgabeanordnung muss ein dringendes Regelungsbedürfnis für das sofortige Tätigwerden des Gerichts bestehen (§ 49 Abs. 1 FamFG). Voraussetzung ist, dass zum Schutz des Kindes und zur Abwehr einer akuten Gefährdung ein dringendes Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten besteht, das ein Abwarten bis zur endgültigen Sachentscheidung nicht gestattet4. cc) Verfahrensbeteiligte
576
Verfahrensbeteiligte des Verfahrens sind die beiden Elternteile, das minderjährige Kind, das Jugendamt und ggf. der für das Kind bestellte Verfahrensbeistand (s. Rz. 515).
577
Richtet sich der Herausgabeanspruch gegen Dritte, sind auch diese am Verfahren beteiligt. dd) Kein Anwaltszwang
578
Das einstweilige Anordnungsverfahren unterliegt nicht dem Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG). ee) Örtliche Zuständigkeit
579
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 50 FamFG. Örtlich zuständig ist danach das Gericht, das auch für die deckungsgleiche Hauptsache im ersten 1 OLG Hamm v. 17.8.1990 – 10 UF 308/90, FamRZ 1991, 102; Michalski/Döll in Erman, § 1632 BGB Rz. 9. 2 Gießler/Soyka, Rz. 886. 3 Vgl. hierzu ausführlich Gießler/Soyka, Rz. 889 f. 4 OLG Düsseldorf v. 22.4.1994 – 3 Wx 258 und 269/94, FamRZ 1994, 1541.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 585
§ 15
Rechtszug zuständig wäre. Ist oder war eine Ehesache im ersten Rechtszug anhängig, ist ausschließlich das Gericht der Ehesache für den Erlass der einstweiligen Anordnung zuständig (§ 152 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Ist keine Ehesache anhängig, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 152 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Gewöhnlicher Aufenthalt ist der Ort, an dem eine gewisse Integration des Kindes in ein soziales und familiäres Umfeld zu erkennen ist1. Eine nur geringe oder vorübergehende Aufenthaltsdauer begründet regelmäßig keinen gewöhnlichen Aufenthalt2.
" Wichtig: Bei eigenmächtiger Änderung des Aufenthalts des Kindes kann 580 das eigentlich nach § 152 Abs. 2 FamFG zuständige Gericht das Verfahren an das Gericht des früheren gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes verweisen, es sei denn, dem anderen Elternteil steht das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht zu oder die Änderung des Aufenthaltsortes war zum Schutz des Kindes oder des betreuenden Elternteils erforderlich (§ 154 FamFG). Die Verweisung nach § 3 FamFG ist für das Empfangsgericht bindend3.
Ist ein einstweiliges Anordnungsverfahren in einem Herausgabeverfahren in erster Instanz anhängig, ist das Verfahren an das Gericht der Ehesache abzugeben, wenn bei einem anderen Gericht die Ehesache rechtshängig wird (§ 153 FamFG i.V.m. § 50 Abs. 1 FamFG).
581
Ist bereits ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren anhängig, ist für das einstweilige Anordnungsverfahren das Gericht des ersten Rechtszuges oder bei Anhängigkeit der Hauptsache beim Beschwerdegericht das Beschwerdegericht zuständig (§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
582
ff) Verfahrenseinleitung Die einstweilige Anordnung auf Kindesherausgabe setzt regelmäßig einen Antrag voraus. Der Antrag ist zu begründen; die Voraussetzungen der Anordnung, insbesondere das dringende Regelungsbedürfnis4, sind glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz s FamFG). Die Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel durch eidesstattliche Versicherung, § 31 FamFG (s. Rz. 49).
583
Gerichtskosten werden erst nach Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 FamGKG).
584
Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren Verfahrenskostenhilfe zu beantragen oder ein Verfahrenskostenvorschussanspruch (s. Rz. 135) geltend zu machen.
585
1 2 3 4
EuGH v. 22.12.2010 – C-497/10 PPU, FamRZ 2011, 617. OLG Hamm v. 13.7.2010 – 2 Sdb (Fams) Zust. 21/10, FamRZ 2011, 395. BT-Drucks. 16/9733, 293; Stößer in Prütting/Helms, § 154 FamFG Rz. 4. Stößer in Prütting/Helms, § 51 FamFG Rz. 4.
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§ 15
Rz. 586
Familienrecht
M 15.16
Das Gericht kann auch von Amts wegen ein Anordnungsverfahren auf Kindesherausgabe einleiten. Die Einleitung kann von dritter Seite (zB durch das Jugendamt) angeregt werden (§ 24 FamFG).
586
u
15.16 587
Antrag auf Kindesherausgabe
. . . beantragen wir namens und kraft Vollmacht der Antragstellerin – wegen der Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – im Wege der einstweiligen Anordnung wie folgt zu beschließen: 1. Der Antragsgegner hat den gemeinsamen Sohn der Beteiligten . . ., geb. am . . ., an die Antragstellerin herauszugeben. 2. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld von . . . Euro sowie die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht. 3. Der Gerichtsvollzieher ist befugt, bei der Vollstreckung erforderlichenfalls die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen und ihm die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zu gestatten.
gg) Verfahrensablauf 588
Das einstweilige Anordnungsverfahren unterliegt dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 26 FamFG. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, die für eine deckungsgleiche Hauptsache gelten (§ 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Das Gericht muss sowohl das Kind (§ 159 FamFG) als auch die Eltern (§ 160 Abs. 2 FamFG) sowie das Jugendamt (§ 162 Abs. 1 FamFG) zwingend anhören. Das Kind muss persönlich (mündlich) angehört werden, der persönlichen Anhörung der Eltern bedarf es nur in Verfahren, die Maßnahmen zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung betreffen (§ 160 Abs. 1 FamFG). Nur aus schwerwiegenden Gründen darf von der Anhörung abgesehen werden, sie ist jedoch unverzüglich nachzuholen.
589
Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Wird terminiert, muss nur eine angemessene Frist zwischen Ladung und Termin liegen; eine Mindestfrist von unter drei Tagen wird wohl nur bei besonderer Eilbedürftigkeit angemessen sein1.
590
Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden (§ 155 Abs. 2 Satz 2 FamFG).
591
Wegen des Vorrangs- und Beschleunigungsgebots in Kindesherausgabesachen (§ 155 Abs. 1 FamFG) ist eine Verlegung des frühen ersten Termins nur aus zwingenden Gründen zulässig, die nur im Falle einer Terminskollision mit einem Termin in einer anderen eilbedürftigen Kindschaftssache möglich sein dürfte2. 1 Abramenko in Prütting/Helms, § 32 FamFG Rz. 25, 26; Feskorn in Zöller, § 32 FamFG Rz. 6. 2 BT-Drucks. 16/6308, 236.
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Kühner
III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 599
§ 15
hh) Beendigung des Verfahrens Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist grundsätzlich zu begründen (§ 38 Abs. 3 FamFG). Auf eine Begründung kann in Ausnahmefällen (§ 38 Abs. 4 FamFG) verzichtet werden, so z.B. wenn der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben (§ 38 Abs. 4 Nr. 3 FamFG). Der Beschluss ist mit einer Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) zu versehen und den Beteiligten bekannt zu geben (§ 41 FamFG). Mit Bekanntgabe wird der Beschluss wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG). Der Beschluss ist mit Wirksamwerden vollstreckbar (§ 86 Abs. 2 FamFG).
592
" Wichtig: Während die einstweilige Anordnung im Regelfall erst mit Be- 593 kanntgabe an den Antragsgegner wirksam wird und erst ab diesem Zeitpunkt vollstreckbar ist, kann gemäß § 53 Abs. 2 FamFG die Wirksamkeit auf den Zeitpunkt des Erlasses (Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle) vorverlagert werden. Voraussetzung ist eine gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vor Zustellung an den Pflichtigen (§ 53 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
Die Entscheidung ist nicht nur den Eltern und dem Jugendamt (§ 162 Abs. 3 Satz 1 FamFG), sondern auch dem Kind, das bereits das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist, bekannt zu machen (§ 64 Satz 1 FamFG), weil dem Kind gemäß § 60 Satz 1 FamFG ein eigenes Beschwerderecht in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten zusteht, ohne dass es einer Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters bedarf. Ist ein Verfahrensbeistand bestellt, ist diesem die Entscheidung bekannt zu geben.
594
Die Beteiligten können das einstweilige Anordnungsverfahren durch eine vergleichsweise Regelung beenden. Das Gericht soll sogar in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken (§ 156 Abs. 1 FamFG), wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Kann Einvernehmen erzielt werden, ist die einvernehmliche Regelung als gerichtlich gebilligter Vergleich aufzunehmen (§ 156 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
595
Die Dispositionsbefugnis der Beteiligten findet allerdings ihre Einschränkung in Herausgabeverfahren nach § 1632 BGB i.V.m. § 1666 BGB1.
596
ii) Kosten Der Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren muss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82 FamFG).
597
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 0,3 erhoben (KV Nr. 1410 FamGKG).
598
Gegenstandswert für Gerichts- und Rechtsanwaltskosten: Regelwert 3 000 Euro, hiervon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 45 Abs. 1 und 3 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 45 Abs. 3 FamGKG).
599
1 Borth in Musielak, § 36 FamFG Rz. 3; vgl. auch BGH v. 16.3.2011 – XII ZB 407/10, FamRZ 2011, 797 m. Anm. Völker.
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§ 15
Rz. 600
Familienrecht
jj) Vollstreckung 600
Zur Durchsetzung des Titels auf Kindesherausgabe kann das Gericht ein Ordnungsmittel verhängen, die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts1. Die Ermessensausübung muss sich jedoch in erster Linie daran orientieren, dass das Vollstreckungsverfahren nach §§ 89 f. FamFG die effektive Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung ermöglichen soll, sodass in Hauptsacheverfahren das Gericht zur Anordnung eines Ordnungsmittels verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen2. Die einstweilige Anordnung, die nur bei Vorliegen eines dringenden Regelungsbedürfnisses erlassen werden kann und zuvor eine Kindeswohlprüfung erfordert, kann nicht im Vollstreckungsverfahren erneut auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Liegt ein schuldhaftes Fehlverhalten des Herausgabepflichtigen vor, sind daher die Ordnungsmittel ohne Angemessenheitsprüfung festzusetzen, da anderenfalls der effektive Rechtsschutz durch die einstweilige Anordnung selbst nicht mehr gewährleistet wäre. Dies muss in besonderem Maß für Herausgabeanordnungen gemäß § 1632 BGB, aber auch für die Anordnungen auf Herausgabe zur Durchsetzung des Umgangsrechts gelten. Ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte, z.B. im Rahmen eines bereits anhängigen Hauptsacheverfahrens, dass die einstweilige Anordnung ganz oder teilweise nicht mehr gerechtfertigt ist, ist ggf. ein Abänderungs- oder Aufhebungsantrag nach § 54 FamFG zu stellen oder von Amts wegen das Abänderungsverfahren einzuleiten und die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 55 FamFG zu betreiben.
601
Die Festsetzung eines Ordnungsmittels gemäß § 89 FamFG setzt nicht mehr (§ 33 Abs. 3 FGG a.F.) die Androhung eines Ordnungsmittels voraus, weil die Entscheidung bereits eine Belehrung für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den Beschluss (§ 89 Abs. 2 FamFG) enthalten muss. Ist der Warnhinweis unterblieben, kann er nachgeholt werden3.
602 " Praxistipp: Die Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG ist auch Vollstreckungsvoraussetzung für einen auf der Grundlage des bis zum 31.8.2009 ergangenen Beschlusses, in dem bereits ein Zwangsgeld angedroht worden war4. 603
Die Höhe des Ordnungsgeldes darf 25 000 Euro nicht übersteigen.
604
War die Festsetzung von Ordnungsmitteln erfolglos, verspricht sie keinen Erfolg oder ist eine alsbaldige Zwangsvollstreckung unbedingt geboten, kann das Gericht zur Durchsetzung der einstweiligen Anordnung unmittelbaren Zwang anordnen (§ 90 Abs. 1 FamFG).
605 " Wichtig: Unmittelbarer Zwang gegen das Kind darf bei einer Herausgabeanordnung zum Zwecke der Ausübung des Umgangsrechts nicht angewandt werden (§ 90 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Bei Herausgabe des Kindes nach § 1632 1 OLG Schleswig v. 3.3.2011 – 15 UF 2/11, juris; Feskorn in Zöller, § 89 FamFG Rz. 5. 2 Stößer in Prütting/Helms, § 89 FamFG Rz. 9; Feskorn in Zöller, § 89 FamFG Rz. 5. 3 OLG Brandenburg v. 18.11. 2010 – 9 WF 319/10, FamRZ 2011, 830; OLG Stuttgart v. 17.3.2010 – 16 WF 41/10, FamRZ 2010, 1594; OLG Karlsruhe v. 19.2.2010 – 5 WF 28/10, FamRZ 2010, 1103, Stößer in Prütting/Helms, § 89 FamFG Rz. 10. 4 BGH v. 17.8.2011 – XII ZB 621/10, FamRZ 2011, 1729 = FamRB 2011, 339.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 611
§ 15
BGB hingegen ist im Einzelfall die Anordnung durch Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen das Kind zulässig. Gegen den Beschluss im Vollstreckungsverfahren ist gemäß § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 f. ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft, Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
606
kk) Aufhebung/Abänderung Die Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung richtet sich nach § 54 FamFG. Hat das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung des Beschlusses nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden. Dies setzt voraus, dass nach Erlass der Entscheidung Veränderungen eingetreten sind, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlt1.
607
Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG). Die Anträge nach § 54 FamFG sind nicht fristgebunden2; die Anträge sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 615). Der Abänderungsoder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
608
" Praxistipp: Das Verfahren über die Aufhebung oder Änderung der einstwei- 609 ligen Anordnung löst keine besonderen Gebühren aus, wenn der Rechtsanwalt bereits in dem Anordnungsverfahren tätig war (§ 16 Nr. 5 RVG).
ll) Aussetzung der Vollstreckung Die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung betreffend die Kindesherausgabe kann auf Antrag gemäß § 55 FamFG ausgesetzt werden, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden ist. Die Aussetzung der Vollstreckung setzt voraus, dass der Antrag auf Aufhebung oder Abänderung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Entscheidung über die Aussetzung ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
610
mm) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Der in seinen Rechten beeinträchtigte Beteiligte kann gemäß § 52 FamFG die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens erzwingen. Ist bereits ein Hauptsacheverfahren oder ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig, besteht für den Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis3. Hat das Ge1 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 4; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 54 FamFG Rz. 2. 2 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12. 3 OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1.
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§ 15
Rz. 612
Familienrecht
richt die einstweilige Anordnung betreffend die Kindesherausgabe von Amts wegen erlassen (§§ 156 Abs. 3 Satz 2 FamFG, 157 Abs. 3 FamFG i.V.m. §§ 1666, 1666a BGB), muss das Gericht das Hauptsacheverfahren einleiten, wenn der in seinen Rechten beeinträchtigte Beteiligte dies beantragt. Das Gericht kann jedoch mit Erlass der einstweiligen Anordnung bereits eine Wartefrist für den Antrag bestimmen, um zu vermeiden, dass vorschnell ein Hauptsacheverfahren eingeleitet wird1. Die Frist darf höchstens drei Monate betragen (§ 52 Abs. 1 Satz 3 FamFG). 612
Ist das Gericht bereits zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens bei Erlass der einstweiligen Anordnung entschlossen, hat eine Fristsetzung zu unterbleiben2. Ein vor Fristablauf im amtswegigen Verfahren gestellter Antrag ist unzulässig. Uneinigkeit besteht darüber, ob der verfrühte Antrag auf die Zeit nach Fristablauf fortwirkt und das Gericht nach Ablauf der Wartefrist das Hauptsacheverfahren einleiten muss3.
613
Wurde die einstweilige Anordnung auf Antrag erlassen, bestimmt sich die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 FamFG. In diesen Verfahren muss das Gericht auf Antrag dem Beteiligten, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgeben, binnen einer Frist von bis zu drei Monaten ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen (§ 52 Abs. 2 FamFG). Dieser Antrag auf Anordnung einer Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kann entgegen dem Gesetzeswortlaut bereits hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist4. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist ist die einstweilige Anordnung aufzuheben, ohne dass es eines gesonderten Antrages bedarf5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar6. Die Aufhebung der einstweiligen Anordnung erfolgt rückwirkend7.
614
Wird der Antrag auf Fristsetzung zurückgewiesen, ist dieser Beschluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt8, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG).
1 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3. 2 BT-Drucks. 16/6308, 201. 3 So wohl Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3; Schürmann, FamRB 2008, 375; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 3. 4 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 5 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 6; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 6 BT-Drucks. 16/6308, 201. 7 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 7; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 8 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele.
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III. 2. Kindschaftssachen
Rz. 618
§ 15
nn) Außerkrafttreten Die einstweilige Anordnung tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 FamFG, insbesondere bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG), sofern das Gericht nicht einen früheren Zeitpunkt bestimmt hat. Als anderweitige Regelung kommt in Herausgabeverfahren insbesondere eine Endentscheidung in einer deckungsgleichen Hauptsache in Betracht, sofern in der Hauptsache eine Sachentscheidung ergeht und der Antrag nicht nur als unzulässig zurückgewiesen wird1. Eine anderweitige Endentscheidung ist z.B.
615
– der Beschluss im isolierten Verfahren auf Kindesherausgabe, – die Folgesache Kindesherausgabe im Verbundbeschluss oder – eine aus dem Verbund abgetrennte (§ 140 Abs. 2 Nr. 3 FamFG) Entscheidung über die Kindesherausgabe. Auch ein abändernder oder aufhebender Beschluss gemäß § 54 FamFG kann eine anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG sein.
" Wichtig: Für das Außerkrafttreten stellt § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf das 616 Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung ab. In den FG-Familiensachen, d.h. auch in Verfahren betreffend die Kindesherausgabe, wird die Endentscheidung im Unterschied zu Familienstreitsachen bereits mit Bekanntgabe wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 41 FamFG). Handelt es sich bei der Endentscheidung um ein Herausgabeverfahren, über das als Folgesache einheitlich im Verbundbeschluss entschieden wurde, wird die Folgesache jedoch erst mit Rechtskraft der Ehesache wirksam (§ 148 FamFG).
Die einstweilige Anordnung kann auch aus sonstigen Gründen gemäß § 56 Abs. 2 FamFG außer Kraft treten, d.h. z.B. wenn der deckungsgleiche Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig zurückgewiesen wurde oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig (zB. durch Tod eines Beteiligten) eingetreten ist. Durch eine Versöhnung der Kindeseltern wird die einstweilige Anordnung nicht hinfällig, sie gilt bis zu einer Aufhebung gemäß § 54 Abs. 1 FamFG fort2.
617
Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist3. Zuständig ist das Gericht, das zuletzt im ersten Rechtszug in dem einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden hat4. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure5 außer Kraft. Der Beschluss, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist, kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG).
618
1 2 3 4 5
Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3. KG v. 22.9.1993 – 1 W 2432/93, FamRZ 1994, 119; Gießler/Soyka, Rz. 841. BT-Drucks. 16/6308, 202; Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10.
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§ 15
Rz. 619
Familienrecht
619 " Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG1 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss2. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden. 620 " Praxistipp: Der Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens löst weder Gerichtskosten noch besondere Anwaltsgebühren aus. oo) Rechtsmittel 621
Anfechtbar (§ 57 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG) sind lediglich die Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung, die über die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil (§ 1632 Abs. 1 BGB) oder über Verbleibensanordnungen (§§ 1632 Abs. 4, 1682 BGB) aufgrund mündlicher Erörterung ergangen sind. Abweichend von § 620c Satz 1 ZPO a.F. kann auch die Entscheidung, mit der ein Antrag auf Herausgabe oder eine Verbleibensanordnung zurückgewiesen wird, mit der Beschwerde angefochten werden3.
622
Zulässiges Rechtsmittel ist die Beschwerde (§ 58 FamFG). Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Die Zwei-Wochen-Frist gilt auch für die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.4 Die Beschwerde muss gemäß § 64 Abs. 1 FamFG durch Einreichung der Beschwerdeschrift bei dem Familiengericht eingelegt werden, das den Beschluss erlassen hat. Sie kann durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 64 Abs. 2 FamFG). Die inhaltlichen Voraussetzungen der Beschwerdeschrift regelt § 64 Abs. 2 FamFG.
623
Beschwerdeberechtigt sind die Beteiligten, deren Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt werden (§ 59 Abs. 1 FamFG). Hierzu zählen in Herausgabeverfahren regelmäßig die Eltern, das minderjährige Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat (§ 60 FamFG), der Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs. 4 FamFG im Interesse des Kindes, das Jugendamt (§ 162 Abs. 3 FamFG) und ggf. die Pflegeeltern5. 1 OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 2 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt. 3 BT-Drucks. 16/6308, 202. 4 So auch KG v. 18.4.2011 – 16 UF 52/11, FamRZ 2012, 51; OLG Zweibrücken v. 8.10.2010 – 6 WF 196/10, FamRZ 2011, 497; Stößer in Prütting/Helms, § 57 FamFG Rz. 12; a.A.: Monatsfrist gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG Feskorn in Zöller, § 63 FamFG Rz. 3; Althammer in Johannsen/Henrich, § 63 FamFG Rz. 3; Sternal in Keidel/ Giers, § 63 FamFG Rz. 14. 5 Maurer, FamRZ 2009, 465.
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III. 3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen
Rz. 637
§ 15
Die Beschwerde soll begründet werden (§ 65 Abs. 1 FamFG). Die Begründungspflicht dient der Verfahrensförderung1. Das Beschwerdegericht kann dem Beschwerdeführer eine (angemessene) Frist zur Begründung der Beschwerde setzen. Die Ausgestaltung als Sollvorschrift stellt sicher, dass die Beschwerde nicht als unzulässig verworfen werden kann, wenn die Begründung unterbleibt.
624
" Wichtig: Die Einlegung der Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung 625 mit der Folge, dass mit Einlegung der Beschwerde der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 55 Abs. 1 FamFG (s. Rz. 610) gestellt und die Beschwerde und der Aussetzungsantrag vorläufig begründet werden sollten.
Einstweilen frei.
626–634
3. Einstweilige Anordnungen in Ehewohnungs- und Haushaltssachen a) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch aa) Ehewohnungssachen Der Regelungsbereich der einstweiligen Anordnungen erfasst insbesondere die Ansprüche der Ehegatten/Lebenspartner auf Nutzungsregelungen an der Ehewohnung gemäß § 1361b BGB, § 14 LPartG bei Trennung und bei oder nach Ehescheidung/Aufhebung der Lebenspartnerschaft gemäß § 1568a BGB, § 17 LPartG. Im Wege der einstweiligen Anordnung kann die vorläufige Alleinnutzung, d.h. die Zuweisung der gesamten Ehewohnung oder die Mitbenutzung durch Aufteilung der Räumlichkeiten geregelt werden. Möglich ist auch eine isolierte einstweilige Anordnung in Form eines Kündigungsverbots gemäß § 1361b Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 135, 136 BGB, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der andere Ehegatte als Alleinmieter das Mietverhältnis kündigen will2.
635
Bei einem Anspruch des ausgesperrten Ehegatten auf Zutritt zur Ehewohnung, also auf Wiedereinräumung des Mitbesitzes, kommt neben § 1361b Abs. 1 BGB die Vorschrift des § 861 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht. Verlangt der ausgesperrte Ehegatte nur die Wiedereinräumung des Mitbesitzes ohne Trennungsabsicht, ist § 861 BGB die alleinige Anspruchsgrundlage3 mit der Folge, dass es sich nicht mehr um eine Ehewohnungs- sondern um eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 FamFG, also um eine Familienstreitsache handelt.
636
Besteht Trennungsabsicht oder leben die Ehegatten bereits getrennt, kann die Wiedereinräumung des Besitzes analog § 1361b BGB unter Einbeziehung des Regelungsgehalts des possessorischen Besitzschutzes geltend gemacht werden4.
637
1 BT-Drucks. 16/6308, 206. 2 OLG Dresden v. 6.8.1996 – 10 WF 206/96, FamRZ 1997, 183; Götz in Johannsen/Henrich, § 209 FamFG Rz. 20; Gießler/Soyka, Rz. 774. 3 Götz in Johannsen/Henrich, § 1361b BGB Rz. 46; Gießler/Soyka, Rz. 730. 4 Streitig, so auch Götz in Johannsen/Henrich, § 1361b BGB Rz. 46 (mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes).
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§ 15
Rz. 638
Familienrecht
638
Überschneidungen können sich zwischen § 1361b Abs. 1 BGB zu § 2 GewSchG bei Überlassung der Wohnung wegen angedrohter oder ausgeübter Gewalt ergeben. Besteht Trennungsabsicht oder leben die Ehegatten bereits voneinander getrennt, ist § 1361b Abs. 1 BGB lex specialis1.
639
Hat ein Ehegatte die Wohnung verlassen und bekundet nicht innerhalb von sechs Monaten eine ernsthafte Rückkehrabsicht, scheidet die Zuweisung der Ehewohnung aus, weil unwiderlegbar vermutet wird, dass dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen wurde (§ 1361b Abs. 4 BGB).
640
Die alleinige Wohnungszuweisung setzt gemäß § 1361b Abs. 1 Satz 1, 2 BGB voraus, dass die Überlassung der Ehewohnung zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich ist. Vorrangig ist insoweit das Kindeswohl zu berücksichtigen2. In Fällen körperlicher Gewalt oder der Androhung von Gewalt ist im Regelfall die Zuweisung der gesamten Ehewohnung geboten3 (§ 1361b Abs. 2 Satz 1 BGB).
641
Ab Rechtskraft der Scheidung richtet sich die Überlassung der Ehewohnung nach § 1568a BGB. Die Nutzungsregelung gemäß § 1568a Abs. 1 BGB stellt neben weiteren Billigkeitsgründen darauf ab, wer unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maß auf die Nutzung der Wohnung angewiesen ist. Darüber hinaus kann ein bestehendes Mietverhältnis geändert, also in die Rechte Dritter eingegriffen oder ein neues Mietverhältnis begründet werden (§ 1568a Abs. 3–5 BGB).
642 " Wichtig: Die Begründung oder Änderung eines Mietverhältnisses ist nur in einem Wohnungszuweisungsverfahren gemäß § 1568a BGB für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung zulässig. bb) Haushaltssachen 643
Der Regelungsbereich der einstweiligen Anordnung in Haushaltssachen umfasst Anordnungen zur Herausgabe, Allein- oder Mitbenutzung sowie Verfügungs- oder Veräußerungsverbote. Der jeweilige Anordnungsanspruch bestimmt sich während des Getrenntlebens bzw. für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung oder Aufhebung einer Lebenspartnerschaft nach §§ 1361a, 1568b BGB, §§ 13, 17 LPartG.
644
Der Regelungsbereich der einstweiligen Anordnung ermöglicht vorläufige – Herausgabeanordnungen bei Alleineigentum (§ 1361a Abs. 1 Satz 1 BGB), – Anordnungen über die Nutzung der gemeinsamen Haushaltsgegenstände (§ 1361a Abs. 2 BGB), – Anordnung von Ge- und Verboten, ggf. als flankierende Maßnahme gemäß § 209 Abs. 1 FamFG. 1 Götz in Johannsen/Henrich, § 1361b BGB Rz. 2; Lorenz in Zöller, § 200 FamFG Rz. 4; Brudermüller in Palandt, § 2 GewSchG Rz. 2. 2 Götz in Johannsen/Henrich, § 1361b BGB Rz. 15. 3 Götz in Johannsen/Henrich, § 1361b BGB Rz. 20.
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III. 3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen
Rz. 651
§ 15
Für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung/Aufhebung der Lebenspartnerschaft ist materielle Rechtsgrundlage für den Erlass der einstweiligen Anordnung § 1568b BGB/§ 17 LPartG; die HausratVO wurde aufgehoben.
645
Sowohl die einstweiligen Anordnungen gemäß § 1361a/§ 13 LPartG als auch nach § 1568b BGB/§ 17 LPartG sind nur auf eine vorläufige Gebrauchsüberlassung gerichtet, die Eigentumsverhältnisse werden nicht verändert1. § 1586b BGB ist auf Haushaltsgegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten nicht anwendbar, diese unterliegen dem Zugewinnausgleich2.
646
" Wichtig: Die zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten/Lebenspartners 647 bestimmten Sachen sind keine Haushaltssachen im Sinne des § 200 FamFG; die Herausgabeansprüche, die materiellrechtlich auf den §§ 985, 861 BGB beruhen, sind sonstige Familiensachen im Sinne des § 266 Abs. 2 FamFG und Familienstreitsachen gemäß § 112 Nr. 3 FamFG3 (s. Rz. 12). Die Ansprüche sind im Wege der einstweiligen Anordnung regelbar.
Haushaltsgegenstände sind alle beweglichen Gegenstände, die nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Ehegatten und für die Wohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie bestimmt sind4. Im Vordergrund steht die tatsächliche Nutzung, der Wert und das Motiv der Anschaffung sind unerheblich5.
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b) Dringendes Regelungsbedürfnis Sowohl in Ehewohnungs- als auch in Haushaltssachen setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung ein dringendes Regelungsbedürfnis voraus.
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In Ehewohnungssachen ist konkret anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob zur Vermeidung oder Abwehr einer unbilligen Härte im Sinne des § 1361b BGB die Überlassung der Wohnung zur Alleinnutzung tatsächlich notwendig ist. Ausreichend ist, dass aufgrund außergewöhnlicher Umstände ausnahmsweise die Zuweisung der Ehewohnung unter Berücksichtigung auch der Belange des anderen Ehegatten dringend erforderlich ist, um eine unerträgliche Belastung des die Zuteilung begehrenden Ehegatten abzuwenden6. In den so genannten Gewaltfällen ist ein dringendes Regelungsbedürfnis zur Vermeidung oder Abwehr einer unbilligen Härte im Sinne des § 1361b BGB regelmäßig gegeben.
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Für die beantragte Maßnahme muss ein Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts bestehen, d.h. wenn die Sach- und Rechtslage eine sofortige vorläufige Regelung gebietet, das Hauptsacheverfahren also nicht abgewartet werden kann7. Hat der Ehegatte, der anlässlich die Trennung die Wohnung ver-
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1 2 3 4 5
Gießler/Soyka, Rz. 687. BGH v. 11.5.2011 – XII ZR 33/09, FamRZ 2011, 1039. Gießler/Soyka, Rz. 657. BGH v. 1.12.1983 – IX ZR 41/83, FamRZ 1984, 144. Neumann in Prütting/Helms, § 200 FamFG Rz. 5; Götz in Johannsen/Henrich, § 1361a BGB Rz. 8. 6 Gießler/Soyka, Rz. 744 m. zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen. 7 OLG Köln v. 27.8.2010 – 4 WF 160/10, FamRZ 2011, 118.
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§ 15
Rz. 652
Familienrecht
lassen hat oder verlassen musste (aufgrund eines Platzverweises), keine ernsthafte Rückkehrabsicht, ist ein dringendes Regelungsbedürfnis zu verneinen. 652 " Praxistipp: Zur Darlegung des Regelungsbedürfnisses ist konkreter und ausführlicher Sachvortrag mit Daten und ggf. Uhrzeiten über die jeweiligen Geschehnisse, die die unbillige Härte und eine Eilmaßnahme begründen, zu halten. 653
Ein dringendes Regelungsbedürfnis in Haushaltssachen ist gegeben, wenn ein schutzwürdiges Interesse an einer vorläufigen Nutzungsregelung besteht1. Kein Regelungsbedürfnis besteht, wenn der eigene Hausrat nicht benötigt wird, z.B. weil bereits anderweitig Hausrat beschafft wurde2.
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Das Regelungsbedürfnis ist glaubhaft zu machen. In der Regel erfolgt die Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung (§ 31 Abs. 1 FamFG). c) Verfahrensbeteiligte
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Die Verfahrensbeteiligten in Ehewohnungssachen/Lebenspartnerschaftssachen gemäß § 1361b BGB/§ 14 LPartG sind die Ehegatten/Lebenspartner, Dritte sind nicht zu beteiligen, weil es lediglich um die Benutzung der Wohnung geht3. Leben Kinder im Haushalt der Ehegatten, ist regelmäßig das Jugendamt anzuhören, das auch auf Antrag beteiligt werden kann. In Haushaltssachen sind nur die Ehegatten/Lebenspartner Verfahrensbeteiligte. d) Kein Anwaltszwang
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Das einstweilige Anordnungsverfahren in Ehewohnungs- und Haushaltssachen unterliegt nicht dem Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG). e) Örtliche Zuständigkeit
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Für den Erlass der einstweiligen Anordnung ist das Gericht zuständig, das für eine deckungsgleiche Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre (§ 50 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Ist eine Ehesache anhängig, ist das Gericht der Ehesache ausschließlich zuständig (§ 201 Nr. 1 FamFG). Ist keine Ehesache anhängig, ist die Zuständigkeit in der Rangfolge des § 201 Nr. 2–4 FamFG zu bestimmen. Zuständig ist entweder das Gericht, in dessen Bezirk sich die gemeinsame Ehewohnung befindet, hilfsweise das Gericht, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder hilfsweise das Gericht, in dessen Bezirk sich der gewöhnliche Aufenthaltsort des Antragstellers befindet. Ist bereits erstinstanzlich eine Hauptsache anhängig, ist das Gericht für das Anordnungsverfahren zuständig, bei dem die Hauptsache anhängig ist oder war. Ist die Hauptsache in der zweiten Instanz anhängig, ist das Beschwerdegericht für das Anordnungsverfahren zuständig.
1 Gießler/Soyka, Rz. 684. 2 Gießler/Soyka, Rz. 684. 3 Neumann in Prütting/Helms, § 204 FamFG Rz. 1; Gießler/Soyka, Rz. 679.
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Kühner
M 15.17
III. 3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen
§ 15
Rz. 664
f) Verfahrenseinleitung Die Einleitung eines einstweiligen Anordnungsverfahrens in Ehewohnungsund Haushaltssachen erfolgt nur auf Antrag (§ 203 Abs. 1 FamFG). Der Antrag kann zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden (§ 25 FamFG). Die Anträge in Ehewohnungs- und Haushaltssachen sind Sachanträge1; sie sind zu begründen und glaubhaft zu machen (§ 31 FamFG). Eine Beweisaufnahme ist nur statthaft, sofern sie sofort durchgeführt werden kann (§ 31 Abs. 2 FamFG).
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Gerichtskosten werden erst mit Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 FamGKG).
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Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren Verfahrenskostenhilfe zu beantragen oder ein Verfahrenskostenvorschussanspruch (s. Rz. 135) geltend zu machen.
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In Haushaltssachen sind besondere Anforderungen gemäß § 203 Abs. 2 Satz 1 FamFG zu erfüllen, wonach der Antrag auch die Angabe der Gegenstände enthalten muss, deren Zuteilung begehrt wird. Anträgen in Haushaltssachen gemäß § 1568b BGB ist eine Aufstellung sämtlicher Haushaltsgegenstände, die auch deren genaue Bezeichnung enthält, beizufügen (§ 203 Abs. 2 Satz 2 FamFG).
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" Praxistipp: Die jeweiligen Haushaltsgegenstände, deren Herausgabe bean- 662 tragt wird, sind möglichst genau zu bezeichnen, da anderenfalls der Titel nicht vollstreckbar ist.
In Ehewohnungssachen ist anzugeben, ob Kinder im Haushalt der Ehegatten leben (§ 203 Abs. 3 FamFG).
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u
Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung
15.17
. . . beantragen wir,
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der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen der Dringlichkeit1 ohne vorherige mündliche Verhandlung – 1) die in . . ., Straße . . . Nr. . . ., im zweiten Obergeschoss rechts gelegene Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen und den Antragsgegner zu verpflichten, die Wohnung zu räumen und die in seinem Besitz befindlichen Wohnungs-, Haus- und Briefkastenschlüssel an die Antragstellerin herauszugeben. § 885 Abs. 2–4 ZPO ist bei der Räumung nicht anzuwenden2. 2) Dem Antragsgegner wird verboten, die in . . ., Straße . . . Nr. . . ., im zweiten Obergeschoss rechts gelegene Ehewohnung zu betreten. 1 Die Dringlichkeit ist glaubhaft zu machen. 2 Gießler/Soyka, Rz. 749 m.w.N.
1 Neumann in Prütting/Helms, § 203 FamFG Rz. 2; Gießler/Soyka, Rz. 676.
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§ 15
u
15.18 665
Rz. 665
Familienrecht
M 15.18
Antrag auf Herausgabe von Haushaltsgegenständen
. . . beantragen wir, im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen der Dringlichkeit1 ohne vorherige mündliche Verhandlung – Folgendes zu beschließen: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller zur vorläufigen Nutzung folgende Gegenstände herauszugeben: eine Waschmaschine, Marke . . .,2 einen Kühlschrank, Marke . . ., einen Kleiderschrank, Buche hell, 2,30 m hoch, 1,20 m breit, ... 1 Die Dringlichkeit ist glaubhaft zu machen. 2 Die herausverlangten Gegenstände sind im Einzelnen spezifiziert wegen der späteren Vollstreckungsfähigkeit aufzulisten.
g) Verfahrensablauf 666
Das einstweilige Anordnungsverfahren in Ehewohnungs- und Haushaltssachen unterliegt dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG). Das Verfahren bestimmt sich nach den Vorschriften, die für eine deckungsgleiche Hauptsache gelten (§ 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Gemäß § 207 FamFG soll in Ehewohnungsund Haushaltssachen eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten regelmäßig stattfinden.
667
Die allgemeine Mitwirkungspflicht (§ 27 FamFG) wird in Haushaltssachen durch § 206 FamFG ergänzt. Das Gericht kann jedem Ehegatten Auflagen erteilen, z.B. die Vorlage einer Aufstellung sämtlicher Haushaltsgegenstände, deren Ergänzung oder die Vorlage von Belegen (§ 206 Abs. 1 Nr. 1–4 FamFG). Kommt ein Ehegatte der Auflage innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, ist das Gericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts nicht verpflichtet (§ 206 Abs. 3 FamFG).
668
Vor Erlass der einstweiligen Anordnung ist dem Gegner rechtliches Gehör zu gewähren. Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG). In Ehewohnungssachen ist das Jugendamt anzuhören, wenn Kinder im Haushalt der Ehegatten leben. Ist wegen der Eilbedürftigkeit sofort eine Regelung zu treffen, ist die Anhörung unverzüglich nachzuholen.
669
Wird Termin anberaumt, muss nur eine angemessene Frist zwischen Ladung und Termin liegen; eine Mindestfrist von drei Tagen wird wohl nur für besondere Eilbedürftigkeit angemessen sein1.
1 Abramenko in Prütting/Helms, § 32 FamFG Rz. 25,26; Feskorn in Zöller, § 32 FamFG Rz. 6.
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III. 3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen
Rz. 675
§ 15
h) Beendigung des Verfahrens Die Entscheidung in Ehewohnungs- und Haushaltssache ergeht durch Beschluss und ist grundsätzlich zu begründen (§ 38 Abs. 3 FamFG). In Ausnahmefällen kann auf eine Begründung verzichtet werden (§ 38 Abs. 4 FamFG) Die einstweilige Anordnung soll die zu ihrer Durchführung erforderlichen Anordnungen, die keinen Antrag voraussetzen, enthalten (§ 209 Abs. 1 FamFG), um die Vollstreckung zu sichern und zu erleichtern1. In Ehewohnungssachen kann z.B. die Räumung der Wohnung und deren Herausgabe, die Einräumung einer Räumungsfrist oder Herausgabe der Wohnungs-, Haustür-, Keller- und Garagenschlüssel angeordnet werden. Bei der Nutzungsregelung über Haushaltsgegenstände ist deren Herausgabe oder beispielsweise die Rückschaffung der eigenmächtig entfernten Haushaltsgegenstände anzuordnen2.
670
Der Beschluss ist mit einer Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) zu versehen und den Beteiligten bekannt zu geben (§ 41 FamFG). Die Bekanntgabe erfolgt entweder gegenüber anwesenden Beteiligten durch Verlesen der Beschlussformel oder durch Zustellung an denjenigen Beteiligten, dessen erklärtem Willen die Entscheidung nicht entspricht und im Übrigen durch formlose Mitteilung. Der Beschluss wird bereits mit Bekanntgabe wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG).
671
Der Beschluss ist mit Wirksamwerden vollstreckbar (§ 86 Abs. 2 FamFG).
672
" Wichtig: Während die einstweilige Anordnung im Regelfall erst mit Be- 673 kanntgabe an den Antragsgegner wirksam wird und erst ab diesem Zeitpunkt vollstreckbar ist, kann gemäß § 53 Abs. 2 FamFG die Wirksamkeit auf den Zeitpunkt des Erlasses (Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle) vorverlagert werden. Voraussetzung ist eine gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vor Zustellung an den Pflichtigen (§ 53 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Die Anordnung ist insbesondere in Ehewohnungssachen gemäß § 1361b BGB bei Fällen häuslicher Gewalt geboten.
Die Beteiligten können das Verfahren vergleichsweise beenden (§ 36 FamFG), das Gericht soll auf eine gütliche Einigung sogar hinwirken (§ 36 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
674
" Praxistipp: Der Vergleich sollte so formuliert werden, dass deutlich daraus 675 hervorgeht, ob lediglich das einstweilige Anordnungsverfahren oder auch ein bereits anhängiges oder noch nicht anhängiges Hauptsacheverfahren erledigt sein soll (s. Rz. 68), da in der Regel ein Vergleich im einstweiligen Anordnungsverfahren nur das Anordnungsverfahren beendet.
1 Neumann in Prütting/Helms, § 209 FamFG Rz. 3; Lorenz in Zöller, § 209 FamFG Rz. 2. 2 Neumann in Prütting/Helms, § 207 FamRG Rz. 7.
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§ 15
Rz. 676
Familienrecht
i) Kosten 676
Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82 FamFG).
677
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 FamGKG). aa) Ehewohnungssachen
678
Gegenstandswert für Gerichts- und Anwaltskosten in Ehewohnungssachen gemäß § 1361b BGB: Wert der Hauptsache, Regelwert 3 000 Euro, davon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 48 Abs. 1 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 48 Abs. 3 FamGKG).
679
Gegenstandswert für Gerichts- und Anwaltskosten in Ehewohnungssachen gemäß § 1568a BGB: Wert der Hauptsache, Regelwert 4 000 Euro, davon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 48 Abs. 1 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 48 Abs. 3 FamGKG). bb) Haushaltssachen
680
Gegenstandswert für Gerichts- und Anwaltskosten in Haushaltssachen gemäß § 1361a BGB: Wert der Hauptsache, Regelwert 2 000 Euro, davon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 48 Abs. 2 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 48 Abs. 3 FamGKG).
681
Gegenstandswert für Gerichts- und Anwaltskosten in Haushaltssachen nach § 1568b BGB: Wert der Hauptsache, Regelwert 3 000 Euro, davon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 48 Abs. 2 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 48 Abs. 3 FamGKG). j) Vollstreckung
682
Einstweilige Anordnungen sind in Ehewohnungs- und Haushaltssachen nach den Vorschriften der ZPO zu vollstrecken (§ 95 FamFG). In Ehewohnungsund Haushaltssachen erfolgt die Vollstreckung gemäß §§ 883–886 ZPO durch Wegnahme, Herausgabe oder Räumung durch den Gerichtsvollzieher.
683
In Ehewohnungssachen ist während der Geltungsdauer der einstweiligen Anordnung die mehrfache Einweisung des Besitzes im Sinne des § 885 Abs. 1 ZPO ohne erneute Zustellung an den Pflichtigen möglich (§ 96 Abs. 2 FamFG). k) Aufhebung/Abänderung
684
Die Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung richtet sich nach § 54 FamFG. Hat das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung des Beschlusses nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden. Dies setzt voraus, dass nach 490
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III. 3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen
Rz. 691
§ 15
Erlass der Entscheidung Veränderungen eingetreten sind, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlt1. Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG). Die Anträge nach § 54 FamFG sind nicht fristgebunden2; die Anträge sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 694). Der Abänderungsoder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
685
" Praxistipp: Das Verfahren über die Aufhebung oder Änderung der einstwei- 686 ligen Anordnung löst keine besonderen Gebühren aus, wenn der Rechtsanwalt bereits in dem Anordnungsverfahren tätig war (§ 16 Nr. 5 RVG).
l) Aussetzung der Vollstreckung Die Vollstreckung kann gemäß § 55 FamFG ausgesetzt werden, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden ist. Die Aussetzung der Vollstreckung setzt voraus, dass der Aufhebungs- oder Abänderungsantrag hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Über den Antrag ist vorab zu entscheiden (§ 55 Abs. 2 FamFG). Der Beschluss über die Aussetzung ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
687
m) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Der Beteiligte, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, kann ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren mit besseren Erkenntnismöglichkeiten3 unter den Voraussetzungen des § 52 FamFG erzwingen, um im ordentlichen Erkenntnisverfahren eine abschließende Klärung zu erreichen und ggf. die erstinstanzliche Entscheidung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde (§§ 58 f. FamFG) überprüfen zu lassen.
688
Ist bereits ein Hauptsacheverfahren oder ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig, besteht für den Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis4.
689
Im Antragsverfahren bestimmt sich das Erzwingungsverfahren nach § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG.
690
Wurde die einstweilige Anordnung von Amts wegen erlassen, richtet sich die Einleitung des Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 1 FamFG. Auf Antrag muss das Gericht das Hauptsacheverfahren einleiten, kann jedoch mit Erlass der einstweiligen Anordnung bereits eine Wartefrist für den Antrag bestimmen,
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1 2 3 4
Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 4; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 54 FamFG Rz. 2. Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 1. OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1.
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§ 15
Rz. 692
Familienrecht
um zu vermeiden, dass vorschnell ein Hauptsacheverfahren eingeleitet wird1 (§ 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Diese Frist darf höchstens drei Monate betragen (§ 52 Abs. 1 Satz 3 FamFG). 692
Die Fristsetzung hat zu unterbleiben, wenn das Gericht bei Erlass der einstweiligen Anordnung bereits zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens entschlossen ist2. Ein vor Fristablauf im amtswegigen Verfahren gestellter Antrag ist unzulässig (§ 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Uneinigkeit besteht darüber, ob der verfrühte Antrag auf die Zeit nach Fristablauf fortwirkt und das Gericht nach Ablauf der Wartefrist das Hauptsacheverfahren einleiten muss3.
693
Wurde die einstweilige Anordnung auf Antrag erlassen, bestimmt sich die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 FamFG. In diesen Verfahren muss das Gericht auf Antrag dem Beteiligten, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgeben, binnen einer Frist von bis zu drei Monaten ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen (§ 52 Abs. 2 FamFG). Dieser Antrag auf Anordnung einer Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens kann entgegen dem Gesetzeswortlaut bereits hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist4. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist ist die einstweilige Anordnung aufzuheben, ohne dass es eines gesonderten Antrags bedarf5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar6. Wird der Antrag auf Fristsetzung zurückgewiesen, ist gegen diesen Beschluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt7, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG). n) Außerkrafttreten
694
Die einstweilige Anordnung tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 FamFG, insbesondere bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG), sofern das Gericht nicht einen früheren Zeitpunkt bestimmt hat. Als anderweitige Regelung kommt in Ehewohnungs- und Haushaltssachen insbesondere eine Endentscheidung in einer deckungsgleichen Hauptsache in Betracht, sofern in der Hauptsache eine Sachentscheidung 1 Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3. 2 BT-Drucks. 16/6308, 201. 3 So wohl Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 3; Schürmann, FamRB 2008, 375; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 3. 4 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 5 Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 6; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. 6 BT-Drucks. 16/6308, 201. 7 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele.
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III. 3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen
Rz. 698
§ 15
ergeht und der Antrag nicht nur als unzulässig zurückgewiesen wird1. Eine anderweitige Endentscheidung ist z.B. – der Beschluss im isolierten Verfahren betreffend die Ehewohnung oder die Haushaltssache, – eine Ehewohnungs- und Haushaltssache als Folgesache im Verbundbeschluss oder – eine aus dem Verbund abgetrennte (§ 140 FamFG) Entscheidung in einer Ehewohnungs- und Haushaltssache. Auch ein abändernder oder aufhebender Beschluss gemäß § 54 FamFG kann eine anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG sein.
" Wichtig: Für das Außerkrafttreten stellt § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf das 695 Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung ab. In den FG-Familiensachen wird grundsätzlich die Endentscheidung im Unterschied zu Familienstreitsachen bereits mit Bekanntgabe wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 41 FamFG), in Ehewohnungs- und Haushaltssachen wird die Endentscheidung im isolierten Verfahren jedoch erst mit Rechtskraft wirksam (§ 209 Abs. 2 FamFG), es sei denn, die sofortige Wirksamkeit wurde angeordnet (§ 209 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Handelt es sich bei der Endentscheidung um eine Ehewohnungs- oder Haushaltsache, über die als Folgesache einheitlich mit Verbundbeschluss entschieden wurde, tritt die Wirksamkeit erst mit Rechtskraft der Ehesache ein (§ 148 FamFG).
Die einstweilige Anordnung kann auch aus sonstigen Gründen gemäß § 56 Abs. 2 FamFG außer Kraft treten, d.h., z.B. wenn der deckungsgleiche Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig zurückgewiesen wurde oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig (zB. durch Tod eines Beteiligten) eingetreten ist.
696
Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist2. Zuständig ist das Gericht, das zuletzt im ersten Rechtszug in dem einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden hat3. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure4 außer Kraft. Der Beschluss, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist, kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG).
697
" Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 698 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG5 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden
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Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 3. BT-Drucks. 16/6308, 202; Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90.
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§ 15
Rz. 699
Familienrecht
muss1. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden. 699 " Praxistipp: Der Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens löst weder Gerichtskosten noch besondere Anwaltsgebühren aus. o) Rechtsmittel 700
Entscheidungen im einstweiligen Anordnungsverfahren in Haushaltssachen sind nicht mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbar, da die Haushaltssachen im Katalog des § 57 Satz 2 FamFG nicht aufgeführt sind.
701
Entscheidungen in Ehewohnungssachen sind im Verfahren der einstweiligen Anordnung nur anfechtbar, soweit einem Ehegatten/Lebenspartner die Ehewohnung im Ganzen zugewiesen wurde2, nicht also bei einer Entscheidung, mit der lediglich die Ehewohnung zur vorläufigen Nutzung zwischen den Ehegatten/Lebenspartnern aufgeteilt wurde. Die Entscheidung muss aufgrund mündlicher Erörterung ergangen sein.
702
Zulässiges Rechtsmittel ist die Beschwerde (§ 58 FamFG). Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Die Zwei-Wochen-Frist gilt auch für die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.3 Die Beschwerde muss gemäß § 64 Abs. 1 FamFG durch Einreichung der Beschwerdeschrift bei dem Familiengericht eingelegt werden, das den Beschluss erlassen hat. Sie kann durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 64 Abs. 2 FamFG). Die inhaltlichen Voraussetzungen der Beschwerdeschrift regelt § 64 Abs. 2 FamFG. Beschwerdeberechtigt ist der Beteiligte, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt werden (§ 59 Abs. 1 FamFG).
703
Die Beschwerde soll begründet werden (§ 65 Abs. 1 FamFG). Die Begründungspflicht dient der Verfahrensförderung4. Das Beschwerdegericht kann dem Beschwerdeführer eine (angemessene) Frist zur Begründung der Beschwerde setzen. Die Ausgestaltung als Sollvorschrift stellt sicher, dass die Beschwerde nicht als unzulässig verworfen werden kann, wenn die Begründung unterbleibt. 1 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt. 2 OLG Nürnberg v. 16.3.2010 – 7 WF 237/10, FamRZ 2010, 1463; Feskorn in Zöller, § 57 FamFG Rz. 10. 3 So auch KG v. 18.4.2011 – 16 UF 52/11, FamRZ 2012, 51; OLG Zweibrücken v. 8.10.2010 – 6 WF 196/10, FamRZ 2011, 497; Stößer in Prütting/Helms, § 57 FamFG Rz. 12; a.A.: Monatsfrist gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG Feskorn in Zöller, § 63 FamFG Rz. 3; Althammer in Johannsen/Henrich, § 63 FamFG Rz. 3; Sternal in Keidel/ Giers, § 63 FamFG Rz. 14. 4 BT-Drucks. 16/6308, 206.
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II. 4. Gewaltschutzsachen
Rz. 719
§ 15
" Wichtig: Die Einlegung der Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung 704 mit der Folge, dass mit Einlegung der Beschwerde der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 55 Abs. 1 FamFG (s. Rz. 687) gestellt und gleichzeitig sowohl die Beschwerde als auch der Aussetzungsantrag vorläufig begründet werden sollten.
Einstweilen frei.
705–714
4. Einstweilige Anordnungen in Gewaltschutzsachen a) Regelungsbereich und Anordnungsanspruch Im Wege der einstweiligen Anordnung können auf Antrag vorläufige Maßnahmen nach §§ 1 und 2 GewSchG getroffen werden. Neben den allgemeinen Vorschriften der §§ 49 f. FamFG gilt für einstweilige Anordnungen in Gewaltschutzsachen die Sondervorschrift des § 214 FamFG. Gegenstand des Verfahrens sind zum einen die gerichtlichen Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen (§ 1 GewSchG) und zum anderen die Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung (§ 2 GewSchG) infolge einer Tat nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG.
715
Die gerichtlichen Maßnahmen nach § 1 GewSchG setzen eine vorsätzliche Verletzung von Körper, Gesundheit oder Freiheit einer anderen Person bzw. die Drohung mit einer solchen Verletzung voraus. Das Gleiche gilt, wenn eine Person widerrechtlich und vorsätzlich in die Wohnung einer anderen Person eindringt oder sie dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 GewSchG).
716
" Praxistipp: In Gewaltfällen kann es Überschneidungen zwischen § 1361b 717 BGB und der Maßnahme nach § 2 GewSchG geben. Die Entscheidung über die Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB hat den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu Maßnahmen nach § 2 GewSchG grundsätzlich nicht zu befristen ist. Leben die Ehegatten jedoch bereits getrennt oder beabsichtigten, getrennt zu leben, ist § 1361b BGB die speziellere Norm, die § 2 GewSchG vorgeht1.
b) Dringendes Regelungsbedürfnis Ein dringendes Regelungsbedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden gemäß § 214 FamFG ist gegeben, wenn eine Tat im Sinne des § 1 GewSchG begangen wurde oder aufgrund konkreter Umstände mit der Begehung zu rechnen ist.
718
Hat ein Ehegatte/Lebenspartner angekündigt, am nächsten Tag in die Wohnung des anderen Ehegatten/Lebenspartners einzudringen und zu diesem Zweck
719
1 Lorenz in Zöller, § 200 FamFG Rz. 4; Neumann in Prütting/Helms, § 210 FamFG Rz. 8; Gießler/Soyka, Rz. 734.
Kühner
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§ 15
Rz. 720
Familienrecht
auch bereits konkrete Vorbereitungen getroffen, liegt ebenfalls ein dringendes Regelungsbedürfnis vor1. 720
Ein dringendes Regelungsbedürfnis ist zu verneinen, wenn eine Wiederholungsgefahr aufgrund besonderer Umstände mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden kann2. Das dringende Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts entfällt in der Regel, wenn sich nach einer Gewalttat die verletzte Person mit dem Täter wieder versöhnt3. c) Verfahrensbeteiligte
721
Verfahrensbeteiligte sind der Antragsteller und Antragsgegner. In einem Verfahren gemäß § 2 GewSchG auf Überlassung der Wohnung kann auch das Jugendamt auf Antrag an dem Verfahren beteiligt werden, wenn in dem betreffenden Haushalt ein gemeinsames Kind lebt (§ 212 FamFG). d) Kein Anwaltszwang
722
Eine anwaltliche Vertretung ist in dem gesamten einstweiligen Anordnungsverfahren nicht vorgeschrieben (§ 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG). e) Örtliche Zuständigkeit
723
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 50 FamFG, wonach das Gericht zuständig ist, das auch für die deckungsgleiche Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre. Ausschließlich zuständig für das Hauptsacheverfahren im ersten Rechtszug ist unabhängig von der Anhängigkeit einer Ehesache nach Wahl des Antragstellers entweder das Gericht des Tatorts, das Gericht der gemeinsamen Wohnung des Antragstellers und Antragsgegners oder das Gericht des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragsgegners (§ 211 Nr. 1–3 FamFG).
724 " Wichtig: Wird eine Ehesache rechtshängig, erfolgt keine Abgabe des Verfahrens an das Gericht der Ehesache. 725
Ist bereits ein deckungsgleiches Hauptsacheverfahren anhängig, ist gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG für das einstweilige Anordnungsverfahren das Gericht des ersten Rechtszuges oder bei Anhängigkeit der deckungsgleichen Hauptsache beim Beschwerdegericht das Beschwerdegericht zuständig. f) Verfahrenseinleitung
726
Die Einleitung des Verfahrens erfolgt nur auf Antrag (§ 214 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts gestellt werden (§ 25 FamFG). Der Antrag ist zu begründen; die Voraussetzungen der Anordnung, insbesondere das dringende Regelungs1 BT-Drucks. 16/6308, 418; Lorenz in Zöller, § 214 FamFG Rz. 5; a.A. Neumann in Prütting/Helms, § 214 FamFG Rz. 14. 2 Neumann in Prütting/Helms, § 214 FamFG Rz. 6; Lorenz in Zöller, § 214 FamFG Rz. 4. 3 Neumann in Prütting/Helms, § 214 FamFG Rz. 6.
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Kühner
M 15.19
II. 4. Gewaltschutzsachen
§ 15
Rz. 729
bedürfnis, sind glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Die Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel durch eidesstattliche Versicherung (§ 31 FamFG) (s. Rz. 49). Als weitere Mittel zur Glaubhaftmachung kommen insbesondere ärztliche Atteste und Polizeiberichte in Betracht. Gerichtskosten werden erst mit Beendigung des Verfahrens fällig (§ 11 FamGKG).
727
Ggf. ist für das einstweilige Anordnungsverfahren Verfahrenskostenhilfe zu beantragen oder ein Verfahrenskostenvorschussanspruch (s. Rz. 135) geltend zu machen.
728
u
Antrag nach § 1 GewSchG
15.19
der Frau . . .
729 – Antragstellerin –
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen Herrn . . . – Antragsgegner – wegen Maßnahmen nach § 1 GewSchG. Namens und kraft Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen der Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – Folgendes aufzugeben: 1. dem Antragsgegner wird verboten, mit der Antragstellerin in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen, insbesondere sie anzurufen, persönlich anzusprechen, Faxe, SMS oder Emails zu senden; sich der Wohnung der Antragstellerin auf eine Entfernung von 50 m und sich der Antragstellerin außerhalb der Wohnung auf 20 m zu nähern. 2. Dem Antragsgegner wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung in Ziffer 1 ein Zwangsgeld1 bis zu 25 000 Euro, ersatzweise Zwangshaft bis zu drei Monaten angedroht. 3. Die sofortige Wirksamkeit und die Zulässigkeit der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner werden angeordnet. Begründung: ... 1 Vgl. § 888 ZPO i.V.m. § 96 Abs. 4 FamFG.
Kühner
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497
§ 15
Rz. 730
Familienrecht
g) Verfahrensablauf 730
Das Verfahren unterliegt dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 26 FamFG und richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften, die für das deckungsgleiche Hauptsacheverfahren gelten (§ 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
731
Leben Kinder im Haushalt, soll auch das Jugendamt angehört werden; die Anhörung kann unterbleiben, wenn der Antrag auf Überlassung der Wohnung ersichtlich unbegründet ist1.
732
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob aufgrund einer glaubhaft gemachten Gefahrenlage vor Erlass des Beschlusses von einer mündlichen Verhandlung abzusehen ist2.
733
In Gewaltschutzsachen wird die Entscheidung regelmäßig ohne mündliche Verhandlung getroffen.
734 " Praxistipp: Aus diesem Grund empfiehlt es sich, in Gewaltschutzsachen eine Schutzschrift (s. Rz. 60) bei Gericht zu hinterlegen, wenn zu erwarten ist, dass eine einstweilige Anordnung beantragt wird. Auf diese Weise kann erreicht werden, dass dem Antrag nur aufgrund mündlicher Verhandlung stattgegeben wird. h) Beendigung des Verfahrens 735
Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist grundsätzlich zu begründen (§ 38 Abs. 3 FamFG). Auf eine Begründung kann in Ausnahmefällen (§ 38 Abs. 4 FamFG) verzichtet werden, z.B. wenn der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben (§ 38 Abs. 4 Nr. 3 FamFG).
736
Der Beschluss wird grundsätzlich mit Bekanntgabe wirksam und damit vollstreckbar. Die Bekanntgabe erfolgt entweder durch Zustellung (§ 41 Abs. 1 FamFG) oder durch Verlesen der Beschlussformel gegenüber den anwesenden Beteiligten (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Die einstweilige Anordnung wird jedoch bereits mit Erlass, d.h. mit Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle wirksam, wenn das Gericht angeordnet hat, dass die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vor Zustellung an den Pflichtigen zulässig ist (§ 53 Abs. 2 FamFG). Diese Anordnung kann von Amts wegen erfolgen, eines Antrags bedarf es nicht.
737
Die einstweilige Anordnung ist als vorläufige Regelung grundsätzlich zu befristen3, die Frist kann verlängert werden, § 1 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GewSchG.
1 Lorenz in Zöller, § 213 FamFG Rz. 2; Neumann in Prütting/Helms, § 213 FamFG Rz. 1. 2 BT-Drucks. 16/6308, 252; Lorenz in Zöller, § 214 FamFG Rz. 8; Neumann in Prütting/ Helms, § 214 FamFG Rz. 8. 3 OLG Saarbrücken v. 19.5.2010 – 6 UF 38/10, FamRZ 2010, 1810; Lorenz in Zöller, § 214 FamFG Rz. 9.
498
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Kühner
II. 4. Gewaltschutzsachen
Rz. 749
§ 15
Der Beschluss ist mit einer Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) zu versehen.
738
" Wichtig: Wurde die einstweilige Anordnung ohne mündliche Erörterung er- 739 lassen, gilt der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung zugleich als Auftrag zur Zustellung durch den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung der Geschäftsstelle und als Auftrag zur Vollstreckung. Auf Verlangen des Antragstellers darf die Zustellung nicht vor der Vollstreckung erfolgen (§ 214 Abs. 2 FamFG).
Von Amts wegen soll das Gericht in Verfahren nach § 2 GewSchG die zur Durchführung der Entscheidung erforderlichen Anordnungen treffen (§ 215 FamFG). Diese flankierenden Maßnahmen sind in der Regel auf Räumung (ggf. nur der persönlichen Sachen), Anordnung einer Räumungsfrist oder Herausgabe sämtlicher Schlüssel und einem Betretungsverbot gerichtet.
740
Anordnungen nach §§ 1, 2 GewSchG sowie deren Änderung oder Aufhebung sind unverzüglich den zuständigen Polizeibehörden und ggf. anderen öffentlichen Stellen mitzuteilen (§ 216a FamFG).
741
Grundsätzlich kann das einstweilige Anordnungsverfahren in Gewaltschutzsachen auch durch gerichtlich protokollierten Vergleich beendet werden.
742
" Praxistipp: Bei einer vergleichsweisen Regelung in einem Verfahren nach 743 § 1 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 Satz 1 GewSchG haben die Strafvorschriften des § 4 GewSchG keine Gültigkeit, weil die Vorschrift nur auf eine vollstreckbare Anordnung anwendbar ist.
i) Kosten Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens muss der Beschluss eine Kostengrundentscheidung enthalten (§§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 3, 82 FamFG).
744
Es wird eine Gerichtsgebühr in Höhe von 1,5 erhoben (KV Nr. 1420 FamGKG).
745
Gegenstandswert für Gerichts- und Anwaltskosten in Gewaltschutzsachen gemäß § 1 GewSchG: Wert der Hauptsache, Regelwert 2 000 Euro, davon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 49 Abs. 1 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 49 Abs. 2 FamGKG).
746
Gegenstandswert für Gerichts- und Anwaltskosten in Gewaltschutzsachen nach § 2 GewSchG: Wert der Hauptsache, Regelwert 3 000 Euro, davon 1/ 2 (§§ 41 Satz 2, 49 Abs. 1 FamGKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG); der Wert kann höher oder niedriger angesetzt werden (§ 49 Abs. 2 FamGKG).
747
j) Vollstreckung Die Vollstreckung der Gewaltschutzanordnungen erfolgt über §§ 95, 96 FamFG nach den Vorschriften über die Vollstreckung in der ZPO.
748
Ge- und Verbote werden durch Festsetzung von Zwangsgeld ohne vorherige Androhung gemäß § 888 ZPO vollstreckt. Die Vollstreckung einer Herausgabe-
749
Kühner
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499
§ 15
Rz. 750
Familienrecht
anordnung wird ebenfalls nach § 888 ZPO (§ 96 Abs. 4 FamFG) durch Zwangsgeldfestsetzung durchgesetzt. 750
Die Anordnung auf Überlassung der Wohnung gemäß § 2 GewSchG erfolgt gemäß § 885 Abs. 1 ZPO durch Einweisung des Antragstellers in den Besitz der Wohnung durch den Gerichtsvollzieher. Gemäß § 96 Abs. 2 FamFG kann die Einweisung während der Geltungsdauer einer einstweiligen Anordnung mehrfach erfolgen, ohne dass zuvor eine erneute Zustellung erfolgt. k) Aufhebung/Abänderung
751
Die Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung richtet sich nach § 54 FamFG. Hat das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ist vorrangig gemäß § 54 Abs. 2 FamFG der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Wurde aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, kann die Aufhebung oder Änderung des Beschlusses nur gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FamFG beantragt werden. Dies setzt voraus, dass nach Erlass der Entscheidung Veränderungen eingetreten sind, da anderenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlt1.
752
Zuständig für die Abänderung ist grundsätzlich das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat, es sei denn, dieses Gericht hat die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen (§ 54 Abs. 3 FamFG). Die Anträge nach § 54 FamFG sind nicht fristgebunden2; die Anträge sind solange zulässig, bis die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (s. Rz. 762).
753 " Praxistipp: In Gewaltschutzsachen sollte wegen der Anordnung der Befristung der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zeitnah gestellt werden, weil dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlen kann, wenn der Antrag erst so spät gestellt wird, dass eine Terminierung bis zum Ablauf der Frist nicht mehr erfolgen kann3. 754
Der Abänderungs- oder Aufhebungsantrag ist zu begründen und die Änderungen sind glaubhaft zu machen.
755
Das Verfahren über die Aufhebung oder Änderung der einstweiligen Anordnung löst keine besonderen Gebühren aus, wenn der Rechtsanwalt bereits in dem Anordnungsverfahren tätig war (§ 16 Nr. 5 RVG). l) Aussetzung der Vollstreckung
756
Die Vollstreckung kann gemäß § 55 FamFG ausgesetzt oder beschränkt werden, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung gemäß § 54 FamFG gestellt worden ist. Ist ein Aussetzungsantrag gestellt worden, ist hierüber vorab zu entscheiden (§ 55 Abs. 2 FamFG). Die Entscheidung über die Aussetzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts; der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamFG). 1 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 4; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 54 FamFG Rz. 2. 2 Feskorn in Zöller, § 54 FamFG Rz. 12. 3 Bruns, FamRZ 2012, 1024.
500
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Kühner
II. 4. Gewaltschutzsachen
Rz. 760
§ 15
m) Erzwingung des Hauptsacheverfahrens Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 FamFG kann der Antragsgegner, der in seinen Rechten beeinträchtigt ist, die Einleitung eines deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens erzwingen, um im Erkenntnisverfahren eine Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen und diese ggf. durch das Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen. Die Vorschrift zur Herbeiführung des Hauptsacheverfahrens lehnt sich weitestgehend an die für Arrest und einstweilige Verfügung geltende Vorschrift des § 926 ZPO an1. Grundsätzlich setzt § 52 FamFG voraus, dass eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, sodass Anträge auf Einleitung eines Hauptsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 FamFG nicht in Betracht kommen, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen wurde2. Die Anordnung zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens setzt einen Antrag des Antragsgegners voraus, der schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden kann. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsgegner durch die einstweilige Anordnung in seinen Rechten beeinträchtigt ist3.
757
Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Fristsetzung für das Hauptsacheverfahren fehlt, wenn der Antragsteller bereits das Hauptsacheverfahren oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren anhängig gemacht, die einstweilige Anordnung keinen Bestand mehr hat, der zu sichernde Anspruch aus der einstweiligen Anordnung wegen Erfüllung oder Erledigung weggefallen ist oder der Antragsteller auf den Anspruch verzichtet hat4.
758
Entgegen dem Gesetzeswortlaut kann der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens hilfsweise mit dem Antrag auf Zurückweisung gestellt werden, weil sich die Vorschrift weitestgehend an § 926 ZPO anlehnt und auch der Antrag auf Fristsetzung und Aufhebung des Arrestes als Hilfsantrag zulässig ist5.
759
Wird der Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens bzw. eines Antrages auf Verfahrenskostenhilfebewilligung für ein Hauptsacheverfahren zurückgewiesen, ist gegen diesen Beschluss, der eine abschließende Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG darstellt6, das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 58 FamFG).
760
1 2 3 4
BT-Drucks. 16/6308, 201. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. BT-Drucks. 16/6308, 201. OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571; Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 1; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 52 FamFG Rz. 11. 5 So auch Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; Schwonberg in Schulte-Bunert/ Weinreich, § 52 FamFG Rz. 10; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; a.A. Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 7. 6 Gießler/Soyka, Rz. 224; Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 4; Büte in Johannsen/Henrich, § 52 FamFG Rz. 7; van Els, FamRZ 2011, 573; a.A. Feskorn in Zöller, § 52 FamFG Rz. 5; OLG Karlsruhe v. 3.9.2010 – 5 WF 179/10, FamRZ 2011, 571: analog §§ 567 f. ZPO, weil es sich bei dem Beschluss um eine Zwischenentscheidung handele.
Kühner
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501
§ 15 761
Rz. 761
Familienrecht
Hat das Gericht dem Antrag stattgegeben, wird dem Antragsteller, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgegeben, binnen einer Frist von bis zu drei Monaten entweder das Hauptsacheverfahren einzuleiten oder einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zu stellen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist die einstweilige Anordnung auf Antrag aufzuheben, der Beschluss ist unanfechtbar1. n) Außerkrafttreten
762
Die einstweilige Anordnung tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 FamFG, insbesondere bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft (§ 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG), sofern das Gericht nicht einen früheren Zeitpunkt bestimmt hat.
763
Einstweilige Anordnungen in Gewaltschutzsachen sind grundsätzlich zu befristen, sodass mit Ablauf der im Beschluss gesetzten Frist die einstweilige Anordnung auch außer Kraft tritt, wenn kein Antrag auf Verlängerung gestellt wird.
764
Als anderweitige Regelung kommt insbesondere eine Endentscheidung in einer deckungsgleichen Hauptsache in Betracht, d.h. ein Beschluss im isolierten Hauptsacheverfahren. Auch ein abändernder oder aufhebender Beschluss gemäß § 54 FamFG kann eine anderweitige Regelung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG sein.
765 " Wichtig: Für das Außerkrafttreten stellt § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf das Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung ab. In Gewaltschutzsachen wird die Endentscheidung im Hauptsacheverfahren grundsätzlich erst mit Rechtskraft wirksam (§ 216 Abs. 1 Satz 1 FamFG), es sei denn, das Gericht hat die sofortige Wirksamkeit angeordnet (§ 216 Abs. 1 Satz 2 FamFG). 766
Die einstweilige Anordnung kann auch aus sonstigen Gründen gemäß § 56 Abs. 2 FamFG außer Kraft treten, d.h. z.B. wenn der deckungsgleiche Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig zurückgewiesen wurde oder die Erledigung der Hauptsache anderweitig (zB. durch Tod eines Beteiligten) eingetreten ist.
767
Auf Antrag eines Beteiligten (§ 56 Abs. 3 FamFG) hat das Gericht auszusprechen, ob, ab welchem Zeitpunkt und ggf. in welchem Umfang die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist2. Zuständig ist das Gericht, das zuletzt im ersten Rechtszug in dem einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden hat3. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG tritt die einstweilige Anordnung ipso iure4 außer Kraft. Der Beschluss, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist, kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 56 Abs. 3 Satz 2 FamFG).
1 2 3 4
Stößer in Prütting/Helms, § 52 FamFG Rz. 5. BT-Drucks. 16/6308, 202; Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10. Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 10.
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Kühner
II. 4. Gewaltschutzsachen
Rz. 773
§ 15
" Wichtig: Uneinigkeit besteht darüber, ob die Beschwerde gemäß § 58 768 FamFG innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG1 oder innerhalb eines Monats gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt werden muss2. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte der sicherste Weg beschritten und die Beschwerde vorsorglich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt werden.
" Praxistipp: Der Antrag auf Feststellung des Außerkrafttretens löst weder 769 Gerichtskosten noch besondere Anwaltsgebühren aus.
o) Rechtsmittel Die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren in Gewaltschutzsachen ist gemäß § 57 Nr. 4 FamFG anfechtbar. Statthaftes Rechtsmittel ist die Beschwerde (§ 58 FamFG). Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG); die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Die ZweiWochen-Frist gilt auch für die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.3 Die Beschwerde muss gemäß § 64 Abs. 1 FamFG durch Einreichung der Beschwerdeschrift bei dem Familiengericht eingelegt werden, das den Beschluss erlassen hat. Sie kann durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 64 Abs. 2 FamFG). Die inhaltlichen Voraussetzungen der Beschwerdeschrift sind in § 64 Abs. 2 FamFG geregelt.
770
Beschwerdeberechtigt sind die Beteiligten, deren Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt werden (§ 59 Abs. 1 FamFG).
771
Die Beschwerde soll begründet werden (§ 65 Abs. 1 FamFG); die Begründungspflicht dient der Verfahrensförderung4. Das Beschwerdegericht kann dem Beschwerdeführer eine (angemessene) Frist zur Begründung der Beschwerde setzen. Die Ausgestaltung als Sollvorschrift stellt sicher, dass die Beschwerde nicht als unzulässig verworfen werden kann, wenn die Begründung unterbleibt.
772
" Wichtig: Die Einlegung der Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung 773 mit der Folge, dass ggf. ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 55 Abs. 1 FamFG (s. Rz. 756) gestellt und die Beschwerde und der Aussetzungsantrag vorläufig begründet werden sollten.
1 OLG Zweibrücken v. 13.12.2010 – 5 WF 159/10, FamRZ 2011, 987; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, § 56 FamFG Rz. 25; Borth in Musielak, § 56 FamFG Rz. 14; so wohl auch Bömelburg in Prütting/Helms, § 246 FamFG Rz. 90. 2 So zu Recht Stößer in Prütting/Helms, § 56 FamFG Rz. 11; Feskorn in Zöller, § 56 FamFG Rz. 7; Schürmann, FamRB 2008, 375, weil es sich nicht um eine Entscheidung über die einstweilige Anordnung, sondern nur um eine dem nicht gleichgestellte Entscheidung im Anordnungsverfahren handelt. 3 So auch KG v. 18.4.2011 – 16 UF 52/11, FamRZ 2012, 51; OLG Zweibrücken v. 8.10.2010 – 6 WF 196/10, FamRZ 2011, 497; Stößer in Prütting/Helms, § 57 FamFG Rz. 12; a.A.: Monatsfrist gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG Feskorn in Zöller, § 63 FamFG Rz. 3; Althammer in Johannsen/Henrich, § 63 FamFG Rz. 3; Sternal in Keidel/ Giers, § 63 FamFG Rz. 14. 4 BT-Drucks. 16/6308, 206.
Kühner
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503
§ 15
Rz. 774
Familienrecht
5. Einstweilige Anordnungen in Versorgungsausgleichssachen 774
In Versorgungsausgleichssachen kommen vor allem im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich entsprechend §§ 20–22 VersAusglG einstweilige Anordnungen in Betracht, für die die Vorschriften der einstweiligen Anordnung gemäß §§ 49–57 FamFG gelten. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt ein besonderes Regelungsbedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden voraus. Dies dürfte nur dann bestehen, wenn eine eigene Altersversorgung nicht besteht oder die Altersversorgung nur so geringfügig ist, dass bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die auszugleichenden Rechte nicht abgewartet werden kann.
775
Die Verfahren haben in der Praxis in der Regel keine Bedeutung, sodass von einer weiteren Darstellung an dieser Stelle abgesehen wird.
504
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Kühner
§ 16 Gesellschaftsrecht Inhaltsübersicht I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1. Durchsetzung von Stimmpflichten a) Willensbildung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . aa) Vorwegnahme der Hauptsache . . . . . . . . . . . . bb) Irreversibilität der Verfügungswirkung . . . . . cc) Unantastbarkeit des Willensbildungsprozesses . . dd) Nachträgliche Kontrolle ee) Beschränkung auf Verbotsverfügung . . . . . . . c) Begründetheit einer einstweiligen Verfügung . . . . . . . . aa) Verfügungsanspruch . . . bb) Verfügungsgrund . . . . . d) Einzelfälle aa) Stimmbindungsvertrag . bb) Stimmpflichten aus Gesellschaftsvertrag oder gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht . . . . . . . . cc) Stimmverbot . . . . . . . e) Durchsetzung einer Stimmabgabe . . . . . . . . . . . . . . 2. Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen . . . . . . . . . . . . a) Aussetzung der Vollziehung eines nichtigen Gesellschafterbeschlusses aa) Parteien . . . . . . . . . . bb) Verfügungsanspruch . . . cc) Verfügungsgrund . . . . . b) Durchführung eines wirksamen Gesellschafterbeschlusses aa) Parteien . . . . . . . . . . bb) Verfügungsanspruch . . . cc) Verfügungsgrund . . . . . 3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . .
1
3 5 6 10 12 13 15 17 19 20 22
27 29 31 33
36 38 39
40 41 42 43
a) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des geschäftsführenden Gesellschafters aa) Verfügungsanspruch . . . bb) Verfügungsgrund . . . . . cc) Parteien . . . . . . . . . . dd) Verfügungsinhalt . . . . . b) Einstweiliger Rechtsschutz zur Durchsetzung des Entziehungsbeschlusses . . . . . . . aa) Verfügungsanspruch . . . bb) Verfügungsgrund . . . . . cc) Parteien . . . . . . . . . . dd) Verfügungsinhalt . . . . . 4. Widerspruchsrecht . . . . . . . . a) Einstweiliger Rechtsschutz gegen den handlungswilligen Geschäftsführer aa) Verfügungsanspruch . . . bb) Verfügungsgrund . . . . . cc) Parteien . . . . . . . . . . b) Einstweilige Verfügung gegen den widersprechenden Geschäftsführer . . . . . . . . . . 5. Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . . . . a) Einstweilige Verfügung auf Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen bei Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aa) Verfügungsanspruch . . . bb) Verfügungsgrund . . . . . cc) Parteien . . . . . . . . . . b) Einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Geschäftsführungsmaßnahme bei fehlender Zustimmung des gesamtgeschäftsführungsberechtigten Gesellschafters . . . . 6. Zustimmung zu Grundlagengeschäften . . . . . . . . . . . . . a) Einstweilige Verfügung auf Zustimmung zum Grundlagengeschäft aa) Verfügungsanspruch . . . bb) Verfügungsgrund . . . . .
Kleveman
|
47 48 49 50 52 53 54 55 56 57
58 59 60 62 64
66 67 68
69 70
71 72
505
§ 16
Gesellschaftsrecht
cc) Parteien . . . . . . . . . . b) Einstweilige Verfügung auf Unterlassung eines Grundlagengeschäftes bei fehlender Zustimmung eines Gesellschafters aa) Verfügungsanspruch und -grund . . . . . . . . . . . bb) Parteien . . . . . . . . . . 7. Ausschließung eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . a) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des betroffenen Gesellschafters bei einem unwirksamen Ausschließungsbeschluss aa) Verfügungsanspruch, -grund- und -inhalt . . . . bb) Parteien . . . . . . . . . . b) Einstweilige Verfügung auf Zustimmung zu einem Ausschließungsbeschluss . . . . .
73
II. Offene Handelsgesellschaft . . . 1. Durchsetzung von Stimmpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eintragung von Beschlüssen im Handelsregister . . . . . . . . . . a) Verfügungsanspruch . . . . . b) Verfügungsgrund . . . . . . . c) Parteien . . . . . . . . . . . . . d) Bindungswirkung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 16 Abs. 1 HGB für das Registergericht . . . . . . . . . . 3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . a) Inhalt der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . b) Parteien . . . . . . . . . . . . . c) Verfügungsanspruch . . . . . d) Verfügungsgrund . . . . . . . 4. Widerspruchsrecht . . . . . . . . 5. Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . . . . 6. Zustimmung zu Grundlagengeschäften . . . . . . . . . . . . . 7. Auflösung der Gesellschaft . . . 8. Ausschließung eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . .
82
III. Kommanditgesellschaft . . . . . 1. Durchsetzung von Stimmpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
506
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Kleveman
74 76 77
78 80 81
85 89 90 91 92
93 95 98 100 102 103 105 106 107 108 110 113 114
2. Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen . . . . . . . . . . . . 3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . 4. Zustimmung/Auflösung/Ausschließung . . . . . . . . . . . . . IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Durchsetzung von Stimmpflichten a) Willensbildung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . c) Begründetheit der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . 2. Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen a) Zulässigkeit . . . . . . . . . . b) Begründetheit . . . . . . . . . c) Parteien . . . . . . . . . . . . . 3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . a) Materielle Rechtslage bei der Abberufung von Geschäftsführern aus wichtigem Grund aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH . . . . . . . . . . . bb) Mitbestimmungsfreie GmbH und nach dem Drittelbeteiligungsgesetz mitbestimmte GmbH . . (1) Fremdgeschäftsführer . . (2) Geschäftsführender Minderheitsgesellschafter . . (3) Geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter und hälftig beteiligter Geschäftsführer in der Zweipersonen-GmbH . . . . . (4) Gesellschafter mit Sonderrecht auf Geschäftsführung . . . . . . . . . . b) Parteien im einstweiligen Rechtsschutzverfahren aa) Vor Abberufungsbeschluss . . . . . . . . . bb) Nach Abberufungsbeschluss . . . . . . . . . c) Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzes
115 116 121 125
127 131 132
134 138 140 142 147 148
149 150 153
155 156
157 158
§ 16
Gesellschaftsrecht aa) Geschäftsführer der paritätisch mitbestimmten GmbH, Fremdgeschäftsführer, geschäftsführende Minderheitsgesellschafter (§ 84 Abs. 3 Satz 4 AktG) (1) Durchsetzung der Abberufung . . . . . . . . . . . (2) Abwehr der Abberufung . bb) Zweipersonen-GmbH, geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter (1) Durchsetzung der Abberufung . . . . . . . . . . . (2) Abwehr der Abberufung . cc) Gesellschafter mit Sonderrecht auf Geschäftsführung . . . . . . . . . . d) Begründetheit aa) Durchsetzung der Abberufung . . . . . . . . . . . bb) Abwehr der Abberufung . e) Inhalt der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . 4. Auskunfts- und Einsichtsrecht nach § 51a GmbHG . . . . . . . 5. Ausschließung eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschluss durch Beschluss . aa) Verfügungsanspruch, -grund und -inhalt . . . . bb) Parteien . . . . . . . . . . b) Ausschließungsklage . . . . . V. Aktiengesellschaft . . . . . . . . 1. Durchsetzung von Stimmpflichten
162 165
174 177 178 179 181 183 186 192 195 197 200 202 203
a) Willensbildung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . c) Begründetheit der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . 2. Vollziehung von Hauptversammlungsbeschlüssen a) Zulässigkeit . . . . . . . . . . b) Begründetheit . . . . . . . . . c) Verfügungsinhalt . . . . . . . d) Parteien . . . . . . . . . . . . . 3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . a) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des betroffenen Vorstandsmitgliedes . . . . . b) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten der AG . . . . . . . 4. Geschäftsführungsmaßnahmen a) Verletzung von Aktionärsrechten aa) Ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptversammlung . . . . . . . . . bb) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung . . . . . . cc) Begründetheit der einstweiligen Verfügung . . . dd) Parteien . . . . . . . . . . b) Verletzung von Mitentscheidungskompetenzen des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . 5. Fehlerhafter Aufsichtsratsbeschluss . . . . . . . . . . . . . .
204 207 209
210 213 214 216 217 218 223
225 226 227 229 231 235
Literatur: Bücher und Loseblattwerke: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 35. Aufl. 2012; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl. 2010; Baur, Studien zum einstweiligen Rechtsschutz, 1967; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 1. Band 2. Aufl. 2008; Großkommentar zum Aktiengesetz, hrsg. von Hopt, Wiedemann, Lieferung 6, 4. Aufl. 1996 (GroßKomm.); Happ, Aktienrecht, 3. Aufl. 2007; Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl. 2012; Leipold, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes im zivil-, verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, 1971; Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, 1996; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 18. Aufl. 2012; Michalski, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), 2 Bände, 2. Aufl. 2010; Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4: Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 2007 (Münch. Hdb. AG); Münchener Kommentar zum Aktiengesetz 3. Aufl. 2008 ff.; Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 1 (§§ 1–34) 2010, Band 2 (§§ 35–52) 2012; Münchener Kommentar zum HGB, hrsg. von K. Schmidt, Band 2 (§§ 105–160) 3. Aufl. 2011, Band 3 (§§ 161–237) 3. Aufl. 2012; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002; K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz Kommentar, 2. Aufl. 2 Bände 2010; Schmidt-Diemitz, Einstweiliger Rechtsschutz gegen rechtswidrige
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§ 16
Rz. 1
Gesellschaftsrecht
Gesellschafterbeschlüsse, 1993; Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz, Band 1 (§§ 1–34) 11. Aufl. 2012, Band 2 (§§ 35–52) 10. Aufl. 2007, Band 3 (§§ 53–85) 10. Aufl. 2010; Staudinger, BGB, §§ 705–740 BGB, bearbeitet von Habermeier, 13. Bearbeitung 2003; Ulmer, GmbHG, Großkommentar, Bd. I, 2005, Bd. II, 2006, Bd. III 2008, hrsg. von Ulmer, Habersack und M. Winter; Aufsätze: Baur, Anmerkungen zum Urteil des OLG Saarbrücken vom 6.3.1968 – 1 U 248/67, JZ 1968, 368; Büchel, Vom Unbedenklichkeits- zum Freigabeverfahren nach UMAG, in Liber amicorum Happ, 2006, 1; Damm, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, ZHR 154 (1990), 413; Emde, Einstweiliger Rechtsschutz im Auskunftserzwingungsverfahren nach §§ 51a, 51b GmbHG?, ZIP 2001, 820; v. Gerkan, Gesellschafterbeschlüsse, Ausübung des Stimmrechts und einstweiliger Rechtsschutz, ZGR 1985, 167; Goette, Ausschließung und Austritt aus der GmbH in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, DStR 2001, 533; Heinze, Einstweiliger Rechtsschutz in aktienrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsverfahren, ZGR 1979, 293; Heller, Die Rechtsverhältnisse der GmbH nach streitiger Abberufung des Geschäftsführers, GmbHR 2002, 1227; Jauernig, Einstweilige Verfügung gegen ein Bezugsverbot, NJW 1973, 1672; Kiethe, Einstweilige Verfügung und Stimmrechtsausübung im Gesellschaftsrecht, DStR 1993, 609; Kort, Einstweiliger Rechtsschutz bei eintragungspflichtigen Hauptversammlungsbeschlüssen, NZG 2007, 169; Leuering/Simon, Vorbeugender Rechtsschutz bei Gesellschafterbeschlüssen, NJW-Spezial 2005, 411; Schlitt/Seiler, Einstweiliger Rechtsschutz im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaften, ZHR 166 (2002), 544; K. Schmidt, Zur Durchsetzung einer Stimmrechtsbindung mit den Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes in der GmbH, GmbHR 1991, 469; Schmitt, Einstweiliger Rechtsschutz gegen drohende Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH?, ZIP 1992, 1212; Semler, Einstweilige Verfügungen bei Gesellschafterauseinandersetzungen, BB 1979, 1533; Vogg, Einstweilige Feststellungsverfügung?, NJW 1993, 1357; Vollmer, Die Abberufung von Geschäftsführern der mitbestimmten GmbH, GmbHR 1984, 5; Wohlleben, Einstweiliger Rechtsschutz im Personengesellschaftsrecht, 1990; Zutt, Einstweiliger Rechtsschutz bei Stimmbindungen, ZHR 155 (1991), 190; Zwissler, Einstweiliger Rechtsschutz bei Abberufungskonflikten mit dem GmbH-Geschäftsführer, GmbHR 1999, 336.
I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder BGB-Gesellschaft) ist eine vertragliche Verbindung mehrerer Personen zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks (§ 705 BGB). Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.1 In diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig.2 Die Verwendungsmöglichkeiten und Erscheinungsformen der GbR sind außerordentlich vielfältig.3
2
Im Folgenden werden Gesellschaftsstreitigkeiten und Gesellschaftskonflikte untersucht, die ihren Ursprung im Gesellschaftsverhältnis haben.
1 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056; Sprau in Palandt, § 705 BGB Rz. 24. 2 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056. 3 Ulmer in MünchKomm., Vor § 705 BGB Rz. 34 ff.
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Rz. 5
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1. Durchsetzung von Stimmpflichten a) Willensbildung durch Beschluss Die Willensbildung in der BGB-Gesellschaft erfolgt grundsätzlich durch Beschluss aller oder der jeweils zuständigen Gesellschafter.1 § 709 BGB ist die Grundnorm für das im Übrigen wenig geregelte Beschlussrecht in der GbR.2 Das BGB sieht (ebenso wie das HGB in Bezug auf OHG und KG, jedoch im Unterschied zum AktG und GmbHG) die Gesellschafterversammlung nicht als Gesellschaftsorgan vor und enthält folglich keine diesbezüglichen Vorschriften.3 Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch die Organstellung der Gesellschafterversammlung begründen, indem er ihr Zuständigkeiten zuweist und das Verfahren zur Einberufung und Durchführung einer Versammlung regelt.4
3
Der Beschluss ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft und die zu ihm führenden Stimmabgaben sind empfangsbedürftige Willenserklärungen.5 Für die Stimmabgabe sind deshalb die Vorschriften über Willenserklärungen heranzuziehen, und für Beschlüsse sind die allgemeinen Rechtsgeschäftsgrundsätze anwendbar.6
4
b) Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung Die früher herrschende Auffassung hielt eine einstweilige Verfügung generell für unzulässig, wenn sie auf das Stimmverhalten von Gesellschaftern gerichtet ist, mit ihr also auf die Willensbildung der Gesellschafter Einfluss genommen werden soll.7 Nach der vordringenden Gegenmeinung ist eine einstweilige Verfügung auch bei Willensbildungskonflikten zulässig.8 Die Einwände, die gegen
1 Schäfer/Ulmer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 50. 2 Schäfer/Ulmer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 50; Habermeier in Staudinger, § 709 BGB Rz. 11. 3 Schäfer/Ulmer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 50; Habermeier in Staudinger, § 709 BGB Rz. 11. 4 Ulmer in MünchKomm., § 705 BGB Rz. 258; Habermeier in Staudinger, § 709 BGB Rz. 11; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 3b. 5 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 19; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 51; Sprau in Palandt, Vorbem. § 709 BGB Rz. 11. 6 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 52. 7 OLG Nürnberg, v. 29.6.1971 – 3 U 51/71, BB 1971, 1478; OLG Celle v. 1.4.1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264 (265); OLG Frankfurt a.M. v. 15.12.1981 – 5 W 9/81, BB 1982, 274; KG Berlin v. 8.7.1996 – 23 W 2352/96, GmbHR 1997, 175; Semler, BB 1979, 1533 (1536); Ulmer in MünchKomm., § 717 BGB Rz. 29. 8 OLG Koblenz, v. 27.2.1986 – 6 U 261/86, NJW 1986, 1692; OLG Stuttgart v. 20.2.1987 – 2 U 202/86, NJW 1987, 2449; OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467; OLG Frankfurt v. 1.7.1992 – 17 U 9/91, GmbHR 1993, 161; OLG Hamm v. 6.7.1992 – 8 W 18/92, GmbHR 1993, 163; OLG Stuttgart v. 18.2.1997 – 20 W 11/97, GmbHR 1997, 312; OLG Zweibrücken v. 30.10.1997 – 4 U 11/97, GmbHR 1998, 373; OLG München v. 20.7.1998 – 23 W 1455/98, NZG 1998, 407; OLG Düsseldorf v. 18.5.2005 – 15 U 202/04; v. Gerkan, ZGR 1985, 167, (172 ff.); Damm, ZHR 1990, 413, (430 ff.); Zutt, ZHR 1991, 190; H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 21; Wohlleben, S. 72 ff.; Littbarski, S. 153 ff.
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die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung vorgebracht werden, sind nicht stichhaltig. aa) Vorwegnahme der Hauptsache 6
Gegen die Zulässigkeit wird eingewandt, dass eine einstweilige Verfügung nicht zu einer Befriedigung des Hauptsacheanspruchs führen dürfe. Die durch einstweilige Verfügung angeordnete Maßnahme müsse, verglichen mit der Befriedigungswirkung, ein Minus darstellen.1
7
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber selbst Eilmaßnahmen im Wege einstweiliger Verfügungen zulässt, die die Hauptsache vorwegnehmen (§ 85 Abs. 1 PatG; § 20 GebrMG; § 12 Abs. 2 UWG).
8
Auch im Rahmen von § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen zulässig, die Erfüllungswirkung haben (s. § 3 Rz. 65 ff.). Dies gilt namentlich für die Unterlassungsverfügung.
9
Die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung sollte deshalb nicht von der Rechtsfolgenseite beurteilt werden, sondern von dem Zweck, Unrecht zu verhüten, bevor eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergehen kann. Folgt man diesem Ansatz, so ist für ein pauschales Vorwegnahmeverbot kein Raum. Es geht vielmehr um die auf dem Spiel stehenden Interessen von Antragsteller und Antragsgegner, die gegeneinander abzuwägen sind. Dies ist jedoch keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der einstweiligen Verfügung. bb) Irreversibilität der Verfügungswirkung
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Gegen die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung beim Willensbildungsprozess wird eingewandt, dass eine durch die einstweilige Verfügung erzwungene Stimmabgabe (oder Nichtabgabe) nicht rückgängig gemacht werden könne.2 Die einstweilige Verfügung schafft jedoch keine irreversiblen Zustände. Zwar kommt durch die Aufhebung der auf die Verhinderung eines Beschlusses gerichteten einstweiligen Verfügung der Beschluss nicht nachträglich zustande, er kann jedoch nachgeholt werden. Auch ein einmal gefasster Beschluss fällt nicht nachträglich weg, wenn die einstweilige Verfügung aufgehoben wird, aber der Beschluss kann durch einen neuen Beschluss geändert werden.
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Dem steht auch nicht entgegen, dass der spätere Beschluss nur ex nunc wirkt. Denn insoweit besteht kein Unterschied zwischen der einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung von Stimmpflichten und anderen Unterlassungsverfügungen, sodass dies nicht als prinzipieller Einwand gegen die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung bei Stimmabgaben gewertet werden kann.
1 Schneider, MDR 1987, 639. 2 OLG Celle, v. 1.4.1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264 (265); Semler, BB 1979, 1533 (1536).
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cc) Unantastbarkeit des Willensbildungsprozesses Als weiteres Argument gegen die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung wird angeführt, dass sie gegen die Autonomie der Willensbildung verstoße.1 Auch dieses Argument überzeugt nicht. Die Autonomie der Willensbildung besteht gerade nicht, wenn rechtliche Schranken zu beachten sind. Im Übrigen kann im Rahmen der materiellen Prüfung hinreichend berücksichtigt werden, dass noch keine Erörterung im Gesellschafterkreis stattgefunden hat und deshalb möglicherweise noch nicht alle Aspekte vom Antragsteller gewürdigt worden sind.
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dd) Nachträgliche Kontrolle Schließlich wird eingewandt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für die einstweilige Verfügung im Rahmen der Stimmabgabe fehle, wenn die Umsetzung des Beschlusses durch einstweilige Verfügung verhindert werden könne.2 Eine einstweilige Verfügung soll danach nur zulässig sein, wenn eine rechtswidrige Stimmabgabe lediglich schuldrechtliche Verpflichtungen verletzt und der Beschluss als solcher nicht mehr angegriffen werden kann.3
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Aber auch in den Fällen, in denen der Beschluss und die Umsetzung noch angegriffen werden können, sollte hieraus keine Zulässigkeitsschranke hergeleitet werden. Wenn ein Antragsteller sich auf gesellschaftsvertraglich begründete oder aus der Treuepflicht folgende Bindungen eines Mitgesellschafters beruft, ist die Begründetheit der einstweiligen Verfügung zu prüfen, indem die auf dem Spiel stehenden Interessen umfassend und gründlich abgewogen werden.4
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ee) Beschränkung auf Verbotsverfügung In einigen Entscheidungen, die einen Eingriff in die Willensbildung durch gerichtliche Eilentscheidung für zulässig erachten, ist lediglich von einem Verbot der Stimmrechtsausübung die Rede.5 Auch im Schrifttum wird teilweise nur die Stimmenthaltung erwähnt.6 Darüber hinaus gibt es Schrifttumsstimmen, die eine Gebotsverfügung nur ausnahmsweise für zulässig erachten, da sie gegenüber der Verbotsverfügung gesteigert in das Selbstbestimmungsgefüge der Gesellschaft eingreife.7 Demgegenüber ist zu Recht darauf hingewiesen worden,
1 Heinze in MünchKomm., § 935 ZPO Rz. 140; Kiethe, DStR 1993, 609 (611). 2 OLG Stuttgart v. 20.2.1987 – 2 U 202/86, NJW 1987, 2449; OLG Koblenz v. 25.10.1990 – 6 U 238/90, NJW 1991, 1119 (1120). 3 OLG Stuttgart v. 20.2.1987 – 2 U 202/86, NJW 1987, 2449; OLG Koblenz v. 25.10.1990 – 6 U 238/90, NJW 1991, 1119 (1120). 4 OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467 (468); K. Schmidt, GmbHR 1991, 469. 5 OLG Koblenz v. 27.2.1986 – 6 U 261/86, NJW 1986, 1692; OLG Stuttgart v. 20.2.1987 – 2 U 202/86, NJW 1987, 2449. 6 Littbarski, S. 154 f. 7 v. Gerkan, ZGR 1985, 167 (180); Damm, ZGR 1990, 413 (435); Schmitt, ZIP 1992, 1212 (1214).
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dass das Verbot einer Stimmabgabe ebenso gravierende Folgen wie das Gebot einer bestimmten Stimmrechtsausübung haben kann.1 16
Es ist deshalb zulässig, dass durch einstweilige Verfügung dem Antragsgegner vorgeschrieben wird, sein Stimmrecht in bestimmter Weise auszuüben. c) Begründetheit einer einstweiligen Verfügung
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Jede gerichtliche Einwirkung auf die Beschlussfassung einer Gesellschafterversammlung führt zunächst zur Befriedigung des Antragstellers, wenn seinem Begehren entsprochen wird, entweder den Beschluss zu verhindern oder einen positiven Beschluss herbeizuführen. Die einstweilige Verfügung beschränkt sich deshalb nicht auf ein lediglich sicherndes Vorstadium, sondern führt zu einer Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs wie in der Hauptsache, obwohl die Entscheidung des einstweiligen Rechtsschutzes gerade kein gerichtliches Erkenntnis über den geltend gemachten Anspruch im Rahmen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens mit allen Rechtsschutzgarantien bietet. Gleichwohl ist heute die Zulässigkeit der Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung allgemein anerkannt.2
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Da diese sich nicht in einer bloßen Sicherung erschöpft, werden aber an die materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung in der Rechtsprechung und im Schrifttum erhöhte Anforderungen gestellt.3 Es sind deshalb bei der Prüfung des Verfügungsanspruchs und des Verfügungsgrunds strenge Maßstäbe anzulegen.4 Eine entsprechende einstweilige Verfügung, die zunächst zur Befriedigung des Antragstellers führt, ist nur gerechtfertigt, wenn der Verfügungsanspruch unzweifelhaft besteht oder eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der Interessen des Antragstellers zu besorgen ist. Hierbei stehen Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund in einem engen Zusammenhang: Je weniger Gewissheit in Bezug auf den Verfügungsanspruch besteht, desto intensiver muss die gefährdungsbezogene Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers ausfallen und umgekehrt.5 aa) Verfügungsanspruch
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Der Verfügungsanspruch muss geprüft und bejaht werden. Die von einer Mindermeinung vertretene Auffassung,6 dass ein Verfügungsanspruch verzichtbar sei, hat sich nicht durchgesetzt. Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind gemäß §§ 920, 936 ZPO glaubhaft zu machen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung vom Gewicht der tangierten Interessen und deren Gefähr-
1 Zutt, ZHR 1991, 190 (201 f.); Römermann in Michalski, § 47 GmbHG Rz. 549; K. Schmidt in Scholz, § 47 GmbHG Rz. 59. 2 Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 6 ff. 3 Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 ZPO Rz. 31 f. 4 OLG Düsseldorf v. 18.5.2005 – 15 U 202/04, NZG 2005, 633 (634); OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467. 5 Damm, ZHR 1990, 413 (423). 6 Leipold, S. 83 ff.; Baur, S. 33 f.
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dung abhängig sind.1 Die tatsächlichen Anspruchsvoraussetzungen gelten dann als glaubhaft gemacht, wenn mehr für als gegen die Richtigkeit der Behauptung spricht, also eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zu bejahen ist.2 bb) Verfügungsgrund Der Antragsteller trägt die „Legitimationslast“3 dafür, dass ein Eingriff in das Abstimmungsverhalten der Gesellschafter notwendig ist und kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Bei der Prüfung des Verfügungsgrundes hat eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen, die auch etwaige Zweifel am Verfügungsanspruch einbezieht und insbesondere die Folgen einer einstweiligen Verfügung berücksichtigt.4 Sofern vor dem anstehenden Gesellschafterbeschluss ausreichend Zeit bleibt, sind die Argumente des Antragsgegners in einer mündlichen Verhandlung zu hören und bei der Entscheidung zu berücksichtigen.5
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Schließlich ist das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs bzw. des mildesten Mittels zu beachten. Befriedigende Maßnahmen im einstweiligen Verfügungsverfahren dürfen nur dann angeordnet werden, wenn sie zwingend erforderlich sind, um die Rechte des Antragstellers zu schützen.6
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d) Einzelfälle aa) Stimmbindungsvertrag Es ist anerkannt, dass sich der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft durch Stimmbindungsvertrag verpflichten kann, sein Stimmrecht in bestimmter Weise auszuüben.7 Die Stimmbindung gegenüber einem Mitgesellschafter ist grundsätzlich zulässig, auch wenn sie sich nicht auf einzelne Gegenstände beschränkt, sondern alle Arten von Abstimmungen erfasst werden.8 Strittig ist hingegen, ob eine dauernde und umfassende Stimmbindung eines BGB-Gesellschafters gegenüber einem Dritten rechtswirksam ist.9 Im Übrigen unterliegen die Stimmbindungsverträge gewissen Grenzen (zB sittenwidrige Schädigung von Gesellschaft oder Mitgesellschaftern; Treuepflicht; Umgehung von Interessenkollisionen).10
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Damm, ZHR 1990, 413 (421). Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 294 ZPO Rz. 1. v. Gerkan, ZGR 1985, 167 (189). Zutt, ZHR 1991, 190 (204). Zutt, ZHR 1991, 190 (205). Grunsky in Stein/Jonas, § 938 ZPO Rz. 17. H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 21; Habermeier in Staudinger, § 717 BGB Rz. 10; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 717 BGB Rz. 20. 8 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 21; Habermeier in Staudinger, § 717 BGB Rz. 11; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 717 BGB Rz. 23. 9 Vgl. H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 22; Habermeier in Staudinger, § 717 BGB Rz. 11; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 717 BGB Rz. 25. 10 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 21 f.; Habermeier in Staudinger, § 717 BGB Rz. 11; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 717 BGB Rz. 20 ff.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum können Verpflichtungen aus Stimmbindungsverträgen gerichtlich durchgesetzt werden.1
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Die Durchsetzung von Verpflichtungen aus Stimmbindungsverträgen im Wege der einstweiligen Verfügung ist strittig.2
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Nach der hier befürworteten Auffassung ist eine einstweilige Verfügung zulässig, um eine bestimmte Stimmrechtsausübung zu gebieten oder zu verbieten. Bei der Begründetheit ist zu prüfen, ob ein entsprechender Verfügungsanspruch besteht, und im Rahmen des Verfügungsgrundes sind sodann die widerstreitenden Rechtsinteressen abzuwägen.
u
16.1 26
Stimmrechtsausübung
An das Landgericht ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – wegen: Stimmrechtsausübung vorläufiger Streitwert: 100 000 Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten . . . verboten, der Veräußerung des Grundstückes der XY-GbR, belegen in. . . . an Z zuzustimmen.
1 BGH v. 29.5.1967 – II ZR 105/66, NJW 1967, 1963; H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 21; Habermeier in Staudinger, § 717 BGB Rz. 11; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 717 BGB Rz. 28. 2 Dafür H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 21; Sprau in Palandt, Vorbem. § 709 BGB Rz. 14; v. Gerkan ZGR 1985, 167 (174 ff. u. 179 ff.); Damm, ZHR 1990, 413 (418 f.); Zutt, ZHR 1991, 190; dagegen Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 717 BGB Rz. 29; zweifelnd Habermeier in Staudinger, § 717 BGB Rz. 11.
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M 16.1
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§ 16
Begründung: 1. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind Gesellschafter der XY-GbR, der als weitere Gesellschafter A, B und C angehören. Den Gesellschaftsvertrag fügen wir als Anlage Ast 1 bei. Die Führung der Geschäfte der XY-GbR ist dem Gesellschafter A übertragen, die übrigen Gesellschafter sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen (vgl. § 3 des Gesellschaftsvertrages). Für gewisse Geschäftsführungsmaßnahmen ist jedoch die Zustimmung der nicht geschäftsführungsberechtigten Gesellschafter erforderlich, wobei es ausreichend ist, wenn drei der insgesamt vier nicht geschäftsführungsberechtigten Gesellschafter zustimmen (vgl. § 4 des Gesellschaftsvertrages). 2. Der Antragsteller und der Antragsgegner haben einen Stimmbindungsvertrag abgeschlossen, der als Anlage Ast 2 beigefügt wird. In dem Stimmbindungsvertrag haben die Parteien vereinbart, dass sie einer Geschäftsführungsmaßnahme der XY-GbR nur zustimmen, wenn sowohl der Antragsteller als auch der Antragsgegner dafür sind. 3. Mit Schreiben vom . . . Anlage Ast 3 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass er mit der Veräußerung des Grundstückes nicht einverstanden sei und deshalb die Zustimmung des Antragsgegners zu der vom geschäftsführenden Gesellschafter geplanten Veräußerung zu unterbleiben habe. Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit, dass er der Veräußerung ungeachtet der Stimmbindungsvereinbarung zustimmen werde, weil er mit Z befreundet sei und die Freundschaft nicht an der Grundstücksangelegenheit zerbrechen solle. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers als Anlage Ast 4. 4. Der Stimmbindungsvertrag zwischen den Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft ist wirksam. . . . Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zur Durchsetzung der Stimmbindung grundsätzlich zulässig . . . Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind zu bejahen. . . . Rechtsanwalt
bb) Stimmpflichten aus Gesellschaftsvertrag oder gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht Der Gesellschafter ist grundsätzlich in der Ausübung seines Stimmrechtes frei, sowohl in Angelegenheiten der Geschäftsführung als auch bei Beschlüssen über
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Grundlagengeschäfte und Änderung des Gesellschaftsvertrags.1 Es können sich jedoch im Einzelfall Stimmpflichten aus dem Gesellschaftsvertrag oder aus der Treupflicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft oder seinen Mitgesellschaftern ergeben.2 Ein Gesellschafter kann deshalb verpflichtet sein, Beschlüssen mit einem bestimmten Inhalt zuzustimmen.3 28
Eine einstweilige Verfügung, durch die einem Gesellschafter aufgegeben wird, sein Stimmrecht in bestimmter Weise auszuüben, kommt folglich auch in Betracht, wenn es sich um eine gesellschaftsvertragliche oder aus Treuegesichtspunkten folgende Verhaltenspflicht bei einer Abstimmung handelt.4 Zutreffend wird vom OLG Hamburg darauf hingewiesen, dass die Zulässigkeit eines Begehrens auf einstweiligen Rechtsschutz nicht von der materiell-rechtlichen Einordnung des Verfügungsanspruches abhängen sollte.5 Im Rahmen der Begründetheit ist zu prüfen, ob ein Verfügungsanspruch und ein besonderes Schutzbedürfnis des Antragstellers bestehen, wobei strenge Maßstäbe anzulegen sind und sorgfältig untersucht werden muss, ob nicht eine mildere Maßnahme in Betracht kommt.6 cc) Stimmverbot
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Gesetzliche Regeln zum Stimmverbot enthält das BGB nur in den §§ 712, 715, 737 Satz 2 BGB. Zusätzlich ist anerkannt, dass ein Stimmrechtsausschluss wegen Interessenkollision eingreift, wenn es um die Beschlussfassung über die Entlastung eines Gesellschafters, über seine Befreiung von einer Verbindlichkeit oder über die Einleitung eines Rechtsstreits gegen ihn geht.7 Strittig ist hingegen die Frage, ob der interessierte Gesellschafter bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit ihm vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.8
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Eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Stimmverbotes ist zulässig, da ein entsprechendes Verbot eine unzulässige Willensbildung der Gesellschaft verhindern soll. Besteht im einstweiligen Verfügungsverfahren kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Antragsgegner einem Stimmrechtsausschluss unterliegt, so ist eine auf Unterlassung der Stimmabgabe gerichtete einstweilige Verfügung grundsätzlich zuzulassen, ohne besonders hohe Anforderungen an den Verfügungsgrund zu stellen. Ist die Rechtslage indes nicht so klar, hat der Antragsteller wesentliche Nachteile glaubhaft zu machen, wobei die Interessen1 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 35. 2 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 35; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 56 ff. 3 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 35; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II 3. 4 OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467; K. Schmidt, GmbHR 1991, 469. 5 OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467 (468). 6 OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467; Wohlleben, S. 96 ff. 7 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 26; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 65. 8 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 26; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 67.
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Rz. 33
§ 16
abwägung zwischen den betroffenen Belangen von Antragsteller und Antragsgegner klar zugunsten des Antragstellers ausfallen muss. e) Durchsetzung einer Stimmabgabe Sofern der Schuldner aufgrund einer einstweiligen Verfügung eine Stimmabgabe zu unterlassen hat, richtet sich die Vollstreckung nach § 890 ZPO. Der Antragsgegner kann durch Androhung von Zwangsgeld gezwungen werden, das Stimmverbot zu beachten.1
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Ist die einstweilige Verfügung inhaltlich darauf gerichtet, den Antragsgegner zu einer bestimmten Stimmabgabe zu verpflichten, so kommt eine Vollstreckung nach § 888 ZPO und nach § 894 ZPO in Betracht.2 Der Antragsgegner kann durch Androhung von Zwangsgeld gezwungen werden, seine Stimme in einem bestimmten Sinne abzugeben (§ 888 ZPO). Diese Durchsetzung der Stimmabgabe ist notwendig, wenn inhaltlich noch nicht feststeht, wie abgestimmt werden soll (zB Stimmabgabe gemäß einem noch zu fassenden Konsortialbeschluss). Wird dem Antragsgegner durch einstweilige Verfügung eine konkrete Stimmabgabe zu einem konkreten Beschlussgegenstand geboten, ist fraglich, ob die Stimmabgabe auch entsprechend § 894 ZPO ersetzt werden kann. Es ist anerkannt, dass Entscheidungen bei § 894 ZPO nicht nur Urteile, sondern auch Beschlüsse sein können.3 Es bestehen deshalb keine durchgreifenden prozessualen Bedenken, § 894 ZPO auch auf eine einstweilige Verfügung anzuwenden.4 Konsequenterweise sollte dann die Erklärungsfiktion von § 894 ZPO nicht erst mit Rechtskraft der einstweiligen Verfügung eintreten, sondern bereits mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung.5
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2. Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen Nach herrschender Auffassung sind Gesellschafterbeschlüsse in der BGB-Gesellschaft wirksam oder nichtig, aber niemals anfechtbar.6 Es gibt kein besonderes Verfahren zur Geltendmachung von Beschlussmängeln.7 Wer sich auf die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen beruft, kann hierzu die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erheben, die an keine Frist gebunden
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Zutt, ZHR 1991, 190 (198). Zutt, ZHR 1991, 190, (196 ff.); H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 21. Stöber in Zöller, § 894 ZPO Rz. 3; Brehm in Stein/Jonas, § 894 ZPO Rz. 4. OLG Köln v. 7.12.1995 – 18 U 93/95; v. Gerkan, ZGR 1985, 167 (180 ff.); Zutt, ZHR 1991, 190 (197 f.); einschränkend: Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 ZPO Rz. 50; Vollkommer in Zöller, § 938 ZPO Rz. 5 „in der Regel nicht“; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 940 ZPO Rz. 46 „ausnahmsweise“. 5 Jauernig, NJW 1973, 1672; v. Gerkan, ZGR 1985, 167 (182 f.); Zutt, ZHR 1991, 190 (203). 6 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 38; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 105; a.A. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 3. 7 BGH v. 7.6.1999 – II ZR 278/98, NJW 1999, 3113 (3114); Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 113.
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Rz. 34
Gesellschaftsrecht
ist.1 Die Klage kann gegen alle Gesellschafter gerichtet werden, die den Beschluss für wirksam erachten und der beantragten Feststellung widersprechen. Es besteht jedoch weder auf der Aktiv- noch auf der Passivseite eine notwendige Streitgenossenschaft.2 Die Feststellungsklage ist auch gegen die Gesellschaft zulässig, wenn ein entsprechendes Feststellungsinteresse besteht. Dies hat der BGH für den Fall bejaht, dass der Gesellschafter einen Beschluss über eine Nachschussverpflichtung für unwirksam hielt.3 Der Gesellschaftsvertrag kann im Übrigen vorschreiben oder zulassen, dass die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist, und hierfür gewisse Fristen vorsehen.4 34
Es ist strittig, ob auch im Wege einer einstweiligen Verfügung die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses festgestellt werden kann.5 Die Zivilprozessordnung sieht eine auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtete einstweilige Verfügung nicht vor. Eine Feststellungsverfügung könnte deshalb keine Bindungswirkung für ein etwaiges Hauptverfahren entfalten und wäre überdies nicht vollstreckbar und folglich von dem Antragsgegner nicht zu beachten. Es besteht deshalb keine Notwendigkeit, im Wege der Rechtsfortbildung eine Feststellungsverfügung zuzulassen. Weder die Wirksamkeit noch die Unwirksamkeit von Beschlüssen kann deshalb durch eine einstweilige Verfügung festgestellt werden.
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Ein einstweiliger Rechtsschutz gegen die Durchführung mangelhafter Beschlüsse oder zur Durchsetzung wirksamer Beschlüsse ist im Grundsatz seit langem anerkannt, weil eine Hauptsacheklage nicht verhindern kann, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung ein Rechtszustand realisiert wird, der kaum wieder rückgängig zu machen ist.6 a) Aussetzung der Vollziehung eines nichtigen Gesellschafterbeschlusses aa) Parteien
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Antragsteller ist der Gesellschafter, der einen Beschluss für unwirksam hält. Antragsgegner sind die geschäftsführenden Gesellschafter, die den Gesellschafterbeschluss umsetzen wollen.7 Wenn eine Feststellungsklage auf Unwirksamkeit des Beschlusses gegen die Gesellschaft aufgrund einer entsprechenden Re-
1 BGH v. 7.6.1999 – II ZR 278/98, NJW 1999, 3113 (3114); Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 113; H.P. Westermann in Erman, § 710 BGB Rz. 39. 2 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 39; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 113. 3 BGH v. 5.3.2007 – II ZR 282/05, GmbHR 2007, 535 = NRW-RR 2007, 757. 4 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 39; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 114. 5 Bejahend: Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 ZPO Rz. 60; Semler, BB 1979, 1533 (1535); Vogg, NJW 1993, 1357 ff.; ablehnend: Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 8; Berger in Berger, Kap. 2 Rz. 19. 6 Wohlleben, S. 111 ff.; Littbarski, S. 51 ff.; Leuering/Simon, NJW-Spezial 2005, 411 (412). 7 Wohlleben, S. 111 f.; Schmidt-Diemitz, S. 175.
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Rz. 42
§ 16
gelung im Gesellschaftsvertrag oder aufgrund eines zu bejahenden Feststellungsinteresses1 zulässig ist, kann die einstweilige Verfügung auch gegen die Gesellschaft gerichtet werden.
" Praxistipp: Die einstweilige Verfügung sollte möglichst gegen die ge- 37 schäftsführenden Gesellschafter gerichtet werden, wenn damit zu rechnen ist, dass die einstweilige Verfügung nicht befolgt wird. Das Ordnungsgeld ist dann von den geschäftsführenden Gesellschaftern persönlich zu bezahlen, während es ansonsten gegen die Gesellschaft verhängt wird.
bb) Verfügungsanspruch Ein Verfügungsanspruch besteht, wenn der Gesellschafterbeschluss nichtig ist.
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cc) Verfügungsgrund Ein Verfügungsgrund ist nur zu bejahen, wenn die schutzwürdigen Interessen des Antragstellers daran, den Beschluss nicht durchzuführen, die beachtenswerten Interessen des Antragsgegners an der Vollziehung des Beschlusses deutlich überwiegen und kein milderes Mittel zur Verfügung steht.
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b) Durchführung eines wirksamen Gesellschafterbeschlusses aa) Parteien Der Anspruch auf Durchführung eines Gesellschafterbeschlusses besteht zwischen der Gesellschaft und den sich weigernden geschäftsführenden Gesellschaftern.2 Sofern die Gesellschaft untätig bleibt, kommt auch eine actio pro socio in Betracht. Danach kann ein Gesellschafter Ansprüche, die der Gesellschaft gegen Mitgesellschafter zustehen, selbst geltend machen, sofern eine Geltendmachung durch die Gesellschaft nicht stattfindet.3
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bb) Verfügungsanspruch Ein Verfügungsanspruch besteht, wenn der Beschluss der Gesellschafterversammlung wirksam ist und mit der Maßgabe gefasst wurde, ihn sofort durchzuführen.
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cc) Verfügungsgrund Die schutzwürdigen Interessen der Antragstellerin sind gegen die des Antragsgegners abzuwägen. Sofern die schutzwürdigen Belange der Antragstellerin deutlich überwiegen und der Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs beachtet wird, ist ein Verfügungsgrund zu bejahen.
1 S. dazu BGH v. 5.3.2007 – II ZR 282/05, NJW-RR 2007, 757. 2 Wohlleben, S. 126. 3 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV.
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§ 16
Rz. 43
Gesellschaftsrecht
3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis 43
Die Geschäftsführungsbefugnis kann einem Gesellschafter durch Beschluss der Mitgesellschafter aus wichtigem Grund entzogen werden (§ 712 Abs. 1 BGB). Nach dem Wortlaut der Norm ist Voraussetzung für die Entziehung, dass die Geschäftsführungsbefugnis im Gesellschaftsvertrag abweichend von § 709 BGB ausgestaltet ist. Strittig ist, ob über den Wortlaut von § 712 Abs. 1 BGB hinaus die Entziehungsmöglichkeit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch gegenüber einem Gesellschafter mit Gesamtgeschäftsführungsbefugnis gemäß § 709 BGB zulässig ist.1 Grundsätzlich bedarf der Beschluss der Einstimmigkeit der Mitgesellschafter. Eine Mehrheitsentscheidung ist nur dann ausreichend, wenn der Gesellschaftsvertrag dies entweder hierfür oder allgemein für Vertragsänderungen vorsieht.2
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Die Rechtsfolgen des Entziehungsbeschlusses bestehen im Eintreten der Gesamtgeschäftsführung gemäß § 709 BGB.3 Ist im Gesellschaftsvertrag jedoch die Geschäftsführung auch anderen Gesellschaftern übertragen, ohne dass diese von der Mitwirkung des Betroffenen abhängt, bleibt diese Befugnis unberührt, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderen vorsieht.4 Die Vertretung kann nach denselben Regeln wie die Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden (§ 715 BGB).
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Die Vorschriften des § 712 und des § 715 BGB sind dispositives Recht. Der Gesellschaftsvertrag kann die Entziehung erleichtern, aber auch erschweren, indem er nur besonders schwer wiegende Umstände als wichtigen Grund gelten lässt.5
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Bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit eines Entziehungsbeschlusses kann die gerichtliche Überprüfung durch Feststellungsklage herbeigeführt werden. Klagebefugt ist jeder Gesellschafter, auch der von der Entziehung Betroffene. Die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen des Gesellschafterbeschlusses und das Vorliegen eines wichtigen Grundes trifft den Gesellschafter, der sich auf die Wirksamkeit der Entziehung beruft, unabhängig von seiner Parteirolle.6
1 Bejahend Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 712 BGB Rz. 6; Hopt in Baumbach/Hopt, § 117 HGB Rz. 3; Habermeier in Staudinger, § 712 BGB Rz. 5; ablehnend OLG Braunschweig v. 7.4.2010 – 3 U 26/09, NZG 2010, 1104; Sprau in Palandt, § 712 BGB Rz. 1; wohl auch: H.P. Westermann in Erman, § 712 BGB Rz. 2. 2 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 712 BGB Rz. 13; H.P. Westermann in Erman, § 712 BGB Rz. 4; Habermeier in Staudinger, § 712 BGB Rz. 9. 3 BGH v. 11.2.2008 – II ZR 67/06, NJW-RR 2008, 704; OLG Brandenburg v. 13.1.2010 – 7 U 132/07, juris. 4 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 712 BGB Rz. 20; Habermeier in Staudinger, § 712 BGB Rz. 13; H.P. Westermann in Erman, § 712 BGB Rz. 8. 5 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 712 BGB Rz. 22; H.P. Westermann in Erman, § 715 BGB Rz. 4; Habermeier in Staudinger, § 712 BGB Rz. 6. 6 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 712 BGB Rz. 18; Habermeier in Staudinger, § 712 BGB Rz. 12; H.P. Westermann in Erman, § 712 BGB Rz. 6.
