Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht [Reprint 2019 ed.] 9783110880526, 9783110081602


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German Pages 644 [648] Year 1983

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der verkürzt zitierten Literatur
EINFÜHRUNG
Erster Teil. Persönliche Steuerpflicht
Zweiter Teil. Sachliche Steuerpflicht
ERSTES KAPITEL. Steuerobjekt
ZWEITES KAPITEL. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung
DRITTES KAPITEL. Zurechnung der Einkünfte
VIERTES KAPITEL. Ermittlung der Einkünfte
FÜNFTES KAPITEL. Summe der Einkünfte
SECHSTES KAPITEL. Gesamtbetrag der Einkünfte
SIEBTES KAPITEL. Einkommen
ACHTES KAPITEL. Das zu versteuernde Einkommen
NEUNTES KAPITEL. Zuordnung von Kindern
ZEHNTES KAPITEL. Tarifliche Einkommensteuer
ELFTES KAPITEL. Festzusetzende Einkommensteuer
Dritter Teil. Erhebungsverfahren
Vierter Teil. Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige
Anlagen
Entscheidungsregister
Sachregister
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Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht [Reprint 2019 ed.]
 9783110880526, 9783110081602

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de Gruyter Lehrbuch

Einkommensteuer und Bilanzsteuerrecht Von

Prof. Dr. jur. Klaus Tiedtke Ordinarius an der Universität Würzburg, Richter am Finanzgericht

W G DE

1983

Walter de Gruyter • Berlin • New Y o r k

CIP-Kurztitelaufnabme

der Deutschen

Bibliothek

Tiedtke, Klaus: Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht / von Klaus Tiedtke. - Berlin ; N e w York : de Gruyter, 1983. (de-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-008160-1

Copyright 1983 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1000 Berlin 10. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Saladruck, 1000 Berlin 36 Buchbinderei: Dieter Mikolai, 1000 Berlin 10

Vorwort Das Einkommensteuerrecht ist in der Ausbildung, der Rechtslehre und der Praxis die wichtigste Materie des materiellen Steuerrechts. Wer Einnahmen erzielt, muß sich mit dieser Steuer befassen. Das gilt, selbstverständlich, für Gewerbetreibende, Freiberufler, Land- und Forstwirte, Hauseigentümer und Inhaber von Kapitalvermögen. Das gilt aber auch für die vielen Arbeitnehmer, die lediglich ihren Arbeitslohn beziehen; die Lohnsteuer ist — ebenso wie die Kapitalertragsteuer — nichts anderes als eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. In zahlreichen Veröffentlichungen (Kommentaren und Lehrbüchern) ist das Einkommensteuerrecht bisher erläutert worden. Deshalb wird es manchem vermessen erscheinen, wenn er von dieser neuen Darstellung hört. Ich glaube aber, daß es gleichwohl gewichtige Gründe für dieses Lehrbuch gibt. Mit dem vorliegenden Buch soll der Versuch unternommen werden, das Einkommensteuerrecht, was in den vorhandenen Veröffentlichungen nur teilweise geschieht, geschlossen darzustellen. Der Aufbau entspricht dabei dem Ablauf einer Veranlagung, wie sie in § 2 EStG vorgezeichnet ist. Es wird gezeigt, wie das zu versteuernde Einkommen, die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer, ermittelt wird. Die Darstellung beginnt mit der Vorstellung der (sieben) Einkunftsarten. Es folgt die Ermittlung der Einkünfte. Hier nimmt das Bilanzsteuerrecht einen breiten Raum ein. Dabei geht es nicht um ein anderes Rechtsgebiet. Das Bilanzsteuerrecht ist Einkommensteuerrecht; es handelt sich um nichts anderes als die steuerliche Gewinnermittlung, die sich insoweit verselbständigt hat, aber nach wie vor im Einkommensteuergesetz geregelt ist. Bei den Gewinneinkunftsarten werden u. a. die Bilanzierungsgrundsätze, der Gegenstand der Bilanzierung, die Bewertung, die Bilanzberichtigung und Bilanzänderung, die Gewinnermittlung durch Uberschußrechnung (§4 Abs. 3 EStG) und schließlich der Wechsel der Gewinnermittlungsart erläutert. Das Bilanzsteuerrecht ist erfahrungsgemäß (gerade für Juristen) schwer zugänglich. Um ihnen das Verständnis zu erleichtern, sind zu Beginn die Grundzüge der Buchführung dargestellt. Es folgt die Ermittlung der Einkünfte bei den Uberschußeinkunftsarten. Bei diesen bestehen die Einkünfte aus der Differenz der Einnahmen und der Werbungskosten. Der Werbungskostenbegriff steht daher hier im Vordergrund. Nach der Summe und dem Gesamtbetrag der Einkünfte wird das Einkommen behandelt. An dieser Stelle müssen u. a. die Sonderausgaben, die außergewöhnlichen Belastungen und der Verlustabzug berücksichtigt werden. In einem dritten Teil, der sich mit dem Erhebungsverfahren befaßt, wird vor allem die Lohnsteuer, aber auch die Kapitalertragsteuer erörtert. Dieser Teil enthält weiter Ausführungen zu den Fragen, wie das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen ermittelt und welche Grundsätze für die Festsetzung der Einkommensteuer gelten. Auch das Einspruchsverfahren wird angesprochen. Das Buch schließt mit den Besonderheiten, die bei beschränkt Steuerpflichtigen zu beachten sind. V

