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German Pages 227 Year 1997
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 729
Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung
Von
Volker Stehlin
Duncker & Humblot · Berlin
VOLKER STEHLIN
Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 729
Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung
Von Volker Stehlin
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Stehlin, Volker: Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung / von Volker Stehlin. - Berlin : Duncker & Humblot, 1997 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 729) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1996/97 ISBN 3-428-09119-1
Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09119-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Meinen Eltern
Vorwort Die Idee zu dieser Arbeit verdanke ich Herrn Prof. Dr. Wahl, dem ich für seine intensive Betreuung sowie zahlreichen Anregungen danken möchte. Herrn Prof. Dr. Schwarze danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dank sagen möchte ich der Studienstiftung des deutschen Volkes, deren Förderung während des Studiums und der Promotion mir vieles erschließen und das Entstehen dieser Arbeit ermöglichen half. Ohne die Unterstützung meiner Freunde wäre die Arbeit in der vorliegenden Form nicht denkbar. Von den vielen, denen hier Dank gebührt, seien einige stellvertretend genannt: Bernd Kasper, der mir stets ein hilfreicher und kritischer Gesprächspartner war, Horst Huber, dessen Großzügigkeit seinesgleichen sucht, und Götz Pasker, der aufopfernd Korrektur las. Meine Eltern haben mir stets uneingeschränktes Vertrauen und selbstlose Hilfe zuteil werden lassen. Ihnen, meiner Familie und Ute Kienzle gilt mein besonderer Dank. Die Arbeit wurde im Wintersemester 1996/1997 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau als Inaugural-Dissertation angenommen. Sie wurde im September 1995 abgeschlossen. Für die Veröffentlichung fanden Rechtsprechung und Literatur bis Februar 1997 Berücksichtigung.
Freiburg, im März 1997
Volker Stehlin
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
15
§ 1 Rahmenbedingungen
17
I. Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur
17
II. Reformen und Reformbestrebungen
18
1. Allgemeine Reformüberlegungen
18
2. Reformen und Reformüberlegungen im Bereich der Planung und des Baus von Verkehrswegen
21
a) Änderungen im Recht der Verkehrswegeplanung
21
b) Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten
25
§ 2 Planungsgesellschaften - DEGES I. Planungsgesellschaften II. DEGES
27 .....27 28
1. Konzeption
28
2. Vertrags werk
29
3. Finanzierung
31
4. Abgrenzung der Tätigkeitsfelder: Behörden - DEGES
31
5. Abgrenzungstabelle
32
10
Inhaltsverzeichnis
§ 3 Organisationsprivatisierung
35
I. Formen der Privatisierung
36
II. Organisationsprivatisierung - DEGES
38
1. Gründung und Beauftragung der DEGES
38
2. Privatrechtlich organisierte öffentliche Verwaltung
38
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge I. Städtebaurecht - Bauleitplanung
42 42
1. Bauleitplanung
43
2. Städtebaulicher Vertrag gem. § 6 BauGBMaßnG
47
3. Vorhaben- und Erschließungsplan gem. § 7 BauGBMaßnG
49
4. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen
51
II. Standortsuche bei Abfallentsorgungsanlagen
54
III. Würdigung
59
§ 5 Organisationsprivatisierung und Beleihung
61
I. Fragestellung
61
II. Beleihung
62
1. Gegenstand der Beleihung
62
2. Adressaten der Beleihung
63
a) Auffassung Steiners
63
b) Stellungnahmen in der Literatur
64
c) Eigene Würdigung
66
3. Ergebnis
67
Inhaltsverzeichnis § 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns I. Begriffsverwendung in der Literatur
11 69 69
1. Begriffsprägung durch Walter Jellinek
70
2. Der Begriff in der Literatur
71
a) Dogmatische Behandlung
71
b) Keine einheitliche Begriffsverwendung
72
c) Notwendigkeit einer begrifflichen Klärung
73
3. Eigene Terminologie
77
4. Das Meinungsbild in der Literatur
78
a) Identifikation des schlicht-hoheitlichen Handelns mit der Betreuungs- oder Leistungsverwaltung bzw. Aufgabenwahrnehmung
80
aa) Identifikation mit der Betreuungsverwaltung
80
bb) Identifikation mit der LeistungsVerwaltung
81
cc) Relation zur Wahrnehmung einzelner Aufgaben
81
b) Funktion als Oberbegriff und Identifikation des schlicht-hoheitlichen Handelns mit dem schlichten Verwaltungshandeln
82
aa) Funktion als Oberbegriff
82
bb) Identifikation mit dem schlichten Verwaltungshandeln
83
c) Identifikation des schlicht-hoheitlichen Handelns mit der Nichteingriffsverwaltung bzw. schlicht-verwaltender Tätigkeit
85
aa) NichteingriffsVerwaltung
85
bb) Schlicht-verwaltende Tätigkeit
87
cc) Schlichte Hoheitsverwaltung
88
II. Zusammenfassung
90
12
Inhaltsverzeichnis
§ 7 Rechtsvergleichender Ausblick
92
I. Schweizerische Verwaltungsrechtsliteratur
92
II. Österreichische Verwaltungsrechtsliteratur
95
III. Kritik
99
§ 8 Schlicht-hoheitliches Handeln in der Rechtsprechung
100
I. Bundesverwaltungsgericht
101
II. Bundesgerichtshof
101
1. Terminologie
101
2. Bereiche der schlichten Hoheitsverwaltung
102
III. Einzelne Aspekte der Rechtsprechung
103
1. Bewertung einheitlicher Vorgänge
103
2. Bewertung von Vorbereitungs- und Mit Wirkungshandlungen
104
IV. Kritik
106
§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
108
I. Abgrenzung des Begriffes
108
1. Keine Gleichsetzung mit der Betreuungs- oder Leistungsverwaltung bzw. Aufgabenkomplexen
109
2. Keine Gleichsetzung mit der Nichteingriffsverwaltung
110
3. Keine unterschiedslose Gleichsetzung mit dem schlichten Verwaltungshandeln bzw. Realakten
112
4. Kritische Würdigung einer Gleichsetzung mit der schlicht-verwaltenden Tätigkeit
113
II. Schlicht-hoheitliches Handeln und öffentliche Aufgabe 1. Öffentliche bzw. staatliche Aufgaben 2. Ergebnis
...116 116
!
118
Inhaltsverzeichnis III. Schlicht-hoheitliches Handeln
119
1. Aufgezeigte Merkmale
119
2. Begriffsbestimmung
122
§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht I. Bereichsspezifischer Lösungsansatz
130 130
1. Problemstellung und Eigenart der Thematik
130
2. Erfordernis eines bereichsspezifischen Ansatzes
132
II. Fernstraßenplanungsrecht
133
1. Rechtsgrundlagen
133
2. Verfahrensablauf
134
3. Planung und Verfahren
142
a) Finalprogramm und Komplexität
142
b) Faktische BindungsWirkungen und Organisation
144
c) Bedeutung der Verfahrensgestaltung
149
III. Begriffsbestimmung
152
1. Begriff
152
2. Einzelne Handlungen
153
a) Linienbestimmung
153
b) Umweltverträglichkeitsprüfung
155
c) Erörterungstermin
157
d) Abwägung
159
e) Abstimmung mit den Trägern öffentlicher Belange
161
§ 1 1 Aufgabenbetrauung und Gesetzes vorbehält I. Rechtliche Modalitäten der Organisationsprivatisierung
164 164
14
Inhaltsverzeichnis 1. Institutioneller Gesetzesvorbehalt
164
2. Differenzierung an Hand des Wesentlichkeitskriteriums
169
II. Rechtliche Modalitäten der Aufgabenbetrauung
170
III. Systemkonformität einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung
173
1. Systemkonformität getrennter Zuständigkeiten
173
2. Die DEGES als Verwaltungshelfer
175
§ 12 Bewertung
179
I. Grundkonzeption bei der Einschaltung eines Verwaltungshelfers
179
II. Bewertung der Tätigkeit der DEGES
182
1. Einzelne Tätigkeiten der DEGES
183
a) Linienbestimmung
184
b) Umweltverträglichkeitsprüfung
185
c) Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange
186
d) Erörterungstermin
187
e) Abwägung
188
2. Gesamtbewertung
188
III. Ausblick
192
Literaturverzeichnis
195
Sachwortverzeichnis
224
Einleitung Die Verkehrswegeplanung erfuhr wie nahezu das gesamte Recht der Planung und Zulassung von Infrastruktur- sowie Investitionsvorhaben im Zuge des deutschen Einigungsprozesses eine erhebliche Veränderung. Auf die im Interesse eines schnellen Wirtschaftsaufschwunges gewandelten zeitlichen Anforderungen an die Verwirklichung von Verkehrswegeprojekten in den neuen Bundesländern wurden im Bereich der Verkehrswegeplanung und -Verwirklichung die alten Pfade des bisherigen Planungsrechts und der Planungsorganisation in Teilen verlassen und neuen Wege beschritten. Neben einer Veränderung der gesetzlichen Grundlagen ist insbesondere die Gründung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen hervorzuheben, die in weitem Umfang mit Aufgaben der Planung und des Baus der als vordringlich eingestuften Verkehrsprojekte Deutsche Einheit beauftragt wurden. War und ist in den alten Bundesländern die Planung Aufgabe der staatlichen Behörden und wird von diesen auch ohne Zuhilfenahme von Planungsgesellschaften wahrgenommen, ergibt sich also in den neuen Bundesländern für den Bereich der Fernstraßenplanung eine neue Organisationsstruktur. Die dadurch entstandene Arbeitsteilung zwischen den nach wie vor gesetzlich allein zuständigen Behörden und den privatrechtlich organisierten Planungsgesellschaften wirft zahlreiche Fragen auf. Genannt seien u. a.: In welcher Quantität werden den Planungsgesellschaften Aufgaben übertragen und vor allem welche rechtliche Qualität kommt diesen Aufgaben zu? Gibt es Grenzen der Aufgabenübertragung und wenn ja, welche? Wie kann das Betätigungsfeld der Behörden und der Planungsgesellschaften abgegrenzt werden? Wie ist die Tätigkeit der Planungsgesellschaften zu bewerten? Welche Veränderungen des Planungsvorganges sind zu gegenwärtigen? Wie ist das Verhältnis zwischen Behörden und Planungsgesellschaften zu gestalten? Im Mittelpunkt der Arbeit steht das Bemühen um eine Beantwortung dieser Fragen. Planungsgesellschaften wurden sowohl für den Straßen- wie auch den Schienenbereich gegründet und mit Tätigkeiten der Planung sowie der Realisierung beauftragt. Der genaueren Betrachtung und eines sinnvollen Umfanges der Arbeit wegen ist jedoch eine Einengung des Untersuchungsrahmens angebracht. Näher betrachtet wird daher der Bereich der Fernstraßenplanung. Die für diesen Ausschnitt des Planungsrechts gewonnenen Ergebnisse dürften jedoch aufgrund der grundsätzlich gegebenen Vergleichbarkeit des jeweiligen Planungsvorganges in ihren jeweiligen Kernaussagen
16
Einleitung
und mit Unterschieden im einzelnen auf den Bereich der Schiene übertragbar sein. Den konkreten Untersuchungsgegenstand wird dabei die Tätigkeit der Planungsgesellschaft DEGES, Deutsche Einheit Fernstraßenplanung- und Baugesellschaft mbH, bilden, die ,wie ihr Name bereits besagt, im Bereich der Fernstraßenplanung und -baus eingeschaltet ist. I m Rahmen dieser Arbeit interessiert indes ausschließlich der Bereich der Planung, nicht aber der des Baus und der Auftragsvergabe. Ebensowenig wird eingehend auf Modelle einer Privatfinanzierung von Infrastrukturmaßnahmen eingegangen. Wenngleich die Problematik des Instrumentariums der Investitionsmaßnahmegesetze im Laufe der Arbeit angesprochen wird, bildet aufgrund deren erklärten Ausnahmecharakters und ihrer in Anbetracht einer bevorstehenden verfassungsrechtlichen Überprüfung offenen Zukunft Grundlage der Untersuchung der „Normalfair einer Fernstraßenplanung, d. h. das insbesondere im Bundesfernstraßengesetz und Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz normierte Fernstraßenplanungsrecht. Die so gewonnenen Erkenntnisse könnten dann auch einen Beitrag zu der Diskussion leisten, deren es für den Fall dringend bedürfte, daß dieses Sondermodell einer Organisationsform in die Normallage der Verkehrswegeplanung übernommen werden sollte.
§ 1 Rahmenbedingungen Die Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung stellt keineswegs eine isolierte Entwicklung im Bereich des Planungsrechts dar, sie ist vielmehr ein Glied einer seit vielen Jahren andauernden Reform und Reformdiskussion, die nunmehr durch die Wiedervereinigung Deutschlands eine Neubelebung erfahren hat. Zum besseren Verständnis des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit sei daher dieser Gesamtrahmen sowie das gesetzgeberische Tätigwerden in der gebotenen Kürze skizziert.
I. Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur Die Wiedervereinigung Deutschlands rief auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und damit der Verkehrswegeplanung große Herausforderungen hervor. Nach der dem Bundes Verkehrs wegeplan 1992 zugrundeliegenden Prognose wird allein der Straßengüterfernverkehr von 163 Mrd. tkm im Jahre 1991 auf 238 Mrd. tkm im Jahr 2010 und der Individualpersonenverkehr von 703 Mrd. Pkm auf 838 Mrd. Pkm anwachsen.1 Der Aufbau einer den Anforderungen einer, auf hohe Mobilität eingestellten Industrie-, Dienstleistungs- wie auch Freizeitgesellschaft angemessenen, Verkehrsinfrastruktur gilt als Grundvoraussetzung eines schnellen wirtschaftlichen Aufschwungs in den neuen Bundesländern. So wurden im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit insgesamt 17 Projekte, davon 9 Schienenprojekte, 7 Straßenprojekte und ein Wasserstraßenprojekt als überaus dringlich bewertet und in den Bundesverkehrswegeplan unter der Rubrik „vordringlicher Bedarf" aufgenommen. 2 Dem entspricht ein geschätztes Investitionsvolumen von 57,5 Mrd. DM. Davon entfallen auf die Schiene 30 Mrd. DM, auf Bundesfernstraßen 23,5 Mrd. D M und auf Bundeswasserstraßen 4 Mrd. D M . 3 Im Bereich der Bundesfernstraßen 1 Beschluß der Bundesregierung vom 15.7.1992, S. 14. Vgl. zu den verfassungsrechtlichen Fragestellungen, die mit der Bewältigung eines gesteigerten Verkehrsaufkommens hervortreten, Ossenbühl, Verkehr, S. 53 ff.
2 Vgl. BVWP '92 Tabelle 2, S. 19. Nachdem bereits zuvor am 3.5.1990 das Lückenschlußprogramm für die direkten Verbindungswege zwischen den alten und neuen Bundesländern beschlossen worden war. Vgl. dazu und nachfolgend, Dörries, S. 371 ff. 3 Vgl. BVWP '92 Tabelle 3, S. 29. 2 Stehlin
18
§ 1 Rahmenbedingungen
ist im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit die Erweiterung bestehender Bundesautobahnen um rd. 1020 km und der Neubau um rd. 960 km vorgesehen. 4
Π. Reformen und Reformbestrebungen Der Planungsumfang dieser für erforderlich erachteten Verkehrswegeprojekte 5 ließ von Anfang an die Frage aufkommen, ob das vorhandene rechtliche Instrumentarium genügen würde, diese Projekte in der für den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundesländern notwendig kurzen Zeit zu realisieren. Zu diesem Zweck erschienen die Planungszeiten nach bisherigem bundesdeutschen Recht 6 als zu langwierig. 7 1. Allgemeine Reformüberlegungen Den Hintergrund dieser, das Verkehrswegeplanungsrecht betreffenden Überlegungen bildete und bildet dabei zum einen eine insgesamt auf den Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung in den neuen Bundesländern bezogene Diskussion,8 zum anderen aber auch eine allgemeine, das gesamte Bundesgebiet betreffende, durch die Wiedervereinigung neu belebte Erörte4 Vgl. BVWP '92 Tabelle 7, S. 44. Die betreffenden Vorhaben sind die A 20 Lübeck/Bundesgrenze; die A 2/A 10 Hannover - Berlin und Berliner Ring; die A 9 Berlin - Nürnberg; die A 82 Göttingen - Halle; die A 14 Halle - Magdeburg; die A 44/ A 14 Kassel - Wommen und Bad Hersfeld - Görlitz; die A 73/A 81 Erfurt - Schweinfurt bzw. Bamberg.
5 Vgl. zu der Kontroverse in der Öffentlichkeit DIE ZEIT Nr. 40 v. 1.10.1993, S. 32; Nr. 37 v. 9.9.1994, S. 22; SZ v. 3.5.1994, S. 3; v. 27.5.1994, S. 6; v. 27./ 28.8.1994, S. 11; 14.10.1994, S. 6 und v. 15.2.1995, S. 9; SZ v. 27728.5.1995, S. 36. 6 Gem. Art. 8 i .V. m. Ani. I Kap. X I Sachgeb. F Abschn. I I I Nr. 1 Einigungsvertrag v. 31.8.1990, BGBl. Π S. 889, wurde das Bundesfernstraßengesetz in den neuen Bundesländern mit der Maßgabe in Kraft gesetzt, daß die Autobahnen und Fernverkehrsstraßen der DDR nunmehr Bundesautobahnen und Bundesstraßen (Bundesfernstraßen) im Sinne des Bundesfernstraßengesetzes sind. 7
Zeitler, S. 830, m. w. N., nennt für die Raumordnung und Linienbestimmung einen Zeitraum von 5 bis 7 Jahren, für die Planfeststellung bis zur Rechtskraft 5 bis 10 Jahre, für die Entwurfsplanung 2 bis 3 Jahre und schließlich für den Bau 3 bis 4 Jahre, insgesamt also einen Zeitraum, der zwischen 15 und 24 Jahren liegt. « Vgl. dazu Wallerath, Aufgaben, S. 157 ff.; Koch, Christian, S. 28 ff.; Mitscke, S. 273 ff.; Regele, S. 231 ff., Hill Effektive Verwaltung, S. 1048 ff.; Hill Neue Verwaltung, S. 54 ff.; Hill Konzentration, S. 1 ff.; Tettinger, DÖV 1993, S. 54 ff., der das Verwaltungsrechtssystem der bisherigen Bundesrepublik gar „gewissermaßen" als ein „De-Luxe-Produkt" ansieht, S. 55.
II. Reformen und Reformbestrebungen
19
rung der Notwendigkeit einer Verwaltungs- und Verwaltungsrechtsreform, 9 wobei insbesondere die Frage nach Beschleunigungsmöglichkeiten von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Vordergrund steht. Während hierbei weitgehend Einigkeit über das Bestehen eines grundsätzlichen Reformbedarfs besteht, gehen die Ansichten über die konkrete Ausgestaltung dieser Reform jedoch weit auseinander. 10 Die Überlegungen im Rahmen dieser allgemeinen Reformdiskussion reichen u. a . 1 1 von der Forderung nach einem inneradministrativen Verwaltungscontrolling 12 , einer, den Untersuchungsrahmen und die notwendigen Unterlagen absteckenden, Antragskonferenz, einer sternförmigen Behördenbeteiligung sowie einer Ämterkonferenz, einem parallelen Verfahrensablauf, einer Einführung von Fristen bzw. einer Fristenverkürzung, einer Ausdehnung der materiellen Präklusion auf weitere Verwaltungsbereiche, einer Beschränkung des gerichtlichen Rechtsschutzes sowie der Verfahrensbeteiligung bis zur formellen bzw. materiellen Privatisierung von Verwaltungsaufgaben. 13 Neue akzeptanzfördernde 14 Wege wollen etwa diejenigen Autoren einschlagen, die sich für eine Übernahme des im amerikanischen Rechtsraum erprobten Konfliktmittlers in das deutsche Verwaltungsrecht aus-
9
Vgl. Bliimel/Pitschas, Reform des Verwaltungs Verfahrens, Schneider, DVB1. 1993, S. 992 ff.; Bülow, UPR 1993, S. 245 ff.; SeibeUBenz/Mäding, Verwaltungsreform; Hoffmann-Riem, Reform, DVB1. 1994, S. 1381 ff.; König, Verwaltungsmodernisierung, S. 349 ff.; Büllesbach, S. 710 ff.; Krumsiek/Frenzen, S. 1013 ff. Siehe auch Broß, Beschleunigung, S. 177 ff., sowie die bei Ebling, Verkehrslärmschutz Verfahrensbeschleunigung, dazu wiedergegebene Kritik auf S. 424. 10
Zwar kann hier nicht der Ort sein, eine vollständige Darstellung dieser unter dem Stichwort „Beschleunigungsdiskussion" geführten Debatte zu erbringen, dennoch soll diese in aller Kürze skizziert werden, da letztlich auch die Gründung und Beauftragung der Planungsgesellschaften eines ihrer Ergebnisse ist. Im übrigen sei auf die in den jeweiligen Fußnoten angegebene Literatur verwiesen. 11
Einen Überblick vermitteln Blümel/Pitschas, Reform des Verwaltungsverfahrensrechts; Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Schuppert, Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts; Hoffmann-RiemJSchmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns. Siehe auch Dose/Holznagel/Weber, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren . 12 Vgl. Lüder, DÖV 1993, S. 265 ff. 13 Eine Darstellung der Privatisierungsdiskusskion erfolgt unter § 3. Siehe dort auch die weiterführenden Literaturnachweise. 14
Vgl. dazu Würtenberger, Thomas, Konfliktschlichtung, S. 183 ff.; Würtenberger, Thomas, Akzeptanz, S. 257 ff., sowie Würtenberger; Thomas, Pilotstudie. Siehe auch Schmidt, Reiner, Flexibilität, S. 81 ff. und Hoffmann-Riem, Flexibilität, S. 27, nach dessen Ansicht ein Verfehlen von Akzeptanz zwar nicht zur gerichtlich revidierbaren Rechtswidrigkeit führt, aber dennoch ein Defizit an „Richtigkeit" signalisiere. 2*
20
§ 1 Rahmenbedingungen
sprechen. 1 5 Die Bandbreite derartiger Vorschläge variiert jedoch von einem Konzept des staatlichen Konfliktmanagements bis zur Beauftragung privater K o n f l i k t m i t t l e r . 1 6 Andere Stimmen legen insbesondere i m H i n b l i c k auf die wirtschaftliche Wettbewerbssituation ein besonderes Augenmerk auf den Faktor Z e i t . 1 7 So w i r d ein allgemeiner Verfassungsauftrag angenommen, das Verfahren und die Organisation von Verwaltung so zu gestalten, daß einem dringendem gesellschaftlichen Bedarf nach raschen Verwaltungsentscheidungen entsprochen werden k a n n . 1 8 Das zeitliche Schutzbedürfnis nach einer raschen Entscheidung der Beteiligten und die materielle Rechtsrichtigkeit seien gegeneinander abzuwägen. Vorgeschlagen w i r d daher eine selektive Beschleunigung bei gesteigertem Eilbedarf: über einen Sockel allgemein eingeführter Beschleunigungsvorkehrungen (Regelbeschleunigung) soll die Genehmigungsbehörde eine möglichst breite Palette optionaler Beschleunigungsmittel anbieten (Sonderbeschleunigung nach W a h l ) . 1 9 Einen wichti-
15
Vgl. die Darstellung der verschiedenen Varianten bei Holznagel, Einsatz von Konfliktmittlern, S. 421 ff., 429, sowie Holznagel, Konfliktbewältigung, S. 569 ff. und Holznagel, Beschleunigung, S. 151 ff. Siehe allgemein zum Thema HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann, Konfliktbewältigung durch Verhandlungen; Hoffmann-Riem, Konfliktmittler; Kostka, S. 86 ff.; Benz, Arthur, S. 83 ff., 93 ff.; Lamb, S. 808 ff.; Schneider, Kooperative Vewaltungsverfahren. Auf Bedenken gegenüber der Übernahme des amerikanischen Modells weisen aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungs· und Verwaltungsrechtsstrukturen Würtenberger, Thomas, Akzeptanz, S. 261; Erbguth, Beschleunigung, S. 551; Brohm, Konsensuales Verwaltungshandeln, S. 1032, hin. 16 Für ein staatliches Konfliktmanagement treten Erbguth, Beschleunigung, S. 551; Brohm, Konsensuales Verwaltungshandeln, S. 1032.; Brohm, Verwaltungsverhandlungen, S. 321 ff., ein. 17 Eine eindeutige Klärung der Frage, ob die Genehmigungsverfahren in Deutschland im Durchschnitt eine wesentlich längere Zeit benötigen als in anderen Industriestaaten, erfolgte nach Schlichter, S. 174, bislang jedoch nicht. Vgl. auch Steinberg, Zeit, S. 6 ff. Zum Faktor Zeit siehe auch Rombach, S. 1 ff. 18
Vgl. Bullinger, Rhythmus, S. 58; Bullinger, Beschleunigung, S. 493; Bullinger, Eilbedürftige Vorhaben, S. 130 f. Siehe hierzu auch die kritischen Anmerkungen von Pitschas, S. 234 f., insb. Fn. 20; Wahl, Neues Verfahrensrecht, Fn. 105. Siehe ebenso Dürr, Genehmigungsverfahren, S. 487 f. 19 Vgl. Bullinger, Investitionsförderung, S. 1130. Siehe auch Schlichter, S. 174. Beide waren Kommissionsmitglieder der 1994 von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und stellen an den angegebenen Stellen die der Bundesregierung inzwischen vorgelegten Vorschläge der Kommission vor. Kritisch gegenüber den Ergebnissen der Schlichter-Kommission äußert sich Lübbe-Wolff, S. 57 ff. Vgl. auch schon Bullinger, Rhythmus, S. 60, sowie allgemein Bullinger, Genehmigungsverfahren.
21
II. Reformen und Reformbestrebungen
gen Stellenwert nimmt auch hierbei das Verfahrensmanagement ein. 2 0 Andere Stimmen in der Literatur betonen hingegen in weit stärkerem Maße, daß neben der Rechtzeitigkeit der Verwaltungsentscheidung zum Verwaltungsauftrag auch die Verwirklichung der Rechtmäßigkeit, der Sachrichtigkeit, der Effizienz, der Bürgerorientiertheit und der Offenheit für die Beteiligten gehörten; es sich also um ein magisches Vieleck der Anforderungen handele, die sich nicht alle zugleich maximieren ließen. 21 Gegen eine einseitige Orientierung an wirtschaftlichen Belangen wird dabei vorgebracht, daß die Verwaltung gleichermaßen für die Sicherung der Umwelt, die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage Sorge zu tragen habe. 22 2. Reformen und Reformüberlegungen
im Bereich der
Planung
und des Baus von Verkehrswegen
a) Änderungen im Recht der Verkehrswegeplanung Auch der Gesetzgeber fühlte sich frühzeitig zur Reaktion auf die in den neuen Bundesländern entstandenen Herausforderungen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur aufgerufen. 23 So trat bereits 1991 das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (VerkPBG) in Kraft, 2 4 dessen Geltungsbereich sich jedoch im wesentlichen nur auf die neuen Bundesländer erstreckt. 25 Die Regelungen des VerkPBG wurden indes 1993 weitgehend in das 20 Vgl. Schlichter, S. 175; Bullinger, Eilbedürftige Vorhaben, S. 145 ff.; Bullinger, Aktuelle Probleme, S. 1467; Bullinger, Beschleunigung, S. 498. Zu den Überlegungen in Österreich siehe Richter, S. 393 ff. 21 Vgl. Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 117 f. Zur Verwaltungseffizienz im Rechtsstaat vgl. auch Pietzcker, S. 193 ff., 196 f.; Wahl, Verwaltungsverfahren, S. 151 ff., 163, sowie Hill, Effektive Verwaltung, S. 1049. 22 Vgl. Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 117 f. Siehe dort auch die Regelungselemente für die Modellregelungen eines von Wahl vorgeschlagenen Verfahrenstyps des förmlichen Genehmigungsverfahrens, S. 112 ff. Siehe auch Schoch, Verwaltungsakt, S. 222 und Hoffmann-Riem, Ökologisch orientiertes Verwaltungsverfahrensrecht, S. 605 f. 23
An dieser Stelle soll zunächst nur ein Überblick über die gesetzgeberische Tätigkeit gegeben werden. Eine eingehendere Darstellung der Rechtsgrundlagen sowie Literaturangaben dazu erfolgt unter § 10 I I 1. 24 Vom 16.12.1991 (BGBl. I S. 2174), geändert durch Art. 8 PIVereinfG v. 17.12.1993 (BGBl. I S. 2123, 2134), zuletzt geändert durch Art. 6 Ziff. 108 ENeuOG v. 27.12.1993 (BGBl. I. S. 2378, 2417). 25 Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Ziff. 5 VerkPBG gilt das VerkPBG auch für die Fernverkehrswege zwischen den neuen Bundesländern und den nächsten Knotenpunkten des Hauptfernverkehrsnetzes des übrigen Bundesgebietes. Siehe hierzu die vom Bundes-
§ 1 Rahmenbedingungen
22
für das gesamte Bundesgebiet geltende Planungsvereinfachungsgesetz übernommen, 26 das zu erheblichen Änderungen des FStrG führte. 27 I m Bereich der neuen Bundesländer gilt das VerkPBG als lex specialis fort. 2 8 Diese gesetzgeberischen Tätigkeiten bewegen sich, trotz teilweise erheblicher Neuerungen (genannt seien beispielhaft die Einführung und Verkürzung von Fristen (§ 3 VerkPBG, § 17 Abs. 3 a - c FStrG), die Einführung der Plangenehmigung (§ 4 VerkPBG, § 17 Abs. 1 a FStrG), der Wegfall der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage (§ 5 Abs. 2 VerkPBG, § 17 Abs. 6 a FStrG), die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) sowie die Erstreckung der Unbeachtlichkeitsvorschriften des Bauplanungsrechts hinsichtlich der Beachtlichkeit von Abwägungsmängeln in § 17 Abs. 6 c FStrG auf das Fachplanungsrecht), alle im Bereich des gewachsenen, rechtlich normierten Verkehrswegeplanungsrechts; wenngleich, neben teils möglicher und berechtigter Kritik im einzelnen, insbesondere die parallelen Einschränkungen im Bereich des Verwaltungsverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens in ihrer Gesamtheit bedenklich erscheinen. 29 Weisen die soeben genannten Novellierungen aber nach wie vor die materielle Planungstätigkeit sowie die konkrete Gesetzesanwendung der Verwaltung zu, geht der Bundesgesetzgeber bei den sog. Investitionsmaßnahmegesetzen einen anderen, von der Literatur nahezu einhellig in Zweifel gezogenen Weg. 3 0 Mit dem Gesetz über den Bau der „Südumfahrung Stendal" der Eisenbahnstrecke Berlin-Oebisfelde vom 29.10.1993 31 und dem Gesetz über den Ausbau des Abschnittes Wismar West - Wismar Ost der BAB A 20 Lübeck - Bundesgrenze (A I I ) 3 2 hat der Bundesgesetzgeber durch Gesetz die Zulässigkeit der genannten Vorhaben einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen festgestellt. Beide Gesetze beruhen auf einem von der Bundesregierung am 20.8.1991 beschlossenen rechtlichen Grundgerüst für Investitionsmaßnahmegesetze, das auch die Grundlage für weitere Gesetzesvorhaben minister für Verkehr gem. 1 Abs. 2 VerkPBG erlassene Fernverkehrs wegebestimmungsverordnung vom 3.6.1992 (BGBl. I. S. 1014), geänd. d. Art. 6 Ziff. 109 ENeuOG v. 27.12.1993 (BGBl. I. S. 2378, 2418). 26 PIVereinfG vom 17.12.1993 (BGBl. I S. 2123). 27 Vgl. die Bekanntmachung der Neufassung vom 19.04.1994 (BGBl. I S. 854). 28 Vgl. Art. 8 PIVereinfG. »
29
Vgl. Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 107. Erbguth, Umweltrecht im Gegenwind, S. 480, spricht von einem durch das positive Postulat der Rechtseinheit begründeten hilfreichen argumentativen Legitimationsschub für einen gesamtdeutschen Rückbau des Umweltrechts. Siehe auch Steinberg, Zeit, S. 6 ff., insb. S. 13. 30
Vgl. zusammenfassend Bliimel, Verkehrswegeplanung, S. 14 ff.
31 BGBl. I S . 1906. 32 BGBl. I S . 734.
II. Reformen und Reformbestrebungen
23
dieser Art bilden soll. 3 3 Den Gesetzen kommt die Wirkung eines Planfeststellungsbeschlusses zu (vgl. jeweils § 1 Abs. 2). Sowohl eine vorzeitige Besitzeinweisung (§ 4) als auch die Enteignung (§ 3) sind zulässig. Zu dem Instrumentarium der Investitionsmaßnahmegesetze wurde gegriffen, da nach Auffassung der Bundesregierung zwar aufgrund des VerkPBG eine Reduzierung der Planungszeiten auf etwa die Hälfte der bisherigen Dauer erwartet werden könne, der notwendige Beitrag zum kurzfristigen Wirtschaftsaufschwung damit aber immer noch nicht möglich sei. 3 4 In dieser Situation sei es zulässig, die an sich der Verwaltung zugewiesenen und fachgerichtlicher Kontrolle unterliegenden Vorhaben, unmittelbar durch Gesetz zuzulassen. Der Streckenabschnitt „Südumfahrung Stendal" etwa wurde gewählt, da hier in stärkerem Maße öffentliche und private Belange mit der Folge berührt seien, so daß ein entsprechend höherer Zeitbedarf für die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens erforderlich sei. 35 Aufgrund der Anwendung der Investitionsmaßnahmegesetze, die es auf schnelle Weise ermöglichten, alle für die Erstellung der Planunterlagen notwendigen Informationen ohne Durchführung förmlicher Verfahren zu gewinnen, und ohne daß dabei in materieller Hinsicht an der Qualität der planerischen Vorbereitung Abstriche gemacht werden müßten, verspricht man sich einen Zeitvorteil von maximal zweieinhalb Jahren. Die erforderlichen planerischen Unterlagen, die dem Gesetz jeweils als eine äußerst umfangreiche Anlage beigegeben werden, erstellten die zu diesem Zweck gegründeten privatrechtlich organisierten Planungsgesellschaften. 36 Die Stimmen in der Literatur zu diesen Investitionsmaßnahmegesetzen sind weitgehend ablehnend. Es werden Verstöße gegen die grundrechtlich garantierte Verfahrensbeteiligung Betroffener, die Garantie des effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), die Planungshoheit der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften (Art. 28 Abs. 2 GG), die vertikale (Bund-Länder-Verhältnis) sowie horizontale (Verwaltungsvorbehalt) Gewal-
33 Das rechtliche Grundgerüst ist abgedruckt bei Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland, S. 385 ff. Siehe dort auch die Erläuterung dazu, S. 359 ff. 34
Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 12/3477 v. 21.10.1992, S. 6 - 9, sowie die Erläuterung zum rechtlichen Grundgerüst, abgedruckt bei Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland, S. 359 ff., S. 367 ff. 35
Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 12/3477 v. 21.10.1992,
S.7. 36 Dieses Konzeption veranlaßt Ronellenfitsch, Verkehrswegeplanung, S. 116, und Verkehrswegplanung/Speyer, S. 9, die Frage zu stellen, wieso ausgerechnet der Gesetzgeber mit - rechtlich fragwürdiger - Hilfe von privaten Planungsgesellschaften das Abwägungsmaterial schneller zusammenbekommen könne als die Exekutive. Zur Rolle der DEGES bei den Investitionsmaßnahmegesetzen siehe Wahl, Einschaltung, S. 526; Pietzcker, Verfahrensprivatisierung, S. 290 f.
§ 1 Rahmenbedingungen
24
tenteilung geltend gemacht. 37 Darüber hinaus wird ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG darin gesehen, daß die eigentliche Planungsaufgabe bei der Vorbereitung der Investitionsmaßnahmegesetze von Privaten wahrgenommen wird. 3 8 Ebenso fragwürdig scheint die den Investitionsmaßnahmegesetzen zugrundeliegende Ansicht, daß die Qualität von Planungsergebnissen losgelöst von der Durchführung formeller Verfahren zu betrachten sei. 3 9 Dies steht in einem krassen Widerspruch zur Entwicklung des Fachplanungsrechts und verkennt insbesondere, daß die Durchführung eines formellen Verfahrens mehr als eine bloße Formalie und einen bloßen Selbstzweck darstellt, sondern in erheblichem Maße Voraussetzung für die Sachrichtigkeit und Ausgewogenheit der Planungsentscheidung ist. Dagegen hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen die Klagen des Landes Hessen und der Stadt Stendal gegen das Gesetz über den Bau der „Südumfahrung Stendal" als unbegründet abgewiesen und die Investitionsmaßnahmegesetze aufgrund der besonderen Situtation gebilligt. 4 0 Abschließend erwähnt seien noch die Regelungen in den neuen Ländern. Zunächst bestimmte der Einigungsvertrag, daß die Verordnung über die öffentlichen Straßen (StraßenVerordnung) der D D R 4 1 einschließlich ihrer Durchführungsbestimmungen 42 in Kraft blieb. 4 3 Diese war jedoch den Planungsgrundsätzen und -abläufen wie auch der Verwaltungsorganisation der DDR verhaftet und enthielt weder formelle noch materielle Regelungen der Planung. 4 4 Die neuen Bundesländer haben denn inzwischen auch sämtlich neue 37
Vgl. die ausführliche Behandlung bei Ronellenfitsch, Beschleunigungsgesetz, S. 181 ff., insb. S. 220 ff.; Ronellenfitsch, Maßnahmegesetze, S. 778 ff., sowie Ronellenfitsch, Verkehrswegeplanung, S. 116 f.; Ronellenfitsch, Verkehrswegeplanungsrecht, S. 192 ff.; Stiier, Investitionsmaßnahmegesetze/Speyer, S. 34 ff.; Stüer, Investitionsmaßnahmegesetze, S. 1337 ff.; Stüer, Rechtsprobleme, S. 553; Würtenberger, Julian, S. 2 ff.; Blümel, Verkehrswegeplanung, S. 15. Steiner, Verkehrsrecht im Wandel, S. 577, räumt den Investitionsmaßnahmegesetzen dennoch gute Chancen ein, vor dem BVerfG zu bestehen. Siehe auch Gaßner/Ewald-Sommer, S. 179 ff., vgl. dort auch zum Magnetschwebeplanungsgesetz, S. 189. 38
Siehe Steinberg/Berg,
39
Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 526.
Fn. 4.
« Vgl. BVerfG DVB1. 1997, 42 ff. 41
Vom 22.8.1974, GBl. DDR I S. 515, geänd. durch Verordnung vom 12.12.1978, GBl. DDR I 1979 S. 9. 42 Vom 22.8.1974, GBl. DDR I S. 522, und vom 14.5.1984, GBl. DDR I S. 259. 43 Art. 9 Abs. 2 i. V. m. Ani. Π Kap. XI Sachgeb. D Abschn. ffl Nr. 1 - 3 Einigungsvertrag v. 31.8.1990, BGBl. II S. 889. 44
Siehe die einzige Regelung in § 6 Abs. 2 Spiegelstrich 2 Straßenverordnung (DDR): „Das Ministerium für Verkehrswesen legt im Einvernehmen mit dem Ministerium des Inneren und dem Ministerium für Bauwesen Grundsätze und
II. Reformen und Reformbestrebungen
25
Straßengesetze erlassen, die sich für den Bereich der Planung i n weiten Teilen an das baden-württembergische Gesetz über die Beschleunigung von Planungen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur v o m 2 5 . 2 . 1 9 9 2 4 5 und das V e r k P B G sowie den Musterentwurf für ein Länderstraßengesetz 1 9 9 1 4 6 anlehnen.47
b) Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten D e m Finanzierungsproblem wendea sich Überlegungen zur Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten z u . 4 8 Entgegen der traditionellen Vorgehensweise, nach der Straßen von der öffentlichen Hand geplant, gebaut und betrieben sowie finanziert werden, u m dann unentgeltlich der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt zu w e r d e n , 4 9 soll nunmehr der Bau und das Betreiben durch Private erfolgen und teilweise die Benutzung entgeltlich ausgestaltet w e r d e n . 5 0 Diese Überlegungen führten zunächst i n Rheinland-Pfalz dazu, daß
Normative für die Planung der öffentlichen Straßen und der Anlagen des ruhenden Verkehrs fest." Vgl. dazu Bülow/Pfeil, S. 33 ff.; Sauthoff, Straßengesetzgebung, S. 864. 45 GBl. S. 145. 46
Erarbeitet vom Unterausschuß „Länderstraßengesetze" des Länderfachausschusses „Straßenbaurecht". Abgedruckt bei Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland, 3. A. 1993, S. 415. 47 Vgl. die Zusammenstellung bei Blümel/Pfeil, Neue Länderstraßengesetze, 1993. Siehe dazu Bülow/Pfeil, S. 33 ff.; Sauthoff', Straßengesetzgebung, S. 864 ff., sowie die Übersicht bei Kodal/Krämer, S. 1491 ff. 48 Gem. der Anlage zur „Ergänzenden Information zum Bundesverkehrs wegeplan 1992" vom 29.11.193 ergibt sich für den Bund ein Gesamtinvestitionsbedarf von 538, 8 Mrd. DM. Vgl. auch die Prognosen bei Scheele, S. 63 ff. und 75 ff. 49 Eine Ausnahme bildete die Übertragung der Finanzierung von Autobahnstrecken auf die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG (Öffa) in der Zeit zwischen 1955 und 1961 und von 1964 bis 1973, vgl. dazu Grupp, S. 141 f., und Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 24.1., sowie Scheele, S. 99. 50
Zu den verschiedenen Modellen siehe Grupp, S. 142 ff. Siehe auch Stüer, Verkehrswegerecht, S. 1304 f. Aus volkswirtschaftlicher Sicht vgl. Schmidt, Frank, insb. zur Finanzierungspraxis im Ausland, S. 89 ff., und zu einer Bewertung der verschiedenen Modelle, S. 148 ff. Siehe zu beidem ebenso Scheele, S. 101 ff. und S. 123 ff. Zur verfassungs- und haushaltsrechtlichen Problematik siehe Grupp, S. 143 ff., und Wendt, S. 37 ff., sowie allgemein zur Privatisierung und Privatfinanzierung der Bundesautobahnen, Hahn, S. 148 ff. Eine differenzierte (ökonomische) Bewertung der Privatisierung im Infrastrukturbereich sowie der einzelnen Privätisierungsalternativen findet sich bei Scheele, S. 244 ff., insb. S. 253 ff. Aus verkehrswissenschaftlicher Sicht nunmehr auch Ewers/Rodi, S. 7 ff.
§ 1 Rahmenbedingungen
26
auf der Grundlage des sog. Konzessionsmodells für die Herstellung einer Landesstraßenbrücke erstmalig auf eine Privatfinanzierung zurückgegriffen wird, d. h. Planung, Vergabe, Bauüberwachung und -abnahme erfolgen durch das Land und der private Auftragnehmer erbringt auf der Grundlage einer bestandskräftigen Planung auf dem Grund und Boden des Landes die vertraglich vereinbarte Bauleistung und führt die Finanzierung im eigenen Namen durch. Das Land erstattet als Auftraggeber nach Abnahme die Bauund Finanzierungskosten des Unternehmers ratenweise innerhalb eines vereinbarten Zeitraumes. 51 Auch der Bund will mit 12 Pilotprojekten die Privatfinanzierung erproben. 52 Nachdem hierbei zunächst ebenfalls das sog. Konzessionsmodell Anwendung findet, trat inzwischen das auf der Grundlage des sogenannten Betreibermodells beruhende Fernstraßenbaufinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) am 3.9.1994 in Kraft. 5 3 Dem Betreibermodell gemäß ist für die Nutzung eines von privaten Unternehmen finanzierten, gebauten und betriebenen Vorhabens ein leistungsabhängiges Entgelt zu entrichten. 54 Das FStrPrivFinG gestaltet dieses Entgelt öffentlich-rechtlich aus und ermöglicht es dem Privaten gem. § 2 i. V. m. § 1 Abs.2 FStrPrivFinG das Recht zur hoheitlichen Erhebung von Mautgebühren zu verleihen. 55 Es handelt sich dabei also um eine projektbeschränkte Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen. 5 6
51 Vgl. dazu Bruns, S. 159 ff. Bei dem Projekt handelt es sich um die Herstellung einer Nahebrücke der L 242 zwischen Langenlonsheim und Gensingen. 52 A m 29.1.1992 beschloß die Bundesregierung die Durchführung eines Pilotprojektes im Eisenbahnbereich (Neu- und Ausbau der Strecke Nürnberg-IngolstadtMünchen) sowie den Neubau des Engelbergtunnels (A 81) als eines Pilotprojektes im Fernstraßenbereich. Weitere Pilotprojekte sieht der Fünfjahresplan 1993 bis 1997, S. 7, Übersicht 2, für den Ausbau der Bundesfernstraßen vor, beispielhaft genannt sei die 4. Elbtunnelröhre. Vgl. Grupp, S. 143, und Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 26.1. Zur öffentlichen Diskussion bezüglich der Privatfinanzierung siehe SZ Nr. 14 v. 18.1.1995, S. 11 ; DIE ΖΕΓΓ Nr. 51 v. 17.12.1993, S. 25; Nr. 20 v. 13.5.1994 S. 23. Zur Privatfinanzierung von Straßenbauprojekten in Bayern siehe SZ Nr. 233 v. 10.10.1994, S. 29.
« Gesetz vom 30.8.1994, BGBl. I S. 2243. Siehe dazu Steiner, Straßenbau, S. 3150 f.; Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 27; Bucher, S. 176 ff. *
Vgl. Grupp, S. 142.
55
§ 6 S. 2 FStrPrivFinG sieht auch die Möglichkeit einer automatisierten Gebührenentrichtung vor. Zu den Perspektiven der Privatfinanzierung vgl. Krämer in Kodal/ Krämer, Kap. 16 Rdnr. 28. 56 So Steiner, Straßenbau, S. 3151.
§ 2 Planungsgesellschaften - DEGES Neue Wege werden indes nicht nur bei der Privatfinanzierung erwogen und beschritten, sondern auch im Bereich der Bauausführung und insbesondere der Planung von Verkehrswegen. Auch hier wird der bisherige Pfad der Planung und des Baus von Verkehrswegen durch öffentlich-rechtlich verfaßte Behörden zugunsten einer Beteiligung privatrechtlicher Planungsgesellschaften bei der Wahrnehmung dieser staatlichen Aufgaben verlassen oder besser modifiziert. 1
I. Planungsgesellschaften So wurden für den Schienenbereich bereits im Juli 1990 die Planungsgesellschaft Schnellbahnbau Hannover-Berlin mbH und im August 1991 die Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH gegründet. 2 Ausschlaggebender Beweggrund hierfür war, daß nach Ansicht der Regierungen des Bundes und der neuen Länder trotz der soeben behandelten Änderungen des Verkehrswegeplanungsrechts und dem damit intendierten Beschleunigungseffekt eine rasche Verwirklichung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit angesichts der noch nicht entwickelten personellen wie materiellen Verwaltungskapazitäten in den neuen Bundesländern nicht erwartet werden konnte. 3 An der Gründung waren jeweils die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn als Gesellschafter beteiligt. 4
1 Vgl. zur bisherigen Vorgehensweise bei der Errichtung der Verkehrsinfrastruktur, Steiner, Verkehr, § 81 Rdnr. 20, sowie zur Entwicklung des privaten Wegebaus in der Geschichte des deutschen Straßenwesens, Wendrich, S. 153 ff.; Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 71 ff.; Scheele, S. 20 ff.; Bucher, S. 55 ff.
2 Vgl. Die Deutsche Bahn 7/1992, S. 711 ff., und 12/1991, S. 1193 ff. 3 Vgl. Würtenberger, Julian, S. 4, der den Planungsgesellschaften eine Schlüsselrolle bei der Verfahrensbeschleunigung beimißt. 4
Vgl. Blümel, Verkehrswegeplanung, S. 18. Außerhalb der Verkehrswegeplanung sind noch die Deutsche Telekom Planungs- und Bauorganisation GmbH und die Bundesbaugesellschaft Berlin mbH zu nennen, vgl. Hojfmann-Burchardi, S. 323. Eine Planungsgesellschaft besteht auch für den Bereich der Transrapid-Magnetschwebebahntrasse Hamburg-Berlin: Magnetschwebebahn-Planungsgesellschaft mbH.
28
§ 2 Planungsgesellschaften - DEGES
I I . DEGES Auch im Bereich des Bundesfernstraßenbaus war der tatsächliche bzw. postulierte Zeitdruck bei der Realisierung der Straßenbauprojekte und die damit - der Erwartung nach - nicht korrespondierende Verwaltungskapazität der nach Art. 90 Abs. 2 GG in Bundesauftragsverwaltung für die Bundesfernstraßenverwaltung zuständigen neuen Bundesländern Anlaß zur Gründung der Planungsgesellschaft DEGES, Deutsche Einheit Fernstraßenplanung- und Baugesellschaft mbH, am 7. Oktober 1991.5
7. Konzeption Gegenstand des Unternehmens ist gem. § 2 des Gesellschaftsvertrages die „Planung und - auf der Grundlage von Maßnahmegesetzen oder vergleichbarer planerischer Entscheidungsgrundlagen - Baudurchführung (Bauvorbereitung und Bauüberwachung) der Bundesfernstraßenprojekte Deutsche Einheit" 6 . Sitz der DEGES ist Berlin. In den Landeshauptstädten Potsdam, Schwerin, Dresden, Magdeburg und Erfurt werden Verbindungsstellen unterhalten. Zum Zeitpunkt der Gründung hielt die Bundesrepublik Deutschland einen Geschäftsanteil von 25 %, die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen je 10 % sowie die Rhein-Main-Donau A G einen Anteil von 25 %. 7 Nach dem Verkauf der Bundes- und Landesanteile an der Rhein-Main-Donau AG an ein privates Konsortium hält die Bundesrepu-
5
Vgl. zur DEGES und ihrer Tätigkeit insbesondere Wahl, Einschaltung, S. 517 ff., und Wahl, Einschaltung/Speyer, S. 24 ff., sowie Klofat, S. 7 ff., Bucher, S. 60 ff. und Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25, in Kodal/Krämer. Siehe auch die Tagungsberichte über die Forschungsseminare am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer am 28./29.10.1991 und insbesondere am 26./27.10.1992, die jeweils u. a. auch die Tätigkeit der DEGES zum Gegenstand hatten bei: Pfeil, Verkehrswegeplanung, S. 1351 ff.; Bülow, Einschaltung, S. 128 ff.; Stüer, Einschaltung, S. 1528 ff.; Pfeil, Einschaltung, S. 383 ff. Vgl. auch die Berichte über das Symposion „Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht" der Forschungsstelle der Universität Hamburg vom 14.6.1995, das zum Teil ebenfalls die Tätigkeit der DEGES zum Gegenstand hatte, bei Schneider, Jens-Peter, Verfahrensprivatisierung, S. 837 ff., 838.; Jankowski, S. 340 ff., 341; Laskowski, S. 977 ff., 978. und den inzwischen erschienen Tagungsband von Hoffmann-Riem/Schneider, Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht mit den Beiträgen zur DEGES von Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 95 ff., Ronellenfitsch, Verfahrensprivatisierung, S. 113 ff.; Steinberg, Staatliche Gewährleistungen, S. 116 ff.; Pietzcker, Verfahrensprivatisierung, S. 289. 6
Angabe nach Klofat, S. 10.
7
Angabe nach Straße + Autobahn 11/91, S. 617 ff.
II. DEGES
29
blik Deutschland nunmehr einen Anteil von 50 % bei gleichbleibender Beteiligung der Länder. Von den insgesamt 1900 km der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit im Bereich der Straße ist die DEGES bei ca. 1100 km eingeschaltet. Davon entfallen annähernd. 670 km auf Neubaustrecken und 420 km auf Ausbaustrecken. Dies entspricht rd. 57 % des Gesamtinvestitionsvolumens.8 Nach ihrem Selbstverständnis ist die DEGES eine Projekt-ManagementGesellschaft, die nicht gewinnorientiert arbeitet und nicht im Wettbewerb steht.9 Die DEGES soll nach diesem Selbstverständnis keine Ministerien, keine Fachstellen und keine Planfeststellungsbehörden ergänzen oder ersetzen, sondern ein für die Länder und den Bund transparentes und mit ihnen abgestimmtes Projekt-Management durchführen. 10 Als primäre Aufgabe sieht es die DEGES nicht an, das bereits in § 1 I I 2 dargestellte rechtliche Instrumentarium der Bundesfernstraßenplanung und des -baus „auf seine verfassungsrechtliche Haltbarkeit hin oder seine Vereinbarkeit mit anderen Regeln zu untersuchen, sondern die Möglichkeiten, die es bietet, zur raschen Verwirklichung [des] vertraglichen Auftrages anzuwenden und in höchstmöglichen Umfang zu nutzen" 11 . Nach einer Aufbauphase von ca. 18 Monaten (bis Mitte 1993) ist eine Durchführungsphase von ca. 10 Jahren sowie eine noch nicht abschätzbare Restphase vorgesehen. 12 Vorgesehen war ein Personalbestand von 194 Mitarbeitern. 13 Laut Auskunft der DEGES beläuft sich der tatsächliche Personalbestand gegenwärtig auf 232 Mitarbeiter. 14
2. Vertragswerk
Die Betrauung der DEGES mit Aufgaben, die von den Ländern im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung gem. Art. 90 Abs. 2 GG wahrzunehmen sind, ist in einem umfangreichen Vertragswerk geregelt. Neben dem Gesellschaftsvertrag sind in fünf gleichlautenden Vereinbarungen zwischen dem Bund und dem jeweiligen Land die Teile der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit be8 Angaben nach Klofat, 12/4068 v. 5.1.1993, S. 18. 9
S. 12, und Straßenbaubericht
So der Geschäftsführer der DEGES Klofat, S. 20.
10 Klofat, S. 17. h Klofat, S.S. 12 So Klofat, S. 17. * So Klofat, S. 18. ι 4 Stand: 14. Juni 1995.
1991, BT-Drucksache
§ 2 Planungsgesellschaften - DEGES
30
schrieben, die der DEGES zur Betreuung übertragen werden. Des weiteren besteht ein Konsortialvertrag zwischen dem Bund, den fünf Ländern und der Rhein-Main-Donau AG, in dem neben dem wesentlichen Inhalt der Vereinbarungen eine Schiedsvereinbarung geregelt und der Umfang der Mitwirkung der Rhein-Main-Donau AG beschrieben ist. 1 5 Die konkrete Beauftraguung erfolgt schließlich in gleichlautenden Dienstleistungsverträgen zwischen dem jeweiligen Land und der DEGES. 1 6 Nach Ziff.
1 dieser Dienstleistungsverträge lautet der Auftrag jeweils: 1 7
„Das Land beauftragt die DEGES mit der Planung sowie - auf der Grundlage von Investitionsmaßnahmegesetzen oder vergleichbaren planerischen Entscheidungsgrundlagen - mit der Baudurchführung (Bauvorbereitung und Bauüberwachung) folgender Bundesfernstraßenprojekte Deutsche Einheit: [es erfolgt eine Aufzählung der jeweiligen konkreten Vorhaben] Hoheitliche Aufgaben und Befugnisse werden mit diesem Auftrag nicht übertragen; sie verbleiben beim Land." Die Aufgabe der Gesellschaft in Erfüllung der Dienstleistungsverträge wird in Ziff. 2 folgendermaßen beschrieben: „Aufgabe der DEGES ist es, die genannten Bundesfernstraßenprojekte nach Abstimmung mit der obersten Landesstraßenbaubehörde im Namen und im Auftrag des Landes zu planen sowie die mit dem Bau oder Ausbau zusammenhängenden Verträge im Namen und auf Rechnung des Bundes abzuschließen und abzuwickeln. Bei der Erfüllung des Auftrages sind insbesondere die Planungs- und Ausführungsarbeiten unter Beachtung des jeweils geltenden Vergaberechtes zu vergeben." Ziff.
6 schließlich legt fest, 18 daß die DEGES
- die Planunterlagen für die Bauvorhaben nach Vorgaben und Weisungen des BMV, wie sie im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung bestehen, sowie nach den einschlägigen Regelwerken, insbesondere der Richtlinie für die Gestaltung von einheitlichen Entwurfsunterlagen im Straßenbau mit den Hinweisen im allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 1/1985 - RE 85 - erstellt,
15
Die Beteiligung der Rhein-Main-Donau AG erfolgte aufgrund ihrer einschlägigen Erfahrung bei der Vorbereitung und Durchführung großer Bauvorhaben. 16 Vgl. Klofat, S. 9 f. 17 18
Angaben erfolgen nach Klofat, S. 10 f.
Angaben nach Wahl, Einschaltung, S. 518; Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.1, und Kodal, S. 11.
31
II. DEGES
- den B M V und die oberste Landesstraßenbaubehörde, in dem das Bauvorhaben liegt, regelmäßig über den Fortgang der Planung informiert und hierzu Abstimmungsgespräche führt, - die Planung mit den beteiligten Trägern öffentlicher Belange abstimmt, - die Planunterlagen über die oberste Landesstraßenbaubehörde dem B M V zur Zustimmung (Erteilung des Sichtvermerks) übergibt. Im übrigen gewähren Bund und Land der DEGES bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die nach den Gesetzen mögliche Unterstützung und Erleichterung.
3. Finanzierung Der Bund trägt nach Maßgabe des Art. 104 a GG und der Regelung in § 6 Abs. 3 BStrVermG die Kosten für Bau und Grunderwerb. 19 Er übernimmt gem. Ziff. 3 der Dienstleistungsverträge die Verwaltungskosten der Gesellschaft „mindestens bis zur Höhe von drei Prozent (entsprechend § 6 Abs. 3 BStrVermG). Die Verwaltungskosten, die zwischen drei Prozent und sechs Prozent der Baukosten liegen, werden durch das Land getragen. Darüber hinaus gehende Verwaltungskosten werden zwischen Bund und Land geteilt" 2 0 . Den zuständigen Stellen des Bundes und der Länder sind die Befugnisse gem §§ 53, 54 HGrG eingeräumt. Der Bundesrechnungshof und die obersten Rechnungshöfe der Länder sind berechtigt, die Haushalts- und Wirtschaftsführung der DEGES zu prüfen. 21
4. Abgrenzung der Tätigkeitsfelder:
Behörden - DEGES
Gem. Ziff. 1 der gleichlautenden Dienstleistungsverträge werden hoheitliche Aufgaben und Befugnisse mit dem Auftrag nicht übertragen; sie verbleiben beim Land. Angesichts der sehr umfassenden Beauftragung der DEGES erschien es den Beteiligten erforderlich, die Einhaltung dieser grundsätzlichen Trennlinie mittels einer konkreten „Abgrenzungsliste" zu gewährleisten, in der für die einzelnen Planungs- bzw. Ausführungsschritte die jeweiligen Tätigkeitsfelder bzw. Zuständigkeiten zwischen der DEGES, dem Bund und dem Land aufgelistet sind. 2 2 Angestrebt wurde dabei nach Klofat, „die eigentliche 19 Vgl. Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.2, in Kodal/Krämer; Klofat, S. 13 f. 20
Angabe nach Klofat, S. 13 f. Zur Vereinbarkeit dieser vertraglichen Regelung mit Art. 104 a Abs. 2 und 4 GG siehe Hoffmann-Burchardi, S. 323. 21 V g l . Ä 7 ö M S . 15. 22
Abgedruckt bei Wahl, Einschaltung/Speyer, S. 57 ff.
§ 2 Planungsgesellschaften - DEGES
32
hoheitliche Betätigung auf den jeweiligen Kern zu beschränken, u m den m i t Gründung der DEGES verfolgten Zweck, die Straßenbauverwaltungen der neuen Länder wesentlich zu entlasten, tatsächlich auch zu e r r e i c h e n " 2 3 .
5. Planungs-
Abgrenzungstabelle
Planungsschritt
Tätigkeit
Wahrneh-
phase
mung
1. Vor-
Verkehrswirtschaftliche Unter-
Ausführung und Auf- DEGES
planung
suchung, Vermessung, Beflie-
stellung
gung, Luftbildauswertung, Verkehrsuntersuchung, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, Variantenuntersuchung Raumordnungsverfahren auf
Vorbereitung und
Landesebene
Betreuung
DEGES, Abstimmung mit Landesplanungsbehörde
Unterlagen für Linienbestimmung
Ausführung und Auf- DEGES, Abstellung stimmung mit Land
Linienbestimmung
Entscheidung
Aufstellung des Vorentwurfes
Ausführung und Auf- DEGES, Abstellung stimmung mit
BMV
Land und Bund Planabstimmung mit Behörden
Durchführung
Genehmigung zum Vorentwurf
Prüfung Genehmigung Sichtvermerk
23 Klofat, S. 12.
DEGES => => =>
DEGES Land BMV
33
II. DEGES 2. Ge-
Aufstellung der Planfeststel-
nehmi-
lungsunterlagen
Ausführung
DEGES, Abstimmung mit Land
gungsplanung Einreichung der Planfeststel-
Antragstellung
DEGES, Ab-
lungsunterlagen
stimmung mit Land >
Einleitung und Durchführung des Planfeststellungsverfahrens
Anhörungs-, Planfeststellungsbehörde
Betreuung Stellungnahmen zu den Ein-
==>
Ausführung
DEGES DEGES
wendungen Erörterung im Planfeststellungsverfahren
Wesentliche Änderungen im Planfeststellungsverfahren
Anhörungsbehörde Betreuung
=>
Ausführung
==>
DEGES DEGES, Abstimmung mit Land
Genehmigung von Änderungen ==>
Land
Zustimmung zu Änderungen ==>
BMV
Vorbereitung des Planfest-
>
stellungsbeschlusses
Planfeststellungsbehörde
Hilfestellung
=>
DEGES
Erlaß des Planfeststellungs-
Planfeststel-
beschlusses
lungsbehörde
Rechtsbehelfsverfahren
Betreuung
=>
DEGES, Abstimmung mit Land
Genehmigung von Änderungen ==> Zustimmung zu Änderungen => 3 Stehlin
Land BMV
34
§ 2 Planungsgesellschaften - DEGES
Die „Abgrenzungsliste" vermittelt einen anschaulichen Einblick in Quantität wie auch Qualität der Einschaltung der DEGES in die Planung. 24 Die Tätigkeiten der DEGES sind dabei mit den Funktionen „Ausführung", „Aufstellung," „Vorbereitung", „Betreuung" und „Hilfestellung" beschrieben, während diejenigen der Behörden mit den Begriffen der „Entscheidung", „Genehmigung" und „Zustimmung" gekennzeichnet sind. Der „Abgrenzungsliste" ist der Hinweis hinzugefügt, daß die gemäß Vertragswerk in allen Planungsphasen notwendigen Besprechungen, Beteiligungen und Abstimmungen von der DEGES vorbereitet und durchgeführt werden. (Die „Abgrenzungsliste" enthält im weiteren noch Angaben zur Abgrenzung bzw. Abstimmungs-, Vorlageund Zustimmungsverpflichtungen in den Phasen Kostenänderung, Ausführungsplanung Strecke, Entwurfsplanung Bauwerke, Ausschreibung und Vergabe, Ausführung Bauwerke, Baudurchführung, Haushalts- und Finanzplanung sowie Grunderwerbsangelegenheiten, die jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind und daher hier nicht aufgeführt werden.)
24 Abgrenzung der Tätigkeiten zwischen DEGES/Land/BMV erfolgt auf der Grundlage der „Abgrenzungsliste", abgedruckt bei Wahl, Einschaltung/Speyer, S. 57 ff.
§ 3 Organisationsprivatisierung Die soeben dargestellte Gründung und Beauftragung der privatrechtlich organisierten DEGES ist eines der Resultate der allgemein geführten Diskussion bezüglich einer Privatisierung staatlicher Aufgaben. Verkürzt dargestellt, erhoffen sich die Befürworter einer Privatisierung z u m einen - angesichts der permanent schlechten Lage der öffentliche Haushalte - eine kostengünstigere, z u m anderen aufgrund der Entbürokratisierung eine effizientere Aufgabenerfüllung. 1 Diese Diskussion ist indes nicht nur eine aktuelle, sondern stellt vielmehr eine neue „Welle" einer periodisch wiederkehrenden Diskussion dar. 2 Sie bezieht sich auch nicht nur auf die neuen Länder 3 oder das gesamte Bundesgebiet, sondern ist eine europaweit geführte. 4 N i c h t ausgenommen konnte davon natürlich der m i t hohem Verwaltungsaufwand und Kosten ver-
1 Aus der Vielzahl der Beiträge zu dieser allgemeinen Privatisierungsdiskussion seien einige wenige beispielhaft genannt: Ipsen, Jörn, Privatisierung öffentlicher Aufgaben; Wellenstein, Privatisierungspolitik; Βiernat/Hendler/Schoch/Wasilew ski, Grundfragen des Verwaltungsrechts und der Privatisierung; Arnim v., Privatisierung; Krölls, S. 129 ff.; König, Entwicklung, S. 241 ff.; König, Prozedurale Rationalität, S. 1 ff.; Püttner, Privatisierung, S. 193 ff.; Lecheler, S. 555 ff.; v. Hagemeister, S. 71 ff.; Müller, S. 110 ff.; Görgmaier, S. 356 ff.; Kux, Ansätze zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben; Büllersbach/Rieß, S. 444 ff.; Möschel, S. 905 ff.; Schoch, Privatisierung, S. 962 ff.; Benz, Angelika, S. 337 ff.; Bull, Privatisierung, S. 621 ff. Die Privatisierung von Verwaltungsaufgaben war auch Gegenstand der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 1994; vgl. Osterloh, S. 205 ff.; Bauer, S. 243 ff. Von Interesse sind auch die Berichte zur Privatisierungsdiskussion in der Schweiz und in Österreich von Jaag, S. 287 ff. bzw. Hengstschläger, Privatisierung, S. 165 ff. Vgl. weiter die Berichte von Brenner, AöR 120, S. 121 ff., und Dirnberger, S. 524 ff. Siehe ebenso die Berichte über das Symposion „Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht" der Forschungsstelle der Universität Hamburg vom 14.6.1995 bei Schneider, Jens-Peter, Verfahrensprivatisierung, S. 837 ff.; Jankowski, S. 340 ff., 341; Laskowski, S. 977 ff., 978 und den inzwischen erschienen Tagungsband von Hoffmann-Riem/Schneider, Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht. 2 So weist etwa Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 254, darauf hin, daß die sog. Flucht ins Privatrecht bereits das große Phänomen der zwanziger Jahre war. 3
Vgl. König, Kommunalisierung, S. 1076 ff.; Hill, Konzentration, S. 1 ff.; Hill, Effektive Verwaltung, S. 1051. 4
Siehe zu den Ergebnissen einer europaweiten Untersuchung Hood/ Schuppert, insb. S. 349 ff., sowie Reichard, S. 491 ff. 3*
36
§
Organisationsprivatisierung
bundene Bereich der Verkehrswegeplanung und des Verkehrswegebaus bleiben. Hier reicht das Spektrum der Überlegungen von der bereits erfolgten Privatisierung des Baus und des Betriebs der Nebenbetriebe an Bundesautobahnen5, der Gründung und Beauftragung der privatrechtlichen Planungsgesellschaften wie eben der DEGES und den bereits angesprochenen Privatfinanzierungmodellen bis zur Aufgabe des Verkehrswegebaus in staatlicher Verantwortung. 6
I. Formen der Privatisierung Hinter dem teilweise pauschal verwendeten Schlagwort der Privatisierung verbergen sich in rechtlicher Hinsicht mehrere strikt voneinander zu trennende rechtliche Ausgestaltungsformen der Privatisierung. Zu unterscheiden sind dabei:7 - Die materielle Privatisierung oder Aufgabenprivatisierung, bei der die Aufgabe als solche von der öffentliche Verwaltung aufgegeben wird. Es tritt eine Reduzierung des Aufgabenbestandes ein. Die entsprechenden Güter und Dienstleistungen können nunmehr von Privaten erbracht werden, wobei der Staat regelmäßig mittels steuernden und kontrollierenden Rechtsvorschriften einwirkt. 8 - Di e formelle Privatisierung oder Organisationsprivatisierung. Bei dieser privatrechtlich organisierten öffentlichen Verwaltung handelt es sich um von der öffentlichen Hand durch Innehabung, partielle Beteiligung oder externe Einflußsicherung beherrschte selbständige Rechtssubjekte, die unmittelbar oder mittelbar bestimmte öffentliche Verwaltungsaufgaben in privatrechtlichen Organisations- und Handlungsformen erledigen. Die wahrzunehmende Verwaltungsaufgabe verbleibt im Einflußbereich öffentlich-rechtlich organi-
5 Vgl. § 15 Abs. 2 u. 3 FStrG in der Fassung vom 19.4.1994, BGBl. I S. 854, der durch das 3. FStrÄndG vom 25.3.1994, BGBl. I S. 673, geändert wurde. Vgl. dazu Steiner, Nebenbetriebe, S. 1712 f.; Bauer, Konrad, Kap. 41 Rdnr. 49, in: Kodal/ Krämer. 6
Einen Überblick vermitteln Krämer, Kap. 16 Rdnr. 24, in: Kodal/ Krämer; Stüer, Verkehrswegerecht, S. 1304; Steiner, Verkehrsrecht im Wandel, S. 568 ff.; Hahn, S. 149 ff. Siehe auch Krölls, S. 137 f. 7
Vgl. Schoch, Privatisierung, S. 962 f.; Schoch, Rechtsfragen, S. 3; Wahl, Einschaltung, S. 518 f.; Lecheler, S. 559; Möschel, S. 906; v. Hagemeister, S. 43 ff.; Krölls, S. 130 ff. « Vgl. Schoch, Privatisierung, S. 963; Wahl, Einschaltung, S. 519; Möschel, S. 907. Siehe zu den Grenzen einer materiellen Privatisierung im Verkehrsbereich Bull, vor Art. 96 GG Rdnr. 80.