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I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rz. 49
§ 16
a) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des geschäftsführenden Gesellschafters aa) Verfügungsanspruch Ist einem Gesellschafter die Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis durch rechtswidrigen Beschluss entzogen worden, ist der Beschluss nichtig. Behindert ein anderer Gesellschafter den betroffenen geschäftsführenden Gesellschafter bei der Ausübung seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsrechte, hat dieser gegen den ihn behindernden Gesellschafter einen Unterlassungsanspruch, der Ausfluss seiner durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumten Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis ist. Darüber hinaus umfasst das Recht zur Wahrnehmung der eingeräumten Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis auch den Anspruch gegenüber den übrigen Gesellschaftern, alles positiv Erforderliche zu tun, um dem geschäftsführenden Gesellschafter die Ausübung seiner Befugnisse zu ermöglichen, damit er sein Amt wahrnehmen kann.1
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bb) Verfügungsgrund Vom Gericht ist zu prüfen, ob bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Entziehungsbeschlusses die Interessen des Antragstellers an der Ausübung seiner Befugnisse gegenüber den Interessen der Antragsgegner, ein weiteres Tätigwerden des bisher geschäftsführungsbefugten und vertretungsberechtigten Gesellschafters zu verhindern, überwiegen.2 Es hat deshalb eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen.3 Die im Schrifttum vereinzelt vertretene Auffassung, ein Verfügungsgrund dürfte regelmäßig zu verneinen sein, weil der Anspruch des geschäftsführenden Gesellschafters auf „Verwirklichung seines Anspruchs auf Wiedereinsetzung“ nicht vereitelt oder wesentlich erschwert werde, wenn das Feststellungsurteil Rechtskraft erlange, ist abzulehnen.4 Diese Auffassung verkennt, dass der geschäftsführende Gesellschafter aufgrund eines nichtigen Entziehungsbeschlusses überhaupt nicht abberufen worden ist und es somit auch nicht um einen Anspruch auf Wiedereinsetzung geht. Überdies verkennt diese Auffassung, dass bis zur Rechtskraft des Feststellungsurteils erhebliche Zeit vergeht, in der sich die Verhältnisse der Gesellschaft so ändern können, dass Fehlentwicklungen von dem Antragsteller nicht mehr korrigierbar sind.
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cc) Parteien Antragsteller ist der von dem Entziehungsbeschluss betroffene geschäftsführende Gesellschafter. Antragsgegner sind die Gesellschafter, die den Antragsteller in der Ausübung seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse behindern. Es besteht keine Notwendigkeit, alle übrigen Gesellschafter in das Ver1 2 3 4
Schmidt-Diemitz, S. 146 f.; Littbarski, S. 183. Schmidt-Diemitz, S. 148; Littbarski, S. 183. v. Gerkan, ZGR 1985, 167 (187 ff.); Damm, ZHR 1990, 413 (422 f.). So aber Wohlleben, S. 176; Baur, JZ 1968, 387.
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Gesellschaftsrecht
fügungsverfahren einzubeziehen. Ansonsten müsste der Antragsteller auch gegen Gesellschafter vorgehen, die den Entziehungsbeschluss für nichtig halten und der Auffassung sind, dass der Antragsteller seine Tätigkeit unverändert fortsetzen sollte.1 dd) Verfügungsinhalt Der Inhalt einer einstweiligen Verfügung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So kann z.B. den Antragsgegnern verboten werden, gegenüber Dritten zu behaupten, dass dem Antragsteller die Vertretungsbefugnis entzogen sei. Es können aber auch konkrete Maßnahmen untersagt werden, die den Antragsteller in der Ausübung seiner Geschäftsführungstätigkeit behindern (zB Auswechseln von Schlössern).
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Geschäftsführungsberechtigter Gesellschafter
An das Landgericht ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: 10 000 Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten . . . verboten, gegenüber Dritten zu behaupten, er sei der alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter der XY-GbR und der Antragsteller nicht mehr berechtigt, die XY-GbR zu vertreten.
1 So auch Schmidt-Diemitz, S. 148 f.
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M 16.2
I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rz. 51
§ 16
Begründung: I. Sachverhalt 1. Die XY-GbR wurde im Jahr 1999 gegründet. Sie besteht aus zehn Gesellschaftern, und zwar . . . Der Antragsteller ist aufgrund des Gesellschaftsvertrags der einzige geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Gesellschafter, die anderen Gesellschafter sind von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen. 2. Am . . . haben sich die Gesellschafter . . . in der Gaststätte . . . getroffen und dort beschlossen, dass künftig der Antragsgegner der alleinige Geschäftsführer der XYGbR sei. Sowohl der Antragsteller als auch seine Mitgesellschafter A und B wussten nichts von dem Treffen in der Gaststätte. Glaubhaftmachung: (1) Eidesstattliche Versicherung des A als Anlage ASt 1 (2) Eidesstattliche Versicherung des B als Anlage ASt 2 3. Der Gesellschaftsvertrag der XY-GbR enthält keine Regelung über den Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. Sämtliche Gesellschafterbeschlüsse sind einstimmig zu fassen. Glaubhaftmachung: (1) Gesellschaftsvertrag der XY-GbR als Anlage ASt 3 (2) Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers als Anlage ASt 4 4. Der Antragsgegner hat erklärt, er werde den Geschäftspartnern der XY-GbR mitteilen, dass der Antragsteller nicht mehr berechtigt sei, die XY-GbR zu vertreten. Ein entsprechendes Schreiben hat der Antragsgegner bereits am . . . an Herrn . . ., der an die XY-GbR die Halle in . . . vermietet, geschickt. Glaubhaftmachung: (1) Brief des Antragsgegners vom . . . als Anlage ASt 5 (2) Eidesstattliche Versicherung von Herrn . . . als Anlage ASt 6 (3) Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, bereits vorgelegt als Anlage ASt 4. 5. Der Antragsteller hat demnächst Verhandlungen für die XY-GbR mit den Geschäftspartnern . . . zu führen. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage ASt 4. II. Rechtslage 1. Verfügungsanspruch Der Antragsteller ist weiterhin der einzige geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Gesellschafter der XY-GbR. Sowohl eine Änderung des Gesellschaftsvertrags als auch ein Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis können nur einstimmig erfolgen. Ein entsprechender einstimmiger Beschluss ist nicht gefasst worden. Der Antragsteller hat deshalb einen Anspruch gegen seine Mitgesellschafter, alles zu unterlassen, was die Ausübung seines Amtes behindert. Dementsprechend kann er vom Antragsgegner verlangen, dass dieser die Behauptung unterlässt, er – und nicht mehr der Antragsteller – sei berechtigt, die XY-GbR zu vertreten. Kleveman
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2. Verfügungsgrund Der Antragsgegner hat offensichtlich kein schutzfähiges Interesse daran, gegenüber Geschäftspartnern der XY-GbR die – unzutreffende – Behauptung aufzustellen, er – und nicht mehr der Antragsteller – sei berechtigt, die XY-GbR zu vertreten. Der Antragsteller hat demnächst Verhandlungen für die XY-GbR zu führen. Die Verhandlungen könnten empfindlich gestört werden, wenn der Antragsgegner die unzutreffende Behauptung weiter verbreitet. Der Antragsteller ist deshalb dringend auf den Erlass der einstweiligen Verfügung angewiesen. Rechtsanwalt
b) Einstweiliger Rechtsschutz zur Durchsetzung des Entziehungsbeschlusses 52
Ist einem Gesellschafter wirksam die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen worden und übt er sein Amt gleichwohl weiter aus, so stellt sich die Frage für die übrigen Gesellschafter, ob sie einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. aa) Verfügungsanspruch
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Der rechtmäßige Entziehungsbeschluss ist sofort wirksam, sodass die übrigen Gesellschafter von dem Gesellschafter, dem die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis vollständig entzogen wurde, verlangen können, dass er sämtliche Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeiten unterlässt. bb) Verfügungsgrund
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Es sind wiederum die Interessen des bzw. der Antragsteller, ein weiteres Tätigwerden des bisher geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafters zu verhindern, gegenüber den Interessen des Antragsgegners an der Fortsetzung seiner bisherigen Tätigkeit abzuwägen. Nur wenn die Interessen der Antragsteller überwiegen, ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung gerechtfertigt. cc) Parteien
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Antragsteller kann jeder Gesellschafter sein, der sich auf die Wirksamkeit des Entziehungsbeschlusses beruft. Antragsgegner ist der Gesellschafter, dem die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen wurde. dd) Verfügungsinhalt
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Die einstweilige Verfügung ist darauf gerichtet, dem Antragsgegner sämtliche Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen für die Gesellschaft zu verbieten. Sollte das Gericht jedoch gewisse Restzweifel haben, ob der Entziehungsbeschluss wirksam ist, kann das Gericht bis zur Entscheidung der Hauptsache auch eine vorläufige Regelung dahin gehend erlassen, dass die Geschäftsführungsbefugnisse generell (zB nur noch Gesamtgeschäftsführungsbefugnis mit 524
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I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rz. 59
§ 16
einem anderen Gesellschafter) oder für bestimmte Bereiche (z.B. Entzug der Geschäftsführungsbefugnis für ein bestimmtes Ressort) beschränkt wird.
4. Widerspruchsrecht Steht nach dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte allen oder mehreren Gesellschaftern in der Art zu, dass jeder allein zu handeln berechtigt ist, so kann jeder geschäftsführungsberechtigte Gesellschafter der Vornahme eines Geschäfts durch den anderen handlungsbefugten Gesellschafter widersprechen (§ 711 Satz 1 BGB). Das Geschäft muss im Falle des Widerspruchs unterbleiben (§ 711 Satz 2 BGB). Nachfolgend ist zu klären, ob einstweiliger Rechtsschutz zulässig ist, wenn der handlungswillige Gesellschafter den Widerspruch nicht beachtet. Anschließend ist zu erörtern, ob der handlungswillige geschäftsführende Gesellschafter gegen den widersprechenden Gesellschafter im Wege der einstweiligen Verfügung vorgehen kann.
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a) Einstweiliger Rechtsschutz gegen den handlungswilligen Geschäftsführer aa) Verfügungsanspruch Der Widerspruch ist Geschäftsführungsmaßnahme. Er kann daher in dem Umfang der Geschäftsführungsbefugnis ausgeübt werden. Widerspricht ein einzelgeschäftsführungsbefugter Gesellschafter der beabsichtigten Geschäftsführungsmaßnahme eines anderen Gesellschafters, so ist der Widerspruch grundsätzlich zu beachten, wenn er nicht pflichtwidrig erklärt wurde. Der widersprechende geschäftsführende Gesellschafter hat sich bei der Ausübung des Rechts von den Interessen der Gesellschaft leiten zu lassen, wobei ihm jedoch ein weiter Ermessensspielraum verbleibt.1 Der widersprechende geschäftsführende Gesellschafter hat einen nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum, soweit es um Zweckmäßigkeitsfragen geht. Wenn der Widerspruch hingegen willkürlich und unter offensichtlichem Verstoß gegen die Treuepflicht erklärt wird, ist er pflichtwidrig und unbeachtlich.2 Die Gesellschaft hat deshalb einen Anspruch gegen den handlungswilligen geschäftsführenden Gesellschafter, die geplante Geschäftsführungsmaßnahme zu unterlassen, wenn der Widerspruch nicht ausnahmsweise wegen Pflichtwidrigkeit unbeachtlich ist.3
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bb) Verfügungsgrund Durch den Widerspruch wird die Geschäftsführungsbefugnis des handlungswilligen Gesellschafters für die einzelne Maßnahme ausgeschlossen. Der Widerspruch hat jedoch keine Außenwirkungen, insbesondere die Vertretungsmacht des handlungswilligen Gesellschafters wird durch den wirksam erklärten Wi1 BGH v. 8.7.1985 – II ZR 4/85, NJW 1986, 844; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 711 BGB Rz. 10. 2 BGH v. 8.7.1985 – II ZR 4/85, NJW 1986, 844; H.P. Westermann in Erman, § 711 BGB Rz. 6; Habermeier in Staudinger, § 711 BGB Rz. 11. 3 Vgl. Rawert in MünchKomm., § 115 HGB Rz. 44.
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derspruch nach h.M. nicht berührt.1 Die Interessen der Gesellschaft können deshalb nicht dadurch gewahrt werden, dass sie dem Geschäftsgegner den Widerspruch mitteilt. Sie ist deshalb auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen, da eine Entscheidung in der Hauptsache in der Regel zu spät kommt. Im Einzelfall sind wiederum die schutzwürdigen Interessen der Gesellschaft gegen die schutzwürdigen Interessen des Antragsgegners abzuwägen. cc) Parteien Parteien des einstweiligen Verfügungsverfahrens sind die Gesellschaft als Antragstellerin und der oder die handlungsbereiten Gesellschafter als Antragsgegner. Antragsteller kann auch der widersprechende Gesellschafter sein, der im Wege der actio pro socio den Unterlassungsanspruch der Gesellschaft geltend macht.2
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Sicherung des Widerspruchsrechts
An das Landgericht ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Sachen der Muster-GbR, vertreten durch X . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: 10 000 Euro Namens und im Auftrag der Antragstellerin, vertreten durch X, beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten . . . verboten, Computer der Firma . . . für die Antragstellerin zu kaufen.
1 H.P. Westermann in Erman, § 711 BGB Rz. 5; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 711 BGB Rz. 14 f.; Habermeier in Staudinger, § 711 BGB Rz. 10. 2 Vgl. Rawert in MünchKomm., § 115 HGB Rz. 43.
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M 16.3
I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rz. 63
§ 16
Begründung: I. Sachverhalt 1. Der Antragsgegner ist einzelgeschäftsführungs- und einzelvertretungsberechtigter Gesellschafter der Antragstellerin. Weiterer einzelgeschäftsführungs- und einzelvertretungsberechtigter Gesellschafter der Antragstellerin ist der Gesellschafter X. Glaubhaftmachung: Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin als Anlage ASt 1. 2. Der Antragsgegner hat X darüber unterrichtet, dass er für die Antragstellerin Computer der Firma . . . kaufen möchte. X hat dem mit der Begründung widersprochen, dass die Computer der Firma . . . schwer zu bedienen und außerdem zu teuer sind. Der Antragsgegner hat X daraufhin vorgeworfen, dass er doch gar keine Ahnung von Computern habe und er am kommenden Montag, den . . ., die Computer für die Antragstellerin kaufen werde. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des X, Anlage ASt 2. II. Rechtliche Hinweise 1. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch darauf, dass er den Kauf der Computer unterlässt. Der Antragsgegner und X sind einzelgeschäftsführungsbefugt. Gemäß der Regelung im Gesellschaftsvertrag steht jedem einzelgeschäftsführungsbefugten Gesellschafter gegen Maßnahmen des anderen einzelgeschäftsführungsbefugten Gesellschafters ein Widerspruchsrecht zu. Wird das Widerspruchsrecht von einem einzelgeschäftsführungsbefugten Gesellschafter ausgeübt, hat der andere einzelgeschäftsführungsbefugte Gesellschafter dies zu beachten, auch wenn er den Widerspruch für falsch hält. 2. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist dringend geboten, da der Antragsgegner angekündigt hat, dass er bereits am kommenden Montag die Computer kaufen wird. Die Antragstellerin kann einen Kauf auch nicht dadurch verhindern, dass sie der Computerfirma mitteilt, X habe dem Kauf widersprochen. Der Widerspruch ist im Außenverhältnis unbeachtlich (vgl. . . .). Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist daher dringend geboten. Rechtsanwalt
b) Einstweilige Verfügung gegen den widersprechenden Geschäftsführer Führt ein Geschäftsführer eine Maßnahme trotz beachtlichen Widerspruchs durch, ist er verpflichtet, der Gesellschaft den entstandenen Schaden zu ersetzen.1
62
Die Grenzziehung zwischen beachtlichem und unbeachtlichem Widerspruch ist im Einzelfall jedoch schwierig.2 Der handlungswillige Geschäftsführer, der einen Widerspruch für pflichtwidrig hält und sich über ihn hinwegsetzen will,
63
1 BGH v. 11.1.1988 – II ZR 192/87, BB 1988, 1205; Rawert in MünchKomm., § 115 HGB Rz. 31. 2 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 711 BGB Rz. 11.
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§ 16
Rz. 64
Gesellschaftsrecht
geht folglich ein Risiko ein.1 Die Wirksamkeit eines Widerspruches kann deshalb durch eine Feststellungsklage geklärt werden, wenn Streit über die Wirksamkeit eines Widerspruchs besteht.2 Häufig wird dem handlungswilligen Geschäftsführer damit jedoch nicht geholfen sein, da er es kurzfristig klären muss. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der handlungswillige Geschäftsführer durch einstweilige Verfügung feststellen lassen kann, dass der Widerspruch wirksam ist. Eine feststellende einstweilige Verfügung sieht das Gesetz nicht vor. Sie ist auch im vorliegenden Fall abzulehnen, da sie den handlungswilligen Geschäftsführer vor einer Schadensersatzverpflichtung letztlich nicht bewahrt (vgl. § 945 ZPO; s. bereits Rz. 34). Der handlungswillige Geschäftsführer kann deshalb einstweiligen Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen.3
5. Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen 64
Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt, bedarf es grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter zu jeder Geschäftsführungsmaßnahme (§ 709 Abs. 1 BGB). Die Gesellschafter sind grundsätzlich in ihrer Entscheidung frei, ob sie der von einem oder mehreren Mitgesellschaftern vorgeschlagenen Maßnahme zustimmen wollen oder nicht.4 Jeder Gesellschafter ist jedoch verpflichtet, einer Geschäftsführungsmaßnahme zuzustimmen, wenn der Gesellschaftszweck und das Interesse der Gesellschaft dies erfordert.5 Der Gesellschafter darf seine Zustimmung nicht verweigern, wenn die Ablehnung seiner Zustimmung als ermessensfehlerhaft zu qualifizieren ist.6 Die Gesellschaft hat gegen den die Zustimmung verweigernden Gesellschafter einen Erfüllungsanspruch, der im Wege der Leistungsklage über § 894 ZPO durchgesetzt werden kann.7
65
Umstritten ist hingegen die Frage, ob auf eine Zustimmungsklage verzichtet und die treuwidrig verweigerte Zustimmung als erteilt unterstellt werden kann.8 Sofern bei der Vertretung der Gesellschaft die Mitwirkung des sich weigernden Gesellschafters erforderlich ist, muss die Zustimmungspflicht gerichtlich durchgesetzt werden.9 Es ist deshalb zu klären, ob einstweiliger Rechtsschutz in Betracht kommt, wenn ein gesamtgeschäftsführungsbefugter Gesellschafter seine Zustimmung verweigert.
1 2 3 4 5 6 7 8 9
H.P. Westermann in Erman, § 711 BGB Rz. 7. Rawert in MünchKomm., § 115 HGB Rz. 43. So auch Wohlleben, S. 182 f. BGH v. 24.1.1972 – II ZR 3/69, NJW 1972, 863; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § BGB Rz. 42; Habermeier in Staudinger, § 709 BGB Rz. 41. BGH v. 24.1.1972 – II ZR 3/69, NJW 1972, 862 (863). H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 10; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § BGB Rz. 42; Habermeier in Staudinger, § 709 BGB Rz. 41. Ulmer in MünchKomm.; § 705 BGB Rz. 239, 243; H.P. Westermann in Erman, § BGB Rz. 53. Dafür: Ulmer in MünchKomm., § 705 BGB Rz. 241; Habermeier in Staudinger, § BGB Rz. 41; ablehnend: H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 10. Vgl. hierzu beispielsweise BGH v. 24.1.1972 – II ZR 3/69, NJW 1972, 862 f.
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709 709 705 709
I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rz. 70
§ 16
a) Einstweilige Verfügung auf Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen bei Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aa) Verfügungsanspruch Grundsätzlich sind die Geschäftsführer in ihrem Ermessen frei und die Gerichte nicht befugt, die Entscheidung der Geschäftsführer darauf hin zu überprüfen, welche Geschäftsführungsmaßnahme am ehesten der Erreichung des Gesellschaftszwecks dient. Nur wenn die fragliche Maßnahme im Interesse der Gesellschaft geboten ist und den Geschäftsführern kein Entscheidungsspielraum zusteht, ist eine Zustimmungspflicht zu bejahen.1
66
bb) Verfügungsgrund Die einstweilige Verfügung führt zur Befriedigung des Antragstellers und ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der Gesellschaft droht. Auf die Ausführungen zur Durchsetzung von Stimmpflichten kann verwiesen werden (vgl. Rz. 17 f., 20 f.).
67
cc) Parteien Die stimmberechtigten Gesellschafter werden als Organe der Gesellschaft tätig, wenn sie einer Geschäftsführungsmaßnahme zustimmen.2 Der Anspruch auf Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme ist deshalb ein Sozialanspruch der Gesellschaft gegen den die Zustimmung verweigernden Gesellschafter. Der Sozialanspruch kann im Rahmen der actio pro socio auch von einzelnen Gesellschaftern geltend gemacht werden.3
68
b) Einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Geschäftsführungsmaßnahme bei fehlender Zustimmung des gesamtgeschäftsführungsberechtigten Gesellschafters Es gelten hier die gleichen Grundsätze wie bei dem einstweiligen Rechtsschutz zugunsten des widersprechenden Geschäftsführers (vgl. Rz. 58 ff.). Hierauf kann deshalb verwiesen werden.
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6. Zustimmung zu Grundlagengeschäften Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, gehören nicht zur Geschäftsführung. Hierzu gehört zunächst die Änderung des Gesellschaftsvertrags, aber auch Maßnahmen, die faktisch die Grundlagen der Gesellschaft ändern.4 Als Grundlagengeschäfte werden beispielsweise die Feststellung des Jah-
1 H.P. Westermann in Erman, § 709 BGB Rz. 9 f.; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 42 f.; Habermeier in Staudinger, § 709 BGB Rz. 41. 2 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 62. 3 Ulmer in MünchKomm., § 705 BGB Rz. 243. 4 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 10.
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70
§ 16
Rz. 71
Gesellschaftsrecht
resabschlusses1 sowie die Veräußerung des wesentlichen Gesellschaftsvermögens2 genannt. Bei Grundlagengeschäften geht es folglich um Angelegenheiten, die der Regelung durch die Gesamtheit der Gesellschafter vorbehalten sind.3 Verweigert ein Gesellschafter pflichtwidrig die Zustimmung zu einem Grundlagengeschäft, so kommt einstweiliger Rechtsschutz in Betracht. Aber auch in dem umgekehrten Fall, dass Gesellschafter ihre Geschäftsführungsbefugnis überschreiten und die Zustimmung des Gesellschafters nicht einholen, kommt einstweiliger Rechtsschutz für den übergangenen Gesellschafter in Frage. a) Einstweilige Verfügung auf Zustimmung zum Grundlagengeschäft aa) Verfügungsanspruch 71
Grundsätzlich sind die Gesellschafter in ihrem Ermessen frei und die Gerichte nicht befugt, die Entscheidung der Gesellschafter darauf hin zu überprüfen, ob ein Grundlagengeschäft zweckmäßig ist oder nicht. Nur wenn das Grundlagengeschäft im Interesse der Gesellschaft geboten ist und den Gesellschaftern kein Entscheidungsspielraum zusteht, ist eine Zustimmungspflicht zu bejahen. bb) Verfügungsgrund
72
Die einstweilige Verfügung führt zur Befriedigung des Antragstellers und ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der Interessen des Antragstellers droht. Auf die Ausführungen zur Durchsetzung von Stimmpflichten kann verwiesen werden (vgl. Rz. 20 f.). cc) Parteien
73
Ein Streit über Grundlagengeschäfte ist nicht zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern, sondern nur zwischen den Gesellschaftern auszutragen, wobei die Gesellschafter keine notwendigen Streitgenossen sind.4 Antragsteller ist deshalb der Gesellschafter, der die Zustimmung von einem Mitgesellschafter verlangt, und nicht die Gesellschaft. b) Einstweilige Verfügung auf Unterlassung eines Grundlagengeschäftes bei fehlender Zustimmung eines Gesellschafters aa) Verfügungsanspruch und -grund
74
Ein Verfügungsanspruch ist zu bejahen, wenn es sich um ein Grundlagengeschäft handelt und – mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag – die Zustimmung jedes Gesellschafters einzuholen ist.
1 BGH v. 9.11.1998 – II ZR 213–97, NJW 1999, 571 (572); BGH v. 15.1.2007 – II Z R 245/05, NJW 2007, 1685 (1686). 2 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 11. 3 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 709 BGB Rz. 10. 4 BGH v. 9.11.1998 – II ZR 213/97, NJW 1999, 571 (572).
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I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rz. 79
§ 16
Die einstweilige Verfügung führt zur Befriedigung des Antragstellers und ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn besonders schützenswerte Interessen des Antragstellers betroffen sind, die die Interessen des oder der Antragsgegner deutlich überwiegen (Verfügungsgrund).
75
bb) Parteien Antragsteller ist der Gesellschafter, dessen Zustimmung nicht eingeholt wurde und der deshalb einen Unterlassungsanspruch hat. Antragsgegner ist der Gesellschafter, der das Grundlagengeschäft ausführen will.
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7. Ausschließung eines Gesellschafters Enthält der Gesellschaftsvertrag der BGB-Gesellschaft für den Fall der Kündigung eines Gesellschafters eine Fortsetzungsklausel, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden (§ 737 BGB). Die Ausschließung erfolgt aufgrund eines dem betroffenen Gesellschafter mitzuteilenden, grundsätzlich einstimmigen Beschlusses der übrigen Gesellschafter.1 Da die Ausschließung des Gesellschafters im Recht der BGB-Gesellschaft durch Beschluss und nicht durch Gestaltungsklage erfolgt, liegt es im Interesse des ausgeschlossenen Gesellschafters, die Wirkung eines von ihm als unwirksam angesehenen Ausschließungsbeschlusses bis zur rechtskräftigen Klärung in einem Hauptsacheverfahren zu suspendieren. Einstweiliger Rechtsschutz kommt auch für die Gesellschafter, die einen Mitgesellschafter ausschließen wollen, in Betracht, wenn ein stimmberechtigter Gesellschafter sich treuwidrig weigert, einem Ausschließungsbeschluss zuzustimmen.
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a) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des betroffenen Gesellschafters bei einem unwirksamen Ausschließungsbeschluss aa) Verfügungsanspruch, -grund- und -inhalt Der betroffene Gesellschafter hat einen Anspruch darauf, dass er weiterhin wie ein Gesellschafter behandelt wird, wenn der Ausschließungsbeschluss unwirksam ist (Verfügungsanspruch). Ein Verfügungsgrund ist nur gegeben, wenn die schutzwürdigen Interessen des Antragstellers die beachtlichen Interessen der Antragsgegner überwiegen.
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Die einstweilige Verfügung kann anordnen, dass der betroffene Gesellschafter bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin wie ein Gesellschafter zu stellen ist und die Beeinträchtigung seiner Gesellschafterrechte zu unterbleiben hat.2 Es ist aber auch denkbar, dass den Antragsgegnern lediglich verboten wird,
79
1 Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 737 BGB Rz. 1; H.P. Westermann in Erman, § 737 BGB Rz. 4. 2 So auch Ebmeier/Schöne, Rz. 555.
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§ 16
Rz. 80
Gesellschaftsrecht
gewisse Rechte des betroffenen Gesellschafters zu beeinträchtigen bzw. ihnen geboten wird, diese zu beachten. bb) Parteien 80
Antragsteller ist der betroffene Gesellschafter. Antragsgegner sind die Gesellschafter, die den Ausschließungsbeschluss gefasst haben und diesen für wirksam halten.1 b) Einstweilige Verfügung auf Zustimmung zu einem Ausschließungsbeschluss
81
Es geht um die Durchsetzung einer Stimmpflicht. Es kann deshalb auf die Ausführungen unter Rz. 3 ff. verwiesen werden. Da es sich um die Zustimmung zu einem Grundlagengeschäft handelt, ist der Streit zwischen den Gesellschaftern auszutragen.2
II. Offene Handelsgesellschaft 82
Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) ist eine kaufmännische Sonderform der GbR.3 Die OHG ist eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist (§ 105 Abs. 1 HGB). Sofern kein Handelsgewerbe nach § 1 Abs. 2 HGB betrieben wird, liegt eine OHG nur vor, wenn die Firma im Handelsregister eingetragen ist (§ 105 Abs. 2 HGB). Das Gesetz eröffnet damit für Kleingewerbe und für Vermögensverwaltungsgesellschaften diese Eintragungsmöglichkeit. Soweit das HGB nichts Abweichendes regelt, gilt das Recht der BGB-Gesellschaft (§ 105 Abs. 3 HGB).
83
Da die OHG ein Sonderfall der GbR ist, gelten im Allgemeinen die Ausführungen zum einstweiligen Rechtsschutz in der GbR auch für die OHG.
84
Für gerichtliche Auseinandersetzungen sind die §§ 94, 95 GVG (Kammer für Handelssachen) zu beachten. Nach § 95 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a GVG sind Handelssachen auch Ansprüche, die aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft oder aus dem Rechtsverhältnis zwischen der Handelsgesellschaft und ihren Mitgliedern resultieren.
1. Durchsetzung von Stimmpflichten 85
Für die OHG enthält § 119 HGB lediglich eine Bestimmung zu den Mehrheitserfordernissen bei Gesellschafterbeschlüssen. Der Gesellschafterbeschluss ist (ebenso wie bei der BGB-Gesellschaft) ein mehrseitiges Rechtsgeschäft und 1 BGH v. 23.10.1991 – II ZR 211/90, NJW-RR 1992, 227; Ulmer/Schäfer in MünchKomm., § 737 BGB Rz. 12. 2 Ulmer in MünchKomm., § 705 BGB Rz. 243. 3 Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 105 HGB Rz. 6; K. Schmidt in MünchKomm., § 105 HGB Rz. 4.
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II. Offene Handelsgesellschaft
Rz. 88
§ 16
die zu ihm führenden Stimmabgaben sind empfangsbedürftige Willenserklärungen.1 Das Gesetz sieht weder für die Beschlussfassung noch für die Stimmrechtsausübung ein bestimmtes Verfahren oder die Einhaltung einer bestimmten Form vor.2 Die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung ist ebenso wenig wie die gleichzeitige Stimmabgabe aller Gesellschafter vorgeschrieben.3 Stimmbindungsvereinbarungen zwischen den Gesellschaftern einer OHG sind grundsätzlich zulässig.4 Aufgrund einer Stimmbindungsvereinbarung kann ein Gesellschafter deshalb einer Stimmpflicht unterliegen. Die Freiheit eines Gesellschafters, unter verschiedenen Optionen auszuwählen, kann auch durch die gesellschafterliche Treue- und Förderpflicht begrenzt werden und in Ausnahmefällen dazu führen, dass nur eine einzige Entscheidung des Gesellschafters (Zustimmung oder Ablehnung) rechtmäßig ist.5 Nach herrschender Auffassung sind Gesellschafterbeschlüsse in der OHG wirksam oder nichtig, aber nicht anfechtbar, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht.6 Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung im Schrifttum sind Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen zwischen den Gesellschaftern im Wege der Feststellungsklage (§ 256 ZPO) auszutragen.7 Es besteht keine notwendige Streitgenossenschaft.8
86
Die Gesellschafter können im Gesellschaftsvertrag das Beschlussverfahren weitgehend eigenständig regeln (z.B.: Zulassung von Mehrheitsbeschlüssen, Berechnung der Beschlussmehrheit; Form der Beschlussfassung; Abhaltung von Gesellschafterversammlungen einschließlich der Einberufungs-, Abstimmungs- und Protokollierungsformalitäten; Art und Weise der Geltendmachung von Beschlussmängeln).9
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Nach alledem ist festzuhalten, dass für die Stimmpflichten und für deren gerichtliche Durchsetzung die gleichen Regeln gelten wie bei der BGB-Gesellschaft. Für den einstweiligen Rechtsschutz zur Durchsetzung von Stimmpflichten kann deshalb auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft (Rz. 3 ff.) verwiesen werden.
88
1 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 Rz. 28; Enzinger in MünchKomm., § 119 HGB Rz. 10. 2 Enzinger in MünchKomm., § 119 HGB Rz. 40; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 119 HGB Rz. 29. 3 Enzinger in MünchKomm., § 119 HGB Rz. 40; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 119 HGB Rz. 30. 4 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 HGB Rz. 21; Enzinger in MünchKomm., § 119 HGB Rz. 36 f. 5 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 HGB Rz. 26; Enzinger in MünchKomm., § 119 HGB Rz. 25 ff. 6 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 HGB Rz. 75; Hopt in Baumbach/Hopt, § 119 HGB Rz. 31. 7 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 HGB Rz. 75, 77; Hopt in Baumbach/ Hopt, § 119 HGB Rz. 32; BGH v. 1.3.2011 – II ZR 83/09, NJW 2011, 2578 (2579). 8 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 HGB Rz. 77; Enzinger in MünchKomm., § 119 HGB Rz. 97. 9 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 HGB Rz. 79.
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§ 16
Rz. 89
Gesellschaftsrecht
2. Eintragung von Beschlüssen im Handelsregister 89
Für die einstweilige Verfügung im Zusammenhang mit der Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen kann zunächst auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 33 ff.). Besonderheiten ergeben sich jedoch daraus, dass gewisse durch Beschluss herbeigeführte Änderungen im Handelsregister einzutragen sind (vgl. § 107 HGB, z.B. Firmenänderung; Sitzverlegung; Änderungen im Gesellschafterbestand; Änderung der Vertretungsmacht eines Gesellschafters). Die Anmeldung zum Handelsregister ist von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken (§ 108 HGB). Weigert sich ein Gesellschafter, an der Anmeldung mitzuwirken, stellt sich die Frage, ob einstweiliger Rechtsschutz in Betracht kommt. a) Verfügungsanspruch
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Die Anmeldepflicht ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht eines jeden Gesellschafters gegenüber dem Registergericht.1 Daneben besteht eine gesellschaftsvertragliche Verpflichtung der Gesellschafter untereinander, bei der Anmeldung mitzuwirken.2 Daher kann jeder Gesellschafter von einem anderen Gesellschafter dessen Mitwirkung zur Anmeldung verlangen. Die Gesellschaft selbst hat hingegen keinen Anspruch gegen den die Anmeldung verweigernden Gesellschafter, da der Anspruch die Grundlagen der Gesellschaft betrifft.3 Die Anmeldepflicht nach § 108 HGB bezieht sich nur auf die nach §§ 106, 107 HGB anmeldepflichtigen Tatsachen; sonstige Anmeldungen können, sofern das Gesetz nicht im Einzelfall die Mitwirkung aller Gesellschafter anordnet, durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter erfolgen.4 b) Verfügungsgrund
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Die schutzwürdigen Interessen des bzw. der Antragsteller sind gegen die des Antragsgegners abzuwägen. Sofern die schutzwürdigen Belange des Antragstellers deutlich überwiegen und der Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs beachtet wird, ist ein Verfügungsgrund zu bejahen. c) Parteien
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Der BGH hat offengelassen, ob der Anspruch auf Mitwirkung eines Gesellschafters zum Zwecke der Handelsregistereintragung von jedem einzelnen Gesellschafter gerichtlich verfolgt werden kann oder ob eine Streitgenossenschaft ge-
1 Märtens in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 108 HGB Rz. 3; Langhein in MünchKomm., § 108 HGB Rz. 4. 2 BGH v. 10.12.1973 – II ZR 43/72, NJW 1974, 498 (499); Märtens in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, § 108 HGB Rz. 5; Langhein in MünchKomm., § 108 HGB Rz. 5. 3 Langhein in MünchKomm., § 108 HGB Rz. 5; Märtens in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 108 HGB Rz. 5. 4 Langhein in MünchKomm., § 108 HGB Rz. 1; Märtens in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 108 HGB Rz. 6.
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M 16.4
II. Offene Handelsgesellschaft
§ 16
Rz. 94
mäß § 62 ZPO vorliegt.1 Da auch bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen keine notwendige Streitgenossenschaft besteht,2 sollte auch der einzelne Gesellschafter aktivlegitimiert sein, den Anspruch auf Mitwirkung bei der Handelsregisteranmeldung geltend zu machen. Passivlegitimiert ist der Gesellschafter, der die Anmeldung verweigert. d) Bindungswirkung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 16 Abs. 1 HGB für das Registergericht Wird durch einstweilige Verfügung angeordnet, dass ein Gesellschafter zur Mitwirkung bei der Handelsregisteranmeldung verpflichtet ist, ist diese Entscheidung für das Registergericht bindend.3 Im Handelsregister ist unter Angabe des Prozessgerichts, des Datums und des Aktenzeichens der Entscheidung zu vermerken, dass die Eintragung aufgrund einer rechtskräftigen oder vollstreckbaren Entscheidung des Prozessgerichts erfolgt ist (§ 18 der Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters – HRV). Wird die Entscheidung des Prozessgerichts, aufgrund derer die Eintragung erfolgt ist, aufgehoben, so ist dies auf Antrag eines der Beteiligten in das Handelsregister einzutragen (§ 16 Abs. 1 Satz 2 HGB). Der Vermerk bedeutet jedoch nicht die Löschung der Eintragung, sondern hat lediglich Warnfunktion. Der Rechtsverkehr soll darauf hingewiesen werden, dass möglicherweise später eine Löschung erfolgt, wenn der Vorgang endgültig geklärt ist.4
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Anmeldung zum Handelsregister An das Landgericht
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16.4 94
Kammer für Handelssachen ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 1. . . . [Name, Anschrift] 2. . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift]
1 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 31/00, NJW-RR 2002, 538 (539). 2 Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 119 HGB Rz. 77; Enzinger in MünchKomm., § 119 HGB Rz. 97. 3 Krafka in MünchKomm., § 16 HGB Rz. 7; Schaub in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 16 HGB Rz. 1; vgl. auch BayObLG v. 6.12.1985 – Breg. 3 Z 116/85, ZIP 1986, 93 (94). 4 Krafka in MünchKomm., § 16 HGB Rz. 10; Schaub in Ebenroth Boujong/Joost/Strohn, § 16 HGB Rz. 25.
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§ 16
Rz. 95
Gesellschaftsrecht
M 16.4 – Antragsgegner –
wegen: Mitwirkung bei Handelsregisteranmeldung vorläufiger Streitwert: 10 000 Euro Namens und in Vollmacht der Antragsteller beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird geboten, an der Anmeldung zum Handelsregister „An das Amtsgericht – Handelsregister – Betr.: A, B, C – OHG – HRA . . . Als Gesellschafter der im Handelsregister . . . eingetragenen Offenen Handelsgesellschaft melde ich zur Eintragung in das Handelsregister an: Die konkrete Vertretungsbefugnis der Gesellschaft ist wie folgt geändert worden: C ist nur gemeinschaftlich mit einem anderen Gesellschafter vertretungsberechtigt.“ mitzuwirken.
3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis 95
Nach § 117 HGB kann die Befugnis zur Geschäftsführung einem Gesellschafter auf Antrag der übrigen Gesellschafter durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Gleiches gilt für die Entziehung der Vertretungsmacht nach § 127 HGB. Wird auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und der Vertretungsmacht geklagt, so liegt eine objektive Klagenhäufung gemäß § 260 ZPO vor.1 Als wichtiger Grund wird in beiden Vorschriften grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung bzw. Vertretung genannt.
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Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis bzw. der Vertretungsmacht erfolgt durch Gestaltungsklage und Gestaltungsurteil, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht eine andere Regelung vorsieht. Mit Rechtskraft des Urteils entfällt die Geschäftsführungsbefugnis bzw. die Vertretungsmacht.2 Der rechtskräftig verurteilte Geschäftsführer hat dann nur noch die Rechtsstellung eines von der Geschäftsführung bzw. der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafters.3
1 K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 4. 2 Jickeli in MünchKomm., § 117 HGB Rz. 74; K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 24. 3 Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 117 HGB Rz. 29; Hillmann in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, § 127 HGB Rz. 15.
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II. Offene Handelsgesellschaft
Rz. 100
§ 16
Einstweiliger Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Entziehung von Organbefugnissen bildet einen Hauptanwendungsfall für den einstweiligen Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht.1
97
a) Inhalt der einstweiligen Verfügung Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist schon zulässig, bevor die Entzugsklage anhängig gemacht wird.2 Die einstweilige Verfügung kann nicht nur im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder während eines Entziehungsprozesses nach §§ 117, 127 HGB beantragt werden, sondern auch im Rahmen eines Ausschließungsverfahrens nach § 140 HGB.3 Die einstweilige Verfügung kann auf vorläufige Entziehung der Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis gerichtet sein.4 Es kommt auch in Betracht, die Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis nur teilweise zu entziehen.5
98
Darüber hinaus ist denkbar, dass das Gericht durch einstweilige Verfügung dem Geschäftsführer die Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben untersagt. Die einstweilige Verfügung hat dann keine Gestaltungswirkung, sondern enthält ein schuldrechtlich wirkendes Gebot bzw. Verbot. Befolgt der Verfügungsbeklagte dies nicht, so liegt ein Missbrauch der Vertretungsmacht, nicht aber ein Handeln ohne Vertretungsmacht vor.6 Schließlich kann durch die einstweilige Verfügung nicht nur die Geschäftsführungs- oder Vertretungsmacht einstweilen entzogen, sondern einem Gesellschafter oder sogar einem Dritten die Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis einstweilig auch verliehen werden.7
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b) Parteien Der Antrag, einem Gesellschafter die Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis zu entziehen, kann nur von allen übrigen Gesellschaftern gemeinsam gestellt werden. Es liegt eine notwendige Streitgenossenschaft vor. Da die einstweilige Verfügung auf einen gestaltenden Eingriff in das Gesellschaftsverhältnis gerichtet ist, sind Ausnahmen von der Verfahrensbeteiligung aller nach richtiger Ansicht unzulässig.8 Sofern einzelne Gesellschafter nicht bereit oder nicht in der Lage sind, an dem Verfahren als Antragsteller mitzuwirken, ist die einst1 Damm, ZHR 1990, 413 (424). 2 Jickeli in MünchKomm., § 117 HGB Rz. 70; Semler, BB 1979, 1533 (1534). 3 BGH v. 11.7.1960 – II ZR 260/59, NJW 1960, 1997; K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 26. 4 Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 117 HGB Rz. 25; Hillmann in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, § 127 HGB Rz. 13. 5 Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 117 HGB Rz. 25. 6 K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 27. 7 BGH v. 11.7.1960 – II ZR 260/59, NJW 1960, 1997; Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 117 HGB Rz. 26; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 127 HGB Rz. 13. 8 K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 31; für Ausnahmen Jickeli in MünchKomm., § 117 HGB Rz. 71; Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 117 HGB Rz. 25.
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§ 16
Rz. 101
M 16.5
Gesellschaftsrecht
weilige Verfügung nur zulässig, wenn diese Gesellschafter als Antragsgegner aufgeführt und somit am Verfahren beteiligt werden.1 101
Ist die beantragte einstweilige Verfügung jedoch lediglich darauf gerichtet, einem Gesellschafter gewisse Geschäftsführungsmaßnahmen zu untersagen, so zielt der Antrag auf ein schuldrechtliches Verbot, das auch zum Schutz eines einzelnen Gesellschafters ausgesprochen werden kann. In dem Fall liegt keine notwendige Streitgenossenschaft vor. Es ist ausreichend, wenn ein einzelner Gesellschafter einen entsprechenden Antrag gegen den geschäftsführungsbefugten Mitgesellschafter stellt.2 c) Verfügungsanspruch Ein Verfügungsanspruch ist zu bejahen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Entziehung der Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis oder den Ausschluss aus der Gesellschaft rechtfertigt.
102
d) Verfügungsgrund Der Entzug der Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis im einstweiligen Verfügungsverfahren ist nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Interessen der Antragsteller die beachtlichen Belange des Antragsgegners deutlich überwiegen und kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Ein milderes Mittel kann z.B. die Untersagung von bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen sein oder die Anordnung einer Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung.3
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u
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Vorläufige Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis
An das Landgericht Kammer für Handelssachen ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Sachen 1. . . . [Name, Anschrift] 2. . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift] 1 K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 31; Semler, BB 1979, 1533 (1534 f.). 2 K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 31. 3 Semler, BB 1979, 1533 (1534).
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II. Offene Handelsgesellschaft
Rz. 105
§ 16
– Antragsgegner – wegen: Vorläufige Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis vorläufiger Streitwert: 1 000 000 Euro Namens und in Vollmacht der Antragsteller beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist, aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Antragsteller gegen den Antragsgegner auf Ausschließung des Antragsgegners aus der XY-OHG (hilfsweise der Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis für die XY-OHG), Az. . . ., die Befugnis, die Geschäfte für XY-OHG zu führen und die XY-OHG zu vertreten, entzogen. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis werden auf Herrn Diplom-Kaufmann Z übertragen. Begründung: 1. Die Parteien sind Gesellschafter der XY-OHG. Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist dem Antragsgegner übertragen; die Antragsteller sind hiervon ausgeschlossen. Den Gesellschaftsvertrag und den Handelsregisterauszug der XY-OHG fügen wir als Anlagenkonvolut Ast 1 bei. 2. Gegen den Antragsgegner läuft ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Hamburg wegen Untreue zum Nachteil der XY-OHG. Die Antragsteller haben deshalb heute beim angerufenen Gericht die als Anlage Ast 2 beigefügte Ausschließungsklage eingereicht. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: . . . Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherungen der Antragsteller als Anlagenkonvolut Ast 3. 3. Nur durch die sofortige Entziehung von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis kann die XY-OHG vor weiteren Schäden bewahrt werden. Die Übertragung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis auf Herrn Dipl.-Kfm. Z ist rechtlich zulässig (BGH v. 11.7.1960 – II ZR 260/59, NJW 1960, 1997) und aus folgenden Gründen sachgerecht: . . . Glaubhaftmachung: wie zuvor Rechtsanwalt
4. Widerspruchsrecht Das HGB geht anders als das BGB (§ 709 BGB) von der Einzelgeschäftsführungsbefugnis aller OHG-Gesellschafter aus (§§ 114 Abs. 1, 115 Abs. 1 HGB). Die geschäftsführenden Gesellschafter sind grundsätzlich gleichberechtigt, sodass jeKleveman
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§ 16
Rz. 106
Gesellschaftsrecht
dem ein Widerspruchsrecht gegen eine Geschäftsführungsmaßnahme eines anderen geschäftsführenden Gesellschafters zusteht. Zur Anwendung von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kann auf die Ausführungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Rz. 57 ff.) verwiesen werden.
5. Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen 106
Nach § 116 HGB ist die Geschäftsführungsbefugnis – sofern der Gesellschaftsvertrag keine andere Regelung vorsieht – auf die Handlungen beschränkt, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt (§ 116 Abs. 1 HGB). Darüber hinausgehende Geschäfte bedürfen nach § 116 Abs. 2 HGB der Zustimmung aller Gesellschafter. Für den einstweiligen Rechtsschutz kann auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 64 ff.).
6. Zustimmung zu Grundlagengeschäften 107
Bei der OHG wird zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften sowie Grundlagengeschäften unterschieden.1 Zum einstweiligen Rechtsschutz kann auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 70 ff.).
7. Auflösung der Gesellschaft 108
Sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthält, wird die Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grund nicht durch Kündigungserklärung herbeigeführt, sondern durch ein rechtskräftiges Gestaltungsurteil.2 Die Auflösungsklage gemäß § 133 HGB kann durch jeden Gesellschafter der OHG allein erhoben werden, wobei mehrere Kläger notwendige Streitgenossen gemäß § 62 ZPO sind.3 Richtige Beklagte sind sämtliche Mitgesellschafter, soweit sie nicht auf der Aktivseite des Prozesses beteiligt sind. Im Grundsatz müssen deshalb alle Gesellschafter sich entweder als Kläger oder Beklagte an dem Auflösungsprozess beteiligen. Eine Ausnahme wird lediglich für diejenigen Gesellschafter gestattet, die sich außergerichtlich bindend mit dem Klageziel der Auflösung der Gesellschaft einverstanden erklärt haben.4 Eine Klage gegen die Gesellschaft ist unzulässig.5
1 Jickeli in MünchKomm., § 116 HGB Rz. 6; Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 114 HGB Rz. 4 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm., § 133 HGB Rz. 2; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 133 HGB Rz. 1. 3 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 133 HGB Rz. 30; K. Schmidt in MünchKomm., § 133 HGB Rz. 47. 4 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 133 HGB Rz. 33; K. Schmidt in MünchKomm., § 133 HGB Rz. 48. 5 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 133 HGB Rz. 34; K. Schmidt in MünchKomm., § 133 HGB Rz. 50 (Ausnahme: andere Regelung im Gesellschaftsvertrag).
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II. Offene Handelsgesellschaft
Rz. 112
§ 16
Nach allgemeiner Meinung kommt eine Auflösung im Wege der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht.1 Durch einstweilige Verfügung können lediglich Verbote ausgesprochen werden, die verhindern, dass das Klageziel vereitelt wird.2 Sollte dies nicht ausreichen, kann das Gericht das Gesellschaftsverhältnis durch einstweilige Verfügung gestalten, indem es insbesondere ohne Rücksicht auf den Grundsatz der Selbstorganschaft einem Dritten einstweilen die Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft überträgt.3
109
8. Ausschließung eines Gesellschafters Während bei der BGB-Gesellschaft die Ausschließung aus wichtigem Grund durch einen Beschluss der übrigen Gesellschafter und einer Mitteilung an den Auszuschließenden bewirkt wird (§ 737 BGB), erfolgt die Ausschließung bei der OHG durch Gestaltungsklage, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Hinauskündigung vorsieht. Ein wichtiger Grund für eine Ausschließung liegt vor, wenn den übrigen Gesellschaftern eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Auszuschließenden unzumutbar ist.4
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Die Ausschließungsklage ist von allen übrigen Gesellschaftern zu erheben, nicht hingegen von der Gesellschaft.5 Die klagenden Gesellschafter sind notwendige Streitgenossen. Eine Ausnahme wird jedoch für den Fall gestattet, dass ein nicht klagender Gesellschafter in verbindlicher Form erklärt hat, dass er dem Ausschluss zustimmt.6
111
Der Ausschluss eines Gesellschafters im Wege der einstweiligen Verfügung ist nach allgemeiner Meinung nicht möglich.7 Im Wege der einstweiligen Regelung können jedoch dem auszuschließenden Gesellschafter bestimmte Tätigkeiten verboten werden.8 Darüber hinaus kommt in Betracht, dem auszuschließenden Gesellschafter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis durch einstweilige Verfügung zu entziehen und einstweilen – sofern eine Ausübung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis durch die Mitgesellschafter nicht sachgerecht sein sollte – diese auf einen Dritten zu übertragen.9
112
1 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 133 HGB Rz. 37; K. Schmidt in MünchKomm., § 133 HGB Rz. 57. 2 K. Schmidt in MünchKomm., § 133 HGB Rz. 57. 3 BGH v. 11.7.1960 – II ZR 260/59, NJW 1960, 1997; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Lorz, § 133 HGB Rz. 37. 4 K. Schmidt in MünchKomm., § 140 HGB Rz. 16 ff.; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 140 HGB Rz. 5 f. 5 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 140 HGB Rz. 28; K. Schmidt in MünchKomm., § 140 HGB Rz. 67. 6 BGH v. 15.9.1997 – II ZR 97/96; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 140 HGB Rz. 28; a.A. K. Schmidt in MünchKomm., § 140 HGB Rz. 71. 7 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 140 HGB Rz. 26; K. Schmidt in MünchKomm., § 140 HGB Rz. 80. 8 K. Schmidt in MünchKomm., § 140 HGB Rz. 80. 9 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 140 HGB Rz. 26; K. Schmidt in MünchKomm., § 140 HGB Rz. 80; BGH v. 11.7.1960 – II ZR 260/59, NJW 1960, 1997.
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§ 16
Rz. 113
Gesellschaftsrecht
III. Kommanditgesellschaft 113
Die Kommanditgesellschaft (KG) entspricht der OHG mit dem einzigen Unterschied, dass in der Gesellschaft mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) vorhanden ist und mindestens ein Gesellschafter lediglich für eine bestimmte Vermögenseinlage haftet (Kommanditist).1 Da die Kommanditgesellschaft nur eine Abwandlung der OHG ist, gelten für die KG die Vorschriften der OHG (§ 161 Abs. 2 HGB). Im Allgemeinen sind deshalb die Ausführungen zum einstweiligen Rechtsschutz in der OHG bzw. in der GbR auch für die KG gültig.
1. Durchsetzung von Stimmpflichten 114
Es kann auf die Ausführungen zur Durchsetzung von Stimmpflichten in der OHG und in der BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 3 ff., 85 ff.).
2. Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen 115
Es kann auf die Ausführungen zur Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen in der BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 33 ff.). Für die Eintragung von Beschlüssen im Handelsregister ist auf die Ausführungen bei der OHG zu verweisen (Rz. 89 ff.).
3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis 116
Nach der gesetzlichen Regelung führen allein die Komplementäre die Geschäfte der KG.2 Für außergewöhnliche Geschäfte ist die Zustimmung der Kommanditisten erforderlich.3 Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, dass auch die Kommanditisten die Geschäfte der KG neben dem Komplementär führen.4 Diese organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis kann den Kommanditisten, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart wurde, nur durch Klage nach § 117 HGB entzogen werden.5
1 Hopt in Baumbach/Hopt, § 161 HGB Rz. 1. 2 Grunewald in MünchKomm., § 164 HGB Rz. 2; Hopt in Baumbach/Hopt, § 164 HGB Rz. 1. 3 Grunewald in MünchKomm., § 164 HGB Rz. 9; Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 164 HGB Rz. 6. 4 Grunewald in MünchKomm., § 164 HGB Rz. 22; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 164 HGB Rz. 7. 5 Grunewald in MünchKomm., § 164 HGB Rz. 22; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 164 HGB Rz. 7; Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 164 HGB Rz. 20.
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III. Kommanditgesellschaft
Rz. 120
§ 16
Die organschaftliche Vertretungsmacht steht ausschließlich dem persönlich haftenden Gesellschafter zu.1 Die Kommanditisten sind von der organschaftlichen Vertretung (§§ 125–127 HGB) zwingend ausgeschlossen.2
117
Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis bzw. der Vertretungsmacht erfolgt durch Gestaltungsklage und Gestaltungsurteil, sofern der Gesellschaftsvertrag keine andere Regelung enthält. Auf die Ausführungen zur OHG kann verwiesen werden (Rz. 95 ff.).
118
Problematisch ist die Entziehung der Vertretungsbefugnis, wenn die KG nur über einen Komplementär verfügt. Nach herrschender Auffassung kann dem einzigen persönlich haftenden Gesellschafter die Vertretungsmacht – im Gegensatz zur Geschäftsführungsbefugnis – nicht entzogen werden.3 Wird dem einzigen vertretungsberechtigten Gesellschafter einer OHG die Vertretungsmacht entzogen, besteht Gesamtvertretungsmacht aller übrigen Gesellschafter. Dies gilt jedoch nicht bei der Kommanditgesellschaft, da die Kommanditisten nur beschränkt haften und aufgrund der Vorschrift des § 170 HGB zwingend von der organschaftlichen Vertretung ausgeschlossen sind. Demgegenüber befürwortet Karsten Schmidt auch die Entziehung der Vertretungsmacht des einzigen persönlich haftenden Gesellschafters einer KG mit der Folge, dass die KG wegen Fortfalls des vertretungsberechtigten Gesellschafters aufgelöst ist und solange von allen Kommanditisten als Liquidatoren vertreten wird, bis sie eine Fortsetzungsvereinbarung unter Neuordnung der Vertretungsverhältnisse vereinbart haben.4 Diese Lösung überzeugt, da die Kommanditisten ansonsten bei einem unzumutbaren Verhalten des einzigen Komplementärs gezwungen wären, eine Auflösungs- oder Ausschließungsklage zu erheben, obwohl die Entziehung der Vertretungsbefugnis des Komplementärs ausreichend wäre.
119
Für einstweiligen Rechtsschutz kann grundsätzlich auf die entsprechenden Ausführungen bei der OHG verwiesen werden (Rz. 95 ff.). Im Wege der einstweiligen Verfügung kann die Geschäftsführungsbefugnis dem persönlich haftenden Gesellschafter vorläufig entzogen werden. Auch die Vertretungsmacht kann einem Komplementär einstweilen entzogen werden, wenn es in der KG weitere Komplementäre gibt. Eine vorläufige Entziehung der Vertretungsbefugnis kommt hingegen nicht in Betracht, wenn man der herrschenden Auffassung folgt, wonach dem einzigen persönlich haftenden Gesellschafter die Vertretungsmacht nicht entzogen werden kann. Folgt man jedoch der Auffassung von Karsten Schmidt,5 so ist denkbar, dass die Vertretungsbefugnis dem Komplementär einstweilen entzogen und auf einen Dritten übertragen wird (vgl. Rz. 98 ff.).
120
1 Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 164 HGB Rz. 21; Grunewald in MünchKomm., § 170 HGB Rz. 2 f. 2 Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 164 HGB Rz. 21; Hopt in Baumbach/ Hopt, HGB, § 170 HGB Rz. 1. 3 BGH v. 9.12.1968 – II ZR 33/67, NJW 1969, 507; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 127 HGB Rz. 7; Hopt in Baumbach/Hopt, § 127 HGB Rz. 3; a.A. K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 7. 4 K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 7. 5 K. Schmidt in MünchKomm., § 127 HGB Rz. 7.
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§ 16
Rz. 121
Gesellschaftsrecht
4. Zustimmung/Auflösung/Ausschließung 121
Für außergewöhnliche Geschäfte ist die Zustimmung der Kommanditisten erforderlich.1 Für den einstweiligen Rechtsschutz kann auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 64 ff.).
122
Zum einstweiligen Rechtsschutz bei Zustimmung zu Grundlagengeschäften kann auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 70 ff.).
123
Auf die Ausführungen zur Auflösung der OHG kann verwiesen werden (Rz. 108 ff.).
124
Auf die Ausführungen zur Ausschließung eines Gesellschafters bei der OHG kann verwiesen werden (Rz. 110 ff.).
IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung 125
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist im Gesetz nicht ausdrücklich definiert, aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich jedoch: Sie ist Handelsgesellschaft mit körperschaftlicher Organisation und eigener Rechtspersönlichkeit, die zu jedem zulässigen, auch nicht gewerblichen, Zweck gegründet werden kann.2 Die GmbH ist parteifähig, da sie rechtsfähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO). Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 13 Abs. 1 GmbHG). Im Prozess wird sie durch ihre Geschäftsführer vertreten (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Der allgemeine Gerichtsstand der GmbH bestimmt sich nach ihrem satzungsmäßigen Sitz (§ 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der statutarische Sitz ist auch maßgebend für Klagen der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen ihre Mitglieder sowie für Rechtsstreitigkeiten der Mitglieder untereinander (§ 22 ZPO).
126
Der einstweilige Rechtsschutz spielt bei der GmbH, insbesondere im Bereich der Willensbildung der Gesellschaft und im Zusammenhang mit der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, eine zunehmend bedeutendere Rolle.
1. Durchsetzung von Stimmpflichten a) Willensbildung durch Beschluss 127
Die Gesellschafter einer GmbH sind das oberste Willensbildungs- und Entscheidungsorgan.3 Nach § 48 Abs. 1 werden Gesellschafterbeschlüsse in einer Versammlung gefasst. Regeln über die Einberufung und Ladung zur Gesellschafterversammlung enthalten die §§ 49–51 GmbHG. Nach § 48 Abs. 2 GmbHG ist unter den dort geregelten Voraussetzungen auch eine Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren zulässig. 1 Grunewald in MünchKomm., § 164 HGB Rz. 9; Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 164 HGB Rz. 6. 2 Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck/Fastrich, Einl. GmbHG Rz. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 33 I 1. 3 K. Schmidt/Seibt in Scholz, § 48 GmbHG Rz. 1.
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IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 131
§ 16
Der Beschluss ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft, beruhend auf den Stimmabgaben der Gesellschafter und gerichtet auf verbindliche Willensbildung der Gesellschaft.1 Für die Beschlussfassung in einer Gesellschafterversammlung gilt folgendes Verfahren: Die Versammlung muss beschlussfähig sein; es muss ein Beschlussantrag vorliegen; über den Antrag muss abgestimmt werden und der Beschluss im Sinne des Antrags ist gefasst, wenn er die erforderliche Stimmenmehrheit erhalten hat.2 Sofern die Satzung keine anderslautende Regelung enthält, kommt ein Beschluss auch ohne Feststellung durch den Versammlungsleiter zustande.3
128
Bei mangelhaften Beschlüssen werden Nichtigkeitsgründe, Anfechtungsgründe und Unwirksamkeitsgründe unterschieden.4 Nichtigkeitsmängel führen dazu, dass der Beschluss von Anfang an kraft Gesetzes wirkungslos und grundsätzlich auch nicht heilbar ist.5 Anfechtungsmängel berühren die Wirksamkeit des Beschlusses zunächst nicht. Jeder Gesellschafter hat jedoch ein Recht auf Aufhebung des Beschlusses und kann im Streitfall Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft erheben.6 Unwirksame Beschlüsse sind hingegen solche Beschlüsse, bei denen noch ein Wirksamkeitserfordernis fehlt (zB die Zustimmung eines Gesellschafters).7
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Das Stimmrecht ist die Befugnis des Gesellschafters, durch Stimmabgabe an der organschaftlichen Willensbildung der GmbH teilzunehmen.8 Das Stimmrecht wird durch Stimmabgabe ausgeübt, die als einseitige in der Regel zugangsbedürftige Willenserklärung zu qualifizieren ist, für die die Regelungen des BGB gelten (§§ 104 ff., 116 ff., 130 ff. BGB).9
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b) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung Die früher herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum lehnte die einstweilige Verfügung als generell unzulässig ab, wenn sie auf das Stimmverhalten von Gesellschaftern gerichtet war.10 Im neueren Schrifttum und in der jüngeren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird eine einstweilige Verfügung auch bei Willensbildungskonflikten als zulässig angesehen.11 Die Ein1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 18; Hüffer in Ulmer, § 47 GmbHG Rz. 3. Hüffer in Ulmer, § 47 GmbHG Rz. 4. Hüffer in Ulmer, § 47 GmbHG Rz. 26; K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 20. K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 37. Raiser in Ulmer, Anh. § 47 GmbHG Rz. 21; K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 38. K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 39; Raiser in Ulmer, Anh. § 47 GmbHG Rz. 22. K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 40; Raiser in Ulmer, Anh. § 47 GmbHG Rz. 23. Hüffer in Ulmer, § 47 GmbHG Rz. 40; K. Schmidt in Scholz, § 47 GmbHG Rz. 13. K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 22; Hüffer in Ulmer, § 47 GmbHG Rz. 41. OLG Celle v. 1.4.1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264; OLG Frankfurt a.M. v. 15.12.1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237; OLG Koblenz v. 25.10.1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21; Semler, BB 1979, 1533 (1534). OLG Koblenz v. 27.2.1986 – 6 U 261/86, GmbHR 1986, 428; OLG Stuttgart v. 20.2.1987 – 2 U 202/86, NJW 1987, 2449; OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91,
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§ 16
Rz. 132
M 16.6
Gesellschaftsrecht
wände, die gegen die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung vorgebracht werden, sind nicht stichhaltig. Hierzu kann auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft verwiesen werden (Rz. 5 ff.). c) Begründetheit der einstweiligen Verfügung Eine einstweilige Verfügung, mit der ein Antragsteller entweder einen Beschluss verhindern oder einen positiven Beschluss herbeiführen möchte, ist als Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung zu qualifizieren. An diese sind besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Verfügungsanspruch muss entweder eindeutig zu bejahen sein oder eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der Interessen des Antragstellers drohen, die nicht auf andere Weise abgewendet werden kann.1 Die auf dem Spiel stehenden Interessen von Antragsteller und Antragsgegner sind umfassend und gründlich abzuwägen.2 Die Komplementarität von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund ist zu beachten: Je weniger Sicherheit hinsichtlich des Verfügungsanspruches besteht, umso mehr muss die gefährdungsbezogene Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers ausfallen und umgekehrt.3 Besonders streng ist auch zu prüfen, ob die beantragte Maßnahme erforderlich ist.4 Auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft kann wegen weiterer Einzelheiten verwiesen werden (Rz. 17 ff.).
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Stimmrechtsausübung
An das Landgericht . . . Kammer für Handelssachen ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen
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NJW 1992, 186; OLG Frankfurt a.M. v. 27.11.1991 – 21 W 35/91, NJW-RR 1992, 934; OLG München v. 20.7.1998 – 32 W 1455/98, GmbHR 1999, 718; OLG Düsseldorf v. 18.5.2005 – 15 U 202/04, NZG 2005, 633; v. Gerkan, ZGR 1985, 167, (172 ff.); Damm, ZHR 1990, 413 (430 ff.); Zutt, ZHR 1991, 190; Römermann in Michalski, § 47 GmbHG Rz. 549; K. Schmidt in Scholz, § 47 GmbHG Rz. 59; Raiser in Ulmer, Anh. § 47 GmbHG Rz. 286 ff. Zurückhaltend: Zöllner in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 GmbHG Rz. 202; Wertenbruch in MünchKomm., Anh § 47 GmbHG Rz. 267 ff. OLG Düsseldorf v. 18.5.2005 – 15 U 202/04, NZG 2005, 633; OLG München v. 20.7.1998 – 23 W 1455/98, NZG 1999, 407; OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, NJW 1992, 186. OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, NJW 1992, 186. Damm, ZHR 1990, 413 (423). OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 65/91, NJW 1992, 186 (187); OLG München v. 20.7.1998 – 23 W 1455/98, NZG 1999, 407 f.
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M 16.6
IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 133
§ 16
. . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: 25 000 Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verboten, in der Gesellschafterversammlung der X-GmbH am . . . dagegen zu stimmen, dass Y zum Geschäftsführer der X-GmbH bestellt wird. Begründung: 1. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind Gesellschafter der X-GmbH. In der Gesellschafterversammlung der X-GmbH am . . . soll unter TOP 2 über die Bestellung des Y zum Geschäftsführer der X-GmbH abgestimmt werden. Der Antragsgegner hat angekündigt, dass er gegen die Bestellung von Y stimmen wird. Der Antragsgegner ist jedoch verpflichtet, der Bestellung von Y zuzustimmen. Im Wege der einstweiligen Verfügung will der Antragsteller erreichen, dass der Antragsgegner zumindest nicht gegen die Bestellung von Y zum Geschäftsführer stimmt, damit der Bestellungsbeschluss mit den Stimmen des Antragstellers zustande kommt. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers als Anlage ASt 1. 2. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig. Nach herrschender Auffassung kann mit den Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes auch in den Bereich der Willensbildung einer Gesellschaft, namentlich in das Abstimmungsverhalten von Gesellschaftern, eingegriffen werden . . . 3. Der Antrag auf einstweilige Verfügung ist auch begründet. Die strengen Anforderungen, die an den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Bereich der Willensbildung gestellt werden, sind im vorliegenden Fall erfüllt. a) Der Antragsteller hat einen Anspruch darauf, dass der von ihm vorgeschlagene Y zum Geschäftsführer bestellt wird. Dies ergibt sich aus § 11 des Gesellschaftsvertrages der X-GmbH. Danach hat der Antragsteller ein Präsentationsrecht für einen Geschäftsführer der X-GmbH bei Zustimmungspflicht des Antragsgegners. Die Zustimmungspflicht entfällt nur dann ausnahmsweise, wenn in der Person des von dem Antragsteller präsentierten Geschäftsführers ein wichtiger Grund gegeben wäre, der seine Abberufung als Geschäftsführer rechtfertigen würde. Ein wichtiger Grund ist nicht erkennbar. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage ASt 1 Auch der Antragsgegner hat sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen, sondern in seinem als Kleveman
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§ 16
Rz. 134
Gesellschaftsrecht
M 16.6
Anlage ASt 2 vorgelegten Schreiben lediglich angeführt, dass er gegen die Bestellung des Y zum Geschäftsführer stimmen werde, wenn die Gesellschafterversammlung nicht dem Kauf des von ihm vorgeschlagenen Fabrikgeländes zustimme. Der Kauf des Fabrikgeländes hat jedoch nichts mit dem Präsentationsrecht des Antragstellers zu tun. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage ASt 1 b) Ein Verfügungsgrund ist ebenfalls gegeben. Der Antragsteller hat ein dringendes Interesse daran, entsprechend den getroffenen Absprachen mit einem Geschäftsführer seines Vertrauens in der X-GmbH vertreten zu sein, weil . . . Demgegenüber werden durch die einstweilige Verwirklichung dieses Anspruchs des Antragstellers keine schutzwürdigen Interessen des Antragsgegners gefährdet . . . [wird ausgeführt]. Rechtsanwalt
2. Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen a) Zulässigkeit 134
Nach einhelliger Meinung kann ein Gesellschafterbeschluss durch einstweilige Verfügung nicht für unwirksam oder nichtig erklärt werden.1 Bei nichtigen oder unwirksamen Beschlüssen wird jedoch diskutiert, ob im Wege einer einstweiligen Verfügung die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses festgestellt werden kann.2 Die Zivilprozessordnung sieht eine auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtete einstweilige Verfügung indes nicht vor. Eine Feststellungsverfügung wäre nicht vollstreckbar und folglich von dem Antragsgegner nicht zu beachten. Es besteht deshalb kein Anlass, im Wege der Rechtsfortbildung eine Feststellungsverfügung zuzulassen (vgl. Rz. 34 ff.).
135
Es ist jedoch seit Langem anerkannt, dass einstweiliger Rechtsschutz zulässig ist, um die Durchführung mangelhafter Beschlüsse zu stoppen.3 Anfechtungsund Nichtigkeitsklage können nicht verhindern, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Zustände geschaffen werden, die kaum oder nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können.
136
Grundsätzlich ist es zulässig, durch einstweilige Verfügung die Eintragung eines Beschlusses im Handelsregister zu verhindern. Sofern jedoch ein spezielles 1 K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 183; Raiser in Ulmer, Anh. § 47 GmbHG Rz. 290. 2 Bejahend Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 ZPO Rz. 60; Semler, BB 1979, 1533 (1535); Vogg, NJW 1993, 1357 ff.; ablehnend Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 8; Berger in Berger, Kap. 2 Rz. 17 ff. 3 K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 183; Raiser in Ulmer, Anh. § 47 GmbHG Rz. 290.
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M 16.7
IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
§ 16
Rz. 141
Sperr- und Freigabeverfahren besteht, geht dieses dem Verfahren der einstweiligen Verfügung vor (zB §§ 16, 198 UmwG).1 Bei anfechtbaren Beschlüssen ist zu beachten, dass der Beschluss grundsätzlich wirksam ist und nur durch eine Anfechtungsklage die Unwirksamkeit herbeigeführt werden kann. Die einstweilige Verfügung, die darauf abzielt, die Ausführung eines anfechtbaren Beschlusses zu verhindern, ist deshalb nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Anfechtungsklage bereits erhoben wurde oder die Erhebung unmittelbar bevorsteht.2
137
b) Begründetheit Der Antragsteller muss zunächst einen Verfügungsanspruch glaubhaft machen. Hierzu hat er darzulegen, dass der Beschluss, gegen dessen Vollziehung er im Wege der einstweiligen Verfügung vorgeht, nichtig oder anfechtbar ist.
138
Sodann hat der Antragsteller im Rahmen des Verfügungsgrundes vorzutragen und glaubhaft zu machen, dass die Gesellschaft den Beschluss ausführen oder zur Eintragung ins Handelsregister anmelden will und hierdurch schützenswerte Interessen des Antragstellers verletzt werden, die gewichtiger sind als die schützenwerten Interessen der Gesellschaft an der Ausführung des Beschlusses.
139
c) Parteien Antragsberechtigt ist jeder, der gegen den mangelhaften Beschluss Klage erheben kann. Richtiger Antragsgegner ist die GmbH, nicht der Geschäftsführer.3
u
Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen An das Landgericht . . .
140
16.7 141
Kammer für Handelssachen ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen
1 K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 183; Zöllner in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 GmbHG Rz. 197. 2 Raiser in Ulmer, Anh. § 47 GmbHG Rz. 291; Zöllner in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 GmbHG Rz. 201. 3 OLG Nürnberg v. 4.5.1993 – 3 U 136/93, GmbHR 1993, 588; K. Schmidt in Scholz, § 45 Rz. 183; Zöllner in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 GmbHG Rz. 197.
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§ 16
Rz. 141
M 16.7
Gesellschaftsrecht
. . .-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegnerin – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: 100 000 Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen der Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, einen Kaufvertrag mit Z über dessen Grundstück . . . abzuschließen. Begründung: 1. Der Antragsteller ist Gesellschafter der Antragsgegnerin. Er hält einen Geschäftsanteil in Höhe von 15 000 Euro. Die Mitgesellschafter X, Y, Z halten ebenfalls Geschäftsanteile von jeweils 15 000 Euro am Stammkapital der Antragsgegnerin, das 60 000 Euro beträgt. Glaubhaftmachung: (1) Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers als Anlage ASt 1 (2) Gesellschaftsvertrag der Antragsgegnerin als Anlage ASt 2 2. In der ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom . . . wurde über den Antrag abgestimmt, dass die Antragsgegnerin von dem Gesellschafter Z dessen Grundstück . . . kauft. Bei der Beschlussfassung stimmten die Gesellschafter Y und Z für den Antrag, der Antragsteller stimmte dagegen und der Gesellschafter X enthielt sich seiner Stimme. Der Versammlungsleiter stellte laut dem als Anlage ASt 3 beigefügten Protokoll der Gesellschafterversammlung als Beschlussergebnis fest, dass die Gesellschafterversammlung beschlossen habe, den Kaufvertrag abzuschließen. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage ASt 1 3. Dieses Beschlussergebnis ist rechtswidrig zustande gekommen. Der Gesellschafter Z war gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG mit seinem Stimmrecht bei der Beschlussfassung ausgeschlossen. Die Stimme des Gesellschafters Z hätte von dem Versammlungsleiter deshalb nicht mitgezählt werden dürfen. Bei richtiger Stimmenzählung hat der Antrag keine Mehrheit gefunden, und der Beschluss ist dementsprechend nicht zustande gekommen. Der Beschluss ist deshalb anfechtbar.1 1 K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 98 m.w.N.
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M 16.7
IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 145
§ 16
Der Antragsteller hat seine Prozessbevollmächtigten beauftragt, gegen den Beschluss fristgerecht Anfechtungsklage beim Landgericht . . . einzureichen. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, Anlage ASt 1 4. Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass der Versammlungsleiter ein unzutreffendes Beschlussergebnis festgestellt hat und der Antragsteller deshalb Anfechtungsklage hiergegen erheben wird. Die Antragsgegnerin hat gleichwohl mitgeteilt, dass sie den Kaufvertrag mit Gesellschafter Z am kommenden Donnerstag, den . . . bei dem Hamburger Notar . . . abschließen wird. Der Antragsteller ist deshalb auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen. Es drohen ihm auch erhebliche Nachteile, da der Kaufvertrag für die Antragsgegnerin zahlreiche ungünstige Konditionen enthält, insbesondere ist der Kaufpreis deutlich zu hoch. . . . Rechtsanwalt
3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis In einer GmbH ist der Geschäftsführer das zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berufene Organ.1 Die GmbH muss deshalb einen oder mehrere Geschäftsführer haben (§ 6 Abs. 1 GmbHG).
142
Ein besonders wichtiges Anwendungsgebiet für den einstweiligen Rechtsschutz sind Streitigkeiten über die Abberufung eines Geschäftsführers.
143
Über die Abberufung entscheidet bei der mitbestimmungsfreien GmbH und bei der nach dem Drittelbeteiligungsgesetz mitbestimmten GmbH die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG).2 Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch die Abberufungszuständigkeit auf ein anderes Organ (Aufsichtsrat, Beirat, Gesellschafterausschuss) übertragen werden.3 Bei der paritätisch mitbestimmten GmbH ist für die Abberufung der Aufsichtsrat zuständig und die Abberufung richtet sich allein nach § 84 Abs. 3 AktG (§ 31 MitbestG, § 12 Montan-MitbestG, § 13 Montan-MitbestErgG).
144
In der mitbestimmungsfreien GmbH und bei der nach dem Drittelbeteiligungsgesetz mitbestimmten GmbH kann die Abberufung des Geschäftsführers nach § 38 Abs. 1 GmbHG jederzeit durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter erfolgen. Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch vorgesehen werden, dass der Geschäftsführer nur aus wichtigem Grund abberufen werden darf (§ 38 Abs. 2 GmbHG). Die Abberufung aus wichtigem Grund muss hingegen immer möglich sein und kann auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden.4
145
1 Schneider in Scholz, § 35 GmbHG Rz. 11; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 II 1. 2 Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 19; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 69. 3 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 3; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 21. 4 BGH v. 21.4.1969 – II ZR 200/67, NJW 1969, 1483; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 7; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 39.
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§ 16 146
Rz. 146
Gesellschaftsrecht
Bei der paritätisch mitbestimmten GmbH ist die Abberufung des Geschäftsführers nur aus wichtigem Grund möglich.1 a) Materielle Rechtslage bei der Abberufung von Geschäftsführern aus wichtigem Grund
147
Die Rechtslage bei einer Abberufung aus wichtigem Grund ist kompliziert, wenn der Geschäftsführer den Abberufungsbeschluss angreift. aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH
148
In der paritätisch mitbestimmten GmbH ist § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG anwendbar. Danach ist die auf einen wichtigen Grund gestützte Abberufung vorläufig wirksam, bis ihre Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist.2 Der Geschäftsführer ist mit dem Zugang der Abberufungserklärung abberufen, sofern diese auf einem wirksamen Aufsichtsratsbeschluss beruht, der – von der Frage des wichtigen Grundes abgesehen – fehlerfrei ist.3 bb) Mitbestimmungsfreie GmbH und nach dem Drittelbeteiligungsgesetz mitbestimmte GmbH
149
In der GmbH, die nicht der paritätischen Mitbestimmung unterliegt, sind bei der Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund folgende Fallkonstellationen zu unterscheiden: (1) Fremdgeschäftsführer
150
Sofern der Gesellschaftsvertrag einer GmbH vorsieht, dass ein Fremdgeschäftsführer nur aus wichtigem Grund abberufen werden darf, wird nach h.M. die Abberufung mit Zugang der Abberufungserklärung wirksam, auch wenn streitig sein sollte, ob tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt. Dieses Ergebnis wird von der h.M. auf eine analoge Anwendung von § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG gestützt.4
151
Nach anderer Ansicht ist darauf abzustellen, ob der Abberufungsbeschluss verbindlich vom Abstimmungsleiter festgestellt wurde. In dem Fall entfalte der Abberufungsbeschluss vorläufige Wirksamkeit.5 Fehle es jedoch an einem verbindlich festgestellten Beschlussergebnis, so bleibe der Geschäftsführer im Amt, bis das Zustandekommen eines wirksamen Abberufungsbeschlusses im Wege der positiven Beschlussfeststellungsklage festgestellt worden sei.6
152
Der Mindermeinung ist nicht zu folgen, da sie der Feststellung durch den Versammlungsleiter eine zu große Bedeutung beimisst. Sie kann sich auch nicht 1 2 3 4
Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 37; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 87. Schneider in Scholz, 38 GmbHG Rz. 62; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 105. Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 105; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 62. OLG Hamm v. 17.9.2001 – 8 U 126/01, GmbHR 2002, 327; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 64 f.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 27. 5 Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 99. 6 Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 99.
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IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 156
§ 16
auf das allgemeine Beschlussrecht stützen, da eine besondere Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter kein zwingendes Beschlusselement ist.1 Beim Fremdgeschäftsführer sollte mit der h.M. einheitlich davon ausgegangen werden, dass die Abberufung mit Zugang der Abberufungserklärung wirksam ist (§ 84 Abs. 3 Satz 4 AktG analog). (2) Geschäftsführender Minderheitsgesellschafter Nach h.M. ist auch auf die Abberufung des geschäftsführenden Minderheitsgesellschafters § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG entsprechend anzuwenden. Danach verliert der geschäftsführende Minderheitsgesellschafter sein Amt mit Zugang der Abberufungserklärung.2 Nach anderer Ansicht soll es wieder auf die Feststellung des Versammlungsleiters ankommen. Wenn der Versammlungsleiter den Abberufungsbeschluss verbindlich festgestellt habe, so sei die Abberufung vorläufig wirksam. Fehle es hieran, so bleibe der Geschäftsführer weiter im Amt, bis durch positive Beschlussfeststellungsklage über die Abberufung entschieden sei.3
153
Auch bei einem geschäftsführenden Minderheitsgesellschafter sollte aus den gleichen Gründen wie beim Fremdgeschäftsführer einheitlich an die Abberufungserklärung angeknüpft werden, so dass auch insoweit § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG entsprechend anzuwenden ist.
154
(3) Geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter und hälftig beteiligter Geschäftsführer in der Zweipersonen-GmbH Für eine Zweipersonen-Gesellschaft, in der die Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils hälftig am Stammkapital der GmbH beteiligt waren, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass für die Abberufung aus wichtigem Grund § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht zur Anwendung komme, sondern auf die materielle Rechtslage abgestellt werden müsse.4 Dem pflichtet die h.M. im Schrifttum bei, da in dieser Konstellation weder dem Interesse der Gesellschaft und des anderen Gesellschafters noch dem Schutz des abberufenen Geschäftsführers Vorrang gebühre.5 Dem ist zuzustimmen. Gleiches gilt für den Fall, wenn der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter abberufen wird.6
155
(4) Gesellschafter mit Sonderrecht auf Geschäftsführung Sofern der Gesellschaftsvertrag einem Gesellschafter ein Sonderrecht auf die Geschäftsführerposition einräumt, endet die Geschäftsführungsbefugnis und 1 K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 22a; Hüffer in Ulmer, § 47 GmbHG Rz. 26. 2 Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 64 f.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 30. 3 Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 100. 4 BGH v. 20.12.1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177 = NJW 1983, 938. 5 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 31; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 67. 6 Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 67 m.w.N.; vgl. auch BGH v. 20.12.1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177 (181 ff.) = NJW 1983, 938 (939 f.).
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§ 16
Rz. 157
Gesellschaftsrecht
Vertretungsmacht des sonderberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers erst mit der rechtskräftigen Feststellung, dass die Abberufung aus wichtigem Grund wirksam ist.1 b) Parteien im einstweiligen Rechtsschutzverfahren aa) Vor Abberufungsbeschluss 157
Wenn ein Gesellschafter befürchtet, dass ein Geschäftsführer noch vor dem zu fassenden Abberufungsbeschluss der Gesellschaft Schaden zufügt, kann er im Wege der einstweiligen Verfügung gegen den Geschäftsführer vorgehen. Aktivlegitimiert ist in dem Fall der Gesellschafter und passivlegitimiert der Geschäftsführer.2 bb) Nach Abberufungsbeschluss
158
Für die einstweilige Verfügung, mit der der Abberufungsbeschluss durchgesetzt werden soll, ist grundsätzlich die Gesellschaft aktivlegitimiert.3 Einzelne Gesellschafter können gegen den Geschäftsführer nur ausnahmsweise vorgehen, wenn die Gesellschaft handlungsunfähig oder -unwillig ist und die Voraussetzungen einer actio pro socio gegeben sind.4
159
Wenn für die Abberufung des Geschäftsführers der Aufsichtsrat zuständig ist, so vertritt dieser auch die Gesellschaft im einstweiligen Verfügungsverfahren.5 Ist jedoch die Gesellschafterversammlung das Abberufungsorgan, so wird die GmbH durch den neu bestellten oder die nicht abberufenen Geschäftsführer vertreten. Verfügt die Gesellschaft neben dem abberufenen Geschäftsführer über Geschäftsführer, die allein zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind, so sind diese berechtigt, die Gesellschaft zu vertreten, ohne dass vorher ein Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG zu fassen ist, da diese Vorschrift für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zwingend anzuwenden ist.6 Die Gesellschaft kann jedoch durch Gesellschafterbeschluss einen besonderen Prozessvertreter bestimmen (§ 46 Nr. 8 GmbHG).
160
Passivlegitimiert ist der abberufene Geschäftsführer.
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Bei einstweiligem Rechtsschutz gegen die Entziehung der Geschäftsführerstellung ist aktivlegitimiert der abberufene Geschäftsführer und passivlegitimiert die Gesellschaft, die im Verfahren durch die neu bestellten Geschäftsführer vertreten wird.
1 Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 66; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 34; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 104. 2 OLG Frankfurt a.M. v. 18.9.1998 – 5 W 22–98, NJW-RR 1999, 257; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 73; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 5. 3 Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 113; Heller, GmbHR 2002, 1227 (1231). 4 v. Gerkan, ZGR 1985, 167 (183 ff.); Zwissler, GmbHR 1999, 336 (337). 5 K. Schmidt in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 70. 6 K. Schmidt in Scholz, § 46 GmbHG Rz. 154.
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IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 165
§ 16
c) Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzes aa) Geschäftsführer der paritätisch mitbestimmten GmbH, Fremdgeschäftsführer, geschäftsführende Minderheitsgesellschafter (§ 84 Abs. 3 Satz 4 AktG) (1) Durchsetzung der Abberufung In den Fällen, in denen der Geschäftsführer einer paritätisch mitbestimmten Gesellschaft, ein Fremdgeschäftsführer oder der geschäftsführende Minderheitsgesellschafter aus wichtigem Grund abberufen wird, besteht regelmäßig seitens der Gesellschaft und der den Abberufungsbeschluss fassenden Gesellschafter kein Bedürfnis, einstweiligen Rechtsschutz für die Durchsetzung der Abberufung in Anspruch zu nehmen. Gleichwohl sind auch hier Fallkonstellationen denkbar, bei denen eine einstweilige Verfügung in Betracht kommt.
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Zunächst ist an den Fall zu denken, dass durch den Geschäftsführer, der abberufen werden soll, bis zum Abberufungsbeschluss schwerer Schaden für die Gesellschaft droht. In diesem Fall sind die Gesellschafter, die den Geschäftsführer abberufen wollen, dringend auf eine vorläufige Regelung angewiesen. Es ist deshalb anerkannt, dass der Gesellschafter aus eigenem Recht einen Verfügungsantrag stellen kann, um dem Geschäftsführer bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Gesellschafterversammlung über die Abberufung beschließt, die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft zu verbieten.1 Das Gericht hat in dem Fall die widerstreitenden Interessen des Gesellschafters und des Geschäftsführers abzuwägen. Selbst wenn die Gesellschaft nur über einen Geschäftsführer verfügt, soll die Verhängung eines Geschäftsführungs- und Vertretungsverbotes gleichwohl für kurze Zeit bis zum baldigen Zusammentritt der Gesellschafterversammlung rechtlich möglich sein.2
163
Ferner ist daran zu denken, dass der Abstimmungsleiter zu Unrecht feststellt, dass der Abberufungsantrag eines Gesellschafters abgelehnt sei. Der Gesellschafter kann sodann gegen diese Feststellung im Wege der Anfechtungs- und positiven Beschlussfeststellungsklage vorgehen. Der Gesellschafter ist in dem Fall grundsätzlich berechtigt, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, wobei an den Verfügungsanspruch und an den Verfügungsgrund strenge Anforderungen zu stellen sind3. Hinsichtlich des Verfügungsinhaltes ist auch sehr sorgfältig zu prüfen, ob es mildere Maßnahmen als ein Tätigkeitsverbot gibt (zB Gesamtgeschäftsführung; vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu bestimmten Maßnahmen).
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(2) Abwehr der Abberufung Nachfolgend ist zu klären, ob der Geschäftsführer trotz der Regelung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann, um geltend zu machen, dass ein wichtiger Grund für seine Abberufung fehlt. 1 OLG Frankfurt a.M. v. 18.9.1998 – 5 W 22/98, NJW-RR 1999, 257; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 73; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 5. 2 OLG Frankfurt a.M. v. 18.9.1998 – 5 W 22/98, NJW-RR 1999, 257. 3 OLG Braunschweig v. 9.9.2009 – 3 U 41/09, Beck RS 2009, 87615 = GmbHR 2009, 1276.
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§ 16
Rz. 166
Gesellschaftsrecht
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Der Geschäftsführer einer paritätisch mitbestimmten GmbH ist berechtigt, den Abberufungsbeschluss anzufechten und geltend zu machen, dass ein wichtiger Grund nicht vorliegt.1 Es fragt sich deshalb, ob der Geschäftsführer einer paritätisch mitbestimmten GmbH auch im Wege der einstweiligen Verfügung gegen seine Amtsenthebung vorgehen kann.
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Dem steht nach verbreiteter Auffassung die Regelung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG entgegen, der gerade bestimmt, dass der Widerruf wirksam ist, solange seine Unwirksamkeit nicht rechtskräftig festgestellt ist. Es ist indes unklar, ob sich der in § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG enthaltene Passus („rechtskräftige Entscheidung“) nur auf Endurteile im Hauptsacheverfahren bezieht oder auch auf rechtskräftige Beschlüsse bzw. Urteile im einstweiligen Verfügungsverfahren. Rechtsprechung und Schrifttum im Aktienrecht gehen überwiegend davon aus, dass hiermit nur Endurteile im Hauptsacheverfahren gemeint sind.2 Das im einstweiligen Verfügungsverfahren angerufene Gericht verfüge nur über begrenzte Erkenntnismöglichkeiten und sei nicht in der Lage, eine solch komplexe Entscheidung, wie die Abberufung aus wichtigem Grund, zu prüfen.3
168
Nach anderer Auffassung hat das Gericht auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu entscheiden, ob der Abberufungsbeschluss wirksam ist oder nicht. Die Frage der vorläufigen rechtlichen Wirkung der Abberufung sei von der Frage zu unterscheiden, ob aufgrund einer summarischen Prüfung ein wichtiger Abberufungsgrund vorliege oder nicht.4
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Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen. Auch eine einstweilige Verfügung kann als rechtskräftige Entscheidung im Sinne von § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG qualifiziert werden. Sie steht zudem mit dem Zweck des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG, im Gesellschaftsinteresse klare Verhältnisse zu schaffen, im Einklang, da auch durch eine einstweilige Verfügung Klarheit geschaffen wird. Hierfür spricht aber auch die grundsätzliche Überlegung, dass im einstweiligen Rechtsschutz möglichst wenig mit „prinzipiellen Unzulässigkeitspostulaten“ gearbeitet werden sollte und stattdessen hohe Anforderungen an den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund zu stellen sind, damit die gerichtliche Kontrolle nicht ausufert.5 Folgt man hingegen der herrschenden Auffassung, besteht für den abberufenen Geschäftsführer einer paritätisch mitbestimmten GmbH kein effektiver Rechtsschutz.
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Die Legitimationslast dafür, dass tatsächlich kein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt, trägt der Antragsteller. Einer zu weitgehenden Einmischung der Gerichte kann dadurch entgegengewirkt werden, dass das Gericht einen Beurteilungsspielraum der Gesellschaft anerkennt.
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Der geschäftsführende Minderheitsgesellschafter ist ebenso wie der Geschäftsführer einer paritätisch mitbestimmten GmbH berechtigt, den Abberufungs-
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Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 106; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 62. Spindler in MünchKomm., § 84 AktG Rz. 130 m.w.N. Spindler in MünchKomm., § 84 AktG Rz. 130. Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 107. Damm, ZHR 1990, 413 (429 f.); vgl. auch Vollmer, GmbHR 1984, 5 (10 f.).
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IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 175
§ 16
beschluss anzufechten und geltend zu machen, dass für die Abberufung kein wichtiger Grund bestand. Für die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung sprechen die gleichen Gründe, die für die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung des Geschäftsführers einer paritätisch mitbestimmten GmbH sprechen. In diesem Sinne haben sowohl das OLG Celle als auch das OLG Frankfurt es als grundsätzlich zulässig angesehen, dass der geschäftsführende Minderheitsgesellschafter im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Abberufung vorgeht.1 Im Schrifttum sind die Auffassungen geteilt.2
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Anders ist die Rechtslage jedoch für den Fremdgeschäftsführer zu beurteilen. Dieser ist nicht berechtigt, den Abberufungsbeschluss mit der Behauptung anzufechten, es habe kein wichtiger Grund vorgelegen. Für eine Anfechtungsklage fehlt ihm die Anfechtungsbefugnis.3 Dementsprechend kann der Fremdgeschäftsführer einer GmbH gegen seine Abberufung auch nicht im Wege der einstweiligen Verfügung vorgehen.4
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bb) Zweipersonen-GmbH, geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter (1) Durchsetzung der Abberufung Für den Fall der Zweipersonen-GmbH hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich auf die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes hingewiesen.5 Die Instanzgerichte sind dem gefolgt.6
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Einstweiliger Rechtsschutz wird jedoch für den Fall verneint, dass die beiden gleichberechtigten geschäftsführenden Gesellschafter einer ZweipersonenGmbH sich wechselseitig abberufen und keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass nur eine der beiden Abberufungen rechtswirksam ist. In dem Fall kann trotz des Vorliegens von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund keinem der Gesellschafter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis durch einstweilige Verfügung bis zur Entscheidung der Hauptsache einseitig vorläufig entzogen werden.7 Es sollte jedoch geprüft werden, ob die Pattsituation durch eine Regelungsverfügung überwunden werden kann.8
175
1 OLG Celle v. 1.4.1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264; OLG Frankfurt v. 15.12.1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237; a.A. OLG Braunschweig v. 18.8.1976 – 3 U 30/76, GmbHR 1977, 61. 2 Befürwortend: Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 36; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 109; ablehnend: Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 79. 3 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 27; Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 58b; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 91. 4 OLG Hamm v. 17.9.2001 – 8 U 126/01, GmbHR 2002, 327 (328); Kleindiek in Lutter/ Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 29; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 110. 5 BGH v. 20.12.1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177 = NJW 1983, 938. 6 OLG Düsseldorf v. 13.6.1988 – 6 U 310/87, NJW 1989, 172; OLG Karlsruhe v. 4.12.1992 – 15 U 208/92, NJW-RR 1993, 505; OLG Hamm v. 7.10.1992 – 8 U 75/92, GmbHR 1993, 743; OLG München v. 22.10.2009 – 23 U 3430/09, BeckRS 2009, 28888. 7 OLG Düsseldorf v. 30.6.1988 – 6 U 310/87, NJW 1989, 172. 8 Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 113.
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§ 16 176
Rz. 176
Gesellschaftsrecht
Die gleichen Grundsätze finden Anwendung, wenn ein geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter aus wichtigem Grund abberufen wird. In diesem Fall ist einstweiliger Rechtsschutz zur Durchsetzung der Abberufung zulässig.1 (2) Abwehr der Abberufung
177
Da über die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses die materielle Rechtslage entscheidet, ist es dem Geschäftsführer nach allgemeinen Grundsätzen gestattet, seine Geschäftsführerposition durch eine einstweilige Verfügung abzusichern.2 cc) Gesellschafter mit Sonderrecht auf Geschäftsführung
178
Wenn ein Geschäftsführer mit Sonderrecht auf Geschäftsführung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung abberufen wurde, kann die Gesellschaft im Wege der einstweiligen Verfügung die Abberufung sichern, auch wenn der Beschluss erst mit der rechtskräftigen Feststellung im Hauptsacheverfahren wirksam wird. Hierzu sind ähnliche Überlegungen heranzuziehen wie bei der Abberufung eines geschäftsführenden Gesellschafters in einer OHG (vgl. Rz. 95 ff.). d) Begründetheit aa) Durchsetzung der Abberufung
179
Für den Verfügungsanspruch ist darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ein rechtswirksamer Abberufungsbeschluss gefasst wurde, dieser dem betroffenen Geschäftsführer mitgeteilt worden ist und für die Abberufung ein wichtiger Grund vorlag.
180
Von der Gesellschaft ist ferner darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihr Interesse an der vorläufigen Durchsetzung der Abberufung das Bestandsschutzinteresse des Abberufenen deutlich überwiegt und ein milderes Mittel als die beantragte Maßnahme nicht erfolgversprechend ist. bb) Abwehr der Abberufung
181
Im Rahmen des Verfügungsanspruches ist von dem Geschäftsführer vorzutragen und glaubhaft zu machen, dass ein wichtiger Grund für seine Abberufung nicht bestand.
182
Sodann hat der Geschäftsführer darzulegen und glaubhaft zu machen, dass sein Interesse an der Fortsetzung seiner Geschäftsführertätigkeit das Interesse der Gesellschaft an der vorläufigen Durchsetzung der Abberufung deutlich überwiegt und die von ihm beantragte Maßnahme sich als das mildeste Mittel erweist. 1 Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 80. 2 Schneider in Scholz, § 38 GmbHG Rz. 80; OLG München v. 22.10.2009 – 23 U 3430/09, BeckRS 2009, 28888.
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M 16.8
IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
§ 16
Rz. 185
e) Inhalt der einstweiligen Verfügung Die einstweilige Verfügung, mit der ein Abberufungsbeschluss durchgesetzt werden soll, kann auf die einstweilige Abberufung als Geschäftsführer gerichtet sein.1 In der Regel wird es jedoch ausreichen, dass die Gesellschaft beantragt, dem Geschäftsführer Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen zu verbieten. Möglicherweise ist es auch ausreichend, die einstweilige Verfügung nur auf spezielle Verbote zu beschränken (zB bezüglich Geschäfts- und Betriebsräumen, Einsichtnahme in Geschäftspapiere).2
183
Zugunsten des abberufenen Geschäftsführers kann im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet werden, dass dieser Zugang zu den Geschäftsräumen erhält, Einblick in bestimmte Unterlagen nehmen darf und berechtigt ist, bestimmte Tätigkeiten fortzuführen.3 Darüber hinaus kann beantragt werden, dass die Abberufung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zum Handelsregister angemeldet werden darf.
184
u
Untersagung der Geschäftsführung und Vertretung An das
16.8 185
Landgericht . . . Kammer für Handelssachen ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegner – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: 300 000 Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers bitten wir, folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen:
1 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 37. 2 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 37; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 108. 3 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 37; Paefgen in Ulmer, § 38 GmbHG Rz. 109.
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§ 16
Rz. 185
Gesellschaftsrecht
M 16.8
Dem Antragsgegner wird untersagt, die Geschäftsführung und Vertretung der G-GmbH, eingetragen im Handelsregister . . . unter HRB . . ., wahrzunehmen und die Geschäftsräume der G-GmbH zu betreten. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld bis zu 250 000 Euro angedroht, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Begründung: 1. Der Antragsteller ist Gesellschafter der G-GmbH. Den Gesellschaftsvertrag sowie einen Auszug aus der beim Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste lege ich als Anlagenkonvolut ASt 1 vor. Geschäftsführer der G-GmbH sind der Antragsgegner und Herr X. Beide Geschäftsführer sind einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Den aktuellen Handelsregisterauszug der G-GmbH füge ich als Anlage ASt 2 bei. An der G-GmbH halten der Antragsteller und Herr Y jeweils 45 % der Geschäftsanteile. Die restlichen 10 % hält der Geschäftsführer X, der derzeit auf einer Auslandsreise in Südamerika ist. Glaubhaftmachung: . . . 2. Der Antragsgegner hat als Geschäftsführer der G-GmbH während der Abwesenheit von X an die Gesellschaft D Waren im Gesamtwert von 2 500 000 Euro verkauft, obwohl die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft D stark zweifelhaft ist. Die Waren befinden sich derzeit noch in den Geschäftsräumen der G-GmbH. Darüber hinaus hat der Antragsgegner als Geschäftsführer der G-GmbH der Gesellschaft D ein Darlehen zugesagt, das in der nächsten Woche zur Auszahlung kommen soll. Glaubhaftmachung: . . . Sowohl für den Kaufvertrag als auch für den Darlehensvertrag hätte der Antragsgegner der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung bedurft (vgl. § 6 des als Anlage 1 vorgelegten Gesellschaftsvertrages). Das Handeln des Antragsgegners ist nur vor dem Hintergrund verständlich, dass seine Ehefrau an der Gesellschaft D eine Mehrheitsbeteiligung hält. Glaubhaftmachung: . . . 3. Eine Gesellschafterversammlung kann nur mit einer Frist von einem Monat einberufen werden. Darüber hinaus ist es nicht möglich, dass sich die Gesellschafter unter Verzicht auf Frist- und Formvorschriften versammeln, da X auf Südamerikareise ist. Es liegt daher ein besonderer Eilfall vor, der die Beantragung der einstweiligen Verfügung vor dem Abberufungsbeschluss rechtfertigt (OLG Frankfurt v. 18.9.1998 – 5 W 22/98, GmbHR 1998, 1126). Rechtsanwalt
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IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 189
§ 16
4. Auskunfts- und Einsichtsrecht nach § 51a GmbHG Nach § 51a Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer der GmbH jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. Nach § 51a Abs. 2 GmbHG können die Geschäftsführer die Auskunft und die Einsicht jedoch verweigern, wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen ein nicht unerheblicher Nachteil zugefügt wird. Zusätzlich ist ein entsprechender Gesellschafterbeschluss erforderlich, bei dem der betroffene Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.1
186
Wird einem Gesellschafter die verlangte Auskunft nicht gegeben oder die verlangte Einsicht nicht gestattet, so kann er eine gerichtliche Entscheidung nach § 51b GmbHG beantragen. Das Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG ist ein Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei dem die Tatsachenermittlung nicht der Verhandlungsmaxime folgt, sondern von Amts wegen betrieben wird (§ 26 FamFG).2 Neben dem Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG ist es nicht zulässig, dass der Gesellschafter eine Leistungsklage nach der Zivilprozessordnung erhebt.3
187
Es ist fraglich, ob der Gesellschafter, dessen Auskunfts- bzw. Einsichtsbegehren gemäß § 51a Abs. 2 GmbHG abgelehnt wurde, neben dem Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG auch im Wege der einstweiligen Verfügung vorgehen kann. Dies wird teilweise im Schrifttum unter Hinweis auf die spezielle Regelung in § 51b GmbHG abgelehnt.4 Nach anderer Meinung ist einstweiliger Rechtsschutz analog §§ 935, 940 ZPO zulässig.5
188
Mit dem Auskunftserzwingungsverfahren hat der Gesetzgeber ein spezielles Rechtsinstitut nach FamFG zur Verfügung gestellt. Eine einstweilige Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO kommt daneben nicht in Betracht, da die einstweilige Verfügung nur eine Ausgestaltung des vorläufigen Rechtsschutzes im Anwendungsbereich der ZPO ist.6 Die einstweilige Verfügung ist mit den Grundsätzen des FamFG-Verfahrens nicht vereinbar und es führt zu prozessualen Widersprüchen, wenn im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die ZPO (zB Beibringungsgrundsatz, Öffentlichkeit der Verhandlung) und im Hauptsacheverfahren das
189
1 K. Schmidt in Scholz, § 51a GmbHG Rz. 42; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, § 51a GmbHG Rz. 29. 2 Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, § 51b GmbHG Rz. 18. 3 BGH v. 25.5.1995 – II ZB 2/95, NJW-RR 1995, 1183, 1184; OLG Saarbrücken v. 3.12.1993 – IV U 16/93 – 2, NJW-RR 1994, 497 (498); OLG Schleswig v. 29.2.2008 – 5 W 68/07, GmbHR 2008, 434; K. Schmidt in Scholz, § 51b GmbHG Rz. 9; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, § 51b GmbHG Rz. 20; Hüffer in Ulmer, § 51b GmbHG Rz. 1. 4 K. Schmidt in Scholz, § 51b GmbHG Rz. 32; Zöllner in Baumbach/Hueck, § 51b GmbHG Rz. 10. 5 Emde, ZIP 2001, 820. 6 Keller in Berger, Kap. 13 Rz. 1; Crückeberg, S. 95.
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§ 16
Rz. 190
Gesellschaftsrecht
FamFG (zB Amtsermittlung, nicht öffentlich)1 gilt. Der Gesellschafter kann deshalb nur einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen (§ 49 FamFG).2 190
Dem steht jedoch nicht entgegen, dass der Gesellschafter eine einstweilige Verfügung beantragt, um einen ablehnenden Gesellschafterbeschluss nach § 51a Abs. 2 Satz 2 GmbHG zu verhindern. Sofern eine entsprechende Stimmpflicht der Mitgesellschafter besteht und die Interessenabwägung eindeutig zugunsten des Antragstellers ausfällt (s. Rz. 127 ff.), kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein Beschluss auf Erteilung von Informationen durchgesetzt werden. Der Beschluss ist vom Geschäftsführer zu befolgen.3
191
Eine Anfechtungsklage gegen den ablehnenden Gesellschafterbeschluss nach § 51a Abs. 2 Satz 2 GmbHG ist unzulässig, wenn der Gesellschafter lediglich die Unwirksamkeitserklärung des Beschlusses zur Durchsetzung seines Informationsanspruches verlangt.4 Ist der Verweigerungsbeschluss gefasst, kommt eine einstweilige Verfügung nicht mehr in Betracht.
5. Ausschließung eines Gesellschafters 192
Eine gesetzliche Regelung für den Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund enthält das GmbHG nicht.5 Zulässig sind Satzungsregelungen, die der Gesellschafterversammlung das Recht zur Ausschließung eines Gesellschafters durch Beschluss übertragen.6 Hierbei ist es auch zulässig, die Ausschlusswirkung unabhängig von der Abfindungszahlung eintreten zu lassen.7 Sofern die Satzung keine Regelung zur Abfindung trifft, werden verschiedene Auffassungen zur Zwangseinziehung nach § 34 Abs. 2 GmbHG vertreten.8 Der BGH hat jetzt entschieden, dass der betroffene Gesellschafter mit Bekanntgabe des Einziehungsbeschlusses aus der Gesellschaft ausscheidet, auch wenn er das Abfindungsguthaben noch nicht erhalten hat.9 Die Satzung kann bei Vor-
1 Hüffer in Ulmer, § 51b GmbHG Rz. 15 ff.; K. Schmidt in Scholz, § 51b GmbHG Rz. 22 ff. 2 So auch im Ergebnis: Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, § 51b GmbHG Rz. 10. 3 K. Schmidt in Scholz, § 51a GmbHG Rz. 42. 4 BGH v. 7.12.1987 – II ZR 86/87, GmbHR 1988, 213; LG Essen v. 27.2.1998 – 470 O 175/97, NZG 1998, 860; K. Schmidt in Scholz, § 51a GmbHG Rz. 42; Hüffer in Ulmer, § 51a GmbHG Rz. 53; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, § 51a GmbHG Rz. 43; anders bei Vorratsbeschluss: BGH v. 27.4.2009 – II ZR 167/07, NJW 2009, 2300. 5 Gesetzliche Ausschließungsmöglichkeiten bestehen nur bei Säumigkeit mit der Zahlung der Stammeinlage (§ 21 GmbHG) oder mit Nachschüssen (§ 28 Abs. 1 GmbHG) oder bei einer satzungsmäßigen Gestattung der Zwangseinziehung (§ 34 Abs. 2 GmbHG). 6 Seibt in Scholz, Anh. § 34 GmbHG Rz. 58; Ulmer in Ulmer, Anh. § 34 GmbHG Rz. 40. 7 BGH v. 30.6.2003 – II ZR 326/01, NZG 2003, 871 (872); BGH v. 20.6.1983 – II ZR 237/82, NJW 1983, 2880 (2881); BGH v. 8.12.2008 – II ZR 263/07, NJW-RR 2009, 464; Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 Rz. 48; a.A. Seibt in Scholz, Anh. § 34 GmbHG Rz. 58. 8 Vgl. zum Diskussionsstand: Ulmer in Ulmer, § 34 GmbHG Rz. 59; H.P. Westermann in Scholz, § 34 GmbHG Rz. 56 ff; Strohn in MünchKomm., § 34 GmbHG Rz. 72 ff. 9 BGH v. 24.1.2012 – II ZR 109/11, NZG 2012, 259; ebenso: KG v. 6.2.2006 – 23 U 206/04, NZG 2006, 437; dafür auch Goette, DStR 2001, 533 (540).
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IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 197
§ 16
liegen eines wichtigen Grundes auch vorsehen, dass der Betroffene zur Abtretung seines Geschäftsanteils an die GmbH oder einen Dritten verpflichtet ist.1 Enthält die Satzung keine Regelung, so ist es in Rechtsprechung und Lehre gleichwohl einhellige Ansicht, dass ein Gesellschafter aus der GmbH ausgeschlossen werden kann, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt.2 Die Ausschließung erfordert in dem Fall einen Ausschließungsbeschluss der Gesellschafterversammlung und eine Ausschlussklage.3 Der Ausschließungsbeschluss ist nach h.M. mit 3/4-Mehrheit zu fassen, sofern die Satzung keine andere Regelung trifft.4 Die Ausschließungsklage wird durch die GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer, erhoben.5 Für die Zweimann-Gesellschaft wird wegen der speziellen Interessenlage auch eine Klagebefugnis der Gesellschafter anerkannt.6
193
Für die einstweiligen Rechtsschutzmöglichkeiten ist zu differenzieren, ob der Ausschluss aufgrund einer entsprechenden Satzungsregelung durch Beschluss oder durch Ausschließungsurteil erfolgt.
194
a) Ausschluss durch Beschluss Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten eines trennungswilligen Gesellschafters kommt vor Beschlussfassung regelmäßig nicht in Betracht. Zwar mag es Fälle geben, in denen die Ausschließung im Gesellschaftsinteresse dringend geboten und die Zahlung der Abfindung gesichert ist,7 gleichwohl hat der trennungswillige Gesellschafter zunächst den Gesellschafterbeschluss abzuwarten und ggf. zunächst Anfechtungsklage und positive Beschlussfeststellungsklage zu erheben.8 Erst dann ist einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des bzw. der trennungswilligen Gesellschafter möglich.
195
Demgegenüber kommt für den von der Ausschließung betroffenen Gesellschafter einstweiliger Rechtsschutz bereits vor Beschlussfassung in Betracht, da er ansonsten mit dem Beschluss seine Gesellschafterstellung verliert.
196
aa) Verfügungsanspruch, -grund und -inhalt Der von der Ausschließung betroffene Gesellschafter muss darlegen und glaubhaft machen, dass seine Mitgesellschafter verpflichtet sind, gegen die Aus1 BGH v. 20.6.1983 – II ZR 237/82, NJW 1983, 2880. 2 BGH v. 20.9.1999 – II ZR 345–97, NJW 1999, 3779; Seibt in Scholz, Anh. § 34 GmbHG Rz. 25; Ulmer in Ulmer, Anh. § 34 GmbHG Rz. 9; Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 GmbHG Rz. 52. 3 Seibt in Scholz, Anh. § 34 GmbHG Rz. 37; Ulmer in Ulmer, Anh. § 34 GmbHG Rz. 21; Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 GmbHG Rz. 59 ff. 4 BGH v. 13.1.2003 – II ZR 227/00, NJW 2003, 2314; Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 GmbHG Rz. 60; Ulmer in Ulmer, Anh. § 34 GmbHG Rz. 25. 5 Seibt in Scholz, Anh. § 34 GmbHG Rz. 38; Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 GmbHG Rz. 63; Ulmer in Ulmer, Anh. § 34 GmbHG Rz. 32. 6 Seibt in Scholz, Anh. § 34 GmbHG Rz. 38; Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 GmbHG Rz. 63; Ulmer in Ulmer, Anh. § 34 GmbHG Rz. 33. 7 Ulmer in Ulmer, Anh. § 34 GmbHG Rz. 22. 8 Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 GmbHG Rz. 61.
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197
§ 16
Rz. 198
Gesellschaftsrecht
schließung zu stimmen. Ist dem betroffenen Gesellschafter im Vorfeld der Gesellschafterversammlung kein wichtiger Grund mitgeteilt worden, mit dem er sich auseinandersetzen kann, so spricht dies bereits für einen Verfügungsanspruch.1 198
Bei der Prüfung des Verfügungsgrundes hat eine umfassende Interessenabwägung zwischen den schützenswerten Interessen des Antragstellers und denen der Antragsgegner zu erfolgen, die auch etwaige Zweifel am Verfügungsanspruch einbezieht und insbesondere die Folgen einer einstweiligen Verfügung berücksichtigt.
199
Der Verfügungsantrag ist darauf gerichtet, trennungswilligen Mitgesellschaftern durch einstweilige Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln die Stimmabgabe für den Zwangseinziehungs- oder Zwangsabtretungsbeschluss zu untersagen. bb) Parteien
200
Antragsteller ist der von der Ausschließung betroffene Gesellschafter und Antragsgegner sind die Mitgesellschafter, wobei der Antragsteller sich auf einstweilige Verfügungen gegen die Gesellschafter beschränken kann, bei denen er befürchtet, dass sie für die Ausschließung stimmen.
201
Mängel des Einziehungsbeschlusses kann der betroffene Gesellschafter nach den allgemeinen Regeln mit der Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage geltend machen.2 Sofern der Einziehungsbeschluss noch nicht vollzogen ist, kann der betroffene Gesellschafter im Wege einer einstweiligen Verfügung der GmbH untersagen, den Einziehungsbeschluss durchzuführen.3 Das Gericht hat hierbei zu prüfen, ob eine erfolgreiche Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses wahrscheinlich ist (Verfügungsanspruch). Wenn dies bejaht wird, ist zusätzlich die Betroffenheit der GmbH durch Erlass der einstweiligen Verfügung und die des betroffenen Gesellschafters bei Versagung der Eilmaßnahme gegeneinander abzuwägen.4 Nur wenn die Interessenabwägung eindeutig zugunsten des Gesellschafters ausfällt, kann das Gericht die Durchführung des Einziehungsbeschlusses verbieten. b) Ausschließungsklage
202
Bei der Ausschließungsklage hat das Urteil rechtsgestaltende Wirkung. Spricht es die Ausschließung unbedingt aus, so endet mit Rechtskraft die Mitgliedschaft des Gesellschafters und sein Geschäftsanteil fällt der Gesellschaft zur Weiterverwertung zu. Sieht das Urteil jedoch vor, dass der Gesellschafter unter der Bedingung ausgeschlossen wird, dass er die festgesetzte Abfindung innerhalb einer bestimmten Frist von der Gesellschaft erhält, so endet die Mitglied1 LG München I v. 2.12.1994 – 15 HKO 22453/94, ZIP 1994, 1858. 2 H.P. Westermann in Scholz, § 34 GmbHG Rz. 48; Lutter in Lutter/Hommelhoff, § 34 GmbHG Rz. 51. 3 OLG Hamm v. 14.3.2000 – 27 U 102/99, NJW-RR 2001, 105 (106 f.). 4 OLG Hamm v. 14.3.2000 – 27 U 102/99, NJW-RR 2001, 105 (107).
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V. Aktiengesellschaft
Rz. 204
§ 16
schaft des ausgeschlossenen Gesellschafters erst mit Bedingungseintritt.1 Bis zum rechtskräftigen Ausschließungsurteil ist der betroffene Gesellschafter in seinen Rechten unbeschränkt. Obwohl der Ausschließungsstreit sich bis zum rechtskräftigen Abschluss regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinziehen dürfte, kommt ein Zwangsausschluss durch einstweilige Verfügung nicht in Betracht, da diese Gestaltungswirkung dem rechtskräftigen Urteil in einem ordentlichen Verfahren vorbehalten ist. Im Wege einer einstweiligen Regelung können dem auszuschließenden Gesellschafter jedoch bestimmte Tätigkeiten verboten werden. Es gelten hier die gleichen Überlegungen wie bei der Ausschlussklage in der OHG und in der KG (vgl. Rz. 110 ff.). Parteien des einstweiligen Verfügungsverfahrens sind einerseits die GmbH und andererseits der auszuschließende Gesellschafter.
V. Aktiengesellschaft Die Aktiengesellschaft (AG) ist in § 1 AktG definiert als eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Im Zivilprozess ist die AG parteifähig (§ 50 ZPO) und wird durch den Vorstand (§ 78 Abs. 1 AktG), teilweise auch durch den Aufsichtsrat (§ 112, § 246 Abs. 2 Satz 3, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG) oder Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam (§ 256 Abs. 2 Satz 2, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG) vertreten. Der allgemeine Gerichtsstand der AG wird durch ihren satzungsmäßigen Sitz bestimmt (§ 17 ZPO). Für die wichtigsten Verfahren ist das Landgericht am Sitz der Gesellschaft ausschließlich zuständig, ggf. die Kammer für Handelssachen (§ 132 AktG Auskunftsverlangen; § 246 AktG Anfechtungsklage; § 249 AktG Nichtigkeitsklage; § 275 AktG Klage auf Nichtigerklärung). Der statutarische Sitz ist auch maßgebend für Klagen der Gesellschaft gegen ihre Mitglieder sowie für Rechtsstreitigkeiten der Mitglieder untereinander (§ 22 ZPO).
203
1. Durchsetzung von Stimmpflichten a) Willensbildung durch Beschluss Nach § 118 Abs. 1 AktG üben die Aktionäre ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft in der Hauptversammlung aus, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Hauptversammlung ist das Willensbildungsorgan der AG, während der Vorstand das Leitungsorgan und der Aufsichtsrat das Überwachungsorgan ist.2 Die Hauptversammlung entscheidet durch Beschlüsse, die der Mehrheit der abgegebenen Stimmen bedürfen, soweit nicht Gesetz oder Satzung eine größere Mehrheit oder weitere Erfordernisse bestimmen (§ 133 Abs. 1 AktG). Nach Durchführung der Abstimmung über den Antrag hat der Versammlungsleiter das Ergebnis festzustellen und den Beschluss zu 1 Seibt in Scholz, Anh. § 34 GmbHG Rz. 51. 2 Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 118 AktG Rz. 12; Kubis in MünchKomm., § 118 AktG Rz. 9.
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565
204
§ 16
Rz. 205
Gesellschaftsrecht
verkünden. Nur durch die förmliche Feststellung des Beschlusses (die so genannte „Verkündung“) entfaltet der Beschluss rechtliche Wirkung. Die Verkündung ist somit konstitutiv.1 205
Stimmbindungsverträge, durch die sich ein Aktionär zur Ausübung seines Stimmrechts in einem bestimmten Sinne verpflichtet, sind nach h.M. zulässig.2 Bei der Abstimmung ist der Aktionär grundsätzlich frei, er hat jedoch eine Treuepflicht gegenüber der Aktiengesellschaft und seinen Mitaktionären zu beachten. Diese kann dazu führen, dass er verpflichtet ist, sein Stimmrecht in einem bestimmten Sinne auszuüben.3 Die von einem Aktionär offenkundig treuwidrig abgegebene Stimme ist nichtig und bei der Stimmauszählung in der Hauptversammlung unbeachtlich.4
206
In § 136 Abs. 1 AktG ist für bestimmte Fälle ein Stimmverbot angeordnet. b) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung
207
Im aktienrechtlichen Schrifttum ist es strittig, ob eine einstweilige Verfügung, die eine bestimmte Stimmrechtsausübung eines Aktionärs zum Inhalt hat, überhaupt zulässig ist.5 Das OLG München hat entschieden, dass eine einstweilige Verfügung in Ausnahmefällen statthaft ist.6 Im konkreten Fall verneinte das OLG München jedoch die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung, weil der Verfügungskläger die Möglichkeit gehabt hätte, anschließend gegen den Beschluss Anfechtungsklage zu erheben und mit Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes die Eintragung im Handelsregister zu verhindern.
208
Die Einwände, die gegen die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung vorgebracht werden, sind nicht stichhaltig. Sachgerechte Lösungen sind nicht durch abstrakte Zulässigkeitsgrenzen, sondern durch intensive Prüfung des Verfügungsanspruches und folgenorientierte Abwägung der betroffenen Interessen zu finden.7 Es kann deshalb auch für die AG insoweit auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft und zur GmbH verwiesen werden (Rz. 5 ff. und 207 f.). c) Begründetheit der einstweiligen Verfügung
209
Eine einstweilige Verfügung, mit der ein Antragsteller entweder einen Beschluss verhindern oder einen positiven Beschluss herbeiführen möchte, ist 1 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 308/87, BGHZ 104, 66 (69) = AG 1988, 233 (235); Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 133 AktG Rz. 37; Volhard in MünchKomm., § 133 AktG Rz. 65. 2 Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 136 AktG Rz. 36; Schröer in MünchKomm., § 136 AktG Rz. 61. 3 BGH v. 20.3.1995 – II ZR 205/94, NJW 1995, 1739 (1741 f.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV 3. 4 Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 53a AktG Rz. 63; Bungeroth in MünchKomm., vor § 53a AktG Rz. 42. 5 Dafür: Schlitt/Seiler, ZHR 2002, 544 (572 ff.); K. Schmidt in GroßKomm, § 246 AktG Rz. 130; nur ausnahmsweise bei Konsortialverträgen: Hüffer in MünchKomm., § 243 AktG Rz. 153. 6 OLG München v. 13.9.2006 – 7 U 2912/06, NZG 2007, 152 (153). 7 Damm, ZHR, 154 (1990), 413 (432).
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V. Aktiengesellschaft
Rz. 212
§ 16
als Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung zu qualifizieren. An die Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind deshalb besonders hohe Anforderungen zu stellen.1 Eine einstweilige Verfügung kommt folglich nur bei einer völlig klaren Sach- und Rechtslage oder bei einer besonders schwerwiegenden Beeinträchtigung der Interessen des Verfügungsklägers, die nicht auf andere Weise abgewendet werden kann, in Betracht.2 Auf die Ausführungen zur BGB-Gesellschaft und zur GmbH kann wegen weiterer Einzelheiten verwiesen werden (Rz. 17 ff.; 132 f.).