Vorwort Der gewählte Aufbau kann keine Systematik schaffen, wo sie nicht vorhanden ist. Er soll aber den Bedürfnissen der Leser Rechnung tragen. Das Lehrbuch ist für alle bestimmt, die sich mit dem Steuerrecht erst befassen wollen oder dies bereits tun, es richtet sich damit gleichermaßen an den Anfänger, der sich in der Ausbildung befindet, und an den erfahrenen Praktiker sowie an interessierte Laien. Der Anfänger, ein Student der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften, ein Auszubildender in der Finanzverwaltung oder bei den steuerberatenden Berufen, kann schnell erkennen, an welchen Stellen der Einkommensermittlung Einzelprobleme zu erörtern sind. Zahlreiche Beispiele erleichtern das Verständnis. Deshalb ist das Buch auch für Referendare geeignet, die sich auf eine steuerrechtliche Klausur vorbereiten wollen, wie sie (z. B. in Bayern) im zweiten juristischen Staatsexamen geschrieben werden muß. D e m Praktiker wird zwar kein Ersatz für einen Kommentar zum Einkommensteuerrecht geboten, er soll aber die Möglichkeit erhalten, Einzelfragen im Zusammenhang zu sehen. Darüber hinaus wird er über die Rechtsprechung (des Bundesfinanzhofs und der Finanzgerichte), die Auffassung der Finanzverwaltung und die Rechtslehre informiert. Der Verfasser beschränkt sich nicht auf die Wiedergabe vorhandener Ansichten. Er nimmt vielmehr, wo es ihm erforderlich erscheint, kritisch Stellung. Das soll auch die Rechtsprechung anregen, ihre Auffassung zu überdenken. D e m steuerlichen Berater wird auf diese Weise die Arbeit erleichtert, wenn er nach einer Begründung für einen von ihm eingelegten Rechtsbehelf sucht. Schließlich versetzt das Buch einen (steuer-)rechtlich interessierten Laien in die Lage, Fragen zu klären, die sich für ihn ergeben, wenn er seine Einkommensteuererklärung anfertigt. O b das Lehrbuch diesen Anforderungen entspricht, müssen seine Leser beurteilen. Es wäre ein Erfolg, wenn das Interesse an der Darstellung des EinkommenSteuer- und Bilanzsteuerrechts dem Verlag eine rasche Auflagenfolge ermöglichte, damit auf diese Weise dem schnellen Wandel des Einkommensteuerrechts Rechnung getragen werden könnte. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtslehre sind bis zum Juli 1983 berücksichtigt. Auf Änderungen, die das (zur Zeit der Drucklegung noch nicht verabschiedete) Steuerentlastungsgesetz 1984 vorsieht, wurde bereits hingewiesen. Meinen ehemaligen und jetzigen Assistenten, vor allem Herrn Dr. Helmut Fischer, Herrn Assessor Wilhelm Sievert und Herrn Referendar Jochen Lüdicke, möchte ich an dieser Stelle für ihre Mitwirkung danken. Sie waren mir bei der Ausarbeitung des Manuskriptes eine wertvolle Hilfe. Bei der Korrektur der Druckfahnen haben die Referendare Frau Maritta Bayer und Herr Gerd Bühler sowie Herr stud. jur. Roland G r o p p und meine Sekretärin, Frau Hedwig Bauer, geholfen. Ihnen allen danke ich. Frau Bauer hat zusätzlich (immer wieder) das Manuskript geschrieben, und Frau Bayer verdanke ich das Entscheidungsregister. Würzburg, im September 1983