I. Formen der Privatisierung
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sierter Verwaltungsträger und nur die Organisation der Aufgabe, nicht aber die Aufgabe selbst w i r d privatisiert. 9 - Die funktionale Privatisierung. Hier verbleibt die Aufgabenzuständigkeit und damit die Aufgabenverantwortung bei dem Träger öffentlicher Verwaltung. Der Aufgabenvollzug w i r d jedoch auf ein als Verwaltungshelfer fungierendes „echtes" Privatrechtssubjekt übertragen. Diese Form der Privatisierung findet sich insbesondere i m kommunalen B e r e i c h . 1 0 - D i e Vermögensprivatisierung, d. h. die Übertragung staatlichen oder kommunalen Eigentums auf Private. Anwendung findet diese F o r m bei der Privatisierung von Liegenschaften und Wirtschaftsunternehmen. 1 1
9 Vgl. Stober, Verwaltung, S. 450; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 a Rdnr. 6 u. § 34 Rdnr. 4; Schoch, Privatisierung, S. 962; Wahl, Einschaltung, S. 519; Erbgut}i, Privatisierung, S. 370; Lecheler, S. 558; Müller, S. 241; Osterloh, S. 210; Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 97; Däubler, S. 27, der von einem Internum der Staatsorganisation spricht; vgl. dazu v. Hagemeister, S. 44. 10 Vgl. Schoch, Privatisierung, S. 963; Krölls, S. 131; Erbguth, Privatisierung, S. 369 ff.; Hoppe, Rechtsprobleme, S. 277; Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 98; Osterloh, S. 223. Eine einheitliche Terminologie für diese Form der Privatisierung hat sich bislang noch nicht herausgebildet, wird aber inzwischen überwiegend im Sinne der wiedergegebenen Definition verstanden. Schoch selbst verwendet ebenso den Terminus „materielle Privatisierung der Aufgabenerledigung" y vgl. Schoch, Rechtsfragen, S. 3; Möschel, S. 908, bezeichnet diese Privatisierungsform als contracting out. Hojfamm-Riem, Verfahrensprivatisierung, S. 226, w i l l von einer funktionellen Privatisierung sprechen, „wenn die staatliche Verantwortung für Problemlösungen in dem betreffenden Regelungsfeld im Grundsatz erhalten bleibt, ihre Wahrnehmung aber aufgeteilt und mit je unterschiedlicher Reichweite auf Private verlagert oder mit ihnen im kooperativen Verbund wahrgenommen wird". Hagemeister v., S. 53, hingegen versteht unter einer funktionalen Privatisierung die vollständige Übertragung einer öffentlichen Aufgabe an Private, d. h. auch die Aufgabe der Aufgabenkompetenz. Die Terminologie v. Hagemeisters weicht jedoch insgesamt vom üblichen Sprachgebrauch ab, so verwendet er auch die Begriffe „formelle Privatisierung" und „Organisationsprivatisierung " nicht wie sonst gebräuchlich synonym, sondern versteht unter letzterer eine Unterart der materiellen Privatisierung, S. 52. Diese Differenz mag in der Anlehnung an die österreichische Terminologie ihre Rechtfertigung haben. 11
Vgl. Schoch, Privatisierung, S. 962.
38
§
Organisationsprivatisierung
I I . Organisationsprivatisierung - DEGES
1. Gründung und Beauftragung der DEGES Mit der Gründung und Beauftragung der DEGES durch die Bundesrepublik Deutschland, die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie der Rhein-Main-Donau AG wurde der Weg der Organisationsprivatisierung beschritten, denn es handelt sich hierbei nicht um die Einschaltung materiell („echter") Privater in die Verkehrswegeplanung oder den Verkehrswegebau, sondern vielmehr um die Ausgliederung einer privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheit, die nach wie vor öffentliche Aufgaben wahrnimmt, aus der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung. 12 Die Bundesrepublik Deutschland hielt zum Zeitpunkt der Gründung der DEGES einen Geschäftsanteil von 25 %, die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen je 10 % sowie die Rhein-Main-Donau AG einen Anteil von 25 %. Da sich zum damaligen Zeitpunkt die aufgrund ihrer Erfahrung bei Management von Großvorhaben beteiligte Rhein-Main-Donau AG im Eigentum des Bundes und des Landes Bayern befand, 13 handelte es sich bei der DEGES von Anfang an um eine staatsbeherrschte Privatrechtsorganisation im Sinne der obigen Definition der Organisationsprivatisierung. 14 Auch nach der inzwischen erfolgten (Vermögens-)Privatisierung der Rhein-Main-Donau A G , 1 5 ergibt sich diesbezüglich keine Änderung, da die Anteile der als Gesellschafter ausgeschiedenen Rhein-Main-Donau AG von der Bundesrepublik Deutschland übernommen wurden, die nunmehr einen Anteil von 50 % an der DEGES hält.
2. Privatrechtlich
organisierte öffentliche
Verwaltung
Mit der Einschaltung der DEGES in die Wahrnehmung der staatlichen Aufgabe der Fernstraßenplanung und des -baus bedienen sich der Bund und ι 2 So auch Wahl, Einschaltung, S. 518; Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.3, in: Kodal/ Krämer; Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 102; Bucher, S. 63 f. 13
Vgl. Hoffmann-Burchardi, S. 323. Die Beteiligung des Bundes lag bei 66,16 %, die des Landes Bayern bei 33,82 %, Angabe nach SZ vom 6.7.1994, S. 28. 14 15
Angabe nach Straße + Autobahn 11/91, S. 617 ff.
Das Erwerber-Konsortium besteht aus den Lech-Elektrizitätswerken AG (14,5 %), der Energieversorgung Schwaben AG (8 %) sowie dem Bayernwerk (77,5 %), das selbst wiederum vom Land Bayern an die Viag AG veräußert wurde, siehe SZ v. 6.7.1994, S. 28, und v. 7.7.1994, S. 24. Vgl. dazu auch Steiner, Straßenbau, S. 3150 Fn. 4.
Organisationsprivatisierung die Länder der grundsätzlich zulässigen Möglichkeit, staatliche Aufgaben auch mittels privatrechtlich organisierter Verwaltungseinheiten zu erledig e n . 1 6 Der Staat und die sonstigen Verwaltungsträger sind bei der Erledigung von Verwaltungsaufgaben nicht auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen beschränkt, sondern sie dürfen nach der herrschenden M e i n u n g i n Rechtsprechung und Literatur auch auf das organisatorische Instrumentarium des Privatrechts zurückgreifen. 1 7 Die Verwendung privatrechtlicher Organisationsformen befindet sich nach dieser zutreffenden Auffassung i n Übereinstimmung m i t den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere ergibt sich keine Unzulässigkeit der Organisationsprivatisierung aufgrund der A r t . 20 Abs. 2, A r t . 33 Abs. 4 u. 5, A r t . 83 ff. GG. Es besteht demnach weder ein Privatisierungsgebot noch ein Privatisierungsverbot. 1 8 D e m Staat u n d den sonstigen Verwaltungsträgern k o m m t danach grundsätzlich die Freiheit der
16
Siehe allgemein zur Verwaltung in Privatrechtsform Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform; Schuppen, Erfüllung öffentlicher Aufgaben; Schuppert, Erfüllung, S. 17 ff.; Schuppert, Institutional Choice, S. 647 ff.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private; Stober, Verwaltung S. 449 ff.; Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 a; Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, S. 503 ff.; Achterberg, Verwaltungsrecht, § 12; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private; v. Hagemeister, Privatisierung öffentlicher Aufgaben; Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem; Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben; Gromoll, Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben; Schoch, Privatisierung, S. 962 ff.; Erbguth/Stollmann, S. 798 ff.; Lecheler, S. 555; Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 137 ff.; Dagtoglou, S. 532 ff.; Boergen, S. 869 ff.; Gallwas, S. 211 ff., 228 ff.; Tiemann, S. 261 ff., 268; Püttner, Einwirkungspflicht, S. 353 ff., 356; Loeser, Privatrechtsform, S. 453 ff.; Loeser, Wahl und Bewertung; Loeser, System, § 10 X I 3, mit einem sehr ausführlichen Hinweisteil. " Vgl. BVerwGE 13, 47, 54; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23 Rdnr. 4; Ehlers, Verwaltung § 2 Rdnr. 33 ff.; Maurer, Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 9; Dittmann, Bundesverwaltung, S. 87; Erbguth/Stollmann, S. 799; Erichsen, Recht, S. 544; Gromoll, S. 151. Kritisch zu der Lehre von der Wahlfreiheit äußert sich Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 147 ff.; Ehlers, Verwaltungsprivatrecht, S. 428 ff. (Teilweise) anderer Auffassung sind auch Pestalozza, Formenmißbrauch, S. 177; Pestalozza, Kollisionsrechtliche Aspekte, S. 188, 190.; Nassauer, S. 147 ff.; Kempen, insb. S. 123 ff., 127. Siehe zu diesem die Kritik bei Schnapp, S. 826 ff. Noch nicht beantwortet ist damit aber die Frage nach den erforderlichen rechtlichen Modalitäten einer Organisationsprivatisierung. « Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 a Rdnr. 16 ff.; Stober, Verwaltung, S. 452; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 113 ff.; Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 159 ff.; Schoch, Privatisierung, S. 969 f.; Ztawer, S. 263 ff.; Gromoll, S. 151 ff.; Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, S. 505; Achterberg, Verwaltungsrecht, § 12 Rdnr. 15 ff.; M«7/er, S. 241 ff.; Lecheler, S. 556 f.; Erbguth/Stollmann, S. 799 f.; Schneider, ßerm/ 7., S. 191; Dittmann, Bundeseigene Verwaltung, S. 447.
40
§
Organisationsprivatisierung
Rechtsformenwahl zu (Grundsatz der Wahlfreiheit). 19 Eine Ausnahme gilt nur, soweit im Einzelfall ausdrücklich die Verwendung öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsformen vorgeschrieben bzw. untersagt ist; genannt seien beispielhaft die kommunalrechtlichen Vorschriften über Unternehmen und Beteiligungen der Gemeinden wie die §§102 ff. bwGemO. 2 0 Der privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheit kommt jedoch nicht dieselbe Rechtsstellung wie anderen Privatrechtssubjekten zu, denn „unbeschadet ihrer organisatorischen Eigenständigkeit bleibt sie Glied der staatlichen Organisation und ist in diese rechtlich eingebunden" 21 , d. h. die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Bindungen finden auch bei dieser Organisationsform Anwendung. Als Gründe für die Verwendung der Privatrechtsform werden die einfachere Gründung und Auflösung von Privatrechtsvereinigungen, deren höhere Rentabilität und Wirtschaftlichkeit, die größere Flexibilität bei der Ausgestaltung der internen Aufbau- und Ablauforganisation, die Meidung des öffentlichen Dienstrechtes, die Zurückdrängen haushaltsrechtlicher Grundsätze, die Entpolitisierung der Aufgabenerfüllung und Einschränkung der Staatsaufsicht, die Absicht der Haftungsbeschränkung, die größere Kreditwürdigkeit sowie steuerliche Gründe und die Kooperationsmöglichkeit mit anderen Rechtssubjekten genannt. 22 In der Literatur werden diese Organisationsmotive teilweise kritisch bewertet und eine Pauschalierung abgelehnt. 23 Vielmehr wird gefordert,
19 Eine Freiheit, die auch reichlich genutzt wird. Siehe etwa die eindrucksvolle graphische Darstellung der Bundesbeteiligungen (Stand 1991) bei Loeser, Berichtswesen, S. 24 ff. Vgl. dazu die Bewertung bei Becker, Bernd, S. 179; Loeser, Wahl und Bewertung, S. 36. 20
Siehe zur Organisationsprivatisierung im kommunalen Bereich Schock, Rechtsfragen, S. 1 ff.; Schoch, der Abfallentsorgung, S. 35; Schoch, Kommunales Wirtschaftsrecht, S. 381 ff., der bei einem anhaltenden Trend zur Organisationsprivatisierung eine sukzessive Aushöhlung des bürgerschaftlichen Elements der kommunalen Selbstverwaltung prognostiziert. Siehe dazu auch Schink, Organisationsformen, S. 265 ff. Siehe weiter Danwitz, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 594 ff.; Ehlers, Entscheidung der Kommunen, S. 897 ff.; Vitzthum, S. 580 ff.; Hofmann, S. 121 ff.; Schumacher, S. 135 ff.; Boysen, S. 73 ff. 21 Woljf/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 a Rdnr. 30. Vgl. auch Bull, vor Art. 83 Rdnr. 76; Badura, S. 248; Ehlers, Verwaltungsprivatrecht, S. 424; Erichsen, Verwaltungshandeln, § 32 Rdnr. 8. 22 Vgl. vor allem Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 292 ff.; Schneider, Bernd J., S. 193 f. Siehe auch Stober, Verwaltung, S. 452; Achterberg, Verwaltungsrecht, § 12 Rdnr. 10; Müller, S. 155 ff.; Erbguth/Stollmann, S. 801 ff.; Osterloh, S. 215 ff. 23 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 350, gelangt nach einer eingehenden Untersuchung zu dem Ergebnis, daß lediglich das unzureichend ausgeformte Typen-
Organisationsprivatisierung
daß der Verwaltungsträger im Rahmen seines pflichtgemäßen Organisationsermessens die Entscheidung für eine Organisationsprivatisierung von einer sorgfältigen prognostischen Effizienzuntersuchung sowie von einer Abwägung der im Einzelfall bestehenden Vor- und Nachteile abhängig macht. 2 4 Nach Klofat, dem kaufmännischen und juristischen Geschäftsführer der DEGES, bestehen die Vorteile der privatrechtlich organisierten DEGES u. a. in einem genau beschriebenen und zeitlich begrenzten Auftrag, der höheren Beweglichkeit bei der Personalakquisition, einer anders kaum möglichen Bündelung von qualifizierten Mitarbeitern, der Möglichkeit, ggf. neue Vergabeformen oder Standardisierungen zu erproben, und einer Erfolgskontrolle für die rasche Realisierung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit durch gebündelte Verantwortlichkeit und modernes Steuerungsinstrumentarium. 25 Eine abschließende Bewertung der Organisationsprivatisierung im Falle der DEGES kann im Rahmen dieser Untersuchung naturgemäß erst am Ende erfolgen, dennoch sei bereits an dieser Stelle der Hinweis auf die die ökonomische Seite betreffende Beurteilung durch den Bundesrechnungshof erlaubt. Nach dem Urteil des Bundesrechnungshofes kann lediglich als sicher gelten, daß die Organisationsprivatisierung teurer wird als die traditionelle Vorgehensweise, nicht aber auch der gewünschte gesamtökonomische Erfolg eintritt. Dies läßt den Bundesrechnungshof das Fazit ziehen, daß insgesamt in der Prognose die Frage nicht gesichert beantwortet werden könne, inwieweit die gesamtökonomischen Vorteile die zu erwartenden höheren Kosten aufwiegen oder übertreffen. 26
angebot des öffentlichen Rechts und die schlechteren Kooperationsmöglichkeiten im Bereich des öffentlichen Rechts die Verwendung privatrechtlicher Organisationsformen gerechtfertigt erscheinen lassen. Zustimmend Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, S. 504. Vgl. auch Stober, Verwaltung, S. 452; Schneider, Bernd J., S, 193 f.; Achterberg, Verwaltungsrecht, § 12 Rdnr. 11 f.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltung II, § 104 a Rdnr. 14; Erbguth/Stollmann, S. 804 ff. 24 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltung II, § 104 a Rdnr. 28; Schneider, Bernd /., S. 194; Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, S. 504. 25 Klofat,
S. 21 f.
26 Zitat nach Die Deutsche Bahn 7/1992, S. 711. Siehe dazu auch HoffmannBurchardi, S. 322 ff., sowie Bliimel, Verkehrswegeplanung, S. 20 f.
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge Die neuartige Qualität der Einschaltung der DEGES und der anderen Planungsgesellschaften in staatliche Planungsvorgänge tritt in einem Vergleich mit den traditionellen Gestaltungen der Einschaltung Privater zutage.1 Zu denken ist dabei etwa an die Beauftragung der Nordrhein-Westfälischen Hochschulbau- und Finanzierungsgesellschaft m. b. H. mit dem Ausbau der Universitäten Bielefeld und Düsseldorf sowie mit der Erstellung klinischer Einrichtungen oder an die Beauftragung der Niedersächsischen Hochschulbaugesellschaft m. b. H. mit dem Ausbau der Universität Göttingen und der Technischen Hochschulen Braunschweig und Hannover. 2 Deren Tätigkeit beschränkte sich jedoch - im Gegensatz zur Tätigkeit der DEGES - auf die Objektplanung im strengen Sinne des Wortes, d. h. sie waren nicht an der vorgelagerten Standortsuche und der Festlegung des Standortes durch ein Planungsverfahren beteiligt. 3
I. Städtebaurecht - Bauleitplanung In größerem Umfang und mit anderer Qualität fand und findet eine Einflußnahme bzw. Beteiligung Privater bei kommunalen Planungsvorgängen 1
Unter Privaten werden hier zunächst sowohl·materiell Private als auch verwaltungsbeherrschte Privatrechtsvereinigungen verstanden, denn in beiden Fällen führt ihre Beteiligung zu einer Verfahrensprivatisierung, d. h. das staatliche Verfahren wird mit privaten - nicht öffentlich-rechtlichen - Elementen angereichert. 2 Vgl. § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Universitäten Bielefeld und Düsseldorf sowie die Erstellung klinischer Einrichtungen an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, an dem Klinikum Essen der Ruhruniversität Bochum und an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Hochschulbaugesetz) vom 30.9.1969 GVB1. NRW S. 703 sowie den Vertrag zwischen dem Land NordrheinWestfalen und der Nordrhein-Westfälischen Hochschulbau- und Finanzierungsgesellschaft m. b. H., GVB1. NRW 1969 S. 704. Siehe ebenso § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Universität Göttingen und der Technischen Hochschulen Braunschweig und Hannover vom 20.3.1967 Nds. GVB1. S. 67 nebst Vertrag zwischen dem Land Niedersachsen und der Niedersächsischen Hochschulbaugesellschaft m. b. H., Nds. GVB1. 1967 S. 68. 3
Siehe Wahl, Einschaltung, S. 518, sowie Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 146.
I. Städtebaurecht - Bauleitplanung
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statt, soweit es darum geht, ein Vorhaben planerisch in seine räumliche Umgebung einzupassen.4
1. Bauleitplanung Im Rahmen dieser Planungstätigkeit bedienen sich insbesondere kleinere Gemeinden häufig des Sachverstandes Privater. Diese Praxis ist insbesondere bei der Verwirklichung eines Großvorhabens (Siedlungsvorhaben, gewerbliche Projekte) anzutreffen, soweit dieses die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplanes erfordert. In diesem Falle sind sowohl die Gemeinde als auch der Vorhabenträger an einer Zusammenarbeit im Vorfeld der Planaufstellung interessiert. Der Gemeinde geht es dabei um die Nutzung der finanziellen, organisatorischen und technischen Kompetenzen des privaten Unternehmers; dem Unternehmer um ein kalkulierbares Planungsrisiko. 5 Durch den Privaten, d. h. durch dessen Architekten- und Planungsbüros, werden daher entscheidungsreife Planausarbeitungen vorgelegt, die dann häufig von der planenden Gemeinde alternativlos übernommen werden. 6 Diese bislang gesetzlich nicht geregelte Praxis hat nunmehr in den §§ 6, 7 BauGBMaßnG eine Regelung und Bestätigung gefunden. Da der Gesetzgeber hier jedoch keine „neuen" Vertrâgè erfand, sondern vielmehr die bisherige Praxis aufnahm, 7 blieb die noch näher auszuführende Grundproblematik dieser Kooperation mit Privaten erhalten, so daß die (teilweise ausführlichen) Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur zur bisherigen Praxis ihren Wert nicht einbüßten und ihre Darstellung mithin auch für die Bewertung der §§ 6, 7 BauGBMaßnG erhellend sein dürfte. Daher sei zunächst die Bewertung der bisherigen, gesetzlich nicht geregelten Praxis dargestellt, zumal sie auch für diejenigen Fälle, in denen die Gemeinde und der Private es bei informellen Absprachen belassen sollten, weiter von Bedeutung bleibt. Ein durch eine derartige Interessenkonstellation entstehender Planungsverbund der Kommunen mit Privaten war aufgrund der in Frage stehenden Vereinbarkeit mit dem planerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB) unter dem Stichwort des Abwägungsdefizits durch sog. selbstbindende Vorentscheidungen der Gemeinde bereits mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Im Vordergrund stand dabei zunächst die Frage nach der Zuläs-
4
Vgl. dazu Wahl, Einschaltung, S. 519 f.
5
Siehe Grziwotz, S. 1050 f., und Degenhart, Vertragliche Bindungen, S. 289 f.
6 Vgl. Hoppe/Beckmann, S. 1249; Wahl, Einschaltung, S. 519 f. 7
Vgl. Birk, Städtebauliche Verträge, S. 4.
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§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
sigkeit vertraglicher Bindungen. 8 Danach ist eine vertragliche Bindung, einen bestimmten Bebauungsplan aufzustellen oder i n einem Bebauungsplan bestimmte Festsetzungen zu treffen, nichtig, da die Entscheidung über den Erlaß eines Bebaungsplanes i n ein m i t zahlreichen Sicherungen ausgestattetes (Rechtsetzungs-)Verfahren verwiesen werde, „ u m so zu gewährleisten, daß die weitgehend i n die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde gestellte Bebauungsplanung den rechtsstaatlichen (Minimal-)Anforderungen einer angemessenen A b w ä g u n g und eines hinreichend durchschaubaren Verfahrensganges gerecht w i r d " . 9 D a m i t lasse sich aber ein diese Regelung notwendig mehr oder weniger unterlaufender vertraglicher Anspruch nicht vereinbaren. Anzufügen ist i n diesem Zusammenhang jedoch noch eine spätere Entscheidung des B V e r w G , der sich entnehmen läßt, daß ein i n V o l l z u g eines derart unzulässigen Vertrages verabschiedeter Bebauungsplan, dennoch unter den drei, i n der Flachglas-Entscheidung 1 0 aufgestellten, kumulativen Voraussetzungen gültig sein k a n n . 1 1 A u c h nach Ansicht des B G H ist eine derartige ver-
8 Vgl. die zusammenfassende Darstellung bei Krautzberger, BauGB, § 1 Rdnr. 113 f., und GaentzscK Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 71 f.; Looman, NJW 1996, S. 1439 ff. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit interessiert hierbei jedoch weniger die Gültigkeit der unterschiedlichen Vertragskonstellationen. Entscheidend ist vielmehr die Auswirkung auf die planerische Abwägung der Gemeinde. Bezüglich der Einzelheiten sei daher auf die umfassende Darstellung bei Schmidt-Aßmann/Krebs, S. 82 ff. und Karehnke, S. 24 ff., verwiesen. Vgl. dazu auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverträge, S. 117 ff.
9 BVerwG DVB1. 1980, S. 686, 688. 10
BVerwGE 45, 309, 316 ff. Nach dieser Entscheidung ist ein Bebauungsplan, den eine Gemeinde in vermeintlicher oder faktischer Bindung an einen solchen Vertrag oder eine vorgegebene Zusage aufstellt, ohne daß sie die der Planung entgegenstehenden Belange als erheblich in Betracht zieht, abwägungsfehlerhaft und nichtig. Vorentscheidungen führen allerdings nicht grundsätzlich zu einem die Gültigkeit des Bebauungsplanes berührenden Abwägungsdefizit. Denn ein Abwägungsdefizit kann als ausgeglichen angesehen werden, wenn erstens die Vorwegnahme als solche sachlich gerechtfertig ist, zweitens die planungsrechtliche Zuständigkeitsordnung bewahrt blieb und drittens bereits bei der Vorentscheidung eine angemessene Abwägung stattfand (S. 321). Nach Busse, S. 355, hat dieses Urteil in der Praxis keine große Bedeutung erlangt, da die Gemeinden sich im Vorfeld einer Bauleitplanung regelmäßig nicht in der Lage sehen, eine „Vorabwägung" durchzuführen. 11 BVerwG BauR 1982, 30, 32. Kritisch zu dieser Entscheidung äußert sich Ebsen, S. 58. Er erachtet es für zwingend, als vierte Voraussetzung eine korrekt durchgeführte Bürgerbeteiligung zu verlangen, S. 59. Defizite in diesem Bereich erscheinen der Rechtsprechung jedoch akzeptabel zu sein. So führt etwa BVerwG N V w Z 1988, 916, 917, aus: „Bei realistischer Einschätzung der Gegebenheiten ist hinzunehmen, daß dem eigentlichen Planverfahren häufig Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge u. a. m. vorgeschaltet sind [...]. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Bürger bereits im Zeitpunkt des formellen Beginns des Planungsverfahrens durch weitgehend verfestigte Planungsvorstellungen überrascht wird."
I. Städtebaurecht - Bauleitplanung
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tragliche Bindung ungültig, eine privatrechtliche Gewährleistung künftiger Bebaubarkeit eines Grundstücks mit der Folge eines finanziellen Ausgleichs für das enttäuschte Vertrauen des Vertragspartners hingegen sei zulässig. Ein sich aus einer derartigen Gewährleistung gegebenenfalls ergebender indirekter Zwang, sei nicht unzulässig, sondern es besteht nach Auffassung des BGH vielmehr im Interesse des redlichen Grundstücksverkehrs und der Förderung der für die bauliche Entwicklung der Gemeinden notwendigen Privatinitiative ein anzuerkennendes Bedürfnis dafür, der Freiheit der Gemeinde im Bereich der Bauleitplanung einen finanziellen Ausgleich für enttäuschtes Vertrauen zur Seite zu stellen. 12 In einem weiteren Beschluß, der die Ausarbeitung eines Bebauungsplanes auf der Grundlage des Projektentwurfes eines privaten Unternehmers zum Gegenstand hatte und in dem vertragliche Bindungen keine Rolle spielten, stellt das BVerwG schließlich fest, daß eine Regel des Inhalts, daß ein im wesentlichen auf der Grundlage eines Projektentwurfes des Vorhabenträgers ohne alternative Planungen erstellter Bebauungsplan abwägungsfehlerhaft sei, sich nicht aufstellen läßt. 1 3 Eine faktische Bindung der planenden Gemeinde an einen Projektentwurf eines Vorhabenträgers könne zwar ein Umstand sein, der die planerische Abwägung im Einzelfall fehlerhaft mache, der Umstand aber, daß die Gemeinde den Bebauungsplan auf der Grundlage eines solchen Entwurfs erarbeite, sei jedoch, auch wenn alternative Planungen nicht in das Planaufstellungsverfahren einbezogen werden, nicht einmal ein regelmäßiges Indiz für einen Abwägungsfehler. Entscheidend ist für die Rechtsprechung also der Einzelfall. 14 Ob eine Abwägung im Einzelfall nach Vorgang und/oder Ergebnis fehlerhaft ist, beurteilt sich daher nach den Gegebenheiten des Einzelfalles, nicht nach allgemeinen und abstrakten Regeln. 15 In der Literatur wird auf die grundsätzliche Problematik einer (ausdrücklich vertraglichen oder informalen) Kooperation zwischen privatem Investor und der Gemeinde, die sich auch in der Rechtsprechung widerspiegelt, hingewiesen. Denn einerseits streite für diese Kooperation ein praktisches Bedürfnis, andererseits sei sie aber rechtlich fragwürdig, da bei einer weitgehenden Vorwegnahme des Planungsergebnisses das gesetzliche Planungsverfahren
12 BGH DVB1. 1980, S. 679, 680. Ebsen, S. 60, der terminologisch zwischen Bauplanungsvertrag und Bauplanungsgarantievertrag unterscheidet, lehnt diese unterschiedliche rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit ab. 13
BVerwG DVB1. 1987, 1273, 1274. Dies gilt auch für den Fall, daß die zuständigen Behörden des Plangebers solche Alternativen gefordert haben. Siehe auch VGH Bad.-Württ. UPR 1996, S. 115 f. Vgl. zu dieser Entscheidung Wahl Einschaltung/ Speyer, S. 31. Siehe auch BVerwG N V w Z 1988, 916, 918. 15
So Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 72.
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
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desavouiert werde. 16 Für den Bereich der städtebaulichen Verträge benennen Schmidt-Aßmann/Krebs diese Problematik: „Städtebauliche Planung muß eine distanzierte, möglichst bindungsfreie Planung [...] deswegen sein, weil sie ihren umfassenden Ausgleichsauftrag anders nicht erfüllen und die entsprechenden Ausgleichsverfahren anders nicht durchlaufen kann. [...]. Jede Verringerung der notwendigen Distanz, wie sie durch vertragliche Kooperation eintreten kann, ist folglich im Recht der Bauleitplanung ein allemal fragwürdiges Ergebnis. Der Einsatz des Vertrages als städtebauliches Gestaltungsmittel wird daher hier zu einer Gratwanderung." 17 Bei derartigen Konstellationen liege es auf der Hand, daß die Gemeinden in Gefahr geraten, in Abhängigkeiten, insbesondere finanzstarker Investoren zu gelangen, die ihre Planungshoheit - rechtlich oder faktisch - einzuschränken vermögen. 18 Auch Dolde meint in diesem Zusammenhang, daß die Problematik in der Verkürzung des Auslegungs- und Anregungsverfahrens sowie der Abwägung läge und allein eine hinreichend konkretisierte Planvorstellung, zumeist nur der Verwaltung, dies nicht ausgleiche. 19 So wird denn auch bei derart zustande gekommenen Bebauungsplänen ein besonderer Anlaß für die Frage gesehen, ob sie abwägungsfehlerfrei sind und nicht Ergebnis unzulässiger Vorwegbindungen der Gemeinde oder ungeprüfter Nachvollzug von Vorentscheidungen Dritter. 2 0 Hoppe/Beckmann, die sich eingehend mit der Problematik der alternativlosen Übernahme eines Projektentwurfes befassen, stellen fest, daß eine optimale Planung im Sinne der Planungshoheit der Gemeinde sicher diejenige wäre, die von Fremdeinflüssen völlig unberührt bliebe. 21 Erhellend zeigen sie jedoch dann das realiter vorhandene, spezifische Verhältnis zwischen der gemeindlichen Planungshoheit und dem unternehmerischen Verwirklichungswillen auf. Denn soll ein Bebauungsplan, der als Rechtsgrundlage für ein einziges Großvorhaben dient, nicht funktionslos werden, muß die gemeindliche Planung sich mit dem Verwirklichungswillen des Privaten in weiten Teilen decken. 22 Die gemeindliche Planungshoheit erschöpfe sich daher bei Großvorhaben, die nur mit einem hohen finanziellen, technischen und organi16
Vgl. Krebs, Konsensuales Verwaltungshandeln, S. 972 f.
17
Schmidt-Aßmann/Krebs,
18
So Krebs, Vertragliche Bindungen, S. 50. Ebenso Karehnke, S. 97.
S. 83. Zustimmend Grziwotz, S. 1051.
19 Vgl. Dolde, Entwicklung, S. 891. 20
So Gaentzsch, Baugesetzbuch, Teil D Rdnr. 24.
21
Hoppe/Beckmann, S. 1252 ff.
22
Wobei Hoppe/Beckmann, S. 1254, darauf hinweisen, daß auch in der Rechtsprechung (Boxberg-Urteil BVerfG NJW 1987, 1251 ff.) anerkannt ist, daß Vorhaben und Unternehmungen Privater trotz privatwirtschaftlicher Gewinnorientierung zugleich Gemeinwohlbelange verfolgen können.
I. Städtebaurecht - Bauleitplanung
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satorischen Aufwand zu verwirklichen sind, in der grundsätzlichen Alternative, entweder auf das Vorhaben zu verzichten oder es unter Mitwirkung des privaten Vorhabenträgers gleichsam im Planungsverbund in Angriff zu nehmen. 2 3 In der Realität sorge daher der notwendige Einigungszwang im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Planer und privatem Investor für einen Kompromißcharakter der Planungsentscheidung, wobei der Gemeinde im Rahmen ihrer Planungsfreiheit in jedem Fall aber die Entscheidung verbleibe, ob sie den Kompromiß akzeptieren will oder nicht. 2 4 Im Zusammenhang mit einer solchen Kooperation könne es selbstverständlich auch zur abwägungsfehlerhaften rechtlichen oder faktischen Nichtberücksichtigung naheliegender Planungsvarianten kommen. In der alternativlosen Übernahme von Projektentwürfen privater Vorhabenträger läge aber regelmäßig kein Verstoß gegen das Abwägungsgebot. 25 Entscheidend ist nach Hoppe/Beckmann vielmehr, daß die planende Gemeinde sich für den alternativlosen Entwurf erst nach einer umfassenden, kritisch nachvollziehenden Abwägung aller betroffenen Belange entscheidet oder aber ihn zur Schonung betroffener Belange ablehnt. 26 Insgesamt wird zum einem deutlich, daß die Praxis der engen Kooperation - sei sie vertraglich oder informal - zwischen Privaten und Gemeinden nicht bedenkenfrei war bzw. ist, zum anderen, daß sich aber aus diesen Bedenken eine allgemeine Unzulässigkeit dieser Vorgehens weisen nicht ergeben kann. Denn auch bei einer alternativlosen Übernahme kann die Abwägung der Gemeinde vollständig und rechtmäßig sein. Entscheidend ist daher die Abwägung im Einzelfall. Es hat sich daher kein eindeutiges Verbot und keine klare Trennlinie ergeben, sondern die grundsätzliche Zulässigkeit mit dem Vorbehalt des Abwägungsfehlers im Einzelfall. 27 Diese bislang gesetzlich nicht geregelte Praxis hat nunmehr auch eine gesetzliche Normierung erfahren.
2. Städtebaulicher
Vertrag gem. § 6 BauGBMaßnG
Die in Teilen soeben angesprochene Praxis städtebaulicher Verträge wurde nun in § 6 BauGBMaßnG einer gesetzlichen Regelung zugeführt. 28 In dem Bestreben, vertragliche Elemente im Städtebaurecht zu stärken und eine In23 Hoppe/Beckmann, S. 1253. So auch schon Degenhart, Vertragliche Bindung, S. 294. 24
Hoppe/Beckmann, S. 1253.
25
Hoppe/Beckmann, S. 1255.
26
Hoppe/Beckmann, S. 1252. Siehe nun auch Birk, Verträge, S. 113 ff., insb. 122.
27
So Wahl, Einschaltung, S. 520.
28
In der Fassung der Bekanntmachung vom 28.4.1993, BGBl. I S. 622. Gem. § 20 BauGBMaßnG ist die Geltungsdauer auf den 31.12. 1997 beschränkt.
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
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vestitionsbeschleunigung sowie Verfahrensvereinfachung zu bewirken, 29 hat das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz die Regelung des § 54 BauZVO 3 0 , die i. V. m. § 246 Abs. 1 S. 1 Ziff. 11 BauGB 3 1 in den neuen Bundesländern seit 1990 Anwendung fand, in § 6 BauGBMaßnG für das gesamte Bundesgebiet übernommen. 32 Gem. § 6 Abs. 1 S. 1 BauGBMaßnG kann die Gemeinde durch Vertrag die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen auf Dritte übertragen. Unter anderem schließt dies die Möglichkeit von Bauplanungsverträgen ein (§ 6 Abs. 1 S. 2 BauGBMaßnG), d. h. Verträgen über das Erarbeiten von Plankonzeptionen bis zu verfahrensfähigen Rechtsplänen, die Vorbereitung und Durchführung der notwendigen, vorbereitenden oder parallelen Untersuchungen, die notwendige Datenerhebung, Bewertung und Umsetzung, einschließlich der Verfahrensorganisation und -leitung. 33 In § 6 Abs. 2 S. 3 BauGBMaßnG fand die soeben erörterte Rechtsprechung 34 zu vertraglichen Bindungen Berücksichtigung: ein vertraglicher Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplanes kann nicht begründet werden. 35 Das formelle Bauleitplan verfahren und der materielle Rechtssetzungsakt bleiben uneingeschränkt in der alleinigen Zuständigkeit der Gemeinde. Hoheitliche Befugnisse können nicht übertragen werden. 36 Auch zu dieser gesetzlichen Regelung werden in der Literatur wie schon bei der bisherigen Praxis der Einschaltung Privater in Planungen Gefahren für den Abwägungsvorgang gesehen, insbesondere dann, wenn einem Investor die ge-
29 Zur Verfahrensdauer und zum Zeitablauf im Bauleitverfahren siehe SchmidtEichstaedt, DVB1. 1992, S. 652 ff., der insbesondere auch auf die große Bedeutung gesetzesexterner, d. h. dem Gesetzgeber nicht zugänglicher, Faktoren hinweist, S. 655. 30 Bauplanungs- und Zulassungsverordnung - BauZVO - der DDR vom 20.6.1990, Gesetzblatt der DDR I S. 739, geänd. d. Gesetz vom 20.7.1990, GBl. DDR I S. 950.
31 Eingeführt durch Ani. I Kap. XIV Abschn. Π Ziff. 1 zum EVert v. 31.8.1990, BGBl. I I S . 889, 1122. 32 Siehe Art. 2 Ziff. 2 f. des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22.4.1993 BGBl. I S. 466, 476.
Vgl. zum Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz Krautzberger/Runkel, DVB1. 1993, S. 453 ff.; Krautzberger, NVwZ 1993, S. 520 ff.; Hoffmann, Gert, L K V 1993, S. 281 ff.; Kauch/Matuschak, DVB1. 1993 S. 1349 ff. 33
Vgl. Birk, Städtebauliche Verträge, S. 4.
34
Siehe oben S. 43.
35 Vgl. Neuhausen, Rdnr. 323 ff.; Birk, Städtebauliche Verträge, S. 4 f. 36
Vgl. Neuhausen, Rdnr. 340.
I. Städtebaurecht - Bauleitplanung
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samte Planausarbeitung übertragen w i r d . 3 7 Die Gemeinde habe daher sicherzustellen, daß sie vorbehaltlos über Anregungen und Bedenken entscheidet. 38
3. Vorhaben- und Erschließungsplan gem. § 7 BauGBMaßnG Ebenfalls durch das In vesti tionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz wurde die Regelung des Vorhaben- und Erschließungsplanes, deren Geltung zunächst auf die neuen Länder begrenzt war (§ 246 a Abs. 1 S. 1 Ziff. 6 BauGB i. V. m. § 55 BauZVO), mit Modifikationen für das gesamte Bundesgebiet in § 7 BauGBMaßnG übernommen. 39 Auch der Vorhaben- und Erschließungsplan bezweckt eine Stärkung privater Initiative und eine beschleunigte Investitionsverwirklichung. 40 Der gesetzlichen Regelung nach, erarbeitet - in der Regel nach einer vorbereitenden, informellen Abstimmung mit der Gemeinde 41 - der Vorhabenträger, d. h. ein privater Investor, für das von ihm beabsichtigte Vorhaben einen Vorhaben- und Erschließungsplan im Sinne eines rechtlich unverbindlichen Vorschlages, der das Vorhaben in einer satzungsfähigen Form darstellen muß. 4 2 Soweit dieser Plan die Billigung der Gemeinde findet, schließen die Gemeinde und der Vorhabenträger einen auf seiner Basis beruhenden öffentlich-rechtlichen Vertrag (Durchführungsvertrag gem. § 7 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 BauGBMaßnG) über die inhaltliche und zeitliche Durchführung, zu der der Träger sich verpflichtet. Der Vertragsabschluß wird dabei nach den Regeln der Gemeindeordnungen regelmäßig der Gemeindever-
37 Vgl. Scharmer, S. 222. 38
Vgl. Birk, Städtebauliche Verträge, S. 5; Neuhausen, Rdnr. 326; Scharmer, S. 222. 39
Siehe Art. 2 Ziff. 2 g des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22.4.1993 BGBl. I S. 466, 476. Zu den Fundstellennachweisen der Gesetze, vgl. Fn. 28 ff. Zu § 55 BauZVO siehe Krautzberger, Städtebauliches Planungsrecht, UPR 1991, S. 41 ff.; Pietzcker, § 55 BauZVO, DVB1. 1992,S. 658 ff.; Uechtritz, DVB1. 1993, S. 181 ff.; Weidemann/Deutsch, NVwZ 1991, S. 956 ff. Vgl. die ausführlichen Darstellungen bei Pietzcker, Der Vorhaben- und Erschließungsplan und Jäde, Vorhaben- und Erschließungsplan. 40 Vgl. zur Entstehungsgeschichte und zum Zweck Neuhausen, Rdnr. 345; Birk, Vorhaben- und Erschließungsplan, S. 213 ff.; Krautzberger, BauGB, § 7 Rdnr. 1 ff. Siehe auch Runkel, S. 27 ff.; Stich, Verträge, S. 9 ff.; Reidt, S. 1 ff.; Maslaton, S. 125 ff.; Söfker, S. 398 ff.
Vgl. Weidemann/Deutsch, 42
S. 957; Uechtritz, S. 182; Neuhausen, Rdnr. 371.
Neuhausen, Rdnr. 349; Krautzberger, BauGB, § 7 Rdnr. 10; Birk, Vorhaben- und Erschließungsplan, S. 219, hält es daher für unabdingbar, daß der Plan die Qualität eines Bebauungsplanes, am besten kombiniert mit der des Lageplanes eines Baugesuches, hat. 4 Stehlin
50
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
tretung vorbehalten sein. 43 Satzungsqualität verleiht die Gemeinde dem Plan jedoch erst, indem sie eine Plansatzung 44 erläßt, die den Vorhaben- und Erschließungsplan in sich aufnimmt, die aber gem. § 7 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 BauGBMaßnG zusätzliche Regelungen enthalten kann. Eine Übertragung hoheitlicher Befugnisse sieht also auch § 7 BauGBMaßnG nicht vor. 4 5 § 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 BauGBMaßnG stellt klar, daß aus dem Vertragsschluß kein Anspruch auf den Beschluß als Satzung abgeleitet werden kann, denn die Abwägung im Satzungsverfahren nach der Anhörung der betroffenen Bürger und Träger öffentlicher Belange kann als einziges rechtmäßiges Ergebnis auch zur Ablehnung des Vorhabens führen. 46 Die Gemeinde hat insbesondere auf die Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu achten (§ 7 Abs. 2 S. 1 BauGBMaßnG) und das Abwägungsgebot sowohl in seinen ergebnisbezogenen wie auch verfahrensbezogenen Elementen zu beachten. 47 Zu berücksichtigen dürfte bei der auch hier auftretenden Problematik einer Vorbindung jedoch sein, daß das Gesetz von der privaten Initiative ausgeht und deshalb eine starke Prägung der gemeindlichen Entscheidung durch diese voraussetzt. 48 Nach Birk bestehen denn auch keine Probleme mit einer die Plansatzung belastenden Vorbindung, denn zum einen sei diese „Vorbindung" im Gesetz ausdrücklich vorgesehen und stelle schon deshalb keine unzulässige Einschränkung der Abwägung dar, zum anderen läge an den Maßstäben der Flachglas-Entscheidung49 gemessen, keine unzulässige Vorbindung vor, da das für die Satzung zuständige Gremium über die vertragliche Bindung entscheide. 50 Nach der Auffassung Busses hingegen, müsse die Gemeinde darauf achten, sich ihre Planungshoheit nicht abkaufen zu lassen, denn in der Regel werde ein Investor, nach dem Grundsatz „Wer zahlt, schafft an" handeln. 51 Die Einhaltung des Abwägungsgebotes dürfte also auch hier eine Frage des Einzelfalles sein.
43
Vgl. Neuhausen, Rdnr. 373; Birk, Vorhaben- und Erschließungsplan, S. 223; Birk, Städtebauliche Verträge, S. 134 f. Der Begriff geht auf Pietzcker, § 55 BauZVO, S. 658, zurück. 45 Vgl. Krautzberger,
BauGB, § 7 Rdnr. 25.
46
Vgl. Birk, Vorhaben- und Erschließungsplan, S. 224 u. 228 f.; Neuhausen, Rdnr. 370 ff.; Söfker, S. 402 ff. In diesem Fall ist auch kein Schadensersatzanspruch des Vorhabenträgers ableitbar, vgl. Birk, Vorhaben- und Erschließungsplan, S. 229. 47 Vgl. Krautzberger, §55 BauZVO, S. 661.
BauGB, § 7 Rdnr. 25 f.; Neuhausen, Rdnr. 377.; Pietzcker,
4β So Pietzcker, § 55 BauZVO, S. 661. Siehe dazu Wahl, Einschaltung, S. 520. 49 BVerwGE 45, 309. Siehe dazu Fn. 10. 50 Birk, Vorhaben- und Erschließungsplan, S. 223; Birk, Schwerpunkte, S. 629 f. 51 Busse, S. 356. Vgl. auch Boeddinghaus, S. 188; Reidt, S. 3.
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4. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen Ein weiteres Anwendungsfeld der Einschaltung Privater in Planungsvorgänge findet sich im Bereich der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen. Sanierungsmaßnahmen erfordern aufgrund der Schwierigkeit und Vielseitigkeit der mit ihnen verbundenen rechtlichen, sozialen, wirtschaftlichen und technischen Probleme den längerfristigen Einsatz und die enge Zusammenarbeit von Fachkräften aus verschiedenen Fachbereichen. Dies macht es den Gemeinden häufig unmöglich, alle ihnen obliegenden Aufgaben selbst wahrzunehmen, da sie zum einen nicht über die erforderliche personelle und verwaltungsmäßige Ausstattung und Leistungsfähigkeit verfügen, zum anderen auch für den Fall, daß diese Voraussetzungen gegeben sind, sie diese Fachkräfte aus den verschiedenen Bereichen der Gemeindeverwaltung über einen längeren Zeitraum primär für die Sanierung einsetzen und damit die Erfüllung ihrer sonstigen Aufgaben vernachlässigen müßten. 52 Die §§ 157 ff. BauGB räumen daher ebenso wie schon die §§ 33 ff. StBauFG den Gemeinden die Möglichkeit ein, sich im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung von Sanierungsmaßnahmen eines geeigneten Sanierungsträgers oder sonstigen Beauftragten zu bedienen. 53 Nach § 157 Abs. 1 S. 1 BauGB sind grundsätzlich alle Aufgaben, die bei der Vorbereitung oder Durchführung der Sanierung anfallen, auf Beauftragte übertragbar. Die §§ 157 ff. BauGB unterscheiden dabei zwischen dem als Sanierungsträger bestätigten Beauftragten (§ 158 BauGB) und dem Beauftragten, der keine derartige Bestätigung erfahren hat und dem die in § 157 Abs. 1 S. 2 BauGB genannten Aufgaben nicht übertragen werden dürfen. Für die in unserem Zusammenhang primär interessierende Phase der Vorbereitung führt diese Unterscheidung dazu, daß auch ein nicht als Sanierungsträger bestätigter Beauftragter alle Aufgaben übernehmen kann, ausgenommen sind davon nur der Grunderwerb für die Gemeinde und die Bewirtschaftung von Mitteln, die der Sanierung dienen. 54 Im Bereich der planerischen Tätigkeit ergibt sich also keine Einschränkung. 52 Vgl. Bauernfeind,
Vorbem §§ 157-161 Rdnr. 1.
53
Die Beauftragung erfolgt mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, siehe dazu Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 157 Rdnr. 2. Der Beauftragte wird dabei nach v. Heimburg, S. 138, als Verwaltungshelfer tätig. Zu den Möglichkeiten einer Entstaatlichung des BauaufsichtsVerfahrens, v. Heimburg, S. 183 ff., Jäde> Strukturprobleme, S. 205 f. Vgl. dazu nun § 82 SächsBO und hierzu Hegele, S. 235 f. Auch im Rahmen städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen gem. §§ 165 BauGB können sich die Gemeinden bei der Vorbereitung und Durchführung in weitem Umfang eines privaten Entwicklungsträgers bedienen, vgl. dazu Krautzberger, BauGB, § 167 Rdnr. 1 ff., sowie den Erfahrungsbericht aus der kommunalen Praxis bei BunzeULunebach, S. 649. 54 Vgl. Bauernfeind, 4*
§ 157 Rdnr. 6.
52
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
Die Aufgabenbereiche der Vorbereitungsphase umgrenzt § 140 BauGB. Die dort genannten Aufgaben sind übertragbar, jedoch nur soweit sie nicht die Ausübung hoheitlicher Befugnisse der Gemeinde erfordern. In § 157 BauGB wurde zwar die ausdrückliche Regelung des § 33 Abs. 4 StBauFG 55 („Hoheitliche Befugnisse darf die Gemeinde nicht übertragen") im Interesse der Rechtsvereinfachung nicht übernommen, eine materielle Rechtsänderung ist dadurch aber nach wohl einhelliger Literaturmeinung nicht eingetreten, denn eine Übertragung hoheitlicher Verwaltungskompetenz auf einen Privatrechtsträger sei nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur mit gesetzlicher Ermächtigung zulässig und rechtswirksam. 56 Als nicht übertragbare hoheitliche Befugnisse werden dabei in erster Linie alle Aufgaben angesehen, die eine Beschlußfassung der Gemeinde erfordern wie der Beschluß über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes als Satzung und die Beschlußfassung über den Beginn der vorbereitenden Untersuchungen nach § 141 Abs. 3 BauGB sowie die Beschlußfassung über die Bauleitpläne. 57 Als übertragbar werden hingegen die vorbereitenden Arbeiten angesehen, die der Beschlußfassung jeweils vorausgehen. Nach Bauernfeind liegt das Schwergewicht der Übertragung bei den vorbereitenden Untersuchungen, die in § 141 BauGB eine Regelung finden, ferner bei der Erörterung mit dem Betroffenen nach § 137 BauGB, bei der Erarbeitung und Fortschreibung des Sozialplanes, der Erarbeitung eines Berichtes über die vorbereitenden Untersuchungen und schließlich bei der Erarbeitung von Neuordnungskonzepten und Bebauungsplanentwürfen sowie auch bei der Erarbeitung eines Vorschlages für die Sanierungssatzung. 58 Der Gesetzgeber legitimiert hier also, ebenso wie bei den §§ 6, 7 BauGBMaßnG, die Einschaltung Privater in Planungsvorgänge, soweit sich diese auf die Vorbereitung und Ausarbeitung der Pläne erstreckt. Insbesondere scheint er, hier wie dort, von einer klaren Teilbarkeit des Planungsvorganges in eine Phase der Ausarbeitung und der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und in eine Phase der Kontrolle der Planentwürfe und der nachvollziehenden Abwägung auszugehen. Dieses Modell der Trennung zwischen der Vorbereitung der Planung und der hoheitlichen Beschlußfassung, vermag im Charakter der Planung, insbesondere im Grundsatz der Einheitlichkeit der Planung, kein Problem oder gar eine Unvereinbarkeit zu erkennen; hoheitliche und nicht hoheitliche Aufgaben gelten als klar trennbar, eine (rechtlich be55 Siehe dazu Knipp, § 33 Rdnr. 31, und Schlichter/Fislake, § 33 Rdnr. 21, mit einer Liste der danach nicht übertragbaren Aufgaben sowie Battis , Partizipation, S. 210. 56
So ausdrücklich Bauernfeind, § 157 Rdnr. 4. 57 Vgl. Bauernfeind, Rdnr. 4. 58 Bauernfeind,
§ 157 Rdnr. 1 u. 45. Ebenso Krautzberger,
§ 157 Rdnr. 18, und insb. Rdnr. 46 f.; Krautzberger,
§ 157 Rdnr. 19. Siehe auch Krautzberger,
§ 157 Rdnr. 5.
BauGB, § 157
I. Städtebaurecht - Bauleitplanung
53
deutsame) Präjudizierung der gemeindlichen Beschlußfassung wird nicht angenommen. 59 Gegen diese gesetzgeberische Konzeption, werden in der Literatur teilweise erhebliche Bedenken erhoben, die zwar die §§ 33 ff. StBauFG betreffen, sich aber aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung dieser mit den §§ 157 ff. BauGB auch auf diese beziehen dürften. So gibt Hoffmann-Riem zu bedenken, daß der Planungsverbund mit Privaten zumindest eine faktische Einengung des Handlungsspielraumes der Gemeinde bewirken könne, denn der faktische Vorsprung des die Planung ausarbeitenden Trägers ermögliche es der Verwaltung kaum, dessen Problemwahrnehmung und Zieldefinition später zu ändern. 6 0 Battis weist darauf hin, daß dem Privaten auch die Befugnis übertragen werden kann, umfassende Fragenkataloge zur Beantwortung vorzulegen und auszuwerten wie auch die Erörterung mit den Betroffenen sowie die Erstellung der Grundsätze für den Sozialplan. 61 Damit würden aber den Grundrechtsbereich der Beplanten bereits existentiell beeinträchtigende Vorentscheidungen für die spätere förmliche Ausübung hoheitlicher Gewalt in die Hände privater Sanierungsträger gegeben, die im Fall des Unternehmensträgers besonders offenkundig massive wirtschaftliche Eigeninteressen ver-
59 Vgl. Wahl, Einschaltung/Speyer, S. 33. Wahl, ebenda, macht jedoch auf einen Fall aufmerksam, bei dem auch das Gesetz nicht davon ausgeht, daß die umfangreiche Tätigkeit des Sanierungsträgers keinen Einfluß auf den formellen Beschluß des Gemeinderates hat. Gemeint ist die Ausnahmeregelung des § 157 Abs. 2 BauGB, nach der die Ausarbeitung der Bauleitpläne und die Aufgaben eines für eigene Rechnung tätigen Sanierungsträgers nicht demselben Unternehmen oder einem rechtlich oder wirtschaftlich von ihm abhängigen Unternehmen übertragen werden sollen. § 157 Abs. 2 BauGB w i l l hier eine mögliche Interessenkollision ausschließen und verhindern, daß ein Unternehmerträger, der beim Grunderwerb und bei der Durchführung der Sanierung auch eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt oder verfolgen könnte, einen Einfluß auf die Planung und damit auf die wirtschaftliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke erhält, vgl. Bauernfeind, § 157 Rdnr. 36 und Krautzberger, BauGB, § 157 Rdnr. 7. Die Nichtbeachtung des Abs. 2 hat aber nach der herrschenden Meinung weder die Rechtsunwirksamkeit noch die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Bauleitplanes zur Folge, so Bauernfeind, § 157 Rdnr. 39 m. w. N. 60 Hoffmann-Riem, Selbstbindungen, S. 196. Hoffmann-Riem weist an anderer Stelle, Flexibilität, S. 47, auch auf die Gefahr hin, daß der Behörde u. U. nur noch eine Art Ratifikationsverantwortung verbleiben könne. Auch Brohm, Gegenwartsaufgaben, Fn. 141, der darauf hinweist, daß sich die politischen Gremien durch die Beauftragung die Schwierigkeiten einer Auseinandersetzung mit den Betroffenen zu ersparen hoffen, geht von einer faktischen Bindung an die Planentwürfe aus. Siehe auch Pietzcker, Verfahrensprivatisierung, S. 307; Schneider, Jens-Peter, Kooperative Verwaltungsverfahren, S. 59. 61
Vgl. Battis , Partizipation, S. 210 f.
54
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
folgten. 62 Die am Erlaß förmlicher Hoheitsakte orientierte, dem Entscheidungsablauf bei Planungen nicht gerecht werdende Grenzziehung des § 33 Abs. 4 StBauFG, sei daher von zweifelhaftem Wert. Battis stellt also die vom Gesetz postulierte eindeutige Unterscheidbarkeit zwischen hoheitlichen und nicht hoheitlichen Planungsaufgaben in Frage. I m weiteren geht auch er davon aus, daß es aufgrund einer finanziellen und personellen Abhängigkeit der Gemeinde vom Sanierungsträger zu einer faktischen Bindung kommen könne. Darüber hinaus macht er auf die Gefahr aufmerksam, daß die demokratische Funktion der Partizipation ausgeschaltet werden könne, indem die Gemeinde als Partizipationspartner der Betroffenen durch die Zwischenschaltung des Sanierungsträgers verdrängt werde. 63 Vor allem die von Battis geäußerte Kritik der gesetzlichen Regelung, die das Augenmerk auf die Fragwürdigkeit einer Orientierung an formellen Kriterien bei der Aufgabenabgrenzung zwischen staatlicher und privater Planungstätigkeit lenkt und die erhobenen Bedenken bezüglich einer faktischen Bindungswirkung der gemeindlichen Entscheidung durch die private Planungstätigkeit, machen auf die prinzipielle Problematik der Einschaltung Privater in Planungsvorgänge aufmerksam, die auch dann bestehen bleibt, wenn diese Einschaltung gesetzlich legitimiert ist.
II. Standortsuche bei Abfallentsorgungsanlagen Die Standortentscheidung von Abfallentsorgungsanlagen bildet das „Kernproblem" 6 4 und gilt als „Schicksalsfrage" 65 der Zulassung dieser Vorhaben. Das Standortauswahlverfahren ist ein in der Regel flächendeckendes Verfahren zur Feststellung der Geeignetheit von Standorten, d. h. zum einen ein Suchverfahren für geeignete Standorte und zum anderen ein Ausschlußverfahren für ungeeignete Standorte. 66 I m Rahmen der Vorbereitung dieser Standortentscheidung holen die zuständigen Planungsträger regelmäßig noch vor Einleitung der förmlichen Verfahren, d. h. des Raumordnungsverfahrens und des abfallrechtlichen Zulassungsverfahrens (§ 7 Abs. 1 AbfG) Standortgutachten privater Sachverstän-
62
Vgl. zu den trotz der Regelung des § 157 Abs. 2 BauGB nach wie vor möglichen Fällen einer derartigen Interessenkollision, die von § 157 Abs. 2 BauGB nicht erfaßt werden, Bauernfeind, § 157 Rdnr. 36. 63
Battis, Partizipation, S. 211.
64
So Hoppe, Standortauswahlverfahren, DVB1. 1994, S. 255 ff., S. 255.
65
Ebling, Abfallentsorgungsanlage, S. 176.
66
So Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 256 f.
II. Standortsuche bei Abfallentsorgungsanlagen
55
diger ein. 6 7 Als Gründe für die Beauftragung privater Planungsunternehmen werden neben dem etwaigen Fehlen eines Abfallentsorgungsplanes gem. § 6 Abs. 1 AbfG vor allem die geringe Regelungsdichte, die beschränkte Verbindlichkeit der Abfallentsorgungsplanung sowie der Mangel an allgemein geltenden, normativ oder wenigstens verwaltungsintern verbindlichen Vorgaben für den Suchprozeß bei der Standortauswahl und das Fehlen von Katalogen (rechtlich faßbarer) Kriterien für die Ermittlung der Geeignetheit von Standortalternativen im Planungsprozeß genannt. 68 Die beauftragten privaten Planungsunternehmen untersuchen und bewerten die in Betracht kommenden Standorte nach bestimmten (keineswegs einheitlichen) Kriterien bzw. nach einem in der Regel selbst entwickelten Bewertungsschema. Das Ergebnis der Untersuchungen beinhaltet das Ausscheiden bestimmter Standorte als empfehlenswert und die Reduktion der verbliebenen potentiellen Standorte „auf eine für die förmlichen Verfahren .vertretbar' geringe Anzahl an Standortalternativen" 69 . Hieraus ergeben sich Konsequenzen für das Planfeststellungsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes müssen in diesem nur sich aufdrängende oder sich anbietende Standortalternativen geprüft werden. 7 0 Nach Bender/Pfaff führt der Ausschluß von Standorten in privaten Untersuchungen jedoch de facto dazu, daß diese bereits exkludierten Standorte sich als Standortalternativen in den förmlichen Verfahren im Sinne der Rechtsprechung weder „aufdrängen" noch „anbieten". 71 Denn so lautet die sich Bender/Pfaff stellende Frage: „Wie können sich der Planfeststellungsbehörde bestimmte Alternativlösungen .nach Lage der Dinge' überhaupt noch .anbieten' oder .aufdrängen', wenn und soweit solche Alternativlösungen bereits vor 67 Siehe allgemein zum Recht der Abfallentsorgungsanlagen Ebling, Beschleunigungsmöglichkeiten bei der Zulassung von Abfallentsogungsanlagen, sowie zur Privatisierung bei der Abfallentsorgung, Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, und Schoch, Rechtsfragen, DVB1. 1994, S. 1 ff., sowie zur Standortsuche Dolde, Standortfestlegung, Erbguth, Standortsuche, NuR 1992, S. 262 ff.; Erbguth, Alternativprüfungen, N V w Z 1992, S. 209 ff.; Heute-Bluhm, VB1BW 1993, S. 206 ff.; Beckmann, Abfallentsorgungsanlagen, DVB1. 1994, S. 236 ff.; Schink, Standortsuche, DVB1. 1994, S. 245 ff.; Köchling, S. 201 ff.; Hofmann-Hoeppel, S. 216 ff.
68 So Bender/Pfaff,, DVB1. 1992, S. 181 ff., 183. Ausdrücklich zustimmend Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 256. Nach Bender/Pfaff,; S. 181, gibt es für die Standortsuche gar keine oder fast keine bundes- oder wenigstens landeseinheitlich anzuwendenden Kataloge anlagenartbezogener Standorteignungs- und Bewertungskriterien im Sinne von Katalogen von Auswahl- und Ausschlußkriterien. ® Bender/Pfaff,\
S. 183. Ebenso Hoppe, Standortaus wahlverfahren, S. 256.
70 Vgl. BVerwGE 69, 256 ff., 273; 75, 214 ff., 237, 239; 71, 166 ff., 172; 81, 128 ff. 136. Bender/Pfaff,
S. 183.
56
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
Einleitung eines förmlichen Verfahrens von privaten Planungsgruppen - ohne den Wegweiser einer normativen Regelung und ohne Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (insbesondere ohne Beteiligung der Gemeinden) - ausgeschieden worden sind?" 72 Diesen Bedenken stimmt Hoppe zu und stellt ergänzend fest, daß auch keine (hinreichende) Überprüfung stattfände, ob das Standortauswahlverfahren im Hinblick auf den Ausschluß von Standortalternativen fehlerfrei ist. 7 3 Weiter führt Hoppe aus, daß, wenn durch das Standortauswahlverfahren die Konzentration auf bestimmte Standorte erfolge, ein Fehler im Standortauswahlverfahren in den förmlichen Planungsverfahren infolge der reduzierten und an Evidenzkriterien ausgerichteten Alternativprüfung nur sehr schwer, wenn überhaupt noch zu korrigieren sei. Es erfolge dann allenfalls eine an Plausibilitätskategorien ausgerichtete Geeignetheitsprüfung. 74 Die Beantwortung der Frage nach Standortalternativen werde damit mit de facto präjudizieller Wirkung für die späteren förmlichen Verfahren von privaten Planungsgruppen vorgenommen. 75 Die Konsequenzen, die in der Literatur aus dieser Feststellung gezogen werden, differieren indes. 76 So räumt etwa Heute-Bluhm ebenfalls ein, daß eine faktische Bindungswirkung „nicht ganz von der Hand" zu weisen sei. 7 7 Im weiteren beläßt sie es jedoch bei der Feststellung, daß die Standortauswahl durch private Planungsunternehmen weder unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes noch des Demokratieprinzips bedenklich sei, solange die Standortauswahl - wie dies in aller Regel der Fall sei - nicht selbstherrlich vom Gutachter festgelegt oder gar überhaupt verborgen bleibe. 78 Ähnlich, wenngleich restriktiver, argumentiert Ebling. 7 9 Die Einschaltung Privater könne man nur dann als rechtswidrig beurteilen, wenn das gesamte Standortsuchverfahren durch den Privaten erfolge. Anders verhalte es sich je72 Bender/Pf äff, S. 184. 73 Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 259. 74
Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 259.
75 Siehe Bender/Pfaff, S. 183, und Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 259. Vgl. auch Schoch, Privatisierung, S. 976. 76 Soweit sich die Rechtsprechung bislang dieses Problems angenommen hat, beschränkt sie sich auf die Feststellung, daß eine rechtliche Bindungswirkung nicht besteht. So OVG Lüneburg UPR 1991, S. 459: „Das Ergebnis einer vergleichenden Bewertung von Standortalternativen durch einen Sachverständigen ist für den Planungsträger bei der Standortwahl selbst dann nicht bindend, wenn er der grundlegenden Eignungsbeurteilung und dem dabei verwendeten Bewertungsschema des Sachverständigen folgt." 77 Heute-Bluhm, S. 208. 78 Heute-Bluhm, S. 209. 79 Ebling, Abfallentsorgungsanlage, S. 176 ff.
II. Standortsuche bei Abfallentsorgungsanlagen
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doch, wenn die Behörde die grundsätzlichen Leitlinien der Standortsuche vorgäbe, d. h. den Kriterienkatalog, nach dem die Suche erfolgen solle, mit ihr zuvor abgestimmt werde und die Behörde, bevor sie den durch das private Planungsbüro ermittelten Standort als den ihren präsentiere, die Standortfindung abwägend nachvollziehe. 80 Gehe die Behörde derart vor, sind nach Auffassung Eblings Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht angebracht. Die durch das private Planungsbüro vorgenommene Untersuchung sei als Zuarbeit zur Erleichterung und Förderung der Entscheidungsfindung der Behörde zu verstehen. Dies bedeute aber grundsätzlich nicht, daß die Verwaltung die Entscheidungsfindung auf den Privaten übertragen könne. Diese Aufgabe müsse vielmehr in den Händen der Behörde verbleiben. 31 Bender/Pfaff sehen es hingegen als erforderlich an, diese Standortauswahluntersuchungen rechtlich einzubinden und einzuordnen. 82 Sie gelangen zu der Feststellung, daß das geltende Recht, dem „vorentscheidenden Übergewicht" nicht Rechnung trage. 83 Die Annahme, daß im Planfeststellungsverfahren, der letzten Stufe des Planungsprozesses, noch eine Abwägungsbereitschaft und Abwägungsmöglichkeit bestehe, sei bei der äußerst komplexen, mehrstufigen und kostenintensiven Planung von Abfallentsorgungsanlagen weitgehend Fiktion. 8 4 Die Weichen für die Alternativenberücksichtigung seien bereits außerhalb jedweden förmlichen Verfahrens - erfolgt. Dem müsse durch, diesem Umstand Rechnung tragende, Verwaltungsvorschriften entgegnet werden. 85 Je nach Anlageart seien Maßstäbe bzw. Auswahlkriterien sowie ihre Gewichtung zu objektivieren, systematisieren und in Prüfungskatalogen für die Standortbestimmung zusammenzufassen und in Verwaltungsvorschriften umzusetzen. 86 Dieser Ansatz kann wohl auch dahingehend verstanden werden, daß der beherrschenden Verfahrensrolle, die der rechtlichen Verantwortung der Planfeststellungsbehörde allein entspricht, dadurch entsprochen werden soll, daß deren bestimmende Einflußnahme durch abstrakt-generelle Festlegungen in grundsätzlicher Weise gesichert wird. Auch Hoppe geht es um eine rechtliche Analyse dieser faktische Bindungswirkungen hervorrufenden Standortauswahlverfahren. 87 Zwar betont er hier80
Ebling, Abfallentsorgungsanlage, S. 178.
81
Ebling, Abfallentsorgungsanlage, S. 179.
82
Bender/Pfaff,
S. 183.
83
Bender/Pfaff,
S. 186.
84
Vgl. Bender/Pfaff,
85
Zustimmend Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 263.
S6 Vgl. Bender/Pfaff, 87
S. 187. Ebenso Hoppe, Standortaus wahlverfahren, S. 260. S. 187 f.
Hoppe, Standortaus wahlverfahren, S. 260 ff.; Hoppe, Rechtsprobleme, S. 275 ff.; Hoppe/Bleicher, S. 421 ff.
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
58
bei ebenfalls das Erfordernis einer engen Zusammenarbeit mit den öffentlichrechtlichen Planungsträgern. I m weiteren geht es ihm jedoch vor allem um die Frage der rechtlichen Zurechenbarkeit der Tätigkeit der privaten Planungsbüros. Dem Standortauswahlverfahren komme die Funktion der Vorbereitung der förmlichen Planungen in enger Zusammenarbeit mit den öffentlich-rechtlichen Planungsträgern und in ihrem Auftrag zu. Durch das Standortauswahlverfahren werde das Abwägungsmaterial für die planerischen Entscheidungen über Standortalternativen zusammengestellt. Eine derartige Tätigkeit sei, der Unterscheidung Robbers 88 folgend, innerhalb des schlichten Verwaltungshandelns den regelungsvorbereitenden Handlungen zuzurechnen. Es handele sich dabei materiell nach wie vor um Verwaltung. Die privaten Planungsunternehmen seien dabei als private Verwaltungshelfer oder Erfüllungsgehilfen anzusehen, für die die Gebote der Unparteilichkeit, Neutralität und Unbefangenheit des Gutachters und die Gebote der Sachgerechtigkeit, der Systemgerechtigkeit und der Geeignetheit sowie das Verbot der Willkür gelten. Die Einschaltung derartiger Helfer nehme den Handlungsvorgängen nicht ihren ursprünglichen Charakter: „Diese Tätigkeit ist und bleibt Verwaltung" 8 9 . Hoppe folgert weiter, daß es dem Gebot einer auch Lasten sachgerecht verteilenden Waffengleichheit der durch die Planung Begünstigten und von ihr Betroffenen und dem Rechtsgrundsatz des fairen Verwaltungsverfahrens widerspräche, wenn sich der Planungsträger zur Rechtfertigung seiner Abwägung auf das Standortauswahlverfahren und seine Ergebnisse berufen könnte, um das Prädikat „fehlerfrei abgewogen" zu erhalten, daß aber andererseits die Grundlagen der Abwägung (weitgehend) unkontrolliert blieben. Sobald der Planungsträger sich daher für einen im Standortauswahlverfahren ermittelten Standort entscheide, spräche zumindest eine praktisch unwiderlegliche Vermutung dafür, daß er sich die Ergebnisse des Standortauswahlverfahrens zu eigen mache. Werde auf diese Weise dieses aber integrierender Teil des förmlichen Planungsverfahrens, dann müsse sich der Planungsträger auch alle Mängel des Standortauswahlverfahrens zurechnen lassen. 90 Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Literatur der Einschaltung privater Planungsunternehmen in das Standortsuchverfahren für Abfallentsorgungsanlagen überwiegend mit Bedenken begegnet, die jedoch nicht im Verdikt der Unzulässigkeit dieser Indienstnahme privaten Sachverstandes münden. Als das Hauptproblem wird dabei die präjudizielle Wirkung des außerhalb eines förmlichen Verfahrens mit Beteiligungsmöglichkeit zustandegekommenen privaten Untersuchungsergebnisses für das abschließende förmliche Verfahren erkannt. Da nach der insoweit wohl übereinstimmen88 Robbers, S. 274 f. 89 90
Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 261.
Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 263; Hoppe, Rechtsprobleme, S. 282. Zustimmend Schoch, Privatisierung, S. 976.
III. Würdigung
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den Meinung der Planfeststellungsbehörde auch weiterhin die beherrschende Verfahrensrolle zuzukommen hat, wird das Erfordernis betont, daß die Behörde die „grundsätzlichen Leitlinien" vorgibt und die Standortfindung „abwägend nachvollzieht" 91 bzw. die Vorbereitung der förmlichen Planungen „in enger Zusammenarbeit" 92 mit den öffentlich-rechtlichen Planungsträgern erfolgt. Letztlich zielt auch die Forderung nach Verwaltungsvorschriften 93 darauf ab, diesem Umstand Rechnung zu tragen, indem diese gleichsam generalisierend den Willen der Behörden zum Ausdruck bringen und seine Berücksichtigung auch im Rahmen des Standortsuchverfahrens sicherstellen sollen. Als gemeinsames Element der Literaturstimmen ist das Bemühen erkennbar, die Geschlossenheit und die Legitimation des Planungsvorganges auch bei dessen Anreicherung mit privaten Elementen aufrechtzuerhalten, 94 d. h. diese so gut wie möglich zu integrieren.
I I I . Würdigung Für beide der behandelten Rechtsgebiete darf zusammenfassend festgestellt werden, daß sich trotz teilweise erheblicher Bedenken gegenüber der Beteiligung Privater an staatlichen Planungsprozessen, die insbesondere einer Verkürzung von Partizipationsmöglichkeiten und einer weitgehenden Präjudizierung und Beeinträchtigung der abschließenden Abwägung gelten, eine generelle Unzulässigkeit auch soweit es an einer gesetzlichen Legitimation fehlt, bzw. fehlte, nicht feststellen läßt. Entscheidend ist allein die Beurteilung des Einzelfalles. Einer undifferenzierten Übertragung dieses Ergebnisses auf das Fernstraßenplanungsrecht stehen aber die Unterschiede sowohl bezüglich der Rechtsgebiete an sich als auch der jeweiligen Qualität der Einschaltung Privater entgegen: Sowohl im Bauleitplanverfahren als auch bei der Standortsuche für Abfallentsorgungsanlagen werden Private im Vorfeld des förmlichen Verfahrens eingesetzt, d. h. die formalen Kompetenzen sind eindeutig gewahrt. Die DEGES hingegen wird sowohl in beiden Phasen als auch im funktionellen Zuständigkeitsbereich mehrerer Behörden tätig. I m Gegensatz zum Fernstraßenplanungsrecht handelt es sich jeweils um punktförmige und nicht um linienförmige Planungen. Darüber hinaus beruht die Einschaltung Privater im Bereich des Städtebaurechts auf einer langjährigen Praxis mit einem entsprechenden Erfahrungsschatz. Einer Praxis zudem, die nunmehr gesetz91
Ebling, Abfallentsorgungsanlage, S. 178.
92
Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 260.
» So Bender/Pfaff\ 94
S. 187 f.; Hoppe, Standortauswahl verfahren, S. 263.
Schoch, Privatisierung, S. 975, spricht in diesem Zusammenhang davon, daß Friktionen kaum zu vermeiden seien, wo das darauf nicht vorbereitete Recht mit Privatisierungselementen durchsetzt werde.
60
§ 4 Einschaltung Privater in Planungsvorgänge
lieh legitimiert ist und die aus einer besonderen, gewissermaßen vorgegebenen Grundsituation entspringt. Angesprochen ist damit das spezifische Verhältnis zwischen der tatsächlichen Realisierbarkeit der gemeindlichen Planung und der Investitionsbereitschaft eines Privaten und das sich daraus grundsätzlich ergebende Abstimmungsbedürfnis zwischen Gemeinde und Investor. Gekennzeichnet ist dieser Bereich denn auch durch die Identität eines der hauptsächlichen Planbetroffenen mit einem am Planungsprozeß Beteiligten. Trotz oder gerade wegen dieser Unterschiede erscheint die Vermutung dennoch nicht voreilig, daß auch im Bereich der Fernstraßenplanung die Einschaltung Privater nicht gänzlich bedenkenfrei sein dürfte und der näheren Prüfung bedarf.
§ 5 Organisationsprivatisierung und Beleihung
L Fragestellung Die DEGES wurde mittels vertraglicher Regelungen mit der Wahrnehmung der dargestellten Aufgaben betraut (vgl. § 2). Eine ausdrückliche Übertragung durch Gesetz erfolgte nicht. Die rechtliche Zulässigkeit dieser Vorgehensweise ergibt sich jedoch nicht sogleich und ohne weiteres aus der Sache selbst, sondern bedarf einer näheren Betrachtung und kritischen Hinterfragung. Denn die mit der Organisationsprivatisierung verbundene Delegation von Aufgaben bzw. deren Wahrnehmung auf privatrechtlich verfaßte Verwaltungseinrichtungen läßt die Frage nach den rechtlichen Modalitäten dieser Delegation aufkommen; kann sich doch aus einer derartigen Veränderung der Organisationsstruktur und Zuständigkeitsordnung sowie der Verwaltungsabläufe auch eine Änderung sowohl im Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive als auch im Verhältnis zwischen Staat und Bürger ergeben, die die Frage nach dem Erfordernis einer Legitimation durch den Gesetzgeber als nicht unberechtigt erscheinen läßt. Dabei sind zwei Fragen zu unterscheiden, die jedoch in einem inneren Zusammenhang stehen. So ist zum einem danach zu fragen, welcher rechtlichen Modalitäten der Vorgang der Organisationsprivatisierung an sich bedarf, d. h. konkret, ob es nicht für die Gründung der privatrechtlich verfaßten Verwaltungseinrichtung DEGES einer gesetzlichen Ermächtigung bedurfte? Zum anderen stellt sich die Frage, ob nicht jedenfalls für den Vorgang der Aufgabenbetrauung eine gesetzliche Ermächtigung zu fordern ist. 1 Die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf Private ist bislang in der Verwaltungsrechtsdogmatik vor allem für den Bereich der Beleihung behan1
Diese Frage warf auch Blümel, Verkehrswegeplanung, S. 18, auf. Sie ist Gegenstand der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion. Vgl. beispielhaft die Tagungsberichte über das Forschungsseminar „Einschaltung Privater beim Verkehrs wegebau" am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und des Arbeitsausschusses „Straßenrecht" der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen am 26./27.10. 1992 von Pfeil, Einschaltung, DÖV 1993, S. 383 ff., 384; Bülow, Einschaltung, L K V 1993, S. 128 f.; Stüer, Einschaltung, DVB1. 1992, S. 1528 ff., 1528. Siehe ebenso den Bericht über das Symposion „Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht" der Forschungsstelle der Universität Hamburg vom 14.6.1995, bei Schneider, Jens-Peter, DVB1. 1995, S. 837 ff., 838.
62
§ 5 Organisationsprivatisierung und Beleihung
delt. Die Beantwortung der soeben gestellten Fragen würde folglich erleichtert, wenn auf die Rechtsfigur der Beleihung und deren weitgehend gesicherten Bestand an rechtlichen Anforderungen zurückgegriffen werden könnte. Zunächst soll daher untersucht werden, ob deren Voraussetzungen vorliegen.
II. Beleihung
1. Gegenstand der Beleihung Im Rahmen der Beleihung wird der Private mit einzelnen hoheitlichen Kompetenzen beliehen. Gegenstand der Beleihung können nach der inzwischen wohl ganz herrschenden Meinung 2 sowohl schlicht-hoheitliche als auch obrigkeitlich-hoheitliche Kompetenzen sein.3 Nach ganz herrschender Auffassung bedarf die Beleihung einer gesetzlichen Legitimation. 4 Den vertraglichen Regelungen nach sollen der DEGES keine hoheitlichen Kompetenzen übertragen werden, sondern diese sollen vielmehr bei den gesetzlich zuständigen Behörden verbleiben. Während der DEGES obrigkeitlichhoheitliche Kompetenzen, d. h. der Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses, zweifelsfrei nicht übertragen wurde, bedarf dies für den Bereich des schlichthoheitlichen Handelns in tatsächlicher Hinsicht noch einer eingehenderen Untersuchung.
2
Zur Entwicklung des Beleihungsbegriffes und der unterschiedlichen Beleihungstheorien siehe die Ausführungen bei Steiner, Verwaltung durch Private, S. 9 ff., insb. 13; Stuible-Treder, S. 4 ff. und Frenz, S. 21 ff. 3 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rdnr. 6; Achterberg, Verwaltungsrecht, § 20 Rdnr. 53; v. Heimburg, S. 34; Brohm, Strukturen, S. 206; Sauer, S. 487; Michaelis, S. 66; Stuible-Treder, S. 31; Frenz, S. 39; Müller, S. 251; Steiner, Straßenbau, NJW 1994, S. 3150 f. Nach der weitgehenden Auffassung von Steiner, Verwaltung durch Private, S. 47, können sogar verwaltungsprivatrechtlich zu vollziehende Kompetenzen Inhalt des Beleihungsaktes sein. Entscheidend ist für ihn, daß Private Aufgaben erledigen, die der Staat im Rahmen der geltenden Verfassungsordnung rechtswirksam für sich in Anspruch nimmt. Zu dieser staatsfunktionellen Sicht der Beleihung Steiners (S. 62), siehe Reuß, DVB1. 1976, S. 927 ff., 929. 4 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rdnr. 6; Maurer, Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 58; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 270; Stuible-Treder, S. 80 ff.; Frenz, S. 69; Reuß, S. 931; Müller, S. 251; Peine, Verwaltungsrecht, Rdnr. 38. Zutreffenderweise zeigt Bansch auf, daß sowohl die Amtstätigkeit des Beliehenen wie auch der Beleihungsvorgang der gesetzlichen Legitimation bedürfen, S. 148.
II. Beleihung
63
2. Adressaten der Beleihung Unstrittig ist, daß neben natürlichen Personen möglicher Beleihungsadressat grundsätzlich auch juristische Personen des Privatrechts sein können. 5 Fraglich ist hingegen, ob als möglicher Beleihungsadressat auch juristische Personen des privaten Rechts, die sich im alleinigen oder jedenfalls beherrschend-mehrheitlichen Besitz eines oder mehrerer Träger öffentlicher Verwaltung befinden, wie dies etwa für die DEGES zutrifft, in Betracht kommen können.
a) Auffassung Steiners Nach der von Steiner begründeten Auffassung scheiden derartige juristische Personen des Privatrechts aus dem Kreis möglicher Beleihungsadressaten aus.6 Zwar anerkennt Steiner eine Parallele zwischen der Zuweisung spezieller Hoheitsbefugnisse an Gesellschaften des Privatrechts, die zur Erfüllung bestimmter Aufgaben der öffentlichen Verwaltung von einem Hoheitsträger gegründet wurden und sich ganz oder überwiegend in dessen Händen befinden, zum Beliehenen. 7 Die Ähnlichkeit bestehe darin, daß beide durch eine Differenz zwischen (privatrechtlichem) Status und (materiell-staatlicher) Funktion charakterisiert seien. Gleichwohl aber sei die in privatrechtlicher Gestalt erscheinende öffentliche Verwaltung gegenüber der öffentlichen Verwaltung durch Private ein selbständiges Phänomen. Denn die Verwaltung wandere hier in den Bereich des Privatrechts ab und nicht wie bei der Beleihung die Verwaltungsaufgabe in den Bereich des (institutionell) Privaten. 8 Daher verneint es Steiner, die Beleihung durch die Wahrnehmung von Staatsaufgaben auf privatrechtlicher und nicht nur auf privater Basis zu definieren. Er lehnt es folglich ab, die Beleihung ganz allgemein als öffentliche Verwaltung in privatrechtlicher Gestalt zu verstehen, sondern bestimmt sie eingrenzend nur als öffentliche Verwaltung durch Private. Zu diesem Ausschluß öffentlicher Verwaltung in privatrechtlicher Gestalt aus dem Kreis der möglichen Beleihungsadressaten gelangt er unter Zugrun5 Vgl. Achterberg, Verwaltungsrecht § 20 Rdnr. 53; Wolff/Bachof/Stober, tungsrecht II, § 104 Rdnr. 2; Maurer, Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 56. 6
Verwal-
Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 201 ff. Bis zur Arbeit Steiners wurde der Kreis der Beleihungsadressaten nicht weiter problematisiert, vgl. Stuible-Treder, S. 32 f. und Backherms, S. 26. 7
Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 206.
8
Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 208.
§ 5 Organisationsprivatisierung und Beleihung
64
delegung des Gebotes der inneren Einheit des Rechtsinstituts der Beleihung. Aufgrund dieses Gebotes könne die Beleihung nicht allgemein als Auffangfigur dienen, wenn der Staat oder ein anderer Hoheitsträger Kompetenzübertragungen vornehme, die unter herkömmlichen Delegationsfällen nicht einzuordnen seien. Die Beleihung als Rechtsinstitut müsse vielmehr ein Minimum an Regeln umfassen, die gemeinsame Geltung für die in Frage kommenden Sachverhalte beanspruchen können. Dies aber setze eine im wesentlichen gleichartige Struktur der Sachverhalte voraus. 9 Der Inhalt der Beleihung werde aber vor allem dadurch bestimmt, daß der Beliehene zugleich Grundrechtsträger und (partieller) Verwaltungsträger ist. Sie weise damit eine besondere Struktur auf, da durch sie staatliche Funktionen Rechtssubjekten überlassen werden, deren Aufbau und deren Willensbildung dem Staat und jedem anderen Hoheitsträger „von innen her" im Grundsatz unzugänglich seien und deren personelles wie sachliches Substrat zumindest überwiegend staatsfremd sei. 1 0 „Eine Beleihung liegt [daher] nur vor, wenn das .Substrat' (im weitesten Sinne der eingesetzten Sachmittel und der beteiligten Personen) privat ist." 1 1 Gemäß der Auffassung Steiners ist infolgedessen die Beleihung speziell als Ausübung öffentlicher Verwaltung auf privater und nicht privatrechtlicher Basis zu definieren. 12 Juristische Personen des Privatrechts, bei denen der Staat in den für den jeweiligen privatrechtlichen Organisationstyp maßgeblichen Organen überwiegend repräsentiert ist, scheiden daher aus dem Kreis der möglichen Beleihungsadressaten aus. 13
b) Stellungnahmen in der Literatur Uneingeschränkt schließt sich Backherms der Auffassung Steiners an. 1 4 Die Auffassung Steiners teilt im Ergebnis auch Stuible-Treder. 15 Kritisch betrachtet Stuible-Treder jedoch die unterschiedliche Behandlung juristischer Personen des öffentlichen Rechts und des privaten Rechts bei Steiner. Gehe man mit Steiner davon aus, daß im Einzelfall auch Personenvereinigungen des 9
Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 211.
«> Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 212. h Steiner, Private, DÖV 1970, S. 525 ff., S. 531. 12
Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 210. Angknüpft wird damit an eine Unterscheidung Privater in einem materiellen und in einem rechtstechnisch-formalen Sinn Ossenbiihls, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 144. 13 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 212 f. 14 Backherms, S. 28. So auch v. Hagemeister, S. 63. 15 Stuible-Treder,
S. 125.
II. Beleihung
65
öffentlichen Rechts als Beleihungsadressaten angesehen werden können, 16 wenn sie durch die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe zum Staat in ein Sonderrechtsverhältnis treten und der Staat auch private Rechtsträger mit dieser Aufgabe betrauen könne, 17 läge eine Beleihung vor, gleich ob der Staat sich öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form bediene, wenn es um eine Aufgabe geht, die zwar staatlicher Natur ist, jedoch nicht in den allgemeinen Funktionsbereich der Rechtsperson gehört und sich der Rechtsträger bei ihrer Erfüllung gegenüber dem Staat auf einzelne Grundrechte berufen kann. Für die Bereiche, in denen sich die privatrechtlich organisierte Verwaltung also dem Staat gegenüber jedenfalls partiell auf die Grundrechte berufen könne, käme dann aber ebenfalls eine Beleihung in Betracht. 18 Auf der Grundlage der Konzeption Steiners tritt Stuible-Treder also konsequent für eine Gleichbehandlung ein, im Ergebnis lehnt sie aber entgegen Steiner die Aufnahme der juristischen Personen des öffentlichen Rechts in den Kreis der Beleihungsadressaten ab. 1 9 Eine Diskussion, die hier jedoch nicht weiter verfolgt werden kann. Sie versteht die Beleihung im übrigen wie Steiner nicht als die Tätigkeit eines privatrechtlichen Subjektes für den Staat, sondern als die eines Privatsubjektes. Denn sonst hätte es der Staat in der Hand beliebig viele „eigene Beliehene" zu schaffen. Dies aber würde dem ursprünglichen Zweck des Rechtsinstituts des Beliehenen, eine Grundlage für die zahlreichen Erscheinungen, in denen andere Personen als solche, die dem Staat eingegliedert sind, öffentliche Aufgaben wahrnehmen, zu schaffen, unterlaufen. Juristische Personen des Privatrechts, die sich ganz oder teilweise in öffentlicher Hand befinden, können daher nach Stuible-Treder grundsätzlich nicht dem Kreis der Beleihungsadressaten zugerechnet werden. 20 Die Auffassung Steiners lehnt Frenz ab. Er führt aus, daß es nur darauf ankomme, ob eine nicht zum allgemeinen Funktionsbereich der jeweiligen Rechtsperson gehörige Aufgabe zusätzlich zur selbständigen Erfüllung übertragen wurde. Nicht entscheidend sei aber, ob das Substrat verwaltungsfremd oder verwaltungseigen sei, da auch vom Staat beherrschten juristischen Per16
Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 204 f. und S. 214 f. Steiner w i l l dies von einer Bewertung im Einzelfall abhängig machen und dann bejahen, wenn der Status der öffentlich-rechtlichen Körperschaft die Grundlage für die Erledigung nicht-staatlicher, d.h. privater Aufgaben abgibt. Er erwähnt in diesem Zusammenhang das Bayerische Rote Kreuz und die öffentlich-rechtlich korportierten Kirchen, S. 215. π Vgl. Stuible-Treder, 18
Vgl. Stuible-Treder,
S. 36 f. S. 39. Dieser Kritik schließt sich Frenz, S. 34, an.
19
Stuible-Treder, S. 126 f, da diese bereits Staat seien, und daher nicht mehr beliehen werden könnten. Ebenso mit guten Gründen Frenz, S. 36 f. 20 Siehe Stuible-Treder, 5 Stehlin
S. 124 f.
66
§ 5 Organisationsprivatisierung und Beleihung
sonen des Privatrechts wesensmäßig überhaupt keine Hoheitsbefugnisse zustünden, sondern erst verliehen werden müßten. Daher könnten alle juristische Personen des Privatrechts Adressaten der Beleihung sein. 21
c) Eigene Würdigung Dem Ansatz Steiners ist im Ergebnis zu folgen. Entscheidend für eine Abgrenzung ist, daß mit der Rechtsfigur des Beliehenen, diejenigen Privaten einbezogen werden sollen, denen über ihre ursprüngliche Rechtsmacht hinaus ein Anteil an der hoheitlichen Rechtsmacht verliehen wird. Hiervon unterscheidet sich aber die Gründung einer staatsbeherrschten juristischen Person des Privatrechts mit einer damit verbundenen oder anschließenden Aufgabenübertragung. Denn hier wechselt der Staat gewissermaßen nur die Uniform in einen gesellschaftlichen, zivilen Anzug, agiert aber weiterhin selbst in diesem (bildlich gesprochen mit ein und demselben Uniformdegen). Während er bei der Beleihung selbst die Uniform anbehält einem anderem aber, der nie etwas anderes als einen Anzug trug und weiterhin tragen wird - und auch nicht die Macht hat diesen in befugter Weise gegen eine Uniform zu wechseln - einen Teil seiner Handlungsmöglichkeiten (wieder bildlich gesehen einen seiner Uniformdegen) widerruflich übergibt. Eine unterschiedslose Gleichsetzung juristischer Personen des Privatrechts, die von Trägern öffentlicher Verwaltung beherrscht werden, mit Privaten verkennt, daß es sich bei Organisationsprivatisierung nicht um die Einbeziehung Privater in die Verwaltung als materieller öffentlichen Verwaltung, sondern um Verwaltung in privatrechtlichen Organisationsformen handelt. 22 Der Staat ändert sich bei der Organisationsprivatisierung nicht in „seiner Struktur und Substanz, sondern er bleibt, was er ist". 2 3
21 Vgl. Frenz, S. 34 f. 22
Dieser Unterschied veranlaßt Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rdnr. 5 und § 104 a Rdnr. 7, die privatrechtlich organisierte Verwaltung von der Beleihung grundsätzlich abzugrenzen. Jedoch schließen sie nicht aus, daß Hoheitsträger zur Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben Gesellschaften des Privatrechts gründen, um ihnen dann spezielle Hoheitsbefugnisse zu übertragen, wodurch sie dann die Eigenschaft als Beliehener erhalten. So auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 21 Rdnr. 16; Osterloh, S. 223 f. Fn.70; wohl auch Loeser, System, § 9 Rdnr. 37. Angemerkt muß allerdings werden, daß dies ohne eine ausdrückliche Kenntnisnahme oder etwa Auseinandersetzung mit der von Steiner aufgezeigten Problematik geschieht. Dies trifft ebenso für Faber, S. 153, zu. 23
So allgemein für die Verwendung privatrechtlicher Formen Mallmann, S. 197. Ehlers stellt dies pointiert dar, wenn er die privatrechtlich organisierten Unternehmen als bloß rechtstechnisch abgeleitete Erscheinungsformen von Staatsgewalt bezeichnet, vgl. Ehlers, Wirtschaftliche Betätigung, S. 1095 f. Betrachte auch Ehlers, Mitbestim-
67
II. Beleihung
Trotz der Ähnlichkeit und teilweisen Vergleichbarkeit 24 muß daher dem von Steiner 25 angeführten Gebot der inneren Einheit des Rechtsinstituts hier das maßgebliche Gewicht zukommen. Unterstützend ist auch darauf hinzuweisen, daß bei der Beleihung üblicherweise ein selbständiges Tätigwerden, d. h. ein Handeln in eigenem Namen, definitionsgemäß vorausgesetzt wird. 2 6 In den Fällen der Organisationsprivatisierung wird man jedoch allein aufgrund der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen 27 nicht pauschal annehmen dürfen und können, eine unmittelbare Rechtsbeziehung zu Dritten und ein Handeln in eigenem Namen sei gleichermaßen typisch. Juristische Personen des Privatrechts, die von Trägern öffentlicher Verwaltung beherrscht werden, können daher nicht als Beleihungsadressaten in Betracht kommen.
3. Ergebnis Eine Aufgabendelegation im Rahmen der Organisationsprivatisierung fällt daher nicht unter das Rechtsinstitut der Beleihung, so daß die dort entwickelten Anforderungen nicht unmittelbar auf die Betrauung der DEGES angewandt werden können. Nicht ausgeschlossen ist damit aber, daß die Grundsätze der Beleihung eine entsprechende Anwendung auf die Organisationsprivatisierung finden könnten, soweit diese zu einer Übertragung hoheitlicher Kompetenzen führt. 2 8 Ob und inwieweit dies bei der Betrauung der DEGES
mung, S. 224 sowie schließlich Ehlers, Verwaltungsprivatrecht, S. 424. Siehe ebenso Danwitz, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 607. 24
Diese Gemeinsamkeiten betont auch Stuible-Treder,
S. 125.
25 Siehe Fn. 9. 26 Vgl. etwa die Definition des Beliehenen bei Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rdnr. 2 und Maurer, Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 56., die eine Kompetenzwahrnehmung in eigenem Namen voraussetzt. Zwar wendet sich Steiner, Verwaltung durch Private, S. 229, zutreffend dagegen das Handeln „im eigenem Namen" zum definitorischen Bestandteil der Beleihung zu erklären, da nur die Abgrenzung zum öffentlichen Bediensteten bezweckt sei, man aber anerkennen müsse, daß private Personen auch mit „internen" Verwaltungsfunktionen beliehen sein können (vgl. auch S. 207), dies scheint aber bislang keine Berücksichtigung in allgemeinen Darstellungen des Verwaltungsrechts gefunden zu haben. 27 Vgl. Wolff/Bachof/Stober,
Verwaltungsrecht I, 10. Α., § 34 Rdnr. 3.
28 Dies scheint nun auch Steiner, Straßenbau, NJW 1994, S. 3150 f., 3150, für möglich zu halten, wenn er - im Vergleich zu seiner bisher sehr differenzierten Darlegung etwas unklar im Zusammenhang mit dem sog. Betreibermodell zur Privatfinanzierung des Fernstraßenbaus (§ 1 Abs. 2 FStrPrivFinG) von einer „Organisationsprivatisierung mit den Mitteln der Beleihung" spricht. Dem von Steiner behandelten § 1 Abs. 2 des 5*
68
§ 5 Organisationsprivatisierung und Beleihung
der Fall ist, kann sachgerecht jedoch nur beantwortet werden, wenn Klarheit über die rechtliche Qualität der durch die DEGES wahrzunehmenden Tätigkeiten besteht.
FStrPrivFinG vom 30.8.1994 (BGBl. I. S. 2243) liegt aber nicht (jedenfalls nicht zwingend und zwangsläufig) eine dem bisherigen Verständnis entsprechende Organisationsprivatisierung im Sinne einer formellen Privatisierung zugrunde, sondern er eröffnet die Möglichkeit an Private, d. h. auch - und dem Finanzierungszweck entsprechend wohl vor allem - an solche ohne staatliche Beteiligung, Aufgaben zu übertragen (im Wege der Beleihung, soweit hoheitliche Kompetenzen betroffen sind). Die Verwendung des Begriffes Organisationsprivatisierung ist daher in diesem Zusammenhang nicht zweifelsfrei, wenn man zugrundelegt, daß üblicherweise Organisationsprivatisierung als Aufgabenerledigung durch Inanspruchnahme juristischer Personen des Privatrechts anhand einer (ausschließlichen bzw. partiellen) Verwaltungsbeteiligung und/ oder einer externen Einflußsicherung verstanden wird (so beispielhaft Wolff/ Bachof/ Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 a Rdnr. 2 u. 6). Den Ausführungen Steiners hingegen liegt wohl ein anderes, weiteres Begriffs Verständnis zugrunde. Wie insbesondere im Rahmen seiner Ausführungen zur Privatisierung der Nebenbetriebe an Bundesautobahnen deutlich wird, scheint er unter Organisationsprivatisierung eine Übertragung an Private dergestalt zu verstehen, daß aufgrund der gesetzlichen Regelung (verwaltungsrechtlicher Gemeinwohlsicherung, vgl. für die Nebenbetriebe an Bundesautobahnen § 15 Abs. 2 S. 3 FStrG i. d. F. v. 19.4.1994 BGBl. I. S. 854) die Aufgabe auch in der Hand der Privaten eine Aufgabe der öffentliche Verwaltung bleibt, vgl. zu § 15 Abs. 3 FStrG, Steiner, Nebenbetriebe, NJW 1994, S. 1712. Siehe nun auch Steiner, Verkehrsrecht im Wandel, Fn. 12 und 21. Vgl. ebenfalls die Kritik an der Begriffsverwendung Steiners durch Krölls, S. 138 Fn. 69.
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns Die Darstellung des Tätigkeitsfeldes der DEGES zeigte,1 daß eine Betrauung der DEGES mit Aufgaben, deren Erfüllung obrigkeitlich-hoheitliche Befugnisse voraussetzen würde, nicht ersichtlich ist, während diese Feststellung für den Bereich des schlicht-hoheitlichen Handelns noch einer näheren Überprüfung bedarf. Die Beantwortung der soeben aufgezeigten Fragestellung (vgl. § 5 I I 3) erfordert daher eine Bestimmung des schlicht-hoheitlichen Handelns, um auf dieser Grundlage dann entscheiden zu können, ob die Betrauung mit hoheitlichen, d. h. auch schlicht-hoheitlichen, Kompetenzen im Fernstraßenplanungsrecht einer gesetzlichen Legitimation bedarf und schließlich, ob die DEGES derartige Kompetenzen wahrnimmt. Das Augenmerk der Untersuchung richtet sich dabei zunächst auf die Frage, was allgemein unter der Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns begrifflich zu verstehen ist, um die so gewonnenen Erkenntnisse für die spezifischen Probleme dieser Untersuchung, d. h. für das Verkehrswegeplanungsrecht, fruchtbar machen zu können. A m Anfang dieses Unterfangens steht der Versuch die Begriffsverwendung in der Literatur aufzuzeigen. 2
I. Begriffsverwendung in der Literatur Bereits eingangs kann die Feststellung getroffen werden, daß eine begriffliche Klarheit bislang nicht besteht. Vorherrschend ist vielmehr eine ausgeprägte Begriffsunschärfe, die bis zur Begriffsverwirrung reicht. Dies muß angesichts der Tatsache, daß das tägliche Handeln der Verwaltung zu einem größeren Teil nicht in dem Setzen förmlicher Akte besteht, sondern vielmehr durch den Gegenstand der Untersuchung geprägt wird, überraschen. Es soll daher der Versuch unternommen werden, etwas Licht in das Dunkel des Begriffes „schlicht-hoheitliches Handeln" zu bringen. 1 2
Vgl. §2.
Eine Bewertung der aufgefundenen Literaturmeinungen wird an dieser Stelle jedoch entweder überhaupt nicht oder doch sehr kurz ausfallen. Eine kritische Würdigung dieser Ansichten (§ 9) erfolgt erst im Anschluß an einen rechts vergleichenden Ausblick (§ 7) und eine Darstellung der Terminologie und des Begriffsverständnisses in der Rechtsprechung (§ 8). Diese Vorgehensweise wird gewählt, da sie verspricht eine im Zusammenhang stehende Bewertung der gesamten Spannweite der aufgezeigten Meinungen zu ermöglichen.
70
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
1. Begriffsprägung
durch Walter Jellinek
Als geeigneter Ausgangspunkt der Betrachtung erscheint die Begriffsprägung durch Walter Jellinek. In seinem Verwaltungsrechtsbuch benennt Walter Jellinek die hoheitliche Verwaltung als diejenige Verwaltung, die wegen ihres engen Zusammenhanges mit den Staatsaufgaben von der Rechtsordnung aus dem Rahmen der Verwaltung eines Privaten herausgehoben wird, also mehr ist als bloß fiskalische Verwaltung. Innerhalb dieser hoheitlichen Verwaltung unterscheidet er dann die zwei Stufen der obrigkeitlichen und der schlichten Hoheitsverwaltung. 3 Das Wesenselement der obrigkeitlichen Verwaltung liegt nach Jellinek in der Überordnung der öffentlichen Gewalt über den einzelnen, d.h. in der Betätigung der dem Staate eigentümlichen Macht. 4 Wegweisend für das Verwaltungsrecht zeigt Jellinek auf, daß die obrigkeitliche Verwaltung nicht die einzige Art von öffentlicher Verwaltung sei, sondern „für das Wohl und Wehe der Bevölkerung vielleicht nicht einmal die wichtigste". Als weitere Kategorie führt er daher die schlichte Hoheitsverwaltung ein. Begrifflich fassen möchte Jellinek damit die Fälle, in denen „der Staat von seiner Höhe herabsteigt, ohne darum Fiskus zu werden". 5 Im Unterschied zur fiskalischen Verwaltung bei der sich der Staat ganz auf den Boden des Privatrechts stelle, zeige der Staat bei der schlichten Hoheitsverwaltung noch bisweilen das Antlitz des Herrschers. 6 Deutlich tritt in diesen Worten das Bestreben hervor 7 , einen Kreis von Verwaltungstätigkeiten von einer noch mit allen Konsequenzen der Privatautonomie unterstellten fiskalischen Verwaltung abzugrenzen. 8 3 Vgl. Jellinek, Walter, 4
S. 20 f.
Vgl Jellinek, Walter, S. 21.
5
Vgl. Jellinek, Walter, S. 22; Walter Jellinek greift hier auf ein von Georg Jellinek geprägtes Bild zurück. Dieser führt im Zusammenhang mit öffentlichen Anstalten, die der allgemeinen Benutzung dienen, aus, daß der Staat „von seiner Höhe [herabjsteigt und [sich] dem einzelnen nähert", vgl. Jellinek, Georg, S. 622. Siehe dazu nunmehr auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 59 ff. 6 Vgl. Jellinek, Walter, S. 24. 7 Vgl. Bethge, Standort, S. 131. 8 Letztlich ging es Jellinek auch um die Beseitigung der Nachwirkungen, der bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts noch vertretenen Fiskustheorie. Nach dieser wurden Staat und Fiskus als zwei getrennte juristische Personen angesehen, deren eine Träger der staatliche Hoheitsgewalt war und deren andere der staatlichen Vermögensverwaltung diente, vgl. Erichsen, Recht, Jura 1982, S. 573 ff., S. 541 f.; Achterberg, Verwaltungsrecht, § 2 Rdnr. 54. Beachte auch die ausführliche und differenzierte Darstellung bei Kempen, S. 78 ff.
I. Begriff s erwendung in der Literatur
71
Die Schwierigkeit, diese Kategorie des Verwaltungshandelns begrifflich exakt zu fassen, tritt jedoch bereits im Zeitpunkt der Begriffsschöpfung durch Jellinek deutlich zutage. So verwendet Jellinek in Ablehnung der mißverständlichen Begriffe „gesellschaftliche Verwaltung" oder „soziale Verwaltung" synonym zu dem Begriff der schlichten Hoheitsverwaltung den der nicht-obrigkeitlichen Verwaltung und bezeichnet es als mißlich, den Begriff verneinend umschreiben zu müssen, ihn also nicht positiv definieren zu können. 9 Infolgedessen bemüht sich Jellinek den Begriff mittels einer empirischen Aufzählung zu verdeutlichen. Als Beispiele der schlichten Hoheitsverwaltung führt er einen bunten Strauß der unterschiedlichsten Verwaltungstätigkeiten wie der Verrichtungen auf dem Gebiete des Bauwesens und der Technik, den Bau von Wasserleitungen, die Bereitstellung geeigneter Plätze und Räume für Jugendpflege- und Leibesübungsvereine, die Beflaggung am Nationalfeiertag, die Aussetzung von Prämien zur Kreuzotternbekämpfung an. In der Unterstützung der obrigkeitlichen Verwaltung sieht er eine der Hauptaufgaben der schlichten Hoheitsverwaltung. In diesem Zusammenhang benennt er die Herausgabe von Verkehrsfibeln, das Einrichten von Schlichtungsstellen, Rechtsauskunfts- und Gütestellen, die Fürsorge und Hilfe bei Trunksucht und Bettelei, die Fremdenverkehrstätigkeit sowie Pressearbeit und schließlich das Erteilen von Warnungen. 10 2. Der Begriff in der Literatur Der Begriff der schlichten Hoheitsverwaltung fand Einzug in die Terminologie des Verwaltungsrechts. Im Widerspruch dazu steht aber die ungenügende dogmatische Aufarbeitung des Begriffes. 11 a) Dogmatische Behandlung Ursache dieser Zurücksetzung ist, daß die begriffliche Vorstellungswelt des Systems des Verwaltungshandelns auf der Norm und dem Verwaltungsakt als den entscheidenden Angelpunkten beruht. 12 Im Unterschied zum öffentlichrechtlichen Vertrag, gelang es der Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns bislang nicht den ihr gebührenden Rang innerhalb dieses Systems einzunehmen. Diese Fixierung der Verwaltungsrechtsdogmatik auf den Ver9
Vgl Jellinek, Walter, S. 21 f.
10 Vgl. Jellinek, Walter, S. 22 ff. 11 12
Ebenso Labus, S. 62.
Vgl. Thieme, Systematik, S. 157, der ebendies beklagt, bezeichnenderweise jedoch auch selbst das schlicht-hoheitliche Handeln nicht betrachtet.
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
72
waltungsakt 13 wird in Teilen der Verwaltungsrechtsliteratur etwa dadurch sichtbar, daß diese das schlicht-hoheitliche Handeln (meist jedoch unter Verwendung eines anderen Begriffes) lediglich im Rahmen einer Abgrenzung des Verwaltungsaktes von anderen Erscheinungen des Verwaltungshandelns behandeln. 14 Es ist daher nicht unzutreffend, von einem Stiefkind der Dogmatik zu sprechen. 15 b) Keine einheitliche Begriffsverwendung Eine einheitliche Begriffsverwendung hat sich daher bis zum heutigen Tage noch nicht ausbilden können. 16 Aufgrund dieses Schattendaseins kann es folglich nicht verwundern, daß das schlicht-hoheitliche Handeln als „profillose Auffangkategorie" 17 für Verwaltungsaktivitäten, die sich den überkommenen Einteilungen entziehen, bezeichnet wird bzw. als „Restekategorie" 18 und „Leertitel" 19 tituliert wird oder es als weithin unsichtbar und undefinierbar beschrieben wird. 2 0 Nach König fallen denn auch alle Handlungsformen, die nicht so recht in die anderen Kategorien des Verwaltungshandelns passen wollen, unter das schlichte Hoheitshandeln. 21 Dieser definitorischen Verlegenheit wird häufig - und damit durchaus in der Tradition Walter Jellineks stehend durch eine empirische Aufzählung der verschiedene tatsächlichen Erscheinungsformen zu begegnen versucht. 22 Einer Begriffsklärung ist dies zunächst nicht förderlich. Mangels einer einheitlichen Begriffsbildung werden zahlreiche Begriffe (schlichte Hoheitsverwaltung, schlicht-hoheitliches Handeln, schlichtes Hoheitshandeln, schlichtverwaltende Tätigkeit, nicht-obrigkeitliche Verwaltung, 13 Vgl. Krause, S. 111; Stich, Verwaltungshandeln, S. 333 ff.; Pitschas, S. 229, beispielhaft für diese immer noch vorherrschende Einschätzung: Zimmer, Jura 1980, S. 242 ff.; vgl. auch Schenke, Verwaltungsaktbegriff, N V w Z 1990, S. 1009 ff., 1009. 14 Vgl. Götz, S. 200; Forsthoff,\
S. 198 ff.
15 Siehe Robbers, DÖV 1987, S. 272 ff., 27 und nunmehr auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 9. 16 So Labus, S. 62. 17 Battis , Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 286; diese Bezeichnung wählt auch Ossenbühl, Handlungsformen, JuS 1979, S. 681, 685; Pitschas, S. 252. ι 8 Bohne, Informale Rechtsstaat, S. 128. 19 Krause, S. 11. 20
So Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 53.
21
Vgl. König, Formen des Verwaltungshandelns, S. 82.
22 Vgl. Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 287; König/Dose, S. 30; Koch, Hans-Joachim, 1. Α., S. 56; Koch, Hans-Joachim/Rubel, 2. Α., S. 37.
I. Begriff sverwendung in der Literatur
73
Nichteingriffsverwaltung, Nicht-Verwaltungsakte) entweder synonym verwendet oder aber der Begriff bzw. einer seiner Abwandlungen wird zur Umschreibung einer anderen Erscheinung des Verwaltungsrechts herangeführt (nicht-hoheitliche Verwaltung, Leistungsverwaltung, Betreuungsverwaltung). 2 3 c) Notwendigkeit einer begrifflichen Klärung Dieser Befund mag um so mehr erstaunen, als dieser Kategorie des Verwaltungshandelns nach wie vor eine erhebliche Bedeutung in der Literatur beigemessen wird und nicht nur im Zusammenhang mit den in dieser Untersuchung aufgeworfenen Fragen von Bedeutung ist, sondern auch in anderen Teilgebieten des Verwaltungsrechts eine maßgebliche Rolle einnimmt. 2 4 Entscheidendes Gewicht kommt dem schlicht-hoheitlichen Handeln etwa im Amtshaftungsrecht des § 839 BGB, Art. 34 GG bei der Beantwortung der Frage zu, ob ein öffentliches Amt wahrgenommen wurde. 25 Einen neuen Stellenwert nimmt das schlicht-hoheitliche Handeln im Rahmen der aktuellen Problematik des informellen Hoheitshandelns ein. 2 6 Als informell werden dabei alle Verhaltensweisen verstanden, die sich nicht unter die herkömmlichen rechtlich formalisierten Handlungsformen der Verwaltung rubrizieren lassen. Genannt werden beispielsweise behördliche Warnungen und Empfehlungen, Auskünfte, Untersuchungen durch staatliche Stellen etc. 2 7 Derartige Handlungsweisen werden der Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns zugeordnet. 28 Diese
23 Entsprechende Nachweise erfolgen im Rahmen der Auseinandersetzung mit den jeweiligen Begriffen. 24 Vgl. etwa zur Bedeutung im Bereich des Sozialrechts, Rüfner, Rechtsformen der sozialen Sicherung, S. 214.
25 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 25 f., Ossenbühl bezeichnet diese Frage gar als Crux des gesamten Amthaftungsrechts. Er übernimmt die herkömmliche Einteilung der hoheitlichen Verwaltung in hoheitlich-obrigkeitliche Verwaltung und schlichthoheitliches Handeln, begnügt sich dort aber weitgehend mit einer empirischen Aufzählung. 2
6 Siehe Leidinger, DÖV 1993, S. 925 ff., 927, der Warnungen, Empfehlungen und Hinweise in die Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns einreiht. Zur Thematik siehe auch Bauer, Informelles Verwaltungshandeln, S. 241 ff., Becker, Jürgen, DÖV 1985, S. 1003 ff. Vgl. nunmehr auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 25 ff.; S. 38 ff. 27
Vgl. Ossenbühl, Informelles Hoheitshandeln, S. 29.
28 Vgl. Schulte, Informales Verwaltungshandeln, DVB1. 1988, S. 512 ff., 513.
74
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
Neubelebung des Begriffes hat jedoch bislang nicht zu einer einheitlicheren Terminologie führen können, eher muß das Gegenteil konstatiert werden. 29 Entgegen dem geringen dogmatischen Stellenwert, den die Literatur schlichthoheitlichem Handeln einräumt, wird die tagtägliche Arbeit der öffentlichen Verwaltung größtenteils nicht durch das Setzen förmlicher Rechtsakte bzw. den Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge bestimmt. Vielmehr sind die Behörden zu einem erheblichen Teil mit der Vorbereitung, Unterstützung oder Vermeidung derartige Akte befaßt oder wirken unmittelbar oder mittelbar durch tatsächliches Handeln auf den Bürger und dessen Rechtssphäre ein. 3 0 Weite Bereiche des Verwaltungsrechts wie insbesondere des Wirtschaftsverwaltungs-, Umwelt-, Planungs- und Genehmigungsrechts sind heute vor die Erfüllung von Aufgaben gestellt, die in ihren Problemstellungen vielfache und komplexe Fragen aufwerfen. Bei derartigen Aufgabenstellungen der Verwaltung werden jedoch regelmäßig bereits in der Vorbereitungsphase des förmlichen Rechtsaktes maßgebliche Weichenstellungen erfolgen. Kann der betroffene Bürger nach der geltenden Rechtslage im Regelfall zwar nicht schon gegen diese Vorbereitungshandlungen vorgehen, sondern erst gegen den das Verfahren abschließenden förmlichen Rechtsakt 31 , kann ebenso wenig bestritten werden, daß seine Interessen bereits in diesem Vorbereitungsstadium berührt sind. Kommt diesen Handlungen daher nicht nur eine verwaltungsinterne Wirkung, sondern auch eine gewisse außenwirksame Relevanz zu, muß es Aufgabe der Verwaltungsrechtsdogmatik sein, diese Handlungen näher zu untersuchen und entsprechend ihren rechtlichen Eigenschaften einzuteilen und zu bewerten.
29 So erscheint es nicht hilfreich für eine einheitliche Terminologie zu sein, wenn Ossenbühl, Informelles Hoheitshandeln, S. 29, zwar die Möglichkeit einer Zuordnung zu der Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns bejaht, da er diese Kategorie aber für undefinierbar und rechtlich profillos hält, eine neue Kategorie des informellen einseitigen Hoheitshandelns entwirft und diese neben genannten Handlungen noch mit administrativen Regelbildungen und Normsetzungen anreichert. Dies mag der Einzelthematik gerecht werden, trägt aber zur dogmatischen Klarheit insgesamt wenig bei. Bezeichnenderweise verwendet Schulte, Informales Verwaltungshandeln, DVB1. 1988, S. 513, der dem Ansatz Ossenbühls folgt, auch sogleich einen anderen Begriff ((einseitig) informales Verwaltungshandeln). 30 Betrachte allgemein zur grundrechtlichen Relevanz tatsächlichen Handelns des Staates, Kirchhof,\ Rdnr. 171 ff. 31
Vgl. § 44 a VwGO; siehe dazu: Maurer, Verwaltungsrecht, § 9 Rdnr. 9; Schenke, Verwaltungsverfahren, VB1BW. 1982, S. 313 ff. S. 325; Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 33., der die Norm als verfassungsrechtlich „immerhin tolerabel" bezeichnet; Wahl, Verwaltungsverfahren, S. 181, hält die Konzentrationsmaxime des § 44 a VwGO bei komplexen Verfahren für disfunktional und verfehlt.
I. Begriff sverwendung in der Literatur
75
Diese Notwendigkeit ergibt sich jedoch nicht nur aus dem Staat-BürgerVerhältnis. Die historische Ausrichtung des Verwaltungsrechts auf die Frage nach einer Zugangsmöglichkeit zu einer gerichtlichen Kontrolle der Verwaltungstätigkeit 32 , bedingt es, daß das Augenmerk der Verwaltungsrechtswissenschaft vornehmlich auf das Ergebnis, den „Output", gerichtet ist und der „Input" lediglich als Annex des „Outputs" angesehen wird. 3 3 Dieser Blickwinkel versperrt die Sicht auf die Bedeutung verwaltungsinterner Vorgänge. So wird mit Recht vorgebracht, daß im Bereich der nach außen als Einheit auftretenden Verwaltung mannigfaltige Interessen der Allgemeinheit aufeinander stoßen, die auf rechtlich geordneten Wegen auszutragen sind, auch wenn es sich dabei nicht um Rechtswege handelt. 34 Freilich kann es nicht darum gehen, diesen Innenbereich vollständig der Form zu unterwerfen. Denn dieser Bereich muß, um arbeitsfähig zu sein, eben auch über nur bedingt formalisierte Handlungsmöglichkeiten verfügen können. Maßgeblich ist es aber, die Entscheidungsschwerpunkte zu erfassen und mittels rechtlicher Kategorien beurteilbar und kontrollierbar zu machen. 35 Anhand einer derartigen Kategorie kann zur Lösung wiederkehrender Rechtsprobleme auf einen Fundus von Merkmalen und Anforderungen zurückgegriffen werden. 36 Die Ausarbeitung einer Handlungskategorie würde zum einem die rechtsstaatliche Kontrolle der Verwaltung erleichtern, zur Rechtsklarheit und -Sicherheit beitragen, aber vor allem die Aufgabenwahrnehmung durch die Verwaltung selbst vereinfachen 37, da ihr so Orientierungsmaßstäbe auch in dieser rechtlich bislang etwas nebulösen Zone zur Verfügung stünden. An dieser Stelle soll die Bedeutung der Form nicht überbewertet werden, wenn sie hier mit Ihering als „die geschworene Feindin der Willkühr, die Zwillingsschwester der Freiheit", bezeichnet wird 3 8 , sondern es kann nur darum gehen,
32
Vgl. Wahl, Verwaltungsverfahren, S. 156.
33
Vgl. Krause, S. 110. Siehe zu diesem Input-Output-Modell auch Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 179 ff. Nach Pitschas stellt der Umstand, daß die gesetzliche Regelungstypik bislang die Ergebnisse des Vewaltungshandelns und nicht den Handlungs- und Entscheidungsprozeß zum Gegenstand hat eine inakzeptable Einseitigkeit verwaltungsrechtlichen Denkens dar, S. 232. 34
Vgl. Krause, S. 303.
35
Vgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 32.
36
Vgl. Krause, S.14; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 27.
37
Vgl. zu diesem Aspekt und allgemein zum Bedürfnis nach den ordnenden und systematisierenden Leistungen der Dogmatik, Wahl, Genehmigung, DVB1. 1982, S. 51 ff., 51 f. 38
Vgl. Ihering, S. 497; ebenda führt Ihering weiter aus: „und wo ein Volk sich wirklich auf den Dienst der Freiheit verstanden, da hat es instinktiv auch den Werth der Form herausgefühlt und geahnt, daß es in seinen Formen nicht etwas rein Äußer-
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§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
ihr den angemessenen Stellenwert innerhalb des Systems des Verwaltungshandelns zukommen zu lassen. Handlungsformen kanalisieren Verwaltungshandeln und bewirken durch ihre rechtlich disziplinierende Wirkung, daß die Verwaltungsaufgaben wirksam sowie zweck- und gesetzesgerecht erfüllt werden. 3 9 Wenngleich sich erst noch im Laufe der Untersuchung zeigen wird, ob das schlicht-hoheitliche Handeln eine eigenständige Kategorie des Verwaltungshandeln zu bilden vermag oder nicht, kann aber jedenfalls bereits eine nähere Begriffsbestimmung wenn auch nicht einen äquivalenten Beitrag, so doch einen nicht unerheblichen Beitrag zu dieser „Disziplinierung" beisteuern. Die aufgezeigte Gewichts- und Bedeutungsverlagerung behördlichen Handelns macht es erforderlich, sich von der Fixierung auf einseitig oder zweiseitig regelnde Akte zu lösen 40 und die bislang weniger beachtenden Erscheinungsformen staatlichen Verwaltungshandelns auf die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit einer Kategorisierung hin zu betrachten. Daher gilt es nun zu untersuchen, ob das schlicht-hoheitliche Handeln diese Funktion einnehmen kann. Notwendig ist hierzu zunächst eine Klärung des Begriffes und der mit ihm verbundenen Merkmale. Hierzu werden die unterschiedlichen Begriffsverwendungen aufgezeigt und zugleich nach ihrem Sinngehalt geordnet, um so einer eindeutigeren Begrifflichkeit näherzukommen. Auf diesem Wege wird versucht, einen - in Anbetracht der Stoffülle naturgemäß nur unvollständigen Beitrag zur verwaltungsrechtsdogmatischen Aufgabe beizusteuern, Strukturen des schlicht-hoheitlichen Handelns zu manifestieren, denen rechtsdogmatische Relevanz zukommt. Gleichwohl sei bereits an dieser Stelle angemerkt, daß es im Rahmen dieser Untersuchung nicht angestrebt wird, einen alle Teilbereiche des Verwaltungsliches besitze und festhalte, sondern das Palladium seiner Freiheit". Vgl. auch Ossenbühl, Informelles Hoheitshandeln, S. 48. 39 Vgl. Ossenbühl, Handlungsformen, JuS 1979, S. 681, Ossenbiihl bezeichnet die rechtlichen Handlungsformen der Verwaltung als Tore, durch welche die in ihrer Vielfalt unüberschaubare, amorphe Tätigkeit in die ordnende Welt des Rechts eingeschleust wird, S. 681. 40
So auch Schmidt-Aßmann, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, DVB1. 1989, S. 533 ff., 541, der von der Formenlehre einen Beitrag zur rechtsstaatlichen Durchleuchtung des „mittelbaren Verwaltens" und der „weichen Kommunikations Vorgänge" zu leisten verlangt; Krause, S. 11. Siehe auch Robbers, S. 272. Für den Bereich des informellen Verwaltungshandelns stellt Brohm, Informelles Verwaltungshandeln, DVB1. 1994, S. 133 ff., 139 eine ähnliche Forderung auf; an der Tragfähigkeit der bis-herigen Systematik verwaltungsrechtlicher Handlungsformen schon im Jahre 1966 zweifelnd, Thieme, Systematik, S. 157: „Es gibt kein Rechtssystem, das an sich gilt. Jedes Rechtssystem spiegelt eine bestimmte, soziale Situation wider, aus der heraus und für die es geschaffen worden ist".
I. Begriff sverwendung in der Literatur
77
rechts umfassenden Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns zu erarbeiten. Die Bemühungen innerhalb dieser Arbeit werden und können letztlich nur eine bereichsspezifische Ausrichtung erhalten. 3. Eigene Terminologie Die Begriffsvielfalt und die mit dieser verbundenen Unschärfe läßt es im Interesse der Verständlichkeit der weiteren Ausführungen erforderlich erscheinen, bereits an diesem Punkt für den weiteren Fortgang der Untersuchung eine Terminologie festzulegen, die im Verlaufe der Arbeit auf ihre weitere Verwendbarkeit hin geprüft wird, zunächst aber nur die Funktion einer Arbeitsgrundlage einnimmt. Da es nicht angebracht sein kann, der beschriebenen Vielfalt eine neue Begriffsschöpfung hinzuzufügen, um so einen eigenen Beitrag zur Verwirrung beizusteuern, orientiert sich die Wahl an der Begriffsschöpfung Walter Jellineks. Aus den weitgehend synonym verwendeten Begriffen „schlichte Hoheitsverwaltung", „schlichtes Hoheitshandeln", „schlicht-hoheitliches Handeln", soll das schlicht-hoheitliche Handeln die Funktion des Arbeitsbegriffes einnehmen. 41 Soweit die Verwaltung mit den Mitteln des Eingriffs handelt, wird ihr Handeln als obrigkeitlich-hoheitliches Handeln bezeichnet. 42 Als Oberbegriff dient die Hoheitsverwaltung, die die Kategorien des obrigkeitlich-hoheitlichen und des schlicht-hoheitlichen Handelns bzw. des schlichten Verwaltungshandelns umfaßt. Angeknüpft wird dabei an die bereits von Jellinek vorgenommene Zweiteilung der Hoheitsverwaltung, 43 die in modifizierter Weise durch Siebert ihre Bestätigung fand 4 4 und die von der überwie-
41
Der Begriff Jellineks „schlichte HoheitsVerwaltung" wird hier nicht übernommen, da er sprachlich zu sehr den Blick auf die verschiedenen Aufgabenbereiche der Verwaltung richtet und nicht ausreichend das Element der Handlung betont. 42 Dem Begriff des „Obrigkeitlichen" hängt zwar noch etwas die Vorstellungswelt vergangener Zeiten an, er wird hier aber aus Gründen der begrifflichen Unterscheidbarkeit miteinbezogen. 43 44
Vgl. Jellinek, Walter, S. 20 f.
Vgl. Siebert, S. 219 ff.; Siebert unterscheidet vom Privatrecht ausgehend: Reines Privatrecht unter Privaten, Fiskalische Betätigung der Träger öffentlicher Verwaltung, Privatrecht als Mittel öffentlicher Verwaltung und schließlich innerhalb der hoheitlichen Verwaltung die nichtobrigkeitliche hoheitliche Verwaltung und die obrigkeitlichhoheitliche Verwaltung, S. 221 f.
78
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
genden Literaturmeinung übernommen wird. 4 5 Die Einbeziehung eines dritten Elementes in diese Unterteilung erfolgt indes, da das Verhältnis zwischen schlicht-hoheitlichem Handeln einerseits und schlichtem Verwaltungshandeln andererseits erst noch im weiteren Verlauf der Untersuchung geklärt werden soll. Liegt eine Hoheitsverwaltung nicht vor, handelt die Verwaltung also nicht mit hoheitlichen Mitteln, wird ihr Handeln als verwaltungsprivatrechtliches bzw.fiskalisches Handeln bezeichnet. 4. Das Meinungsbild in der Literatur Nicht näher soll hier auf Sondermeinungen eingegangen werden, die etwa eine Identität schlicht-hoheitlichen Handelns mit der fiskalischen Verwaltung annehmen. Diese Identität wird damit begründet, daß der Zweck staatlichen Handelns immer die Verfolgung des Gemeinwohles sei. 4 6 Mit dieser Argumentation ließe sich aber auch eine Identität der obrigkeitlich-hoheitlichen Verwaltung mit der fiskalischen Verwaltung behaupten, denn alles staatliche Handeln ist gemeinwohlorientiert. Gleichfalls bedarf es keiner eingehenderen Auseinandersetzung mit der Ansicht, es sei angebracht die Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns fallen zu lassen, da ihr eine wesensmäßige Verschiedenheit gegenüber der Hoheits- bzw. Fiskalverwaltung nicht zukäme. 47 Vielmehr ließen sich die entsprechende Verwaltungstätigkeiten auf diese beiden Tätigkeitsbereiche zurückführen. Diese Ansicht beleuchtet zwar sehr anschaulich die Schwierigkeit, Abgrenzungskriterien in diesem von einer komplexen Verflochtenheit geprägten Feld zu erarbeiten. Sie steht aber ebenso sehr im Widerspruch zur bereits aufgezeigten Realität staatlichen Verwaltungshandelns, das sich jedenfalls nicht in der postulierten Trennschärfe, d. h. ohne Zuhilfenahme einer „Zwi-
45 Vgl.; Wolff/Bachof, 9. Α., § 23 III.; ebenso jetzt Wolff/Bachof/ Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Α., § 23 Rdnr. 38; Mallmann, S. 165; Terpitz, DÖV 1969, S. 740 ff. 46 Vgl. Krüger, Rundfunk, S. 79 f.; gegen eine Egalisierung fiskalischer und schlichthoheitlicher Verwaltung wendet sich auch Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 140. 47
Vgl. Mennacher, S. 53; ähnlich Obermayer, 2. A. 1975, S. 14, der der schlichten Hoheitsverwaltung, keinen Platz neben der Hoheits- oder Fiskal Verwaltung zukommen lassen will. Er räumt jedoch ein, daß dieser Rechtsbegriff dann brauchbar sein könnte, wenn er nicht von der Verwirklichung eines Zieles - gemeint ist wohl eine Verwaltungsaufgabe - bestimmt würde, sondern alle nicht unmittelbar rechtserheblichen Verwaltungsmaßnahmen gegenüber Dritten erfasse.
I. Begriff sverwendung in der Literatur
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schenkategorie", in der rechtsstaatlich geforderten Art und Weise erfassen und beurteilen läßt. Trotz der Vielfalt der Meinungen lassen sich die einzelnen in der Literatur vertretenen Ansichten in drei Gruppen einteilen. 48 Diese Gruppen sind indes nicht gänzlich homogen. Sie zeigen aber doch so viele Gemeinsamkeiten auf, daß eine Gruppenbildung gerechtfertigt und sachgerecht erscheint. Gleichwohl soll damit nur ein erster Einteilungsversuch unternommen und keineswegs bestritten werden, daß auch andere Einteilungskriterien bestehen können. Nachfolgend werden im einzelnen unterschieden: Eine Literaturmeinung, die schlicht-hoheitliches Handeln mit der Betreuungsverwaltung oder Leistungsverwaltung gleichsetzt bzw. das schlicht-hoheitliche Handeln in Beziehung zur Wahrnehmung einzelner Aufgaben der Verwaltung setzt. Die zweite Gruppe zeichnet sich durch die Verwendung des Terminus des schlicht-hoheitlichen Handelns als eines Oberbegriffes aus, der mehrere Verwaltungstätigkeiten beinhaltet. Andere wiederum grenzen das schlicht-hoheitliche Handeln nicht vom schlichten Verwaltungshandeln, Realakt bzw. informellen Verwaltungshandeln ab. Innerhalb der dritten Gruppe schließlich sind Begriffsverwendungen zu unterscheiden, die zum einem zwar eine andere Terminologie als Jellinek verwenden, jedoch mit diesem jedenfalls teilweise im Bedeutungsgehalt übereinstimmen. Zum anderen ist eine Begriffsverwendung zu beschreiben, die sich
48
Hier kann auf die Vorarbeit von Labus zurückgegriffen werden, S. 62 ff. Bei der Gruppenbildung von Labus handelt es sich um einen der bislang seltenen Versuche, eine Strukturierung des Begriffes des schlicht-hoheitlichen Handelns zu erreichen. Labus unterscheidet neben zwei Mindermeinungen drei Ansichten innerhalb der von ihm so genannten herrschenden Meinung: „.. [die herrschende Meinung] bestimmt die schlichte Hoheitsverwaltung nicht ganz einheitlich, teils als pflegende, fürsorgende Verwaltung, teils als Leistungsverwaltung (Daseinsvorsorge) oder negativ als Nichteingriffsverwaltung bzw. eine Unterart davon.", Labus, S. 66. Damit schlug Labus in verdienstvoller Weise eine erste „Schneise in das Dickicht" dieses Begriffes. Er unterschied hierbei jedoch zwangsläufig nicht allzu differenziert zwischen den einzelnen Begriffsverwendungen. Die vorliegende Arbeit fand ihren Abschluß im September 1995. Die zwischen Abschluß und Veröffentlichung erschienene Arbeit von Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, wurde im Fußnotenapparat berücksichtigt. Beide Arbeiten unterscheiden sich indes in ihrer Zielsetzung: Während die vorliegende Arbeit ihrem Untersuchungsgegenstand entsprechend ausschließlich darum bemüht ist, die Frage zu klären, ob die Handlungsform der schlichten Verwaltungshandlung einer weitgehenden Differenzierung zugänglich ist, verfolgt die Habilitationsschrift Schultes das wesentlich umfassendere Ziel „am Beispiel des Umweltrechts verfassungs- und verwaltungsrechtsdogmatische Strukturüberlegungen für das schlichte Verwaltungshandeln anzustellen", Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, Vorwort.
80
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
bei ähnlicher Terminologie vom ursprünglichen Bedeutungsgehalt wenn auch nicht abwendet, so doch die Akzente erheblich verschiebt. Abschließend wendet sich der Gang der Darstellung dann derjenigen Literaturmeinung zu, die in Terminologie und Verwendung an den ursprünglichen Begriff anknüpfen.
a) Identifikation des schlicht-hoheitlichen Handelns mit der Betreuungs- oder Leistungsverwaltung bzw. Aufgabenwahrnehmung Gemeinsames Merkmal der zunächst zu behandelnden Gruppe ist es, mittels des Begriffes nicht eine bestimmte Art von Handlungen zu beschreiben, sondern ihm eher die Funktion eines Ober- bzw. Sammelbegriffes zukommen zu lassen. aa) Identifikation mit der Betreuungsverwaltung Ein Teil insbesondere der älteren Literatur setzt schlicht-hoheitliches Handeln mit der Betreuungsverwaltung gleich. 49 Im Unterschied zur obrigkeitlichen Verwaltung, die „zur praktischen Durchführung des Rechts und der auf Grund desselben ergangenen Einzelanordnungen Befehl und Zwang [einsetzt]", greife der Staat hier helfend und fördernd ein. Im Rahmen der Betreuung, d.h. der Wohlfahrtsförderung und hier besonders der Fürsorge, 50 arbeite der Staat überwiegend nicht mit Befehl und Zwang, sondern vielmehr durch die Gewährung und vor allem dem Vorenthalten von Wohltaten. 51 Zwar wird der Begriff der schlichten Hoheitsverwaltung als wenig glücklich empfunden und deswegen die Verwendung des Begriffes Betreuungsverwaltung vorgeschlagen. 52 Aber es besteht Einigkeit darin, daß es sich um eine Unterart der hoheitlichen Verwaltung handelt. 53 So führt Peters aus, daß „die übrige hoheitliche Verwaltung, ζ. B. Wohlfahrtspflege, öffentliches Schulwesen, trotz ihrer wenigen Befehle sich von der fiskalischen Verwaltung dadurch unterscheidet, daß sie kraft der übergeordneten Stellung des Staates über die Bürger als Ausfluß der öffentlichen Gewalt des Staates durchgeführt w i r d " 5 4 .
49 Vgl. Peters, Verwaltung, S. 129; Dürig, JZ 1953, S. 193, 195; Nebinger, S. 3. 50 Vgl. Nebinger, S. 3. 51 Vgl. Dürig, JZ 1953, S. 195. 52 Vgl. Dürig, JZ 1953, S. 195 Fn. 25. 53 Vgl. Peters, Verwaltung, S. 129. 54 Peters, Verwaltung, S. 129.
I. Begriff sverwendung in der Literatur
81
bb) Identifikation mit der Leistungsverwaltung Vereinzelt dient der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns auch zur Beschreibung desjenigen Teils der Leistungsverwaltung, die in der Form des öffentlichen Rechts und unter Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse erfolgt. 5 5 Genannt werden muß hier auch Forsthoff, der mit dem von ihm geprägten Begriff der Daseinsvorsorge auch den Bereich der schlichten Hoheitsverwaltung mit umfassen wollte. 5 6 cc) Relation zur Wahrnehmung einzelner Aufgaben Einige Autoren fassen das schlicht-hoheitliche Handeln nicht ausschließlich als Verwaltungshandeln auf. Sie benennen im Zusammenhang mit dem Begriff und seinen synonymen Verwendungen nicht nur einzelne Verwaltungshandlungen. Vielmehr erwähnen sie neben diesen, meist im Rahmen einer beispielhaften Aufzählung, auch ganze Aufgabenkomplexe. 57 Genannt werden so unterschiedliche Vorgänge und Aufgabenstellungen der öffentlichen Verwaltung wie die Anlage von Theatern und Schwimmbädern 58 , die Errichtung und Unterhaltung von öffentlichen Verkehrswegen, Versorgungseinrichtungen 59 , Verwaltungsgebäuden, die Erteilung von Unterricht, die Krankenbehandlung oder die Anlage von Grünflächen 60 und vieles andere mehr. Angeführt werden also ganze Aufgabenkomplexe, deren Umsetzung zahlreicher Verwaltungshandlungen der unterschiedlichsten rechtlichen Qualität bedarf. Das schlicht-hoheitliche Handeln wird in diesem Sinne also nicht als
55 Vgl. Bracher, S. 68. 56 Vgl. ForsthoffVerwaltung als Leistungsträger, S. 6 ff. Siehe dazu Labus, S. 69. Bei dem aus Gründen der Vollständigkeit notwendigen Zitat dieses Werkes von Forsthoff aus dem Jahre 1938 kann und darf nicht unerwähnt bleiben, daß diese Schrift zwar wertvolle Anregungen bot und neue Wege beschritt. Ebenso deutlich muß jedoch zum Ausdruck gebracht werden, daß sie auch im Dienste der juristischen Rechtfertigung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes stand und entsprechendes Gedankengut enthält. 57 Vgl. König/Dose, S. 30; Mutius, Handlungsformen, Jura 1979, 223f., 224; Püttner, Verwaltungsrecht, S. 83 f.; Koch, Hans-Joachim, S.56; Koch/Rubel, S. 37; Stich, Verwaltungshandeln, S. 381 ff., 385; Nebinger, S.3; Dürig, JZ 1953, S. 193 ff., 195. 58
Siehe Stich, Verwaltungshandeln, S. 385.
59 Vgl. Mutius, Handlungsformen, Jura 1979, S. 223 f., 224; König/Dose, S. 30. 60 Vgl. Nebinger, S.3. 6 Stehlin
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
82
ein originärer und eigenständiger Handlungstyp verstanden, sondern dient der Umschreibung eines Konglomerats der unterschiedlichsten öffentlichen Aufgaben und den damit verbundenen Verwaltungstätigkeiten. Eine Gemeinsamkeit mit der zuvor beschriebenen Gleichsetzung des schlicht-hoheitlichen Handelns mit der Leistungsverwaltung kann darin gesehen werden, daß die beschriebenen Aufgabenstellungen häufig aus dem Bereich der Betreuungs- bzw. Leistungsverwaltung stammen, wie auch die Leistungsverwaltung als Sammelbegriff für die Wahrnehmung der unterschiedlichsten öffentlichen Aufgaben dient. Die Einteilung in eine gemeinsame Hauptgruppe erscheint daher gerechtfertigt.
b) Funktion als Oberbegriff und Identifikation des schlicht-hoheitlichen Handelns mit dem schlichten Verwaltungshandeln Das charakteristische Merkmal dieser Gruppe ist der Umstand, daß dem schlicht-hoheitlichen Handeln das Attribut eines eigenständigen Handlungstypus nicht zuerkannt wird. Der Terminus und seine Synonyme dienen vielmehr der Deskription der unterschiedlichsten Verwaltungsagenden. aa) Funktion als Oberbegriff In Teilen der Literatur wird der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns als ein Oberbegriff funktionalisiert, der mehrere Handlungsformen der Verwaltung umfaßt. Das schlicht-hoheitliche Handeln wird dabei nicht als eigenständiger Handlungstypus verstanden. Nach Wallerath etwa wird ein Träger öffentlicher Gewalt dann schlicht-hoheitlich tätig, „wenn er Aufgaben aufgrund öffentlichen Rechts weder in Form des Verwaltungsaktes noch in privatrechtlicher Form wahrnimmt". 6 1 Der schlichthoheitlichen Verwaltung unterfallen danach rechtsgeschäftliche und verwaltungsrechtliche Willenserklärungen, der öffentlich-rechtliche Vertrag, bloße Wissenserklärungen und rein tatsächliche Realakte. 62 Nach Battis verdeutliche der Ausdruck „schlicht", daß die Verwaltung nicht von einer einseitigen Regelungsbefugnis Gebrauch mache, d. h. nicht obrigkeitlich handele. 63 Diese
61 Vgl. Wallerath,
Verwaltungsrecht, S. 221.