2. Vollziehung von Hauptversammlungsbeschlüssen a) Zulässigkeit Auch im Aktienrecht kann ein Hauptversammlungsbeschluss nicht durch einstweilige Verfügung für unwirksam oder nichtig erklärt werden. Die Ausführungen zur GmbH gelten deshalb sinngemäß (vgl. Rz. 134).
210
Nach allgemeiner Meinung kann die Durchführung von rechtswidrigen Beschlüssen durch einstweilige Verfügung untersagt werden.3
211
Es ist deshalb grundsätzlich zulässig, durch einstweilige Verfügung die Ausführung eines nichtigen oder rechtswidrigen Beschlusses zu verbieten bzw. dessen Eintragung im Handelsregister zu verhindern. Sofern jedoch für die Eintragung im Handelsregister ein spezielles Sperr- und Freigabeverfahren besteht, geht dies dem Verfahren der einstweiligen Verfügung vor (zB §§ 16, 198 UmwG, §§ 319, 327e AktG).4 Besonderheiten gelten für das Freigabeverfahren nach § 246a AktG. Die Vorschrift unterwirft Kapitalmaßnahmen und Unternehmensverträge nach Erhebung der Anfechtungsklage keiner allgemeinen Registersperre.5 Das Registergericht darf die Maßnahme somit auch ohne Freigabeverfahren vor Abschluss des Anfechtungsprozesses eintragen.6 In dem Fall hat die Eintragung jedoch keine Bestandskraft, während die aufgrund eines Freigabebeschlusses erfolgte Eintragung bestandskräftig ist.7 Es ist strittig, ob vom Anfechtungskläger eine einstweilige Verfügung beantragt werden kann, um die Eintragung im Handelsregis-
1 Schlitt/Seiler, ZHR 2002, 544 (575). 2 Leuering/Simon, NJW-Spezial 2005, 411. 3 K. Schmidt in GroßKomm., § 246 AktG Rz. 129; Hüffer in MünchKomm., § 243 AktG Rz. 154 ff.; Heinze, ZGR 1979, 293 (304 ff.); BVerfG v. 13.10.2004 – 1 BvR 2303/00, WM 2004, 2354; OLG München v. 13.9.2006 – 7 U 2912/06, NZG 2007, 152 (154); LG Heilbronn v. 8.9.1971 – 1 KfH O 125/71, AG 1971, 372. 4 Tielmann in Happ, Aktienrecht, 18.06 Rz. 1; K. Schmidt in Scholz, § 45 GmbHG Rz. 183; Zöllner in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 GmbHG Rz. 197. 5 Büchel, in Liber amicorum Happ, S. 1 (5); Schwab in K. Schmidt/Lutter, § 246a AktG, Rz. 36 m.w.N. 6 Büchel, in Liber amicorum Happ, S. 1 (5); Schwab in K. Schmidt/Lutter, § 246a AktG, Rz. 36. 7 Büchel, in Liber amicorum Happ, S. 1 (5); Schwab in K. Schmidt/Lutter, § 246a AktG, Rz. 42 f.
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§ 16
Rz. 213
Gesellschaftsrecht
ter zu verhindern.1 Nach richtiger Ansicht ist eine entsprechende einstweilige Verfügung zulässig, und zwar auch dann, wenn ein Freigabeverfahren bereits rechtshängig ist. Da die Gesellschaft die Eintragung schon vor der Freigabe erwirken kann, muss es auch dem Anfechtungskläger gestattet sein, gegen die durch das Freigabeverfahren nicht ausgeschlossene Möglichkeit der vorzeitigen Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses vorzugehen. Verfügungs- und Freigabeverfahren sind in dem Fall zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.2 b) Begründetheit 213
Der Antragsteller muss zunächst einen Verfügungsanspruch glaubhaft machen. Hierzu hat er darzulegen, dass der Beschluss, gegen dessen Vollziehung er im Wege der einstweiligen Verfügung vorgeht, nichtig oder anfechtbar ist.3 Im Rahmen des Verfügungsgrundes hat der Antragsteller sodann vorzutragen und glaubhaft zu machen, dass die Gesellschaft den Beschluss ausführen oder dessen Eintragung im Handelsregister herbeiführen will und hierdurch seine schützenswerte Interessen verletzt werden, die gewichtiger sind als die schützenswerten Interessen der Gesellschaft an der Ausführung des Beschlusses.4 c) Verfügungsinhalt
214
Bei eintragungsbedürftigen Hauptversammlungsbeschlüssen kann die einstweilige Maßnahme darauf gerichtet sein, die Eintragung für unzulässig zu erklären.5 Ferner kommt in Betracht, der Aktiengesellschaft zu untersagen, den Eintragungsantrag zu stellen, bzw. die Aktiengesellschaft zu verpflichten, den bereits gestellten Eintragungsantrag wieder zurückzunehmen.6
215
Bei nichteintragungsbedürftigen Hauptversammlungsbeschlüssen gelten die allgemeinen Grundsätze. Das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs ist zu beachten. Bei einem Beschluss, der z.B. den Abschluss eines Betriebspachtvertrags vorsieht, ist denkbar, nur solche vertraglichen Schritte zuzulassen, die jederzeit ohne schwerwiegende Folgen rückgängig gemacht werden können.7 Sofern es jedoch notwendig ist, die Durchführung des Beschlussinhalts insgesamt zu untersagen, ist auch eine einstweilige Verfügung möglich, die zu einer (zeitlich begrenzten) Aussetzung des Beschlusses führt.8 1 Dafür Schwab in K. Schmidt/Lutter, § 246a AktG, Rz. 52; ablehnend für den Fall, dass bereits ein Freigabeverfahren anhängig ist: Kort, NZG 2007, 169 (171); Hüffer in MünchKomm., § 246a AktG Rz. 39. 2 Schwab in K. Schmidt/Lutter, § 246a AktG, Rz. 53. 3 Heinze, ZGR 1979, 293 (304); Schlitt/Seiler, ZHR 2002, 544 (552); Hüffer in MünchKomm., § 243 AktG Rz. 154. 4 Heinze, ZGR 1979, 293 (308 f.); Schlitt/Seiler, ZHR 2002, 544 (561 ff.); Hüffer in MünchKomm., § 243 AktG Rz. 154. 5 LG Heilbronn v. 8.9.1971 – 1 KfH 0 125/71, AG 1971, 372; Hüffer in MünchKomm., § 243 AktG Rz. 156. 6 Heinze, ZGR 1979, 293 (315). 7 Heinze, ZGR 1979, 293 (313); Schlitt/Seiler, ZHR 2002, 544 (577). 8 Heinze, ZGR 1979, 293 (313); Hüffer in MünchKomm., § 243 AktG Rz. 154; Schlitt/ Seiler, ZHR 2002, 544 (577).
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V. Aktiengesellschaft
Rz. 219
§ 16
d) Parteien Antragsberechtigt ist jeder Aktionär, der gegen den mangelhaften Beschluss Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage bereits erhoben hat oder der eine entsprechende Klage gegen den Beschluss noch erheben kann und glaubhaft macht, dass die Erhebung der Klage unmittelbar bevorsteht. Antragsgegner ist die AG, vertreten durch den Vorstand und den Aufsichtsrat (§§ 246 Abs. 2 Satz 2, 249, Abs. 1 Satz 1 AktG).
216
" Wichtig: Bei der Zustellung ist die Doppelvertretung zu beachten. Es ge-
nügt die Zustellung an jeweils ein Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrates. Eine Ersatzzustellung an den Vorstand ist in den Geschäftsräumen der AG durch Aushändigung an dort beschäftigte Personen möglich. Eine Ersatzzustellung an ein Aufsichtsratsmitglied kann hingegen nur unter dessen Privatanschrift oder in Geschäftsräumen erfolgen, die das Aufsichtsratsmitglied nutzt, nicht jedoch im Geschäftslokal der AG.1
3. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis Der Vorstand ist das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der AG. Der Vorstand leitet die Gesellschaft unter eigener Verantwortung (§ 76 Abs. 1 AktG) und vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 78 Abs. 1 AktG). Die Vorstandsmitglieder werden vom Aufsichtsrat bestellt (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG). Wenn ein wichtiger Grund vorliegt, kann der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG).
217
a) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des betroffenen Vorstandsmitgliedes Das abberufene Vorstandsmitglied kann auf Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs der Bestellung klagen. Die Klage ist gegen die AG, vertreten durch den Aufsichtsrat, zu richten.2 Zuständig sind die ordentlichen Gerichte. Die Klage kann vor der Kammer für Handelssachen erhoben werden (§ 95 Nr. 4 Buchst. a GVG).
218
Grundsätzlich kann das betroffene Vorstandsmitglied auch im Wege einer einstweiligen Verfügung vorgehen. Nach herrschender Auffassung soll eine einstweilige Verfügung jedoch nicht zulässig sein, wenn das Vorstandsmitglied den Aufsichtsratsbeschluss nur deshalb für unwirksam hält, weil kein wichtiger Grund im Sinne von § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG vorliegt.3 Nach der hier bereits zur mitbestimmten GmbH entwickelten Auffassung ist auch eine einstweilige Verfügung eine rechtskräftige Entscheidung im Sinne von § 84 Abs. 3 Satz 4
219
1 Hüffer, § 246 AktG Rz. 32–34. 2 BGH v. 11.5.1981 – II Z R 126/80, NJW 1981, 2748; Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 84 AktG Rz. 53. 3 Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 84 AktG Rz. 54; Spindler in MünchKomm., § 84 AktG Rz. 139; Wiesner in Münch. Hdb. AG, § 20 Rz. 54; Hüffer, § 84 AktG Rz. 32.
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§ 16
Rz. 220
M 16.9
Gesellschaftsrecht
AktG (vgl. Rz. 165 ff.) und deshalb auch insoweit einstweiliger Rechtsschutz zulässig. 220
Nach herrschender Auffassung kann eine einstweilige Verfügung nur auf Unwirksamkeitsgründe gestützt werden, die sich nicht auf das Fehlen eines wichtigen Grundes beziehen, insbesondere kann das betroffene Vorstandsmitglied geltend machen, dass kein gültiger Aufsichtsratsbeschluss vorliegt.1
221
Ein Verfügungsgrund ist regelmäßig zu bejahen, wenn es an einem Aufsichtsratsbeschluss fehlt oder dieser wegen formeller Fehler nichtig ist, da das Vorstandsmitglied den Widerruf der Bestellung ansonsten nur im ordentlichen Verfahren klären könnte, das möglicherweise jahrelang dauert. Effektiver Rechtsschutz ist deshalb nur durch eine einstweilige Verfügung zu erlangen.
u
16.9 222
Abberufung als Vorstandsmitglied
An das Landgericht . . . Kammer für Handelssachen ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Sachen . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . .-AG, gesetzlich vertreten durch den Aufsichtsrat, bestehend aus . . . [Aufzählung sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder, wobei mindestens die Privat- oder Geschäftsanschrift eines Aufsichtsratsmitglieds anzugeben ist], – Antragsgegnerin – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: 100 000 Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung durch Entscheidung des Vorsitzenden, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung – den Erlass folgender einstweiliger Verfügung: 1. Der Antragsgegnerin wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache (Az. . . .) untersagt, den Widerruf der Bestellung des Antragstellers zum Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin durch Beschluss des Aufsichtsrates der An1 OLG Stuttgart v. 15.4.1985 – 2 U 57/85, AG 1985, 193; Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 84 Seibt Rz. 54; Spindler in MünchKomm., § 84 AktG Rz. 139; Wiesner in Münch. Hdb. AG, § 20 Rz. 54, Hüffer, § 84 AktG Rz. 34.
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M 16.9
V. Aktiengesellschaft
Rz. 222
§ 16
tragsgegnerin vom 29. Juli 2012 als wirksam zu behandeln, insbesondere den Widerruf der Bestellung zur Eintragung beim Handelsregister anzumelden. 2. Bei jedem Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin Ordnungsgeld bis zu 250 000 Euro oder, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. Begründung: I. Sachverhalt 1. Der Antragsteller ist Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin, einer im Jahre 2004 gegründeten Aktiengesellschaft. Glaubhaftmachung: Auszug aus dem Handelsregister als Anlage ASt 1 Der Aufsichtsrat der Gesellschaft besteht aus neun Mitgliedern. In der Satzung ist geregelt, dass der Aufsichtsrat beschlussfähig ist, wenn mindestens 2/3 der Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen. Glaubhaftmachung: (1) Vorlage der Satzung als Anlage ASt 2 (2) Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers als Anlage ASt 3 2. Für den 29. Juli 2012 wurden die Mitglieder des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin zu einer Sitzung einberufen, die u.a. den Tagesordnungspunkt „Vorstandsangelegenheiten“ vorsah. An der Sitzung nahmen nur fünf der insgesamt neun Aufsichtsratsmitglieder teil. Glaubhaftmachung: (1) Einladungsschreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden vom 20. Juli 2012 als Anlage ASt 4 (2) Aufsichtsratsprotokoll über die Aufsichtsratssitzung vom 29. Juli 2012 als Anlage ASt 5 In der Aufsichtsratssitzung teilte der Aufsichtsratsvorsitzende mit, dass der Antragsteller als Vorstandsmitglied abberufen werden solle, weil es ihm für die Ausübung seines Amtes am „internationalen Format“ fehle. Für die Abberufung stimmten drei der fünf anwesenden Aufsichtsratsmitglieder. Der Aufsichtsratsvorsitzende teilte dem Antragsteller im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung per Telefax mit, dass er mit sofortiger Wirkung als Vorstandsmitglied abberufen sei. Glaubhaftmachung: Telefaxschreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden als Anlage ASt 6 II. Rechtslage 1. Die Abberufung ist offensichtlich unwirksam. a) Der am 29. Juli 2008 gefasste Aufsichtsratsbeschluss ist nichtig. Bei der Abstimmung über die Abberufung des Antragstellers als Vorstandsmitglied waren nur fünf Aufsichtsratsmitglieder anwesend, sodass die von der Satzung der Antragsgegnerin für die Beschlussfähigkeit mindestens vorgeschriebene Teilnahme von sechs Aufsichtsratsmitglieder nicht gegeben war. Es liegt deshalb ein absoluter Verfahrensfehler vor, der zur Nichtigkeit des AufsichtsratsKleveman
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§ 16
Rz. 223
Gesellschaftsrecht
M 16.9
beschlusses führt (Hoffmann-Becking in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4: Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 2007, § 32 Rz. 109). b) Der Aufsichtsratsbeschluss ist auch deshalb nichtig, weil die Abberufung des Antragstellers als Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin mit „Vorstandsangelegenheiten“ nicht ausreichend angekündigt war. Bei ordnungsgemäßer Ankündigung hätten auch die Aufsichtsratsmitglieder X, Y, Z an der Aufsichtsratssitzung teilgenommen und gegen den Antrag gestimmt. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung der Aufsichtsratsmitglieder X, Y, Z als Anlagenkonvolut ASt 7 c) Schließlich ist der Widerruf unwirksam, da die von dem Aufsichtsratsvorsitzenden für den Antrag gegebene Begründung keinen wichtigen Grund darstellt (Seibt in K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 2. Aufl. 2010, § 84 Rz. 49). 2. Einstweiliger Rechtsschutz ist zulässig und begründet. a) Die beantragte einstweilige Verfügung ist zulässig. Es ist allgemein anerkannt, dass ein Vorstandsmitglied gegen seine Abberufung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen kann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Aufsichtsratsbeschluss aus formellen Gründen nichtig ist. b) Es kommt hinzu, dass im vorliegenden Fall der Aufsichtsrat auch verkannt hat, dass die Abberufung eines Vorstandsmitglieds nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG nur aus wichtigem Grund erfolgen kann. Das von dem Aufsichtsratsvorsitzenden angeführte „fehlende internationale Format des Antragstellers“ stellt keinen wichtigen Grund dar. Nach Auffassung des Antragstellers kann das Gericht auch im einstweiligen Verfügungsverfahren feststellen, dass ein wichtiger Grund für die Abberufung nicht vorliegt. Dies muss zumindest dann gelten, wenn der von dem Aufsichtsratsvorsitzenden genannte Grund schon aus Rechtsgründen keinen wichtigen Grund im Sinne von § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG darstellt und es nicht um die Frage geht, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für einen wichtigen Grund gegeben sind. c) Ein Verfügungsgrund ist zu bejahen, da der Antragsteller ansonsten von seiner Vorstandstätigkeit für eine lange Zeitspanne, nämlich bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, ausgeschlossen wäre. Es kommt hinzu, dass im vorliegenden Fall der Aufsichtsratsbeschluss offenkundig nichtig ist, sodass keine besonders hohen Anforderungen an den Verfügungsgrund zu stellen sind. Rechtsanwalt
b) Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten der AG 223
Einstweiliger Rechtsschutz zur Durchsetzung der Abberufung ist zulässig, wenn der abberufene Vorstand seine Vorstandstätigkeit fortsetzt.
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Für den Verfügungsanspruch ist darzulegen und glaubhaft zu machen, dass aus wichtigem Grund ein rechtswirksamer Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrates gefasst und der Widerruf gegenüber dem abzuberufenden Vorstandsmitglied erklärt wurde. Nach herrschender Auffassung wird ein wichtiger Grund 572
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V. Aktiengesellschaft
Rz. 226
§ 16
unwiderlegbar vermutet, solange nicht durch Endurteil im Verfahren der Hauptsache festgestellt wird, dass kein wichtiger Grund vorlag1 (zur abweichenden Ansicht s. Rz. 168 f.) Wenn an den formellen Voraussetzungen der Abberufung kein vernünftiger Zweifel besteht, folgt hieraus eine Unterlassungspflicht des betroffenen Vorstandsmitgliedes, und zwar nach h.M. auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung bestand. Ein besonderer Verfügungsgrund ist deshalb nach h.M. nicht darzulegen.
4. Geschäftsführungsmaßnahmen a) Verletzung von Aktionärsrechten aa) Ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptversammlung Die Hauptversammlung ist in den im Gesetz und in der Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen zuständig (§ 119 Abs. 1 AktG).2 Sie ist in Geschäftsführungsangelegenheiten grundsätzlich unzuständig, sofern der Vorstand keine Entscheidung der Hauptversammlung nach § 119 Abs. 2 AktG verlangt. Trotz dieser klaren Kompetenzordnung ist anerkannt, dass es auch ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptversammlung gibt, wenn der Vorstand einer Aktiengesellschaft eine Geschäftsführungsmaßnahme von herausragender Bedeutung durchführen will, die tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörperte Vermögensinteressen eingreifen.3 Eine im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehene Mitwirkung der Hauptversammlung bei Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands kommt jedoch nur in engen Grenzen, nämlich dann in Betracht, wenn sie an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, heranreicht und ihre Auswirkungen einem Zustand entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann.4 Im Einzelnen ist streitig, in welchen Fällen die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen ist.5
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bb) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung Eine einstweilige Verfügung eines Aktionärs ist prinzipiell zulässig, wenn eine Geschäftsführungsmaßnahme die Zustimmung der Hauptversammlung erfordert, der Vorstand der AG nicht beabsichtigt, diese einzuholen und die fehlende Zustimmung für die Wirksamkeit im Außenverhältnis unbeachtlich ist.6
1 Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 84 AktG Rz. 52; Spindler in MünchKomm., § 84 AktG Rz. 129, Wiesner in Münch. Hdb. AG, § 20 Rz. 54; Hüffer, § 84 AktG Rz. 31. 2 Aufzählung der gesetzlichen Zuständigkeiten bei Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 8 ff.; Hüffer, § 119 AktG Rz. 5 ff. 3 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, NJW 1982, 1703 (1705). 4 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, NJW 2004, 1860 (1864). 5 Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 29 ff.; Kubis in MünchKomm., § 119 AktG Rz. 61 ff. 6 Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 47; Kubis in MünchKomm., § 119 AktG Rz. 98; Schlitt/Seiler, ZHR 2002, 544 (576).
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226
§ 16
Rz. 227
M 16.10
Gesellschaftsrecht
cc) Begründetheit der einstweiligen Verfügung 227
Bei Missachtung der Hauptversammlungszuständigkeit kann der einzelne Aktionär einen Anspruch auf Unterlassung oder Rückabwicklung geltend machen.1
228
Ein Verfügungsgrund ist zu bejahen, wenn eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der Interessen des Aktionärs droht, die nicht auf andere Weise abgewendet werden kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Maßnahmen nicht rückgängig gemacht werden können, weil sie im Verhältnis zu Dritten – trotz fehlender Zustimmung der Hauptversammlung – gleichwohl uneingeschränkt wirksam sind.2 dd) Parteien Antragsberechtigt ist jeder Aktionär, unabhängig davon, wie hoch sein Aktienbesitz ist. Antragsgegner ist die Gesellschaft, nicht der für sie handelnde Vorstand.3 Die Gesellschaft wird in dem einstweiligen Verfügungsverfahren durch den Vorstand vertreten. Eine analoge Anwendung der für Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen einschlägigen Doppelvertretungsregelungen kommt nicht in Betracht.4
229
u
16.10 230
Unterlassungsverfügung eines Aktionärs
An das Landgericht – Kammer für Handelssachen – ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Sachen . . . [Name, Anschrift] – Antragsteller – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte . . . gegen . . .-AG, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, bestehend aus . . . [Aufzählung sämtlicher Vorstandsmitglieder],
1 BGH v. 25.5.1982 – II ZR 174/80, NJW 1982, 1703 (1706); Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 47; Kubis in MünchKomm., § 119 AktG Rz. 98. 2 Vgl. Kubis in MünchKomm., § 119 AktG Rz. 97; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 119 AktG Rz. 46. 3 Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 119; Kubis in MünchKomm., § 119 AktG Rz. 98. 4 Tielmann in Happ, Aktienrecht, 18.06 Rz. 4.
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Kleveman
M 16.10
V. Aktiengesellschaft
Rz. 230
§ 16
– Antragsgegnerin – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: 500 000 Euro Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir, die folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verboten, die in der Adhoc-Mitteilung vom 4.8.2012 angekündigte Veräußerung des Seehafenbetriebes durchzuführen. Begründung: I. Sachverhalt 1. Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin. Glaubhaftmachung: Bestätigung der . . . Bank über einen entsprechenden Depotbestand des Antragstellers, Anlage ASt 1. 2. Die Antragsgegnerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Der Seehafenbetrieb macht rund 85 % ihres Gesellschaftsvermögens aus. Daneben betreibt sie ein Holzhandelsgeschäft, das rund 15 % ihres Gesellschaftsvermögens ausmacht. Glaubhaftmachung: (1)
Jahresabschluss der Antragsgegnerin 31.12.2011, Anlage ASt 2
vom
(2) Eidesstattliche Versicherung des Wirtschaftsprüfers. . . ., Anlage ASt 3 In der Satzung ist als Unternehmensgegenstand der Seehafenbetrieb und das Holzhandelsgeschäft genannt. Glaubhaftmachung: (1) Kopie der Satzung der Antragsgegnerin, Anlage ASt 4 (2) Handelsregisterauszug der Antragsgegnerin, Anlage ASt 5 3. Mit Ad-hoc-Mitteilung vom 4.8.2012 hat der Vorstand der Antragsgegnerin gemäß § 15 WpHG angekündigt, den Seehafenbetrieb veräußern zu wollen. Glaubhaftmachung: Kopie der Ad-hoc-Mitteilung als Anlage ASt 6 Die Antragsgegnerin hat auf entsprechende Nachfrage des Antragstellers mitgeteilt, dass sie es nicht für notwendig erachtet, für die Veräußerung des Seehafenbetriebes die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen und die Satzung in Bezug auf den Unternehmensgegenstand zu ändern. Der Seehafenbetrieb soll bereits im nächsten Monat veräußert werden. Glaubhaftmachung: Vorlage des Vorstandsschreibens der Antragsgegnerin vom 11.8.2012 als Anlage ASt 7.
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575
§ 16
Rz. 230
Gesellschaftsrecht
M 16.10
II. Rechtslage 1. Verfügungsanspruch a) Von der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte und Interessen der Aktionäre der Vorstand nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, eine Entscheidung der Hauptversammlung herbeizuführen (BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, NJW 1982, 1703; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, NJW 2004, 1860; BGH v. 10.10.2005 – II ZR 90/03, NJW 2006, 374). Da der Seehafenbetrieb der Antragsgegnerin 85 % ihres Gesellschaftsvermögens ausmacht, ist die üblicherweise bei 75 % angesetzte Schwelle überschritten, bei der der Vorstand verpflichtet ist, die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen, auch wenn eine entsprechende Zustimmungspflicht der Hauptversammlung im Gesetz nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist (Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl. 2012, § 119 Rz. 18b; Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Band 4, 2. Aufl. 2003, § 119 Rz. 65). b) Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aber auch aus § 179 AktG, da die Antragsgegnerin sich durch die beabsichtigte Veräußerung des Seehafenbetriebes dauerhaft aus dem Tätigkeitsgebiet „Seehafenbetrieb“ zurückzieht. Dies stellt eine Satzungsverletzung durch Unterschreitung des Unternehmensgegenstandes dar (Seibt in K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 2. Aufl. 2010, § 179 Rz. 18; Stein in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Band 6, 2. Aufl. 2005, § 179 Rz. 108; vgl. auch OLG Stuttgart v. 13.7.2005 – 20 U 1/05, AG 2005, 693). c) Da die Antragsgegnerin die Zuständigkeit der Hauptversammlung missachtet, steht jedem Aktionär ein Anspruch auf Unterlassung zu, der im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden kann (Spindler in K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, § 119 Rz. 47; Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, § 119 Rz. 98). Dementsprechend hat das Landgericht Duisburg (Beschluss v. 29.5.2002 – 21 O 106/02, NZG 2002, 643) die Durchführung einer Beteiligungsveräußerung im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt (zustimmend: Hüffer, Aktiengesetz, § 119 Rz. 18a; Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, § 119 Rz. 62 bis 64). Gleiches gilt für einen unselbständigen Unternehmensteil (Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, § 119 Rz. 65). 2. Verfügungsgrund Die einstweilige Verfügung ist dringend erforderlich, da die von dem Vorstand beabsichtigte Veräußerung des Seehafenbetriebes unmittelbar bevorsteht und auch ohne die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung im Verhältnis zum Käufer uneingeschränkt wirksam ist (Spindler in K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, § 119 Rz. 46; Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, § 119 Rz. 97). Rechtsanwalt
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V. Aktiengesellschaft
Rz. 235
§ 16
b) Verletzung von Mitentscheidungskompetenzen des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat ist grundsätzlich von der Geschäftsführung der Gesellschaft ausgeschlossen. Für bestimmte Arten von Geschäften kann und soll jedoch festgelegt werden, dass der Vorstand die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen muss (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Die zustimmungspflichtigen Geschäfte können in der Satzung, in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates, in einer vom Aufsichtsrat beschlossenen Geschäftsordnung des Vorstands oder durch einen besonderen Beschluss des Aufsichtsrats bestimmt werden.1
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Mit Zustimmung ist die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats gemeint, da nur hierdurch die Mitentscheidungskompetenz des Aufsichtsrats gewahrt bleibt.2 Der Vorstand darf deshalb zustimmungspflichtige Geschäfte nicht durchführen, solange die Zustimmung des Aufsichtsrats nicht vorliegt. Verstöße des Vorstandes hiergegen entfalten jedoch keine Außenwirkung, so dass die Maßnahme gegenüber Dritten wirksam ist.3
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Es ist strittig, ob der Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand seine Rechte im Wege der Klage durchsetzen kann (so genannter „Organstreit“).4 Da die Zustimmungsvorbehalte im Sinne von § 111 Abs 4 Satz 2 AktG nicht nur eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit sind, sondern vom Gesetzgeber als zwingend erforderlich angesehen wurden, muss der Aufsichtsrat seine Rechte gegenüber dem Vorstand auch notfalls gerichtlich durchsetzen können. Gleichzeitig macht der Aufsichtsrat damit aber nicht nur eine eigene Rechtsposition geltend, sondern auch ein Recht der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand. Klägerin ist nach der hier vertretenen Auffassung deshalb die Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, und Beklagter der Vorstand bzw. die Vorstandsmitglieder, die unter Missachtung des Zustimmungsvorbehaltes das Geschäft durchführen wollen.
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Da eine Klage im ordentlichen Verfahren in der Regel zu spät kommen dürfte, ist in diesen Fällen auch einstweiliger Rechtsschutz zuzulassen. Für die Begründetheit gelten die allgemeinen Regeln für die Befriedigungsverfügung.
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5. Fehlerhafter Aufsichtsratsbeschluss Ein Aufsichtsratsbeschluss ist fehlerhaft, wenn der Beschluss seinem Inhalt nach gegen Gesetz oder Satzung verstößt oder das Beschlussverfahren unter einem Mangel leidet.5 Schwerwiegende Mängel führen zur uneingeschränkten Nichtigkeit, bei minderschweren Mängeln wird der Aufsichtsratsbeschluss 1 Hoffmann-Becking in Münch. Hdb. AG, § 29 Rz. 40; Drygala in K. Schmidt/Lutter, § 111 AktG Rz. 50. 2 Drygala in K. Schmidt/Lutter, § 111 AktG Rz. 58; Hüffer, § 111 AktG Rz. 19; a.A. Semler in MünchKomm., § 111 AktG Rz. 438; Hoffmann-Becking in Münch. Hdb. AG, § 29 Rz. 46. 3 Drygala in K. Schmidt/Lutter, § 111 AktG Rz. 61; Hüffer, § 111 AktG Rz. 19. 4 Hoffmann-Becking in Münch Hdb. AG, § 33 Rz. 76; Tielmann in Happ, Aktienrecht, 18.05 Rz. 1. 5 Drygala in K. Schmidt/Lutter, § 108 AktG Rz. 33; Hüffer, § 108 AktG Rz. 20.
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§ 16
Rz. 236
Gesellschaftsrecht
nur dann als nichtig behandelt, wenn der Mangel innerhalb angemessener Zeit geltend gemacht wird.1 Jedes Aufsichtsratsmitglied kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Nichtigkeit eines fehlerhaften Aufsichtsratsbeschlusses im Wege der Klage gerichtlich feststellen lassen. Eine besondere persönliche Betroffenheit des klagenden Aufsichtsratsmitglieds ist nicht erforderlich, da jedes Aufsichtsratsmitglied für die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse des Aufsichtsrats verantwortlich ist.2 Da nach herrschender Auffassung der Aufsichtsrat nicht parteifähig ist, ist richtiger Beklagter die Gesellschaft, die durch den Vorstand vertreten wird.3 236
Einstweiliger Rechtsschutz ist nach den allgemeinen Grundsätzen zulässig.4
1 BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342 ff. = NJW 1993, 2307; BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111 = NJW 1994, 520; Drygala in K. Schmidt/Lutter, § 108 AktG Rz. 34 ff.; Hüffer, § 108 AktG Rz. 17 ff. 2 Hoffmann-Becking in Münch. Hdb. AG, § 33 Rz. 72; Tielmann in Happ, Aktienrecht, 18.04 Rz. 4. 3 Hoffmann-Becking in Münch Hdb. AG, § 33 Rz. 72; Tielmann in Happ, Aktienrecht, 18.06 Rz. 5. 4 Vgl. OLG Stuttgart v. 15.4.1985 – 2 U 57/85, AG 1985, 193.
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§ 17 Vereinsrecht Inhaltsübersicht I. Allgemeines 1. Vereinsstreitigkeiten . . . . . . 2. Zuständigkeit . . . . . . . . . . a) Sachliche Zuständigkeit . . b) Örtliche Zuständigkeit . . . 3. Parteifähigkeit des Vereins . . 4. Gerichtliche Vertretung . . . . 5. Einstweilige Verfügung . . . . 6. Vereinsschiedsgericht . . . . . 7. Vereinsinterner Rechtsmittelweg . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
1 2 3 5 8 11 12 13
.
15
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16
II. Aufnahme als Vereinsmitglied 1. Verfügungsanspruch . . . . . . . 2. Verfügungsgrund . . . . . . . . . 3. Verfügungsinhalt . . . . . . . . .
17 19 20
III. Vereinsstrafen, insbesondere Vereinsausschluss 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 2. Parteien . . . . . . . . . . . . . .
22 23
3. Verfügungsanspruch . . . . . . . 4. Verfügungsgrund . . . . . . . . . 5. Verfügungsinhalt . . . . . . . . .
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IV. Mitgliederversammlung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 2. Einberufungs- und Ladungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stimmbindungsverträge . . . . . 4. Stimmpflichten aus Satzung oder vereinsrechtlichen Treuegesichtspunkten . . . . . . . . . . . 5. Stimmverbote . . . . . . . . . . . 6. Teilnahmerecht . . . . . . . . . . V. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . 1. Einstweilige Verfügung gegen Vorstandsmitglied . . . . . . . . 2. Einstweilige Verfügung eines Vorstandsmitgliedes gegen Abberufung . . . . . . . . . . . . . .
30 31 33
35 38 40 43 44
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VI. Vollziehung von Vereinsbeschlüssen . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Friedrich, Grundlagen und ausgewählte Probleme des Vereinsrechts, DStR 1994, 61; Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010; Sauter/ Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002; Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Aufl. 2012.
I. Allgemeines 1. Vereinsstreitigkeiten Nachfolgend geht es um einstweiligen Rechtsschutz bei Streitigkeiten zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern, dem Verein und seinen Organen und zwischen Mitgliedern untereinander.
1
2. Zuständigkeit Die vorgenannten Vereinsstreitigkeiten sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die nach § 13 GVG den ordentlichen Gerichten zugewiesen sind. Es gelten soKleveman
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§ 17
Rz. 3
Vereinsrecht
mit die allgemeinen Zuständigkeitsregeln für das Arrestverfahren (§ 919 ZPO) und für das Verfügungsverfahren (§§ 937, 942 ZPO, s. auch § 3 Rz. 39 ff. und § 4 Rz. 7 ff.). Für beide Verfahrensarten ist somit das Gericht der Hauptsache zuständig, daneben kann das Amtsgericht zuständig sein. Hauptsacheverfahren ist im Falle des Arrests die zu sichernde Geldforderung, im Fall der einstweiligen Verfügung der zu sichernde Individualanspruch bzw. das zu regelnde Rechtsverhältnis.1 Ist ein Hauptsacheverfahren anhängig, so ist das Gericht auch stets für das Arrest- und Verfügungsverfahren zuständig. Ist das Hauptsacheverfahren hingegen noch nicht anhängig, ist jedes Gericht zuständig, vor dem in der Hauptsache geklagt werden könnte, das also sachlich und örtlich für die Hauptsache zuständig ist (s. § 3 Rz. 40). a) Sachliche Zuständigkeit 3
Ist bei Einreichung des Eilantrages ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig, so ist zu prüfen, welches Gericht für den Hauptanspruch sachlich zuständig ist. Bei einem Streitwert bis 5 000 Euro ist erstinstanzlich das Amtsgericht, bei einem Streitwert über 5 000,00 Euro das Landgericht zuständig (§§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG). Für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwertes kommt es auf den Anspruch an, den der Antragsteller sichern will2. Entgegen früherer Auffassung ist nicht maßgebend, ob an dem Streit ein Idealverein (§ 21 BGB) oder ein wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) beteiligt ist.3 Der Zuständigkeitsstreitwert ist nach § 3 ZPO zu bemessen. Bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse des Klägers maßgebend. Bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten wird der Grundgedanke des § 48 Abs. 2 GKG herangezogen. Danach ist der Zuständigkeitsstreitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien zu bestimmen.4
4 " Wichtig: Es ist zwischen dem Zuständigkeitsstreitwert und dem Gebührenstreitwert zu unterscheiden. Wenn der Streitwert für die Hauptsache 5 000 Euro überschreitet, ist das Landgericht für das einstweilige Rechtsschutzverfahren zuständig, auch wenn der Gebührenstreitwert geringer ist. b) Örtliche Zuständigkeit 5
Der allgemeine Gerichtsstand von Vereinen wird durch ihren Sitz bestimmt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Maßgeblich ist der in der Satzung festgelegte Sitz. In Städten, in denen es mehrere Amtsgerichte gibt, richtet sich die amtsgerichtliche Zuständigkeit nach der tatsächlichen Verwaltung, wenn die Satzung nicht auch den Stadtteil angibt.5 Fehlt es an einer satzungsmäßigen Sitzbestimmung 1 Vollkommer in Zöller, § 919 ZPO Rz. 3. 2 BGH v. 27.2.1954 – II ZR 17/53, NJW 1954, 833 (834); Onderka in Schneider/Herget, Rz. 1975. 3 Onderka in Schneider/Herget, Rz. 3159, 5423. 4 Onderka in Schneider/Herget, Rz. 4300 ff., 5424. 5 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 65.
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I. Allgemeines
Rz. 12
§ 17
(z.B. beim nichtrechtsfähigen Verein), so ist der Ort maßgeblich, an dem die Vereinsverwaltung geführt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO). An seinem allgemeinen Gerichtsstand kann der Verein verklagt werden. Am allgemeinen Gerichtsstand kann der Verein aber auch selbst Klage gegen seine Mitglieder aus dem Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft erheben (§ 22 ZPO). Dieser besondere Gerichtsstand der Mitgliedschaft ist für alle Vereine, mithin auch für mitgliederstarke überregionale Vereine, eröffnet.1 Unabhängig davon ist auch das Gericht am allgemeinen Gerichtsstand des Mitgliedes, der durch den Wohnsitz bestimmt wird, zuständig (§ 13 ZPO). Unter den zuständigen Gerichten hat der Verein die Wahl (§ 35 ZPO).
6
Der besondere Gerichtsstand der Mitgliedschaft besteht auch für Rechtsstreitigkeiten der Mitglieder in dieser Eigenschaft gegeneinander (§ 22 ZPO).
7
3. Parteifähigkeit des Vereins Der rechtsfähige Verein ist parteifähig (§ 50 Abs. 1 ZPO). Im gerichtlichen Verfahren kann der eingetragene Verein daher als Kläger oder Beklagter bzw. Antragsteller oder Antragsgegner auftreten.
8
Die passive Parteifähigkeit nichtrechtsfähiger Vereine ergab sich bereits früher aus § 50 Abs. 2 ZPO.
9
Nach § 50 Abs. 2 ZPO n.F. ist auch der nichtrechtsfähige Verein aktiv parteifähig.
10
4. Gerichtliche Vertretung In gerichtlichen Verfahren wird der rechtsfähige Verein durch den Vorstand vertreten (§ 26 Abs. 2 BGB). Der Vereinsvorstand vertritt auch den nichtrechtsfähigen Verein im Prozess.2
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5. Einstweilige Verfügung Da es bei Vereinsstreitigkeiten häufig nicht um Geldforderungen geht, steht beim einstweiligen Rechtsschutz die einstweilige Verfügung und nicht der Arrest im Vordergrund. Auch im Vereinsrecht dient die einstweilige Verfügung dem Schutz subjektiver Rechte und kommt deshalb nur in Betracht, wenn ein Individualanspruch gesichert werden soll, der in einem Hauptsacheprozess durchsetzbar ist.3 Der Verfügungsanspruch muss schlüssig dargelegt werden und die ihn begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.4 Bei der Schlüssigkeitsprüfung ist insbesondere die Vereinsautonomie zu berücksichtigen. Die 1 BGH v. 26.10.1979 – I ARZ 413/79, NJW 1980, 343; Vollkommer in Zöller, § 22 ZPO Rz. 2; a.A. LG Frankfurt v. 22.11.1976 – 2/24 S 86/76, NJW 1977, 538 (539). 2 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 50 ZPO Rz. 25. 3 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 6. 4 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 7 f.
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§ 17
Rz. 13
Vereinsrecht
verfassungsrechtlich gewährleistete Vereinsautonomie beinhaltet die Freiheit des Vereins, die eigenen Angelegenheiten und das Rechtsverhältnis zu seinen Mitgliedern selbständig zu regeln, soweit keine gesetzlich zwingenden Vorschriften entgegenstehen.1 Während die Rechtsprechung des Reichsgerichts und die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes von einer weitgehenden rechtlich nicht zu überprüfenden Autonomie der Vereine ausging, hat die jüngere Rechtsprechung die richterliche Inhaltskontrolle (z.B. von Satzungsbestimmungen, Vereinsstrafen, Erwerb der Mitgliedschaft), insbesondere bei Vereinen mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich, erweitert.2 Darüber hinaus hat der Antragsteller die objektiv begründete Besorgnis darzulegen, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung seines Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.3 Der Antragsteller muss darlegen, dass eine Sicherung seines Verfügungsanspruches notwendig und auch möglich ist. Die hierzu von ihm vorgetragenen Tatsachen hat er glaubhaft zu machen.4
6. Vereinsschiedsgericht 13
Die Satzung kann den Rechtsweg nicht ausschließen oder beschränken.5 Durch Schiedsvereinbarung (§§ 1029, 1031 ZPO) oder durch Satzung (§ 1066 ZPO) können jedoch alle oder einzelne Streitigkeiten der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden. Die Schiedsklausel ist jedoch nur dann gültig, wenn sie alle wesentlichen Punkte festlegt (z.B. Bestellung der Schiedsrichter, Zusammensetzung des Schiedsgerichts).6 Außerdem ist zwischen einem Vereinsschiedsgericht und einem Vereinsgericht, das lediglich ein Vereinsorgan ist, zu differenzieren. Ein Vereinsschiedsgericht liegt nur vor, wenn es organisatorisch, personell und auch wirtschaftlich vom Verein unabhängig ist.7 Auf die Bezeichnung des Gerichts kommt es nicht an, sondern es ist anhand materieller Kriterien zu prüfen, ob das Gericht ein echtes Schiedsgericht im Sinne der ZPO oder lediglich ein vereinsinternes Gericht ist, mit dem der Verein versucht, die Streitigkeiten zunächst selbst zu entscheiden.8
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Wenn die Satzung des Vereins für Streitigkeiten ein echtes schiedsrichterliches Verfahrens vorschreibt, kann grundsätzlich sowohl beim staatlichen Gericht als auch beim Schiedsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht werden (s. auch § 8 Rz. 18 ff.).9 In der Satzung kann jedoch einschränkend bestimmt werden, dass für einstweiligen Rechtsschutz nur die staatlichen Gerichte zu1 H.P. Westermann in Erman, § 25 BGB Rz. 2. 2 Weick in Staudinger, vor §§ 21 ff. BGB Rz. 23 ff.; H.P. Westermann in Erman, § 25 BGB Rz. 2–14. 3 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 10. 4 Vollkommer in Zöller, § 935 ZPO Rz. 12. 5 Reichert, Rz. 3407; Stöber/Otto, Rz. 1020. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 317. 7 Reichert, Rz. 5283 f. 8 BGH v. 27.5.2004 – ZB 53/03 = NJW 2004, 2226; OLG Koblenz v. 17.6.1999 – 2 Sch 2/99, NJW-RR 2000, 1365; Reichert, Rz. 5286; Stöber/Otto, Rz. 1048. 9 Geimer in Zöller, § 1033 ZPO Rz. 1.
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I. Allgemeines
Rz. 16
§ 17
ständig sind. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut von § 1041 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Sehr umstritten ist hingegen der entgegengesetzte Fall, dass die Schiedsklausel den vorläufigen Rechtsschutz ausschließlich dem Schiedsgericht zuweist.1 Der Wortlaut des § 1033 ZPO lässt offen, ob die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte zugunsten des Schiedsgerichts abbedungen werden kann. Effektiver Rechtsschutz ist jedoch im Allgemeinen nur durch die staatlichen Gerichte zu erlangen, sodass diese für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auch dann zuständig sind, wenn die Schiedsklausel etwas anderes besagt (s. § 8 Rz. 3 f.).
7. Vereinsinterner Rechtsmittelweg Ein staatliches Gericht oder ein Vereinsschiedsgericht kann im Allgemeinen nur angerufen werden, wenn ein in der Satzung vorgesehenes vereinsinternes Rechtsmittel vergeblich in Anspruch genommen wurde.2 Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sind jedoch vom vereinsinternen Verfahren unabhängig.3 Eine Ausnahme will das LG München für den Fall zulassen, dass vereinsintern ein „effektiver vorläufiger Rechtsschutz“ zur Verfügung steht.4 Dem ist nicht zuzustimmen, da das Vereinsgericht ein Vereinsorgan ist, das zur Rechtsprechung im materiellen Sinne nicht befugt ist. Richterliche Tätigkeit verlangt Distanz und Neutralität, die nur von nicht beteiligten Dritten ausgeübt werden kann.5 Ein Vereinsorgan erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist jedoch verfassungsrechtlich geboten.6
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8. Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Bei Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist das Prozessgericht nicht zuständig und somit auch einstweiliger Rechtsschutz nach §§ 916 ff. ZPO ausgeschlossen.7 Für die Notbestellung eines Vorstands gemäß § 29 BGB ist das Amtsgericht zuständig, das nach § 55 BGB das Vereinsregister führt. Für das Verfahren gilt das FamFG.8 Es kann deshalb kein Notvorstand im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens bestellt oder abberufen werden.9 Gleiches gilt, wenn eine Minderheit der Vereinsmitglieder gemäß § 37 Abs. 1 BGB die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangt und der Vorstand dem 1 Voit in Musielak, § 1033 ZPO Fn. 3. 2 Weick in Staudinger, § 35 BGB Rz. 57; Reichert, Rz. 3188; Stöber/Otto, Rz. 1045. 3 OLG Frankfurt a.M. v. 18.5.2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117 (1118); OLG Düsseldorf v. 19.1.1988 – 23 U 222/87, NJW-RR 1988, 1271 (1272); LG Lübeck v. 10.9.1987 – 10 O 423/87, NJW-RR 1988, 122; Weick in Staudinger, § 25 BGB Rz. 58; Ellenberger in Palandt, § 25 BGB Rz. 19. 4 LG München II v. 13.8.2001 – 4 O 4590/01, NJOZ 2002, 452 (453). 5 BGH v. 15.5.1986 – III ZR 192/84, NJW 1986, 3027. 6 BVerfG v. 19.10.1977 – 2 BvR 42/76, NJW 1978, 693; Reichert, Rz. 3407. 7 Keller in Berger, Kap. 13 Rz. 1; Reichert, Rz. 3419. 8 Ellenberger in Palandt, § 29 BGB Rz. 5. 9 Reichert, Rz. 3419.
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§ 17
Rz. 17
Vereinsrecht
nicht nachkommt. Nach § 37 Abs. 2 BGB kann der Anspruch auf Einberufung einer Mitgliederversammlung nur im FamFG-Verfahren durchgesetzt werden.1 Der ordentliche Rechtsweg ist ausgeschlossen, sodass Klage oder der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom Prozessgericht als von vornherein unzulässig abzuweisen sind.2 Eine Ausnahme besteht jedoch in dem Fall, in dem keine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegeben ist. So kann beispielsweise das Registergericht die Mitglieder des Vereinsvorstandes zu Handelsregisteranmeldungen durch Zwangsgeld anhalten, und darüber hinaus können Vorstandsmitglieder auch durch einstweilige Verfügung zu einer Registeranmeldung verpflichtet werden.3
II. Aufnahme als Vereinsmitglied 1. Verfügungsanspruch 17
Der Verein kann grundsätzlich frei bestimmen, welche Voraussetzungen er in seiner Satzung für den Erwerb der Mitgliedschaft aufstellt. Auch wenn die satzungsmäßigen Voraussetzungen durch den Mitgliedschaftsbewerber erfüllt werden, kann der Verein im Allgemeinen frei entscheiden, ob der Bewerber aufgenommen werden soll oder nicht.4 Ausnahmen gelten jedoch für Monopolvereine und Vereine mit überragender sozialer oder wirtschaftlicher Machtstellung.5 Gegen diese Vereine ist ein auf § 20 Abs. 6 GWB oder § 826 BGB gestützter gerichtlich durchsetzbarer Aufnahmeanspruch gegeben, wenn ein objektiv schwer wiegendes Interesse des Beitrittswilligen am Erwerb der Mitgliedschaft besteht.6 § 18 Abs. 2 AGG gewährt einen Anspruch auf Mitgliedschaft in einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören oder die eine überragende Machstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich innehat, wenn ein grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft besteht und die Ablehnung einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG darstellt.
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Der Antragsteller hat den Verfügungsanspruch glaubhaft zu machen. Der Aufnahmeanspruch kann aus spezialgesetzlichen Vorschriften (z.B. aus § 20 Abs. 6 GWB bei Wirtschafts- und Berufsvereinigungen) oder bei Monopol- bzw. sozialmächtigen Vereinen aus § 826 BGB oder § 18 Abs. 2 AGG hergeleitet werden. Hat der Bewerber ein überragend starkes Interesse an der Mitgliedschaft im sozialmächtigen Verein, kann eine Aufnahmepflicht sogar trotz Fehlens der satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen bestehen, wenn der Zweck der Auf1 2 3 4
Ellenberger in Palandt, § 37 BGB Rz. 4. Weick in Staudinger, § 37 BGB Rz. 16. Reichert, Rz. 3419. BGH v. 26.6.1979 – KZR 25/78, NJW 1980, 186 (187); BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, NJW 1987, 2503 (2504); K. Schmidt, § 24 V 2. 5 BGH v. 2.12.1974 – II ZR 78/72, NJW 1975; BGH v. 10.12.1984 – II ZR 91/84, NJW 1985, 1216; BGH v. 23.11.1998 – II ZR 54/98, ZIP 1999, 237 (238); K. Schmidt, § 24 V 2; Reuter in MünchKomm., vor § 21 BGB Rz. 109 ff.; s. auch § 18 Abs. 1 Nr. 2 AGG. 6 BGH v. 10.12.1984 – II ZR 91/84, NJW 1985, 1216.
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M 17.1
II. Aufnahme als Vereinsmitglied
§ 17
Rz. 21
nahmebeschränkung auch durch „mildere“ Satzungsbestimmungen erreichbar ist.1
2. Verfügungsgrund Ein Verfügungsgrund ist nur dann gegeben, wenn eine Abwägung zwischen den Interessen des Bewerbers an vorläufiger Vereinsaufnahme und dem Interesse des Vereins, den Bewerber fernzuhalten, klar zugunsten des Bewerbers ausfällt. Der Bewerber muss wesentliche Nachteile glaubhaft machen, die einen durch einstweilige Verfügung angeordneten Eingriff in die Vereinsautonomie rechtfertigen.
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3. Verfügungsinhalt Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gerichtet auf die vorläufige Aufnahme im Verein2 bzw. auf die Gewährung gewisser Rechte, die einem Vereinsmitglied zustehen (z.B. Berechtigung, am Wettkampf teilzunehmen).
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Vorläufige Mitgliedschaft im Verein An das Landgericht . . .
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... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Langrubrum] Streitwert: . . . . . . bitten wir, folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, den Antragsteller vorläufig als Mitglied aufzunehmen. Begründung: Der Antragsteller ist ein am . . . im Vereinsregister eingetragener Verein, der sich u.a. mit der Förderung des Eiskunstlaufes seiner Mitglieder und deren Teilnahme an entsprechenden Wettbewerben befasst. Der Antragsgegner ist der Landessportverband . . . und veranstaltet solche Wettkämpfe als Monopolverband. Allein über die Mitgliedschaft beim Antragsgegner besteht eine Sporthilfeversicherung für die Teilnehmer. Zudem können an den Wettkämpfen nur Mitglieder des Antragsgegners teilnehmen.
1 K. Schmidt, § 24 V 2. 2 OLG Düsseldorf v. 26.9.1997 – 22 U 52-97, NJW-RR 1998, 328.
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§ 17
Rz. 22
Vereinsrecht
M 17.1
Glaubhaftmachung: Satzung des Antragsgegners als Anlage 1. Der Antragsteller hat daher bei dem Antragsgegner am . . . einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Das Schreiben des Antragstellers fügen wir als Anlage 2 bei. Eine Entscheidung blieb bis heute aus. Glaubhaftmachung: . . . Da die Wettkampfveranstaltungen des Winters 2012 ab Februar stattfinden, Glaubhaftmachung . . . hat der Antragsteller am 10. Januar 2012 bei dem Antragsgegner einen Antrag auf vorläufige Mitgliedschaft gestellt. Auch hierüber entschied der Antragsgegner bisher nicht. Daher begehrt der Antragsteller nunmehr eine vorläufige Mitgliedschaft im Wege der einstweiligen Verfügung. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um einen Monopolverein . . . [wird ausgeführt]. Der Antragsteller erfüllt die Aufnahmevoraussetzungen . . . [wird ausgeführt]. Die Verweigerung der Aufnahme ist daher sachlich nicht gerechtfertigt. Zudem hat der Antragsgegner seine Verweigerung bis zum heutigen Tag nicht begründet. Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Ohne vorläufige Mitgliedschaft bei dem Antragsgegner könnten die Mitglieder des Antragstellers nicht an den diesjährigen Wettkämpfen teilnehmen. Dies wäre mit erheblichen Nachteilen für den Antragsteller und seine Mitglieder verbunden . . . [wird ausgeführt]. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist daher dringend geboten. Rechtsanwalt
III. Vereinsstrafen, insbesondere Vereinsausschluss 1. Allgemeines 22
Der Verein ist berechtigt, gegenüber seinen Mitgliedern nach Maßgabe der Satzung Vereinsstrafen zu verhängen (Vereinsgewalt)1, wenn diese ihre Mitgliedspflichten verletzen. Neben Ermahnung und Verwarnung kommen auch Geldbußen, der vorübergehende oder teilweise Entzug von Mitgliedschaftsrechten, die Aberkennung von Ehrenämtern, aber auch der Vereinsausschluss in Betracht.2 Vereinsstrafen können durch einstweiligen Rechtsschutz ausgesetzt, aber nicht aufgehoben werden.3 Über die Aufhebung ist im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. 1 BGH v. 4.10.1956 – II ZR 121/55, BGHZ 21, 370 (373); BGH v. 30.5.1983 – II ZR 138/82, NJW 1984, 918 (919); Stöber/Otto, Rz. 967. 2 Stöber/Otto, Rz. 985; Reichert, Rz. 2920. 3 Stöber/Otto, Rz. 1026; Reichert, Rz. 3429; vgl. auch OLG Celle v. 6.7.1973 – 7 U 79/73, BB 1973, 1190.
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III. Vereinsstrafen, insbesondere Vereinsausschluss
Rz. 25
§ 17
2. Parteien Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann jedes Vereinsmitglied stellen, das von einer Vereinsstrafe betroffen ist. Antragsberechtigt ist jedoch auch ein Nichtmitglied, welches sich entweder rechtsgeschäftlich der Vereinsstrafgewalt unterworfen hat oder Mitglied eines nachgeordneten Vereins ist, der der Strafgewalt des übergeordneten Vereins unterliegt.1 Antragsgegner ist der Verein.
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3. Verfügungsanspruch Ein Verfügungsanspruch ist gegeben, wenn die Vereinsstrafe nach summarischer Prüfung unrechtmäßig ist. Die Vereinsstrafe kann dabei sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht unrechtmäßig sein. Die gerichtliche Überprüfung bezieht sich zunächst darauf, ob die Vereinsstrafe in der Satzung eine Grundlage hat2 und ob das in der Satzung festgelegte Verfahren eingehalten worden ist, das wiederum den allgemeinen Regeln der Fairness entsprechen und insbesondere rechtliches Gehör gewähren muss.3 Weiter prüft das Gericht, ob die Maßnahme nicht gegen die Satzung oder sonstige Gesetze verstößt, ob der Sachverhalt in einer an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Tatsachenermittlung zutreffend festgestellt worden ist und ob die Maßnahme offenbar unbillig ist.4 Das Gericht darf seine Wertungen jedoch nicht an die Stelle des Vereins setzen. Der Verein hat eine Einschätzungsprärogative, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem sozialmächtigen Verein ein geringerer Beurteilungsspielraum zugestanden wird als dem nicht so mächtigen Verein.5 Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist die verhängte Vereinsstrafe. Der Verein kann daher im einstweiligen Verfügungsverfahren und im Hauptsacheverfahren keine Gründe mehr nachschieben.6 Für die Beurteilung, ob eine Vereinsstrafe unbillig ist, sollen dagegen auch neue Tatsachen berücksichtigt werden können.7
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Eine Vereinsstrafe ist beispielsweise dann offenbar unbillig, wenn die Bestrafung erfolgt, obwohl das Mitglied berechtigte eigene Interessen wahrgenommen hat,8 wenn bei gleichem Tatbestand ein Mitglied bestraft wird, ein anderes
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1 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, NJW 1995, 583 (584); BGH v. 13.7.1972 – II ZR 138/69, WM 1972, 1249; OLG Karlsruhe v. 30.1.2009 – 14 U 131/08, MMR 2009, 404. 2 K. Schmidt, § 24 V 3d; Stöber/Otto, Rz. 984 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 376. 3 K. Schmidt, § 24 V 3e; Stöber/Otto, Rz. 997 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 376. 4 BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, NJW 1997, 3368; Reichert, Rz. 3342; Stöber/Otto, Rz. 1010 f.; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 377. 5 BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, NJW 1997, 3368. 6 BGH v. 13.6.1966 – II ZR 130/64, BGHZ 45, 314 (321); BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 (273); BGH v. 10.7.1989 – II ZR 30/98, NJW 1990, 40 (41); OLG Düsseldorf v. 18.5.1994 – 7 W 14/94, NJW-RR 1994, 1402 f.; Friedrich, DStR 1994, 61 (67); Stöber/Otto, Rz. 1011. 7 BGH v. 20.4.1967 – II ZR 142/65, NJW 1967, 1657 (1659 f.). 8 BGH v. 20.4.1967 – II ZR 142/65, NJW 1967, 1657 (1659).
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§ 17
Rz. 26
Vereinsrecht
M 17.2
dagegen nicht,1 oder wenn die Strafe auf lange zurückliegende Tatsachen gestützt wird.2 26
Insbesondere die Ausschließung aus dem Verein kommt nur als äußerstes Mittel in Betracht. Der Verein muss also zunächst sämtliche anderen zur Verfügung stehenden und zumutbaren Mittel ergreifen, um die Störung zu beseitigen.3 Sieht die Vereinssatzung kein abgestuftes System an Vereinsstrafen vor, kommt ein Ausschluss nur in Betracht, wenn das Vereinsmitglied zuvor abgemahnt wurde.4
4. Verfügungsgrund Ein Verfügungsgrund ist gegeben, wenn dem Antragsteller durch den Vollzug der Vereinsstrafe erhebliche Nachteile drohen und die Interessen des Antragstellers an der vorübergehenden Aussetzung der Vereinsstrafe gegenüber den Interessen des Vereins (Antragsgegners) an der Durchsetzung der Vereinsstrafe überwiegen. Nach allgemeinen Grundsätzen ist eine besondere Dringlichkeit erforderlich, an der es fehlen kann, wenn der Antragsteller nicht unverzüglich den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellt5 (s. § 3 Rz. 81).
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5. Verfügungsinhalt Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auf die vorübergehende Aussetzung der Vereinsstrafe bis zur gerichtlichen oder vereinsinternen Feststellung ihrer Unwirksamkeit gerichtet. Eine Abänderung der Vereinsstrafe ist dem Gericht jedoch verboten.6
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u
17.2 29
Vereinsausschluss
An das Landgericht . . . ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Langrubrum] Streitwert: . . . . . . bitten wir, folgende einstweilige Verfügung wegen der Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der 1 BGH v. 20.4.1967 – II ZR 142/65, NJW 1967, 1657 (1659); BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, NJW 1997, 3368 (3369). 2 RGZ 129, 49; LG Leipzig v. 23.10.2001 – 5 O 7294/01, NZG 2002, 434 (435). 3 LG Leipzig v. 23.10.2001 – 5 O 7294/01, NZG 2002, 434 (435); Ellenberger in Palandt, § 25 BGB Rz. 27. 4 LG Leipzig v. 23.10.2001 – 5 O 7294/01, NZG 2002, 434 (435). 5 OLG Karlsruhe v. 30.1.2009 – 14 U 131/08, MMR 2009, 404 (405). 6 Friedrich, DStR 1994, 61 (67).
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M 17.2
III. Vereinsstrafen, insbesondere Vereinsausschluss
Rz. 29
§ 17
Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Der Beschluss des Antragsgegners aus der Vorstandssitzung vom . . . über den Ausschluss des Antragstellers aus dem Verein wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die dagegen gerichtete, beim angerufenen Landgericht anhängige Klage des Antragstellers ausgesetzt. Begründung: Der Antragsgegner ist ein eingetragener Verein, dessen Zweck in der Förderung der gewerblichen Interessen seiner Vereinsmitglieder liegt. Insbesondere ist der Verein Inhaber verschiedener Verbandsmarken, mit denen die Vereinsmitglieder ihre Produkte kennzeichnen dürfen . . . [wird ausgeführt] In § 7 der Vereinssatzung heißt es: „Hat ein Mitglied gröblich gegen die Interessen des Vereins verstoßen, kann es durch Beschluss des Vorstands aus dem Verband ausgeschlossen werden. Vor dem Ausschluss ist dem Mitglied unter angemessener Fristsetzung Gelegenheit zur Rechtfertigung vor dem Vorstand zu geben. [. . .] Mit der Beendigung der Mitgliedschaft im Verband endet das Recht zur Benutzung der Verbandsmarke und des Qualitätssiegels.“ Eine Kopie der Vereinssatzung fügen wir als Anlage 1 bei. Mit Schreiben vom 1.3.2012, beigefügt als Anlage 2, teilte der Vorstand des Antragsgegners dem Antragsteller mit, dass er mit sofortiger Wirkung aus dem Verband ausgeschlossen sei. Zur Begründung wurde angeführt, dass das Verhalten des Antragstellers im Zusammenhang mit . . . sowie die negative Berichterstattung über seine Produkte geeignet seien, den Wert der vom Antragsteller geführten Verbandsmarke in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Gelegenheit zur Stellungnahme wurde dem Antragsteller nicht gegeben. Der Antragsteller hat gegen den Beschluss des Vorstands Klage beim angerufenen Landgericht unter dem Az.: . . . erhoben. Die Klageschrift ist als Anlage 3 beigefügt. Der vom Vorstand angeführten Begründung zum Vereinsausschluss liegt der folgende Sachverhalt zugrunde . . . [wird ausgeführt]. Eine gröbliche Verletzung der Interessen des Vereins durch den Antragsteller kann darin nicht erblickt werden. Zudem liegen die Ereignisse bereits über ein Jahr zurück, sodass sich der Vorstand bereits aus diesem Grund hierauf zur Begründung eines Vereinsausschlusses nicht berufen kann. Darüber hinaus ist der Ausschließungsbeschluss rechtswidrig, da dem Kläger keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.
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§ 17
Rz. 30
Vereinsrecht
M 17.2
Durch den Verlust der Vereinsmitgliedschaft entstehen dem Antragsteller unmittelbar schwere Nachteile, weil . . . [wird ausgeführt]. Insbesondere das mit dem Ausschluss verbundene Verbot, die Verbandsmarke weiter zu benutzen, führt zu erheblichen Nachteilen für den Antragsteller, denen keine vergleichbaren Nachteile des Antragsgegners gegenüberstehen, wenn der Antragsteller die Verbandsmarke bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiter benutzt . . . [wird ausgeführt]. Rechtsanwalt
IV. Mitgliederversammlung 1. Allgemeines 30
Die Mitgliederversammlung ist notwendiges und oberstes Vereinsorgan und für alle Angelegenheiten des Vereins zuständig, soweit diese nicht von dem Vorstand oder einem durch die Satzung eingerichteten anderen Organ zu erledigen sind.1 Bei der Beschlussfassung sind die gesetzlichen Vorschriften und die Satzungsbestimmungen zu beachten. Wird hiergegen verstoßen, so ist der Beschluss nichtig. Es wird im Vereinsrecht grundsätzlich nicht zwischen nichtigen und lediglich anfechtbaren Beschlüssen unterschieden. Die Regelungen, die für die Aktiengesellschaft und die GmbH gelten, finden keine Anwendung.2 Die Nichtigkeit des Beschlusses kann verfahrensrechtliche oder materielle Gründe haben.3 Sofern mitgliederschützende Verfahrensregeln missachtet werden, führt dies jedoch nur zur Nichtigkeit, wenn der Verfahrensverstoß durch die betroffenen Mitglieder gerügt wird.4 Außerdem wird verlangt, dass der Verfahrensfehler ursächlich für das Beschlussergebnis gewesen sein kann. Wenn der Verein nachweist, dass der Beschluss auch ohne den Verstoß in gleicher Weise zustande gekommen wäre, ist der Beschluss wirksam.5
2. Einberufungs- und Ladungsmängel 31
Die Einberufung einer Mitgliederversammlung kann aus verschiedenen Gründen rechtsfehlerhaft sein:6 – Die Mitgliederversammlung ist von einem Unbefugten einberufen worden;7
1 Stöber/Otto, Rz. 629. 2 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69 (72); BGH v. 9.11.1972 – II ZR 63/71, NJW 1973, 235; Reichert, Rz. 1972 f.; Stöber/Otto, Rz. 862 ff.; a.A. K. Schmidt, § 24 III 3 f.; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 213. 3 Stöber/Otto, Rz. 865.; Reichert, 1977 ff. 4 Beispielhafte Aufzählung solcher Mängel bei Reichert, Rz. 2000 und bei Stöber/Otto, Rz. 866. 5 Stöber/Otto, Rz. 870; Reichert, Rz. 2019; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 212. 6 Reichert, Rz. 1987. 7 OLG Hamm v. 16.1.1989 – 9 U 5/88, NJW-RR 1989, 1532 (1533 f.).
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IV. Mitgliederversammlung
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Rz. 33
§ 17
eine Mitgliederversammlung wird zur Unzeit einberufen;1 die in der Satzung festgelegte Ladungsfrist wurde nicht eingehalten;2 die Einberufungsform entspricht nicht der Satzung;3 die Tagesordnungspunkte wurden nicht mitgeteilt;4 es wurden nicht alle teilnahmeberechtigten Mitglieder eingeladen.5
Die aufgezählten Verfahrensverstöße führen grundsätzlich zur Nichtigkeit von Beschlüssen, die auf der Mitgliederversammlung gefasst werden. Dementsprechend kann auch im Wege einer einstweiligen Verfügung die Abhaltung einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Mitgliederversammlung untersagt werden. Auch wenn nichtige Beschlüsse ipso jure ohne jede Rechtswirkung sind, geht von nichtigen Beschlüssen ein Rechtsschein und damit eine faktische Wirkung aus. Von daher besteht prinzipiell ein Anspruch jedes Vereinsmitglieds darauf, dass die Mitgliederversammlung ordnungsgemäß einberufen wird. Es ist deshalb grundsätzlich zulässig, auch im Wege einer einstweiligen Verfügung die Abhaltung einer Mitgliederversammlung zu verbieten. Die Auffassung, dies sei „nur in Extremfällen“ zulässig,6 ist zu pauschal. Richtig ist hingegen, dass der Antragsteller die Legitimationslast dafür trägt, dass eine so weitreichende Maßnahme notwendig ist und kein milderes Mittel zur Verfügung steht.7 An die Qualität des Verfügungsgrundes sind deshalb hohe Anforderungen zu stellen. Das Gericht hat zu beachten, dass die einstweilige Verfügung möglichst keine materiellen Befriedigungsfolgen nach sich ziehen soll, damit dem Verzicht auf die Richtigkeitsgarantien des Hauptsacheverfahrens hinreichend Rechnung getragen wird. Die gefährdungsbezogene Interessenabwägung muss eindeutig zugunsten des Antragstellers ausfallen.
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3. Stimmbindungsverträge Stimmbindungsverträge werden von der ganz h.M. auch im Vereinsrecht als zulässig anerkannt.8 Ein Stimmbindungsvertrag soll auch dann zulässig sein, wenn die Satzung des Vereins die Anwendbarkeit des § 38 BGB nicht ausschließt.9 Die Schranken der Stimmbindung sind jedoch zu beachten, insbesondere ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob der Stimmbindungsvertrag gegen §§ 134, 138 BGB verstößt oder die Satzung zulässigerweise die Stimmbindung untersagt.10
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BayObLG v. 16.7.2004 – 3 Z BR 100/04, NZG 2004, 1017. OLG Brandenburg v. 5.3.1998 – 2 U 130/97, OLGR Brandenburg 1998, 148. AG Elmshorn v. 21.8.2000 – 52 C 79/00, NJW-RR 2001, 25. LG Frankfurt v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336. BGH v. 9.11.1972 – II ZR 63/71, NJW 1973, 235. So Reichert, Rz. 3420. v. Gerkan, ZGR 1985, 167 (189). H.P. Westermann in Erman, § 32 BGB Rz. 5; Reuter in MünchKomm., § 32 BGB Rz. 37; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 201. 9 Reichert, Rz. 1582. 10 Reichert, Rz. 1587–1591; Reuter in MünchKomm., § 32 BGB Rz. 37.
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§ 17 34
Rz. 34
Vereinsrecht
Die Durchsetzung von Stimmbindungen im Wege der einstweiligen Verfügung ist strittig.1 Wenn sich ein Vereinsmitglied gegenüber einem anderen Vereinsmitglied rechtswirksam schuldrechtlich verpflichtet hat, sein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung in einem bestimmten Sinne auszuüben, so sollte die Durchsetzung der Stimmbindung per einstweiliger Verfügung nicht als prinzipiell unzulässig angesehen werden. Durch einstweilige Verfügung kann einem Vereinsmitglied deshalb auch ge- oder verboten werden, in bestimmter Weise abzustimmen. Es ist jedoch sehr intensiv vom Gericht zu prüfen, ob ein Verfügungsanspruch vorliegt und im Rahmen des Verfügungsgrundes sind die widerstreitenden Rechtsinteressen und ihre jeweilige Gefährdung gegeneinander abzuwägen. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass eine Stimme, die unter Verstoß gegen einen Stimmbindungsvertrag abgegeben wird, im Verhältnis zum Verein voll gültig ist.2
4. Stimmpflichten aus Satzung oder vereinsrechtlichen Treuegesichtspunkten 35
Jedes stimmberechtigte Vereinsmitglied kann im Allgemeinen frei entscheiden, ob es von seinem Stimmrecht Gebrauch macht und ggf. für oder gegen einen Beschlussantrag stimmt. Diese Freiheit kann jedoch durch die Satzung eingeschränkt werden, indem für konkret bezeichnete Fälle eine bestimmte Stimmpflicht angeordnet wird. Es besteht zudem eine Treuepflicht des Vereinsmitgliedes gegenüber dem Verein und auch gegenüber den Vereinsmitgliedern im Hinblick auf den Vereinszweck.3
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Besteht eine Stimmpflicht, so ist eine hiergegen verstoßende Stimmabgabe unwirksam und darf nicht mitgezählt werden. Ist die rechtswidrig abgegebene Stimme dennoch mitgezählt worden und hatte dies Einfluss auf das Beschlussergebnis, so kann auf Feststellung des richtigen Beschlussergebnisses geklagt werden.4
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Eine einstweilige Verfügung, durch die ein Vereinsmitglied oder mehrere angehalten werden, ihr Stimmrecht bei einer bevorstehenden Beschlussfassung in bestimmter Weise auszuüben, kommt in Betracht, wenn die Verpflichtung sich aus der Satzung oder aus der vereinsrechtlichen Treuebindung ergibt.5 Auch wenn eine satzungswidrig oder treuwidrig abgegebene Stimme, die auf das Beschlussergebnis Einfluss hatte, später noch vom Gericht für ungültig und der Beschluss für unwirksam erklärt werden kann, ist im Einzelfall zur Verhinderung eines zunächst bestehenden unrichtigen Beschlussergebnisses die prinzipielle Möglichkeit gegeben, im Wege der einstweiligen Verfügung vorzugehen. Im Rahmen der materiellen Prüfung und der vorzunehmenden Interes1 Bejahend Reichert, Rz. 1594; H.P. Westermann in Erman, § 32 BGB Rz. 5; verneinend Weick in Staudinger, § 32 BGB Rz. 21; Reuter in MünchKomm., § 32 BGB Rz. 38. 2 H.P. Westermann in Erman, § 33 BGB Rz. 5; Weick in Staudinger, § 32 BGB Rz. 21. 3 Reichert, Rz. 1541; einschränkend Reuter in MünchKomm., § 34 BGB Rz. 24: nur gegenüber dem Verein. 4 Reichert, Rz. 1543. 5 Reichert, Rz. 1544.
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Kleveman
IV. Mitgliederversammlung
Rz. 41
§ 17
senabwägung ist jedoch zu berücksichtigen, dass – anders als beim Stimmbindungsvertrag – im Rahmen einer gerichtlichen Beschlusskontrolle eine Korrekturmöglichkeit besteht. Das Gericht hat deshalb ein besonders schutzwürdiges Interesse des Antragstellers zu bejahen und festzustellen, dass ihm eine spätere gerichtliche Kontrolle nicht zumutbar ist.
5. Stimmverbote Nach § 34 BGB ist ein Mitglied nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft. Die Satzung kann das Stimmrecht auch in anderen Fällen einschränken oder ausschließen.1 Zusätzlich ist anerkannt, dass ein Vereinsmitglied nicht in eigener Sache richten kann, also vom Stimmrecht ausgeschlossen ist, wenn es um die Billigung oder Missbilligung eigenen Verhaltens geht.2
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Eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des gesetzlichen Stimmverbotes ist zulässig. In die Willensbildung des Vereins wird zu Recht eingegriffen, da die Durchsetzung des Stimmverbotes gerade eine unzulässige Willensbildung des Vereins verhindern soll. Wenn kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass ein Vereinsmitglied einem Stimmverbot unterliegt, so hat das Gericht durch einstweilige Verfügung die Unterlassung der Stimmabgabe anzuordnen, ohne dass ein über die Eilbedürftigkeit hinausgehendes besonderes Schutzbedürfnis darzulegen ist. Gibt es Restzweifel hinsichtlich des Verfügungsanspruchs, so hat der Antragsteller wesentliche Nachteile glaubhaft zu machen, die mit den Interessen des Antragsgegners abzuwägen sind.
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6. Teilnahmerecht Alle Vereinsmitglieder sind berechtigt, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen. Das Teilnahmerecht besteht auch bei Stimmrechtsausschluss in eigener Angelegenheit.3 Neben dem Anwesenheitsrecht beinhaltet das Teilnahmerecht das Rede-, Antrags- und Auskunftsrecht.4 Teilnahmeberechtigt ist hingegen in der Regel ein vereinsfremder Dritter auch dann nicht, wenn er zusammen mit dem Vereinsmitglied als Beistand erscheint. Unter besonderen Umständen kann jedoch das Interesse auf Hinzuziehung eines Beraters stärker sein als das Interesse, Dritte von der nicht öffentlichen Versammlung fernzuhalten.5
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Wird einem Vereinsmitglied die Teilnahme an der Mitgliederversammlung untersagt, kann es im Wege der einstweiligen Verfügung seine Teilnahme an der Versammlung durchsetzen, falls ein Urteil im ordentlichen Verfahren in der
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Stöber/Otto, Rz. 824. Reichert, Rz. 1574; Reuter in MünchKomm., § 34 BGB Rz. 16. Stöber/Otto, Rz. 712. Reichert, Rz. 829. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 197.
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§ 17
Rz. 42
Vereinsrecht
M 17.3
Kürze der Zeit nicht zu erhalten ist. Gleiches gilt, wenn die Satzung den Vereinsmitgliedern gestattet, in Begleitung eines Beistands an der Mitgliederversammlung teilzunehmen. Enthält die Satzung hierzu keine Regelungen, so ist im einstweiligen Verfügungsverfahren vom Gericht zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall ausnahmsweise ein Anspruch besteht, in Begleitung eines Beistands an der Versammlung teilzunehmen. Hierbei ist zu prüfen, ob die Nachteile, die dem Antragsteller drohen, schwerer wiegen als der Schaden, den der Verein möglicherweise erleiden kann.1
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17.3
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Einstweilige Verfügung auf Teilnahme an der Mitgliederversammlung
An das Landgericht . . . ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Langrubrum] Streitwert: . . . Euro . . . bitten wir, folgende einstweilige Verfügung wegen der Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsteller wird die Teilnahme an der Mitgliederversammlung des Antragsgegners am 20.9.2012 gestattet. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld bis zu . . . Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Vorstand des Antragsgegners, angedroht. Begründung: Der Antragsgegner ist ein eingetragener Verein mit Sitz in . . . Vereinszweck ist . . . Der Antragsteller ist seit nunmehr zehn Jahren Mitglied dieses Vereins und bekleidet dort die Funktion des Kassenwartes. Zum 20.9.2012 hat der Vereinsvorstand eine Mitgliederversammlung einberufen. Tagesordnungspunkt 4 ist die Entlastung des Vorstandes. Glaubhaftmachung: Vorlage der Einladung zur Mitgliederversammlung, als Anlage 1 Dem Antragsteller wurde die Teilnahme an der Mitgliederversammlung jedoch durch den Vereinsvorstand Herrn A verboten. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller hat in der Vergangenheit gegenüber dem Vereinsvorstand Herrn A mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er mit seiner Vorstandstätigkeit nicht einverstanden sei. Das Vorstandsmitglied hat wiederholt Entnahmen aus der Ver1 Reichert, Rz. 3428.
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Kleveman
M 17.3
V. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis
Rz. 44
§ 17
einskasse getätigt, für die er weder einen Verwendungszweck angab noch Belege nachreichte . . . [wird ausgeführt]. Der Antragsteller hat den Vorstand Herrn A hierauf angesprochen. Bei dem Gespräch am . . . teilte er Herrn A mit, dass er in der Mitgliederversammlung am 20.9.2012 seiner Entlastung nicht zustimmen werde. Daraufhin erwiderte Herr A, dass er dem Antragsteller die Teilnahme an der Mitgliederversammlung verbiete und dieses Verbot notfalls auch mit den Ordnungskräften des Vereins durchsetzen werde. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, als Anlage 2 Der Antragsteller hat ein Recht auf Teilnahme an der Mitgliederversammlung. Dem verhängten Teilnahmeverbot liegen allein eigennützige Beweggründe des Vorstandsmitglieds Herrn A zugrunde . . . [wird ausgeführt]. Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die Mitgliederversammlung wird bereits am 20.9.2012 stattfinden. Eine Entscheidung über das Teilnahmerecht im ordentlichen Verfahren ist bis dahin nicht zu erlangen, sodass ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung der Antragsteller zu Unrecht von der Mitgliederversammlung ausgeschlossen wird. Dem Antragsgegner entstehen durch die Teilnahme des Antragstellers keine Nachteile, da das vom Antragsgegner verhängte Teilnahmeverbot nicht durch schützenswerte Interessen des Vereins gedeckt ist. Rechtsanwalt
V. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis Der Vorstand ist das geschäftsführende Organ des Vereins. Er vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich und hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, § 26 Abs. 2 BGB. Der Vorstand wird durch Beschluss der Mitgliederversammlung bestellt. Diese kann die Bestellung des gesamten Vorstandes oder einzelner seiner Mitglieder jederzeit widerrufen, es sei denn, die Satzung setzt für den Widerruf einen wichtigen Grund voraus, § 27 Abs. 2 BGB. Die Satzung muss bestimmen, ob nur alle Mitglieder des Vorstandes gemeinsam (Gesamtvertretung) oder jedes Mitglied allein (Einzelvertretung) oder mehrere Mitglieder (z.B. zwei) gemeinsam Vertretungsmacht haben.1 Sofern in der Satzung nichts anderes geregelt ist, entspricht der Umfang der Vertretungsmacht auch dem Umfang der Geschäftsführungsbefugnis und umgekehrt.2
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1. Einstweilige Verfügung gegen Vorstandsmitglied Auch wenn die Organstellung des Vorstandes jederzeit widerruflich ist, kann in manchen Fällen die Abhaltung der nächsten Mitgliederversammlung nicht abgewartet werden, sodass die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes erforderlich ist. Antragsberechtigt ist grundsätzlich nur der Verein, wenn seine 1 Weick in Staudinger, § 26 BGB Rz. 12. 2 BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, NJW 1993, 191 (192); Ellenberger in Palandt, § 27 BGB Rz. 4.
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§ 17
Rz. 45
Vereinsrecht
M 17.4
Handlungsfähigkeit durch die anderen Vorstandsmitglieder noch besteht. Ausnahmsweise kann der Antrag auch von Mitgliedern gestellt werden, wenn der Verein handlungsunfähig geworden ist.1 Für den Verfügungsgrund ist darzulegen, dass dem Verein unmittelbar erheblicher Schaden droht und die nächste Mitgliederversammlung nicht abgewartet werden kann. Im Allgemeinen wird es dann ausreichen, wenn das Gericht dem Vorstandsmitglied Maßnahmen der Geschäftsführung und die Vertretung des Vereins bis zur nächsten Mitgliederversammlung untersagt. 45
Ist der Widerruf der Bestellung aufgrund der Satzung nur aus wichtigem Grund zulässig, kann für die Dauer des Rechtsstreits ein umfassendes Tätigkeitsverbot und in Extremfällen auch die Amtsenthebung angeordnet werden.
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Die Bestellung eines Notvorstands ist im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht möglich, da dies dem Gebiet der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist.2 Nach § 29 BGB bestellt das zuständige Amtsgericht in dringenden Fällen einen Notvorstand.3
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Einstweilige Verfügung zur Abberufung des Vorstandes
An das Landgericht . . . ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Langrubrum] Streitwert: . . . Euro . . . bitten wir, folgende einstweilige Verfügung wegen der Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Dem Antragsgegner wird bis zur Entscheidung der Mitgliederversammlung am . . . jede Tätigkeit für den Verein untersagt. Begründung: Der Antragsgegner ist Vorstandsmitglied des Antragstellers. Vereinszweck ist die Jugendarbeit und die Drogenprävention. Zu diesem Zweck leistet der Verein (Antragsteller) seit vielen Jahren insbesondere Aufklärung durch Öffentlichkeitsarbeit im Fernsehen und in Zeitungen sowie durch Besuche an Schulen und anderen Einrichtungen für Jugendliche. Vergangene Woche fand in den Vereinsräumen und der Privatwohnung des Antragsgegners durch die Landespolizeidirektion . . . eine Hausdurchsuchung statt. Im Rahmen dieser Untersuchung stellte die Polizei mehrere Gramm Kokain sowie diverse Extasy-Pillen sicher. Gegen den Antragsgegner besteht nunmehr der drin1 Reichert, Rz. 3431. 2 Reichert, Rz. 3419. 3 OLG Düsseldorf v. 11.11.2011 – I-3 Wx 194/11.
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M 17.4
V. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis
Rz. 48
§ 17
gende Tatverdacht im Hinblick auf Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die Staatsanwaltschaft . . . wird Anklage erheben. Glaubhaftmachung: . . . Der Antragsteller hat durch die übrigen Vorstandsmitglieder, die ihn ohne den Antragsgegner vertreten können, eine Mitgliederversammlung für den . . . einberufen, auf der der Widerruf der Vorstandsbestellung des Antragsgegners beschlossen werden soll. Glaubhaftmachung: . . . Die Satzung des Antragstellers setzt für den Widerruf der Vorstandsbestellung keinen wichtigen Grund voraus und sieht für einen solchen Beschluss eine 2/3-Mehrheit der anwesenden Mitglieder vor. Eine Mitgliederversammlung kann nach der Satzung jedoch nur mit einer Frist von einem Monat einberufen werden, da der Antragsteller Mitglieder im gesamten Bundesgebiet hat. Eine Kopie der Satzung des Antragstellers fügen wir als Anlage bei. Eine Tätigkeit des Antragsgegners bis zur Mitgliederversammlung ist für den Antragsteller mit einem erheblichen Imageverlust verbunden. Die gegen den Antragsgegner erhobenen Vorwürfe wurden bereits mehrfach in den Medien aufgegriffen. Glaubhaftmachung: . . . Gleichwohl weigert sich der Antragsgegner, sein Vorstandsamt niederzulegen. Glaubhaftmachung: . . . Gerichtliche Hilfe ist deshalb erforderlich. Rechtsanwalt
2. Einstweilige Verfügung eines Vorstandsmitgliedes gegen Abberufung Der Vorstand, der im Allgemeinen auch aus Nichtmitgliedern des Vereins bestehen darf,1 kann sich grundsätzlich nicht gegen seine Abberufung wehren, da es kein subjektives Recht auf Fortbestand der Organstellung gibt.2 Auch wenn die Satzung nur eine Abberufung aus wichtigem Grund vorsieht, verleiht ihm dies keine rechtlich geschützte Position.3 Anders sieht es jedoch aus, wenn das Vorstandsmitglied sich auf ein mit der Vereinsmitgliedschaft verbundenes Geschäftsführungssonderrecht im Sinne von § 35 BGB berufen kann.4 In dem Fall ist eine einstweilige Verfügung, gerichtet auf weitere Amtstätigkeit, grundsätzlich zulässig. Im Rahmen der Begründetheit ist sodann vom Gericht zu prüfen, ob der Abberufungsbeschluss unwirksam ist (Verfügungsanspruch) und 1 2 3 4
Ellenberger in Palandt, § 26 BGB Rz. 5; H.P. Westermann in Erman, § 26 BGB Rz. 3. Weick in Staudinger, § 27 BGB Rz. 14. Reuter in MünchKomm., § 27 BGB Rz. 33. Weick in Staudinger, § 27 BGB Rz. 14; Reuter in MünchKomm., § 27 BGB Rz. 33.
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§ 17
Rz. 49
Vereinsrecht
M 17.5
eine Abwägung zwischen dem Interesse des Abberufenen an der Fortsetzung seiner Amtstätigkeit gegenüber dem Interesse des Vereins an klaren Vertretungsverhältnissen zugunsten des Abberufenen ausfällt (Verfügungsgrund).
u
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Einstweilige Verfügung auf Fortsetzung der Vorstandstätigkeit
An das Landgericht ... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung . . . [Langrubrum] Streitwert: . . . Euro . . . bitten wir, folgende einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden allein ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise unter Abkürzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzüglich anzuberaumenden mündlichen Verhandlung, zu erlassen: Der Antragsteller ist berechtigt, die Amtstätigkeit eines einzelgeschäftsführungsund einzelvertretungsberechtigten Vorstandsmitglieds des Antragsgegners auszuüben. Begründung: Der Antragsteller ist Gründungsmitglied des seit 2003 bestehenden Antragsgegners. In § 15 Abs. 1 der Satzung des Antragsgegners ist ihm das Recht eingeräumt, als einzelgeschäftsführungs- und einzelvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied die Geschäfte des Antragsgegners zu führen. Laut § 15 Abs. 2 ist eine Abberufung des Antragstellers nur aus wichtigem Grund möglich. Die Satzung fügen wir bei als Anlage 1. Durch Beschluss der Mitgliederversammlung des Antragsgegners vom 21.9.2012 wurde der Antragsteller als Vorstandsmitglied abberufen. Das Protokoll über die Mitgliederversammlung fügen wir als Anlage 2 bei. Hintergrund der Abberufung und Gegenstand der hitzig geführten Diskussion in der Mitgliederversammlung war der Tod dreier in der Obhut des Antragsgegners befindlicher Rinder am 16.8.2012, die sieben Tage zuvor von einem heruntergekommenen Bauernhof übernommen worden waren. Die Tiere befanden sich in einem sehr schlechten Zustand und waren bereits todkrank, als der Antragsteller sie abtransportieren ließ. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Tierarztes . . . als Anlage 3. Dem Antragsteller kann deshalb kein Vorwurf wegen des Todes der Rinder gemacht werden. Ein wichtiger Grund für eine Abberufung lag somit nicht vor. Die Abberufung ist unwirksam. 598
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VI. Vollziehung von Vereinsbeschlüssen
Rz. 53
§ 17
Der Antragsteller befindet sich derzeit in Verhandlungen mit einem Tierlabor über die Übernahme weiterer Tiere. Er ist alleiniger Ansprechpartner auf Seiten des Antragsgegners und konnte eine Vertrauensbeziehung zu den Verantwortlichen des Labors aufbauen, insbesondere was die Geheimhaltung bezüglich des Zustands der übernommenen Tiere und ihre Herkunft angeht. Die Übernahme der Tiere droht zu scheitern, wenn der Antragsteller die Verhandlungen für den Antragsgegner nicht fortführen kann. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Antragstellers als Anlage 4. Das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens, in dem der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass der Abberufungsbeschluss unwirksam ist, kann deshalb nicht abgewartet werden. Der Erlass der einstweiligen Verfügung ist folglich dringend geboten. Rechtsanwalt
VI. Vollziehung von Vereinsbeschlüssen Gegen nichtige Vereinsbeschlüsse kann ein Vereinsmitglied oder der Verein, vertreten durch den Vorstand, Klage erheben, um die Unwirksamkeit des Beschlusses gerichtlich feststellen zu lassen. Hier kann ein Bedürfnis bestehen, den Vollzug des Beschlusses vorübergehend bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern. Durch eine einstweilige Verfügung kann dem Verein die Ausführung eines nichtigen Beschlusses untersagt werden, wenn dem Mitglied ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden kann.1
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Für eintragungspflichtige Beschlüsse wie Satzungsänderungen, Vorstandsbestellung, den Widerruf der Vorstandsbestellung oder Beschränkungen der Vertretungsmacht kann der Vollzug verhindern werden, indem die Anmeldung zum Vereinsregister dem Vorstand durch einstweilige Verfügung untersagt wird.2
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" Praxistipp: Es sollte versucht werden, wenn irgend möglich, einen Streit- 52 wert anzusetzen, mit dem die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte begründet ist. Dies bietet eine größere Gewähr dafür, dass über den Streitfall mit entsprechender Sachkenntnis entschieden wird.
Das Registergericht hat rechtskräftige oder vollstreckbare Entscheidungen des Prozessgerichts zu beachten. Dies folgt mittelbar aus § 10 Abs. 4 der Vereinsregisterverordnung, wo vorgeschrieben wird, dass bei Eintragungen aufgrund einer vollstreckbaren oder rechtskräftigen Entscheidung dies bei der Eintragung zu vermerken ist. Auch einstweilige Verfügungen sind als rechtskräftige oder vollstreckbare Entscheidungen zu qualifizieren.3 Das Registergericht ist deshalb
1 KG v. 7.2.2011 – 24 U 156/10, GRUR-RR 2011, 280. 2 Reichert, Rz. 3435. 3 Reichert, Rz. 3445; BayObLG v. 6.12.1985 – BReg. 3 Z 116/85, NJW-RR 1986, 523.
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verpflichtet, Eintragungen aufgrund einer einstweiligen Verfügung vorzunehmen, sofern der Inhalt der einstweiligen Verfügung eintragungsfähig ist (z.B. Vertretungsverbot für den Vorstand).1
1 Reichert, Rz. 3446.
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§ 18 Unlauterer Wettbewerb Inhaltsübersicht I. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes im unlauteren Wettbewerb . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das konkrete Wettbewerbsverhältnis als Ausgangspunkt . . . 2. Anspruchsberechtigter . . . . . . 3. Anspruchsverpflichteter . . . . . a) Anspruchsverpflichteter Verletzer . . . . . . . . . . . . . . b) Anspruchsverpflichteter Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfügungsansprüche . . . . . . a) Unterlassungsanspruch . . . b) Sonstige Ansprüche . . . . . . 5. Verfügungsgrund . . . . . . . . . 6. Glaubhaftmachung . . . . . . . . 7. Vollziehung einstweiliger Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . 8. Vollstreckungsschutz und Aufbrauchfristen . . . . . . . . . . . 9. Rechtsmittel im Verfügungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Schadensersatz wegen unberechtigter Verfolgung (§ 945 ZPO) . III. Der Verfahrensablauf beim einstweiligen Rechtsschutz im unlauteren Wettbewerb . . . . . 1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweck des Abmahnverfahrens b) Form der Abmahnung . . . .
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c) Inhalt der Abmahnung . . . . d) Kosten der Abmahnung . . . e) Rechtsmissbräuchliche Abmahnung . . . . . . . . . . . . 2. Reaktion auf die Abmahnung . a) Abgabe einer Unterlassungserklärung . . . . . . . . . . . . b) Verweigerung der Abmahnung und Aufklärungspflichten des Abgemahnten . . . . . . . . . c) Gegenabmahnung und negative Feststellungsklage . . . . 3. Schutzschrift . . . . . . . . . . . 4. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung a) Allgemeines . . . . . . . . . . b) Unterlassungsantrag . . . . . c) Form und Postulationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . d) Zuständiges Gericht . . . . . e) Weiterer Verfahrensablauf . . 5. Beschwerde . . . . . . . . . . . . 6. Widerspruch . . . . . . . . . . . . 7. Weiteres Rechtsmittelverfahren a) Berufung . . . . . . . . . . . . b) Aufhebungsverfahren . . . . . 8. Abschlusserklärung und Abschlussschreiben . . . . . . . . . IV. Checklisten einstweiliger Rechtsschutz im unlauteren Wettbewerb . . . . . . . . . . . . 1. Checkliste Angreifer . . . . . . . 2. Checkliste Verteidigung . . . . .
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Literatur: Bücher und Loseblattwerke: Ahrens, Der Wettbewerbsprozess – Ein Praxishandbuch, 6. Aufl. 2009; Berneke, Die Einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl. 2003; Fezer, Lauterkeitsrecht, Band 2 (§§ 5–22 UWG), 2005; Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl. 2010; Götting/Nordemann, UWG, 1. Aufl. 2010; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl. 2009; Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 30. Aufl. 2012; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. 2000; Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 2006 (MünchKomm. UWG); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl. 2007; Wilke, Abmahnung und Schutzschrift im gewerblichen Rechtsschutz, 1991. Aufsätze: Amschewitz, Kostentragung bei Sequestrationsverfügungen ohne vorherige Ab-
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mahnung WRP 2012, 401; Blankenburg, Gespaltenes Verständnis des Mitbewerberbegriffs im UWG? Zugleich eine Anmerkung zu EuGH, GRUR 2007, 511 ff., De Landtsheer/CIVC, WRP 2008, 186; Chudziak, Die Erstattung der Rechtsanwaltskosten des unbegründet Abgemahnten, GRUR 2012, 133; Döring, Die aufschiebend befristet abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung nach einem Wettbewerbsverstoß, WRP 2007, 728; Dreyer, Konvergenz oder Divergenz – Der deutsche und der europäische Mitbewerberbegriff im Wettbewerbsrecht, GRUR 2008, 123; Günther, Die Schubladenverfügung – Stolperfalle Dringlichkeit?, WRP 2006, 407; Gräbig, Aktuelle Entwicklungen bei Haftung für mittelbare Rechtsverletzungen – Vom Störer zum Täter – ein neues einheitliches Haftungskonzept?, MMR 2011, 504; Herr, Vom Sinn und Unsinn der Schutzschriften, GRUR 1996, 436; Kaufmann, Gesetzesentwurf: Weitreichende Änderungen im Urheber- und Wettbewerbsrecht zum Gebührenrecht und Gerichtsstand, MMR-Aktuell 2012, 331319; Knippenkötter, Indizien für rechtsmissbräuchliches Verhalten des Abmahnenden, GRUR-Prax 2011, 483; Koch/Vykyda, Immer wieder dringlich? – Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG in den Fällen gleichartiger Wettbewerbsverstöße, WRP 2005, 688; Köhler, „Täter“ und „Störer“ im Wettbewerbs- und Markenrecht, GRUR 2008, 1; Köhler, Wegfall der Erstbegehungsgefahr durch „entgegengesetztes Verhalten“?, GRUR 2011, 879; Leistner/Stang, Die Neuerung der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten – ein Siegeszug der Prüfungspflichten?, WRP 2008, 532; Maurer, Verjährungshemmung durch vorläufigen Rechtsschutz, GRUR 2008, 208; Menke, Die negative Feststellungsklage in der wettbewerbsrechtlichen Praxis, WRP 2012, 55; Rehart, Die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO – Freie Hand für die bewusst späte Vollziehungszustellung? (§ 929 Abs. 2 ZPO), WRP 2011, 1041; Sack, Neuere Entwicklungen der Individualklagebefugnis im Wettbewerbsrecht, GRUR 2011, 953; Schulte-Beckhausen, Plädoyer für die Schubladenverfügung, MarkenR 2006, 505; Schulz, Die Schutzschrift im einseitigen Beschlussverfahren, GRUR-Prax 2011, 313; Spindler, Unterlassungsansprüche gegen Provider: Keine Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, MMR 2008, 167; Stöber, Ansprüche auf Erstattung der Kosten einer Schutzschrift, AGS 2007, 9; Teplitzky, Schutzschrift, Glaubhaftmachung und besondere Dringlichkeit bei § 937 Abs. 2 ZPO – drei Beispiele für Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis, WRP 1980, 373; Teplitzky, Klageantrag und konkrete Verletzungsform, WRP 1999, 75; Teplitzky, Eingeschränkte Unterwerfungserklärungen VuR 2009, 83; v. Ungern-Sternberg, Grundfragen des Klageantrags bei urheber- und wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklagen, Teil I, GRUR 2011, 375, Teil II, GRUR 2011, 486; Wehlau/Kalbfus, Die Schutzschrift – Funktion, Gestaltung und prozesstaktische Erwägungen, WRP 2012, 395.
I. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes im unlauteren Wettbewerb 1
In der Verfolgung von unlauteren geschäftlichen Handlungen1 spielt der einstweilige Rechtsschutz eine herausragende Rolle. Absatzfördernde Maßnahmen sind in aller Regel darauf gerichtet, eine schnelle Wirkung zu erzielen und die Wettbewerbslage zugunsten des tätig werdenden Marktteilnehmers unmittelbar zu verändern. Während der Dauer der Handlung wird daher das Wettbewerbsverhältnis zulasten der Mitbewerber verschoben. Soweit die geschäftliche Handlung gegen das Lauterkeitsrecht verstößt, führt ein sich daraus ergebender Schadensersatzanspruch regelmäßig nur zu einem unzureichenden Ausgleich der den Mitbewerbern entstehenden Nachteile, zumal der entste1 Der früher gebräuchliche Begriff der Wettbewerbshandlung wird nach der UWG-Reform 2009 mittlerweile durch den europarechtlich geprägten Begriff der geschäftlichen Handlung ersetzt (s. hierzu etwa Götting in Götting/Nordemann, § 2 UWG Rz. 3).
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II. Verfahrensrechtliche Grundlagen
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hende Schaden nur schwer zu bestimmen ist. Effektiver Rechtsschutz lässt sich daher im Rahmen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens, das sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, nicht erzielen. Hinzu kommt, dass geschäftliche Handlungen häufig im Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen stehen, wie Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit Festtagen, Jubiläumsveranstaltungen, Schluss- oder Räumungsverkäufen oder Messeveranstaltungen. Ein gerichtliches Verbot, das im Rahmen eines langwierigen ordentlichen Gerichtsverfahrens erstritten wird, ist bei solchen Werbemaßnahmen schon deswegen ungeeignet, da zu diesem Zeitpunkt das Ereignis regelmäßig bereits vergangen ist und sich die Verletzung endgültig manifestiert hat. Das Vorgehen gegen unlautere geschäftliche Handlungen kann in aller Regel effektiv nur über Eilmaßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz erfolgen. Auseinandersetzungen über tatsächlich oder vermeintlich unlautere Handlungen werden daher zum weit überwiegenden Teil im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlich verfolgt und nur dann, wenn durch ein zu langes Zuwarten eine einstweilige Verfügung nicht mehr in Betracht kommt oder es sich um streitige Auslegungsoder Rechtsfragen über die Wettbewerbswidrigkeit eines Verhaltens handelt, im Rahmen eines ordentlichen Klagverfahrens (weiter-)verfolgt.
II. Verfahrensrechtliche Grundlagen Neben der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung geschäftlicher Maßnahmen hat das Recht des unlautereren Wettbewerbs als eines der Hauptanwendungsgebiete des vorläufigen Rechtsschutzes die verfahrensrechtlichen Fragen des einstweiligen Rechtsschutzes entscheidend geprägt. Dies gilt insbesondere für die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen der Durchsetzung von Ansprüchen gegen unlautere geschäftliche Handlungen im einstweiligen Rechtsschutz, die Glaubhaftmachung der den Ansprüchen zugrunde liegenden Tatsachen, wie auch die Vollstreckung der im einstweiligen Rechtsschutz erzielten vorläufigen Entscheidungen und etwaige hiergegen zur Verfügung stehende Rechtsmittel des Anspruchsgegners. Darüber hinaus bestehen beim einstweiligen Rechtsschutz gegenüber unlauteren Wettbewerbshandlungen einige verfahrensrechtliche Besonderheiten gegenüber sonstigen Rechtsgebieten, wie etwa hinsichtlich der Dringlichkeitsvermutung oder in der Voraussetzung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses.
2
1. Das konkrete Wettbewerbsverhältnis als Ausgangspunkt Ausgangspunkt der Verfolgung unlauterer geschäftlicher Handlungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wie auch im ordentlichen Verfahren ist das konkrete Wettbewerbsverhältnis1 zwischen den streitenden Parteien, das durch geschäftliche Handlungen eines Marktteilnehmers in der Weise beeinträchtigt wird, dass sich dieser einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Mitbewer1 S. hierzu im Einzelnen Veil/Müller in MünchKomm., § 2 UWG Rz. 129–150; Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 33 Rz. 13.
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bern zu verschaffen sucht, der nicht durch die Besonderheiten der eigenen Leistung entsteht, sondern durch außerhalb des üblichen Wettbewerbs liegende unlautere Mittel. 4
Das Wettbewerbsverhältnis wird in § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG zur Bestimmung des Mitbewerbers verwendet, der nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG in erster Linie antragsbefugt ist. Ein solches liegt zwischen zwei Wettbewerbern vor, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erzielen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer durch diese Maßnahme erleidet, eine unmittelbare Wechselbeziehung besteht, und zwar in der Weise, dass der Wettbewerb des Handelnden bzw. eines Dritten gefördert werden und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann.1 Der durch das konkrete Wettbewerbsverhältnis gekennzeichnete Mitbewerberbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist mit der Wechselwirkung zwischen eigenem Wettbewerbsvorteil und korrelierender Wettbewerbsbeeinträchtigung deliktsrechtlich geprägt. Er ist damit zwar weitgehend, aber nicht vollständig deckungsgleich mit dem europarechtlichen Mitbewerberbegriff.2 Dieser stellt in erster Linie auf die Substituierbarkeit der angebotenen Waren oder Dienstleistungen ab, die die beteiligten Unternehmen auf dem Markt anbieten.3 Das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses ist dabei jeweils im Einzelfall zu bestimmen, wobei ein konkretes Wettbewerbsverhältnis dann vorliegt, wenn sich die gegenüberstehenden Unternehmen mit einem gleichartigen Angebot an einen gleichartigen Kundenkreis wenden4. Bei verbraucherbezogenen geschäftlichen Handlungen tritt das konkrete Wettbewerbsverhältnis weniger klar zutage als etwa bei rufschädigenden Maßnahmen gegenüber einem Mitbewerber, kann sich aber auch bei verbraucherbezogenen Handlungen daraus ergeben, dass der Wettbewerb zum Nachteil der um diese Kundengruppen konkurrierenden Mitbewerber verfälscht und deren Marktchancen geschmälert werden5Ausreichend ist, dass beide Marktteilnehmer gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen suchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann6. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis setzt dabei nicht voraus, dass der Mitbewerber auf der gleichen Vertriebsstufe tätig ist. Unterschiedliche Wirtschaftsstufen sprechen nur dann gegen die Klageberechtigung, wenn eine wechselseitige Behinderung im Absatz und eine Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen von vornherein ausgeschlossen ist7 Dafür spricht bereits, 1 Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 33 Rz. 15 m.w.N.; Veil/Müller in MünchKomm., § 2 UWG Rz. 130. 2 Hierzu Dreyer, GRUR 2008, 123. 3 Grundlegend für den Fall der Beurteilung vergleichender Werbemaßnahmen nach der Richtlinie 97/55/EG v. 6.10.1997 EuGH v. 19.4.2007 – Rs. C-381/05 – SA, De Landtsheer/CIVC, GRUR 2007, 511 (513); hierzu auch Blankenburg, WRP 2008, 186 (188 f.). 4 BGH v. 13.7.2006 – I ZR 241/03 – Kontaktanzeigen, WRP 2006, 1502 (1503); BGH v. 16.3.2006 – I ZR 103/03 – Sammelmitgliedschaft IV, WRP 2006, 1023, (1024). 5 Keller in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 2 UWG Rz. 126. 6 BGH v. 28.9.2011 – I ZR 30/10 – Sportwetten im Internet II, WRP 2012, 201 (203). 7 BGH v. 29.4.2010 – I ZR 99/08 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer, WRP 2011, 55 (57).
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II. Verfahrensrechtliche Grundlagen
Rz. 6
§ 18
wenn beide Marktteilnehmer ihre Waren auf derselben Internetplattform anbieten und daher Beeinträchtigungen der geschäftlichen Interessen des Anspruchstellers durch die vermeintlich günstigeren Angebote des Gegners nicht von vornherein auszuschließen sind. Ein solches konkretes Wettbewerbsverhältnis wurde etwa verneint zwischen Herstellern und Anbietern von Luxuskosmetika einerseits und dem Betreiber eines Online-Marktplatzes andererseits1. In einer Entscheidung zur unaufgeforderten Zusendung von E-Mail-Werbung hat der BGH ein konkretes Wettbewerbsverhältnis in Ermangelung eines Absatzes gleichartiger Dienstleistungen verneint, einen Unterlassungsanspruch jedoch wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB angenommen2. In dieser Entscheidung wird eine Beschränkung des Mitbewerberbegriffs gesehen, da ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, das bisher auch für branchenverschiedene Anbieter angenommen wurde3, danach auf das Anbieten gleichartiger Waren beschränkt ist.
5
Ebenfalls verneint wurde ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Betreiber einer Wirtschaftsauskunftei und einer Gesellschaft sowie deren Geschäftsführer wegen nachteiliger Angaben in der Wirtschaftsdatei,4 zwischen einem Herausgeber eines Hotelführers und einem Hotel5 oder zwischen dem Anbieter von Waren in einem Ladengeschäft, über dessen Internetauftritt keine Warenbestellung möglich ist, und einem gewerblichen Versandhandel über das Internet-Auktionshaus eBay,6 ebenso wie zwischen dem Betreiber eines privaten Rundfunksenders und dem Vertrieb eines mit verschiedenen Funktionen zur Nutzung des Mediums Fernsehen ausgestatteten Geräts.7 Bejaht wurde hingegen ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen einem im Internet als gewerblicher Händler bei eBay auftretenden Gas- und Wasserinstallateur, der bei eBay Computerartikel vertreibt, und einem Rechenzentrum, das nicht mehr verwendete Computer-Hardware über verschiedene Plattformen verkauft.8 Neben der Vergleichbarkeit der Waren und Dienstleistungen ist für das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses auch der räumliche Wirkungsbereich der vermeintlichen Verletzungshandlung maßgeblich9. So wurde ein konkretes Wettbewerbsverhältnis beispielsweise verneint für den Anbieter
6
1 OLG Koblenz v. 8.8.2006 – 4 U 268/06, GRUR-RR 2006, 380. 2 BGH, Beschluss v. 20.5.2009 – I ZR 218/07 – E-Mail Werbung II, GRUR 2009, 980 (981 f.). Ausführlich zu den Auswirkungen dieser Entscheidung und die dadurch bedingte Beschränkung des Mitbewerberbegriffs Sack, GRUR 2011, 953 (961 f.). 3 Grundlegend etwa BGH v. 29.11.1984 – I ZR 158/82 – Dimple, GRUR 1984, 550 (552); BGH v. 9.6.1994 – I ZR 272/91 – McLaren, GRUR 1994, 732. 4 OLG Stuttgart v. 12.12.2002 – 2 U 103/02, NJW-RR 2003, 1410 (1412). 5 OLG Frankfurt v. 24.1.1974 – 6 U 51/73 – Vartaführer, NJW 1974, 1568 (1568). 6 LG Hof v. 26.1.2007 – 24 O 12/07, MMR 2007, 460 (461). 7 BGH v. 24.6.2004 – I ZR 26/02 – Werbeblocker, WRP 2004, 1272 (1274). 8 OLG Hamm v. 28.2.2006 – 4 U 196/07, MMR 2008, 469. 9 S. zum räumlich relevanten Markt etwa Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 33 Rz.41 mit weiteren Rechtsprechungsbeispielen.
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von Glücksspielen auf einem eingeschränkten Konzessionsgebiet gegenüber einem Sportwettenangebot außerhalb seines Konzessionsgebietes.1
2. Anspruchsberechtigter 7
Zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ist berechtigt, wer als Mitbewerber durch eine unlautere geschäftliche Handlung individuell beeinträchtigt ist oder wer nach den Regelungen in § 8 Abs. 3 UWG zur Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche gesondert befugt ist. Das Recht des unlauteren Wettbewerbs dient zwar neben dem Schutz der Mitbewerber gegenüber Wettbewerbsbeeinträchtigungen insbesondere nach der Neufassung aufgrund der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken auch dem Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher wie auch anderer Marktteilnehmer an einem unverfälschten Wettbewerb. Eine Möglichkeit der unmittelbaren Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche durch Verbraucher wird durch das Recht des unlauteren Wettbewerbs jedoch nicht eingeräumt. Die Durchsetzung der dem Verbraucherschutz dienenden Verbote unlauterer Wettbewerbshandlungen erfolgt vielmehr durch qualifizierte Einrichtungen im Sinne des § 4 UklaG. Bei diesen qualifizierten Einrichtungen handelt es sich um rechtsfähige Verbände, die in einer vom Bundesverwaltungsamt geführten Liste oder in einem entsprechenden Verzeichnis der Kommission der Europäischen Union eingetragen sind. Das typische Beispiel solcher qualifizierter Einrichtungen sind die Verbraucherzentralen.2
8
Neben dem unmittelbar betroffenen Mitbewerber sind gemäß § 8 Abs. 2 UWG auch Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche befugt. Hierzu zählen insbesondere etwa die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. und vergleichbare Wettbewerbsvereine, die die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche im Interesse ihrer Mitglieder durchsetzen. Hierzu gehört etwa auch der Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.“, der die Lauterkeit bei der Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Angehörigen der Fachkreise in medizinischen Einrichtungen auf der Grundlage eines eigenen Verhaltenskodex (FSAKodex) überwacht und etwaige Verstöße auch gegenüber Nichtmitgliedern verfolgen kann.3 Als ausschlaggebend für die erforderliche erhebliche Anzahl von 1 BGH v. 14.2.2008 – I ZR 187/04, juris; BGH v. 28.9.2011 – I ZR 189/08, juris bejaht dagegen einen Wettbewerbsverstoß eines ausländischen Anbieters von Sportwetten via Internet. 2 Weiterführend hierzu Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 34 Rz. 17;/SchmitzFohrmann/Schwab in Götting/Nordemann, § 8 UWG Rz. 139; eine Übersicht über die qualifizierten Einrichtungen in Deutschland findet sich bei Köhler in Köhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 3.53. Aktuell zur Klagebefugnis von Verbraucherzentralen auch BGH v. 22.9.2011 – I ZR 229/10, GRUR 2012, 415. 3 LG München I v. 12.1.2008 – 1 HK O 13279/07, Magazindienst 2008, 412 (418 f.). Hierzu ist allerdings die Entscheidung des BGH v. 9.9.2010 – I ZR 157/08 – FSA-Kodex, GRUR 2011, 431 zu berücksichtigen, nach der ein Verhalten, das gegen einen Verhaltenskodex eines Unternehmensverbands verstößt, nicht bereits deshalb eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG darstellt.
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II. Verfahrensrechtliche Grundlagen
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Mitgliedsunternehmen wurde, insoweit ungeachtet der geringen Anzahl von Mitgliedsunternehmen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Arzneimittelunternehmen auf dem deutschen Markt, angesehen, dass diese 70 % der Umsätze des deutschen Arzneimittelmarktes repräsentieren.1 Voraussetzung für die Anspruchsbefugnis eines Verbandes ist es, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Mitgliedsunternehmen angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Zwischen dem Verletzer und dem Verband muss also ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis bestehen.2 Bei der Prüfung, ob Unternehmer Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG absetzen, ist insoweit nicht auf das Gesamtsortiment des als Verletzer in Anspruch Genommenen, sondern grundsätzlich auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist.3 Die Klagebefugnis eines Verbandes erfordert nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG außerdem, dass ein Verband nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und dass die angegriffene geschäftliche Handlung die Interessen eines Mitgliedes berührt. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer hinreichenden finanziellen Ausstattung legt die Rechtsprechung einen großzügigen Maßstab an. Eine unzureichende finanzielle Ausstattung des Verbands kann danach grundsätzlich nur angenommen werden, wenn das bei zurückhaltender Betrachtung realistische Kostenrisiko des Verbands seine dafür verfügbaren Mittel spürbar übersteigt.4
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Ein Vorgehen über einen Verband kann für einen betroffenen Mitbewerber insbesondere deswegen von Vorteil sein, weil ein Angriff gegen tatsächlich oder vermeintlich wettbewerbsbeeinträchtigende Handlungen nicht selten dazu führt, dass der Anspruchsteller selbst Ziel einer genauen Beobachtung seiner Wettbewerbstätigkeit wird und sich ggf. selbst Angriffen durch den Anspruchsgegner ausgesetzt sieht.
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3. Anspruchsverpflichteter Der Anspruchsgegner bzw. Unterlassungsschuldner ist anders als der Anspruchsberechtigte im UWG nicht im Einzelnen definiert. § 8 UWG geht in der Fassung nach der UWG-Novelle 2008 davon aus, dass auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wer eine nach § 3 oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt. Als mögliche Anspruchsgegner kommen danach insbesondere Täter einer objektiv widerrecht1 LG München I v. 12.1.2008 – 1 HK O 13279/07, Magazindienst 2008, 412 (418 f.); hierzu auch BGH v. 19.6.1997 – I ZR 72/95 – Händlervereinigung, GRUR 1998, 170 (170 f.) = WRP 1997, 1070 (1071 f.). 2 Vgl. etwa LG Gießen v. 2.10.2007 – 6 O 43/07, Magazindienst 2007, 1235 (1236). 3 BGH v. 16.3.2006 – I ZR 103/03 – Sammelmitgliedschaft IV, WRP 2006, 1023 (1024). 4 BGH v. 17.8.2011 – I ZR 148/10 – „Glücksspielverband“, GRUR-Prax 2012, 146 (Leitsätze).
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lichen geschäftlichen Handlung in Betracht. Daneben kann aber unter Umständen auch gegen einen Dritten vorgegangen werden, der als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB verantwortlich ist, obwohl er nicht die besonderen Voraussetzungen an die Person des Täters erfüllt1. Als Teilnehmer haftet auf Unterlassung, wer – zumindest bedingt – vorsätzlich den Wettbewerbsverstoß eines anderen fördert. Dabei gehört zum Teilnehmervorsatz nicht nur die Kenntnis der objektiven Tatbestandsmerkmale, sondern auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat.2. a) Anspruchsverpflichteter Verletzer 12
Schuldner der wettbewerbsrechtlichen Abwehransprüche ist zunächst der Verletzer bzw. derjenige, der dem Verbot unlauteren Wettbewerbs nach §§ 3, 7 UWG zuwiderhandelt. Daher richten sich die wettbewerbsrechtlichen Abwehransprüche gegen den Täter, mittelbaren Täter sowie Mittäter eines Wettbewerbsverstoßes. Daraus ergibt sich, dass sich die wettbewerbsrechtlichen Abwehransprüche auch gegen mehrere Anspruchsgegner richten können. Daneben können auch Teilnehmer, also Anstifter und Gehilfen im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB als Schuldner der Abwehransprüche herangezogen werden, so etwa ein Unternehmen, das Ärzte zu unzulässigen Werbeveranstaltungen in ihren Praxisräumen veranlasst.3 Als Verletzer kann darüber hinaus auch in Anspruch genommen werden, wer als Veranstalter für eine Seminarveranstaltung auftritt und durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass er die einen Mitbewerber herabsetzenden Äußerungen des Referenten billigt und sich zu eigen macht. Eine Sonderfrage bei der Beurteilung des Anspruchsverpflichteten stellt sich bei gesetzlichen Krankenkassen, die nur in eingeschränktem Umfang am Wettbewerb teilnehmen. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgen diese einen rein sozialen Zweck und üben insoweit grundsätzlich keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Die deutschen gesetzlichen Krankenkassen erbringen im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen ohne eine Gewinnerzielungsabsicht. Ihre Tätigkeit beruhe auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität. Daher konkurrieren gesetzliche Krankenkassen weder miteinander noch mit den privaten Einrichtungen hinsichtlich der Erbringung des gesetzlich vorgeschriebenen Leistungskatalogs der Krankenversicherung.4 Die Frage, ob eine unlautere Geschäftspraxis auch darin liegen kann, dass eine gesetzliche Krankenkasse gegenüber ihren Mitgliedern (irreführende) Angaben darüber macht, welche Nachteile den Mitgliedern im Falle eines Wechsels zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse 1 In diesem Sinne hat etwa der BGH (BGH v. 12.7.2007 – I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, ZUM 2007, 846 [847 f.]) eine täterschaftliche Verantwortlichkeit des Auktionshauses e-bay im Hinblick auf das entsprechende Versandhandelsverbot verneint, aber eine Verantwortlichkeit nach § 3 UWG wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bejaht 2 BGH v. 3.7.2008 – I ZR 145/05 – Kommunalversicherer, GRUR 2008, 810 (812). 3 OLG Frankfurt v. 14.4.2005 – 6 U 111/04 – Verkauf in Praxisräumen, GRUR-RR 2005, 230 (231). 4 EuGH (Plenum) v. 16.3.2004 – Rs. C-264/01, C-306/01, C-354/01, C-355/01, NJW 2004, 2723 (2724).
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entstehen, wird vom BGH grundsätzlich bejaht, er hat diese Frage jedoch dem EuGH vorgelegt.1, Hinsichtlich von Zuwiderhandlungen, die von Mitarbeitern oder Beauftragten in einem Unternehmen begangen werden, richten sich die wettbewerbsrechtlichen Abwehransprüche nach § 8 Abs. 2 UWG gegen den Inhaber des Unternehmens. Die Regelung des § 8 Abs. 2 UWG ist dabei sowohl als Zurechnungsnorm wie auch als eigene Anspruchsgrundlage zu verstehen.2
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b) Anspruchsverpflichteter Dritter Neben der Heranziehung des Verletzers als Anspruchsgegner leitete die Rechtsprechung über längere Zeit aus den §§ 862 und 1004 BGB eine besondere „Störerhaftung“ im Wettbewerbsrecht ab, die aber entgegen der ursprünglichen sehr weitgehenden Anwendung zunächst nur noch eingeschränkt zur Anwendung kommen sollte und schließlich in den dem Verhaltensunrecht zuzuordnenden Fällen und damit auch im Lauterkeitsrecht gänzlich aufgegeben wurde3. An die Stelle der so genannten Störerhaftung tritt seitdem die Haftung des Täters und Teilnehmers als Mitwirkung an einem fremden Wettbewerbsverstoß, die einen selbstständigen Wettbewerbsverstoß aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht darstellt.
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Der Bundesgerichtshof stellt daher nunmehr bei der Heranziehung Dritter als Anspruchsverpflichtete auf eine Verletzung von Verkehrspflichten ab, die eine eigene (täterschaftliche) Verletzungshandlung begründet.4 Wer durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die ernsthafte Gefahr begründet, dass Dritte durch das Wettbewerbsrecht geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, ist danach aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht dazu verpflichtet, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Wer in dieser Weise gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verstößt, ist Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung.5 Bei Verstößen gegen Verbotsnormen, denen der Mitwirkende nicht selbst unterworfen ist, ist die wettbewerbsrechtliche Haftung dadurch begrenzt, dass die Erfüllung der in einem solchen Fall vorausgesetzten Prüfungspflichten dem in Anspruch Genommenen zumutbar sein muss.6
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Einzelfälle einer solchen Haftung Dritter aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten sind insbesondere die Fälle, in denen an einer wettbewerbswidrigen Werbung eines reglementierten Berufes (Ärzte, Rechtsanwälte oder 1 BGH v. 18.1.2012 – I ZR 170/10, GRUR 2012, 288. 2 Fritzsche in MünchKomm., § 8 UWG Rz. 293; sowie allgemein zur Haftung des Unternehmensinhabers Fritzsche in MünchKomm., § 8 UWG Rz. 292 ff.; Büscher in Fezer, § 8 UWG Rz. 168 ff. 3 BGH v. 22.7.2010 – I ZR 139/08 – Kinderhochstühle im Internet, GRUR 2011, 152; hierzu etwa Gräbig, MMR 2011, 504. 4 BGH v. 12.7.2007 – I ZR 18/07 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, WRP 2007, 1173 (1177); hierzu auch Köhler, GRUR 2008, 1 (2 ff.); Leistner/Stang, WRP 2008, 533 (534 f.). 5 BGH v. 12.7.2007 – I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, ZUM 2007, 846 (847). 6 BGH v. 10.10.1996 – I ZR 129/94 – Architektenwettbewerb, WRP 1997, 325 (326).