VI

Klaus Tiedtke

Inhaltsübersicht Seite

Abkürzungsverzeichnis Verzeichnis der verkürzt zitierten Literatur Vorwort

XXVII XXXI V

Einführung I. Geschichtliche Entwicklung des Einkommensteuerrechts II. Einordnung der Einkommensteuer in das Steuersystem 1. Problem des Steuersystems a) Besitzsteuern — Verkehrsteuern b) Personensteuern — Realsteuern c) Direkte Steuern — Indirekte Steuern d) Ertragsteuern — Substanzsteuern 2. Behandlung der Einkommensteuer im Grundgesetz a) Gesetzgebungskompetenz b) Verwaltungshoheit c) Ertragshoheit III. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Einkommensteuer

1 2 2 3 3 4 4 4 4 5 5 6

Erster Teil Persönliche Steuerpflicht §1

Steuersubjekt: Natürliche Personen I. Beginn der subjektiven Steuerpflicht II. Ende der subjektiven Steuerpflicht

§2

Umfang der persönlichen Steuerpflicht I. Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht 1. Wohnsitz 2. Gewöhnlicher Aufenthalt 3. Inland 4. Bedeutung der unbeschränkten Steuerpflicht a) Doppelbesteuerungsabkommen aa) Anrechnungsmethode bb) Freistellungsmethode und Progressionsvorbehalt b) Einseitige Anrechnung ausländischer Steuern II. Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht III. Beschränkte Steuerpflicht IV. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

8 8 9 9 9 9 10 11 12 12 12 13 14 15 15 16 VII

Inhaltsübersicht Zweiter Teil Sachliche Steuerpflicht Erstes Kapitel Steuerobjekt § 3 Einkommensbegriff I. Finanzwissenschaftlicher Einkommensbegriff 1. Quellentheorie 2. Reinvermögenszugangstheorie 3. Einfluß der Theorien auf die Einkommensteuergesetze II. Einkommen nach dem geltenden Einkommensteuerrecht 1. Legaldefinition . '. 2. Ermittlung des Einkommens a) Erste Stufe: Ermittlung der Einkünfte aa) Einkunftsarten bb) Verlustausgleich b) Zweite Stufe: Summe der Einkünfte c) Dritte Stufe: Gesamtbetrag der Einkünfte d) Vierte Stufe: Das Einkommen e) Fünfte Stufe: Das zu versteuernde Einkommen III. Schematische Ubersicht über die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens

17 17 17 18 18 19 19 19 19 20 21 21 22 22 22

Zweites Kapitel Einkunftsarten und ihre Abgrenzung § 4 Bedeutung der Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart § 5 Die einzelnen Einkunftsarten I. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, §§ 13-14 a EStG 1. Begriff 2. Umfang der Einkünfte a) Primäre Einkünfte b) Sekundäre Einkünfte c) Einkünfte aus Nebenleistungen d) Nutzungswert der eigenen Wohnung II. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, §§15-17 EStG 1. Begriff des Gewerbebetriebes a) Positive Merkmale b) Negative Merkmale 2. Betriebsaufspaltung 3. Umfang der gewerblichen Einkünfte a) Gewerbliche Einkünfte i. S.d. § 15 EStG aa) Einkünfte aus gewerblichen Einzelunternehmen, §15 Abs. 1 Nr. 1 EStG