62
Vgl. Wallerath, Verwaltungsrecht S. 27 f.; ähnlich Battis , Verwaltungsrecht, S. 188, der noch die Aufrechnung erwähnt. Siehe auch Püttner, Verwaltungsrecht, S. 99 f. 63
Siehe Battis , Verwaltungsrecht, Rdnr. 286.
83
I. Begriffs Verwendung in der Literatur
Literaturmeinung folgt insoweit der herkömmlichen Zweiteilung der Hoheitsverwaltung in schlicht-hoheitliches Handeln und hoheitliches Handeln. bb) Identifikation mit dem schlichten Verwaltungshandeln Verwandt mit der eben aufgezeigten Meinung, ist eine weitere Ansicht, die nicht ausdrücklich zwischem dem schlicht-hoheitlichen Handeln und dem schlichten Verwaltungshandeln bzw. dem Realakt unterscheidet. 64 Es handelt sich nach dieser Literaturmeinung nicht um jeweils eigenständige, durch spezifische Merkmale unterscheidbare Handlungstypen. Bezeichnenderweise besteht auch innerhalb dieser Untergruppe keine einheitliche Terminologie. Es finden sich Benennungen als schlicht-hoheitliches Handeln, schlichtes Verwaltungshandeln, tatsächliches Verwaltungshandeln, tatsachengestaltendes Verwaltungshandeln, faktische Verwaltungshandlung, Verwaltungstathandlung, Verwaltungs-Realakt, Tathandlung und Realakt. Zusammenfassend bezeichnet werden sollen mit den jeweiligen Termini diejenigen Verhaltensweisen der Träger öffentlicher Verwaltung, die im Gegensatz zum Verwaltungsakt und zur Willenserklärung nicht final auf die Bewirkung bestimmter Rechtsfolgen gerichtet sind, sondern unmittelbar nur einen tatsächlichen Erfolg herbeiführen. 65 Das kennzeichnende Merkmal ist daher, daß sie nicht unmittelbar einen Rechtserfolg erzielen wollen, sondern diesen allenfalls mittelbar zur Folge haben oder ihn vermitteln. 66 Zwar werden Verwaltungsakt kommt jedoch Handlungstypus
die Termini vor allem in eine kontrastierende Beziehung zum gesetzt. Dem so verstandenen schlicht-hoheitlichen Handeln nicht in demselben Maße wie diesem die Funktion des zu. Insbesondere erfährt die Kategorie des schlicht-hoheitli-
64
Vgl. Erichsen, Verwaltungshandeln, § 30 Rdnr. 1; Maurer, Verwaltungsrecht § 15 Rdnr. 1 ff.; Mutius, Handlungsformen, Jura 1979, S. 223 f., 224.; Koch, HansJoachim, S. 55 f.; Koch/Rubel, S. 37; König/ Dose, S. 30; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 491. Siehe auch Faber, S. 262, der indes für die Bereiche der Eingriffs·, Leistungs- und Infrastrukturverwaltung - einer Kategorie, der es nach Fabers Ansicht bedarf, um die Multilateralität gestaltender und planender Verwaltung im Gegensatz zur Bilateralität der Eingriffs- wie auch der Leistungsverwaltung zum Ausdruck zu bringen, S. 347 ff. - eine jeweils eigene Typologie der Handlungsformen entwickelt, S. 288ff., S. 350 ff. Für den Bereich der Infrastrukturverwaltung w i l l er von infrastrukturellen Realakten sprechen, S. 360 ff. Vgl zu dieser im Rahmen unseres Untersuchungsgegenstand m. E. nicht weiterführenden Ansicht die Kritik bei Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 23 f. 65 Vgl. Erichsen, Verwaltungshandeln, § 30 Rdnr. 1; Maurer, § 15 Rdnr. 1; Mutius, Handlungsformen, Jura 1979, S. 224.
Verwaltungsrecht,
66 Vgl. Püttner, Verwaltungsrecht, S. 99 f. Siehe dazu nunmehr auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 29.
6*
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
84
chen Handelns hier keine positive Definition wie etwa der Verwaltungsakt in § 35 VwVfG. Im Gegenteil, er wird in der Hauptsache mittels der Abgrenzung, d.h. negativ definiert. Als Handlungstypus begriffen, könnte das schlicht-hoheitliche Handeln hier auch nur sehr unzureichend seine definitorische Funktion erfüllen. Die Spannweite und Kontraste der erfaßten Verwaltungstätigkeiten lassen jede begriffliche Schärfe als unmöglich erscheinen. In diesem Sinne erkennt die aufgezeigte Literaturansicht dem schlicht-hoheitlichen Handeln konsequenterweise eher die Funktion eines Sammelbegriffes zu, denn die eines Handlungstypus. In der neueren Literatur wird insoweit folgerichtig auch die Kategorie des sog. informellen Verwaltungshandelns diesem Sammelbegriff zugeordnet. Hierunter werden insbesondere Absprachen oder sonstige Kontakte zwischen der Verwaltung und dem Bürger vor Erlaß oder an Stelle einer behördlichen Entscheidung verstanden. 67 Einen etwas anderen Ansatz wählt Ehlers. 68 Er verwendet den Terminus zwar zunächst i m aufgezeigten Sinne. Im Anschluß führt er aber eine Differenzierung ein, die den Grad der Berührung des Verwaltungshandelns mit den Interessen der betroffenen Bürger als Maßstab nimmt. So unterscheidet er interne Tathandlungen, die nur den inneren Verwaltungsbereich betreffen, und externe Tathandlungen, die die Interessen der Bürger berühren. Die externen Tathandlungen wiederum unterteilt er in Erklärungen ohne Regelungsfunktion und Verrichtungen. Zu den internen Erklärungen zählt er innerbehördliche Mitteilungen, Gutachten und Stellungnahmen. Als Beispiel für externe Verrichtungen nennt er die Herstellung und Unterhaltung öffentlicher Wege, Plätze und Anlagen. Interessant ist dieser Ansatz, insofern als er aufzeigt, daß es sich um heterogene Erscheinungen der Verwaltungstätigkeit handelt, die einer weiteren Differenzierung zugänglich sind. Ehlers illustriert zudem, daß ein geeigneter Ausgangspunkt für eine derartige Unterscheidung die Betroffenheit der rechtlich geschützten Interessen der Bürger sein kann. Dies drängt dann weiter die Frage auf, ab welchem Grad von Betroffenheit von einer rechtlich zu beachtenden Außenrelevanz ausgegangen werden kann und wie Verwaltungshandlungen beschaffen sein müssen, um diesen Grad zu erreichen.
67 Vgl. Maurer, Verwaltungsrecht, § 15 Rdnr. 14; Erichsen, Verwaltungshandeln, § 32 Rdnr. 1. Auch in diesem Bereich zeichnet sich bereits eine Vielfalt an Synonymen ab. Siehe dazu Benz, DV 23, S. 83 ff., 84. Verwendet werden: Informelles, informales Verwaltungshandeln oder informelles Hoheitshandeln. Bulling hingegen schlägt den Begriff des kooperativen Verwaltungshandelns vor, DÖV 1989, S. 277 ff., 288. Vgl. nunmehr auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 25 ff., S. 38 ff. 68
Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 491.
I. Begriff s ver wendung in der Literatur
85
c) Identifikation des schlicht-hoheitlichen Handelns mit der Nichteingriffsverwaltung bzw. schlicht-verwaltender Tätigkeit Abschließend wendet sich das Augenmerk einer Gruppe zu, deren einer Teil von der Terminologie Walter Jellineks bewußt abweicht, deren anderer Teil diese jedoch fortführt. Prägend für die gesamte Gruppe und daher deren Bildung rechtfertigend ist ein Verständnis des schlicht-hoheitlichen Handelns, das vor allem durch die Abgrenzung von der hoheitlichen, d.h. „obrigkeitlichen" Eingriffs Verwaltung bestimmt wird. Das schlicht-hoheitliche Handeln erscheint daher vor allem als Nichteingriffsverwaltung. Insbesondere findet sich aber innerhalb dieser Gruppe auch die Hinwendung zur Charakterisierung bestimmter Handlungen. aa) Nichteingriffsverwaltung Eine Reihe von Autoren führt die Verwendung des Begriffes Nichteingriffsverwaltung ein. 6 9 Zum einen geschieht dies infolge einer Kritik des Begriffes von Walter Jellinek. 70 Zum anderen wird vor allem der Terminus Nichteingriffsverwaltung bewußt gewählt, um auch sprachlich eine eindeutigere Abgrenzung zur Eingriffsverwaltung, die sich des Verwaltungsaktes bedient, zu erhalten. Verstanden wird daher unter Nichteingriffsverwaltung, die gesamte Verwaltung, soweit sie nicht mit hoheitlichem Befehl und Zwang in die Rechtssphäre der Bürger eingreift. 71 Stern gebraucht denn auch die Bezeichnung „Nicht-Verwaltungsakte". 72 Diesen rechnet er Akte zu, von denen eine unmittelbare rechtserhebliche Wirkung noch nicht ausgeht, da sie entweder eine abschließende Entscheidung erst vorbereiten (vorbereitende Verwaltungsmaßnahmen) oder die kundgegebene Auffassung dem Bürger nicht schon mit verbindlicher Kraft ein bestimmtes Tun oder Unterlassen vorschreibt. 73
69
Vgl. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 133; Mallmann, S. 166.
70 Vgl. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 133, der die Bezeichnung schlichte Hoheitsverwaltung in vielerlei Hinsicht als „unglücklich" ansieht. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 53, Fn. 4; spricht von einem „verwirrenden Sprachgebrauch"; Mallmann, S. 206, meint, „der zwielichtige Begriff .schlichte Hoheitsverwaltung ' [habe] keinen Abgrenzungswert". 71 Sieht Mallmann, S. 166. 72 Vgl. Stern, Verwaltungsäußerungen, BayVBl. 1957, S. 86 ff., 86. Die Bezeichnung solle zum Ausdruck bringen, „daß es sich hier wohl um Verwaltungshandlungen öffentlich-rechtlicher Natur handelt, denen aber noch keine verbindliche Wirkung, wie dem Verwaltungsakt zukommt". 73 Vgl. Stern, Verwaltungsäußerungen, S. 86.
86
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
Zugeordnet kann hier auch Frotscher werden. 74 Zwar unterscheidet er nicht zwischen Realakten, Tathandlungen und schlicht-hoheitlichem Handeln, sondern benennt zunächst nur die Kategorie des schlichten Verwaltungshandelns. Kennzeichnen möchte Frotscher Handlungen und nicht eine Vielfalt von Aufgaben. Er argumentiert weitgehend mit dem Mittel der Abgrenzung zum Verwaltungsakt. Sein Vorschlag geht denn auch dahin, den Begriff „Nicht-Verwaltungsakt" für diejenigen hoheitlichen Maßnahmen einer Behörde zu verwenden, denen eines der konstitutiven Merkmale für die Annahme eines Verwaltungsaktes nach § 35 VwVfG fehlt. Gemeint sind damit Maßnahmen, denen eine selbständige Regelungsfunktion fehlt. Maßnahmen also, die die eigentliche behördliche Entscheidung erst vorbereiten (Vorbereitungshandlungen) oder die vorausgegangene Entscheidung lediglich bestätigen (sog. wiederholende Verfügungen). Interessanterweise unterscheidet er im weiteren drei Untergruppen innerhalb der Kategorie des Nicht-Verwaltungsaktes. Zu differenzieren ist seiner Ansicht nach zwischen verwaltungsinternen Rechtsakten (Innerdienstliche Weisungen, Organisationsakten, Aufsichtsmaßnahmen, Mitwirkungshandlungen), Realakten der Verwaltung und einer dritte Untergruppe, die sich aus justizfreien Hoheitsakten oder Regierungsakten zusammensetzt.75 Mag die letzte Untergruppe auch interessante Rechtsfragen aufwerfen, kann sie im Rahmen dieser Arbeit jedoch keine weitergehende Beachtung finden. Von Interesse ist hier aber die Aufteilung in verwaltungsinterne Rechtsakte und Realakte. Obwohl Frotscher vordergründig nur die Notwendigkeit der Herausbildung einer Kategorie „Nicht-Verwaltungsakt" sieht, 76 erkennt er letztlich doch an, daß es innerhalb dieser Kategorie Handlungen der unterschiedlichsten rechtlichen Qualität gibt, die einer weiteren Differenzierung zugänglich und bedürftig sind. Das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal scheint ihm dabei zu sein, inwieweit die Handlungen gestaltend auf die tatsächliche oder auf die rechtliche Ebene einwirken. Eine erste Trennlinie ist damit aufgezeigt. Im Unterschied zu Stern und Frotscher, die mit dem Begriff „Nicht-Verwaltungsakte" bestimmte Arten des Verwaltungshandelns umschreiben, wären Rüfner und Mallmann, die beide den Begriff „Nichteingriffsverwaltung" verwenden, auch der zweiten hier behandelten Gruppe zurechenbar. 77 Denn sie verwenden wie diese den Terminus in der Bedeutung eines Oberbegriffes, der für eine Vielzahl einzelner und unterschiedlichster Verwaltungshandlungen
74
Siehe Frotscher, Jura 1990, S. 1 ff., 4. Vgl. ebendort auch zum nachfolgenden.
75
Siehe Frotscher, Jura 1990, S. 4.
76
Dies dürfte vor allem ein Ergebnis der Methode sein, die von einer negativen Abgrenzung zum Verwaltungsakt geprägt ist. 77
Vgl. oben, S. 82.
I. Begriff s ver wendung in der Literatur
87
steht 78 und stellen entscheidend auf das Fehlen unmittelbarer Rechtsfolgen ab. In weit stärkerem Maße als diese heben sie aber auf die Abgrenzungsfunktion zum Verwaltungsakt ab und bringen dies durch die Begriffswahl zum Ausdruck. bb) Schlicht-verwaltende Tätigkeit Im Unterschied hierzu steht die Funktion der Handlung bei derjenigen Literaturmeinung deutlich im Vordergrund, die sich des Begriffes der schlichtverwaltenden Tätigkeit bedient. 79 Huber versteht unter schlicht-verwaltender Tätigkeit diejenigen Verwaltungshandlungen, die zwar dem öffentlichen Recht angehören, jedoch keinen Hoheitsakt gegenüber Dritten beinhalten. 80 Beschrieben werden sollen daher nicht mehr ganze Aufgabenkomplexe und Verwaltungsbereiche, sondern Verwaltungshandlungen. In bezug auf die Wesensmerkmale der schlicht-verwaltenden Tätigkeit sind die Ausführungen von Gamm hervorzuheben. 81 Obwohl Gamm meint, nur eine negative Abgrenzung vornehmen und die schlicht-verwaltende Tätigkeit als diejenige Verwaltungstätigkeit definieren zu können, die weder in den Bereich des hoheitlichen 82 noch den des privatrechtlichen Handelns fällt, 8 3 weist er doch auch auf spezifische Besonderheiten hin. So führt er aus, daß schlichte Verwaltungstätigkeit eine unmittelbare Anwendung von Gewalt vermeide. Obwohl keine hoheitlichen Akte im Sinne eines Verwaltungsaktes gesetzt würden, handele es sich dennoch um die Ausübung öffentlicher Gewalt. 8 4 „Bei Empfehlungen, Ratschlägen oder sonstigen Maßnahmen, die auf eine Willensbeeinflussung des Betroffenen gerichtet sind oder die - ohne die öffentliche Hand mit Einzelnen unmittelbar in Berührung zu bringen - den Erlaß von Verwaltungsakten vorbereiten oder unterstützen, wird ebenfalls öffentliche Verwaltung ausgeübt". 84 Der Staat zeige auch hier seine Herrschermacht, wenngleich teilweise verdeckt. Gamm meint weiter im Zusammenhang mit den der Information dienenden Handlungen, daß es an den Realitäten des Lebens vorbeigehen hieße, wenn 78
Vgl. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 133; Mallmann, S. 166.
79
Vgl. Gamm, NJW 1957, S. 1055 ff., 1056; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht,
S. 53. 80
Vgl. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 53.
si Siehe Gamm, NJW 1957, S. 1055 ff. 82
Hoheitliches Handeln wird an dieser Stelle von Gamm als obrigkeitliches verstanden. « Vgl. Gamm, NJW 1957, S. 1057. 84
Vgl. hierzu und zum nachfolgenden Gamm, S. 1056.
88
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
man diese Beeinflussung weniger ernst im Sinne einer Ausübung der öffentlichen Gewalt nehmen wollte als das Setzen reiner Hoheitsakte, also die Anwendung von Zwangsmaßnahmen. Hinter derart unverbindlichen Empfehlungen stehe doch regelmäßig die unausgesprochene Drohung der Staatsgewalt, bei einem nicht entsprechenden Verhalten des Betroffenen einen diesbezüglichen Verwaltungsakt zu setzen. 84 Diese Ausführungen beziehen sich zwar unmittelbar nur auf die angefühlten Informationshandlungen der Verwaltung. Es erscheint indes nicht voreilig, den Schluß zu ziehen, daß es Gamm als eines der Wesensmerkmale der schlicht-verwaltenden Tätigkeit ansieht, daß die von ihr bezweckten Zielsetzungen potentiell auch zwangsweise durchgesetzt werden können, d.h. mittels hoheitlichen, („obrigkeitlichen") Handelns. In diesem Sinne sind auch seine weiteren Ausführungen zu verstehen, wenn er schreibt, daß das schlichte Verwaltungshandeln eine Vorstufe des hoheitlichen Handelns darstelle. 85 Schlicht-verwaltende Tätigkeit liege nur vor, soweit es sich auch zu einem hoheitlichen Vorgehen (Erlaß von Verwaltungsakten) verdichten könne. 86 Sehr aufschlußreich für das Verständnis des Begriffes der öffentlichen Gewalt ist schließlich die Erklärung Gamms, daß die schlicht-verwaltende Tätigkeit neben dem Erlaß von Verwaltungsakten als hoheitliches Handeln angesehen werden könne, wenn man unter diesem die bloße Ausübung öffentlicher Gewalt verstehe. 87 Denn die öffentliche Gewalt wird hier nicht nur als die unmittelbar rechtlich wirksame (d. h. ohne Vermittlung durch weitere Rechtsakte) und daher unter Einhaltung des rechtsstaatlichen Verfahrens zwangsweise durchsetzbare staatliche Betätigung definiert. Vielmehr ist es als ausreichend anzusehen, daß staatliches Handeln letztlich auf derartige Rechtsakte (vorbereitend) hinführt oder hinführen kann. cc) Schlichte Hoheitsverwaltung Ausgangspunkt der Darstellung war die Begriffsprägung durch Walter Jellinek. 88 Sie soll nun auch Endpunkt sein, da nun die letzte Untergruppe ins Blickfeld gerät. 89 Diese knüpft nicht nur nahtlos an die Terminologie Jellineks 85 Siehe Fn 82. 86 Vgl. Gamm, NJW 1957, S. 1057. 87 Vgl. Gamm, S. 1056. 88 Siehe S. 70. 89 Hinzuweisen bleibt noch auf Stimmen in der neueren Literatur, die den Terminus „schlichte Hoheitsverwaltung" als konturlos abtun und zur Lösung anstehender Probleme neue Typen des Verwaltungshandelns einführen. Vgl. Bohne, Informales Verwaltungshandeln, VerwArch. 75, S. 343 ff., 345, der zur rechtlichen Erfassung informaler Verwaltungs- und Regierungspraktiken Typen informalen Verwaltungs- und Re-
I. Begriff sverwendung in der Literatur
89
an, sondern verwendet den Begriff „schlichte Hoheitsverwaltung" auch in dem von Jellinek intendierten Sinn. 9 0 Der Begriff der hoheitlichen Verwaltung wird wie bei Jellinek als gemeinsamer Oberbegriff für die obrigkeitliche und die schlichte Hoheitsverwaltung verstanden. Von schlichter Hoheitsverwaltung könne dann gesprochen werden, wenn Subjekte öffentlicher Verwaltung zwar auf Grund öffentlichen Rechts, aber nicht obrigkeitlich tätig werden. Betont wird hierbei, daß auch schlicht-hoheitliche Maßnahmen in Ausübung öffentlicher Gewalt i. S. d. Art. 19 Abs. 4 GG ergingen. 91 Deutlich wird wieder, daß die schlichte Hoheitsverwaltung negativ definiert wird, d. h. in der Abgrenzung zur obrigkeitlichen Verwaltung. Ihre Konturen bleiben daher unscharf und vermögen gewissermaßen nur die äußere Schale zu beschreiben. Weiter wird, ähnlich wie bei Gamm, 9 2 als eines der Wesensmerkmale der enge Zusammenhang mit der potentiellen zwangsweisen Durchsetzbarkeit der verfolgten Zwecke gesehen.93 Nach Schack liegt schlichte Hoheitsverwaltung immer dann vor, wenn der Staat zwar hoheitlich, d. h. kraft der übergeordneten Stellung des Staates über die Bürger als Ausfluß der öffentlichen Gewalt des Staates Verwaltung führt, jedoch auf dem betreffenden Verwaltungsgebiet in der Hauptsache nicht obrigkeitlich, d. h. mit Befehl oder Zwang tätig wird. 9 4 Wie bereits bei Jellinek wird nicht trennscharf zwischen Handlung und Aufgabe unterschieden. So wird beispielsweise im Verwaltungsrechtslehrbuch von Wolff/Bachof in der neunten Auflage noch einerseits von schlichter Hoheitsverwaltung gesprochen, an anderer Stelle aber werden ohne eine Bezugnahme oder Abgrenzung zu dieser die tatsächlichen Verwaltungshandgierungshandelns unterscheiden will. Derartige informale Handlungstypen sollen den Begriff der schlichten Hoheitsverwaltung ersetzen. Interessant ist daran für unsere Untersuchung vor allem die Wahl eines bereichsspezifischen Ansatzes. Siehe dazu auch Bohne, Informale Rechtsstaat, S.42, und insbesondere S. 47: „Informale öffentlich-rechtliche Entscheidungen im Gesetzesvollzug sind also nach herkömmlicher Terminologie alle schlicht-hoheitlichen Entscheidungen, die in der Form eines Verwaltungsaktes, eines Verwaltungsvertrages oder öffentlich-rechtlichen Willenserklärung hätte getroffen werden können". Kritisch äußert sich dazu Burmeister, Joachim, S. 203 f. Siehe auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Α., § 57 Rdnr. 4 ff. 90 Vgl. Schack, DÖV 1970, S. 40 ff.; Terpitz, DÖV 1969, S. 740 ff.; so auch noch Wolff/Bachof 9. Α., § 23 III.; differenzierend dagegen jetzt Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Α., § 23 Rdnr. 40. 91 Vgl. Wolff/Bachof
9.A., § 23 I I I b.
92 Siehe S. 88. 93 Siehe Wolff/Bachof
9. Α., § 23 I I I b.
94 Vgl. Schack, DÖV 1970, S. 43.
90
§ 6 Der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns
lungen behandelt. 95 Dies läßt den Schluß zu, daß die schlichte Hoheitsverwaltung hier eher einen Verwaltungsbereich beschreiben soll denn eine Kategorie des Verwaltungshandelns. 96 Infolgedessen ist auch hier wie schon bei Jellinek eine beispielhafte Aufzählung vorzufinden, die ganze Aufgabenkomplexe benennt. 97
Π. Zusammenfassung Deutlich zutage trat die bereits anfangs postulierte Vielzahl und Vielfalt der vorhandenen Literaturmeinungen. Wie bereits zu Anfang betont, soll die erfolgte Darstellung der unterschiedlichen Ansätze denn auch nicht mehr sein als ein erster Versuch einer Strukturierung. Insbesondere die gewählte Gruppeneinteilung und die Auswahl der ihr zugrundeliegenden Unterscheidungsmerkmale sind selbstverständlich nicht zwingend. Auch andere Einteilungskriterien sind durchaus denkbar. Es muß ebenso betont werden, daß Überschneidungen nicht immer auszuschließen waren und in manchen Fällen auch die Einordnung in eine andere Gruppe möglich gewesen wäre. Der Leitgedanke der Darlegung war es, die Kontraste und, soweit vorhanden, die Gemeinsamkeiten unter den Gruppen aufzuzeigen. Es kann zusammenfassend festgestellt werden, daß zwar einerseits nicht von einem einheitlichen Meinungsbild gesprochen werden kann. Andererseits lassen sich jedoch einige, in sich durchaus geschlossene, Ansichten herauskristallisieren. Es handelt sich daher nicht um einen „unsichtbaren" oder „profillosen" Begriff, sondern um einen, der bislang eine vielfältige und uneinheitliche Verwendung in der Literatur findet. Der Vorwurf der Undefinierbarkeit könnte seine Rechtfertigung noch am ehesten in derjenigen Literaturmeinung finden, die das schlicht-hoheitliche Handeln zur Umschreibung ganzer Verwaltungsbereiche (Leistungs-, Betreuungsverwaltung) heranzieht. So verstanden kommt dem Terminus die Bedeutung eines Sammelbegriffes zu; mehr aber auch nicht. Der Vorwurf der Unbestimmbarkeit kann hier aber deswegen nicht verfangen, weil ein derartiger Sammelbegriff notwendigerweise eine gewisse Spannweite aufweist und damit verbunden durch eine Unschärfe gekennzeichnet ist. Eine konkrete Ka95 Vgl. Wolff/Bachof, 9. Α., § 45 Π a. In der 10. Auflage hingegen tritt Stober unter Verwendung einer neuen Terminologie für eine Differenzierung zwischen schlicht-hoheitlichem und schlichtem Verwaltungshandeln ein, Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23 Rdnr. 40 u. § 57 Rdnr. 1. 96 In diesem Sinne sind auch die Ausführungen von Terpitz, S. 741 f. und diejenigen Schacks, S. 43, zu verstehen. 97
Siehe Schack, S. 41, der Beispiele aus dem Amtshaftungsrecht und neben anderem die Herstellung und Unterhaltung öffentlicher Wege und Plätze anführt.
II. Zusammenfassung
91
tegorie des Verwaltungshandelns soll eben bereits bestimmungsgemäß nicht beschrieben werden. Dies kann auch eine weitere Ansicht für sich in Anspruch nehmen, die zwar keine bestimmten Verwaltungsbereiche kennzeichnen will, aber ganze Aufgabenkomplexe bzw. ein Konglomerat der Aufgabe und der jeweiligen Handlungen umschreiben will. Wieder soll kein Handlungstypus definiert, sondern ein Oberbegriff eingeführt werden. Eine derartige Begriffsverwendung zeichnet sich notwendig durch eine erhebliche Spannweite und damit verbundene Unschärfe aus; wird seiner ihm zugedachten Funktion aber gerecht. Einen anderen Ansatz hingegen verfolgen diejenigen Stimmen in der Literatur, die das Element der Handlung in den Vordergrund stellen. Teilweise verliert dieser Ansatz allerdings seine Stringenz indem versucht wird, ihm unterschiedslos alle jene Verwaltungshandlungen zuzuordnen, die nicht als Verwaltungsakt eingeordnet werden können, die aber auch nicht als fiskalisch bewertet können. Da hier die unterschiedlichsten Handlungsformen mit einem Begriff erfaßt werden sollen, ist eine über die Abgrenzung zum Verwaltungsakt hinausgehende Funktion nicht ohne weiteres erkennbar. Aufgezeigt wurde aber auch ein weitergehender Ansatz, der darüber hinaus Merkmale bestimmter Handlungen positiv umschreibt. Es bleibt zu prüfen, ob dies auch im Rahmen unserer Untersuchung fruchtbar gemacht werden kann.
§ 7 Rechtsvergleichender Ausblick Das bisher gefundene Ergebnis und die dargestellte Vielfalt des Meinungsbildes in der deutschen Literatur lassen es angebracht erscheinen, einen verwaltungsrechtsvergleichenden Ausblick in die Nachbarländer zu wagen, um auf diesem Wege möglicherweise Anregungen für das deutsche Verwaltungsrecht zu erhalten. Diese Vorgehensweise scheint auch im Hinblick auf die in letzter Zeit vielfach diskutierte, zunehmende Europäisierung des Verwaltungsrechts und die wachsende, grenzübergreifende Planungs- und Koordinationstätigkeit der Verwaltungen gerechtfertigt. 1 In Frage kann dabei im Rahmen dieser Arbeit nur die Verwaltungsrechtswissenschaft derjenigen Staaten kommen, deren Verwaltungsrecht eine dem deutschen grundsätzlich ähnliche Entwicklung genommen hat und das folglich vergleichbare Strukturen aufweist. Das Augenmerk wird sich daher auf die Verwaltungsrechtsliteratur in der Schweiz und in Österreich richten. Angestrebt wird keine vollständige Erfassung und Durchdringung der jeweiligen Veröffentlichungen, sondern es soll an Hand einer Auswahl ein repräsentativer Überblick über den jeweiligen Meinungsstand gewonnen werden. Das Ziel ist es festzustellen, ob eine ähnliche Rechtsproblematik besteht und falls dies bejaht werden kann, welche Lösungswege beschritten werden. Interessant wird es sein, zu sehen, inwieweit eine Übereinstimmung bzw. Diskrepanz zur deutschen Verwaltungsrechtsdogmatik konstatiert werden kann.
I. Schweizerische Verwaltungsrechtsliteratur Es kann bereits eingangs festgehalten werden, daß die schweizerische Verwaltungsrechtsliteratur als „verfügungsfixiert" bezeichnet werden darf; 2 ähnlich wie die deutsche als „verwaltungsaktfixiert" gelten kann. Schwarzenbach etwa behandelt außer der Verfügung unter der Kategorie „tatsächliches Verwaltungshandeln" nur kurz den Plan. 3 1
Zu denken ist beispielsweise an die Koordinationsbestrebungen der „Regio" im oberrheinischen Dreiländereck (Basel-Stadt und Land, südl. Elsaß, Südbaden). Vgl auch Ehlers, Verwaltung, § 3. 2
In der schweizerischen Terminologie wird an Stelle des Begriffes Verwaltungsakt derjenige der Verfügung verwendet. 3
Schwarzenbach, S. 99 ff.; vgl. auch Fleiner-Gerster, und schweizerischen Verwaltungsrechts.
Grundzüge des allgemeinen
I. c h i s c h e Verwaltungsrechtsliteratur
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Verbreitet ist die Unterscheidung zwischen Rechtsakten und Realakten.4 Innerhalb der Kategorie der Realakte erfolgt jedoch keine weitere Unterteilung in Kategorien unterschiedlicher rechtlicher Relevanz. Knapp versteht unter Realakten physische Eingriffe mit rechtlichen Folgen.5 Sie differenziert zwischen Realakten, die unmittelbare rechtliche Folgen zeitigen, die eine Verfügung konkretisieren oder eröffnen, Gesetze oder Verfügungen vollziehen, Rechtsverletzungen beenden oder der Vorbereitung von Verfügungen dienen. 6 Eine unterschiedliche rechtliche Behandlung leitet sie daraus nicht ab. Schwarzenbach-Hanhart behandelt das tatsächliche Verwaltungshandeln im Rahmen der nicht hoheitlichen Verwaltung und setzt es mit dem im öffentlichen Interesse erbrachten Dienstleistungen gleich. 7 Er versteht unter diesen Dienstleistungen eine Vielzahl der unterschiedlichsten Handlungen und Aufgaben.8 In Zusammenhang damit steht die vielfach anzutreffende Differenzierung nach Verwaltungsbereichen, insbesondere nach Eingriffs- und Leistungsverwaltung bzw. schlichter Verwaltung. 9 Nach Gygi stellt die schlichte Verwaltung eine noch weitgehend unbewältigte Art von Verwaltungsgeschehen dar. 1 0 Seinen Ausführungen gemäß wurde diese früher im Gegensatz zur Eingriffsverwaltung verstanden, weil sie nicht hoheitlicher, 11 nicht gebietender Art erschien. Heute aber versteht Gygi unter schlichter Verwaltung ganze Aufgabenkomplexe, die mit dem unterschiedlichsten rechtlichen Instrumentarium für 4
Siehe anstatt vieler Knapp, Rdnr. 102.
5 Knapp, Rdnr. 105. 6 Knapp, Rdnr. 894. 7
Schwarzenbach-Hanhart,
S .135.
8
Er zählt beispielhaft auf: „Die Lieferung von Gas, Elektrizität, Wasser, Pflege von Geisteskranken, Bau der Nationalstrassen, Vorarbeiten für die Gesetzgebung, Ausarbeiten von Berichten zu Motionen [Anmerkung des Verf.: schriftl. Anfragen im Parlament], Aufstellen eines Finanzplanes, eines Regionalplanes, eines Zonenplanes", vgl. Schwarzenbach-Hanhart, S. 135. 9 Häfelin/Müller, S. 6 Rdnr. 18 ff.; Gygi, S. 30 f.; Fleiner-Gerster, S. 28, w i l l zwischen Eingriffs-, Leistungs-, Abgabe-, Planungs- und Bedarfsverwaltung unterscheiden; Knapp, Rdnr. 108 ff., unterscheidet in Anlehnung an das französische Recht zwischen Eingriffsverwaltung und Verwaltung der öffentlichen Dienste. Hierunter versteht sie die Tätigkeit des Staates mit der die Befriedigung eines sozialen Bedürfnisses unter den vom Gesetzgeber festgelegten Bedingungen erfolgt, Rdnr. 111. 10 11
Hierzu und zum nachfolgenden: Gygi, S. 30 f.
„Hoheitlich" wird hier weitgehend im Sinne von obrigkeitlich verstanden. Die Einteilung der hoheitlichen Verwaltung in obrigkeitliches und hoheitliches, aber nicht obrigkeitliches, Handeln ist im schweizerischen Recht soweit ersichtlich nicht in ähnlicher Weise wie im deutschen Recht verbreitet.
§ 7 Rechtsvergleichender Ausblick
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ihre Umsetzung ausgestattet sind wie beispielsweise angewandte Forschung, Wirtschafts-, Konjunktur- und Arbeitsmarktforschung, Informationen, Richtpläne der Raumordnung, Richtpreise oder die Vorstufe korrigierender Eingriffe. Der Begriff der schlichten Verwaltung wird also als Sammelbegriff für verschiedene öffentliche Aufgaben verstanden. Häfelin/Müller hingegen verstehen unter dem sog. schlichten oder tatsächlichen Verwaltungshandeln Verwaltungstätigkeiten, die nicht auf Rechtswirkungen gerichtet sind. 1 2 Im Vordergrund stehen nicht Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, sondern deren Handlungen. Das schlichte Verwaltungshandeln nimmt daher die Stellung eines Oberbegriffes für mehrere, verschiedene Verwaltungshandlungen ein. Hinzugezählt werden die Realakte, Auskünfte, Belehrungen, Empfehlungen, Warnungen und ähnliches sowie amtliche Berichte und Vernehmlassungen. Das charakteristische Merkmal wird darin gesehen, daß das schlichte Verwaltungshandeln nicht unmittelbar auf Rechtswirkungen ausgerichtet ist, jedoch gleichwohl die Rechtsstellung von Privaten berühren könne. 13 Ähnlich wie in der deutschen Literatur wird auch hier ein Bezug zum sog. informellen Verwaltungshandeln hergestellt, da auch dieses nicht primär auf Rechtswirkungen abziele. 14 Ob Häfelin/Müller davon ausgehen, daß es sich jedenfalls teilweise um Ausübung öffentlicher Gewalt handelt, die jedoch nicht „obrigkeitlich-hoheitlich" vorgeht, kann nur gemutmaßt werden, denn die in Deutschland übliche Zweiteilung der Hoheitsverwaltung wird in der Schweiz so nicht vorgenommen und findet sich daher auch in der Terminologie nicht wieder. 15 Informelles Verwaltungshandeln oder Realakte werden folglich der nicht-hoheitlichen 15 Verwaltungstätigkeit zugeordnet. 16 Als Fazit dieses Überblickes darf angemerkt werden, daß der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns keinen Einzug in das schweizerische Verwaltungsrecht hielt. Eine Übernahme des Ansatzes von Walter Jellinek ist nicht ersichtlich. Daher findet sich auch keine Auseinandersetzung mit dem Begriff und der ihn begleitenden Problematik. Trotz dieses deutlichen Unterschiedes sind dennoch Ähnlichkeiten feststellbar. Zunächst ist die schweizerische Verwaltungsrechtsdogmatik in noch stärkerer Weise wie die deutsche auf die Verfügung bzw. den Verwaltungsakt fixiert. Die geringe dogmatische Durch12 Vgl. Häfelin/Müller,
Rdnr. 602i.
13 Vgl. Häfelin/Müller,
Rdnr. 602m.
Vgl. Häfelin/Müller,
Rdnr. 602j.
15 Siehe Fn. 11. 16 Siehe Häfelin/Müller, Rdnr. 17 und 20. Bestätigung könnte diese Annahme insoweit finden, als die Autoren davon ausgehen (Rdnr. 20), daß die Leistungsverwaltung zum Teil hoheitlicher Natur sei. Der Begriff „hoheitliche Natur" scheint hier die „Ausübung öffentlicher Gewalt" im bundesdeutschen Sprachgebrauch zu meinen.
II. Österreichische Verwaltungsrechtsliteratur
95
dringung des tatsächlichen bzw. schlichten Verwaltungshandelns wird mit der Kenntnis des Umstandes verständlich, daß das schweizerische Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrecht an die Verfügung als Anfechtungsobjekt anknüpfen, andere Verwaltungshandlungen aber nur inzident überprüfbar sind. 1 7 Dies bedingt natürlich eine Ausrichtung der Verwaltungsrechtsdogmatik auf die Verfügung und eine Vernachlässigung anderer Arten des Verwaltungshandelns. Häfelin/Müller bezeichnen denn auch das Problem des Rechtsschutzes beim tatsächlichen bzw. informellen Verwaltungshandeln als noch nicht befriedigend gelöst. 18 Wie in der deutschen Verwaltungsrechtsliteratur finden sich Stimmen in der schweizerischen Literatur, die bemüht sind, mit Hilfe eines Begriffes ganze Aufgabenkomplexe zu erfassen, ohne jedoch eine weitere „Binnendifferenzierung" vorzunehmen. Deutlich tritt aber auch eine Ansicht hervor, die dem Begriff „schlichtes Verwaltungshandeln" die Funktion eines Oberbegriffes für Verwaltungshandlungen zukommen läßt. Jedoch findet sich keine weitergehende Unterscheidung innerhalb dieses Bereiches. Es kann daher Briihwiler-Frésey zwar nicht uneingeschränkt zugestimmt werden, wenn er für die schweizerische Verwaltungsrechtsdogmatik zusammenfassend feststellt, daß eine überzeugende Gliederung in diesem Bereich bislang nicht vorliegt und klassebildende Kriterien aus den bisherigen Einteilungsversuchen nicht ersichtlich sind. 1 9 Aber für unsere Untersuchung ist die Aussage doch zutreffend, daß weiterführende Erkenntnisse für das bundesdeutsche Verwaltungsrecht nicht gewonnen werden können.
II. Österreichische Verwaltungsrechtsliteratur Es bleibt zu untersuchen, ob diese Bewertung auch für die österreichische Verwaltungsrechtsdogmatik Geltung beanspruchen darf oder ob sich nicht doch ein vielversprechenderes Bild ergibt. Nach über einem Jahrzehnt seit der Begriffsprägung durch W. Jellinek behandelt Herrnritt in seinen Verwaltungsrechtsbuch aus dem Jahre 1925 eine Kategorie der „schlichten Hoheitsverwaltung" noch nicht. 2 0 Jedoch differenziert er zwischen Verwaltungshandlungen, die Akte der obrigkeitlichen Gewalt gegenüber den Gewaltunterworfenen sind und solchen, „durch die der Staat, ohne von der obrigkeitlichen Gewalt Gebrauch zu machen, in ähnlichen Formen wie der einzelne seine Aufgaben besorgt" 20 . Die letzteren bezeichnet 17 Vgl. Häfelin/Müller, ι» Vgl. Häfelin/Müller, 19 Brûhwiler-Frésey, 20 Herrnritt,
S. 27 f.
Rdnr. 602m. Rdnr. 602m. Siehe dazu auch Knapp, Rdnr. 897. Rdnr. 468.
§ 7 Rechtsvergleichender Ausblick
96
er als „fördernde" Tätigkeit, als Pflege oder Fürsorge und zählt insbesondere auch Handlungen der privatwirtschaftlichen Verwaltung hinzu. 2 1 Herrnritt unterteilt folglich die Hoheitsverwaltung in ähnlicher Weise wie W. Jellinek. Er stellt jedoch im Unterschied zu diesem deutlich auf Elemente des Verwaltungshandelns ab und nimmt keine Vermengung von Aufgabe und Handlung vor. 2 2 In der aktuellen österreichischen Verwaltungsrechtsliteratur ist zwar auch eine ausgeprägte Ausrichtung der Verwaltungsrechtsdogmatik auf den Verwaltungsakt erkennbar. 23 Dennoch wird dem Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns bzw. seinen Synonymen Aufmerksamkeit entgegengebracht. Dies wird jedoch bei Funk noch nicht in aller Deutlichkeit sichtbar, denn er unterscheidet zunächst nur zwischen HoheitsVerwaltung i. S. einer Ausübung von Staatsgewalt (imperium) und nichthoheitlicher Verwaltung im Sinne einer Privatwirtschaftsverwaltung. 24 Diese Unterscheidung will er aber auch auf jene Teile des Verwaltungsgeschehens erstrecken, die nicht allein schon auf Grund ihrer äußeren Form zu identifizieren sind, also etwa auf vorbereitende und begleitende Handlungen. 25 Er geht also offenbar davon aus, daß der Bereich der Hoheitsverwaltung nicht nur durch Verwaltungshandlungen geprägt ist, die, mit den Mitteln von Befehl und Zwang versehen, die Herbeiführung einer unmittelbaren Außenrechtswirkung bezwecken. Eine eindeutige Zuordnung dieser bei Funk nicht näher gekennzeichneten Form des Verwaltungshandelns zum Bereich der hoheitlichen Verwaltung ist nach seiner Ansicht unter Umständen mit größeren Schwierigkeiten verbunden. 25 Im Gegensatz hierzu verwendet Antonioiii die Terminologie Walter Jellineks und übernimmt auch dessen Begriffsbedeutung. In der Hoheitsverwaltung herrsche Über- und Unterordnung; „der Staat trete als Träger überragender Macht, der Staatsgewalt, dem seiner Macht unterworfenen Bürger gegenüber". 26 In der Privatwirtschafts Verwaltung hingegen begebe sich der Staat seiner Macht. Für diejenigen Fälle, bei denen auch im Rahmen der Hoheitsverwaltung der Einsatz der Gewalt des Staates ganz in den Hintergrund trete, schlägt er die Übernahme der in der deutschen Verwaltungsrechtswissenschaft eingebürgerten Bezeichnung „schlichte Hoheitsverwaltung" 21 Vgl. Herrnritt,
S. 27 Rdnr. 2.
22
Zwar benennt auch Herrnritt, S. 27., Aufgabenkomplexe wie „Verwaltung der staatlichen Domänen, Monopole, Eisenbahnen, Postbetrieb u.s.w.", aber entscheidender Bezugspunkt ist für ihn nicht die Art der Aufgabe, sondern die der Handlungsform. 23 Siehe Adamovich/Funk, 24 Vgl. Funk, S. 124. 25 Vgl. Funk, S. 125. 26 Antonioiii,
S. 10.
S. 107 ff. und 199 ff.
II. Österreichische Verwaltungsrechtsliteratur
97
vor. 2 7 Antonioiii beabsichtigt bei seiner Darstellung nicht eine Kategorie des Verwaltungshandelns zu beschreiben, sondern es geht ihm um das Kenntlichmachen eines Ausschnittes aus dem Betätigungsfeld der Verwaltung, in dem die Verwaltung zwar einerseits nicht privatrechtlich agiert, sich andererseits aber auch keiner obrigkeitlichen Mittel bedient. Auch Koja verwendet die Terminologie W. Jellineks, er führt aber im Vergleich zu diesem einen engeren und genaueren Bedeutungsgehalt ein. Koja bezeichnet die Einsicht als wichtig, daß es eine Tätigkeit der Verwaltungsorgane gebe, bei der es sich zwar um Hoheitsverwaltung handele, bei der aber der Einsatz der spezifischen Rechtsmacht des Staates ganz in den Hintergrund trete, d. h. in denen also nicht gleich die an sich zu Verfügung stehende Befehls- und Zwangsgewalt zum Einsatz käme. 28 Unter einer derartigen „schlichten Hoheitsverwaltung" versteht er ein Verwaltungshandeln, das nicht privatwirtschaftlicher Natur ist, sondern vielmehr zum Bereich der Hoheitsverwaltung gehört, auch wenn im konkreten Fall kein Hoheitsakt gesetzt wird. 2 9 Koja definiert den Begriff also negativ und will eine bestimmte Art von Verwaltungshandlungen bezeichnen. Ähnlich wie dies in der deutschen Verwaltungsrechtsliteratur vertreten wird, sieht es Koja als bestimmend an, daß es sich um eine potentiell hoheitliche Verwaltung handele, die durch den Einsatz von „Imperium" zur „aktuellen" Verwaltung werden könne. Der Bereich der hoheitlichen Verwaltung umfasse also Verwaltungstätigkeiten „verschiedener Intensität [der Ausübung öffentlicher Gewalt]". 3 0 Diesen Ansatz führt Puck fort. Er wendet sich zunächst gegen die synonyme Verwendung der Begriffe hoheitlich und obrigkeitlich. 31 Nach Puck greift man zu kurz, wenn man die Hoheitsverwaltung als durch den obrigkeitlichen, d. h. einseitig von der Verwaltungsbehörde erlassenen Befehls- (oder Zwangs)akt gekennzeichnet sieht und sie der privatrechtsförmigen Verwaltung gegenüberstellt. Denn eine Reihe von Verwaltungshandlungen könne damit nicht befriedigend eingeordnet werden. Gemeint sind damit jene Fälle, „in denen die Verwaltungsorgane einerseits nicht in der Handlungsform des Bescheides, der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsge27 Siehe Antonioiii, S. 11, der meint, daß besonders in der Selbstverwaltung hoheitliche Gewalt seltener zur Verfügung stehe. Aber auch dort liege noch immer Hoheitsverwaltung vor; von Privatwirtschaftsverwaltung könne nicht die Rede sein. 28
Siehe Koja, S. 23.; Koja spricht in diesem Zusammenhang auch davon, daß „das Imperium in „zurückhaltender Weise" ausgeübt" werde. 29
Vgl. Koja, S. 24.
30 Koja, S. 24. 31 Vgl. Hierzu und zum nachfolgenden: Puck, S. 293 f. 7 Stehlin
98
§ 7 Rechtsvergleichender Ausblick
wait, der Weisung oder der Verordnung tätig werden, andererseits aber ganz offenbar auch nicht namens der betreffenden juristischen Person als Trägerin von Privatrechten auftreten". 32 Diese Art des Verwaltungshandelns bezeichnet er als schlichte oder „vielleicht deutlicher" nicht-obrigkeitliche (nicht-befehlende) Hoheitsverwaltung. Den Terminus „obrigkeitlich" verwendet er dabei in der Bedeutung von „befehlend, anordnend i. S. von einseitiger (heteronomer) Normerzeugung". Die Hoheitsverwaltung umfaßt daher nach seiner Ansicht einen Bereich öffentlich-rechtlicher, nicht privatrechtsförmiger Verwaltung, der weiter ist als der durch die obrigkeitlichen Handlungsformen umschriebene Bereich. Kennzeichen der schlichten Hoheitsverwaltung sei es, daß sie entweder keine oder keine einseitig normerzeugende Verwaltungshandlungen beinhalte. 33 Zu dieser Kategorie rechnet er Auskünfte, Mitteilungen, Belehrungen, Beurkundungen, in einem Verwaltungsverfahren abzugebende Erklärungen, Bescheinigungen, Stellungnahmen, Gutachten, Teilakte in Organkreationsverfahren, mit der obrigkeitlichen Verwaltung in unmittelbarem Zusammenhang stehende Realhandlungen. 34 Eingehender behandelt er die Mitwirkung von Amtsparteien am Verfahren und den verwaltungsrechtlichen Vertrag. 35 Ausdrücklich verwendet Puck den Begriff zur Kennzeichnung bestimmter Verwaltungshandlungen und nicht eines Verwaltungsbereiches. 36 Er verwahrt sich weiter gegen eine Gleichsetzung des Begriffes mit der Leistungs- und Lenkungsverwaltung, denn diese erfolge sowohl in privatrechtsförmigen als auch in hoheitlichen Handlungsformen. Insgesamt werden die Gemeinsamkeiten der österreichischen und der deutschen Verwaltungsrechtsliteratur deutlich. Die österreichische Verwaltungsrechtsdogmatik scheint sich jedoch durch eine einheitlichere, in der Tradition W. Jellineks stehende, Terminologie auszuzeichnen. Konsequenter als dies bislang in der deutschen Verwaltungsrechtswissenschaft geschieht, sollen Handlungen gekennzeichnet werden. Insbesondere Puck spricht die Notwendigkeit an, eine zweite Handlungskategorie innerhalb der Hoheitsverwaltung näher zu betrachten. Die Abkehr von einer Funktionsverwendung als Sammelbegriff für ein Konglomerat von Aufgaben und Handlungen hin zum Ver-
32 Puck, S. 293 f. 33 Unter einer Norm versteht Puck hier wohl auch den Verwaltungsakt. 34 Vgl. Puck, S. 294 Fn. 64. 35 Siehe Puck, S. 294 ff.; Anzumerken ist, daß der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag in Österreich bislang keine den §§ 54 ff. VwVfG vergleichbare Normierung erfahren hat und seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit umstritten ist, vgl. S. 296. Siehe hierzu auch Hengstschläger, Verträge, S. 298 ff., 299 f. und zur vergleichbaren Situation in der Schweiz Schweizer, S. 314 ff. 36 Vgl. Puck, S. 294 Fn. 63.
III. Kritik
99
ständnis als Handlungskategorie erscheint in Österreich entschlossener zu erfolgen.
I I I . Kritik
Während also der rechtsvergleichende Ausblick in die Verwaltungsrechtsliteratur der Schweiz keine Anregungen für die dogmatische Behandlung der Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns im deutschen Verwaltungsrecht erbringen konnte, mag die starke Akzentuierung des Handlungselementes in der österreichischen Verwaltungsrechtsdogmatik Anlaß zu Überlegungen für den bundesdeutschen Rechtskreis sein, ob und inwieweit ein derartiges Verständnis des schlicht-hoheitlichen Handelns auch hier gewinnbringend sein könnte.
§ 8 Schlicht-hoheitliches Handeln in der Rechtsprechung Die Darstellung der unterschiedlichen Terminologie und der mannigfaltigen Begriffsverwendung soll nun mit einem Überblick über die Rechtsprechung ihren Abschluß finden.
I. Bundesverwaltungsgericht Die Terminologie des Bundesverwaltungsgerichtes ist durch keine besondere Begriffsschärfe gekennzeichnet.1 In einer frühen Entscheidung, die die Frage der Anwendbarkeit der Grundsätze der schadensgeneigten Arbeit auf die Amtshaftung gem. Art. 34 GG, § 839 BGB zum Gegenstand hat (Verkehrsunfall während einer Dienstfahrt), ordnete das Bundesverwaltungsgericht die „schlichte Verwaltung" weder eindeutig dem hoheitlichen noch dem nichthoheitlichen Bereich zu, sondern nennt sie zusammen mit der fiskalischen Tätigkeit, jedoch ohne sie mit dieser zu identifizieren oder sie von ihr abzugrenzen. 2 Das Bundesverwaltungsgericht war in seiner nachfolgenden Rechtsprechung um eine Klärung der Begriffsverwendung bemüht. Es stellte daher in späteren Entscheidungen ausdrücklich klar, „daß mit diesem Begriff [schlichte Verwaltung] nur die nicht-hoheitliche (fiskalische) Tätigkeit des Staates gemeint ist". 3 Die schlichte Verwaltung wird hier also mit dem fiskalischen Handeln des Staates identifiziert und folglich aus der Amtshaftung ausgeschieden. Denn die Amtshaftung wird vom Bundesverwaltungsgericht auf die hoheitliche Verwaltung beschränkt, die die mit Zwangsmitteln durchsetzbare Eingriffsverwaltung oder die auch als sog. Daseinsvorsorge umfassende hoheitliche Tätigkeit umfaßt. 4 Der von Walter Jellinek mit schlichter Hoheitsverwaltung beschriebene Verwaltungsbereich wird hier also in Anleh-
1
So auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 18 f.
2 BVerwGE 19, 243, 251, (Verkehrsunfall während einer Dienstfahrt). 3 BVerwGE 34, 123, 126 = BVerwG DÖV 1970, 489 ff., 489, (Amtshaftung: Nichtanmeldung von Putzfrauen zur Zusatzversicherung); BVerwGE 37, 192, 193 f. (Haftung eines Kassenbeamten wegen Kassenfehlbeträgen). Siehe auch BVerwGE 47, 247 (Pressefahrt der Bundesbahn). 4
BVerwG DÖV 1970, 489 ff., 489; BVerwGE 37, 192, 193 f.
II. Bundesgerichtshof
101
nung an Forsthoff als Daseins Vorsorge tituliert. 5 Es soll also ein Verwaltungsbereich gekennzeichnet werden, der typischerweise nicht mit den Mitteln der Eingriffsverwaltung agiert, der aber dennoch der hoheitlichen Verwaltung zugerechnet werden kann. In jüngeren Entscheidungen indes, die Presseerklärungen der Staatsanwaltschaft 6 oder die Warnung vor Jugendsekten7 betrafen, ist ein Bedeutungswandel dahingehend erkennbar, daß mit den synonym verwendeten Begriffen schlicht-hoheitliches Handeln bzw. schlichtes Verwaltungshandeln auch ein Handeln der Verwaltung erfaßt sein kann, das geeignet ist, eine Person in ihren Rechten zu verletzen.
IL Bundesgerichtshof 1. Terminologie Der Bundesgerichtshof, der mit dem Bereich des schlicht-hoheitlichen Handelns im Rahmen seiner Zuständigkeit für Fragen des Amts- bzw. Staatshaftungsrechts befaßt ist, 8 lehnt sich in seiner Terminologie stark an W. Jellinek an und verwendet den Begriff der „schlichten Hoheitsverwaltung" auch in vergleichbarer Weise. So führt das Gericht in einer Entscheidung, die die Personenbeförderung durch die Bundespost als Ausübung öffentlicher Gewalt und damit als hoheitliche Tätigkeit qualifiziert, aus: „[ ] ist zu beachten, daß Ausübung öffentlicher Gewalt nicht nur die Anwendung obrigkeitlicher Zwangsmittel ist, sondern auch in der Betätigung öffentlicher Fürsorge liegen kann. Der Gegensatz zur fiskalischen Verwaltung ist zwar die hoheitliche Verwaltung, die aber entweder schlichte Hoheitsverwaltung (durch Ausübung von Schutz und Fürsorge) oder Obrigkeitsverwaltung (durch Anwendung von Befehlen, Zwangs- und Machtmitteln) ist". 9 Es findet sich also die von Jellinek vorgenommene Zweiteilung der hoheitlichen Verwaltung ebenso wie das jellineksche Verständnis der schlichten HoheitsVerwaltung wieder. 10 Stärkere Betonung als bei Jellinek findet aber in dieser Entscheidung, in Übereinstim-
5 Wenngleich die schlichte Hoheitsverwaltung im Sinne Jellineks umfassender als die bloße Daseinsvorsorge zu verstehen ist.
6 BVerwG NJW 1989, 412, 413. 7 BVerwG NJW 1989, 2272, 2273. Vgl. jedoch wiederum BVerwG NJW 1996, 2046 ff., (Aufstellung und Veröffentlichung örtlicher Mietspiegel). 8 Vgl. Art. 34 S. 3 GG, §§ 71 Abs. 2 Ziff. 2, 119 Abs. 1 Ziff. 3, 133 S. 1 Ziff. 1 GVG. 9 BGHZ 20, 102, 104 = BGH NJW 1956, 745 f., 745, (Personenbeförderung durch die Bundespost). 10 Vgl. Jellinek, Walter, S. 20 ff.
102
§ 8 Schlicht-hoheitliches Handeln in der Rechtsprechung
mung mit dem Bundesverwaltungsgericht, eine schützende und fürsorgende Funktion der schlichten Hoheitsverwaltung. 2. Bereiche der schlichten Hoheitsverwaltung In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes werden zahlreiche Verwaltungsbereiche der schlichten Hoheitsverwaltung zugerechnet. Neben der bereits erwähnten Personenbeförderung wurden im Bereich der Bundespost 11 noch viele andere Tätigkeiten, wie Briefbeförderung, Paketbeförderung oder der Fernsprechdienst der schlichten Hoheitsverwaltung zugeordnet. 12 Weiter finden sich Entscheidungen, die die Maßnahmen des Hochwasserschutzes 13, die Abgabe von Krankenhilfsmitteln durch die Allgemeinen Ortskrankenkassen 14 , das Betreiben einer Mülldeponie 15 oder die Löschwasserversorung 16 in diesen Bereich einstellen. 17 Von besonderem Interesse für das vorliegende Thema ist die in ständiger Rechtsprechung vorgenommene Einteilung der Schaffung und Unterhaltung des öffentlichen Verkehrsnetzes in den Bereich der schlichten Hoheitsverwaltung. 18
11
Die Rechtsprechung bezieht sich selbstverständlich nur auf Bundesbahn und Bundespost vor deren Umwandlung in privatrechtliche Gesellschaften. 12 BGHZ 20, 102 = BGH NJW 1956, 745 f.. Siehe dort auch die beispielhafte Aufzählung der einschlägigen Rechtsprechung, BGHZ 20, 102, 104 f. = BGH NJW 1956, 745 f. 745. 13 BGH NJW 1970, 1877 ff., 1877; Ausbau von Wasserläufen und Bau von Sammelbecken. 14 GmS NJW 1988, 2295 ff., 2296, (Abgabe von Rollstühlen), BGH NJW 1989, 2773 f. Vgl. zu diesen Entscheidungen die Anmerkung von Scherer, NJW 1989, S. 2724 ff., insbesondere S. 2726 und 2729. Scherer kritisiert die Entscheidungen, da sie davon ausgehen, daß ein und dasselbe Verhalten zugleich öffentlich-rechtlich, (Verhältnis der AOK zu ihren Mitgliedern), wie auch privatrechtlich, (wettbewerbsrechtliche Auswirkungen), beurteilt werden kann, vgl. GmS NJW 1988, 2296 f. m.w.N. Gegen die Annahme derartigen „hybriden" Verwaltungshandelns wendet sich Scherer mit guten Gründen und tritt dafür ein, einen Handlungsakt entweder als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu qualifizieren: „Tertium non datur", vgl. S. 2726. 15 BGH NJW 1980, 770 f.; Gegenstand der Entscheidung war die Frage nach einer Entschädigung für nachteilige Auswirkungen einer Mülldeponie, die große Scharen von Möwen und Krähen anlockt, die auf benachbarten Äckern Schäden an der Saat anrichten.
16 BGH NJW 1985, 197 ff. 17 V g l auch OLG Köln NJW 1968, 655 f., (Schülerlotse), und BVerwG DÖV 1968, 429 ff., (Fleischbeschautierarzt). ι» So ausdrücklich: BGH NJW 1962, 796 ff., (Transport von Straßenbaumaterial); BGHZ 48, 98, 102 f., (Staubimmissionen beim Autobahnbau); BGH JR 1972, 256 f.,
III. Einzelne Aspekte der Rechtsprechung
103
Ähnlich, wie bereits in Teilen der Literatur festgestellt, dient der Begriff des schlichten Hoheitsverwaltung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dazu, nicht einzelne Handlungen, sondern Aufgabenbereiche der Verwaltung zu bezeichnen. 19 Gleichwohl sind Gegenstand der Entscheidungen bei genauerer Sicht, jedenfalls soweit es sich nicht um das Unterlassen einer Maßnahme handelt, oft nicht die jeweilige öffentliche Aufgabe, sondern eine oder mehrere Handlungen, die mit der Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabe verbunden sind (bspw. das Transportieren von Straßenbaumaterial, das Ausschachten einer Straße 20 ).
ΙΠ· Einzelne Aspekte der Rechtsprechung Eingehender betrachtet werden sollen nun einzelne Aspekte der Rechtsprechung, die hier von Interesse sind, da sie jedenfalls teilweise kenntlich machen, nach welchen Kriterien die Rechtsprechung die Zuordnung einer Tätigkeit bzw. einer Aufgabe zum Bereich der hoheitlichen Verwaltung, insbesondere der schlichten Hoheitsverwaltung vornimmt. 1. Bewertung einheitlicher
Vorgänge
Ein wesentliches Zuordnungskriterium der Rechtsprechung stellt die einheitliche Bewertung eines als Einheit aufzufassenden Vorganges dar. So führt der Bundesgerichtshof aus: „Wenn aber eine einheitliche Aufgabe, wie hier die Unterhaltung der öffentlichen Wege, ihrem Wesen nach hoheitsrechtlicher Natur ist, dann geschehen sämtliche in den Rahmen dieser Aufgabe fallenden Maßnahmen „in Ausübung eines öffentlichen Amtes" (öffentlicher Gewalt). Der gesamte Tätigkeitsbereich, der sich auf die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe bezieht, muß als Einheit beurteilt werden, und es geht nicht an, die einheitliche Aufgabe in einzelne Tätigkeitsbereiche - teils hoheits- teils
(Ablauf des Niederschlagswassers von einer Straße auf ein anliegendes Grundstück); BGH NJW 1979, 164 ff., (Beeinträchtigung der Standfestigkeit eines Hauses durch Ausschachtungen an einer öffentlichen Straße). Den Straßenbau rechnen dem öffentlich-rechtlichen bzw. hoheitlichen Bereich zu: BGHZ 9, 373, = BGH NJW 1953, 1297; BGHZ 17, 83 = BGH NJW 1954, 1403 f., (Verkehrssicherungspflicht); BGHZ 21, 48, 51. 19
Vgl. dazu auch Martens, Wolfgang, Anmerkung zu BGH JR 1972, S. 256 f., JR 1972, S. 257 ff, der im Zusammenhang mit hoheitlichen Realakten von schlichthoheitlichem Verwaltungshandeln spricht. 20 Vgl. Fn. 18.
104
§ 8 Schlicht-hoheitliches Handeln in der Rechtsprechung
bürgerlich-rechtlicher Art - aufzuspalten". 21 Ebenso auf die Einheitlichkeit des Lebensvorganges stellt eine weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab, die die Paketbeförderung durch die Post 22 zum Gegenstand hat: „Es geht nicht an, eine einheitliche Aufgabe, wie die Behandlung von Paketen, wenn sie ihrem Wesen nach öffentlich-rechtlicher Natur ist, in einzelne Tätigkeitsakte aufzuspalten und diese daraufhin zu untersuchen, ob sie für sich getrennt besehen unmittelbar der Ausdruck ihres öffentlich-rechtlichen Wesens sind. Der gesamte Tätigkeitsbereich der Paketbehandlung muß vielmehr als Einheit beurteilt werden" 23 . In der bereits erwähnten Entscheidung zur Personenbeförderung durch die Post nimmt der Bundesgerichtshof die Einheitlichkeit des Vorganges ebenfalls zum Ausgangspunkt und ordnet die Personenbeförderung im weiteren aufgrund ihrer Entwicklung, der rechtlichen Regelung und ihrer tatsächlichen Handhabung der Ausübung öffentlicher Gewalt zu. 2 4 Restriktiver handhabt das Bundesverwaltungsgericht das Kriterium des einheitlichen Vorganges. Für eine Zuordnung aufgrund dieses Kriteriums setzt es voraus, „daß die in Rede stehende Verrichtung nach den Umständen des Einzelfalles mit der hoheitlichen Tätigkeit, der sie dient, in einem so engen inneren und äußeren Zusammenhang steht, daß auch sie bei natürlicher Betrachtungsweise dem hoheitlichen Tätigkeitsbereich zugeordnet werden". 25 Beide Gerichte messen dennoch der Einheitlichkeit des Gesamtvorganges so viel Bedeutung bei, daß sie grundsätzlich nicht die Einzelhandlung als maßgeblichen Ausgangspunkt einer Zuordnung zum hoheitlichen oder privatrechtlichen Bereich wählen, sondern die rechtliche Bewertung der gesamten als Einheit verstandenen Aufgabenwahrnehmung. 26 2. Bewertung von Vorbereitungs-
und Mitwirkungshandlungen
In engem Zusammenhang mit der einheitlichen Beurteilung eines Gesamtvorganges steht auch die Bewertung von Vorbereitungs- und Mitwirkungs21 BGH NJW 1962, 796 ff., 797, (Transport von Straßenbaumaterial). Vgl. auch BGHZ 9, 373 = BGH NJW 1953, 1297 f., 1298: „Die Verwaltung eines Lebensbereiches (sei sie hoheitsrechtlich oder zivilrechtlich gestaltet) ist eine Einheit". 22 Siehe Fn. 11. 23 BGHZ 16, 111 = BGH NJW 1955, 458 ff, 458, (Verkehrsunfall mit einem PaketElektrokarren). 24 BGHZ 20, 102, 105 = BGH NJW 1956, 745 ff., 746. 25 BVerwGE 34, 123 = BVerwG DÖV 1970,489 ff., 490. 26 So ausdrücklich BGH NJW 1962, 796 f., 797. Vgl. aber auch BGHZ 9,145 = BGH NJW 1953, 778 f., (kein hoheitlicher Charakter öffentlicher Krankenanstalten).
III. Einzelne Aspekte der Rechtsprechung
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handlungen. So fährt der Bundesgerichtshof in der oben bereits zitierten Entscheidung zum Transport von Straßenbaumaterial fort: „Deshalb bilden auch die Tätigkeiten, die lediglich im inneren Dienstbetrieb der Vorbereitung der eigentlichen hoheitsrechtlichen Maßnahmen dienen, mit diesen regelmäßig eine Einheit und stellen sie insgesamt Ausübung öffentlicher Gewalt dar." 2 7 Dieser Gesichtspunkt findet sich auch bei denjenigen Entscheidungen wieder, die sich mit der Qualifizierung der Tätigkeit der Technischen Überwachungsvereine (TÜV) befassen. Im Mittelpunkt dieser Entscheidungen steht die Frage, ob die Tätigkeit des amtlich anerkannten TÜV-Sachverständigen dennoch als hoheitlich angesehen werden muß, obwohl er zwar Prüfungen vornimmt und Gutachten erstellt, die die Grundlage für die Erteilung oder Ablehnung einer entsprechenden Fahrerlaubnis oder Betriebserlaubnis bilden, diese Entscheidung dann aber nicht vom Sachverständigen, sondern von der zuständigen Verwaltungsbehörde getroffen wird. Davon ausgehend, daß der Tätigkeit der Verwaltungsbehörde hoheitlicher Charakter zukommt, argumentiert der Bundesgerichtshof weiter: „In diese Tätigkeit der Verwaltungsbehörde ist der amtlich anerkannte Sachverständige maßgeblich eingeschaltet. Er erläßt zwar nicht selbst Verwaltungsakte, nimmt aber Prüfungen vor und erstattet Gutachten, die als bedeutsamer Teil der dem Staat obliegenden Überwachung des Kraftfahrzeugverkehrs und damit als staatliche Verwaltungstätigkeit selbst erscheinen. Wenn der Sachverständige auch nicht selbst die Erlaubnis zu erteilen oder zu versagen hat, so ist die Entscheidung hierüber doch praktisch gefallen, wenn er sein Gutachten erstattet, seine Bescheinigung ausgestellt oder ihre Ausstellung abgelehnt hat. [ ] Die Gutachter- und Prüfertätigkeit des Sachverständigen hängt danach mit der Erteilung durch die Verwaltungsbehörde aufs engste zusammen und bildet geradezu einen Bestandteil der von der Verwaltungsbehörde ausgeübten und in ihrem Verwaltungsakt sich niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit. Deshalb ist es berechtigt zu sagen, daß der Sachverständige selbst hoheitliche Tätigkeit ausübt". 28 Entsprechend führt der Bundesgerichtshof in einer weiteren den TÜV betreffenden Entscheidung aus: „Der Sachverständige ist dabei so eng und maßgeblich in die Tätigkeit der Verwaltungsbehörde über die Kraftfahrzeugzulassung eingeschaltet, daß die Prüfungstätigkeit der mit Erlaß eines Verwaltungsaktes endenden hoheitlichen Tätigkeit der Behörde zuzurechnen ist". 2 9 In vergleichbarer Weise wurde die Begutachtung durch einen Kranken-
27 BGH NJW 1962, 796 ff., 797. 28 BGH NJW 1968, 443 ff., 444, (TÜV). Siehe auch Sauer, DVB1. 1970, S. 486 ff., 487. 29 BGH NJW 1973, 458 ff., 458. Vgl. auch LG Berlin NJW 1967, 1663 f. A.A.: Herschel, NJW 1969, S. 817 ff. Zur Abgrenzung öffentlich-rechtliches - privatrechtliches Staatshandeln siehe auch BVerwG JZ 1990, 862 f. und die Anmerkung von Maurer, ebenda.