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Architekten) mitgewirkt wird,1 oder die Verantwortlichkeit von Resellern, des Betreibers eines Sharehosting-Dienstes2 sowie von Netzbetreibern3 oder die Teilnehmerhaftung des Admin-C für eine Internet-Adresse.4 Ebenso wurde eine Verantwortlichkeit bejaht für den Veranstalter einer Werbesendung, der durch die Einbeziehung von Telefonanrufen in sein Sendekonzept wettbewerbsrechtlich eine Gefahrenquelle eröffnet. Es obliegt ihm daher im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht, etwaigen werberechtlich unzulässigen krankheitsbezogenen Äußerungen der Zuschauer in aktiver Weise wirksam entgegenzutreten, und den für die Sendung Verantwortlichen, sich in jedem Einzelfall ausdrücklich, unmissverständlich und ernsthaft von den problematischen Äußerungen zu distanzieren.5 Nicht als Schuldner in Anspruch genommen werden kann dagegen bei Wettbewerbsverstößen im Internet ein Unternehmen, das lediglich als Vermittlerin des Zugangs zum Internet (Access-Provider) tätig ist.6 16
Zu berücksichtigen ist bei dieser Haftung aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten allerdings, dass der Anspruchsgegner grundsätzlich nur auf Unterlassung oder Beseitigung in Anspruch genommen werden kann, nicht dagegen auf Schadensersatz.7 Die für die Haftung von Internet-Providern als Anbieter von Tele- und Mediendiensten nach §§ 8–11 TDG geltenden Sonderregelungen zur Verantwortlichkeit betreffen lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadenersatzhaftung und schließen Abwehransprüche aus wettbewerbsrechtlicher Störerhaftung damit nicht aus.8
4. Verfügungsansprüche 17
Die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gegenüber oder infolge unlauteren geschäftlichen Handlungen ergeben sich aus §§ 8–10 UWG. Danach kann von dem Verletzer insbesondere die Beseitigung der Störung verlangt werden, sowie im Falle der Wiederholungsgefahr die Unterlassung der nach §§ 3, 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG). Ein Unterlassungsanspruch besteht darüber hinaus nach § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht, also im Falle einer so genannten Erstbegehungsgefahr. Darüber hinaus bestehen gegenüber dem Verletzer nach §§ 9 und 10 UWG auch Schadenersatzansprüche sowie eine Möglichkeit zur Gewinnabschöpfung zugunsten des Bundeshaushalts. 1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. etwa BGH v. 21.2.2002 – I ZR 281/99 – Vanity-Nummer, WRP 2002, 1050. OLG Hamburg v. 2.7.2008 – 5 U 73/07 – Rapidshare, NJOZ 2008, 4927 (4938). Vgl. etwa OLG Stuttgart v. 1.8.2002 – 2 U 47/01, MMR 2002, 746. Vgl. LG Bonn v. 23.2.2005 – 5 S 197/04, CR 2005, 527; LG Hamburg v. 5.4.2007 – 327 O 699/06, MMR 2007, 608/609. OLG Düsseldorf v. 23.9.2010 – I-6 U 135/09, Magazindienst 2010, 1193. OLG Frankfurt v. 22.1.2008 – 6 W 10/08, WRP 2008, 377/378; LG Düsseldorf v. 13.12.2007 – 12 O 550/07, MMR 2008, 349; s. hierzu auch Spindler, MMR 2008, 167 (168). BGH v. 22.10.2001 – I ZR 22/99 – Meißner Dekor, WRP 2002, 532 (533); BGH v. 22.4.2004 – I ZR 303/01 – Verabschiedungsschreiben, WRP 2004, 1021 (1023). BGH v. 11.3.2004 – I ZR 304/01 – Internet-Versteigerung, WRP 2004, 1287 (1289 ff.).
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Der Gegenstand des Verfügungsanspruches richtet sich auf eine nach §§ 3–7 UWG unlautere geschäftliche Handlung. Als „geschäftliche Handlung“ gilt dabei nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG im Grundsatz jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren und Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Unternehmer ist dabei jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen einer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG). Im Übrigen ist der eigentliche Unlauterkeitsvorwurf eine Frage des materiellen Rechts, die verfahrensrechtlich keine spezifischen Auswirkungen hat. a) Unterlassungsanspruch Für den einstweiligen Rechtsschutz spielt jedoch in erster Linie der Unterlassungsanspruch eine Rolle, da sich der einstweilige Rechtsschutz auf die Erzielung einer vorläufigen Regelung richtet und wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache, Auskunfts-, Beseitigungs- oder Schadenersatzansprüche in aller Regel nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden können.
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Der Unterlassungsanspruch ergibt sich in erster Linie als gesetzlicher Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 i.V.m. § 3 UWG gegenüber unlauteren geschäftlichen Handlungen. Was dabei im Einzelnen als unlautere geschäftliche Handlung anzusehen ist, ergibt sich aus den Regelungen in §§ 4–7 UWG.1
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Neben dem gesetzlichen Unterlassungsanspruch spielen darüber hinaus auch vertragliche Unterlassungsansprüche im Wettbewerbsrecht eine nicht unwesentliche Rolle. Diese vertraglichen Unterlassungsansprüche können sich aus selbständig vereinbarten wettbewerbsrechtlichen Regelungen in einem Vertrag ergeben, beispielsweise aus Abgrenzungsvereinbarungen oder aus Wettbewerbsklauseln in Mitarbeiter- oder Gesellschaftsverträgen. Die wesentliche Rolle spielen vertragliche Unterlassungsansprüche im Wettbewerbsrecht aber als Unterlassungsansprüche aus Unterlassungsverpflichtungserklärungen, die infolge einer berechtigten Abmahnung zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr einer begangenen Zuwiderhandlung abgegeben werden und an die Stelle des ursprünglichen gesetzlichen Unterlassungsanspruches treten.2
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Der Unterlassungsanspruch setzt gemäß § 8 Abs. 1 UWG eine Begehungsgefahr voraus, also die ernsthafte Besorgnis einer zukünftigen Zuwiderhandlung gegen das Verbot unlauteren Wettbewerbs. Die Begehungsgefahr kann sich dabei in
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1 Das UWG 2008 hat zur Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) geführt und sieht insoweit einen neuen § 5a UWG über die Irreführung durch Unterlassen sowie in § 7 Abs. 2 UWG einen Katalog wettbewerbswidriger unzumutbarer Belästigungen vor. Daneben sind in einer „per se“-Liste gemäß § 3 Abs. 3 UWG im Anhang geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern aufgeführt, die stets als unzulässig anzusehen sind. 2 S. hierzu auch Teplitzky, Kap. 1 Rz. 5.
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erster Linie aus der Wiederholungsgefahr einer bereits erfolgten Zuwiderhandlung gegen ein Wettbewerbsverbot ergeben (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG). Bei der Wiederholungsgefahr hat der Anspruchsgegner also bereits schon einmal einen Wettbewerbsverstoß begangen, und es muss zu befürchten sein, dass der Schuldner des Unterlassungsanspruchs diese Zuwiderhandlung wiederholt. Aus der bereits erfolgten Zuwiderhandlung ergibt sich eine tatsächliche, wenn auch widerlegliche, Vermutung dafür, dass der Verletzer in entsprechender Weise auch zukünftig wettbewerbsrechtlich unzulässige geschäftliche Handlungen vornimmt. Diese Vermutung zu widerlegen ist damit Sache des Verletzers. Dieser kann die grundsätzlich vermutete Gefahr der Wiederholung in der Regel nur durch Abgabe einer uneingeschränkten, bedingungslosen und strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigen, die eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Verletzers erkennen lassen muss, dass er den Wettbewerbsverstoß nicht wiederholen wird (s. zur strafbewehrten Unterlassungserklärung im Einzelnen Rz. 75 f.). Eine Ausräumung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung tritt dabei auch in dem Fall ein, dass die Unterlassungserklärung bereits einem Dritten gegenüber abgegeben worden ist (so genannte Drittunterwerfung1). Dies gilt allerdings auch nur dann, wenn dem Dritten gegenüber eine ausreichende Erklärung abgegeben wurde.2 Im Hinblick auf die Beseitigung der Wiederholungsgefahr problematisch ist ferner die so genannte „aufgedrängte Drittunterwerfung“ bei der der Verletzer nach Abmahnung durch einen Mitbewerber gegenüber einem Wettbewerbsverband unaufgefordert eine Unterwerfungserklärung abgibt. Eine solche Drittunterwerfung soll die Wiederholungsgefahr jedenfalls dann nicht beseitigen, wenn der Verband die Unterlassungserklärung nicht angenommen hat.3 22
Zu berücksichtigen ist, dass auch nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr wieder neu entstehen kann, wenn der Unterlassungsschuldner nach Abgabe der Erklärung dieser erneut zuwiderhandelt.4 Außerhalb der Abgabe einer Unterlassungserklärung wird die Wiederholungsgefahr nur in besonderen Fällen beseitigt, wobei selbst bei Geschäftsaufgabe oder im Falle der Liquidation des Unternehmens des Verletzers die Gefahr fortbestehen kann, dass der Unternehmensinhaber eine ähnliche Tätigkeit wieder aufnimmt und die Wiederholungsgefahr damit nicht automatisch beseitigt ist.5 Die aus einer bereits begangenen Zuwiderhandlung zu vermutende Wiederholungsgefahr bezieht sich nicht lediglich auf die exakte Wiederholung genau 1 Grundlegend BGH v. 2.12.1982 – I ZR 121/80, WRP 1983, 264 (265); hierzu auch Gruber, GRUR 1991, 354. 2 S. hierzu OLG Hamm v. 8.4.1986 – 4 U 382/85, WRP 1987, 261 (263). 3 OLG Frankfurt a.M. v. 9.10.2008 – 6 U 128/08, juris. 4 S. etwa Bornkamm in Köhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 1.45; Teplitzky, Kap. 8 Rz. 46 ff., die sich zugleich gegen den Begriff des Wiederauflebens der Wiederholungsgefahr wenden. 5 OLG Hamm v. 23.5.2006 – 4 U 56/06, juris; OLG Frankfurt v. 8.7.1999 – 6 U 61/99, NJWE-WettbR 2000, 85 (86); BGH v. 16.1.1992 – I ZR 84/90 – Jubiläumsverkauf, WRP 1992, 314 (316); Teplitzky, Kap. 7 Rz. 11; hierzu auch Fritzsche in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 79 Rz. 19.
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derselben geschäftlichen Handlung, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen.1 Neben der Wiederholungsgefahr kann sich eine Begehungsgefahr gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG auch in Form einer Erstbegehungsgefahr ergeben. Eine solche kann insbesondere daraus hergeleitet werden, dass der Anspruchsgegner bereits Vorbereitungshandlungen für bestimmte Wettbewerbsmaßnahmen trifft oder sich eines Verhaltens berühmt, das eine Zuwiderhandlung gegen ein wettbewerbsrechtliches Verbot darstellt.2 Eine Erstbegehungsgefahr kann unter dem Gesichtspunkt der Berühmung auch aus Erklärungen abgeleitet werden, die der in Anspruch Genommene im Rahmen der Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren abgibt. Die bloße Verteidigung gegen die Klage mit der Begründung, das beanstandete Verhalten sei nicht wettbewerbswidrig, begründet jedoch als solche noch keine Erstbegehungsgefahr.3 Da dem Unterlassungsanspruch infolge einer Erstbegehungsgefahr keine Zuwiderhandlung vorausgeht, wird er auch als vorbeugender Unterlassungsanspruch bezeichnet. Für einen solchen vorbeugenden Unterlassungsanspruch muss der Anspruchsteller seinerseits die Gründe, aus denen sich eine Erstbegehungsgefahr ergeben kann, vortragen und glaubhaft machen. Dem Anspruchsgegner steht im Gegenzug die Möglichkeit offen, die Gründe vorzutragen, die die Erstbegehungsgefahr beseitigen. Dabei ist es zur Beseitigung grundsätzlich ausreichend, ein entgegengesetztes Verhalten vorzutragen, etwa im Falle der Berühmung die Aufgabe der Berühmung.4
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b) Sonstige Ansprüche Der in § 8 Abs. 1 UWG neben dem Unterlassungsanspruch geregelte Beseitigungsanspruch, der sich auf die Beseitigung eines aufgrund wettbewerbswidriger Verhaltensweisen eingetretenen beeinträchtigenden Zustands richtet, ist seiner Natur nach auf eine endgültige Anspruchsbefriedigung gerichtet und damit im Grundsatz nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzbar. In begrenztem Umfang kann jedoch auch ein Beseitigungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, wenn die Beseitigung keinen endgültigen Zustand herbeiführt.5
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In der Regel bedarf es einer gesonderten Durchsetzung eines Beseitigungsanspruches im einstweiligen Verfügungsverfahren allerdings bereits deswegen nicht, da die Einhaltung eines im Rahmen einer einstweiligen Verfügung er-
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1 S. hierzu auch Fritzsche in MünchKomm., § 8 UWG Rz. 36. 2 S. zur Berühmung insbesondere Bornkamm in Köhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 1.18. 3 Vgl. BGH v. 26.1.2006 – I ZR 121/03 – Schlank-Kapseln, WRP 2006, 584 (586); BGH v. 31.5.2001 – I ZR 106/99 – Berühmungsaufgabe, GRUR 2001, 1174 (1175) m.w.N. 4 BGH v. 31.5.2001 – I ZR 106/99 – Berühmungsaufgabe, GRUR 2001, 1174 (1175); Bornkamm in Köhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 1.27; Fritzsche in MünchKomm., § 8 UWG Rz. 89 ff. Kritisch zur Beseitigung der Erstbegehungsgefahr durch bloßes entgegengesetztes Verhalten Köhler, GRUR 2011, 879 (880 f.). 5 S. etwa OLG Hamburg v. 27.7.1995 – 3 U 105/95, Pharmarecht 1996, 2 (4) zur Durchsetzbarkeit eines Folgenbeseitigungsanspruches bei einem Wettbewerbsverstoß eines Pharmaherstellers durch Versenden von Patienten-Informationsblättern.
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wirkten Unterlassungsgebotes auch die Verpflichtung umfasst, den wettbewerbswidrigen Zustand zu beseitigen.1 Die Unterlassungsverpflichtung erschöpft sich nicht im bloßen Nichtstun, sondern umfasst auch die Vermeidung einer zukünftigen Verletzungshandlung. Soweit etwa der Antragsgegner zur Unterlassung einer herabsetzenden Werbeaussage im Rahmen seiner Internetpräsenz verpflichtet ist, liegt auf der Hand, dass daraus auch die Verpflichtung folgt, die wettbewerbswidrige Aussage aus dem Internetauftritt zu beseitigen. Gleiches gilt aber etwa auch für das Beseitigen einer wettbewerbswidrigen Fassadenbemalung oder unter Umständen das Rückrufen wettbewerbswidriger Werbematerialien oder beispielsweise irreführend gekennzeichneter Waren, soweit der Unterlassungsschuldner hierüber noch Verfügungsgewalt hat.2 Kein Beseitigungsanspruch ergibt sich jedoch gegen einen Access-Provider in Form einer Sperrung der Zugangsmöglichkeiten seiner Kunden zu Internetseiten mit unzulässigen Inhalten.3 26
Dem durch eine unlautere Wettbewerbshandlung Beeinträchtigten stehen darüber hinaus auch Auskunftsansprüche zu. Der akzessorische Auskunftsanspruch dient als Hilfsanspruch dazu, dem Berechtigten die Durchsetzung von Schadensersatz- und Beseitigungsansprüchen zu ermöglichen. Ein auf Auskunft gerichteter Antrag kann im Allgemeinen nicht durch eine einstweilige Verfügung angeordnet werden, da die Auskunftserteilung mit dem lediglich vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren ist.4 Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Möglichkeit der Durchsetzung von Auskunftsansprüchen im Rahmen einstweiliger Verfügungen in einigen spezialgesetzlichen Regelungen ausdrücklich normiert ist, so etwa in § 19 Abs. 3 MarkenG. Außerhalb solcher spezialgesetzlichen Regelungen kann die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nur in besonderen Ausnahmefällen erfolgen, wenn anderenfalls ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet ist.5 Ein besonderer Auskunftsanspruch ist darüber hinaus für bestimmte Einrichtungen in § 8 Abs. 5 UWG geregelt, der der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen durch Mitteilung des Namens und einer zustellungsfähigen Anschrift dient.6
5. Verfügungsgrund 27
Während das ordentliche Klageverfahren auf eine umfassende materiell-rechtliche Prüfung des Sachverhaltes auf der Grundlage eines umfassend bewiesenen Sachverhalts gerichtet ist, in dem der Angegriffene sich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung umfassendes rechtliches Gehör verschaffen kann, be1 S. hierzu etwa Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 94 Rz. 5; Teplitzky, Kap. 1 Rz. 11. 2 Büscher in Fezer, § 8 UWG Rz. 8; BGH v. 25.1.2001 – I ZR 120/98 – SPA, WRP 2001, 546 (548); OLG Celle v. 1.2.1995 – 13 U 83/94; s. aber auch OLG Brandenburg v. 30.1.2007 – 6 U 48/06, juris; OLG Hamburg v. 4.7.1996 – 3 U 192/95, NJWE WettbR 1997, 56. 3 LG München I v. 3.9.2009 – 4 HK O 16685/08, CR 2009, 815 mit Anm. Schnabel. 4 OLG Düsseldorf v. 29.11.2011 – I-23 U 70/11, juris. 5 Vgl. auch Büscher in Fezer, § 12 UWG Rz. 72; Teplitzky, Kap. 54 Rz. 11. 6 S. hierzu Büscher in Fezer, § 8 UWG Rz. 243 ff.
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ruht der einstweilige Rechtsschutz, der eine vorläufige Regelung auf der Grundlage eines summarischen Verfahrens herbeiführt, auf der Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung. Die Durchsetzung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruches durch eine einstweilige Verfügung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kann daher grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn die Angelegenheit eilbedürftig ist (Verfügungsgrund). Dem Gläubiger kommt insoweit jedoch die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG zugute. Diese stellt allerdings keine unwiderlegliche Vermutung dar, sondern kann durch Tatsachen widerlegt werden, die gegen die Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung sprechen. Soweit sich diese Tatsachen nicht bereits aus dem eigenen Vortrag des Anspruchstellers ergeben, muss der Anspruchsgegner diese vortragen und zumindest glaubhaft machen. Im Gegenzug kann der Gläubiger seinerseits glaubhaft machen, warum trotz der entgegenstehenden Argumente die Angelegenheit unverändert dringlich geblieben ist.
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Hauptfall der Widerlegung der Dringlichkeit ist es, wenn der Antragsteller mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet. Es kommt dabei jedoch nicht darauf an, seit wann der Wettbewerber gegen das Verbot unlauteren Wettbewerbs zuwidergehandelt hat, sondern wann der Wettbewerbsverstoß dem Mitbewerber positiv bekannt war.1 Die Kenntnis besteht aber auch dann, wenn zwar nicht die konkrete Verletzungshandlung bekannt war, aber kerngleiche Verletzungshandlungen im Vorfeld hingenommen worden sind, ohne dass hiergegen vorgegangen wurde.2 Dabei ist dem Anspruchsteller die Kenntnis Dritter ggf. gemäß § 166 BGB zuzurechnen. Eine fahrlässige Unkenntnis ist nicht dringlichkeitsschädlich, unter Umständen kann aber entsprechend dem Beginn der Verjährung eine grob fahrlässige Unkenntnis schädlich sein, etwa wenn der Verstoß offenkundig ist.3
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Welcher Zeitraum ab Kenntnis dringlichkeitsschädliche Wirkung hat, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. So wird teilweise bei einem Zuwarten von mehr als einem Monat ab Kenntnis die Dringlichkeit bereits verneint,4 während teilweise eine schematische Zugrundelegung auch eines zweimonatigen Zeitraums abgelehnt wird und auch noch längere Zeiträume bis zum Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist die Dringlichkeit nicht widerlegen.5 Eine Widerlegung der Dringlichkeit kann sich auch noch während des Verfügungsverfahrens ergeben, etwa, wenn gegenüber einem erstinstanzlich zurückgewiesenen wettbewerbsrechtlichen Verfügungsanspruch lediglich mit ei1 S. auch OLG Hamburg v. 25.2.1999 – 3 U 272/98 – Doppelkeks mit Kakao-Creme-Füllung, WRP 1999, 683 (684). 2 OLG Hamburg v. 16.12.2010 – 3 U 161/09, PharmR 2011, 99 (101 f.). 3 OLG Köln v. 15.7.2011 – 6 U 34/11, MMR 2011, 742; so auch, allerdings im konkreten Fall verneinend, OLG Hamburg v. 10.1.2002 – 3 U 166/01, MDR 2002, 1026. 4 So etwa OLG München v. 9.8.1990 – 6 U 3296/90 – Dringlichkeitsvermutung, GRUR 1992, 328. 5 OLG Hamburg v. 20.4.1995 – 3 U 25/95 – Traumkonditionen, WRP 1995, 854.
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Unlauterer Wettbewerb
ner Anschlussberufung vorgegangen wird.1 Daneben können auch durch den Antragsteller verursachte Verfahrensverzögerungen, etwa durch Terminsverlegungsanträge, die Dringlichkeitsvermutung widerlegen.2 Selbst nach Erteilung einer einstweiligen Verfügung durch das angerufene Gericht kann eine Verzögerung bei der Zustellung die Dringlichkeit entfallen lassen3, sodass ungeachtet der insoweit ohnehin bestehenden Zustellungsfrist die Dringlichkeit für die gesamte Verfahrensdauer des einstweiligen Rechtsschutzes auch tatsächlich beachtet werden sollte. 30 " Praxistipp: Die Beurteilung des für die Dringlichkeitsvermutung ausreichenden Zeitraums ist regional unterschiedlich. Da das Verfügungsverfahren nur über zwei Instanzen verfügt, ist von einer einheitlichen Beurteilung nur innerhalb der jeweiligen OLG-Bezirke auszugehen. Dabei wird beispielsweise im Bereich der Oberlandesgerichte München, Karlsruhe, Koblenz und Hamm bereits nach einem Zeitraum von einem Monat die Dringlichkeitsvermutung regelmäßig als widerlegt angesehen.4 In diese Richtung tendiert wohl auch das OLG Frankfurt, das einen Zeitraum von sechs Wochen für die Dringlichkeitsschädlichkeit in Betracht zieht.5 Bei der Beurteilung der Dringlichkeit verhältnismäßig großzügig sind demgegenüber, jedenfalls bislang, das Landgericht Hamburg sowie das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg.6 Je nach dem für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung örtlichen zuständigen Gericht sollte daher die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens die entsprechenden Zeiträume berücksichtigen. 31
Ist die Dringlichkeitsvermutung aus einer Verletzungshandlung an sich als widerlegt anzusehen, stellt sich darüber hinaus die Frage, inwiefern erneute Verletzungshandlungen die Dringlichkeit wiederaufleben lassen können. Bei gleichartigen Verstößen wird dies regelmäßig nicht der Fall sein7, jedoch kann bei modifizierten Verletzungshandlungen unter Umständen von einer neu entstehenden Dringlichkeit ausgegangen werden.8
1 OLG Frankfurt v. 17.1.2012 – 6 U 159/11, juris; s. auch OLG Jena v. 29.10.2008 – 2 U 339/08, Magazindienst 2009, 184. 2 OLG Hamm v. 15.3.2011 – 4 U 200/10, juris. 3 Vgl. zur dringlichkeitsschädlichen Wirkung eines Zuwartens bei der Zustellung etwa Rehert, WRP 2011, 1041 (1046 f.). 4 OLG Hamm v. 13.4.2010 – 4 U 7/10, juris (sechs Wochen); OLG Hamm v. 27.3.2007 – 4 U 7/07, LMuR 2007, 76 (77); OLG Karlsruhe v. 25.4.2007 – 6 U 43/07, WRP 2007, 822; OLG Koblenz v. 23.2.2011 – 9 W 698/10, WRP 2011, 506 f.; OLG München v. 21.4.2011 – 6 U 4127/10, ZUM 2011, 576; OLG München v. 13.8.2007 – 29 W 2073/07, Magazindienst 2007, 973 (975). 5 Etwa OLG Frankfurt v. 9.12.2011 – 25 U 106/11, GRURPrax 2012, 149. 6 OLG Hamburg v. 20.8.2009 – 3 W 68/09, A&R 2009, 282 (285); OLG Hamburg v. 15.8.2007 – 5 U 173/06; WRP 2007, 1251 (1252); s. aber auch OLG Düsseldorf v. 19.4.2005 – I-20 U 212/04, Magazindienst 2005, 757. 7 KG v. 6.2.1992 – 25 U 6565/91, WRP 1992, 568 (Leitsatz 1). 8 Vgl. hierzu auch Koch/Vykyda, WRP 2005, 688 (689 ff.).
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II. Verfahrensrechtliche Grundlagen
Rz. 36
§ 18
6. Glaubhaftmachung Nach §§ 936, 920 ZPO ist im Rahmen des auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Verfahrens grundsätzlich der Verfügungsanspruch wie auch der Verfügungsgrund glaubhaft zu machen. Die in § 294 ZPO geregelte Glaubhaftmachung stellt einen geringeren Grad der Beweisführung dar, die lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen erfordert.
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Nach § 12 Abs. 2 UWG wird wegen der vermuteten Dringlichkeit wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche eine Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes nicht gefordert. Darüber hinaus ist auch eine Glaubhaftmachung der Wiederholungsgefahr in der Regel nicht erforderlich. Es reicht vielmehr aus, wenn der Wettbewerbsverstoß als solcher dargelegt und glaubhaft gemacht wird und die Wiederholungsgefahr behauptet wird,1 da diese nur dann entfällt, wenn ein rechtlich relevantes Verhalten des Verletzers vorliegt, aus dem sich ernsthaft und zuverlässig auf ein zukünftiges Wohlverhalten schließen lässt. Dies ist grundsätzlich nur bei Abgabe einer vertragsstrafebewehrten, vorbehalts- und bedingungslosen Unterlassungsverpflichtungserklärung der Fall.
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Als Glaubhaftmachungsmittel ist neben den allgemeinen Beweismitteln der ZPO insbesondere auch die eidesstattliche Versicherung zulässig und neben dem Augenschein ein in der Praxis überaus gebräuchliches Mittel. Der Vorteil der eidestattlichen Versicherung ist, dass sie regelmäßig schnell und auch leicht zu beschaffen ist. Sie ist angesichts der Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung allerdings auch nicht ohne Risiken. Eine leichtfertige Abgabe eidesstattlicher Versicherungen sollte daher unterbleiben. Neben der eidesstattlichen Versicherung durch einen möglichen Zeugen können auch eidesstattliche Erklärungen der Partei selbst zur Glaubhaftmachung verwendet werden.
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" Praxistipp: Üblicherweise bietet es sich an, den Text der eidesstattlichen 35 Versicherung des Anspruchsstellers oder der möglichen Zeugen selbst vorzuformulieren. Dabei sollte allerdings berücksichtigt werden, dass der Mandant im Interesse der Erzielung eines schnellen gerichtlichen Titels bisweilen vorschnell die von seinem Anwalt vorformulierte Erklärung absegnet oder seine Mitarbeiter zur Abgabe eidesstattlicher Versicherungen drängt. Vor diesem Hintergrund muss gerade bei selbst vorformulierten Erklärungen ein ausdrücklicher Hinweis auf die Strafbarkeit unrichtiger Erklärungen an Eides statt erfolgen und mit dem Unterzeichner erörtert werden, ob der Erklärungsinhalt auch den Tatsachen entspricht. Anderenfalls kann sich die Freude über den erzielten Erfolg schnell in ein erhebliches Ärgernis umwandeln.
Als Glaubhaftmachungsmittel sind nach § 294 Abs. 2 ZPO jedoch nur präsente Beweismittel statthaft, sodass eine Beweisführung durch Zeugen nur im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Betracht kommt, wenn der Zeuge in der Verhandlung präsent ist. Wegen der Möglichkeit der Glaubhaft1 Zur Glaubhaftmachung im Einzelnen Scharren in Ahrens, Kap. 50.
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Rz. 37
Unlauterer Wettbewerb
machung durch eidesstattliche Versicherungen ist eine Glaubhaftmachung über präsente Zeugen jedoch nicht allgemein üblich und nur in bestimmten Fällen sachgerecht. 37 " Praxistipp: Sofern zu vermuten ist, dass die gegnerische Partei zum Termin zur mündlichen Verhandlung einen präsenten Zeugen mitbringt, der über besondere technische oder fachspezifische Punkte Zeugnis leisten soll, sollte vorsichtshalber der Mandant oder ein Mitarbeiter des Mandanten mit entsprechenden Fachkenntnissen ebenfalls mit zum Termin genommen werden, um zu vermeiden, dass wegen des Fehlens entsprechender Fachkenntnisse beim Rechtsanwalt eine angemessene Befragung oder Erwiderung scheitert.
7. Vollziehung einstweiliger Verfügungen 38
Die im Bereich des unlauteren Wettbewerbs zum weit überwiegenden Teil maßgeblichen Unterlassungsverfügungen können nicht real vollstreckt werden, sondern wie bei der Erzwingung unvertretbarer Handlungen nach § 888 ZPO nur über eine mittelbare Einwirkung auf den Schuldner durch Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gemäß § 890 ZPO erzwungen werden. Die Unterlassungsverfügung muss hierzu jedoch vom Unterlassungsgläubiger vollzogen werden, indem er von der einstweiligen Verfügung Gebrauch macht. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung erfolgt dadurch, dass der Gläubiger die einstweilige Verfügung im Parteibetrieb dem Schuldner innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO zustellt.1 Die Vollziehung durch Zustellung im Parteibetrieb gilt dabei nach herrschender Ansicht sowohl für die Beschlussverfügung wie auch für die Urteilsverfügung, da auch die Amtszustellung der Urteilsverfügung für die Vollziehung nicht ausreicht.2 Ist die einstweilige Beschlussverfügung im Widerspruchsverfahren durch Urteil bestätigt worden, bedarf diese Urteilsverfügung der erneuten Vollziehung, wenn sie im Verhältnis zur Ausgangsverfügung eine wesentliche inhaltliche Änderung erfahren hat, wobei eine solche Änderung schon dann vorliegen kann, wenn ein zunächst allgemein gefasstes Verbot nur konkretisiert, neu gefasst oder erweitert wird.3
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Grundsätzlich erfolgt die Zustellung im Parteibetrieb an den Antragsgegner, die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten kann dann erfolgen, wenn sich dieser als zustellungsbevollmächtigt bestellt hat. Soweit der Prozessbevollmächtigte dem Gläubiger bekannt ist, ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 191 ZPO an diesen zuzustellen.4 Dies ist etwa der Fall, wenn der Prozessbevollmächtigte eine 1 Zur Vollziehung von Sicherungs- oder Leistungsverfügungen s. Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 99 Rz. 6–8. 2 Büscher in Fezer, § 12 UWG Rz. 126; das OLG Oldenburg hat seine entgegenstehende Rechtsprechung mit Urteil OLG Oldenburg v. 14.9.2010 – 1 W 40/10, WRP 2011, 508 ausdrücklich aufgegeben. 3 OLG München v. 23.6.2010 – 20 U 2462/10, Leitsätze zitiert nach juris. 4 S. auch OLG Köln v. 20.12.2000 – 6 U 131/00, GRUR 2001, 456.
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II. Verfahrensrechtliche Grundlagen
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Schutzschrift eingereicht hat, während sich allein aus der Vertretung im außergerichtlichen Abmahnverfahren noch nicht ergibt, dass er auch für das folgende Gerichtsverfahren bevollmächtigt ist, wenn er dies nicht ausdrücklich mitteilt.1 Etwaige Zustellungsmängel können unter Umständen innerhalb der laufenden Vollziehungsfrist geheilt werden.2 Ist etwa eine einstweilige Verfügung zu Vollziehungszwecken gemäß § 172 ZPO zu Unrecht dem Schuldner persönlich anstatt seinem Verfahrensbevollmächtigten zugestellt worden, so reicht der tatsächliche Zugang einer Kopie bei Letzterem binnen der Vollziehungsfrist für eine Heilung dieses Mangels gemäß § 189 ZPO aus. Dem Zugang einer solchen Kopie oder Telefaxkopie ist die elektronische Übermittlung des Dokuments per E-Mail, nicht aber die bloße Mitteilung darüber, gleichzustellen.3
" Praxistipp: Da die Rechtsprechung hierzu nicht einheitlich ist, sollte in 40 Zweifelsfällen vorsichtshalber sowohl an die Partei als auch an den Rechtsanwalt zugestellt werden, insbesondere, wenn die Zustellung bereits gegen Ende der einmonatigen Zustellungsfrist erfolgt.
Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch Zustellung im Parteibetrieb muss nach §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO innerhalb eines Monats erfolgen. Diese Vollziehungsfrist beginnt bei Beschlussverfügungen mit der Zustellung an den Antragsteller bzw. bei Urteilsverfügungen mit der Verkündung des Urteils. Die Vollziehungsfrist ist nicht verlängerbar, eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand scheidet insoweit ebenfalls aus.
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Soweit die einstweilige Verfügung nicht innerhalb der Vollziehungsfrist zugestellt worden ist, ist die einstweilige Verfügung mit dem Ablauf der Vollziehungsfrist unwirksam. Der Antragsteller ist jedoch nicht gehindert, einen neuen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, soweit er eine fortbestehende Dringlichkeit glaubhaft machen kann.
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8. Vollstreckungsschutz und Aufbrauchfristen Sofern eine einstweilige Verfügung bereits ergangen ist, kann im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ein Antrag auf Vollstreckungsschutz gestellt werden, wenn zu befürchten ist, dass durch die Berücksichtigung einer bereits erlassenen einstweiligen Verfügung bis zu deren Aufhebung infolge des hiergegen eingelegten Widerspruchs ein Schaden entsteht, der auch nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht wieder ausgeglichen werden kann, und soweit überwiegende Interessen des Antragstellers nicht entgegenstehen.4
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Zu berücksichtigen ist dabei, dass zusätzlich zu der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass die einstweilige Verfügung zu Unrecht erlassen worden ist, auch besondere Folgen aus der vorläufigen Geltung der Verfügung vorgetragen und glaubhaft gemacht werden müssen. Ein entsprechender Antrag er-
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1 OLG Köln v. 10.1.2005 – 6 W 117/04 – Couchtisch, GRUR-RR 2005, 143; s. hierzu Spätgens in Ahrens, Kap. 6 Rz. 24. 2 Spätgens, in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 103 Rz. 24. 3 So der Leitsatz KG Berlin v. 31.1.2011 – 5 W 274/10, WRP 2011, 612. 4 S. hierzu Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 88 Rz. 19.
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§ 18
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Unlauterer Wettbewerb
scheint daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände sinnvoll, da eine Aussetzung der Vollstreckung einer einstweiligen Verfügung nur bei Ausnahmefallgestaltungen erfolgversprechend ist. Von einer vorschnellen Aufnahme eines Vollstreckungsschutzantrages ist darüber hinaus auch deswegen abzuraten, da der Antrag mit Einreichung des Widerspruchs bereits gestellt ist und daher unabhängig von der sachlichen Entscheidung über den Widerspruch wegen der überwiegenden Ablehnung solcher Anträge eine nachteilige Kostenfolge mit sich bringen kann. 45
Während der Vollstreckungsschutz darauf ausgerichtet ist, Nachteile aus einer vorläufig wirksamen einstweiligen Verfügung zu beseitigen, die voraussichtlich auf den Widerspruch des Antragsgegners aufgehoben wird, richten sich Aufbrauch-, Umstellungs- oder Beseitigungsfristen nicht gegen das Bestehen des Unterlassungsanspruches, sondern lediglich darauf, die Fälligkeit des Unterlassungsanspruches hinauszuzögern. Dabei zielt die Aufbrauchfrist darauf, dem Unterlassungsschuldner zu ermöglichen, etwa noch vorhandene Produkte oder Werbematerialien zu verwerten. Demgegenüber zielen Umstellungsoder Beseitigungsfristen darauf ab, vom Schuldner vorzunehmende Maßnahmen für einen gewissen Zeitraum hinauszuschieben. Derartige Fristen leiten sich aus dem Rechtsgedanken des § 242 BGB her und setzen voraus, dass eine sofortige Durchsetzung des Unterlassungsverbotes beim Unterlassungsschuldner unverhältnismäßige Nachteile entstehen lassen, während eine vorübergehende Aufrechterhaltung bzw. Fortsetzung des wettbewerbswidrigen Verhaltens den Anspruchsinhaber nicht unzumutbar beeinträchtigen.1 Bei der sich danach aus § 242 BGB ergebenden Aufbrauchfrist handelt es sich nach h.M. um einen materiell-rechtlichen Einwand.2 Die Gewährung einer Aufbrauchfrist kann vom Unterlassungsschuldner im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens ausdrücklich beantragt werden. Inwiefern eine Gewährung auch im einstweiligen Verfügungsverfahren in Betracht kommt, ist strittig,3 jedenfalls wird eine Gewährung einer Aufbrauchfrist nur unter engen Voraussetzungen möglich sein.4 Im Rahmen des Abmahnverfahrens kann eine vom Unterlassungsgläubiger zu gewährende Aufbrauchfrist als Beschränkung in die Unterwerfungserklärung aufgenommen werden. Dabei trägt der Abgemahnte allerdings das Risiko, dass hierdurch Zweifel an der Ernsthaftigkeit seines Unterwerfungswillens aufkommen und die Wiederholungsgefahr damit nicht beseitigt wird.5 Soweit dagegen an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungsverpflichtung keine Zweifel bestehen, der Unterlassungsschuldner eine Aufbrauchfrist jedoch zu Unrecht annimmt, begrenzt sich der Unterlassungsanspruch des Gläubigers in dem Umfang, in dem die Aufbrauchfrist zu Unrecht angenommen wurde.6
1 2 3 4 5 6
OLG Stuttgart v. 8.12.2005 – 2 U 57/05, ZIP 2006, 798. Vgl. etwa Büscher in Fezer, § 8 UWG Rz. 124. Bejahend etwa OLG Hamm v. 16.7.1991 – 4 U 77/91, BB 1991, 2107. Büscher in Fezer, § 8 UWG Rz. 125. Vgl. hierzu OLG Frankfurt v. 17.7.2003 – 1 U 190/02, NJW-RR 2003, 1430. Vgl. LG Berlin v. 3.11.2005 – 16 O 247/05, Magazindienst 2006, 107 (108).
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II. Verfahrensrechtliche Grundlagen
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9. Rechtsmittel im Verfügungsverfahren Die Rechtsmittel im Verfügungsverfahren (vgl. dazu ausführlich § 3 Rz. 110 ff.) unterscheiden sich danach, ob über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren oder im Urteilsverfahren entschieden worden ist.
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Im Beschlussverfahren steht dem Antragsteller gegenüber dem den Antrag zurückweisenden Beschluss das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 ZPO zur Verfügung, die innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem entscheidenden Gericht oder beim Beschwerdegericht einzulegen ist. Soweit das entscheidende Gericht der sofortigen Beschwerde nicht abhilft, entscheidet hierüber das Beschwerdegericht.
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Wird dagegen auf den Antrag des Antragstellers eine einstweilige Verfügung im Beschlussweg erlassen, kann der Antragsgegner gegen den die einstweilige Verfügung erlassenden Beschluss nach §§ 936, 924 ZPO Widerspruch einlegen. Der Widerspruch kann dabei als Vollwiderspruch gegen die ergangene Beschlussverfügung insgesamt eingelegt oder als Teilwiderspruch sachlich beschränkt werden. Darüber hinaus kann sich der Widerspruch als Kostenwiderspruch bei gleichzeitigem Anerkenntnis der Verfügung auch ausschließlich auf die Kostenentscheidung beziehen, und zwar auch dann, wenn im Falle einer so genannten Schubladenverfügung auf die nach Erlass aber vor Zustellung der Verfügung erfolgte Abmahnung zunächst keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde.1 Der Widerspruch führt zu einer mündlichen Verhandlung, in deren Folge über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung der Beschlussverfügung durch Urteil zu entscheiden ist.
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Wird über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren entschieden, so steht der ganz oder teilweise unterliegenden Partei gegenüber einem erstinstanzlichen Endurteil, das entweder von vornherein aufgrund einer mündlichen Verhandlung oder nach Widerspruch gegen eine Beschlussverfügung ergeht, nach § 511 ZPO das Rechtsmittel der Berufung offen. Im Urteilsverfahren kann im Falle des Nichterscheinens einer der Parteien in einem ordnungsgemäß anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung gegen die säumige Partei sowohl im primären als auch im sekundären Urteilsverfahren ein Versäumnisurteil ergehen. Gegen ein derartiges Versäumnisurteil kann innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils Einspruch eingelegt werden. Soweit nach Einlegung eines reinen Kostenwiderspruchs ein reines Kostenurteil ergeht, steht gegenüber einem solchen Kostenurteil ebenfalls das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde analog § 99 Abs. 2 ZPO zur Verfügung. Im Übrigen kommt für alle anderen erstinstanzlichen Entscheidungen im Urteilsverfahren das Rechtsmittel der Berufung nach §§ 511 ff. ZPO zur Anwendung.
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1 So etwa infolge der Entscheidung des BGH zu Schubladenverfügungen jetzt OLG Frankfurt v. 22.3.2012 – 6 U 41/12, juris.
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10. Schadensersatz wegen unberechtigter Verfolgung (§ 945 ZPO) 50
Auch wenn über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im einstweiligen Rechtsschutz, insbesondere im Falle der Beschlussverfügung ohne vorherige mündliche Verhandlung, d.h. ohne Anhörung der Argumente des Antragsgegners eine schnelle Entscheidung erzielt werden kann, ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht ohne Risiken. Da die einstweilige Verfügung lediglich eine vorläufige Entscheidung über den Antrag herbeiführt, die ggf. nach Einlegung eines Widerspruchs durch den Antragsgegner aufgehoben werden kann, kann dem Antragsgegner für den Schaden, den er durch die Befolgung der ihm zugestellten im Ergebnis ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung erleidet, ein Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO zustehen. Dies kann unter Umständen eine erhebliche Schadensersatzverpflichtung des Antragstellers auslösen. Vor diesem Hintergrund sollte eine Beschlussverfügung nicht ohne Rücksicht auf eine etwaige bei Aufhebung der Verfügung möglicherweise bestehende Schadensersatzverpflichtung beantragt und nach ihrer Erteilung vollzogen werden. Der den Antragsteller beratende Rechtsanwalt sollte in jedem Falle seinen Mandanten auf das entsprechende Risiko eines Schadensersatzanspruchs hinweisen, muss dabei aber auch darauf achten, dass ein zu zögerliches Verhalten keine dringlichkeitsschädliche Wirkung entfaltet oder bei der Zustellung einer erwirkten Verfügung nicht einen Ablauf der Zustellungsfrist verursacht.
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Die Haftung aus § 945 ZPO ist eine verschuldensunabhängige Haftung,1 die nicht davon abhängig ist, dass dem Schuldner bei der Beantragung ein besonderer Vorwurf zu machen ist. Maßgeblich ist allein die Feststellung, dass sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. Ausschlaggebend hierfür ist der Zeitpunkt der Anordnung der einstweiligen Verfügung, nicht dagegen der Zeitpunkt ihrer Vollziehung. Das mit der Entscheidung über den Schadenersatzprozess nach Aufhebung einer einstweiligen Verfügung befasste Gericht prüft dabei die Frage, ob die einstweilige Verfügung zu Recht ergangen ist, eigenständig und ohne Bindung an die Aufhebungsentscheidung.2 Ungerechtfertigt kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowohl bei Fehlen des Verfügungsanspruchs wie auch bei Fehlen des Verfügungsgrundes sein. Daher kann auch eine mangelnde Dringlichkeit des Antrags unter Umständen eine Schadensersatzverpflichtung nach § 945 ZPO auslösen.3 Der Schadensersatzanspruch des § 945 ZPO bezieht sich auf den Schaden aus der Vollziehung und erfordert daher neben der bloßen Anordnung der einstweiligen Verfügung durch das Gericht, dass der Antragsteller einen über die bloße Erwirkung des Titels hinausgehenden Vollstreckungsdruck erzeugt hat, der aber auch vor der eigentlichen Vollziehung ausgeübt werden kann.4 Der Schaden muss
1 Vgl. etwa BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 165/07; NJOZ 2010, 896; Vollkommer in Zöller, § 945 ZPO Rz.13. 2 OLG Frankfurt v. 4.3.2004 – 6 U 171/02, WRP 2004, 1196. 3 LG Kaiserslautern v. 28.1.2005 – 2 O 458/04, juris. 4 Vgl. etwa BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 94/03, NJW 2006, 2767 (2768).
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III. 1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung
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sich dabei nicht unmittelbar bei Verwirklichung des haftungsbegründenden Umstandes bereits realisieren, sondern kann ggf. erst später eintreten.1
III. Der Verfahrensablauf beim einstweiligen Rechtsschutz im unlauteren Wettbewerb Der Verfahrensablauf im einstweiligen Rechtsschutz gegenüber unlauteren geschäftlichen Handlungen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem einstweiligen Verfügungsverfahren nach §§ 935 und 940 ZPO, weist jedoch einige Besonderheiten auf, die zum Teil im UWG geregelt sind und teilweise in der Praxis der Gerichte entwickelt wurden. Die einzelnen Verfahrensschritte sowie Muster für in der anwaltlichen Praxis zu erstellende Schriftstücke sollen im Folgenden anhand des typischen Verfahrensablaufs im Wettbewerbsrecht dargestellt werden.
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1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung Vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens erfolgt in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten üblicherweise ein vorgeschaltetes Abmahnverfahren, in dem dem Schuldner die Möglichkeit gegeben wird, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen (§ 12 Abs. 1 UWG). Mit Abgabe einer ausreichenden Unterlassungsverpflichtungserklärung entfällt die Wiederholungsgefahr für die unlautere geschäftliche Handlung, sodass der Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG nicht mehr besteht.
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a) Zweck des Abmahnverfahrens Die Durchführung eines Abmahnverfahrens ist jedoch keine zwingende Voraussetzung für die Einleitung eines auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Verfahrens, sondern in § 12 Abs. 1 UWG lediglich als Sollregelung formuliert. Gleichwohl ist die vorgeschaltete Abmahnung des Schuldners für den Unterlassungsgläubiger in der Regel eine sinnvolle Vorgehensweise. So besteht etwa in dem Fall, dass der Gläubiger ohne vorherige Abmahnung eine einstweilige Verfügung erwirkt, die Gefahr, dass der Unterlassungsschuldner die einstweilige Verfügung sofort anerkennt und damit die Prozesskosten nach § 93 ZPO dem Antragsteller zur Last fallen. Anlass zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens besteht auch in Wettbewerbssachen in aller Regel erst dann, wenn der verletzte Mitbewerber oder der sonst zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen Berechtigte den Schuldner zunächst vergeblich abgemahnt hat. Darüber hinaus ist im Falle der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung das darin eingeräumte Vertragsstrafeversprechen für den Gläubiger vorteilhafter als eine einstweilige Verfügung, da anders als ein zur Durchsetzung der 1 Vgl. BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 94/03 – Rechtsberatungs-Hotline, WRP 2006, 1250 (1252).
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einstweiligen Verfügung zu verhängendes Ordnungsgeld im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung die Vertragsstrafe dem Gläubiger unmittelbar als pauschalierte Schadenssumme zukommt und er nicht darauf angewiesen ist, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen und den ihm entstandenen Schaden nachzuweisen. 55
Unter dem Gesichtspunkt des Kostenrisikos kann der Gläubiger auf eine Abmahnung jedoch dann verzichten, wenn die Abmahnung keinen Erfolg verspricht oder ihm nicht zuzumuten ist. Dabei sind die Voraussetzungen dafür, dass die Abmahnung entbehrlich ist, vom Gläubiger vorzutragen und glaubhaft zu machen.
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Von einer voraussichtlichen Erfolglosigkeit einer Abmahnung ist immer dann auszugehen, wenn der Schuldner bereits zu erkennen gegeben hat, dass er keine Unterwerfungserklärung abgeben wird oder wenn er sich berühmt, zu dem beanstandeten Wettbewerbsverhalten berechtigt zu sein. Dies kann etwa auch dann der Fall sein, wenn der Schuldner trotz vorausgegangener Unterlassungserklärung erneut hiergegen zuwiderhandelt.1 Sofern der Schuldner auf eine vorausgegangene Abmahnung eines Dritten die Abgabe einer Unterwerfungserklärung abgelehnt hat, kann daraus jedoch noch nicht generell die voraussichtliche Erfolglosigkeit einer Abmahnung hergeleitet werden.2 In einer Vielzahl von Entscheidungen wird insoweit auch berücksichtigt, ob der Verletzer die unlautere geschäftliche Handlung vorsätzlich oder bewusst fahrlässig durchgeführt hat.3 Abgesehen davon, dass dieses willensbezogene Element eines Wettbewerbsverstoßes aus Sicht des Verletzten nur mit Schwierigkeiten erkennbar und nachweisbar ist, ist dieses Kriterium aber zumindest mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, da unter Umständen gerade eine Abmahnung eines bewussten Wettbewerbsverstoßes zu einer Änderung der Willensbildung beim Verletzer führen kann.
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Die Entbehrlichkeit einer vorherigen Abmahnung wegen Unzumutbarkeit kann sich dem gegenüber etwa aus einer besonderen Dringlichkeit ergeben, beispielsweise im Rahmen von Wettbewerbsverstößen während einer Messeveranstaltung4, bei einer auf einen bestimmten Zeitraum begrenzten Geburtstagsverkaufsaktion5 sowie dann, wenn die Gefahr besteht, dass der Unterlassungsschuldner durch die im Rahmen der Abmahnung erfolgte Warnung die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gefährdet oder vereitelt.6 Die Entbehrlichkeit oder Unzumutbarkeit einer Abmahnung vor Anrufung des Ge1 BGH v. 26.2.2007 – II ZR 13/06 – Befüllung eines in fremdem Eigentum stehenden Flüssiggasbehälters, WRP 2007, 538 (539); BGH v. 7.12.1989 – I ZR 62/88 – Aufklärungspflicht des Unterwerfungsschuldners, GRUR 1990, 542 (543); Büscher in Fezer, § 12 Rz. 20; Schwippert in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 84 Rz. 12 m.w.N. 2 Vgl. etwa OLG Hamburg v. 29.11.2001 – 3 W 167/01, MDR 2002, 716; ebenso bei der markenrechtlichen Abmahnung OLG Hamburg v. 31.1.2006 – 5 W 12/06, GRUR 2006, 616 (Anerkenntnis nach Berechtigungsanfrage). 3 S. hierzu Schwippert in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 84 Rz. 9 m.w.N. 4 LG Düsseldorf v. 22.7.2003 – 4a O 104/03, InstGE 3, 221. 5 LG Hamburg v. 8.2.2000 – 312 O 668/99, NJWE-WettbR 2000, 223. 6 Büscher in Fezer, § 12 UWG Rz. 22.
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III. 1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Rz. 58
§ 18
richts ist grundsätzlich aus Sicht des Unterlassungsgläubigers zu beurteilen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Fälle, in denen das Abmahnverfahren entbehrlich ist, Ausnahmefälle sind, sodass es in aller Regel zweckmäßig erscheint, den Unterlassungsschuldner zunächst – ggf. mit einer kurzen Frist – abzumahnen. Dies gilt auch in solchen Fällen, in denen der Wettbewerbsverstoß eindeutig erscheint, da in diesen Fällen in aller Regel davon auszugehen ist, dass der Zuwiderhandelnde angesichts der eindeutigen Rechtslage eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt. Ein Sonderfall der Erwirkung einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Abmahnung ist die so genannte Schubladen- oder Vorratsverfügung,1 in der zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt wird, die jedoch nicht unmittelbar dem Antragsgegner zugestellt wird, sondern zunächst zurückgehalten wird, um den Gegner sodann abzumahnen und zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung aufzufordern. Ein solches Vorgehen kann etwa zweckmäßig sein, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegner die mit der Abmahnung zu gewährende Frist lediglich dazu nutzen wird, eine Schutzschrift bei Gericht zu hinterlegen, um auf diese Weise den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu verzögern. Auch wenn ein solches Vorgehen in Einzelfällen zweckmäßig sein kann, sollte das Mittel der Schubladenverfügung sorgfältig gehandhabt werden, insbesondere da bei einem zu langen Zuwarten mit der nachfolgenden Abmahnung die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung mangels Dringlichkeit entfallen kann. Der Antragsteller muss den Antragsgegner ungeachtet der laufenden Vollziehungsfrist für die einstweilige Verfügung unverzüglich innerhalb von maximal zehn Tagen ab Zustellung der einstweiligen Verfügung abmahnen. Mahnt er erst später ab und stellt er die einstweilige Verfügung nach Zurückweisung der Abmahnung dem Antragsgegner zu, läuft er Gefahr, dass die einstweilige Verfügung auf den Widerspruch des Antragsgegners mangels Vorliegens eines Verfügungsgrundes aufgehoben und der Verfügungsantrag als unzulässig zurückgewiesen wird.2 Die Schubladenverfügung mit anschließender Abmahnung ist aber in jedem Fall kein kostengünstiges Vorgehen, da nach inzwischen auch höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Erstattung von Abmahnkosten bei Abmahnung nach Erwirken einer Schubladenverfügung weder nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG noch aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangt werden kann.3 Insoweit wird es sogar im Hinblick auf § 263 StGB als nicht unbedenklich angesehen, von einem Abgemahnten Kostenerstattung zu fordern und dabei zu verschweigen, dass bereits ein gerichtliches Eilverfahren (zeitgleich mit oder zeitlich vor) Absendung der Abmahnung eingeleitet worden ist.4
1 Zur Zulässigkeit s. Schulte-Beckhausen, MarkenR 2006, 505. 2 Hierzu Günther, WRP 2006, 407. 3 BGH v. 7.10.2009 – I ZR 216/07, GRUR 2010, 257; zuvor bereits OLG München v. 9.3.2006 – 29 U 4994/05, GRUR-RR 2006, 176. 4 KG v. 25.11.2011 – 5 W 175/11, GRUR-RR 2012, 134.
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§ 18
Rz. 59
Unlauterer Wettbewerb
b) Form der Abmahnung 59
Eine bestimmte Form ist für die Abmahnung nicht vorgeschrieben. Es ist jedoch allgemein üblich und aus Beweisgründen auch zu empfehlen, den Gegner schriftlich abzumahnen und die Abmahnung mittels Einschreiben mit Rückschein zu übermitteln. Zur Beschleunigung des Verfahrens ist es darüber hinaus zweckmäßig, die Abmahnung dem Gegner vorab per Telefax zu übermitteln. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Gegner eine verhältnismäßig kurze Frist zur Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung gesetzt werden soll.
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Die Vorlage einer Originalvollmacht ist bei der anwaltlichen Abmahnung nach zutreffender Auffassung nicht vor dem Hintergrund des § 174 BGB zwingend erforderlich, da es sich bei der Abmahnung nicht um eine Willenserklärung handelt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann, wenn die Abmahnung mit einer Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verbunden und damit auf den Abschluss eines Unterlassungsvertrags gerichtet ist.1 Da jedoch bisweilen aufseiten des Abgemahnten versucht wird, die Abmahnung unverzüglich zurückzuweisen, ohne den Unterlassungsanspruch an sich zu bestreiten, um damit eine Verzögerung der Unterlassungsverpflichtung zu erreichen, empfiehlt es sich jedenfalls dann, wenn eine Vollmacht vorhanden ist und keine besonderen Dringlichkeitsgründe vorliegen, diese beizufügen. c) Inhalt der Abmahnung
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Um den Zweck einer Abmahnung zu erreichen, muss die Abmahnung die folgenden wesentlichen Elemente enthalten: – die Bezeichnung der wettbewerbswidrigen Handlung; – das Verlangen einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung; – die Bestimmung einer angemessenen Frist; – die Androhung gerichtlicher Schritte für den Fall, dass die Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht oder nicht ausreichend abgegeben wird.
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Die wettbewerbswidrige Verletzungshandlung ist dabei in tatsächlicher Hinsicht so genau zu beschreiben und der daraus abgeleitete Wettbewerbsverstoß so eindeutig zu bezeichnen, dass der abgemahnte Unterlassungsschuldner den Vorwurf überprüfen und die gebotene Unterlassung beurteilen kann.2 Der in der Abmahnung beschriebene Sachverhalt sollte sich darüber hinaus mit dem etwaigen späteren Unterlassungsantrag decken, da andernfalls die bereits beschriebenen Kostennachteile entstehen können. Nicht erforderlich ist es, den abgemahnten Sachverhalt rechtlich zu würdigen und die rechtliche Begründung des Unterlassungsanspruchs korrekt zu bezeichnen.3 Ausreichend ist vielmehr, wenn die Unzulässigkeit der bezeichneten Wettbewerbshandlung summarisch 1 BGH v. 19.5.2010 – I ZR 140/08, GRUR 2010, 1120 (1121). 2 OLG München v. 21.9.2006 – 29 U 21119/06, MMR 2006, 739; OLG Hamburg v. 5.3.1996 – 3 W 17/96, WRP 1996, 773; OLG Bremen v. 18.3.1987 – 2 W 25/87, WRP 1988, 107. 3 OLG Düsseldorf v. 18.3.1987 – 2 W 25/87, WRP 1988, 107 (108).
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III. 1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Rz. 63
§ 18
umschrieben wird. Insbesondere dann, wenn sich die Wettbewerbswidrigkeit einer Handlung nicht bereits auf den ersten Blick erschließt, trägt es darüber hinaus zur Durchsetzung des erhobenen Anspruchs bei, wenn in der Abmahnung eine nähere Begründung dafür angegeben wird, warum das beanstandete Verhalten einen Wettbewerbsverstoß enthält. Allerdings sollte bei der Begründung gleichwohl sorgfältig vorgegangen werden, da unter Umständen eine fehlerhafte rechtliche Begründung dazu führen kann, dass das Gericht dem Abmahnenden die Kosten auferlegt, wenn etwa der Abgemahnte durch die Beurteilung des abgemahnten Wettbewerbsverhaltens in die Irre geführt wurde1. Eine ausführliche rechtliche Würdigung des beanstandeten Verhaltens ist aber in jedem Fall nicht erforderlich. Gleiches gilt für die Bezeichnung etwaiger Beweis- bzw. Glaubhaftmachungsmittel für das beanstandete Verhalten. Hinsichtlich des Verlangens einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ist es in aller Regel zweckmäßig, die verlangte Erklärung mit der Abmahnung bereits vorzuformulieren, sodass der Abgemahnte sie lediglich unterschreiben muss. Dies ist insbesondere deswegen zweckmäßig, da der gewünschte Umfang der Unterlassungserklärung bereits eindeutig gekennzeichnet werden kann und ein etwa zu formulierender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits vorbereitet wird. Elemente der vorzuformulierenden Erklärung sind zum einen die Beschreibung der zu unterlassenden Handlung (s. hierzu beim Unterlassungsantrag, Rz. 90) und zum anderen das geforderte Vertragsstrafeversprechen. Hinsichtlich des Vertragsstrafeversprechens bestehen dabei verschiedene Möglichkeiten. So kann etwa eine genau bezifferte Geldsumme verlangt werden, die in der Regel so bemessen sein sollte, dass für die Durchsetzung der Vertragsstrafe die Zuständigkeit des Landgerichts eröffnet ist. Die an sich nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG bestehende Allzuständigkeit der Landgerichte im Wettbewerbsrecht wird jedenfalls nicht einhellig auf vertragliche Ansprüche angewendet, zu denen auch der Vertragsstrafeanspruch gehört.2 Neben einer solchen bezifferten Vertragsstrafe kann deren Betrag auch zunächst offengelassen und die Verpflichtung gefordert werden, im Falle der Zuwiderhandlung eine vom Gläubiger nach billigem Ermessen festzusetzende und im Falle der Nichteinigung vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen (Vertragsstrafe nach neuem „Hamburger Brauch“). Die Bestimmung der Höhe der Vertragsstrafe kann dabei auch einem Dritten, nicht jedoch von vornherein einem Gericht übertragen werden.3 Wird eine bezifferte Vertragsstrafe verlangt, gibt der Abgemahnte jedoch nur ein nach so genanntem „Hamburger Brauch“ unbeziffertes Vertragsstrafeversprechen ab, muss der Ab-
1 Vgl. zu einer wegen der Übersendung eines nicht rechtskräftigen Urteils irreführenden Abmahnung etwa BGH v. 23.2.1995 – I ZR 15/93 – Abnehmerverwarnung, GRUR 1995, 424 (426); s. dazu auch Hasselblatt in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 57 Rz 176. 2 Gegen eine Anwendung etwa OLG Rostock v. 7.12.2004 – 2 UH 4/04, GRUR-RR 2005, 176 – Vertragsstrafe; Köhler in Köhler/Bornkamm, § 13 UWG Rz. 2; für eine Anwendung OLG Jena v. 1.9.2010 – 2 U 330/10 – Vertragsstrafeforderung, GRUR-RR 2011, 199. 3 BGH v. 14.10.1977 – I ZR 119/76 – Hamburger Brauch, GRUR 1978, 192 (193); zu der dabei üblichen Ergänzung der „schuldhaften Zuwiderhandlung“ s. OLG Hamburg v. 26.6.1980 – 3 U 5/80 – Hamburger Brauch II, GRUR 1980, 874.
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Rz. 64
Unlauterer Wettbewerb
mahnende ggf. nochmals an den Abgemahnten herantreten und darauf hinweisen, dass er auf einer bezifferten Vertragsstrafe besteht.1 Das mit der Abgabe einer modifizierten Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegebene Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags bedarf für das Zustandekommen des Vertrags einer Annahme. Das Angebot ist dabei grundsätzlich nicht als befristet anzusehen und kann daher auch zu einem späteren Zeitpunkt noch angenommen werden.2 64
In der Abmahnung muss dem Verletzer des Weiteren eine angemessene Frist zur Abgabe der verlangten Unterlassungsverpflichtungserklärung gesetzt werden. Dies ist der Fall, wenn dem Abgemahnten eine nach Lage des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Verletzten ausreichende Bedenkzeit verbleibt, um die Rechtslage zu überprüfen und ggf. auch anwaltlichen Rat einzuholen. Soweit hierbei keine Besonderheiten vorliegen, dürfte in der Regel eine Frist von einer Woche in jedem Fall ausreichend sein.3 Sofern jedoch ein berechtigtes Interesse daran besteht, dass der Wettbewerbsverstoß schnell abgestellt wird, erscheint im Interesse des Verletzten auch eine kürzere Fristsetzung als angemessen. Auf eine Fristverlängerung, die gerade bei kurzen Fristen eine Standardreaktion des Abgemahnten darstellt, muss sich der Abmahnende grundsätzlich nur einlassen, wenn der Schuldner nachvollziehbare Gründe dafür anführt.4 Ungeachtet dessen stellt sich jedoch die Frage, ob in einer solchen Situation ohne Not unmittelbar nach Fristablauf ein Verfügungsantrag oder die Klage eingereicht werden sollte. Im Zweifel empfiehlt sich – jedenfalls bei Fehlen dringlichkeitsgefährdender Umstände – eher eine gewisse Großzügigkeit, weil sich der Ausgang eines Streits über die Angemessenheit einer Frist(verlängerung) nur schwer prognostizieren lässt.5
65 " Praxistipp: Insbesondere wenn der Verstoß bereits seit längerer Zeit erkennbar war oder von dem Verletzten bereits vor geraumer Zeit festgestellt worden ist, sollte mit Rücksicht auf die Dringlichkeit für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eher eine sehr kurze Frist zur Abgabe der Erklärung eingeräumt und bereits im Voraus darauf hingewiesen werden, dass eine Fristverlängerung nicht in Betracht kommt. Anderenfalls ist die Bitte um angemessene Fristverlängerung eine gebräuchliche erste Reaktion eines von dem Abgemahnten eingeschalteten Rechtsanwalts. 66
Die zur Abgabe der Erklärung zu setzende Frist darf umso kürzer festgesetzt werden, je eilbedürftiger eine Angelegenheit ist. So kann unter Umständen auch eine nach Tagen oder auch Stunden bemessene Frist in Einzelfällen noch angemessen erscheinen.6 Allerdings muss in einem solchen Fall auch 1 KG v. 10.8.1984 – 5 U 2377/84 – Hamburger Brauch, WRP 1985, 154. 2 Vgl. dazu BGH v. 17.9.2009 – I ZR 217/07 – Testfundstelle, GRUR 2010, 355 (357 f.). 3 OLG Stuttgart v. 31.3.2004 – 2 W 44/04, juris; OLG Hamburg v. 1.7.1994 – 3 W 92/94 – Ordnungsgemäße Abmahnung, WRP 1995, 125 (126); KG v. 13.7.1979 – 5 W 2031/79, WRP 1979, 861. 4 OLG Stuttgart v. 31.3.2004 – 2 W 44/03, WRP 2004, 1395 (Leitsätze); Bornkamm in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 1.19. 5 So auch Bornkamm in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 1.19. 6 S. im Einzelnen zu angemessenen Fristen Deutsch in Ahrens, Kap. 1 Rz. 75–79.
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III. 1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Rz. 69
§ 18
eine beschleunigte Übermittlung der Abmahnung, etwa durch Telefax, erfolgen, um die Eilbedürftigkeit nicht selbst zu konterkarieren und den Eindruck hervorzurufen, dem Abgemahnten solle lediglich eine ausreichende Prüfung des Sachverhalts abgeschnitten werden. Schließlich wird von einigen Gerichten gefordert, dass in der Abmahnung die Androhung gerichtlicher Maßnahmen für den Fall mit aufgenommen wird, dass die verlangte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben wird. Daher empfiehlt es sich, in der Abmahnung einen entsprechenden Hinweis aufzunehmen, dass im Falle der Nichtabgabe der Erklärung gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen wird bzw. bei anwaltlicher Abmahnung ein gerichtliches Vorgehen empfohlen werden wird.
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Ungeachtet dessen, dass bei wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen der Unterlassungsanspruch im Vordergrund steht und im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auch allein durchgesetzt werden kann, kann im Rahmen der Abmahnung neben dem Unterlassungsanspruch auch ein Schadensersatzanspruch sowie ein Auskunftsanspruch geltend gemacht werden. Es kann daher unter Umständen sinnvoll sein, auch diese Ansprüche in die Unterlassungsverpflichtungserklärung mit aufzunehmen, insbesondere dann, wenn wegen der Eindeutigkeit des Verstoßes von der Abgabe einer entsprechenden Erklärung auszugehen ist. In der Regel wird jedoch ein Schadensersatzverlangen wie auch ein Auskunftsverlangen dazu führen, dass sich der abgemahnte Gegner gegen die Abmahnung verteidigen und das Bestehen von Ansprüchen bestreiten wird. Häufig wird daher in der Abmahnung auch auf Auskunft und Schadensersatz verzichtet, sofern der Verletzer sich zur Unterlassung verpflichtet und zusätzlich die Kosten der Abmahnung übernimmt.
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d) Kosten der Abmahnung Der Anspruch auf Erstattung bzw. Ersatz der vom Verletzten für die Beseitigung eines wettbewerbswidrigen Zustandes aufgewendeten Kosten ist seit der UWGNovelle 2004 in § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ausdrücklich aufgenommen. Im Falle der Abmahnung durch einen Wettbewerbsverband, zu dessen Aufgaben die Verfolgung unlauterer Geschäftspraktiken gehört, wird ein Erstattungsanspruch für die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwaltes jedoch nicht anerkannt. Dies gilt auch für den Fall einer zweiten erinnernden Abmahnung.1 Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten für einen mit der Abmahnung beauftragten Rechtsanwalt richtet sich danach, ob der Rechtsanwalt zugleich einen Klageauftrag erhalten hat oder zunächst nur mit der Übermittlung der Abmahnung beauftragt war. Soweit der Rechtsanwalt zunächst lediglich mit der Abmahnung beauftragt ist, steht ihm für diese außergerichtliche Geschäftstätigkeit nach § 13 RVG eine Gebühr von 0,5 bis 2,5 gemäß Nr. 2300 VV zu, wobei eine 1,3 übersteigende Gebühr nur verlangt werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Soweit der Rechtsanwalt bereits einen Auftrag zur Klagerhebung erhalten hat, den Verletzer zuvor jedoch abmahnen soll, steht 1 BGH v. 21.1.2010 – I ZR 47/09 – Kräutertee, GRUR 2010, 354 (355).
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Unlauterer Wettbewerb
ihm für den Fall, dass die Abmahnung die Angelegenheit bereits vor Klagerhebung erledigt, hierfür eine Gebühr nach Nr. 3101 VV in Höhe von 0,8 zu. Soweit der Verletzer auf die Abmahnung eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt, die Übernahme der Abmahnkosten jedoch verweigert, sind diese in einem gesonderten Verfahren je nach dem Kostenwert vor dem Amtsgericht oder Landgericht durchzusetzen. 69a
Bei den Kosten der Abmahnung ist zu berücksichtigen, dass insbesondere in Reaktion auf ein sich in der Praxis herausgebildetes extensives Abmahnwesen insbesondere von Urheberrechtsverstößen, aber auch von wettbewerbsrechtlichen Bagatellverstößen die Rechtsprechung bei den Kosten der Abmahnung eher restriktiv agiert und bei den Kosten einer unberechtigten Abmahnung eher großzügig vorgeht. Zudem existiert insoweit ein Gesetzesentwurf über ein „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“, das unter anderem bei der Gebührenlage im Wettbewerbsrecht Veränderungen mit sich bringen wird.1 Die Etablierung eines Abmahnwesens für im Internet immer wieder zu findende Bagatellverstöße als Einkommensquelle ist daher mit Sicherheit kein valides Geschäftsmodell und wird sich über kurz oder lang eher als Eigentor entwickeln.
70 " Praxistipp: Vor diesem Hintergrund der unterschiedlichen Kostenberechnung im Falle einer Unterwerfung sollte der Anwalt, der mit einer Abmahnung beauftragt ist, in der Abmahnung die erforderliche Androhung gerichtlicher Maßnahmen dahin gehend formulieren, dass im Falle der Nichtabgabe der geforderten Unterlassungserklärung dem Mandanten empfohlen wird, gerichtliche Maßnahmen einzuleiten, da die Formulierung, dass der Rechtsanwalt für den Fall der Nichtunterwerfung mit der klagweisen Durchsetzung beauftragt sei, eine Indizwirkung für einen bereits bestehenden Klagauftrag begründet. e) Rechtsmissbräuchliche Abmahnung 71
Im Zusammenhang mit den Kosten ist auch zu berücksichtigen, dass nach § 8 Abs. 4 UWG die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche unzulässig ist, wenn sie unter Berücksichtigung der Gesamtumstände missbräuchlich erscheint, insbesondere, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Kostenerstattungsanspruch zu generieren. Ein derartiger Rechtsmissbrauch wird von der Rechtsprechung insbesondere in den Fällen der missbräuchlichen Mehrfachverfolgung angenommen.2
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Ein Rechtsmissbrauch ist bei der einstweiligen Verfügung als Zulässigkeitsvoraussetzung zu berücksichtigen, spielt aber für das Abmahnverfahren ebenfalls eine Rolle. Als rechtsmissbräuchlich wird dabei eine Abmahnung dann angesehen, wenn sie überwiegend durch die Erzielung von Einnahmen motiviert ist. Ob eine solche überwiegende, nicht notwendigerweise ausschließliche Mo1 Vgl. dazu Kaufmann, MMR aktuell 2012, 331319. 2 S. etwa BGH v. 6.4.2000 – I ZR 76/98 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, WRP 2000, 1269 (1272); BGH v. 17.11.2005 – I ZR 300/02 – MEGA SALE, WRP 2006, 354; hierzu außerdem, wenn auch im konkreten Fall verneinend, OLG Frankfurt v. 25.7.2006 – 6 U 61/04, juris.
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III. 1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Rz. 72d
§ 18
tivation vorliegt, ist dabei anhand objektiver Kriterien zu ermitteln, die einen Rückschluss auf die subjektive Motivation ermöglichen.1 Eine umfassende Abmahntätigkeit kann dabei ein Indiz bilden, allerdings müssen hierzu weitere Umstände hinzutreten, wie etwa, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Geschäftstätigkeit steht.2 Zu den Indizien für die Missbräuchlichkeit von Abmahnungen gehört es ferner, wenn die Entscheidungen, ob Wettbewerbsverstöße verfolgt werden, nach „Gutsherrenart“ getroffen werden. Dazu gehört auch, wenn zwischen Auftraggeber und Anwalt pauschale Zahlungen zum Jahresende abgerechnet werden, der Anwalt aber regelmäßig vorher Kostenrechnungen an die Abgemahnten übersendet, bevor seine Gebührenforderungen gegenüber dem Auftraggeber fällig geworden sind.3
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Ein Rechtsmissbrauch kann sich darüber hinaus auch daraus ergeben, dass sich ein Wettbewerbsverband die Gewährung von Aufbrauchfristen abkaufen lässt.4 Neben einer solchen Gewinnerzielungsabsicht kann sich ein Rechtsmissbrauch außerdem dadurch ergeben, dass das Abmahnverhalten dazu dient, den Gegner mit Kosten zu belasten und die persönlichen und finanziellen Ressourcen des Mitbewerbers zu binden.5
72b
Einzelfälle des Rechtsmissbrauchs sind etwa die isolierte Mehrfachabmahnung eines Verletzers durch mehrere konzerngebundene Unternehmen durch ein koordiniertes Verhalten6 oder im umgekehrten Fall ein getrenntes Vorgehen eines Verletzten gegen mehrere Unternehmen als gemeinschaftliche Schuldner.7 Eine weitere Fallgestaltung eines rechtsmissbräuchlichen Vorgehens kann sich darüber hinaus aus einer Aufspaltung einer Zuwiderhandlung in separate Beanstandungen ergeben, etwa wenn mehrere heilmittelwerbliche Verstöße in einem Beipackzettel sukzessiv durch mehrere Abmahnungen verfolgt werden und der Verletzer diesen mehrfach ändern muss.8
72c
Die Grundsätze der rechtsmissbräuchlichen Abmahnung gelten dabei nicht nur für den Erstangriff eines Marktteilnehmers gegenüber seinen Mitbewerbern, sondern können auch für die Gegenabmahnung zur Anwendung kommen, wenn sich hierbei Indizien für eine unsachliche Retourkutsche ergeben.9
72d
1 Fritzsche in MünchKomm., § 8 UWG Rz. 456. 2 Vgl. hierzu etwa BGH v. 5.10.2000 – I ZR 237/98 – Vielfachabmahner, GRUR 2001, 260 (261); OLG Köln v. 15.1.1993 – 6 U 147/92, GRUR 1993, 571; dazu auch Knippenkötter, GRUR-Prax 2011, 483 ff. 3 So etwa OLG Hamm v. 12.11.2009 – 4 U 93/09 – Abmahnungen nach Gutsherrnart, GRUR-RR 2010, 356 (357 f.). 4 Vgl. etwa OLG Hamm v. 24.10.2006 – 4 U 8/06, juris. 5 BGH v. 6.4.2000 – I ZR 67/98 – Neu in Bielefeld I, GRUR 2001, 82 (83). 6 BGH v. 17.1.2002 – I ZR 241/99 – missbräuchliche Mehrfachabmahnung, BGHZ 149, 371 (375 ff.). 7 S. hierzu etwa BGH v. 17.11.2005 – I ZR 300/02 – MEGA SALE, WRP 2006, 354. 8 Vgl. hierzu OLG Hamburg v. 15.2.1996 – 3 U 6/96, NJWE WettbR 1996, 183 (184). 9 Vgl. etwa OLG Hamm v. 3.5.2011 – 4 U 9/11 – Salve einer Abmahngemeinschaft, GRUR-RR 2011, 329 (332).
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§ 18
Rz. 72e
Unlauterer Wettbewerb
M 18.1
Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen kommt daneben auch bei einem dauerhaft selektiven Vorgehen eines Verbands ausschließlich gegen Nichtmitglieder in Betracht. Rechtsmissbräuchlich ist es dabei insbesondere, wenn der Verband mit einem selektiven Vorgehen ausschließlich gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, denen er nach Beitritt Schutz vor Verfolgung verspricht1. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen soll dabei allerdings dann zu verneinen sein, wenn eine dauerhafte Beschränkung der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen auf Nichtmitglieder für einen Verband schon aus seinem – rechtlich unbedenklichen – Verbandszweck folgt2.
72e
u
18.1 73
Wettbewerbsrechtliche Abmahnung1
Telefax/Einschreiben mit Rückschein G GmbH – Geschäftsleitung – Abmahnung Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit zeige ich unter Bezugnahme auf die beigefügte Originalvollmacht an, dass mich die A GmbH mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hat. Meine Mandantin vertreibt als Fahrradeinzelhändler Fahrräder und befindet sich damit in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis zu Ihnen. Namens und im Auftrag meiner Mandantin informiere ich Sie über folgenden Sachverhalt, der meiner Mandantin aufgrund Ihres Werbefaltblattes vom . . . zur Kenntnis gelangt ist. In Ihrem Werbefaltblatt werben Sie für die von Ihnen vertriebenen Fahrradmodelle X und Y mit den Aussagen „Direkt ab Werk! Kein Zwischenhandel Garantierter Tiefpreis“. Die vorstehend genannten Aussagen sind irreführend, da sie den unzutreffenden Eindruck erwecken, dass Sie die Fahrräder selbst herstellen und einen Werksverkauf anbieten. Die Angabe garantierter Tiefpreis verstärkt den sich daran anschließenden Eindruck eines Preisvorteils durch Wegfall jeden Zwischenhandels. Dies ist jedoch nicht zutreffend, da Sie die beworbenen Fahrräder vom Hersteller erwerben und sie im eigenen Namen zu Preisen, in denen eine Handelsspanne enthalten ist, an Endverbraucher verkaufen. Damit verstößt das von Ihnen verwendete Werbefaltblatt gegen §§ 3, 5 Abs. 1 UWG. Aufgrund des Verstoßes gegen die vorgenannten Vorschriften sind Sie gegenüber meiner Mandantin zur Unterlassung verpflichtet. Ich fordere Sie daher auf, unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 1 Das Muster wurde in Anlehnung an die Entscheidung BGH v. 20.1.2005 – I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 f. erstellt.
1 BGH v. 17.8.2011 – I ZR 148/10 – „Glücksspielverband“, GRUR-Prax 2012, 146 (Leitsätze). 2 Kritisch hierzu Brunn, GRUR-Prax 2012, 146 (Anmerkung).
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Henßler
M 18.1
III. 1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Rz. 73
§ 18
. . . [Datum], 12 Uhr (hier eingehend) gegenüber meiner Mandantin die anliegend als Entwurf beigefügte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Übermittlung der Erklärung per Telefax reicht zur Ausräumung des Unterlassungsanspruches aus, sofern uns die Erklärung unverzüglich im Original nachgereicht wird. Wir weisen Sie darauf hin, dass die durch Ihr Verhalten begründete Wiederholungsgefahr nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann. Sollte uns daher innerhalb der vorstehend genannten Frist eine entsprechende Unterlassungserklärung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht vorliegen, werde ich meiner Mandantin empfehlen, unverzüglich gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt Anlage zur Abmahnung Unterlassungserklärung Die G GmbH verpflichtet sich gegenüber der A GmbH, (1) es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Behauptung aufzustellen, der Verkauf von Fahrrädern, insbesondere unter der Bezeichnung „X“ und „Y“, finde „zu garantierten Tiefpreisen, kein Zwischenhandel, direkt ab Werk“ statt, insbesondere, wenn dies wie mit der nachstehenden Abbildung . . . [Abbildung] erfolgt. (2) der A GmbH für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 (unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs) eine Vertragsstrafe in Höhe von 5 100,00 Euro zu zahlen. Dabei gilt bei Dauerhandlungen jede angefangene Woche als ein Fall der Zuwiderhandlung. (3) der A GmbH bis zum . . . Auskunft darüber zu erteilen, seit wann sie die in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen vorgenommen hat und wie viele Fahrräder sie mit der Bewerbung unter Verwendung der in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen verkauft hat. (4) der A GmbH den durch die Handlungen nach Ziffer 1 entstandenen Schaden zu ersetzen. (5) der A GmbH den durch die Einschaltung der Rechtsanwälte R bei der Abmahnung vom . . . entstandenen Kosten innerhalb von einer Woche nach Zugang einer Kostenrechnung zu Händen der Rechtsanwälte R zu erstatten. ... [Ort, Datum und Originalunterschrift des Geschäftsführers der G GmbH]
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§ 18
Rz. 74
Unlauterer Wettbewerb
2. Reaktion auf die Abmahnung 74
Der Abgemahnte kann auf die Abmahnung grundsätzlich auf zwei Arten reagieren. So kann er, wenn die Abmahnung aus seiner Sicht berechtigt und die geltend gemachten Ansprüche nicht zu weitgehend formuliert sind, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, um eine gerichtliche Auseinandersetzung und damit im Zusammenhang stehende zusätzliche Kosten zu vermeiden. Soweit der Empfänger die Abmahnung dagegen nicht akzeptiert, kann er dies dem Abmahnenden mitteilen oder die Abmahnung schlicht ignorieren. In beiden Fällen ist es sinnvoll, sich gegenüber der voraussichtlich zu erwartenden gerichtlichen Durchsetzung des Unterlassungsbegehrens durch den Gläubiger zu wappnen. Darüber hinaus kann der Empfänger gegenüber dem aus seiner Sicht zu Unrecht Abmahnenden auch Gegenmaßnahmen einleiten. a) Abgabe einer Unterlassungserklärung
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Durch Abgabe einer solchen Erklärung entfällt die Wiederholungsgefahr für das beanstandete Verhalten. Für den Ausschluss der Wiederholungsgefahr nicht erforderlich ist es dabei, im Rahmen der Abmahnung geltend gemachte weitergehende Ansprüche, wie etwa Schadensersatz- oder Auskunftsansprüche ebenfalls anzuerkennen. Der Abgemahnte muss sich nicht notwendigerweise an die vorgegebene Erklärung des Abmahnenden halten, sondern kann die Erklärung auch selbst in einer für ihn günstigeren Weise formulieren, solange der ernstliche und verbindliche Wille zur Unterlassung dadurch nicht infrage gestellt ist. Dabei gehen schon geringe Zweifel an der Ernstlichkeit der übernommenen Unterlassungsverpflichtung zulasten des Schuldners. Es muss sich jedoch um objektivierbare Zweifel und nicht nur um subjektive Befürchtungen des Unterlassungsgläubigers handeln. Nicht jede Modifikation einer von ihm vorformulierten Erklärung lässt auf fehlende Ernstlichkeit schließen.1 Soweit die abgegebene Erklärung hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung von der geforderten Erklärung abweicht, riskiert er allerdings, dass die weitergehende Unterlassungserklärung im Wege einer einstweiligen Verfügung von dem Anspruchsberechtigten gerichtlich durchgesetzt wird. Darüber hinaus muss auch die selbst formulierte Unterlassungserklärung berücksichtigen, dass sich aus ihr der hinreichend bestimmte und ernstliche Wille des Abgemahnten ergibt, die begangene Zuwiderhandlung nicht mehr zu wiederholen. Sofern der Schuldner die Unterlassungserklärung aufschiebend befristet oder mit der gleichen Zielrichtung eine Aufbrauchfrist für die wettbewerbswidrigen Werbematerialien vorsieht, führt dies nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Unterlassungsverpflichtung.2 Je nach der Ausgestaltung der Befristung oder den Umständen des konkreten Falles kann die aufschiebende Befristung jedoch im Einzelfall Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Erklärung hervorrufen und
1 Vgl. etwa OLG Köln v. 10.11.2010 – 6 W 100/10, ZUM-RD 2011, 686 (587). 2 BGH v. 31.5.2001 – I ZR 82/99 – Weit-vor-Winter-Schlussverkauf, WRP 2001, 1179 (1180 f.).
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M 18.2
III. 2. Reaktion auf die Abmahnung
§ 18
Rz. 77
damit den gewünschten Erfolg der Beseitigung der Wiederholungsgefahr gefährden.1
" Praxistipp: Soweit der Abgemahnte gegen den vermeintlichen Wett- 76 bewerbsverstoß keine Gegenargumente vorbringen kann, aber für die Befolgung der Unterlassungserklärung einen gewissen Zeitraum benötigt oder eine Aufbrauchsfrist für vorhandene möglicherweise wettbewerbswidrige Produkte oder Werbemittel wünscht, erscheint eine Abstimmung mit der Gegenseite über solche Fristen unter Ankündigung einer Unterlassungserklärung häufig sinnvoller als die Hinterlegung einer Schutzschrift, die dann den Erlass einer einstweiligen Verfügung voraussichtlich nicht verhindern wird. Bei der freiwilligen Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kann außerdem eine auflösende Bedingung für den Fall aufgenommen werden, dass sich aus einer auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden (eindeutigen) Klärung des angegriffenen Verhaltens als rechtmäßig ergibt, wenn hierfür Anhaltspunkte bestehen. Eine solche auflösende Bedingung schließt die Ernsthaftigkeit der Erklärung nicht grundsätzlich aus und verhindert daher nicht die Beseitigung der Wiederholungsgefahr.
u
Strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (als eigene Reaktion des Abgemahnten) Die G GmbH, vertreten durch. . . ., [Anschrift]
18.2
77
verpflichtet sich gegenüber der A GmbH ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich: (1) es zu unterlassen, die Behauptung aufzustellen, der Verkauf von Fahrrädern, insbesondere unter der Bezeichnung „X“ und „Y“ finde „zu garantierten Tiefpreisen, kein Zwischenhandel, direkt ab Werk“ statt, insbesondere, wenn dies wie mit der nachstehenden Abbildung . . . [Abbildung] erfolgt. (2) der A GmbH für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1. eine von diesem Unternehmen nach billigem Ermessen festzusetzende und im Nichteinigungsfall vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen. ... G GmbH [Originalunterschrift des Geschäftsführers]
1 Vgl. hierzu auch Döring, WRP 2007, 728 (729 ff.); Teplitzky, VuR 2009, 83 (84 f.).
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§ 18
Rz. 78
Unlauterer Wettbewerb
b) Verweigerung der Abmahnung und Aufklärungspflichten des Abgemahnten 78
Soweit der Abgemahnte das beanstandete Verhalten nicht für wettbewerbswidrig hält, wird er dagegen die geforderte Erklärung nicht abgeben und sich gegenüber einem zu erwartenden Verfügungsantrag ggf. mit einer Schutzschrift wappnen. Auch in solchen Fällen kann es aber sinnvoll sein, auf die Abmahnung zu reagieren und die entgegenstehenden Argumente vorzubringen, insbesondere wenn die in der Abmahnung vorgetragene Beanstandung aus vom Abmahnenden offensichtlich nicht erkannten Gründen abgelehnt wird.
79
Eine Obliegenheit zur Erwiderung auf die Abmahnung kann sich daraus ergeben, dass der Verletzer nach Treu und Glauben zur Aufklärung des Abmahnenden verpflichtet ist.1 Eine derartige Aufklärungspflicht besteht insbesondere darüber, dass eine Unterwerfung wegen derselben geschäftlichen Handlung bereits einem Dritten gegenüber erfolgt ist, da anderenfalls die Gefahr eines sowohl überflüssigen als auch aussichtslosen Prozesses besteht.2 Soweit die Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung gegenüber einem Dritten entfallen ist, muss der Abgemahnte daher den Abmahnenden hierauf hinweisen und ihm den Namen und die Anschrift des Dritten und den Wortlaut der Unterlassungsverpflichtungserklärung mitteilen. Anderenfalls muss er im Falle eines etwa von dem Abmahnenden eingeleiteten Verfügungsverfahrens die Kosten des Rechtsstreites auch dann tragen, wenn die Verfügung wegen des Wegfalls der Wiederholungsgefahr nicht erlassen oder aufgehoben wird. Den Abgemahnten trifft darüber hinaus die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Unterlassungserklärung gegenüber dem Dritten geeignet ist, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.3 Abgesehen von diesen besonderen Fällen der Aufklärung besteht aber keine generelle Verpflichtung des Abgemahnten, den Abmahner über sämtliche Missverständnisse als Grundlage einer unbegründeten Abmahnung aufzuklären.4 c) Gegenabmahnung und negative Feststellungsklage
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Der zu Unrecht Abgemahnte kann auf die Abmahnung darüber hinaus mit einer Gegenabmahnung reagieren, die sich gegen ein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten des Abmahnenden richten kann oder bei der unberechtigten Abmahnung darauf, dass der Abmahnende den behaupteten Unterlassungsanspruch innerhalb einer angemessenen Frist fallen lässt.5 Allerdings ist der zu Unrecht Abgemahnte grundsätzlich nicht – auch nicht zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO – gehalten, vor der Erhebung einer negativen Feststellungsklage eine
1 BGH v. 8.11.2007 – I ZR 172/05 – EURO und Schwarzgeld, WRP 2008, 249 (251); allgemein zur Aufklärungspflicht des Abgemahnten Spätgens in Ahrens, Kap. 4; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 1.63. 2 BGH v. 19.6.1986 – I ZR 65/84 – Aufklärungspflicht des Abgemahnten, WRP 1986, 672. 3 BGH v. 13.5.1987 – I ZR 79/85 – wiederholte Unterwerfung II, WRP 1987, 557; allgemein zur Schutzschrift etwa Teplitzky, NJW 1980, 1667; Wilke, Abmahnung und Schutzschrift im gewerblichen Rechtsschutz, 1991. 4 Vgl. BGH v. 1.12.1994 – I ZR 139/92, GRUR 1995, 167 (169). 5 S. zu dieser Form der Gegenabmahnung Achilles in Ahrens, Kap. 5 Rz. 5 f.
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III. 3. Schutzschrift
Rz. 81
§ 18
Gegenabmahnung auszusprechen.1 Eine Gegenabmahnung ist vielmehr nur dann ausnahmsweise veranlasst, wenn die Abmahnung in tatsächlicher und/ oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruht, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden kann, oder wenn seit der Abmahnung ein längerer Zeitraum verstrichen ist und der Abmahnende in diesem entgegen seiner Androhung keine gerichtlichen Schritte eingeleitet hat. Denn nur in solchen Fällen entspricht eine Gegenabmahnung dem mutmaßlichen Willen und dem Interesse des Abmahnenden und kann der Abgemahnte daher die Kosten der Gegenabmahnung erstattet verlangen.2 Eine Gegenabmahnung ist jedenfalls in diesen Fällen zur Vorbereitung einer negativen Feststellungsklage3 auch zweckmäßig, da dann damit gerechnet werden kann, dass der ursprünglich Abmahnende den geltend gemachten Anspruch fallen lässt und so eine schnelle Streitbeilegung erzielt werden kann. In allen anderen Fällen kann gegenüber der unberechtigten Abmahnung mit einer negativen Feststellungsklage vorgegangen werden. Zu beachten ist allerdings, dass die negative Feststellungsklage gegenüber einer gegenläufigen Leistungsklage nachrangig ist und das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse entfallen kann, wenn der Beklagte des Feststellungsverfahrens seinerseits Leistungsklage auf Unterlassung der streitigen geschäftlichen Handlung erhoben hat.4
3. Schutzschrift Soweit nach Erhalt einer Abmahnung der darin beschriebene Wettbewerbsverstoß von dem vermeintlichen Unterlassungsschuldner nicht anerkannt wird und daher nicht beabsichtigt ist, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, empfiehlt es sich, vor dem Hintergrund, dass über den zu erwartenden Antrag des Anspruchsstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung regelmäßig ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden oder die Kammer entschieden wird, zur Sicherstellung des rechtlichen Gehörs eine Schutzschrift bei dem möglichen Verfügungsgericht zu hinterlegen (vgl. dazu auch § 3 Rz. 226 ff.). Hierbei handelt es sich nicht um einen gesetzlich formulierten Rechtsbehelf, sondern um einen in der Praxis entwickelten Rechtsbehelf „auf Vorrat“.5 Ziel der Schutzschrift ist es, das Gericht dazu zu bewegen, einen bevorstehenden oder bereits eingegangenen, aber noch nicht beschiedenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen oder über ihn zumindest nicht ohne vorherige mündliche Verhandlung zu entscheiden. 1 BGH v. 6.10.2005 – I ZB 37/05, WRP 2006, 106 (107); so auch für den Fall der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung BGH v. 12.7.2011 – X ZR 56/09, WRP 2011, 1628 (1631). 2 BGH v. 29.4.2004 – I ZR 233/01 – Gegenabmahnung, WRP 2004, 1032 (1036). 3 Zur negativen Feststellungsklage etwa BGH v. 8.11.2007 – I ZR 172/65 – EURO und Schwarzgeld, WRP 2008, 249 (250); Menke, WRP 2012, 55 ff. 4 BGH v. 7.7.1994 – I ZR 34/92, juris. 5 Teplitzky, Schutzschrift, Glaubhaftmachung und besondere Dringlichkeit bei § 937 Abs. 2 ZPO – drei Beispiele für Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis, WRP 1980, 373 (374); zur Schutzschrift allgemein auch Wehlau/Kalbfuss, WRP 2012, 395 ff.
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§ 18
Rz. 82
Unlauterer Wettbewerb
Die Form der Schutzschrift lehnt sich dabei an die Form eines Schriftsatzes in gerichtlichen Verfahren an, so sind insbesondere etwa die Parteien des etwaigen Verfügungsverfahrens im Aktiv- und Passivrubrum genau zu bezeichnen, um eine Berücksichtigung der Schutzschrift im Rahmen der Zuordnung zu einem etwa eingehenden Verfügungsantrag sicherzustellen. Soweit ausnahmsweise der mögliche Antragsteller nicht bekannt ist, weil etwa ohne vorangegangene Abmahnung erwartet wird, dass sich Mitbewerber oder ein Wettbewerbsverein hiergegen wenden, ist notfalls der mögliche Antragsteller als „unbekannt“ zu bezeichnen. Nach allgemeiner Ansicht unterliegt die Hinterlegung einer Schutzschrift jedoch (noch) nicht dem Anwaltszwang. 82
Um ihren Zweck zu erreichen, ist die Schutzschrift an dasjenige Gericht zu richten, das der mögliche Antragsteller vermutlich anrufen wird. Wegen des im Wettbewerbsrecht bisher noch1 geltenden so genannten fliegenden Gerichtsstandes ist es dabei notwendig, die Schutzschrift bei mehreren Gerichten zu hinterlegen. Allerdings sollte bei einer derartigen Mehrfachhinterlegung eine Beschränkung auf die wahrscheinlich angerufenen Gerichte erfolgen, sodass auch bei bundesweit zugänglichen Wettbewerbshandlungen, wie etwa bei im Internet geschalteten Werbeanzeigen, neben den für die möglichen Parteien zuständigen Landgerichten nicht jedes mögliche Gericht angeschrieben werden sollte.2 Darüber hinaus steht der fliegende Gerichtsstand nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG nur den in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehenden Mitbewerbern zu, während die weiteren Anspruchsberechtigten in der Regel am Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung des Unterlassungsschuldners vorgehen müssen. Eine Erleichterung gegenüber dem Problem der Vielzahl der örtlich zuständigen Gerichte soll das zentrale elektronische Schutzschriftenregister3 bilden, dem allerdings bislang noch nicht alle Landgerichte angeschlossen sind Es fehlen etwa noch Köln und München. Die Landgerichte in Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Mannheim, Nürnberg-Fürth, Stuttgart sind demgegenüber bereits angeschlossen. Das zentrale Schutzschriftenregister entbindet also nicht von der sorgfältigen Überlegung, welche möglichen Gerichte der potenzielle Antragsteller voraussichtlich anrufen wird, wobei neben der sachlichen Nähe zum Sitz des Antragstellers oder des Antragsgegners auch zu berücksichtigen ist, ob ein bestimmtes Gericht zu dem Streitgegenstand eine für den potenziellen Antragsteller bekanntermaßen günstige Rechtsprechungspraxis etabliert hat.
83
Bei der Bezeichnung der zuständigen Kammer ist zu berücksichtigen, dass Wettbewerbssachen nach § 13 Abs. 1 UWG i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG den Kammern für Handelssachen zugeordnet sind. Darüber hinaus bestehen allerdings bei einigen Landgerichten auch Zivilkammern mit einer Spezialzuständigkeit für Wettbewerbssachen, so etwa beim Landgericht Köln, beim Landgericht Frankfurt oder beim Landgericht Hamburg. 1 Zur beabsichtigten Aufhebung des fliegenden Gerichtsstands vgl. Kaufmann, MMR Aktuell 2012, 331319. 2 S. etwa Herr, GRUR 1986, 436. 3 Abrufbar ist das elektronische Schutzschriftenregister unter www.schutzschriften register.de; vgl. hierzu auch Schulu, GRUR-Prax. 2011, 313; Wehlau/Kalbfuss, WRP 2012, 395 (398).
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M 18.3
III. 3. Schutzschrift
§ 18
Rz. 86
Die Kosten der Schutzschrift sind dem Antragsgegner (nur) zu erstatten, wenn die Einreichung der Schutzschrift zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war. Eine Kostenerstattung erfolgt daher nicht, wenn der Verfügungsantrag bereits vor Einreichung der Schutzschrift zurückgenommen wurde.1 Wird der Antrag dagegen nach Einreichung der Schutzschrift zurückgenommen, sind die Kosten der Schutzschrift dem Antragsteller aufzuerlegen.2
83a
Die Schutzschrift sollte in jedem Fall nicht als Standardreaktion auf den Erhalt einer Abmahnung verwendet werden. So geht etwa die Schutzschrift ins Leere, falls der mögliche Anspruchsteller keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellt oder diesen bei einem Landgericht stellt, bei dem die Schutzschrift nicht hinterlegt ist. Der Gegner bleibt in diesen Fällen auf den mit der Schutzschrift verbundenen Kosten sitzen.3 Darüber hinaus kann in Fällen, in denen die gegenüber der Abmahnung vorzutragenden Gründe den vermeintlichen Wettbewerbsverstoß offensichtlich ausräumen über eine entsprechende Reaktion gegenüber dem Abmahnenden unter Umständen eine Ausräumung der Auseinandersetzung kostengünstiger erreicht werden. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass nach Hinterlegung einer Schutzschrift die Möglichkeit, den Anspruch in einem etwaigen Verfügungsverfahren sofort anzuerkennen und damit die Kosten dem Antragsteller aufzubürden, ausgeschlossen ist.
84
Eine beim Gericht eingereichte Schutzschrift wird dort in das allgemeine Register eingetragen, wenn sie vor Eingang eines Verfügungsantrags bei Gericht eingeht. Der mögliche Antragsteller erhält vor Eingang eines entsprechenden Verfügungsantrags keine Abschriften und wird auch nicht darüber informiert, dass eine Schutzschrift vorliegt. Nach Eingang eines Verfügungsantrags oder wenn ein solcher bereits bei Gericht anhängig ist, wird die Schutzschrift mit zur Verfügungsakte genommen und kann dann von dem Antragsteller auch eingesehen werden. Der Hinterleger einer Schutzschrift wird jedoch aufgrund der hinterlegten Schutzschrift nicht zwingend über den Eingang eines Verfügungsantrages, dessen Rücknahme oder eine Entscheidung über den Verfügungsantrag im Beschlussverfahren informiert. Als Begründung für diese gerichtliche Praxis wird in der Regel die Vorschrift des § 922 Abs. 3 ZPO herangezogen.4
85
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Schutzschrift Landgericht . . .
86
– Kammer für Handelssachen/Kammer für Wettbewerbssachen – Schutzschrift der A GmbH, vertreten durch . . ., Geschäftsadresse, . . . – vermutliche Antragstellerin – 1 2 3 4
18.3
BGH v. 23.11.2006 – I ZB 39/06 – Kosten der Schutzschrift II, GRUR 2007, 727 (728). BGH v. 13.3.2008 – I ZB 20/07 – Kosten der Schutzschrift III), GRUR 2008, 640. Zur Erstattung der Kosten allgemein Stöber, AGS 2007, 9–14. S. hierzu etwa Schulz, GRUR-Prax 2011, 313.
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§ 18
Rz. 86
Unlauterer Wettbewerb
M 18.3
Prozessbevollmächtigte: . . . gegen die G GmbH, vertreten durch . . ., Geschäftsadresse, – vermutliche Antragsgegnerin – wegen: vermeintlichen unlauteren Wettbewerbs. Wir zeigen an, dass wir die mögliche Antragsgegnerin vertreten. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert. Für den Fall, dass die mögliche Antragstellerin wegen des nachstehend beschriebenen Sachverhalts einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen sollte, beantragen wir, 1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen; 2. hilfsweise: über den Verfügungsantrag nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden; 3. höchst hilfsweise: die Anordnung oder die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung der möglichen Antragstellerin abhängig zu machen; 4. für den Fall der Zurückweisung des Verfügungsantrags oder seiner Zurücknahme der Antragstellerin die Kosten des Verfügungsverfahrens einschließlich derjenigen aufzuerlegen, die durch die Hinterlegung dieser Schutzschrift entstanden sind. Im Falle der Einreichung eines Verfügungsantrages bitten wir ggf. um Übermittlung der Antragsschrift zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs und sind unter dieser Voraussetzung damit einverstanden, dass auch der möglichen Antragstellerin die vorliegende Schutzschrift zur Kenntnis gegeben wird. Begründung: 1. Die Antragsgegnerin ist mit Schreiben vom . . . abgemahnt worden. Die A GmbH beanstandet in diesem Schreiben das Angebot . . . [Beschreibung der vermeintlichen Verletzungshandlung] als Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot des § . . . UWG. Eine Kopie der Abmahnung ist als Anlage AG 1 beigefügt. Die Antragsgegnerin wird dieser Abmahnung nicht Folge leisten, sodass mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu rechnen ist. 2. Die Antragsgegnerin vertreibt als regional tätiges Unternehmen der . . .-Branche Waren über ihre Filialen in . . . . . . [Ausführungen zur beanstandeten Wettbewerbshandlung sowie ggf. Ausführungen zum Fehlen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses oder zur fehlenden Antragsbefugnis] 3. Das von der Antragstellerin beanstandete Verhalten stellt keine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des § . . . UWG dar. . . . [Ausführungen zur Zulässigkeit der geschäftlichen Handlung nach dem UWG]
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M 18.3
III. 4. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
Rz. 88
§ 18
4. Einem etwaigen Verfügungsantrag fehlt darüber hinaus auch ein entsprechender Verfügungsgrund. . . . [Ausführungen zur fehlenden Dringlichkeit, s. etwa beim Muster eines Kostenwiderspruchs] 5. Im Falle eines Verbotes der . . . [geschäftlichen Handlung] durch eine einstweilige Verfügung würde sich ein erheblicher Schaden für die Antragsgegnerin ergeben. Das Geschäft der Antragsgegnerin ist zu einem wesentlichen Teil an bestimmte Feiertage gebunden. So wird ein wesentlicher Teil des Umsatzes von der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Muttertag erzielt. Das Muttertagsgeschäft stellt das Kerngeschäft der Antragsgegnerin dar. Für dieses Ereignis wurde von der Antragsgegnerin mit der beanstandeten Werbeanzeige geworben. Der Antragsgegnerin würde daher durch den entgangenen Umsatz im Falle eines kurzfristigen Verbots ein erheblicher Schaden entstehen. Da dieser Schaden die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin erheblich belastet, beantragen wir äußerst hilfsweise, die Anordnung bzw. die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung der Antragstellerin gemäß §§ 936, 921 Satz 2 ZPO abhängig zu machen. Rechtsanwalt
4. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung a) Allgemeines Sofern der durch ein wettbewerbswidriges Verhalten eines Mitbewerbers Verletzte im Rahmen des außergerichtlichen Vorgehens keine Ausräumung des wettbewerbswidrigen Verhaltens erzielen kann, steht ihm als eigentliches Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes die Möglichkeit offen, die Unterlassung der Zuwiderhandlung gegen das Lauterkeitsrecht im Rahmen eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtlich durchzusetzen. Wie bereits erwähnt, hat die einstweilige Verfügung gerade im Recht des unlauteren Wettbewerbs eine große praktische Bedeutung. Wegen der grundsätzlichen Eilbedürftigkeit von Wettbewerbsangelegenheiten zur Vermeidung daraus zukünftig entstehender Schäden werden wettbewerbsrechtliche Unterlassungsbegehren zum weit überwiegenden Teil im gerichtlichen Eilverfahren verfolgt. Die Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens richtet sich dabei in aller Regel auf den Erlass einer Beschlussverfügung ohne mündliche Verhandlung, die ohne Beteiligung des Antragsgegners erlassen wird, soweit sich dieser nicht durch Einreichung einer Schutzschrift vorab rechtliches Gehör verschafft.
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Einstweilige Verfügungen sind nach der Zivilprozessordnung in Form von Sicherungsverfügungen im Sinne des § 935 ZPO oder als Regelungsverfügungen nach § 940 ZPO ausgestaltet. Die im Recht des unlauteren Wettbewerbs zumeist begehrte Unterlassungsverfügung stellt eine Unterform der Leistungsverfügung dar, die ihrerseits entweder als Unterform der Regelungsverfügung oder als im Wege der Rechtsfortbildung entwickelte Sonderform der einstweiligen Verfügung angesehen wird (zur Durchsetzung sonstiger Ansprüche im Wege
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§ 18
Rz. 89
Unlauterer Wettbewerb
der einstweiligen Verfügung s. Rz. 24–26). Die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsverfügung findet darüber hinaus gesetzlichen Niederschlag in § 12 Abs. 2 UWG, der die Möglichkeit der einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach dem UWG ausdrücklich regelt. 89
Das auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtete Verfahren wird durch einen schriftlichen Antrag bei Gericht eingeleitet. Voraussetzungen für die Durchführung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens sind: – die grundsätzliche Eignung der Angelegenheit für das einstweilige Verfügungsverfahren;1 – das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers; – der Verfügungsgrund (s. hierzu Rz. 27–31); – der Verfügungsanspruch sowie die zum Verfügungsanspruch gehörende Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr sowie – die Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs sowie des Verfügungsgrundes, soweit dieser nicht vermutet wird. b) Unterlassungsantrag
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Kernstück des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist der eigentliche Verfügungsantrag, aus dem sich ergeben muss, dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt wird, welchen Inhalt diese Verfügung haben soll (d.h. die genaue Formulierung des Unterlassungsbegehrens) sowie, dass eine Entscheidung im Beschlussverfahren und durch den Vorsitzenden der Kammer allein erlassen werden soll.
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Die korrekte Fassung des Unterlassungsantrages ist ausschlaggebend für den Erfolg des geltend gemachten Verfügungsanspruches. Ausgangspunkt für die Antragsfassung muss zunächst immer der konkrete Verletzungsfall sein2, der regelmäßig keine besonderen Schwierigkeiten bereiten sollte. Gleichwohl ist es in der Regel die Intention eines sich gegen eine unlautere Wettbewerbshandlung seines Mitbewerbers wehrenden Mandanten, über den Unterlassungsanspruch auch diejenigen Fälle zu erfassen, die dem Kern des Verletzungsfalles entsprechen, ohne mit ihm identisch zu sein. Ziel der Antragsfassung muss es daher sein, den typischen Gehalt des Verstoßes zu erfassen, ohne eine unzulässige Verallgemeinerung darzustellen und damit das Risiko einer vollständigen Abweisung durch das Gericht herbeizuführen. Dies sollte bereits bei der Antragsfassung sorgfältig berücksichtigt werden. Insbesondere dann, wenn seitens des Gerichts auf Probleme hinsichtlich eines zu weiten Unterlassungsantrages hingewiesen wird, sollte dem ggf. durch eine einschränkende Korrektur des Antrags Rechnung getragen werden.
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Der Unterlassungsantrag muss daher zunächst ausreichend bestimmt formuliert werden, d.h., dass Anträge, die auslegungsbedürftige Begriffe enthalten,
1 S. hierzu Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 98 Rz. 3. 2 Allgemein hierzu v. Ungern-Sternberg, GRUR 2011, 375 (380).
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III. 4. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
Rz. 94
§ 18
grundsätzlich unzulässig sind.1 Dies gilt etwa für Antragsformulierungen, die Wendungen enthalten wie – – – –
„es zu unterlassen Angaben zu verwenden, die den Eindruck erwecken“,2 „verwechslungsfähige Bezeichnungen zu gebrauchen“,3 „wenn dies ähnlich wie geschieht“4 oder „Sonderveranstaltungen durchzuführen“.5
Zu unbestimmt sind darüber hinaus Antragsformulierungen, die schlicht auf gesetzliche Bestimmungen abstellen.6 Daher verbieten sich Anträge, die lediglich auf die Wiederholung der gesetzlichen Formulierung abstellen, wie etwa „außerhalb der Fachkreise mit Angaben zu werben, wonach diese ärztlich geprüft, angewendet oder empfohlen werden, insbesondere mit von Ärzten verfassten Patienteninformationen zu werben, in denen die Mittel empfohlen werden“.7 Gleiches dürfte für Formulierungen wie „irreführende Werbeangaben“ oder „in unzumutbarer Weise zu belästigen“ gelten. Lediglich dann, wenn im Einzelfall über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht, kann eine Verwendung auch auslegungsbedürftiger Begriffe geboten und damit hinnehmbar erscheinen.8
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Ausgangspunkt der Antragsformulierung muss grundsätzlich die konkrete Verletzungshandlung sein, die im Antrag möglichst genau beschrieben werden sollte und nach Möglichkeit durch Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung, etwa durch Einbeziehung der beanstandeten Werbeanzeige, in dem Antrag konkretisiert werden sollte. Allerdings führt die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung auch zu einer begrenzten Reichweite des in der einstweiligen Verfügung enthaltenen Unterlassungsgebotes, die vom Antragsgegner ggf. durch geringfügige Abwandlungen in den Formulierungen umgangen werden könnten. Erlaubt sind daher in der Antragsformulierung auch Verallgemeinerungen, die das Charakteristische der wettbewerbswidrigen Handlung zum Ausdruck bringen9. Bei derartigen Verallgemeinerungen ist auf
94
1 BGH v. 11.10.1990 – I ZR 35/89, GRUR 1991, 254 (256); s. zu unbestimmten Antragsformulierungen insbesondere auch Jestaedt in Ahrens, Kap. 22 Rz. 13 ff.; Melullis, Rz. 314 ff.; Teplitzky, Klagantrag und konkrete Verletzungsform, WRP 1999, 75. 2 BGH v. 24.10.1975 – I ZR 59/74 – Herstellung und Vertrieb, GRUR 1976, 197; BGH v. 22.12.1961 – I/R 152/59 – Gründerbildnis, GRUR 1962, 310 (313). 3 BGH v. 4.7.1991 – I ZR 2/90 – unbestimmter Unterlassungsantrag I, GRUR 1991, 917 (919); BGH v. 9.4.1992 – I ZR 171/90 – unbestimmter Unterlassungsantrag II, GRUR 1992, 561. 4 BGH v. 26.10.2000 – I ZR 180/98 – TCM-Zentrum, WRP 2001, 400 (401 f.). 5 BGH v. 7.7.1978 – I ZR 169/76 – Elbe-Markt, GRUR 1978, 649 (650). 6 BGH v. 4.11.2010 – I ZR 118/09 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker, GRUR 2011, 539 (540); OLG Zweibrücken v. 26.2.2009 – 4 U 51/08, FD-GewRS 2009, 279828. 7 BGH v. 24.11.1999 – I ZR 189/97 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge, GRUR 2000, 438 (440). 8 BGH v. 5.10.2010 – I ZR 46/09 – Verbotsantrag bei Telefonwerbung, GRUR 2011, 433 (434); BGH v. 6.10.1999 – I ZR 92/97 – „Auslaufmodelle III“, GRUR 2000, 616 (617). Vgl. hierzu Trepper in Götting/Nordemann, Vorbemerkung zu § 12 UWG Rz. 44 ff. mit Einzelbeispielen. 9 Allgemein hierzu v. Ungern-Sternberg, GRUR 2011, 486 (487).
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§ 18
Rz. 95
Unlauterer Wettbewerb
den Kern der Verletzungshandlung abzustellen. Zulässig ist insoweit insbesondere etwa die Verallgemeinerung der mit wettbewerbswidrigen Werbemaßnahmen beworbenen Waren, wie etwa „Sportartikel“,1 oder „Gerätesets der Unterhaltungselektronik“.2 Das Herausarbeiten des Charakteristischen an der konkreten Verletzungshandlung und die Umsetzung in eine ausreichende, jedoch nicht zu weitgehende Verallgemeinerung stellt daher – noch vor der ausreichenden Begründung des Verfügungsantrags und der hinreichenden Glaubhaftmachung der zugrundeliegenden Tatsachen – die wesentliche Aufgabe bei der Abfassung eines Verfügungsantrags dar. 95
Im Zweifel ist dabei zu empfehlen, den Antrag zunächst so zu formulieren, dass er die gewünschte Verallgemeinerung ausreichend abdeckt, und durch quasi Hilfsanträge abzusichern, die mit „insbesondere“ eingeleitet werden und enger oder genau auf die konkrete Verletzungsform abstellen. Bei derartigen „insbesondere“-Anträgen handelt es sich nicht um echte Hilfsanträge, denn sie gelten nicht lediglich hilfsweise für den Fall der Abweisung des Hauptantrages, führen aber in dem Fall einer Abweisung des Hauptantrages zu einer einem Hilfsantrag entsprechenden Wirkung. Ein zutreffend formulierter „insbesondere“-Zusatz führt nicht zu einer Einschränkung oder Erweiterung des voranstehenden Antrages, sondern stellt eine beispielhafte Verdeutlichung der vorangegangenen abstrakteren Formulierung dar.3 Eine gewisse Vorsicht ist bei „und/ oder“-Anträgen zu beachten. Die Verbindung mehrerer Verletzungshandlungen mit und/oder bringt zum Ausdruck, dass die verbundenen Verletzungshandlungen sowohl jede für sich als auch als Gesamtheit angegriffen werden sollen.4 Dementsprechend muss auch die Begründung des Antrages die Wettbewerbswidrigkeit jeder einzelnen der verbundenen geschäftlichen Handlungen erfassen. c) Form und Postulationsfähigkeit
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Der Verfügungsantrag ist grundsätzlich schriftlich bzw. elektronisch nach § 130a ZPO einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären.5 Bei dem schriftlichen Verfügungsantrag ist neben der sorgfältigen Formulierung des Antrags auf die genaue Bezeichnung der Parteien des Verfahrens zu achten und in einer Begründung der Verfügungsanspruch und ggf. der Verfügungsgrund zu erläutern. Die Antragschrift ist vom Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Ein Anwaltszwang besteht für den Verfügungsantrag selbst nicht, sofern es jedoch zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Land-
1 BGH v. 15.3.1984 – I ZR 74/82 – adidas Sportartikel, GRUR 1984, 593 (594). 2 BGH v. 29.2.1996 – I ZR 6/96 – Setpreis, GRUR 1996, 796 (797). 3 Vgl. etwa BGH v. 12.7.2001 – I ZR 40/99 – Laubhefter, WRP 2001, 1294 (1297); BGH v. 20.6.1996 – I ZR 113/94 – Fertiglesebrille, GRUR 1996, 793 (795); BGH v. 18.2.1993 – I ZR 219/91 – Faltenglätter, GRUR 1993, 565 (566); s. zur Antragsfassung auch Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 101 Rz. 48. 4 S. hierzu auch Jestaedt in Ahrens, Kap. 22 Rz. 24. 5 Zur Form des Verfügungsantrags s. auch Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 101 Rz. 54 f.
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III. 4. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
Rz. 98
§ 18
gericht kommt, müssen die Parteien durch einen zugelassenen Rechtsanwalt vertreten werden.1 d) Zuständiges Gericht Sachlich zuständig für das einstweilige Verfügungsverfahren ist das nach den allgemeinen oder besonderen Regeln zuständige Gericht, das auch dann mit dem Verfahren befasst wäre, wenn der Anspruch klagweise geltend gemacht würde. Nach § 13 Abs. 1 UWG in der Fassung der UWG-Novelle 2004 wird für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten nach dem UWG die ausschließliche erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte vorgesehen. Beim Landgericht besteht dabei in der Regel eine Wahlmöglichkeit des Antragstellers zwischen der zuständigen Zivilkammer und der Kammer für Handelssachen (§ 13 Abs. 1 UWG, § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG). Bei einigen Landgerichten bestehen dabei Spezialkammern für Wettbewerbssachen. Sinnvollerweise wird daher die Antragsschrift nach dem Rubrum durch einen Hinweis „wegen unlauteren Wettbewerbs“ gekennzeichnet.
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Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts richtet sich nach § 14 UWG. Zuständig ist daher das Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte/Antragsgegner seine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung bzw. seinen Wohnsitz hat (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UWG). Darüber hinaus ist nach § 14 Abs. 2 UWG auch der Gerichtsstand des Begehungsortes eröffnet, der sowohl den Handlungsort als auch den Erfolgsort umfasst. Soweit Wettbewerbsverstöße in Druckwerken, wie insbesondere Zeitungen, Zeitschriften, Katalogen oder Prospekten enthalten sind, ist der Begehungsort neben dem Erscheinungsort des Druckwerks auch der Ort der Verbreitung, sodass gegenüber solchen Verstößen der so genannte „fliegende Gerichtsstand“ eröffnet ist.2 Gleiches gilt für Wettbewerbsverstöße, die sich aus dem Internetauftritt eines Mitbewerbers ergeben. Der Erfolgsort bestimmt sich dabei über die technische Abrufbarkeit sowie danach, an wen der Internetauftritt des Mitbewerbers erkennbar gerichtet ist. Hierfür ist insbesondere die auf der Homepage verwendete Sprache von Bedeutung.3 Der Gerichtsstand des Begehungsortes steht jedoch uneingeschränkt nur den Mitbewerbern im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zu. Für die weiteren nach § 8 Abs. 3 Nr. 2–4 UWG zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen Berechtigten ist der Gerichtsstand des Begehungsortes nur dann eröffnet, wenn der Beklagte/Antragsgegner weder eine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung noch einen Wohnsitz hat (§ 8 Abs. 2 Satz 2 UWG). Soweit sich der Verfügungsantrag auf eine Wiederholungsgefahr beruft, ist auch zu berücksichtigen, dass die Gefahr einer Wiederholung trotz einer bundesweiten Tätigkeit des Antragsgegners (nur) der Ort maßgeblich ist, an dem die behauptete
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1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 920 ZPO Rz. 17; Berger in Berger, Kap. 3 Rz. 88. 2 S. BGH v. 19.12.1995 – IV ZR 15/95, BGHZ 131, 332 (335); s. hierzu auch Büscher in Fezer, § 14 UWG Rz. 24. 3 S. hierzu Büscher in Fezer, § 14 UWG Rz. 26.
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Verletzungshandlung begangen worden bzw. ihr Erfolg eingetreten ist.1 Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken sieht zudem vor, die Regelung des § 14 Abs. 2 UWG auch auf Mitbewerber zu erweitern. Danach bleibt abzuwarten, ob der fliegende Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht bestehen bleibt. Die Angabe eines Streitwertes im Verfügungsantrag als Zuständigkeitsstreitwert ist angesichts der in § 13 Abs. 1 UWG gesetzlich festgelegten sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts entbehrlich. Er hat jedoch als Gebührenstreitwert Bedeutung für die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten. Der Gebührenstreitwert ist dabei im Verfügungsverfahren geringer anzusetzen als der des Hauptsacheverfahrens. Als grober Richtwert kann für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche von einem regelmäßigen Rahmen zwischen 25 000 und 500 000 Euro ausgegangen werden, je nach der Größe der beteiligten Wettbewerber und der regionalen oder bundesweiten Bedeutung der Streitigkeit.2
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung1
Landgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der A GmbH, vertreten durch . . ., Geschäftsadresse, . . . – Antragstellerin – Prozessbevollmächtigte: . . . gegen die G GmbH, vertreten durch . . ., Geschäftsadresse, . . . – Antragsgegnerin – wegen: unlauteren Wettbewerbs Vorläufiger Streitwert: . . . Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen: (1) Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, insgesamt höchstens zwei Jahren 1 Das Muster wurde in Anlehnung an die Entscheidung des OLG Bremen v. 17.11.2005 – 2 U 83/04, OLGR Bremen 2006, 250 erstellt.
1 So OLG Köln v. 30.9.2011 – 6 U 54/11, MMR 2012, 161 (162). Einschränkend zum fliegenden Gerichtsstand auch AG Frankfurt/M. v. 1.12.2011 – 30 C 1849/11 (25), MMR 2012, 276. 2 Zur Streitwertbestimmung im Einzelnen Teplitzky, Kap. 49 Rz. 10 ff.