24 25 25 25 25 25 26 27 27 29 29 29 30 31 32 32

VIII

23

32

Inhaltsübersicht bb) Einkünfte aus Gesellschaften i. S. d. §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (1) Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (2) Besonderheiten bei Familienpersonengesellschaften (3) Sondervergütungen (4) Ermittlung der Einkünfte i.S.d. §15 Abs. 1 N r . 2 EStG cc) Gewinnanteile der Gesellschafter einer KG auf Aktien . b) Veräußerungsgewinne i. S.d. §§ 16 und 17 EStG aa) Betriebsveräußerung im ganzen bb) Veräußerung eines Teilbetriebes cc) Veräußerung von Gesellschaftsanteilen (1) Veräußerung an einen Dritten (2) Ausscheiden eines Gesellschafters (aa) Abfindung zum Buchwert des Kapitalkontos (bb) Abfindung über dem Buchwert des Kapitalkontos (cc) Abfindung unter dem Buchwert des Kapitalkontos (dd) Abfindung eines Gesellschafters mit negativem Kapitalkonto (ee) Abfindung in Sachwerten dd) Betriebsaufgabe ee) Steuerentstrickung als Betriebsaufgabe ff) Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei wesentlicher Beteiligung gg) Steuerbegünstigung des Veräußerungsgewinns III. Einkünfte aus selbständiger Arbeit, §18 EStG 1. Begriff 2. Umfang a) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, §18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aa) Allgemeine Kriterien bb) Katalogberufe cc) Mithilfe mehrerer Personen und Sozietäten b) Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie c) Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit d) Veräußerungsgewinn IV. Abgrenzung der Gewinneinkunftsarten 1. Abgrenzung zwischen betrieblicher Tätigkeit und Liebhaberei .. 2. Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft

33 33 38 41 44 46 46 46 48 50 50 52 52 52 54 55 55 56 57 58 60 62 62 62 62 62 64 66 67 67 67 68 68 70 IX

Inhaltsübersicht

3. Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit 71 4. Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung V. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, § 19 EStG 1. Begriff a) Arbeitnehmer b) Arbeitsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen aa) Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten bb) Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern . . . . cc) Steuerlicher Sinn und Zweck von Arbeitsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen 2. Umfang a) Barbezüge b) Sachbezüge c) Steuerfreie Bezüge aa) Befreiungen bei Barbezügen bb) Befreiungen bei Sachbezügen

75 75 75 76 76 78

VI. Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 20 EStG 1. Begriff 2. Umfang a) Erträge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften b) Einnahmen aus der Beteiligung stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen c) Zinsen d) Diskontbeträge e) Einnahmen aus der Veräußerung von Gewinnanteilen . . . . f) Beteiligungserträge aus Sondervermögen 3. Steuerabzug vom Kapitalertrag

83 83 84

VII. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, §§21,21 a EStG . . . . 1. Begriff 2. Umfang a) Unbewegliches Vermögen und grundstücksgleiche Rechte .. aa) Tatsächlich erzielte Einnahmen, §21 Abs. 1 Nr. 1 EStG

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bb) Fiktive Einkünfte, § 21 Abs. 2 EStG (1) Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (2) Ausschließliche Selbstnutzung anderer Häuser . . . (3) Teilweise Selbstnutzung eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses (4) Unentgeltliche Überlassung einer Wohnung X