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§ 8 Schlicht-hoheitliches Handeln in der Rechtsprechung
hausarzt bewertet, die die entscheidende Grundlage für die Entschließung eines Versorgungsamtes bezüglich der Rentenzahlung bildete. 30 Ebenso wurde die Mitwirkung eines Prüfingenieurs für Baustatik im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens beurteilt. 31 Das Gemeinsame dieser Entscheidungen kann darin gesehen werden, daß. die Rechtsprechung der Einheitlichkeit eines Vorganges nicht nur im Rahmen der Wahrnehmung einer Aufgabe, sondern auch bezüglich der Vorbereitung einer einzelnen obrigkeitlich-hoheitlichen Handlung erhebliche Bedeutung beimißt. Als maßgeblich wird auch in diesem Zusammenhang nicht die rechtliche Qualität der einzelnen „Vorbereitungs-Tätigkeit" angesehen.32 Es wird vielmehr auf die Einbindung des Einzelaktes in den Gesamtvorgang der verwaltungsrechtlichen Entscheidungsfindung abgestellt.
IV. Kritik Hervorzuheben ist zunächst der einheitliche Sprachgebrauch des Bundesgerichtshofes, der durchgängig den von W. Jellinek geprägten Begriff der schlichten Hoheitsverwaltung verwendet. Bereits in dieser starken Anlehnung an W. Jellinek mag die Ursache dafür zu sehen sein, daß das Element der Handlung nicht in aller Deutlichkeit herausgearbeitet wird. Diese wird jedoch, wie gezeigt, in einzelnen Entscheidungen angedeutet. Erklärbar ist dieser Umstand auch durch den Sachzusammenhang mit Fragen des Amtshaftungsrechts bzw. Staatshaftungsrechts, in dem die Behandlung des schlicht-hoheitlichen Handelns hier steht. Denn es ist nicht maßgeblich für die Beantwortung
30 BGH NJW 1961, 969 ff., 970, (Beauftragung mit versorgungsärztlicher Untersuchung). Betrachte in diesem Zusammenhang auch OVG Rheinl.-Pfalz DÖV 1966, 282 ff., (Unzulässigkeit der Delegation der Tbc-Hilfe an Arbeitsgemeinschaften). 31 BGHZ 39, 358 = BGH NJW 1963, 1821 ff., 1822, (Prüfingenieure für Baustatik). Vgl. auch OLG Köln NJW 1968, 655 ff., (Schülerlotse); in dieser Entscheidung wurde als eines der Indizien, die die Hoheitlichkeit der Schülerlotsentätigkeit begründen, der Umstand angesehen, daß die Meldung des Schülerlotsen bei Zuwiderhandlungen der Schüler schuldisziplinarische Maßnahmen durch den Schulleiter bewirken kann. 32 Vgl. aber auch BVerwG DVB1. 1970, 736 ff. Dort wird das Aufstellen eines Verkehrszeichens (Verkehrsverbot für Fahrzeuge aller Art) durch einen Bauunternehmer nicht als hoheitliche Tätigkeit gewertet, da der Bauunternehmer insoweit „lediglich technisches Ausführungsorgan der anordnenden Behörde" sei. Entscheidend dürfte hierbei jedoch sein, daß dem Verkehrszeichen tatsächlich nur die Bedeutung eines Hinweises auf eine tatsächlich bestehende Sperrung, die die Benutzung der Straße ausschloß, zukam. Zu berücksichtigen ist auch, daß es in der Entscheidung nicht um die Beurteilung einer Vorbereitungshandlung geht, sondern vor allem Fragen der Zuständigkeit im Vordergrund stehen.
IV. Kritik
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der Frage, ob die Ausübung eines öffentlichen Amtes i.S.d. Art. 34 GG, § 839 BGB oder die eine Staatshaftung voraussetzende Ausübung öffentlicher Gewalt angenommen werden kann, zu klären, welche Kategorie des Verwaltungshandelns letztlich vorliegt. Infolgedessen kann die Rechtsprechung auch entscheidend auf die Einheitlichkeit eines Gesamtvorganges abstellen, ohne die jeweiligen Einzeltätigkeiten einem Handlungstypus zuordnen zu müssen. Insbesondere der zuletzt angesprochene Punkt und dabei vor allem die Beurteilung von Vorbereitungshandlungen als Teil eines als Einheit aufzufassenden Vorganges wird im weiteren Verlauf der Untersuchung noch von Bedeutung sein. Denn es drängt sich die Frage auf, welche Konsequenzen aus dieser Rechtsprechung gezogen werden können, wenn man bei der Betrachtung staatlicher Planung nicht nur das Planergebnis, den Planfeststellungsbeschluß, ins Auge faßt, sondern das Planen darüber hinaus als einen Vorgang versteht, der sich aus einzelnen Teilen zusammensetzt, deren Zusammenfügung letztlich das Planergebnis bewirken und bilden.
§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung Es gilt nun, die aufgezeigten Meinungen und die bereits gewonnenen Erkenntnisse in einer einheitlichen Darstellung zusammenfassend zu würdigen, um auf diesem Wege dem Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns näherzukommen. Erneut muß betont werden, daß es nicht das Ziel dieser Arbeit ist und sein kann, eine Definition des schlicht-hoheitlichen Handelns zu erarbeiten, die Anspruch auf Geltung innerhalb des gesamten Verwaltungsrechts erheben könnte. Vielmehr soll das schlicht-hoheitliche Handeln nur so weit begrifflich geklärt und seine charakteristischen Merkmale aufgezeigt werden, wie es notwendig erscheint, um eine bereichsspezifische Bestimmung des schlicht-hoheitlichen Handelns im Fernstraßenplanungsrecht vornehmen zu können. 1
I. Abgrenzung des Begriffes Innerhalb dieses Abschnittes steht das Bemühen im Vordergrund, die Konturen des Begriffes „schlicht-hoheitliches Handeln" im Wege einer negativen Abgrenzung in einem klareren Licht erscheinen zu lassen. Daher werden zunächst diejenigen Begriffsverwendungen ausgesondert, denen zwar entweder in dem jeweils behandelten Kontext eine sachliche Rechtfertigung zukommen mag, die aber zur Lösung der hier in Frage stehenden Probleme keinen wesentlichen Beitrag beisteuern können, oder die zwar einen wertvollen Beitrag zu leisten vermögen, da sie einen fruchtbaren Ansatz aufzeigen bzw. verfolgen, mit denen aber jedenfalls eine undifferenzierte Gleichsetzung nicht möglich ist.
1 Dies prägt auch die weitere Vorgehens weise. Zunächst erfolgt im Rahmen einer Auseinandersetzung mit den in der Literatur und der Rechtsprechung vertretenen Meinungen eine negative Abgrenzung des Begriffes, d.h. es wird aufgezeigt, was den Begriff nach Ansicht des Verfassers nicht oder jedenfalls nicht unterschiedslos kennzeichnen soll (I.). Daran schließen sich Überlegungen an, ob eine Bestimmung des schlicht-hoheitlichen Handelns mittels des Kriteriums der öffentlichen Aufgabe bzw. aufgrund der Abgrenzungstheorien möglich ist (II.). Abschließend wird dann versucht, die Merkmale des schlicht-hoheitlichen Handelns in positiver Weise zu benennen und eine Einordnung in eine Kategorie des Verwaltungsrechts vorzunehmen (III.).
I. Abgrenzung des Begriffes
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7. Keine Gleichsetzung mit der Betreuungs- oder Leistungsverwaltung bzw. Aufgabenkomplexen Gegenstand der Betrachtung ist zunächst diejenige Ansicht, 2 die das schlicht-hoheitliche Handeln bzw. die entsprechenden Synonyme in der Funktion eines Oberbegriffes verwendet und mit dem Begriff die Betreuungs- oder Leistungsverwaltung umschreiben will. Mitbehandelt wird hier diejenige Auffassung, die mit dem Terminus ganze Aufgabenkomplexe kennzeichnen will, da sie eine vergleichbare Ausrichtung aufweist. Die Kritik muß sich hier gegen die geringe Leistungsfähigkeit dieser Begriffsverwendung richten. Soweit eine Identifikation mit der Betreuungs- bzw. Leistungsverwaltung beabsichtigt ist, beschränkt sich die Funktion weitgehend darauf, einen Begriff durch einen anderen zu ersetzen. Ein Beitrag zur Abgrenzung und damit Begriffsschärfe wird dadurch nicht geleistet. So bemängelt denn auch Labus, daß die Versuche, die schlichte Hoheitsverwaltung als pflegende Verwaltung zu definieren, allgemein daran kranken, daß sie mehr die Beschreibung eines Verwaltungsbereiches darstellten, als eine Definition böten.3 Mallmann schließlich spitzt die Kritik zu, wenn er im Hinblick auf die Vermengung bzw. Gleichsetzung der Leistungsverwaltung und speziell der Daseinsvorsorge mit der schlichten Hoheitsverwaltung von einer „Gipfelleistung vergröbernder Vereinfachung" spricht. 4 Bemerkenswert ist auch, daß bereits W. Jellinek sich gegen eine Verwendung der Begriffe „Fürsorge" und „Wohlfahrtspflege" aussprach5 und im Rahmen seiner empirischen Aufzählung auch Bereiche außerhalb dessen nannte, was heute unter Leistungsverwaltung verstanden wird. 6 Vergleichbarer Kritik ist die Kennzeichnung von Aufgabenkomplexen ausgesetzt. Auch hier erfolgt letztlich nur die Beschreibung eines Konglomerates der jeweiligen Aufgabenstellung und der entsprechenden Verwaltungstätigkeiten; nicht aber eine Definition. Die jeweils beschriebenen Aufgaben sind jedoch nur mittels eines differenzierten Instrumentariums der verwaltungsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten zu verwirklichen. Und nur an Hand dieses In2 Vgl. § 6 1 4 a. 3 Vgl. Labus, S. 73. Wobei noch anzufügen bleibt, daß ein sehr weit gespannter und vielfältiger Verwaltungsbereich beschrieben werden soll, der in seinen Erscheinungen durchaus nicht nur homogen ist. 4 Vgl. Mallmann, S. 168. 5
Siehe Jellinek, Walter, S. 21 f. Siehe dazu auch die Kritik Mallmanns an Jellinek, Mallmann, S. 169. Mallmann weist jedoch auch darauf hin, daß Jellinek keineswegs nur an den Bereich, der heute Leistungsverwaltung genannt wird, dachte. Vgl. auch die kritischen Anmerkungen von Robbers, DÖV 1987, S. 272 ff., 272. 6 Vgl. Jellinek, Walter, S. 22 ff.
§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
110
strumentariums sind sie letztlich in ihrer spezifischen Eigenart zu verstehen. Das Hauptaugenmerk muß daher diesem gelten. Ein sachlich abgrenzbares Verwaltungsgebiet „schlichte Hoheitsverwaltung" aber gibt es nicht. 7 Es ist daher möglich sich dem Urteil Robbers' anzuschließen, wenn dieser feststellt: „Sie [entsprechende Einteilungen] verharren ausnahmslos auf rein empirischer Ebene, bleiben bewußt unvollständig und anerkanntermaßen dogmatisch folgenlos" 8 . Mag mit einem derartigen Begriffsverständnis auch angedeutet sein, daß viele Tätigkeiten, die der Wahrnehmung der beschriebenen Aufgaben dienen, einen spezifischen Charakter aufweisen, der sie von den Handlungen der mit obrigkeitlich-hoheitlichen Mitteln arbeitenden Verwaltung ebenso wie von denjenigen der fiskalisch tätigen Verwaltung unterscheidet, so ist die Spannweite des von dem Begriff abgedeckten Tätigkeitsfeldes doch so groß, daß es ihm an einem über die bloße Beschreibung hinausgehenden Inhalt mangelt. Nachfolgend wird der Begriff „schlicht-hoheitliches Handeln" daher nicht im Sinne einer Gleichsetzung mit der Betreuungs- oder Leistungsverwaltung bzw. Aufgabenkomplexen verwendet. An dieser Stelle soll noch ergänzend angemerkt werden, daß unter das schlicht-hoheitliche Handeln ebensowenig die teilweise in diesem Rahmen abgehandelten Emissionen der öffentlichen Hand zu rechnen sind. Denn richtigerweise handelt es sich hierbei nicht um eine Form des Verwaltungshandelns, sondern um das Ergebnis bzw. die Folgen eines solchen.9 2. Keine Gleichsetzung mit der Nichteingriffsverwaltung Wie bereits gezeigt, identifiziert eine weitere Meinung das schlicht-hoheitliche Handeln mit der Nichteingriffsverwaltung. 10 Bereits durch die Begriffswahl soll eine klare Abgrenzung zur Eingriffsverwaltung erzielt werden. Unter der Nichteingriffsverwaltung wird die gesamte Verwaltung verstanden, soweit sie nicht mit hoheitlichem Befehl und Zwang in die Rechtssphäre der Bürger eingreift. 11 In diesem Zusammenhang werden von einzelnen Autoren auch Akte, von denen eine unmittelbare rechtliche Außenwirkung noch nicht hervorgeht, als „Nicht-Verwaltungsakte" bezeichnet. 12 7
Ebenso Mallmann, S. 172.
« Robbers, DÖV 1987, S. 272 ff., 272. 9 Ebenso: Robbers, DÖV 1987, S. 272 ff., 272.; Pauly, S. 29 Fn 10. Vgl. auch Christ, S. 87.; Scherer, NJW 1989, S. 2724 ff., 2726. 10 Siehe § 6 14 c. h Vgl Mallmann, S. 166. 12 Vgl. Stern, Verwaltungsäußerungen, S. 86.
I. Abgrenzung des Begriffes
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Einerseits ist das Verdienst dieser Ansicht anzuerkennen, eine Differenzierung zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln des Staates vorgenommen und damit auf den unterschiedlichen Rechtscharakter hingedeutet zu haben. Andererseits betont das Gegensatzpaar „Eingriffsverwaltung" - „Nichteingriffsverwaltung" auf der sprachlichen Ebene das unterscheidende Element in starkem Maße. Es besteht die Gefahr, daß mittels dieser Begriffswahl der Anschein erweckt wird, hier bestehe eine klare, impermeable Trennungslinie, die eine jeweilige wechselseitige Bezugnahme ausschließe. Denn der Begriff „Nichteingriffsverwaltung" suggeriert, daß die Verwaltung in diesem Bereich zur Gänze ohne Elemente von Zwangsgewalt agiert. 13 Dem kann aber, jedenfalls in dieser Ausschließlichkeit, nicht uneingeschränkt zugestimmt werden, denn in diesem mit dem Begriff „Nichteingriffsverwaltung" beschriebenen Verwaltungsbereich wird zwar zunächst nicht mit den Mitteln des Verwaltungsaktes oder des Verwaltungszwanges gearbeitet, häufig werden aber derartige Akte vorbereitet, unterstützt oder ihre Anwendung bleibt bei Fehlschlagen der Aufgabenverwirklichung mit den Mitteln der „Nichteingriffsverwaltung" vorbehalten. 14 „Nichteingriffsverwaltung" und „Eingriffsverwaltung" stehen also in diesen Fällen in einer Art „Stufenverhältnis". I m Rahmen der „Nichteingriffsverwaltung" wird die staatliche Zwangsgewalt nicht aktualisiert, aber ihr Einsatz wird vorbereitet oder ist doch potentiell möglich. 1 5 W i l l man nicht allein auf formale Kriterien abstellen, besteht zwischen der „Nichteingriffsverwaltung" und der „Eingriffsverwaltung" also häufig ein nicht mehr ohne weiteres trennbarer Zusammenhang 16 , der bei der Begriffs wähl „Nichteingriffsverwaltung" sprachlich nicht ganz zum Ausdruck gelangt und über die Relevanz derartiger Verwaltungstätigkeiten gerade auch für die Interessen des Bürgers hinwegtäuscht. Das Hauptaugenmerk der Kritik muß sich jedoch auch hier gegen die Weite und Unbestimmtheit des Begriffes richten. Die Nichteingriffsverwaltung wird in erster Linie negativ durch eine Abgrenzung zur Eingriffsverwaltung gekennzeichnet. Es steht also die Funktion des Sammelbegriffes im Vordergrund, wenn ihr die gesamte Tätigkeit der Verwaltung zugerechnet wird, die nicht Eingriffsverwaltung ist. Infolgedessen werden Verwaltungstätigkeiten der verschiedensten öffentlichen Aufgaben und der unterschiedlichsten rechtlichen Qualität erfaßt. Eine über die Abgrenzung zur Eingriffsverwaltung 13
Betrachte zur Kritik an dieser Ansicht auch Labus, S. 78 ff.
14
Zu denken ist etwa an die Gesundheits- oder Sozialverwaltung, an staatliche Warnungen, die ein Verbot vermeiden sollen, das letztlich doch noch erfolgen kann oder aber auch an Absprachen zwischen Staat und Privaten, wobei die mögliche hoheitliche Maßnahme gewissermaßen das Verhandlungspotential des Staates darstellt. 15 Vgl. Labus, S. 80. 16
Dies gilt insbesondere für die eine hoheitliche Maßnahme vorbereitenden Handlungen.
§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
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hinausgehende Differenzierung wird nicht vorgenommen. Insoweit sich aber überhaupt in sinnvoller Weise ein eigenständiger Tätigkeitsbereich „Nichteingriffsverwaltung" bilden läßt, ist dieser nur über das Verständnis der rechtlichen Eigenart seiner Verwaltungshandlungen mit Konturen zu versehen. Ein weitergehender Abgrenzungswert kann dieser Meinung daher nicht zuerkannt werden. 17 Als ein weiterer Kritikpunkt, der jedoch mit dem soeben behandelten in engem Zusammenhang steht, muß angemerkt werden, daß sich nicht zweifelsfrei feststellen läßt, ob mit Hilfe des Begriffes Aufgaben oder Handlungen bzw. beide beschrieben werden sollen. Eine Ausnahme innerhalb dieser Ansicht bilden hier diejenigen Autoren, die mit dem Begriff der „Nicht-Verwaltungsakte" arbeiten. 18 Sie zielen auf die Kennzeichnung von Handlungen hin. Im übrigen aber ist eine eindeutige Zuordnung zu einer der beiden Kategorien nicht möglich. Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, daß im weiteren Verlauf der Arbeit bei der Verwendung des Terminus „schlicht-hoheitliches Handeln" kein Verständnis des Begriffes zugrundegelegt wird, das eine Identifizierung mit der „Nichteingriffsverwaltung" im Sinne der eben behandelten Ansicht beinhaltet. 3. Keine unterschiedslose Gleichsetzung mit dem schlichten Verwaltungshandeln bzw. Realakten Kennzeichnend für die nun zu bewertende Meinung ist eine unterschiedslose Gleichsetzung des schlicht-hoheitlichen Handelns mit dem schlichten Verwaltungshandeln bzw. dem Realakt. 19 Als gemeinsames kennzeichnendes Merkmal des schlichten Verwaltungshandelns wird es angesehen, daß derartige Tätigkeiten nicht final auf die Erzielung eines unmittelbaren Rechtserfolges gerichtet sind, sondern diesen allenfalls mittelbar bewirken. Abgestellt wird folglich auf eine Unterscheidung zum Verwaltungsakt und zu den Maßnahmen des Verwaltungszwanges. Es sollen also Handlungen der Verwaltung beschrieben werden. Im Gegensatz zu den zuvor behandelten Meinungen zielt diese Ansicht nicht auf die Deskription eines Aufgabentypus ab bzw. bleibt in der Unterscheidung zwischen Aufgabe und Handlung diffus, sondern geht grundsätzlich vom Vorliegen eines Handlungstypus aus. Dessen Kennzeichnung ist größtenteils von der Abgrenzung zum Verwaltungsakt bestimmt. Bedenkt man, daß es bei der Be17 Vgl. Labus S. 86 und 92. ι» Siehe Fn. 12. 19 Siehe § 6 14 b bb.
I. Abgrenzung des Begriffes
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griffsbestimmung eben auch um eine Abgrenzung innerhalb der Hoheitsverwaltung geht, ist dies als ein sinnvoller und zutreffender Ansatz zu werten. Von dem so verstandenen Begriff werden Tätigkeiten erfaßt, die vom Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages oder öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen bis zum rein tatsächlichen Realakt reichen. Dem schlichten Verwaltungshandeln wird also die Bedeutung eines Oberbegriffes für vielfältige Arten von Handlungen der Verwaltung beigemessen. Diese Ansicht weist gegenüber den zuvor gewürdigten den Vorzug auf, eine Zuordnung zum Bereich des Verwaltungshandelns vorgenommen und Merkmale dieser Handlungen aufgezeigt zu haben. Die Funktion des Oberbegriffes steht dabei jedoch im Vordergrund. Die Spannweite der von dem Begriff erfaßten Tätigkeiten ist daher sehr groß. Insgesamt ist folglich anzuerkennen, daß diese Meinung einen fruchtbaren Ansatz aufzeigt, diesen jedoch nicht weiter aufgreift und insbesondere keine weitergehende Differenzierung innerhalb des schlichten Verwaltungshandelns vornimmt. 2 0 Das schlicht-hoheitliche Handeln kann daher im weiteren nicht unterschiedslos mit dem schlichten Verwaltungshandeln gleichgesetzt werden, vielmehr bedarf dieses Verhältnis noch einer eingehenderen Behandlung. 4. Kritische Würdigung einer Gleichsetzung mit der schlicht-verwaltenden Tätigkeit Die Abgrenzung des Terminus „schlicht-hoheitliches Handeln" soll mit einer Würdigung derjenigen Auffassung enden, die eine Identifikation mit der schlicht-verwaltenden Tätigkeit vornimmt. 21 Mit Unterschieden im einzelnen werden unter schlicht-verwaltender Tätigkeit diejenigen Verwaltungshandlungen verstanden, die gegenüber Dritten
20
Soweit eine Gleichsetzung mit dem Realakt erfolgt, ist anzumerken, daß auch dessen dogmatische Durchdringung bislang nur in Ansätzen erkennbar ist, vgl. Christ, der hierzu ausführt: „Eine systematische Behandlung [des Realaktes] befindet sich [...] allenfalls im Anfangsstudium", S. 52. 21 Wenn die hier behandelte Ansicht durch die Verwendung des Begriffes „schlichtverwaltende Tätigkeit" und die vorhergehend bewertete durch den Begriff „schlichtes Verwaltungshandeln" gekennzeichnet werden, muß nochmals betont werden, daß die Gruppeneinteilung nicht vorgefunden wurde, sondern größtenteils neu vorgenommen werden mußte. Dies führt bei der konstatierten Begriffsvielfalt beinahe zwangsläufig dazu, daß etwa die beiden hier verwandten Begriffe von einigen Autoren als Synonyme verstanden werden. Dieser Unzulänglichkeit der Begriffswahl ist sich der Verfasser bewußt. Sie beruht jedoch weitgehend auf der vorgefundenen Begriffsverwirrung.
8 Stehlin
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§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
keinen hoheitlichen Akt im Sinne eines Verwaltungsaktes setzen, aber dennoch eine Ausübung der öffentlichen Gewalt darstellen. 22 Positiv ist es auch hier zu beurteilen, daß diese Ansicht nicht bei einer negativen Abgrenzung zur „Eingriffsverwaltung" stehen bleibt, sondern als Ausgangspunkt einer Differenzierung den diesen Verwaltungsbereich bestimmenden Handlungstypus, d. h. den Verwaltungsakt wählt. Durch diese Vorgehensweise bedingt, wird eine klare Unterscheidung der Kategorien Aufgabe und Handlung vorgenommen und die schlicht-verwaltende Tätigkeit wird eindeutig dem Verwaltungshandeln zugeordnet. Auch wenn die negative Abgrenzung prägend bleibt, gewinnt der Begriff durch diese Restriktion an Klarheit und Anwendungswert. Letzterem kommt weiterhin zugute, daß der Begriff durch positive Merkmale näher bestimmt wird. Als ein wesentliches Merkmal der schlicht-verwaltenden Tätigkeit wird es angesehen, daß sich derartige Tätigkeiten „auch zu einem hoheitlichen Vorgehen verdichten" 23 können. Ausschlaggebend soll also sein, daß diese Handlungen letztlich zu hoheitlichem (obrigkeitlichen) Handeln führen oder führen können („Vorstufe des hoheitlichen Handelns" 23 ). Näher eingegangen werden soll in diesem Zusammenhang noch auf die Ansicht Robbers'. 24 Robbers teilt zunächst die Terminologie und das Begriffsverständnis derjenige Meinung, die eine Gleichsetzung mit dem schlichten Verwaltungshandeln vornimmt. Eine Stellungnahme zu seinen Ausführungen erfolgt jedoch erst in diesem Abschnitt, weil Robbers das schlichte Verwaltungshandeln auch durch positive Elemente anreichert und bestimmt. Für Robbers stellen die klassischen Handlungsformen (der Verwaltungsakt, der öffentlich-rechtliche Vertrag, die Satzung und die Verordnung) Regelungen dar. 2 5 Sie führen eine Rechtsfolge prinzipiell auch dann herbei, wenn im Einzelfall die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. 26 Schlichtes Verwaltungshandeln hingegen beinhalte keine Regelung, da sie zwar eine Rechtsfolge bewirken könne, ihre rechtliche Verbindlichkeit aber vom Vorliegen der materiellen Voraussetzungen abhinge. 27 Dennoch könne das Kriterium der 22
Siehe § 6 I 4 c bb. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang nochmals die Behandlung des schlicht-hoheitlichen Handelns in der österreichischen Verwaltungsrechtsliteratur, vgl. § 7 II. 2
3 Gamm, NJW 1957, 1057.
24
Robbers, DÖV 1987, S. 272 ff. Dieser Ansicht stimmt Rasch, S. 201 ff. zu.
25
Ausgangspunkt seiner Überlegung ist es, auch dem Verwaltungsakt und dem öffentlich-rechtlichen Vertrag Rechtsquellencharakter zuzuerkennen. Vgl. dazu Pauly, S. 33 m. w. N. 26 27
Vgl. hierzu und zum nachfolgenden: Robbers, S. 274 ff.
Gemeint ist damit wohl, daß etwa Wirksamkeitsvoraussetzung einer Mahnung das Vorliegen des Verzugs ist, vgl. Robbers, S. 274.
I. Abgrenzung des Begriffes
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Regelung einen Ansatzpunkt für eine dogmatisch relevante Strukturierung des schlichten Verwaltungshandelns bieten, und so das bisherige Verharren auf der Ebene empirischer Beschreibung überwinden helfen. 28 Entscheidend sei dabei auf den normativen Gehalt abzustellen, d. h. auf den unterschiedlichen und im einzelnen näher zu erläuternden Bezug zur Regelung, in dem das Verwaltungshandeln steht, (zu betonen ist hierzu und zum weiteren nochmals, daß Robbers den Verwaltungsakt und den öffentlich-rechtlichen Vertrag hier in erster Linie als Regelungen auffaßt.) Er unterscheidet dann Verwaltungshandlungen, die eine Regelung vorbereiten (regelungsvorbereitende Handlungen), die eine Einzelfallregelung ausführen (regelungsausführende Handlungen), die eine Regelung ersetzen (regelungsersetzende Handlungen), die eine Regelung vermeiden (regelungsvermeidende Handlungen) und solche, die einen Bezug zu einer verwaltungseigenen rechtlichen Regelung nicht besitzen, und die er aufgabengeprägte Handlungen nennen möchte. „Übersetzt" man nun die Terminologie Robbers' in den bislang hier verwendeten Sprachgebrauch, so stellt Robbers, wenn er als maßgebliches Abgrenzungskriterium die verwaltungseigene rechtliche Regelung ansieht, auf das obrigkeitlich-hoheitliche Handeln ab, also insbesondere den Erlaß eines Verwaltungsaktes. Er unterscheidet folglich zwischen Handlungen, die einen Bezug zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln aufweisen und solchen, denen dieser Bezug fehlt, und die er in seiner Terminologie als aufgabengeprägte Handlung ohne Bezug zu einer rechtlichen Regelung benennt. 29 Robbers greift hier also das hoheitliche Moment in der schlicht-verwaltenden Tätigkeit auf und nimmt mittels dieses eine weitergehende Differenzierung innerhalb der schlicht-verwaltenden Tätigkeit vor. Damit ist zugleich auch die Kritik an der hier hauptsächlich bewerteten Ansicht aufgezeigt. Diese erkennt zwar die Bedeutung des hoheitlichen Moments für die Begriffsbestimmung der „schlicht-verwaltenden Tätigkeit". Sie nimmt aber eine weiterführende Unterscheidung im Sinne Robbers' nicht vor. Insbesondere betrachtet sie eine Orientierung an den unterschiedlichen Nähebeziehungen zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln nicht als mögliches Merkmal einer Binnendifferenzierung. Darüber hinaus läßt der Begriff auch auf der sprachlichen Ebene den Bezug zum hoheitlichen Moment nicht deutlich zum Vorschein gelangen. Insgesamt 28 Diesen Ansatz hält Pitschas für verfehlt, S. 252, da an ein dem Verwaltungsakt zugeschriebenes Strukturmerkmal angeknüpft werde. Ebenso kritisch äußern sich Richter/Schuppert, S. 250; F aber, S. 263; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 24 Fn. 49. 29
Aus dieser Sicht besehen, relativiert sich die Kritik Pitschas, vgl. Fn. 28, denn auch Pitschas geht es darum, den eigentümlichen indirekten Steuerungsanspruch, der dem schlicht-hoheitlichen Handeln innewohnt zu erfassen, vgl. S. 252 f. 8*
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§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
ist daher eine uneingeschränkte Identifizierung des schlicht-hoheitlichen Handelns mit der schlicht-verwaltenden Tätigkeit nicht möglich. Hingegen ist der Ansatz Robbers' im weiteren aufzugreifen.
IL Schlicht-hoheitliches Handeln und öffentliche Aufgabe Es wurde bereits bei der zuletzt behandelten Auffassung und hier besonders bei den Ausführungen Robbers' deutlich, daß eine „Binnendifferenzierung" innerhalb des schlichten Verwaltungshandelns (schlicht-verwaltende Tätigkeit) möglich und sinnvoll erscheint, und daß das unterschiedliche Verhältnis zur Regelung bzw. eine Differenz in der Ausprägung des hoheitlichen Elementes der entscheidende Ansatzpunkt dazu sein könnte. Dies läßt die Frage aufkommen, ob eine weitergehende Begriffsklärung mittels des Kriteriums der öffentlichen Aufgabe möglich ist. Dabei gilt es zu klären, ob es einen feststehenden Katalog öffentlicher Aufgaben gibt, die als originäre staatliche Aufgaben anzusehen sind, und, falls dies bejaht werden kann, welche Auswirkungen dies auf die soeben angesprochenen Differenzierungsmöglichkeiten hat. Von besonderem Interesse wäre dabei,^ob das Handeln der Verwaltung bei der Wahrnehmung derartiger Aufgaben nicht a priori einen spezifischen Bezug zum staatlichen bzw. hoheitlichen Bereich aufwiese. 1. Öffentliche
bzw. staatliche Aufgaben
Das Bestehen originärer staatlicher Aufgaben wird in der Literatur nur selten postuliert. 30 Insbesondere die Wahrung der äußeren und inneren Sicherheit wird zu den klassischen Primäraufgaben gerechnet. 31 Hingegen meint Rüfner, daß es allenfalls typische staatliche Aufgaben gebe, aber keine einschlägige Betätigung, die gewissermaßen von Natur aus öffentliche Verwaltung sei. 3 2 Dem schließt sich Bull an, wenn er das Vorliegen von Aufgaben 30
Vgl. Krüger, Staatslehre, S. 766 ff., der die unbedingt „staatlichen Aufgaben" abhandelt. Hinzuweisen ist auf die auch in diesem Gebiet bestehende uneinheitliche Terminologie. Schuppert, Öffentliche Aufgabe, spricht gar von einer babylonischen Sprachverwirrung, VerwArch. 71, S. 309 ff., 333. So auch Müller, S. 5. . 3i Vgl. dazu Wallerath, Aufgaben, DV 1992, S. 157 ff., S. 160 ff., der im übrigen zu den staatlichen, d.h. nach seinem Verständnis legitimerweise vom Staat selbst wahrgenommenen öffentlichen Aufgaben, noch politische Systemaufgaben, Bestandsaufgaben und Annexaufgaben zählt. 32 Siehe Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung', S. 140. Vgl. auch Osterloh, S. 207; Hengstschläger, Privatisierung, S. 174. Zur historischen Entwicklung einer Staatsaufgabenlehre und einer Staatszwecklehre und deren, stetem Wandel, siehe Borchmann, Abgrenzung von Staatsaufgaben gegenüber privaten Agenden; Müller, S. 12 ff. Vgl. auch Hill, Hoheitliches Moment, DVB1. 1989, S. 321 ff., 324.
II. Schlicht-hoheitliches Handeln und öffentliche Aufgabe
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anerkennt, denen der Staat de fäcto und de iure nicht ausweichen darf, und die Bull als Staatsaufgaben bezeichnet.33 Aber daß diese Aufgaben dem Staat obliegen, resultiere „nicht aus ihrer Natur, ihrem Wesen oder dem Wesen des Staates, sondern aus aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Geschehnissen, die zur normativen Festlegung geführt haben". 34 Dies spricht auch Wagener an, der konstatiert, daß es aufgrund der „Indeterminiertheit und zeit-räumlichen Bedingtheit" der öffentlichen Aufgaben, allgemein gültige Kriterien für deren Bestimmung nicht gäbe. 35 Die wohl überwiegende Meinung verneint denn auch das Bestehen originärer Staatsaufgaben. Vielmehr sieht sie als Staatsaufgaben nur diejenigen an, die eine Anerkennung als staatlich wahrzunehmende Aufgaben in der Rechtsordnung gefunden haben. Deutlich formuliert dies Krautzberger, dem zufolge der staatliche Aufgabenbereich nur konkret, d. h. aus,der rechtlichen Gesamtordnung des Gemeinwesens verstanden werden kann. 3 6 In ähnlicher Weise begreift Klein unter staatlichen Aufgaben, „solche, die, wenngleich oft nur andeutungsweise, in Normen des öffentlichen Rechts festgelegt und dem Staat im weitesten Sinne des Wortes [....] rechtssatzmäßig aufgegeben" sind. 3 7 Nicht anders ist wohl auch Steiner zu Verstehen, wenn er als staatliche Aufgaben alle (öffentlichen) Aufgaben bezeichnet, die der Staat in erkennbarer Weise an sich gezogen hat oder die ihm durch die geschichtliche Entwicklung eines bestimmten Lebensbereichs zugewachsen sind. 3 8 Die Staatlichkeit einer Aufgabe ist daher nicht a priori zu behaupten, sondfern hängt von der konkreten Ausgestaltung der Rechtsordnung ab 3 9 und beruht damit nicht zuletzt 33 Vgl. Bull, Staatsaufgaben, S. 102. Als staatliche Aufgabe bezeichnet Bull etwa die Planung und Raumordnung, vgl. S. 338. è 34
Bull, Staatsaufgaben, S. 102.
35
Wagener y S. 32. Vgl. auch zur Problematik einer umfassenden Systematisierung öffentlicher Aufgaben, Püttner, Verwaltungslehre, S. 35; Müller, S. 19 ff. Siehe ebenso Grimm, Staatsaufgaben. 36
Vgl. Krautzberger, Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 95. Vgl. auch di Fabio , Externer Sachverstand, S. 222 ff. 3
? Klein, S. 24.
38
Vgl. Steiner, Beliehene Unternehmer, JuS 1969, S. 69 ff., 70. Siehe auch Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, Anm. 76, der die Formulierung des Bundesverfassungsgerichtes im Fernsehurteil übernimmt (BVerfGE, 12, 205, 246: „Wenn sich der Staat mit dieser [öffentlichen Aufgabe] in irgendeiner Form befaßt, wird sie zu einer .staatlichen Aufgabe'[....]"). 39
Ein derartiges Verständnis liegt etwa den Ausführungen folgender Autoren zugrunde: Mutius, Staatliche Aufgaben, VerwArch. 64, S. 433 ff., 443; Brohm, Strukturen, S. 157; Hoffmann, Michael, S. 23; Wolff/Bachof, § 22 ffl b 3.; Bull, Staatsaufgaben, S. 50 und S. 102; Lange, Wilfried, S. 699; v. Hagemeister, S. 103 f.; Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 106.
§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
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auf einer politischen Entscheidung 40 , die jedoch ihrerseits insbesondere die durch die Grundrechte vorgegebene Werteordnung zu berücksichtigen hat. Konsequenterweise wird dann auch zwischen öffentlichen und staatlichen Aufgaben unterschieden 41. Unter öffentlicher Aufgabe werden solche verstanden, deren Besorgung im öffentlichen Interesse liegt, die der Staat aber nicht in eigene Regie genommen hat. 4 2 Dem Staat kommt aber, „im Rahmen der grundgesetzlichen Ordnung, die .Kompetenz-Kompetenz' zu, sich zum zuständigen Träger einer solchen Aufgabe zu erklären" 43 . Staatliche Aufgaben sind danach alle diejenigen Aufgaben, die der Staat nach der jeweils geltenden Verfassungsordnung zulässigerweise für sich in Anspruch nimmt. 4 4 2. Ergebnis Gibt es jedoch keine originären staatlichen Aufgaben, die a priori eine besondere Nähe zum staatlichen, hoheitlichen Bereich kennzeichnet, so sind allein aus der Qualifikation einer Aufgabe als staatliche, keine Schlußfolgerung für die Beurteilung der Aufgabe oder der mit ihrer Durchführung verbundenen Handlungen zu ziehen. Denn allein die Tatsache, daß die Rechtsordnung eine öffentliche Aufgabe der Wahrnehmung durch den Staat unterstellt und sie damit als staatliche qualifiziert, beinhaltet noch keine Aussage über die Qualität der Aufgabe. 45 Damit wird zunächst nur den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und der grundgesetzlichen Kompetenzordnung ergebenden Anforderungen an die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns Rechnung getragen. 46 Insbesondere lassen sich ausschließlich auf der Grundlage dieser Zuordnungsentscheidung keine Rückschlüsse auf die Merkmale schlicht-hoheitlichen Handelns im Rahmen der jeweiligen Aufgabenwahrnehmung ziehen. 47 40
Ebenso Peters, Öffentliche Aufgaben, S. 894. Siehe dazu auch die Ausführungen von Schuppert, Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 154 ff., 157. Vgl. Wallerath, Aufgaben, S. 159; Peters, Öffentliche Aufgaben, S. 878 f.; Krautzberger, Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 106; Bull, Staatsaufgaben, S. 50. 42 Siehe die zusammenfassenden Darstellungen bei Müller, S. 5 ff., und Heimburg, S. 14 ff.
43 Heimburg, S. 14 f. 44
Siehe Fn. 43.
45
Dies gilt mit der Ausnahme der Aussage, daß die Aufgabe der Gemeinwohlverwirklichung dient. Dies ergibt sich aber bereits aus dem zugrundegelegten Verständnis der öffentlichen Aufgabe und ist im System des Grundgesetzes Voraussetzung jedweden staatlichen Handelns. 46 47
Vgl. Müller, S. 7; Heimburg, S. 16, jeweils m. w. N.
Anzumerken ist noch, daß auch ein Rückgriff auf die Theorien zur Abgrenzung zwischen dem öffentlichen und privaten Recht hier ohne greifbares Ergebnis bleiben
I I . Schlicht-hoheitliches Handeln
119
So handelt es sich zwar bei der hier in Frage stehenden Aufgabe der Planung von Verkehrswegen gemäß der rechtlichen Normierung zweifelsfrei um eine staatliche Aufgabe, 48 aber ausschließlich aufgrund dieser Feststellung läßt sich noch keine Aussage über die Affinität der jeweilige Handlung, die der Aufgabenwahrnehmung dient, zum hoheitlichen Aspekt des Planungsvorganges treffen.
ΠΙ. Schlicht-hoheitliches Handeln Hat sich damit herausgestellt, daß eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Begriff der öffentlichen Aufgabe keinen gewinnbringenden Ertrag für die hier zu behandelnde Fragestellung erwarten läßt, ist nun der Versuch angebracht, die in Literatur und Rechtsprechung aufgezeigten positiven Merkmale zusammenfassend darzustellen, um dann letztlich eine Begriffsbestimmung des schlicht-hoheitlichen Handelns und seiner Verortung im System des Verwaltungshandelns vorzunehmen. 1. Aufgezeigte Merkmale Als eines der positiv formulierten Bestimmungsmerkmale wird von einigen Autoren, auf den Gesamtzusammenhang bezogen, die Ausrichtung auf die Verwirklichung des Gemeinwohles und des öffentlichen Interesses angesehen. 4 9 Wo diese im Spiele stünden, sei im Zweifel hoheitliche Verwaltung anzunehmen. 50 Sicherlich ist es nicht unzutreffend, wenn als kennzeichnendes Merkmal, die Bestimmung der Verwirklichung des Gemeinwohles zu dienen, angesehen wird. Indes läßt sich dies unter der Geltung des Grundgesetzes von jedem staatlichen Handeln sagen. 51 So ist der Staat etwa auch beim fiskali-
muß. (Eine eingehende Darstellung und Kritik der Abgrenzungstheorien findet sich bei Erichsen, Recht, Jura 1982, S. 537 ff., 538 ff.). Denn die Abgrenzungskriterien sind in erster Linie Kriterien zur Normqualifikation; problematisch ist aber die Zuordnung von Handlungen. Vgl. dazu Christ, S. 40; Scherer , NJW 1989, S. 2724 ff., 2724; Maurer, Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 21. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen von Martens, Joachim, K n t V 1986, S. 104 ff., insb. 128 ff., der das Fortbestehen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen Bürger und Verwaltung in Frage stellt. Ähnlich Benz, D V 23, S. 83 ff., S. 88. Vgl. dazu auch Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff., 155 ff., insb. S. 157. 49
Vgl. etwa Schack, DÖV 1970, S. 40 ff., 43; Peters, Verwaltung, S. 129.
50
So Peters, Verwaltung, S. 129.
51
Vgl. etwa Maurer, Verwaltungsrecht, § 1 Rdnr. 10.
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§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
sehen Handeln zu einer Orientierung am Gemeinwohl verpflichtet. 52 Es kann sich folglich nicht um ein das schlicht-hoheitliche Handeln in besonderer Weise kennzeichnendes Merkmal handeln. Vielfach wird das spezifische Verhältnis zur möglichen Anwendung staatlichen Befehls und Zwangs als eines der bestimmenden Kennzeichen angesehen. 5 3 Die Perspektive auf diese Affinität ist jedoch nicht immer kongruent, sondern weist Akzentuierungen auf. Während etwa auch Siebert das bereits an früherer Stelle dargestellte 54 „Stufenverhältnis" zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln anspricht, wenn er darlegt, daß bei ersterem Befehl und Zwang allenfalls am Rande stünden und nur als äußerste Sanktion in Betracht kämen, 5 5 findet sich bei Boergen eine andere Sichtweise dieses Zwangselementes.56 Beim schlicht-hoheitlichem Handeln kommt nach Boergen der hoheitlichen Gewalt eine potentielle Ersatzfunktion zu, während der Staat primär auf Zwangsmaßnahmen verzichte. Das Charakteristikum dieses Zwangsmomentes sieht Boergen darin, daß der Staat als „Monopolist der Staatlichkeit" jeden anderen, der versuche, hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen, ohne sich auf eine Delegation des Staates berufen zu können, zwingen könne, sich dieser Tätigkeit zu enthalten. Er gelangt daher zu der Auffassung, daß kein Einwand gegen die Annahme bestünde, auch vorbereitende Handlungen und Hilfstätigkeiten, die Koordination staatlicher Einheiten sowie deren Kontrolle als hoheitliches Handeln aufzufassen, da Zwang nur insoweit Voraussetzung hoheitlichen Handelns sei, als der Staat hoheitliche Aufgaben gegen den verteidige, der sie unberechtigt usurpiere, und der Staat auch in diesen Bereichen sein Monopol verteidigen könne und werde. 57 Zutreffend ist an dieser Ansicht, daß der Staat die Anmaßung hoheitlicher Befugnisse durch hierzu nicht von ihm ermächtigte Private mit Sanktionen bewehrt und etwa in den §§ 132, 275 ff. StGB mit strafrechtlichen Konsequenzen versieht. Entscheidend ist aber nicht diese Sanktionsandrohung, sondern daß derartigen Tätigkeiten schon nicht die intendierte (hoheitliche) Rechtswirkung zukommen kann, da deren Bewirkung außerhalb der Rechtsmacht eines Privaten liegt. Maßgeblich muß daher eine Betrachtung dieser Rechtsmacht als Ausfluß
52
Dies erkennt Schack nicht in aller Deutlichkeit, wenn er meint bei der fiskalischen Verwaltung verfolge der Staat wie ein Privatwirtschaftender unmittelbar eigennützige Zwecke und diene nur mittelbar auch der Allgemeinheit, vgl. S. 43. 53 Vgl. dazu bereits die Ausführungen in § 6 I 4 c bb und die dort zu findenden Literaturnachweise. Ähnliche Wertungen finden sich auch in der österreichischen Verwaltungsrechtsliteratur, siehe § 7 II. 54 Siehe S. 111. 55 Siebert, S. 220. 56 Vgl. Boergen, DVB1. 1971, S. 869 ff., 873. 57 Vgl. Boergen, S. 873.
I I . Schlicht-hoheitliches Handeln
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der öffentlichen Gewalt sein 5 8 . Dies rückt den Bezug zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln, in dem sich letztlich die öffentliche Gewalt mittels Befehl und Zwang gegenüber dem Gewaltunterworfenen äußert 59 , in den Vordergrund. Allein die Auswirkungen dieser Relation auf das Verhältnis zwischen Staat und Bürger, nicht aber diejenigen, die sich aus einer Sanktionsandrohung ergeben, können hier von Interesse sein. M i t der Bezugnahme auf die Begriffe „Befehl" und „Zwang" wird im Grunde nur diese Nähebeziehung zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln umschrieben. So versteht denn auch Labus unter „schlichter Hoheitsverwaltung" solche „Tätigkeiten der Verwaltung, die obrigkeitliches Handeln entweder vorbereiten oder unterstützen sollen" 60 . Gemeinsames Merkmal dieser Verwaltungshandlungen sei, daß sich die Tätigkeit der Verwaltung noch nicht zur ObrigkeitsVerwaltung verdichtet habe, vielmehr im Vorfeld verlaufe. 61 Eine parallele Wertung findet sich insoweit bei der Zuordnung von Realakten zum öffentlichen Recht und kann hier unterstützend herangezogen werden. Auch dort wird in Teilen der Literatur bei der Zuordnungsentscheidung maßgeblich auf den Funktionszusammenhang mit der hoheitlichen Sonderkompetenz abgestellt. Nach Christ ist ein Realakt dann als öffentlichrechtlich zu qualifizieren, „wenn er die in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsnorm begründete Sonderkompetenz realisiert" 62 . Im Rahmen des Amtshaftungsrechts wird ein Realakt dann als Ausübung eines öffentlichen Amtes i. S. d. Art 34 GG i. V. m. § 839 BGB angesehen, wenn die Zielsetzung, in deren Sinn der Amtswalter tätig wird, dem Bereich der hoheitlichen Betätigung zuzurechnen ist und zwischen dieser Zielsetzung und dem Realakt ein enger innerer und äußerer Zusammenhang besteht. 63 Einen vergleichbaren Ansatz vertritt - wie bereits aufgezeigt - Robbers bei seinem Verständnis des schlichten Verwaltungshandelns. 64 Auch ihm kommt
58 Zu einem veränderten Verständnis von „Hoheitlichkeit" vgl. auch Bull, Verwaltungsrecht, S. 15. 59
Siehe dazu auch Bull, Verwaltungsrecht, S. 15.
60 Labus, S. 99. Labus verwendet in Anlehnung an W. Jellinek den Terminus „schlichte Hoheits Verwaltung", entspricht aber in seinem Begriffs Verständnis eher der hier vertretenen Auffassung zum schlicht-hoheitlichen Handeln. 61
Erinnert sei hier an die ähnliche Terminologie Gamms, der von einer Vorstufe des hoheitlichen Handelns spricht, vgl. Gamm, NJW 1957, S. 1005 ff., 1057. 62 Christ, S. 80. Vgl. auch Scherer, NJW 1989, S. 2724 ff., 2726. 63 Vgl. Ossenbühl Staatshaftungsrecht, S. 26 f. 64 Siehe S. 115.
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§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
es letztendlich entscheidend auf die Beziehung zum im Außenverhältnis unmittelbar wirksamen obrigkeitlich-hoheitlichen Verwaltungshandeln an. 6 5 2. Begriffsbestimmung Diese Ansätze können nun für den Versuch einer Begriffsbestimmung fruchtbar gemacht werden. Wie sich namentlich bei Robbers zeigt, ist eine Differenzierung innerhalb der Kategorie des schlichten Verwaltungshandelns möglich und sinnvoll. Für eine derartige Differenzierung tritt auch Pitschas ein, wenn er ausführt, daß es immer weniger Sinn mache, Wissens- und Willenserklärungen, Vollstreckungshandlungen, Verlautbarungen sowie weiteres auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtetes Handeln in einer Auffangkategorie zusammenzufassen. 66 Vielmehr seien die administrativen Tathandlungen mit Blick auf die ihnen jeweils zugemessene Wirkungsintentionen zu erfassen bzw. zu klassifizieren, um sie dann in genuine Handlungsformen einzukleiden. Entscheidend ist ihm dabei die Erfassung des dem „schlicht-hoheitlichen Handeln" 67 innewohnenden, eigentümlichen indirekten Steuerungsanspruchs. Mittels einer derartigen weitergehenden Differenzierung wird den in der Rechtswirklichkeit vorkommenden Unterschieden Rechnung getragen. Denn innerhalb des schlichten Verwaltungshandelns treten diejenigen Handlungen hervor, die durch eine unmittelbare Bezugnahme oder, anders ausgedrückt, durch eine spezifische Nähebeziehung zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln geprägt sind. Sie stehen nicht wie die übrigen Tätigkeiten des schlichten Verwaltungshandelns entweder nur in bezug zur Verwaltungsaufgabe 68 oder in einem nur mittelbaren Bezug zum obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln, sondern wollen dieses (insbesondere soweit es das Fernstraßenplanungsrecht an-
65
Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf die Beurteilung des schlicht-hoheitlichen Handelns durch Ehlers, Privatrechtsform, S. 497. Auch dieser legt seiner Bewertung ein Bezugsverhältnis zugrunde, wählt dabei aber einen anderen Ansatz. Von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Anwendbarkeit von öffentlichem und privatem Recht ausgehend, qualifiziert Ehlers Tathandlungen der Verwaltung immer als schlicht-hoheitliche Maßnahme, sofern sie nicht in einem engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der Wahrnehmung privatrechtlich zu erfüllender Aufgaben stehen. Ein derartiger Ansatz erscheint jedoch zu weitgehend und führt insbesondere zu unerwünschten Nivellierungen innerhalb des schlicht-hoheitlichen Handelns. 66 Vgl. Pitschas, S. 252 f. 67 Pitschas verwendet den Terminus hier im Sinne eines Sammelbegriffes und setzt ihn mit dem des Realaktes gleich, vgl. S. 242. 68 Vgl. Robbers, S. 247.
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belangt 69 ) etwa unmittelbar vorbereiten. 70 Vor allem bei diesen vorbereitenden Handlungen, die letztlich in den Erlaß eines Verwaltungsaktes münden, wird diese Nähebeziehung dann sichtbar, wenn zwischen dieser Vorbereitungshandlung und dem Verwaltungsakt ein so enger Funktionszusammenhang besteht, daß letzterer in seiner konkreten Erscheinungsform ohne die erste(ren) nicht denkbar ist. Aufgrund dieser Nähebeziehung strahlt, bildlich gesprochen, das im obrigkeitlich-hoheitlichen Handeln enthaltene Hoheitsmoment in besonderer Weise auf diese Handlungen aus und hebt diese von anderen schlichten Verwaltungshandlungen, denen dieser unmittelbare Bezug fehlt, 7 1 ab. Sie sind in ihrer objektiven Ausrichtung darauf angelegt in das obrigkeitlich-hoheitliche Handeln einzugehen, 72 d. h. dessen Inhalt jedenfalls teilweise vorwegzunehmen. Diese Qualität der Bezugnahme akzentuiert sie gegenüber den übrigen Erscheinungsformen des schlichten Verwaltungshandelns. Nachfolgend soll daher innerhalb des schlichten Verwaltungshandelns i. w. S. das schlicht-hoheitliche Handeln und das schlichte Verwaltungshandeln i. e. S. unterschieden werden 7 3 Da es sich hierbei jedoch nicht um eine allgemein bestimmbare, eindeutige Trennungslinie handelt, sondern vielmehr um eine Zone des Überganges, wird eine exakte Trennung des schlicht-hoheitlichen Handelns vom Bereich des schlichten Verwaltungshandelns i. e. S. nicht immer leicht fallen. Dies liegt jedoch bereits in der Thematik selbst begründet, da es sich, wenn nicht regelmäßig, so doch häufig, um Handlungen eines einheitlichen Arbeitsprozesses handelt, der nicht durch rechtlich normierte, getrennte Arbeitseinheiten ge69
Es sei nochmals daran erinnert, daß die Arbeit letztlich nur um eine bereichsspezifische Lösung für das Fernstraßenplanungsrecht bemüht ist. Das Augenmerk richtet sich daher bereits hier entscheidend auf die das Fernstraßenplanungsrecht kennzeichnenden Vorbereitungshandlungen des Planfeststellungsbeschlusses. Eine ähnliche Beurteilung erscheint aber auch bei den von Robbers als regelungsausführend, regelungsersetzend und regelungsvermeidend bezeichneten Handlungen möglich, vgl. Robbers, S. 274. Eine nähere Bewertung dieser Erscheinungen erscheint zwar grundsätzlich angebracht, würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen. 70 Siehe hierzu auch die Bewertung von Vorbereitungs- und Mitwirkungshandlungen in der Rechtsprechung, § 8 I I I 2. Vgl. auch Richter/Schuppert, S. 246 ff., die im Rahmen einer funktionalen Betrachtung vier Typen des schlichten Verwaltungshandelns unterscheiden: neben dem betriebsbezogenen Verwaltungshandeln, der Daseinsvorsorge und der Informellen Steuerung des Bürgerverhaltens eben auch die Vorbereitung und den Vollzug von Verwaltungsakten, S. 250. Siehe dazu nun Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 24 f. 71
Zu denken ist beispielsweise an den bloßen Realakt, der allein zu einer Veränderung auf der Tatsachenebene führt. 72 Nicht entscheidend kann hier die subjektive Zielsetzung des jeweiligen Sachbearbeiters sein. 73
Vgl. das Schaubild 1 auf S. 129.
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§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
gliedert ist, sondern zunächst einen einheitlichen Vorgang bildet. Es kann also nicht darum gehen, einen völlig neuen, eigenständigen, originären Handlungstypus zu bestimmen. 74 Möglich erscheint es aber, einen Teilbereich des schlichten Verwaltungshandelns i. w. S. aufgrund seiner spezifischen Merkmale hervorzuheben, ohne dabei die teilweisen Überschneidungen und fließenden Übergänge leugnen zu wollen. Die jeweilige Bestimmung und Abgrenzung ist eine wertende Frage des Einzelfalles und bedarf einer, bereichsspezifischen Lösung. Die besondere Problematik, die durch diese Bezugnahme auf das hoheitliche Moment hervorgerufen wird, rechtfertigt jedoch eine eigenständige Benennung und Behandlung, 75 die aber letztlich auf dem Hintergrund der Zugehörigkeit zur Kategorie des Verwaltungshandelns 76 „schlichtes Verwaltungshandeln i. w. S." erfolgt. Für die Bezeichnung der so gekennzeichneten Handlungen möchte ich den Terminus „schlicht-hoheitliches Handeln" verwenden. 77 Der Begriff verbindet beide Elemente und bringt sie gut zum Ausdruck; zum einen benennt er die Zugehörigkeit zum Bereich des schlichten Verwàltungshandelns i. w. S., zum anderen die besondere Bezugnahme auf das hoheitliche Moment. Eine derartige Differenzierung innerhalb einer anerkannten Handlungsform bedarf der dogmatischen Rechtfertigung. 78 Dies gilt insbesondere dann, wenn 74 Eine nähere Darlegung erfolgt im Anschluß, siehe S. 124. Hier sei zunächst klargestellt, daß es nicht beabsichtigt ist, dem bisherigen Formenkanon ein vollkommen neues Element hinzuzufügen, sondern es soll das Augenmerk auf eine bereits tatsächlich vorhandene Differenzierung gerichtet werden. Wobei jedoch gleichzeitig ein dahin gehend modifiziertes Verständnis der Handlungsform „schlichtes Verwaltungshandeln" vorgeschlagen wird. Denn trotz ihrer Statik ist die Formenlehre „nie eine fertige, sondern stets eine zu reformierende Lehre", vgl. Schmidt-Aßmann, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 541. So auch Burmeister, Joachim, S. 207; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 187 f. 75
Eine Differenzierung setzt ebenfalls voraus: Achterberg, Verwaltungsrecht, § 21 Rdnr. 292; der auch auf den Bezug zur Regelung abstellt. Zustimmend nun auch Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Α., § 23 Rdnr. 40 u. § 57 Rdnr. 1. 76
Für die Qualifikation des schlichten Verwaltungshandelns als Handlungstypus siehe: Robbers, S. 272, ähnlich Labus, S. 99, und Hill, Rechtsverhältnisse, NJW 1986, S. 2602 ff., 2605 für die des Realaktes. 77 Die Wahl des von Jellinek gewählten Begriffes ,'jSchlichte Hoheitsverwaltung" kann dabei nicht in Betracht kommen, denn dieser Terminus lenkt das Augenmerk bereits sprachlich auf die Beschreibung eines Verwaltungsbereiches. Genau dies soll hier aber vermieden werden. 78
Zu den Anforderungen, die an an die Entwicklung neuer Handlungsformen zu stellen sind, vgl. Ossenbühl, Handlungsformen, S. 682: „[...] eine rechtswissenschaftliche Aufgabe kann nur darin bestehen, Veränderungen oder Korrekturen vorhandener Handlungsformen als notwendig vorzuschlagen oder neue Handlungsformen partiell zur Diskussion zu stellen. Jedes andere Vorgehen würde die entwicklungsgeschichtli-
I I . Schlicht-hoheitliches Handeln
125
letztlich nur eine bereichsspezifische, d. h. aufgabenbezogene Bestimmung angestrebt wird. Es gilt daher zunächst die Anforderungen zu klären, die an eine Handlungsform zu stellen sind. Mit der Ausbildung von Handlungsformen werden zwei Aufgaben verfolgt. 79 Handlungsformen kommt erstens eine rationalisierende Funktion zu, denn durch die allgemeine Bestimmung von Rechtsvoraussetzungen, Rechtswirkungen und Fehlerfolgen bedarf es nicht jeweils von neuem der Beantwortung von Sach- und Wertungsfragen. Zweitens kommt ihnen eine rechtsstaatliche Funktion zu, denn sie binden die Verwaltung im Interesse der Richtigkeit und Gerechtigkeit der Entscheidungen an bestimmte Verfahrensregelungen, d. h. sie kanalisieren 80 das Verwaltungshandeln und machen es damit transparent. Ihnen kommt insgesamt die Funktion eines „Speichers" 81 zu, der das Auffinden konkreter Lösungen erleichtert. Diesen Anforderungen werden die verschiedene Handlungsformen 82 jedoch in unterschiedlicher Weise gerecht. Dies liegt in ihrer unterschiedlichen Qualität begründet. So entfaltet das schlichte Verwaltungshandeln (Realakt) keine eigene rechtliche Wirkung im Sinne eines Regelungsund Rechtsquellengehaltes.83 Dennoch wird es überwiegend als Handlungsform anerkannt. 84 Konsequenterweise wird daher in der Literatur eine Unterscheidung der häufig synonym verwendeten Begriffe Handlungs- und Rechtsform vorgeschlagen. 85 Unter Rechtsformen des Verwaltungshandelns werden dabei nicht nur vom Recht zur Verfügung gestellte Formen verstanden, sondern Rechtsquellen, mit anderen Worten nur diejenigen Formen, die eine eigene rechtliche Wirkung entfalten wie die Verordnung, die Satzung, der Verwaltungsakt und der Verwaltungsrechtsvertrag. Der Begriff Handlungsform hingegen dient als Oberbegriff, der die Rechtsformen des Verwaltungsche Komponente des Rechts außer acht lassen." Wie Ossenbühl weiter anmerkt, gibt es jedoch auch keinen festen numerus clausus administrativer Handlungsformen. Vgl. auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 32. 79 Siehe Ossenbühl, Handlungsformen, S. 681. Allgemein zur Funktion der Handlungsform, Schmidt-Aßmann, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 533; Krause, S. 14 ff.; Pitschas, S. 231; Wahl, Landesplanung, S. 21; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 190 f. 80
Vgl. di Fabio , System der Handlungsformen, S. 47.
81
Schmidt-Aßmann, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 533.
82
Zur Diskussion, ob Verwaltungsvorschriften und Weisungen als eigenständige Handlungsformen anerkannt werden sollen, vgl. einerseits befürwortend Pauly, S. 33, andererseits ablehnend di Fabio , System der Handlungsformen, S. 54. 83
Vgl. di Fabio , System der Handlungsformen, S. 47; Pauly, S. 33.
84
Krause, S. 54 ff.; Ossenbühl, Handlungsformen, S. 685; di Fabio , System der Handlungsformen, S. 53. 85 Pauly, S. 32 ff. Siehe auch schon Wahl, Landesplanung, S. 21 Fn. 1, der jedoch mit der Unterscheidung eine andere Zielsetzung verfolgt.
126
§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
handelns und das restliche Verwaltungshandeln umfaßt, das mit schlichtem Verwaltungshandeln bezeichnet wird. 8 6 In zutreffender Weise wird dieses den Handlungsformen zugerechnet, denn auch sie erbringen eine Speicherfunktion, soweit Verfahrens- und Formvorschriften an sie geknüpft sind; ihnen kommt indes nicht die Speicherleistung einer normativen Regelungsfunktion und -Wirkung zu. 8 7 Kann eine derartige Leistung aber bereits nicht von der Kategorie des schlichten Verwaltungshandelns als Oberbegriff verlangt werden, gilt auch für einen Teilbereich dieser Kategorie die Begrenzung der Speicherfunktion. Offen ist damit zunächst aber noch die Rechtfertigung für die beabsichtigte Binnendifferenzierung. Im Kern ist sie jedoch bereits benannt: Entfällt bei der Handlungsform „schlichtes Verwaltungshandeln" eine Regelungsfunktion, bildet diese also insbesondere nicht das maßgebliche Element der Handlungsform, liegt es auf der Hand, die Wirkungen des Handelns, die unterhalb dieser Regelungswirkung ansetzen näher zu betrachten und soweit es hierbei zu Unterschieden in der Bewertung kommt, diese auch als Ausgangspunkt einer Differenzierung zu nehmen. Dabei nimmt das schlicht-hoheitliche Handeln Anteil an der allgemeinen Speicherfunktion der Handlungsform des schlichten Verwaltungshandelns i. w. S. Die hierzu entwickelten Anforderungen gelten auch für das schlicht-hoheitliche Handeln, bilden gewissermaßen die Basis seiner Beurteilung. Darüber hinaus kommt dem schlicht-hoheitlichen Handeln noch eine eigene, spezifische Speicherfunktion zu. 8 8 Die besondere Qualifikation des schlichten Verwaltungshandelns i. w. S. legt eine derartige Spezifizierung auch in einem weiteren Punkt nahe. Denn da bei ihm die unmittelbare Regelungsfunktion als sichtbarer Kontroll- und Überprüfungspunkt fehlt, ist ein um so stärkeres Augenmerk auf seine verwaltungsinternen Wirkungen und den Ablauf des Prozesses „Verwaltungsverfahren" zu richten. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß dieses aber nicht insgesamt für alle Bereiche der Handlungen, die das schlichte Verwaltungshandeln i. w. 86 Vgl. eine ähnliche Differenzierung bei di Fabio , System der Handlungsformen, S. 64. Siehe dazu Pitschas, Fn 38. 87 Siehe Pauly, S. 35 u. 41. Auch Pitschas, S. 242, fordert Formen nicht nur für verbindliche, regulierende Verwaltungsentscheidungen vorzusehen, sondern auch für weitere und anders geartete Verwaltungsvorgänge, deren Schutz- und Bewirkungsanspruch unterhalb dieser Schwelle liegt. Hierzu zählt er insbesondere die „schlicht-hoheitlichen Tätigkeiten" („Realakte") der Verwaltung. Vgl. auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 193, der darauf hinweist, daß die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns zumindest als alleiniger Ordnungsrahmen für das schlichte Verwaltungshandeln ungeeignet sei und es daher zusätzlich eines Rückgriffes auf die Rechtsverhältnislehre bedarf, S. 193 ff., insb.S. 217 ff. 88
Diese Überlegungen basieren auf den Ausführungen von Pauly, der zwischen einem formspezifischem Form(programm)speicher und einem formunspezifischem, aber formrelevanten Anwendungspeicher unterscheiden will, vgl. S. 40 insb. Fn. 32.
III. Schlicht-hoheitliches Handeln
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Sinne erfaßt, in gleicher Weise und mit den gleichen Anforderungen gelten kann. 8 9 Einer eingehenderen Begründung bedarf hingegen der geforderte bereichsspezifische Ansatz. „Handlungsformen sind in Entstehung und Ausprägung durch die Verwaltungsaufgaben bedingt. Stellt somit Formdifferenzierung eine Reaktion auf entsprechend unterschiedliche Aufgaben bzw. Aufgabenstrukturen der öffentlichen Verwaltung dar, so kommt es des näheren auf die Funktion an, die einer Handlungsform in bezug auf die spezielle Aufgabenerledigung zukommt". 9 0 Aufgegriffen wird damit die Forderung Schmidt-Aßmanns, die Finalität des Handelns intensiver in die Formen einzubeziehen und damit die Zweck- oder Aufgabenorientierung des Verwaltungsrechts zu fördern. 91 Richtigerweise ist dabei an den bereits entwickelten Formenkanon anzuknüpfen, aber zu diesen Oberbegriffen ergänzend, sind Formen einer „mittleren Generalisierungsebene" 92 zu entwickeln, in die die besonderen Regelungsbedürfnisse der einzelnen Aufgabenfelder eingebracht werden. Bei Handlungsformen, denen kein Rechtsquellencharakter zukommt, bei denen daher nicht die Fixierung auf die Fehlerfolgenseite im Vordergrund steht und die daher auch nicht mit der vergleichbaren Stringenz in das verwaltungsprozessuale Korsett gezwängt werden müssen, tritt diese Aufgabenbezogenheit in noch weit stärkerem Maße in den Vordergrund. Soweit sich das schlichte Verwaltungshandeln i. w. S. zunächst auf eine verwaltungsinterne Wirkung beschränkt, sind vor allem diese Vorgänge von Interesse. Da aber die jeweilige Aufgabe und insbesondere die mit ihr verbundene Programmierung des Vorgehens der Verwaltung die Art und Weise des Verwaltungsprozesses prägt, ist gerade hier eine aufgabenbezogene Differenzierung angebracht. Entsprechend hat eine nähere Begriffsbestimmung für die jeweilige Aufgabe zu erfolgen, insoweit diese besondere Spezifika aufweist, die eine Differenzierung rechtfertigen. Das Bestehen schlicht-hoheitlichen Handelns kann daher weder a priori für jede Verwaltungsaufgabe (Verwaltungsbereich) behauptet werden, noch läßt sich ohne Beachtung der jeweiligen Besonderheiten eine Begriffsbestimmung und eine Festlegung von „Rechtsregime und prozeduralem Aktionsmuster" 93 vornehmen.
89 Eine derartige Spezifierung wurden etwa bereits im Bereich der staatlichen Warnungen als finalen Realakten vorgenommen, vgl. di Fabio , System der Handlungsformen, S. 61 ff. m. w. N.
» Pitschas, S. 240. 91
Vgl. Schmidt-Aßmann, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 538 m. w. Ν und S. 541. Zustimmend: Schuppert, Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 101. Kritisch dazu äußert sich nunmehr Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 93 ff. u. S. 199 . 92
Siehe Fn. 91.
93
Pitschas, S. 240.
128
§ 9 Versuch einer Begriffsbestimmung
Dies beachtend, sollen mit dem Begriff „schlicht-hoheitliches Handeln" also diejenigen der spezifischen Aufgabenverwirklichung dienenden Handlungen der Träger öffentlicher Verwaltung bezeichnet werden, die zwar nicht unmittelbar einen Rechtserfolg erzielen wollen, zu diesem (obrigkeitlich-hoheitlichen) Rechtserfolg aber in einem spezifischen Verhältnis der unmittelbaren, insbesondere unmittelbar vorbereitenden, Bezugnahme stehen. Zwischen diesem Rechtserfolg, der durch das obrigkeitlich-hoheitliche Handeln bewirkt wird, und dem schlicht-hoheitlichen Handeln besteht insofern ein untrennbarer Zusammenhang, als letzteres etwa bei Vorbereitungshandlungen mit seinem Inhalt in ersteren eingeht und diesen jedenfalls teilweise präjudiziert bzw. zu präjudizieren geeignet ist. Das so verstandene schlicht-hoheitliche Handeln ist ein Teilbereich des schlichten Verwaltungshandelns i. w. S., 9 4 Einen weiteren Teilbereich bildet das schlichte Verwaltungshandeln i. e. S., das diejenigen Handlungen der Verwaltung erfaßt, die aufgrund öffentlichen Rechts vorgenommen werden und die keinen unmittelbaren Rechtserfolg erzielen wollen, sondern diesen grundsätzlich allenfalls mittelbar bedingen oder vermitteln. Es handelt sich dabei um dem öffentlichen Recht zugehörige Handlungen mit einem Bezug zur staatlich wahrgenommenen Aufgabe. Sie sind gemäß der klassischen Einteilung Bestandteil der Hoheitsverwaltung. 95 Das Verhältnis zwischen dem obrigkeitlich-hoheitlichem Handeln und dem schlicht-hoheitlichen Handeln einerseits und demjenigen des schlichten Verwaltungshandelns i. e. S. zum schlicht-hoheitlichen Handeln andererseits soll das nachfolgende Schaubild verdeutlichen helfen.