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III. 4. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
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auferlegt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr EDV-Geräte blickfangmäßig hervorgehoben zu bewerben, wenn diese Geräte am Erscheinungstag der Werbung nicht zur sofortigen Mitnahme durch den Kunden bereit liegen. (2) Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Begründung: 1. Die Antragstellerin betreibt ein Einzelhandelsgeschäft mit Elektronikgeräten in B. In diesem Geschäft verkauft sie unter anderem Computer. 2. Die Antragsgegnerin vertreibt als bundesweit tätiges Unternehmen über ihre Filialen ebenfalls Elektrogeräte. Sie hat in der Tageszeitung „. . .“ vom . . . in einer 12-seitigen Werbebeilage der Größe DIN A3, auf die Größe DIN A5 zusammengefaltet, insgesamt 100 Artikel ihres Sortiments, darunter auf der letzten Seite drei Computer, unter anderem einen Computer der Marke . . . beworben. Glaubhaftmachung: Werbebeilage vom . . ., Anlage AST 1 3. Der von der Antragsgegnerin beworbene Computer war an diesem Tag nicht vorrätig. Ein Mitarbeiter der Antragstellerin, Herr . . ., hat an diesem Tag das Geschäftslokal der Antragsgegnerin aufgesucht und unter Bezugnahme auf die Werbebeilage den beworbenen Computer verlangt. Von dem Verkäufer wurde ihm hierzu mitgeteilt, der beworbene Computer sei nicht vorrätig, er könne ihm stattdessen jedoch einen Computer der Marke . . . anbieten. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Herrn . . ., Anlage AST 2 Die beanstandete Werbung in der Werbebeilage ist irreführend im Sinne der §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 UWG. Nach der Werbebeilage erfolgte die Bewerbung des betreffenden Computers blickfangmäßig hervorgehoben. Die Werbung für dieses Produkt befand sich auf der bei Entfalten der Beilage sofort ins Auge springenden Rückseite der Faltbeilage. Beworben werden auf dieser Seite drei mit großen Fotos versehene Computer, wobei der hier maßgebliche mit einem Preis von . . . Euro der teuerste und nach der Leistungsbeschreibung der leistungsfähigste ist. Bei derart hervorgehoben beworbenen Waren besteht die Verkehrserwartung, dass sie zum Zeitpunkt der Werbung sofort lieferbar sind. Dies war jedoch nicht der Fall. 4. Die Antragstellerin ist als unmittelbar betroffene Mitbewerberin klagebefugt nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Da beide Parteien gleichartige Waren (Computer) innerhalb derselben Endverbraucherkreise abzusetzen versuchen, stehen sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander. Die Werbung der Antragsgegnerin verstößt gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (irreführende Angaben über die Verfügbarkeit der Ware) UWG bzw. Nummer 5 des Anhangs zu § 3 UWG. Danach sind Warenangebote im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG zu einem bestimmten Preis unzulässig, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen zu dem angegebenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Die sehr bekannte Computermarke . . . übt Henßler
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auf die angesprochenen Verkehrskreise eine besondere Anlockwirkung aus, die die Antragsgegnerin gezielt ausnutzt. 5. Die Antragsgegnerin wurde mit Abmahnschreiben der Prozessbevollmächtigten vom . . . abgemahnt. Sie hat hierauf jedoch nicht reagiert. Da die vorprozessuale Abmahnung erfolglos geblieben ist und damit zu rechnen ist, dass die Antragsgegnerin die beanstandete Werbung fortsetzt, ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung dringend geboten. Die Dringlichkeit als Verfügungsgrund ist im Übrigen gemäß § 12 Abs. 2 UWG zu vermuten. 6. Das angerufene Landgericht ist gemäß § 14 Abs. 1 UWG örtlich zuständig, da die Antragsgegnerin ihre gewerbliche Niederlassung im Gerichtsbezirk hat. 7. Sollte das Gericht erwägen, die Verfügung nicht wie beantragt oder nicht ohne mündliche Verhandlung zu erlassen, wird um telefonische Benachrichtigung gebeten. Im Falle des Erlasses der einstweiligen Verfügung wird ebenfalls darum gebeten, den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin telefonisch zu benachrichtigen, damit die Antragstellerin ihre Rechte unverzüglich durchsetzen kann. Des Weiteren wird um zwei Ausfertigungen zum Zwecke der Zustellung gebeten. Rechtsanwalt
e) Weiterer Verfahrensablauf 100
Das Gericht kann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO durch Beschluss stattgeben und eine einstweilige Verfügung erlassen oder aber den darauf gerichteten Antrag ablehnen. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch durch Beschluss die Entscheidung treffen, dass über den Verfügungsantrag nur nach vorheriger mündlicher Verhandlung entschieden werden soll. Letzteres kann insbesondere dann der Fall sein, wenn in der Antragsschrift zwar die Voraussetzungen für den Erlass ausreichend dargelegt und auch glaubhaft gemacht sind, aber aufgrund einer vorliegenden Schutzschrift gleichwohl Zweifel bestehen. Unter Umständen kann das Gericht dem Antragsteller auch die Möglichkeit einräumen, den Antrag noch nachzubessern, wenn z.B. die Glaubhaftmachung noch nicht als ausreichend angesehen wird. Bis zur Entscheidung über die Zurückweisung des Antrags oder den Erlass der einstweiligen Verfügung kann der Antrag auch vom Antragsteller zurückgenommen werden.
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Wird eine Beschlussverfügung erlassen, ist diese vom Antragsteller dem Antragsgegner nach den allgemeinen Zustellungsregelungen innerhalb eines Monats nach Erlass zuzustellen. Der Antragsgegner kann gegen die Beschlussverfügung ganz oder teilweise Widerspruch erheben. Ist dies der Fall, findet eine mündliche Verhandlung statt, an deren Ende ein Urteil steht, gegen das Berufung eingelegt werden könnte. Ferner hat das Gericht die Möglichkeit, vor einer Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der weitere Ablauf entspricht dann dem zuvor Gesagten.
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III. 5. Beschwerde
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5. Beschwerde Soweit das Gericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht stattgibt, steht dem Antragsteller innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 567 Abs. 1 ZPO zur Verfügung. Der Antragsteller kann im Rahmen der Beschwerdeschrift zusätzliche Tatsachen und Glaubhaftmachungsmittel vorbringen. Das Beschwerdeverfahren ist als Beschlussverfahren angelegt und erfolgt grundsätzlich ohne Beteiligung des Antragsgegners, der vom Gericht nicht informiert werden darf.1 Das mit der Beschwerde befasste Landgericht kann der Beschwerde abhelfen und die beantragte einstweilige Verfügung erlassen oder die Angelegenheit dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorlegen. Dieses entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss, in dem die Beschwerde als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen werden kann. Anderenfalls erlässt das Beschwerdegericht die einstweilige Verfügung. Das Beschwerdegericht kann aber auch eine mündliche Verhandlung anordnen und dann durch Urteil entscheiden.2 Im Übrigen unterliegt die Beschwerde bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten keinen Besonderheiten.
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6. Widerspruch Soweit das Gericht die beantragte einstweilige Verfügung erlässt und der Antragsteller diese durch Zustellung im Parteiweg vollzieht, steht dem Antragsgegner die Möglichkeit zu, hiergegen gemäß §§ 936, 924 Abs. 1 ZPO Widerspruch einzulegen. Die Widerspruchseinlegung erfolgt bei dem erstinstanzlichen Gericht, das die Beschlussverfügung erlassen hat. Der Widerspruch ist nicht fristgebunden und kann daher auch noch geraume Zeit nach Zustellung der einstweiligen Verfügung eingelegt werden. Eine Hemmung der Vollziehung der einstweiligen Verfügung bewirkt der Widerspruch grundsätzlich nicht, der Antragsgegner kann jedoch beantragen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Beschlussverfügung einstweilen einzustellen ist. Derartige Anträge haben jedoch in aller Regel im einstweiligen Verfügungsverfahren keinen Erfolg (s. hierzu Rz. 44).
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Inhaltlich kann sich der Widerspruch gegen die Beschlussverfügung insgesamt richten oder inhaltlich beschränkt werden. Ein eingeschränkter Widerspruch kann sich gegen einzelne Verbote der Unterlassungsverfügung richten, oder etwa auch darauf beschränken, dass dem Antragsgegner eine Aufbrauch-, Beseitigungs- oder Umsetzungsfrist gewährt werden soll.
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Im Rahmen des Widerspruchs kann zudem auch ein Antrag (Hilfsantrag) nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO gestellt werden, mit dem dem Antragsteller eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage gesetzt werden soll. Soweit eine Fristsetzung, die durch den Rechtspfleger zu bestimmen ist, zurückgewiesen wird oder zu großzügig bemessen ist, steht hiergegen dem Antragsgegner des Ver-
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1 S. hierzu auch Scharen in Ahrens, Kap. 51 Rz. 62. 2 Vollkommer in Zöller, § 922 ZPO Rz. 14; Grunsky in Stein/Jonas, § 922 ZPO Rz. 9.
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fügungsverfahrens das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RpflG, § 167 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu. Da der Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage jedoch auch später gestellt werden kann, wird es regelmäßig zweckmäßig sein, vor der Entscheidung über die Veranlassung eines langwierigen Hauptsacheverfahrens zunächst die begründete Entscheidung des Gerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren im Hinblick auf den eingelegten Widerspruch abzuwarten.
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Widerspruch
Landgericht . . . Geschäftsnummer In dem einstweiligen Verfügungsverfahren A GmbH./. G GmbH zeigen wir an, dass wir die Antragsgegnerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragsgegnerin erheben wir gegen die einstweilige Verfügung der Kammer vom . . . Widerspruch und bitten um die Anberaumung eines möglichst zeitnahen Verhandlungstermins, in dem wir beantragen werden: 1. unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom . . . den Antrag der Antragstellerin vom . . . zurückzuweisen; 2. der Antragstellerin die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens aufzuerlegen. Hilfsweise wird beantragt, der Antragstellerin aufzuerlegen, binnen einer Frist von zwei Wochen Klage in der Hauptsache zu erheben. Des Weiteren beantragen wir, wegen der drohenden erheblichen Nachteile für die Antragsgegnerin vorab anzuordnen: die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung der Kammer vom . . . wird einstweilen bis zur Entscheidung über den Widerspruch ohne Sicherheitsleistung eingestellt, hilfsweise, die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung der Kammer vom . . . wird gegen Sicherheitsleistung der Antragsgegnerin, die auch durch eine unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische schriftliche Bürgschaftserklärung einer deutschen Großbank geleistet werden kann, eingestellt. Begründung: 1. Verfügungsanspruch Der Antragstellerin steht kein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbeanzeige zu. 650
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III. 6. Widerspruch
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. . . [Ausführungen zu den mit der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Unterlassungsansprüchen]. 2. Verfügungsgrund Mangels eines Unterlassungsanspruchs der Antragstellerin besteht auch kein Verfügungsgrund. Die Vermutung der Dringlichkeit nach § 12 Abs. 2 UWG greift im vorliegenden Fall nicht ein, da die Antragstellerin trotz Kenntnis von der Werbeanzeige mehr als . . . Monate mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung abgewartet hat. . . . [Darlegung und Glaubhaftmachung der Gründe für den Wegfall der Dringlichkeitsvermutung]. 3. Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung Die Vollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung kann gemäß § 924 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO einstweilen eingestellt werden, wenn das eingelegte Rechtsmittel hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und das Interesse der Verfügungsgegnerin an der Aussetzung der Vollstreckung das Sicherungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt: a) Wie bereits unter Ziffer 1. ausgeführt, steht der Antragstellerin kein Verfügungsanspruch zu. Der Widerspruch der Antragsgegnerin wird daher Erfolg haben. Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin die Beschlussverfügung vom . . . der Antragsgegnerin am . . . zugestellt. Da die Antragsgegnerin jedoch kein schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung eines sachlich unrechtmäßigen, vorläufigen Titels haben kann, ist im vorliegenden Fall die Einstellung der Zwangsvollstreckung gerechtfertigt. b) Die Vollstreckung aus dem sachlich nicht gerechtfertigten Beschluss führt bei der Antragsgegnerin zu erheblichen Schäden, die nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung im Anschluss an die mündliche Verhandlung nicht reparabel sind. . . . [Darlegung und Glaubhaftmachung der Gründe für den besonderen Schaden]. Die der Antragsgegnerin hieraus entstehenden Nachteile gehen über die bloße Vollstreckungswirkung hinaus, da bis zu einer Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Nachteile bereits abschließend eingetreten sind oder zumindest einen erheblichen Aufwand erfordern würden, um die bei den eingeführten Kunden entstehende Verwirrung wieder auszuräumen. Die durch den Vollzug der einstweiligen Verfügung eintretende Marktverwirrung wird nicht nur zu wirtschaftlichen Schäden führen, sondern auch einen nicht reparablen Reputationsverlust für die Antragsgegnerin herbeiführen. Die hierdurch eintretenden Schäden wären im Rahmen eines Schadenersatzprozesses nach § 945 ZPO nicht ohne Weiteres zu beziffern. c) Unter den besonderen Umständen des Falles ist die Zwangsvollstreckung aus der Beschlussverfügung daher einstweilen einzustellen. Sollte wider Erwarten die Beschlussverfügung letztlich doch rechtskräftig bestätigt werden, so kann die Antragstellerin ggf. Schadenersatzansprüche gegen die Antragsgegnerin geltend machen. Dem kann ggf. durch Sicherheitsleistung RechHenßler
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nung getragen werden. Die ggf. zu leistende Sicherheit kann nach dem Ermessen des Gerichts unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin geschätzten Streitwertes festgesetzt werden. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die einstweilige Verfügung vom . . . zu Unrecht erlassen worden ist. Die einstweilige Verfügung ist daher aufzuheben. Rechtsanwalt Ein Sonderfall der eingeschränkten Widerspruchseinlegung ist der so genannte „Kostenwiderspruch“, bei dem unter Anerkenntnis des gerichtlichen Unterlassungsgebotes die Kostenlast mit der Begründung bestritten wird, dass der Unterlassungsschuldner keine Veranlassung zur Einleitung des Verfügungsverfahrens gegeben hat. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn dem Verfügungsverfahren keine außergerichtliche Abmahnung durch den Antragsteller vorangegangenen ist. Aus der Beschränkung des Widerspruchs auf die Kostenfolge folgt zugleich das Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung.1 Eine Entscheidung über den Kostenwiderspruch kann wegen § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung erfolgen.2
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Kostenwiderspruch1
Landgericht . . . Geschäftsnummer In dem einstweiligen Verfügungsverfahren A GmbH ./. G GmbH zeigen wir an, dass wir die Antragsgegnerin vertreten. Namens und in Vollmacht der Antragsgegnerin erheben wir gegen die einstweilige Verfügung der Kammer vom . . . Widerspruch Der Widerspruch wird auf den Kostenausspruch beschränkt. Es wird beantragt, der Antragstellerin die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens aufzuerlegen. Begründung: 1. Die Antragstellerin hat am . . . eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin erwirkt, die der Antragsgegnerin am . . . zugestellt worden ist. Mit der einstweiligen Verfügung wird der Antragsgegnerin untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken . . . 1 Das Muster wurde in Anlehnung an die Entscheidung LG Hamburg. v. 8.6.2004 – 312 O 100/04, Magazindienst 2005, 1012 erstellt.
1 KG v. 17.5.2011 – 5 W 75/11, GRUR-Prax 2011, 310. 2 Vgl. auch OLG Frankfurt v. 30.10.2006 – 6 W 181/06, GRUR-RR 2007, 62.
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III. 7. Weiteres Rechtsmittelverfahren
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Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin vor Beantragung der einstweiligen Verfügung nicht abgemahnt. 2. Die Antragsgegnerin hat gegenüber der Antragstellerin mit Schreiben vom . . . erklärt, dass sie die Verfügung als endgültige Regelung mit Ausnahme der Kostenregelung anerkennt und auf die Rechte verzichtet, die Verfügung anzugreifen. Anlage AG 1 Wäre die Antragsgegnerin außergerichtlich abgemahnt worden, hätte sie gegenüber der Antragstellerin sofort eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Für die Antragstellerin bestanden keinerlei Anhaltspunkte, an der Abgabe einer solchen Erklärung durch die Antragsgegnerin zu zweifeln. 3. Eine vorherige Abmahnung durch die Antragstellerin zur Vermeidung von Kostennachteilen war nicht entbehrlich, denn die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin keinen berechtigten Anlass zu der Annahme gegeben, dass sie nicht auch ohne gerichtliche Hilfe auf eine außergerichtliche Abmahnung die beanstandeten Wettbewerbsverstöße einstellen und eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben würde. Die Antragstellerin hat bei einem von ihr geltend gemachten, zeitlich vorhergehenden Wettbewerbsverstoß die Antragsgegnerin abgemahnt und diese hat hierauf mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung reagiert. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der Antragstellerin dieses Vorgehen nicht auch hier zugemutet werden konnte, um die Gerichte erst bei einem Misserfolg zu bemühen. Die vorangegangene Abmahnung war inhaltlich nicht so gelagert, dass aus dem Verhalten der Antragsgegnerin auf einen für die Annahme einer Serientäterschaft erforderlichen Vorsatz der Antragsgegnerin geschlossen werden konnte. Der Antragstellerin war eine vorhergehende Abmahnung auch zumutbar. Es sind keine Umstände erkennbar, die die Abmahnung der Antragsgegnerin für die Antragstellerin unzumutbar gemacht hätten. Weder ergibt sich aus der Angelegenheit eine besondere Eilbedürftigkeit noch wäre das von der Antragstellerin begehrte Rechtsschutzziel durch die üblicherweise vorausgehende Abmahnung gefährdet worden. Im Ergebnis hat das Vorgehen der Antragstellerin zu einer unnötigen Beschäftigung des Gerichts mit der Angelegenheit geführt. Die Kosten dieses unnötigen Vorgehens müssen daher der Antragstellerin zur Last fallen. Rechtsanwalt
7. Weiteres Rechtsmittelverfahren a) Berufung Gegenüber dem nach mündlicher Verhandlung über den Widerspruch ergehenden Urteil, das die einstweilige Verfügung entweder aufhebt oder vollständig oder teilweise aufrechterhält, steht der durch das Urteil beschwerten Partei das Rechtsmittel der Berufung nach § 511 ZPO zur Verfügung. Die Berufung setzt eine Beschwer von mehr als 600 Euro voraus (§ 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Henßler
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ZPO), sofern das erstinstanzliche Gericht die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zwecks Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder Rechtsfortbildung zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO). 110
Die Berufung ist beim Berufungsgericht, also dem zuständigen Oberlandesgericht, binnen einer Frist von einem Monat nach Amtszustellung des anzufechtenden Urteils durch einen bei diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen und innerhalb von zwei Monaten seit der Zustellung zu begründen.
111 " Praxistipp: Eine Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung ist grundsätzlich möglich, sollte vom Antragsteller der einstweiligen Verfügung jedoch mit Vorsicht gehandhabt werden, um nicht die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG zu widerlegen. 112
Im Übrigen gelten für das Verfahren in der Berufung nach § 525 ZPO die allgemeinen Verfahrensvorschriften, d.h. das Verfahren behält auch in der Berufungsinstanz seinen summarischen Charakter mit der Beschränkung auf präsente Beweismittel zur Glaubhaftmachung unter Einbeziehung der eidesstattlichen Versicherung als Glaubhaftmachungsmittel gemäß § 294 ZPO.
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Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes kommt eine Revision wegen der Regelung in § 542 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht. b) Aufhebungsverfahren
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Neben der Aufhebung der einstweiligen Verfügung im Anordnungsverfahren kann eine Aufhebung auch unter bestimmten Voraussetzungen in einem selbständigen Aufhebungsverfahren erreicht werden. In Betracht kommt hierfür etwa ein selbständiges Aufhebungsverfahren nach § 926 ZPO, sofern der Verfügungsschuldner im Rahmen des Anordnungsverfahrens einen Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage gestellt hat und die Frist zur Erhebung der Klage vom Verfügungsgläubiger versäumt worden ist.1 Ein entsprechender Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage kann etwa dann sinnvoll sein, wenn davon auszugehen ist, dass im Rahmen des summarischen Verfügungsverfahrens keine ausreichende Klärung der der Streitigkeit zugrunde liegenden Fragen erzielt werden kann.
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Daneben besteht die Möglichkeit eines selbständigen Aufhebungsverfahrens nach § 927 ZPO, das in der Praxis eine größere Bedeutung hat. Die wesentlichen Gründe für die Durchführung eines solchen selbständigen Aufhebungsverfahrens sind eine Änderung der tatsächlichen Umstände2 oder die veränderte Beurteilung der Rechtslage oder der Wegfall der Rechtsgrundlage im Fall der Änderung der Gesetzgebung. Problematisch kann dabei der Fall sein, wenn sich die Gesetzeslage nach Abgabe einer Abschlusserklärung ändert, in der auf die Rechte aus § 927 ZPO verzichtet worden ist. Grundsätzlich kommt dann ein Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO nicht mehr in Betracht, unter Umstän1 S. hierzu im Einzelnen Ahrens in Ahrens, Kap. 61. 2 S. hierzu im Einzelnen Teplitzky, Kap. 56 Rz. 26 ff.
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III. 8. Abschlusserklärung und Abschlussschreiben
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den kann jedoch eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO möglich sein.1 Neben der Aufhebung der einstweiligen Verfügung im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsmittelverfahrens kommt schließlich auch eine außergerichtliche Aufhebung der einstweiligen Verfügung in Betracht, etwa durch Verzicht auf die Rechte aus dem Verfügungstitel oder im Falle einer außergerichtlichen Titelbeseitigung durch Vergleich.
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8. Abschlusserklärung und Abschlussschreiben Wurde für den Antragsteller eine einstweilige Verfügung erwirkt und diese dem Antragsgegner auch zugestellt, ist damit zunächst eine vorläufige Regelung erreicht, nach der der Antragsgegner das in der Verfügung enthaltene Unterlassungsgebot zu berücksichtigen hat. Allerdings führt das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu einer endgültigen Erledigung des Rechtsstreits. Auch wenn nach der umfassenden Neuregelung der Verjährung im Zuge der Schuldrechtsreform durch den neu hinzugekommenen Hemmungstatbestand des § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB das einstweilige Verfügungsverfahren die Verjährung hemmt2 und die kurze Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG damit bis zum Ablauf der Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung das eingeleiteten Verfahrens nicht läuft, ist zudem die Gefahr der Verjährung der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche noch nicht endgültig gebannt. Damit stellt sich für den Antragsteller die Frage des weiteren Verfahrens nach Erlass der einstweiligen Verfügung. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil im Rahmen des Verfügungsverfahrens etwaige Schadenersatz- oder Auskunftsansprüche noch nicht geltend gemacht werden konnten. Gerichtlich lassen sich diese Ansprüche nur im Rahmen einer nachgeschalteten Hauptsacheklage verwirklichen.
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In der wettbewerbsrechtlichen Praxis hat sich hierzu das Mittel des Abschlussschreibens entwickelt, das zum einen darauf gerichtet ist, den Unterlassungsschuldner aufzufordern, die einstweilige Verfügung als endgültigen Unterlassungstitel anzuerkennen, und zum anderen quasi die vorprozessuale Abmahnung (Anschlussabmahnung) vor Erhebung einer Hauptsacheklage darstellt.3 Eine solche Abmahnung kann auch dann erforderlich sein, wenn der Antragsteller den Antragsgegner bereits vor Beginn des Verfügungsverfahrens abgemahnt hat, sofern der Antragsgegner gegen die einstweilige Verfügung nicht Widerspruch oder Berufung eingelegt hat.
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Die Kosten des Abschlussschreibens einschließlich der Kosten der Einschaltung eines Anwalts können gesondert vom Verfügungsverfahren abgerechnet werden.4 Die für ein Abschlussschreiben entstehende Geschäftsgebühr ist im All-
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1 Ahrens in Ahrens, Kap. 36 Rz. 190; allgemein zur Aufhebung nach § 926 ZPO Ahrens in Ahrens, Kap. 61. 2 Hierzu im Einzelnen Maurer, GRUR 2003, 208 (209 ff.). 3 Zum möglichen Inhalt der Abschlusserklärung Schlinghoff in MünchKomm., § 12 UWG Rz. 550; sowie Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, § 111 Rz. 2 ff. 4 BGH v. 4.3.2008 – VI ZR 176/07, GRUR-RR 2008, 368.
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gemeinen auf der Grundlage von Nr. 2300 RVG VV zu berechnen.1 Allerdings wird hierbei teilweise nur eine Gebühr von 0,3 für erstattungsfähig gehalten, wenn das Schreiben keine erneute rechtliche Prüfung erforderte und demzufolge lediglich die für ein Abschlussschreiben üblichen Standardformulierungen enthält.2 Veranlassung zur Übersendung eines Abschlussschreibens besteht allerdings erst dann, wenn der Schuldner nach Zustellung der Beschluss- oder Urteilsverfügung ausreichend Zeit hatte, von sich aus eine eigene Abschlusserklärung abzugeben. Der hierbei einzuräumende Zeitraum wird regelmäßig mindestens zwei Wochen bis einem Monat betragen. Die bisher regelmäßig als ausreichend angesehene Zweiwochenfrist wird seit der Berücksichtigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Ausgangspunkt für eine Hemmung der Verjährung nicht mehr generell als ausreichend angesehen3, sodass ein frühzeitiges Abschlussschreiben eine Erstattung der Kosten des Abschlussschreibens nicht rechtfertigt, sofern nicht aus dem bisherigen Ablauf davon ausgegangen werden kann, dass der Schuldner auch eine angemessene Überlegungsfrist nicht zur Abgabe einer eigenen Abschlusserklärung in ausreichendem Umfang nutzen wird.4 Ein längeres Zuwarten als zwei Wochen kann insbesondere angebracht sein, wenn der Schuldner ein endgültiges Anerkenntnis bereits signalisiert hat.5 Die vom Verfügungsgegner abzugebende Abschlusserklärung muss vom Verfügungsgläubiger nicht vorformuliert werden und bedarf keiner Begründung, allerdings erscheint beides sinnvoll, um sicherzustellen, dass die Erklärung den gewünschten Inhalt hat, und ggf. zu vermeiden, dass das Schreiben als Standardschreiben nur einen reduzierten Kostenerstattungsanspruch auslöst. 120 " Praxistipp: Aus Sicht des Verfügungsschuldners wie auch seines Rechtsanwalts sollte nach der Zustellung der Urteils- oder Beschlussverfügung, auch wenn hiergegen nicht weiter vorgegangen werden soll, nicht einfach die Angelegenheit als erledigt betrachtet werden. Um zu vermeiden, dass durch ein Abschlussschreiben zusätzliche Kosten entstehen, sollte entweder frühzeitig eine Abschlusserklärung abgegeben werden oder gegenüber dem Gläubiger direkt nach Zustellung der Verfügung mitgeteilt werden, dass eine solche nach angemessener Prüfung abgegeben werden wird. Letzteres vermeidet zumindest, dass Streit über die Veranlassung zur Anschlussabmahnung entsteht, wenn der Gläubiger mit seinem Abschlussschreiben der Abgabe einer Abschlusserklärung innerhalb einer relativ kurzen Frist zuvorkommt. 121
Mit Abgabe der Abschlusserklärung wird die einstweilige Verfügung zum endgültigen Titel und zugleich entfällt das Rechtsschutzbedürfnis sowohl für die 1 BGH v. 4.2.2010 – I ZR 30/08 – Kosten für Abschlussschreiben, GRUR 2010, 1038. 2 OLG Frankfurt a.M. v. 30.9.2010 – 6 U 199/09, NJOZ 2011, 1491. 3 Vgl. etwa LG Berlin v. 7.3.2008 – 15 O 818/07, Magazindienst 2008, 540 (541); das OLG Stuttgart hält generell eine Überlegungsfrist von einem Monat ab Zustellung der einstweiligen Verfügung für erforderlich, so OLG Stuttgart v. 22.2.2007 – 2 U 173/06, WRP 2007, 688 (689). 4 Vgl. OLG Stuttgart v. 22.2.2007 – 2 U 173/06, WRP 2007, 688 (689). 5 OLG Frankfurt v. 22.5.2003 – 6 U 6/03, WRP 2003, 1002 (1003).
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Henßler
M 18.7
III. 8. Abschlusserklärung und Abschlussschreiben
§ 18
Rz. 122
dem Verfügungstenor entsprechende Unterlassungsklage wie auch für eine etwaige negative Feststellungsklage des Verfügungsschuldners.
u
Abschlussschreiben
18.7 122
G GmbH – Geschäftsleitung – Abschlussschreiben Sehr geehrte Damen und Herren, wie Ihnen bekannt ist, haben wir für die A GmbH am . . . beim Landgericht XY eine einstweilige Verfügung unter dem Aktenzeichen: . . . gegen Sie erwirkt. Die einstweilige Verfügung wurde Ihnen ausweislich der uns vorliegenden Zustellungsurkunde am . . . zugestellt. Wir weisen Sie darauf hin, dass die einstweilige Verfügung lediglich vorläufigen Rechtsschutz gewährt und die Verjährung des Unterlassungsanspruches unserer Mandantin nur vorübergehend gehemmt ist. Die A GmbH hat daher ein Rechtsschutzinteresse an der Erlangung eines endgültigen Titels. Darüber hinaus stehen unserer Mandantin infolge Ihrer Zuwiderhandlung gegen das Verbot unlauteren Wettbewerbs Schadenersatz und Auskunftsansprüche zu. Wir geben Ihnen hiermit Gelegenheit, durch Abgabe der als Anlage beigefügten Abschlusserklärung zu unseren Händen bis spätestens . . . (bei uns eingehend) die Einlegung einer Hauptsacheklage zu vermeiden. Sofern uns innerhalb dieser Frist keine entsprechende Erklärung vorliegt, werden wir unserer Mandantin empfehlen, Klage in der Hauptsache zu erheben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Sie ferner verpflichtet, unserer Mandantin die Kosten für dieses Abschlussschreiben zu erstatten. Bei der Berechnung des hierbei heranzuziehenden Gegenstandswertes sind über den Gegenstandswert der einstweiligen Verfügung hinaus die unserer Mandantin zustehenden Schadensersatz- und Auskunftsansprüche berücksichtigt. Wir fordern Sie diesbezüglich auf, den in der beiliegenden Kostenberechnung ausgewiesenen Betrag bis spätestens zum ... auf das in diesem Schreiben angegebene Konto zu überweisen. Sofern wir innerhalb dieser Frist keinen Zahlungseingang feststellen können, werden wir der A GmbH empfehlen, auch insoweit gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt
Henßler
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§ 18
u
18.8 123
Rz. 123
Unlauterer Wettbewerb
M 18.8
Abschlusserklärung als Anlage zum Abschlussschreiben
Die G GmbH, vertreten durch . . ., . . . [Anschrift], gibt gegenüber der A GmbH die folgenden Erklärungen ab: 1. Die am . . . ergangene einstweilige Verfügung des Landgerichts XY (Aktenzeichen: . . .) wird als endgültige und zwischen den Parteien materiell-rechtlich verbindliche Regelung anerkannt. Die G GmbH verzichtet insbesondere auf die Einlegung eines Widerspruchs gemäß § 924 ZPO sowie auf die Rechtsbehelfe der §§ 926, 927 ZPO, eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage setzen zu lassen und/oder die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände zu beantragen. 2. Die G GmbH verpflichtet sich zur Auskunft darüber, in welchem Umfang sie die im Verfügungstenor bezeichneten Handlungen begangen hat, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Empfänger des streitgegenständlichen Werbeschreibens sowie der Anzahl der verteilten Werbeschreiben. 3. Die G GmbH verpflichtet sich, der A GmbH sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die im Verfügungstenor bezeichneten Handlungen entstanden ist oder künftig entstehen wird, einschließlich der Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme der Rechtsanwälte . . . in Höhe einer 0,8 Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von . . . . . ., . . . [Ort, Datum] ... [Originalunterschrift des Geschäftsführers der G GmbH]
IV. Checklisten einstweiliger Rechtsschutz im unlauteren Wettbewerb 124
Die folgenden Checklisten für den Abgleich der wesentlichen bei Angriffen wie auch der Verteidigung im Bereich des Wettbewerbsrechts zu berücksichtigenden Fragen soll dazu dienen, einen schnellen Überblick über die relevanten verfahrensrechtlichen Fragestellungen und die mit der Mandantschaft zu erörternden Voraussetzungen, wie auch der Chancen und Risiken eines Vorgehens im Recht des unlauteren Wettbewerbs zu erhalten. Die in den Checklisten angesprochenen Fragestellungen werden im Einzelnen in den vorangegangen Ausführungen näher erläutert. Naturgemäß kommt den angesprochenen Punkten kein Anspruch auf Vollständigkeit zu.
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Henßler
IV. Checklisten einstweiliger Rechtsschutz
Rz. 125
§ 18
1. Checkliste Angreifer 125
Materielle Prüfung – Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes – Zur Verfügung stehende Mittel zur Glaubhaftmachung – Voraussichtliche Reaktion des Gegners Anspruchsteller – Aktivlegitimation des Anspruchstellers – Eigenes Vorgehen durch den Verletzten oder Einschaltung eines Verbandes wegen möglicher Retourkutsche Anspruchsgegner – Verantwortlicher für den Wettbewerbsverstoß als Verletzer oder als Dritter wegen Verletzung einer Sorgfaltspflicht – Auswahl unter mehreren Beteiligten an dem Wettbewerbsverstoß – Genaue Bezeichnung des Antragsgegners Ansprüche – – – –
Mögliche Anträge im einstweiligen Rechtsschutz Beschreibung der konkreten Verletzungsform Prüfung zulässiger Verallgemeinerungen für das Unterlassungsbegehren Bestimmtheit und Vollstreckbarkeit des Antrags
Abmahnung – – – – – –
Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit der Abmahnung Richtiger Adressat der Abmahnung Abmahnungsinhalt (Unterlassung, ggf. Auskunft und Schadenersatz) Übermittlungsweg Angemessene Fristsetzung Kosten der Abmahnung
Reaktion des Gegners – – – –
Nachhaken auf fehlende Reaktion erforderlich? Gewährung einer Fristverlängerung Wegfall der Wiederholungsgefahr bei Drittunterwerfung? Annahme einer Teilunterlassungserklärung?
Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes – Vorliegen der Dringlichkeit – Ausreichende Glaubhaftmachung – Prüfung Schadenersatzrisiko nach § 945 ZPO Zuständiges Gericht – Prüfung der örtlichen Zuständigkeit Henßler
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§ 18
Rz. 126
Unlauterer Wettbewerb
– Auswahl unter mehreren zuständigen Gerichten – Spezialzuständigkeit einzelner Kammern Zustellung der Beschlussverfügung – Zustellung bei Antragsgegner oder Prozessbevollmächtigtem – Beachtung der Zustellungsfrist Anschlussabmahnung und Abschlusserklärung Erhebung Hauptsacheklage – Durchsetzung weiterer Ansprüche erforderlich? – Frist zur Erhebung im Verfügungstenor? – Verjährungsfrist
2. Checkliste Verteidigung 126
Materielle Prüfung der vom Angreifer behaupteten Zuwiderhandlung – – – –
Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes Prüfung der eigenen Passivlegitimation Prüfung der Aktivlegitimation des Gegners Anhaltspunkte für Rechtsmissbrauch
Beurteilung über Zweckmäßigkeit der Verteidigung oder Unterwerfung – Vorliegen ausreichender Glaubhaftmachungsmittel gegenüber der behaupteten Zuwiderhandlung – Einigung mit Gegner über Aufbrauchfrist Reaktion auf Abmahnung – Abgabe einer Unterlassungserklärung – Einschränkung zu weitgehender Unterlassungsverlangen oder nicht dem einstweiligen Rechtsschutz zugänglicher weiterer Ansprüche – Gegenabmahnung – Negative Feststellungsklage – Aufklärungspflichten bei bereits abgegebener Unterlassungserklärung oder erkennbaren Fehlvorstellungen Einreichung Schutzschrift – – – – –
Auswahl des/der wahrscheinlich vom Antragsteller angerufenen Gerichte Hinterlegung im Schutzschriftenregister Zielrichtung der Schutzschrift Glaubhaftmachungsmittel Rechtliche Begründung
Reaktion auf einstweilige Verfügung – Ordnungsgemäße Zustellung 660
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IV. Checklisten einstweiliger Rechtsschutz
Rz. 126
§ 18
– – – – – – – –
Wahrung der Vollziehungsfrist Antragsschrift anfordern Zuständigkeit des erlassenden Gerichts Prüfung des Unterlassungsanspruchs Anspruchsverjährung Ordnungsgemäße Abmahnung vorangegangen Ggf. sofortiges Anerkenntnis Einlegung eines Widerspruch (gegen die einstweilige Verfügung insgesamt oder beschränkt auf einzelne Verbote) – Ggf. Kostenwiderspruch Abschlusserklärung zweckmäßig vor Erhalt eines Abschlussschreibens, Rechtzeitige Abgabe zur Vermeidung weiterer Kosten Prüfung möglicher Schadenersatzanspruch nach § 945 ZPO bei späterer Aufhebung der einstweiligen Verfügung Ggf. Gegenangriff gegenüber dem Anspruchsteller
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§ 19 Kartellrecht Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Verfahrensfragen 1. Zuständigkeit der Kartellgerichte a) Rechtsweg zu den Zivilgerichten . . . . . . . . . . . . . b) Zuständigkeitsfragen . . . . . 2. Europäisches Unionsrecht im Eilverfahren a) Anwendungsvorrang und Vorabentscheidungsverfahren . .
1
4 6
9
III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen 1. Unterlassungsansprüche . . . . . 12 a) Behinderung oder Diskriminierung von Unternehmen auf der Marktgegenseite aa) Behinderung durch marktbeherrschende Unternehmen . . . . . . . . . 13 bb) Beschränkungen für marktstarke Unternehmen . . . . . . . . . . . . . 18 b) Behinderung von Wettbewerbern (§§ 19 Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 4 GWB, §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 3 GWB-E) . . . 19 c) Zugang zu wesentlichen Einrichtungen (§ 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB-E) . . . . . . . . . . . . . 20 d) Zugriff auf Schlüsselpatente und -technologien . . . . . . . 21a
e) Behinderung oder Diskriminierung von Unternehmen auf anderen Märkten (§§ 19 Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 und 2 GWB, §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB-E) . . . . . . . . . f) Anspruch auf Aufnahme in Wirtschafts- oder Berufsvereinigungen sowie in Gütezeichengemeinschaften (§ 20 Abs. 6 GWB, § 20 Abs. 5 GWB-E) . . . . . . . . . . . . . g) Boykottaufruf (§ 21 Abs. 1 GWB) . . . . . . . . . . . . . . h) Veranlassung zu einem kartellrechtswidrigen Verhalten (§ 21 Abs. 2 GWB) . . . . . . i) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen (Art. 101 AEUV, § 1 GWB) . . . . . . . 2. Insbesondere Ansprüche auf Zugang oder Belieferung . . . . . . 3. Verfügungsgrund . . . . . . . . . 4. Kartellrechtliche Beteiligtenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kartellrechtliche Einwendungen im einstweiligen Rechtsschutz .
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23 24 26 27 28 33 38 39
IV. Exkurs: Einstweiliger Rechtsschutz im Kartellverwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . .
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V. Muster Antragsschrift und Schutzschrift . . . . . . . . . . .
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Literatur: Bechtold, GWB, 6. Aufl. 2010; Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007; Klees, Europäisches Kartellverfahrensrecht, 2005; Lampert/Niejahr/Kübler/Weidenbach, EG-KartellVO, 2004; Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, Deutsches Kartellrecht, 11. Aufl. 2010, Band 2, Europäisches Recht, 11. Aufl. 2010; Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Aufl. 2009; Schultze/ Pautke/Wagener, Vertikal-GVO, 3. Aufl. 2011.
I. Einleitung Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche (§ 33 GWB, im Energierecht § 32 EnWG) können im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt und AnsprüScheffler
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1
§ 19
Rz. 2
Kartellrecht
che, insbesondere aus Verträgen, mit kartellrechtlichen Einwendungen abgewehrt werden. Davon zu unterscheiden sind die – häufig auch privatnützigen – einstweiligen Maßnahmen oder Anordnungen im Verwaltungsverfahren (§§ 32a, 60 GWB, § 72 EnWG) und nach dessen Abschluss der Sofortvollzug von Behördenentscheidungen oder spiegelbildlich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (§§ 64 f. GWB, §§ 76 f. EnWG). 2
Der wichtigste Fall im einstweiligen Rechtsschutz ist die Abwehr einseitiger Verhaltensweisen, insbesondere im Hinblick auf §§ 19 ff. GWB. Die 8. GWBNovelle sollte diese Vorschriften für marktbeherrschende und marktstarke Unternehmen vereinfachen.1 Einstweilige Maßnahmen gegen unerlaubte Absprachen (Art. 101 AEUV, § 1 GWB) sind seltener. Sie setzen voraus, dass der Betroffene, ob Wettbewerber oder Marktgegenseite, von der Absprache weiß. Häufig ist dagegen die Geltendmachung von Ausschließlichkeitsrechten oder – oft gegen solche Rechte gerichteter – Einwendungen aus Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB gegen vertragliche Ansprüche.
3
In einigen Fällen hat nach einstweiligen Verfügungsverfahren im Kartellrecht der Gesetzgeber eingegriffen.2
II. Allgemeine Verfahrensfragen 1. Zuständigkeit der Kartellgerichte a) Rechtsweg zu den Zivilgerichten 4
Für Ansprüche aus § 33 GWB ist der Zivilrechtsweg eröffnet (§ 13 GVG). Abwehransprüche gegen staatliche Stellen als marktbeherrschende oder -starke Unternehmen können sich aber auch, manchmal ausschließlich,3 aus dem Öffentlichen Recht ergeben. Dann kommt ein Antrag auf einstweilige Anordnung (§ 123 VwGO) an das zuständige Verwaltungsgericht infrage.4 Das Verwaltungsgericht entscheidet über diesen Antrag unter allen, auch kartellrechtlichen Gesichtspunkten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 GVG). Das Verweisungsverfahren (§ 17a Abs. 2 GVG) gilt auch im einstweiligen Rechtsschutz.5
5 " Praxistipp: Genau verfolgen, in welchen Fällen die Verwaltungsgerichte im fraglichen Bundesland die Zuständigkeit für Ansprüche gegen die öffentliche Hand in Anspruch nehmen. 1 BT-Drs. 17/9852, S. 18, 20. 2 S. OLG Düsseldorf v. 2.9.1997 – U (Kart) 11/97 – Berliner Positivliste, WuW/E DE-R 183, jetzt § 73 Abs. 8 SGB V; KG v. 26.6.2003 – 2 U 20/02 Kart – Gera-Rostock, WuW/E DE-R 1321; LG Berlin v. 27.4.2004 – 102 O 64/03 Kart, IR 2004, 159, jetzt § 3 Abs. 3 EIBV. 3 Beispiel bei BGH v. 25.9.2007 – KZR 48/05 – Rettungsdienstleitstelle, WuW/E DE-R 2144 (2145 f.). 4 Beispiel bei VGH Mannheim v. 6.3.2006 – 1 S 2490/05 – Schilderpräger im Gebäude der Kfz-Zulassungsstelle, drittschützendes Kommunalrecht (§ 102 GemO BW) und § 20 Abs. 1 GWB, NVwZ-RR 2006, 714; VGH Kassel v. 15.10.2002 – 8 TG 2579/02 – ebenfalls Schilderpräger, wrp 2003, 112 (113 f.). 5 VGH Kassel v. 15.10.2002 – 8 TG 2579/02, wrp 2003, 112 (113).
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II. Allgemeine Verfahrensfragen
Rz. 8
§ 19
b) Zuständigkeitsfragen Die Landgerichte sind für Kartellzivilprozesse, zu denen auch einstweilige Verfügungsverfahren gehören, ausschließlich zuständig (§ 87 GWB). Der Antragsteller kann den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen eines kartellrechtlichen Anspruchs mit einem anderen, rechtlich und wirtschaftlich unmittelbar zusammenhängenden Anspruch verbinden (§ 88 GWB).
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Die internationale und örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus den allgemeinen Regeln (§§ 937 Abs. 1, 12 ff. ZPO; Art. 2 ff., 31 VO [EG] 44/2001). Ansprüche aus § 33 GWB sind deliktischer Natur. Tatort (§ 32 ZPO, Art. 5 Nr. 3 VO 44/2001) kann sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort sein. Hat eine Handlung ein Unternehmen in seiner geschäftlichen Betätigung getroffen, manifestiert sich der schädigende Erfolg an seinem Sitz, dem Mittelpunkt seiner Geschäftstätigkeit,1 oder auch auf dem Absatzmarkt der betroffenen Partei.2 – Handlungsort bei einem Boykottaufruf ist sowohl der Ort der Verlautbarung, des Zugangs beim Adressaten als auch der Sitz des Boykottierten.3 Die internationale Zuständigkeit nach § 32 ZPO für Klagen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen soll nur bei einem deutlichen Inlandsbezug in dem Sinne, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Inland eingetreten ist oder eintreten kann, bestehen4. Auf das Kartellrecht übertragen wird es danach auf die von der Internetveröffentlichung betroffenen Märkte ankommen. Wichtig ist auch der Gerichtsstand der Niederlassung (§ 21 Abs. 1 ZPO, Art. 5 Nr. 5 VO 44/2001).5
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Alle Länder mit mehr als einem Landgericht außer Thüringen haben die Kartellsachen eines bestimmten OLG-Bezirks einem Landgericht zugewiesen (§ 89 Abs. 1 GWB, Zuständigkeitskonzentration).6 Die Verfahrens- und Beteiligungs-
8
1 BGH v. 23.10.1979 – KZR 21/78 – BMW-Importe, WuW/E BGH 1643, 1644–1646; OLG Stuttgart v. 13.10.1978 – 2 U (Kart) 77/78, WuW/E OLG 2018, 2018 f.; LG Dortmund v. 1.4.2004 – 13 O 55/02 – Vitaminkartell, WuW/E DE-R 1352, 1353. 2 OLG Hamburg v. 19.4.2007 – 1 Kart U 5/06, GRUR-RR 2007, 31. 3 BGH v. 23.10.1979 – KZR 21/78 – BMW-Importe, WuW/E BGH 1643, 1644–1646; OLG Hamburg v. 19.4.2007 – 1 Kart U 5/06, GRUR-RR 2007, 31; abweichend OLG Frankfurt a.M. v. 4.4.1986 – 6 W 336/85, NJW-RR 1986, 1189: kein Gerichtsstand am Sitz des Boykottierten. 4 BGH v. 29.3.2011 – VI ZR 111/10, NJW 2011, 2059 (2060) = GRUR 2011, 558 m.w.N. 5 Anwendungsbeispiel bei OLG Düsseldorf v. 10.11.2010 – VI-U (Kart) 19/10 – Rz. 31 ff., juris, unter B 1a: Inländisches Tochterunternehmen eines ausländischen Konzerns. 6 Baden-Württemberg: OLG Karlsruhe: LG Mannheim; OLG Stuttgart: LG Stuttgart; Bayern: OLG München: LG München I; OLG Bamberg und Nürnberg: LG NürnbergFürth, Brandenburg: LG Potsdam; Hessen: OLG Frankfurt a.M.: LG Frankfurt für LG Darmstadt, Frankfurt a.M., Gießen, Hanau, Limburg a. d. L. und Wiesbaden, LG Kassel für LG Fulda, Kassel und Marburg; Mecklenburg-Vorpommern: LG Rostock; Niedersachsen: LG Hannover; Nordrhein-Westfalen: OLG Düsseldorf: LG Düsseldorf; OLG Hamm: LG Dortmund; OLG Köln: LG Köln; Rheinland-Pfalz: LG Mainz; Sachsen: LG Leipzig; Sachsen-Anhalt: LG Magdeburg; Schleswig-Holstein: LG Kiel. Zuständigkeitskonzentration für Rechtsmittel gegen Zivilurteile nach § 87 GWB (§ 93 GWB): Bayern: OLG München; Niedersachsen: OLG Celle; Nordrhein-Westfalen: OLG Düsseldorf. Näher dazu Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker, § 89 GWB Rz. 2, § 93 GWB Rz. 2.
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§ 19
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Kartellrecht
rechte der inländischen Kartellbehörden (§ 90 GWB) und der Europäischen Kommission (§ 90a GWB) gelten auch im einstweiligen Rechtsschutz, ebenso die Befugnis zur Streitwertanpassung (§ 89a GWB). Die Mitwirkung von Kartellbehörden wird jedoch häufig schon aus Zeitgründen ausgeschlossen sein.
2. Europäisches Unionsrecht im Eilverfahren a) Anwendungsvorrang und Vorabentscheidungsverfahren 9
Das Kartellverbot (§ 1 GWB) und seine Ausnahmen (§§ 2 f. GWB) sind dem EUKartellrecht angeglichen worden. Darüber hinaus müssen nationale Gerichte bei wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können, europäisches Kartellrecht parallel zum nationalen Kartellrecht anwenden (Art. 3 Abs. 1 VO [EG] 1/2003). Gleichzeitig können die Vorschriften der GWB angewandt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 1, 3 Satz 1 GWB). Die weitergehenden Vorschriften des GWB für einseitige wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen (§§ 19–21 GWB) bleiben unberührt (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 VO [EG] 1/2003; § 22 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 GWB). Bekanntmachungen und Mitteilungen der Kommission sind für die nationalen Gerichte eine wichtige Hilfe bei der Auslegung des EU-Kartellrechts,1 aber nicht bindend. Sie dürfen nicht mechanisch ohne Rücksicht auf den Einzelfall angewandt werden.2
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Die Gerichte müssen auch im einstweiligen Rechtsschutz das Recht der Europäischen Union anwenden. Sie sind berechtigt, aber wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens nicht verpflichtet, dem EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren Fragen zur Auslegung des Unionsrechts zu unterbreiten (Art. 267 AEUV).3 Dem Unionsrecht ist Genüge getan, wenn das Gericht in einem Hauptsacheverfahren die vorläufig entschiedene europarechtliche Frage erneut prüfen und dann ein Vorabentscheidungsverfahren einleiten kann.4 – Vorabentscheidungsverfahren, die mehrere Jahre dauern können, sind im einstweiligen Rechtsschutz deutscher Prägung nicht sinnvoll denkbar.
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Wenn die Europäische Kommission gegen ein Unternehmen eine Entscheidung, typischerweise zur Abstellung von Kartellrechtsverstößen (Art. 7 VO 1/2003) erlassen hat, muss das nationale Gericht diese Entscheidung als wirksam zugrunde legen, soweit diese Entscheidung den zu beurteilenden Sachverhalt regelt (Art. 16 VO 1/2003).5 Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, dem EuGH Fragen nach Art. 267 AEUV vorzulegen. Selbst wenn der EuGH oder 1 OLG München v. 1.8.2002 – U (K) 5658/01 – Tankstelle Germering, WuW/E DE-R 991, 992 f.; Lampert u.a., Art. 1 VO 1/2003 Rz. 14: „faktische Bindung“. 2 KG v. 10.10.2001 – Kart 30/99 – Rübenzucker, WuW/E DE-R 818, 823. 3 EuGH v. 27.10.1982 – Rs. 35 und 36/82 – Morson, Slg. 1982, 3723 (3734). 4 EuGH v. 27.10.1982 – Rs. 35 und 36/82 – Morson, Slg. 1982, 3723 (3734); OLG Düsseldorf v. 20.1.2011 – I-2 U 92/10 – Zwangslizenzeinwand, WuW/E DE-R 3215, 3222; OLG Hamburg v. 10.4.2002 – 5 U 63/01 – Pigmentiergerät, GRUR-RR 2002, 360; OLG Frankfurt a.M. v 31.5.2001 – 6 U 240/00, GRUR Int. 2001, 771 (774). 5 Hirsch, ZWeR 2003, 233 (248). Zur Gegenansicht – Geltung auch für ähnlich gelagerte Fälle – bei Klees, § 7 Rz. 222 f. und § 8 Rz. 112.
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 14
§ 19
das EuG die Durchführung der Kommissionsentscheidung aussetzt oder entsprechende einstweilige Anordnungen trifft (Art. 278, 279 AEUV), bleibt die Kommissionsentscheidung bindend. Das Gericht muss aber ggf. die Interessen der Parteien mit einstweiligen Maßnahmen bis zur Entscheidung des EuGH schützen, etwa parallel zu einstweiligen Anordnungen des EuGH.1 Das Gebot für nationale Gerichte, keine Entscheidungen im Widerspruch zu einer beabsichtigten Entscheidung der Kommission zu treffen und bei noch offenem Ausgang des Kommissionsverfahrens ihr Verfahren auszusetzen (Art. 16 Abs. 1 Satz 2–4 VO 1/2003), soll im einstweiligen Rechtsschutz nicht gelten.2 Eine Aussetzung kommt nicht in Betracht; in seiner Entscheidung über den Verfügungsantrag muss aber das Gericht die beabsichtigte Kommissionentscheidung, soweit ihm bekannt, noch mehr als in anderem Zusammenhang die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren berücksichtigen.
III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen 1. Unterlassungsansprüche Wer gegen eine Vorschrift des GWB, die Art. 101 oder 102 AEUV oder eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist dem Betroffenen zur Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet (§ 33 Abs. 1 GWB). Wo bis 2005 kartellrechtliche Vorschriften den Schutz privater Parteien „bezweckten“ (§ 33 Satz 1 GWB 1998, § 823 Abs. 2 BGB), werden jedenfalls diese nach neuem Recht „betroffen“ (§ 33 Abs. 1 GWB) sein. Der Gesetzgeber hat den Kreis der nach § 33 GWB Berechtigten vor allem mit Blick auf Schadensersatzansprüche der Marktgegenseite einschließlich indirekter Abnehmer erweitern wollen.3
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a) Behinderung oder Diskriminierung von Unternehmen auf der Marktgegenseite aa) Behinderung durch marktbeherrschende Unternehmen Das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot für marktbeherrschende Unternehmen ergibt sich künftig aus § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 1 GWB-E. Die behinderten oder diskriminierten Unternehmen sind häufig Konkurrenten auf nachgelagerten oder benachbarten Märkten,4 oder unerwünschte Geschäftspartner.
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Das behinderte oder diskriminierte Unternehmen muss als Antragsteller darlegen und glaubhaft machen, dass der Antragsgegner den sachlich und geographisch relevanten Markt beherrscht (§ 19 Abs. 2 GWB). Dazu gehören die Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Marktes, die – für private Parteien häufig schwierige – Berechnung von Marktanteilen und die Abwägung der weiteren Faktoren des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB. Marktbeherrschung kann
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1 2 3 4
EuGH v. 14.12.2000 – Rs. C-344/98 – Masterfoods – Rz. 53, 58, Slg. I-11369. Hirsch, ZWeR 2004, 233 (250). BT-Drs. 15/3640, S. 35 und S. 53 f.; Bechtold, § 33 GWB Rz. 1 und 9 f. Beispiel bei OLG Düsseldorf v. 20.9.2006 – VI-U (Kart) 15/06 – „5-Sterne-Premium-Paket“: Kfz-Hersteller und unabhängige Kfz-Ersatzteilhersteller, WuW/E DE-R 1865.
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§ 19
Rz. 15
Kartellrecht
bei Monopolisten oder früheren Monopolisten auf der Hand liegen, beispielsweise bei Wasser- oder Fernwärmeversorgungsunternehmen in ihrem Netzgebiet1 oder beim Bund als Nachfrager für wehrtechnisches Gerät.2 Daneben können Entscheidungen der Kartellbehörden und -gerichte helfen, die Marktstellung des Antragsgegners glaubhaft zu machen.3 Die Einzelmarktbeherrschungsvermutung (§ 19 Abs. 3 Satz 1 GWB, Marktanteil 1/3, im Zuge der 8. GWB-Novelle ist eine Anhebung auf 40 % vorgesehen, § 18 Abs. 4 GWB-E4) begründet im Zivilprozess allenfalls ein Indiz; ein Unternehmen mit einem solchen Marktanteil muss substanziiert darlegen, warum es dennoch nicht marktbeherrschend ist.5 Die Oligopolbeherrschungsvermutungen (§ 19 Abs. 3 Satz 2 GWB, § 18 Abs. 5 und 6 GWB-E) kehren die Beweislast zulasten der Oligopolisten um.6 15
Das Merkmal des „üblicherweise zugänglichen“ Geschäftsverkehrs (§ 20 Abs. 1 GWB 1998) wird im Zuge der 8. GWB-Novelle entfallen.7 Die – vom Antragsteller glaubhaft zu machende – Ungleichbehandlung (§ 20 Abs. 1 GWB, § 18 Abs. 2 Nr. 1 GWB-E) legt schon an sich einen Unwert nahe. Deshalb trägt der Antragsgegner die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast dafür, dass sie sachlich gerechtfertigt und keine Diskriminierung ist.8 Dagegen „behindert“ jeder Wettbewerb andere Unternehmen. Daher muss der Antragsteller darlegen und glaubhaft machen, dass eine Behinderung unbillig ist.9 Die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung oder die Billigkeit einer Behinderung ist in einer Abwägung aller Interessen im Einzelfall unter Berücksichtigung der Freiheit des Wettbewerbs als der Zielsetzung des Gesetzes zu bestimmen.10
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Regelmäßig unbillig ist es, einen Abnehmer zu behindern, weil er zu günstig weiterverkauft, oder um sich einen nachgelagerten Markt zu sichern.11 Ein Ver1 BGH v. 2.2.2010 – KVR 66/08 – Wasserpreise Wetzlar (Verwaltungsverfahren), WuW/E DE-R 2841, 2844 f.; BGH v. 7.12.2010 – KZR 5/10 – Entega II (Erdgas), WuW/E DE-R 3145, 3147 f.; s. neuerdings jedoch BKartA v. 31.1.2012 – B 8 – 116/11 – Gazprom/VNG – Rz. 140 ff.; Fernwärme: OLG Düsseldorf v. 16.4.2008 – VI-2 U (Kart) 8/06 – Stadtwerke Düsseldorf, WuW/E DE-R 2287, 2289 f. 2 OLG Frankfurt a.M. v. 26.7.1988 – 6 U 53/87 – Betankungsventile, WuW/E OLG 4354, 4355. 3 Beispiel bei KG v. 25.8.2005 – 2 U 1/05 Kart – Blumendistanzhandel, WuW/E DE-R 1595: Heranziehung veröffentlichter Entscheidungen des Bundeskartellamts. 4 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/9852 v. 31.5.2012, Art. 1 Nr. 5; Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 17/11053 v. 17.10.2012. 5 BGH v. 23.2.1988 – KZR 17/86 – Sonderungsverfahren, WuW/E DE-R 2483, 2488 f. 6 Götting in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, § 19 GWB Rz. 54. 7 BT-Drs. 17/9852, S. 23. Zur Auslegung s. BGH v. 27.4.1999 – KZR 35/97 – Feuerwehrgeräte, WuW/E DE-R 357, 359. 8 BGH v. 24.9.2002 – KZR 38/99 – Vorleistungspflicht, WuW/E DE-R 1051, 1054. 9 BGH v. 22.10.1996 – KZR 19/95 – Stromeinspeisung II, WuW/E BGH 3079, 3084. 10 BGH v. 27.4.1999 – KZR 35/97 – Feuerwehrgeräte, WuW/E DE-R 357, 359. 11 BGH v. 27.4.1999 – KZR 35/97 – Feuerwehrgeräte, WuW/E DE-R 357, 359: OriginalErsatzteile als Schlüssel zum Wartungs- und Reparaturmarkt. Anders BGH v. 21.2.1989 – KZR 3/88 – Frankiermaschinen, WuW/E BGH 2589, 2592 f.: Ausgleichszahlung (§ 89b HGB) rechtfertigt Ausschluss des früheren Handelsvertreters vom Wartungs- und Reparaturmarkt, auf dem er Kunden für Neugeräte akquirieren könnte, BGH v. 27.3.2012 – KZR 108/10 – Elektronischer Programmführer, WuW DE-R 3658
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 17
§ 19
band darf einem Mitglied nicht ohne besonderen Grund wegen der Mitgliedschaft in einem anderen Verband diskriminierend seine Dienstleistungen vorenthalten.1 Ein marktbeherrschendes Unternehmen darf aber einen oder wenige von mehreren Interessenten für dieselbe, nur einmal mögliche Leistung in einem fairen, transparenten Verfahren für begrenzte Zeit auswählen.2 Ein Messeveranstalter hat bei der Zulassung von Ausstellern ein weites Ermessen.3 Auch Marktbeherrscher dürfen legitime Interessen wahren, etwa marktübliche Austauschverträge schließen,4 Abnehmer mit Zahlungsrückständen oder -schwierigkeiten nicht mehr beliefern5 und ihr Vertriebssystem nach eigenen Vorstellungen einrichten und umgestalten.6 Sie müssen keine Konkurrenten zu ihrem eigenen wirtschaftlichen Nachteil fördern, es sei denn, der Gesetzgeber strebt die Öffnung von Märkten an, oder es steht nur eine Übergangszeit infrage.7 Sie dürfen aber solche Unternehmen nicht behindern, die aufgrund eigener, erheblicher Wertschöpfung ein eigenes Leistungsergebnis anbieten, für das die Ware oder Dienstleistung des Marktbeherrschers Voraussetzung ist.8 Vielfach ist die Ausstrahlung anderer Normen und Wertungen zu beachten.9 Auch das Maß der Marktstärke des Normadressaten spielt eine Rolle.10 – Rechtsfolge einer unbilligen Behinderung sind Ansprüche auf Unterlassung oder auf Belieferung. Der Ausbeutungs- (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB, § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB-E) und der Strukturmissbrauch (§ 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB, § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB-E) erfordern in der Regel Ermittlungen, die private Parteien kaum leisten können.11 Sie sind zumeist Gegenstand von Verwaltungsverfahren. § 33 GWB begründet auch Ansprüche wegen Missbrauchs nach Art. 102 AEUV. Diese haben aber in der Praxis des einstweiligen Rechtsschutzes bisher kaum Bedeutung erlangt.
1 2 3 4 5
6 7 8 9 10 11
(3660-62): Gleichbehandlung von Presseverlagen und Elektronischen Programmführern durch Fernsehsender. OLG Karlsruhe v. 10.12.2008 – 6 W 92/08 – Hundezuchtverband, WuW/E DE-R 2606, 2608. BGH v. 14.7.1998 – KZR 1/97 – Schilderpräger, WuW/E DE-R 201, 205: Vermietung von Räumen in der Kfz-Zulassungsstelle; BGH v. 7.11.2006 – KZR 2/06 – Behindertenwerkstatt, WuW/E DE-R 1951, 1952 f.: Gemeinwohlbelange. OLG Düsseldorf v. 5.7.2002 – U (Kart) 60/01 – Stefanelli, WuW/E DE-R 994, 995. S. OLG Düsseldorf v. 22.6.2010 – VI-U(Kart) 9/10 – TNT Post, WuW/E DE-R 2947: Outsourcing auf das marktbeherrschende Unternehmen. OLG Düsseldorf v. 2.10.2002 – U (Kart) 9/02, CR 2003, 187; OVG Münster v. 16.2.2006 – 20 B 758/05 – Vogtlandbahn, WuW/E DE-R 1673, 1675 (zu § 14 AEG); zu Art. 82 EG (= Art. 102 AEUV) OGH v. 20.12.2005 – 16 Ok 23/04 – Penicillin, WuW/E KRInt 118, 120. S. auch OLG Karlsruhe v. 14.11.2007 – 6 U 57/06 – BGB-Kommentar, WuW/E DE-R 2213 = OLGR Karlsruhe 2008, 383. BGH v. 24.9.2002 – KZR 38/99 – Vorleistungspflicht, WuW/E DE-R 1051, 1053. BGH v. 13.12.2005– KVR 13/05 – Stadtwerke Dachau, WuW/E DE-R 1726, 1729. BGH v. 31.1.2012 – KZR 65/10 – Werbeanzeigen, WuW/E DE-R 3549 (3554 f.). BGH v. 13.12.2005 – KVR 13/05 – Stadtwerke Dachau, WuW/E DE-R 1726, 1729; LSG Baden-Württemberg v. 4.4.2007 – L 5 KR 518/07 – direkte Abrechnung, NJOZ 2007, 2898 (2909). BGH v. 30.3.2004 – KZR 1/03 – Der Oberhammer, WuW/E DE-R 1283, 1286. S. jedoch BGH v. 7.12.2010 – KZR 5/10 – Entega II, WuW/E DE-R 3145: Strukturmissbrauch im Zivilverfahren.
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§ 19
Rz. 18
Kartellrecht
bb) Beschränkungen für marktstarke Unternehmen 18
Das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot gilt auch für „marktstarke“ Unternehmen, von denen kleine oder mittlere Unternehmen wegen unzureichender Ausweichmöglichkeiten auf andere Abnehmer oder Lieferanten wirtschaftlich abhängig sind (§ 20 Abs. 2 Satz 1 GWB, § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB-E). „Kleine oder mittlere“ Unternehmen bestimmen sich im Verhältnis zu Wettbewerbern und zum möglichen Normadressaten.1 Abhängigkeit kann sortiments-,2 spitzenstellungs- oder spitzengruppen-,3 unternehmens-,4 mangel-5 und nachfragebedingt sein.6 – Die Abhängigkeitsvermutung in § 20 Abs. 2 Satz 2 GWB, § 20 Abs. 1 Satz 2 GWB-E ist unpraktikabel; sie hat kaum Bedeutung erlangt.7 – Die Interessenabwägung hinsichtlich der Billigkeit entspricht derjenigen bei § 20 Abs. 1 GWB, § 19 Abs. 1 und 2 GWB-E. Besonders wichtig ist die Ausstrahlung des europäischen Kartellrechts: Die Durchsetzung eines nach Art. 2 VO 330/2010 freigestellten selektiven Vertriebssystems kann kein Missbrauch sein.8 Die Freistellung reicht weit; Lieferanten mit Marktanteilen bis zu 30 % können eine quantitative Selektion durchführen und so zahlreichen Händlern den Bezug und Vertrieb ihrer Produkte verwehren, wenn nicht die ausgewählten Händler Marktanteile von über 30 % am relevanten Nachfragemarkt haben.9 – Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot können Belieferungsansprüche sein. b) Behinderung von Wettbewerbern (§§ 19 Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 4 GWB, §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 3 GWB-E)
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Die Behinderung von Wettbewerbern durch ein marktbeherrschendes Unternehmen überschneidet sich häufig mit den unter Rz. 13–18 beschriebenen Fällen. Fallgruppen sind Exklusivverträge, wenn beispielsweise das marktbeherrschende Unternehmen für die Vermittlung von Blumengrüßen keine Aufträge mehr an solche mit ihm vertraglich verbundene Floristen weiterleitet, die auch
1 LG Nürnberg-Fürth v. 3.8.2005 – 4 HK O 6645/04 – Schuh-Einzelhandel, WuW/E DE-R 1659, 1661 ff.: Konzern mit Umsatzerlösen in dreistelliger Millionenhöhe in der Regel nicht mehr „klein“ oder „mittel“. 2 BGH v. 9.5.2000 – KZR 28/98 – Designer-Polstermöbel, WuW/E DE-R 481, 482. 3 Beispiele bei BGH v. 9.5.2000 – KZR 28/98 – Designer-Polstermöbel, WuW/E DE-R 481, 482; und OLG München v. 30.1.2003 – U (K) 4464/02 – Spitzenfilme, WuW/E DE-R 1106, 1108. 4 BGH v. 28.6.2005 – KZR 26/04 – Kfz-Vertragshändler, NJW-RR 2006, 689 Rz. 16. 5 Dazu Nothdurft in Langen/Bunte, § 20 GWB Rz. 70 f. 6 BGH v. 24.9.2002 – KVR 8/01 – Konditionenanpassung, WuW/E DE-R 984, 988 f.. Näher zu diesen Fallgruppen Nothdurft in Langen/Bunte, § 20 GWB Rz. 60 ff. 7 Nothdurft in Langen/Bunte, § 20 GWB Rz. 84. 8 S. BGH v. 4.11.2003 – KZR 2/02 – Depotkosmetik im Internet, WuW/E DE-R 1203, 1204 f.; OLG Karlsruhe v. 25.11.2009 – 6 U 47/08 Kart. – Schulranzen, WuW/E DE-R 2789, 2793 ff.: Verbot des Verbots über eBay. A.A. zum Verbot des Verkaufs auf InternetAuktionsplattformen LG Berlin v. 5.8.2008 – 16 O 287/08 Kart, GRUR-RR 2009, 115. 9 Dazu Schultze/Pautke/Wagener, Art. 1 Abs. 1 lit. e Vertikal-GVO Rz. 230–235. S. auch EuGH v. 14.6.2012 – Rs. C-158/11 - Auto 24, WuW/E EU-R 2394: Anforderungen an die „festgelegten Merkmale“ im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. e VO 330/2010.
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 20
§ 19
im Auftrag konkurrierender Vermittler Blumen ausliefern,1 Meistbegünstigungsklauseln,2 Lieferverweigerungen,3 Koppelungspraktiken4 oder Rabattsysteme. Ein Sonderfall ist das Behinderungsverbot gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern (§ 20 Abs. 4 Satz 1 GWB, § 20 Abs. 3 Satz 1 GWB-E).5 Missbrauch oder Unbilligkeit ergeben sich wiederum aus einer Interessenabwägung. – Verkäufe unter Einstandspreis (§ 20 Abs. 4 Satz 2 GWB, § 20 Abs. 2 Satz 2 GWB-E) werden regelmäßig im Verwaltungsverfahren verfolgt, da ein (privater) Wettbewerber kaum feststellen kann, welche Einstandspreise ein anderes Unternehmen hat. – Die Vermutung in § 20 Abs. 5 GWB, § 20 Abs. 4 GWB-E ist wichtig für diejenigen Umstände, aus denen sich regelmäßig die Unbilligkeit einer Behinderung ergibt, etwa dass der Einstandspreis des betroffenen Unternehmens niedriger als sein Verkaufspreis ist. Die vom Normadressaten geforderte Aufklärung ist jedoch wegen des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen zumeist nicht zumutbar.6 c) Zugang zu wesentlichen Einrichtungen (§ 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, § 19 Abs. 2 Nr. 4 GBW-E) Wesentliche Einrichtungen sind Infrastrukturen, häufig Netze, die wie ein Nadelöhr den Zugang zu einem vor- oder nachgelagerten Markt beschränken: Beispielsweise muss ein Fährschiffer einen Hafen mitbenutzen, um auf dem Markt für Überfahrten mit dem (vertikal integrierten) Hafeninhaber und Fähranbieter zu konkurrieren.7 § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, § 19 Abs. 2 Nr. 4 GBW-E gewährt jedoch keinen Zugriff auf gewerbliche Schutzrechte Dritter, z.B. Schlüsselpatente,8 und keine Belieferung mit Vorprodukten.9 Die Schaffung eigener Infrastruk-
1 KG v. 25.8.2005 – 2 U 1/05 Kart – Blumendistanzhandel, WuW/E DE-R 1595. S. auch OLG Frankfurt a.M. v. 14.7.2009 – 11 U 68/08 (Kart) – Service-Taxis, WuW/E DE-R 2721: Verbot der Behinderung einer konkurrierenden Taxizentrale durch Unterbindung von Doppelmitgliedschaften, gestützt auf § 1 GWB. 2 OLG Düsseldorf v. 15.2.2012 – VI-W (Kart) 1/12, unter www.justiz.nrw.de mit kritischer Anm. Westermann, GRUR-Prax 2012, 495. 3 BGH v. 13.12.2005 – KVR 13/05 – Stadtwerke Dachau, WuW/E DE-R 1726. 4 BGH v. 30.3.2004 – KZR 1/03 – Der Oberhammer, WuW/E DE-R 1283; OLG Düsseldorf v. 20.9.2006 – VI-U (Kart) 15/06 – 5-Sterne-Premium-Paket, WuW/E DE-R 1864. Zu Art. 82 EG (= Art. 102 AEUV) EuG v. 17.9.2007 – Rs. T-201/04 – Microsoft – Rz. 912 ff. 5 Regierungsentwurf v. 23.3.2012, Art. 1 Nr. 7d und Begründung zu Nr. 7d, S. 33. Loewenheim in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, § 20 GWB Rz. 157–60 – Preis-Kosten-Schere; Anwendungsfall OLG Düsseldorf v. 13.2.2002 – Kart 16/00 (V), WuW/E DE-R 829, 833 f.: freie Tankstellen gegenüber vertikal integrierten Mineralölkonzernen mit Raffineriekapazität. 6 Markert in Immenga/Mestmäcker, § 20 GWB Rz. 323–326. 7 BGH v. 24.9.2002 – KVR 15/01 – Fährhafen Puttgarden, WuW/E DE-R 977, 983 f. Anders bei Konkurrenz auf dem Markt des Netzbetreibers selbst: KG v. 15.10.2004 – 2 W 25/03 Kart – GSM-Gateway – Rz. 24, WuW/E DE-R 1274. S. auch OLG Brandenburg v. 31.3.2009 – Kart U 4/08 – Brandenburg-Lotto, WuW/E DE-R 2824, 2826 f.: Schnittstellen zur Lottogesellschaft als Infrastruktur. 8 BGH v. 13.7.2004 – KZR 40/02 – Standard-Spundfass, BGHZ 160, 67 = WuW/E DE-R 1329, 1331–1334. 9 Nothdurft in Langen/Bunte, § 19 GWB Rz. 174 f.
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§ 19
Rz. 21
Kartellrecht
turen muss dem Zugangspetenten unmöglich sein;1 es reicht nicht aus, dass eine solche eigene Einrichtung weniger leistungsfähig sein würde.2 Stromund Gasnetze, der wichtigste Fall, sind mittlerweile sektorspezifisch geregelt (§§ 20 ff., 111 EnWG, anders geschlossene Verteilernetze, § 110 EnWG). 21
Die marktbeherrschende Stellung ergibt sich auch ohne Beherrschung des nachgelagerten Marktes schon aus der Beherrschung der Infrastruktur.3 Der Verstoß liegt in der Zugangsverweigerung. Das für den Zugang geforderte Entgelt muss zivil- und kartellrechtlichen Vorgaben entsprechen.4 Die Unzumutbarkeit der Zugangsgewährung kann sich entweder aus Kapazitätsengpässen beim Infrastrukturbetreiber5 oder aus Gründen in der Person des Zugangspetenten ergeben.6 Der Zugang als solcher („ob“) kann häufig im Wege der Leistungsverfügung erstritten werden. – Die Praxis zu Art. 102 AEUV erlaubt eher den Zugriff auf gewerbliche Schutzrechte marktbeherrschender Unternehmen, insbesondere wenn der Zugangspetent ein neues Produkt anbieten will, das nicht (nur) demjenigen des Inhabers nachgeahmt ist.7 d) Zugriff auf Schlüsselpatente und -technologien
21a
Ein Unternehmen kann ein kartellrechtlich begründetes Recht zur Nutzung eines gewerblichen Schutzrechts, z.B. eines Patents, einer anderen Partei als Einwendung gegen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen der Verletzung dieses Rechts nur in Ausnahmefällen geltend machen.8 Dazu muss der Schutzrechtsinhaber eine marktbeherrschende Stellung haben, d.h. es darf keinen tatsächlichen oder realistischen potenziellen Ersatz für die Nutzung des Rechts geben, und der Lizenzsucher muss ein neues, vom Erzeugnis des Rechtsinhabers verschiedenes, nicht substituierbares Produkt anbieten oder anbieten wollen.9
1 OLG München v. 15.11.2001 – U (K) 3825/01 – Nordbayerische Gasdurchleitung, WuW/E DE-R 906, 907: auch wirtschaftliche Unmöglichkeit. 2 OLG Hamburg v. 19.6.2002 – 5 U 28/02 – Online-Ticketshop, WuW/E DE-R 1076, 1078. 3 BGH v. 28.6.2005 – KVR 27/04 – Arealnetz, BGHZ 163, 296 = WuW/E DE-R 1520, 1523 f.: Marktbeherrschung der Betroffenen als Betreiberin des Mittelspannungsnetzes, nicht als Anbieterin von Arealnetzleistungen. 4 BGH v. 7.2.2006 – KZR 8/05 – Stromnetznutzungsentgelt II – Rz. 9 ff., 24, NJW-RR 2006, 915 = WuW/E DE-R 1730; Nothdurft in Langen/Bunte, § 19 GWB Rz. 183–85. 5 Nothdurft in Langen/Bunte, § 19 GWB Rz. 186 ff. 6 OVG Münster v. 16.2.2006 – 20 B 758/05 – Vogtlandbahn, WuW/E DE-R 1673, 1675 (zu § 14 AEG). Zu Art. 82 EG OGH v. 20.12.2005 – 16 Ok 23/04 – Penicillin, WuW/E KRInt 118, 120. 7 EuGH v. 29.4.2004 – Rs. C-418/01 – IMS Health – Rz. 48 f., Slg. 2004 I-5039; noch weitergehend – Nachteile für den Verbraucher und Vereitelung „besserer“ Produkte EuG v. 17.9.2007 – Rs. T-201/04 – Microsoft – Rz. 647 ff.; kritisch Körber, WuW 2007, 1209 (1211 f.). 8 OLG Düsseldorf v. 20.1.2011 – I-2 U 92/10 – Zwangslizenzeinwand, WuW/E DE-R 3215. 9 OLG Düsseldorf v. 20.1.2011 – I-2 U 92/10 – Zwangslizenzeinwand, WuW/E DE-R 3215 (3217, 3221).
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 23
§ 19
Wenn ein marktbeherrschender Rechtsinhaber in diesem Sinne zur Lizenzierung verpflichtet ist oder wenn die Nutzung des Schutzrechts Industriestandard geworden ist, ist die Lizenzverweigerung missbräuchlich, wenn der Lizenzsucher dem Rechtsinhaber den Abschluss eines Lizenzvertrages anbietet, den der Rechtsinhaber nicht ablehnen kann, ohne den Lizenzsucher zu diskriminieren oder unbillig zu behindern, sich daran gebunden hält und dann, wenn er das Recht bereits nutzt, im Gegenzug die Lizenzgebühren abrechnet und bezahlt oder zumindest unter Verzicht auf Rücknahme hinterlegt. Der Lizenzsucher kann festlegen, dass die Gebühr vom Rechtsinhaber nach billigem Ermessen zu bestimmen sei,1 und sich so eine Überprüfung ihrer Höhe (§§ 315 ff. BGB) offenhalten.2
21b
e) Behinderung oder Diskriminierung von Unternehmen auf anderen Märkten (§§ 19 Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 und 2 GWB, §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB-E) Ein marktbeherrschendes Unternehmen, das nicht Wettbewerber, Abnehmer oder Lieferant eines anderen Unternehmens ist, kann es dennoch in der Hand haben, über den Marktzugang, mindestens die Marktchancen dieses anderen Unternehmens zu entscheiden: Ein Sportverband schreibt in seinem Regelwerk die Verwendung bestimmter Geräte oder Kleidung vor oder verbietet sie,3 ein Stromnetzbetreiber untersagt die Verwendung bestimmter Betriebsmittel4 oder nimmt einen Handwerker nicht in sein Installateurverzeichnis auf. Aus einem Recht auf Gleichbehandlung wird häufig ein Zugangs- oder Zulassungsanspruch folgen.
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f) Anspruch auf Aufnahme in Wirtschafts- oder Berufsvereinigungen sowie in Gütezeichengemeinschaften (§ 20 Abs. 6 GWB, § 20 Abs. 5 GWB-E) Über die Weigerung einer Vereinigung, ein Unternehmen aufzunehmen, oder seine Gegenwehr gegen einen Ausschluss, entscheidet zumeist das Hauptsacheverfahren. Dürfen jedoch nur Mitglieder Infrastrukturen oder Dienstleistungen nutzen und hat das ausgeschlossene Unternehmen keine zumutbaren Ausweichmöglichkeiten, können Mitbenutzungsansprüche auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Daneben kann auch ein Nichtmitglied Anspruch auf – beschränkte – Mitbenutzung von Infrastrukturen ha1 BGH v. 6.5.2009 – KZR 39/06 – Orange-Book-Standard, WuW/E DE-R 2613, 2615 ff. 2 S. auch OLG Karlsruhe v. 27.2.2012 – 6 U 136/11, GRUR 2012, 736; Gramsch, GRURPrax 2012, 330213: Einwendungen zur Höhe der Lizenzgebühr dürfen im Angebot offenbleiben; OLG Karlsruhe v. 23.1.2012 – 6 U 136/11, GRUR-RR 2012, 124 (125): Vertragsangebot muss dem Rechtsinhaber Kündigung bei Angriff des Lizenzsuchers auf Rechtsbestand seines Schutzrechts zugestehen. 3 Buch, WuW 2005, 266 (268 ff.); aus der Rechtsprechung KG v. 21.11.1991 – Kart 2/91 – Offizieller Volleyball, WuW/E OLG 4907, 4908. S. auch Handelsblatt v. 7.4.2005, „Fifa droht Niederlage im Trikotstreit mit Puma“ – Verbot einteiliger Fußballtrikots in der WM-Qualifikation als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. 4 LG Leipzig v. 15.7 002 – 5 O 3962/02, juris: Hauptleitungsschalter. S. auch OLG Düsseldorf v. 21.11.1989 – U (Kart) 19/89 – Eintragung ins Installateurverzeichnis, WuW/E OLG 4596.
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§ 19
Rz. 24
Kartellrecht
ben.1 Die Vereinigung handelt in diesen Fällen regelmäßig nicht als solche, sondern als Anbieterin von Waren oder Dienstleistungen, folglich als Unternehmen, und kann den Ansprüchen gegen marktbeherrschende (§§ 19, 20 Abs. 1 GWB) oder marktstarke (§ 20 Abs. 2 GWB) Unternehmen ausgesetzt sein. g) Boykottaufruf (§ 21 Abs. 1 GWB) 24
Aufforderungen eines Unternehmens (des Verrufers) an ein anderes2 (den Adressaten), ein drittes, das boykottierte, nicht mehr zu beliefern oder nicht bei ihm zu beziehen, sind unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls von bloßen Anregungen und von legitimer Verbands- oder Informationstätigkeit abzugrenzen.3 So darf der Verrufer noch ungeklärte und für ihn vorteilhafte Rechtsstandpunkte geltend machen4 oder gegen ein für ihn nachteiliges, rechtlich umstrittenes Verhalten anderer deutlich Stellung beziehen.5 Ob die Behinderung des boykottierten Unternehmens unbillig ist, ergibt sich aus einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Ziele des Gesetzes.6 Manche Gerichte fordern eine Gesamtschau,7 andere halten, meiner Ansicht nach vorzugswürdig, Boykottaufrufe prima facie für unbillig.8 „Billig“ sind jedenfalls Aufrufe zu Liefer- oder Bezugssperren, wenn der Verrufer berechtigte Interessen wahrnimmt9 oder den Adressaten anhält, Pflichten nach Gesetz oder (wirksamen) Verträgen einzuhalten.10 – Das Verbot des Boykottaufrufs führt regelmäßig zu Unterlassungsansprüchen.
25 " Praxistipp: Wie in vielen Fällen des unlauteren Wettbewerbs geht es um Äußerungen. Die Anforderungen an Konkretisierung der Verletzungshand1 OLG München v. 30.3.2006 – U (K) 4148/05 – Telefonrufsäulen, WuW/E DE-R 1749, 1752–1754. Anders KG v. 21.11.1991 – Kart 2/91, WuW/E OLG 4907, 4913. S. auch Vorlagebeschluss OLG Düsseldorf v. 30.3.2011 – VI-2 U (Kart).15/08 – Kupferfittings, GRUR-RR 2011, 428: Normsetzungs- und Zertifizierungsorganisation als Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG (= Art. 101 AEUV). 2 OLG Celle v. 16.10.2003 – 13 U 60/03, WuW/E DE-R 1197, 1198 = GRUR-RR 2004, 118: auch Marktverhalten Privater über übliche Haushaltsführung hinaus, z.B. Vermietung von Gewerberaum. 3 Markert in Immenga/Mestmäcker, § 21 GWB Rz. 28–31. 4 OLG Düsseldorf v. 29.12.2004 – VI-Kart 17/04 (V) – PPK-Entsorgung, WuW/E DE-R 1453, 1457 (Verwaltungsverfahren). Problematisch sei allerdings die (bei Boykottaufrufen notwendige) Einwirkung auf Dritte! 5 OLG Düsseldorf v. 16.11.2004 – VI-Kart 24–27/03 OWi – DSD, WuW/E DE-R 1381, 1384–1386 (Bußgeldverfahren). 6 BGH v. 27.4.1999 – KZR 54/97 – Taxi-Krankentransporte, WuW/E DE-R 302, 305 f. 7 KG v. 23.3.1994 – Kart 19/93 – Schnäppchenführer, WuW/E OLG 5299, 5308. 8 OLG Frankfurt a.M. v. 2.4.1996 – 11 W (Kart) 2/96 – unwirksame Arzneimittel, Pharma Recht 1996, 410 (413). 9 KG v. 23.3.1994 – Kart 19/93 – Schnäppchenführer, WuW/E OLG 5299, 5308. Keine berechtigten Interessen bei OLG Düsseldorf v. 9.9.2009 – VI-Kart 13/08 (V) – Milchbauernverband, juris; und BKartA v. 3.5.2011, B-3 – 1/11–32 – „Systemumstieg“ von Vertragsärzten in der gesetzlichen Krankenversicherung, NZS 2011, 716 m. Anm. Gaßner (jeweils Verwaltungsverfahren). 10 OLG Düsseldorf v. 29.12.2004 – VI-Kart 17/04 (V) – PPK-Entsorgung, WuW/E DE-R 1453, 1455 f.
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 27
§ 19
lung, Bestimmtheit des Untersagungsantrags und Vermeidung von Umgehungen gelten auch hier. h) Veranlassung zu einem kartellrechtswidrigen Verhalten (§ 21 Abs. 2 GWB) Sieht sich ein Unternehmen angedrohten oder bereits zugefügten Nachteilen ausgesetzt, mit denen ein anderes Unternehmen es zu einem bestimmten Verhalten veranlassen will, etwa zur Einhaltung von Mindestverkaufspreisen, zielt einstweiliger Rechtsschutz in der Regel auf Abwehr der Nachteile, also beispielsweise der Liefersperre. § 21 Abs. 2 GWB verbietet Sperren zur Willensbeugung, um ein anderes Unternehmen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Gegen endgültige (Vergeltungs-)Sperren sind Abwehr-, insbesondere Lieferansprüche dagegen nur begründet, wenn das sperrende Unternehmen aus anderen Gründen, z.B. nach § 20 Abs. 1 oder Abs. 2 GWB, verpflichtet ist, das gesperrte Unternehmen zu beliefern.1 – Die Verbote, andere Unternehmen zu zulässigem wettbewerbsbeschränkendem Verhalten zu zwingen oder für Schritte zu Kartellbehörden Vergeltung zu üben (§ 21 Abs. 3 und 4 GWB), waren als Schutzgesetze (§ 33 GWB 1998) anerkannt, sind aber bislang ersichtlich noch nicht im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt worden.
26
i) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen (Art. 101 AEUV, § 1 GWB) Einstweiliger Rechtsschutz gegen wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen kann in einstweiligen Verfügungen gegen Ausschreibungen von Einkaufsgemeinschaften aus öffentlichen Auftraggebern bestehen,2 deren gemeinsame Beschaffung gegen das Kartellverbot verstößt. Solche Verstöße sind nicht im Vergabenachprüfungsverfahren geltend zu machen.3 Wirtschaftliche und damit „unternehmerische“ Tätigkeit im Sinne des Art. 101 AEUV soll die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen aber nur noch sein, wenn der Nachfrager diese für eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Anbietens auf einem Markt beschafft.4 Gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die nicht vom Kartellverbot freigestellt sind, können betroffene Dritte Unterlassung verlangen.5 Geheime Absprachen, beispielsweise über Preise oder zur Marktaufteilung, kann meist nur eine Kartellbehörde aufdecken und verfolgen. Schadensersatz wegen 1 BGH v. 28.10.1965 – KRB 3/65 – Saba, BGHZ 44, 358 = WuW/E BGH 704, 710 f.; KG v. 22.9.1982 – Kart U 641/82 – Preisempfehlung für Uhren, WuW/E OLG 2822, 2824 f. Zur Wirkung auf – dann anspruchsberechtigte – Dritte s. BGH v. 19.3.1991 – KVR 4/89 – Warenproben in Apotheken, WuW/E BGH 2688, 2692 f. 2 OLG Koblenz v. 5.11.1998 – U 596/98-Kart, WuW/E Verg 184; s. auch OLG Düsseldorf v. 28.8.1998 – U (Kart) 19/98 – Inkontinenzhilfen, WuW/E DE-R 233: Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel (§ 35 SGB V) als Nachfragekartell; dagegen EuGH v. 16.3.2004 – Rs. C-264/01 u.a. – AOK – Rz. 47 ff., Slg. 2004, I-2493. 3 OLG Düsseldorf v. 22.5.2002 – Verg 6/02, WuW/E Verg 658 = NZBau 2002, 583. 4 EuGH v. 11.7.2006 – Rs. C-205/03P – Rz. 26, EuZW 2006, 600 mit krit. Anm. Scheffler. Anders BGH v. 11.12.2002 – KZR 11/01 – Feuerlöschzüge, WuW/E DE-R 1087, 1089 = NJW 2003, 2748; zuletzt offengelassen in BGH v. 19.6.2007 – KVR 23/98 – Tariftreueerklärung – Rz. 12, WuW/E DE-R 2161. 5 Beispiel bei OLG Frankfurt a.M. v. 14.7.2009 – 11 U 68/08 – Service-Taxis, WuW/E DE-R 2721: Behinderung einer konkurrierenden Taxizentrale.
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§ 19
Rz. 28
Kartellrecht
solcher Absprachen, regelmäßig in Geld, muss man im Hauptsacheverfahren einklagen.
2. Insbesondere Ansprüche auf Zugang oder Belieferung 28
Regelmäßig kann der nach §§ 19 ff. GWB (§§ 18 ff. GWB-E) Verpflichtete frei entscheiden, wie er ein kartellrechtswidriges Verhalten beendet und rechtmäßige Zustände (wieder-)herstellt.1 Ist jedoch nur ein Weg zur Beseitigung rechtlich oder tatsächlich möglich oder realistisch, wird der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch ein Anspruch auf Belieferung, Leistung oder Infrastrukturzugang (im Folgenden „Lieferung“).2 Unberechtigte Lieferverweigerungen (§§ 20 Abs. 1 und 2, 21 Abs. 2 GWB/§§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB-E) begründen daher meist einen Kontrahierungszwang.3 Behinderung oder Diskriminierung durch marktbeherrschende Nachfrager führt selten zu einem Anspruch auf Vertragsschluss und Belieferung, sondern eher auf transparente, diskriminierungsfreie Auswahl zwischen möglichen Lieferanten. Gegenüber der öffentlichen Hand deckt sich dies regelmäßig mit Bieterrechten im Vergabeverfahren (§ 97 GWB).
29
Der BGH hat Lieferansprüche als Schadensersatz durch Naturalrestitution qualifiziert.4 Die Qualifikation als Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch scheint aber sinnvoller.5 Die Unterschiede – das Verschuldenserfordernis (§ 33 Abs. 3 Satz 1 GWB) und die Bindung an kartellbehördliche Entscheidungen (§ 33 Abs. 4 GWB) – sind in der Praxis des einstweiligen Rechtsschutzes bislang noch nicht zum Tragen gekommen. Beispiel 1: Die Antragsgegnerin verlegt das Örtliche Telefonbuch in X. Die Antragstellerin, eine Werbeberaterin, gestaltet für Werbekunden Telefonbuchwerbung und schaltet entsprechende Werbeaufträge. Die Antragsgegnerin lehnt Aufträge der Antragstellerin ab, weil sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kunden berät, wie sie mit günstigeren Anzeigen dieselbe Werbewirkung erzielen.6 Es ist nicht anzunehmen, dass die Antragsgegnerin künftig ganz auf Werbung in ihren Telefonbüchern, ob von den Werbekunden unmittelbar oder von Werbeberatern geschaltet, verzichtet.
Beispiel 2: D führt bundesweit die Personenbeförderung mit Eisenbahnen durch. Konkurrent C betreibt auf wenigen Linien Fernverkehrszüge. Er verlangt von D Aufnahme seiner Züge in deren Fahrplanauskunftssysteme. D könnte allenfalls theoretisch ganz darauf verzich1 BGH v. 12.5.1998 – KZR 23/96 – Depotkosmetik, WuW/E DE-R 206, 208 (zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 85 EGV). Anders zu § 37 VwVfG BVerfG v. 9.10.2000 – 1 BvR 1627/95 – „Spiegelbildlichkeit von Verbot und Gebot“, WuW/E DE-R 557, 559. 2 OLG Karlsruhe v. 12.3.1980 – 6 U 223/77 – Allkauf-Saba, WuW/E 2217, 2223. Kritisch zur Einordnung als Schadensersatzanspruch Markert in Immenga/Mestmäcker, § 20 GWB Rz. 228. 3 Rehbinder in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, § 33 GWB Rz. 52. 4 BGH v. 12.5.1998 – KZR 23–25/96 – Depotkosmetik, WuW/E DE-R 206, 208. 5 Markert in Immenga/Mestmäcker, § 20 GWB Rz. 228. 6 LG Düsseldorf v. 14.3.2001 – 34 O (Kart) 22/01, WuW/E DE-R 772. In Hauptsacheverfahren BGH v. 22.2.2005 – KZR 2/04, NJW 2005, 2014; BGH v. 13.7.2004 – KZR 17/03, NJW-RR 2005, 49 = MDR 2005, 203.
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 31
§ 19
ten, Fahrpläne zu veröffentlichen. Der Unterlassungsanspruch des C gegen D wird Leistungsanspruch auf Aufnahme in die Systeme (s. jetzt § 3 Abs. 3 EIBV).
Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, die sich zu (positiven) Leistungsansprüchen verdichten, können auch die Zulassung zu Messen oder Ausstellungen1 oder der Zugang zu Infrastrukturen (jetzt allerdings §§ 17 ff. EnWG) sein.2 Ein neues Erdgasversorgungsunternehmen kann für eine Übergangszeit einen Anspruch auf Belieferung durch den im vorgelagerten Netz tätigen marktbeherrschenden Gaslieferanten3 oder ein Dienstleistungsunternehmen ein Recht auf Versorgung mit Original-Ersatzteilen durch den Hersteller haben.4
30
Im Verfahren der einstweiligen Verfügung muss der Antragsteller einen bestimmten Leistungsantrag (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) stellen. Ein Verfügungsantrag auf Belieferung muss zur Deckung eines konkreten Bedarfs5 die gewünschte Ware, wie ein annahmefähiges Vertragsangebot, nach Gegenstand und Menge spezifizieren.6 Der Antrag auf Zugang oder Infrastrukturnutzung muss die begehrte Nutzung genau beschreiben.7 Ein Zug um Zug für die Lieferung geschuldetes Entgelt muss der Vollstreckbarkeit wegen, nötigenfalls mit einem Höchstbetrag und unter Vorbehalt der Rückforderung, beziffert werden.8 Die einstweilige Verfügung kann allenfalls Geschäftsbedingungen, die allgemein üblich und für den Antragsgegner bestimmbar sind, unbestimmt lassen.9 Es ist aber sicherer, diese Bedingungen auszuformulieren.
31
1 OLG Düsseldorf v. 15.11.2000 – U (Kart) 40/00 – Fetting, WuW/E DE-R 619; OLG Hamburg v. 11.4.1996 – 3 U 120/95 – fachdental nord II, WuW/E OLG 5703, 5705 f. 2 Stromnetz (vor Inkrafttreten der §§ 17 ff. EnWG): OLG Dresden v. 8.2.2001 – U 2978/00 Kart, GRUR-RR 2001, 190. S. auch OLG Karlsruhe v. 10.12.2008 – 6 W 92/08 – Hundezuchtverband, WuW/E DE-R 2606: Zugang zu Deckrüden. 3 BGH v. 13.12.2005 – KVR 13/05 – Stadtwerke Dachau, WuW/E DE-R 1726, 1728 f. Rz. 16. 4 BGH v. 27.4.1999 – KZR 35/97 – Feuerwehrgeräte, WuW/E DE-R 357, 357 ff.; BGH v. 21.2.1989 – KZR 3/88 – Frankiermaschinen, WuW/E BGH 2589, 2592 f.: Beherrschung des Marktes für Original-Ersatzteile, wenn diese nur vom Hersteller oder seiner Vertriebsorganisation bezogen werden können. Zum Ersatzteilbezug von Zulieferern des Herstellers nunmehr Art. 4 lit. e VO 2790/99, zu Kfz-Ersatzteilen Art. 4 Abs. 1 lit. h-l VO 1400/2002. 5 OLG Düsseldorf v. 10.11.2010 – VI-U (Kart) 19/10 – Rz. 58, juris, unter II B 4. 6 BGH v. 22.1.1985 – KZR 35/83 – Technics, WuW/E BGH 2125, 2126; KG v. 21.1.1997 – Kart U 2429/96 – U-Bahn-Buchhandlungen, WuW/E OLG 5875, 5876. S. auch OLG München v. 20.1.2005 – U (K) 2358/04, NJOZ 2005, 1796 (1800); und OLG Karlsruhe v. 10.12.2008 – 6 W 92/08 – Hundezuchtverband, WuW/E DE-R 2606, 2607: nächste Hitzeperiode der Zuchthündin in sechs Monaten, doch bis dahin sei kein Urteil in der Hauptsache zu erlangen. 7 OLG Düsseldorf v. 5.12.2001 – U (Kart) 34/01 – Linzer Gaslieferant, WuW/E DE-R 847, 849. 8 OLG Düsseldorf v. 5.12.2001 – U (Kart) 34/01, WuW/E DE-R 847, 848 f. Zu den Grenzen für kartellbehördliche Verfügungen BVerfG v. 9.10.2000 – 1 BvR 1627/95 – Pharmagroßhandel, WuW/E DE-R 557, 560 f.: „übliche Konditionen“ im Pharmagroßhandel. 9 OLG Düsseldorf v. 5.12.2001 – U (Kart) 34/01, WuW/E DE-R 847, 849: Nebenleistungen und Mitwirkung beim Gastransport zwischen Gasversorgungsunternehmen. Ähnlich wohl auch KG v. 21.1.1997 – Kart U 2429/96 – U-Bahn-Buchhandlungen, WuW/E OLG 5875, 5876; aus anderen Gründen aufgehoben BGH v. 16.11.1999 – KZR 30/97, juris.
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§ 19 32
Rz. 32
Kartellrecht
Den Kartellbehörden steht es zu, im ersten Zugriff den Inhaber der Infrastruktur zur Gewährung des Zugangs zu verpflichten und dessen nähere Ausgestaltung Verhandlungen mit dem Zugangspetenten zu überlassen.1 Dem kommt im Zivilverfahren das – für Belieferungspflichten häufig zulässige2 – Feststellungsurteil nahe. Dieses regelt den Belieferungsanspruch endgültig. Die einstweilige Verfügung soll demgegenüber im summarischen Verfahren (nur) akute, dringende wettbewerbliche Nachteile verhindern. Gerade wegen dieser Dringlichkeit wird der Antragsteller in der Lage sein, einen bestimmten Leistungsantrag zu formulieren.
3. Verfügungsgrund 33
Kartellrechtliche einstweilige Verfügungen sind meistens Leistungsverfügungen. Der Antragsteller stellt auf der Messe aus, der Zugangspetent benutzt die Infrastruktur, und der Verrufer muss seine Aufforderung unterlassen. Schadensersatz in Geld nach § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB, §§ 249 ff. BGB für den Antragsteller, nach § 945 ZPO für den Antragsgegner, bringt Marktchancen nicht wieder. Möglicher Rechtsschutzverweigerung für den Antragsteller stehen aber schwere Eingriffe in die Rechte des Antragsgegners in nur summarischen Verfahren gegenüber.
34
Der Antragsteller muss deshalb glaubhaft machen, dass er so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und sonst so erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würde, dass ihm ein Zuwarten oder die Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatz nach Wegfall seines Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist. Er muss aber nach überwiegend vertretener Auffassung nicht in eine existentielle Notlage geraten.3 Vielmehr sind seine wettbewerblichen Interessen mit denen des Antragsgegners abzuwägen. Eine auf endgültige Anspruchsbefriedigung gerichtete einstweilige Verfügung ist zulässig, wenn der dem Antragsteller drohende Schaden aus der Nichterfüllung außer Verhältnis zu demjenigen des Antragsgegners wegen der sofortigen Erfüllung steht. Eine wesentliche Rolle spielt, ob der geltend gemachte Anspruch dem Antragsteller zweifelsfrei zusteht.4 Im Wege der einstweiligen Verfügung kann deshalb der Antragsteller in der Regel ein bestimmtes Verhalten, etwa den Zugang zu Infrastruktureinrichtungen („ob“), erzwingen. Streit um Entgelte und Bedingungen („wie“ und „wie teuer“) gehört
1 BGH v. 24.9.2002 – KVR 15/01 – Fährhafen Puttgarden, NJW 2003, 748 = WuW/E DE-R 977, 981 ff. 2 BGH v. 30.6.1981 – KZR 19/80 – adidas, WuW/E BGH 1885, 1885 f.; BGH v. 17.1.1979 – KZR 1/78 – Nordmende, WuW/E BGH 1567. 3 OLG Düsseldorf v. 8.8.2001 – U (Kart) 20/01 – Kramer Progetha, WuW/E DE-R 774, 776; KG v. 3.2.1993 – Kart U 6021/92, WuW/E OLG 5099, 5100 f.: Dringlichkeitsvermutung (jetzt § 12 Abs. 2 UWG) nicht anwendbar; s. auch OLG Brandenburg v. 29.12.2009 – Kart W 13/09, juris: wohl keine einstweilige Verfügung zur Erfüllung von Auskunftsansprüchen. Anders LG Düsseldorf v. 11.9.2012 – 37 O 095/12 (Kart), juris: „Auswirkungen auf Gesamtunternehmen“. 4 OLG Düsseldorf v. 15.11.2000 – U (Kart) 40/00 – Fetting, WuW/E DE-R 619, 621.
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 37
§ 19
typischerweise ins Hauptsacheverfahren.1 Neuartige Gestaltungen des Zugangs oder der Mitbenutzung kann der Antragsteller in der Regel nicht mit einer einstweiligen Verfügung erzwingen.2 Nach Auffassung des OLG Düsseldorf soll es zumutbar sein, verlorene Absatzchancen als Schadensersatz im Hauptsacheverfahren geltend zu machen.3 Wo Kartellrechtsverletzungen und damit über vertragliche Beziehungen zwischen Privatpersonen hinaus wettbewerbliche Interessen infrage stehen, erscheint dies zweifelhaft. Ein Verfügungsgrund entfällt, wenn der Antragsteller seine Notlage provoziert hat, beispielsweise reinen Internethandel mit Luxuskosmetika aufnimmt, obwohl er weiß, dass die Hersteller die Belieferung reiner Internethändler ablehnen,4 oder so schleppend vorgeht, dass er in eine Zwangslage gerät.5 Für die „Selbstwiderlegung“ durch zögerliches Prozessieren gelten die allgemeinen Regeln.6 Der Zeitrahmen für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hängt wesentlich vom Einzelfall und von dem Begehren des Antragstellers ab.7 Ein Vorgehen gegenüber Kartellbehörden oder, beispielsweise im Sportrecht, die Ausschöpfung der Verbandsgerichtsbarkeit vor dem Antrag zum Zivilgericht können die Dringlichkeit allenfalls ausnahmsweise wahren.8
35
" Praxistipp 1: Kommt ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 36 infrage, sollte man eine Beschwerde zu Kartellbehörden wegen desselben Anliegens in gleicher Eile vorantreiben. Bei der Kartellbehörde eine kurzfristige Klärung anstreben, ob sie die Angelegenheit aufgreift oder den Beschwerdeführer auf den Zivilrechtsweg verweisen will.
" Praxistipp 2: Einen Verfügungsanspruch kann es nur geben, wenn der An- 37 tragsteller auch den späteren Antragsgegner gefragt und mit ihm ernsthaft über die von ihm begehrte Lieferung verhandelt hat.9 Der Antragsteller darf sich aber nicht hinhalten lassen. Vergleichsverhandlungen muss er be-
1 OLG München v. 11.4.2002 – U (K) 2142/02, WuW/E DE-R 964; OLG Brandenburg v. 24.9.2002 – Kart U 3/02, GRUR-RR 2002, 399. 2 OLG Düsseldorf v. 8.8.2001 – U (Kart) 20/01 – Kramer Progetha, WuW/E DE-R 774, 776. Ähnlich KG v. 3.2.1993 – Kart U 6021/92 – Rennwett-Theater Berlin, WuW/E OLG 5099, 5101: im einstweiligen Rechtsschutz kein Anspruch auf Verwirklichung der eigenen Sortimentsvorstellung. 3 OLG Düsseldorf v. 10.11.2010 – VI-U (Kart) 19/10, juris. 4 OLG Koblenz v. 31.10.2002 – U 642/02 Kart, juris. 5 KG v. 3.2.1993 – Kart U 6021/92 – Rennwett-Theater Berlin, WuW/E OLG 5099, 5100 f.. 6 Vollkommer in Zöller, § 940 ZPO Rz. 8 „Wettbewerbsrecht“. 7 OLG Frankfurt a.M. v. 19.7.2004 – 11 W 12/04 – Rz. 27 f., SpuRt 2005, 118: zwei Monate – das Verfahren vor dem Verbandsgericht – zu lang, wenn der Antragsteller die Ansetzung eines Wiederholungsspiels und vorläufige Zulassung zum Spielbetrieb in der zweiten Tischtennis-Bundesliga in der kommenden Saison begehrt; KG v. 3.2.1993 – Kart U 6021/92, WuW/E OLG 5099, 5100 f.: monatelanges Verhandeln mit Lieferanten zwischen Dezember und Juni bei geplanter Geschäftseröffnung des Antragstellers am 1. Juli. 8 OLG Frankfurt a.M. v. 19.7.2004 – 11 W 12/04 – Rz. 28, SpuRt 2005, 118. 9 OLG München v. 17.3.2003 – W (K) 2746/02 – Netzzugang, GRUR-RR 2003, 193 (193 f.).
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§ 19
Rz. 38
Kartellrecht
harrlich, zielgerichtet und mit klaren, kurzen Fristen für Mitwirkungshandlungen des Antragsgegners führen.1
4. Kartellrechtliche Beteiligtenhaftung 38
Abwehransprüche stehen den Betroffenen auch gegen Personen zu, die selbst nicht an das kartellrechtliche Verbot gebunden sind, aber dessen Adressaten vorsätzlich zu einem Verstoß veranlassen oder sie dabei unterstützen (§ 830 Abs. 2 BGB, §§ 26, 27 Abs. 1 StGB).2 Ansprüche aus § 33 Abs. 1 GWB, § 830 Abs. 2 BGB können sich auch auf Unterlassung oder Beseitigung des Tatbeitrags richten. Eine Störerhaftung wie für den Schutz eigentumsähnlicher absoluter Rechte ist demgegenüber für das Kartellrecht als Verhaltensunrecht abzulehnen.3 § 33 GWB ist insofern abschließend. Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Rechtsbruchs wegen Kartellrechtsverstoßes gibt es nach der Neuregelung des GWB 2005 nicht mehr.4
5. Kartellrechtliche Einwendungen im einstweiligen Rechtsschutz 39
Kartellrechtliche Einwendungen wird der Antragsgegner meist einem vertraglichen Erfüllungsanspruch entgegenhalten, etwa die Nichtigkeit einer Klausel wegen Verstoßes gegen das Kartellverbot (Art. 101 Abs. 1 AEUV, § 1 GWB), häufig in einer Schutzschrift. Auch §§ 19, 20 GWB, § 134 BGB und § 34 GWB 1980 kommen als Einwendungen in Betracht. Wer Ausschließlichkeitsrechte oder Wettbewerbsverbote im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen will, muss vorab solche Einwendungen ins Kalkül ziehen.
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Im einstweiligen Rechtsschutz sind grundsätzlich die Hauptsachegerichte zuständig (§§ 937 Abs. 1, 943 Abs. 1 ZPO) Der Antragsteller wird kartellrechtliche Einwendungen jedenfalls nicht wünschen. Er wird seinen Antrag eher nicht beim zuständigen Kartellgericht stellen.
41 " Praxistipp: Jedem an sich örtlich zuständigen Zivilgericht (s. Rz. 6 ff.) und dem jeweiligen Kartellgericht eine Schutzschrift! 42
Das Kartellverbot (§ 1 GWB, § 134 BGB; Art. 101 Abs. 1 und 2 AEUV) erfasst sowohl horizontale als auch vertikale Wettbewerbsbeschränkungen. Die Darlegung eines Verstoßes setzt zunächst eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zwischen Unternehmen, eine abgestimmte Verhaltensweise oder den Beschluss einer Unternehmensvereinigung voraus. Zur Darlegung und Glaubhaftmachung einer Wettbewerbsbeschränkung reicht der Wortlaut einer Ver1 OLG Koblenz v. 23.2.2011 – 9 W 698–10 – Kurze Regelfrist, GRUR 2011, 451 (452); OLG Köln v. 29.1.2010 – 6 U 177/09 – Vollstreckungsverzicht, GRUR-RR 2010, 448 (449); OLG Bremen v. 6.9.1990 – 2 U 67/90, NJW-RR 1991, 44. 2 Beispiel bei BGH v. 24.6.2003 – KZR 32/02 – Anstiftung der Berliner Senatsverwaltung zum Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz, WuW/E DE-R 1125, 1127. 3 Bornkamm in Langen/Bunte, § 33 GWB Rz. 90. Aus der Rechtsprechung BGH v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, BGHZ 158, 236 = NJW 2004, 3102. 4 BGH v. 7.2.2006 – KZR 33/04 – Probeabonnements – Rz. 14–17, NJW 2006, 2627.
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III. Kartellrechtliche Ansprüche und Einwendungen
Rz. 43
§ 19
einbarung ohne Vortrag zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhängen häufig nicht aus: Wettbewerbsbeschränkungen verstoßen nur gegen § 1 GWB oder Art. 101 AEUV, wenn sie spürbar sind.1 Die Spürbarkeit oder überhaupt die Auswirkungen einer Vereinbarung2 sind in erster Linie an den Marktanteilen der beteiligten Unternehmen zu messen. Dazu muss man die sachlich und örtlich relevanten Märkte nach dem Bedarfsmarktkonzept, dem SSNIP-Test3 und Praxis der Kartellbehörden und -gerichte möglichst präzise abgrenzen und Marktanteile der beteiligten Unternehmen schätzen. Eine – vom EuGH noch nicht geklärte – Orientierung bietet die Bagatellbekanntmachung der Kommission.4 Für besonders schwere wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen (hard core- oder schwarze Klauseln, „Kernbeschränkungen“), wie z.B. Preis- oder Marktaufteilungsabsprachen unter Wettbewerbern oder Preisbindung der zweiten Hand und absoluten Gebietsschutz in Vertikalverhältnissen (Art. 4 VO 330/10), gelten deren Marktanteilsschwellen nicht.5 Dennoch muss die Spürbarkeit solcher Vereinbarungen dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Minimale Marktanteile können sie selbst bei schwarzen Klauseln ausschließen.6 Über die Marktanteile hinaus sollte man weitere Gesichtspunkte darlegen und belegen, beispielsweise potentiellen Wettbewerb, Marktzutrittsschranken, die Wirkung von Bündeln gleichartiger Vereinbarungen sowie die Marktstellung anderer Wettbewerber.7 – Wenn sich eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung nicht darlegen lässt, verstoßen jedenfalls nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die über das sachlich und räumlich gebotene Maß hinausgehen, angesichts der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion kommt nur im Hinblick auf das zeitliche Maß in Betracht.8 Es empfiehlt sich, in einer Schutzschrift auch – unter Verwahrung gegen die Glaubhaftmachungslast (Art. 2 Satz 2 VO 1/2003) – glaubhaft zu machen, dass die Vereinbarung nicht freigestellt (Art. 101 Abs. 3 AEUV, § 2 GWB) ist. 1 Dazu Bunte in Langen/Bunte, Art. 81 EG Generelle Prinzipien, Rz. 101 ff.; zum deutschen Kartellverbot BGH v. 9.3.1999 – KVR 20/97 – Lottospielgemeinschaft, WuW/E DE-R 289, 295; Zimmer in Immenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rz. 165 ff. 2 S. dazu Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit v. 14.1.2011, ABl. EU Nr. C 11 v. 14.1.2011, S. 1. 3 S. auch Bek. der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (1997), ABl. EG Nr. C 372 v. 9.12.1997, S. 3. 4 Bek. der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Art. 81 des EG-Vertrages nicht spürbar beschränken v. 22.12.2001, ABl. EG Nr. C 368 v. 22.12.2001, S. 13. 5 Bek. der Kommission, s. Fn. zuvor, Rz. 11. 6 OLG Düsseldorf v. 23.6.2004 – VI-U-(Kart) 29/04 – Tschechisches Bier, WuW/E DE-R 1410, 1412. 7 S. dazu die in den Mitteilungen der Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen v. 19.5.2010, ABl. EU Nr. C 130 v. 19.5.2010, S. 1, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit v. 14.1.2011, ABl. EU Nr. C 11 v. 14.1.2011, S. 1, und Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag v. 27.4.2004, ABl. EU Nr. C 101 v. 27.4.2004, S. 97, erörterten Gesichtspunkte. 8 BGH v. 10.12.2008 – KZR 54/08 – Subunternehmervertrag II – Rz. 24 f., WuW/E DE-R 2554, 2558.
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§ 19
Rz. 44
Kartellrecht
Kernbeschränkungen und schwarze Klauseln schließen eine Freistellung meist aus. Freistellungen setzen keine Anmeldung und keine behördliche Entscheidung voraus. Die Gerichte können ihre Voraussetzungen selbständig prüfen. Zunächst muss man darlegen und glaubhaft machen, dass eine Freistellung nach einer Gruppenfreistellungsverordnung nicht infrage kommt. Die Beweislast für deren Voraussetzungen (etwa Art. 2 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1 VO 330/2010) trägt, wer sich auf sie beruft; die Gegenausnahmen (Art. 2 Abs. 4 Satz 1, Art. 4 VO 330/2010) muss glaubhaft machen, wer die Nichtanwendbarkeit geltend macht.1 In einem zweiten Schritt geht es darum, ob eine Vereinbarung unmittelbar nach Art. 101 Abs. 3 oder § 2 Abs. 1 GWB freigestellt ist.2 44 " Praxistipp 1: Außer Entscheidungen der Kommission nach Art. 10 VO 1/2003 – Feststellung der Nichtanwendbarkeit von Art. 101 oder 102 AEUV – binden Entscheidungen der Kartellbehörden nach Art. 9 VO 1/2003, §§ 32b und 32c GWB nationale Gerichte nicht mehr. Ihre Indizwirkungen muss man aber berücksichtigen. 45 " Praxistipp 2: Kartellrecht ist das eine, AGB-Recht das andere (Art. 3 Abs. 3 Fall 2 VO 1/2003). Vertragsklauseln können wegen Verstoßes gegen §§ 307 ff. BGB unwirksam sein. 46
Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, die vor dem 1.1.1999 abgeschlossen worden sind, verstoßen häufig gegen das Schriftformgebot in § 34 GWB 1980; sie sind durch dessen Wegfall nicht wirksam geworden.3 Allerdings kann es treuwidrig und unbeachtlich sein, wenn sich eine Partei, die jahrelang erhebliche Vorteile aus einem Vertrag gezogen hat, auf diese Formnichtigkeit beruft.4
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Nichtig (Art. 101 Abs. 2 AEUV, § 134 BGB) ist bei einem Verstoß gegen das Kartell- oder Missbrauchsverbot zunächst nur die wettbewerbsbeschränkende Bestimmung. Schwarze Klauseln lassen die Freistellung aller anderen wettbewerbsbeschränkenden Regelungen entfallen (Beispiel: Art. 4 VO 330/2010, arg Art. 5 VO 330/2010). Für weitere Vertragsklauseln gilt § 139 BGB. Salvatorische Klauseln kehren die Beweislast zulasten desjenigen um, der sich auf die Nichtigkeit des gesamten Vertrags wegen einer Kartellrechtsverletzung beruft. Sie schließen aber in der Regel nicht aus, dass eine Bestimmung den Parteien so wichtig war, dass sie den Vertrag insgesamt nicht abgeschlossen hätten, wenn ihnen die Nichtigkeit jener Bestimmung bekannt gewesen wäre.5
1 Schultze/Pautke/Wegener, Vertikal-GVO Einl. Rz. 27–33; LG Berlin v. 24.7.2007 – 16 O 412/07 Kart = GRUR-RR 2008, 252. 2 BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03 – Citroën, WuW/E DE-R 1335, 1338 f. = GRUR 2005, 62. S. dazu insbesondere Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag v. 27.4.2004, ABl. EU Nr. C 101 v. 27.4.2004, S. 97. 3 BGH v. 2.2.1999 – KZR 51/97 – Coverdisk, WuW/E DE-R 261, 262. 4 BGH v. 29.5.2003 – KZR 27/02 – Preisbindung durch Franchisegeber II, WuW/E DE-R 1170, 1171 f.; OLG Koblenz v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart – Franchisegeberrechte, WuW/E DE-R 2157, 2159 f. 5 BGH v. 24.9.2002 – KZR 10/01 – Tennishallenpacht, WuW/E DE-R 1031, 1032.
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IV. Exkurs: Einstweiliger Rechtsschutz im Kartellverwaltungsverfahren
Rz. 52
§ 19
" Praxistipp: Genau ausführen und belegen, warum der Kartellrechtsverstoß 48 (jedenfalls) den (voraussichtlich) streitigen Anspruch ausschließt.
IV. Exkurs: Einstweiliger Rechtsschutz im Kartellverwaltungsverfahren Eine Beschwerde zu einer Kartellbehörde kann eine Alternative zu einstweiligen Verfügungsverfahren sein. Im so eingeleiteten Verwaltungsverfahren trägt der Beschwerdeführer ein geringeres Kosten- und Schadensersatzrisiko. Die Kartellbehörden haben anders als Privatpersonen Ermittlungs- und Eingriffsbefugnisse. Allerdings liegt es in ihrem Ermessen, ob und wie sie eine Sache aufgreifen (Opportunitätsprinzip) oder den Beschwerdeführer auf den Zivilrechtsweg verweisen.1 Die Hürden für einstweilige Maßnahmen im Verwaltungsverfahren sind hoch.2 Einmal eröffnete Verfahren stehen nicht mehr zur Disposition des Beschwerdeführers: Einigt sich dieser beispielsweise mit dem von der Kartellbehörde verfolgten Unternehmen auf Weiterbelieferung, kann die Kartellbehörde immer noch für bereits begangene Verstöße gegen dieses andere Unternehmen Bußgelder verhängen.
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Für die Anwendung und Durchsetzung des europäischen Kartellrechts sind sowohl die Kommission (Art. 4 ff. VO 1/2003) als auch die Kartellbehörden der Mitgliedstaaten (Art. 5 VO 1/2003, § 50 GWB) zuständig. Im „Netz“ der europäischen Kartellbehörden tauschen sie Informationen aus, unterrichten einander über ihre Verfahren (Art. 11, 12 VO 1/2003) und teilen sich im Sinne effektiver Kartellrechtsverfolgung die Arbeit. Auch in diesem Netz der Kartellbehörden gilt das Völkerrecht. Die Behörde eines Landes darf nur in dessen Hoheitsgebiet Hoheitsakte erlassen und durchsetzen.3
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In Deutschland sind die Landeskartellbehörden zuständig für alle Verhaltensweisen, deren Auswirkungen nicht über ein Bundesland hinausreichen (§ 48 Abs. 2 GWB). Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden können, wenn dies nach den Umständen der Sache angezeigt ist, Fälle einander abgeben (§ 49 Abs. 3 und 4 GWB).
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Bei der Europäischen Kommission muss der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse im Sinne individueller Betroffenheit darlegen (Art. 7 Abs. 2 VO 1/2003) und außerdem die im Formblatt C geforderten Angaben machen (Art. 5 Abs. 1 VO 773/2004).4 Derartige Formvorgaben gibt es für Beschwerden zu inländischen Kartellbehörden nicht. Allerdings verspricht nur ein gut aufbereiteter, zügig unterbreiteter und, wenn möglich, über den Einzelfall hinausweisen-
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1 Kommission, Bek. über die Behandlung von Beschwerden durch die Kommission gemäß Art. 81 und 82 EG-Vertrag (jetzt Art. 101 und 102 AEUV), ABl. EU C 101 v. 27.4.2004, S. 65, Rz. 17 und 44; BGH v. 25.10.1983 – KVR 8/82 – Internord, WuW/E BGH 2058, 2059. 2 Bek. der Kommission über die Behandlung von Beschwerden durch die Kommission gemäß Art. 81, 82 EG-Vertrag v. 27.4.2004, ABl. EU Nr. C 101 v. 27.4.2004, S. 65. 3 Klees, § 7 Rz. 58–60. 4 Bek. über die Behandlung von Beschwerden, Rz. 4.
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§ 19
Rz. 53
Kartellrecht
der Sachverhalt, dass die Behörde die Angelegenheit aufgreift und zügig im Sinne des Beschwerdeführers bearbeitet. 53
Die Entscheidung, wie die Kartellbehörde ihr Aufgreifermessen ausübt und welche Fälle sie verfolgt, hängt von der Bedeutung der Angelegenheit ab, auch von der Neuartigkeit des Sachverhalts und der Rechtsfragen sowie den Kapazitäten der Behörde. – § 31 EnWG sieht ein Verwaltungsverfahren gegen Netzbetreiber vor, wo der Beschwerdeführer Anspruch auf Prüfung und Bescheidung durch die Regulierungsbehörde hat.
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Deutsche Kartellbehörden und die Kommission können Unternehmen und Unternehmensvereinigungen verpflichten, Kartellrechtsverletzungen abzustellen, und ihnen die zur wirksamen Abstellung des Verstoßes erforderlichen und verhältnismäßigen Maßnahmen aufgeben („Abstellungsverfügung“ und positive Tenorierung, Art. 7 Abs. 1 VO 1/2003, § 32 GWB). Daneben können sie Verfahren abschließen, nachdem sie von den betroffenen Unternehmen angebotene Verpflichtungszusagen für verbindlich erklärt haben (Art. 9 VO 1/2003, § 32b GWB) oder feststellen, dass für sie kein Anlass bestehe, tätig zu werden (§ 32c GWB, weitergehend Art. 10 VO 1/2003).
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Die Kartellbehörden sind befugt, vor ihrer Verfügung in der Hauptsache einstweilige Maßnahmen zu verhängen. Nach einer solchen Verfügung können sie, je nach dem, ob eine Beschwerde aufschiebende Wirkung hat, entweder den Sofortvollzug anordnen und damit den Suspensiveffekt aufheben oder die aufschiebende Wirkung anordnen.
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Einstweilige Maßnahmen nach § 32a GWB und der Parallelvorschrift Art. 8 VO 1/2003 kommen in Betracht, wenn während eines Verfahrens vor der Kartellbehörde die Gefahr eines ernsten, nicht wiedergutzumachenden Schadens für den Wettbewerb besteht, beispielsweise der einzige Wettbewerber eines marktbeherrschenden Unternehmens in seiner Existenz bedroht ist.1 Sie zielen nicht auf den Schutz von Individualinteressen. Weiter muss die Kartellbehörde prima facie einen Kartellrechtsverstoß feststellen. Die Anordnungen müssen sich auf das zur Schadensabwendung Unerlässliche beschränken und dürfen die Verfügung der Kartellbehörde in der Hauptsache nicht vorwegnehmen.2 – Einstweilige Anordnungen (§ 60 GWB) sind nur noch in bestimmten Verfahren zulässig.