72

78 78 79 79 80 80 82

84 84 85 86 87 87 87

88 89 90 91 92 93

Inhaltsübersicht

(5) Besonderheiten bei der Bestellung eines Nießbrauchs b) Sachinbegriffe c) Zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten d) Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen VIII. Sonstige Einkünfte, §§22,23 EStG 1. Begriff 2. Umfang a) Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen aa) Renten (1) Begriff (2) Rentenarten (3) Private Renten (a) Begriff (b) Steuerliche Behandlung (aa) Beim Berechtigten (bb) Beim Verpflichteten (4) Betriebliche Renten (a) Begriff (b) Steuerliche Behandlung (aa) Veräußerungsrenten (bb) Sonderfälle (cc) Zeitrenten (dd) Kaufpreisraten (ee) Versorgungsrenten (ff) Schadensrenten (gg) Unfallrenten bb) Dauernde Lasten (1) Begriff (2) Steuerliche Behandlung cc) Sonstige wiederkehrende Bezüge (1) Begriff (2) Steuerliche Behandlung b) Einkünfte aus Unterhaltsleistungen c) Einkünfte aus Spekulationsgeschäften aa) Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten bb) Gewinn aus der Veräußerung anderer Wirtschaftsgüter cc) Gewinne aus Fixgeschäften d) Einkünfte aus Leistungen e) Abgeordnetendiäten IX. Abgrenzung der Überschußeinkünfte 1. Abgrenzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen 2. Abgrenzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung . .

Inhaltsübersicht

3. Abgrenzung der sonstigen Einkünfte 134 4. Verhältnis von §23 EStG zu § 17 EStG 134 X. Ergänzung der Einkunftsarten 135 1. Bedeutung des §24 EStG 135 2. Inhalt des §24 EStG 135 a) Entschädigungen 135 aa) Entschädigungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen, § 24 Nr. 1 a EStG 135 bb) Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 b EStG 136 cc) Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 c EStG 137 b) Einkünfte aus ehemaliger Tätigkeit, § 24 Nr. 2 EStG 137 c) Nutzungsvergütung nach § 24 Nr. 3 EStG 138 XI. Einkommensteuerfreie Einnahmen 138 Drittes Kapitel Zurechnung der Einkünfte § 6 Grundsatz I. Begriff und Umfang der Einkunftsquelle II. Subjektive Zurechnung der Einkunftsquellen § 7 Verlagerung von Einkünften I. Gründe für die Verlagerung von Einkünften II. Übertragung von Einkunftsquellen 1. Grundsätzliche Problematik 2. Gestaltungsmöglichkeiten aufgrund des Nießbrauchs

138 138 139 140 140 141 141 144

Viertes Kapitel Ermittlung der Einkünfte Erster Abschnitt Ermittlung der Einkünfte bei den Gewinneinkunftsarten § 8 Begriff der Gewinneinkunftsarten § 9 Gegenstand des Bilanzsteuerrechts § 10 Steuerlicher Gewinnbegriff I. Gewinnfeststellung durch Gewinn-und Verlustrechnung II. Gewinnfeststellung durch die Bilanzformel § 11 Positionen der Bilanzformel I. Begriff des Betriebsvermögens II. Ermittlung des Betriebsvermögens III. Aufbau und Gliederung der Bilanz 1. Aktivseite 2. Passivseite IV. Bilanzerstellung V. Veränderung der Bilanzposten durch Geschäftsvorfälle 1. Betriebsvermögensumschichtungen