94
Die Begriffswahl fällt hier aus Gründen der Einheitlichkeit der Terminologie auf den Begriff „schlichtes Verwaltungshandeln" und nicht auf den der „schlichten Verwaltungstätigkeit". 9 5 Vgl. beispielhaft Wolff/Bachof 10.A., § 23 Rdnr. 38 ff.
§ 23 III. Wolff/Bachof/Stober,
Verwaltungsrecht I,
129
III. Schlicht-hoheitliches Handeln
Schaubild 1 A r t e n des Staatshandelns
Staatshandeln
Hoheitsverwaltung
Verwaltungsprivatrechtliches Handeln
Fiskallisches Handeln
Schlichtes Verwaltungshandeln i. w. S.
»
η
9 Stehlin
§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
I. Bereichsspezifischer Lösungsansatz 1. Problemstellung und Eigenart der Thematik Vor einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob sich das so eben gewonnene Verständnis des schlicht-hoheitlichen Handelns auch mit Gewinn auf das Fernstraßenplanungsrecht übertragen läßt, soll zunächst einleitend auf die Neuartigkeit und damit verbunden auf die Eigenart der Problematik eingegangen werden. Diese werden bereits deutlich, wenn man bedenkt, daß die angesprochene Frage erst durch die Entwicklung der jüngst zurückliegenden Jahre in das Blickfeld des rechtswissenschaftlichen Interesses geriet. Vor Gründung und Beauftragung der privatrechtlich verfaßten Planungsgesellschaften war eine Beschäftigung mit dem schlicht-hoheitlichen Handeln im Fernstraßenplanungsrecht nicht erforderlich und unterblieb daher auch. Die „Planung" lag in den Händen eines oder mehrerer beamteter Sachbearbeiter der zuständigen (zudem teilweise identischen) Behörden. Bildlich gesprochen spielte sich der Planungsvorgang bis zum Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses auf ein und demselben Schreibtisch ab. Eine Unterscheidung der einzelnen Planungstätigkeiten war ebenso entbehrlich, wie die Beantwortung der Frage, ob der planende Beamte bei dieser oder jener Tätigkeit „hoheitlich" handele. Erst der durch die Organisationsprivatisierung hervorgerufene Prozeß der Arbeitsteilung ließ diese Problematik aufkommen. Erst unter dieser neuen Konstellation stellen sich die Fragen, was unter schlicht-hoheitlichem Handeln im Fernstraßenplanungsrecht zu verstehen ist, wer dafür zuständig ist und unter welchen Voraussetzungen es vorgenommen werden darf. Aus dem einen Schreibtisch sind nunmehr zwei geworden und es bedarf der Abgrenzung, welche Arbeiten auf welchem Schreibtisch zu erfolgen haben. Damit ist auch bereits die grundlegende Schwierigkeit benannt. Was seither als ein einheitlicher Vorgang wahrgenommen wurde, wird keine klaren, normativen „Grenzpunkte" aufweisen, die ohne weiteres eine eindeutige Qualifikation als schlicht-hoheitliches Handeln zulassen. So kennzeichnet denn auch Wahl das Problem in zutreffender Weise, wenn er ausführt, daß die entscheidende rechtliche Schwierigkeit der Abgrenzung darin bestehe, daß zwischen übertragungsfähigen „Dienstleistungen" und schlicht-hoheitlichen Aufgaben unter-
I. Bereichsspezifischer Lösungsansatz
131
schieden werden müsse, daß jedoch die „Formlosigkeit" der schlichthoheitlichen Tätigkeit eben diese Abgrenzung erschwere und in der Praxis ins Verschwimmen geraten ließe.1 Notwendig ist also die Abgrenzung zwischen schlicht-hoheitlicher Tätigkeit und davon zu unterscheidenden bloßen vorbereitenden und durchführenden „Dienstleistungen"; es geht darum, aus dem Gesamtzusammenhang der planerischen Prozesse einen Kern von Entscheidungselementen herauszuschälen, der hoheitlicher Natur ist und von einfachen Vorbereitungs- und Durchführungsaktivitäten unterschieden werden kann. 2 In ähnlicher Weise fragt Blümel danach, „wo eigentlich die Schnittstellen zur Planfeststellung und zur Wahrnehmung anderer hoheitlicher Aufgaben liegen". 3 Diese Abgrenzung stellt das Kernproblem bei der Einschaltung der privatrechtlich verfaßten Planungsgesellschaften dar. 4 Sogar der kaufmännische und juristische Geschäftsführer der DEGES räumt in diesem Zusammenhang Schwierigkeiten ein. 5 Nachfolgend steht daher das Bemühen im Vordergrund diese Abgrenzung mittels einer Bestimmung des schlicht-hoheitlichen Handelns im Fernstraßenplanungsrecht zu ermöglichen. Dieses ist also daraufhin zu hinterfragen, ob es geeignet ist, den angesprochenen hoheitlichen „Kern" des Gesamtprozesses Planung definitorisch zu erfassen. Dabei wird der Umstand die Erörterungen prägen, daß es sich bei der Planung letztlich um einen einheitlichen Vorgang ι
Siehe Wahl, Einschaltung, DVB1. 1993, S. 517 ff., 519.
2
Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 521. Auf die Abgrenzungsproblematik von staatlichen Funktionen in privater Hand gegenüber gleichartigen privaten Tätigkeiten im Rahmen der Beleihung hat bereits, Steiner, Verwaltung durch Private, S. 47 u. S. 209, hingewiesen. Für den Bereich des Städtebaurechts (§ 33 Abs. 4 StBfG) hat dieses Problem Battis, Partizipation, S. 210 f., angesprochen. 3 Blümel, Verkehrswegeplanung, S. 20. Diese Problematik verkennt Burgi, JZ 1994, S. 654 ff., wenn er allein aufgrund der vertraglichen Beschränkung der Tätigkeit der DEGES auf nicht-hoheitliche Aufgaben konstatiert, es ändere sich nichts an den Grundstrukturen, S. 661 Fn. 86. So verlangt auch Hahn, S. 156, eine sorgfältige Unterscheidung, welche einzelnen Tätigkeiten auf den Privaten übergehen können und welche beim Staat verbleiben müssen. 4
Vgl. die Tagungsberichte über das Forschungsseminar „Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau" am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und des Arbeitsausschusses „Straßenrecht" der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen am 26./ 27.10.1992 von Pfeil, Einschaltung, DÖV 1993, S. 383 ff., 384; Bülow, Einschaltung, L K V 1993, S. 128 f.; Stüer, Einschaltung, DVB1. 1992, S. 1528 ff. Siehe auch Pfeil, Verkehrswegeplanung, DVB1. 1991, S. 1351 ff., 1354; Wagner/Baumheier, S. 58. 5 Siehe dazu die Zusammenfassung des Vortrages von Klofat anläßlich des Forschungsseminars am 26./27.10.1992 in Pfeil, Einschaltung, S. 384. Betrachte auch Klofat, S. 12. Derartige Abgrenzungsschwierigkeiten räumt auch Hoffmann-Burchardi, L K V 1992, S. 322 ff., 323 ein.
9*
132
§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
handelt, der zwar einer Strukturierung und Arbeitsteilung nicht entzogen ist, der sich aber nur bedingt in präzise unterscheidbare Teilprozesse einteilen lassen wird. 2. Erfordernis
eines bereichsspezifischen
Ansatzes
Zur Begründung eines bereichsspezifischen (aufgabenbezogenen) Lösungsansatzes kann an die Ausführungen zur aufgabenbezogenen Differenzierung im Rahmen der Handlungsformen angeknüpft werden. 6 Die Aufgabenbezogenheit wirkt sich nicht nur auf die Handlungsformen aus, sondern hat in noch weit stärkerem Maße Einfluß auf das jeweilige Verfahrensrecht und die Organisation der Verwaltung. Wie im weiteren noch näher ausgeführt wird, bedingt die Aufgabe „Planung" eine finale Programmierung, die den Verfahrensablauf und die Organisation prägt 7 und die stufenweisen Abarbeitung komplexer Sachverhalte beinhaltet. Die Aufgabe „Planung" ist dabei durch eine Gestaltungsfunktion bestimmt 8 , und kann sich nicht nur auf den Gesetzesvollzug beschränken, d. h. „planende Verwaltung muß sich .politisch' in dem Sinne betätigen, daß sie sich aktiv in die Prozesse der Interessenartikulation, Interessenberücksichtigung, Konfliktentscheidung und Konsensgewinnung einschaltet"9. Der Aufgabenbezug ist daher ebenso wie für das materielle Recht auch für das Verfahren und die Organisation ausschlaggebend.10 Insbesondere das Verfahrensrecht wird durch diesen Bezug beeinflußt, da zwischen dem inhaltlichen Verwaltungsrecht und dem Verwaltungsverfahrensrecht eine enge Nähebeziehung besteht. 11 Beide sind Aus-
6 Siehe § 9 I I I 2. 7
Zu den spezifischen Anforderungen, die sich aufgrund der Aufgabenstellung für die Verwaltungsorganisation ergeben, vgl. Schuppert, Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 192. Vgl. dazu und zur Habilitationsschrift insgesamt Laux, DÖV 1981, S. 861 ff. Wahl, Bürokratische Kosten, S. 295, tritt für eine Ausrichtung auf konkrete Verwaltungsbereiche und -aufgaben ein , da es den Generaltyp der richtigen Organisation nicht gebe. 8
Vgl. dazu Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 186 ff. u. 193 ff.
9
Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 196.
10
Schuppert, Erfüllung, S. 27, etwa w i l l beim Ausmaß der staatlichen Verantwortung für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, nach der Aufgabenart im Sinne einer graduellen Abstufung unterscheiden, also auch in diesem Zusammenhang die Aufgabenart zum Maßstab nehmen. 11
Vgl. zur Konzeption des bereichsspezifischen Verwaltungsrechts Wahl, Vereinheitlichung, S. 19 f f . , i n s b . 38 f f . ; Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 83 ff.; Wahl, Verwaltungsverfahren, S. 173 ff.
II. Fernstraßenplanungsrecht
133
druck gemeinsamer Antworten auf einheitliche Sachprobleme, 12 die sich aus der Aufgabenstellung ergeben. Das Verwaltungsverfahren ist „Modus der primären Verwirklichung des Verwaltungsrechts" 13 und bedarf einer bereichsspezifischen Ausrichtung. 14 Dieser starke Aufgabenbezug der Planung kann nicht ohne Auswirkung auf den Gegenstand dieser Untersuchung sein. Denn wie dargestellt, ist es das Ziel, den Gesamtvorgang der Planung auf seinen hoheitlichen Kern hin zu erforschen, d. h. seine schlicht-hoheitlichen Handlungselemente herauszukristallisieren. Da dieser Gesamtvorgang jedoch sowohl vom Verfahrensrecht als auch der Organisation bestimmt wird, diese aber eine bereichsspezifische, aufgabenbezogene Betrachtung erfordern, kann für die Behandlung des schlichthoheitlichen Handelns im Fernstraßenplanungsrecht 15 nichts anderes gelten. Diese Zusammenhänge machen es zunächst erforderlich, sich die Spezifika des Fernstraßenplanungsrechts zu verdeutlichen, um auf dieser Grundlage eine Begriffsbestimmung vornehmen zu können.
II. Fernstraßenplanungsrecht 1. Rechtsgrundlagen Das Fernstraßenplanungsrecht findet seine bundesgesetzliche Normierung im Bundesfernstraßengesetz (FStrG) 16 in der durch das Planungsvereinfachungsgesetz 17 (PIVereinfG) geänderten Fassung. Soweit das FStrG keine Regelung enthält, finden die §§72 ff. VwVfG Anwendung. Für den Bereich der neuen Länder 18 gilt das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz 12 Siehe Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 86. 13
Wahl, Vereinheitlichung, S. 41; Wahl, Verwaltungsverfahren, S. 153.
14
Vgl. dazu auch Battis, Planfeststellungsverfahren, S. 41.
15
Näher betrachtet werden soll das Planungsrecht für Bundesfernstraßen. Die gewonnenen Erkenntnisse können daher unmittelbare Geltung nur für das Fernstraßenplanungsrecht beanspruchen. Sie werden jedoch, mit Unterschieden im einzelnen, auch auf das übrige Verkehrswegeplanungsrecht anwendbar sein. Gefolgt wird damit der üblichen, beispielhaften Behandlung des Fernstraßenplanungsrechts. 16
Bekanntmachung der Neufassung vom 19.04.1994 (BGBl. I S. 854). PIVereinfG vom 17.12.1993 (BGBl. I S. 2123).
ι» Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Ziff. 5 VerkPBG gilt das VerkPBG auch für die Fernverkehrswege zwischen den neuen Bundesländern und den nächsten Knotenpunkten des Hauptfernverkehrsnetzes des übrigen Bundesgebietes. Siehe hierzu die vom Bundesminister für Verkehr gem. § 1 Abs. 2 VerkPBG erlassene Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3.6.1992 (BGBl. I. S. 1014), geänd. d. Art. 6 Ziff. 109
134
§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
( V e r k P B G ) 1 9 i n der durch A r t . 8 PIVereinfG geänderten Fassung bis z u m 31. Dezember 1999 (§ 1 Abs. 1 S. 1 VerkPBG) f o r t . 2 0 Weitere Regelungen finden sich i m Fernstraßenausbaugesetz 21 (FStrAbG) i n der durch A r t . 27 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes geänderten Fassung. Diese gesetzlichen Regelungen werden ergänzt durch Verwaltungsvorschriften, die i n der Praxis von erheblicher Bedeutung sind. Z u erwähnen sind insbesondere die Planfeststellungsrichtlinien (PlafeR 94) des B M V i n der Fassung v o m 28. Oktober 1994.22
2. Verfahrensablauf Einleitend soll der A b l a u f der Fernstraßenplanung i n der gebotenen Kürze dargestellt werden. Das Augenmerk richtet sich dabei auf die wesentlichen Elemente der Planung eines Bundesfernstraßenneubaues. Zugrundegelegt wird, dem Betätigungsfeld der DEGES entsprechend, die Rechtslage i n den neuen Ländern, d. h. unter Beachtung der lex specialis V e r k P B G . 2 3 I m übri-
ENeuOG v. 27.12.1993 (BGBl. I. S. 2378, 2418). Eine Sammlung der Straßengesetze der neuen Länder findet sich in Blümel/Pfeil, Neue Länderstraßengesetze. 19 Vom 16.12.1991 (BGBl. I S. 2174), geändert d. Art. 8 PIVereinfG vom 17.12.1993 (BGBl. I S. 2123, 2134), geändert d. Art. 6 Ziff. 108 ENeuOG v. 27.12.1993 (BGBl. I. S. 2378, 2417), zuletzt geändert durch das 1. Änderungsgesetz zum VerkPBG v. 15.12.1995 (BGBl. I. S. 1840), das insbesondere die ursprüngliche Geltungsdauer des VerkPBG bis zum 31.12.1995 (mit Ausnahme der Schienenwege des Bundes) einheitlich auf den 31.12.1999 erstreckte. 20
Gem. § 11 Abs. 2 VerkPBG sind jedoch Planungen für Fernstraßen, die nach den Vorschriften des VerkPBG begonnen wurde, auch nach dem 31.12.1999 nach den Vorschriften des VerkPBG zu beenden. Nach der wohl zutreffenden - durch die zwischenzeitlich erfolgte Verlängerung der Geltungsdauer des VerkPBG auf den 31.12.1999 aber relativierten- Ansicht Sendlers, Planfeststellung, S. 17, muß damit gerechnet werden, daß gerade in der Zeit des auslaufenden Gesetzes mit dem Beginn vieler Verfahren, mit der Zustellung von Planfeststellungsbeschlüssen aber erst nach etlichen Jahren gerechnet werden muß, da als Beginn der Planung die Antragstellung gilt, und Vorhabenträger und Behörden bemüht sein werden, möglichst lange und in zahlreichen Fällen die „Segnungen" des VerkPBG zu genießen. 21
Fernstraßenausbaugesetz vom 30.06.1971 in der durch Art. 27 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28.06.1990 (BGBl. I S. 1221) geänderten Fassung. Siehe Bekanntmachung der Neufassung vom 15.11.1993 (BGBl. I. S. 1879). Die Privatfinanzierung regelt das Fernstraßenbaufinanzierungsgesetz vom 30.8.1994 (BGBl. I. S. 2243). 22 23
VkBL. 1994 S. 749.
Das BVerwG hat in seiner „Sachsendamm-Entscheidung" klargestellt, daß die allgemeinen Grundsätze des Fachplanungsrechts auch im Geltungsbereich des
II. Fernstraßenplanungsrecht
135
gen sei auf die umfassenderen Darstellungen in der Literatur verwiesen. 24 Dies gilt auch für die Behandlung der neu eingeführte Plangenehmigung gem. §17 Abs. 1 a FStrG bzw. § 4 VerkPBG a. F . 2 5 , sowie für die Änderung einer Bundesfernstraße (§ 17 Abs. 3c S. 3 FStrG bzw. § 3 Abs. 5 VerkPBG). 2 6
VerkPBG Anwendung finden, da dieses als Verfahrensgesetz insoweit keine abweichende Regelung enthalte, BVerwG NuR 1993, 125 = DÖV 1993, S. 440. 24
Die Reformen (teilweise) berücksichtigend: Kauch, Verfahrensbeschleunigung bei der Planung von Fernstraßen, S. 5 ff.; Kodal/Krämer, Kap. 31 - 36; Kuschnerus, Beschleunigung der Verkehrs wegeplanung, UPR 1992, S. 167 ff.; Lautner/Metz, VR 1996, S. 253 ff.; Marschall, Bundesfernstraßengesetz; Salzwedel y S. 761 ff., insb. S. 792 ff.; Schulze, UPR 1996, S. 135 f.; Sendler, Neue Entwicklungen im Planfeststellungsrecht, S. 9 ff.; Steinberg, Fachplanung, S. 101 ff.; Steinberg, Neue Entwicklungen, S. 1501 ff.; Steinberg, Zeit, S. 6 ff.; Steinberg, Rechtsverletzung, S. 599 ff.; Steiner, Beschleunigung, S. 151 ff.; Steiner, Verkehrsrecht im Wandel, S. 547 ff.; Steiner, Straßenrecht, Rdnr. 56 ff., siehe dort auch die graphische Darstellung in Rdnr. 63; Stüer, Rechtsprobleme, DVB1. 1992, S. 547 ff.; Stüer, Verkehrswegerecht, DVB1. 1993, S. 1300 ff.; Tzschaschel, Rechtfertigungserfordernisse für die straßenrechtliche Planfeststellung; Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 105 ff.; Wahl, Planfeststellung, S. 1624 ff.; Zeitler, NVwZ 1992, S. 830 ff. Insbesondere zum Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz: Blümel, Verkehrswegeplanung, S. 6 ff.; Gassner, NuR 1992, S. 450 ff.; Gaßner/Groth/Klinski, Greenpeace-Gutachten; Klinski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 ff.; Gaßner/EwaldSommer, S. 174 ff.; Wagner, Verfahrensbeschleunigung, NVwZ 1992, S. 232 ff.; Reinhardt, DtZ 1992, S. 258 ff.; Ronellenfltsch, Verkehrswegeplanungsrecht, S. 185 ff.; Ronellenfltsch, Entwurf, DVB1. 1991, S. 920 ff., siehe dort auch die graphische Darstellung des Verfahrensablaufs nach altem Recht; Ronellenfltsch, Verkehrs wegeplanung, L K V 1992, S. 115 ff.; Ronellenfltsch, Beschleunigungsgesetz, S. 115 ff.; Sendler, Planfeststellung, S. 9 ff.; Viebrock, NVwZ 1992, S. 939 ff. Insbesondere zum Planungsvereinfachungsgesetz: Pasternak, BayVBl. 1994, S. 616 ff.; Ronellenfltsch, Verkehrswegeplanungsrecht, S. 197 ff.; Steinberg/Berg, NJW 1994, S. 448 ff.; Sterner, Beschleunigung, S. 154 ff.; Steiner, Planungsvereinfachungsgesetz, N V w Z 1994, S. 313 ff.; Wagner/Baumheier, S. 46 ff.; S e t t e r , Planfeststellung, S. 21 ff.; Gaßner/Ewald-Sommer, S. 185 ff. Die neuesten Entwicklungen nicht berücksichtigend: Becker, Klaus-Dieter, Bundesfernstraßenplanung; Fickert, Planfeststellung; Hoppe/ Schiarmann, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen; Kügel, Planfeststellungsbeschluß; Kühling, Fachplanungsrecht; Ronellenfltsch, Einführung; Ronellenfltsch, Planfeststellung, S. 92 ff.; Wa/i/, Entwicklung, N V w Z 1990, S. 426 ff.; Mz/i/, Rechtsschutz, NVwZ 1990, S. 923 ff. Einen Überblick über die jüngere verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung bieten: Dwrr, Rechtsprechung, UPR 1993, S. 161 ff.; Bertrams , UPR 1991, S. 409 ff.; Paetow, Rechtsprechung, DVB1. 1994, S. 94 ff.; Vallendar, UPR 1995, S. 296 ff. u. UPR 1996, S. 121 ff. 25 § 3 Abs. 3, 4, 5 und 7, §§ 4, 6 und 7 sowie § 10 Abs. 2 des VerkPBG a.F. wurden durch Art. 8 PIVereinfG aufgehoben. 26 Vgl. zu beidem Sendler, Planfeststellung, S. 14 f., und zur Plangenehmigung Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 35. Steiner, Beschleunigung, S. 162 ff.; Steiner,
136
§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
Nicht dargestellt werden soll auch die Problematik der Investitionsmaßnahmegesetze, die in der ganz überwiegenden Literatur erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sind, 2 7 jedoch inzwischen vom Bundesverfassungsgericht gebilligt wurden. 28 Das Planungsverfahren für Bundesfernstraßen verläuft über mehrere Verfahrensstufen. Durch die unterschiedlichen Planungsstufen sollen mittels einer sich zunehmend verfeinernden Planung ungeeignete Konzepte und technische Varianten ausgeschieden werden und so das geplante Vorhaben schrittweise planerisch verwirklicht werden. a) Auf der ersten Stufen erfolgt die Bedarfsplanung. Die Bedarfsplanung für die Bundesfernstraßen ist im Bundesverkehrswegeplan vom 15. Juli 1992 enthalten. Der Teil „Bundesfernstraßen" des Bundes Verkehrs wegeplanes ist gem. § 1 Abs. 1 S. 2 FStrAbG i. V. m. Art. 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (4. FStrAbÄndG) 29 Anlage zum FStrAbG und gem. § 1 Abs. 2 S. 2 FStrAbG sowohl für die Linienbestimmung als auch für die Planfeststellung verbindlich. 30 b) Im Rahmen der Voruntersuchung werden in Abstimmung mit den Trägern öffentlicher Belange erste Planungsvarianten untersucht sowie die Unterlagen für das weitere Verfahren vorbereitet. c) Auf der nächsten Stufe verknüpft das VerkPBG das Raumordnungs- und Linienbestimmungsverfahren in zeitlicher Hinsicht. Gem. § 2 Abs. 1 VerkPBG bestimmt der Bundesminister für Verkehr im Benehmen mit der zuständigen Landesbehörde die Linienführung. Das Benehmen gilt als hergestellt, wenn die zuständige Landesplanungsbehörde nicht innerhalb von vier Monaten nach Zugang des Linienentwurfes Stellung genommen hat, wobei eine Fristverlängerung um weitere zwei Monate möglich ist. § 2 Abs. 2 S. 2 VerkPBG a. F. stellte den Ländern die Durchführung eines Raumordnungs-
Planungsvereinfachungsgesetz, S. 315 ff.; Steinberg./ Berg, S. 496 f.; Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 104 u. Fn. 66 sowie S. 113 Fn. 98. Siehe insbesondere zur Plangenehmigung Kröger/Schulz, S. 73 ff.; Gaßner/Ewald-Sommer, S. 175 ff.; Axer, S. 495. 27
Steinberg, Fachplanung, S. 52 Rdnr. 85, meint etwa, daß „deren Verfassungswidrigkeit mit bloßen Händen greifbar sei". Im Ergebnis ebenso Ronellenfitsch, Beschleunigungsgesetz, S. 231. Im übrigen vgl. die Ausführungen zu den Investitionsmaßnahmegesetzen in § 1 II 2 a. 28
Vgl. BVerfG DVB1. 1997, 42 ff.; siehe dazu auch oben § 1 II a.
29
Vom 15.11.1993 (BGBl. I.S. 1877).
3« Vgl. dazu BVerwG DVB1. 1995, S. 1012 ff.; BVerwG DVB1. 1996, S. 677 ff.; BVerwG DVB1. 1996, S. 907, 911;; OVG Münster NuR 1995, S. 46 ff., 47; Gaentzsch, Planfeststellung, S. 533 ff. Verfassungsrechtliche Bedenken und Bedenken gegenüber der Vereinbarkeit mit der UVP-Richtlinie äußern Gaßner/Ewald-Sommer, S. 184 f.
II. Fernstraßenplanungsrecht
137
Verfahrens i. S. d. § 6a R O G f r e i . 3 1 Die Landesplanungsbehörden werden dieses i m Regelfall zur Herstellung des Benehmens parallel z u m gleichzeitig verlaufenden Linienbestimmungsverfahren durchführen. 3 2 Die §§ 15 und 16 U V P G finden m i t der Maßgabe Anwendung, daß die Einbeziehung der Öffentlichkeit erst i m nachfolgenden Planfeststellungsverfahren stattfindet. 3 3 Innerhalb des Linienbestimmungsverfahrens erfolgt eine Untersuchung der wichtigsten Alternativen (vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 V e r k P B G i. V . m. § 73 Abs. 1 S. 2 VwVfG).
31 § 2 Abs. S. 2 VerkPBG wurde durch das 1. Gesetz zur Änderung des VerkPBG vom 15.12.1995 (BGBl. I. S. 1840) ersatzlos gestrichen. Nach der nunmehr geltende Fassung der gem. § 6 a Abs. 2 Raumordnungsgesetz (ROG) vom 28.04.1993 (BGBl. I. S. 631), geänd. d. Art. 6 Ziff. 33 ENeuOG vom 27.12.1993 (BGBl. I. S. 2378, 2409), zuletzt geänd. d. Art. 2 Ziff. 3 MBP1G vom 23.11.1994 (BGBl. I. S. 3486, 3489) von der Bundesregierung erlassenen Raumordnungsverordnung (RoV) vom 13.12.1993 (BGBl. I. S. 2766) geänd. d. Art. 6 Ziff. 34 ENeuOG vom 27.12.1993 (BGBl. I. S. 2378, 2409), geänd. d. Verordnung vom 15.08.1994 (BGBl. I. S. 2116), zuletzt geänd. d. Art. 2 Ziff. 4 MBP1G vom 23.11.1994 (BGBl. I. S. 3486, 3489) soll für Bundesfernstraßen ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden (§ 1 S. 1 Ziff. 8 RoV), wenn das Vorhaben im Einzelfall raumbedeutsam ist und überörtliche Bedeutung hat. Gem. § 6 Abs. 12 ROG kann jedoch in den neuen Bundesländern von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werden, wenn dadurch bedeutsame Investitionen unangemessen verzögert würden. In den neuen Ländern stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens sehen § 17 Abs. 1 VGLP1G (Brandenburg) v. 6.12.1991 (GVB1. S. 616), geänd. d. G. v. 13.5.1993 (GVB1. S. 175) und § 13 Abs. 1 u. 2 ROLEG (Sachsen-Anhalt) v. 2.6.1992 (GVB1. S. 390), geänd. d. G. v. 17.12.1993 (GVB1. S. 815); „in der Regel" ist die Durchführung gem. § 17 Abs. 1 LP1G (Mecklenburg-Vorpommern) v. 31.3.1992 (GVOB1. S. 242), geänd. d. G. v. 5.5.1994 (GVOB1. S. 566), § 14 Abs. 1 SächsLPIG v. 24.6.1992 (GVB1. S. 259), geänd. d. G. v. 4.7.1994 (GVB1. S. 1261) und § 17 Abs. 3 S. 2 ThLPIG v. 17.7.1991 (GVB1. S. 210) vorgesehen. Vgl. allgemein zum Verhältnis zwischen Raumordnung und Fachplanung, Kühling, Rdnr. 76 ff.; Steiner, Raumordnungsrecht, Rdnr. 57 ff. Siehe ebenso Wagner, Raumordnungsverfahren, DVB1. 1991, S. 1230 ff., insb. S. 1237; Erbguth, Raumordnungsverfahren, L K V 1993, S. 145 ff., insb. S. 148; Hoppe/Haneklaus, DVB1. 1991, S. 549 ff.
32 Vgl. dazu Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 51 ff.; Wagner, Verfahrensbeschleunigung, S. 234 f. 33
Hierin erblickt Viebrock einen Verstoß gegen Art. 8 UVP-Richtlinie der EG, Beschränkungen, N V w Z 1992, S. 939 ff., 940; so auch schon zum Entwurf des VerkPBG, Viebrock, Beschleunigung, IUR 1991, S. 113 ff., 114. So auch Klinski/Gaßner, S. 238; Gaßner/Ewald-Sommer, S. 186. A.A.: BVerwG N V w Z 1996, S. 389, 391 f.; Ronellenfitsch, Beschleunigungsgesetz, S. 165.; Ronellenfitsch, Verkehrswegeplanungsrecht, S. 185 ff. differenzierend: Steinberg, Fachplanung, § 3 Rdnr. 51 f., siehe dort auch zur Variantenprüfung.
138
§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
d) Dem folgen als weitere Planungsschritte die Aufstellung und Genehmigung des Vorentwurfes sowie die Aufstellung der Planfeststellungsunterlagen. e) Nach Einreichung der Planfeststellungsunterlagen 34 durch den Vorhabenträger (Bundesminister für Verkehr) erfolgt die Einleitung und. Durchführung des Planfeststellungsverfahrens. Der Zweck des Planfeststellungsverfahrens „ist die Zulassung einer raumbeanspruchenden Anlage unter umfassender Berücksichtigung der von dieser berührten öffentlichen und privaten Belange. Diese sind untereinander und gegeneinander abzuwägen, soweit es um die (raum-)planerische Konfliktbewältigung geht. Auf diese Weise soll ein schonender Ausgleich der unterschiedlichen, vielfach konfligierenden Interessen erreicht werden. [...]. Sachgerecht ist die Entscheidung dann, wenn eine Anlage im Hinblick auf die mit ihr verfolgten Gesetzeszwecke gerechtfertigt ist, ihr Nutzen größer ist als die öffentlichen und privaten Kosten und die gewählte Lösung mit den geringstmöglichen öffentlichen und privaten Kosten verwirklicht werden kann" 3 5 . Die derartige Planentscheidung ist durch einen weiten Handlungsspielraum geprägt, der durch eine abwägende Entscheidung (§ 17 Abs. 1 S. 2 FStrG), die dem Abwägungsgebot zu entsprechen hat, auszufüllen ist. 3 6 Gem. § 3 Abs. 1 VerkPBG veranlaßt die Anhörungsbehörde die Einholung der Stellungnahmen der Behörden, deren Aufgabenbereich durch die Vorhaben berührt wird (§ 73 Abs. 2 VwVfG), sowie die Auslegung des Plans (§ 73 Abs. 3 VwVfG) in den Gemeinden innerhalb eines Monates nach Einreichung der Planfeststellungsunterlagen. Die Behörden haben innerhalb der Frist von drei Monaten ihre Stellungnahmen abzugeben.37 (Gem. § 17 Abs. 4 S. 3 FStrG 3 8 müssen nach dem Erörterungstermin eingehende Stellungnahmen nicht mehr berücksichtigt werden, außer die vorgebrachten Belange sind der Planfeststellungsbehörde auch sonst bekannt oder hätten ihr bekannt sein müssen.) Die Anhörungsbehörde unterrichtet gleichzeitig nach Maßgabe des § 29 Abs. 1 S. 2 Ziff. 4 BNatschG die anerkannten Naturschutzver-
34
Eine Zusammenstellung der regelmäßigen Planunterlagen kann Nr. 12 der PlafeR 94 entnommen werden. Siehe auch Dürr in Kodal/ Krämer, Kap. 35 Rdnr. 2. und Fickert, S. 256 ff. 35
Steinberg, Fachplanungsrecht, § 3 Rdnr. 1.
36
Vgl. Kühling, Rdnr. 174; Wahl, Entwicklung, S. 427 jeweils mit weiteren Nachweisen. 37 38
Zu § 17 Abs. 3 b FStrG vgl. Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 5.22.
Siehe Fn. 25. § 3 Abs. 4 VerkPBG a. F. ist wortgleich mit § 17 Abs. 4 S. 3 FStrG. Eingehend zu dieser Regelung äußert sich Sendler, Planfeststellung, S. 10 ff. Vgl. auch Steiner, Planungsvereinfachungsgesetz, S. 314 f.; Niehues, S. 628 ff.
II. Fernstraßenplanungsrecht
139
bände. 39 Die Gemeinden haben nach ortsüblicher Bekanntmachung den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang auszulegen (§ 3 Abs. 2 VerkPBG). Der Plan wird gem. § 73 Abs. 3 S. 1 VwVfG einen Monat zur Einsicht ausgelegt. Gem. § 73 Abs. 4 VwVfG kann jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Einwendungen gegen den Plan erheben. Nach Ablauf dieser Frist normiert § 17 Abs. 4 S. 1 FStrG eine materielle Präklusion, d. h. der Betroffene ist mit seinem Einwand auch in einem späteren Gerichtsverfahren nicht mehr zu hören. 40 Nach § 73 Abs. (> VwVfG führt die Anhörungsbehörde nach Ablauf der Einwendungsfrist einen Erörterungstermin mit dem Vorhabenträger, den beteiligten Behörden, den Betroffenen und den Einwendern durch. Sie hat die Erörterung gem. § 17 Abs. 3c S. 1 FStrG 4 1 innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist abzuschließen. Soweit Änderungen oder Ergänzungen des Planes erforderlich sind, prüft die Anhörungsbehörde, ob eine zusätzliche Anhörung erforderlich ist (§ 73 Abs. 8 VwVfG). Die Anhörungsbehörde gibt innerhalb eines Monats nach Abschluß der Erörterung ihre Stellungnahme ab (§ 17 Abs. 3c S. 2 FStrG 4 2 ) und leitet sie mit den vollständigen Planunterlagen, den Stellungnahmen, Einwendungen und der Niederschrift über den Erörterungstermin (§ 73 Abs. 6 S. 6 i. V. m. § 68 Abs. 4 VwVfG) sowie einer zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG der Planfeststellungsbehörde zu. 4 3 f) Die Planfeststellungsbehörde überprüft die eingereichten Unterlagen sowie Ablauf und Ergebnisse des AnhörungsVerfahrens. Sie achtet neben der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem materiellen Recht, insbesondere auf die Einhaltung der Formvorschriften, die ausreichende Erörterung der Einwendungen, die Beteiligung gem. § 29 Abs. 1 S. 2 Ziff. 4 BNatschG und auf die Gelegenheit zur Stellungnahme für die Behörden. Das Verfahren schließt der durch die Planfeststellungsbehörde erlassene Planfeststellungsbeschluß ab (§17 Abs. 5 S. 1 FStrG). Dieser wird gem. § 17 Abs. 6 FStrG dem Vorhabenträger und denjenigen über deren Einwendungen entschieden worden ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zugestellt.
39
Zur Mitwirkung anerkannter Naturschutzverbände, vgl. Zeitler, S. 832 m. w. N.
40 BVerwG UPR 1996, S. 386 ff; BVerwG DVB1. 1996, S. 684. Siehe auch Niehues, S. 619 ff.; Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 7.41 ff. 41 § 3 Abs. 3 S. 1 VerkPBG a. F. ist wortgleich. Zur Appell-Funktion dieser Regelung siehe Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 8. 42 43
Dies entspricht § 3 Abs. 3 S. 2 VerkPBG a. F.
Gem. § 11 S. 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung auch im Planfeststellungsbeschluß erfolgen.
140
10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
I m Planfeststellungsbeschluß entscheidet die Planfeststellungsbehörde darüber, „ob die Ausführung des Vorhabens zugelassen wird, in welcher Gestaltung der Plan für das Vorhaben ausgeführt werden darf, welche Folgemaßnahmen an anderen Anlagen in diesem Zusammenhang erforderlich und zulässig sind, welche Grundstücke hierfür benötigt werden, welche Maßnahmen zum Schutze der Allgemeinheit oder zur Wahrung schutzwürdiger privater Rechte gegen nachteilige Wirkungen des Vorhabens erforderlich sind, ob und welche öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vorhabenträger und den vom Vorhaben Betroffenen rechtsgestaltend geregelt werden müssen" 44 . Im Planfeststellungsbeschluß entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist (§ 74 Abs. 2 S. 1 VwVfG). In erster Linie stellt der Planfeststellungsbeschluß also die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen fest (Genehmigungswirkung, § 75 Abs. 1 S. 1 HS 1 VwVfG). Dem Planfeststellungsbeschluß kommt darüber hinaus hinsichtlich aller anderen behördlichen Entscheidungen Konzentrationswirkung zu, d. h. diese sind entbehrlich (§ 75 Abs. 1 S. 1 HS 2 VwVfG). 4 5 Der Planfeststellungsbeschluß regelt rechtsgestaltend alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und dem durch den Plan Betroffenen (GestaltungsWirkung, § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG) und stellt für das nachfolgende Entscheidungsverfahren bindend die Zulässigkeit der Enteignung fest (§ 19 Abs. 1 u. 2 FStrG). Letztlich bewirkt der Planfeststellungsbeschluß nach seiner Unanfechtbarkeit gem. § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG den Ausschluß aller Unterlassungs-, Beseitigungs- und Änderungsansprüche (Präklusionswirkung). Gegebenenfalls gibt er dem Vorhabenträger Auflagen gem. § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG auf. g) Der Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluß kommt keine aufschiebende Wirkung zu (§ 5 Abs. 2 S. 1 VçrkPBG). Ein Antrag gem. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO kann nur innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses gestellt werden. Innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Klageerhebung, 46 hat der Kläger die Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt, anzugeben (§ 5 Abs. 3 VerkPBG). 47 44 Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 34 Rdnr. 11.1. Vgl. auch Steinberg, Fachplanung, S. 291 f. 45 Zur Konzentration- und Gestaltungswirkung und zur formellen Theorie der Konzentrationswirkung vgl. Kühling, R d n r . 331 f f . ; Wahl, Entwicklung, S. 430.
« Siehe BVerwG DVB1. 1994, S. 354; BVerwG UPR 1995, S. 308; BVerwG N V w Z 1995, S. 901. Vgl. Sendler, Planfeststellung, S. 18 ff.; Steiner, Planungsvereinfachungsgesetz, S. 317 f.; Kley, S. 637 ff. 47 Zur Zuständigkeit gem. § 5 Abs. 3 S. 1 VerkPBG vgl. BVerwG DÖV 1993, S. 388 f.; BVerwG NVwZ 1995, S. 381 ff.; BVerwG NuR 1995, S. 405f.; BVerwG
II. Fernstraßenplanungsrecht
141
Schaubild 2 Fernstraßenplanung (nach V e r k P B G )
Bedarfsplanung BMV Bundesverkehrswegeplan
Voruntersuchung Vorhabenträger
(BMV)
Ausarbeitung der Pläne Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange Untersuchung der ersten Planungsvarianten
Linienbestimmung BMV
Raumordnungsverf. Landesbehörden
U V P ohne Öffentlichkeitsbeteiligung Alternativenprüfung Vorhabenträger Vorentwurf Aufstellung der Planfeststellungsunterlagen
Planfeststellungsverfahren Anhörungsbehörde Planauslegung und Einwendungen Behördenstellungnahmen Beteiligung der Naturschutzverbände Erörterungstermin Stellungnahme Anhörungsbehörde Darstellung gem. § 11 U V P G
Planfeststellungsbeschluß Planfeststellungsbehörde
NuR 1996, S. 247 f. Siehe dazu auch Paetow, Rechtsprechung, S. 99 und die eingehende Kritik von Sendler, Planfeststellung, S. 15 ff. Vgl. auch Gaßner/EwaldSommer, S. 178. Gem. § 5 Abs. 1 VerkPBG ist das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig.
142
§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
3. Planung und Verfahren Einige, der bereits direkt oder implizit angesprochenen, das Fernstraßenplanungsrecht prägenden Merkmale bedürfen noch einer näheren Betrachtung. a) Finalprogramm und Komplexität Die Unterschiedlichkeit der Aufgaben hat eine unterschiedliche Ausgestaltung der Art und Weise der Aufgabenverwirklichung zur Folge. Die gesetzliche Bestimmung der Handlungsweisen und Handlungsoptionen, d. h. der Strukturierung und Steuerung des Entscheidungsverhaltens der Verwaltung, ist entsprechend differenziert. Im Anschluß an Niklas Luhmann 4 8 wird zwischen konditionaler und finaler Programmierung unterschieden. 49 Konditionalprogramme laufen nach einem „Wenn-Dann-Schema" ab. Bei Vorliegen der (gesetzlich) programmierten Voraussetzungen (Situationen) wird eine vorgegebene Handlungsfolge ausgelöst.50 Das Konditionalprogramm stellt also zum einem die Mittel der Problemlösung bereit, zum anderen formuliert es die Bedingungen derselben. Eine derartige Programmierung ist etwa i m klassischen Bereich der Gefahrenabwehr vorzufinden. 51 Die Tätigkeit der Verwaltung beschränkt sich hier weitgehend auf den Vollzug des gesetzlich vorgegebenen Handlungsprogrammes. Die Entscheidungen im Rahmen von Finalprogrammen werden hingegen auf der Grundlage eines Zweck-Mittel-Schemas getroffen. Die Entscheidung selbst ist also nicht vorgegeben, sondern das Finalprogramm benennt typischerweise nur Zwecke und Ziele, ohne aber im einzelnen die Schritte zur Lösung oder die konkreten Mittel zur Erreichung der Ziele vorzugeben. Der Verwaltung stehen also zur (Zweck-) Zielerreichung mehrere Handlungsalternativen offen, d. h. ihr eröffnet sich hier ein, durch die Zwecksetzung begrenzter, Gestaltungsspielraum, der desto weiter gerät, je geringer die Programmierung ausfällt. Die Verwaltung wird hier gegenüber dem Gesetzgeber nicht mehr nur vollziehend tätig, sondern nimmt eine gestaltende Funktion ein.
48
Luhmann, Routine, S. 118 ff., unterscheidet zwischen Zweckprogrammen und Routineprogrammen. Kritisch bewertet diesen Ansatz Rubel, S. 19 ff. u. 60 f. 49
Vgl. Schuppert,, Öffentliche Aufgabe, S. 342.; Schmidt, Reiner, Flexibilität, S. 79.
50
Vgl. hierzu insgesamt und insbesondere zur Planung als Zweck- und Zielprogramm Kügel, S. 120 f.; Kühling, Rdnr. 1; Tzschaschel, S. 19 ff.; Wahl, Landesplanung, S. 34 ff.; Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 194 ff.; Würtenberger, Thomas, Planung, S. 43 ff. 51
Siehe Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 190 ff.
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Gerade der zukunftsbezogene und dynamische Prozeß der Planung 52 ist durch eine derartige finale Programmierung mit schwacher gesetzlicher Determinierung bestimmt. 53 Dieser Aspekt gelangt auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausdruck, wenn es staatliche Planungsentscheidungen dadurch als gekennzeichnet ansieht, „daß der planenden Behörde durch ein Gesetz die Befugnis übertragen wird, für ein bestimmtes Vorhaben, das dem Wohl der Allgemeinheit dient, private und öffentliche Belange in einem Akt planender Gestaltung durch Abwägung zum Ausgleich zu bringen und erforderlichenfalls zu überwinden" 54 . Sie sind durch einen weiten planerischen Gestaltungsspielraum gekennzeichnet.55 Damit ist aufgezeigt, daß die Planungsaufgabe eine finale Programmierung erfordert, denn Planungsvorhaben treffen auf prinzipiell nicht aufzählbare oder vorhersehbare Problemkonstellationen, Ansprüche oder Nutzungserwartungen. Daher können Art, Umfang und Lösungsmöglichkeiten der auftretenden Konflikte vom Gesetz nicht näher bestimmt werden. Erforderlich wird infolgedessen der allgemeine Abwägungsauftrag an die Verwaltung. 56 Im Rahmen der Fernstraßenplanung hat die Verwaltung innerhalb des mehrgliedrigen Gesamtvorganges vielfältige private und öffentliche Belange zu ermitteln. Sie muß diese in ihren, nicht abstrakt vorformulierbaren Zusammenhängen und Wechselwirkungen verstehen, um schließlich unter der Wahl der konkreten Mittelkombination eine zielkongruente Konfliktlösung zu entwickeln. 57 Diese finale Programmierung von Planung ist die Konsequenz aus der Komplexität der Verwaltungsentscheidung. 58 Steinberg sieht derartige komplexe Verwaltungsentscheidungen durch folgende Charakteristika gekenn-
52
Zum Begriff der Planung vgl. Würtenberger, Thomas, Planung, S. 38; Roellecke, DÖV 1994, S. 1024 ff.; Schmidt-Assmann, Planung, S. 3 ff.; Berkemann, S. 27 ff. 53 So ausdrücklich für die Planfeststellung von Bundesfernstraßen Burgi, JZ 1994, S. 654 ff., 660 f. Siehe auch Berkemann, S. 36 ff.
54 BVerwG NJW 1986, 2447, 2449. 55
BVerwG NVwZ 1986, 640, 641. Zur planerischen Gestaltungsfreiheit siehe BVerwGE 34, 301, 304; 48, 56, 59 und Sendler, Gestaltungsfreiheit, S. 55 ff.; Schmidt-Assmann, Planung, S. 3 ff. 56
So Wahl, Entwicklung, S. 429, siehe dort auch zum materiellen Planungsbegriff m. w. N. Betrachte dazu auch Kiihling, Rdnr.l. 57
Vgl. Wahl, Landesplanung, S. 43 f; Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 194. 58 Siehe allgemein zu komplexen Verwaltungsentscheidungen Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 24 ff. Zur Komplexität von Verfahren und dem Zusammenhang zwischen der Komplexität der Entscheidungsaufgabe und derjenigen des Verfahrenssystems, vgl. Luhmann, Legitimation, S. 52 f.
144
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zeichnet: 59 das Problem schwacher gesetzlicher Programmierung; das sich insbesondere durch die schwer zu bestimmenden Auswirkungen naturwissenschaftlich-technischer Prozesse und der ökonomischen sowie ökologischen Prognoseelemente ergebende Problem der Sachverhaltskomplexität; das Problem der administrativen Pluralisierung öffentlicher Interessen und der Notwendigkeit, in das Verwaltungsrechtsverhältnis eine Vielzahl Drittbetroffener einzubeziehen.60 Die finale Programmierung stellt sich auf diese Problematik ein und ermöglicht ein Verwaltungsverfahren, das die stufenweise Reduzierung der Komplexität zuläßt. Die Ausgestaltung des Verfahrens hat dabei jedoch der Komplexität der Entscheidung zu folgen, d. h. es ist selbst wiederum komplexer Natur. 6 1 b) Faktische Bindungswirkungen und Organisation In engem Zusammenhang mit der Komplexität und der finalen Programmierung, die letztlich zu einem mehrstufigen Planungsverfahren mit abschichtender Problemlösung führt, steht die Problematik faktischer Vor- und Bindungswirkungen. 62 Indem durch das Planungsverfahren mit fortschreitendem Planungsablauf Komplexität abgebaut wird, d. h. ein Teil der Problemstellungen beantwortet wird, liegt es in der Systematik des gestuften Verfahrens, daß diese Entscheidung die Grundlage für die nächsten Stufen bildet und deren Entscheidungsrahmen vorwegbestimmt, wenngleich sie im Regelfall auch grundsätzlich neu beantwortet werden kann bzw. könnte. Die Offenheit und Weite des Gestaltungsspielraums wird so zunehmend eingeengt. Es besteht die Gefahr, daß aufgrund dieser faktischen Wirkungen (vollendete Tatsachen) die grundsätzlich zu fordernde Kongruenz von Sach- und Rechts-
59 Steinberg, Komplexe Verwaltungsentscheidungen, DÖV 1982, S. 619 ff, 619. Vgl. auch Schoch, Verwaltungsakt, S. 218 f. 60
Angedeutet ist damit auch die allgemeine Problematik eines Verwaltungsrechtsverhältnisses und des vielfach als zur Erfassung von Vorgängen ungenügend beurteilten augenblicksverhafteten Charakters des Verwaltungsaktes, siehe dazu Bachof, Dogmatik des Verwaltungsrechts, S. 232 f.; Ehlers, Rechtsverhältnisse, DVB1. 1986, S. 912 ff., 914 f.; Schoch, Verwaltungsakt, S. 211 ff.; sowie allgemein zur Dogmatik des Verwaltungsrechtsverhältnisses Häberle, Verfassung des Pluralismus, S. 248 ff. 61
Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 98, spricht in diesem Zusammenhang von dem Gesetz der Erhaltung der Komplexität. Im Ergebnis ebenso Wagner/Baumheier, S. 62. 62 Siehe hierzu grundsätzlich Blümel, Vollendete Tatsachen, S. 133 ff., für den Bereich der Fachplanung insbesondere S. 137 ff. u. 157 ff; Degenhart, Vollendete Tatsachen, AöR 103 (1978), S. 163 ff.; Hoffmann-Riem, Selbstbindungen, S. 200 ff., insb. S. 219 ff.
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145
gehalt der (Teil-)Entscheidungen zu einer Inkongruenz gerät. 63 Als einer der Gründe, die zu derartigen frühzeitigen Weichenstellungen innerhalb des Verfahrens führen, läßt sich insbesondere der Kontinuitätszwang einer Planung benennen. I m Laufe einer Planung wird ein Punkt erreicht, der eine Umkehr als sehr unwahrscheinlich erscheinen läßt, d. h. ab diesem Punkt steht entweder das Weitermachen oder die Aufgabe des Projektes zur Auswahl. 6 4 Da eine Aufgabe aber regelmäßig im Widerspruch zur der der Verwaltung gestellten Aufgabe steht, wird im Regelfall die Entscheidung auf eine Beendigung des Projektes auf dem eingeschlagenen Wege lauten, denn zum einen sind bereits erhebliche Planungskosten entstanden, zum anderen sind bis zu diesem Zeitpunkt schon Personal- und damit Zeitressourcen in beträchtlichem Umfang eingesetzt worden, die auch in einer Behörde nur begrenzte Zeit an ein Projekt gebunden bleiben können. Dem letzten Umstand kommt insbesondere auf dem Hintergrund der Beschleunigungsdiskussion und einer entsprechenden Erwartungshaltung übergeordneter Stellen und Teilen der Öffentlichkeit sicherlich eine erhebliche Bedeutung zu. Nicht zuletzt wird man auch die psychologische Komponente berücksichtigen müssen, denn „daß ein in der projektfördernden Fachverwaltung stehender Beamter im Zweifelsfalle für und nicht gegen das Projekt entscheidet, dürfte natürlich sein" 6 5 . Eine faktische Bindungswirkung wird in der Literatur für die Linienbestimmung gem. § 16 FStrG angenommen. 66 Die Praxis lehre, daß die festgelegte Linienführung kaum noch verändert werde. 67 Kritisch bewertet wird ebenso die Schaffung sog. Zwangspunkte im Rahmen der abschnittsweisen
63 Siehe dazu Wahl, Regelungsgehalt, DÖV 1975, S. 373 ff., 376 ff. und Wahl, Bürgerbeteiligung, S. 135 f. 64 Vgl. Würtenberger,
Thomas, Planung, S. 88 ff.
65 Schmidt-Aßmann, Umweltschutz, DÖV 1979, S. 1 ff., 3. Zustimmend Kühling, Rdnr. 305. 66 Mutius, Frühzeitige Bürgerbeteiligung, S. 166; Schenke, Verwaltungsverfahren, VB1BW. 1982, S. 313 ff., 323.; Wahl, Rechtsschutz, S. 924. Ähnlich beurteilt wird die Flugplatzgenehmigung nach § 6 LuftVG und die Linienbestimmung nach § 13 WaStrG, vgl. Wahl, Entwicklung, S. 435. Siehe dort m. w. N. und bei Kühling, Rdnr. 528 ff. Ausführungen zur Auffassung des BVerwG, das zwar eine interne Bindung an die Linienbestimmung anerkennt, der Planfeststellungsbehörde aber verwehrt, sich hierauf nach außen hin zu berufen und im Planfeststellungsverfahren nicht mehr auf die Linienbestimmung einzugehen. Zustimmend Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 97 f. Siehe auch Dürr, Rechtsprechung, S. 167. Zur fehlenden rechtlichen Außen Wirkung der eisenbahnrechtlichen Linienbestimmung vgl. BVerwG N V w Z 1996, S. 389 ff., 392. 67 So insbesondere Mutius, Frühzeitige Bürgerbeteiligung, S. 166. Vgl. auch Redeker, NJW 1980, S. 1593 ff.
10 Stehlin
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Planfeststellung bei linienförmigen Vorhaben wie der Straßenplanung. 68 Aktualität erlangte die Berücksichtigung faktischer Bindungen im Rahmen des sog. informalen Verwaltungshandelns. Damit sind diejenigen Verfahrenshandlungen im Rahmen eines rechtlich geregelten Entscheidungsprozesses gemeint, die durch Verfahrensvorschriften nicht erfaßt werden und die ganz oder teilweise an die Stelle rechtlich geregelter Verfahrenshandlungen treten. 69 I m Rahmen von Vorverhandlungen oder Verhaltensabstimmungen zwischen der Behörde und den Anlagenbetreibern kann es hier zu zwar nicht rechtlichen, aber faktischen Bindungen der Entscheidung der Behörde kommen; jedenfalls aber kann anderen Beteiligten eine reale Einwirkungsmöglichkeit auf das Verfahren entzogen werden. 70 Bindungswirkungen faktischer Art sind daher einem gestuften Verfahren gewissermaßen immanent, spiegeln sie doch die Eigenart des gewählten Lösungsweges wider. Sie sind auch nicht grundsätzlich und stets als rechtswidrig zu beurteilen, sondern sind teilweise zwingende Voraussetzung. Selbstverständlich können nicht innerhalb eines einheitlichen Planungsverfahrens auf jeder Stufe die Ergebnisse der jeweils letzten Stufe vollständig überprüft und vollkommen neu bewertet werden; dies wäre ohne Zweifel kontraproduktiv und liefe der Verfahrensökonomie zuwider. Derartige Bindungswirkungen sind denn auch vom Gesetzgeber teilweise gewollt. Dies gilt etwa für die Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der der Gesetzgeber Doppelprüfungen der Umweltverträglichkeit in den einzelnen Verfahrensstufen vermeiden will (vgl. §§ 15 und 16 UVPG). 7 1 Man wird also einerseits anerkennen müssen, daß faktische Bindungen das Verhalten von Behörden bestimmen können, 72 und daß insbesondere vorgela-
68 Blümel Vollendete Tatsachen, S. 148; Siehe dazu auch Blümel, Teilbarkeit; Broß, Teilbarkeit, DÖV 1985, S. 253 ff.; Degenhart, Vollendete Tatsachen, S. 170; Kühling, Rdnr. 228 f.; Paetow, Teilbarkeit, DVB1. 1985, S. 369 ff.; Tzschaschel, S. 127 ff. Betrachte nun auch BVerwG N V w Z 1993, 572 ff. Zu faktischen Bindungswirkungen bei Standortauswahlverfahren für Abfallentsorgungsanlagen siehe Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 258 ff. und Bender/Pfaff\ S. 183 ff. sowie insgesamt, insbesondere zu faktischen Bindungen in der Bauleitplanung, oben § 4.
69 Vgl. Bohne, Informaler Rechtsstaat, S. 47. 70
Vgl. Bohne, Informaler Rechtsstaat, S. 54 ff.; Bohne, Informales Verwaltungshandeln, S. 346; Eberle , Arrangement, D V 17, 439 ff., 443; Kunig/Rublack, Jura 1990, S. 1 ff., 5.; Maurer, Verwaltungsrecht, § 15 Rdnr. 19 f.; Beyerlin, NJW 1987, S. 2713 ff., 2719 ff. Siehe auch Kunig, DVB1. 1992, S. 1193 ff.; Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 256 ff. 71 72
Vgl. Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 26 ff.
Vgl. dazu auch einerseits BVerfG DVB1. 1981, S. 374, die Gefahr der Schaffung vollendeter Tatsachen anerkennend, andererseits VGH Baden-Württemberg DVB1.
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gerten Verfahren eine faktische Relevanz für das nachfolgende Verfahren zukommt, da die dort getroffenen Entscheidungen nicht mehr in Frage gestellt oder korrigiert werden. 73 Andererseits ist damit jedoch die Schwierigkeit verbunden, daß der Einfluß eben dieser Faktizität nur schwer nachzuweisen ist. 7 4 Umso größere Bedeutung kommt damit Fragen der Organisation zu. 7 5 Zu denken ist hier vor allem an die organisatorische Trennung von Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde. I m Rahmen dieser Funktionentrennung kommt dem Vorhabenträger die Ausarbeitung der Pläne zu, d. h. insbesondere die Anfertigung der Planunterlagen. Aufgabe der Anhörungsbehörde ist es dann, das gesamte entscheidungsrelevante Material zusammenzutragen und die Interessenausgleichsprozesse während der Anhörung zu steuern. Auf dieser Grundlage urteilt dann die Planfeststellungsbehörde in einem abschließenden Entscheidungsprozeß, d. h. sie vollzieht die ihr vom Vorhabenträger vorgelegte Planung abwägend nach. 7 6 Diese „Funktionentrennung erleichtert es der Planfeststellungsbehörde, das für ein abgewogenes Urteil notwendige Maß an Distanz und Neutralität gegenüber dem fachplanerischen Interesse zu wahren" 77 . Mit der Funktionentrennung wird dem strukturbedingten Umstand Rechnung getragen, daß eine spezialisierte Fachbehörde, einen selektiven Aufmerksamkeitshorizont und spezifische Relevanzkriterien entwickelt, und es daher einer weiteren „neutralen" Behörde bedarf, um die Auswirkungen dieser Selektion nicht uneingeschränkt in die abschließende Gesamtbewertung einfließen zu lassen. 78 Dem wird man hinzufügen können, daß die Funktionentrennung es ebenso erleichtert, Quantität und Qualität faktischer Wirkungen in einem vertretbaren Verhältnis und im Einklang mit dem Verfahrenszweck zu halten.
1976, S. 539 ff., 548. Siehe auch Hoffmann-Riem, Selbstbindungen, S. 223; HoffmannRiem, Ökologisch orientiertes Verwaltungsverfahrensrecht, S. 604. 73
So auch Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 19.
74
Siehe Degenhard Vollendete Tatsachen, S. 175.
75
Neben dem finalen Programm wird das Gesamtergebnis der Planung auch durch die Art und Weise der Organisation, des Personaleinsatzes sowie des Verfahrens bestimmt. Das materielle Recht steuert daher nur einen, wenn auch wichtigen, Teil bei. Zu diesem verwaltungswissenschaftlichen Ansatz, vgl. Wahl, Einschaltung/Speyer, S. 44 f.; Vgl. auch Steinberg, Komplexe Verwaltungsverfahren, S. 621. 76 Vgl. Kühling, Rdnr. 13 m. w. N. Sendler, Gestaltungsfreiheit, S. 81, spricht daher von einer „Planung zur gesamten Hand". Vgl. auch Gaentzsch, Planfeststellung, S. 519. Siehe auch V G H Bad.-Württ. VB1BW 1982, 202, 204; V G H Bad.-Württ. VB1BW 1983, 375 f. sowie de Witt, VB1BW 1982, S. 22 f. 77
Kühling, Rdnr. 305. Siehe dort auch insgesamt zur Problematik, Rdnr. 305 ff.
78
Siehe Wahl, Einschaltung, S. 525.
10*
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Hervorzuheben ist dabei vor allem die Stellung der Planfeststellungsbehörde. Dazu sei die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Planfeststellungsverfahrens des Flughafens München I I zitiert: 7 9 „[....] verfahrensbezogene Anforderungen verfolgen das Ziel, die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, zu einer problemabgewogenen Entscheidung gelangen zu können. Bürger und Träger öffentlicher Belange setzen dabei auf die fachbezogene Integrität der Planfeststellungsbehörde. Dieses Ziel kann nicht erreicht werden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde in ihrer Verfahrensgestaltung einer Einflußnahme aussetzt, die ihr die Freiheit zur eigenen planerischen Gestaltung jedenfalls faktisch nimmt oder doch weitgehend einschränkt. Demgegenüber muß die Planfeststellungsbehörde gegenüber jedermann jenes Maß an innerer Distanz und Neutralität wahren, das ihr in einer späteren Phase noch ein abgewogenes Urteil ermöglicht. [....] Die befaßte Behörde hat die ihr übertragene Aufgabe in unparteiischer Weise wahrzunehmen. [....] In Planfeststellungsverfahren ist Unparteilichkeit auch dem Vorhabenträger gegenüber geboten. Das schließt Beratung und Information nicht aus. Derartige, eher informale Verhaltensweisen sind nützlich und geboten, um einen sachgerechten Verfahrensablauf zu ermöglichen. Sie finden ihre Grenzen dort, wo die Planfeststellungsbehörde durch ihre Verfahrensgestaltung eine im Gesetz nicht vorgesehene Bindung - mag diese auch weitgehend nur faktischer Natur sein selbst eingeht. Die gebotene Unparteilichkeit wird auch mißachtet, wenn der Antragsteller ,mit am Entscheidungstisch sitzt'. Die Planfeststellungsbehörde hat die sachbezogene Abwägung selbst zu treffen. Sie darf den Abwägungsvorgang dabei nicht zu einem Aushandeln der zu beachtenden Belange degenerieren lassen." Nicht ohne Identität von behörde. Denn vom BVerwG wurde jedoch
weiteres vereinbaren läßt sich damit die Rechtsprechung zur Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungseine derartige Identität gem. § 36 Abs. 4 BBahnG wurde weder noch vom BVerfG als rechtswidrig bewertet. 80 Angedeutet zugleich, daß eine Trennung, wenngleich auch nicht ver-
79 BVerwG NuR 1988, S. 139 ff. 142. Hervorhebungen stammen vom Verfasser. so BVerfG NVwZ 1988, S. 523; BVerwG N V w Z 1987, S. 886 f.: „Aus diesem Grunde mag es rechtspolitisch befriedigender sein, wenn die zur Planfeststellung ermächtigte Behörde mit dem Vorhabenträger nicht identisch ist. Damit wird jedenfalls im Regelfall eine verfahrensrechtliche Distanz erreicht, welche der Ausgewogenheit der Entscheidung zugute kommen wird." Ebenso BVerwG UPR 1991, S. 67. Nunmehr zuständig ist gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 EVerkVerwG i. V. m. §§ 18 ff. AEG das Eisenbahn-Bundesamt. Zur Identität von Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde bei der Fernstraßenplanung: BVerwG DVB1. 1981, S. 403. Zur Rechtsprechung insgesamt vgl.: Wahl, Entwicklung, S. 432. Kritisch äußert sich auch Kopp, NuR 1991, S. 449 ff., 452.
II. Fernstraßenplanungsrecht
149
fassungsrechtlich geboten, rechtspolitisch doch befriedigender sei. 8 0 Nicht beanstandet wurde auch die Identität des für die Planung und Planfeststellung verantwortlichen Beamten. 81 Keine Bedenken hat die Rechtsprechung bislang auch gegen die Wahrnehmung der Funktionen des Vorhabenträgers, der Anhörungsbehörde und der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Straßenplanung durch die Regierungspräsidien in Baden-Württemberg (gem. § 37 Abs. 9 S. 1 StrG für die Landesstraßen und für Bundesstraßen gem. Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Bundesfernstraßengesetz 82) geäußert. 83 Zumindest bei Fällen der personellen Identität müssen jedoch Zweifel erlaubt sein: Wie soll es in diesem Fall möglich sein, daß der Antragsteller (Vorhabenträger) nicht mit „am Tisch sitzt"? Die Anforderungen an den verantwortlichen Beamten, der mit „innerer Distanz und Neutralität" seine eigene Arbeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu verwerfen hat, sind jedenfalls ausgesprochen hoch. Infolgedessen ist denjenigen Stimmen in der Literatur beizupflichten, die für eine jedenfalls organisatorische Trennung eintreten. 84 c) Bedeutung der Verfahrensgestaltung Von mindestens ebenso großer Bedeutung wie die Organisation ist für das Planungsrecht der Verfahrensaspekt. 85 Verfahrensrecht soll Ordnung, Trans-
BVerwG DVB1. 1987, S. 1267 ff., 1269. 82 Vom 29.8.1988 (GBl. S. 626), geänd. d. GBl. 1993 S. 533. 83 V G H Baden-Württemberg N V w Z 1988, S. 842. Eine Identität von Anhörungsund Planfeststellungsbehörde besteht in den alten Bundesländern außerdem in Bayern (zuständige Behörde: Regierung) gem. Art. 39 BayStrWG v. 5.10.1981 (BayRS 91-1 I), zuletzt geänd. G. v. 16.7.1986 (GVB1. S. 135). In den neuen Bundesländern sind in den Ländern Sachsen (§ 39 Abs. 7 SächsStrG v. 21.1.1993 (GVB1. S. 93), geänd. d. G. 4.7.1994 (GVB1. S. 1261)) und Sachsen-Anhalt (§ 1 Abs. 7 StrVO LSA v. 18.3.1994 (GVB1. S. 493), ber. in GVB1. 1995, S. 3)) die Regierungspräsidien Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde. Eine Funktionentrennung haben hingegen die Länder Brandenburg (§ 39 Abs. 9 BbgStrG v. 11.6.1992 (GVB1. I S. 188), geänd. d. G. 1.6.1994 (GVB1. I S. 126)), Mecklenburg-Vorpommern (§ 57 Abs. 1 u. 2 StrWG v. 13.1.1993 (GVOB1. S. 42, geänd. d. G. v. 2.3.1993 (GVOB1. S. 178)) sowie Thüringen (§ 38 Abs. 6 StrG v. 7.5.1993 (GVB1. S. 273)) vorgenommen. s4 Vgl. Kühling, Rdnr. 310; Würtenberger, Thomas, Konfliktschlichtung, S. 189; Dürr, Rechtsprechung, S. 161, der jedenfalls eine organisatorische Trennung fordert. Ebenso Steinberg, Komplexe Verwaltungsverfahren, S. 626 f. Siehe auch Wahl, Einschaltung, Fn. 48; Pietzcker, Verwaltungsverfahren, S. 214; Goerlich, S. 351. A.A.: Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 12. 85 Vgl. Hoffmann-Riem, Flexibilität, S. 21 ff., der allgemein eine Abkehr von der Konzentration auf den punktuellen Abschluß des Verfahrens und eine zunehmende
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§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
parenz und Rechtssicherheit sowie angemessene Schnelligkeit und Effizienz durch die Strukturierung von Verfahrensabläufen schaffen. 86 Besonders das finale Programm mit seiner schwachen inhaltlichen (materiellrechtlichen) Determinierung und dem damit verbundenen Regelungsdefizit bedarf der (teilweisen) Kompensation durch ein das inhaltlich richtige Planungsergebnis sicherndes Verfahren. 87 Ebenso wie die problemadäquate Organisation stellt eine entsprechende Verfahrensregelung eine Möglichkeit dar, faktische Bindungswirkungen zu minimieren, indem es insbesondere Verfahrensbeteiligung zu einem Zeitpunkt ermöglicht, zu dem entscheidende, präjudizierende Weichenstellungen noch nicht getroffen sind. Mit Blümel gilt hier der Satz, „daß für den Betroffenen ein effektiver Rechtsschutz [...] um so weniger zu erreichen ist, je später im komplexen Planungsablauf seine an sich stichhaltigen Einwendungen vorgebracht werden (können)". 88 Das Verfahren muß daher insbesondere Gewähr dafür bieten, daß alle betroffenen Belange in das Entscheidungsverfahren und damit in den Abwägungsvorgang einfließen können. 89 Angesprochen ist damit die vor allem im Anschluß an den Mühlheim-Kärlich-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts um die Grundrechtssicherung und -Verwirklichung durch Verfahren geführte Diskussion. 90
Hinwendung der Rechtswissenschaft zu einer stärker prozeduralen und interazioni s tischen Perspektive erkennen will. 86
Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 103, bezeichnet dies als Obersatz des Verfahrensrechts. Vgl. auch die Hinweise in Fn. 13. 87 Siehe Danwitz, Anspruch, S. 422 f.; Kurz, S. 29; Schmitt Glaeser, S. 38 f.; Schenke, Verwaltungsverfahren, S. 314; Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 194 f.; Wahl, Landesplanung, S. 107; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 118 ff. 88 Blümel, Vollendete Tatsachen, S. 137. Den Zusammenhang zwischen faktischer Bindung und Verfahrensbeteiligung betont ebenfalls Schenke, S. 322 f. 89 Vgl. Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 196. 90 BVerfGE 53, 30, 65 = EuGRZ 1980, S. 57 ff, 66 mit abweichender Meinung der Richter Simon und Heußner. Aus der zahlreichen Literatur zu diesem Urteil seien genannt: Ossenbühl, Grundrechtsschutz, S. 189 ff.; Redeker, NJW 1980, S. 1594; Schmitt Glaeser, S. 43 ff.; Wahl, Verwaltungsverfahren, S. 167 ff. Kritisch bis ablehnend: Laubinger, VerwArch. 73, S. 60 ff., S. 68 ff., mit einer Darstellung der Entwicklung der Judikatur; Rauschning, DVB1. 1980, S. 831 ff. Zur Diskussion über die Grundrechtsverwirklichung durch Verfahren in der Literatur, siehe: Häberle, S. 43 ff., insb. zum status activus processualis, S. 88; Blümel, Grundrechtsschutz, S. 24 ff., die Rechtsschutzkomponente betonend; ebenso Bethge, Grundrechtsverwirklichung, NJW 1982, S. 1 ff., 7; Kritisch dazu Schmitt Glaeser, die Partizipationsidee betonend, S. 49 und 93; Goerlich, insb. S. 54 ff., S. 348 ff.; Lerche, S. 97 ff., insb. 123 ff. Die Forderung nach Vorverlegung des Rechtsschutzes wurde jedoch bereits früher erhoben, vgl. Imboden, S. 113 ff., 135 ff., insb. 138 f. Eine zusammenfassende Darstellung aus
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Der Auffassung, daß Grundrechtsschutz weitgehend auch durch die Verfahrensgestaltung bewirkt wird und daß die Grundrechte daher auch das Verfahrensrecht beeinflussen, soweit dieses für einen effektiven Grundrechtsschutz von Bedeutung ist, folgt neben der überwiegenden Meinung in der Literatur auch das Bundesverwaltungsgericht für das Fachplanungsrecht. 91 Eines derart vorverlagerten Rechtsschutzes bedarf gerade auch die Fernstraßenplanung, deren abschließende Entscheidung vor allem das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit berührt sowie enteigungsrechtliche Vorwirkung entfaltet. 92 Denn zum einem treten hier die bereits dargestellten Wirkungen präjudizierender Teilentscheidungen auf, zum anderen bedingt der weite Gestaltungsspielraum der Verwaltung hier auch nur eine beschränkte richterliche Kontrolle, insbesondere der Abwägungsentscheidung. Gerade hier gilt deshalb, daß, wer an der Informationssammlung und - Verarbeitung teilnimmt, auch an der (nur begrenzt überprüfbaren) Sachentscheidung teilnimmt. 9 3 Diese Partizipation an der Entscheidungsfindung aber ermöglicht das Verfahren. I m Zusammenhang damit steht eine weitere, erhebliche Bedeutung der Verfahrensgestaltung für die Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung. Durch die frühzeitige und rechtzeitige Partizipationsmöglichkeit und damit der Möglichkeit zur Konsensbildung, wird den Ohnmachtserfahrungen gegenüber dem Staatsapparat und einflußreicher Interessenten entgegengewirkt und somit werden die Akzeptanzchancen der staatlichen Entscheidung wesentlich erhöht. 9 4
jüngster Zeit findet sich bei Denninger, S. 291 ff., insbesondere Rdnr. 14 ff. mit einer Auseinandersetzung mit der Ansicht Ossenbühls, Grundrechtsschutz, S. 183 ff. 91 BVerwG NuR 1988, S. 139, 142: Gebot fairer Verfahrensgestaltung. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht widerspruchsfrei. Denn bei der Frage, ob ein Anspruch auf die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens besteht, betont das BVerwG nach wie vor, daß die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren allein der Ordnung des Verfahrensablaufes dienen. Vgl. BVerwG NJW 1981, S. 239 f. Zustimmend Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 27. Ähnliches gilt für die Forderung eines Kausalzusammenhangs zwischen Verfahrensfehler und Planungsentscheidung. Siehe BVerwG UPR 1994, S. 264, 265. Kritik an dieser Rechtsprechung, insbesondere am Maßstab des Mühlheim-Kärlich-Beschlusses gemessen, üben Danwitz, Anspruch, S. 423; Wahl, Entwicklung, S. 431 m. w. N. 92 Siehe Kühling, Rdnr. 342. w Vgl. Pietzcker, S. 202. 94 Siehe dazu Würtenberger, Thomas, Konfliktschlichtung, S. 183 ff.; Würtenberger, Thomas, Akzeptanz, NJW 1991, S. 257 ff.; Würtenberger, Thomas, Pilotstudie, insb. S. 25 ff.; Schenke, Verwaltungsverfahren, S. 314; Steinberg, Zeit, S. 11 ff.; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 168 ff. Diesen Aspekt erwähnen auch die Richter Simon und Heußner, EuGRZ 1980, S. 71. ff.