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Mit der Anordnung des Sofortvollzugs schließt die Kartellbehörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Verfügung, also ihre abschließende Entscheidung, aus (§ 65 Abs. 1 GWB). Aufschiebende Wirkung haben Beschwerden (nur noch) gegen Verfügungen wegen Wettbewerbsregeln, Vorteilsabschöpfung und missbräuchlicher Preisbindung (§ 64 Abs. 1 GWB). Im Übrigen muss das betroffene Unternehmen beim Beschwerdegericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragen (§ 65 Abs. 3–5 GWB). Die Entscheidung berücksichtigt in hohem Maße die Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Hauptsache (§ 65 Abs. 3 Nr. 2 GWB). – Für Entscheidungen der Kommission gelten die Art. 278 f. AEUV. 1 Beispiel bei EuG v. 12.7.1991 – Rs. T-23/90 – Peugeot/Kommission – Rz. 67 ff., Slg. II-653; Bornkamm in Langen/Bunte, § 32a GWB Rz. 2. 2 Bornkamm in Langen/Bunte, § 32a GWB Rz. 4.
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M 19.1
V. Muster Antragsschrift und Schutzschrift
Rz. 58
§ 19
V. Muster Antragsschrift und Schutzschrift
u
Antragsschrift1
19.1 58
Landgericht . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Agentur . . . [Name, Anschrift] – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigte: . . . gegen die . . ., vertreten durch die Geschäftsführer, . . . [Name, Anschrift] – Antragsgegnerin – wegen: Anzeigenauftrags Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – zu erlassen: Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Meidung . . . [Ordnungsgeld/Ordnungshaft] auferlegt, den folgenden Anzeigenauftrag des Kunden Geizlinger zu den jeweils geltenden Vertragsbedingungen anzunehmen und in dem von ihr herausgegebenen Örtlichen Telefonbuch für Musterheim, Ausgabe 2013/2014, zu veröffentlichen: Örtliches Telefonbuch Musterheim, Ortsnetz X, Suchwort: Garten- und Freizeitmarkt Eintrag Nr. . . ., bestehend aus Fettzeile à . . . Euro, Halbzeile à . . . Euro Kosten: . . . Euro ... Begründung: 1. Die Antragstellerin betreibt eine Werbeagentur. Unter anderem gestaltet sie für ihre Kunden Werbung in Telefonbüchern und schaltet Werbeaufträge auf eigene Rechnung bei Telefonbuchverlagen. Anlage AST 1: Eidesstattliche Versicherung vom . . . Die Antragsgegnerin gibt als Telefonbuchverlag das Örtliche Telefonbuch für Musterheim Jahrgang 2013/2014 heraus. Anlage AST 2: Eidesstattliche Versicherung vom . . . 1 Nach LG Düsseldorf v. 14.3.2001 – 34 O (Kart) 22/01, WuW/E DE-R 772.
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§ 19
Rz. 59
M 19.2
Kartellrecht
2. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin mit Auftrag vom . . . die Anzeige des Kunden Geizlinger übermittelt, die ins Örtliche Telefonbuch eingetragen werden sollte. Anlage AST 3: Auftrag vom . . . Dies hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom . . . abgelehnt. Anlage AST 4: Schreiben der Antragsgegnerin . . . Auf telefonische Nachfrage von Frau . . ., einer Mitarbeiterin der Antragstellerin, hat Herr . . ., Prokurist der Antragsgegnerin, in erbostem Ton erklärt, er verbitte sich Aufträge der Antragstellerin, deren Umtriebe der Antragsgegnerin nur Einnahmen koste. . . . [Erörterung der Ablehnungsgründe] Anlage AST 5: Eidesstattliche Versicherung von Frau . . . 3. Die Antragsgegnerin ist als marktbeherrschendes Unternehmen verpflichtet, die Aufträge der Antragstellerin auszuführen. Die Antragsgegnerin ist alleinige Herausgeberin des Örtlichen Telefonbuchs . . . In werbefinanzierten Anzeigenzeitungen Inserate zu schalten, ist für die Antragstellerin keine zumutbare Ausweichmöglichkeit . . .. [Geringe Verbreitung/Bedeutung anderer Telefonverzeichnisse]. Die Ablehnung ist eine Diskriminierung. Die Antragsgegnerin nimmt Aufträge anderer Unternehmen an. Dass die Antragstellerin ihre Kunden dabei berät, Aufwand für Telefonbuchwerbung einzusparen und so für die Antragsgegnerin Umsatzverluste verursacht, hat diese hinzunehmen. . . . 4. Der Redaktionsschluss für das Örtliche Telefonbuch . . . ist am . . . Ohne Veröffentlichung des Auftrags könnten die Antragstellerin und ihr Kunde erst ein Jahr später in der Ausgabe . . . berücksichtigt werden. Daneben drohen der Antragstellerin, für die Telefonbuchwerbung ein Tätigkeitsschwerpunkt ist, bei einer Nichtveröffentlichung gravierende Kundenverluste. Anlage AST 6: Eidesstattliche Versicherung . . . 5. . . . [Abmahnung] . . . [Unterschrift] Rechtsanwalt
u
19.2 59
Schutzschrift
Landgericht . . . Schutzschrift1 In einem möglichen einstweiligen Verfügungsverfahren der Haus Dufte . . . – mögliche Antragstellerin – gegen 1 Anders als im Text geht es hier um die Abwendung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Berufung auf eine Freistellung.
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Scheffler
M 19.2
V. Muster Antragsschrift und Schutzschrift
Rz. 59
§ 19
1. Parfums XY 2. Parfums XY Deutschland – mögliche Antragsgegnerinnen – wegen Belieferung mit Parfums sowie Boykottaufrufs bestelle ich mich zum Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin und beantrage, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, hilfsweise, eine einstweilige Verfügung nicht ohne mündliche Verhandlung zu erlassen. Begründung: 1. Die Antragsgegnerin zu 1 stellt Parfums und Kosmetika der gehobenen Preisklasse her. Sie ist alleinige Gesellschafterin der Antragsgegnerin zu 2, ihrer deutschen Vertriebsgesellschaft. Sie vertreibt ihre Produkte in einem geschlossenen selektiven Vertriebssystem auf der Grundlage eines Depotvertrages. AG1: Vertrag vom . . . Der Depotvertrag sieht vor, dass der Depositär die Produkte der Antragsgegnerin nur in zugelassenen Niederlassungen verkaufen darf (§ . . .) und dass Hersteller wie Depositäre die Produkte außer an Endverbraucher nur an zugelassene Depositäre veräußern dürfen. . . . Außerdem sollen die Depositäre mit den Erzeugnissen der Antragsgegnerin einen Umsatz von mindestens . . . Euro im Jahr erzielen müssen (§ . . .). Die Antragsgegnerin streben an, im Interesse der Exklusivität und der besonderen Aura ihrer Erzeugnisse nicht mehr als . . . Verkaufsstätten je Einwohner zu beliefern (Präambel des Vertrages, . . .). 2. Die Antragstellerin betreibt eine kleine Parfümerie in . . . Seit . . . versucht sie, in das Vertriebssystem der Antragsgegnerin aufgenommen zu werden. Sie beruft sich auf eine angebliche Lieferpflicht der Antragsgegnerin wegen Spitzenstellung ihrer Kosmetika. AG2: Korrespondenz zwischen der Antragsgegnerin zu 2 und der Antragstellerin zwischen . . . und . . . 3. Die Antragstellerin hat nunmehr die Antragsgegnerin zu 2 mit Fristsetzung bis . . . aufgefordert, ihr . . . zu liefern. Angesichts des großen Erfolgs der Kreation . . . müsse sie es zwingend führen, da ihr andernfalls schwere Umsatzverluste im Weihnachtsgeschäft drohten und sie Gefahr laufe, in . . . Renommee zu verlieren. Gleichzeitig hat ihr Geschäftsführer, Herr . . ., gegenüber der Vertriebsleiterin der Antragsgegnerin zu 2 geäußert, er habe bereits gute Drähte zum grauen Markt und könne auch anders. AG3: . . . [Glaubhaftmachung] 4. Die Antragsgegnerin zu 2 hat daraufhin ihre Depositäre und Zwischenhändler aufgefordert, gemäß dem Depotvertrag und in Einklang mit dem EU-Kartellrecht der Antragstellerin keine Antragsgegnerin-Ware zu verkaufen. Sie hat von Herrn . . ., einem Depositär in . . ., erfahren, dass der bereits genannte Geschäftsführer, Herr . . ., sehr zornig eine Besprechung verlassen und mit seinen Anwälten gedroht habe, als Herr . . . ihm die Aufforderung der Antragsgegnerin zu 2 angedeutet habe. Scheffler
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§ 19
Rz. 59
Kartellrecht
M 19.2
AG4: . . . [Glaubhaftmachung] 5. Die Antragsgegnerinnen müssen nun davon ausgehen, dass die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung gegen sie beantragt. 6. Ansprüche der Antragstellerin auf Belieferung sind unbegründet. Das selektive Vertriebssystem der Antragsgegnerinnen ist, wenn es überhaupt spürbar den Wettbewerb beschränkt, jedenfalls nach Art. 2 VO (EU) 330/2010 freigestellt. Die Antragsgegnerinnen haben auf dem inländischen Markt für Luxusparfums einen Marktanteil von deutlich unter 30 %, eher nur . . . bis . . . %. [Marktabgrenzung nach deutscher und europäischer Praxis; Hinweise auf Entscheidungen und Ausführungen in Tätigkeitsberichten] Das kann anhand der . . .-Statistik und der Studie . . . des renommierten Instituts . . . sowie einer von der Antragsgegnerin zu 2 in Auftrag gegebenen repräsentativen Befragung der . . . Economic Consultants glaubhaft gemacht werden. Die Kommission hat in ihrer Fusionskontrollpraxis stets . . ., . . ., . . . und . . . als die führenden Wettbewerber festgestellt. Selbst der Marktführer erzielt lediglich Marktanteile von 18 % (BGH v. . . .). Danach ist der Antragsgegnerin selbst eine quantitative Selektion erlaubt . . . AG 5: . . . [Kopien der Entscheidungen/Fundstellen sowie der Studie, oder aussagekräftige Auszüge] 7. Die Antragstellerin wird bereits von den Herstellern . . ., . . . und . . . beliefert. Dadurch hat sie ein konkurrenzfähiges Sortiment. In . . . werden die der Antragstellerin mindestens gleich zu achtenden Parfümerien . . ., . . . und . . . auch nicht beliefert und führen deren Ware nicht. Es ist schon deshalb nicht ersichtlich, warum die Antragstellerin zwingend auf die Erzeugnisse der Antragsgegnerinnen angewiesen sein soll. Jedenfalls kann die Antragstellerin darauf verwiesen werden, mögliche Ansprüche gegen die Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren geltend zu machen. AG6: . . . [Glaubhaftmachung, z.B. eidesstattliche Versicherung] 8. Schließlich hat die Antragsgegnerin zu 2 ihre Depositäre lediglich auf deren Vertragspflichten hingewiesen. Das ist keine unbillige Beeinträchtigung im Sinne des § 21 Abs. 1 GWB. Insofern fehlt es schon an einem Verfügungsanspruch. . . . [Unterschrift] Rechtsanwalt
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§ 20 Urheberrecht Inhaltsübersicht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen . . . 1. Zuständigkeit der Gerichte . . . a) Sachliche und funktionelle Zuständigkeit . . . . . . . . . b) Örtliche Zuständigkeit . . . . 2. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . 3. Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . a) Verfügungsgrund . . . . . . . b) Verfügungsanspruch . . . . . 4. Aktivlegitimation/Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktivlegitimation . . . . . . . b) Passivlegitimation . . . . . . III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Urheberrechtsverletzungen 1. Überblick . . . . . . . . . . . . .
1 5 6 7 12 15 16 17 19 24 26 35
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2. Unterlassungsansprüche a) Anspruchsvoraussetzungen . b) Anspruchsdurchsetzung aa) Abmahnung . . . . . . . . bb) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 3. Auskunftsansprüche a) Überblick . . . . . . . . . . . . b) Anspruchsinhalt und -voraussetzungen . . . . . . . . . . . . c) Anspruchsdurchsetzung . . . d) Auskunftsansprüche gegen Dritte . . . . . . . . . . . . . . 4. Besichtigungsanspruch a) Überblick . . . . . . . . . . . . b) Anspruchsinhalt/Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . c) Anspruchsdurchsetzung . . . 5. Weitere Ansprüche im einstweiligen Verfügungsverfahren . . .
42 46 49 53 54 57 64 66 69 71 74
Literatur: Ahrens (Hrsg.), Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009; Fromm/Nordemann, Urheberrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2008; Grün, Der Ausschluss der Unterlassungsklage und des vorläufigen Rechtsschutzes in urheberrechtlichen Verträgen, ZUM 2004, 733; Klaka, Persönliche Haftung des gesetzlichen Vertreters für die im Geschäftsbetrieb der Gesellschaft begangenen Wettbewerbsverstöße und Verletzungen von Immaterialgüterrechten, GRUR 1988, 729; Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb UWG, 30. Aufl. 2012; Mes, Münchener Prozessformularbuch, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht und Presserecht, 3. Aufl. 2009; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2010; Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, Kommentar, 3. Aufl. 2009; Sieber/Höfiger, Drittauskunftsansprüche nach § 101a UrhG gegen Internetprovider zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, MMR 2004, 575.
I. Einführung Im Urheberrecht spielt der einstweilige Rechtsschutz keine überragende Rolle wie beispielsweise im Wettbewerbs- oder Presserecht. Dies liegt daran, dass die Sachverhalte im Urheberrecht unterschiedlicher als in den vorgenannten Rechtsgebieten gelagert sind. Ist der Sachverhalt einer Urheberrechtsverletzung einfacher Natur, bietet es sich an, eine endgültige Klärung der Angelegenheit im einstweiligen Rechtsschutz zu suchen. Handelt es sich dagegen um schwierige Sachverhalte und Rechtsfragen, wie es beispielsweise im Bereich des Plagiatsvorwurfs häufig der Fall sein kann, bietet sich der einstweilige Rechtsschutz Oelschlägel
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§ 20
Rz. 2
Urheberrecht
nicht zur Rechtsklärung an. Abgesehen davon, dass solche Fälle im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht hinreichend geklärt werden können, ist zu bedenken, dass ein kurzfristiger Erfolg durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung immer mit dem Risiko der Schadenersatzhaftung gemäß § 945 Abs. 2 ZPO verbunden ist, wenn es später zur endgültigen Aufhebung der einstweiligen Verfügung kommt. 2
Wie üblich, kann sich auch im Urheberrechtsbereich der einstweilige Rechtsschutz grundsätzlich nur auf Ansprüche beziehen, die noch nicht auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sind. Dies ist in erster Linie die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gerichtet auf die Untersagung der Nutzung bestimmter persönlich geistiger Schöpfungen. Vom Gesetzgeber ist allerdings schon vor Längerem erkannt worden, dass bei urheberrechtlichen Streitigkeiten im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes die Begrenzung auf Unterlassungsansprüche nicht ausreichend ist. Daher ist mit dem Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie mit Wirkung vom 1.7.1990 der § 101a in das Urheberrechtsgesetz eingeführt worden.1 Diese Vorschrift gewährt dem Verletzten eines Urheberrechts einen Anspruch auf bestimmte Auskünfte, die auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können (vgl. § 101a Abs. 3 UrhG). Die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hat in der Praxis bereits zu einer deutlichen Stärkung der Rechte des Urhebers geführt.
3
Die Rechte des Urhebers im einstweiligen Rechtsschutz sind mit der „Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums“, der so genannten „Enforcement-Richtlinie“ weiter gestärkt worden.2 Die Richtlinie 2004/48/EG ist durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 in deutsches Recht umgesetzt worden.3 Zu den bisherigen Ansprüchen auf Unterlassung und Auskunft, die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können, ist ein Anspruch auf Auskunft gegen Dritte sowie ein Anspruch auf Besichtigung einer Sache und Vorlage einer Urkunde hinzugetreten. Ferner wird dem Urheber beim Bestehen eines offensichtlichen Schadenersatzanspruchs auch zugestanden, zur Beweissicherung des Schadenersatzanspruchs gewisse Unterlagen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu sichern. Der vorläufige Rechtsschutz hat im Urheberrecht mit diesen Erweiterungen weiter an Bedeutung gewonnen.
4
Nachfolgend wird unter Rz. 5 ff. zunächst auf einige Verfahrensfragen sowie Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen eingegangen, die für alle urheberrechtlichen Ansprüche, die im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können, von Bedeutung sind. Unter Rz. 37 ff. werden die einzelnen Ansprüche näher beleuchtet.
1 ProduktpiraterieG v. 7.5.1990, BGBl. I 1990, 422. 2 ABl. EU Nr. L 195 v. 2.6.2004, 16 – „Enforcement-Richtlinie“. 3 BGBl. I 2008, 1191.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 8
§ 20
II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen Urheberrechtliche Streitigkeiten weisen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einige Besonderheiten bei den Verfahrensfragen sowie den allgemeinen Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen auf, die nachfolgend näher beleuchtet werden. Rechtsweg und Gerichtszuständigkeit sind vorrangig und für alle Ansprüche klärungsbedürftige Punkte. Das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses beim Antragsteller/Verfügungskläger ist allgemeine Prozessvoraussetzung und kann in einigen Fallkonstellationen fehlen. Ferner muss als prozessuale Voraussetzung einer einstweiligen Verfügung ein Verfügungsgrund (Dringlichkeit) und als materiell-rechtliche Voraussetzung ein Verfügungsanspruch vorliegen. In Bezug auf den Verfügungsanspruch ist klärungsbedürftig, wer anspruchsberechtigt (aktiv legitimiert) und wer anspruchsverpflichtet (passiv legitimiert) sein kann.
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1. Zuständigkeit der Gerichte § 104 UrhG bestimmt, dass für alle Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der in dem Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Urheberrechtsstreitsachen), der ordentliche Rechtsweg gegeben ist.
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a) Sachliche und funktionelle Zuständigkeit Die sachliche Gerichtszuständigkeit in Urheberrechtsstreitigkeiten richtet sich – wie auch sonst üblich – nach dem Streitwert. Überwiegend wird die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben sein, da der Streitwert für urheberrechtliche Unterlassungsansprüche in den meisten Fällen 5 000 Euro übersteigt (vgl. §§ 23, 74 GVG).
7
Soweit im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nur Auskunftsansprüche oder Besichtigungsansprüche oder die so genannten Beweissicherungsansprüche geltend gemacht werden, könnte durchaus die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte fraglich sein, wenn die Streitwerte für die vorgenannten Ansprüche entsprechend den Grundsätzen im gewerblichen Rechtsschutz angesetzt werden. Haben allerdings die Auskunftsansprüche eine selbständige Bedeutung, d.h. sind sie nicht nur als Vorbereitung zur Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs geeignet, haben diese einen von der Bewertung eines Schadenersatzanspruchs unabhängigen Streitwert, der sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Rechtsverfolgung bemisst.1 Bei Klage auf Auskunft oder Rechnungslegung zur Vorbereitung eines bezifferten Schadenersatzanspruchs, wie es beispielsweise bei dem Anspruch zur Sicherung von Schadenersatzansprüchen nach § 101b UrhG n.F. der Fall ist, wird im gewerblichen Rechtsschutz bislang nur ein Bruchteil der Schadenshöhe als Streitwert angesetzt, und zwar zwischen 1/10 und 1/4 der Schadenshöhe.2
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1 Ausführlich hierzu Berneke in Ahrens, Kap. 40 Rz. 59 ff. 2 Berneke in Ahrens, Kap. 40 Rz. 53.
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§ 20
Rz. 9
Urheberrecht
9 " Praxistipp: Es sollte versucht werden, wenn irgend möglich, einen Streitwert anzusetzen, mit dem die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte begründet ist. Dies bietet eine größere Gewähr dafür, dass über den Streitfall mit entsprechender Sachkenntnis entschieden wird.1 10
Nach § 105 UrhG sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Urheberrechtsstreitigkeiten auf bestimmte Land- und Amtsgerichte zu konzentrieren. Von dieser Zuständigkeitskonzentration haben die meisten Bundesländer Gebrauch gemacht.2
11
Die Nichtbeachtung der Zuständigkeitsregelung hat allerdings keine nachteiligen Folgen. Die bei einem nicht spezialisierten Gericht erhobene Klage wird von Amts wegen an das für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständige Gericht abgegeben. b) Örtliche Zuständigkeit
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Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO (vgl. §§ 12 ff. ZPO). § 105 UrhG wirkt sich auf die örtliche Zuständigkeit nur in der Weise aus, dass für manche Gerichte räumlich erweiterte Bezirke geschaffen worden sind. Das bedeutet, dass die örtliche Zuständigkeit immer dort begründet ist, wo der Rechtsverletzer seinen allgemeinen Wohnsitz hat bzw. eine juristische Person den Sitz ihres Unternehmens.
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Neben dem allgemeinen Gerichtsstand hat bei Urheberrechtsstreitigkeiten für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auch § 32 ZPO Bedeutung. Nach § 32 ZPO wird die Verfolgung unerlaubter Handlungen überall dort zugelassen, wo sie begangen wurden. Urheberrechtsverletzungen sind stets unerlaubte Handlungen.3 Die Überschreitung vertraglich eingeräumter Nutzungsberechtigungen stellt also nicht nur eine Vertragsverletzung dar, sondern zugleich auch eine unerlaubte Handlung. Bei der Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe durch Sendung wird beispielsweise die Rechtsverletzung überall dort begangen, wo das Werk nach dem Willen des Verbreiters der Öffentlichkeit angeboten oder die Sendung empfangen werden sollte.4 Urheberrechtsverletzungen im Internet begründen jeden Gerichtsstand in der Bundesrepublik Deutschland, wenn der Abruf der Internetseite zumindest auch für das allgemeine deutsche Publikum vorgesehen ist. Der Sitz des Verletzten begründet im Übrigen nicht den Gerichtsstand des Begehungsortes.5
1 Zwar sieht § 105 Abs. 2 UrhG vor, dass die Landesregierung auch dazu ermächtigt ist, durch Rechtsverordnung die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden Urheberrechtsstreitigkeiten für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte einem von ihnen zuzuweisen, jedoch kann beim Landgericht in einer Kammerbesetzung grundsätzlich von einer höheren Sachkompetenz ausgegangen werden. 2 Ein Überblick über die Zuständigkeit in den einzelnen OLG-Bezirken befindet sich bei Wild in Schricker/Loewenheim, § 105 UrhG Rz. 3. 3 Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, § 105 UrhG Rz. 7. 4 Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, § 105 UrhG Rz. 8 u. 11. 5 BGH v. 14.5.1969 – I ZR 24/68, BGHZ 52, 108 (111).
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 16
§ 20
" Praxistipp: Wie im gewerblichen Rechtsschutz besteht auch im Urheber- 14 rechtsbereich eine gewisse Gerichtsstandswahl. Dies kann insbesondere für einen Prozess im einstweiligen Rechtsschutz von Bedeutung sein. Zunächst sollte daher überlegt werden, ob die nach den allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung festgestellte örtliche Gerichtszuständigkeit den Rechtsstreit zu einem gewünschten Gerichtsstand führt. Erst, wenn dies nicht der Fall ist, bietet es sich an, zu prüfen, ob über die Feststellung des Begehungsortes der Urheberrechtsverletzung eine für die Partei vorteilhaftere örtliche Zuständigkeit in Betracht kommt.
2. Rechtsschutzbedürfnis Das Rechtsschutzbedürfnis ist allgemeine Prozessvoraussetzung und kann beim einstweiligen Rechtsschutzverfahren in einigen Konstellationen fehlen. Es besteht regelmäßig dann, wenn die berechtigten Ansprüche des Verletzten noch nicht vom Rechtsverletzer endgültig befriedigt worden sind. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs fehlt regelmäßig nur dann, wenn der Rechtsverletzer bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Das Rechtsschutzbedürfnis für Auskunftsansprüche besteht regelmäßig dann nicht, wenn dem Auskunftsberechtigten die Auskünfte bereits vorliegen, beispielsweise durch entsprechende Unterlagen oder Dokumente. Bei den Ansprüchen auf Urkundenvorlage und Besichtigungsduldung sowie den Beweissicherungsansprüchen für etwaige Schadenersatzansprüche liegt das Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls nur in sehr seltenen Ausnahmefällen nicht vor. Beispielsweise könnte dies der Fall sein, wenn dem Antragssteller die betreffende Urkunde oder die Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen bereits vorliegen oder er die zu besichtigende Sache bereits besichtigen konnte.
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3. Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch Vorläufiger Rechtsschutz im Urheberrecht bedeutet vornehmlich, den Erlass von einstweiligen Verfügungen zu beantragen. Jede einstweilige Verfügung hat eine prozessuale Voraussetzung, den Verfügungsgrund (Dringlichkeit), und eine materiell-rechtliche, den Verfügungsanspruch (vgl. §§ 935, 940, 936 i.V.m. 916 ff. ZPO).1 Beide Voraussetzungen müssen im Einzelfall gegeben sein und vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden (§ 920 Abs. 2 ZPO). Für die Durchsetzbarkeit des Auskunftsanspruchs im einstweiligen Verfügungsverfahren wird dabei die Grundregel durchbrochen, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren nur eine vorläufige Regelung herbeigeführt werden darf. Denn eine einmal erteilte Auskunft ist nicht wieder rückgängig zu machen. Dies hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen.
1 Näher hierzu, Schmukle in Ahrens, Kap. 44 Rz. 1 ff.
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16
§ 20
Rz. 17
Urheberrecht
a) Verfügungsgrund 17
Der Verfügungsgrund ist die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Sache. Er muss grundsätzlich von dem Antragsteller im einstweiligen Verfügungsverfahren dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Dies gilt nach h.M. für alle Ansprüche nach dem Urheberrechtsgesetz, die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden können.1 Die Zeitspanne, innerhalb der der Betroffene bei positiver Kenntnis von einer Urheberrechtsverletzung Ansprüche durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtlich geltend machen muss, um noch den Anforderungen der Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit zu genügen, wird von den einzelnen Oberlandesgerichten auch bei Urheberrechtsverletzungen entsprechend den beim Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätzen beurteilt. Sie liegt daher zwischen einem Monat bei den Oberlandesgerichten Hamm, Jena, Karlsruhe, München, Nürnberg und Saarbrücken und bis zu sechs Monaten bei den Oberlandesgerichten Brandenburg, Frankfurt a.M. und Hamburg.2
18 " Praxistipp: Die Prüfung der Erfolgsaussichten für einen einstweiligen Verfügungsantrag sollte immer damit beginnen, welche Anforderung das entsprechende Oberlandesgericht an die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit stellt und ob diese noch einzuhalten ist. b) Verfügungsanspruch 19
Der Verfügungsanspruch bemisst sich nach materiellem Recht. Für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs muss daher eine Urheberrechtsverletzung glaubhaft gemacht werden. Gleiches gilt für die Folgeansprüche auf Auskunft, auf Besichtigung einer Sache und Vorlage einer Urkunde sowie bei Ansprüchen auf Beweissicherung gewisser Unterlagen zur Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs. Im Gegensatz zum Unterlassungs- und Besichtigungsanspruch, bei denen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Urheberrechtsverletzung ausreichend ist, um diese im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes stattzugeben, muss für den Auskunfts- und Beweissicherungsanspruch das Vorliegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung glaubhaft gemacht werden. Wahrscheinlichkeit genügt in diesem Fall nicht mehr. In der Praxis hat dies zur Konsequenz, dass lediglich bei einfachen und klar gelagerten Sachverhalten Auskunfts- und Beweissicherungsansprüche im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchgesetzt werden können, weil nur in diesen Fällen eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegen kann. In allen Fällen, in denen 1 KG v. 3.12.2002 – 5 U 245/02, NJW-RR 2003, 1126 (1127); OLG Hamburg v. 4.2.2002 – 5 U 106/01, GRUR-RR 2002, 249; KG v. 27.2.1996 – 5 U 8281/95, GRUR 1996, 974; OLG Frankfurt v. 5.1.1989 – 6 W 1/89. GRUR 1989, 227; Köhler in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 3.14; nach a.A. soll auch auf urheberrechtliche Unterlassungsansprüche der Rechtsgedanke aus dem UWG analog angewendet werden, wonach eine Glaubhaftmachung entfallen würde (OLG Karlsruhe v. 13.6.1994 – 6 U 52/94, NJW-RR 1995, 176, allerdings zur Regelung im alten UWG) – ob diese Ansicht angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 12 Abs. 2 UWG heute noch vertreten würde, darf bezweifelt werden. 2 Schmukle in Ahrens, Kap. 45 Rz. 43 f.; im Jahr 2007 hat sich auch das OLG Karlsruhe v. 25.4.2007 – 6 U 43/07, ZUM-RD 2007, Heft 7, der Ein-Monats-Frist angeschlossen.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 24
§ 20
entweder der Sachverhalt klärungsbedürftig ist und/oder schwierigere Rechtsfragen im Raum stehen, liegt keine offensichtliche Rechtsverletzung vor. Der Unterlassungsanspruch bei Urheberrechtsverletzungen und verwandten Schutzrechten richtet sich nach § 97 UrhG. Urheberrechtlich geschützt sind persönliche geistige Schöpfungen. Hierzu zählen insbesondere die klassischen Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst, wie sie in § 2 UrhG aufgelistet sind. Urheberrechtlich geschützt sind aber auch Computerprogramme, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a UrhG).
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§ 101a UrhG gewährt einen Anspruch auf Auskunft hinsichtlich Dritter. Dieser Verfügungsanspruch bestand bereits vor der Umsetzung der EnforcementRichtlinie. Seit der Umsetzung der Enforcement-Richtline in deutsches Recht ergeben sich aus dem Urheberrechtsgesetz weitergehende Ansprüche auf Auskunft, die im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können. Hierzu zählen Auskunftsansprüche gegen Personen, die im gewerblichen Ausmaß mit der Urheberrechtsverletzung zu tun hatten (vgl. § 101 Abs. 2 UrhG).1
21
Der Besichtigungsanspruch war bis zur Umsetzung der Enforcement-Richtlinie nach § 809 BGB geltend zu machen. Nunmehr ist der Anspruch auf Duldung der Besichtigung einer Sache sowie auf Vorlage einer Urkunde (vgl. § 101a Abs. 1, 3 UrhG) ebenso wie der Beweissicherungsanspruch (vgl. § 101b Abs. 1, 3 UrhG) im Urheberrechtsgesetz festgeschrieben.
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Schließlich wird das Recht am eigenen Bild noch über das Kunsturheberrechtsgesetz gewährt.2 Das Recht am eigenen Bild stellt ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB dar. Unterlassungsansprüche, die das Recht am eigenen Bild betreffen, wären daher nicht über § 97 UrhG, sondern über die §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB geltend zu machen.
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4. Aktivlegitimation/Passivlegitimation Aktiv- bzw. Passivlegitimation betreffen die materiell-rechtliche Frage, wem der jeweilige Anspruch zusteht bzw. gegen wen sich der Anspruch zu richten hat, also wer anspruchsberechtigt bzw. anspruchverpflichtet ist. Die fehlende
1 Nach § 101 Abs. 2 UrhG besteht ein Auskunftsanspruch auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß 1. rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte, 2. rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, 3. für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder 4. nach den Angaben einer in Nr. 1, 2 oder 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstiger Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war, es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383–385 ZPO im Prozess gegen den Rechtsverletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. 2 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie v. 9.1.1907, BGBl. III/SNA 440/3.
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§ 20
Rz. 25
Urheberrecht
Aktiv- oder Passivlegitimation führt zur Unbegründetheit des Verfügungsantrags. 25
Ist der Antragsteller/Verfügungskläger Inhaber des geltend gemachten Urheberrechts, fallen Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis zusammen. In diesem Fall steht dem Antragsteller/Verfügungskläger unproblematisch das Recht zu, den jeweiligen Anspruch im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. In den Fällen, in denen der Antragsteller/Verfügungskläger nicht oder nicht alleiniger Inhaber des geltend gemachten Urheberrechts ist, muss zur berechtigten Geltendmachung des Verfügungsanspruchs eine gesetzliche oder gewillkürte Prozessstandschaft vorliegen.1 a) Aktivlegitimation
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Die Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Urheberrechtsverletzungen nach § 97 UrhG und von urheberrechtlichen Auskunfts-, Besichtigungs- und Beweissicherungsansprüchen sowie Ansprüchen nach dem Kunsturheberrechtsgesetz steht demjenigen zu, dessen Recht verletzt wird.2 Wer dies ist, hängt davon ab, ob der persönlichkeitsrechtliche oder der kommerzielle Teil des Urheberrechts betroffen ist.
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Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ist immer der Urheber bzw. der Inhaber des verwandten Schutzrechts Inhaber des Rechts.3 Nach dem Tod des Urhebers, Verfassers wissenschaftlicher Ausgaben oder Lichtbildners ist sein Erbe oder Vermächtnisnehmer oder einer der Miterben (vgl. §§ 28, 29 UrhG) aktiv legitimiert. Nach dem Tod des ausübenden Künstlers sind dessen Angehörige (vgl. § 76 Satz 4 UrhG) Inhaber der Persönlichkeitsrechte (Nennungsschutz, Entstellungsschutz) und aktiv legitimiert.4 Sind Ansprüche aus dem Kunsturheberrechtsgesetz betroffen, sind wiederum die Angehörigen aktiv legitimiert, da diese Ansprüche zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht zählen.
28 " Praxistipp: Sofern Gegenstand des Rechtsstreit Urheberrechte/verwandte Schutzrechte sind, ist zunächst sorgfältig zu prüfen, um welches der beiden Rechte es geht. Danach ist zu unterscheiden, ob persönlichkeitsrechtliche/ ideelle oder kommerzielle Interessen im Streit stehen. Abhängig davon kann erst bestimmt werden, wer Inhaber des Rechts und zu dessen Durchsetzung befugt ist.5 29
Ist der kommerzielle Bereich des Urheberrechts/verwandten Schutzrechts betroffen, ist Inhaber dieser Rechte originär wiederum der Urheber bzw. Inhaber von Leistungsschutzrechten. Regelmäßig verwerten die Urheber bzw. Inhaber von Leistungsschutzrechten ihre Werke bzw. ihre Leistungen jedoch nicht 1 Ausführlich zur gesetzlichen und gewillkürten Prozessstandschaft in Urheberrechtsfällen Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, vor §§ 97 ff. UrhG Rz. 39 ff. 2 Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, § 97 UrhG Rz. 9 und 127 ff. 3 Wild in Schricker/Loewenheim, § 97 UrhG Rz. 47. 4 Ausführlich zu Aktivlegitimation Wild in Schricker/Loewenheim, § 97 UrhG Rz. 47 f.; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, § 97 UrhG Rz. 11 und 130 sowie § 28 UrhG Rz. 16. 5 BGH v. 1.12.1999 – I ZR 49/97 – „Marlene Dietrich“, NJW 2000, 2195 = BGHZ 143, 214.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 33
§ 20
selbst, sondern räumen Dritten Nutzungsrechte ein. Im Urheberrecht sieht die Rechtsprechung Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte für Ansprüche, die den kommerziellen Bereich betreffen, grundsätzlich als aktiv legitimiert an.1 Einer besonderen Zustimmung des originären Inhabers bedarf es dafür nicht mehr.
" Praxistipp: Der Grundsatz im Urheberrecht, dass der Inhaber eines aus- 30 schließlichen Nutzungsrechts für kommerzielle Ansprüche ebenfalls aktiv legitimiert ist, ist nicht auf andere Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes übertragbar. Dort ist in der Regel der Lizenznehmer, unabhängig davon, ob er Inhaber einer einfachen oder ausschließlichen Lizenz ist, nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechtsinhabers aktiv legitimiert (vgl. beispielsweise § 30 Abs. 3 MarkenG).
Im Zusammenhang mit der Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten stellt sich oftmals die Frage, ob neben dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts auch der Urheber bzw. Inhaber von Leistungsschutzrechten bei Rechtsverletzungen, die den kommerziellen Bereich betreffen, aktiv legitimiert ist.
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Soweit Leistungsschutzrechte betroffen sind, erlischt mit der Übertragung dieser Rechte die Aktivlegitimation des ursprünglichen Rechtsinhabers, also des Inhabers des verwandten Schutzrechts.2 Beim Urheberrecht und entsprechend beim Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben und Lichtbildner kommt es auf den Inhalt der eingeräumten Rechte an. Hat der Urheber ausschließliche Nutzungsrechte an allen Verwertungsrechten übertragen, ist er in der Regel nicht mehr zur Geltendmachung kommerzieller Ansprüche aktiv legitimiert.3 Etwas anderes gilt nur, wenn der Urheber ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche hat. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er nur ein inhaltlich beschränktes Nutzungsrecht übertragen hat oder an dem vom Nutzungsrechtsinhaber gezogenen Nutzungen beteiligt ist.4 Entsprechendes gilt für den Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts, wenn die Rechtsverletzung dessen Unterlizenznehmer betrifft.5
32
Der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts (einfacher Lizenznehmer) ist grundsätzlich nicht aus eigenem Recht aktiv legitimiert.6 Regelmäßig wird
33
1 Vgl. BGH v. 20.12.1994 – X ZR 56/93 – „Kleiderbügel“, BGHZ 128, 220 = GRUR 1995, 338; die Bezeichnung Nutzungsrecht im Urheberrechtsgesetz entspricht weitgehend der Bezeichnung Lizenzrecht im gewerblichen Rechtsschutz. 2 Wild in Schricker/Loewenheim, § 97 UrhG Rz. 48. 3 BGH v. 18.6.1957 – I ZR 39/56 – „Ferien vom Ich“, GRUR 1957, 614. 4 BGH v. 27.11.1956 – I ZR 57/55 – „Europapost“, BGHZ 22, 209; BGH v. 17.6.1992 – I ZR 182/90 – „ALF“, NJW 1992, 2824 = BGHZ 118, 394; Jan Bernd Nordemann in Fromm/ Nordemann, § 97 UrhG Rz. 128; Wild in Schricker/Loewenheim, § 97 UrhG Rz. 48. 5 BGH v. 17.6.1992 – I ZR 182/90 – „ALF“, NJW 1992, 2824 = BGHZ 118, 394 mit Anm. Löwenheim in LM Nr. 8 zur RBÜ; OLG Karlsruhe v. 13.3.1996 – 6 U 270/94 – „Laras Tochter“, ZUM 1996, 810. 6 Wild in Schricker/Loewenheim, § 97 UrhG Rz. 52.
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§ 20
Rz. 34
Urheberrecht
für den einfachen Nutzungsberechtigten aber die so genannte gewillkürte Prozessstandschaft möglich sein.1 34
Für Miturheber gilt die Sonderregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 UrhG und für Künstlergruppen eine weitere Sonderregelung in § 80 Abs. 2 UrhG. Neben den vorgenannten Rechtsinhabern können auch Verwertungsgesellschaften und Verbände zur Durchsetzung von Schrankenbestimmungen nach § 95a UrhG für urheberrechtliche Ansprüche aktiv legitimiert sein.2 b) Passivlegitimation
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Die urheberrechtlichen Ansprüche richten sich gegen denjenigen, der die Rechtsverletzung begangen oder daran teilgenommen hat. Dies hat jeder, dessen Verhalten für die Urheberrechtsverletzung ursächlich gewesen ist, wobei eine von mehreren Ursachen genügt, falls es nicht nach der Lebenserfahrung unwahrscheinlich ist, dass gerade diese Ursache zu einem solchen Erfolg führen konnte.3 Beispielsweise verletzt neben dem Veranstalter einer ungenehmigten Aufführung eines geschützten Werkes auch derjenige Urheberrechte, der die ungenehmigte Aufführung eines geschützten Werkes selbst in Gang gesetzt hat, wie beispielsweise der Dirigent einer Kapelle.
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Juristische Personen können entweder über die Organhaftung nach § 31 BGB oder über § 278 BGB passiv legitimiert sein. 4 Ferner sind sie über § 100 UrhG für Unterlassungs- und Vernichtungsansprüche passiv legitimiert, nicht jedoch für Schadensersatzansprüche.5
III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Urheberrechtsverletzungen 1. Überblick 37
Das Urheberrechtsgesetz gewährt persönlichen geistigen Schöpfungen der Literatur, Wissenschaft und Kunst urheberrechtlichen Schutz. Computerprogramme (Software) können als Sprachwerke urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG genießen. Neben den urheberrechtlichen Leistungen werden auch diejenigen Leistungen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt, die darin liegen, dass bereits vorhandene geistige Gegenstände entdeckt, wieder1 Ausführlich zur Wahrnehmung fremder Rechte im eigenen Namen im Rahmen der so genannten gewillkürten Prozessstandschaft Wild in Schricker/Loewenheim, § 97 UrhG Rz. 55 f. 2 Hierzu ausführlich Wild in Schricker/Loewenheim, § 97 UrhG Rz. 59 und 60. 3 Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, § 97 UrhG Rz. 145; nach der Rspr. muss ein so genannter adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem beanstandeten Verhalten und der Rechtsverletzung bestehen – st. Rspr. seit BGH v. 29.5.1964 – Ib ZR 4/63 – „Personalausweise“, BGHZ 42, 118. 4 Ausführlich hierzu Klaka, GRUR 1988, 729. 5 Bei Kapitalgesellschaften ist Unternehmensinhaber im Sinne von § 100 UrhG die juristische Person selbst, nicht der gesetzliche Vertreter; ausführlich hierzu Wild in Schricker/Loewenheim, § 100 UrhG Rz. 2.
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
Rz. 39
§ 20
geben oder realisiert werden, wie beispielsweise die Leistungen von Musikinterpreten, Schauspielern etc. (so genannte verwandte Schutzrechte bzw. Leistungsschutzrechte). Das Kunsturheberrechtsgesetz schützt dagegen, etwas artfremd, nicht etwa Lichtbildner, sondern Personen davor, dass widerrechtlich von ihnen Bildnisse hergestellt und/oder verbreitet werden. Betroffene von Urheberrechtsverletzungen haben regelmäßig den Wunsch, dass diese sofort unterbunden werden. Der Unterlassungsanspruch ist daher der wichtigste Anspruch im einstweiligen Rechtsschutz. Ferner kann es für eine effektive Rechtsverfolgung bei einer Schutzrechtsverletzung erforderlich sein, bereits im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes bestimmte Auskünfte über die Herkunft und den Vertriebsweg von Vervielfältigungsstücken zu erhalten. Dies ist nach der bisherigen Rechtslage auch möglich. Neu hinzugetreten sind mit der Umsetzung der Enforcement-Richtline in deutsches Recht Auskunfts-, Besichtigungs- und Beweissicherungsansprüche, die unter gewissen Voraussetzungen ebenfalls im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können.
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Vom Verfahrensablauf unterscheidet sich der einstweilige Rechtsschutz in Urheberrechtsangelegenheiten nicht wesentlich vom einstweiligen Rechtsschutz in anderen Rechtsgebieten des gewerblichen Rechtsschutzes. Bei Feststellung einer Urheberrechtsverletzung muss sich der Betroffene zunächst die Frage stellen, ob er im Wege einer Abmahnung gegen den vermeintlichen Rechtsverletzer vorgeht oder mit dem Risiko der Kostentragung sofort eine einstweilige Verfügung beim zuständigen Gericht beantragt. Wird abgemahnt und die begehrte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, ist mit Ausnahme der teilweise stattfindenden Streitigkeiten über die Höhe der zu tragenden Kosten die Angelegenheit beendet. Wird auf die Abmahnung nicht oder nicht mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung reagiert, muss der Betroffene entscheiden, ob er eine einstweilige Verfügung beantragt. Die einstweilige Verfügung ist der Kern des einstweiligen Rechtsschutzes. Der vermeintliche Rechtsverletzer wiederum muss entscheiden, ob er sich gegen den angekündigten Angriff des Betroffenen mit der Hinterlegung einer Schutzschrift bei den zuständigen Gerichten wehrt. Wird die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen, muss der vermeintliche Rechtsverletzer nach ordnungsgemäßer Zustellung der einstweiligen Verfügung entscheiden, ob er gegen diese Widerspruch erhebt. Will er dies nicht und die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkennen, kann er bereits von sich aus eine so genannte Abschlusserklärung abgegeben, mit der er die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkennt und auf die Rechte nach den §§ 924, 925 und 927 ZPO verzichtet. Reagiert er nicht von selbst, muss er damit rechnen, nach 14 Tagen zur Abgabe einer Abschlusserklärung aufgefordert zu werden. Mit dem Aufforderungsschreiben zur Abgabe einer Abschlusserklärung sind weitere Kosten verbunden. Wird dagegen gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch erhoben, wird Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht anberaumt und am Ende der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung durch Urteil gefällt. Gegen das Urteil kann wiederum Berufung eingelegt werden.
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§ 20 40
Rz. 40
Urheberrecht
Häufig enthalten Verträge mit urheberrechtlichem Bezug eine Klausel, mit der der Urheber/Leistungsschutzschaffende den Verzicht auf sein Antragsrecht im einstweiligen Rechtsschutz erklärt. Eine solche vertragliche Vereinbarung kann nach § 138 Abs. 1 BGB wegen des Verstoßes gegen das Verbot sittenwidriger Rechtsgeschäfte nichtig sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der durch den Verzicht beschränkten Partei unabhängig von der Schwere einer Rechtsverletzung die Möglichkeit genommen wird, ihre Rechte effektiv gerichtlich durchzusetzen.1
41 " Praxistipp: Vor der Geltendmachung von Ansprüchen im einstweiligen Verfügungsverfahren sollten sehr genau die vollständigen vertraglichen Unterlagen, die zwischen dem Anspruchsteller und dem Anspruchsgegner bestehen könnten, angesehen werden. Nicht selten findet sich in diesen Vertragsunterlagen ein entsprechender Verzicht auf die Beantragung einer einstweiligen Verfügung. Ist ein solcher Antragsverzicht vereinbart, muss geprüft werden, ob dieser als Teil der Vertragsvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein könnte und somit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht an diesem Teil der Vertragsvereinbarung scheitern wird.
2. Unterlassungsansprüche a) Anspruchsvoraussetzungen 42
Voraussetzung für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf die Unterlassung einer Urheberrechtsverletzung ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes (Dringlichkeit) und eines Verfügungsanspruchs. Beide Voraussetzungen müssen vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden (§ 920 Abs. 2 ZPO).
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Beim Verfügungsanspruch ist zu prüfen, ob eine objektiv rechtswidrige Verletzungshandlung vorliegt und Begehungsgefahr besteht.2 Begehungsgefahr setzt das Vorliegen einer so genannten Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr voraus. Die Rechtsprechung bejaht die Erstbegehungsgefahr bei allen vorbereitenden Maßnahmen, die einen künftigen Eingriff nahelegen.3 Es genügt also, wenn der potenzielle Rechtsverletzer im Begriff ist, die Rechtsverletzung zu begehen, beispielsweise dadurch, dass er eine widerrechtliche Buchveröffentlichung, Aufführung etc. bereits angekündigt hat.
1 LG München I v. 24.2.2000 – 7 O 21058/99, ZUM 2000, 414 zum Verzicht des Filmregisseurs auf das Recht zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung; differenzierend Grün, ZUM 2004, 733 (735 f.). 2 Begehungsgefahr bedeutet, dass eine hinreichend konkrete Gefahr einer zukünftigen Rechtsbeeinträchtigung vorliegt, BGH v. 26.4.1990 – I ZR 99/88 – „Anzeigenpreis II“, NJW 1990, 2469; Dies ist gegeben, wenn entweder Erstbegehungsgefahr oder Wiederholungsgefahr gegeben ist. Liegt Erstbegehungsgefahr vor, wird häufig vom so genannten vorbeugenden Unterlassungsanspruch gesprochen. 3 BGH v. 29.5.1964 – Ib ZR 4/63 – „Personalausweise“, BGHZ 42,118; BGH v. 17.7.2003 – I ZR 259/00 – „Paperboy“, GRUR 2003, 958 = NJW 2003, 3406.
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
Rz. 47
§ 20
" Praxistipp: Die Erstbegehungsgefahr kann regelmäßig durch die Erklärung 44 ausgeräumt werden, dass die Rechtsauffassung des Rechtsinhabers berücksichtigt wird und sich der Erklärende verpflichtet, die gerügten Handlungen zu unterlassen.1 Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
Auch bei Urheberrechtsverletzungen besteht in aller Regel Wiederholungsgefahr, wenn eine entsprechende Rechtsverletzung bereits begangen wurde.2 Die Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Anders als bei der Ausräumung der Erstbegehungsgefahr genügt also die Abgabe einer einfachen Unterlassungserklärung nicht. Nur unter ganz besonderen Umständen ist die Wiederholungsgefahr zu verneinen. Dies ist der Fall, wenn eine weitere Rechtsverletzung nur theoretisch möglich erscheint.3
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b) Anspruchsdurchsetzung aa) Abmahnung Mit der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie in deutsches Recht4 ist mit § 97a UrhG eine Regelung zur Abmahnung in das Urheberrechtsgesetz aufgenommen worden. Nach § 97a Abs. 1 UrhG gilt in urheberrechtlichen Angelegenheiten nunmehr der gesetzlich normierte Grundsatz, dass vor der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, der Rechtsinhaber den Rechtsverletzer abmahnen und diesen auffordern sollte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sowie ggf. weitere Erklärungen abzugeben. Eine Verpflichtung des Rechtsinhabers zur Abmahnung besteht aber weiterhin nicht5. Es besteht für ihn nur im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses durch den Rechtsverletzer die Gefahr, dass er die Kosten des von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens zu tragen hat.
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In Urheberrechtsstreitigkeiten kann beim Vorliegen besonderer Umstände jedoch die grundsätzlich erforderliche Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich sein. Dies ist der Fall, wenn die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vom Rechtsverletzer nicht zu erwarten oder dem Rechtsinhaber eine Abmahnung aus anderen Gründen unzumutbar war. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn im Wege der einstweiligen Verfügung neben dem Unterlassungsanspruch auch ein Anspruch auf Sequestration der verletzenden Verviel-
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1 BGH v. 9.10.1986 – I ZR 158/84 – „Berühmung“, GRUR 1987, 125, BGH v. 31.5.2001 – I ZR 106/99 – „Berühmungsaufgabe“, GRUR 1987, 125. 2 BGH v. 6.7.1954 – I ZR 38/53 – „Constanze II“, BGHZ 14, 163, BGH v. 17.11.1969 – I ZR 87/59 – „Familie Schölermann“, GRUR 1961, 138 (140). 3 BGH v. 4.12.1956 – I ZR 106/55 – „Klasen-Möbel“, GRUR 1957, 348; KG Berlin v. 16.3.1956 – 5 U 1911/55 – „Karpfharmerfest“, GRUR 1957, 45; v. Wolf in Wandke/Bullinger, § 97 UrhG Rz. 36. 4 Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008, BGBl. I 2008, 1191. 5 Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, § 97a UrhG Rz. 2.
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fältigungsstücke oder Vorrichtungen (§ 119 UrhG) geltend gemacht wird.1 In der Literatur wird zudem teilweise die Ansicht vertreten, dass eine Abmahnung auch in Fällen besonderer Dringlichkeit entbehrlich sein kann.2 Angesichts der heute zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel hat diese Argumentation bei der aktuelleren Rechtsprechung jedoch kein Gehör gefunden.3 48
Mit den bisherigen Argumenten lässt sich auch begründen, dass bei der Geltendmachung der Ansprüche auf Besichtigung einer Sache und Vorlage einer Urkunde nach § 101a UrhG eine Abmahnung entbehrlich sein könnte. Denn durch eine vorherige Abmahnung könnte der Rechtsverletzer diese Ansprüche faktisch ins Leere laufen lassen. bb) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
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Soll ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt werden, müssen die vorangestellten allgemeinen und besonderen Prozess-, Verfahrens- und Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Bei der Abfassung des Verfügungsantrages ist besondere Sorgfalt auf den Antrag selbst zu verwenden. Für die erfolgreiche und nachhaltige Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen kommt der konkreten Formulierung des Unterlassungsantrags entscheidende Bedeutung zu. In prozessualer Hinsicht ist auf einen hinreichend bestimmten und in materiell-rechtlicher Hinsicht auf eine nicht zu weitgehende Formulierung des Antrages zu achten.4
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Ein Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er die zu untersagende Handlung eindeutig beschreibt und der dem Antrag folgende Tenor des Urteils eine geeignete Grundlage für das Vollstreckungsverfahren bildet.5 Ein Antrag ist grundsätzlich auch dann hinreichend bestimmt, wenn in der Antragsschrift auf eine beigefügte und eindeutig gekennzeichnete Abbildung, einen Datenträger (z.B. CDs, CD-ROMs, Videokassetten) oder sonstige Anlagen (z.B. Veröffentlichungen, Bücher) verwiesen wird.6 Aus den in Bezug genommenen Anlagen muss sich aber der Inhalt des Unterlassungsbegehrens ohne Weiteres ergeben. Dies ist nicht der Fall, wenn zur Konkretisierung der Verletzung der Rechte an einem Computerprogramm (Software) auf eine Anlage Bezug genommen wird, in der die fraglichen Dateien zwar aufgeführt sind, aus der sich
1 Kefferpütz in Wandke/Bullinger, § 97a UrhG Rz. 4 m.w.N. Die Literatur begründet ihre Ansicht damit, dass anderenfalls die Gefahr bestünde, dass der Rechtsverletzer die Spuren seiner Tat beseitigen könnte, etwa durch den Abtransport von rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücken an einen sicheren Ort. Dies sei dem Rechtsinhaber nicht zumutbar. 2 Köhler in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 1.46 f.; einschränkend Kefferpütz in Wandke/Bullinger, § 97a UrhG Rz. 4. 3 OLG Düsseldorf v. 28.10.1996 – 2 W 55/96, NJW-RR 1997, 1064; OLG Schleswig v. 4.4.2000 – 6 W 7/00, NJWE-WettbR 2000, 248 (249). 4 Kefferpütz in Wandke/Bullinger, vor §§ 97 ff. UrhG Rz. 19 ff. 5 BGH v. 12.7.2001 – I ZR 89/99 – „Preisgegenüberstellungen im Schaufenster“, GRUR 2002, 72. 6 Kefferpütz in Wandke/Bullinger, vor §§ 97 ff. UrhG Rz. 18.
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
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der Inhalt der Dateien aber nicht ergibt.1 Wird in materiell-rechtlicher Hinsicht auf die konkrete Verletzungsform abgestellt, ist der Antrag niemals zu weit gefasst.2 Ein solcher Antrag ist wegen der so genannten Kerntheorie regelmäßig auch geeignet, die Interessen des Verletzten ausreichend zu schützen. Inwieweit ein Antrag mit gewissen noch zulässigen Verallgemeinerungen abgefasst oder der „Insbesondere“-Zusatz verwendet wird, muss vom jeweiligen Einzelfall abhängig gemacht werden.
" Praxistipp: Bei der Abfassung des Verfügungsantrages ist besonders sorgfäl- 51 tig zu arbeiten. Kontrollfrage dafür, ob der Antrag hinreichend bestimmt ist, ist, ob der Antragsgegner weiß, was er zu unterlassen hat. Kontrollfrage dafür, ob der Antrag zu weit gefasst ist, ist, ob der Antrag auch zulässige Verhaltensweisen erfasst.
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch – An das Landgericht (Amtsgericht)
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... Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Schriftstellers A.A., . . . [Angabe des Wohnsitzes] – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen die XY Verlag GmbH, . . . [Angabe der Geschäftsadresse], vertreten durch . . . – Antragsgegnerin – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: . . . Euro Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen: I. Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, 1 BGH v. 21.1.2003 – I ZR 18/99 – „Innungsprogramm“, ZUM 2003, 780 (781); bezieht sich der Unterlassungsantrag auf eine Software, ist der Tenor jedoch dann hinreichend bestimmt, wenn auf deren Quellcode Bezug genommen wird, OLG Hamburg v. 29.11.2001 – 3 U 288/00 – „CT-Klassenbibliothek“, GRUR-RR 2002, 217. 2 BGH v. 21.6.2001 – I ZR 69/99 – „Soooo … billig!“, GRUR 2002, 75.
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die Textpassage „. . . [Wiedergabe Textpassage]“ ohne Zustimmung des Antragstellers zu vervielfältigen und zu verbreiten und/oder diese Handlung durch Dritte vornehmen zu lassen, wie es insbesondere auf Seite 55 ff. der von der Antragsgegnerin vertriebenen Zeitschrift „. . . [Titel des Werks]“ erfolgte. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Begründung: I. Sachlage 1. Der Antragsteller ist ein bekannter Schriftsteller und Journalist. Er ist insbesondere für seine Reisebeschreibungen bekannt. Er hat eine besondere Reisebeschreibung über die Insel Sizilien verfasst, die bereits mehrfach veröffentlicht worden ist. Hierzu überreichen wir Auszüge aus der Zeitschrift XY, Anlage ASt 1. Dritte erhalten nur ein einfaches Nutzungsrecht zur Veröffentlichung und Verbreitung der Reisebeschreibung. Zur Glaubhaftmachung, dass der Antragsteller die streitgegenständliche Reisebeschreibung verfasst hat und Dritten lediglich einfache Nutzungsrechte einräumt, überreichen wir als Anlage ASt 2 eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers. 2. Die Antragsgegnerin ist Verlegerin der Zeitschrift „BB“. In der Ausgabe Nr. 6 dieser Zeitschrift vom 15.1.2002 ist auf den Seiten 110 bis 115 die Reisebeschreibung des Antragstellers über die Insel Sizilien abgedruckt worden. Den Ausschnitt der Zeitschrift überreichen wir als Anlage ASt 3. Die Zeitschrift kann weiterhin bei der Antragsgegnerin bestellt werden (Anlage ASt 2). Der Antragsteller hat über den widerrechtlichen Abdruck der Reisebeschreibung im Übrigen erst vor zehn Tagen durch einen Bekannten Kenntnis erlangt, wie in Anlage ASt. 2 vom Antragsteller an Eides statt versichert wird. 3. Es ist erkennbar, dass der Originaltext des Antragstellers und der von der Antragsgegnerin abgedruckte Text identisch sind. Die Antragsgegnerin hatte nicht die Zustimmung zum Abdruck der Reisebeschreibung über die Insel Sizilien vom Antragsteller. 4. Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom . . . zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Antragsgegnerin hat dies mit Schreiben vom . . . ohne Begründung abgelehnt. II. Rechtliche Würdigung 1. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ist gegeben, da die BB-Zeitschrift auch in . . . verbreitet wird. 2. Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterlassung der weiteren Vervielfältigung und Verbreitung der als Anlage ASt. 3 übergebenen Reisebeschreibung gemäß der §§ 96, 97, 15 ff. UrhG zu. Die vom Antragsteller erstellte streitgegenständliche Reisebeschreibung der Insel Sizilien ist ein geschütztes Werk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Die Reisebeschreibung hebt sich deutlich von durchschnittlichen Reisebeschreibungen ab, da sie insbesondere die kulturellen Aspekte der Insel herausgreift und mit interessanten Anekdoten und Beschreibungen versieht.
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
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Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er der Urheber der streitgegenständlichen Reisebeschreibung der Insel Sizilien ist. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der vorgelegten Publikation die Reisebeschreibung in großen Auszügen ohne Zustimmung des Antragstellers in der von ihr verlegten Zeitschrift BB abgedruckt und damit vervielfältigt und verbreitet. 3. Die Antragsgegnerin hat die weitere Vervielfältigung und Verbreitung trotz anwaltlicher Aufforderung zur Unterlassung fortgesetzt. Wie der Antragsteller aufgezeigt hat, kann die Zeitschrift mit der streitgegenständlichen Reisebeschreibung sogar bei der Antragsgegnerin bestellt werden. 4. Die Dringlichkeit der Angelegenheit ergibt sich daraus, dass die Zeitschrift mit der streitgegenständlichen Reisebeschreibung weiter von der Antragsgegnerin über ihr Bestellsystem vertrieben wird und damit die Urheberrechtsverletzung ungehindert fortgesetzt wird. 5. Sollte das Gericht wider Erwarten die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Überlassung der Antragsschrift an die Antragsgegnerin zur Stellungnahme oder die Zurückweisung des Antrags in Erwägung ziehen, bitten wir um eine vorherige telefonische Kontaktaufnahme mit dem Unterzeichner unter . . . [Angabe der Telefonnummer].1 Rechtsanwalt 1 Eine solche Bitte sollte immer in den Verfügungsantrag aufgenommen werden, auch wenn die einzelnen Gerichte dieser Bitte in unterschiedlicher Weise nachkommen. Der Antragsteller hat dadurch die Möglichkeit, den Antrag zurückzunehmen, wenn ihm nicht oder nicht vollständig stattgegeben werden soll.
3. Auskunftsansprüche a) Überblick § 101 UrhG gewährt dem Urheber oder dem Inhaber eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts in den Fällen einer Urheberrechtsverletzung durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken einen selbständigen, nicht akzessorischen, verschuldensunabhängigen Anspruch auf Drittauskunft. Dieser Anspruch geht über den ansonsten aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch herzuleitenden Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zur Vorbereitung und Bezifferung eines Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruchs hinaus. § 101 Abs. 7 UrhG eröffnet die Möglichkeit, den Anspruch auf Drittauskunft im Wege der einstweiligen Verfügung durchzusetzen.1 Dem Auskunftsrecht des § 101 UrhG kommt im Bereich der digitalen Verwertung von Vervielfältigungsstücken über das Internet eine besondere Bedeutung zu, da Vertriebswege und Herkunft von Werken im Internet besonders schwer nachzuvollziehen sind.2
1 Vgl. hierzu OLG Hamburg v. 9.1.2007 – 5 W 147/06, ZUM–RD 2007, 477 f. 2 Bohne in Wandtke/Bullinger, § 101a UrhG Rz. 2.
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b) Anspruchsinhalt und -voraussetzungen 54
Nach § 101 UrhG kann derjenige, der im geschäftlichen Verkehr durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht verletzt, vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg dieser Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden. Nach § 101 Abs. 3 UrhG hat der zur Auskunft Verpflichtete Angaben über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke, des gewerblichen Abnehmers oder Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke zu machen.
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Voraussetzung des Auskunftsanspruchs ist zunächst, dass eine Herstellungsoder Verbreitungshandlung nach den §§ 16, 17 UrhG vorliegt, wozu auch die digitale Verwertung zählt.1 Durch die vorgenannten Handlungen muss ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht im geschäftlichen Verkehr verletzt worden sein. Verschulden ist dabei nicht erforderlich. Geschäftlich ist alles, was mit dem Erwerb oder der Berufsausübung des Einzelnen zusammenhängt, was sich also nicht allein im privaten oder amtlichen Bereich abspielt.
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Schließlich darf das Auskunftsverlangen nach § 101 Abs. 4 UrhG nicht unverhältnismäßig sein. Eine solche Unverhältnismäßigkeit wird nur selten vorliegen. Sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nur zu Ausforschungszwecken erfolgt.2 Ferner kann Unverhältnismäßigkeit gegeben sein, wenn lediglich ein Einzelfall vorliegt und sicher davon ausgegangen werden kann, dass keine weiteren Verletzungen zu befürchten und eingetretene Schäden ausgeglichen sind.3 Die Darlegungsund Beweislast dafür, dass der Auskunftsanspruch unverhältnismäßig ist, liegt beim Rechtsverletzer. c) Anspruchsdurchsetzung
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Der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG über die Herkunft und den Vertriebsweg von rechtswidrigen Vervielfältigungsstücken kann gemäß § 101 Abs. 7 UrhG auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, wenn eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt. Von einer offensichtlichen Rechtsverletzung ist dann auszugehen, wenn diese so eindeutig ist, dass eine ungerechtfertigte Belastung des Dritten ausgeschlossen oder zumindest kaum möglich erscheint.4 Die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung ist vom Verletzten glaubhaft zu machen. Kann vom Verletzten eine offensichtliche Rechtsverletzung glaubhaft gemacht werden, kann der Auskunftsanspruch wie üblich 1 So Bohne in Wandtke/Bullinger, § 101 UrhG Rz. 7. Nach altem Recht hatten bereits einige Gerichte im Fall der digitalen Verwertung den Auskunftsanspruch analog angewendet: vgl. LG Köln v. 28.7.2004 – 28 O 301/04, ZUM 2005, 236; LG Hamburg v. 7.7.2004 – 308 O 264/04, MMR 2005, 55; a.A. Sieber/Höfiger, MMR 2004, 575 (576). 2 Bohne in Wandtke/Bullinger, § 101 UrhG Rz. A 22. 3 OLG Braunschweig v. 26.3.1992 – 2 W 40/92, WRP 1992, 486 bei Markenverletzungen. 4 LG Köln v. 28.7.2004 – 28 O 301/04, ZUM 2005, 236.
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
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zunächst mittels eines Aufforderungsschreibens unter Fristsetzung zur Erteilung der Auskünfte geltend gemacht werden. Der Auskunftsverpflichtete hat die Auskünfte unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zu erteilen. Die Frist kann daher grundsätzlich kurz bemessen sein. Reagiert der Anspruchsverpflichtete nicht oder nicht innerhalb der gesetzten angemessenen Frist, kann der Verletzte ohne Kostennachteile zu befürchten, den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen. In dem einstweiligen Verfügungsantrag muss der Rechtsverletzer als Antragsteller wie üblich den Verfügungsgrund und den Verfügungsanspruch darlegen und glaubhaft machen.
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Der weitere Gang des Verfügungsverfahrens entspricht dann den bekannten Abläufen, wie sie oben beschrieben sind.
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – Auskunft hinsichtlich Dritter – An das Landgericht (Amtsgericht) . . .
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der A Verlag GmbH, . . . [Geschäftsadresse], gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer A.B., – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen die B Handels GmbH, . . . [Geschäftsadresse], gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer B.B. – Antragsgegnerin – wegen: Urheberrechtsverletzung. Vorläufiger Streitwert: 50 000 Euro Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen:1 I. Der Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – aufgegeben, der Antragstellerin unverzüglich nach Zustellung der einstweiligen Verfügung Auskunft zu erteilen über die Herkunft und den Vertriebsweg der Zeichnungen gemäß Abbildung 1 Der Antrag enthält keine Ordnungsmittelandrohung. Bei der Auskunftserteilung handelt es sich um eine nicht vertretbare Handlung. Die Nichtvornahme kann mit einem Zwangsgeld oder mit Zwangshaft geahndet werden. Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt; vgl. § 888 ZPO.
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Anlage AST 1 durch Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses über 1. Namen und Anschrift aller Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke und die Menge der von diesen Personen hergestellten, ausgelieferten und erhaltenen Vervielfältigungsstücke sowie die Menge der bei diesen Personen bestellten Vervielfältigungsstücke; 2. Namen und Anschrift aller gewerblichen Abnehmer und die jeweilige Stückzahl der an die jeweiligen Abnehmer ausgelieferten Vervielfältigungsstücke; II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragsgegnerin auferlegt. Begründung: I. Sachverhalt 1. Der Künstler T.T. hat die streitgegenständlichen Zeichnungen der als Anlage AST 1 überreichten Abbildungen geschaffen. Zur Glaubhaftmachung überreichen wir eine eidesstattliche Versicherung des Künstlers T.T. als Anlage AST 2. 2. Die Antragstellerin hat mit Vereinbarung vom . . . [Datum], Anlage AST 3, das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Zeichnungen gemäß Anlage AST 1 erworben. Diese Zeichnungen konnten bislang in verschiedenen Druckformen mit großem wirtschaftlichem Erfolg verkauft werden. 3. Die Antragsgegnerin hat die streitgegenständlichen Zeichnungen in identischer Form an zahlreiche Kaufhäuser vertrieben, wie aus den eidesstattlichen Versicherungen des Anlagenkonvolut AST 4 hervorgeht. 4. Nachdem die Antragstellerin von dem Vertrieb durch die Antragsgegnerin Kenntnis erlangt hat, hat sie die Antragsgegnerin mit Schreiben vom . . . [Datum], Anlage AST 5, zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, die die Antragsgegnerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben hat, Anlage AST 6. Die Antragsgegnerin verweigert nunmehr die Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der streitgegenständlichen Publikationen. II. Rechtliche Würdigung 1. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ist gemäß § 32 ZPO, 3 105 UrhG begründet, da die streitgegenständlichen Zeichnungen auch im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts von der Antragsgegnerin vertrieben wurden. Hierzu wird als Anlage AST 7 eine Rechnung über den Kauf der streitgegenständlichen Publikationen beim Kaufhaus XY im Gerichtsbezirk überreicht. Wie sich aus der eidesstattlichen Versiche708
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
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rung des Geschäftsführers des Kaufhauses XY ergibt, Anlagenkonvolut AST 4, hat das Kaufhaus XY die Zeichnungen von der Antragsgegnerin erworben. 2. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Auskunft in der beantragten Form gemäß § 101 UrhG zu. . . . [An dieser Stelle sollten einige nähere Erläuterungen dazu folgen, dass es sich bei den Zeichnungen um urheberrechtlich geschützte Werke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG handelt, der Künstler T.T. Urheber der Zeichnungen ist und die Antragstellerin die ausschließlichen Nutzungsrechte zur Vervielfältigung und Verbreitung an den Zeichnungen erworben hat.] 3. Der Verfügungsgrund, d.h. die Dringlichkeit für den Erlass der einstweiligen Verfügung, ergibt sich daraus, dass die Antragsgegnerin die Erteilung der Drittauskunft verweigerte und dadurch die Gefahr besteht, dass die streitgegenständlichen Zeichnungen über die noch unbekannten Hersteller und Vervielfältiger weiter in den Verkehr gebracht werden. 4. Sollte das Gericht wider Erwarten die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Überlassung der Antragsschrift an die Antragsgegnerin zur Stellungnahme oder die Zurückweisung des Antrags in Erwägung ziehen, bitten wir um eine vorherige telefonische Kontaktaufnahme mit dem Unterzeichner unter . . . [Telefonnummer angeben].2 Rechtsanwalt 2 Der Hinweis auf die Erreichbarkeit des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin führt häufig in den Fällen, in denen das angerufene Gericht die einstweilige Verfügung nicht oder nicht ohne mündliche Verhandlung erlassen will, dazu, dass die Antragstellerin hiervon in Kenntnis gesetzt wird und die Möglichkeit hat, den Antrag zurückzunehmen und/oder ihn ggf. in seiner Formulierung anzupassen.
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Einstweilen frei. d) Auskunftsansprüche gegen Dritte
Neben dem Auskunftsanspruch des Rechtsinhabers gegen den Rechtsverletzer steht dem Rechtsinhaber nach § 101 Abs. 2 UrhG auch ein Auskunftsanspruch gegen Dritte zu. Dies sind Personen, die in gewerblichem Ausmaß rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatten, rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahmen, für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachten oder nach den Angaben einer der vorgenannten Personen an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstiger Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt waren, es sei denn, die Person wäre in dem Prozess gegen den Rechtsverletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt.
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Die Regelung des § 101 Abs. 2 UrhG soll den Rechtsinhaber in die Lage versetzen, Informationen über das Ausmaß der Urheberrechtsverletzung zu erhalten und ggf. über die Auskünfte an die eigentlichen Rechtsverletzer zu gelangen.§ 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG verschafft beispielsweise einen Anspruch auf Auskunft über die Anschlussinhaber von IP-Adressen gegenüber Internet-Pro-
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Urheberrecht
vidern.1 In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann gemäß § 101 Abs. 7 UrhG nicht nur die Auskunft gegen den Rechtsverletzer, sondern auch die Auskunft gegen Dritte im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935–945 ZPO durchgesetzt werden.
4. Besichtigungsanspruch a) Überblick 66
Der Besichtigungsanspruch war bis zur Umsetzung der Enforcement-Richtlinie im Jahr 2008 nicht im Urheberrechtsgesetz geregelt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte aber anerkannt, dass ein Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB auch dem Urheber oder dem aus dem Urheberrecht Berechtigten zustehen kann, wenn dieser sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung des geschützten Werks hergestellt worden ist2 oder ob nicht lizenzierte Software genutzt wird.3 Insbesondere der Schutz von Computerprogrammen (Software) erfährt durch den Besichtigungsanspruch eine wichtige Stütze, da oftmals erst durch Sichtung des Quellcodes der Software beurteilt werden kann, ob tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt.
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Der Besichtigungsanspruch muss auf konkret bezeichnete Sachen oder Sachgesamtheiten gerichtet sein.4 Weder begründet er ein allgemeines Durchsuchungsrecht in Geschäftsräumen noch gibt er dem Rechtsinhaber die Möglichkeit zur allgemeinen Recherche von Umständen, die sich in der Sphäre des vermeintlichen Rechtsverletzers befinden könnten.5 Ein Besichtigungsanspruch kann daher immer nur dann bestehen, wenn sich aus den bereits bekannten Umständen hinreichende Anhaltspunkte für das Bestehen einer Rechtsverletzung ergeben und die Besichtigung allein noch dem Zweck dient, letzte Klarheit über die Rechtsverletzung zu gewinnen.6 Nicht erforderlich ist allerdings, dass die Rechtsverletzung dem Grunde nach bereits feststeht. Vielmehr kann der Besichtigungsanspruch auch dann bestehen, wenn die bereits bekannten Tatsachen eine Rechtsverletzung bislang nur als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen und erst durch die Besichtigung geklärt werden kann, ob die Rechtsverletzung auch tatsächlich besteht.7
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Mit Umsetzung der Enforcement-Richtlinie ins deutsche Recht ist der Besichtigungsanspruch nunmehr in § 101a UrhG normiert. In § 101a Abs. 3 UrhG ist 1 Vgl. hierzu OLG München v. 12.12.2011 – 29 W 1708/11 – „Echoes“, ZUM 2012, 590; OLG München v. 17.11.2011 – 29 U 3496/11, K&R 2012, 61. Nach OLG Köln v. 7.9.2011 – 6 W 82/11, MMR 2012, 41, wird ein Auskunftsanspruch gegen Dritte nur dann zuerkannt, wenn eine ungerechtfertigte Belastung des Auskunftsschuldners ausgeschlossen erscheint. 2 BGH v. 2.5.2002 – I ZR 45/01 – „Faxkarte“, NJW-RR 2002, 1617. 3 KG v. 11.8.2000 – 5 U 3069/90 – „Beweissicherung“, NJW 2001, 233. 4 BGH v. 13.11.2003 – I ZR 187/01 – „Kontrollbesuch“, GRUR 2004, 420 = WRP 2004, 615 (617). 5 Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, vor §§ 97 ff. UrhG Rz. 67. 6 KG v. 11.8.2000 – 5 U 3069/90 – „Beweissicherung“, NJW 2001, 233. 7 BGH v. 2.5.2002 – I ZR 45/01 – „Faxkarte“, NJW-RR 2002, 1617.
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
Rz. 70
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festgeschrieben, dass die Verpflichtung zur Duldung der Besichtigung einer Sache auch im Wege der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung angeordnet werden kann. Die Durchsetzung eines Anspruchs auf Erlass einer Besichtigungsverfügung nach § 101a Abs. 3 UrhG setzt voraus, dass neben dem Verfügungsanspruch auch der Verfügungsgrund glaubhaft gemacht ist.1Anders als bei anderen Arten einstweiliger Verfügungen, vor allem Unterlassungsverfügungen, geht der Verfügungsgrund bei Besichtigungsanträgen durch zu langes Abwarten nicht verloren, denn im Besichtigungsverfahren geht es um die Sicherung von Beweismitteln und die Verhinderung von deren Vernichtung durch den Antragsgegner. Aus diesem Grund ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 101a Abs. 3 UrhG auch ein Verfügungsgrund gegeben, es sei denn, die Gefahr einer Beseitigung von Beweismitteln ist nicht gegeben.2
" Praxistipp: Der Antragsteller eines Besichtigungsanspruchs im einstweili- 68a gen Verfügungsverfahren muss neben den Voraussetzungen des § 101a Abs. 3 UrhG darlegen, dass ohne diese einstweilige Verfügung die erhebliche Gefahr der Beweisvernichtung besteht. Auch wenn es danach nicht auf eine Eilbedürftigkeit ankommt, sollte grundsätzlich ohne schuldhaftes Zögern die Antragstellung bei Gericht nach Kenntnis der genauen Sachlage erfolgen.
Der Besichtigungsanspruch nach § 101a UrhG versetzt den Antragsteller lediglich in die Lage, in Gegenstände Einsicht zu nehmen, deren Existenz ihm bekannt ist.3 Der Besichtigungsanspruch gewährt keinen Anspruch auf Durchsuchung und die Einsichtnahme in bei Antragstellung unbekannte Gegenstände.
68b
b) Anspruchsinhalt/Anspruchsvoraussetzungen Der Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB/§ 101a UrhG ist gerichtet auf die Verpflichtung des Rechtsverletzers zur Duldung der Besichtigung einer Sache.
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Voraussetzung des Besichtigungsanspruchs ist zunächst, dass
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(1) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verletzung eines Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts besteht; (2) die Besichtigung zur Begründung eines Anspruchs gegen den Rechtsverletzer erforderlich ist. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Rechtsverletzer auf die Besichtigung der Sache angewiesen ist, um den anderweitigen Anspruch begründen zu können. Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn es darum geht, über eine anspruchsbegründende Tatsache Kenntnis zu erlangen; (3) sich die zu besichtigende Sache in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befindet und 1 OLG Düsseldorf v. 30.3.2012 – 20 W 32/10, juris. 2 OLG Düsseldorf v. 30.3.2012 – 20 W 32/10 – Rz. 3, 4, juris; a.A. OLG Köln v. 9.1.2009 – 6 W 3/09, OLGR Köln 2009, 258. 3 OLG Düsseldorf v. 7.2.2011 – 20 W 153/10, juris.
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(4) die Sache genau bezeichnet werden kann (vgl. § 101a UrhG). Schließlich ist der Besichtigungsanspruch nur begründet, wenn (5) die Inanspruchnahme nicht unverhältnismäßig ist (vgl. § 101a Abs. 2 UrhG). Mit der Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes soll vermieden werden, dass bei geringfügigen Verletzungen umfangreiche Vorlageansprüche geltend gemacht werden können oder dass das Geheimhaltungsinteresse des angeblichen Rechtsverletzers verletzt wird.1 c) Anspruchsdurchsetzung 71
Der Besichtigungsanspruch kann im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. § 101a Abs. 3 UrhG stellt dies nun ausdrücklich klar. Dem Schutz der Geheimhaltungsinteressen des Gegners wird dadurch Rechnung getragen, dass das Gericht die erforderlichen Maßnahmen trifft, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten, insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Ankündigung des Gegners erlassen wird (vgl. § 101a Abs. 3 Satz 2 und 3 UrhG).
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Wie bei jeder einstweiligen Verfügung müssen auch bei der Geltendmachung des Besichtigungsanspruchs im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Verfügungsgrund2 und ein Verfügungsanspruch vorliegen und jeweils glaubhaft gemacht werden.
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – Besichtigungsanspruch –
An das Landgericht (Amtsgericht) . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der A Software GmbH, . . . [Geschäftsadresse], gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer A.B., – Antragstellerin – Verfahrenbevollmächtigter: . . . gegen die B Software GmbH, . . . [Geschäftsadresse], gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer B.B., – Antragsgegnerin – wegen: Urheberrechtsverletzung 1 Vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums v. 20.4.2007, BT-Drucks. 16/5048, S. 95 f. 2 Hier muss entweder eine besondere Dringlichkeit dargelegt werden oder die Erforderlichkeit einer Beweissicherung.
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
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vorläufiger Streitwert: 50 000 Euro Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen. I. Der Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – aufgegeben, es zu dulden, dass in ihren Geschäftsräumen in der A-Straße, in A-Stadt, das Computerprogramm XY einschließlich des Quellcodes besichtigt wird.1 II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragsgegnerin auferlegt. Begründung: I. Sachverhalt 1. Die Antragstellerin ist Inhaberin der seit zwei Jahren auf dem Markt erhältlichen Spezial-Software „Bremsbelagherstellung“. Zur Glaubhaftmachung überreichen wir eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin als Anlage AST 1. Mit der Software können Berechnungen zur Abnutzung von Bremsbelägen bei Kraftfahrzeugen durchgeführt werden. Ergebnisse werden unter anderem in verschiedenen grafischen Darstellungen von der Software wiedergegeben. Ein solches Computerprogramm existiert derzeit auf dem Markt nicht und versetzt Entwickler von Bremsanlagen bei Kraftfahrzeugen in die Lage, diese bereits am Computer so optimal auszugestalten, dass sowohl das Produkt als auch die Herstellung des Produkts geplant und berechnet werden können. 1 Noch nicht abschließend ist geklärt, ob eine einstweilige Verfügung nach § 883 ZPO oder nach den §§ 887, 888 ZPO vollstreckt wird: Überwiegend wird die entsprechende Anwendung des § 883 ZPO für richtig gehalten (vgl. nur Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 883 ZPO Rz. 13; Steffen in RGRK, vor § 809 BGB Rz. 8; Marburger in Staudinger, vor §§ 809–811 BGB Rz. 10; Sprau in Palandt, § 809 BGB Rz. 6; Seiler in Thomas/Putzo, § 883 ZPO Rz. 3). Das bedeutet, dass die zu besichtigende Sache vom Gerichtsvollzieher wegzunehmen ist. So ist z.B. auch die durch die Vorlage einer Urkunde zu erteilende Auskunft nach § 883 ZPO zu vollstrecken (OLG Köln v. 21.9.1995 – 18 W 33/95, NJW-RR 1996, 382). Nach der Gegenmeinung hat die Vollstreckung eines Besichtigungsanspruches dagegen nach den §§ 887, 888 ZPO zu erfolgen, weil die Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher zwar effizient, aber bei einem Besichtigungsanspruch unzulässig sei (Hüffner in MünchKomm. ZPO, § 809 BGB Rz. 17). Für diese Meinung spricht, dass der Besichtigungsanspruch eben nur der Besichtigung/Einsicht und nicht der Verpflichtung zur Aushändigung dient. Ein Anspruch des Gläubigers auf Einsicht an anderen Orten kommt, wie sich aus dem Rechtsgedanken des § 811 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt, nur dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt. Dies ist z.B. der Fall, wenn die vorzulegenden Unterlagen umfangreich sind und gesichtet, aufgelistet, mit anderen verglichen und auch kopiert werden müssen und es dem Schuldner zumutbar ist, die Belege vorübergehend aus der Hand zu geben (OLG Köln v. 21.9.1995 – 18 W 33/95, NJW-RR 1996, 382). Gerade bei Computersoftware dürfte Letzteres nicht oft der Fall sein. Im Rahmen der Softwarebesichtigung erscheint eine effiziente Besichtigung nur durch den Antragsteller bzw. einen Sachverständigen denkbar. Möglicherweise werden aber auch ausgebildete Gerichtsvollzieher in der Lage sein, beispielsweise Quellcodes zu vergleichen. Die weitere Rechtsentwicklung muss in diesem Bereich abgewartet werden.
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2. Auf der Messe XY in Hannover hat die Antragsgegnerin als Neuheit ihr Computerprogramm XY zur Berechnung der Abnutzung von Bremsbelägen bei Kraftfahrzeugen vorgestellt, mit dem es ebenfalls möglich ist, eine optimale Bremsbelagsmixtur zu berechnen sowie deren Herstellung aufzuzeigen. Ergebnisse werden ebenfalls in verschiedenen grafischen Darstellungen von der Software wiedergegeben. Die Wiedergabemöglichkeiten sowie die Darstellungen auf dem Bildschirm entsprachen bei der Demonstration durch die Antragsgegnerin 1:1 den Möglichkeiten, die die Software der Antragstellerin leisten kann. Wir überreichen hierzu eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin sowie des Mitarbeiters A.A. als Anlagenkonvolut AST 2. 3. Bei der Antragstellerin hat bis vor sechs Monaten der Mitarbeiter Herr B.B. als Softwareentwickler gearbeitet. Er war maßgeblich an dem Projekt zur Entwicklung der Software „Bremsbelagsherstellung“ beteiligt. Der ehemalige Mitarbeiter ist nunmehr bei der Antragsgegnerin beschäftigt, Anlagenkonvolut AST 3. 4. Die Antragstellerin bat daraufhin die Antragsgegnerin, ihr eine Demoversion der Software zu Testzwecken zu übermitteln. Dies hat die Antragsgegnerin abgelehnt. 5. Die bisherigen Kenntnisse über die Leistungsfähigkeit der streitgegenständlichen Software der Antragsgegnerin lassen eindeutig darauf schließen, dass diese den Quellcode der Software der Antragstellerin übernommen hat und aus diesem Grunde mit ihr die gleichen Ergebnisse erzielt werden können wie mit der Software der Antragstellerin. Die Antragstellerin muss allerdings zur Feststellung der Urheberrechtsverletzung das streitgegenständliche Computerprogramm XY der Antragstellerin besichtigen. Erst bei einer Besichtigung des Computerprogramms und des Quellcodes kann nachweisbar die Urheberrechtsverletzung dargelegt werden. II. Rechtliche Würdigung 1. Die Zuständigkeit des Gerichts ist dadurch begründet, dass die Antragsgegnerin ihren Geschäftssitz im Bezirk des Oberlandesgerichts . . . hat. 2. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Duldung der Besichtigung der Computersoftware und des dazugehörigen Quellcodes gemäß § 101a Abs. 1 UrhG zu. Die Voraussetzungen des Besichtigungsanspruchs sind erfüllt. Mit der zugunsten der Antragstellerin geschützten Spezial-Software „Bremsbelagherstellung“ können exakt die gleichen Leistungsergebnisse wie mit der streitgegenständlichen Software XY der Antragsgegnerin erzielt werden. Es besteht daher eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verletzung des Urheberrechts der Antragstellerin. Zur Begründung des Anspruchs ist die Besichtigung auch erforderlich, weil nur durch eine hinreichende Besichtigung der Software und des dazugehörigen Quellcodes festgestellt werden kann, ob eine Rechtsverletzung auch tatsächlich vorliegt. Die Software und der Quellcode befinden sich nach eigener Aussage der Antragsgegnerin auch am Sitz der Gesellschaft. Schließlich ist die Besichtigung auch verhältnismäßig, da mit der Software „Bremsbelagherstellung“ 714
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III. Einstw. Rechtsschutz b. Urheberrechtsverletzungen
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ein erheblicher Umsatz erzielt wird und allein durch die Besichtigung der Software XY und der Ansicht von deren Quellcode es für die Antragstellerin nicht möglich wäre, berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Antragsgegnerin zu verletzen . . . [Die Frage der Verhältnismäßigkeit muss ggf. noch vertiefend behandelt werden]. 4. Der Verfügungsgrund, d.h. die besondere Dringlichkeit der Angelegenheit, besteht deshalb, weil die Antragsgegnerin ihre Software bereits auf der Messe als ein Neuprodukt vorgestellt hat, sie ein direktes Konkurrenzprodukt zur Software „Bremsbelagherstellung“ der Antragstellerin darstellt und die Antragsstellerin mit ihrer Software einen erheblichen Umsatz erzielt. Eine mit dem Verkauf der streitgegenständlichen Software einhergehende Urheberrechtsverletzung hätte daher erhebliche Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin. 5. Sollte das Gericht wider Erwarten die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Überlassung der Antragsschrift an die Antragsgegnerin zur Stellungnahme oder die Zurückweisung des Antrags in Erwägung ziehen, bitten wir um eine vorherige telefonische Kontaktaufnahme mit dem Unterzeichner unter . . . [Telefonnummer angeben]. Rechtsanwalt
5. Weitere Ansprüche im einstweiligen Verfügungsverfahren Neben den bislang aufgezeigten urheberrechtlichen Ansprüchen, die im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemacht werden können, steht dem Inhaber des Vernichtungs- und Überlassungsanspruchs gemäß der §§ 98, 99 UrhG und gemäß der §§ 37–42 KUG auch ein Anspruch auf Sicherstellung von rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur Verbreitung bestimmter Vervielfältigungsstücke zu. Ein solcher Antrag ist regelmäßig dann zu empfehlen, wenn zu besorgen ist, dass der Rechtsverletzer trotz einer einstweiligen Verfügung weiterhin die Rechte des Verletzten beeinträchtigen wird oder wenn zu befürchten steht, dass er Maßnahmen ergreift, die den Vernichtungsanspruch ins Leere laufen lassen.1
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Der Urheber/Inhaber des verwandten Schutzrechts kann gegen denjenigen, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, die Vorlage einer Urkunde im Wege der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung durchsetzen. Die Anspruchsvoraussetzungen entsprechen denen des Anspruchs zur Duldung der Besichtigung einer Sache (vgl. § 101a UrhG).
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Schließlich wird dem Urheber bzw. Inhaber eines sonstigen geschützten Rechts gemäß § 101b UrhG zur Sicherung von Schadensersatzansprüchen das Recht
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1 Lutz in Mes, S. 952 Ziffer 1.
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eingeräumt, von dem Rechtsverletzer die Vorlage bestimmter Unterlagen zu verlangen. Nach § 101b Abs. 3 UrhG kann die Verpflichtung zur Vorlage der Urkunde/des Dokuments im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935–945 ZPO durchgesetzt werden, wenn der Schadensersatzanspruch offensichtlich besteht. Das Gesetz sieht ferner vor, dass das Gericht die erforderlichen Maßnahmen trifft, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
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§ 21 Presserecht Inhaltsübersicht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen . . . 1. Ablauf des Verfügungsverfahrens 2. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . 3. Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . a) Verfügungsgrund . . . . . . . b) Verfügungsanspruch . . . . . 4. Begehungsgefahr . . . . . . . . . 5. Aktivlegitimation/Passivlegitimation a) Anspruchsberechtigte . . . . b) Anspruchsverpflichtete . . . aa) Anspruchsverpflichtete beim Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . bb) Anspruchsverpflichtete bei der Gegendarstellung III. Schutz vor Presseveröffentlichungen . . . . . . . . . . . . . 1. Gegendarstellung . . . . . . . . . a) Voraussetzungen des Gegendarstellungsanspruchs . . . . b) Ausschlussgründe . . . . . . . c) Form der Gegendarstellung . d) Inhalt der Gegendarstellung .
1 6 7 8 9 10 13 14
19 21 22 26 31 32 35 39 45 49
aa) Überschrift . . . . . . . . bb) Anknüpfung an die Erstmitteilung . . . . . . . . . cc) Wiedergabe der Erstmitteilung . . . . . . . . . . . dd) Erwiderung . . . . . . . . ee) Abschluss der Gegendarstellung . . . . . . . . . . e) Verfahrensablauf aa) Abdruckverlangen mit Gegendarstellung . . . . . bb) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung cc) Weiterer Verfahrensablauf dd) Anpassung der Gegendarstellung im Verfahren . . 2. Unterlassungsansprüche . . . . . a) Voraussetzungen . . . . . . . b) Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs aa) Abmahnung . . . . . . . . bb) Rechtsweg/örtliche und sachliche Zuständigkeit . cc) Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch/Glaubhaftmachungsmittel . . . dd) Antragsfassung . . . . . . ee) Weiterer Verfahrensablauf
51 53 54 57 58 59 63 68 69 70 71 73 74 78 80 82
Literatur: Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009, Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl 2005; Prinz/Peters, Medienrecht, Die zivilrechtlichen Ansprüche, 1. Aufl. 2000; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch in den Medien – Presse, Film, Funk, Fernsehen und Internet, 4. Aufl. 2010; Söhring, Presserecht, 4. Aufl. 2010; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003.
I. Einführung Im Presserecht wird der einstweilige Rechtsschutz vielfach angewandt, um Rechtsverletzungen zu begegnen. Der einstweilige Rechtsschutz im Presserecht ist dadurch geprägt, dass sich Unternehmen und Privatleute gegen Presseveröffentlichungen zur Wehr setzen. Dies kann mit dem Ziel geschehen, die beabsichtigte Veröffentlichung bestimmter Behauptungen zu verhindern. Ist ein Presseartikel bereits veröffentlicht worden, geht es in erster Linie darum, die Oelschlägel
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wiederholte Veröffentlichung der streitgegenständigen Behauptung zu verhindern und ggf. eine Gegendarstellung oder einen Widerruf zu erzwingen. 2
In der schnelllebigen Medienwelt trägt nur ein schneller Rechtsschutz den Interessen der von Presseveröffentlichungen betroffenen natürlichen oder juristischen Personen Rechnung. Systemgerecht kann sich der vorläufige Rechtsschutz aber nur auf Ansprüche beziehen, die noch nicht auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sind. Dies ist in erster Linie die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gerichtet darauf, dem Presseorgan die Verbreitung gewisser Tatsachenbehauptungen zu verbieten. Im Presserecht ist darüber hinaus mit dem Rechtsinstitut der Gegendarstellung eine Besonderheit geschaffen worden. Eine Gegendarstellung kann – nach einigen Landespressegesetzen sogar ausschließlich – im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden, auch wenn mit ihrem Abdruck letztlich die Hauptsache vorweg genommen wird. Denn eine einmal abgedruckte Gegendarstellung ist in der Welt. Dies hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, um eine „Waffengleichheit“ im Gegendarstellungsrecht herzustellen. Die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens1 spielt im Gegendarstellungsrecht in der Praxis im Übrigen keine Rolle. Berichtigungs-, Schadensersatz- oder Geldentschädigungsansprüche können nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren, sondern müssen im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden.2
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Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen, also z.B. dem Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses, muss nach den §§ 935 ff. ZPO als prozessuale Voraussetzung einer einstweiligen Verfügung ein Verfügungsgrund (Dringlichkeit) und als materiell-rechtliche Voraussetzung ein Verfügungsanspruch vorliegen. Dies gilt für die Geltendmachung eines presserechtlichen Unterlassungsanspruchs im einstweiligen Verfügungsverfahren uneingeschränkt.
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Anders verhält es sich im Gegendarstellungsrecht. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes wird dort im einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich nicht verlangt. In Bezug auf den Verfügungsanspruch ist hervorzuheben, dass das Gegendarstellungsrecht spezialgesetzlich geregelt ist und zudem einer Rechtszersplitterung unterliegt. Sofern das klassische Presserecht, also das Recht der periodischen Druckschriften betroffen ist, findet sich das Gegendarstellungsrecht in den einzelnen Landespressegesetzen. Für elektronische Medien gilt, abhängig vom Medium und Sitz des Senders, eines der 15 Landesmediengesetze, der 13 Gegendarstellungsregelungen für öffentlich-rechtliche Sender oder ergänzend die Gegendarstellungsregelung für Telemedien in § 56 im Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien. Soweit eine Gegendarstellung in Bezug auf eine Veröffentlichung in einem elektronischen Medium begehrt 1 In einigen Landespressegesetzen ist das Hauptsacheverfahren ausgeschlossen (vgl. beispielsweise § 11 Abs. 4 LPG NRW). In einigen anderen Landespressegesetzen wird das Hauptsacheverfahren dagegen nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur sind sich jedoch einig, dass die Durchführung des Hauptsacheverfahrens regelmäßig ausgeschlossen ist. In einzelnen Bundesländern, je nach Ausgestaltung der Bezugnahme auf die Vorschriften der ZPO, kann dies allerdings noch streitig sein (vgl. hierzu Löffler/Ricker, S. 190 Rz. 1 und 2). 2 Prinz/Peters, Rz. 303.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 8
§ 21
wird, müssen die entsprechenden spezialgesetzlichen Gegendarstellungsvorschriften in den vorgenannten Gesetzen beachtet werden. Voraussetzungen, Ablauf und Verfahren für die Geltendmachung und Durchsetzung von Unterlassungs- und Gegendarstellungsansprüchen im Bereich der elektronischen Medien entsprechen aber weitgehend denen des klassischen Presserechts. Nachfolgend beschränkt sich die Darstellung auf das klassische Presserecht. Unter Rz. 6 ff. wird auf einige Aspekte des Verfahrens sowie der Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen zur Durchsetzung von Unterlassungs- und Gegendarstellungsansprüchen näher eingegangen und unter Rz. 31 ff. wird der Schutz vor Presseveröffentlichungen dargestellt.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen Im Presserecht wirft der einstweilige Rechtsschutz einige besondere Verfahrensfragen auf und enthält einige besondere Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen, die im Vorfeld zu klären sind. Nach einem kurzen Abriss über den Verfahrensablauf wird daher auf das Rechtsschutzbedürfnis als allgemeine Prozessvoraussetzung eingegangen. Im Anschluss werden die im Presserecht mit teils einigen Besonderheiten behafteten Bereiche Verfügungsgrund, Verfügungsanspruch und Begehungsgefahr beleuchtet. Schließlich ist in Bezug auf den Verfügungsanspruch klärungsbedürftig, wer Anspruchsberechtigter und wer Anspruchsverpflichteter ist.
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1. Ablauf des Verfügungsverfahrens Beginn und Verlauf eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zur Durchsetzung eines presserechtlichen Unterlassungsanspruchs und eines Gegendarstellungsanspruchs richten sich nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (vgl. §§ 935 ff. ZPO) und den im Wettbewerbsrecht entwickelten, allgemein anerkannten Grundsätzen (Abmahnung, Schutzschrift etc.). Wegen der Einzelheiten wird daher auf die Ausführungen im Wettbewerbsrecht (§ 18) sowie die Darstellung der Besonderheiten unter Rz. 31 ff. dieses Abschnitts verwiesen.
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2. Rechtsschutzbedürfnis Das Rechtsschutzbedürfnis ist allgemeine Prozessvoraussetzung und muss daher in jedem Einzelfall vorliegen. Fehlt es, ist der Verfügungsantrag als unzulässig abzuweisen. Rechtsschutzbedürfnis bedeutet, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse daran hat, das Gericht zur Erlangung des begehrten Rechtsschutzes in Anspruch zu nehmen.1 Ein solches Interesse des Betroffenen besteht regelmäßig dann, wenn seine berechtigten Ansprüche noch nicht vom Rechtsverletzer endgültig befriedigt worden sind. Bei der Durchsetzung eines Unterlas1 Prinz/Peters, Rz. 323.
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Presserecht
sungsanspruchs fehlt ein solches Rechtsschutzinteresse beispielsweise dann, wenn der Rechtsverletzer bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Begeht jedoch der Unterlassungsschuldner nach Abgabe einer solchen Erklärung einen neuen, in den Schutzbereich der Erklärung fallenden Verstoß, kann der Betroffene den Unterlassungsschuldner wieder gerichtlich in Anspruch nehmen. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht, wenn eine entsprechende Hauptsacheklage anhängig oder rechtshängig ist. Ebenso wenig fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein Dritter gerichtliche oder außergerichtliche Maßnahmen gegen den Rechtsverletzer wegen desselben Verstoßes durchgeführt hat. Dies gilt sowohl für den Unterlassungs- als auch für den Gegendarstellungsanspruch. Im Rahmen eines Gegendarstellungsanspruchs kann es aber am Rechtsschutzbedürfnis mangeln, wenn der Betroffene dem Rechtsverletzer eine unangemessen kurze Frist zur Erklärung darüber gesetzt hat, ob er die Gegendarstellung freiwillig veröffentlicht1 oder wenn die Tatsachenbehauptung bereits berichtigt wurde.
3. Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch 9
Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes und eines Verfügungsanspruchs sind allgemeine Verfahrensvoraussetzungen einer einstweiligen Verfügung. Sofern daher ein Unterlassungsanspruch im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes durchgesetzt werden soll, müssen diese Grundvoraussetzungen vorliegen. Für die Durchsetzung einer Gegendarstellung ist in den meisten Landespressegesetzen die entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgesehen,2 sofern das Gegendarstellungsrecht keine Besonderheiten aufweist. a) Verfügungsgrund
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Der Verfügungsgrund ist eine formelle Verfahrensvoraussetzung und betrifft die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Sache. Fehlt er, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Der Verfügungsgrund muss grundsätzlich von dem Antragsteller im einstweiligen Verfügungsverfahren dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Dies gilt uneingeschränkt bei der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs. Die Zeitspanne, innerhalb der der Betroffene bei positiver Kenntnis von einem Verstoß den Unterlassungsanspruch durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtlich geltend machen muss, um noch den Anforderungen der Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit zu genügen, wird von den einzelnen Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt. Sie liegt zwischen einem Monat bei den Oberlandesgerichten Hamm, Jena,
1 Prinz/Peters, Rz. 606. 2 Die meisten Landespressegesetze enthalten in ihren Gegendarstellungsvorschriften (in der Regel § 11 Abs. 4 LPG) folgende Regelung: Auf das Verfahren zur Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruchs „sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprechend anzuwenden“.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 14
§ 21
München, Nürnberg und Saarbrücken und bis zu sechs Monaten beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg.1
" Praxistipp: Einer der ersten Prüfungspunkte bei der Durchsetzung eines 11 Unterlassungsanspruchs im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens sollte sein, in welchem Gerichtsbezirk der Antrag gestellt werden muss und davon ausgehend, welche Anforderung das entsprechende Oberlandesgericht an die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit stellt.
Bei der Durchsetzung eines Gegendarstellungsanspruchs im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, also die besondere Eilbedürftigkeit der Sache, nicht darzulegen. Dies ist in den meisten Landespressegesetzen ausdrücklich geregelt (vgl. § 11 Abs. 4 LPG NRW). Aber selbst in den Landespressegesetzen, in denen eine entsprechende Regelung fehlt (Bayern und Hessen), geht das Schrifttum davon aus, dass die besondere Eilbedürftigkeit als offensichtliche Tatsache keiner besonderen Glaubhaftmachung bedarf.2
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b) Verfügungsanspruch Beim Verfügungsanspruch im Rahmen von Unterlassungsbegehren ist zu prüfen, ob eine objektiv rechtswidrige Verletzungshandlung vorliegt und Begehungsgefahr besteht. Dies richtet sich nach materiellem Recht. Bei Presseveröffentlichungen werden regelmäßig das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die entsprechenden Schutzrechte nach dem Kunsturheberrechtsgesetz verletzt sein. Bei diesen Rechten handelt es sich in der Regel um sonstige Rechte nach § 823 Abs. 1 BGB, sodass dann über die §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem betroffenen Recht ein Unterlassungsanspruch besteht. Für die Geltendmachung eines Gegendarstellungsanspruchs ist zu prüfen, ob dessen Voraussetzungen nach den einschlägigen Landespressegesetzen vorliegen bzw. wenn es um eine Veröffentlichung in nicht periodischen Druckwerken geht, in den jeweiligen gesetzlichen Regelungen zu den elektronischen Medien.
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4. Begehungsgefahr Bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wird häufig die Frage der Begehungsgefahr diskutiert. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der Begehungsgefahr um eine materielle Anspruchsvoraussetzung handelt.3 Fehlt sie, ist der Verfügungsantrag nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abzuweisen.
1 Schmukle in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, Kap. 45 Rz. 42 f. 2 Löffler/Ricker, S. 192 Rz. 9 m.w.N. 3 BGH v. 26.4.1990 – I ZR 99/88 – „Anzeigenpreis II“, NJW 1990, 2469 (2470) = AfP 1990, 205; OLG Hamburg v. 16.7.1970 – 6 U 38/70, MDR 1970, 935.
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Für das Vorliegen einer Begehungsgefahr ist erforderlich, dass eine hinreichend konkrete Gefahr einer zukünftigen Rechtsbeeinträchtigung vorliegt.1 Dies ist gegeben, wenn entweder Erstbegehungsgefahr oder Wiederholungsgefahr vorliegt. Ob dies der Fall ist, richtet sich weitgehend nach den im Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätzen zur Begehungsgefahr.
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Für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konkreter, greifbarer Anhaltspunkte dafür, dass ein Verstoß ernstlich droht.2 Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu klären. Zum Beispiel wäre dies der Fall, wenn dem Betroffenen zuvor die geplante Presseveröffentlichung zwecks Stellungnahme mitgeteilt wird. Ferner ist dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn sich jemand eines Rechts berühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen.3 Die reine Vermutung, dass bestimmte Tatsachenbehauptungen oder ehrverletzender Äußerungen verbreitet würden, reicht in der Regel jedoch nicht für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr aus. Die Erstbegehungsgefahr kann daher in der Regel nicht mit Recherchemaßnahmen des Presseorgans begründet werden.4 Aus den vorstehenden Gründen ist der vorbeugende Unterlassungsanspruch in der Praxis daher ein Ausnahmefall.
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Wiederholungsgefahr ist regelmäßig gegeben, wenn eine rechtswidrige Veröffentlichung erfolgt ist, da in diesem Fall eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr besteht.5 Nach einer Veröffentlichung kann die Wiederholungsgefahr nur noch dadurch beseitigt werden, dass der Rechtsverletzer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.
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Im Gegendarstellungsrecht stellt sich die Frage der Begehungsgefahr im Übrigen nicht. Der Abdruck einer Gegendarstellung kann eben nur verlangt werden, wenn eine Presseveröffentlichung bereits erfolgt ist.
5. Aktivlegitimation/Passivlegitimation a) Anspruchsberechtigte 19
Anspruchsberechtigt für einen Unterlassungsanspruch ist, wer durch eine in der Presse mitgeteilte Tatsachenbehauptung individuell betroffen ist.6 Im Gegendarstellungsrecht wird von „jeder Person oder Stelle“ gesprochen, die durch eine in der Presse mitgeteilte Tatsachenbehauptung individuell betroffen sein 1 BGH v. 26.4.1990 – I ZR 99/88 – „Anzeigenpreis II“, NJW 1990, 2469 (2470) = AfP 1990, 205. 2 BGH v. 16.1.1992 – I ZR 20/90 – „Systemunterschiede“, NJW-RR 1992, 618, GRUR 1992, 404; Prinz/Peters, Rz. 329. 3 BGH v. 16.1.1992 – I ZR 20/90 – „Systemunterschiede“, NJW-RR 1992, 618, GRUR 1992, 404. 4 OLG Hamburg v. 15.8.1991 – 3 U 99/91, AfP 1992, 279; OLG Hamburg v. 12.10.1999 – 7 W 73/99, AfP 2000, 188 = ZUM 2000, 163. 5 St. Rspr., für alle: BGH v. 28.6.1994 – VI ZR 273/03 – „Verdeckte Behauptung I“, AfP 1994, 295. 6 Dies ergibt sich aus den Regelungen zur Gegendarstellung in den Landespressegesetzen, vgl. Löffler/Ricker, S. 165 Rz. 1.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
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muss. Der Begriff „Person“ oder „Stelle“ wird weit gefasst. Zu den Personen im Sinne der Landespressegesetze zählen natürliche und juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts sowie sonstige Personenvereinigungen, wie die Handelsgesellschaften des HGB.1 Selbst Vereine, Gesellschaften oder Gruppen, die nicht rechts- und/oder parteifähig sind, sind von der Rechtsprechung unter dem Begriff „Person“ gefasst worden.2 Eine „Stelle“ im Sinne der Landespressegesetze sind in erster Linie Behörden und alle Körperschaften, Organisationen, Anstalten, Institute und Verbände, soweit sie nicht unter dem Begriff „Person“ zu subsumieren sind.3 Von einer Presseveröffentlichung ist derjenige betroffen, in dessen Interessensphäre unmittelbar oder mittelbar eingegriffen wird und der dadurch individuell, nicht bloß generell, berührt wird.4 Individuell betroffen und damit unmittelbar Betroffener ist derjenige, dessen Name genannt wird. Die Frage, wer als mittelbar Betroffener in Betracht kommt, ist dagegen teilweise schwierig zu beantworten. Individuell betroffen und damit auch mittelbar Betroffener kann nur sein, wer im Zusammenhang mit der Berichterstattung erkennbar ist.5 Das ist der Fall, wenn auch ohne Namensnennung die Person oder Stelle aufgrund sonstiger Umstände zu erkennen ist. Es reicht aus, wenn eine nicht unbeträchtliche Anzahl unbefangener Leser die Meldung mit einer bestimmten Person oder Stelle in Beziehung setzen kann.6 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn durch die Beschreibung des Umfeldes oder gewisser Geschehnisse, einem gewissen Personenkreis der Rückschluss auf den Betroffenen ermöglicht wird. Bei Äußerungen über einen Verstorbenen folgt der Unterlassungsanspruch aus dem postmortalen Persönlichkeitsschutz.7 Anspruchsberechtigter des postmortalen Persönlichkeitsschutzes ist in erster Linie der vom Verstorbenen dazu Berufene.8 Außerdem kommen die Angehörigen des Verstorbenen in Betracht.9 In Anlehnung an § 22 Satz 4 KUG, § 77 Abs. 2 StGB sind dies der überlebende Ehegatte und die Kinder, falls diese nicht vorhanden sind, sind es die Eltern des Verstorbenen.10 Der postmortale Persönlichkeitsschutz umfasst allerdings nicht die Berechtigung zur Geltendmachung von Gegendarstellungsansprü-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Löffler/Ricker, S. 165 Rz. 1. OLG Koblenz v. 3.3.1993 – 9 W 69/93, AfP 1993, 592 = NJW-RR 1993, 697. Löffler/Ricker, S. 166 Rz. 1. Löffler/Ricker, S. 166 Rz. 2; BVerfG v. 14.1.1998 – 1 BvR 1861/93, 1 BvR 1864/96, 1 BvR 2073/97, BVerfGE 97, 125 = NJW 1998, 1381 = AfP 1998, 184; OLG Köln v. 2.7.1985 – 15 U 127/85, AfP 1985, 227 = NJW-RR 1986, 418. Prinz/Peters, S. 273. Allgemeine Meinung, vgl. nur BGH v. 9.4.1963 – VI ZR 54/62, NJW 1963, 1155; OLG Düsseldorf v. 8.12.1999 – 15 U 147/99, AfP 2000, 470; Löffler/Ricker, S. 167 Rz. 5; Prinz/Peters, S. 273. BGH v. 14.11.1995 – VI ZR 410/94 – „Abschiedsmedaille“, NJW 1996, 593 = AfP 1996, 66; zu den Einzelheiten des postmortalen Persönlichkeitsschutzes vgl. Prinz/Peters, Rz. 131 ff. BGH v. 17.5.1984 – I ZR 73/82 – „Frischzellenkosmetik“, GRUR 1984, 907. BGH v. 20.3.1968 – I ZR 44/66 – „Mephisto“, BGHZ 50, 133. Ausführlich hierzu Prinz/Peters, Rz. 309 m.w.N.
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chen.1 Demgemäß verbleibt für den vorläufigen Rechtsschutz in Bezug auf Äußerungen über einen Verstorbenen nur ein Unterlassungsbegehren. b) Anspruchsverpflichtete 21
Bei den Anspruchsverpflichteten ist zwischen dem Unterlassungsanspruch und dem Anspruch auf Abdruck einer Gegendarstellung zu unterscheiden. aa) Anspruchsverpflichtete beim Unterlassungsanspruch
22
Richtet sich der Anspruch des Berechtigten auf Unterlassung einer bestimmten Handlung, kann jeder Störer in Anspruch genommen werden.2 Störer ist, wer die Störung herbeigeführt hat, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Art und dem Umfang des Tatbeitrages.3 Der Unterlassungsanspruch kann daher grundsätzlich sowohl gegen denjenigen geltend gemacht werden, der die Behauptung aufgestellt hat, als auch gegen denjenigen, der die Äußerung verbreitet hat. In Betracht kommen also alle Personen, die bei der Herstellung und Verbreitung der Publikation mitgewirkt haben oder in Zukunft mitwirken werden.
23
Grundsätzlich passiv legitimiert sind der Verleger im juristischen Sinn4 und der Autor. In der Regel wird daher der Unterlassungsanspruch auf diese Personen und oftmals sogar lediglich auf den Verleger im juristischen Sinn beschränkt.
24 " Praxistipp: An dieser Stelle muss sehr sorgfältig gearbeitet werden. Die Ansprüche sind gegen den Verleger im juristisch-presserechtlichen Sinn und nicht gegen den publizistischen Verleger zu richten. 25
Daneben können je nach Lage des Falles aber auch der Herausgeber, der Auftraggeber, der Informant und der technische Verbreiter als Störer in Betracht kommen.5 Für Letzteren gilt dies insbesondere dann, wenn es darum geht, bereits im Vertrieb befindliche Publikationen anzuhalten. bb) Anspruchsverpflichtete bei der Gegendarstellung
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Nach den Landespressegesetzen kann der Betroffene den Abdruck einer Gegendarstellung sowohl vom Verleger als auch vom verantwortlichen Redakteur als auch von beiden als Gesamtschuldner verlangen.6 Erkennt einer der beiden Anspruchsverpflichteten den Anspruch an oder wird das Bestehen des Anspruchs
1 OLG Hamburg v. 23.6.1994 – 3 U 108/94, AfP 1994, 322; OLG Stuttgart v. 15.2.1995 – 4 U 216/94, NJW-RR 1996, 599; KG v. 26.1.2007 – 9 U 251/06, AfP 2007, 137 f. 2 Prinz/Peters, Rz. 310. 3 Allgemeine Meinung, vgl. nur BGH v. 27.5.1986 – VI ZR 169/85 – „Ostkontakte“, NJW 1986, 2503, 2504; Prinz/Peters, Rz. 310 m.w.N. 4 Verleger im juristischen Sinn ist diejenige Person, die eine Zeitung oder Zeitschrift erscheinen lässt und dessen Verbreitung bewirkt. Dies ist regelmäßig der Verlag. Von diesem juristischen Verlegerbegriff ist der publizistische Verleger zu unterscheiden (näher hierzu Prinz/Peterss, Rz. 311). 5 Ausführlich hierzu Prinz/Peters, Rz. 313 ff. 6 Löffler/Ricker, S. 168 Rz. 9 m.w.N.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
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einem von ihnen gegenüber rechtskräftig festgestellt, so entfaltet dies auch gegenüber dem anderen Rechtswirkung.1 Auch in den jeweiligen Landespressegesetzen wird unter dem Verleger der Verleger im juristisch-presserechtlichen Sinn verstanden und damit derjenige, der ein von ihm selbst oder von einem anderen hergestelltes Druckwerk erscheinen lässt und seine Verbreitung bewirkt.2 Dies ist in der Regel der im Impressum des Druckwerkes angegebene Verlag.
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" Praxistipp: An dieser Stelle muss sehr sorgfältig gearbeitet werden. Die An- 28 sprüche sind gegen den Verleger im juristisch-presserechtlichen Sinn und nicht gegen den publizistischen Verleger zu richten. Ist der Verleger – wie in seltenen Fällen – nicht dem Impressum zu entnehmen, muss über weitere Recherchen versucht werden, den Verleger im juristisch-presserechtlichen Sinn zu ermitteln.
Verantwortlicher Redakteur ist, wer im Auftrag des Verlegers das Druckwerk auf strafrechtlich oder presserechtlich relevante Äußerungen zu prüfen hat und tatsächlich verhindern kann, dass ein Beitrag abgedruckt wird.3 Aus dem Impressum kann regelmäßig erfahren werden, ob es für verschiedene Bereiche verschiedene verantwortliche Redakteure gibt. In der Praxis kann es allerdings Schwierigkeiten bereiten, festzustellen, wer verantwortlicher Redakteur für den streitgegenständlichen Beitrag ist. Dies gilt insbesondere bei Teilausgaben einer Zeitung. Ebenso kann es häufig vorkommen, dass zwischen dem Pressebericht und dem Erscheinen der Gegendarstellung ein Wechsel in der Person des verantwortlichen Redakteurs erfolgt. Dies hat zur Folge, dass der Betroffene denjenigen in Anspruch zu nehmen hat, der zum Zeitpunkt des Zugangs des Gegendarstellungsverlangens verantwortlicher Redakteur ist.4 Gleiches gilt im Übrigen, sofern der Verleger in diesem Zeitraum wechselt. Beachtlich ist ferner, dass sich die örtliche Zuständigkeit für Klagen gegen den verantwortlichen Redakteur nach dem Gericht seines persönlichen Wohnsitzes richtet. Der Wohnsitz ergibt sich aus den §§ 7–11 BGB. Auch die Feststellung des Wohnsitzes kann in der Praxis aber erhebliche Schwierigkeiten bereiten.
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" Praxistipp: Wegen der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der An- 30 spruchsstellung gegen den verantwortlichen Redakteur empfiehlt es sich in der Praxis, vornehmlich den Verleger in Anspruch zu nehmen.
1 Allgemeine Meinung: Löffler/Ricker, S. 168 Rz. 9; Burkhardt in Wenzel, Kap. 11 Rz. 85. 2 Prinz/Peters, Rz. 471; OLG Karlsruhe v. 10.3.1992 – 3 U 65/91, AfP 1992, 373; Burkhardt in Wenzel, Kap. 11 Rz. 84; nicht ausreichend ist es daher, das Gegendarstellungsbegehren an die Muttergesellschaft des Verlegers zu senden, OLG Düsseldorf v. 4.6.2008 – I-15 W 45/08, AfP 2008, 523. 3 OLG Celle v. 30.8.1995 – 13 U 189/95, NJW 1996, 1149 (1150). 4 Burkhardt in Wenzel, Kap. 11 Rz. 83; Prinz/Peters, Rz. 478.
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III. Schutz vor Presseveröffentlichungen 31
Wie bereits erwähnt, kann Schutz vor Presseveröffentlichungen im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nur über die Durchsetzung von Unterlassungsund/oder Gegendarstellungsansprüchen erreicht werden. Andere Ansprüche müssen dagegen im Hauptsacheverfahren durchgesetzt werden. Nachfolgend werden daher diese beiden Ansprüche näher beleuchtet.
1. Gegendarstellung 32
Das Gegendarstellungsrecht bei periodischen Druckschriften ist in den Landespressegesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt. Meistens ist dies in § 11 der Landespressegesetze erfolgt, wie beispielsweise im Landespressegesetz von Nordrhein-Westfalen. In der nachfolgenden Darstellung wird daher maßgeblich auf dieses Landespressegesetz Bezug genommen.
33
Hervorzuheben ist, dass im Gegendarstellungsrecht grundsätzlich das Allesoder-nichts-Prinzip gilt. Das bedeutet, dass eine Abdruckpflicht entfällt, wenn lediglich ein formales oder materielles Kriterium fehlt.1
34 " Praxistipp: Das Gegendarstellungsverlangen sollte eher konservativ und restriktiv ausgestaltet werden, um zu vermeiden, dass einzelne Unzulänglichkeiten bezüglich der Form, des Umfangs oder des Inhalts zur Zurückweisung des Gegendarstellungsverlangens führen. a) Voraussetzungen des Gegendarstellungsanspruchs 35
§ 11 Abs. 1 LPG NRW bestimmt, dass der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks verpflichtet sind, eine Gegendarstellung der Person oder der Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Die Verpflichtung erstreckt sich auf alle Neben- oder Unterausgaben des Druckwerks, in denen die Tatsachenbehauptung erschienen ist. Voraussetzung des Gegendarstellungsanspruchs ist damit die Veröffentlichung einer Tatsachenbehauptung in einem periodischen Druckwerk. In § 7 LPG NRW ist legal definiert, was ein Druckwerk ist. An die Periodizität werden keine hohen Anforderungen gestellt. Es reicht in der Regel aus, wenn – auch in größeren Abständen – eine wiederholte Herausgabe eines Druckwerks erfolgt.2
36 " Praxistipp: In Bayern bestehen besondere Anforderungen an das Vorliegen eines periodischen Druckwerks. Insofern ist vor der Geltendmachung eines
1 Die Rspr. der Oberlandesgerichte ist allerdings nicht einheitlich: für das strenge Allesoder-nichts-Prinzip OLG Karlsruhe v. 25.10.2002 – 14 U 67/02, AfP 2003, 439 f.; OLG München v. 10.4.1992 – 21 U 1849/92, AfP 1992, 304; OLG Köln v. 2.7.1985 – 15 U 127/85, AfP 1985, 227; OLG Hamburg v. 25.11.1982 – 3 U 180/82, AfP 1983, 345; mit Aufweichungstendenzen OLG Düsseldorf v. 21.3.2001 – 15 U 285/00, AfP 2001, 328. 2 Näher hierzu Prinz/Peters, Rz. 484.
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Gegendarstellungsanspruchs, der sich nach dem bayrischen Landespressegesetz richtet, dieser Punkt genau zu prüfen. Eine Veröffentlichung liegt vor, wenn das Druckwerk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
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Mittelpunkt der Voraussetzungen des Gegendarstellungsanspruchs ist die Tatsachenbehauptung. Der Betroffene kann seine Gegendarstellung nur auf Tatsachenbehauptungen, nicht jedoch auf Meinungsäußerungen stützen. Eine Tatsachenbehauptung liegt vor, wenn die Richtigkeit einer Äußerung mit den Mitteln des Beweises überprüft werden kann.1 Mit anderen Worten: Ist feststellbar, ob die Äußerung wahr oder unwahr ist, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Trotz dieser scheinbar einfachen Bestimmung einer Tatsachenbehauptung existieren zahlreiche Fälle, in denen die Abgrenzung von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen äußerst schwierig ist.2 Hervorzuheben ist, dass es sich auch bei Zitaten Dritter um Tatsachenbehauptungen handeln kann.3 Ferner kann eine Gegendarstellung auch gegen einen durch die Erstmitteilung erweckten Eindruck gegeben sein.4 Entscheidend für das Bestehen eines Anspruchs auf Veröffentlichung einer Eindrucksgegendarstellung ist, in welchem Sinne der konkrete Adressatenkreis die Erstmitteilung versteht.5 Es muss sich dem Adressatenkreis eine in den offenen Aussagen enthaltene zusätzliche eigene Aussage als unabweisliche Schlussfolgerung aufdrängen6.
38
b) Ausschlussgründe Die Landespressegesetze (z.B. §§ 7 Abs. 3,7 11 Abs. 2 LPG NRW) sehen vor, dass eine Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung unter gewissen Voraussetzungen nicht besteht.