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XII

Inhaltsübersicht

2. Erfolgswirksame Betriebsvermögensänderungen 3. Erfolgsneutrale Betriebsvermögensänderungen VI. Entnahmen 1. Begriff 2. Voraussetzungen a) Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens b) Entnahmefähigkeit c) Betriebsfremde Zwecke d) Entnahmehandlung 3. Arten . 4. Zeitpunkt der Entnahme 5. Rechtsfolgen der Entnahme VII. Einlagen § 12 Grundzüge der doppelten Buchführung I. Kontenarten II. Bestandskonten 1. Eröffnung der Bestandskonten 2. Buchungsregeln a) Grundsätze b) Beispiele 3. Abschluß der Konten 4. Aufstellung der Schlußbilanz III. E r f o l g s - u n d Privatkonten 1. Erfolgskonten 2. Privatkonten 3. Doppelte Gewinnermittlung IV. Gemischte Konten V. Warenkonten 1. Einheitliches Warenkonto 2. Wareneinkaufskonto — Warenverkaufskonto VI. Besondere Buchungen 1. Verbuchung der Umsatzsteuer 2. Inanspruchnahme von Skonti 3. Lohnbuchungen 4. Verbuchung von Tauschgeschäften VII. Vorbereitende Abschlußbuchungen 1. Abgrenzung des betrieblichen vom privaten Bereich a) Eigenverbrauch b) Gemischte N u t z u n g betrieblicher Gegenstände c) Nichtabzugsfähige Betriebsausgaben 2. Ermittlung des periodengerechten Gewinns a) Rechnungsabgrenzungsposten b) Sonstige Forderungen und sonstige Verbindlichkeiten c) Rückstellungen

....

159 161 162 162 162 162 163 163 167 167 168 169 171 173 173 173 173 173 173 175 177 179 180 182 185 187 188 190 191 193 197 197 199 200 201 202 203 203 204 205 205 206 208 210 XIII

Inhaltsübersicht 3. Absetzung für Abnutzung a) Bewegliche Wirtschaftsgüter b) Einzelwertberichtigung von Forderungen c) Delcredere VIII. Vorbereitung des Jahresabschlusses durch die Aufstellung einer Hauptabschlußübersicht § 1 3 Buchführungspflicht I. Derivative Buchführungspflicht 1. Buchführungspflicht nach Handelsrecht 2. Buchführungspflicht nach anderen Gesetzen II. Originäre Buchführungspflicht III. Anforderungen an die Buchführung § 14 Bilanzierungsgrundsätze I. Maßgeblichkeitsgrundsatz 1. Maßgeblichkeitsgrundsatz und Bilanzierung dem Grunde nach . 2. Maßgeblichkeitsgrundsatz und Bewertung 3. Umkehrung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes II. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1. Stichtagsprinzip 2. Prinzip der Bilanzkontinuität 3. Grundsatz der Bilanzwahrheit 4. Grundsatz der Bilanzklarheit 5. Grundsatz der Vorsicht 6. Imparitätsprinzip 7. Realisationsprinzip 8. Nominalwertprinzip § 15 Gegenstand der Bilanzierung I. Bedeutung der Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht . . . 1. Statische Bilanzauffassung 2. Dynamische Bilanzauffassung 3. Bilanzauffassungen und Steuerbilanz II. Mengenmäßiges Betriebsvermögen 1. Bedeutung der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen 2. Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen a) Einheitlich genutzte Wirtschaftsgüter aa) Notwendiges Betriebsvermögen bb) Notwendiges Privatvermögen cc) Gewillkürtes Betriebsvermögen b) Gemischt genutzte Wirtschaftsgüter aa) Bewegliche Wirtschaftsgüter bb) Unbewegliche Wirtschaftsgüter c) Besonderheiten bei Gesellschaften 3. Zurechnung von Wirtschaftsgütern XIV

211 211 213 214 218 224 224 224 226 226 227 228 228 229 230 231 232 233 234 235 235 235 236 237 237 237 237 238 238 239 239 239 239 239 239 240 240 241 241 242 243 243

Inhaltsübersicht

a) b) c) d) e) f) g) h)

Sicherungsübereignung Treuhandverhältnisse Eigenbesitz Factoring Miete und Pacht Nießbrauch Leasing Gesamthandseigentum