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§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
ΠΙ. Begriffsbestimmung L Begriff Es wurde durch die vorangegangene Darstellung der bestimmenden Elemente eines (Fernstraßen-)Planungsverfahrens deutlich, daß nicht nur dem abschließenden, obrigkeitlich-hoheitlichen Planfeststellungsbeschluß erhebliche Bedeutung zukommt, sondern auch den diesen vorbereitenden Teilschritten. In einem stufenweisen, prozeßhaften Planungsverfahren sind die das Planergebnis (jedenfalls potentiell-faktisch) präjudizierenden Teilentscheidungen von ebensolcher Bedeutung. Nicht verkannt werden soll dabei natürlich, daß etwa auch die Ergebnisse statistischer, bautechnischer oder naturwissenschaftlicher, insbesondere biologischer, physikalischer Untersuchungen das Planergebnis vorherbestimmen, da sich dieses über die objektive und wertungsfreie Wiedergabe derartiger Sachverhalte nicht hinwegsetzen kann. Diese bestimmen aber, ähnlich wie die topographischen Vorgaben, den objektiven, nicht-wertenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses, d. h. jenen Teil, der einer rechtlichen Wertung selbst nicht zugänglich ist (bspw. Ergebnisse einer Bodenuntersuchung, Verkehrslärmberechnung 95 oder die Einstufung als Biotop). Sie können vielmehr (je nach Art verschieden) nur noch als Belange in die abwägende Entscheidung einfließen und gegebenenfalls überwunden werden. Des weiteren soll ebenfalls nicht verkannt werden, daß letztlich im Rahmen eines als Einheit zu verstehenden, prozeßhaften Verfahrens nahezu jeder Einzelschritt die nachfolgenden Schritte und damit schließlich das Endergebnis beeinflußt; sei es durch positive Verwertung, durch negative Ausscheidung oder durch Unterlassung bzw. Nichtbeachtung. Beides aber entzieht sich einer Steuerung durch das Recht, denn beides entspringt entweder tatsächlichen Vorgaben oder folgt zwingenden Kausalgesetzen. Die hier interessierenden Präjudices hingegen beschränken sich nicht auf eine Tatsachen wiedergäbe. Sie sind vielmehr im stufenweisen Prozeß des Abbaues von Komplexität dazu bestimmt, wertende Teilentscheidungen vorzunehmen. Ihre präjudizierende Wirkung ist, wie bereits dargestellt, systemimmanent. Aufgrund dieser rechtlich wertenden Entscheidung bereiten sie den Planfeststellungsbeschluß in Teilen unmittelbar vor und engen den Gestaltungsspielraum, der für die abschließende Entscheidung bleibt, bereits frühzeitig ein. Sie nehmen daher innerhalb des Verfahrensablaufes einen ent-
95 Vgl. indes zur Problematik von Meß- und Β eurtei lungs verfahren, Steinberg, Fachplanung, § 2 Rdnr. 80 ff., 86 f.
III. Begriffsbestimmung
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scheidenden, grundrechtsrelevanten Stellenwert ein. Dies gilt ebenso für diejenigen Handlungen, die der Ermittlung der vom Vorhaben betroffenen öffentlichen und privaten Belange dienen. In besonderer Weise trifft dies für Handlungen zu, die der Grundrechtswahrung und -Verwirklichung im Verfahren dienen. Zusammenfassend lassen sich folglich unter schlicht-hoheitlichem Handeln im Fernstraßenplanungsrecht diejenigen Handlungen verstehen, die entweder in der Systematik des Planungsprozesses darauf angelegt sind, mittels einer rechtlichen Wertung eine den Planfeststellungsbeschluß unmittelbar vorbereitende und (faktisch) präjudizierende (Teil-)Entscheidung zu treffen und/oder solche Handlungen, die unmittelbar der Grundrechtswahrung und -Verwirklichung zu dienen bestimmt sind, indem sie dem Grundrechtsbetroffenen eine auf das Planergebnis einflußnehmende Partizipationsmöglichkeit einräumen. Diese beiden Elemente vermitteln derartigen Handlungen das hoheitliche Moment, denn indem sie (wesentliche) Teile des Planfeststellungsbeschlusses prägen bzw. die grundsätzliche Möglichkeit einer prägenden Einflußnahme auf das obrigkeitlich-hoheitliche Planergebnis vermitteln, stehen sie in einer direkten Bezugnahme zu diesem und nehmen an seinem hoheitlichen Charakter teil. Beide Elemente unterscheiden daher auch das schlicht-hoheitliche Handeln von dem sonstigen bloß aufgabenbezogenen, schlichten Verwaltungshandeln (i. e. S.), das zwar letztlich auch in das Planergebnis mündet, dieses aber nicht derart unmittelbar vorbereitet oder präjudizieren will, sondern allenfalls mittelbar beeinflußt. Derartiges schlichtes Verwaltungshandeln beinhaltet insbesondere keine rechtliche (Auswahl-) Wertungsentscheidung, sondern fließt eben in eine wertende (Teil-) entscheidung ein. Zu nennen sind hier vor allem die bereits genannten statistischen, verkehrstechnischen, bautechnischen und naturwissenschaftlichen Untersuchungen, Ermittlungen u. ä. 2. Einzelne Handlungen Zur Verdeutlichung seien einzelne Handlungen schlicht-hoheitlichen Charakters dargestellt. 96 a) Linienbestimmung Gem. § 2 VerkPBG bestimmt der Bundesminister für Verkehr (BMV) die Linienführung einer Bundesfernstraße. 97 Die Linienbestimmung legt die An-
96
Es wird dabei kein Anspruch auf eine abschließende Aufzählung erhoben.
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§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
fangs- und Endpunkte, den grundsätzlichen Verlauf und die wesentlichen Merkmale der Straße (Streckencharakteristik, Querschnitte) fest. Die Entscheidung unterliegt den allgemeinen Planbindungen, insbesondere den zwingenden Rechtsvorschriften und dem Abwägungsgebot. Dieser fachplanerische Charakter bedingt auch eine Untersuchung alternativer Varianten mit einer entsprechenden Auswahlentscheidung. 98 Vorbereitet wird die Entscheidung des B M V durch die Straßenbauverwaltungen der Länder. Im Planfeststellungsbeschluß sind Abweichungen von der Linienbestimmung innerhalb weniger hundert Meter zulässig, soweit die generelle Planung im wesentlichen beibehalten wird und keine besonderen Verhältnisse auf eine engere Bindung an eine bestimmte Linie hindeuten. Steinberg weist jedoch darauf hin, daß die rechtlich zulässige Variationsbreite durch zahlreiche Zwangspunkte topographischer oder sonstiger Art praktisch erheblich eingeschränkt sein dürfte. 99 Der Linienbestimmung kommt daher der „Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung" 100 zu, die zu einer internen Bindung der Planfeststellungsbehörde führt. Gelangt diese aufgrund neuer Informationen zu dem Ergebnis, daß der gesamte Trassenverlauf neu durchdacht werden muß, so hat sie darüber eine Entscheidung des B M V einzuholen. 1 0 1 Im Regelfall ist der Linienbestimmung jedoch eine faktisch präjudizierende Wirkung zuzuerkennen, 102 die die weiteren Planungsschritte und das Planungsergebnis in Teilen determiniert. 103 Ihr kommt damit eine erhebliche Bedeutung für die inhaltliche Festlegung des Straßenbauvorhabens zu.
97
Siehe die eingehende Darstellung zu § 16 FStrG bei Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 83 ff.; Klößner, S. 54 ff., jeweils m. w. N. Siehe auch Hoppe, Verfahren, S. 406 f. Vgl. auch Riedwelski, S. 197. Vgl. auch ARS Nr. 13/1996 des B M V für die Linienführung von Bundesfernstraßen v. 15.04.1996, VkBl. 1996, S. 222 ff. 98 Vgl. Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 85. 99
Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 91. Zustimmend Klößner, S.56, m. w. N., und
S. 62. 100 BVerwGE 62, 342, 344 = BVerwG DVB1. 1981, S. 921 ff., 922. Nach Neutzer geht die Bestimmung der Linienführung als integraler Bestandteil in die ausführende Planung ein, Neutzer in: Kodal/Krämer, 4. Α., Kap. 33 Rdnr. 1; ebenso jetzt Krämer in Kodal/Krämer, 5. Α., Kap. 33 Rdnr. 1.3. Siehe auch 3.1.; 5.2.; 12.1. des ARS Nr. 13/96, VkBL. 1996, S. 222 ff. ιοί So Kühling, Rdnr. 222. 102
Dies räumt auch Kügel, S. 133 f., ein.
103 Nach der weitergehenden Auffassung Klößners, S. 63, ist eine Abweichung der Planfeststellung von der Linienbestimmung praktisch fast ausgeschlossen und der Planfeststellung verbleiben nur noch Fragen der Lärmschutzgestaltung oder planerischer Details des parzellenscharfen Trassenverlaufs.
III. Begriffsbestimmung
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b) Umweltverträglichkeitsprüfung Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) bezweckt die frühzeitige und umfassende Ermittlung, Beschreibung, Bewertung und Berücksichtigung der umweltrelevanten Auswirkungen eines Vorhabens nach einheitlichen Grundsätzen (vgl. § 1 U V P G ) . 1 0 4 Zu diesem Zwecke legt der Vorhabenträger die entscheidungserheblichen Unterlagen gem. § 6 UVPG vor, d. h. seine maßgebliche Aufgabe besteht in der Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen. Auf der Grundlage dieser Unterlagen, der behördlichen Stellungnahmen nach § § 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der einbezogenen Öffentlichkeit nach § 9 U V P G 1 0 5 erarbeitet die Anhörungsbehörde nach § 11 UVPG eine sog. zusammenfassende Darstellung. 106 Diese dient der Aufbereitung aller bewertungs- und entscheidungserheblichen Informationen i. S. einer Feststellung des für die Rechtsanwendung erheblichen Sachverhaltes und soll Aussagen enthalten über Art und Umfang sowie Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmter Umweltauswirkungen (Risikoabschätzung). 107 Auf dieser Grundlage bewertet die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung gem. § 12 S. 1 Hs. 1 UVPG die Umweltauswirkungen. Gegenstand dieser Bewertung ist die Beurteilung der zusammenfassenden Darstellung der Risikoabschätzung anhand der umweltbezogenen, fachgesetzlichen Zulassungskriterien i. S. einer Risikobewert u n g . 1 0 8 I m Rahmen der Zulassungsentscheidung berücksichtigt sie diese Bewertung dann gem. § 12 S. 1 Hs. 2 UVPG. Unter Berücksichtigen ist dabei mehr als ein bloß formales „Zur-Kenntnis-nehmen" zu verstehen. Es ist nach ganz herrschender Meinung vielmehr geboten, daß die aus der UVP gewonnenen Erkenntnisse materiell für die Entscheidung von Bedeutung sein können i. d. S., daß es möglich sein muß, die Zulassung aus Gründen der (fehlen-
104 Zur Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fernstraßenplanung vgl. die Darstellungen bei Klößner, S. 96 ff.; Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 20 ff.; Steinberg, Chancen, S. 221 ff.; Steinberg, Zeit, S. 7 ff.; Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 3 und 12. 105
Zur Problematik des VerkPBG in diesem Bereich siehe S. 137 mit den Nachweisen in Fn. 33. 106
Vgl. zu § 11 UVPG und dem Modell der nachvollziehenden Amtsermittlung Wahl, Nachvollziehende Amtsermittlung, S. 155 ff., 173 ff. m. w. N. M Vgl. Schoeneberg, Rdnr. 137 ff. 108
Siehe dazu die von der Bundesregierung gem. § 20 UVPG am 18.09.1995 erlassene UVP-Verwaltungsvorschrift (UVPVwV), (GMB1. 1995, S. 671 ff.). Zur UVPVwV vgl. Mayen, S. 319 ff.; Vorwerk, S. 241 ff. Vgl. außerdem Schoeneberg, Rdnr. 88. Siehe dort auch allgemein zum Verhältnis zwischen zusammenfassender Darstellung, Bewertung und Berücksichtigung, Rdnr. 142 f.
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§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
den) Umweltverträglichkeit zu verweigern oder mit Auflagen zu versehen. 109 Für die Planfeststellungsbehörde bedeutet dies, daß die Erkenntnisse und damit verbundenen Umweltbelange in den Abwägungsvorgang einzustellen sind.110 Der Besonderheit der Fernstraßenplanung als einem gestuften Verfahren tragen §§ 15 und 16 UVPG durch einen Entlastungseffekt zur Vermeidung von Doppelprüfungen Rechnung. 111 Die in einem vorgelagerten Verfahren gem. § 16 Abs. 1 UVPG entsprechend dem Planungsstand ermittelten, beschriebenen und bewerteten Auswirkungen hat die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen ( § 1 6 Abs. 2 UVPG), d. h. sie müssen nicht mehr im einzelnen geprüft werden. 1 1 2 Angesichts des Umstandes, daß gem. § 2 Abs. 2 VerkPBG die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG erst im Planfeststellungsverfahren erfolgt, also erst dann eine Partizipationsmöglichkeit besteht und in Anbetracht der Tatsache, daß die Öffentlichkeitsbeteiligung in der UVP einen zentralen Stellenwert einn i m m t , 1 1 3 erschiene dies jedenfalls bezüglich der Bewertung mehr als bedenklich. Sowohl die Anhörung als auch die abschließende Bewertung müssen sich daher auf alle Umweltauswirkungen erstrecken (vgl. § 16 Abs. 3 S. 2 UVPG). Auch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung gilt, daß, wer an der Sammlung und Auswahl der Informationen teilnimmt, am Ergebnis teilhat, dies trifft vor allem dann zu, wenn sich die Auswahl auch auf die Bewertungsmethoden und -maßstäbe bezieht 114 . Entscheidenden Einfluß auf das Planungsergebnis nimmt aber jedenfalls die Bewertung der Umweltauswirkungen gem. § 12 S. 1 Hs. 1 UVPG ein. Das UVPG will nicht nur eine Verfahrensregelung normieren, sondern es dient der Entscheidungsvorbereitung. So fließt denn auch die Bewertung über das „berücksichtigen" i. S. d. § 12 S. 1 Hs. 2
w» Siehe Beckmann, § 12 Rdnr. 64; Erbguth/Schink,
§ 12 Rdnr. 19 m. w. N.
no Siehe BVerwG DVB1. 1996, S. 677 ff., 680. Vgl. Erbguth/Schink, ff.; Klößner, S. 178 ff.
§ 12 Rdnr. 69
m Vgl. dazu Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 26 f.; Klößner, S. 214 ff. Das Konzept der gestuften UVP trägt damit dem Umstand Rechnung, daß bereits in einem frühen Verfahrensstadium entscheidende Weichenstellungen getroffen werden, und die Durchführung einer UVP erst im Planfeststellungsverfahren zu spät käme. Vgl. dazu Klößner, S. 204 f. h 2 Vgl. allgemein zur Problematik der Abschichtung und der Regelung des § 16 Abs. 2 UVPG bzw. § 6 a Abs. 3 ROG a. F. Wahl, Raumordnungsverfahren, S. 212 ff., insb. S. 222. 113 Siehe Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 22. Zur Kritik an dieser Regelung siehe dort auch Rdnr. 52 f. sowie Viebrock, Beschränkungen, S. 939 f. Vgl. ebenso zur Unvereinbarkeit mit der UVP-RL die Nachweise in Fn. 33. 114 Zur Problematik der Bewertungsmaßstäbe siehe Schoeneberg, Rdnr. 145 ff.
III. Begriffsbestimmung
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UVPG unmittelbar in den Abwägungsvorgang ein. Die Bewertung hat damit einen wesentlichen Anteil an den das Abwägungsergebnis bestimmenden Vorgängen der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Bewertung der betroffenen Belange. Bedenkt man, daß (Streit-)Fragen bezüglich der Umweltverträglichkeit eines Straßenbauvorhabens in der Praxis erhebliche Bedeutung sowohl für das gerichtliche Verfahren als auch für die Akzeptanzfähigkeit der Entscheidung zukommt, wird die maßgebliche Bedeutung der UVP und damit der Stellenwert der Bewertung um so deutlicher. Der Bewertung kommt daher insgesamt der Charakter eines entscheidenden Präjudizes z u . 1 1 5 c) Erörterungstermin Den Abschluß und gleichsam den Kern des Anhörungsverfahrens bildet der Erörterungstermin. 116 Dessen Ziel ist es zunächst, 117 eine möglichst umfassende Information sowohl der Behörden als auch der Einwender zu erreichen. Darüber hinaus soll er eine Diskussion der Einwendungen mit der Zielsetzung herbeiführen, eine tragfähige Grundlage für die behördliche Entscheidung zu finden. Beabsichtigt ist es, einen Ausgleich aller in Frage stehenden öffentlichen und privaten Belange zu finden, d. h. eine einverständliche Erledigung der Einwendungen bzw. die Schaffung eines Akzeptanzrahmens der Verwaltungsentscheidung zu erreichen. Nicht zuletzt dient der Erörterungstermin der Vorverlagerung des Rechtsschutzes (Grundrechtssicherung und -wahrung durch Verfahren). Schließlich soll er eine Entlastung der Verwaltungsgerichte und damit eine essentielle Verkürzung der Dauer des gesamten Verfahrens bewirken. Nach der Rechtsprechung vermittelt § 73 Abs. 6 VwVfG einen Anspruch auf eine substantielle Anhörung, 1 1 8 d. h. der Planbetroffene muß sowohl Gelegenheit gehabt haben, das Ausmaß seiner persönlichen Betroffenheit 115 Dementsprechend sieht § 9 Abs. 3 UVPG auch grundsätzlich eine grundrechtssichernde und -wahrende Öffentlichkeitsbeteiligung bereits in den vorgelagerten Verfahren der Raumordnung oder Linienbestimmung vor. 116
Eine ausführliche Darstellung des Erörterungstermines findet sich bei Steinberg, Fachplanung, § 3 Rdnr. 91 ff. Siehe auch Steinberg, Zeit, S. 11 ff. Anzumerken ist, daß der Stellenwert des Erörtertungstermines im Geltungsbereich des VerkPBG noch zunimmt, da es sich hier um die einzige Form der Öffentlichkeitsbeteiligung handelt, vgl. S. 137. 117
Vgl. insgesamt zu den Zielsetzungen des Erörterungstermines, Würtenberger, Thomas, Pilotstudie, S. 28, der terminologisch eher von einem „Erörterungs- und Schlichtungstermin" sprechen möchte. Siehe dazu auch Würtenberger, Thomas, Konfliktschlichtung, S. 183 ff.; Zu den Funktionen der Öffentlichkeitsbeteiligung siehe auch Kügel y S. 30 ff.; Kurz, S. 36 ff. und v. Mutius, Öffentlichkeit, S. 277 f. π» BVerwG NuR 1988, S. 138, Ls. 5 u. S. 141.
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§ 10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
darzulegen als sich auch jedenfalls zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. 119 Die Anhörung muß jedoch mehr sein als bloße Entgegennahme der Äußerungen durch die Anhörungsbehörde. Es ist vielmehr notwendig, daß das Vorgetragene bei der Verwaltungsentscheidung bedacht w i r d . 1 2 0 Angesprochen ist damit die „Verbindungslinie zwischen Anhörung und Einflußnahme". 121 Dem Anzuhörenden soll die Möglichkeit eröffnet werden, Einfluß auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. 1 2 2 Der Erörterungstermin räumt damit insbesondere dem Grundrechtsbetroffenen eine auf das Planergebnis einflußnehmende Partizipationsmöglichkeit ein. Auf die besondere Bedeutung des Erörterungstermines für die Akzeptanzfähigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wurde schon mehrmals hingewiesen; die Erörterung ist das zentrale Kommunikations- und Diskussionsmoment zwischen Bürger und Verwaltung. Hier entscheidet sich, ob der Bürger den mehr oder weniger gerechtfertigten, subjektiven Eindruck erhält, daß er angehört wird in dem oben geforderten Sinn, oder daß er als Statist fungiert in einer Aufführung namens Erörterungstermin, die letztlich nur durchgeführt wird, um den Formalien genüge zu tun, deren Ergebnis aber bereits vorher feststeht und hinter den Kulissen vereinbart wurde. 1 2 3 Gilt es für das Anhörungsverfahren insgesamt, daß die Verwaltung den Gesamtauftrag der Planung zu verdeutlichen hat, „nämlich die Allseitigkeit der Berücksichtigung von Belangen und die Unvoreingenommenheit, was die Relevanz der verschiedenen öffentlichen und der privaten Belange betrifft" 1 2 4 , so trifft dies in besonderer Weise gerade für den Erörterungstermin zu. Hier tritt das hoheitliche Moment deutlich zutage 1 2 5 und vermittelt sich dem Grundrechtsbetroffenen; denn soweit seine Anliegen, die er in Form der Einwendungen in das Verfahren einbrachte, keine adäquate Berücksichtigung jedenfalls aufgrund des Erörterungstermines finden, verbleibt ihm, will er der obrigkeitlichhoheitlichen Wirkung des Planfeststellungsbeschlusses entgegentreten, nur noch die Möglichkeit einer Klage.
119
Siehe Kuschnerus, Planänderungen, S. 13.
120 Vgl. Weyreuther, BVerfG in Fn. 42. 121 Weyreuther,
S. 190 mit entsprechenden Nachweisen zur Rechtsprechung des
S. 183.
122 Vgl. Bonk, § 28 Rdnr. 3 m. w. N., sowie BVerfGE 9, 89, 95 für das gerichtliche Verfahren. 123 Zur Kritik an der Praxis des Erörterungstermines siehe Kurz, S. 36 ff. und Würtenberger, Thomas, Akzeptanz, S. 261, der davon spricht, daß die bisherige Gestaltung des Erörterungstermins eher akzeptanzfeindlich, denn -fördernd sei. 124 So Wahl, Einschaltung, S. 525. 125 Vgl. die Ausführungen zum Anhörungsverfahren bei Wahl, Einschaltung, S. 525.
III. Begriffsbestimmung
159
d) Abwägung „Dreh- und Angelpunkt" 1 2 6 der Planfeststellung ist die Abwägung. Den ihr eingeräumten weiten Handlungs- und Gestaltungsspielraum 127 hat die Verwaltung durch eine abwägende Entscheidung auszufüllen. 128 Gerichtlich überprüfbar ist diese Abwägungsentscheidung nur im Hinblick auf eine Verletzung des Abwägungsgebotes. 129 Dieses wird nach der ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), eine Abwägung zwar stattgefunden hat, aber in die Abwägung Belange nicht eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie hätten eingestellt werden müssen (Abwägungsdefizit) oder die Bedeutung der eingestellten Belange verkannt wurde (Abwägungsfehleinschätzung) und schließlich, wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). 130 Diese Maßstäbe gelten sowohl für den PlanungsVorgang als auch für das Planungsergebnis. 131 Dieses zunächst für das Baurecht entwickelte Abwägungsgebot übertrug das Bundesverwaltungsgericht in seiner B-42-Entscheidung auch auf die fernstraßenrechtliche Planung. 1 3 2 Innerhalb dieses Rahmens kann sich die Behörde aufgrund der ihr zustehenden planerischen Gestaltungsfreiheit „in der Kollision der verschiedenen Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen" 132 entscheiden.
126
Schuppert, Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 105.
™ Siehe dazu S. 142. 128
Zur Abwägung siehe Kiihling, Rdnr. 174 ff. m. w. N. Aus jüngerer Zeit seien noch erwähnt Steinberg, Fachplanung, § 4 Rdnr. 49 ff.; Tsevas, S. 124 ff. und insb. Dreier, S. 41 ff.; Sauthoff\ Planerische Abwägungen, N V w Z 1995, S. 119 ff.; Bartlsperger, S. 1 ff. 129 Beachte nun die Einführung der Unerheblichkeitregelung von Planungsmängeln im Anschluß an § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB in § 17 Abs. 6c FStrG. Siehe dazu Sendler, Planfeststellung, S. 24 ff.; Hoppe, Planerhaltung, S. 87 ff., insb. S. 111; Gaentzsch, Planfeststellung, S. 536 ff.; Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 32.23 und BayVGH DVB1. 1994, S. 764 ff. sowie OVG Münster NuR 1995, S. 46 ff., 49. Siehe nunmehr BVerwG NuR 1996, S. 589; BVerwG DVB1. 1996, S. 907, 908; BVerwG UPR 1995, S. 445; BVerwG UPR 1995, S. 308, 309, sowie Vallendar, S. 296 ff., S. 298.
130 BVerwG DVB1. 1970, S. 414 ff., 416. Die Systematisierung geht auf Hoppe, Schranken, S. 17 zurück. 131 BVerwG DVB1. 1974, S. 767 ff., 772. Siehe dazu aber Steinberg, Fachplanung, § 4 Rdnr. 63. 132 BVerwG NJW 1975, S. 1373 ff., 1375.
160
10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
Gerichtlich überprüft wird die Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde. Dies läßt es in den Hintergrund geraten, daß die materiellen Planungsbindungen, insbesondere das Abwägungsgebot auch für den Vorhabenträger gelten. 1 3 3 Denn tatsächlich handelt es sich bei der Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde nicht um eine „originäre Planung, sondern eher um einen planerischen Nachvollzug eines von einem Vorhabenträger entwickelten Planes" 1 3 4 , d. h. die Planfeststellungsbehörde vollzieht den ihr vom Vorhabenträger vorgelegten Plan abwägend nach. Wie Kühling weiter ausführt, ist sie zur Entwicklung eigener Planungsalternativen oder zur detailgerechten Planung technischer Schutzvorkehrungen gewöhnlich nicht in der Lage. 1 3 5 Sie kann den Vorhabenträger jedoch zur Vorlage entsprechend geänderter oder ergänzter Unterlagen anhalten. Steinberg spricht daher von einer „kombinierten Planungsbefugnis, bei der die Objektplanung durch den Vorhabenträger ihre Außenrechtswirksamkeit durch die Planfeststellung erhält" 1 3 6 . Rechtlich wird die Planfeststellungsbehörde denn auch so behandelt, als handele es sich um ihre eigene Planung. 1 3 7 Diese Zuordnung setzt jedoch voraus, daß der Planfeststellungsbehörde beim kontrollierenden, abwägenden Nachvollzug noch der Handlungsspielraum des Planers zur Verfügung steht. 1 3 8 Dabei wird von der Rechtsprechung nicht verkannt, daß es sich bei der Planung um einen einheitlichen Vorgang handelt, der „sehr häufig mehr von Bindung als von Freiheit beherrscht w i r d " . 1 3 9 Das Bundesverwaltungsgericht führt dazu in seiner Flachglas-Entscheidung aus: 1 4 0 „Es kann ernstlich keine Meinungsverschiedenheit darüber geben, daß insbesondere bei Projekten einer bestimmten Größenordnung häufig nicht alle Entscheidungen - im Sinne einer Erhaltung voller planerischer Freiheit - bis zur abschließenden Abwägung zurückgestellt werden können. Je umfangreicher und je komplizierter ein planerisches Vorhaben ist oder wird, um so mehr kommt es nach aller Erfahrung zu einer notwendigen Wechselwirkung zwischen der planerischen Festsetzung und ihrer konkreten Verwirklichung. Das führt [...] zu mehr oder weniger endgültigen Festlegungen, die eine entsprechende Schmälerung des abschließenden Abwägungsvorganges bewirken und auch bewirken sollen. Dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge u. a. m. können geradezu unerläßlich sein, um 133
So Kühling, Rdnr. 13. Zustimmend Wahl, Einschaltung, S. 524.
Kühling, Rdnr. 180. Vgl. Kühling, Rdnr. 13. 136
Steinberg, Fachplanung, § 4 Rdnr. 75.
137 Vgl. Kühling, Rdnr. 13. 138 Siehe Kühling, Rdnr. 180. 139 BVerwG DVB1. 1974, S. 767 ff., 770. Vgl. auch Kühling, Rdnr. 210 ff. 140 BVerwG DVB1. 1974, S. 767, 771.
III. Begriffsbestimmung
161
überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene, effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können." Das Bundesverwaltungsgericht lehnt es ab, dies entgegen der Realität der Planungsvorgänge als pauschal gesetzwidrig abzutun, stellt jedoch klar, daß je stärker und umfassender die durch Vorentscheidungen geschaffenen Bindungen sind, der Sinn der abschließenden Abwägung desto mehr verlorengeht, wobei eine Differenzierung zwischen rechtlichen und tatsächlichen Bindungen sich verbiete, da erfahrungsgemäß die mehr tatsächlichen Bindungen nicht selten sowohl in ihrer Wirkung massiver als auch in ihrer Angemessenheit fragwürdiger seien. Eine derartige Verkürzung des abschließenden Abwägungsvorganges bedarf daher der Rechtfertigung. Rechtlich notwendig ist es, daß die Vorwegnahme der Entscheidung sachlich gerechtfertigt ist, die planungsrechtliche Zuständigkeit gewahrt bleibt und die vorgezogene Entscheidung nicht inhaltlich zu beanstanden ist, d. h. zulässigerweise auch als Bestandteil des abschließenden Abwägungsvorganges hätte getroffen werden können. 1 4 1 Angesprochen ist damit auch das bereits diskutierte Erfordernis der Neutralität der Planfeststellungsbehörde. 1 4 2 Diese Problematik macht nicht zuletzt auch die wesentliche Bedeutung der Abwägung im Prozeß der Planung deutlich. Während gewissermaßen der Planfeststellungsbeschluß nur die äußere Hülle bildet, stellt die Abwägung den Inhalt dar. In ihr nimmt die Verwaltung den Ausgleich aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange vor. Diese Vornahme setzt aber die besondere Legitimation des rechtsstaatlich verfaßten Staates voraus. „Gerade in dieser Ausgleichsaufgabe mit ihrem offenkundigen Gemeinwohlbezug liegt die Staatlichkeit und das Öffentlich-rechtliche an der Planung" 1 4 3 . Die Abwägung bildet das zentrale hoheitliche Moment der Planung, denn hier ist „der grundlegende Konflikt des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger" 1 4 3 betroffen. Hier wird die Verwaltungsentscheidung nicht nur präjudiziell, hier wird sie getroffen. e) Abstimmung mit den Trägern öffentlicher Belange Ebenso wie der Erörterungstermin steht auch die Abstimmung mit den Trägern öffentlicher Belange in einem engen Bezug zur Abwägung und soll infolgedessen entgegen dem chronologischen Verlauf im Anschluß an diese 141 BVerwG DVB1. 1974, S. 767, 772. 142
Siehe S. 147. So kann etwa nach Dürr, Rechtsprechung, S. 162, eine zu enge Absprache der Planfeststellungsbehörde mit dem Vorhabenträger zu einem Abwägungsausfall führen, wenn sich die Planfeststellungsbehörde dadurch ihrer planerischer Freiheit begibt. Vgl. auch Schiarmann, S. 873. 14
3 Wahl, Einschaltung, S. 521.
11 Stehlin
162
10 Schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht
behandelt werden. Mit der Vielfältigkeit der mit einem Straßenbauvorhaben verbundenen Probleme korrespondiert eine entsprechend hohe Anzahl an berührten, administrativen Zuständigkeitsbereichen. Daher erfolgt schon bei der Vorbereitung der Planunterlagen eine Abstimmung mit den von der Planung berührten Behörden und Stellen (bspw. Gemeinden, Kreisen, Denkmalschutzbehörden, Forstbehörden u. a. m . ) . 1 4 4 Diese Abstimmungen dienen zunächst der Klärung, ob und inwieweit andere Planungen oder öffentliche Belange berührt werden. Beteiligt werden neben den Gemeinden vor allem diejenigen Behörden, deren funktionelle Zuständigkeit durch die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses konsumiert werden oder deren fachspezifischen Kenntnisse und Erfahrungen bei der Vorbereitung der Planunterlagen fruchtbar gemacht werden sollen. Im Rahmen dieser informellen Abstimmungsgespräche versucht der Vorhabenträger, „das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens vorwegzunehmen und sein Vorhaben so anzulegen, daß es der planerischen Prüfung durch die Planfeststellungsbehörde standh ä l t " 1 4 5 . Darüber hinaus werden in dieser Phase auch Vereinbarungen, über die technische Gestaltung und die Bauausführung sowie die Unterhaltungslast von Kreuzungen, Brücken u. s. w. getroffen. 146 Es ist Kühling zuzustimmen, wenn dieser feststellt, daß in dieser Phase bereits weitgehend die Weichen für das Vorhaben gestellt werden. 1 4 7 Die Abstimmung mit den Trägern öffentlicher Belange ist bestimmt durch einen wechselseitigen Prozeß der Informationsgewinnung und -Vermehrung. Mit einem derartigen Prozeß sind jedoch immer auch Auswahl- und Vorrangentscheidungen verbunden. Nicht zuletzt gilt es für den Vorhabenträger in dieser Phase auch inneradministrative, ressortbestimmte Widerstände oder Bedenken, insbesondere der Gemeinden gegen das Straßenbauvorhaben zu überwinden. Es handelt sich daher bei der Abstimmung nicht um eine einseitige Entgegennahme von Informationen, sondern um einen Informationsaustausch aller Beteiligten, der letztlich dazu dient die Ansichten über die Relevanz, d. h. bei der Planung der Abwägungserheblichkeit, bestimmter Umstände einander anzunähern. 148 Hierbei nicht berücksichtigte oder unzutreffend bewertete öffentlichen Belange haben nur eine begrenzte Aussicht in einem späteren Verfahrensabschnitt Eingang und ihrer Bedeutung gemäße Berücksichtigung zu finden. Gerade bei der Abstimmung mit den Trägern öffentlicher Belange gilt daher, daß derjenige, der das Abwägungsmaterial zu-
144 Vgl. PlafeR 94 Nr. 10 Abs. 1. Siehe dazu auch Fickert,
S. 198 f.
145 Kühling, Rdnr. 320. 146 Siehe dazu Dürr in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 1.4. 147 Siehe Kühling, Rdnr. 322. 148 Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 523. Siehe auch Wahl, Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung, S. 197 Fn. 53.
III. Begriffsbestimmung
163
sammenstellt und die entscheidungserheblichen Belange einstellt, gewichtet und bewertet, das Ergebnis der Abwägung unmittelbar und entscheidend beeinflußt. 1 4 8 Die Phase der Planabstimmung beinhaltet folglich eine präjudizierende Auswahl- und Bewertungsentscheidung.
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt Nachdem nun der Begriff des schlicht-hoheitlichen Handelns für den Bereich des Fernstraßenplanungsrechts definiert ist (§ 10 I I I 1), kann auf die bereits in § 7 angesprochenen Fragestellungen eingegangen werden. Geklärt werden sollen also zum einen die rechtlich geforderten Modalitäten des Vorganges der Organisationsprivatisierung im Rahmen der Gründung der DEGES, zum anderen diejenigen der Aufgabenbetrauung 1 derselben.
L Rechtliche Modalitäten der Organisationsprivatisierung Es erscheint fraglich, ob die mit einer privatrechtlichen Ausgliederung verbundenen Änderungen des Verwaltungsgefüges und der Zulänglichkeit der parlamentarischen Kontrolle der Verwaltung durch die Organisationsgewalt der Exekutive gedeckt ist, oder ob sie nicht vielmehr der gesetzgeberischen Legitimation bedarf. 2 7. Institutioneller
Gesetzesvorbehalt
Der institutionelle Gesetzesvorbehalt und die Organisationsgewalt der Exekutive stehen in einem unlösbaren Zusammenhang. Böckenförde definiert die Organisationsgewalt als „die Befugnis zur Schaffung, Veränderung, Zusammenordnung, Bestimmung der Aufgaben und (evtl.) inneren Gliederung und Geschäftsregelung von Funktionsträgern, die als Handlungseinheiten einer in ihnen zur Erscheinung und Wirksamkeit kommenden Ganzheit tätig werden" 3 . Die Organisationsgewalt der Exekutive ist aber grundsätzlich eine 1 Der Terminus der Aufgabenbetrauung soll hier jedwede Art von Aufgabendelegation im Rahmen der Organisationsprivatisierung umfassen, ohne daß bereits eine Aussage über die rechtliche Qualität der jeweiligen Delegation getroffen wird.
2 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, 3
Verwaltungsrecht II, § 104 a Rdnr. 19 ff. m. w. N.
Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 29. Rudolf definiert die Organisationsgewalt als Kompetenz zur Bildung, Errichtung, Einrichtung, Änderung, Aufhebung und Abwicklung von Verwaltungsträgern, Behörden und anderen Verwaltungsstellen durch die Bestimmung ihrer Zuständigkeiten, ihrer Zusammenhänge und ihrer inneren Ordnung sowie durch ihre persönliche und sachliche Ausstattung, Rudolf § 53 Rdnr. 1. Zur Entwicklungsgeschichte und zum Begriff der Organisationsgewalt betrachte die ausführliche Darstellung bei Butzer, D V 1994, S. 157 ff.
I. Rechtliche Modalitäten der Organisationsprivatisierung
165
begrenzte und dem parlamentarischen Zugriff nicht entzogene. D. h., eine der gesetzlichen Regelung nicht zugängliche Organisationsautonomie der Verwaltung gibt es prinzipiell nicht. 4 Es verbleiben zwar einige verfassungsfeste Eigenbereiche wie die Geschäftsordnungsautonomie der Bundesregierung, im Ergebnis kann aber nicht von einem „substantiell absolut geschützte[n] Bereich eigener exekutiver Organisationsgewalt" 5 gesprochen werden. Der der Exekutive verbleibende Bereich ist vielmehr durch die Weite des Geltungsund Anwendungsbereiches des institutionellen Gesetzesvorbehaltes bestimmt. Nach der traditionellen Auffassung beruht der institutionelle Gesetzesvorbehalt darauf, daß bestimmte organisatorische Einrichtungen als solche, aus politischen oder verfassungsstrukturellen Gründen, in ihrer Bildung und Errichtung dem Gesetzgeber vorbehalten sind. 6 Dieser institutionelle (organisationsrechtliche) Gesetzesvorbehalt, der traditionell vom rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt, der im Sinne eines klassischen Eingriffsvorbehaltes verstanden wird, unterschieden wird, findet nunmehr nach der wohl überwiegenden Meinung seine Verankerung auch in der sog. Wesentlichkeitstheorie. 7 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verpflichten das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes den Gesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Verwaltung zu überlassen.8 Die Wesentlichkeitstheorie legt dem parlamentarischen Gesetzgeber insoweit ein partielles Delegationsverbot auf. 9 Als wesentlich gilt vor allem der grundrechtsrelevante, d. h. der für die Verwirklichung der Grundrechte wesentliche Bereich. 10 Wie aber vor allem Stettner 11 4
Vgl. Böckenförde, 1984, S. 545 ff., 549. 5
Böckenförde,
Vorrang, § 62 Rdnr. 59. So auch Schmidt, Walter, N V w Z
Vorrang, § 62 Rdnr. 59. Siehe auch Stern, Staatsrecht, S. 824.
6
Vgl. Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 95; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 266 ff., insb. S. 268 u. 270. Zu den institutionell-organisatorischen Gesetzesvorbehalten des Grundgesetzes, siehe Ossenbühl, Vorrang, § 62 Rdnr. 28. Zur historischen Funktion des institutionellen Gesetzesvorbehaltes, vgl. Köttgen, S. 161 ff. 7 Vgl. zum Meinungsstand Burmeister, Günter Cornelius, S. 51 ff. Siehe auch die Darstellung bei Sodan, S. 461 ff., die ebenfalls für eine Anwendung der Wesentlichkeitstheorie außerhalb des grundrechtsrelevanten Bereiches eintritt, jeweils m. w. N. Siehe auch BayVGH BayVBl. 1983, S. 723 ff, 726.
« BVerfGE 47, 46, 78; 45, 400, 417 f.; 41, 251, 259 f.; 34, 165, 192 f.; 33, 303. 9
Vgl. Kloepfer,
Wesentlichkeitstheorie, S. 192.
10 BVerfGE 47,46, 79. Vgl. allgemein zur Wesentlichkeitstheorie Krebs, Jura 1979, S. 304 ff.; Pietzcker, JuS 1979, S. 710 ff.; Kisker, NJW 1977, S. 1313 ff.; v. Arnim, Wesentlichkeitstheorie, DVB1. 1987, 1241 ff.; Erichsen, VerwArch. 70, S. 249 ff.; Eberle , Gesetzesvorbehalt, DÖV 1984, S. 485 ff.; Kloepfer, Vorbehalt, JZ 1984, S. 685 ff.; Kloepfer, .Wesentlichkeitstheorie, S. 1877 ff.; insb. zum Schulrecht Heussner, S. 111 ff. Kritisch zur Wesentlichkeitsformel äußern sich u. a.: Krebs, S. 309 ff.;
166
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt
erarbeitet hat, wäre die Beschränkung der Wesentlichkeitstheorie alleine auf eine Anbindung an die Grundrechtsrelevanz bruchstückhaft. Nach Stettner sind daher unter wesentlichen Entscheidungen, die der Gesetzgeber zu treffen hat, „einmal solche mit grundrechtsbedeutsamen Auswirkungen, zum anderen aber auch solche, welche die freiheitssichernde rechts- und sozialstaatliche Gesamtordnung des Gemeinwesens in grundsätzlicher Weise berühren, ohne schon unmittelbar grundrechtstangierend zu wirken, besonders also wichtige Veränderungen des staatsorganisatorischen Aufbaus" 1 2 , zu verstehen. Denn zum einen seien Organisations- und Verfahrensregelungen grundrechtseffektuierend, da sie über die realen Verwirklichungschancen der Grundrechte entschieden; 13 ihnen kommt daher auch Grundrechtsrelevanz zu. Zum anderen beziehe sich der Wesentlichkeitsvorbehalt letztlich auf die freiheitlich ausgestaltete Gesamtordnung des Gemeinwesens. 14 Infolgedessen könnten auch Organisationsentscheidungen, „die den Aufbau des Staatswesens, seine organisatorische Gestaltung und die Aufteilung der Aufgabengebiete neu regeln, , wesentliche1 Entscheidungen sein, wenn sie wichtige Strukturen dieser Verfassungsordnung tangieren oder verändern" 15 . Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Es macht wenig Sinn das grundrechtsrelevante Verhalten der Exekutive einem Gesetzesvorbehalt zu unterwerfen und häufig detailgenaue Regelungen zu treffen, die Entscheidung darüber aber, wer und wie diese Normen angewendet werden, allein der Exekutive zu überlassen. Dies würde die Bedeutung von Organisation für die Grundrechtsverwirklichung und deren Abhängigkeit von der Sachgerechtigkeit der Organisationsform verkennen. 16 Die Heranziehung der Wesentlichkeitstheorie ist geeignet, dies zusätzlich zu belegen und zu unterstreichen. Feststellungen ohne diese Zuhilfenahme verlieren jedoch dadurch nicht an Wert oder
Umbach, S. 122 ff.; Kisker, S. 1318 ff.; Kloepfer, Vorbehalt, S. 692 ff.; Kloepfer, Wesentlichkeitstheorie, S. 195 ff.; Ossenbühl, Rechtsquellen, § 10 Rdnr. 18. Trotz Kritik an der Wesentlichkeitstheorie erachtet Böckenförde, Gesetz, S. 398, sie letztlich als für eine Präzisierung und dogmatische Ausformung offen und gibt damit wohl das Bild in der Literatur treffend wieder. 11
Vgl. Stettner, S. 349 ff. Dazu eher kritisch äußert sich Papier, S. 98.
12
Stettner, S. 351. Ausdrücklich zustimmend Schulte, Staat, S. 69.
13 Vgl. dazu auch Kloepfer,
Vorbehalt, S. 688, und Umbach, S 114.
u Vgl. Stettner, S. 353. 15 Stettner, S. 353. Vgl. auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 139. Ähnlich jedoch ohne Bezugnahme auf die Wesentlichkeitstheorie, Achterberg, Verwaltungsrecht, § 13 Rdnr. 7. 16 Vgl. dazu Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 109; Müller, Wallerath, Aufgaben, S. 165; Schoch, Abfallentsorgung, S. 29 u. Fn. 145.
S. 100 ff.;
I. Rechtliche Modalitäten der Organisationsprivatisierung
167
Aussagekraft, w i r d die Problematik doch nur weiter erhellt und anders beschrieben. 1 7 D i e Exekutive darf daher nicht aus eigener Machtvollkommenheit über ihre Kompetenzen verfügen oder Entscheidungsgewalt abgeben 1 8 oder wie es Ossenbühl formuliert, „das verfassungsrechtlich zwischen Exekutive und Legislative geknüpfte Band parlamentarischer Verantwortung [...] durchschneiden, indem sie die ihr zugedachten Verwaltungsaufträge auf Stellen delegiert, die außerhalb des Bannkreises parlamentarischer Kontrolle u n d Lenkung stehen" 1 9 . D i e Errichtung von Verwaltungsträgern 2 0 muß gesetzlich legitimiert sein, da es sich u m Ausgliederungen aus der staatlichen Verwaltungsorganisation handelt und damit u m eine wesentliche Entscheidung für das Staatswesen. 2 1 Der so verstandene institutionelle Gesetzesvorbehalt ist dabei grundsätzlich auch auf die Errichtung privatrechtlicher Organisationsformen zu erstrekk e n . 2 2 Denn gerade i n diesem Fall besteht als Folge der Ausgliederung die 17 Ein Teil der nachfolgend zitierten Autoren bezieht sich denn auch nicht auf eine Argumentation mit der Wesentlichkeitstheorie, sie zielen inhaltlich jedoch auf dasselbe Ergebnis ab. 18 Burmeister, Joachim, S. 219, weist zu Recht darauf hin, daß die Kompetenz durch das Pflichtmoment vom subjektiven Recht unterschieden wird, der Kompetenzinhaber kann daher nicht ohne weiteres über sie verfügen. Vgl. auch OVG Münster DÖV 1980, S. 528 ff., 529 = NJW 1980, S. 1406 ff., 1407: „Die vollziehende Gewalt kann danach aus sich keine Veränderung in der Substanz der staatlichen Hoheitsrechte und in ihrem eigenen verfassungsrechtlichen Status vornehmen." Dem Gedanken des institutionellen Gesetzesvorbehaltes entsprechen auch die Ausführungen des Hess. V G H ES VGH 28, S. 70 ff., 72. 19
Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 270.
20
Die verwaltungsbeherrschten Privatrechts Subjekte zählt etwa Ehlers, Verwaltung, § 1 Rdnr. 4, zu den Trägern der Staatsgewalt. 21
So auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 21 Rdnr. 66. Ähnlich Müller, Bansch, S. 146.
S. 224 f.;
22 So Boergen, S. 877; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 155 f.; Schulte, S. 69; Gromoll, S. 200; Däubler, S. 95; v. Hagemeister, S. 110; Loeser, System, § 7 Rdnr. 43; Dittman, Bundesverwaltung, S. 265, dort auch zur abweichenden Staatspraxis; Schmidt, Reiner, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 528; Müller, S. 246; Schoch, Privatisierung, DVB1. 1994, S. 964 ff., S. 970. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Legitimation bestreiten nur wenige, meist ältere Stimmen in der Literatur. Siehe Ipsen, NJW 1963, S. 2102 ff., 2103, ohne nähere Begründung. In diesem Sinne auch Leisner, BayVBl. 1967, S. 229 ff., 231. Von Zezschwitz, NJW 1983, S. 1873 ff., 1879 f., lehnt eine Ausdehnung der förmlichen gesetzlichen Ermächtigung auf alle verwaltungsprivatrechtlichen Organisations- und Handlungstechniken ab, da dies nicht nur das Verwaltungsprivatrecht, sondern das gesamte öffentliche Verwaltungsvertragsrecht tödlich träfe. M i t Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, S. 506, muß jedoch be-
168
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt
Gefahr einer Reduzierung der Steuerungskraft des Parlaments, da die Möglichkeiten der Einflußnahme von der Ausgestaltung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen abhängen, das in der öffentlich-rechtlichen Verwaltung gegebene Weisungsrecht aber entfällt. Da die normative Prägung einer Rechtsform darüber entscheidet, in welchem Maße sich diese Institution staatlicher Steuerung öffnet und sich diese Steuerungskapazität für jede Rechtsform unterschiedlich darstellt, gewinnt die Wahl einer privatrechtlichen Rechtsform an rechtlicher wie politischer Bedeutung. 23 Zwar muß die Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform nicht zwangsläufig zu gravierenden Einwirkungs- und Kontrollverlusten führen, jedoch sprechen nach Ehlers „alle Anzeichen dafür, daß die publizistischen und gemischt publizistischen Privatrechtsvereinigungen weitaus häufiger der Steuerung und Überwachung ihres öffentlich-rechtlichen Trägers entgleiten, als dies bei öffentlich-rechtlichen Untergliederungen der Fall ist" 2 4 . Dem Gesetzesvorbehalt kommt hier also auch eine präventive Kontrollfunktion zu, die die Sicherung dieser Steuerungskraft gewährleisten bzw. deren verhältnismäßige Reduzierung sanktionieren soll. 2 5 So unterwirft denn auch Ossenbühl auf der Grundlage eines Vergleiches mit der einmütig geforderten gesetzlichen Ermächtigung für die Errichtung rechtsfähiger Verwaltungsträger des öffentlichen Rechts für den „politisch in der Regel gravierenderen Vorgang der Gründung rechtsfähiger Verwaltungsträger in privatrechtlicher Form" 2 6 dem institutionellen Gesetzes vorbehält. 27 Ebenso erachtet Achterberg eine gesetzliche Grundlage für notwendig und führt dafür das Demokratieprinzip an, das eine parlamentarische Mitwirkung verlange, um die erforderliche demokratische
zweifelt werden, ob allein die besondere Strenge bei der gerichtlichen Überprüfung, die v. Zezschwitz, S. 1879, für hinreichend erachtet, um die von ihm konstatierte Gefährdung der Grundrechtsverwirklichung abzuwenden, genügt. Zu nennen ist auch Püttner, Unternehmen, S. 123, der noch in der Vorauflage (S. 194) eine ablehnende Auffassung vertrat, nun aber - ausdrücklich unter Aufgabe der bisher vertretenen Auffassung - ebenfalls eine gesetzliche Grundlage fordert. 23
Siehe dazu Loeser, Berichtswesen, S. 66 ff., insb. S. 71, und Loeser, Privatrechtsform, S. 459. Vgl. auch Erbguth/Stollmann, S. 801. 24 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 268. So auch Erbguth/Stollmann, S. 801. Insgesamt dazu Loeser, Berichtswesen, S. 75. Vgl. auch Müller, S. 406 f. und S. 412; Achterberg, § 12 Rdnr. 11. Interessant sind hier auch die Ausführungen Schuppens, Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 307 ff., der auf den Zusammenhang zwischen final programmierten Aufgaben und Verselbständigungseffekten hinweist. 2
5 Vgl. Schuppen, Quangos, S. 159; Bracher, S. 92.
26 27
Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 172.
Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 174. Zustimmend Thieme, Wortbeitrag, VVDStRL 29, S. 267.
I. Rechtliche Modalitäten der Organisationsprivatisierung
169
Legitimation von Verwaltung in Privatrechtsform zu gewährleisten. 28 Verlangt das Grundgesetz „eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern" 29 , ist gerade aufgrund der Gefahr von Einwirkungs- und Kontrollverlusten bei der privatrechtlich organisierten Verwaltung eine derartige Legitimations- und Verantwortungskette zu verlangen. 2. Differenzierung
an Hand des Wesentlichkeitskriteriums
Damit ist jedoch noch keine Aussage über die konkrete Ausgestaltung der grundsätzlich zu fordernden gesetzlichen Ermächtigung, d. h. einer bestimmten Form des Gesetzesvorbehaltes, getroffen. Nach fast einmütiger Ansicht derjenigen Autoren, die eine gesetzliche Ermächtigung für die Errichtung einer privatrechtlichen Organisation fordern, bedarf es nicht für jeden Einzelfall eines ausdrücklichen, formellen Spezialgesetzes.30 Eine derartige Überdehnung des institutionellen Gesetzesvorbehaltes, würde die Inanspruchnahme privatrechtlicher Organisationsformen weitgehend sinnlos, 31 da unpraktikabel, machen. Vielmehr wird dafür eingetreten, den institutionellen Gesetzesvorbehalt flexibel im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Stufenlehre anzuwenden, die von der als Parlamentsgesetz ergehenden Vollregelung über die programmierte Ermächtigung und die Globalermächtigung bis zur Entbehrlichkeit parlamentarischer Mitwirkung reicht. 3 2 Dabei wird es vielfach als ausreichend angesehen, daß der Gesetzgeber die allgemeinen Voraussetzungen der Verwendung privatrechtlicher
28 Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, JA 1985, S. 503 ff., S. 506, und Achterberg, Verwaltung, § 12 Rdnr. 19. Ebenso Stober, Verwaltung, NJW 1984, S. 449 ff., S. 453; Verwaltungsrecht II, § 104 a Rdnr. 19, der darüber hinaus eine Umgehung des Art. 87 Abs. 3 GG ausschließen möchte. 29 BVerfGE 47, 253, 275. 30
Zu den Nachweisen im einzelnen vgl. Fn. 31 bis Fn. 33.
31
So Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 154. Zustimmend Bull, vor Art. 83 GG Rdnr. 69; Müller, S. 246 f. 32
Vgl. Achterberg, Verwaltungsrecht, § 12 Rdnr. 19, und Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, S. 506. Siehe in diesem Sinne auch Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 174. Vgl. auch Burmeister, Günter Cornelius, S. 317 ff.; Steiner, Verwaltung durch Private, S. 276. Zum Parlamentsvorbehalt als Sachvorbehalt, vgl. Ossenbühl, Vorrang, § 62 Rdnr. 39; Kloepfer, Vorbehalt, S. 694. Vgl. auch Bay VGH BayVBl. 1983, S. 723 ff., 726.
170
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt
Organisationsformen regelt, wie er dies in § 65 BHO und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften getan hat. 3 3 An diesem Punkt nun läßt sich die Anwendung des Wesentlichkeitskriteriums als Differenzierungsmöglichkeit fruchtbar machen. Maßstab für die Form der gesetzlichen Ermächtigung ist die Wesentlichkeit der Organisationsentscheidung. 34 Nur solche Entscheidungen mit wesentlicher Bedeutung bedürfen des speziellen parlamentarischen Verfahrens. Das entscheidende Kriterium für die Bestimmung der Wesentlichkeit einer Organisationsentscheidung kann aber im Regelfall nur die Qualität der Aufgabe(n) sein, die durch die privatrechtlich organisierten Verwaltungsträger wahrgenommen werden soll(en). Eine isolierte Entscheidung scheidet daher aus. Ausschlaggebend kann vielmehr nur eine Gesamtbetrachtung der Organisationsentscheidung und der Aufgaben sein. 35
IL Rechtliche Modalitäten der Aufgabenbetrauung Eine Betrauung Privater mit Aufgaben, die hoheitliche Handlungen bedingen und entsprechend hoheitliche Befugnisse voraussetzen, erfordert eine gesetzliche Ermächtigung. 36 Gilt dies für materiell Private im Bereich der Beleihung, muß dies nach Ehlers auch für die Übertragung auf privatrechtlich organisierte Verwaltungseinrichtungen gelten. 37 Ehlers spricht sich hierbei für eine sinngemäße Heranziehung der Beleihungsgrundsätze aus. 38 Rein privatrechtliche Verträge genügen demnach nicht. 3 9 Dem ist zu folgen. Wie sich 33
So Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 156; Ehlers, Verwaltung, § 2 Rdnr. 43; Bull, vor Art. 83 GG Rdnr. 69; Müller, S. 246 f.; Schoch, Privatisierung, S. 970. Auf § 65 BHO verweist auch Stober, Verwaltung, S. 45 und Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 a Rdnr. 19. Zu § 65 BHO siehe die ausführliche Darstellung bei Lange, Christoph, S. 72 ff. 34
Vgl. Bull, vor Art. 83 GG, Rdnr. 69; Stettner, S. 354; Müller, S. 247. Zur Frage der Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für den Bereich der funktionalen Privatisierung siehe Erbguth, Privatisierung, S. 375 ff. 35
So vor allem Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 97, und Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 161. 36
Vgl. Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 172; Däubler, S. 95, jeweils m. w. N. Vgl. auch BVerwGE 1, 303, 304 sowie OVG Münster DÖV 1980, S. 528: „Die Übertragung der [...] staatlichen Aufgaben auf die Bekl. als juristische Person des Privatrechts bedurfte einer gesetzlichen Legitimation". 37
So Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 112.
38
Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 112.
39 Nach Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 112 Fn. 17, genügen etwa rein vertragliche Abmachungen wie im Falle der Ausstattung der Rhein-Main-Donau AG
I . Rechtliche Modalitäten der
171
gantraung
zeigte, verwehrt das Gebot der inneren Einheit des Rechtsinstitutes der Beleihung eine unmittelbare Anwendung der Beleihungsgrundsätze auf staatsbeherrschte Privatrechtsorganisationen. 4 0 D i e Ä h n l i c h k e i t und Vergleichbarkeit, die vor allem i n der gemeinsamen Differenz zwischen privatrechtlichem Status und materiell-staatlicher Funktion ihren G r u n d f i n d e t , 4 1 rechtfertigt jedoch eine analoge Anwendung der Beleihungsgrundsätze. 4 2 Es ist daher i m Bereich des Fernstraßenplanungsrechts nicht nur für das obrigkeitlich-hoheitliche Handeln, sondern auch für das schlicht-hoheitliche Handeln i n dem hier verstandenen S i n n e 4 3 eine fachgesetzliche Ermächtigung zu f o r d e r n . 4 4 W i e bei der Beleihung greifen auch hier die Anforderungen des institutionellen Gesetzes Vorbehaltes. 45 Die Entscheidung über die Zuständigkeitsbestimmung bezüglich schlicht-hoheitlichen Handelns stellt eine „wesentliche" Entscheidung dar, die der unmittelbar demokratisch legitimierte Gesetzgeber selbst zu treffen hat, wenn auch nicht i n jedem Einzelfall, so doch i m Rahmen einer allgemeinen bereichsspezifischen gesetzlichen R e g e l u n g . 4 6 W e r mit „staatlicher Hoheitsgewalt" nicht. Siehe dazu Steiner, Verwaltung durch Private, S. 206, nach dessen Ausführungen, der Rhein-Main-Donau AG den Wasserstraßenbauämter gegenüber ein sachlich begrenztes Weisungsrecht zukomme. Die Zuweisung von Hoheitsbefugnissen erfolgt hier also nicht im Verhältnis zum Bürger. 40 Siehe §5 I I 2 c. 41
Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 210; Stuible-Treder,
S. 125.
42
Das denkbare Gegenargument, daß bei staatsbeherrschten Privatrechtsorganisationen weniger strenge Maßstäbe angelegt werden könnten, da hier letztlich j a doch nur der Staat, wenngleich in anderem Gewand, handele, vermag nicht zu greifen und verkennt die Problematik. Hiergegen sprechen vor allem diejenigen Gründe, die für eine Erstreckung des institutionellen Gesetzesvorbehaltes auf die Gründung von Privatrechtsorganisationen sprechen (vgl. S. 167). Gesteht man im übrigen dem Staat schon die Wahl der Organisationsform zu, kann er nicht noch zusätzlich gegenüber materiell Privaten privilegiert werden, wenn er sich für eine private Organisationsform entschieden hat. Dies belegt ein Vergleich mit dem Verwaltungsprivatrecht, das neben dem Privatrechtsregime zusätzliche öffentlich-rechtliche Anforderungen auferlegt. 43
Zur Begriffsbestimmung siehe § 10 I I I 1.
44
Zu dem Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung gelangt mittels eines Vergleiches mit der Beleihung auch Wahl, Einschaltung, S. 519. Im Ergebnis ebenso Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.4; Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 107. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rdnr. 2, nennen für die Beleihung einige Beispiele einer ausschließlichen Übertragung „schlicht-hoheitlicher" Kompetenzen wie bei Notaren (§§ 1, 20-25 BNotO), öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren (§ 11 VermG Ba-Wü), anerkannten Sachverständigen gem § 21, 29 StVZO. 45 46
Vgl. Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 174.
Die Übertragung im Einzelfall kann durch Verwaltungsakt oder mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrages (vgl. zu entsprechenden Beleihungsverträgen Wolff/
172
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt
eine den Planfeststellungsbeschluß unmittelbar vorbereitende und präjudizierende Entscheidung trifft oder über die tatsächliche V e r w i r k l i c h u n g von verfahrensrechtlich eingeräumten Partizipationsmöglichkeiten entscheidet, der übt grundsätzlich dem Staat vorbehaltene hoheitliche Befugnisse aus und bedarf daher der (fach)gesetzlichen Legitimation, die bislang jedoch auf Bundesebene nicht besteht. 4 7 Dahingegen kann eine Betrauung m i t Aufgaben, deren Wahrnehmung kein schlicht-hoheitliches Handeln erfordert, sondern allein Tätigkeiten zur Folge hat, die i m Bereich des schlichten Verwaltungshandelns verbleiben, auch auf vertraglicher Ebene erfolgen. 4 8 Der betraute Private wie auch die betraute staatsbeherrschte Privatrechtsorganisation werden hier nur i m Rahmen der Aufgabenerledigung eingeschaltet und fungieren als Verwaltungshelfer. Der Verwaltungshelfer ist nicht selbständig tätig, sondern n i m m t Hilfstätigkeiten i m Auftrag und nach Weisung v o r . 4 9 D i e Kompetenzordnung bleibt hier unberührt, denn der Kompetenzvollzug w i r d i m Unterschied zur Aufgabenübertragung nur i n tatsächlicher Hinsicht, nicht aber auch i n rechtlicher dele-
Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 54 Rdnr. 11), erfolgen. Eine derartige grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung für die Übertragung schlicht-hoheitlicher Kompetenzen auf staatsbeherrschte Privatrechtsorganisationen in einem Fachbereich wird daher im Regelfall eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für die Gründung der privatrechtlich organisierten Verwaltungseinrichtung entbehrlich machen. § 65 BHO und die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen genügen dann den Anforderungen des Parlamentsvorbehaltes. Vgl. auch Arnim v., Privatisierung, S. 37 ff. 47 Vgl. für die Tätigkeit der DEGES Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 35 Rdnr. 25.4. Keine derartige allgemeine bereichsspezifische gesetzliche Regelung stellt auch § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG dar. Wie Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 27.12., zutreffend feststellt, gehört tatbestandlich zum „Bau" zwar auch die Planung, aber wie § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG zu entnehmen ist, bezieht sich die Übertragung zur Ausführung nur auf nicht hoheitliche Tätigkeiten. Siehe dazu nun auch Steiner, Verkehrsrecht im Wandel, S. 119. Auf Landesebene hingegen siehe nun § 44 StrGSachsAnh vom 9.7.1993 (GVB1. LSA Nr. 30/1993) dessen Absatz 1 S. 1 lautet: "Mit der Planung, der Finanzierung, dem Bau, der Unterhaltung oder dem Betrieb von öffentlichen Straßen können auch Private beauftragt oder beliehen werden". Vgl. dazu Biilow/Pfeil, LKV 1994, S. 33 ff., S. 39. Sollten unter den Begriff „Private" auch staatsbeherrschte Privatrechtsorganisationen fallen, hätte hierbei wie auch beim Begriff „beliehen" genauer verfahren werden können. § 15 Abs. 2 FStrG etwa spricht von Dritten und § 44 Abs. 3 S. 1 LHObw spricht im Zusammenhang mit juristischen Personen des Privatrechts von einer Verleihung von Befugnissen. 48 Vgl. für den Bereich der Beleihung Rudolf\ § 53 Rdnr. 26. Eine gesetzliche Ermächtigung verlangt im Ergebnis auch für den Bereich „nicht-hoheitlicher" Aufgaben Däubler, S. 95. 49 Vgl. Maurer, Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 60; Wolff/Bachof/ Rdnr. 5; v. Heimburg, S. 130; Lübbe-Wolff/Steenken, S. 265.