39
Dies ist zum einen der Fall, wenn der Betroffene kein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung hat.8 Wann das so ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Kein berechtigtes Interesse kann beispielsweise vorliegen, wenn bei
40
1 BGH v. 26.11.1996 – VI ZR 323/95 – „Chefarzt“, NJW 1997, 1148; ausführlich hierzu: Löffler/Ricker, S. 170 Rz. 9 ff. 2 Vgl. hierzu die sehr ausführliche Darstellung bei Prinz/Peters, Rz. 2 ff. 3 Ausführlich Prinz/Peters, Rz. 487. 4 OLG Düsseldorf v. 20.2.2008 – I 15 U 176/07, AfP 2008, 208; OLG Hamburg v. 20.10.1994 – 3 U 162/94, NJW-RR 1995, 1053; OLG Hamburg v. 14.5.1987 – 3 U 22/87, AfP 1987, 625. 5 OLG Karlsruhe v. 30.11.2007 – 14 U 148/07, AfP 2008, 89; nach dieser Entscheidung besteht der Gegendarstellungsanspruch nicht, wenn lediglich bei einem unbedeutenden Teil der Adressaten (5–10 %) der Eindruck entsteht, die Erstmitteilung enthalte die mit der Gegendarstellung bekämpfte Tatsachenbehauptung. 6 BVerfG v. 19.12.2007 – 1 BvR 967/05, AfP 2008, 58. 7 Diese Vorschrift bestimmt, dass gewisse Druckwerke, wie amtliche Mitteilungen, den Bestimmungen der Landespressegesetze nicht unterfallen. 8 Die meisten Landespressegesetze enthalten eine solche Regelung. In den Landespressegesetzen, in denen es keine entsprechende Regelung gibt, gilt das berechtigte Interesse als allgemeines Rechtsprinzip (BGH v. 31.3.1965 – VI ZR 567/65, NJW 1965, 1230; OLG Naumburg v. 25.1.2006 – 6 U 149/05, OLGR Naumburg 2006, 400).
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einer belanglosen Tatsache nur marginal von der Richtigkeit abgewichen wurde. Gleichfalls kann dies der Fall sein, wenn eine Stellungnahme des Betroffenen bereits in der Erstmitteilung ausreichend berücksichtigt wurde. Ferner fehlt ein berechtigtes Interesse an einer Gegendarstellung, wenn das Presseorgan die Erstmitteilung bereits so berichtigt hat, dass alle Punkte einer Gegendarstellung korrigiert wurden.1 Das berechtigte Interesse für die Gegendarstellung kann schließlich auch fehlen, wenn die Gegendarstellung für den unbefangenen Empfänger irreführend ist. Dies wird aber nur auf wenige Ausnahmefälle zutreffen. Der Betroffene verliert seinen Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung aber nicht dadurch, dass er eine vor Veröffentlichung des Artikels von dem Publikationsorgan erbetene Stellungnahme nicht abgibt.2 41
Ferner bestimmen die Gegendarstellungsvorschriften der Landespressegesetze, dass die Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung grundsätzlich nicht in Bezug auf Anzeigen besteht, die ausschließlich werbenden Inhalt aufweisen. Zudem darf eine Gegendarstellung keinen strafbaren Inhalt haben. Dies ist der Fall, wenn der Text der Gegendarstellung den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt und rechtswidrig ist. Als Straftaten kommen hier in erster Linie die Äußerungsdelikte des Strafgesetzbuches in Betracht, wie beispielsweise die Beleidigung und üble Nachrede.
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Weitere Inhaltsbeschränkungen enthalten die Gegendarstellungsvorschriften der Landespressegesetze nicht. Aus diesem Grund hat der Rechtsverletzer grundsätzlich auch eine Gegendarstellung abzudrucken, mit der gegen zivilrechtliche Normen verstoßen wird. Ebenso dann, wenn die Darstellung der Tatsachen in der Gegendarstellung unwahr sind. Lediglich, wenn die Gegendarstellung einen offensichtlich unwahren Inhalt aufweist, wenn also die Unrichtigkeit allgemein bekannt und unzweifelhaft zutreffend ist, kann die Pflicht zum Abdruck der Gegendarstellung entfallen.3
43 " Praxistipp: Die vorgenannten Inhaltsbeschränkungen einer Gegendarstellung können in der Regel dadurch vermieden werden, dass schlicht Tatsache gegen Tatsache gegenübergestellt wird. 44
Schließlich besteht noch ein gesetzlicher Ausschlussgrund betreffend den Umfang der Gegendarstellung. Nach § 11 Abs. 2 Buchst. b LPG NRW besteht die Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung nicht, wenn die Gegendarstellung ihrem Umfang nach nicht angemessen ist. In § 11 Abs. 2 Satz 2 LPG NRW ist festgelegt, dass eine Gegendarstellung dann als angemessen gilt, wenn ihr Text den Umfang des beanstandeten Textes nicht überschreitet. Ab welchem Umfang eine Gegendarstellung bei Überschreiten der Erstmitteilung als unangemessen zu qualifizieren ist, ist einzelfallabhängig.4 Für die Beurteilung kommt 1 OLG Schleswig v. 17.1.2003 – 1 U 198/02, AfP 2004, 125 f.; LG Berlin v. 7.10.2003 – 27 O 526/03, AfP 2004, 148; Besonderheiten bestehen bei Parlaments- und Gerichtsberichten, hierzu ausführlich Prinz/Peters, Rz. 496 ff. 2 OLG Hamburg v. 5.7.2011 – 7 U 41/11, AfP 2012, 57. 3 OLG Karlsruhe v. 11.11.2005 – 14 U 173/05, AfP 2006, 168 ff. = OLGR Karlsruhe 2006, 156; ausführlich hierzu ferner Prinz/Peters, Rz. 554. 4 Vgl. zum Umfang einer Gegendarstellung auf der Titelseite OLG Karlsruhe v. 11.11.2005 – 14 U 173/05, AfP 2006, 168 ff.
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es darauf an, wie viel Platz im konkreten Fall erforderlich ist, um die Behauptungen in der Erstmitteilung richtig wiederzugeben und für den Empfänger in verständlicher Weise zu erwidern.1 c) Form der Gegendarstellung Die Landespressegesetze (z.B. § 11 Abs. 2 LPG NRW) sehen auch Formerfordernisse vor, ohne deren Einhaltung ein Abdruck einer Gegendarstellung nicht zu erfolgen braucht.
45
In den Landespressegesetzen ist in § 11 Abs. 2 Satz 3 festgelegt, dass die Gegendarstellung der Schriftform bedarf und von dem Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet sein muss.2 Die Schriftform bezieht sich nur auf den Gegendarstellungstext, nicht dagegen auf das Abdruckverlangen, das an keine Form gebunden ist, üblicherweise aber schriftlich erfolgt. Liegt keine ordnungsgemäße Unterzeichnung der Gegendarstellung vor, besteht ein schwerwiegender Mangel, der eine Veröffentlichungsverpflichtung ausschließt.3
46
" Praxistipp: Es ist sicherzustellen, dass der Betroffene das Gegendarstel- 47 lungsverlangen eigenhändig unterzeichnet und das Gegendarstellungsverlangen mit Originalunterschrift dem Rechtsverletzer übermittelt wird. Bei juristischen Personen ist darauf zu achten, dass deren gesetzliche Vertreter eigenhändig unterzeichnen.4 Ferner sollte der Mandant darauf hingewiesen werden, mit Vor- und Nachnamen zu unterzeichnen. Dies hilft ebenfalls, etwaige Streitigkeiten und Unklarheiten im Vorfeld zu vermeiden.
Weitere Formerfordernisse neben der Schriftform und der eigenhändigen Unterzeichnung des Betroffenen oder des gesetzlichen Vertreters bestehen nach den gesetzlichen Vorschriften nicht. Insbesondere ist nicht geregelt, in welcher Sprache die Gegendarstellung zu erfolgen hat. Einigkeit besteht aber darüber, dass die Gegendarstellung in Deutsch abgefasst sein muss, wenn sie sich gegen eine deutschsprachige Veröffentlichung richtet.5 Einigkeit besteht ebenfalls darüber, dass die Gegendarstellung ebenfalls in Deutsch abgefasst sein kann,
1 OLG Koblenz v. 13.12.2005 – 4 U 1492/05, ZUM-RD 2006, 173; OLG Hamburg v. 25.10.1984 – 3 U 149/84, AfP 1985, 53; OLG Düsseldorf v. 13.1.1988 – 15 U 262/87, AfP 1988, 160. 2 In den Landespressegesetzen, in denen diese Voraussetzung nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, ergibt sich die Notwendigkeit der eigenhändigen Unterschrift daraus, dass Schriftform vorgeschrieben ist (vgl. § 126 Abs. 1 BGB). 3 OLG Hamburg v. 5.4.1979 – 3 U 209/78, AfP 1979, 405; Prinz/Peters, Rz. 508. 4 In einigen Gegendarstellungsvorschriften wird nicht verlangt, dass der gesetzliche Vertreter das Gegendarstellungsverlangen zu unterzeichnen hat. In diesen Fällen wäre auch ein gewillkürter Vertreter berechtigt, das Gegendarstellungsverlangen zu unterzeichnen. Zur Vermeidung etwaiger Schwierigkeiten und Streitigkeiten über die Formrichtigkeit der Unterschrift sollte aber – wenn irgend möglich – die eigenhändige Unterschrift der gesetzlichen Vertreter bei juristischen Personen eingeholt werden. Die Unterzeichnung einer Gegendarstellung durch den Prokuristen einer juristischen Person reicht nicht aus – vgl. OLG Frankfurt v. 3.7.2003 – 16 U 40/03, AfP 2003, 459 ff. 5 Prinz/Peters, Rz. 506; Seitz/Schmidt, Rz. 174; Burkhardt in Wenzel, Kap. 11 Rz. 134.
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wenn sie in einem Druckwerk abgedruckt werden soll, das in fremder Sprache in Deutschland erscheint.1 d) Inhalt der Gegendarstellung 49
In den Gegendarstellungsvorschriften der Landespressegesetze sind nur einige Regelungen bezüglich des zulässigen Inhalts einer Gegendarstellung enthalten.
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In Bezug auf den Inhalt einer Gegendarstellung gilt, dass derjenige, der durch eine Tatsachenbehauptung betroffen ist, dieser mit einer eigenen Tatsachendarstellung entgegentreten kann. 2Er ist in diesem Rahmen in seiner Formulierung grundsätzlich frei. Üblicherweise setzt sich eine Gegendarstellung aus fünf Teilen zusammen. Sie besteht aus einer Überschrift, der Anknüpfung zur Erstmitteilung, der Wiedergabe der Erstmitteilung, der Erwiderung und als Abschluss aus der Unterzeichnung des Betroffenen. aa) Überschrift
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Üblicherweise wird als Überschrift der Begriff „Gegendarstellung“ verwendet. Wählt der Betroffene eine andere Formulierung oder eine Gegenüberschrift, ist strittig, ob der Rechtsverletzer zum Abdruck der Gegendarstellung verpflichtet ist.3
52 " Praxistipp: Es sollte grundsätzlich als Überschrift die Formulierung „Gegendarstellung“ gewählt werden. Nur mit der Wahl dieser Formulierung wird verhindert, dass mit dem Rechtsverletzer wegen der gewählten Überschrift über die Zulässigkeit der Überschrift und damit ggf. sogar über die Abdruckverpflichtung der gesamten Gegendarstellung gestritten werden muss. bb) Anknüpfung an die Erstmitteilung 53
Die Landespressegesetze schreiben grundsätzlich nicht vor, ob und in welcher Form an die Erstmitteilung angeknüpft werden muss. Gleichwohl hat sich dies in der Praxis eingebürgert und ist grundsätzlich auch zweckmäßig. Aus der Anknüpfung an die Erstmitteilung ergibt sich, in welcher Ausgabe, auf welcher Seite und unter Umständen auch unter welcher Überschrift die beanstandete Tatsachenbehauptung erschienen ist. cc) Wiedergabe der Erstmitteilung
54
Nach der Anknüpfung an die Erstmitteilung ist diese wiederzugeben. Hierbei ist besonders sorgfältig zu arbeiten. Die Gerichte stellen sehr strenge Anforderun-
1 Prinz/Peters, Rz. 506; Seitz/Schmidt, Rz. 174; Burkhardt in Wenzel, Kap. 11 Rz. 134. 2 Enthält eine isolierte Aussage Tatsachenbehauptungen, die vom durchschnittlichen Leser als Satire verstanden werden, ist die Aussage nicht gegendarstellungsfähig, KG v. 17.1.2011 – 10 W 172/10, AfP 2011, 371. 3 Ausführlich zu den strittigen Konstellationen Prinz/Peters, Rz. 522.
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gen an die richtige Wiedergabe der Erstmitteilung.1 Der Betroffene kann die Erstmitteilung wörtlich oder auch sinngemäß wiedergeben.2
" Praxistipp: Regelmäßig sollte die Erstmitteilung wörtlich wiedergegeben 55 werden. Hierdurch wird das Risiko ausgeschlossen, dass Interpretationen der Erstmitteilung erfolgen mit der Folge, dass wegen des „Alles-odernichts-Prinzips“3 die Abdruckverpflichtung der Gegendarstellung entfällt. Bei einer sinngemäßen Wiedergabe ist darauf zu achten, dass ausschließlich der objektive Sinn der Erstmitteilung wiedergegeben wird und keine Interpretation der Erstmitteilung erfolgt.
Die wörtliche Wiedergabe der Erstmitteilung braucht nicht in verkürzender Zusammenfassung zu erfolgen, kann aber auf bestimmte Tatsachenbehauptungen beschränkt werden. Die jeweilige Ausgestaltung der Wiedergabe der Erstmitteilung hängt vom konkreten Einzelfall ab. Als Maßstab kann gelten, dass die Erstmitteilung in der Weise wörtlich wiedergegeben werden darf, dass der unbefangene Leser den Bezug der Gegendarstellung einordnen kann.
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dd) Erwiderung Die Erwiderung bezieht sich darauf, eine öffentliche Tatsachenbehauptung anders als geschehen darzustellen und sie dadurch zu berichtigen.4 Wichtig ist, dass nur mit einer Tatsachenbehauptung erwidert wird und nicht mit einer Meinungsäußerung. Hieran stellt die Rechtsprechung sehr strenge Anforderungen. Der Betroffene ist berechtigt, gegen jede öffentliche Tatsachenbehauptung seine eigene Tatsachendarstellung gegenüberzustellen. Erwidert werden kann in verschiedenster Weise. Prinz/Peters unterscheiden zwischen vier Varianten: die bloße Verneinung, die Behauptung eines anderen Sachverhalts, die Ergänzung sowie das Anführen von Belegtatsachen.5 Die einfache Verneinung und die Darstellung eines anderen Sachverhalts sind die gängigsten Erwiderungsvarianten innerhalb einer Gegendarstellung. Daneben ist der Betroffene auch berechtigt, Ergänzungen oder Erläuterungen in seiner Erwiderung aufzunehmen, wenn dies für das Verständnis des Lesers bedeutsam und erforderlich ist.6 Dies ist der Fall, wenn die Ergänzung oder Erläuterung notwendig ist, um einen falschen Eindruck oder ein schiefes Bild durch die Erstmitteilung zu korrigieren. Dies kann aber auch der Fall sein, wenn die Erstmitteilung einen wesentlichen Aspekt der Angelegenheit nicht enthält und erst durch eine Ergänzung ein falscher Eindruck/falscher Anschein korrigiert werden kann. Die Ergänzung 1 Vgl. OLG Hamburg v. 24.3.1988 – 3 U 19/88, AfP 1989, 465; OLG Frankfurt v. 21.6.1985 – 10 U 131/85, AfP 1985, 288. 2 OLG Karlsruhe v. 10.3.1992 – 3 U 65/91, AfP 1992, 373 = NJW-RR 1992, 1305; OLG Hamburg v. 20.10.1994 – 3 U 162/94, NJW-RR 1995, 1053; OLG Dresden v. 14.11.1996 – 4 U 2271/96, NJW 1997, 1379. 3 Vgl. zur Ausnahme vom „Alles-oder-nichts-Prinzip“ OLG Frankfurt v. 28.8.2008 – 16 U 223/08, AfP 2008, 628. 4 OLG Karlsruhe v. 10.3.1992 – 3 U 65/91, AfP 1992, 373; Prinz/Peters, Rz. 529. 5 Prinz/Peters, Rz. 532. 6 OLG Hamburg v. 24.3.1988 – 3 U 19/88, AfP 1989, 465; OLG Karlsruhe v. 10.3.1992 – 3 U 65/91, AfP 1992, 373.
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ist durch eine geeignete Einleitung deutlich zu machen, wie beispielsweise „Hierzu ist anzumerken, …“ oder „Hierzu stelle ich fest: …“.1 Unzulässig wäre es in einem solchen Fall aber, wenn die Formulierung „falsch“ oder „unwahr“ gewählt würde, da die Erstmitteilung als solche nicht falsch oder unwahr ist, sondern nur einen falschen Eindruck vermittelt.2 Zulässig ist auch, neue Tatsachen in die Erwiderung aufzunehmen, wenn sie als Beleg oder Beweis für die Richtigkeit der Entgegnung angeführt werden, wenn sie den Schluss zulassen, dass die Erstmitteilung nicht zutrifft oder wenn ohne sie die Glaubwürdigkeit der Erwiderung angezweifelt werden könnte.3 ee) Abschluss der Gegendarstellung 58
Wie bereits zum Unterpunkt „Form der Gegendarstellung“ erwähnt, muss die Gegendarstellung von den Betroffenen eigenhändig unterzeichnet werden. Ort und Datum der Unterzeichnung müssen nicht angegeben werden. Lediglich unter bestimmten engen Voraussetzungen ist es zulässig, dass die Gegendarstellung anstatt mit der eigenhändigen Namensunterschrift nur mit den Initialen unterzeichnet wird. e) Verfahrensablauf aa) Abdruckverlangen mit Gegendarstellung
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Begehrt der Betroffene wegen der Veröffentlichung von Tatsachenbehauptungen gegen den Rechtsverletzer eine Gegendarstellung, ist es selbstverständlich erforderlich, dass er das Veröffentlichungsverlangen dem Rechtsverletzer zuleitet. Eine Zuleitung der Gegendarstellung per Telefax reicht nicht aus4. In den Gegendarstellungsvorschriften der Landespressegesetze ist zudem geregelt, dass der Betroffene den Abdruck nur verlangen kann, wenn die Gegendarstellung dem verantwortlichen Redakteur oder dem Verleger unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung zugeht. Bezüglich der Zuleitung und der Bewertung der Unverzüglichkeit gelten die allgemeinen Grundsätze. Zugegangen ist die Gegendarstellung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von ihr Kenntnis zu nehmen. Unverzüglichkeit ist gegeben, wenn die Gegendarstellung ohne schuldhaftes Zögern verlangt wird.5 Hieran kann es 1 Prinz/Peters, Rz. 539. Nach OLG Oldenburg v. 23.8.2010 – 13 U 23/10, AfP 2011, 74, muss die Gegendarstellung regelmäßig in der Ich-Form abgefasst werden. Die Verwendung der Formulierung „wir stellen richtig“ ist nicht zulässig, wenn es sich um die Entgegnung lediglich einer natürlichen Person handelt. 2 Prinz/Peters, Rz. 539. 3 Prinz/Peters, Rz. 540 mit Verweis auf die Rechtsprechung des OLG Koblenz v. 6.5.1997 – 4 U 118/97, NJW-RR 1998, 23 und des OLG Frankfurt v. 21.6.1985 – 10 U 131/85, AfP 1985, 288 = NJW-RR 1986, 606. 4 OLG Hamburg v. 18.5.2010 – 7 U 121/09, AfP 2011, 72–74. 5 Nach dem LG Frankfurt/Oder v. 14.4.2004 – 12 O 155/04, AfP 2004, 457 und dem OLG Stuttgart v. 8.2.2006 – 4 U 221/05, AfP 2006, 252 ff. = OLGR Stuttgart 2006, 400 liegt Unverzüglichkeit vor, wenn das Abdruckverlangen innerhalb von zwei Wochen nach der Erstmitteilung erfolgt. Das Bayerische Pressegesetz enthält das Unverzüglichkeits-
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M 21.1
III. Schutz vor Presseveröffentlichungen
§ 21
Rz. 61
bereits fehlen, wenn das Gegendarstellungsbegehren zunächst von einer Person gestellt wird, die nicht betroffen ist und erst im Nachgang die tatsächlich betroffene Person den Abdruck der Gegendarstellung verlangt1. Zu beachten ist allerdings die dreimonatige Ausschlussfrist. Sie beginnt mit dem Tag des Erscheinens des Druckwerks. Wer erst drei Monate nach Erscheinen des Druckwerks eine Gegendarstellung verlangt, hat keinen Anspruch auf ihren Abdruck. Im Abdruckverlangen ist grundsätzlich lediglich darauf zu achten, dass gegenüber dem Rechtsverletzer hinreichend deutlich gemacht wird, welche Art der Veröffentlichung gefordert wird. Versäumt dies der Betroffene, kann er nach der Veröffentlichung der von ihm geforderten Gegendarstellung nicht mehr die ihm zustehende Art der Veröffentlichung verlangen, also beispielsweise einen Hinweis auf die Gegendarstellung im Inhaltsverzeichnis.2 Welche Art der Veröffentlichung der Betroffene von dem Rechtsverletzer verlangen kann, ergibt sich regelmäßig aus den Gegendarstellungsvorschriften der Landespressegesetze. Dort ist geregelt, dass die Gegendarstellung „in dem gleichen Teil des Druckwerks und mit gleicher Schrift wie der beanstandete Text ohne Einschaltung und Weglassung“ abzudrucken ist. Das bedeutet bei einer Ankündigung des betroffenen Artikels im Inhaltsverzeichnis, dass auch verlangt werden kann, dass im Inhaltsverzeichnis auf die Gegendarstellung hingewiesen wird. Ebenso kann verlangt werden, wenn die angegriffene Tatsachenbehauptung auf der Titelseite veröffentlicht wurde, dass auch die Gegendarstellung auf der Titelseite abgedruckt wird.3
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Veröffentlichungsverlangen Einschreiben mit Rückschein
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21.1 61
Verlag XY . . . [Anschrift] Aufforderung zum Abdruck einer Gegendarstellung in der Zeitschrift „. . .“ Sehr geehrte Damen und Herren,
gebot nicht. In Bayern gilt das Prinzip der Aktualitätsgrenze. Näher hierzu OLG München v. 18.6.2002 – 21 W 1627/02, AfP 2003, 165 f. = OLGR München 2003, 239 (bis zu vier Wochen nach Erstmitteilung bei Tageszeitungen); LG München I v. 10.10.2004 – 9 O 17211/04, AfP 2004, 578 ff. Nach OLG Hamburg v. 18.5.2010 – 7 O 121/09, AfP 2011, 72, liegt eine unverzügliche Zuleitung in der Regel nicht vor, wenn der Abdruck einer Gegendarstellung mehr als zwei Wochen, nachdem der Betroffene von der Erstmitteilung Kenntnis erlangt hat, verlangt wird. 1 KG v. 1.2.2010 – 10 W 11/10, AfP 2011, 187; in dieser Entscheidung hatte zunächst der nicht betroffene Chefredakteur den Abdruck der Gegendarstellung verlangt und erst im Nachgang der tatsächlich betroffene Verlag. 2 Prinz/Peters, Rz. 583. 3 KG v. 9.1.2007 – 9 U 248/06, AfP 2007, 231 f., Anspruch auf Titelseitenabdruck besteht nicht, soweit auf Titelseite nur ein „Anreißer“ für die Berichterstattung im Innenteil abgedruckt war.
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§ 21
Rz. 62
Presserecht
M 21.2
hiermit zeige ich unter Bezugnahme auf die beigefügte Originalvollmacht an, dass mich Herr Martin Mustermann mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. Als Anlage übersende ich eine Gegendarstellung von Herrn Martin Mustermann, zu dem in der Zeitschrift „. . .“, Ausgabe 25, vom 12. Juni 2003, auf den Seiten 40 bis 44 unter der Überschrift „War Möllemann käuflich?“ veröffentlichten Beitrag mit der Aufforderung, die Gegendarstellung in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift „. . .“ unter Ankündigung im Inhaltsverzeichnis entsprechend den Vorschriften des § 11 Abs. 3 des Hamburgischen Pressegesetzes zu veröffentlichen. Für Ihre schriftliche Bestätigung, dass Sie Ihrer Veröffentlichungspflicht nachkommen, haben wir uns eine Frist bis zum 3. Juli 2003, 12 Uhr (hier eingehend) notiert. Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt
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21.2 62
Gegendarstellung
In der Ausgabe Nr. 25 der Zeitschrift „. . .“ vom 12. Juni 2003 ist auf den Seiten 40 bis 44 ein Beitrag unter der Überschrift „War Möllemann käuflich?“ enthalten, in dem über die geschäftlichen Aktivitäten des Politikers Jürgen Möllemann unter anderem berichtet wird: „Auch Wegener wurde bedacht. Der Möllemann-Partner unterschrieb mit dem Chef des Fuchs-Produzenten Thyssen Industrie, Eckhart Rohkam, ein Attachment über die Zahlung von „8,93 Millionen Mark als Honorar für Marketing in der Golfregion“. Wegener hatte über den Valutatreuhänder Martin Mustermann die „Great Golf Cooperation“ in Panama gründen lassen. Die Millionen flossen auf deren Liechtensteiner Konto . . .“ Die Behauptung, dass Wegener über den Valutatreuhänder Martin Mustermann die „Great Golf Cooperation“ in Panama einrichten ließ, ist falsch. Herr Martin Mustermann hat weder für Herrn Wegener eine panamesische Gesellschaft errichtet noch mit diesem oder Herrn Möllemann persönliche oder geschäftliche Kontakte unterhalten. [Originalunterschrift von] Herrn Martin Mustermann
bb) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 63
Kommt der Rechtsverletzer dem Gegendarstellungsverlangen nicht nach, kann der Betroffene eine einstweilige Verfügung beantragen.
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M 21.3
III. Schutz vor Presseveröffentlichungen
§ 21
Rz. 67
" Praxistipp: Bevor eine einstweilige Verfügung beantragt wird, sollte noch 64 einmal überprüft werden, ob tatsächlich alle Formalien im Zusammenhang mit dem Gegendarstellungsverlangen eingehalten worden sind. Das „Allesoder-nichts-Prinzip“ führt dazu, dass selbst geringe formelle Fehler das Gegendarstellungsverlangen unberechtigt werden lassen. Hat der Rechtsverletzer einen formellen Fehler beanstandet, kann dieser ggf. durch ein neues Gegendarstellungsverlangen geheilt werden. Es ist dann aber oftmals die Frage, ob dieses zweite Gegendarstellungsverlangen noch unverzüglich erfolgt.
Die prozessuale Durchsetzung des Abdrucks einer Gegendarstellung erfordert neben der Überprüfung, dass alle formellen Voraussetzungen des Gegendarstellungsverlangens eingehalten sind, die Prüfung, welches Gericht zuständig ist. Dies wiederum hängt davon ab, ob nur der Verleger oder auch zusätzlich noch der verantwortliche Redakteur in Anspruch genommen wird.
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Abgesehen von diesen Besonderheiten gelten die allgemeinen Anforderungen der ZPO über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Beachtenswert ist allerdings, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach dem Sitz der Antragsgegnerin richtet. Im Gegendarstellungsrecht besteht kein fliegender Gerichtsstand. Es ist daher nicht der Gerichtsstand am Verbreitungsort des periodischen Druckwerks begründet.1
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Antragsschrift Landgericht . . .
21.3 67
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des [Martin Mustermann, Musterstraße 1, 20355 Hamburg] – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen die . . ., vertreten durch den Vorstand, Straße, PLZ, Stadt – Antragsgegnerin – wegen: Gegendarstellung Vorläufiger Streitwert: 10 000 Euro1 Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen: 1 Bei Gegendarstellungsansprüchen ist regelmäßig ein Streitwert von mehr als 5 000 Euro gegeben und insofern die Zuständigkeit des Landgerichts begründet, vgl. Prinz/Peters, Rz. 588.
1 Löffler/Ricker, S. 190 Rz. 5 ff. m.w.N.
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Rz. 68
Presserecht
M 21.3
Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) auferlegt, unter Ankündigung im Inhaltsverzeichnis und unter Abdruck in dem gleichen Teil der Zeitschrift „. . .“, in dem der Artikel „War Möllemann käuflich?“ („. . .“, Ausgabe 25, vom 12. Juni 2003, auf Seiten 40 bis 44) erschienen ist, mit gleicher Schrift und der Hervorhebung des Wortes Gegendarstellung als Überschrift durch entsprechende drucktechnische Anordnung der Schriftgröße in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen: . . . [Text der Gegendarstellung] Begründung: 1. In der Zeitschrift „. . .“ vom 12. Juni 2003 veröffentlichte die Antragsgegnerin als Verlegerin der Zeitschrift „. . .“ den als Anlage AST 1 beigefügten Artikel mit der Überschrift „War Möllemann käuflich?“. Die Verlegereigenschaft ergibt sich aus dem Impressum der Zeitschrift, beigefügt als Anlage AST 2. 2. Der Artikel enthält unzutreffende Tatsachenbehauptungen, die den Antragsteller betreffen. Mit Schreiben vom 19. Juni 2003, Anlage AST 3, ist die Antragsgegnerin unter Beifügung einer Originalvollmacht des Antragstellers zum Abdruck der als Anlage AST 4 beigefügten und vom Antragsteller original unterschriebenen Gegendarstellung aufgefordert worden. Die Antragsgegnerin hat die ihr gesetzte Frist fruchtlos verstreichen lassen. . . . [Hinweis: Hat die Antragsgegnerin reagiert und das Gegendarstellungsverlangen aus bestimmten Gründen abgelehnt, sollten an dieser Stelle die Ablehnungsgründe erörtert werden.] 3. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts wird durch den Sitz der Verlegerin in . . . begründet. Der Anspruch auf Abdruck der Gegendarstellung ergibt sich aus § . . . LPG des Landes . . . Rechtsanwalt
cc) Weiterer Verfahrensablauf 68
Das Gericht kann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO durch Beschluss stattgeben oder aber auch ablehnen. Wird 736
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Rz. 69
§ 21
eine Beschlussverfügung erlassen, ist diese dem Antragsgegner nach den allgemeinen Zustellungsregelungen zuzustellen.1 Der Antragsgegner kann gegen die Beschlussverfügung Widerspruch erheben.
" Praxistipp: Gleichzeitig mit der Erhebung eines Widerspruchs sollte das Presseorgan einen Antrag auf Anordnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen, um nicht zum Abdruck vor Durchführung des Verfügungsverfahrens gezwungen zu sein. Hierfür ist das Gericht zuständig, das die einstweilige Abdruckverfügung erlassen hat2.
Ist dies der Fall, findet eine mündliche Verhandlung statt, an deren Ende ein Urteil steht, gegen das Berufung eingelegt werden könnte.3 Ferner hat das Gericht die Möglichkeit, vor einer Entscheidung eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der weitere Ablauf entspricht dann dem zuvor Gesagten. Die Veröffentlichung einer Gegendarstellung nach Erlass einer hierzu verpflichtenden einstweiligen Verfügung führt zur Erledigung des Rechtsstreits.4 dd) Anpassung der Gegendarstellung im Verfahren Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ist oftmals von Bedeutung, ob das Gericht, wenn es zu dem Ergebnis kommt, dass einzelne Passagen in der Gegendarstellung unzulässig sind, diese in eine zulässige Gegendarstellung ändern darf. Bei den Gerichten hat sich hierzu eine unterschiedliche Spruchpraxis herausgebildet. Grundsätzlich gilt das strenge „Alles-oder-nichtsPrinzip“.5 Auch bei den Vertretern des strengen „Alles-oder-nichts-Prinzips“ werden aber geringfügige und unwesentliche Änderungen akzeptiert.6 Zulässig ist beispielsweise eine Verbesserung von orthografischen und grammatikalischen Fehlern sowie die Streichung einzelner Worte oder der Austausch von Begriffen. Andere Oberlandesgerichte sind der Auffassung, dass das „Alles-odernichts-Prinzip“ nur innerhalb eines einheitlichen, auf einen Punkt gerichteten Gegendarstellungsanspruchs besteht.7 Liegen also verschiedene klar voneinander abgetrennte Äußerungen in der Gegendarstellung vor, kann auch über die einzelnen Äußerungen separat entschieden werden. Eine erneute Zuleitung eines nachträglich ergänzten Textes einer Gegendarstellung ist nicht zwingend 1 Ausreichend ist die Zustellung der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb, OLG Hamm v. 30.3.2011 – 3 U 49/11, AfP 2011, 377. 2 OLG München v. 22.10.2007 – 18 W 2506/07, AfP 2008, 309. 3 Für die wirksame Vollziehung einer Urteilsverfügung auf Abdruck einer Gegendarstellung genügt die Telefax-Zustellung der Ausfertigung der Sitzungsniederschrift, wenn sie eine Kurzausfertigung des Urteils enthält, OLG München v. 6.10.2006 – 18 W 2365/06, AfP 2007, 53 f. 4 OLG Koblenz v. 13.12.2005 – 4 U 1491/05, OLGR Koblenz 2006, 256 = NJW-RR 2006, 484. 5 OLG Hamburg v. 20.10.1995 – 3 U 162/94, NJW-RR 1995, 1053; OLG Karlsruhe v. 25.5.1994 – 6 U 40/94, AfP 1994, 317; OLG München v. 13.2.1987 – 21 U 5627/86, AfP 1987, 604 = NJW 1988, 349. 6 OLG Hamburg v. 20.10.1995 – 3 U 162/94, NJW-RR 1995, 1053; OLG München v. 13.2.1987 – 21 U 5627/86, AfP 1987, 604 = NJW 1988, 349. 7 OLG Frankfurt v. 21.6.1985 – 10 U 131/85, AfP 1985, 288 = NJW-RR 1986, 606; OLG Celle v. 13.7.1994 – 13 W 45/94, NJW-RR 1995, 794.
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§ 21
Rz. 70
Presserecht
erforderlich, wenn die Verantwortlichen von den Ergänzungen bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren Kenntnis erlangt haben.1 Im Saarland stellt sich im Übrigen die Diskussion nicht. Dort hat der Betroffene im einstweiligen Verfügungsverfahren das Recht, die Gegendarstellung zu ändern (§ 11 Abs. 4 Satz 6 des Saarländischen Pressegesetzes).
2. Unterlassungsansprüche 70
Ein Betroffener von unrechtmäßiger Medienberichterstattung kann sich gegen diese auch mittels eines Unterlassungsanspruchs zur Wehr setzen. Unterlassungsansprüche können kumulativ neben Gegendarstellungsansprüchen geltend gemacht werden. In der Praxis spielt die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes gegen unrechtmäßige Medienberichterstattung eine wichtige Rolle. Der Unterlassungsanspruch kann sich dabei sowohl gegen eine beabsichtigte Verbreitung als auch gegen eine bereits erfolgte Verbreitung richten. a) Voraussetzungen
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Die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gegen eine unrechtmäßige Medienberichterstattung sind nicht spezialgesetzlich geregelt. Es muss daher auf die allgemeinen zivilrechtlichen und zivilprozessrechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden. Nach § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB kann ein Unterlassungsanspruch gegen eine unrechtmäßige Medienberichterstattung darauf gestützt werden, dass eine Verletzung geschützter sonstiger Rechte des Betroffenen vorliegt, also insbesondere, dass er in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder in seinem Recht am eigenen Bild verletzt ist. Auch Verstöße gegen ausdrückliche straf- oder zivilrechtliche Bestimmungen zum Schutz der Ehre und des wirtschaftlichen Rufes kommen gemäß § 823 Abs. 2 BGB als Anknüpfungspunkte für die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen in Betracht.2
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Für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs muss ferner Begehungsgefahr bestehen. Hierzu wird auf die obigen Ausführungen zur Erst- und Wiederholungsgefahr verwiesen. b) Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs aa) Abmahnung
73
Auch in presserechtlichen Angelegenheiten sollte regelmäßig vor Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung das Presseorgan abgemahnt werden. Unterbleibt die Abmahnung, erkennt der Rechtsverletzer den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aber im gerichtlichen Verfahren sogleich an, hat der Betroffene nach § 93 ZPO die Verfahrenskosten zu tragen. Ferner 1 KG v. 21.3.2006 – 9 U 40/06, AfP 2006, 255 f.; a.A. offensichtlich LG Lüneburg v. 20.7.2005 – 5O 239/05, AfP 2006, 83 ff. 2 Söhring, S. 673 § 30 Rz. 3.
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III. Schutz vor Presseveröffentlichungen
Rz. 79
§ 21
wird ohne Abmahnung eine einstweilige Verfügung in der Regel nicht ohne mündliche Verhandlung erlassen, um einen ansonsten erfolgenden Eingriff in die Presse- und Rundfunkfreiheit der Medien nicht ohne rechtliches Gehör vorzunehmen.1 In Ausnahmefällen ist eine Abmahnung aber entbehrlich.2 bb) Rechtsweg/örtliche und sachliche Zuständigkeit Für Streitigkeiten über zivilrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber Medienäußerungen ist ausnahmslos der Zivilrechtsweg eröffnet.
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Örtlich zuständig für die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen ist zunächst der Sitz des Medienunternehmens und der Wohnsitz des oder derjenigen, die im Einzelfall persönlich in Anspruch genommen werden können. Daneben ist nach § 32 ZPO auch das Gericht an dem Ort örtlich zuständig, an dem die unerlaubte Handlung begangen worden ist. Wird also eine periodische Druckschrift in der gesamten Bundesrepublik Deutschland vertrieben, ist der Gerichtsstand auch an jedem Ort gegeben. Bei regional verbreiteten Medien kommt es auf die bestimmungsgemäße Verbreitung an.3
75
Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Wert des Streitgegenstandes, der vom Gericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festgesetzt wird.
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" Praxistipp: Regelmäßig sollte als Streitwert ein Betrag vorgeschlagen wer- 77 den, der zur sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts führt. Die Landgerichte haben häufig spezielle Pressekammern eingerichtet, bei denen eine hohe Gewähr für Sachkompetenz besteht.
cc) Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch/Glaubhaftmachungsmittel Im einzelnen Verfügungsverfahren müssen die Voraussetzungen für den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund von dem Betroffenen und Antragsteller glaubhaft gemacht werden (§§ 935, 936, 920 Abs. 2 ZPO). Wird eine Beschlussverfügung angestrebt, kommen als Glaubhaftmachungsmittel nur eidesstattliche Versicherungen, Urkunden und die anwaltliche Versicherung in Betracht.4
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Findet eine mündliche Verhandlung statt, müssen alle Glaubhaftmachungsmittel präsent sein. Von dem Grundsatz, dass der Anspruchssteller die Glaubhaftmachungslast für die rechtsbegründenden Tatsachenmerkmale trägt und der Anspruchsgegner für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden und rechtshemmenden Tatsachenmerkmale gibt es im Medienrecht zwei wichtige Ausnahmen: Das Medienunternehmen, das eine Äußerung behauptet und verbrei-
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1 Söhring, S. 683 § 30 Rz. 19. 2 Vgl. LG Berlin v. 19.1.2010 – 27 O 962/09 AfP 2011, 79. 3 OLG Köln v. 21.9.1987 – 6 W 54/87, AfP 1988, 146; OLG Frankfurt v. 11.11.1988 – 6 W 128/88, GRUR 1989, 136; OLG Frankfurt v. 7.2.2011 – 25 W 41/10, AfP 2011, 278, zur Abrufbarkeit einer im Internet verbreiteten Äußerung durch eine regionale Tageszeitung. 4 Peters in Prinz/Peters, Rz. 375.
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M 21.4
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tet hat, muss in Fällen pauschaler Behauptungen diese näher substantiieren.1 Geht es dagegen um eine Behauptung, die geeignet ist, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder sonst in seinem sozialen Geltungsbereich zu beeinträchtigen, trägt grundsätzlich ebenfalls das Medienunternehmen die Beweislast für die Wahrheit der Behauptung. Hier findet also eine Beweislastumkehr statt. Die dargestellte Regel über die Beweislastumkehr gilt nach ständiger Rechtsprechung allerdings dann nicht, wenn sich das verbreitende Medienunternehmen auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) berufen kann. dd) Antragsfassung In Bezug auf den Verbotsumfang muss sich ein gerichtliches Unterlassungsgebot stets an der konkreten Verletzungsform orientieren und hat sich auch darauf zu beschränken.2 Der Antrag und das anschließende Verbot sind also auf die konkreten Äußerungen in ihrer wörtlichen oder sinngemäßen Wiedergabe zu beschränken.3
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
An das Landgericht (Amtsgericht) . . . Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des – Antragstellers – Verfahrensbevollmächtigter: gegen den Verleger (verantwortlichen Redakteur) – Antragsgegner – wegen: Unterlassung vorläufiger Streitwert: . . . Euro Ich zeige an, dass ich Prozessbevollmächtigter bin und den Antragsteller vertrete. Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen: 1. Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird dem Antragsgegner bei Meidung eines vom Gericht für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass 1 Näher hierzu Peters in Prinz/Peters, Rz. 378. 2 BGH v. 3.6.1975 – VI ZR 123/74 – „Geist von Oberzell“, NJW 1975, 1882 = GRUR 1976, 210. 3 Besonderheiten können in Fällen von verdeckten Behauptungen und in Fällen vorliegen, in denen durch die Presseveröffentlichung ein bestimmter Eindruck hervorgerufen wird. Vgl. hierzu näher Söhring, S. 689 § 30 Rz. 29b.
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M 21.4
III. Schutz vor Presseveröffentlichungen
Rz. 81
§ 21
dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, . . . 2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Begründung: I. 1. Der Antragsgegner ist Verleger der in . . . erscheinenden Zeitschrift „. . .“. In der Ausgabe Nr. . . . vom . . . dieser Zeitschrift ist unter dem Artikel . . . auf den Seiten . . . über den Antragsteller folgendes behauptet worden: . . . Glaubhaftmachung: Auszug aus der Zeitschrift „. . .“, Ausgabe Nr. . . . vom . . ., Anlage AST 1. Die Behauptung ist unwahr. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des . . . Anlage AST 2. Zudem ist die Behauptung geeignet, den Antragsteller in seinem guten Ruf zu beeinträchtigen . . . [näher ausführen!]. 2. Der Antragsteller hat den Antragsgegner mit Schreiben vom . . . zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Der Antragsgegner hat dies mit Schreiben vom . . . ohne Begründung abgelehnt. II. Rechtliche Würdigung 1. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ist gegeben, da die Zeitschrift „. . .“ auch in . . . verbreitet wird. 2. Dem Antragsteller steht gegen den Antragsgegner ein Unterlassungsanspruch nach den §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu. . . . [An dieser Stelle sollten noch einige nähere Erläuterungen folgen, warum die streitgegenständliche Behauptung gerade zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts führt.] 3. Der Verfügungsgrund, d.h. die außerordentliche Dringlichkeit für den Erlass der einstweiligen Verfügung ergibt sich daraus, dass weitere Veröffentlichungen vom Antragsgegner mit derselben Behauptung zu erwarten sind. . . . [Hinweis: An dieser Stelle könnte noch näher ausgeführt werden, warum mit weiteren Veröffentlichungen gerechnet wird.] 4. Sollte das Gericht wider Erwarten die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Überlassung der Antragsschrift an die Antragsgegnerin zur Stellungnahme oder die Zurückweisung des Antrags in Erwägung ziehen, bitten wir um eine vorherige telefonische Kontaktaufnahme mit dem Unterzeichner unter . . . Rechtsanwalt
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§ 21
Rz. 82
Presserecht
ee) Weiterer Verfahrensablauf 82
Wird die einstweilige Verfügung als Beschlussverfügung erlassen, hat sie der Antragsteller entsprechend der allgemeinen zivilprozessrechtlichen Vorschriften dem Antragsgegner zuzustellen. Gegen die erlassene Beschlussverfügung steht dem Antragsgegner als Rechtsmittel der Widerspruch zu. Das Verfahren nimmt dann mit mündlicher Verhandlung und anschließendem Urteil seinen herkömmlichen Verlauf. Keine Besonderheiten bestehen ebenfalls dann, wenn das Gericht vor Erlass der einstweiligen Verfügung Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.
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§ 22 Markenrecht Inhaltsübersicht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen . . . 1. Zuständigkeit der Gerichte . . . a) Sachliche und funktionelle Zuständigkeit . . . . . . . . . b) Örtliche Zuständigkeit . . . . 2. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . 3. Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . a) Verfügungsgrund . . . . . . . b) Verfügungsanspruch . . . . . 4. Aktivlegitimation/Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktivlegitimation . . . . . . . b) Passivlegitimation . . . . . . III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen 1. Überblick . . . . . . . . . . . . .
1 6 7 8 13 19 21 22 25 28 29 37
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2. Unterlassungsansprüche a) Anspruchsvoraussetzungen . b) Anspruchsdurchsetzung aa) Abmahnung . . . . . . . . bb) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 3. Auskunftsansprüche a) Überblick . . . . . . . . . . . . b) Auskunftsanspruch gegen Rechtsverletzer . . . . . . . . c) Anspruchsdurchsetzung . . . d) Auskunftsanspruch gegen Dritte . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Ansprüche im einstweiligen Verfügungsverfahren a) Besichtigungsanspruch . . . . b) Vernichtungsanspruch . . . . c) Weitere markenrechtliche Ansprüche im einstweiligen Verfügungsverfahren . . . . .
42 50 55 59 60 62 67
70 72 74
Literatur: Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009; Fezer, Markenrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2009; Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG, 30. Aufl. 2012; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2010; Nordemann, Wettbewerbsrecht/Markenrecht, 11. Aufl. 2012; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, Kommentar, 5. Aufl. 2010; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl. 2012.
I. Einführung Das Markenrecht hat seit der Einführung des Markengesetzes im Jahr 1995 eine rasante Entwicklung genommen. Dies bezieht sich nicht nur auf materiellrechtliche Fragestellungen, sondern auch auf den prozessualen Bereich. Der einstweilige Rechtsschutz bildet dabei einen Schwerpunkt. Dies ergibt sich daraus, dass in vielen Markenrechtsfällen die Sachverhalte nicht oder nicht in wesentlichen Bereichen umstritten sind. In den meisten Fällen geht es vielmehr um die Klärung von Rechtsfragen, insbesondere um die Klärung der Frage, ob eine Verwechslungsgefahr zwischen den gegenüberstehenden Marken besteht. Solche Sachverhalte bieten sich an, um sie im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu klären und das Hauptsacheverfahren auszusparen.
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Beachtenswert ist aber Folgendes: Befindet sich die streitgegenständliche Marke noch im Eintragungsprozess, besteht für den Verletzten bei einer deutschen Markeneintragung die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten nach Ver-
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öffentlichung der Eintragung Widerspruch zu erheben und ein amtliches Widerspruchsverfahren gegen die Markeneintragung durchzuführen. Das amtliche Widerspruchsverfahren und das einstweilige Rechtsschutzverfahren können nebeneinander geführt werden. Der Verletzte kann daher innerhalb der dreimonatigen Widerspruchsfrist mehrere Verfahren anstrengen und muss lediglich entscheiden, welche Vorgehensweise aus rechtlichen und wirtschaftlichen Erwägungen heraus für ihn die günstigere ist. Ist dagegen die dreimonatige Widerspruchsfrist abgelaufen, verbleibt dem Verletzten nur noch die Möglichkeit, seine Rechte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren oder in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren geltend zu machen. 3
Auch im Markenrecht ist das einstweilige Rechtsschutzverfahren grundsätzlich auf die Ansprüche beschränkt, die noch nicht auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sind. Hierzu zählt vornehmlich die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gerichtet auf die Untersagung der Nutzung einer bestimmten Marke für bestimmte Waren und Dienstleistungen. Wie im Urheberrecht hat der Gesetzgeber aber auch im Markenrecht von diesem Grundsatz bislang eine Ausnahme zugelassen. Nach § 19 Abs. 3 MarkenG kann auch ein Auskunftsanspruch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geltend gemacht werden, wenn eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt.
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Die Rechte des Markeninhabers sind mit der Umsetzung der so genannten „Enforcement-Richtlinie“1 weiter gestärkt worden. Zur Umsetzung der Enforcement-Richtlinie ist das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 in Kraft getreten.2 Durch das Gesetz sind zu den bisherigen Ansprüchen auf Unterlassung und Auskunft, die im Markenrecht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können, weitere Ansprüche hinzu getreten. Hierzu zählen ein Auskunftsanspruch gegen Dritte und ein Anspruch auf Besichtigung einer Sache sowie auf Vorlage einer Urkunde. Ferner wird dem Markeninhaber beim Bestehen eines offensichtlichen Schadenersatzanspruchs das Recht eingeräumt, sich Bank-, Finanzoder Handelsunterlagen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes vorlegen zu lassen.
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Nachfolgend wird unter Rz. 6 ff. auf markenrechtliche Besonderheiten bei einigen Verfahrensfragen sowie Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen eingegangen, die im vorläufigen Rechtsschutz bedeutsam sind. Unter Rz. 40 ff. werden dann die einzelnen Ansprüche behandelt, die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geltend gemacht werden können.
1 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. EU Nr. L 157 v. 30.4.2004, S. 45 (Berichtigung im ABl. EU Nr. L 195 v. 2.6.2004, S. 16 und im ABl. EU Nr. L 204 v. 4.8.2007, S. 27). 2 BGBl. I 2008, 1191.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen Ebenso wie in anderen Rechtsbereichen sind auch im Markenrecht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einige Besonderheiten bei den Verfahrensfragen sowie den allgemeinen Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen zu beachten. Die Gerichtszuständigkeit, insbesondere die örtliche Gerichtszuständigkeit, spielt in markenrechtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren oftmals eine bedeutsame Rolle. Klärungsbedürftig ist ebenfalls, bei welchen Fallkonstellationen möglicherweise das Rechtsschutzbedürfnis entfällt. Weitere prozessuale Voraussetzung einer einstweiligen Verfügung ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes (Dringlichkeit) und als materiell-rechtliche Voraussetzung das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs. Insbesondere wegen der Lizenzierbarkeit von Markenrechten ist schließlich zu klären, wer in Bezug auf den Verfügungsanspruch anspruchsberechtigt (aktivlegitimiert) ist und wer anspruchsverpflichtet (passivlegitimiert) sein kann.
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1. Zuständigkeit der Gerichte Für markenrechtliche Rechtsstreitigkeiten ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
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a) Sachliche und funktionelle Zuständigkeit Die sachliche Gerichtszuständigkeit in Kennzeichenstreitsachen und damit auch in markenrechtlichen Streitigkeiten richtet sich nach § 140 Abs. 1 MarkenG. Danach sind für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der im Markengesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Kennzeichenstreitsache), die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Zuständigkeit der Landgerichte wird also streitwertunabhängig begründet.
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Für das Vorliegen einer Kennzeichenstreitsache ist es erforderlich, dass der geltend gemachte Klageanspruch aus einem Rechtsverhältnis abgeleitet wird, das den Bestimmungen des Markengesetzes unterliegt.1 Neben unmittelbar aus Bestimmungen des Markengesetzes abgeleiteten gesetzlichen Ansprüchen (§§ 14–19 MarkenG) fallen unter § 140 Abs. 1 MarkenG auch alle Ansprüche aus rechtsgeschäftlichen Erklärungen und Vereinbarungen, die im Markengesetz geregelt sind. Aus diesem Grund sind alle Streitigkeiten aus vertraglichen Vereinbarungen, deren Gegenstand die Inhaberschaft an oder die Rechte aus einem Kennzeichenrecht sind, Kennzeichenstreitsachen im Sinne des Markengesetzes. § 140 Abs. 1 MarkenG lässt dabei genügen, dass der geltend gemachte Anspruch aus einem kennzeichenrechtlich geregelten Rechtsverhältnis stammt. Daher fallen auch wettbewerbsrechtliche und deliktsrechtliche Verfügungsansprüche gegen Kennzeichenberühmungen unter § 140 Abs. 1 Mar-
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1 Ingerl/Rohnke, § 140 MarkenG Rz. 5; weitergehende Auffassung Fezer, § 140 MarkenG Rz. 5, 6.
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kenG. Namensrechtliche Streitigkeiten, die nur auf Ansprüche nach § 12 BGB beruhen, fallen dagegen nicht unter § 140 MarkenG.1 10
Beachtenswert ist, dass es keine Rolle spielt, ob das Klagebegehren in erster Linie oder zusätzlich noch auf anderweitige Anspruchsgrundlagen (z.B. § 12 BGB, UWG, Urheberrechtsgesetz, Geschmacksmustergesetz, nicht kennzeichenrechtlicher Vertrag, allgemeines Deliktsrecht etc.) gestützt wird und/oder danach begründet ist.2 Vielmehr ist das Kennzeichenstreitgericht auch zur Entscheidung über die nicht kennzeichenrechtlichen Anspruchsgrundlagen berufen, soweit keine vorrangige ausschließliche Zuständigkeit besteht.3 § 140 MarkenG gilt nicht nur für Klageverfahren, sondern auch für Verfügungsverfahren.4
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Nach § 140 Abs. 2 MarkenG sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Kennzeichenstreitsachen insgesamt oder teilweise für die Bezirke mehrerer Landgerichte bei einem oder mehreren Landgerichten als Kennzeichengerichte zu konzentrieren. Von dieser Zuständigkeitskonzentration haben die meisten Bundesländer Gebrauch gemacht.5
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Die ausschließliche Sonderzuständigkeit der Kennzeichengerichte hat in der Regel keine nachteiligen Auswirkungen bei Nichtbeachtung. Wird eine Kennzeichenstreitsache vor einem nach § 140 MarkenG unzuständigen Landgericht anhängig gemacht, wird das Gericht den Kläger/Verfügungskläger nach § 139 Abs. 2 ZPO auf die Unzuständigkeit und auf die Erforderlichkeit eines Verweisungsantrages zum zuständigen Gericht hinweisen. Nur wenn der Kläger/Verfügungskläger den Verweisungsantrag nicht stellen sollte, würde die Klage als unzulässig abgewiesen werden. b) Örtliche Zuständigkeit
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Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO (§§ 12 ff. ZPO). Das bedeutet, dass die örtliche Zuständigkeit immer dort begründet ist, wo der Rechtsverletzer seinen allgemeinen Wohnsitz bzw. eine juristische Person den Sitz ihres Unternehmens hat. Neben dem allgemeinen Gerichtsstand hat bei Kennzeichenrechtsverletzungen für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auch der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung am Begehungsort (§ 32 ZPO) Bedeutung. Nach § 32 ZPO wird die Verfolgung unerlaubter Handlungen überall dort zugelassen, wo sie begangen 1 Vgl. LG Paderborn v. 1.9.1999 – 4 O 228/99, MMR 2000, 49; Ingerl/Rohnke, § 140 MarkenG Rz. 5. 2 Ingerl/Rohnke, § 140 MarkenG Rz. 7. 3 KG v. 14.1.2000 – 25 W 2536/99, GRUR 2000, 803; KG v. 15.10.1996 – 1 W 2160/95, WRP 1997, 37. 4 Fezer, § 140 MarkenG Rz. 7. 5 Einen Überblick über die Zuständigkeit in den einzelnen OLG-Bezirken findet sich beispielsweise bei Fezer, § 140 MarkenG Rz. 13 ff. Eine Besonderheit gibt es im Hinblick auf Gemeinschaftsmarkenstreitigkeiten. Diese können aufgrund der Konzentrationsermächtigung des § 125e Abs. 3 Satz 1 MarkenG bestimmten Gemeinschaftsmarkengerichten ausschließlich zugewiesen werden. (vgl. hierzu Fezer, § 140 MarkenG Rz. 30 mit Verweis auf § 125e MarkenG Rz. 1, 4).
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
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wurden. Begehungsort ist dabei sowohl der Handlungsort als auch der Erfolgsort, also der Ort, an dem die tatbestandsmäßige Rechtsverletzung sich verwirklicht und damit der Erfolg eingetreten ist.1 Wird also ein Verletzerprodukt im gesamten Bundesgebiet vertrieben, ist über den besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung örtlich jedes sachlich zuständige Gericht in der Bundesrepublik Deutschland zuständig. Markenverletzungen im Internet begründen ebenfalls jeden Gerichtsstand in der Bundesrepublik Deutschland, wenn der Abruf der Internetseite zumindest auch für das allgemeine deutsche Publikum vorgesehen ist. Das Markengesetz regelt zur örtlichen Zuständigkeit im Übrigen nur zwei Einzelfragen. § 141 MarkenG hebt die Ausschließlichkeit der wettbewerbsrechtlichen Gerichtsstände nach § 14 UWG für Ansprüche auf, die zwar auf Bestimmungen des UWG gestützt werden, jedoch die im Markengesetz geregelten Rechtsverhältnisse betreffen.2 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine Kennzeichenstreitsache nach § 140 Abs. 1 MarkenG auch dann vorliegt, wenn ein im Markengesetz geregeltes Rechtsverhältnis zwar betroffen ist, die Klage aber nicht auf einen kennzeichenrechtlichen Rechtsgrund gestützt wird.
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" Praxistipp: Da es für die Annahme einer Kennzeichenstreitsache ausrei- 15 chend ist, wenn ein im Markenrecht geregeltes Rechtsverhältnis betroffen ist, auch wenn beispielsweise nur wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, stehen der klagenden Partei häufig sämtliche Gerichtsstände in der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung, sodass sie das Verfahren an einem für sie örtlich günstigen Gerichtsstand anhängig machen kann.
Neben der Vorschrift des § 141 MarkenG wird im Markengesetz die örtliche Zuständigkeit in Kennzeichenstreitsachen nur noch in § 96 Abs. 3 MarkenG spezialgesetzlich geregelt. Die Vorschrift normiert die örtliche Zuständigkeit für die Fälle, in denen ein so genannter Inlandsvertreter bestellt worden ist, den auswärtige Markeninhaber haben müssen (§ 96 Abs. 1 MarkenG).3
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Auf die vorbeugende Unterlassungsklage ist § 32 ZPO analog anzuwenden.4 Maßgeblich ist, ob die Erstbegehungsgefahr auch im Bezirk des angerufenen Gerichts besteht oder sich dort das geschützte Rechtsgut befindet. Bei einer deutschen Markenanmeldung besteht generell Erstbegehungsgefahr für das Inland.5 Das bedeutet, dass die Zuständigkeit aller als Kennzeichenstreitgerichte zuständigen Landgerichte gegeben ist. Ferner ist bei einer Markenanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt stets auch das Landgericht München I zuständig, da in seinem Bezirk die den Störungszustand und die aus ihm folgende Begehungsgefahr begründende Handlung durch Einreichung der Markenanmeldung begangen wurde.6
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BGH v. 17.3.1994 – I ZR 304/91 – „Beta“, GRUR 1994, 530. Ingerl/Rohnke, § 141 MarkenG Rz. 1. Näher hierzu Fezer, § 96 MarkenG Rz. 1 ff. Ingerl/Rohnke, § 140 MarkenG Rz. 47. Ingerl/Rohnke, § 140 MarkenG Rz. 47. Ingerl/Rohnke, § 140 MarkenG Rz. 47.
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Schließlich kann die örtliche Zuständigkeit auch durch Testanfragen oder Testkäufe begründet werden. Eine solche Vorgehensweise ist nicht rechtsmissbräuchlich.1
2. Rechtsschutzbedürfnis 19
Das Rechtsschutzbedürfnis als allgemeine Prozessvoraussetzung fehlt im Hinblick auf die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs regelmäßig nur dann, wenn der Rechtsverletzer bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. In Bezug auf Auskunftsansprüche, Urkundenvorlage und Besichtigungsduldung kann von einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls nur dann ausgegangen werden, wenn diese Ansprüche bereits anderweitig befriedigt worden sind. Das bedeutet, dem Anspruchsberechtigten müssten entsprechende Auskünfte bereits erteilt worden sein, Urkunden bereits vorliegen oder die begehrte Besichtigung der Sache bereits möglich gewesen sein.
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Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt nicht, wenn der Verletzte im Markenanmeldungsverfahren gleichzeitig einen Widerspruch gegen die eingetragene Marke erhebt. Ebenso wenig entfällt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Verletzte gleichzeitig Klage zur Hauptsache erhebt.
3. Verfügungsgrund/Verfügungsanspruch 21
Im Markenrecht wird der vorläufige Rechtsschutz durch die Beantragung einstweiliger Verfügungen bestimmt. Prozessuale Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes (Dringlichkeit) und materiell-rechtliche Voraussetzung das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs (vgl. §§ 935, 940, 936 i.V.m. 916 ff. ZPO). Beide Voraussetzungen müssen grundsätzlich vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden (§ 920 Abs. 2 ZPO). a) Verfügungsgrund
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Der Verfügungsgrund, der die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Sache betrifft, wird in Kennzeichenstreitsachen von der derzeit noch überwiegenden Anzahl an Oberlandesgerichten analog zu § 12 Abs. 2 UWG als widerlegbar vermutet gegeben angesehen und braucht insoweit weder dargelegt noch glaubhaft gemacht zu werden.2 Eine noch kleine Zahl an Oberlandesgerichten vertritt 1 OLG Düsseldorf v. 9.3.1951 – 2 U 330/50, GRUR 1951, 516; Ingerl/Rohnke, § 140 MarkenG Rz. 50. 2 OLG Hamburg v. 10.9.2008 – 5 U 114/07 – „agenda“, GRUR-RR 2009, 309 (310); OLG Zweibrücken v. 29.5.2008 – 4 U 22/08 – „namensgleiche Neugründung“, GRUR-RR 2008, 346; KG v. 9.4.2008 – 5 W 51/08 – „Zurückhalten der Beschwerdebegründung“, MarkenR 2008, 219; OLG Nürnberg v. 27.11.2001 – 3 U 3017/01 – „NIKE-Sportschuhe“, GRUR-RR 2002, 98; OLG Köln v. 12.1.2001 – 6 U 98/00 – „Mon Chérie“, GRUR 2001, 424; KG v. 19.12.2000 – 5 U 788/00 – „live vom Alex“, GRUR-RR 2001, 133; OLG Dresden v. 20.10.1998 – 14 U 3613/97 – „cyberspace. de“, NJWE-WettbR 1999, 133.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 25
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dagegen die Ansicht, dass eine Analogie mangels einer Regelungslücke ausscheidet und der Antragsteller daher auch in Kennzeichenstreitsachen den Verfügungsgrund, d.h. die Dringlichkeit der Angelegenheit darzulegen und glaubhaft zu machen hat.1 Letzteres würde bedeuten, dass der Antragsteller dem Gericht darzulegen hätte, weswegen eine besondere Dringlichkeit der Angelegenheit gegeben ist. Diese ist beispielsweise gegeben, wenn ein nicht wieder gutzumachender Schaden droht. Dies ist fast nur in Plagiatsfällen denkbar. Diejenigen Oberlandesgerichte, die § 12 Abs. 2 UWG auf Kennzeichenstreitsachen analog anwenden, halten die Dringlichkeitsvermutung für widerlegt, wenn der Antragsteller längere Zeit mit der Antragstellung zuwartet, obwohl er vom Kennzeichenverstoß und von der verantwortlichen Person Kenntnis hat.2 Der positiven Kenntnis steht die grob fahrlässige Unkenntnis gleich. Dagegen reicht eine bloße fahrlässige Unkenntnis nicht aus, da es keine allgemeine Marktbeobachtungspflicht gibt.3 Die Zeitspanne, in der ein Zuwarten noch nicht die Dringlichkeit der Angelegenheit beseitigt, wird von den einzelnen Oberlandesgerichten auch bei Kennzeichenstreitsachen entsprechend den beim Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätzen beurteilt. Sie liegt daher zwischen einem Monat bei den Oberlandesgerichten Hamm, Jena, Karlsruhe, München, Nürnberg und Saarbrücken und bis zu sechs Monaten beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg.4
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" Praxistipp: Die Prüfung der Erfolgsaussichten für einen einstweiligen Ver- 24 fügungsantrag sollte immer damit beginnen, welche Anforderung das zuständige Oberlandesgericht an die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit stellt und ob diese noch einzuhalten ist. Neben der verschuldeten Verzögerung des Antragstellers kann es noch weitere Gründe dafür geben, weswegen die Dringlichkeitsvermutung widerlegt ist. Beispielsweise kann dies bei befristeten Aktionen des Rechtsverletzers der Fall sein.5
b) Verfügungsanspruch Als Verfügungsansprüche kommen grundsätzlich nur diejenigen in Betracht, die eine vorläufige Regelung bezwecken und noch nicht zu einer endgültigen Regelung führen. Im Markenrecht kommt daher wie in anderen Rechtsgebieten auch in erster Linie ein Unterlassungsanspruch in Betracht, der nach § 14 Abs. 5 MarkenG geltend zu machen ist. Voraussetzung für einen markenrecht1 OLG Frankfurt v. 9.8.2002 – 6 W 103/02, GRUR 2002, 1096; OLG Düsseldorf v. 13.11.2001 – 20 U 114/01 – „Top Ticket“, GRUR-RR 2002, 212; OLG München v. 24.8.2006 – 6 U 4455/05, WRP 2007, 201. 2 OLG Hamburg v. 28.2.2002 – 3 U 347/01 – „Kenntnis der Lücke“, GRUR-RR 2002, 277; Köhler in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 3.15. 3 OLG Hamburg v. 25.2.1999 – 3 U 272/98 – „Schoko/Prinzenrolle“, NJWE-WettbR 1999, 264; OLG Köln v. 26.2.2003 – 6 U 201/02 – „Weinbrandpraline“, GRUR-RR 2003, 187 4 Schmukle in Ahrens, Kap. 45 Rz. 43 f.; vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 3.15b. 5 Ausführlich hierzu Köhler in Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rz. 3.15 ff.
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lichen Unterlassungsanspruch ist, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen dem geschützten Kennzeichen und dem streitgegenständlichen Kennzeichen vorliegt. Bei bekannten Kennzeichen genügt, wenn die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird.1 26
Neben dem Unterlassungsanspruch kann im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes auch der Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 7 MarkenG geltend gemacht werden. Dieser sieht vor, dass in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen angeordnet werden kann. Mit Umsetzung der Enforcement-Richtlinie ist der Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 2 MarkenG auf Dritte erweitert, die als Störer in Betracht kommen. Diese können in Fällen einer offensichtlichen Rechtsverletzung ebenfalls zur Auskunftserteilung im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 940 der ZPO verpflichtet werden.
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Neben dem Drittauskunftsanspruch ist mit Umsetzung der Enforcement-Richtlinie in § 19a MarkenG der Anspruch auf Duldung der Besichtigung einer Sache sowie auf Vorlage einer Urkunde sowie in § 19b MarkenG der Beweissicherungsanspruch festgeschrieben worden, die allesamt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können.
4. Aktivlegitimation/Passivlegitimation 28
Aktiv- bzw. Passivlegitimation betrifft die materiell-rechtliche Frage, wer anspruchsberechtigt bzw. anspruchsverpflichtet ist. Die fehlende Aktiv- oder Passivlegitimation führt zur Unbegründetheit des Verfügungsantrags. Ist der Antragsteller selbst Inhaber des Kennzeichenrechts, aus dem Ansprüche hergeleitet werden, kann er den jeweiligen Anspruch im eigenen Namen gerichtlich geltend machen. In den Fällen, in denen der Antragsteller nur abgeleiteter Inhaber des geltend gemachten Rechts ist, beispielsweise über eine Lizenzierung, muss zur berechtigten Geltendmachung des Verfügungsanspruchs eine gesetzliche oder eine gewillkürte Prozessstandschaft vorliegen. a) Aktivlegitimation
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Für die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen aus Kennzeichenrechtsverletzungen nach § 14 Abs. 5 MarkenG sowie von kennzeichenrechtlichen Auskunfts-, Besichtigungs- und Beweissicherungsansprüchen ist zunächst der Inhaber des jeweiligen Kennzeichenrechts aktivlegitimiert. Wer dies ist, ist nach materiell-rechtlichen Regelungen zu bestimmen. Regelmäßig ist Inhaber eines Kennzeichenrechts derjenige, der es zuerst im geschäftlichen 1 Vgl. zur Aufgabe der alternativen Klagehäufung im gewerblichen Rechtsschutz BGH, Hinweisbeschluss v. 24.3.2011 – I ZR 108/09, GRUR 2011, 521–523 = WRP 2011, 878–880; BGH, Urt. v. 17.8.2011 – I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043–1048 = WRP 2011, 1454–1461. Dieser neue Rechtsgrundsatz gilt auch für die einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
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II. Verfahrensfragen/Prozess- und Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 34
§ 22
Verkehr benutzt hat. Bei Registermarken gilt die Vermutung, dass das durch die Eintragung einer Marke begründete Recht dem im Register als Inhaber eingetragenen zusteht (§ 28 MarkenG).
" Praxistipp: Da die Marke formlos übertragen werden kann, ist es möglich, 30 dass die tatsächliche Inhaberschaft von der Registerlage abweicht. Ist der Inhaber einer Marke daher nicht als Markeninhaber im Markenregister registriert und will er seine Markenrechte gegen Dritte verteidigen, so muss einem Verfügungsantrag immer ein Nachweis über die tatsächliche Inhaberschaft beigefügt werden.
§ 28 Abs. 2 MarkenG steht im Übrigen einer Durchsetzung von markenrechtlichen Ansprüchen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch den noch nicht im Markenregister registrierten Markeninhaber nicht entgegen. Diese Vorschrift betrifft nur Verfahren, deren Ausgangspunkt ein Amtsverfahren ist und besagt, dass der Rechtsnachfolger in einem Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, einem Beschwerdeverfahren vor dem Patentgericht oder einem Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof den Anspruch auf Schutz der ihm übertragenen Marke und das durch die Eintragung begründete Recht erst geltend machen kann, wenn dem Patentamt der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs zugegangen ist. Das bedeutet, dass in den vorgenannten Verfahren die Aktivlegitimation des tatsächlichen Markeninhabers solange nicht besteht, wie dem Patentamt durch einen entsprechenden Antrag der Rechtsübergang angezeigt wird.
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Im Markenrecht spielt die Frage der Aktivlegitimation insbesondere im Zusammenhang mit Lizenzierungen eine Rolle. Nach § 30 Abs. 3 MarkenG kann der Lizenznehmer Klage wegen Verletzung einer Marke nur mit Zustimmung ihres Inhabers erheben. Die Vorschrift macht keinen Unterschied zwischen dem Inhaber einer ausschließlichen und dem Inhaber einer einfachen Lizenz. Der Umkehrschluss aus dieser Vorschrift ist, dass dem Grundsatz nach die Rechte aus der Marke und damit die Ansprüche nach den §§ 14, 16–19 MarkenG dem Lizenzgeber als materiell berechtigten Inhaber zustehen. Für den im Register eingetragenen Inhaber spricht insoweit die Vermutung des § 28 Abs. 1 MarkenG.
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" Hinweis: Zu beachten ist, dass die Rechtsprechung zum Patentrecht und 33 zum Urheberrecht ein eigenes Klagerecht des ausschließlichen Lizenznehmers annimmt.1
Die Zustimmung des Markeninhabers an den Lizenznehmer zur Prozessführung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen. Ebenso ist es möglich, die ausdrückliche Zustimmung bereits in den Lizenzvertrag aufzunehmen. Eine konkludente Zustimmung kann sich aus der Ausgestaltung des Lizenzvertrages ergeben. In der bloßen Erteilung einer ausschließlichen Lizenz ist wegen des Gesetzeswortlauts in der Regel aber keine konkludente Einräumung zur Klagebefugnis an den Lizenznehmer zu sehen.2 1 St. Rspr., vgl. nur BGH v. 12.12.1991 – I ZR 165/89 – „Taschenbuch-Lizenz“, GRUR 1992, 310. 2 OLG München v. 8.8.1996 – 6 U 1938/96, MittdtschPatAnw. 1997, 123 = NJW-RR 1997, 1288 („Fan-Artikel“).
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§ 22
Rz. 35
Markenrecht
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Zusammengefasst gilt Folgendes: Aktivlegitimiert ist der Inhaber der eingetragenen, benutzten oder notorisch bekannten Marke im Sinne des § 4 Nr. 1–3 MarkenG oder im Falle des Rechtsübergangs des Markenrechts der Rechtsnachfolger im Sinne des § 27 MarkenG. Nach § 28 Abs. 1 MarkenG wird die Rechtsinhaberschaft des im Register eingetragenen Markeninhabers vermutet. Nach § 30 Abs. 3 kann ein Lizenznehmer Klage wegen Verletzung der Marke nur mit Zustimmung des Markeninhabers erheben. Der Inhaber eines dinglichen Rechts an einem Markenrecht im Sinne des § 29 Abs. 1 MarkenG ist dagegen klageberechtigt.1 Aus der Gesamtsystematik des Markengesetzes ergibt sich, dass der Anmelder einer Marke noch nicht zur Geltendmachung der markenrechtlichen Ansprüche berechtigt ist.
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Die Geltendmachung kennzeichenrechtlicher Verletzungsansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft ist nach den allgemeinen Regeln bei wirksamer Ermächtigung und eigenem schutzwürdigem, ggf. auch nur wirtschaftlichem Interesse des Prozessstandschafters an der Verfolgung zulässig.2 b) Passivlegitimation
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Die kennzeichenrechtlichen Verletzungsansprüche richten sich gegen den Rechtsverletzer des Markenrechts. Rechtsverletzer ist der Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe, die als Gesamtschuldner haften (§§ 830, 840 BGB).3
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Juristische Personen haften für ihre Organe bzw. Handelsgesellschaften für ihre Vertreter gemäß §§ 31, 89 BGB. Umgekehrt haftet der gesetzliche Vertreter persönlich für die in dem von ihm geleiteten Unternehmen begangenen Rechtsverletzungen, wenn er entweder an der Verletzungshandlung teilgenommen hat oder zumindest Störer ist, weil er von ihr Kenntnis und die Möglichkeit hatte, sie zu verhindern.4 Nach § 14 Abs. 7 MarkenG haftet der Betriebsinhaber für Verletzungshandlungen, die in seinem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen werden, und zwar ohne Exkulpationsmöglichkeit.
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Für markenrechtliche Unterlassungsansprüche ist zudem der Störer passiv legitimiert. Störer im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der ihm obliegende Prüfungspflichten verletzt und dessen Verhalten dadurch zumindest mitursächlich für eine Kennzeichenverletzung ist.5 Als Störer kann danach auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden, wer auch ohne Verschulden willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt 1 Fezer, § 29 MarkenG Rz. 22, § 14 Markeng Rz. 985. 2 BGH v. 5.10.2000 – I ZR 166/98 – „DB Immobilienfonds“, GRUR 2001, 344; Ingerl/ Rohnke, vor §§ 14 bis 19 MarkenG Rz. 19 ff. 3 Fezer, § 14 MarkenG Rz. 986 f.; Ingerl/Rohnke, vor §§ 14 bis 19 MarkenG Rz. 25 ff. 4 BGH v. 26.9.1985 – I ZR 86/83 – „Sporthosen“, GRUR 1986, 248; OLG Hamburg v. 13.4.2002 – 5 U 24/01 – „Super Mario“, GRUR-RR 2002, 240 = OLGR Hamburg 2002, 423; OLG Frankfurt v. 13.11.2001 – 11 U 15/01, CR 2002, 720; Ingerl/Rohnke, vor §§ 14 bis 19 MarkenG Rz. 33. 5 Ingerl/Rohnke, vor §§ 14 bis 19 MarkenG Rz. 52.
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III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen
Rz. 42
§ 22
und ferner ihm zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.1 Diese Haftung hat ihre Grundlage in den Regelungen über die Besitz- bzw. Eigentumsstörung in den §§ 862, 1004 BGB.2 Sie ist daher auf Abwehransprüche beschränkt und erfasst keine Schadensersatzansprüche.3
III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen 1. Überblick Zeichen, die als Marken im Sinne von § 4 MarkenG Markenschutz erlangt haben, werden über die markenrechtlichen Verletzungsansprüche nach den §§ 14, 16–19 MarkenG geschützt.4 Markeninhaber, deren Marken durch die Benutzung von identischen oder ähnlichen Zeichen im geschäftlichen Verkehr betroffen sind, haben regelmäßig den Wunsch, dass diese Markenverletzungen sofort unterbunden werden. Der Unterlassungsanspruch ist daher der wichtigste Anspruch im einstweiligen Rechtsschutz. Ebenso kann es für eine effektive Rechtsverfolgung bei einer Schutzrechtsverletzung erforderlich sein, bereits im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes bestimmte Auskünfte über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen zu erfahren, soweit ein Fall der offensichtlichen Rechtsverletzung vorliegt. Ferner können Drittauskunfts-, Besichtigungs- und Beweissicherungsansprüche im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden (§§ 19Abs.2, 19a, 19b MarkenG).
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Der Verfahrensablauf beim einstweiligen Rechtsschutz in Markenrechtsangelegenheiten entspricht dem in anderen Rechtsgebieten des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts. Es wird auf die dortigen Ausführungen zum Verfahrensablauf verwiesen (Abmahnung, Schutzschrift, einstweilige Verfügung, Abschlussschreiben/Abschlusserklärung, Widerspruch; vgl. die Ausführungen bei § 20 Rz. 39).
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2. Unterlassungsansprüche a) Anspruchsvoraussetzungen Voraussetzungen für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf die Unterlassung einer Markenrechtsverletzung sind das Vorliegen eines Verfügungsgrundes (Dringlichkeit) und eines Verfügungsanspruchs. Beide Voraussetzungen müssen vom Antragsteller grundsätzlich glaubhaft gemacht wer1 BGH v. 17.5.2001 – I ZR 251/99 – „Ambiente.de“, GRUR 2001, 1038. 2 BGH v. 18.10.2001 – I ZR 22/99 – „Meißner Dekor“, NJW-RR 2002, 832 = BGHReport 2002, 512. 3 Ausführlich zu Anwendungsbeispielen aus der Praxis Ingerl/Rohnke, vor §§ 14 bis 15 MarkenG Rz. 62 ff. 4 Bei Gemeinschaftsmarkenverletzungen sind zudem die §§ 125a ff. MarkenG zu beachten sowie für den Unterlassungsanspruch Artt. 9 und 11 GMV in Verbindung mit Art. 98 Abs. 1 GMV.
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§ 22
Rz. 43
Markenrecht
den (§ 920 Abs. 2 ZPO). Allerdings wird die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG in kennzeichenrechtlichen Verfügungsverfahren von den meisten Oberlandesgerichten jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen entsprechend angewendet,1 s. Rz. 22) 43 " Praxistipp: Zur Vermeidung einer Zurückweisung eines einstweiligen Verfügungsantrages wegen mangelnder Dringlichkeit sollte in dem Verfügungsantrag die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit nicht lediglich mit einem Verweis auf die analoge Anwendung der Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG abgetan werden, sondern eine kurze Begründung erfolgen. 44
Beim Verfügungsanspruch ist zu prüfen, ob eine objektiv rechtswidrige Verletzungshandlung vorliegt und Begehungsgefahr besteht.2 Begehungsgefahr setzt das Vorliegen einer so genannten Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr voraus. Die Rechtsprechung bejaht die Erstbegehungsgefahr, wenn die Begehung der Kennzeichenverletzung ernstlich und unmittelbar zu besorgen ist.3 Hierfür genügen sowohl typische Vorbereitungshandlungen als auch die Berühmung, zur Zeichenbenutzung berechtigt zu sein.4
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Zu den typischen Vorbereitungshandlungen zählt an vorderster Stelle die Einreichung einer Markenanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt. Sie begründet stets Erstbegehungsgefahr hinsichtlich der Benutzung des angemeldeten Zeichens im geschäftlichen Verkehr für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen.5 Gleiches gilt auch für die Beantragung der Schutzerstreckung einer IR-Marke auf Deutschland.6 Die Erstbegehungsgefahr aufgrund einer Markenanmeldung besteht im Übrigen bundesweit. Durch die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke wird dagegen nicht automatisch Begehungsgefahr in jedem einzelnen Mitgliedstaat für eine drohende Verletzung der dort geschützten älteren nationalen Rechte begründet.7 Bei der Vielzahl der Mitgliedstaaten kann nicht jedem Anmelder einer Gemeinschaftsmarke eine tatsächliche Benutzungsabsicht für alle Mitgliedstaaten unterstellt werden, wozu nicht einmal der gemeinschaftsmarkenrechtliche Benutzungszwang nach Ablauf von fünf 1 OLG Hamburg v. 18.4.2002 – 3 U 263/01 – „SAP“, GRUR RR 2002, 345; OLG Köln v. 12.1.2001 – 6 U 98/00 – „Mon Chéri“, GRUR 2001, 424; OLG Nürnberg v. 27.11.2001 – 3 U 3017/01 – „NIKE-Sportschuhe“, GRUR-RR 2002, 98; KG v. 9.12.2000 – 5 U 7808/00 – „live vom Alex“, GRUR-RR 2001, 133; OLG Rostock v. 16.2.2000 – 2 U 5/99 – „mueritz-online.de“, NJWE-WettbR 2000, 161; OLG München v. 18.1.1996 – 29 U 5396/95, Magazindienst 1996, 1027; OLG Stuttgart v. 21.2.2002 – 2 U 206/01 – „Hot Chili“, GRUR-RR 2002, 381; a.A. OLG Frankfurt a.M. 9.8.2002 – 6 W 103/02, GRUR 2002, 1096; OLG Düsseldorf v. 13.11.2001 – 20 U 114/04 – „TopTicket“, GRUR-RR 2002, 212. 2 Begehungsgefahr bedeutet, dass eine hinreichend konkrete Gefahr einer zukünftigen Rechtsbeeinträchtigung vorliegt, BGH v. 26.2.1990 – I ZR 99/88 – „Anzeigenpreis II“, NJW 1990, 2469. 3 BGH v. 17.3.1994 – I ZR 304/01 – „Beta“, GRUR 1994, 530. 4 Ingerl/Rohnke, vor §§ 14 bis 19 MarkenG Rz. 99. 5 St. Rspr., vgl. nur OLG Hamburg v. 28.2.2002 – 3 U 264/01 – „Promed“, Magazindienst 2002, 1268; OLG München v. 13.12.2001 – 29 U 2277/01 – „Falcon/Falke“, MarkenR 2002, 199. 6 BGH v. 19.1.1989 – I ZR 217/86 – „Krohnenthaler“, GRUR 1990, 361. 7 Ingerl/Rohnke, vor § 14 bis 19 MarkenG Rz. 119.
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III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen
Rz. 49
§ 22
Jahren veranlasst. Bei der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke müssen daher zusätzliche Umstände hinzutreten, um eine Erstbegehungsgefahr in Deutschland zu bejahen. Hierzu können gewisse Vorbereitungshandlungen, Berühmungen sowie Sitz des Anmelders in Deutschland zählen.1 Bei der Gemeinschaftsmarkenanmeldung kommt es für die Begründung der Erstbegehungsgefahr im Übrigen nicht darauf an, in welchem Stadium sich das Eintragungsverfahren beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) befindet. Eine Berühmung, die eine Erstbegehungsgefahr auslöst, liegt vor, wenn der Rechtsverletzer behauptet, zur Vornahme der streitgegenständlichen Zeichenbenutzung berechtigt zu sein. Beispielsweise ist das gegeben, wenn eine Abmahnung mit der Androhung einer negativen Feststellungsklage beantwortet wird.
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Umstritten ist, inwiefern die Erstbegehungsgefahr ausgeräumt werden kann. Anders als im Wettbewerbsrecht werden im Kennzeichenrecht grundsätzlich strengere Anforderungen an die Ausräumung der Erstbegehungsgefahr gestellt. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass die Erstbegehungsgefahr, soweit sie auf Vorbereitungshandlungen beruht, durch Rückgängigmachung bzw. Einstellung ausgeräumt werden kann.2 Insoweit soll jedes Verhalten genügen, dass ein verständiger Durchschnittsverbraucher als klare, unmissverständliche Abstandsnahme von einer zukünftigen rechtswidrigen Störung ansieht. Nach einer anderen Ansicht soll dies nicht für solche Vorbereitungshandlungen einer Kennzeichenverletzung gelten, die dem Erwerb eines eigenen kollidierenden Kennzeichenrechts dienen, wie insbesondere die Anmeldung einer Marke.3
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" Praxistipp: Zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung sollte 48 der Rechtsverletzer bei einer kennzeichenverletzenden Markenanmeldung wegen der divergierenden Ansichten in Rechtsprechung und Literatur eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nach dem so genannten neuen Hamburger Brauch4 abgeben.
Wiederholungsgefahr ist im Kennzeichenrecht gegeben, wenn eine in der Vergangenheit begangene Kennzeichenverletzung die Besorgnis begründet, dass zukünftig dieselbe oder eine im Kern gleichartige Verletzungshandlung begangen
1 OLG Stuttgart v. 2.10.1998 – 2 U 50/98 – „Herbula“, MarkenR 1999, 95: Ankündigung der Verwendung im Inland; ebenso LG Hamburg v. 30.1.2001 – 312 O 726/00 – „Foris“, GRUR-RR 2002, 99: im Inland tätiges Unternehmen, Übereinstimmung mit Firmenname. 2 Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, § 8 UWG Rz. 33; Aufgabe der Berühmung z.B. durch Rücknahme von Anzeigen. 3 Ingerl/Rohnke, vor §§ 14 bis 19 MarkenG Rz. 127; a.A. OLG Köln v. 12.1.2001 – 6 U 98/00 – „Mon Chérie“, GRUR 2001, 424; OLG Hamburg v. 12.10.2000 – 3 U 71/99 – „planet e“, GRUR-RR 2001, 231. 4 Das bedeutet, dass kein Vertragsstrafeversprechen mit einem festen Betrag abgegeben wird, sondern die Bestimmung der Höhe der Vertragsstrafe ins Ermessen des Anspruchsstellers gestellt wird und im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist.
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Rz. 50
Markenrecht
wird.1 Dies ist bei einer Zeichenverwendung für Waren, Dienstleistungen, Unternehmen oder Werke praktisch immer gegeben. Daraus folgt, dass im gesamten Kennzeichenrecht eine Ausräumung der Wiederholungsgefahr regelmäßig nur durch Abgabe einer ernstgemeinten, den Anspruchsgegenstand uneingeschränkt abdeckenden, eindeutigen und unwiderruflichen Unterlassungserklärung und der Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für den Fall zukünftiger Zuwiderhandlungen möglich ist.2 b) Anspruchsdurchsetzung aa) Abmahnung 50
In markenrechtlichen Angelegenheiten gilt der Grundsatz, dass vor der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Rechtsinhaber den Rechtsverletzer abmahnen und diesen auffordern sollte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sowie ggf. weitere Erklärungen abzugeben.3 Eine Verpflichtung des Rechtsinhabers zur Abmahnung besteht aber nicht. Es besteht für ihn nur im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses durch den Rechtsverletzer die Gefahr, dass er die Kosten des von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens zu tragen hat.
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In markenrechtlichen Streitigkeiten kann eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn wegen der für den Rechtsinhaber drohenden Nachteile eine Verzögerung unzumutbar ist oder wenn aus der Sicht des Rechtsinhabers feststeht, dass seine Abmahnung erfolglos bleiben wird.4 Die Frage der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit entscheidet sich danach, ob ein gerichtlicher Titel aus zeitlichen und/oder sachlichen Gründen notwendig ist. Die Frage einer voraussichtlichen Erfolglosigkeit einer Abmahnung muss sich danach beurteilen, ob der Rechtsinhaber genügend Anhaltspunkte vorliegen hat, die darauf schließen lassen, dass der Rechtsverletzer keine Unterwerfungserklärung abgeben wird.
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Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, inwieweit bei der gerichtlichen Geltendmachung von Auskunftsansprüchen – sowie der mit der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie eingeführten Ansprüche auf Besichtigung einer Sache und Vorlage einer Urkunde – eine Abmahnung ohne die Befürchtung von Kostennachteilen entbehrlich sein könnte. Anders als bei Unterlassungsansprüchen kann bei diesen Ansprüchen argumentiert werden, dass der Rechtsverletzer diese Ansprüche faktisch ins Leere laufen lassen könnte, wenn er vor Erlass einer einstweiligen Verfügung durch eine Abmahnung gewarnt würde. Eine Analogie zu § 12 Abs. 1 UWG lässt sich jedenfalls nicht herstellen, da sich diese Vorschrift eindeutig nur auf Unterlassungsansprüche bezieht. 1 BGH v. 28.3.1996 – I ZR 39/94 – „Verbrauchsmaterialien“, GRUR 1996, 781; BGH v. 16.11.1995 – I ZR 229/93 – „Wegfall der Wiederholungsgefahr II“, NJWE-WettbR 1996, 145 = NJW-RR 1996, 554. 2 St. Rspr., für alle vgl. BGH v. 14.10.1999 – I ZR 90/97 – „Comtes/Com Tel“, GRUR 2000, 605; ausführliche Wiedergabe der Rspr. und weiterer Erläuterungen bei Ingerl/ Rohnke, vor §§ 14 bis 19 MarkenG Rz. 86 ff. 3 Fezer, § 14 MarkenG Rz. 1074 f. 4 Ausführlich hierzu Deutsch in Ahrens, Kap. 2 Rz. 35.
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M 22.1
III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen
§ 22
Rz. 53
" Praxistipp: Grundsätzlich sollte zur Vermeidung von Kostennachteilen im- 52a mer abgemahnt werden. Liegen jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass Dokumente vernichtet oder Besichtigungsgegenstände im Fall der Abmahnung beseitigt wurden, sollte auch auf eine Abmahnung verzichtet werden, um die Ansprüche nicht ins Leere laufen zu lassen.
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Abmahnschreiben Einschreiben/Rückschein1
22.1 53
XY GmbH Herrn Max Mustermann . . . [Anschrift] Kennzeichen A&B Sehr geehrter Herr Mustermann, wir vertreten die Interessen der A&B GmbH, . . . [Adresse]. Eine auf uns ausgestellte Vollmacht im Original fügen wir diesem Schreiben als Anlage 1 bei. Namens und in Vollmacht unserer Auftraggeberin weisen wir Sie auf folgenden Sachverhalt hin: 1. Am 1. März 2012 haben Sie im Kreisblatt XY für Ihr Textileinzelhandelsgeschäft eine Werbeanzeige geschaltet, in der Sie den Verkauf von verschiedenen Bekleidungsstücken unter dem Zeichen „A&P“ beworben haben. Die Anzeige fügen wir als Anlage 2 diesem Schreiben bei. 2. Unsere Auftraggeberin ist Inhaberin der deutschen Wortmarke „A&B“ (RegNr. 000 000 000) mit einer Priorität vom 1. Januar 2011. Die Marke ist unter anderem in Klasse 25 für Bekleidungsstücke eingetragen. Die Markenurkunde fügen wir in Kopie als Anlage 3 diesem Schreiben bei. 3. Die Folge des Markenschutzes ist, dass unsere Auftraggeberin an der Bezeichnung „A&B“ ein absolutes Recht zusteht, sodass sie Unterlassungsansprüche gegen jedermann hat, der ein mit der zugunsten unserer Auftraggeberin eingetragenen Wortmarke „A&B“ verwechslungsfähiges Zeichen im geschäftlichen Verkehr benutzt (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Mit der Verwendung des Wortzeichens „A&P“ zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken verwenden Sie ein zur geschützten Wortmarke „A&B“ unserer Auftraggeberin hochgradig ähnliches Schriftzeichen. Zudem sind die von Ihnen mit dem Zeichen „A&P“ bezeichneten Waren identisch mit denen, für die die Wortmarke „A&B“ unserer Auftraggeberin eingetragen ist. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ergibt sich damit zwanglos das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. 1 Als Zustellungsart sollte immer Einschreiben/Rückschein gewählt werden, um einen Nachweis darüber zu haben, wann die Abmahnung in den Machtbereich des Abmahnenden gelangt ist und um der Angelegenheit eine gewisse äußere Bedeutung zu geben.
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Rz. 54
Markenrecht
M 22.2
4. Durch die vorab beschriebene Rechtsverletzung haben Sie eine Wiederholungsgefahr für weitere gleichartige Verletzungen der Markenrechte unserer Auftraggeberin gesetzt und damit Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche unserer Auftraggeberin nach den §§ 4, 14 Abs. 5 MarkenG i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgelöst. Ferner ist Ihr Verhalten zumindest als fahrlässig zu beurteilen, da Sie durch eine Einsicht ins deutsche Markenregister hätten feststellen können, dass das Zeichen „A&B“ zugunsten unserer Auftraggeberin als Marke geschützt ist. Wir fordern Sie daher auf, die Verwendung des Kennzeichens „A&P“ sofort einzustellen. Die Wiederholungsgefahr für weitere Verstöße kann nur durch die Abgabe einer hinreichend strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beseitigt werden. Eine solche haben wir in der weiteren Anlage vorbereitet. Wir geben Ihnen hiermit die Gelegenheit, eine entsprechende Erklärung bis . . . [hier entsprechende Fristsetzung] 12 Uhr bei uns eingehend, rechtsverbindlich unterzeichnet an uns zurückzusenden. Zur Fristwahrung genügt die Übersendung vorab per Telefax, sofern uns unverzüglich die originalschriftlich unterzeichnete Erklärung auf dem Postwege zugeht (§ 781 BGB). Sollte uns die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht, nicht vollständig und/oder nicht fristgerecht zugehen, werden wir unserer Auftraggeberin die unverzügliche gerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche anraten. Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt
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22.2 54
Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
Die XY GmbH, . . . [Adresse], verpflichtet sich hiermit gegenüber der A&B GmbH, . . . [Adresse], 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „A&P“ auf Bekleidungsstücken oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem Zeichen „A&P“ Bekleidungsstücke anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen „A&P“ Bekleidungsstücke ein- oder auszuführen oder das Zeichen „A&P“ in Geschäftspapieren, in der Werbung oder im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Bekleidungsstücken zu benutzen,1 insbesondere wenn dies in der nachstehend wiedergegebenen Form geschieht: 1 Die Unterlassungserklärung orientiert sich an § 14 Abs. 3 MarkenG.
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M 22.2
III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen
Rz. 56
§ 22
. . . [Abdruck der Werbeanzeige]; 2. der A&B GmbH für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 (unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs) eine Vertragsstrafe in Höhe von 5 100,00 Euro zu zahlen. Dabei gilt bei Dauerhandlungen wie bei einem Internetauftritt jede angefangene Woche als ein Fall der Zuwiderhandlung;2 3. der A&B GmbH sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlung nach Ziffer 1 entstanden ist und/oder noch entstehen wird; 4. der A&B GmbH Auskunft über den Herkunfts- und Vertriebsweg der mit dem Zeichen „A&P“ gekennzeichneten Waren zu geben, und zwar insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, des gewerblichen Abnehmers oder des Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren.3 5. Der A&B GmbH die Kosten der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts . . . nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auf Basis eines Gegenstandswerts in Höhe von 75 000,00 Euro binnen einer Woche nach Rechnungslegung zu erstatten. . . ., den . . . ... XY GmbH 2 Der Abmahnende sollte als Vertragsstrafe immer einen konkreten Betrag fordern, auch wenn der Abgemahnte die Vertragsstrafe in den neuen Hamburger Brauch ändern könnte. 3 Das Auskunftsverlangen orientiert sich an § 19 MarkenG.
bb) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Reagiert der Rechtsverletzer auf die Abmahnung nicht innerhalb der gesetzten Frist oder lehnt er die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab, kann zur Rechtsdurchsetzung ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt werden. Hierzu müssen die vorangestellten allgemeinen besonderen Prozess-, Verfahrens- und Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wie bereits bei der Abmahnung ist auch bei der Abfassung des Verfügungsantrags besondere Sorgfalt zu verwenden. In prozessualer Hinsicht ist auf einen hinreichend bestimmten und in materiell-rechtlicher Hinsicht auf eine nicht zu weitgehende Formulierung des Antrages zu achten.
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Im Markenrecht gilt dabei nichts anderes als in anderen Rechtsgebieten. Ein Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er die zu untersagende Handlung eindeutig beschreibt und der dem Antrag folgende Tenor des Urteils eine geeignete Grundlage für das Vollstreckungsverfahren bildet.1 Im Markenrecht bietet es sich an, die Benutzung des streitgegenständlichen Zeichens für bestimmte Waren oder Warengruppen im geschäftlichen Verkehr zu untersa-
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1 BGH v. 12.7.2001 – I ZR 89/99 – „Preisgegenüberstellungen im Schaufenster“, GRUR 2002, 72.
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§ 22
Rz. 57
M 22.3
Markenrecht
gen, wobei die Verwendung der Oberbegriffe aus dem für das Markenregister benutzten Waren- und Dienstleistungsverzeichnis hinreichend bestimmt sein dürfte. Ergänzend kann der Rechtsinhaber auch noch die Untersagung der Verwendung des streitgegenständlichen Zeichens entsprechend der in § 14 Abs. 4 MarkenG aufgeführten Benutzungshandlungen aufnehmen. Wird in materieller Hinsicht auf die konkrete Verletzungsform abgestellt, ist die Antragsfassung niemals zu weit gefasst.1 Ein solcher Antrag ist wegen der so genannten Kerntheorie2 regelmäßig auch geeignet, die Interessen des Rechtsinhabers ausreichend zu schützen. Im Kennzeichenrecht bietet es sich aber auch häufig an, die Benutzung des Kennzeichens für bestimmte Waren und Dienstleistungen oder für verschiedene Bereiche zu untersagen und die konkrete Verletzungsform durch den „insbesondere“-Zusatz3 in den Verfügungsantrag zu integrieren. Letztlich hängt es aber vom Einzelfall ab, welche Vorgehensweise zweckmäßiger erscheint. 57 " Praxistipp: Bei der Abfassung des Verfügungsantrages ist besonders sorgfältig zu arbeiten. Kontrollfrage dafür, ob der Antrag hinreichend bestimmt ist, ist, ob der Antragsgegner weiß, was er zu unterlassen hat. Kontrollfrage dafür, ob der Antrag zu weit gefasst ist, ist, ob der Antrag auch zulässige Verhaltensweisen erfasst. Im Kennzeichenrecht wäre ein Antrag beispielsweise zu weit gefasst, wenn die Verwendung des Verletzerzeichens für sämtliche Waren und Dienstleistungen verboten würde, obgleich die verletzte Marke nur in einer einzigen Warenklasse eingetragen ist.
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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – markenrechtlicher Unterlassungsanspruch –
An das Landgericht1 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der A&B GmbH, . . . – Antragstellerin – Verfahrensbevollmächtigter: . . . gegen 1 In Kennzeichenstreitsachen sind die Landgerichte ausschließlich zuständig, vgl. § 140 Abs. 1 MarkenG.
1 BGH v. 21.6.2001 – I ZR 69/99 – „Soooo billig …!“, GRUR 2002, 75. 2 Die Kerntheorie besagt, dass in der Antragsfassung Verallgemeinerungen über die enge Form der festgestellten Verletzungshandlung hinaus nicht zu beanstanden sind, sofern auch in der erweiterten Form das Charakteristische des festgestellten konkreten Verletzungstatbestandes, dessen Kern zum Ausdruck kommt, Jestaedt in Ahrens, Kap. 22 Rz. 35. 3 Die konkrete Verletzungsform wird hierbei mit einem durch „insbesondere“ eingeleiteten Zusatz zu einem allgemein gefassten Obersatz in den Antrag aufgenommen. ZB „Bekleidungsstücke unter dem Zeichen ‚C‘A? zu vertreiben …, insbesondere wenn dies wie in Anlage 1a abgebildet geschieht“.
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M 22.3
III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen
Rz. 58
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die XY GmbH, . . . – Antragsgegnerin – wegen: Markenverletzung Namens und in Vollmacht der Antragstellerin beantrage ich, eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen: I. Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, das Zeichen „A&P“ auf Bekleidungsstücken oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem Zeichen „A&P“ Bekleidungsstücke anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen „A&P“ Bekleidungsstücke ein- oder auszuführen oder das Zeichen „A&P“ in Geschäftspapieren oder in der Werbung oder im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Bekleidungsstücken zu benutzen.2 II. Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragsgegnerin nach einem Streitwert von 100 000 Euro zur Last3 Begründung: I. Sachlage 1. Die Antragstellerin ist ein bundesweit tätiges Modeunternehmen mit ca. 50 Filialen in verschiedenen Städten des Bundesgebiets. Seit Beginn ihrer geschäftlichen Tätigkeit vertreibt sie Bekleidungsstücke unter dem als deutsche Wortmarke eingetragenen Zeichen „A&B“ (Registernummer 000 000). Wir überreichen hierzu eine Kopie der Markenurkunde als Anlage AST 1. 2. Die Antragsgegnerin ist am 1. März 2010 gegründet worden. Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb von sowie der Handel mit Textilien und Bekleidungsgegenständen aller Art, insbesondere mit Damen- und Herrenoberbekleidung. Hierzu fügen wir als 2 Die Formulierung des Verfügungsantrags orientiert sich an § 14 Abs. 3 MarkenG. Der Antrag könnte auch kürzer gestellt werden, indem schlicht beantragt wird, der Antragsgegnerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „A&P“ als Kennzeichen für Bekleidungsstücke zu verwenden, insbesondere, wenn dies, in der nachstehend wiedergegebenen Form geschieht . . . (Wiedergabe der Anzeigenwerbung mit dem Kennzeichen „A&P“). 3 In Kennzeichenstreitsachen, in denen es – wie fast immer – um die Verletzung von Markenrechten und nicht um bezifferte Zahlungsklagen geht, ist der Streitwert vom Gericht nach freiem Ermessen gemäß § 3 ZPO bzw. § 12b GKG festzusetzen. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers (vgl. BGH v. 26.4.1990 – I ZR 58/89 – „Streitwertbemessung“, GRUR 1990, 1052). Streitwertangaben der Parteien zu Beginn des Verfahrens haben indizielle Bedeutung, sind aber vom Gericht anhand der objektiven Gegebenheiten zu überprüfen und mit üblichen Wertfestsetzungen in gleich gelagerten Fällen zu vergleichen. In kennzeichnungsrechtlichen Unterlassungsklagen bewegen sich die Streitwerte in der Regel zwischen 50 000 Euro und 150 000 Euro, bei langjährig und intensiv benutzten Kennzeichenrechten auch bis zu 500 000 Euro. Vgl. zu allem Ingerl/Rohnke, § 142 MarkenG Rz. 4, 5 und 10.
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Anlage AST 2 einen Auszug aus dem Handelsregister bei. 3. Am 1. Dezember 2011 hat die Antragsgegnerin im Kreisblatt XY das Zeichen „A&P“ in einer Werbeanzeige wie folgt verwendet: . . . [Abbildung der Werbeanzeige] Wie der Werbeanzeige zu entnehmen ist, verwendet die Antragsgegnerin das Zeichen „A&P“ als Kennzeichen für Bekleidungsstücke. 4. Mit Abmahnschreiben vom 8. Dezember 2011, Anlage AST 3, hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 12. Dezember 2011, Anlage AST 4, die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt. II. Rechtliche Würdigung Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Kennzeichens „A&P“ für Bekleidungsstücke gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu. 1. Das Landgericht ist sachlich und örtlich zuständig. Die Antragsgegnerin hat ihren Sitz in dem Gerichtsbezirk des Landgerichts. 2. Der Unterlassungsanspruch der Antragsstellerin gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist begründet. Zwischen den gegenüberstehenden Kennzeichen „A&B“ einerseits und „A&P“ andererseits besteht eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Die gegenüberstehenden Zeichen sind vom Schrift- und Klangbild hochgradig ähnlich. Während der erste Buchstabe und das kaufmännische &-Zeichen bei beiden Zeichen identisch sind, besteht auch zwischen den grundsätzlich unterschiedlichen Zeichen „B“ und „P“ eine hochgradige Ähnlichkeit, da das Schriftbild weitgehend übereinstimmt und sich nur geringfügig durch einen Halbkreis unterscheidet und das Klangbild zwischen „B“ und „P“ ebenfalls eine hohe Übereinstimmung aufweist und nur bei exakter Aussprache eine geringfügige Unterscheidung besteht. Zudem werden die beiden Zeichen, wie der Werbeanzeige vom 1. Dezember 2011 im Kreisblatt XY zu entnehmen ist, kennzeichenmäßig für identische Waren, und zwar für Bekleidungsstücke, verwendet. Diese Umstände genügen nach allgemeiner Ansicht für das Vorliegen einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. 3. Die Angelegenheit unterliegt auch einer besonderen Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit im Sinne der §§ 935, 940 ZPO. Das ernstliche Bedürfnis der Antragstellerin nach einer einstweiligen Regelung folgt aus der Verletzung ihrer absoluten Rechtsgüter. Eine andere Möglichkeit, ihre Unterlassungsansprüche kurzfristig zu sichern, um die Beeinträchtigung ihrer Marke „A&B“ zu verhindern, besteht außer als durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht.
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M 22.3
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III. Sollte das Gericht wider Erwarten die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Überlassung der Antragsschrift an die Antragsgegnerin zur Stellungnahme oder die Zurückweisung des Antrags in Erwägung ziehen, bitten wir um eine vorherige telefonische Kontaktaufnahme mit dem Unterzeichner.4 Rechtsanwalt 4 Die unter Ziffer III. aufgenommene Bitte zur telefonischen Kontaktaufnahme ist selbstverständlich nicht zwingend, aber sehr zweckmäßig. Viele Gerichte, darunter insbesondere auch das Landgericht Hamburg, melden sich telefonisch bei dem Prozessbevollmächtigten des jeweiligen Antragstellers, wenn die einstweilige Verfügung nicht wie beantragt erlassen wird. Die Antragstellerin hat in diesen Fällen die Möglichkeit, entweder die einstweilige Verfügung zurückzunehmen und durch die Stellung eines neuen Antrags zu berichtigen oder sich möglicherweise auch dazu zu entschließen, den Antrag insgesamt zurückzunehmen.
3. Auskunftsansprüche a) Überblick § 19 MarkenG gewährt dem Inhaber einer Marke in den Fällen einer Markenrechtsverletzung nach § 14 MarkenG einen selbständigen nicht akzessorischen, verschuldensunabhängigen Anspruch auf Auskunft. Dieser Anspruch gilt über den ansonsten aus den Bürgerlichen Gesetzbuch herzuleitenden Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zur Vorbereitung und Bezifferung eines Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruchs hinaus. Der Auskunftsanspruch soll dem Rechtsinhaber die Rechtsverfolgung gegenüber Lieferanten und gewerblichen Abnehmern des Rechtsverletzers ermöglichen, um so Quellen und Vertriebswege der Gegenstände, durch die das Schutzrecht verletzt wird, möglichst schnell vollständig zu schließen.1
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b) Auskunftsanspruch gegen Rechtsverletzer Nach § 19 Abs. 1 MarkenG kann der Inhaber einer Marke in Fällen einer Markenrechtsverletzung nach § 14 MarkenG den Rechtsverletzer auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen in Anspruch nehmen, es sei denn, dass dies im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Nach § 19 Abs. 3 MarkenG hat der zur Auskunft Verpflichtete Angaben zu machen über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder des Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände. Voraussetzung des Auskunftsanspruchs ist zunächst, dass eine Tatbestandsverwirklichung des § 14 MarkenG vorliegt. Dies ist gegeben, wenn eine Verwechslungsgefahr zwischen zwei Kennzeichen festgestellt wird oder wenn bei einer bekannten Marke durch die Benutzung eines anderen Zeichens die Wertschätzung oder Unterscheidungskraft der bekannten Marke ausgenutzt oder beeinträchtigt wird. Verschulden ist dabei 1 Vgl. hierzu BGH v. 21.2.2002 – I ZR 140/99 – „Entfernung der Herstellungsnummer III“, GUR 2002, 709.
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nicht erforderlich. Zu den widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG zählen alle Gegenstände, die mit der verletzenden Marke versehen worden sind. 61
Das Auskunftsverlangen nach § 19 MarkenG besteht allerdings nur dann, wenn es im Einzelfall nicht unverhältnismäßig ist. Unverhältnismäßigkeit wird nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen vorliegen. Beispielsweise wäre dies gegeben, wenn mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der Rechtsinhaber die begehrten Angaben zur Geltendmachung nachvollziehbarer Verletzungsansprüche gegen Lieferanten oder Abnehmer benötigen könnte.1 Dies ist nur möglich, wenn weitere Kennzeichenverletzungen ausgeschlossen sind und auch denkbare Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche bereits ausgeglichen sind.2 Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Auskunftsanspruch unverhältnismäßig ist, liegt beim Rechtsverletzer. c) Anspruchsdurchsetzung
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Der Auskunftsanspruch nach § 19 MarkenG über die Herkunft und den Vertriebsweg der widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstände kann gemäß § 19 Abs. 7 MarkenG auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, wenn eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt. Von einer offensichtlichen Rechtsverletzung ist dann auszugehen, wenn diese so eindeutig ist, dass eine Fehlentscheidung oder eine andere Beurteilung des richterlichen Ermessens kaum möglich ist.3 Im Kennzeichenrecht bedeutet dies vor allem, dass keine Zweifel an der Schutzfähigkeit und den besseren Zeitrang des Klagekennzeichens und an der Verwechslungsgefahr bzw. den Voraussetzungen für den Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bestehen sollten. Kann vom Rechtsinhaber eine offensichtliche Rechtsverletzung glaubhaft gemacht werden, sollte der Auskunftsanspruch – wie auch sonst üblich – zunächst mittels eines Aufforderungsschreibens unter Fristsetzung zur Erteilung der Auskünfte geltend gemacht werden. Der Auskunftsverpflichtete hat die Auskunft unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zu erteilen. Die Frist kann daher grundsätzlich kurz bemessen sein.
63
Reagiert der Anspruchsverpflichtete nicht oder nicht innerhalb der gesetzten angemessenen Frist, kann der Verletzte ohne Kostennachteile zu befürchten, den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen. In dem einstweiligen Verfügungsantrag muss der Antragsteller wie üblich den Verfügungsgrund und den Verfügungsanspruch darlegen und glaubhaft machen. Ob in Bezug auf den Verfügungsgrund die Dringlichkeitsvermutung aus dem Wettbewerbsrecht herangezogen werden kann, ist bei Auskunftsansprüchen im Kennzeichenrecht bislang nicht abschließend geklärt.
64 " Praxistipp: Zur Vermeidung von Diskussionen bzw. etwaiger Zurückweisung von Verfügungsanträgen im Auskunftsbereich sollte in der Antrags1 Ingerl/Rohnke, § 19 MarkenG Rz. 39. 2 BGH v. 20.12.1994 – X ZR 56/93 – „Kleiderbügel“, GRUR 1995, 338. 3 OLG Frankfurt v. 14.3.2002 – 6 U 254/01 – „Gefälschte Echtheitszertifikate“, MarkenR 2002, 296.
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III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen
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schrift kurz dargelegt werden, weshalb das Auskunftsverlangen eilbedürftig ist. Angesichts der nicht einheitlichen Rechtsprechung in dieser Frage wäre ein schlichter Hinweis auf die analoge Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Dringlichkeitsvermutung risikobehaftet. Der weitere Verlauf des Verfügungsverfahrens entspricht den bekannten Abläufen wie sie oben beschrieben sind.
65
Für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Auskunftserteilung wird auf den Musterantrag im Kapitel Urheberrecht verwiesen.
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d) Auskunftsanspruch gegen Dritte Nach der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie in deutsches Recht können markenrechtliche Auskunftsansprüche in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung auch gegen Dritte geltend gemacht werden (§ 19 Abs. 2 MarkenG).
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Dritte sind Personen, die in gewerblichem Ausmaß rechtsverletzende Waren in ihrem Besitz hatten, rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahmen, für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachten1 oder nach den Angaben einer der vorgenannten Personen an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Waren oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt waren. Ausgeschlossen sind diese Auskunftsansprüche allerdings gegen Personen, die in dem Prozess gegen den Rechtsverletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt wären. Nach § 19 Abs. 4 MarkenG sind diese Auskunftsansprüche zudem ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
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In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann gemäß § 19 Abs. 7 MarkenG die Auskunft nicht nur gegen den Rechtsverletzer, sondern auch gegen die zur Auskunft verpflichteten Dritten im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935–945 der ZPO geltend gemacht werden.
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4. Weitere Ansprüche im einstweiligen Verfügungsverfahren a) Besichtigungsanspruch Ein Besichtigungsanspruch ist seit der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie in deutsches Recht in § 19a MarkenG geregelt. Ein Besichtigungsanspruch zur Ermöglichung des Verletzungsnachweises wird bei Kennzeichenverletzungen in der Regel allerdings nicht benötigt, weil die zur Beurteilung des Verletzungstatbestandes erforderlichen Tatsachen im geschäftlichen Verkehr regelmäßig offenkundig sind. Lediglich in wenigen Ausnahmefällen kann es erforderlich sein, zur Bejahung der Verletzung die Beschaffenheit der Ware selbst näher zu untersuchen, wie z.B. bei Totalfälschungen zur Unterscheidung vom Original und zur Feststellung von Veränderungen bzw. der Herkunft unter Erschöpfungs1 Hierzu zählen insbesondere auch Internet Service Provider, soweit diese nicht schon als Störer haften, Ingerl/Rohnke, § 19 MarkenG Rz. 20 m.w.N. Gleiches gilt für Betreiber von Internetplattformen, vgl. LG Stuttgart v. 20.12.2011 – 17 O 169/10.
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Markenrecht
gesichtspunkten, wenn also bestimmt werden muss, ob die Ware bereits einmal rechtmäßig in der EU bzw. dem EWR vertrieben worden ist.1 Hinzutreten muss allerdings auch, dass die Ware selbst nicht durch Testkäufe beschafft werden kann. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, genügt in der Regel ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit, dass eine Kennzeichenverletzung vorliegt, um einem Besichtigungsanspruch stattzugeben.2 71
Nach § 19a Abs. 3 MarkenG kann die Verpflichtung zur Duldung der Besichtigung einer Sache im Wege der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der ZPO angeordnet werden kann (vgl. im Übrigen zum Anspruchsinhalt/Anspruchsvoraussetzungen und zur Anspruchsdurchsetzung eines Besichtigungsanspruchs § 20 Rz. 66 ff.). Ausgehend von dem Zweck des Besichtigungsanspruchs, markenverletzende Ware besichtigen zu können, bevor diese beseitigt oder manipuliert wird, wird in aller Regel eine Abmahnung entbehrlich sein und eine einstweilige Verfügung im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung ergehen.3 b) Vernichtungsanspruch
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Nach § 18 MarkenG kann der Inhaber einer Marke in Fällen einer Markenrechtsverletzung nach § 14 MarkenG verlangen, dass die im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers befindlichen widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstände vernichtet werden, es sei denn, dass der durch die Rechtsverletzung verursachte Zustand der Gegenstände auf andere Weise beseitigt werden kann und die Vernichtung für den Rechtsverletzer oder den Eigentümer im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Steht danach einem Markeninhaber ein Vernichtungsanspruch zu, bedarf dieser regelmäßig der Sicherung durch eine einstweilige Verfügung, und zwar in Form einer Anordnung zur Herausgabe der bestimmt zu bezeichnenden Gegenstände bzw. Vorrichtungen an den Gerichtsvollzieher zur Sequestration bzw. Verwahrung.4 Ferner kann in der einstweiligen Verfügung auch ein Verbot aufgenommen werden, das darauf gerichtet ist, dass die Rückgabe rechtsverletzender Gegenstände an den Lieferanten des Rechtsverletzers nicht erfolgen darf.5 Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nach überwiegender Ansicht entsprechend anzuwenden.6 Zur Sicherheit sollte allerdings im Verfügungsantrag eine kurze Erläuterung erfolgen, weshalb Eilbedürftigkeit gegeben ist. Dies wird im Rahmen der Sicherung eines Vernichtungsanspruchs regelmäßig nicht schwer auszuführen sein.
1 2 3 4
Ingerl/Rohnke, § 19a MarkenG Rz. 2. BGH v. 25.2.2002 – I ZR 45/01 – „Faxkarte“, GRUR 2002, 1046 noch zu § 809 BGB. Ingerl/Rohnke, § 19b MarkenG Rz. 22. Ausführlich hierzu Ströbele/Hacker, § 18 MarkenG Rz. 46; Ingerl/Rohnke, § 18 MarkenG Rz. 38 ff. 5 OLG Frankfurt v. 30.12.2002 – 6 W 108/02 – „Uhrennachbildungen“, GRUR-RR 2003, 96. 6 Hacker in Ströbele/Hacker, § 18 MarkenG Rz. 47.
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III. Einstweiliger Rechtsschutz bei Markenverletzungen
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§ 22
Nach überwiegender und zutreffender Auffassung ist eine Abmahnung im Hinblick auf die damit verbundene Anspruchsgefährdung regelmäßig unzumutbar und daher entbehrlich.1
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c) Weitere markenrechtliche Ansprüche im einstweiligen Verfügungsverfahren Nach § 19a MarkenG steht dem Inhaber einer Marke bei hinreichender Wahrscheinlichkeit einer Markenrechtsverletzung nach § 14 MarkenG ein Anspruch gegen den vermeintlichen Rechtsverletzer auf Vorlage einer Urkunde und im Falle einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung auch ein Anspruch auf Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen zu. Die Durchsetzung dieses Anspruchs kann gemäß § 19a Abs. 3 MarkenG auch im Wege einer einstweiligen Verfügung angeordnet werden.
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Schließlich wird dem Inhaber einer Marke nach § 19b Abs. 1 MarkenG gegen den Rechtsverletzer bei einer im gewerblichem Ausmaß begangenen vorsätzlich oder fahrlässig begangenen Verletzungshandlung ein Anspruch auf Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einen geeigneten Zugang zu den entsprechenden Unterlagen zugesprochen, wenn diese sich in der Verfügungsgewalt des Rechtsverletzers befinden und diese für die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs erforderlich sind. Nach § 19b Abs. 3 MarkenG können diese Ansprüche im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935–945 der ZPO durchgesetzt werden, wenn der Schadensersatzanspruch offensichtlich besteht. Das Gesetz sieht ferner vor, dass das Gericht die erforderlichen Maßnahmen trifft, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
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1 OLG Düsseldorf v. 20.10.1996 – 2 W 55/96, NJW-RR 1997, 1064; OLG Hamburg v. 28.7.1987 – 3 W 77/87, WRP 1988, 47; LG Hamburg v. 19.3.2004 – 308 O 58/04 – „Flüchtige Ware“, GRUR-RR 2004, 191; a.A. allerdings OLG Braunschweig v. 6.12.2004 – 2 W 237/04 – „Flüchtige Ware“, GRUR-RR 2005, 103, verneint bei Waren von geringem Wert.