4. Bilanzierungsfähige Aktivposten a) Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut b) Einzelne Wirtschaftsgüter aa) Materielle Wirtschaftsgüter (1) Grund und Boden und selbständige Gebäudeteile .. (a) Betriebsvorrichtungen (b) Einbauten für vorübergehende Zwecke, Mieterein- und umbauten (c) Bauten auf fremdem Grund und Boden (2) Bewegliche Wirtschaftsgüter bb) Immaterielle Wirtschaftsgüter 5. Bilanzierungsfähige Passivposten a) Eigenkapital b) Fremdkapital aa) Verbindlichkeiten bb) Rückstellungen (1) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten . . (2) Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (3) Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen . . (4) Rückstellungen für Gewährleistungen c) Wertberichtigungen 6. Rechnungsabgrenzungsposten § 16 Die Bewertung I. Bewertungsverfahren 1. Grundsatz der Einzelbewertung 2. Gruppen- oder Sammelbewertung 3. Festbewertung 4. Durchschnittsbewertung 5. Verbrauchsfolgefiktionen II. Bewertungsmaßstäbe 1. Anschaffungskosten a) Begriff und Umfang b) Anschaffungskosten in Sonderfällen aa) Anschaffungskosten bei Grundstücken und Gebäuden

244 244 245 245 245 246 246 250 250 250 253 253 253 253 254 255 255 257 258 258 259 259 259 260 265 266 267 267 268 268 269 269 269 269 271 272 274 274 274 275 275 XV

Inhaltsübersicht

bb) Zuschüsse und Anschaffungskosten cc) Anschaffungskosten bei Tauschgeschäften dd) Erwerb auf Rentenbasis ee) Rücklage für Ersatzbeschaffung ff) Reinvestitionen nach § 6 b EStG gg) Insolvenzrücklage nach § 6 d EStG hh) Unentgeltlicher Erwerb 2. Herstellungskosten a) Begriff und Umfang b) Besonderheiten bei Gebäuden c) Abgrenzung zwischen Erhaltungs- und Herstellungsaufwand d) Anschaffungsnahe Aufwendungen 3. Teilwert 4. Gemeiner Wert 5. Abschreibungen a) Sinn und Zweck b) Gegenstand c) Abschreibungsberechtigung d) Abschreibungsarten und -methoden aa) Regelmäßige Absetzungen (1) Lineare AfA (2) Degressive AfA (3) Leistungsabschreibung (4) Absetzung für Substanzverringerung bb) Außerordentliche Abschreibungen (1) Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung . . . . (2) Teilwertabschreibung cc) Sonderabschreibungen 6. Zuschreibungen 7. Bewertung der einzelnen Vermögensarten nach § 6 EStG a) Schematische Darstellung des § 6 Abs. 1 EStG b) Einzelfragen aa) Behandlung des Firmenwerts bb) Bewertung von Forderungen cc) Bewertung von Verbindlichkeiten dd) Bewertung von Rückstellungen § 17 Bilanzberichtigung und Bilanzänderung I. Begriff II. Bilanzberichtigung 1. Voraussetzungen 2. Durchführung 3. Auswirkung III. Bilanzänderung XVI

277 277 278 280 284 285 287 287 287 288 290 291 291 292 292 292 293 294 294 295 295 297 300 300 301 301 302 303 304 305 305 305 305 308 309 311 311 311 312 312 312 314 316

Inhaltsübersicht

§ 1 8 Gewinnermittlung durch Überschußrechnung, § 4 Abs. 3 EStG I. Personenkreis II. Grundlagen III. Betriebseinnahmen IV. Betriebsausgaben 1. Begriff und Zeitpunkt der Erfassung 2. Abweichungen vom Abflußprinzip a) Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens b) Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens . . c) Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens V. Sonderfälle 1. Vermögensarten 2. Verlust von Wirtschaftsgütern a) Verlust von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens b) Verlust von nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens c) Verlust von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens d) Ausfall von Forderungen e) Verlust von Geld 3. Tausch von Wirtschaftsgütern 4. Übertragung stiller Reserven VI. Einlagen und Entnahmen 1. Sacheinlagen u n d - e n t n a h m e n 2. Nutzungseinlagen und -entnahmen 3. Bareinlagen und -entnahmen § 19 Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen I. Personenkreis II. Durchschnittsatzgewinn 1. Grundbetrag 2. Wert der Arbeitsleistung 3. Nutzungswert der W o h n u n g des Betriebsinhabers 4. Vereinnahmte Pachtzinsen 5. Gesondert zu ermittelnde Gewinne 6. Abzüge vom Grundbetrag § 20 Wechsel der Gewinnermittlungsart I. Zulässigkeit II. Steuerliche Auswirkung 1. Erfassung des Übergangsgewinns 2. Bildung von Korrekturposten a) Wechsel innerhalb des Bestandsvergleichs b) Wechsel vom Bestandsvergleich zur Einnahme-Überschußrechnung aa) Korrekturposten für Aktiva