Stober, § 104
III. Systemkonformität einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung
173
giert. 5 0 Das Handeln des Verwaltungshelfers kann daher auch ohne weiteres der betrauenden Behörde zugeordnet werden. 51 Infolgedessen handelt es sich bei einer derartigen Entscheidung nicht um eine „wesentliche" Entscheidung, die den Anforderungen des institutionellen Gesetzesvorbehaltes unterliegt. 52 Die Behörde kann sich des Verwaltungshelfers folglich aufgrund einer vertraglichen Regelung bedienen. 53
III. Systemkonformität einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung 1. Systemkonformität
getrennter Zuständigkeiten
Ist damit die formale Seite der Organisationsprivatisierung, einschließlich der damit verbundenen Aufgabenbetrauung analysiert, wurde indes der materielle Inhalt der Organisationsprivatisierung im Bereich der Fernstraßenplanung noch nicht näher betrachtet. Die sich dabei aufdrängende Frage lautet: Ist die Organisationsprivatisierung, genauer formuliert, sind deren einzelne Spielarten hinsichtlich der Art der Aufgabenbetrauung, unbeschadet ihrer grundsätzlichen rechtlichen Zulässigkeit, ohne weiteres vereinbar mit der Systematik der Fernstraßenplanung? Hier rückt insbesondere diejenige Organisationsprivatisierung, die mit einer gesetzlich legitimierten Übertra-
» Siehe Steiner, Verwaltung durch Private, S. 113 ff.; Christ, S. 82; Arnim v., Privatisierung, S. 37 f. Unzutreffend dagegen v. Hagemeister, S. 68, soweit er annimmt bei der Beleihung bleibe die Kompetenzordnung ebenfalls unberührt. 51
So Maurer, Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 60. Vgl. zu der Unterscheidung von Innenrechtsbeziehung und Außenrechtsverhältnis und der unterschiedlichen Beurteilung in Rechtsprechung und Literatur Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 22 Rdnr. 61 m. w. N. Stober stellt bei der Bewertung der Tätigkeit des Verwaltungshelfers - entgegen der Rechtsprechung (vgl. zur Werkzeugtheorie einerseits BGH NJW 1994, S. 1468 ff., S. 1469, andererseits aber BGH NJW 1993, S. 1258 ff., S. 1259.) - zu Recht allein darauf ab, daß der Verwaltungshelfer als Erfüllungsgehilfe in eine öffentlich-rechtlich zu erledigende Aufgabe eingeschaltet ist. So auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 504 f. Siehe auch Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, S. 192 f. 52
Für die Organisationsprivatisierung genügen die Anforderungen des § 65 BHO und der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Gleichwohl ermächtigen einzelne Normen ausdrücklich zur Indienstnahme von Verwaltungshelfer, vgl. § 9 a Abs. 3 AtomG, § 3 Abs. 2 AbfallG, § 29 Abs. 2 LuftVG. Daß dies jedoch nicht zwingend ist, zeigt die Aufzählung bei Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rdnr. 5. Differenzierend für den Verwaltungshelfer i.R. der funktionalen Privatisierung: Erbguth, Privatisierung, S. 376 f. 53 So ausdrücklich Steiner, Verwaltung durch Private, S. 115 f.; Rengeling, S. 16; v. Hagemeister, S. 68.
174
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt
gung schlicht-hoheitlicher Befugnisse verbunden ist, in das Blickfeld des rechtswissenschaftlichen Interesses. Sind getrennte Zuständigkeiten für obrigkeitlich-hoheitliches Handeln und schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht systemkonform? Läßt sich eine derartige Aufteilung der Befugnisse noch mit der rechtlich geforderten und postulierten (Letzt)Verantwortung der Planfeststellungsbehörde in Einklang bringen? Die rechtliche Fernstraßenplanung ist ein prozeßhaftes, stufenweises und zugleich einheitliches Verfahren, das dem Ausgleich widerstreitender Interessen zu dienen bestimmt ist. 5 4 Innerhalb dieses Vorganges nimmt das schlicht-hoheitliche Handeln eine bestimmende Stellung ein, wie dies bereits an einzelnen Elemente dargestellt wurde. 55 Werden unter schlicht-hoheitlichem Handeln im Fernstraßenplanungsrecht diejenigen Handlungen verstanden, die entweder in der Systematik des Planungsprozesses darauf angelegt sind, mittels einer rechtlichen Wertung eine den Planfeststellungsbeschluß unmittelbar vorbereitende und (faktisch) präjudizierende (Teil)entscheidung zu treffen und/oder solche Handlungen, die unmittelbar der Grundrechtswahrung und -Verwirklichung zu dienen bestimmt sind, indem sie dem Grundrechtsbetroffenen eine auf das Planergebnis einflußnehmende Partizipationsmöglichkeit einräumen, bedarf es keiner näheren Erläuterung, daß bei einer vollständigen oder auch weitgehenden Übertragung der Befugnis für schlichthoheitliches Handeln, dem Planfeststellungsbeschluß der Behörde mehr oder weniger nur noch die Funktion einer Ratifikation im Sinne einer Formalie zukommt. Mag ihr theoretisch der Entscheidungsspielraum verbleiben, das Planungsergebnis insgesamt oder doch in wesentlichen Teilen zu verwerfen, so wird das erstens aufgrund der bereits geschilderten 56 äußeren und inneren Zwänge und psychologischen Momente in tatsächlicher Hinsicht nur äußert selten der Fall sein und zweitens wäre auch mittel- bis langfristig eine Verminderung der Kenntnisse und des Beurteilungsvermögens (Know-how) seitens der Behörden zu befürchten. Dies gilt indes nicht nur für den abschließenden Planfeststellungsbeschluß, sondern ebenso für den Vorentwurf des Vorhabenträgers und die Stellungnahme der Anhörungsbehörde. Eine derartige Zuständigkeitsverteilung käme auch nicht einer rechtsstaatlich wünschenswerten, weiteren inneradministrativen Gewaltenteilung zugute; vielmehr würde sie die bestehende untergraben. Eine funktionierende Kontrolle innerhalb der Verwaltung, die etwa mit der grundsätzlichen Funktionentrennung zwischen Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde beabsichtigt ist, 5 7 setzt voraus, daß die kontrollierende Behörde ihre
54 Vgl. oben § 10 II. 55 Siehe oben § 10 I I I 2. 56 Vgl. oben § 10 I I 3 b. 57 Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 525.
III. Systemkonformität einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung
175
Entscheidung mehr als nur im formal-rechtlichen Sinn zu verantworten hat. Notwendig ist vielmehr, insbesondere auch für die Grundeinstellung der bearbeitenden Beamten, daß die Behörden ihre Entscheidung auch inhaltlich verantworten können. Dies wiederum verlangt, daß sie, je nach ihrer Funktion, die präjudizierenden (Teil)Entscheidungen selbst vornehmen bzw. weitgehend auf ihren Inhalt Einfluß nehmen. Einer Aufteilung der Zuständigkeiten für obrigkeitlich-hoheitliches und schlicht-hoheitliches Handeln im Fernstraßenplanungsrecht kann daher eine Systemkonformität nicht zuerkannt werden. Mag sich daraus auch nicht das Verdikt der rechtlichen Unzulässigkeit eine Aufgabenübertragung bezüglich des schlicht-hoheitlichen Handelns auf privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten ergeben, 58 ist sie dennoch rechtspolitisch nicht erstrebenswert. 2. Die DEGES als Verwaltungshelfer Die mangelnde Systemkonformität einer getrennten Aufgabenwahrnehmung wurde offenbar im Grundsatz auch bei der Gründung und Beauftragung der DEGES gesehen und zu beachten versucht. In den gleichlautenden Dienstleistungsverträgen 59 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem jeweiligen Land und der DEGES über Planung, Ausbau und Neubau der Bundesfernstraßenprojekte Deutsche Einheit ist ausdrücklich die Übertragung hoheitlicher Aufgaben und Befugnisse ausgeschlossen. Diese hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse verbleiben vielmehr vollständig bei den Behörden. Die DEGES handelt im Rahmen ihrer Dienstleistungstätigkeit im Namen und im Auftrag des in Auftragsverwaltung zuständigen Landes. Die Rolle der DEGES ist folglich grundsätzlich als diejenige eines unselbständig tätigen Verwaltungshelfers, der in keiner unmittelbaren Rechtsbeziehung zu Dritten steht, sondern im Auftrag und nach Weisung der zuständigen Behörde handelt, konzipiert. 60
58
Die Problematik tritt indes ebenso bei der Beleihung Privater mit ausschließlich schlicht-hoheitlichen Befugnissen auf. Systemkonform erscheint daher nur die Beibehaltung der alleinigen Zuständigkeit der staatlichen Behörden für den Bereich der hoheitlichen Befugnisse oder eine ebenso umfassende Aufgabenübertragung auf Private im weiteren Sinne durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes. 59 Siehe dazu Klofat, S. 12. 60 Die DEGES in der Funktion eines Verwaltungshelfers sehen auch Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 230; Schoch, Privatisierung, S. 975 und Wahl, Einschaltung, S. 523 ff. Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.5, spricht von einem Erfüllungsgehilfen, Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 107, von unselbständigen Hilfsperson.
176
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt
Allein die Tatsache, daß eine derart umfassende Verwaltungshilfe im Bereich des Fernstraßenplanungsrechts neu ist, 6 1 läßt darauf schließen, daß die Einhaltung dieses Ansatzes in der Praxis auf Schwierigkeiten stoßen wird. Zumal dann, wenn bei der Erstellung der Abgrenzungsliste zwischen den Tätigkeiten der Behörden und der DEGES angestrebt wurde, „die eigentliche hoheitliche Tätigkeit auf den jeweiligen Kern zu beschränken" 62 , also eher ein weiter denn ein enger Abgrenzungsspielraum gewählt wurde. Erleichtert wird dieser Abgrenzungsversuch sicherlich auch nicht durch einen in der Materie des Fernstraßenplanungsrechts liegenden Umstand. Denn „öffentliche Straßen einschließlich der Fernstraßen des Bundes werden nach deutscher Tradition von der öffentlichen Hand geplant, gebaut und betrieben" 63 . Die Beteiligung Dritter, d. h. nicht öffentlich-rechtlicher, behördenintegrieter Organisationen, ist dem Fernstraßenplanungsrecht daher fremd. Schoch spricht daher nicht zu Unrecht von einer „Implantierung" der DEGES in die Verkehrswegeplanung. 64 Den Behörden kann es andererseits nicht verwehrt werden, sich des Sachverstandes und der Hilfe „privater" Verwaltungshelfer zu bedienen. 65 Soweit deren Tätigkeit sich auf den Bereich schlichten Verwaltungshandelns beschränkt, bestehen an der rechtlichen Zulässigkeit auch keinerlei Zweifel. 6 6 Bedenkt man jedoch zum einen, daß ein Planungsverbünd mit Privaten (i. w. S.) jedenfalls eine faktische Einengung des Handlungsspielraumes der Behörden zur Folge haben kann, 6 7 und etwa auch der Planungsverbund mit
61
Vgl. etwa die Hinweise des B M V für den Einsatz von Ingenieurbüros bei Planungs- und Entwurfsarbeiten im Straßenbau vom 18.6.1969, in: Straßenbau AZ, Sammlung technischer Regelwerke und amtl. Bestimmungen für das Straßenwesen, Hrsg. Kühn/Goerner, Stand: Jan. 1994. 62 Klofat, S. 12, der jedoch nach Pfeil, Einschaltung, S. 384, Schwierigkeiten bei Abgrenzung hoheitlich - nicht-hoheitlich einräumt. 63 Steiner, Straßenbau, S. 3150. Wie Steiner an anderer Stelle ausführt, ist auch die Verwaltungsrechtsordnung auf die Herstellung öffentlicher Verkehrswege durch Private im Grunde nicht eingestellt; Steiner, Verkehr, § 81 Rdnr. 20; zustimmend Wahl, Einschaltung, Fn. 14. Privater Erfüllungsgehilfen bediente sich der Staat bislang vor allem im Rahmen technischer Ingenieurleistungen und bei der Durchführung der Straßenbauarbeiten; eine Abgrenzungsproblematik zur hoheitlichen Tätigkeit ergab sich dort aber nicht, vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 504. 64
Schoch, Privatisierung, S. 975.
65
Vgl. dazu Bachof Teilrechtsfähige Verbände, S. 236, dem allerdings nicht zugestimmt werden kann, wenn er Beratungen von Staatsorganen erst dann juristische Relevanz zukommen lassen will, wenn sie von der Rechtsordnung vorgesehen sind oder ihnen irgendwelche rechtlichen Folgen beigelegt werden. Siehe dazu auch Hill, Integratives Verwaltungshandeln, S. 981. 66
Vgl. Stüer, Einschaltung, S. 1529.
67
Hoffmann-Riem,
Selbstbindungen, S. 196.
III. Systemkonformität einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung
177
Privaten im Städtebaurecht in dieser Hinsicht von Teilen der Literatur mit Skepsis betrachtet wird, 6 8 und stimmt man zum anderen Brohms Auffassung zu, 6 9 daß Private selbst, wenn sie nur als Berater oder Sachverständige in ein Verfahren zur Wahrnehmung einer Hoheitskompetenz eingeschaltet sind, aufgrund des Gewichtes ihres S ach Verstandes in der Sache mitentscheiden, - je eher und mehr, desto komplizierter der Sachverhalt - wird deutlich, auf welche Schwierigkeiten eine Abgrenzung zwischen den hoheitlichen, insbesondere den schlicht-hoheitlichen, Befugnissen der Behörden und der zulässigen Verwaltungshilfe im Bereich des schlichten Verwaltungshandelns und die Einhaltung dieser Trennlinie in der alltäglichen Verwaltungspraxis in einem darauf nicht eingestellten Fernstraßenplanungsrecht, stoßen müssen. So stellt Schoch weiter zutreffend fest, daß es in der Praxis Schwierigkeiten bereiten muß, „die DEGES in der Rolle des nur vorbereitenden Verwaltungshelfers zu halten" 7 0 . Bei den nachfolgenden Untersuchungen wird daher zum einem davon ausgegangen, daß gemäß dem Willen der Vertragsparteien der DEGES keine hoheitlichen, auch keine schlicht-hoheitlichen, Befugnisse übertragen werden sollen, sondern die Dienstleistungsverträge diese Trennlinie genau einhalten wollen. 7 1 Dies bestimmt jedoch zum anderen auch die weitere Prüfung. Entscheidend wird dabei sein, ob diese Abgrenzung auch in tatsächlicher Hinsicht eingehalten wird und schließlich aufgrund welcher organisatorischer Maßnahmen deren Einhaltung gesichert werden kann, so daß nicht nur die
68 Vgl. Battis , Partizipation, S. 209 ff.; Brohm, Gegenwartsaufgaben, Fn. 141; Hoffmann-Riem, Selbstbindungen, S. 196; v. Heimburg, S. 183 ff. 69
Brohm, Gegenwartsaufgaben, S. 292. Ähnlich Krautzberger, S. 122. Siehe auch Brohm, Verwaltungsverhandlungen, S. 327 zur Problematik bei der Verwendung von Konfliktmittlern. 70 Schoch, Privatisierung, S. 975. Dies beleuchtet auch einen anderen Problemkreis, der hier jedoch nicht im Mittelpunkt stehen kann. In einem Rechtsgebiet, das bislang von einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung bestimmt war, mag eine gesetzliche Ermächtigung zum schlicht-hoheitlichen Handeln durch Private im weiteren Sinne, den Anforderungen eines institutionellen Gesetzesvorbehaltes genügen. Diese Ermächtigung jedoch so genau zu gestalten, daß eine eindeutige Klarheit der Verteilung von Befugnissen und Verantwortlichkeit zwischen Behörde und Privatem erkennbar wird und damit die geforderte Rechtssicherheit besteht (vgl. dazu Fuchs, S. 371), wird jedoch auf ähnliche Schwierigkeiten stoßen wie die soeben geschilderten Bemühungen. Dies gilt vor allem dann, wenn sie auch noch den Anforderungen einer funktionierenden Verwaltungspraxis genügen soll. 71
So auch Wahl, Einschaltung, S. 521.
12 Stehlin
178
§ 11 Aufgabenbetrauung und Gesetzesvorbehalt
Formalstruktur der Kompetenzordnung gewahrt wird, sondern auch die Substanz der Entscheidungsgewalt bei den Behörden v e r b l e i b t . 7 2
72
Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 523. So nun auch Steiner, Verkehrsrecht im Wandel, S. 571; Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 107; Pietzcker, Verfahrensprivatisierung, S. 290. Siehe ebenso Osterloh, S. 238 f.
§ 12 Bewertung
I. Grundkonzeption bei der Einschaltung eines Verwaltungshelfers Kann eingangs nochmals die Feststellung getroffen werden, daß gegen die Zuhilfenahme des Sachverstandes privatrechtlich organisierter Verwaltungshelfer im Bereich des schlichten Verwaltungshandelns keine rechtlichen Bedenken bestehen, wurde im bisherigen Verlauf der Untersuchung ebenso deutlich, daß den Kern der Problematik der Bereich des schlicht-hoheitlichen Handelns bildet. Soll in der Verwaltungspraxis die Einschaltung eines Verwaltungshelfers, wie im Fall der DEGES, zu einer tatsächlichen und effektiven Entlastung der Behörden führen, wird das Bemühen im Vordergrund stehen, den Tätigkeitsbereich des Verwaltungshelfers so weit wie rechtlich zulässig zu gestalten.1 Eine eindeutige rechtliche Bewertung eines so ausgestalteten Tätigkeitsbereiches wird durch die gerade auch dem schlichthoheitlichen Handeln im Fernstraßenplanungsrecht anhaftende Prozeßhaftigkeit des Planungsvorganges erschwert. So kann einerseits nicht das gesamte Umfeld des schlicht-hoheitlichen Handelns aus dem Bereich der Verwaltungshilfe ausgenommen werden - dies liefe auf eine Beschränkung derselben auf rein technische, naturwissenschaftliche Tätigkeiten hinaus, andererseits wird die Verwaltungshilfe desto problematischer, je enger der Zusammenhang der Verwaltungshilfe mit diesen unmittelbar vorbereitenden und (faktisch) präjudizierenden (Teil-)Entscheidungen und/oder unmittelbar der Grundrechtswahrung und -Verwirklichung dienenden Verwaltungshandlungen ist, d. h. je näher sie sich dem Bereich des Schlicht-hoheitlichen annähert. Denn nach dem Gesagten muß hier die Entscheidungskompetenz der Behörde voll zum Tragen gelangen. Die Annahme, daß eine Zuhilfenahme privatrechtlich organisierten Sachverstandes auch in diesem Bereich keinerlei Auswirkungen auf den Verlauf oder das Ergebnis des Verfahrens habe, würde allein schon dem Umstand widersprechen, daß gerade hier immer auch der jeweilige Kenntnisstand und dessen Qualität sowie die subjektiven Wertvorstellungen des Bearbeitenden einfließen, und dies um so eher, je komplexer die Fragestellung ist und je mehr deswegen das Gewicht seines S ach ver standes zählt. 2 Ebenso hieße es die Problematik verkennen, wenn allein auf die Wahrung einer ι 2
Vgl Klofat, S. 12.
Zur ähnlichen Problematik bei Sachverständigen vgl. Brohm, Gegenwartsaufgaben, S. 292. 12*
180
§ 12 Bewertung
formalen Entscheidungskompetenz der Behörde abgestellt würde, d. h. der Umstand als ausreichend betrachtet würde, daß das Ergebnis des jeweiligen Planungsvorganges durch einen Beamten der funktional zuständigen Behörde sanktioniert und formal verantwortet wird. 3 Eine derartige „leere Planungskompetenz" ist mit der „Letztentscheidungsverantwortung" 4 der staatlichen Planungsbehörde nicht vereinbar. Eine derartige bloße Ratifikationslage gilt es vielmehr durch die Wahrung einer substantiellen (materiellen) Entscheidungskompetenz der Behörde zu verhindern. 5 Bedient sich die Behörde eines Verwaltungshelfers auch im Bereich schlicht-hoheitlichen Handelns, ist infolgedessen eine substantielle Steuerung der Tätigkeit des Verwaltungshelfers mittels adäquater organisatorischer Maßnahmen und eines sachgerechten Personaleinsatzes notwendig. 6 In diesem Sinne ist zu fordern, daß die Behörde bereits zu Beginn des jeweiligen Planungsvorganges Einfluß auf die konkrete Aufgabenerledigung nimmt. Dazu hat sie einleitende Abstimmungsgespräche zu führen, die der Festlegung und Klärung der behördlichen Prämissen und der Konkretisierung der Verwaltungshelfertätigkeit dienen.7 Des weiteren hat sie dem Verwaltungshelfer, der jeweiligen Materie entsprechend, ihre Auffassung, insbesondere bezüglich der 3 Vgl. für die Tätigkeit der DEGES Steiner, Verkehrsrecht im Wandel, S. 571. Bedenken gegen eine Beteiligung privater Dritter bei der Vorbereitung hoheitlicher Verwaltungsentscheidungen äußert Bockel, S. 107: „§ 24 Abs. 1 VwVfG erlegt es der Behörde auf, den für ihre Entscheidung relevanten Sachverhalt zu klären. Sie hat Art und Umfang der Ermittlungen zu bestimmen. Die im Hinblick auf die zu treffende Entscheidung beschafften Informationen können nicht unabhängig davon betrachtet werden, wer sie beschafft hat. Es bestehen insofern erhebliche Zweifel, ob eine völlige Übertragung der Erhebung der Entscheidungsgrundlagen auf private Dritte unter bloßem Vorbehalt der Entscheidung selbst für die Verwaltung zulässig ist." Siehe auch Erbguth, Privatisierung, S. 377 f. Vgl. zur Bedeutung des Untersuchungsgrundsatzes auch Brohm, Verwaltungsverhandlungen, S. 320 Fn. 27, der bezüglich des Einsatzes von Konfliktmittlern, die allerdings nur als Gehilfe oder Berater der Behörde tätig werden, darauf hinweist, daß das VwVfG zwar nur die Beiziehung von Verfahrensbeteiligten, Zeugen und Sachverständigen vorsieht (§§ 13, 26 VwVfG), aber der Untersuchungsgrundsatz die Behörde nicht hindere, Informationen und alternative Lösungsvorschläge des Mittlers in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Siehe die vergleichbaren Ausführungen bei Hill, Integratives Verwaltungshandeln, S. 981. 4
Wahl, Einschaltung, S. 521. Zum Erfordernis staatlicher Letztentscheidungsverantwortung, vgl. auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 173 ff. . 5
Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.5, spricht davon, daß sich die Behörde nach Sachlage einzuschalten habe, um sicherzustellen, daß ihr Abwägungs- und Entscheidungsspielraum erhalten bleibt. Vgl. auch Spannowsky, S. 1078; Steinberg, Staatliche Gewährleistungen, S. 120 f. 6 Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 526. 7
Hier mag im Einzelfall auch ein entsprechender Schriftverkehr genügen.
I. Grundkonzeption bei der Einschaltung eines Verwaltungshelfers
181
Maßstäbe, Auswahl- und Differenzierungskriterien in Form schriftlicher, entweder genereller oder im Bedarfsfall einzelfallbezogener Anweisungen an die Hand zu geben.8 Die Behörde hat sich im weiteren Verlauf über den Fortgang der Arbeit zu informieren, regelmäßig weitere Abstimmungsgespräche zu führen, auf die Einhaltung ihrer Vorgaben zu achten bzw. diese zu konkretisieren und, soweit es sich aufgrund der Einzelfallproblematik ausnahmsweise als erforderlich erweist, die jeweilige Planungstätigkeit wieder selbst vorzunehmen. Dem intendierten Entlastungs- und Beschleungigungseffekt würde es indes zuwiderlaufen, wenn der aktuelle Wissensstand der Behörde etwa derart detailgenau sein müßte, daß eine jederzeitige und sofortige Rückholbarkeit der Aufgabenerledigung in den behördlichen Bereich möglich sein sollte. Ausreichend aber auch geboten ist vielmehr, daß der Wissensstand der Behörde insgesamt einer Qualität entspricht, die eine effektive Kontrolle und Reaktion sowie eine eigenverantwortete und kompetente Endentscheidung des jeweiligen Planungsvorganges gewährleistet. Dies aber setzt eine „Verfahrensherrschaft" der Behörde voraus, die auf den behördlichen, die Planungstätigkeit bestimmenden Vorgaben und einer begleitenden Kontrolle und Einflußnahme gründet, wobei Intensität und Qualität eine Frage des Einzelfalles sind. Auf personeller Ebene erscheint es empfehlenswert, jeweils einen Mitarbeiter der Behörde ständig mit der Aufgabe der Koordination und der Kontrolle des Verwaltungshelfers zu betrauen. 9 Erstrebenswert wäre hierbei sicherlich eine langfristige Besetzung der Stelle, so daß der Erfahrungsschatz des Behördenmitarbeiters im Umgang mit dieser Kooperation demjenigen auf Seiten des Verwaltungshelfers entspräche. Bei der Einschaltung eines Verwaltungshelfers ändert sich also die Verantwortungsstruktur der Behörde. 10 Ist sie bereits ohne Zuhilfenahme eines Verwaltungshelfers für die korrekte und rechtsstaatliche Aufgabenerfüllung. (Leistungserbringung) verantwortlich, führt die Zuhilfenahme eines Verwaltungshelfers zwar einerseits zu einer Arbeitsentlastung im Bereich der Unter-
8
Bender/Pfaff, S. 187 f., fordern im Bereich Standortsuche für Abfallentsorgungsanlagen (siehe oben § 4 II) die Festlegung in Verwaltungsvorschriften. Zustimmend Hoppe, Standortaus wähl verfahren, S. 263. 9 10
Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 526.
Vgl. allgemein zu einem Wandel der Verwaltungsverantwortung, HoffmannRiem, Ökologisch orientiertes Verwaltungsverfahrensrecht, S. 591 ff., insb. S. 625. Ebenso Hoffmann-Riem, Verfahrensprivatisierung, S. 229 ff. bzw. S. 22 ff., der von Gewährleistungsverantwortung sprechen will, soweit der Staat die Möglichkeit einer gemeinwohlverträglichen Entscheidung etwa durch Strukturvorgaben oder partielle Mitwirkung zu sichern hat und von Auffangverantwortung, soweit der Staat um der Sicherung der normativen Entscheidungsrichtigkeit willen seine rechtlich fortbestehende Ergebnisverantworutng zu reaktivieren hat. Siehe ebenso Pietzker, Verfahrensprivatisierung, S. 303 ff., ins. 306; Bauer, S. 277 ff.
§ 12 Bewertung
182
suchungen und der Erhebung der entscheidungsrelevanten Daten, andererseits kommt auf die Behörde jedoch eine (Mehr-)arbeit und eine neuartige Verantwortung im Bereich der Wahrung einer substantiellen Entscheidungskompetenz in Form von Koordinations- und Kontrolltätigkeiten zu. Die konkrete Ausgestaltung dieser Koordinations- und Kontrolltätigkeit hängt dabei von der konkreten Planungstätigkeit und der jeweiligen Komplexität ab. Hierbei wird sicherlich auch zwischen Standardaufgaben und Fällen mit besonderer Problematik zu unterscheiden sein. Bei Wahrung dieser substantiellen Entscheidungskompetenz begegnet die Zuhilfenahme eines Verwaltungshelfers auch im Bereich des schlicht-hoheitlichen Handelns keinen grundsätzlichen rechtlichen Bedenken. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns ist dann eine Frage des Einzelfalles. Eine Rechtswidrigkeit ergäbe sich für den Fall, daß die Behörde im konkreten Einzelfall ihrer Pflicht zur Wahrung der substantiellen Entscheidungskompetenz nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Inwieweit dieser Fehler auf den Bestand des Planfeststellungsbeschlusses durchzuschlagen vermag, richtet sich dann nach den allgemeinen Regeln der Abwägungsfehlerlehre bzw. des § 17 Abs. 6 c FStrG. Im Interesse der Behörden wie auch der Planbetroffenen ist eine Protokollierung der Koordinations- und Kontrolltätigkeit zu fordern.
II· Bewertung der Tätigkeit der DEGES Grundlage einer Bewertung der Tätigkeit des Verwaltungshelfers DEGES bildet zunächst das Betätigungsfeld der DEGES, wie es sich aus der bereits dargestellten Abgrenzungsliste ergibt. 11 Bevor jedoch die einzelnen Tätigkeiten der DEGES betrachtet werden, soll zunächst noch auf die der Abgrenzungsliste zugrundeliegende Systematik eingegangen werde. Wie sich zeigte, sind die Tätigkeiten der DEGES mit den Funktionen „Ausführung", „Aufstellung", „Vorbereitung", „Betreuung" und „Hilfestellung" beschrieben, während diejenigen der Behörden mit den Begriffen der „Entscheidung", „Genehmigung" und „Zustimmung" gekennzeichnet sind. Die Abgrenzung orientiert sich also an der Ausgestaltung eines Planungsschrittes als eines förmlichen Aktes. Insoweit das Recht das Verfahren an einem bestimmten Punkt mit einer förmlichen (Teil-)entscheidung versehen hat, verbleibt diese „Entscheidung" wie etwa bei der Linienbestimmung bei der staatlichen Behörde, soweit eine derartige Formalisierung aber nicht besteht, also insbesondere im Vorfeld dieser förmlichen Akte, wird die „Vorbereitung", „Ausführung" oder „Durchführung" der DEGES übertragen. Diese Orientierung an formalen Kriterien begegnet jedoch in mehrfacher Hinsicht Bedenken. Zum
il Siehe oben § 2 I I 5.
II. Bewertung der Tätigkeit der DEGES
183
einen hängt es von der rechtlichen Durchdringung des Verfahrens ab, was im Gesamtzusammenhang des Planungsprozesses als (Teil-)entscheidung und als Formalakt zu gelten hat und liegt nur bedingt in einer sich aus der Sachlogik der Planung ergebenden Strukturierung; 12 ist also vielmehr das Ergebnis einer Strukturierung durch das Verfahrensrecht und damit der Veränderbarkeit, d. h. Formalisierung bzw. Entformalisierung, dieses Verfahrensrechts ausgesetzt. 13 In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, daß der Kategorie des schlicht-hoheitlichen Handelns im Planungsverfahrensrecht solange kein besonderes Augenmerk entgegenzubringen war, wie eine einheitliche behördliche Aufgabenerledigung bestimmend war. Mit anderen Worten hatte das Verfahrensrecht bislang nicht in besonderer Weise auf eine Wahrung der behördlichen Kompetenz zu schlicht-hoheitlichem Handeln gegenüber einem privatrechtlich organisierten Verwaltungshelfer zu reagieren. 14 Der Abgrenzungsliste liegt damit ein Verfahrensrecht zugrunde, das auf dem Normalfall der behördlichen Aufgabenerledigung beruht und die bei der Einschaltung eines Verwaltungshelfers entstehende Abgrenzungsproblematik eben gerade nicht berücksichtigt. Dies läßt es fraglich erscheinen, ob die Abgrenzungsliste der Kategorie des nunmehr für eine Abgrenzung entscheidend gewordenen schlicht-hoheitlichen Handelns in angemessener Weise gerecht werden kann. Aufschluß ist von einer beispielhaften Betrachtung der einzelnen Tätigkeiten der DEGES zu erwarten. 1. Einzelne Tätigkeiten
der DEGES
Aus der nun folgenden Betrachtung und Bewertung einzelner Tätigkeiten der DEGES und dabei insbesondere der Wahrung der substantiellen Entscheidungskompetenz darf nicht der Schluß gezogen werden, daß sich die Problematik allein auf diese einzelnen Tätigkeiten beziehe. An ihnen soll lediglich eine beispielhafte Beurteilung vorgenommen werden. Entscheidend ist vielmehr, daß das Verhältnis zwischen den Behörden und der DEGES insgesamt der soeben skizzierten Grundkonzeption entspricht. Die Bewertung eines einzelnen Abschnittes mit schlicht-hoheitlichem Charakter aus dem Gesamtvorgang Planung ist insbesondere für die rechtliche Beurteilung des konkreten Einzelfalles von Interesse, kann aber auch beispielhaft für das Gesamt12
Eine sich aus der Sache selbst ergebende Strukturierung besteht natürlich insoweit als die theoretische Zergliederung in Phasen immer auch an den Real Vorgang gebunden bleibt, vgl. dazu Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 18. 13
So zutreffend und mit Beispielen belegt Wahl, Einschaltung, S. 522. Auf den zweifelhaften Wert einer an formalen Kriterien orientierten, dem Entscheidungsablauf bei Planungen nicht gerecht werdenden Grenzziehung hat für den § 33 Abs. 4 StBauFG auch schon Battis, Partizipation, S. 210, hingewiesen. Vgl. dazu oben § 4 I 4. 14 Siehe oben § 101 1.
184
§ 12 Bewertung
Verhältnis stehen. Im Vordergrund dieser Untersuchung steht aber nicht die Einzelbetrachtung, sondern die rechtsstaatliche Ausgestaltung eben des Gesamtverhältnisses. Von Interesse sind daher in erster Linie das sich aus den Einzelergebnissen ergebende Gesamtbild. a) Linienbestimmung Nach der Abgrenzungstabelle ist die DEGES im Rahmen der Linienbestimmung für die Ausführung und Aufstellung der Unterlagen zuständig. Sie stimmt sich dabei mit dem jeweiligen Bundesland ab. Die Entscheidung über die Linienbestimmung verbleibt beim Bundesminister für Verkehr. Ausgangslage einer Bewertung dieser Abgrenzung muß die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Land im Normalfall, d. h. ohne Einschaltung der DEGES, sein. Nach § 2 Abs. 1 VerkPBG sowie nach § 16 FStrG bestimmt der Bundesminister für Verkehr die Linienführung der Bundesfernstraßen. Die Erarbeitung der erforderlichen Unterlagen und Abstimmungen verbleiben dabei jedoch den Ländern als Teil der Auftragsverwaltung, 15 d. h. die Linienbestimmungsentscheidung des Bundesministers für Verkehr wird durch die Straßenbauverwaltungen der Länder vorbereitet, die die notwendigen Grundlagen erarbeiten und Pläne aufstellen. 16 Steinberg spricht daher davon, „daß die eigentliche Planung [...] bei den Länderverwaltungen liegt und sich die Zuständigkeit des Bundesministers für Verkehr auf einen verfassungsrechtlich unbedenklichen Zustimmungsvorbehalt reduziert" 17 . So wird im Regelfall auch das von § 2 Abs. 1 S. 2 VerkPBG sowie § 16 Abs. 1 S. 1 FStrG geforderte Benehmen mit den Landesplanungsbehörden nicht unmittelbar vom Bundesminister für Verkehr, sondern von den obersten Straßenbaubehörden der Länder hergestellt. 18 Wenn die Abgrenzungstabelle daher die Tätigkeit des Bundesministeriums auf die „Entscheidung" beschränkt, entspricht dies weitgehend der bislang rechtlich unbeanstandeten Verwaltungspraxis. Um so größerer Bedeutung kommt dann aber der vorgesehenen „Abstimmung" mit dem Land zu. Diese „Abstimmung" darf keinesfalls nur aus einseitigen Informationsmitteilungen sowie mehr oder weniger zu berücksichtigenden Anregungen des Landes bestehen. Die vorgenommene Abgrenzung steht nur dann im Einklang mit dem schlicht-hoheitlichen Charakter der Linienbestimmung, 19 wenn zur Wahrung Vgl. Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 33 Rdnr. 10.1. 16
Vgl. Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 94.
17
Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 96.
ι» Vgl. Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 33 Rdnr. 13.3 f. 19
Siehe die ausführliche Darstellung oben § 10 III 2 a.
II. Bewertung der Tätigkeit der DEGES
185
der substantiellen Entscheidungskompetenz20 eine bestimmende Einflußnahme und Kontrolle in der Phase der Ausführung und Aufstellung der Unterlagen seitens der Behörde stattfindet und einleitende sowie begleitende Abstimmungsgespräche geführt werden. Der „Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung" 21 der Linienbestimmung führt dazu, daß die Träger der öffentlichen Belange, die von dem Vorhaben berührt werden, im Regelfall bereits in diesem Stadium in einem gesetzlich nicht geregelten Verfahren beteiligt werden. 22 Für diese Beteiligung und insbesondere für das Herstellen des Benehmens 23 mit den Landesplanungsbehörden hat die „Abstimmung" zwischen der DEGES und der Landesbehörde besonders intensiv auszufallen und im Einzelfall unter Federführung eines anwesenden Vertreters der Landesbehörde stattzufinden. Ein isoliertes Tätigwerden der DEGES ist hier keineswegs zulässig. 24 Gleiches gilt für die Prüfung alternativer Varianten im Rahmen der Linienbestimmung. 25 Auch hier hat der Einfluß der Landesbehörde bei der Variantenuntersuchung und vor allem bei der Auswahlentscheidung bestimmend zu sein. b) Umweltverträglichkeitsprüfung Die Ausführung und Aufstellung der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist laut Abgrenzungsliste allein der DEGES überantwortet. Eine ausdrückliche Abstimmung mit den staatlichen Behörden des Landes ist nicht vorgesehen. Der Behörde ist es natürlich auch im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht verwehrt, sich eines Verwaltungshelfers wie der DEGES zu bedienen und kann diesen insbesondere im Bereich der Umweltdatenerhebung einsetzen. Sie hat aber auch hier ihrer Pflicht zur Wahrung der substantiellen Entscheidungskompetenz nachzukommen, insbesondere hat sie die Wahl der Bewertungsmethoden und -maßstäbe und vor allem die zusammenfassende 20 Die nach der beschriebenen Verwaltungspraxis größtenteils bei der Landesbehörde liegt und im Falle der Einschaltung der DEGES gewissermaßen auch für den Bundesminister „stellvertretend" zu sichern ist. 21 BVerwGE 62, 342, 344. 22 Vgl. Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 33 Rdnr. 13. 23 Soweit die Landesplanungsbehörde zur Benehmensherstellung ein Raumordnungsverfahren durchführt (vgl. oben § 10 Π 2 c), tritt die bedenkliche Konstellation auf, daß die DEGES laut Abgrenzungsliste auch in diesem Raumordnungsverfahren vorbereitend und betreuend tätig wird. Die Vermeidung eines Interessenkonfliktes scheint hier nicht ohne weiteres gewährleistet zu sein. 24 25
Bedenken äußert nunmehr auch Bucher, S. 140.
Siehe zur Variantenuntersuchung bei der Linienbestimmung Steinberg, Fachplanung, § 8 Rdnr. 85 ff.; Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 33 Rdnr. 8.1.
186
§ 12 Bewertung
Darstellung der Umweltauswirkungen gem. § 11 WPG bestimmend zu gestalten. Die gesamte Umweltverträglichkeitsprüfung kann dem Verwaltungshelfer aber keinesfalls überlassen werden, denn aufgrund des schlichthoheitlichen Charakters ist eine Delegation der Bewertung gem. § 12 S. 1 Hs. 1 UVPG ausgeschlossen.26 So stellt Wahl zutreffend fest, daß „jedenfalls die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Straßenbauprojekts in einem so engen Bezug zur rechtlich maßgeblichen Bedeutung der UVP, zum „Berücksichtigen" gem. § 12 UVPG [steht], daß dieser Schritt den hoheitlichen Charakter dieses Berücksichtigens sowie der abschließenden Abwägung teilt und deshalb der Behörde vorbehalten bleiben muß" 2 7 . Der Abgrenzungsliste kann daher in diesem Punkt nicht gefolgt werden. Die Tätigkeit der DEGES kann zulässigerweise hier allenfalls noch in einer Hilfestellung bestehen. c) Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange Laut Abgrenzungsliste ist die Planabstimmung mit den Behörden der DEGES zur Durchführung überlassen. Eine Abstimmung mit dem Land ist nicht ausdrücklich festgehalten. Auch hier muß ein Widerspruch der vorgenommenen Abgrenzung mit dem schlicht-hoheitlichen Charakter der Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange konstatiert werden. Wie bereits an anderer Stelle dargestellt, 28 führt der Informationsaustausch aller Beteiligten zur Annäherung über die Abwägungserheblichkeit bestimmter Umstände; es wird mit anderen Worten durch das partielle Zusammenstellen des Abwägungsmaterials und der damit einhergehenden Auswahl- und Vorrangentscheidung das Abwägungsergebnis in weiten Teilen präjudiziell. Dieses schlicht-hoheitliche Handeln kann daher der DEGES nicht vollständig zur Durchführung überlassen werden. Im Gegenteil muß die Rolle der DEGES im Bereich dieser Planungstätigkeit streng auf diejenige eines bloßen Helfers beschränkt sein. Der Spielraum für eine Tätigkeit des Verwaltungshelfers DEGES wird zwar mit der Komplexität der erforderlichen Abstimmungen korrelieren, d. h. soweit es um die Bewältigung von Standardkonflikten und also Standardlösungen geht, mag die Tätigkeit der DEGES - etwa beim Erarbeiten von Lösungsvorschlägen - intensiver sein, aber auch in diesen Fällen muß schließlich die Entscheidung über das Abstimmungsergebnis durch die Behörde unter Wahrung ihrer sub26
Siehe die Darstellung oben § 10 I I I 2 b.
27
Wahl, Einschaltung, S. 522. Im Ergebnis ebenso Krämer in Kodal/ Krämer Kap. 16 Rdnr. 25.5; Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 109; Bucher, S. 142. A.A., aber ohne nähere Begründung, Ronellenfltsch, Verfahrensprivatisierung, S. 114. 28
Siehe dazu ausführlich oben § 10 III 2 e.
II. Bewertung der Tätigkeit der DEGES
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stantiellen Entscheidungskompetenz erfolgen. In denjenigen Fälle indes, in denen sich ein erheblicher Abstimmungsbedarf von Anfang an abzeichnet oder sich im Verlaufe der Abstimmung ergibt, muß die Behörde selbst tätig werden und die Abstimmungen unter Leitung eines ihrer Vertreter durchführen. Insgesamt ist also festzustellen, daß der DEGES zulässigerweise nicht die gesamte Durchführung der Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange übertragen werden kann. 2 9 d) Erörtenmgstermin Die Erörterung im Planfeststellungsverfahren erfolgt gemäß der Abgrenzungsliste durch die Anhörungsbehörde. Die Tätigkeit der DEGES ist dabei mit „Betreuung" umschrieben. Dem Grundrechtsbetroffenen räumt die Erörterung die Möglichkeit der Einflußnahme auf das Planergebnis ein. Sie soll wesentlich dazu beitragen, daß die behördliche Entscheidung alle in Frage stehenden öffentlichen und privaten Belange zu einem Ausgleich bringt. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist die auch den Betroffenen vermittelte Neutralität und Distanz der Anhörungsbehörde. Die Abgrenzung zwischen behördlicher Tätigkeit und der Tätigkeit des Verwaltungshelfers hat diesem Neutralitätsgebot und dem schlicht-hoheitlichen Charakter der Erörterung Rechnung zu tragen. 30 Das Anhörungsverfahren ist daher maßgeblich durch die Anhörungsbehörde zu gestalten. 31 Der DEGES kann hier nur eine untergeordnete Funktion zukommen, zumal bei ihr, die bereits als Helfer des Vorhabenträgers tätig war, nur schwerlich die gebotene Neutralität gegeben, jedenfalls aber nicht vermittelbar sein dürfte. 32 Insbesondere der Erörterungstermin ist allein durch einen 29 Im Ergebnis ebenso Wahl, Einschaltung, S. 523, der ausführt, daß „der DEGES wohl die gesamte Durchführung der Abstimmung verwehrt ist". Zustimmend: Peine, Verfahrensprivatisierung, S. 110; Bucher, S. 143. Nach Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.5, hat sich die Behörde nach Sachlage einzuschalten, um sicherzustellen, daß ihr Abwägungs- und Entscheidungsspielraum erhalten bleibt. Beispielhaft nennt er hierfür die Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange.
30 Siehe dazu oben § 10 I I I 2 c. 31
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit der Verwendung von Konfliktmittlern im Verwaltungsverfahren. Brohm, Verwaltungsverhandlungen, S. 326, weist darauf hin, daß ein gesetzlich vorgesehenes förmliches Verfahren von der zuständigen Behörde durchzuführen und eine Übertragung der Verfahrenskompetenz auf den Konfliktmittler grundsätzlich ausgeschlossen ist, dieser könne nur als Gehilfe oder Berater beigezogen werden. Siehe auch Hill, Integratives Verwaltungshandeln, S. 978. 32
Auch hier scheint ein Vergleich mit dem administrativen Projektmanager von Interesse zu sein. Zu diesem merkt Bullinger, Aktuelle Probleme, S. 1467, an, daß er
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§ 12 Bewertung
Vertreter der Anhörungsbehörde zu leiten. Die DEGES kann hier nur eine mit einem Sachverständigen vergleichbare Rolle einnehmen, d. h. auf Nachfrage zu einzelnen Punkten Erläuterungen abgeben.33 Unter der Annahme, daß ein derartiges Verständnis dem Begriff „Betreuung", mit der die DEGES laut Abgrenzungsliste betraut ist, zugrundeliegt, wird die Abgrenzungsliste im Bereich der Anhörung dem schlicht-hoheitlichen Charakter gerecht. e) Abwägung Der Terminus Abwägung selbst findet sich in der Abgrenzungsliste nicht wieder. Im Rahmen des Planungsschrittes „Vorbereitung des Planfeststellungsbeschlusses", der vor dem Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses steht, ist jedoch eine „Hilfestellung" der DEGES vorgesehen, während hier im übrigen die Planfeststellungsbehörde zuständig ist. Bei der Erstellung der Abgrenzungsliste wurde offensichtlich das starke hoheitliche Moment der Abwägung und der untrennbare Zusammenhang dieser mit dem obrigkeitlichhoheitlichen Planfeststellungsbeschluß, der ja im wesentlichen nur das formalisierte Abwägungsergebnis wiedergibt, erkannt. In diesem Bereich verbleibt für die Tätigkeit eines Verwaltungshelfers nur ein sehr restriktiv zu bestimmender Spielraum. 34 Die Abwägung muß ebenso wie der Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses der Planfeststellungsbehörde vorbehalten bleiben. 35 2. Gesamtbewertung Der nun gewonnene Eindruck bestätigt in Teilen die bereits geäußerten Bedenken. Die Ausrichtung der Abgrenzungsliste an formalen Kriterien und die wohl zugrundeliegende Fiktion, daß die Einschaltung der DEGES zu keiner rechtlich relevanten Veränderung des Planungsvorganges führt, haben zur Folge, daß die Abgrenzungsliste teilweise - über die durch jede Abstraktion bedingte begriffliche Weite hinaus - in der Funktionenbeschreibung weite Spielräume der Auslegung eröffnet und teilweise den schlicht-hoheitlichen notwendig .voreingenommen' sei, da er darauf bedacht sei, die Entscheidung über das Projekt und möglichst auch das Projekt selbst rasch voranzubringen. Einer ähnlichen Erwartungshaltung ist auch die DEGES ausgesetzt. 33 Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 525. Auch nach Krämer in Kodal/ Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.5, muß die Anhörung in staatlicher Hand bleiben. Siehe nunmehr ebenso Bucher, S. 144. 34 Zu denken ist etwa an die Abgabe ergänzender Erläuterungen zu den Planentwürfen oder technischen Angaben. 35
25.5.
So auch Wahl, Einschaltung, S. 525; Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr.
II. Bewertung der Tätigkeit der DEGES
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Charakter eines Planungsschrittes nicht berücksichtigt. 36 Wenn Schoch daher von einer „Implantierung der DEGES in die Verkehrs wegeplanung" und in diesem Zusammenhang von einer „(rechts)systematisch nicht aufbereiteten Maßnahme" spricht, 37 kann dem kaum widersprochen werden. Die Abgrenzungsliste beruht auf einer Verfahrensgestaltung, die keine Einschaltung eines Verwaltungshelfers wie der DEGES zu gewärtigen hat. Dies mündet in den aufgezeigten Mängeln der Abgrenzungsliste und verlangt, daß diese in der beschriebenen Weise teils sehr restriktiv auszulegen ist und ihr teils auch nicht gefolgt werden kann. Der Vorwurf einer (rechts)systematisch nicht aufbereiteten Maßnahme verfängt auch aufgrund eines weiteres Umstandes. Die DEGES wird als Verwaltungshelfer sowohl des Vorhabenträgers, der Anhörungsbehörde als auch der Planfeststellungsbehörde tätig. Nun stellt diese Funktionentrennung selbstverständlich keinen Selbstzweck dar, sondern dient in erster Linie dazu, daß die Planfeststellungsbehörde das für die Abwägung erforderliche Maß an Neutralität und Distanz gegenüber dem fachplanerischen Interesse wahren kann und der gesetzlich geforderten Pflicht zur Berücksichtigung aller Belange nachgekommen wird. 3 8 Ergänzend gilt dies in vergleichbarer Weise für die Anhörungsbehörde, deren den Betroffenen vermittelbare Neutralität unabdingbare Voraussetzung für eine dem Planergebnis förderliche Anhörung ist. Das funktionenübergreifende Tätigwerden der DEGES ist geeignet diese organisatorischen Sicherungen zu unterlaufen. Mit dieser Funktionentrennung aber reagiert das Planungsrecht auf die „Problematik der selektiven Aufmerksamkeit" 39 , d. h. dem strukturbedingten und grundsätzlich nicht vermeidbaren Sachverhalt, „daß eine arbeitsteilig spezialisierte Einheit einen besonderen Aufmerksamkeitshorizont und spezifische Relevanzkriterien ausbildet" 4 0 . Besteht dieses Problem bereits bei den staatlichen Behörden, verstärkt es sich noch bei einer privatrechtlichen Planungsgesellschaft, die ja erklärterweise gegründet und beauftragt wurde, um eine schnellere Verwirklichung der Verkehrsprojekte zu erreichen. Wenn der Bundesrechnungshof die Einschaltung privatrechtlich organisierter Planungsgesellschaften aufgrund der erwarteten höheren Kosten nur dann als gerechtfertigt ansieht, wenn es zu
36 Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 522 Fn. 36. Trotz der erwähnten Kritik in Einzelpunkten scheint hingegen Krämer in Kodal/Krämer, Kap. 16 Rdnr. 25.5 keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Konzeption der Abgrenzungsliste zu haben. Ihm genügt die Korrektur im Einzelfall. 37
Schoch, Privatisierung, S. 975 f.
38
Siehe die ausführliche Darstellung zur Bedeutung der Funktionentrennung oben § 10 I I 3 b. 3
9 Wahl, Einschaltung, S. 525.
40 Wahl, Einschaltung, S. 525.
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eben dieser Effizienzsteigerung und Beschleunigung der Verkehrswegeplanung kommt, 4 1 formuliert er damit wohl eine allgemeine Erwartungshaltung, der die DEGES gerecht zu werden hat und die auch ihrem eigenen Selbstverständnis entspricht 42 . Die DEGES ist folglich einem erheblichen Erfolgszwang ausgesetzt und der Erfolg mißt sich dabei an der Zahl der durchgeführten Straßenbauprojekte. Das funktionenübergreifende Tätigwerden birgt daher die Gefahr, daß im Falle eines bestimmenden Einflusses der DEGES die straßenbauspezifischen Belange überbewertet werden und andere Belange zu kurz geraten. 43 Entgegnet werden kann dieser Gefahr nur, wenn die Behörden ihre Kompetenz zu einer substantiellen Entscheidungskompetenz auf die beschriebene Art und Weise wahren und die DEGES in der Rolle des Verwaltungshelfers beschränkt bleibt. 4 4 Diese zuletzt geäußerten Bedenken stehen zwar für eine rechtspolitisch nicht unbedenkliche Entwicklung, 45 vermögen aber ebensowenig wie die Mängel der Abgrenzungsliste eine grundsätzliche Unzulässigkeit der Einschaltung der DEGES zu begründen. Entscheidend ist allein das Verhalten der Behörden und der DEGES im Einzelfall. Trotz der geschilderten Bedenken kann das Verhalten der skizzierten Grundkonzeption entsprechen. 46 Den Mängeln der Abgrenzungsliste kann hier nur ein Indizcharakter zukommen und insbesondere den Behörden besonderen Anlaß zur Wahrung ihrer substantiellen Entscheidungskompetenz geben. Maßgebend wird dabei das Gesamtverhältnis, weniger der einzelnen Planungsvorgang sein. Zwingende Voraussetzung ist jedoch ein funktionierender Behördenapparat, der dieser Aufgabe auch in der Praxis gerecht werden kann. Die Bedenken, daß die 41
Angabe nach Die Deutsche Bahn 1992, S. 711. So ausdrücklich HoffmannBurchardi, S. 324. 42
Vgl. Klofat, S. 8.
43
Vgl. Wahl, Einschaltung, S. 525. Siehe auch Steinberg, Verfahrensprivatisierung, S. 122. 44
Wenn Hoppe, Standortauswahlverfahren, S. 261, allgemein für die Tätigkeit des Verwaltungshelfers die Forderung aufstellt, daß dieser den Geboten der Unparteilichkeit, Neutralität und Unbefangenheit, Sachgerechtigkeit, Systemgerechtigkeit und der Geeignetheit sowie dem Willkürverbot zu entsprechen habe, kann man sich dem sicherlich anschließen. Zugleich wird jedoch deutlich, wie sehr sich eine Planungsgesellschaft wie der DEGES vom Normalfall eines Verwaltungshelfers unterscheidet und wie anspruchsvoll die Einhaltung dieser Forderung in der Verwaltungspraxis fallen muß. 4
5 Vgl. dazu Brenner, S. 133.
46
Siehe oben S. 179. Die Abgrenzungstabelle selbst enthält den Hinweis, daß die gemäß Vertragswerk in allen Planungsphasen notwendigen Besprechungen, Beteiligungen und Abstimmungen von der DEGES vorbereitet und durchgeführt werden. Vgl. auch Hoffmann-Riem, Verfahrensprivatisierung, S. 231 bzw. S. 24 f.
II. Bewertung der Tätigkeit der DEGES
191
DEGES durch ihre Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und ihre Unabhängigkeit von besoldungs- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen einen Aufbau der Behörden in den neuen Bundesländern erschweren könnte, 47 mögen berechtigt gewesen sein. Inzwischen dürfte diese Konkurrenzsituation jedoch entschärft sein, da der Aufbau der Fachbehörden weitgehend abgeschlossen sein dürfte bzw. die angespannte Finanzlage weitere Einstellungen ausschließt. Des weiteren ist anzumerken, daß die Fachbehörden der Länder aufgrund des finanzbedingt geringen Landesstraßenbaus wohl genügend Personal für den Bereich der Auftragsverwaltung bereitstellen können. 48 Angesprochen werden soll noch die bei verselbständigten Verwaltungseinheiten bestehende Gefahr einer Verminderung der Verwaltungskontrolle. 49 Gilt diese insgesamt für die Einschaltung privatrechtlicher Verwaltungseinheiten in Planungsvorgänge, ist jedenfalls für die DEGES zu konstatieren, daß die Einwirkungsmöglichkeiten, die den Ländern und dem Bund aufgrund des Gesellschaftsvertrages, insbesondere der Aufsichtsratsbefugnisse zustehen, als ausreichend erscheinen. 50 I m Ergebnis ist also festzuhalten, daß die Tätigkeit des Verwaltungshelfers DEGES bei Wahrung der substantiellen Entscheidungskompetenz der Behörden in rechtlich zulässiger Weise gestaltet werden kann. Dabei hat sich bei der theoretischen Betrachtung gezeigt, daß bei der Einhaltung der rechtlich gebotenen Abgrenzung den Behörden ein vom Einzelfall abhängiger Spielraum verbleibt. Dies wird es in der Praxis zugegebenermaßen erschweren, die Arbeit der Behörden von außen zu bewerten, 51 findet seinen Grund jedoch in der Materie des Planungsrechts selbst, wie auch insgesamt diese inneradministrative Arbeitsteilung einer Außensicht nur schwer zugänglich ist. Dies verlangt zum einem eine intensive Aufsichtsratstätigkeit, zum anderen ist im Interesse einer effektiven Verwaltungskontrolle sowohl der Gerichte als 47
Der Bundesrechnungshof weist auf diese Gefahr hin und kam bei einer Prüfung zu dem Ergebnis, daß im Untersuchungszeitraum alle Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst kamen, vgl. Die Deutsche Bahn 1992, S. 711. Siehe auch HoffinannBurchardi, S. 324. 48 Auch darf man in der Verwaltungspraxis wohl die Tatsache nicht unterschätzen, daß auf Seiten der Behörden die Beamtenschaft die Tätigkeit der DEGES kritisch beobachten wird, da diese doch aufgrund der im Vergleich zur Beamtenschaft vermeintlich höheren Effizienz beauftragt wurde und die Mitarbeiter der DEGES nicht unerheblich besser entlohnt werden. 49 Siehe dazu Schuppert, Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 334 ff., sowie oben 11 I 1. 50 Der Aufsichtsrat besteht aus 12 Mitgliedern. Die Zusammensetzung entspricht den Gesellschafteranteilen. Vgl. Straße + Autobahn 1992, S. 619 ff. 51 Nach Wahl, Einschaltung, S. 523, gelangt das materielle Planungsrecht hier an seine Grenzen.
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§ 12 Bewertung
auch der Parlamente eine Protokollierung der Koordination- und Kontrolltätigkeit zu fordern.
I I I . Ausblick Unabhängig von der Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit der Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen, und in unserem Zusammenhang insbesondere der DEGES, in die Verkehrs wegeplanung ist die (verwaltungs)rechtspolitische Bewertung dieses Organisationsmodelles zu sehen. Die Gründung und Beauftragung der Planungsgesellschaften finden ihre Rechtfertigung in den besonderen Problemen des deutschen Einigungsprozesses. In dieser Ausnahmesituation war dies angesichts der noch nicht aufgebauten oder noch nicht leistungsfähigen Behörden ein sachlich begründbarer Weg. Überlegungen dieses Modell auch über diese Ausnahmesituation hinaus auf den Normalfall der Verkehrswegeplanung zu übertragen, 52 müssen jedoch auf Skepsis stoßen. Zunächst einmal wäre abzuwarten bzw. gründlich zu untersuchen, ob die prognostizierten höheren Kosten 53 eine Rechtfertigung durch eine entsprechende Effizienzsteigerung finden werden. Eine abschließende Beurteilung wird dabei erst möglich sein, wenn die Qualität der Planfeststellungsbeschlüsse auch der gerichtlichen Überprüfung standgehalten haben und damit der Nachweis erbracht wäre, daß trotz höherer Effizienz die Qualität der Planung nicht leidet. Des weiteren wäre genau zu betrachten, ob diese beschleunigte Verwirklichung von Verkehrsprojekten seinen Grund (allein) in der Arbeit der Planungsgesellschaften findet, oder ob diese nicht auch (teilweise) auf eine (noch) allgemein größere Akzeptanz der Infrastrukturpolitik in den neuen Bundesländern zurückzuführen ist. Eine Überbetonung des Faktors Zeit darf vor allem auch nicht dazu führen, daß die aufgezeigten Bedenken und die Schwierigkeiten der Tätigkeitsabgrenzung sowie der Kontrolle vernachlässigt werden. Dies könnte langfristig zu einem erheblichen Akzeptanz- und Ansehensverlust der staatlichen Verwaltung führen. Zu einem solchen Ansehensverlust könnte auch beitragen, daß der Staat durch eine sukzessive Ausgliederung einzelner Aufgabenfelder aus der behördlichen Organisationsstruktur den Eindruck erwecken könnte, er selbst traue seinen Beamten eine adäquate Aufgabenbewältigung nicht zu. 5 4 Angesprochen muß in diesem Zusammenhang natürlich auch werden, daß es für die in den Behörden verbleibenden Beamten demotivierend sein muß, ständig eine mangelnde Effizienz bescheinigt zu bekommen - wenngleich es wohl gemerkt dafür bislang keine empirischen 52
Vgl. dazu Stüer, Verkehrsrecht, S. 1304.
53 Vgl. Die Deutsche Bahn 1992, S. 711. 54
Vgl. Schmitt Glaeser/Mackeprang,
S. 29.
III. Ausblick
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Nachweise gibt. 5 5 Zumal dieses inzwischen wohl weit verbreitete Vorurteil jedenfalls für die Verkehrswegeplanung unzutreffend ist und wäre, denn gerade bei einer weitergehenden Organisationsprivatisierung käme es allein zu einer Veränderung der Anforderungen an den Beamten, aber nicht zu einer Reduzierung seiner Verantwortung, denn die gebotene Wahrung der substantiellen Entscheidungskompetenz verlangt einen hohen Kenntnisstand und einen entsprechenden Erfahrungsschatz; stellt daher hohe Anforderungen an den einzelnen Beamten. 56 Nur eine derartige Qualifikation kann auch sicherstellen, daß es langfristig auf Seiten der Behörden zu keinem Knowhow-Verlust kommt und die Behörde letztlich doch nur noch ein „Ratifikationsorgan " wird. Deutlich wird also auch, daß eine allzu große Einsparung an Beamtenstellen nicht erwartet werden darf. 5 7 Kurz eingegangen werden soll nochmals auf das bereits besprochene Modell einer Übertragung auch schlicht-hoheitlicher Befugnisse auf die Planungsgesellschaften. Zwar ist dieses wie dargestellt im Falle einer gesetzlichen Legitimation rechtlich zulässig, ebenso deutlich wurde jedoch auch die mangelnde Systemkonformität dieses Modells. 58 Ergänzend muß an dieser Stelle noch angefügt werden, daß die Schranke des institutionellen Gesetzesvorbehaltes - ähnlich wie bei § 65 BHO - hier de facto nur einen formalen Charakter hat und vor allem die Rechte der Legislative gegenüber der Exekutive zu wahren beabsichtigt. Die Steuerungsfähigkeit eines Gesetzes ist aber in diesem inneradministrativen, der Außenkontrolle nur schwer zugänglichen Bereich von Anfang an zwangsläufig gering und kann vor allem nicht in dem notwendigen Maß auf die Probleme des Einzelfalles reagieren. Die Erwartungen an eine derartige gesetzliche Regelung sollten daher nicht allzu hoch ausfallen. Tatsächlich handelt es sich etwa im Fall einer bereichsspezifischen gesetzlichen Legitimation doch nur um eine generelle und vorweggenommene Erlaubnis an die Verwaltung zur Aufgabenübertragung. Es erscheint daher empfehlenswerter, bei Beibehaltung der behördlichen Organisationsstruktur entweder bereits vorhandene Elemente eines Projektmanagements auszubauen oder neu zu entwickeln, um auf diesem Wege eine Effizienzsteigerung zu erzielen. 59 Die bei der derzeitigen Tätigkeit der Planungsgesellschaften gewonnenen Erfahrungen sollten dabei natürlich 55 Vgl. Schlichten S. 174. 56
Insbesondere in der Anfangszeit dürfte daher eine Wahrung der substantiellen Entscheidungskompetenz aufgrund der noch nicht voll eingerichteten Fachbehörden in den neuen Bundesländern nicht immer gewährleistet gewesen sein. 57
Es ist also wohl auch aus diesem Grund eher mit eine Kostensteigerung als einer -Senkung zu rechnen. 58 Siehe oben § 11 I I I 1. 59 So auch Wahl, Einschaltung, S. 527, m. w. N. 13 Stehlin
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§ 12 Bewertung
Berücksichtigung finden. Sollte es dennoch zu einer Übernahme des i n dieser Untersuchung behandelten Modells kommen, müßte das Verwaltungsrecht nicht nur mittels einer „gesetzlichen Kenntnisnahme" der Einschaltung Privater reagieren, 6 0 sondern der veränderten Verwaltungspraxis ein i n adäquater Weise modifiziertes Verfahrensrecht zur Seite stellen, das die W a h r u n g der substantiellen Entscheidungskompetenz sichert, 6 1 indem es etwa die hier beschriebene Grundkonzeption für die einzelnën Planungsabschnitte umsetzt u n d dabei dem schlicht-hoheitlichen Charakter einzelner Planungsschritte i n angemessener Weise Rechnung t r ä g t . 6 2
60 Für den Bereich der Umweltaufsicht stellen Liibbe-Wolff/ Steenken, S. 267, die rechtspolitische Forderung auf, daß im Falle einer systematischen Übertragung von Daueraufgaben auf Verwaltungshelfer nicht nur eine gesetzliche Ermächtigung erfolgt, sondern auch, daß durch das Gesetz selbst oder durch gesetzlich vorgesehene Ausführungsvorschriften geeignete Vorkehrungen zur Sicherung der Qualität und Objektivität der Aufgabenerfüllung getroffen werden. 61
Dies gilt natürlich in veränderter Form auch für den Fall einer Übertragung schlicht-hoheitlicher Befugnisse auf die privatrechtlichen Planungsgesellschaften. 62
Die zunehmende faktische oder auch rechtliche Aufteilung der Entscheidungserantwortung zwischen Staat und Privaten i. w. S. führt in der Literatur zu Forderungen, daß die Systematik des Verwaltungsrechts sich dem anpassen müsse, um die .spezifischen Sicherungsinteressen des öffentlichen Rechts' (,Schmidt-Aßmann, Flexiilität, S. 419) in diesem Bereich zur Geltung zu bringen. Vgl. dazu Schoch, Verwaltungsakt, S. 223; Ladeur, S. 511 ff. Hoffmann-Riem, Ökologisch orientiertes Verwaltungs verfahrensrecht, S. 625, fordert die gebotene staatliche Regulierung des Rahmens privater Verantwortungsübernahme durch ein ökologisch orientiertes Verfahrensrecht privater Umweltverantwortung vorzunehmen. Vgl. auch Hoffmann-Riem, Flexibilität, S. 44 ff. Hood/ Schuppert, S. 361, fordern eine Theorie der Kontrolle und der Kontrollierbarkeit verselbständigter Verwaltungseinheiten.
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Rechts und des
Sachwortverzeichnis
Abfallentsorgungsanlagen; Standortauswahlverfahren 54
Fernstraßenbaufinanzierungsgesetz 25
Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange 136, 161, 186
— Rechtsgrundlagen 133
Abwägung 138, 143, 159, 188 -
Abwägungsgebot 159
Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung 151,157 Alternativenuntersuchung 138 Anhörungsbehörde 138, 147, 155, 158 Aufgabenbetrauung 165 Aufgabenwahrnehmung, einheitliche 173 Aufschiebende Wirkung 140 Bauleitplanung 42
Fernstraßenplanung 133 -
Verfahrensablauf 134, 141
Fiskalisches Handeln 78 Flachglas-Entscheidung 43, 160 Funtionentrennung d. Behörden 147, 174,189 Gesetzes vorbehält 165, 193 — institutioneller 172 -
u. Organisationsprivatisierung 167, 171,193
Grundrechts Sicherung u. -Verwirklichung durch Verfahren 150, 153, 166
Bedarfsplanung 137 Beleihung 62
Handlungsformen 114, 125, 132
-
Adressaten 63
-
-
u. Organisationsprivatisierung 170
— bereichspezifische 132
Bundesverkehrswegeplan 17, 136 DEGES 285, 67, 69, 132, 134, 175, 182 -
Organisationsprivatisierung 38
-
Tätigkeitsfelder 31
aufgabenbezogene 132
Hoheitsverwaltung 77, 127 Informales Verwaltungshandeln 74, 145 Investitionsmaßnahmegesetze 22, 135
Einwendungen 139
Komplexität 144
d.
Planungsentscheidung
Erörterungstermin 139, 157, 187
Konfliktbewältigung 138 Konfliktmittler 19
Faktische Bindungswirkung, Präjudizierung 45, 50, 53, 55, 144, 146, 153, 155, 157,160, 162
Länderstraßengesetze 24
Fernstraßenausbaugesetz 133
Linienbestimmung 136, 145, 153, 184
Sachwortverzeichnis
— Zuständigkeit 136
225
Planungsgesellschaften 27, 130, 192 Planungsvereinfachungsgesetz 133
Materielle Präklusion 139 Mautgebühren 26
Privatfinanzierung 25 — Betreibermodell 26 — Konzessionsmodell 26
Naturschutzverbände 139
Privatisierung 35
— Beteiligung 140
— formelle Privatisierung, Organiationsprivatisierung 37, 38, 130
Obrigkeitlich-hoheitliches Handeln 77
— funktionale Privatisierung 37
Öffentliche Aufgabe 116
— materielle Privatisierung 36
Organisationsgewalt 164
— Privatisierungsdiskussion 35
Organisationsprivatisierung 37, 130, 193
— Vermögensprivatisierung 37
— Beleihung 61, 67, 170, 171
Projektmanagement 194
— Gesetzes vorbehält 61, 67, 167 Raumordnungsverfahren 136 Planfeststellungsbehörde 146, 160 — Letztverantwortung 173 — Letztentscheidungsverantwortung
180
Schlichtes Verwaltungshandeln i. e. Sinne 123,128, 172
— Verfahrensherrschaft 181
Schlichtes Verwaltungshandeln i. w. Sinne 123, 128
Planfeststellungsbeschluß 139, 153
Schlicht-hoheitliches Handeln 69
— enteignende Vorwirkung 140
— Arbeitsbegriff11
— GenehmigungsWirkung 139
— Begriff s Verwendung i. d. Literatur 72
— Gestaltungs Wirkung 140
— Betreuungsverwaltung 80, 109
— Konzentrations Wirkung 139
— Definition, allg. 118, 122, 123,127
— Präklusionswirkung 140
— Definiton, im Fernstraßenplanungsrecht 130, 153, 173
Planfeststellungsrichtlinien 133 Plangenehmigung 135 Planung 132 — abschnittsweise 145 — Finalprogramm 132, 142, 149 — Gestaltungsfunktion 133
— Leistungsverwaltung 81, 109 — Nichteingriffsverwaltung 85, 110 — schlicht-verwaltende 113
— schlichtes
— Konditionalprogramm 142
Städtebauliche 51
— stufenweise 136, 144
15 Stehlin
87,
— schlichte Hoheitsverwaltung, W. Jellinek 70, 88, 96, 101, 102, 121
— Gestaltungsspielraum 135, 143, 153, 159
— Verfahrensablauf 132
Tätigkeit
101, 112
Vewaltungshandeln
83,
Sanierungsmaßnahmen
226
arverzeichnis
Städtebaulicher Vertrag 47
Verwaltungshelfer 172, 175, 179
Umweltverträglichkeitsprüfung 139, 144, 155,185
Verwaltungsprivatrechtliches 78
Verwaltungsorganisation 133, 147
Verwaltungsreform; Verfahrensbeschleunigung 18
Handeln
Reformvorschläge
18
Verfahrensgestaltung 149
Vorhaben- und Erschließungsplan 49
Verfahrensrecht 133,183
Vorhabenträger 138, 147,155
Verkehrsprojekte Deutsche Einheit 17 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz 21, 133, 134
Wesentlichkeitstheorie 165