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Stichwortverzeichnis Die fett gekennzeichneten Zahlen verweisen auf die Paragrafen, die mageren Zahlen verweisen auf die Randzahlen innerhalb der Paragrafen. Abgestimmtes Verhalten s. „Unerlaubte Absprachen“ Abmahnung – Androhung gerichtlicher Maßnahmen 18 67 – Auskunftsanspruch 18 68, 79 – Entbehrlichkeit 18 55 ff. – Form 18 59 f. – Fristsetzung 18 64 ff. – Gegenabmahnung 18 80 – Inhalt 18 61 ff. – Kostentragung 18 69 f. – markenrechtliche Ansprüche 22 50 ff. – Muster 18 73 – presserechtliche Ansprüche 21 73 – Reaktionsmöglichkeiten 18 74, 76 – Rechtsmissbrauch 18 71 f. – Schadensersatzanspruch 18 68 – Schubladen-/Vorratsverfügung 18 58 – Schutzschrift s. dort – Unterlassungserklärung s. dort – Urheberrechtsverletzung 20 39 – Vertragsstrafe 18 53 f. – Wettbewerbsrecht 18 60 – Zweck 18 54 Abmahnwesen, extensives 18 69a Abschlusserklärung – Aufforderungsschreiben 2 46 – Begriff 2 44 f. – Kostenersparnis 18 120 – Muster 18 123 – Rechtsfolge 2 44 f.; 18 121 – Wartefrist 2 48 Abschlussschreiben – Begriff 2 46 – Gebühren 10 49 – Kosten 18 119 f. – Kostenerstattung 2 46 – Muster 2 47; 18 122
– Zweck 18 118 Aktiengesellschaft – Freigabeverfahren 16 212 – Geschäftsführungsangelegenheiten 16 225 ff. – Hauptversammlungsbeschlüsse, Vollziehung 16 210 ff. – Stimmpflichten, Durchsetzung 16 204 ff. Aktiengesellschaft, Aufsichtsrat – fehlerhafter Beschluss 16 235 f. – Zustimmungsrecht 16 231 ff. Aktiengesellschaft, Vorstand – Abberufung 16 223 f. – Widerruf der Bestellung 16 217 ff. – Willensbildung 16 204 ff. Aktionär, Geschäftsführungsmaßnahme, Zustimmung 16 226 ff. Allgemeine Geschäftsbedingungen – Bürgschaft auf erstes Anfordern in – 13 29 – Schiedsvereinbarung in – 6 29 Anerkenntnis – beschränktes 2 79 – Folge 2 80 – Zulässigkeit 2 78 Anfechtung, Insolvenz- 7 55 ff. Anhörung, Prozesskostenhilfe – Entbehrlichkeit 3 109 – Gegner 1 21 Anordnung Klageerhebung 1 26 – parallel zum Aufhebungsverfahren wg. veränderter Umstände 3 223 – s.a. „Einstweilige Anordnung“, „Erzwingungsverfahren“ Antrag s. „Sachantrag“, „Verfahrensantrag“ Antragsänderung – Arrest 2 68 ff. – Geldforderung, Austausch 2 69 f. – Irrtum/Falschbezeichnung 2 69 f. 769
Stichwortverzeichnis
Antragsrücknahme – Arrest 2 73 ff.; 4 21 f. – Form 2 76 – Kostentragung 2 75 – Wirkung 2 77 – Zeitpunkt 2 73 f., 76 Anwalt – Beratungsauftrag 1 10 – Bevollmächtigung, Verfügungsverfahren 18 96 – Prozessführungsauftrag 1 10 – Warnpflichten 1 10 Anwaltliche Versicherung, Glaubhaftmachung 3 86 Anwaltsgebühren – Abschlussschreiben 10 49 – Antragstellung im Berufungsverfahren 10 47 – Aufklärungspflichten 1 29 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 678 ff., 686, 699 – Einigungsgebühr 10 48 – einstweilige Anordnungen 10 54 ff. – gebührenrechtliche Angelegenheit 10 37 ff. – gesetzliche Grundlage 1 11 – Gewaltschutzsachen 15 746 ff., 755, 769 – Güterrechtssachen 15 291, 295 – Kindesherausgabe 15 599, 620 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 252 – PKH s. dort – Schutzschrift 10 49 – selbständiges Beweisverfahren 6 57 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 338, 342 – Sorgerechtsübertragung 15 479, 484, 498 – Streitwert 18 98 – Terminsgebühr 10 42, 46 – Umgangssachen 15 536, 559 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 212 – Unterhaltsforderungssicherung 15 402 – Unterhaltssachen 15 72, 80 770
– Unterschreiten d. gesetzlichen Gebühren 1 14 – Verfahrensgebühr 10 42 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 166 – Vergütungsvereinbarung s. dort – Vollziehung 10 50 ff. – Wohnungseigentumsrecht 10 58 f. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 443 Anwaltsvertrag – Form 1 7 ff. – Inhalt 1 10 Anwaltszwang – Arrest 4 15 – Arrest, Familienstreitsachen 15 367 – Aufhebungsverfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO 3 182 – Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO 3 204 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 656 – Gewaltschutzsachen 15 722 – Güterrechtssachen 15 277 – Kindesherausgabe 15 578 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 238 – Schutzschrift 3 232; 18 81 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 327 – Sorgerechtsübertragung 15 461, 503 – Umgangssachen 15 516 – unlauterer Wettbewerb 18 96 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 195 – Unterhaltssachen 15 41 – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 151 – Widerspruch 3 132 Arbeitgeberansprüche – Arbeitsmittel, Herausgabeverfügung 12 44 ff. – Betriebsratsmitglied, Ausschluss 12 172 – Betriebsversammlung, Untersagung 12 112 ff., 122
Stichwortverzeichnis
– Erbringung d. Arbeitsleistung 12 19 ff. – Konkurrenztätigkeit, Unterlassen 12 36 ff. – Konkurrenztätigkeit, Unterlassen, Antragsmuster 12 42 – Streik, Unterlassungsverfügung 12 174 ff., 182 – Unterlassen anderweitiger Tätigkeit 12 18 – Weiterbeschäftigung, Entbindungsanspruch 12 83 ff., 93 – Weiterbeschäftigung v. Jugend-/ Auszubildendenvertretern, Entbindung 12 131 ff. Arbeitnehmeransprüche – Arbeitspapiere, Herausgabeverfügung 12 50 ff. – Arbeitszeitreduzierung 12 63 ff. – Lohnzahlung, Leistungsverfügung 12 25 ff. – Streikrecht, Eingriff 12 174 ff. – Urlaubsanspruch, Leistungsverfügung 12 56 ff. – Weiterbeschäftigungsanspruch, Antragsmuster 12 82 – Weiterbeschäftigungsanspruch, Voraussetzungen 12 71 ff. – Zeugniserteilung, Regelungsverfügung 12 94 ff. Arbeitsgerichtliches Verfahren, Beweissicherungsregeln 6 11 Arbeitsgerichtsgesetz, einstweiliger Rechtsschutz 12 1 ff. Arbeitskampf – tariflicher Sozialplan 12 180 ff. – Unterlassungsverfügung 12 174 ff., 182 Arbeitsmittel, Herausgabeverfügung 12 44 ff. – Antragsmuster 12 48 Arbeitspapiere, Herausgabeverfügung 12 50 ff. – Antragsmuster 12 55 Arbeitsrecht – Arrestverfahren 12 4 ff. – Beschlussverfahren, gesetzliche Grundlage 12 3
– Feststellungsverfügung 12 11a – Urteilsverfahren, gesetzliche Grundlage 12 2 – Verfügungsverfahren 12 7 ff. – s.a. „Arbeitgeberansprüche“, „Arbeitnehmeransprüche“, „Arbeitskampf“, „Individualarbeitsrecht“, „Kollektivarbeitsrecht“ Arbeitszeit, Reduzierungsanspruch, Gestaltungsverfügung 12 63 ff. Architekt, Unterlagen, Herausgabepflicht 13 3 ff., 9 Arrest – Anordnung wegen drohender Nachteile 4 23 – Antrag, bestimmter 4 18 – Arten 4 1 ff. – Familienstreitsachen 15 365 ff. – Unterhaltsforderung 15 369 ff. – Vollziehung 5 37 ff. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 410 ff. – Zuständigkeit, Internationales Zivilprozessrecht 9 39 – Zweck 2 5 ff. Arrest, dinglicher – Antrag, zugleich auf persönlichen Arrest 2 33 – Antragsmuster 4 51 – Antragsschrift 4 19 – Arrestgrund 4 3, 33 ff. – Begriff 4 3, 33 ff. – Forderungspfändungsantrag 4 18 Arrest, persönlicher – Antrag, zugleich auf dinglichen Arrest 2 33 – Antragsmuster 4 50 – Arrestgrund 4 41 ff. – Begriff 4 4 – Vollziehung 4 41 ff.; 5 60 f. Arrestanspruch – bedingte Ansprüche 4 24, 29 – Einklagbarkeit 4 24 – Geldforderungen 4 25 – Glaubhaftmachung 4 23, 46 ff. 771
Stichwortverzeichnis
– in Geldforderung übergehender 4 26 ff. – Individualarbeitsrecht 12 5 – Internationales Privatrecht 9 40 ff. – künftige Ansprüche 4 24, 30 Arrestbefehl – Unterhaltsforderungssicherung 15 383 – Vollstreckung 4 52 – Vollziehung vor Zustellung 5 33 ff. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 426 ff. – Zustellung 4 52 Arrestgrund – Auslandsvollstreckung 4 36 ff. – Darlegung 4 23 – Glaubhaftmachung 4 23, 46 ff. – Individualarbeitsrecht 12 6 – Internationales Privatrecht 9 43 ff. – Mietstreitigkeiten 11 3 f. – Vollstreckungsgefährdung 4 34 ff. Arresthypothek – Eintragung 5 55, 59 – Erfordernis 5 56 – Muster 5 58 Arrestpfändung, Antragsmuster 4 51 Arrestverfahren – Anerkenntnis 2 78 ff. – Antrag 15 – Antragsänderung s. dort – Antragsmuster 4 50 f. – Antragsrücknahme s. dort – Antragsschrift 4 15 ff. – Anwaltsgebühren s. dort – Aufhebungsverfahren 4 69 f.; s.a. „Aufhebung/Abänderung“ – Auslandsbezug, anwendbares Verfahrensrecht 9 47 ff. – Auslandsbezug, Ermittlung ausländischen Rechts 4 48 – Begründetheit 4 23 ff. – Beschluss, Zustellung 4 56 – Beschlussverfahren, Zulässigkeit s. dort – Beweismittel, zulässige 4 47 – Einleitung durch Insolvenzverwalter 7 5 f. 772
– – – – – – – – –
Erledigung d. Hauptsache 2 87 erneutes Gesuch 2 41 Ersatzforderung 2 10 Form 4 15 Fristsetzungsverfahren 4 69 Geldforderung, Begriff 2 8 Gerichtskosten s. dort Grundsätze 2 1 ff. Grundsätze d. einstweiligen Rechtsschutzverfahrens s. dort – Individualarbeitsrecht 12 4 ff. – gegen Insolvenzverwalter 7 69 – mehrere Ansprüche 2 33 – mündliche Verhandlung, Ermessen 4 53 ff. – PKH, Beantragung 1 15 – Rechtsbehelf 4 57, 60 ff. – rechtshängiger Anspruch 2 28 – Rechtshängigkeit 4 20 – Rechtshängigkeit, anderweitige 2 30 ff. – Rechtskrafterstreckung 2 37 ff. – Rubrum 4 10 – Schuldnerinsolvenz s. dort – Schutzschrift s. dort – Sicherheitsleistung 4 23, 64 ff. – Streitgegenstand 2 28 – Unterbrechung durch Insolvenzeröffnung 7 3 – Urteils-/Beschlussausfertigung 5 4, 6 ff. – Urteilsverfahren s. dort – Verjährungshemmung 2 104 f. – Verzicht s. dort – Vollmacht, Nichtvorlage 1 9 – Zulässigkeit 4 6 ff. – Zuständigkeit 4 7 ff. – Zweck 2 1 f. – s.a. „Einstweiliges Rechtsschutzverfahren“ Attest, Beweismittel 1 24 Aufbrauchfrist – Verhalten nach Abmahnung 18 76 – wettbewerbsrechtliche Ansprüche 18 45, 76
Stichwortverzeichnis
Aufenthaltsbestimmungsrecht 15 459, 463 – Antragsmuster 15 470 Aufhebung/Abänderung – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 684 ff. – einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen 15 74 ff. – Gewaltschutzsachen 15 751 ff. – Güterrechtssachen 15 293 ff. – Kindesherausgabe 15 607 f. – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 254 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 340 – Sorgerechtsübertragung 15 482 f. – Umgangssachen 15 544 f. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 214 – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 168 Aufhebungsantrag, Erledigung 2 91 Aufhebungsverfahren, Erledigung 2 91 Aufhebungsverfahren wg. Fristablauf – Abgrenzung z. Fristsetzungsverfahren 3 179 – Antragsmuster 3 188 – Arrestverfahren 4 69 – Begründetheit 3 184 ff. – Form 3 182 – Frist 3 182 – fruchtloser Fristablauf 3 184 f. – Überblick 18 114 – Verbindung mit Widerspruch 3 194 – Verfahrensablauf 3 192 f. – Vollziehung, einstweilige Einstellung 3 189 – Zulässigkeit 3 181 ff. – Zuständigkeit 3 182 Aufhebungsverfahren wg. veränderter Umstände – Antragsmuster 3 215 – Antragsrücknahme 3 205 – Arrestverfahren 4 70 – Begründetheit 3 210 ff. – Entscheidung 3 219 ff.
– Form 3 204 – Frist 3 207 – paralleles Verfahren z. Anordnung der Klageerhebung 3 223 – Rechtsschutzinteresse 3 209, 222 ff. – Sicherheitsleistung 3 216 f. – Statthaftigkeit 3 196 – Überblick 18 115 – Verfahrensablauf 3 218 – Verhältnis z. anderen Rechtsbehelfen 3 222 ff. – Zulässigkeit 3 197 ff. – Zuständigkeit 3 197 ff. Aufklärungspflichten 1 5 f. – Interessenkollision 1 4 Auflassungsvormerkung, Widerspruch 11 78 Aufsichtsrat – fehlerhafter Beschluss 16 235 f. – Zustimmungsrecht, Durchsetzung 16 231 ff. Auskunftsanspruch – Abmahnung 18 68, 79 – Betriebsrat gegen Arbeitgeber bei Betriebsänderung 12 152a – GmbH-Gesellschafter, Durchsetzung 16 186 ff. – Leistungsverfügung, Zulässigkeit 3 69 – Markenrecht 22 3, 59 ff., 62 ff. – unlauterer Wettbewerb 18 26, 68, 79 – Urheberrecht 20 54 ff., 57 ff., 64 f. Ausländisches Recht, Glaubhaftmachung 4 48 Auslandsbezug – ausländisches Schiedsgericht 8 34 – Eilzuständigkeit 9 23 ff. – einstweilige Verfügung 9 60 ff. – Ermittlung ausländischen Rechts 4 48 – EuGVVO s. dort – Fragestellungen 9 1 – Gerichtsstandsvereinbarung 9 30 f. – Internationales Zivilprozessrecht, Anwendbarkeit 9 38 773
Stichwortverzeichnis
– Rechtsquellen 9 2 f. – selbständiges Beweisverfahren 9 11 ff., 71 ff. – Staatsverträge 9 3 – Vollstreckbarerklärung, Antragsmuster 9 35 – Vollstreckbarerklärung, Beschwerde 9 37 – Vollziehung einstweilige Verfügung 9 70 – Zustellung im Ausland 9 52 ff., 56 ff., 69 Auslandsbezug, Arrest – Anspruch, Internationales Privatrecht 9 40 ff. – anwendbares Verfahrensrecht 9 47 ff. – Arrestgrund, Internationales Privatrecht 9 43 ff. – Vollziehung 9 56 ff. – Zuständigkeit 9 39 Auslandsvollstreckung, Arrestgrund 4 36 ff. Außerkrafttreten d. einstweiligen Anordnung – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 694 ff. – Gewaltschutzsachen 15 762 ff. – Güterrechtssachen 15 303 ff. – Kindesherausgabe 15 615 ff. – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 258 ff. – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 349 ff. – Sorgerechtsübertragung 15 492 ff. – Umgangssachen 15 554 ff. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 217 ff. – Unterhaltssachen 15 97 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 173 Auszubildendenvertreter, Weiterbeschäftigung, Entbindungsanspruch 12 131 ff. Bagatellforderung, kein persönlicher Arrest 4 41 Bagatellverstöße, Abmahnwesen 18 69a 774
Bauhandwerkersicherungshypothek, Eintragungsanspruch 13 38 ff., 50 Bauherr – Nachbargrundstück, Benutzung 13 11 ff. – Unterlagen, Herausgabeanspruch 13 3 ff., 9 – Wegerecht, Beeinträchtigung 13 16 ff., 20 Bauunternehmer – Bürgschaft, Unterlassen d. Inanspruchnahme 13 22 ff., 37 – Sicherungshypothek, Eintragungsanspruch 13 38 ff., 50 – Unterlagen, Herausgabepflicht 13 3 ff., 9 Bauvertrag, einstweiliges Rechtsschutzverfahren 13 1 ff. Befangenheit, Gutachterablehnung 6 46 ff. Befriedigungsverfügung s. „Leistungsverfügung“ Beiladung, Wohnungseigentümer 14 17 ff. Berufung – Arrestverfahren 4 63 – Dringlichkeit 3 168 – Einlegung bei unzuständigem Gericht 3 162 – Frist 3 169 f. – Gerichtskosten 10 28 ff. – Rechtsmittelverzicht 2 44 f. – Statthaftigkeit 3 110, 149 ff., 159 f. – Streitwert 3 151 f. – Überblick 18 109 ff. – Urteilsverfahren 18 49 – Verfahrensablauf 3 171 ff. – Zuständigkeit 3 161 f. Berufungsbegründung 3 166 ff. Berufungsfrist, unzuständiges Gericht 3 162 Berufungsschrift – Einreichung bei unzuständigem Gericht 3 162 – Form 3 163 – Inhalt 3 164 ff.
Stichwortverzeichnis
Beschluss – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 670 ff. – Gewaltschutzsachen 15 735 ff. – Güterrechtssachen 15 283 ff. – Kindesherausgabe 15 592 ff. – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 245 f. – selbständiges Beweisverfahren 6 33 ff. – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 334 – Sorgerechtsübertragung 15 474 – statt Urteil, Falschbezeichnung 3 155 ff. – Umgangssachen 15 529 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 206 ff. – Unterhaltssachen 15 64 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 160 ff. – Widerspruch d. Gegners 3 110 f. – Zurückweisung d. Antrags, Rechtsmittel 3 110 Beschlussverfahren – Anordnungsausspruch, Ermessen 3 101 – Arrest 4 53 ff. – Dringlichkeitserfordernis 3 95 – Kollektivarbeitsrecht 12 102 ff. – Kostenentscheidung 3 100 – Meistbegünstigungsgrundsatz 3 155 ff. – ne ultra petita 3 101 – Rechtsmittel 18 47 f. – Zulässigkeit 2 60; 3 92 – Zurückweisung d. Verfügungsantrags 3 97 f. Beschlussverfahren, mündliche Verhandlung – Antrag auf Benachrichtigung 3 96 – Antragsfrist 3 93 – Erforderlichkeit 3 97 – Verzicht 2 61 Beschwerde – FG-Familiensachen 15 453
– s.a. „Einfache Beschwerde“, „Sofortige Beschwerde“ Beseitigungsanspruch – unlauterer Wettbewerb 18 24 f. – Wettbewerbsbeschränkung 19 22, 28 ff. Besitzeinräumung – Mieter 11 18 f. – Verfügungsgrund 3 74 Besitzstörung, vermieterseitige 11 35 ff. Betriebsänderung, Beteiligung d. Betriebsrats 12 148 ff. Betriebspflicht, Gewerbemiete, Unterlassen der Schließung 11 102 ff. Betriebsrat – Amtsausübung 12 168 ff. – Anspruchsgrundlagen 12 103 – Betriebsänderung, Beratungs-/Informationsrechte 12 148 ff. – Betriebsvereinbarung, Durchsetzung 12 123 ff. – Betriebsversammlung, Behinderung durch Arbeitgeber 12 119 f. – Einigungsstellenspruch, Durchsetzung 12 123 ff. – Mitbestimmungsrecht, Verletzung 12 135 ff., 143, 144 ff. – Schulungsteilnahme 12 108 f. – Zutrittsrecht z. Betrieb 12 169, 173 Betriebsratswahl – Beeinflussung 12 159 – Mitarbeiterliste 12 154 f. – Nichtigkeit 12 163 – Wahlliste, Aufnahmeanspruch 12 158 – Wahlverfahren, Korrektur 12 160 ff. – Wahlvorstand, Unterlassen d. Tätigkeit 12 159 – Zugang z. Betrieb 12 156 f., 167 Betriebsstilllegung, Weiterbeschäftigung, Entbindungsanspruch 12 86 ff. Betriebsvereinbarung, Durchführungsanspruch 12 123 ff. 775
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Betriebsversammlung – Behinderung durch Arbeitgeber 12 119 f. – gesetzliche Regelungen 12 110 ff. – Verhinderung durch Arbeitgeber 12 112 ff., 122 – Verhinderung durch Betriebsrat 12 116 – Zutrittsrecht v. Gewerkschaftsmitgliedern 12 117 ff., 121 Bevollmächtigte – Verfügungsverfahren 18 97 f.; – s.a. „Anwalt“ Bewegliche Sachen, Vollziehung 5 38 ff. Beweisaufnahme – sofortige 1 24; 2 65; 3 86 – wettbewerbsrechtliche Ansprüche 18 34 ff. – zusätzliche 6 10 – s.a. „Selbständiges Beweisverfahren“ Beweislast, Besprechung mit Mandanten 1 22 f. Beweismittel – Arrestverfahren 4 47 – drohender Verlust 6 2, 12 – eidesstattliche Versicherung 1 24 – Eignung 1 24 – Schriftstücke 1 24 – unerwartete 3 87 – Urteilsverfahren 2 63 – Zeugung, Ladung 3 105 – zulässige 1 24 Boykottaufruf, Unterlassungsanspruch 19 24 f. Bürgschaft auf erstes Anfordern – Einwendungen 13 25 ff. – Grundsätze 13 23 f. – Verfügungsberechtigte 13 31 ff. – Wirksamkeit 13 29 Bürogemeinschaft, Interessenkollision 1 4 Darlegung – Arrestgrund 4 23 776
– Entbehrlichkeit, Verfügungsverfahren 3 35 f. – Widerspruchsgrund 3 127 – s.a. „Glaubhaftmachung“ Deckungsgleiches Hauptverfahren s. „Erzwingungsverfahren“ Devolutiveffekt, Widerspruch 3 126 Dienstleistung – Erbringung d. Arbeitsleistung, Verfügungsgrund 12 19 ff. – Unterlassen anderweitiger Tätigkeit 12 18 – unvertretbare Arbeitsleistung 12 24 – vertretbare Arbeitsleistung 12 19 ff. Doppelvermietung – Privatautonomie 11 10 ff. – Verbot d. Überlassung an Zweitmieter 11 12 ff. Dringlichkeit – Fortbestehen, Rechtsmittelverfahren 3 168 – Glaubhaftmachung 3 82 – Selbstwiderlegung 3 81 f. Dringlichkeitsvermutung, wettbewerbsrechtliche Ansprüche 18 28 ff. Drittunterwerfung, Ausräumung Wiederholungsgefahr 18 21 Drohende Gewalt, Verfügungsgrund 3 79 Duldungsanspruch, Antrag auf Androhung 3 18 Duldungsverfügung – Betriebsratsmitglied, Zutrittsrecht z. Betrieb 12 169, 173 – Betriebsversammlung, Zutrittsrecht v. Gewerkschaftsmitgliedern 12 117 ff., 121 – Modernisierung/Instandhaltung 11 93 ff. – Wahlvorstand, Zutrittsrecht 12 156 f., 167 – Zutrittsrecht d. Vermieters 11 89 ff. Durchsuchung, Besichtigungsanspruch ist kein Anspruch auf – 20 68b
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Durchsuchungsbeschluss, Antrag aufgrund Herausgabeverfügung 3 14 Ehegatten – Unterhalt, Antragsmuster 15 53 f. – Wohnungsnutzung, Streitigkeiten 11 141, 147 – s.a. „Unterhaltssachen“ EheGVVO, einstweilige Anordnung, Statthaftigkeit 9 2 Ehescheidung – einstweilige Anordnung über Ehegattenunterhalt 15 102 – Verfahrensstandschaft, bereits eingeleitetes Unterhaltsverfahren 15 38 – Wohnung 15 641 Ehewohnung, verbotene Eigenmacht 11 141 Ehewohnungs- und Haushaltssachen – einstweilige Anordnung 15 635 ff. – Wohnungszuweisung, Antragsmuster 15 664 – Zutritt zur Wohnung 15 636 Eidesstattliche Versicherung – Glaubhaftmachung d. Anspruchs 2 64 – mündliche Verhandlung 3 86 – Schiedsverfahren 8 11 – wettbewerbsrechtliche Ansprüche 18 34 ff. – Zulässigkeit 1 24 Eigenbedarf, Vortäuschung 11 20 ff. Eigentümerliste 14 11 ff. Eigentumsvorbehalt im Insolvenzverfahren 7 52 Einfache Beschwerde – gegen Arrestentscheidung 4 57, 60 f. – Kostenentscheidung, fehlende 3 110 Einigungsstellenspruch, Durchführungsanspruch 12 123 ff. Einreden – fehlende, Darlegungslast 3 89 ff. – Nichtbestehen 1 24
Einsichtsrecht, GmbH-Gesellschafter, Durchsetzung 16 186 ff. Einspruch – Auswirkungen auf Vollziehungsfrist 5 10 ff. – gegen Urteil 3 110 – gegen Versäumnisurteil 3 110 – Urteilsverfahren 18 49 Einstweilige Anordnung – Anwaltsgebühren 10 54 ff. – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 635 ff. – Gerichtskosten 10 34 ff. – Gewaltschutzsachen 15 715 ff. – Güterrechtssachen 15 270 ff. – Kindesherausgabe 15 570 ff. – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 230 ff. – Kindschaftssachen 15 454 ff. – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 320 ff. – Umgangssachen 15 510 ff. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 190 ff. – Unterhaltssachen 15 21 ff. – Verfahrenskostenvorschuss 15 135 ff. – Versorgungsausgleichssachen 15 774 f. – Wohnungseigentumssachen 14 38 Einstweilige Verfügung – Aufhebungsverfahren s. dort – Familiensachen, Unstatthaftigkeit 15 3 – Internationales Privatrecht 9 64 ff. – Internationales Zuständigkeit 9 61 ff. – Markenrecht s. dort – Presserecht 21 1 ff. – Urheberrecht 20 16 ff.; s.a. dort – Vereinsstreitigkeiten 17 11, 17 ff.; s.a. dort – Wettbewerbsbeschränkung 19 58; s.a. dort – s.a. „Feststellungsverfügung“, „Herausgabeverfügung“, „Leistungsverfügung“, „Regelungsverfügung“, „Sicherungsver777
Stichwortverzeichnis
fügung“, „Unterlassungsverfügung“, „Verfügungsanspruch“, „Verfügungsgrund“, „Verfügungsverfahren“ Einstweiliges Rechtsschutzverfahren – Abschlusserklärung 2 43 ff. – Abschlussschreiben 2 43, 46 ff. – Anerkenntnis 2 78 ff. – Antragsänderung 2 68 ff.; s.a. dort – Antragsrücknahme 2 73 ff.; s.a. dort – anwendbare Vorschriften 2 4 – Aufhebungsverfahren 3 179 ff.; s.a. dort – Auslandsbezug 4 48 – Beendigung, Vergleich 2 102 – Befriedigungsverfügung s. „Leistungsverfügung“ – Beschlussverfahren, Zulässigkeit 2 60; s.a. dort – Erledigung d. Hauptsache 2 87 – erneutes Gesuch 2 41 – Fristsetzungsverfahren 3 179 – Individualarbeitsrecht 12 1 ff.; s.a. dort – gegen Insolvenzverwalter 7 69 – Internationales Recht 9 1 ff. – Kartellrecht 19 1 ff.; s.a. dort – keine Vorwegnahme d. Hauptsache 2 14 ff.; 3 17 – Kollektivarbeitsrecht 12 102 ff.; s.a. dort – Markenrecht 22 1 ff.; s.a. dort – Presserecht 21 1 ff. – Rechtshängigkeit 2 28 – Rechtshängigkeit, anderweitige 2 30 ff. – Rechtskrafterstreckung 2 37 ff. – Rechtsmittelverzicht 2 44 f. – Rechtsnatur 2 3 f. – Rechtsweg 2 20 – Rechtswegverweisung 2 21 – Schiedsgerichtsverfahren 2 23 f. – im Schiedsverfahren 8 1 ff. – Schuldnerinsolvenz 7 1 ff.; s.a. dort – Streitgegenstand 2 28 – Streitwert 3 151 778
– urheberrechtliche Ansprüche 20 1 ff.; s.a. dort – Urteilsverfahren 2 62 ff.; s.a. dort – Verfahrensarten 2 5, 18 f. – Verfügungsgrund s. dort – Vergleich über Hauptsache 2 100 – Verhältnis z. Hauptverfahren 2 14 ff., 17 – Verjährungshemmung 2 104 f. – Verzicht 2 78 ff.; s.a. dort – Wettbewerbsrecht, Bedeutung 18 1 ff. – zuständiges Gericht 3 39 ff. – Zweck 2 1 f. – s.a. „Arrestverfahren“, „Einstweilige Verfügung“, „Verfügungsverfahren“ Einwendungen – fehlende, Darlegungslast 3 89 ff. – Nichtbestehen 1 24 Einzugsermächtigung – Mietminderung 11 67 – Widerruf, Unterlassungsverfügung 11 67 f. Energielieferung, Handlungsanspruch 3 68 Energieversorgung – Einstellung, Zurückbehaltungsrecht 11 51 ff. – Wiederherstellungsanspruch 11 45 ff. Energiewirtschaft, Ausbeutungs-/ Strukturmissbrauch, Beweislastumkehr 19 17 Erfolgsaussichten 1 27 f. Erfolgshonorar 1 16 ff. Erledigung – erledigendes Ereignis 2 90 f. – Kostenentscheidung 2 99 Erledigungserklärung – einseitige 2 96 ff. – übereinstimmende 2 92 ff. – Widerspruchsverfahren 3 142 – Zulässigkeit 2 87 Ermessen – Anordnungsausspruch 3 101
Stichwortverzeichnis
– mündliche Verhandlung, Arrestverfahren 4 53 ff. Ersatzzustelllungsvertreter, Wohnungseigentumssachen 14 16 Erstbegehungsgefahr – markenrechtliche Ansprüche 22 44 ff. – presserechtliche Ansprüche 21 14 ff., 72 – unlauterer Wettbewerb 18 23 Erzwingungsverfahren 15 6 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 688 ff. – einstweilige Anordnung auf Verfahrenskostenvorschuss 15 170 ff. – Gewaltschutzsachen 15 757 ff. – Güterrechtssachen 15 297 ff. – Kindesherausgabe 15 611 ff. – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 256 f. – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 344 ff. – Sorgerechtsübertragung 15 486 ff. – Umgangssachen 15 547 ff. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 216 – Unterhaltssachen 15 88 ff. EuGH, Vorabentscheidungsersuchen 19 10 f. EuGVVO – Anerkennung/Vollstreckung ausländischer Entscheidungen 9 32 ff. – Eilzuständigkeit 9 23 ff. – einstweilige Maßnahmen, Begriff 9 9 ff. – Hauptsachegericht 9 20 ff. – mehrfache Rechtshängigkeit 9 29 – selbständiges Beweisverfahren 9 11 ff. – Urteile aus Mitgliedstaaten 4 39 – Wahl zw. verschiedenen Zuständigkeiten 9 15 f. – Wohnsitz d. Klägers 9 6 – zuständiges Gericht 9 15 ff. EuGVVO, Anwendungsbereich – räumlicher 9 4 – sachlicher 9 5 – Spezialabkommen 9 7
EuGVVO, Vollstreckbarerklärung – Antragsmuster 9 35 – Beschwerde 9 37 EU-Recht – Markenrecht, Enforcement-Richtlinie 22 4, 67 ff., 74 f. – Urheberrecht, Enforcement-Richtlinie 20 2, 21 f., 46 – Vorabentscheidungsersuchen 19 10 f. – Wettbewerbsbeschränkung, Anwendungsvorrang 19 9 f. Europäische Union, Zustellungen innerhalb der – 9 53 ff. FamGKG 10 19a Familiensache – Anwaltsgebühren 10 54 ff. – Gerichtskosten 10 34 Familiensachen, Verfahrensstreitwert 10 19a ff. Familienstreitsache – Abgrenzung z. FG-Familiensache 15 10 ff. – Arrest 15 365 ff. Feststellungsantrag, negativer – Unterhaltssachen 15 120 ff. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 438 Feststellungsklage, negative, unberechtigte Abmahnung 18 80 Feststellungsverfügung – Individualarbeitsrecht 12 11a – Zulässigkeit 3 26 f. FG-Familiensache 15 450 ff. – Abgrenzung z. Familienstreitsache 15 10 ff. Fixgeschäft, Handlungsanspruch 3 68 Forderungspfändung – Antrag i.V.m. Arrestgesuch 4 18 – Vollziehung 5 38 ff. – Zuständigkeit 5 41 Forum Shopping 2 32, 74 Foto, Beweismittel 1 24 Freiwillige Gerichtsbarkeit – Familiensache 15 10 – Vereinsnotvorstand 17 16 779
Stichwortverzeichnis
Fristsetzung, Abmahnung, wettbewerbsrechtliche 18 64 ff. Fristsetzungsverfahren – Abgrenzung z. Aufhebungsverfahren 3 179 – Arrestverfahren 4 69 – fruchtloser Fristablauf 3 184 f. – selbständiges Beweisverfahren 6 61 f. Gebührenstreitwert – Antragshäufung 10 11 – nichtvermögensrechtliche Streitigkeit 10 10 – Sicherungsinteresse 10 5 – Verfügungsverfahren 18 98 – Wettbewerbsstreitigkeit 10 6 – s.a. „Verfahrensstreitwert“ Gegendarstellung – Ablauf 21 59 ff. – Änderungen durch d. Gericht 21 69 – Ausschlussgründe 21 39 ff. – Form 21 45 ff. – Inhalt 21 49 ff. – Medienrecht 3 70 – Muster 21 63 – Presseorgan, Antrag auf Zwangsvollstreckungseinstellung 21 68 – Rechtsgrundlage 21 32 – Verfügungsantrag 21 63 ff. – Verfügungsantragsmuster 21 67 – Veröffentlichungsbegehren 21 62 – Verpflichtete 21 26 ff. – Voraussetzungen 21 4, 18, 33 ff. Gegenstandswert, Anwaltsgebühren 1 11; s.a. dort Geldforderung – Arrestanspruch 4 25 ff. – Austausch im Arrestverfahren 2 69 – Begriff 2 8 – einstweilige Verfügung 2 11 – Ersatzforderung 2 10 – Übergang in – 2 9 – Verfügungsanspruch 3 66 Gerichtskosten – Berufungsinstanz 10 28 ff., 31 ff. – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 659, 677 ff., 699 780
– einstweilige Anordnungen 10 34 ff. – Familiensachen 10 34 – Gewaltschutzsachen 15 727, 745 ff., 769 – Güterrechtssachen 15 280, 290 f. – Kindesherausgabe 15 584, 598 f., 620 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 251 f. – Kostenverzeichnis 10 20 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 330, 337 f. – Sorgerechtsübertragung 15 467, 478 f., 498 – Umgangssachen 15 522, 535 f., 559 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 211 f. – Unterhaltsforderungssicherung 15 401 f. – Unterhaltssachen 15 50, 71 f. – Verfahrensgebühr 10 22 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 165 f. – Wohnungseigentumsrecht 10 35 f. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 442 f. – s.a. „Kostenentscheidung“, „Kostentragung“ Gerichtskostenvorschuss – Eilverfahren 10 21 – Selbständiges Beweisverfahren 6 36 Gerichtsstand, fliegender 18 82 f. Gerichtsstandsvereinbarung, Auslandsbezug 9 30 f. Geschäftliche Handlung, Wettbewerbsrecht 18 1, 17 f. Geschäftsführer, Informationspflicht vor Insolvenzantrag 7 35 Geschäftsführungsbefugnis – Durchsetzung, GbR 16 47 ff. – Gesamtgeschäftsführung, GbR 16 57 ff., 64 ff. – GmbH, Abberufung 16 147 ff., 162 ff.; s.a. „GmbH“ – Unterlassung v. Maßnahmen, GbR 16 69 – Widerspruch eines Geschäftsführers, Nichtbeachtung 16 58 ff., 62
Stichwortverzeichnis
– Widerspruchsrecht, OHG 16 105 Geschäftsführungsbefugnis, Entziehung – Antragsmuster 3 17 – GbR 16 52 ff. – KG 16 118, 120 – OHG 16 95 ff. Geschäftsführungsbefugnis, Vorstand – Durchsetzung d. Abberufung 16 223 f. – Widerruf der Bestellung 16 217 ff. Geschäftsführungsbefugnis, Zustimmungserfordernis – GbR 16 64 ff. – OHG 16 106 Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren 6 19 – Ausschließungsbeschluss, Unterlassungsverfügung 16 77 ff. – Geschäftsführerwiderspruch, Nichtbeachtung 16 58 ff., 62 – Vertretungsbefugnis, Durchsetzung 16 47 ff. – Willensbildung 16 3 ff. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Geschäftsführungsbefugnis – Durchsetzung 16 47 ff. – Entziehung 16 52 ff. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Geschäftsführungsmaßnahme – Unterlassung 16 69 – Zustimmung 16 64 ff. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Gesellschafterbeschlüsse – Aussetzung d. Vollziehung 16 36 ff. – Durchführung 16 40 ff. – Vollziehung 16 33 ff. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Grundlagengeschäfte – Unterlassungsverfügung 16 74 ff. – Zustimmung 16 70 ff. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Stimmpflichten – Unterlassungsverfügung 16 15 f. – Zulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes 16 5 ff.
Gesellschafter – Auskunfts-/Einsichtsrecht, GmbH 16 186 ff. – Ausschließungsklage 16 202 – Geschäftsführungsbefugnis, GbR 16 47 ff. – Vertretungsbefugnis, Durchsetzung 16 47 ff. Gesellschafter, Stimmpflichten – GbR 16 3 ff. – GmbH 16 130 ff. – KG 16 114 – OHG 16 85 Gesellschafterausschluss – GbR 16 77 ff. – GmbH 16 192 ff. – KG 16 124 – OHG 16 110 ff. Gesellschafterbeschlüsse – Aussetzung d. Vollziehung, GbR 16 36 ff. – Durchführung, GbR 16 40 ff. – Gesellschafterausschluss, GmbH 16 192 ff. – Handelsregistereintragung, KG 16 115 – Handelsregistereintragung, OHG 16 89 ff. – Stimmpflichten, GbR 16 3 ff. – Unterlassungsverfügung, GmbH 16 134 ff. – Vollziehung, KG 16 115 Gesellschafterbeschlüsse, Willensbildung – AG 16 204 ff. – GmbH 16 127 ff. Gesellschaftsvertrag, Grundlagengeschäfte – GbR 16 70 ff., 74 ff. – Zustimmung 16 107 Gestaltungsverfügung, Zustimmung z. Teilzeitarbeit 12 63 ff. Gewaltschutzsachen – Antragsmuster 15 729 – einstweilige Anordnung 15 715 ff. – Gerichtszuständigkeit 11 141 781
Stichwortverzeichnis
Gewerbemiete – Außenmodernisierung durch Vermieter 11 60 ff. – Besitzstörung durch Vermieter 11 35 ff. – Besitzstörung durch Vermieter, Antragsmuster 11 39 – Betriebspflicht, Verfügungsanspruch 11 102 ff. – Betriebspflicht, Verfügungsgrund 11 105 ff. – Doppelvermietung 11 9 ff. – Eigenbedarf, Vortäuschung 11 20 ff. – Einzugsermächtigung, Widerruf 11 67 f. – Innenmodernisierung durch Vermieter 11 63 ff. – Konkurrenzschutz 11 25 ff. – Mietkaution, unberechtigte Inanspruchnahme 11 69 – Mietminderung, Einzugsermächtigung 11 67 – Modernisierung/Instandhaltung, Duldungsverfügung 11 93 ff. – Räumungsanspruch 11 123 – Selbsthilferecht, Überschreiten 11 40 f. – störende Veranstaltung, Unterlassungsverfügung 11 87 – Störung d. Hausfriedens 11 86 – Türschlösser, Auswechslung 11 36 ff. – Überlassung an Dritte, Durchsetzung 11 79 ff. – Untervermietung, Unterlassungsverfügung 11 88 – Veräußerungsverbot 11 24 – Versorgungsleistungen, Einstellung – Rechtsprechungsänderung 11 53 ff. – Versorgungsleistungen, Wiederherstellung 11 45 ff., 50 ff. – vertragswidriger Gebrauch, Unterlassung 11 84 ff. – Vorkaufsrecht, Missachtung 11 73 ff. – Zutrittsrecht d. Vermieters 11 89 ff. 782
Gewerbemiete, Vermieterpfandrecht – Sicherung 11 125 ff. – Zurückschaffung entfernter Sachen 11 130 ff. Gewerblicher Rechtsschutz s. „Abmahnung“, „Markenrecht“, „Presserecht“, „Unlauterer Wettbewerb“, „Urheberrecht“, „Wettbewerbsprozess“ Gewerkschaftsmitglieder – Betriebsversammlung, Zutrittsrecht 12 117 ff., 121 – Eingriff in Streikrecht 12 177 Glaubhaftmachung – Arrestanspruch/-grund 4 23, 46 ff. – Begriff 1 23 – Behinderung durch marktbeherrschendes Unternehmen 19 14 ff., 34 – Dringlichkeit 3 82 – eidesstattliche Versicherung 2 64 – fehlende Einwendungen d. Gegners 3 89 ff. – Misslingen, Antragsentsprechung gegen Sicherheitsleistung 3 59 – presserechtlicher Unterlassungsanspruch 21 79 – selbständiges Beweisverfahren 6 28 – Verfügungsanspruch 3 86 – Verfügungsgrund 3 82, 86 – wettbewerbsrechtliche Ansprüche 18 32 ff. – Zeitpunkt 2 63 GmbH – Auskunfts-/Einsichtsrecht, Durchsetzung 16 186 ff. – Ausschließungsklage 16 202 – Gesellschafterausschluss 16 192 ff. – Gesellschafterbeschlüsse, Unterlassungsverfügung 16 134 ff. – Stimmpflichten, Durchsetzung 16 130 ff. – Willensbildung 16 127 ff. GmbH, Geschäftsführerabberufung 16 147 ff., 162 ff. – Abwehr 16 165 ff., 177, 181 f. – Fremdgeschäftsführer 16 150 ff., 162 ff.
Stichwortverzeichnis
– Gesellschafter mit Sonderrecht 16 156, 178 – Minderheitsgesellschafter 16 153 f., 162 ff. – mitbestimmte GmbH 16 148, 162 ff. – Zweipersonen-GmbH 16 155, 174 ff. Grundbuch, Widerspruchseintragung, Amtsgerichtszuständigkeit 3 43 Grundstück – Arresthypothek 5 55 ff. – dingliche Sicherheiten, Schuldnerinsolvenz 7 54 – s.a. „Vormerkung“ Grundstücksgleiche Rechte, Arresthypothek 5 55 ff. Gutachten – selbständiges Beweisverfahren 6 43 ff. – Vorrang gegenüber selbständigem Beweisverfahren 6 4 Gutachter – Ablehnung wegen Befangenheit 6 46 ff. – Fristsetzung zur Gutachtenerstellung 6 45 Güterrechtssachen, einstweilige Anordnung 15 270 ff. Güteverhandlung, Individualarbeitsrecht 12 15 GWB-Novelle, 8., Entwurf – marktbeherrschende/marktstarke Unternehmen 19 2 – üblicherweise zugänglicher Geschäftsverkehr 19 15 Hamburger Brauch, Vertragsstrafe 18 63 Handelsregistereintragung Gesellschafterbeschlüsse – KG 16 115 – OHG 16 89 ff. Handlungsanspruch – Antrag auf Vornahme 3 68 ff. – Vollziehung 5 70 f. Hauptsache, keine Vorwegnahme – Leistungsverfügung, Ausnahme 2 16
– Sicherungsmittel 2 15 Hauptsacheklage, verspätete 2 91 Hauptverfahren – Antrag auf Anordnung d. Klageerhebung 1 26; s.a. „Fristsetzungsverfahren“ – deckungsgleiches s. „Erzwingungsverfahren“ – keine Vorwegnahme 2 14 ff.; 3 17 – PKH-Antrag 10 64 f. – Prozessvergleich im Eilverfahren 2 100 ff. – Streitgegenstand, Verhältnis z. einstweiligen Rechtsschutz 2 28 – Verhältnis z. einstweiligen Rechtsschutzverfahren 2 17 – Verhältnis z. Leistungsverfügung 2 34 f.; 3 23 – Vollbeweis d. Anspruchs 1 26 – wettbewerbsrechtliche Abschlusserklärung/-schreiben 2 43 ff. – Zwangsvollstreckung 5 44 Hauptversammlung, ungeschriebene Zuständigkeiten 16 225 Hauptversammlungsbeschlüsse – Freigabeverfahren 16 212 – Untersagungsverfügung 16 211 Hausbesetzung, Räumungsanspruch, verbotene Eigenmacht 11 114 ff. Haushaltsgegenstände 15 648 – Bezeichnung im Antrag 15 661 f. – Herausgabe, Antragsmuster 15 665 – s.a. „Ehewohnungs- und Haushaltssachen“ Haushaltssachen s. „Ehewohnungsund Haushaltssachen“ Heizung – Einstellung, Zurückbehaltungsrecht 11 51 ff. – Heizperiode, Betriebsanspruch 11 44 Herausgabeanordnung – Gerichtsvollzieherauftrag 2 15 – Veräußerungsverbot 2 15 Herausgabeverfügung – Antragsmuster 3 13 – Arbeitsmittel 12 44 ff. 783
Stichwortverzeichnis
– Arbeitsmittel, Antragsmuster 12 48 – Arbeitspapiere 12 50 ff. – Arbeitspapiere, Antragsmuster 12 55 – Bauunternehmer/Architekt 13 3 ff., 9 – Durchsuchungsbeschluss 3 14 – Leasinggut 11 149 f. – Vermieterpfandrecht, Zurückschaffung entfernter Sachen 11 130 ff. – Vollziehung 5 70 f. – Voraussetzungen 3 73 – WEG-Unterlagen 14 29 ff. Hinterlegung – Arrestvollzug, Hemmung 5 62 – gepfändete Beträge 5 43 – Räumung, MietrechtsreformEntwurf 11 7b f. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 208 Hypothek, Schuldnerinsolvenz 7 54 Individualanspruch, Wahlrecht des Gläubigers 2 10 Individualarbeitsrecht – Gerichtszuständigkeit 12 14 – Urteilsverfügung, Zustellung 12 17 Insolvenz, Wohnungseigentümer, Arrestgrund 14 40 Insolvenzanfechtung 7 55 ff. Insolvenzeröffnungsverfahren 7 39 ff. Insolvenzschuldner s. „Schuldnerinsolvenz“ Instandhaltung, Duldungsverfügung gegen Mieter 11 93 ff. Interessenabwägung, Erforderlichkeit 3 78 Interessenkollision 1 4 Internationale Zuständigkeit – Arrest 9 39 – einstweilige Verfügung 9 61 ff. – EuGVVO 9 15 ff. – Internetveröffentlichungen, Persönlichkeitsrechtsverletzung 19 7 784
– selbständiges Beweisverfahren 6 15; 9 71 f. Internationales Privatrecht – Arrestanspruch 9 40 ff. – Arrestgrund 9 43 ff. – einstweilige Verfügung 9 64 ff. Internationales Zivilprozessrecht – Anwendbarkeit 9 38 – Arrest, anwendbares Verfahrensrecht 9 47 ff. – Arrestzuständigkeit 9 39 Internet-Provider – Sperrung Zugang d. Kunden zu Internetseiten 18 25 – Verkehrssicherungspflichten, Haftung 18 15 f. Internet-Veröffentlichung, Gerichtsstand 19 7 Jugendamt – Ehewohnungssachen 15 655, 668 – Gewaltschutzsachen 15 731 – Kindesherausgabe 15 588, 594 – Sorgerechtsübertragung 15 460, 471 – Umgangssachen 15 526 Jugendvertreter, Weiterbeschäftigung, Entbindungsanspruch 12 131 ff. Kartellrecht – Beschwerde im Kartellverwaltungsverfahren 19 49 ff. – Beteiligtenhaftung 19 38 – einstweilige Verfügung, Antragsmuster 19 58 – einstweiliger Rechtsschutz, Relevanz 19 2 f. – Einwendungen gegen unerlaubte Absprachen 19 39 ff. – EU-Recht, Anwendungsvorrang 19 9 f. – Rechtsweg 19 4 ff. – Schutzschrift s. dort – Vorabentscheidungsersuchen 19 10 f. – Zuständigkeit, Zivilgerichte 19 6 ff.
Stichwortverzeichnis
– s.a. „Marktbeherrschendes Unternehmen“, „Marktstarkes Unternehmen“, „Unerlaubte Absprachen“, „Wettbewerbsbeschränkung“ KG s. „Kommanditgesellschaft“ Kindesherausgabe – Antragsmuster 15 587 – einstweilige Anordnung 15 570 ff. Kindesunterhalt, – Antragsmuster 15 54 – im Vaterschaftsfeststellungsverfahren, einstweilige Anordnung 15 230 ff. Kindschaftssachen, einstweilige Anordnung 15 454 ff. Klagebefugnis, Wettbewerbsverband 18 9 Klageerhebung, – Anordnung 1 26 – s.a. „Erzwingungsverfahren“ Kollektivarbeitsrecht – Beschlussverfahren 12 102 ff. – Betriebsrat s. dort – Betriebsversammlungen 12 110 ff. Kommanditgesellschaft – Auflösung 16 123 – Geschäftsführungsbefugnis, Entziehung 16 116 ff. – Gesellschafterausschluss 16 124 – Gesellschafterbeschlüsse 16 115 – Stimmpflichten, Durchsetzung 16 114 – Zustimmungserfordernisse 16 121 f. – s.a. „Kommanditist“, „Komplementär“ Kommanditist – Geschäftsführungsbefugnis 16 116 – Vertretungsbefugnis 16 117 – Zustimmungserfordernisse 16 121 f. Komplementär – Geschäftsführungsbefugnis 16 116 – Vertretungsbefugnis 16 117 Konkurrenzschutz – Antragsmuster 11 34
– Leistungsverfügung 11 32 f. – Unterlassungsverfügung 11 31 – Untersagung d. Vertragsschlusses 11 28 ff. Konkurrenztätigkeit, Unterlassungsverfügung, Antragsmuster 12 42 36 ff. Kosten – Familiensachen, FamGKG 10 19a – Schutzschirmverfahren 7 4a Kostenentscheidung – Beschluss 3 100 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 676 – Erledigung d. Hauptsache 2 99 – fehlende, Beschwerde 3 110 – Güterrechtssachen 15 289 – Kindesherausgabe 15 597 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 250 – selbständiges Beweisverfahren 6 56 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 336 – Sorgerechtsübertragung 15 477, 480 – Umgangssachen 15 534 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 210 – Unterhaltsforderungssicherung 15 400 – Unterhaltssachen 15 70 – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 164 – v. Amts wegen 3 58 – Widerspruch 3 128 – Widerspruch, Muster 18 107 f. – Widerspruchsentscheidung, Rechtsmittel 3 159 – Widerspruchsrücknahme 3 141 – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 441 – s.a. „Gerichtskosten“ Kostenerstattung – Abschlussschreiben 2 46 – Schutzschrift 3 233; 18 83a – selbständiges Beweisverfahren 6 59 f. 785
Stichwortverzeichnis
Kostengrundentscheidung – Gewaltschutzsachen 15 744 – zwingender Bestandteil d. einstweiligen Anordnung in Familiensachen 10 19b Kostenrisiko, Aufklärung 1 29 Krankenkassen, gesetzliche – als Verletzer im Wettbewerbsprozess 18 12 Künftige Ansprüche – Arrestanspruch 4 30 – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 416 Ladung 3 103, 105 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 669 – Gutachter 6 55 – Güterrechtssachen 15 281 – Kindesherausgabe 15 589 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 243 – Parteien 3 103 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 332 – Umgangssachen 15 527 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 204 – Unterhaltssachen 15 62 – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 157 – Zeugen 3 105 Lärmstörung, Unterlassungsanspruch d. Mitmieters 11 135 ff. Lauterkeitsrecht s. „Unlauterer Wettbewerb“ Leasing – Herausgabeverfügung an Sequester 11 154 – Herausgabeverfügung, Verfügungsgrund 11 152 f. – Zahlungsverzug, Herausgabeverfügung 11 148 ff. Lebenspartnerschaft – Güterrecht 15 273 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 322 – Unterhalt s. „Unterhaltssachen“ 786
– Wohnung/Haushalt 15 635 ff. – Wohnungsnutzung, Streitigkeiten 11 141, 147 – s.a. „Ehe …“ Leistungsverfügung – Abgrenzung z. anderen Verfügungsverfahren 3 6 ff. – Antragsmuster 3 25, 52 – Antragsvoraussetzungen 3 20 ff. – anwendbare Vorschriften 3 24 – Auskunftsanspruch 3 69 – Besitzeinräumung, Mieter 11 18 f. – Besitzeinräumungsanspruch 3 74 – Eigenbedarf, Vortäuschung 11 20 ff. – einklagbare Ansprüche 3 65 ff. – Gegendarstellungsanspruch 3 70 – Geldzahlungsanspruch 3 66 – Handlungsanspruch 3 68 ff. – Herausgabeanordnung, Vollstreckung durch Gerichtsvollzieher 2 15 – Herausgabeantrag 3 73 – Individualarbeitsrecht 12 10 – Interessenabwägung 3 78, 85 – Lohnzahlungsanspruch 12 25 ff. – Lohnzahlungsanspruch, Antragsmuster 12 34 – Mietbesitz, Wiedereinräumung 11 36 ff. – Rechtsgrundlage 3 21 – rechtshängiger Anspruch, Verhältnis z. Hauptsache 2 34 f. – Sachantrag 3 46 ff.; 15 – Unterlassungsanspruch 3 67 – Urlaubsanspruch 12 56 ff. – Urlaubsanspruch, Antragsmuster 12 62 – Verfügungsarten 2 13 – Verfügungsgrund 3 79 ff. – Verfügungsgrund, Darlegung 3 59 – Verhältnis z. Hauptverfahren 3 23 – Vollziehung 5 72 – Vollziehung, Fristwahrung 5 30 – Vorkaufsrecht, Missachtung 11 73 ff. – vorläufige Befriedigung d. Gläubigers 2 15 f.; 3 17
Stichwortverzeichnis
– Wiederherstellung nach Modernisierungsarbeiten 11 63 – Willenserklärung, Abgabe 3 72 – Willenserklärung, Ersetzung 3 71 – Wohngeld 14 38 f. – Zustimmung z. Teilzeitarbeit, Antragsmuster 12 68 – Zweck 3 4, 19 f. – s.a. „Herausgabeverfügung“, „Unterlassungsverfügung“ Lizenzierung, Verpflichtung d. marktbeherrschenden Rechtsinhabers 19 21a ff. Lohnzahlung – Ersatzleistungen 12 31 f. – Leistungsverfügung – Antragsmuster 12 34 25 ff. Lugano-Übereinkommen 4 39; 9 2 Mandatsannahme 1 1 ff. – Anwaltsvertrag 1 7 ff.; s.a. dort – Aufklärungspflichten 1 5 f. – Beweislastverteilung 1 22 f. – Erfolgsaussichten, geringe 1 27 – Interessenkollision 1 4 – Kostenrisiko, Aufklärung 1 29 – PKH s. dort – Sachverhaltsermittlung 1 22 – Vertretungsverbote 1 2 f. Mandatsniederlegung 1 28 Mandatsvertrag – Inhalt 1 10 – Vollmacht 1 8 f. Markenrecht – Abmahnung 22 50 ff. – Abmahnung, Muster 22 53 – Aktivlegitimation 22 29 ff. – amtliches Widerspruchsverfahren 22 2 – Auskunftsanspruch, Verfügungsantrag 22 62 ff. – Auskunftsanspruch, Voraussetzungen 22 59 ff. – Besichtigungsanspruch 22 4, 40, 70 f. – einstweiliger Rechtsschutz, Relevanz 22 1
– Enforcement-Richtlinie 22 4, 67 ff., 74 f. – Erstbegehungsgefahr 22 44 ff. – Herausgabeanspruch, Unterlagen/ Urkunden 22 4, 40, 74 f. – Internetvergehen, Zuständigkeit 22 13 – Passivlegitimation 22 37 ff. – Prozessstandschaft 22 36 – Rechtsschutzinteresse 22 19 f. – relevante Ansprüche 22 3 – Verfügungsanspruch 22 25 ff. – Verfügungsgrund 22 22 ff. – Vernichtungsanspruch 22 72 f. – Verwechslungsgefahr 22 40, 56 f., 60 – vorbeugende Unterlassungsklage, Zuständigkeit 22 17 – Wiederholungsgefahr 22 44, 49 – Zuständigkeit 22 7 ff. – Zuständigkeit, Begründung durch Testkäufe 22 18 Markenrecht, Unterlassung – -anspruch 22 3, 40 – Antragsmuster 22 58 – -erklärung 22 50 ff. – -erklärung, Muster 22 54 – Voraussetzungen 22 42 ff., 55 ff. Marktbeherrschendes Unternehmen – 8. GWB-Novelle, Entwurf 19 2 – Ausbeutungs-/Strukturmissbrauch 19 17 – Behinderungs-/Diskriminierungsverbot 19 13, 19, 22, 28 ff. – Beschwerde im Kartellverwaltungsverfahren 19 49 ff. – Beseitigungsanspruch 19 22, 28 ff. – Betroffene 19 12 – einstweilige Verfügung, Antragsmuster 19 58 – einstweiliger Rechtsschutz, Relevanz 19 2 – EU-Recht, Anwendung 19 9 f. – Liefersperre 19 26 – Mindestpreisvorgaben 19 26 – Rechtsweg 19 4 ff. – Unterlassungsanspruch 19 12 ff. 787
Stichwortverzeichnis
– Veranlassen kartellrechtswidrigen Verhaltens 19 26 – Verfügungsgrund 19 33 ff. – Vorabentscheidungsersuchen 19 10 f. – Zugangsbeschränkung z. wesentlichen Einrichtungen 19 20 f., 28 ff. – Zugriff auf Schlüsselpatente u. -technologien 19 21a ff. – Zuständigkeit, Zivilgerichte 19 6 ff. Marktstarkes Unternehmen – Ausbeutungs-/Strukturmissbrauch 19 17 – Behinderungs-/Diskriminierungsverbot 19 18 – Beschwerde im Kartellverwaltungsverfahren 19 49 ff. – Betroffene 19 12 – einstweilige Verfügung, Antragsmuster 19 58 – EU-Recht, Anwendung 19 9 f. – Rechtsweg 19 4 ff. – Unterlassungsanspruch 19 12 ff. – Vorabentscheidungsersuchen 19 10 f. – Zuständigkeit, Zivilgerichte 19 6 ff. Masseunzulänglichkeit, quotale Befriedigung 7 4, 5 Meistbegünstigungsgrundsatz 3 155 ff. Miete – Einzugsermächtigung, Widerruf 11 67 f. – Zahlungsunfähigkeit, Betriebspflicht 11 105 Mieteransprüche – Außenmodernisierung durch Vermieter 11 60 ff. – Besitzeinräumung 11 18 f. – Besitz, Unterlassen d. Störung 36 – Doppelvermietung 11 9 ff. – Eigenbedarf, Vortäuschung 11 20 ff. – Einzugsermächtigung, Widerruf 11 67 f. – Heizung, Betriebsanspruch 11 44 – Innenmodernisierung durch Vermieter 11 63 ff. 788
– Innenmodernisierung durch Vermieter, Antragsmuster 11 65 – Konkurrenzschutz – Antragsmuster 11 34 25 ff. – Lärmstörung, Unterlassungsanspruch 11 135 ff. – Mietkaution, unberechtigte Inanspruchnahme 11 69 – Mietminderung, Einzugsermächtigung 11 67 – Selbsthilferecht, Überschreiten 11 40 f. – Tierhaltung, Unterlassungsanspruch 11 139 f. – Überlassung an Dritte, Durchsetzung 11 79 ff. – Veräußerungsverbot 11 24 – Vermieterpfandrecht, unrechtmäßige Ausübung 11 129 – Vorkaufsrecht, Missachtung 11 73 ff. – Zurückbehaltungsrecht, vermieterseitiges 11 51 ff. Mieteransprüche, Versorgungsleistungen – Antragsmuster 11 58 – beendetes Mietverhältnis 11 48 ff. – Wiederherstellung 11 45 ff. Mietkaution – Kautionskonto, Pfändung 11 70 ff. – unberechtigte Inanspruchnahme 11 69 Mietnomadentum, Mietrechtsreform-Entwurf 11 7b Mietrecht – Arrestverfahren, Relevanz 11 3 f. – Bereitschaftsdienst 11 6 – Einigungsversuch vor Gütestelle 11 7 – geschiedene Ehegatten 15 642 – zuständiges Gericht 11 5 – s.a. „Gewerbemiete“, „Mieteransprüche“, „Vermieteransprüche“, „Wohnraummiete“ Mietrechtsreform, Entwurf 11 7a – Mietnomaden 11 7b – Räumung 11 123a
Stichwortverzeichnis
Missbrauch marktbeherrschender Stellung s. „Marktbeherrschendes Unternehmen“ Mitbestimmungsrecht, Verletzung, Unterlassungsanspruch 12 135 ff., 143, 144 ff. Mitteilungspflicht, Gewaltschutzsachen 15 741 Modernisierungsmaßnahmen – Außenmodernisierung durch Vermieter 11 60 ff. – Duldungsverfügung gegen Mieter 11 96 ff. – Innenmodernisierung durch Vermieter 11 63 ff. Mündliche Verhandlung – Ablehnung/Anberaumung, Unanfechtbarkeit 3 97 – Anordnung, Verfahrenswechsel 3 102 – Arbeitsgerichtliches Verfahren 12 15 – Arrestverfahren 4 53 ff. – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 668 – einziger Termin 2 62 – Erforderlichkeit, Beschlussverfahren 3 97 – fehlende s. „Beschlussverfahren“ – Fristverlängerung 2 62 – Gewaltschutzsachen 15 732 – Güterrechtssachen 15 281 – Kindesherausgabe 15 589 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 243 – Ladung 3 103, 105 – Nachweis, Prozessvollmacht 1 9 – Präklusion 3 107 – Schiedsverfahren 8 9 f. – Schriftsatznachlass 2 62; 3 106 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 332 – Sorgerechtsübertragung 15 472 f. – Terminsvorbereitung 3 104 – Umgangssachen 15 527 – unerwartete Beweismittel 3 87 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 202 ff.
– Unterhaltsforderungssicherung 15 382 – Unterhaltssachen 15 56 ff. – Widerspruchsverfahren 3 142 – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 425 Mündliche Verhandlung, Verzicht 1 25 – Antrag 3 55 ff. – Beschlussverfahren 2 61 Nachbarrecht, Baumaßnahmen, Duldung 13 1, 10 ff. Ne ultra petita, Anordnungsausspruch 3 101 Nebengüterrecht, Familienstreitsache 15 321 Nichteheliche Lebensgemeinschaft, Wohnungsnutzung, Streitigkeiten 11 142 ff. Notschiedsrichter 8 7 Notverwalter, WEG 14 22 ff. Notvorstand, Verein 17 16 Notzuständigkeit, Rechtfertigungsverfahren 3 176 Öffentliche Hand – Beschaffungswesen, Wettbewerbsverstoß 19 27 – Wettbewerbsrecht, Verwaltungsrechtsweg 19 4 OHG – Auflösungsklage, Sicherungsmaßnahmen 16 108 f. – Geschäftsführungsbefugnis, Entziehung 16 95 ff. – Geschäftsführungsbefugnis, Widerspruchsrecht 16 105 – Geschäftsführungsmaßnahmen, Zustimmung 16 106 – Gesellschafterausschluss, Tätigkeitsverbote 16 110 ff. – Gesellschafterbeschlüsse, Handelsregistereintragung 16 89 ff. – Grundlagengeschäfte, Zustimmung 16 107 – Stimmpflichten, Durchsetzung 16 85 789
Stichwortverzeichnis
– Vertretungsbefugnis, Entziehung 16 95 ff. Ordnungsgeld – Antrag auf Festsetzung – Muster 5 69 67 ff. – Erledigungserklärung 2 95 – wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch 18 38 Ordnungshaft, wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch 18 38 Ordnungsmittel, Schiedsverfahren 8 13 Ordnungsmittelandrohung, Verbotsverfügung per Urteil 12 17 Parteifähigkeit, GbR 16 1 Pauschale Verfahrensgebühren, Familiensachen 10 19c f. Pfandrecht, Umwandlung in Vollstreckungspfandrecht 5 44; s.a. „Vermieterpfandrecht“ Pfändung – Antragsmuster 5 51 – bewegliche Sachen/Forderungen 5 38 ff. Pfleger, Sorgerechtsübertragung 15 458 Präklusion 3 107 Presserecht – Aktivlegitimation 21 19 f. – einstweiliger Rechtsschutz, Relevanz 21 1 f. – Erstbegehungsgefahr 21 14 ff., 72 – Gegendarstellung s. dort – Passivlegitimation 21 21 ff. – Rechtsschutzinteresse 21 8 – Unterlassungserklärung 21 8 – Verfügungsanspruch 21 13, 78 – Verfügungsgrund 21 10 ff., 78 – Wiederholungsgefahr 21 14 f., 17, 72 Presserecht, Unterlassungsverfügung – Abmahnung 21 73 – Antragsmuster 21 81 – Glaubhaftmachung 21 79 – Voraussetzungen 21 70 ff. – Zuständigkeit 21 74 ff. 790
Privatgutachten, Beweismittel 1 24 Prozesskostenhilfe 1 19 ff. – Anhörung, Entbehrlichkeit 3 109 – Anhörung, Überraschungswirkung 1 21 – Antragsunterlagen, Nachreichung 10 63 – Erstreckung auf Vollziehung 10 66 – Fristwahrung bei Antrag auf Aufhebung d. einstweiligen Verfügung 3 185 – getrennte Beantragung 10 64 f. – Vollstreckung d. Verfügung 1 21 – für Vollziehung 1 20 – Voraussetzung 10 61 f. Prozessstandschaft – markenrechtliche Ansprüche 22 36 – urheberrechtliche Ansprüche 20 25 Prozessvergleich, s. „Vergleich“ Qualifizierte Einrichtungen, Unterlassungsklagengesetz 18 7 Räumung – Gefahr für Leib oder Leben 11 120 ff. – Gewerbemiete 11 123 – Mietrechtsreform-Entwurf 11 7b ff., 123a – verbotene Eigenmacht d. Mieters 11 112 ff. – verbotene Eigenmacht d. Mieters, Antragsmuster 11 119 Rechtfertigungsverfahren – Entscheidung 3 178 – Gerichtszuständigkeit 3 45 – Muster 3 178 – Verfahrensablauf 3 177 – Zuständigkeit 3 176 Rechtliches Gehör – Beschlussverfahren 3 97 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 655, 668 – Gewaltschutzsachen 15 731 ff. – Grundsatz 2 57 – Güterrechtssachen 15 281 – Kindesherausgabe 15 588
Stichwortverzeichnis
– Schutzschrift 2 58 f. – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 332 – Sorgerechtsübertragung 15 471 – Umgangssachen 15 526 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 201 – Unterhaltssachen 15 55 – s.a. „Anhörung“ Rechtsanwalt s. „Anwalt“, „Mandat“ Rechtsbehelf – Aufhebungsverfahren 3 179 ff. – Beschwerde gegen Arrestentscheidung 4 57, 60 f. – Schiedsverfahren 8 22, 30 – Streitwert 10 15 ff. – Unterhaltsforderungssicherung 15 393 ff. – Vollziehung einer einstweiligen Verfügung 5 73 – Widerspruch 3 126 ff. – Widerspruch gegen Arrestentscheidung 4 57, 60, 62 – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 434 ff. Rechtshängigkeit – anderweitige 2 30 ff. – Arrestgesuch 4 20 – mehrere Ansprüche 2 33 – mehrfache, Auslandsbezug 9 29 – Verfügungs-/Arrestanspruch 2 28 ff. – Verhältnis zw. Leistungsverfügung/Hauptsache 2 34 f. – Verhältnis zw. unterschiedlichen Arrestanträgen 2 33 Rechtskraft – einstweiliges Rechtsschutzverfahren 2 37 ff. – erneutes Rechtsschutzgesuch 2 41 – formelle 2 39 – materielle 2 40 Rechtsmissbrauch – Abmahnung 18 71 f. – s.a. „Schadensersatzpflicht“
Rechtsmittel – Ablehnung/Anberaumung d. mündlichen Verhandlung 3 99 – Anordnung einer Sicherheitsleistung 4 68 – Berufung 3 149 ff.; 18 109 ff.; s.a. dort – Beschluss über Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 180 – Beschwerde, Zurückweisung 3 123 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 700 ff. – fehlende Kostenentscheidung 3 110 – Gewaltschutzsachen 15 770 ff. – Güterrechtssachen 15 310 – Kindesherausgabe 15 621 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 262 – Kostenentscheidung, 2. Instanz 3 159 – Revision 3 175 – sofortige Beschwerde 18 102 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 356 – Sorgerechtsübertragung 15 499 ff. – gegen stattgebenden Beschluss 3 110 f. – Streitwert 10 13 f. – Umgangssachen 15 560 f. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 220 – Unterhaltssachen 15 119 – Urteil 3 110 – Versäumnisurteil 3 110 – wettbewerbsrechtliche Verfügung, Beschlussverfahren 18 47 f. – wettbewerbsrechtliche Verfügung, Urteilsverfahren 18 49 – Widerspruch 3 127 ff.; 18 103 ff.; s.a. dort – gegen Widerspruchsentscheidung 3 148 – Zurückweisung d. Antrags 3 110 Rechtsmittelverzicht, wettbewerbsrechtliche Abschlusserklärung/ -schreiben 2 44 f. 791
Stichwortverzeichnis
Rechtsschutzbedürfnis, Wohnungseigentumssachen 14 20 Rechtsschutzinteresse – Aufhebungsverfahren 3 209, 222 ff. – markenrechtliche Ansprüche 22 19 f. – Modernisierungsmaßnahmen 11 61 f., 64 – presserechtliche Ansprüche 21 8 – selbständiges Beweisverfahren 6 13 – urheberrechtliche Ansprüche 20 15 Rechtsweg 2 20 – Kartellrecht 19 4 ff. Rechtswegverweisung 2 21 Regelungsbedürfnis, Sozialleistungsbezug 15 32 Regelungsverfügung – Abgrenzung z. anderen Verfügungsverfahren 3 6 ff. – Antrag auf Androhung v. Unterlassung/Duldung 3 18 – Antragsmuster 3 17, 52 – Individualarbeitsrecht 12 9 – Interessenabwägung 3 78 – Sachantrag 3 46 ff. – streitiges Rechtsverhältnis 3 15, 64 – Urlaubsanspruch 12 57 – Verfügungsarten 2 13 – Verfügungsgrund 3 79 ff., 84 f. – Verfügungsgrund, Darlegung 3 59 – Zweck 3 4, 15 f. Revision – Arrestverfahren 4 63 – Schadensersatzklage 3 175 – Unstatthaftigkeit 3 175 Rückforderungsanspruch – einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen 15 126 ff. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 222 – s.a. „Schadensersatz“ Rücknahme – Arrestantrag 4 21 f. – Aufhebungsantrag 3 205 Rückschlagsperre 7 12 ff. 792
Sachantrag – Formulierung 3 46 ff. – Leistungsverfügung/Regelungsverfügung, Muster 3 52 Sachverhaltsermittlung, Mandatsannahme 1 22 Sanierungsmaßnahmen, Duldungspflicht d. Wohnungseigentümers 14 37a Schadensersatz – einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen 15 125 – Güterrechtssachen 15 302 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 263 – Schiedsverfahren 8 47 f. – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 357 – Umgangsvereitelung, sonstige Familiensache 15 321 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 221 – Unterhaltsforderungssicherung 15 398 – Vollziehung einer schiedsgerichtlich angeordneten Maßnahme 8 47 f. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 439 Schadensersatzklage, Revision 3 175 Schadensersatzpflicht – unberechtigtes Rechtsschutzbegehren 1 30 f.; 18 50 f. – Verkehrsunfall, Leistungsverfügungsmuster 3 25 Schiedsgericht – Anordnungskompetenz 2 23 f. – Ordnungsmittelkompetenz 8 13 – Vereins- 17 13 f. – Zuständigkeit 8 16 ff. Schiedsgutachten, Vorrang gegenüber selbständigem Beweisverfahren 6 4 Schiedsvereinbarung – Abdingbarkeit der Zuständigkeit deutscher Gerichte 8 4 – in Allgemeinen Geschäftsbedingungen 6 29
Stichwortverzeichnis
– Vorrang gegenüber selbständigem Beweisverfahren 6 4, 29 f. – Wirkung 8 2 ff., 23 f. Schiedsverfahren – Anordnung, mögliche Maßnahmen 8 14 f., 23 ff. – Anordnung, Unanfechtbarkeit 8 22, 30 – Anordnungsanspruch 8 23 – Anordnungsgrund 8 23 – eidesstattliche Versicherung, Unzulässigkeit 8 11 – einstweiliges Rechtsschutzverfahren, Zulässigkeit 8 1 – Kostentragung 8 32 – Maßnahme, Aufhebung 8 42 ff. – mündliche Verhandlung, Erforderlichkeit 8 9 f. – Schadensersatz 8 47 f. – Verfügungsantrag, Muster 8 31 – Verfügungs-/Arrestantrag bei ordentlichen Gerichten 8 7 ff., 18 ff. – Vollziehbarkeit v. Anordnungen 8 12, 14 f. – Zeitfaktor 8 7 Schiedsverfahren, Vollziehung – Antragsmuster 8 40 – Aufhebungsantrag 8 45 – Aufhebungsantrag, Muster 8 46 – ausländisches Schiedsgericht 8 34 – Voraussetzungen 8 33 ff. Schiffe – Reform des Seehandelsrechts, geplante 5 46, 53 – Vollziehung 5 45 ff. Schlüsselpatente und -technologien, Zugriff auf – 19 21a ff. Schlüssiger Vortrag 3 88 Schriftsatznachlass 2 62; 3 106 Schubladenverfügung 18 58 Schuldnerinsolvenz – Absonderungsrecht 7 49, 53 – Anfechtung v. Rechtshandlungen 7 55 ff. – Arrestpfandrecht 7 50 – Aussonderungsrecht 7 52 – Beendigung 7 73
– dinglich gesicherte Ansprüche 7 54 – einstweilige Rechtsschutzverfahren, Unzulässigkeit 7 47 ff. – Gläubigerbenachteiligung 7 68 – inkongruente Deckungsgeschäfte 7 65 ff. – Insolvenzantrag, Rechtsfolge 7 37 f. – Insolvenzantragspflicht 7 10, 32 ff. – Insolvenzeröffnung, Verfahren 7 39 ff. – Insolvenzeröffnung, Wirkung 7 45 ff. – Insolvenzplanverfahren 7 72 – kongruente Deckungsgeschäfte 7 62 ff. – Masseunzulänglichkeit 7 4, 5 – Masseverbindlichkeiten 7 69 ff. – Rückschlagsperre 7 12 ff. – Sperrfrist 7 25 ff. – Überschuldung 7 10, 36 – Unterbrechungswirkung 7 3 – Unternehmensinsolvenz 7 1 – Verbraucherinsolvenzverfahren 7 25 – Vollstreckungsvorbereitung 7 51 – vor Eröffnung erhaltene freiwillige Leistungen 7 22 ff. – vor Eröffnung erlangte Sicherungen 7 13 ff. – Zahlungsunfähigkeit (drohende) 7 34 f. Schutzschirmverfahren 7 43a ff. – Kosten d. vorläufigen Rechtsschutzverfahrens 7 4a – Rückschlagsperre 7 12a – Schutz des Schuldnervermögens 7 4a Schutzschrift – Abschriften 3 230 – auf Abmahnung 18 76, 78, 81 – Anwaltsgebühren 10 49 – Anwaltszwang (keiner) 3 232 – Behandlung bei Gericht 18 85 – berechtigtes Interesse 3 229 – drohender Arrestantrag 4 71 – Gerichtskosten 3 234 – Gerichtsstand 18 82 f. 793
Stichwortverzeichnis
– Gewaltschutzsachen 15 734 – Inhalt 3 227 ff. – kartellrechtliche Einwendungen, Geltendmachung 19 39 ff. – Kostenerstattung 3 233; 18 83a – Kostenrisiko 18 84 – Muster 3 235; 18 86 – rechtliches Gehör 2 58 f. – Rechtsfolgen 3 236 ff.; 18 84 – Unterhaltssachen 15 60 – Urheberrechtsverletzung 20 39 – zuständiges Gericht 3 231 f. – Zweck 3 226; 18 81 Schutzschriftenregister, zentrales 18 82 Seehandelsrecht, Reform, geplante 5 46 Selbständiges Beweisverfahren – Anerkennung/Vollstreckung im Ausland 9 74 ff. – Anwaltsgebühren 6 57 – arbeitsgerichtliches Verfahren 6 11 – ausländische Beweisverfahren 9 78 – Auslandsbezug, Verfahrensrecht 9 73 – Beendigung 6 41a – Beschluss 6 33 ff. – Beschluss, Unanfechtbarkeit 6 35 – Beweisaufnahme 6 42 ff. – Duldungsanordnung 6 44 – EuGVVO 9 11 ff. – Gegenanträge 6 31 f. – Gerichtskostenvorschuss 6 36 – internationale Zuständigkeit 9 71 f. – Kostenentscheidung 6 56 – Kostenerstattung 6 59 f. – Parteiidentität mit Hauptverfahren 6 9, 18 ff. – prozessuale Verwertbarkeit 6 7 ff. – rechtliches Interesse 6 13 – Schiedsvereinbarung, Rechtsschutzinteresse 6 29 f. – Streitverkündung 6 37 ff. – Streitverkündung, Muster 6 41 – Streitwertfestsetzung 6 58 – Urkundenbeweis 6 8 – Urkundenprozess 6 8 794
– Verfahrensdauer 6 3 – Verjährungshemmung 6 6 – Vollstreckbarkeitsklage 9 77 – Zulässigkeit 6 11 ff. – zuständiges Gericht 6 15 ff. – Zweck 6 1 Selbständiges Beweisverfahren, Antrag – auf Anordnung d. Klageerhebung 6 61 f. – Antragsbefugnis 6 5 – Glaubhaftmachung 6 28 – Inhalt 6 18 ff. – Muster 6 30 – Wirkung 6 6 ff. Selbständiges Beweisverfahren, Gutachten – Ablehnung wegen Befangenheit 6 46 ff. – Antrag auf neues Gutachten 6 45a – Erörterung 6 49 ff. – Ladung 6 55 – Ortstermin 6 43 Selbsthilferecht, Vermieter, Überschreiten 11 40 f. Sequester, Herausgabe Leasingsache 11 154 Sequestration, Herausgabe an Gerichtsvollzieher 2 15 Sicherheitsleistung – Antragsentsprechung trotz Unbegründetheit 3 59 – Arrestanordnung 4 64 ff. – Arrestanordnung, drohende Nachteile 4 23, 65 f. – Arrestvollziehung 4 67 – Aufhebungsverfahren 3 216 f. – Rechtsmittel 4 68 – unbegründeter Verfügungsantrag 3 88 Sicherungshypothek 5 55 ff. Sicherungsmittel, keine Hauptsachevorwegnahme 2 15 Sicherungsverfahren – einklagbare Ansprüche 3 61 ff. – künftige Ansprüche 3 61
Stichwortverzeichnis
– nicht vollstreckbare Ansprüche 3 62 – Verfügungsgrund, Darlegung 3 59 Sicherungsverfügung – Abgrenzung z. anderen Verfügungsverfahren 3 6 ff. – Antragsmuster 3 13 – Bauhandwerkersicherungshypothek, Eintragungsanspruch 13 42 ff., 50 – Betriebsänderung, Beratungs-/ Informationsrechte 12 148 ff. – Individualarbeitsrecht 12 8 – Interessenabwägung 3 78 – sicherungsfähige Ansprüche 3 11 f. – Verfügungsgrund 3 77 f. – Vollziehung, Fristwahrung 5 30 – Weiterbeschäftigungsanspruch 12 71 ff. – Weiterbeschäftigungsanspruch, Antragsmuster 12 82 – Zweck 3 4, 10 Sofortige Beschwerde – Abhilfe 3 119 ff. – Anordnung einer Sicherheitsleistung 4 68 – Beschlussverfahren 18 47 f. – Form 3 115 f. – Frist 3 118 – Gerichtskosten 10 31 ff. – mündliche Verhandlung 3 122 – Muster 3 125 – Statthaftigkeit 3 110 f., 113; 18 102 – Widerspruchsentscheidung gegen Kostenentscheidung 3 159 – Zurückweisung 3 123 – Zuständigkeit 3 114 Sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG – Antragsmuster 15 331 – einstweilige Anordnung 15 320 ff. Sozialleistungsbezug, Regelungsbedürfnis bei Unterhaltssachen 15 32 Sozialplan, Erstreikbarkeit 12 180 ff. Sozietät, Vertretungsverbot 1 2 Stimmbindung, Verein 17 33 f.
Stimmpflichten – Verein 17 35 ff. – Willensbildung, GbR 16 3 ff. Stimmpflichten, Durchsetzung – GmbH 16 130 ff. – KG 16 114 – OHG 16 85 – Zulässigkeit einstweiliger Verfügung 16 5 ff. Stimmverbot, Verein 17 38 f. Störerhaftung, Wettbewerbsprozess (ehemalige –) 18 14 ff. Streikrecht – Rechtsschutzziele 12 174 ff., 182; s.a. „Arbeitskampf“ – tariflicher Sozialplan 12 180 ff. Streitgegenstand, unterschiedliche, Hauptsache/einstweiliges Rechtsschutzverfahren 2 28 Streitverkündung, selbständiges Beweisverfahren 6 37 ff. Streitwert – Berufungsverfahren 3 151 f. – einstweiliger Rechtsschutz 3 151 – Gebührenstreitwert 10 4 ff.; s.a. dort – Rechtsbehelfsstreitwert 10 15 ff. – Rechtsmittelstreitwert 10 13 f. – Verfügungsverfahren 18 98 – Vollziehung 10 18 f. – s.a. „Zuständigkeitsstreitwert“ Strengbeweis, Ersetzung durch Glaubhaftmachung 3 102 Stundensatz 1 13, 15 Summarisches Erkenntnisverfahren 2 3 Teilnehmer (Gehilfe), Anspruchsgegner im Wettbewerbsprozess 18 11 Teilzeitarbeit, Zustimmung – Antragsmuster 12 68 – Gestaltungsverfügung 63 ff. 15 Termin s. „Ladung“ Terminsvorbereitung 3 104 795
Stichwortverzeichnis
Tierhaltung – Unterlassungsanspruch d. Mitmieters 11 139 f. – Unterlassungsverfügung 11 99 f. Trennungsabsicht, Ehewohnungsund Haushaltssachen 15 637 Trennungszeit, einstweilige Anordnung über Ehegattenunterhalt 15 101 Überraschungswirkung, Prozesskostenhilfe 1 21 Überschuldung 7 10, 36 Umgangssachen – Antragsmuster 15 525 – einstweilige Anordnung 15 510 ff. Unerlaubte Absprachen – Beschwerde im Kartellverwaltungsverfahren 19 49 ff. – Beteiligtenhaftung 19 38 – Betroffene 19 12 – einstweilige Verfügung, Antragsmuster 19 58 – einstweiliger Rechtsschutz, Relevanz 19 2 – öffentliches Beschaffungswesen 19 27 – Rechtsweg 19 4 ff. – Unterlassungsanspruch 19 12 ff. – Verfügungsgrund 19 33 ff. – Zuständigkeit, Zivilgerichte 19 6 ff. Unerlaubte Absprachen, Schutzschrift – Darlegungsumfang 19 42 ff. – Muster 19 59 – Zuständigkeit 19 40 f. Unerlaubte Handlung, Verfügungsgrund 3 79 Unlautere Wettbewerbshandlung s. „Geschäftliche Handlung“ Unlauterer Wettbewerb – Abmahnung 18 53 ff.; s.a. dort – Abschlussschreiben/-erklärung 18 117 ff. – Aufbrauchfrist 18 45, 76 – Auskunftsansprüche 18 26, 68, 79 – Berufung 18 109 ff. 796
– – – – –
Beseitigungsanspruch 18 24 f. Beweisaufnahme 18 34 ff. Checkliste 18 124 ff. Dringlichkeitsvermutung 18 28 ff. einstweiliger Rechtsschutz, Bedeutung 18 1 f. – Erstbegehungsgefahr 18 23 – fliegender Gerichtsstand 18 82 f. – Glaubhaftmachung 18 32 ff. – Mitbewerber 18 4 ff. – regelmäßiger Streitwert 10 6 – Schubladen-/Vorratsverfügung 18 58 – sofortige Beschwerde 18 102 – verfahrensrechtliche Besonderheiten 18 2, 52 ff. – Verfügungsansprüche 18 17 ff. – Verfügungsgrund 18 27 ff. – Vollstreckungsschutz 18 43 f. – Vollziehung 18 38 ff. – Wettbewerbsverhältnis, Begriff 18 4 f. – Wettbewerbsverhältnis, Beispiele 18 6 – Widerspruch 18 103 ff. – Widerspruch, Muster 18 106 – Wiederholungsgefahr 18 21 f. – Zustellung, Parteibetrieb 18 39 ff. Unlauterer Wettbewerb, Unterlassungsanspruch 18 18 ff. – Beseitigung d. Störung 18 25 – vertraglicher 18 20 – Unterlassungsverfügung, Antragsmuster 18 99 – Wegfall 18 53 Unseriöse Geschäftspraktiken, Gesetzentwurf 18 69a, 98 Unterhalt vor Geburt eines Kindes – Antragsmuster 15 200 – einstweilige Anordnung 15 190 ff. Unterhaltsforderungssicherung – Antragsmuster 15 399 – Arrest 15 369 ff. Unterhaltssachen – einstweilige Anordnung 15 21 ff. – Rechtsmittel 15 119
Stichwortverzeichnis
Unterlassungsanspruch – Antrag auf Androhung 3 18 – Beseitigung d. Störung 18 25 – Leistungsverfügung 3 67 – Mitmieter, Lärmstörung 11 135 ff. – Mitmieter, Tierhaltung 11 139 f. – unlauterer Wettbewerb s. dort – Vollziehung 5 30, 67 ff. – Wegfall, unlauterer Wettbewerb 18 53 – Wettbewerbsbeschränkung 19 12 ff. Unterlassungserklärung – auflösende Bedingung 18 76 – markenrechtliche Ansprüche 22 50 ff. – Muster 18 73, 77 – presserechtliche Ansprüche 21 8 – Vorformulierung 18 63 – Wirkung 18 53, 75 – Zeitbedarf d. Abgemahnten 18 76 Unterlassungsverfügung – Besitzstörung, Vermieter 11 36 – Betriebsänderung, Beratungs-/ Informationsrechte 12 148 ff. – Betriebspflicht, Antragsmuster 11 109 – Betriebsversammlung 12 112 ff., 122 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 13 22 ff., 37 – Doppelvermietung 11 10 ff. – Einigungsstellenspruch, Durchsetzung 12 123 ff., 129 – Einzugsermächtigung, Widerruf 11 67 f. – Gewerbemiete, Untervermietung 11 88 – Konkurrenzschutz 11 31 – Mietkaution, unberechtigte Inanspruchnahme 11 72 – Mitbestimmungsrecht, Verletzung 12 137 ff., 143, 144 ff. – Modernisierungsmaßnahmen 11 60 ff. – Ordnungsmittelandrohung 5 67 – presserechtliche Ansprüche 21 70 ff.
– Sachantrag 3 46 ff. – Schubladen-/Vorratsverfügung 18 58 – Stimmpflichten, GbR 16 15 f. – störende Veranstaltung durch Mieter 11 85, 87 – Störung d. Hausfriedens 11 86 – Streik 12 174 ff., 182 – Tierhaltung 11 99 f. – unlauterer Wettbewerb, Antragsmuster 18 99 – Urheberrechtsverletzung 20 49 ff. – Vermieterpfandrecht 11 125 ff. – vertragswidriger Gebrauch durch Mieter 11 84 ff. – Vollziehung 5 67 – Vorkaufsrecht 11 73 ff. – Vorkaufsrecht, Antragsmuster 11 78 – WEG-Beschluss 14 33 ff. – WEG, Gebrauchsregelung 14 36 f. – Wegerecht, Beeinträchtigung 13 16 ff., 20 Unterlassungsverfügung, Wettbewerbsansprüche – Fälligkeit 18 45 – Verfügungsgrund 18 27 ff. – Vollstreckungsschutz 18 43 f. – Vollziehung 18 38 ff. Unternehmensinsolvenz 7 1 ff. Untervermietung – Gewerbemiete, Unterlassungsverfügung 11 88 – Mieteranspruch 11 79 ff. Urheberrecht – Abmahnung 20 39, 47 f. – einstweilige Verfügung 20 16 ff., 49 ff. – Enforcement-Richtlinie 20 2, 21 f., 46 – Künstlergruppen 20 34 – Miturheber 20 34 – Nutzungsberechtigte 20 29 ff. – Passivlegitimation 20 35 f. – Persönlichkeitsrechtsverletzung 20 27 f. – Prozessführungsbefugnis 20 25 797
Stichwortverzeichnis
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Rechtsschutzbedürfnis 20 15 relevante Ansprüche 20 2 f. Schutzschrift 20 39 Sicherstellungsanspruch 20 74 Urheberrechtsverletzung 20 37 ff. Urkundevorlage 20 75 f. Verfügungsanspruch 20 19 ff. Verfügungsgrund 20 17 f. Vernichtungs-/Überlassungsanspruch 20 74 – Verzicht auf einstweiligen Rechtsschutz 20 40 f. – zuständiges Gericht 20 6 ff. Urheberrecht, Auskunftsanspruch 20 64 f. – Aufforderungsschreiben 20 57 – Verfügungsantrag 20 57 ff. – Voraussetzungen 20 54 ff. Urheberrecht, Besichtigungsanspruch – Antragsmuster 20 73 – Inhalt 20 67 – Rechtsgrundlage 20 66 – Verfügungsantrag 20 71 ff. – Voraussetzungen 20 69 f. – Zeitfaktor 20 68 f. Urheberrecht, Unterlassungsverfügung 20 49 ff. – Abmahnung 20 47 f. – Antragsmuster 20 52 – Voraussetzungen 20 42 ff. Urkundenbeweis, selbständiges Beweisverfahren 6 8 Urkundenprozess, selbständiges Beweisverfahren 6 8 Urlaub – Arbeitnehmeranspruch, Leistungsverfügung 12 56 ff. – Leistungsverfügung, Antragsmuster 12 62 Urteil – Berufung 3 110 – Bezeichnung als Beschluss 3 155 ff. Urteilsarrest, Zustellung 4 58a Urteilsverfahren – Arrestverfahren 4 58 ff. – Beweismittel, zulässige 2 63 – eidesstattliche Versicherung 2 64 798
– Glaubhaftmachung, Zeitpunkt 2 63 – Grundsatz d. Meistbegünstigung 3 155 ff. – Ladung 3 103, 105 – mündliche Verhandlung, einziger Termin 2 62 – aufgrund mündlicher Verhandlung 3 102 – Rechtsmittel 18 49 – Schriftsatzfrist 3 106 – Terminsvorbereitung 3 104 – Vertagung 3 108 Vaterschaftsanerkenntnis, Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 199 Vaterschaftsfeststellung, Antragsmuster 15 242 Veräußerungsverbot, Eigenbedarf, Vortäuschung 11 24 Verbotene Eigenmacht – Ehewohnung 11 141 – Mieter, Räumungsverpflichtung 11 112 ff. – Sicherstellung v. Leasinggut 11 150 – Vermieter 11 36 ff., 40 f. – Vermieter, Antragsmuster 11 58 – Versorgungsleistungen, Einstellung 11 49 – Wegerecht, Beeinträchtigung 13 19 Verbotsverfügung, Urteil mit Ordnungsmittelandrohung, Wirksamkeit 12 17 Verbraucherinsolvenzverfahren, Verfügungen, Dreimonatsfrist 7 25 Vereinsregister, Verhinderung d. Beschlussvollziehung 17 50 ff. Vereinsstreitigkeiten – Ausschließung, Aussetzungsantrag 17 26, 29 – Beschluss, Verhinderung d. Vollziehung 17 50 ff. – Beschlusskontrolle 17 36 f., 50 – Geschäftsführungsbefugnis 17 43 – Geschäftsführungssonderrecht, Durchsetzung 17 48 f. – Notvorstand 17 16 – Parteifähigkeit 17 8 ff.
Stichwortverzeichnis
– Stimmbindung, Durchsetzung 17 33 f. – Stimmpflichten, Durchsetzung 17 35 ff. – Stimmverbot, Durchsetzung 17 38 f. – Vereinsautonomie 17 12 – Vereinsgericht 17 13 – vereinsinterne Rechtsmittel 17 15 – Vereinsschiedsgericht 17 13 f. – Vereinsstrafe, Aussetzungsantrag 17 22 ff. – Verfügungsanspruch, Darlegung 17 12 – Vertretungsbefugnis 17 11 – Vorstandsmitglied, Abberufung 17 44 ff. – Zuständigkeit 17 2 ff. – Zuständigkeitsstreitwert 17 3 f. Vereinsstreitigkeiten, Aufnahmeanspruch – Antragsmuster 17 21 – Verfügungsanspruch 17 17 f. – Verfügungsgrund 17 19 – Verfügungsinhalt 17 20 Vereinsstreitigkeiten, Mitgliederversammlung – Teilnahmerecht 17 40 ff. – Untersagung 17 31 f. Verfahrensantrag – Ladungsfrist, Abkürzungsantrag 3 53 f. – mündliche Verhandlung, Verzicht 3 55 ff. Verfahrensbeistand – Kindschaftssachen 15 460, 501, 515, 529 – Kindesherausgabe 15 576, 594, 623 – Sorgerechtsübertragung 15 460 Verfahrenseinleitung – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 658 ff. – Gewaltschutzsachen 15 726 ff. – Güterrechtssachen 15 279 – Kindesherausgabe 15 583 ff. – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 241
– sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 329 f. – Sorgerechtsübertragung 15 466 ff. – Umgangssachen 15 521 ff. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 197 ff. – Unterhaltssachen 15 46 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 156 Verfahrensgebühr – Erhöhung 10 22 – Gerichtskosten 10 22 ff. – pauschale – in Familiensachen 10 19c f. Verfahrenskostenhilfe – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 660 – Gewaltschutzsachen 15 728 – Güterrechtssachen 15 280 – Kindesherausgabe 15 585 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 330 – Sorgerechtsübertragung 15 468 – Umgangssachen 15 523 – Unterhaltssachen 15 51 f. – Verhältnis z. Verfahrenskostenvorschuss 15 181 Verfahrenskostenvorschuss – Anspruchsberechtigte 15 139 ff. – Antragsmuster 15 156 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 660 – einstweilige Anordnung 15 135 ff. – Erzwingungsverfahren 15 170 ff. – Gewaltschutzsachen 15 728 – Güterrechtssachen 15 280 – Kindesherausgabe 15 585 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 330 – Sorgerechtsübertragung 15 468 – Umgangssachen 15 523 – Unterhaltssachen 15 51 – Verhältnis z. Verfahrenskostenhilfe 15 181 Verfahrensstandschaft – Kindesunterhalt 15 36 799
Stichwortverzeichnis
– Unterhaltsforderungssicherung 15 370 Verfahrensstreitwert, Familiensachen 10 19a ff. Verfügung, Vollziehung 5 66 ff. Verfügungsanspruch – Eintragung v. Gesellschafterbeschlüssen, OHG 16 90 – Geschäftsführerwiderspruch, Nichtbeachtung 16 58 – Geschäftsführungsbefugnis, Entziehung 16 53 – Geschäftsführungsbefugnis, GbR 16 47 – Geschäftsführungsbefugnis, OHG 16 102 – Geschäftsführungsmaßnahme, Zustimmung 16 66 – Gesellschafterausschluss, GbR 16 78 – Gesellschafterausschluss, GmbH 16 197 – Gesellschafterbeschlüsse, Aussetzung d. Vollziehung 16 38 – Gesellschafterbeschlüsse, Durchführung 16 41 – Gesellschafterbeschlüsse, GmbH 16 138 – Gewerbemiete, Betriebspflicht 11 102 ff. – Glaubhaftmachung 3 86 – Grundlagengeschäfte, GbR 16 71, 74 f. – Hauptversammlungsbeschlüsse, Unterlassungsverfügung 16 213 – Individualarbeitsrecht 12 8, 12 f. – Internationales Privatrecht 9 64 – markenrechtliche Ansprüche 22 25 ff. – neuer – in Berufungsinstanz 2 69 – Presserecht 21 13 – Presserecht, Unterlassungsanspruch 21 78 – Stimmpflichten, GbR 16 19, 81 – Stimmpflichten, GmbH 16 132 – Stimmpflichten, Verein 17 33 ff. – unlauterer Wettbewerb 18 17 ff.; s.a. dort 800
– Urheberrecht 20 19 ff. – Vereinsstrafe, Aussetzungsantrag 17 24 ff. – Vereinsstreitigkeiten, Abstimmungsverhalten 17 34 – Vereinsstreitigkeiten, Aufnahmebegehren 17 17 f. – Vertretungsbefugnis, GbR 16 47 Verfügungsgrund – Besitzeinräumung 3 74 – Darlegung 3 35 f. – Dringlichkeit 3 80 ff., 84 f. – drohende Gewalt 3 79 – Eintragung v. Gesellschafterbeschlüssen, OHG 16 91 – Geschäftsführerwiderspruch, Nichtbeachtung 16 59 – Geschäftsführungsbefugnis, Entziehung 16 54 – Geschäftsführungsbefugnis, GbR 16 48 – Geschäftsführungsbefugnis, OHG 16 103 – Geschäftsführungsmaßnahme, Zustimmung 16 67 – Gesellschafterausschluss, GbR 16 78 – Gesellschafterausschluss, GmbH 16 198 – Gesellschafterbeschlüsse, Aussetzung der Vollziehung 16 39 – Gesellschafterbeschlüsse, Durchführung 16 42 – Gesellschafterbeschlüsse, GmbH 16 139 – Gewerbemiete, Betriebspflicht 11 105 ff. – Glaubhaftmachung 3 82, 86 – Glaubhaftmachung, Begriff 1 23 – Grundlagengeschäfte, GbR 16 72, 74 f. – Hauptversammlungsbeschlüsse, Unterlassungsverfügung 16 213 – Internationales Privatrecht 9 65 ff. – Leasing, Herausgabeverfügung 11 152 f. – Leistungsverfügung 3 84 f. – Markenrecht 22 22 ff.
Stichwortverzeichnis
– Presserecht 21 10 ff. – Presserecht, Unterlassungsanspruch 21 78 – Regelungsverfügung 3 79 ff. – Selbstwiderlegung 3 81 f. – Sicherungsverfügung 3 77 f. – Stimmpflichten, GbR 16 20, 81 – Stimmpflichten, GmbH 16 132 – unerlaubte Handlung 3 79 – unlauterer Wettbewerb 18 27 ff. – Urheberrecht 20 17 f. – Vereinsstrafe, Aussetzungsantrag 17 27 – Vereinsstreitigkeiten, Aufnahmebegehren 17 19 – Vereinsstreitigkeiten, Versammlungsuntersagung 17 32 – Verfügungsantrag 3 34 ff. – Vertretungsbefugnis, GbR 16 48 – Wettbewerbsbeschränkung 19 33 ff. – Wiederholungsgefahr 3 83 Verfügungsverfahren – Abschlusserklärung 2 43 ff.; s.a. dort – Abschlussschreiben s. dort – Anerkenntnis 2 78 ff. – Anordnungsausspruch, Ermessen 3 101 – Anwaltsgebühren s. dort – Arten 3 4 ff. – Arten, Abgrenzung 3 6 ff. 4 ff. – Aufhebungsverfahren 3 179 ff. – Aufhebungsverfahren wg. Fristablauf 18 114 – Aufhebungsverfahren wg. veränderter Umstände 3 115; s.a. dort – Begründetheit 3 59 ff. – Beschlussverfahren, Zulässigkeit 2 60; 3 92; s.a. dort – Bevollmächtigte 18 96 – Dringlichkeitserfordernis 3 95 – Durchsuchungsbeschluss 3 14 – Einleitung 18 89 – Einleitung durch Insolvenzverwalter 7 5 f.
– Entscheidung, Falschbezeichnung 3 155 ff. – Erledigung d. Hauptsache 2 87 – erneutes Gesuch 2 41 – Feststellungsverfügung 3 26 f. – Fristsetzungsverfahren 3 179 – Geldforderung 2 11 – Gerichtskosten s. dort – gesetzliche Grundlagen 3 1 ff. – Glaubhaftmachung, fehlende Einwendungen d. Gegners 3 89 ff. – Grundsatz d. Meistbegünstigung 3 155 ff. – Grundsätze 2 1 ff. – Individualarbeitsrecht 12 7 ff., 12 ff. – gegen Insolvenzverwalter 7 69 – Internationale Zuständigkeit 9 61 ff. – Internationales Privatrecht 9 68 f. – Kostenentscheidung 3 100 – Ladung 3 103, 105 – Ladungsfrist, Abkürzungsantrag 3 53 f. – Leistungsverfügung 2 11; 3 4 – Mietstreitigkeiten 11 1 ff.; s.a. „Gewerbemiete“, „Mieteransprüche“, „Vermieteransprüche“, „Wohnraummiete“ – mündliche Verhandlung, Antragsfrist 3 93 – mündliche Verhandlung, Erforderlichkeit 3 97 – ne ultra petita 3 101 – PKH, Beantragung 1 21 – Presserecht 21 3, 7 ff. – rechtshängiger Anspruch 2 28 – Rechtshängigkeit, anderweitige 2 30 ff. – Rechtskrafterstreckung 2 37 ff. – Rechtsmittel 18 102 ff. – Rechtsschutzinteresse 3 34 ff. – Rechtsschutzziel 2 11 – Regelungsverfügung 2 13; 3 4 – Schriftsatzfrist 3 106 – Schuldnerinsolvenz 7 1 ff.; s.a. dort – Sicherungsverfügung 2 13; 3 4 – Streitgegenstand 2 28 801
Stichwortverzeichnis
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Streitwert 18 98 Teilwiderspruch, Muster 18 107 f. Terminsvorbereitung 3 104 Unbegründetheit 3 88 Unterbrechung durch Insolvenzeröffnung 7 3 – urheberrechtliche Ansprüche 20 6 ff. – Urteils-/Beschlussausfertigung 5 4, 6 ff. – Urteilsverfahren 2 62 ff.; s.a. dort – Vereinsstreitigkeiten, Aufnahmebegehren 17 17 ff. – Verfahrensablauf 18 100 f. – Verfahrensanträge 3 53 ff. – Verfügungsgrund, Darlegung 3 59; s.a. dort – Verhältnis zw. Leistungsverfügung/Hauptsache 2 34 f. – Verjährungshemmung 2 104 f.; 18 117 – Vertagung 3 108 – Verzicht 2 78 ff.; s.a. dort – Vollmacht, Nichtvorlage 1 9 – Zulässigkeit, Durchsetzung v. Stimmpflichten 16 5 ff. – Zurückweisung d. Verfügungsantrags 3 97 f. – zuständiges Gericht 3 39 ff.; 18 97 f. – s.a. „Einstweilige Verfügung“, „Einstweiliges Rechtsschutzverfahren“ Verfügungsverfahren, Antrag – Änderung 2 68 ff.; s.a. dort – auf Androhung v. Unterlassung/ Duldung 3 18 – Form 18 96 – Formulierung 18 90 ff. – Muster 18 99 – Rücknahme 2 73 ff.; s.a. dort – Voraussetzungen 3 30 ff. Vergabe, öffentliches Beschaffungswesen, Wettbewerbsverstoß 19 27 Vergleich – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 674 f. – Gewaltschutzsachen 15 742 f. 802
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Güterrechtssachen 15 287 f. über Hauptsache 2 100 ff. Kindesherausgabe 15 595 f. Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 247 ff. – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 334 f. – Sorgerechtsübertragung 15 476 – Umgangssachen 15 530 – Unterhaltssachen 15 67 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 163 Vergütungsvereinbarung – Erfolgshonorar 1 16 ff. – höhere Gebühren, Voraussetzungen 1 12 f. – Schriftform 1 16 – Stundensatz 1 13, 15 – Unterschreiten d. gesetzlichen Gebühren 1 14 – Zeitgebühren 1 13 Verjährungshemmung – Rechtsschutzantrag 2 104 f. – selbständiges Beweisverfahren 6 6 – durch Verfügungsverfahren 18 117 Verkehrspflicht, wettbewerbsrechtliche 18 15 Verkehrsunfall, Schadensersatz, Leistungsverfügungsmuster 3 25 Verlöbnis, Familienstreitsache 15 321 Vermieteransprüche – Betriebspflicht – Antragsmuster 11 109, 101 ff. – Modernisierung-/Instandhaltung, Duldungsverfügung 11 93 ff. – Pfandrecht, Sicherung 11 125 ff. – Räumung, Gefahr für Leib oder Leben 11 120 ff. – Räumung, Gewerbemiete 123 – Räumung, verbotene Eigenmacht 112 ff. – Störung des Hausfriedens 11 86 – Tierhaltung, Unterlassungsverfügung 11 99 f. – Untervermietung, Unterlassungsverfügung 11 88
Stichwortverzeichnis
– vertragswidriger Gebrauch, Unterlassung 11 84 ff. – Zutrittsrecht d. Vermieters 11 89 ff. Vermieterpfandrecht 11 40 ff. – Sicherung d. Pfandrechts 11 125 ff. – Widerspruch, Muster 11 129 – Zurückschaffung entfernter Sachen 11 130 ff. Vermögensrechtliche Ansprüche 2 9 Vermögensschaden, Schadensersatzpflicht, d. Vollstreckungsgläubigers 1 30 f. Versäumnisurteil – Einspruch gegen Anordnung 3 110 – Terminsgebühr 10 46 – Urteilsverfahren 18 49 Versorgungsausgleichssachen, einstweilige Anordnung 15 774 f. Versorgungsleistungen, Einstellung 11 43 ff. Versteigerungsantrag, Muster 5 40 Vertragsstrafe – Abmahnverfahren 18 53 f. – Unterlassungserklärung 18 63 – Unterlassungserklärung, Muster 18 73, 77 Vertragswidriger Gebrauch, Unterlassungsverfügung 11 84 ff. Vertragswidriges Verhalten, Verfügungsgrund 3 79 Vertretungsbefugnis – Entziehung, OHG 16 95 ff. – GbR, Durchsetzung 16 47 ff. – Geschäftsführer, Abberufung 16 147 ff., 162 ff. – KG, Entziehung 16 119 f. – Vereinsvorstand 17 11 – Vorstand, Durchsetzung der Abberufung 16 223 f. – Vorstand, Widerruf der Bestellung 16 217 ff. Vertretungsverbote 1 2 f. Verwandtenunterhalt s. „Unterhaltssachen“ Verweisung – Rechtsweg 2 21 – Widerspruch 3 130 f.
– Zeitpunkt 2 27 – Zulässigkeit 2 25 f. Verwertung, drohender Wertverlust 5 39 Verzicht – Aufhebungsantrag 3 206 – Sicherungsanspruch 2 78 f. – Widerspruch 3 140 Vollmacht 1 8 f. – Abmahnung Wettbewerbsrecht 18 60 – Nachweis, Zeitpunkt 1 9 – Original 1 9 Vollstreckbarerklärung 9 35 ff. Vollstreckbarkeitsklage 9 74 ff. Vollstreckung – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 682 f. – Gewaltschutzsachen 15 748 ff. – Güterrechtssachen 15 292 – Kindesherausgabe 15 600 ff. – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 253 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 339 – Sorgerechtsübertragung 15 481 – Umgangssachen 15 537 ff. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 213 – Unterhaltssachen 15 73 – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 167 – s.a. „Vollziehung“ Vollstreckungsabwehrantrag, Unterhaltssachen 15 120 ff. Vollstreckungsaussetzung/ -beschränkung – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 687, 704 – Gewaltschutzsachen 15 756, 773 – Güterrechtssachen 15 296 – Kindesherausgabe 15 610 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 255 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 343 – Sorgerechtsübertragung 15 485 803
Stichwortverzeichnis
– Umgangssachen 15 546 – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 215 – Unterhaltssachen 15 83 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 169 Vollstreckungsgefährdung, Arrestgrund 4 34 ff. Vollstreckungsschutz, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch 18 43 f. Vollziehung – Anwaltsgebühren 10 50 ff. – anwendbare Vorschriften 2 4 – Begriff 5 2 – einstweilige Einstellung 5 74 f. – erforderliche Maßnahmen 5 28 ff. – Rechtsbehelfe 5 73 – Schadensersatzpflicht 1 30 – Schuldnerinsolvenz s. dort – taktische Überlegungen 5 14 – Unterhaltsforderungssicherung 15 386, 388 ff. – Urteils-/Beschlussausfertigung 5 4, 6 ff. – Urteils-/Beschlussausfertigung, Zustellung 5 15 ff., 35 – Vollziehungsfrist 5 5 ff. – Vollziehungsfrist, erneuter Fristlauf 5 10 f. 5 ff. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 429 ff. – s.a. „Vollstreckung“ Vollziehung – Arrest – anwendbare Vorschriften 5 3, 37 – Aufhebung 5 62 ff. – Aufhebung, Antragsmuster 5 64 – Auslandsbezug 9 56 ff. – bewegliche Sachen/Forderungen 5 38 ff. – Grundstück/Grundstücksrechte 5 55 ff. – Hinterlegung d. gepfändeten Beträge 5 43 – persönlicher Arrest 5 60 f. – Pfändungsantrag, Muster 5 51 – Schiffe/Schiffsbauwerke 5 45 ff. 804
– Sicherungshypothek 5 55 ff. – Versteigerungsantrag 5 40 – Vollstreckungsantrag 5 29 – vor Zustellung 4 52; 5 33 ff. Vollziehung – Verfügung – Aufhebung, Schiedsverfahren 8 42 ff. – Auslandsbezug 9 70 – Aussetzung, Gesellschafterbeschlüsse 16 36 ff., 134 ff. – Bauhandwerkersicherungshypothek, Eintragungsanspruch 13 48 – Durchsuchungsbeschluss 3 14 – Einschränkung, Anordnung 3 126 – Einstellung, Aufhebungsverfahren 3 189 – erneute – nach wesentlicher Änderung im Widerspruchsverfahren 3 146 – Gesellschafterbeschlüsse, GbR 16 40 ff. – Handlungsgebot, Vollstreckungsantrag 5 30, 70 f. – Leistungsverfügung, Vollstreckungsantrag 5 30, 72 – PKH 10 66 – Schiedsgerichtsentscheidung 8 12, 14 f., 33 ff. – Streitwert 10 18 f. – Unterlassungsverfügung, Ordnungsmittelandrohung 5 30, 67 ff. – vor Zustellung 5 33 ff. – wettbewerbsrechtliche Ansprüche 18 38 ff. – Zustellung 3 238 Vollziehungsfrist – Ablauf, keine weitere Maßnahme 4 56a – Beschlussarrest, Zustellung 4 56a – Versäumung 5 13 Vollziehungsmangel, Zustellungsmangel 5 27 Vollziehungsschaden 1 31 Vorabentscheidungsverfahren, Wettbewerbsrecht 19 10 f.
Stichwortverzeichnis
Vorkaufsrecht, Missachtung, Beseitigungs-/Unterlassungsverfügung 11 73 ff. Vorlagepflicht s.“Auskunftsanspruch“ Vormerkung – Amtsgerichtszuständigkeit 3 43 – Bauhandwerkersicherungshypothek, Eintragungsanspruch 13 42 ff., 50 – Eintragung z. Sicherung 2 15 – Eintragungsantrag, Darlegung 3 35 f. – Widerspruch gegen Auflassungsvormerkung 11 78 Vormund, Sorgerechtsübertragung 15 498 Vorratsverfügung 18 58 Vorstand, AG – Durchsetzung d. Abberufung 16 223 f. – Widerruf d. Bestellung 16 217 ff. Vorstand, Verein – Abberufung 17 44 ff. – Geschäftsführungsbefugnis 17 43 – Geschäftsführungssonderrecht 17 48 f. – Notbestellung 17 16 – Vertretungsbefugnis 17 11 Wahlrecht bei Individualanspruch 2 10 Wasserversorgung – Einstellung, Zurückbehaltungsrecht 11 51 ff. – Wiederherstellungsanspruch 11 45 ff. Wegerecht, Beeinträchtigung 13 16 ff., 20 Weiterbeschäftigungsanspruch – Entbindungsanspruch d. Arbeitgebers 12 83 ff. – Entbindungsanspruch d. Arbeitgebers, Antragsmuster 12 93 – Jugend-/Auszubildendenvertreter 12 131 ff. – Sicherungsverfügung, Antragsmuster 12 82
– Voraussetzungen 12 71 ff. Werbung, E-Mail-, Wettbewerbsverhältnis 18 5 Werkvertrag, einstweiliges Rechtsschutzverfahren 13 1 ff. Wettbewerbsbeschränkung – Aufnahmeanspruch, Wirtschaftsvereinigungen/Gütezeichengemeinschaften 19 23 – Ausbeutungs-/Strukturmissbrauch 19 17 – Behinderung, Darlegung/Glaubhaftmachung 19 14 ff., 34 – Behinderung durch marktbeherrschendes Unternehmen 19 13 ff., 19, 22, 28 ff. – Beschwerde im Kartellverwaltungsverfahren 19 49 ff. – Beseitigungsanspruch 19 22, 28 ff. – Beteiligtenhaftung 19 38 – Betroffene 19 12 – Boykottaufruf 19 24 f. – einstweilige Verfügung, Antragsmuster 19 58 – einstweiliger Rechtsschutz, Relevanz 19 2 f. – EU-Recht, Anwendungsvorrang 19 9 f. – Liefersperre 19 26 – Mindestpreisvorgaben 19 26 – Rechtsweg 19 4 ff. – Schutzschrift, Darlegungsumfang 19 42 ff. – Schutzschrift, Muster 19 59 – Schutzschrift, Zuständigkeit 19 40 f. – unerlaubte Absprachen s. dort – Unterlassungsanspruch 19 12 ff. – Veranlassen kartellrechtswidrigen Verhaltens 19 26 – Verfügungsgrund 19 33 ff. – Vorabentscheidungsersuchen 19 10 f. – Zugangsbeschränkung z. wesentlichen Einrichtungen 19 20 f., 28 ff. – Zugriff auf Schlüsselpatente u. -technologien 19 21a ff. – Zuständigkeit, Zivilgerichte 19 6 ff. 805
Stichwortverzeichnis
Wettbewerbsprozess – Abschlusserklärung 2 43 ff. – Abschlussschreiben 2 43, 46 ff. – Anspruchsgegner 18 11 ff. – Anspruchsgegner, Dritte 18 14 ff. – Antragsberechtigung 18 4 ff. – Auskunftsansprüche 18 26, 68, 79 – Beseitigungsanspruch 18 24 f. – Erstbegehungsgefahr 18 23 – fliegender Gerichtsstand 18 82 f. – gesetzliche Krankenkassen als Verletzer 18 12 – Mitbewerber 18 4 ff. – Störerhaftung, ehemalige 18 14 ff. – Teilnehmer als Anspruchsgegner 18 11 – Unterlassungsanspruch 18 18 ff. – Unterlassungsanspruch, Beseitigung d. Störung 18 25 – Unterlassungsanspruch, vertraglicher 18 20 – Unterlassungsanspruch, Wegfall 18 53 – Verfügungsansprüche 18 17 ff.; – Wettbewerbsverbände, Antragsrecht 18 8 ff. – Wettbewerbsverhältnis, Begriff 18 4 f. – Wettbewerbsverhältnis, Beispiele 18 6 – Wiederholungsgefahr 18 21 f. – s.a. „Unlauterer Wettbewerb“ Wettbewerbsrecht s. „Marktbeherrschendes Unternehmen“, „Marktstarkes Unternehmen“, „Unerlaubte Absprachen“, „Unlauterer Wettbewerb“, „Wettbewerbsbeschränkung“ Wettbewerbsverband – Kostentragung bei Abmahnung durch – 18 69 – Rechtsmissbrauch 18 72b, 72e Wettbewerbsverbot – nachvertragliches 12 40 f. – Unterlassungsverfügung, Antragsmuster 12 42 – vertragliches 12 37 ff. 806
Widerrufsanspruch, Leistungsverfügung, Zulässigkeit 3 70 Widerspruch – Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollziehung 5 74 f. – Antrag, Hinweise 3 137 – gegen Arrestentscheidung 4 57, 60, 62 – Auswirkungen auf Vollziehungsfrist 5 10 ff. – Begründung 3 127 – Beschlussverfahren 18 47 f. – Darlegungslast 3 127 – Erledigterklärung 3 142 – Form 3 132 – Frist 3 133 f. – gegen Kostenentscheidung 3 128, 159; 18 107 – gegen Kostenentscheidung, Muster 18 108 – Muster 3 136; 18 106 – Rechtsmittelverzicht 2 44 f. – Rücknahme 3 141 – gegen stattgebenden Beschluss 3 110 f. – Statthaftigkeit 3 126 – teilweiser 3 128 – Überblick 18 103 ff. – Urteil, Rechtsmittel 3 148 – Urteil, Vollstreckbarkeit 3 145 – Urteilsspruch 3 143 ff. – Verbindung mit Aufhebungsverfahren 3 194 – Verfahrensablauf 3 142 – Vermieterpfandrecht, unrechtmäßige Ausübung 11 129 – Verzicht 3 140 – Zuständigkeit 3 129 Widerspruchsverfahren, markenrechtliche Ansprüche 22 2 Wiederholungsgefahr – markenrechtliche Ansprüche 22 44, 49 – presserechtliche Ansprüche 21 14 f., 17, 72 – unlauterer Wettbewerb 18 21 f. – Verfügungsgrund 3 83
Stichwortverzeichnis
– Wegfall, Unterlassungserklärung 18 53, 75 Willenserklärung – Anspruch auf Abgabe 3 72 – Ersetzung durch Verfügung 3 71 Wohngeld, Leistungsverfügung 14 38 f. Wohnraummiete – Außenmodernisierung durch Vermieter 11 60 ff. – Besitzstörung durch Vermieter 11 35 ff. – Besitzstörung durch Vermieter, Antragsmuster 11 39 – Doppelvermietung 11 9 ff. – Eigenbedarf, Vortäuschung 11 20 ff. – Einzugsermächtigung, Widerruf 11 67 f. – Heizung, Betriebsanspruch 11 44 – Innenmodernisierung durch Vermieter 11 63 ff. – Lärmstörung, Unterlassungsanspruch d. Mitmieters 11 135 ff. – Mietkaution, unberechtigte Inanspruchnahme 11 69 – Mietminderung, Einzugsermächtigung 11 67 – Mietrechtsreform-Entwurf 11 7a ff. – Modernisierung-/Instandhaltung, Duldungsverfügung 11 93 ff. – nichteheliche Lebensgemeinschaft, Streitigkeiten 11 142 ff. – Räumung, Gefahr für Leib oder Leben 11 120 ff. – Räumungspflicht, verbotener Eigenmacht 11 112 ff. – Selbsthilferecht, Überschreiten 11 40 f. – Störung d. Hausfriedens 11 86 – Tierhaltung 11 99, 139 f. – Türschlösser, Auswechslung 11 36 ff. – Überlassung an Dritte, Durchsetzung 11 79 ff. – Untervermietung, Unterlassungsverfügung 11 88 – Veräußerungsverbot 11 24
– Vermieterpfandrecht, Sicherung 11 125 ff. – Vermieterpfandrecht, Zurückschaffung entfernter Sachen 11 130 ff. – Versorgungsleistungen, Wiederherstellung 11 45 ff. – vertragswidriger Gebrauch, Unterlassung 11 84 ff. – Vorkaufsrecht, Missachtung 11 73 ff. – Zutrittsrecht d. Vermieters 11 89 ff. Wohnungseigentümer – Beiladung 14 17 ff. – Beschlüsse, Verbot d. Ausführung 14 33 ff. – Eigentümerliste 14 11 ff. – Gebrauchsregelung, Unterlassungsverfügung 14 36 f. – Insolvenz als Arrestgrund 14 40 – Parteibezeichnung 14 11 ff. – Sanierungsmaßnahmen, Duldungspflicht 14 37a – Zustellungen 14 16 Wohnungseigentümerversammlung – Einberufungsermächtigung 14 27 f. – Einberufungsverpflichtung 14 28a – Verhinderung per einstweiliger Verfügung 14 28b Wohnungseigentumsgemeinschaft in Gründung, Zuständigkeit 15 Wohnungseigentumsrecht – Mietervorkaufsrecht, Missachtung 11 73 ff. – Rechtsschutzbedürfnis 14 20 Wohnungseigentumsrecht, Verfahren – Anwaltsgebühren 10 58 f. – Eilverfahren, Zuständigkeit 14 8 ff. – Gerichtskosten 10 35 f. Wohnungseigentumsverwaltung – Beschlüsse, Verbot d. Ausführung 14 33 ff. – Notverwalter 14 22 ff. – Unterlagen, Herausgabeverfügung 14 29 ff. – Zutrittsrecht d. Verwalters 14 32 Wohnungsverwalter – Herausgabeanspruch Verwaltungsunterlagen gegen – 14 29 – Zustellungsvertreter 14 16 807
Stichwortverzeichnis
Zahlungsunfähigkeit, drohende 7 35 Zentrales Schutzschriftenregister 18 82 Zeugen, Ladung 3 105 Zeugenaussage, schriftliche, Glaubhaftmachung 3 86 Zeugniserteilung – Anspruch 12 94 ff. – Beweislast 12 97 ZPO, Anwendung 2 3 Zugewinnausgleichsforderungssicherung – Antragsmuster 15 440 – Arrest 15 410 ff. Zurückbehaltungsrecht – Unterlagen, Bauvertrag 13 6 – Vermieter, Versorgungsleistungen 11 51 ff. Zuständigkeit – Arbeitsgerichte 12 14 – Aufhebungsverfahren 3 182 – Ehewohnungs- und Haushaltssachen 15 657, 685 – EuGVVO 9 15 ff. – Gericht d. belegenen Sache 3 42 ff. – Gericht d. Hauptsache 3 39 ff. – Gewaltschutzsachen 15 723 ff., 752 – Güterrechtssachen 15 278 – Kindesherausgabe 15 579 ff., 608 – Kindesunterhalt im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 15 239 f. – markenrechtliche Ansprüche 22 7 ff. – Rechtfertigungsverfahren 3 176 – sonstige Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG 15 328, 341 – Sorgerechtsübertragung 15 462 ff., 483 – Umgangssachen 15 517 ff. – Unterhalt vor Geburt eines Kindes 15 196 – Unterhaltsforderungssicherung 15 371 ff. – Unterhaltssachen 15 42 ff., 76 – urheberrechtliche Ansprüche 20 6 ff.
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– Vereinsrecht 17 2 ff. – Verfahrenskostenvorschuss, § 246 Abs. 1 FamFG 15 152 ff. – Verfügungsverfahren 3 39 ff.; 18 99 – Wettbewerbsangelegenheiten 18 82 f. – Wettbewerbsangelegenheiten, Gesetzentwurf unseriöse Geschäftspraktiken 18 98 – Wettbewerbsbeschränkung 19 6 ff. – Widerspruch 3 129 – Widerspruch, Verweisung 3 130 f. – Wohnungseigentumssachen 14 8 f. – Zugewinnausgleichsforderungssicherung 15 414 ff. Zuständigkeitsstreitwert – Eilverfahren 10 2 f. – Vereinsstreitigkeiten 17 3 f. Zustellung – an Verfahrensbevollmächtigten 3 237 f. – Arrestbefehl 4 52 – Ausland 9 52 ff., 56 ff., 69 – Beschlussarrest 4 56a – Europäische Union 9 53 ff. – Heilung 5 27 – Urteilsarrest 4 58a – Urteilsverfügung, Individualarbeitsrecht 12 17 – Verfügung, unlauterer Wettbewerb 18 39 ff. – Vollziehungsfristwahrung 5 15 ff. – Wohnungseigentümergemeinschaft 14 16 – s.a. „Rechtliches Gehör“ Zustellungsvertreter, Wohnungsverwalter 14 16 Zwangsversteigerung, Schiffe/Schiffsbauwerke 5 53 Zwangsvollstreckung – Einstellungsantrag durch Presseorgan bei Gegendarstellung 21 68 – unbegründeter Verfügungsantrag 3 88 – s.a. „Vollziehung“