318 318 318 320 322 322 322 322 323 324 324 324 324 325 325 325 325 326 326 328 328 328 329 329 329 330 331 331 332 333 333 333 334 334 334 336 336 337 337 337 337 XVII

Inhaltsübersicht

(1) Anlagevermögen (2) Umlaufvermögen (a) Waren (b) Geleistete Anzahlungen (c) Kundenforderungen und Vorsteuererstattungsansprüche (d) Aktive Rechnungsabgrenzungsposten bb) Korrekturposten f ü r Passiva (1) Eigenkapital (2) Darlehnsschulden (3) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (4) Empfangene Anzahlungen auf Lieferungen und Leistungen (5) Passive Rechnungsabgrenzungsposten (6) Rückstellungen c) Wechsel von der Einnahme-Überschußrechnung z u m Bestandsvergleich aa) Korrekturposten f ü r Aktiva (1) Anlagevermögen (2) Umlaufvermögen (a) Waren (b) Geleistete Anzahlungen (c) Kundenforderungen und Vorsteuererstattungsansprüche (d) Aktive Rechnungsabgrenzungsposten bb) Korrekturposten f ü r Passiva (1) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (2) Empfangene Anzahlungen auf Lieferungen und Leistungen (3) Passive Rechnungsabgrenzungsposten (4) Rückstellungen und Wertberichtigungen d) Wechsel von der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen zu anderen Gewinnermittlungsarten III. Steuerliche Behandlung des Übergangsgewinns

337 337 337 338 338 338 339 339 339 339 339 340 340 340 341 341 342 342 342 342 343 343 343 343 343 344 344 345

Zweiter Abschnitt Ermittlung der Einkünfte bei den Überschußeinkunftsarten § 2 1 Begriff der Überschußeinkunftsarten 346 346 § 22 Werbungskosten I. Begriff 346 1. Aufwendungen 347 2. Veranlassungsprinzip 349 3. Zusammenhang zwischen Aufwendungen und steuerpflichtigen Einnahmen 351 XVIII

Inhaltsübersicht II. Abgrenzung von Kosten der privaten Lebensführung 352 III. Vorweggenommene, nachträgliche und vergebliche Aufwendungen 355 IV. Negative Einnahmen und negative Werbungskosten 357 V. Grenzen des Werbungskostenabzugs 359 VI. Werbungskosten bei den einzelnen Einkunftsarten 360 1. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit 360 a) Allgemeiner Pauschbetrag, § 9 a S. 1 Nr. 1 EStG 360 b) Pauschbeträge für bestimmte Anlässe 360 c) Pauschbeträge für bestimmte Berufsgruppen 365 d) Einzelnachweis 365 2. Bei Einkünften aus Kapitalvermögen 368 3. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung 370 a) Bei vermieteten Gebäuden 371 aa) Abschreibungen 371 (1) AfA nach § 7 b EStG 371 (a) Begünstigte Objekte 372 (b) Begünstigter Personenkreis 373 (c) Unentgeltlicher Erwerb 374 (d) Objektbeschränkung 375 (e) Bemessungsgrundlage und Abschreibungsverlauf 376 (2) Sonderabschreibungen nach §§ 82 a, g EStDV . . . . 378 (3) Sonderabschreibungen nach dem Berlinförderungsgesetz 380 (4) Sonderabschreibungen für Schutzräume 381 (5) Sonderabschreibungen für Baudenkmäler 382 bb) Instandhaltungskosten 382 cc) Finanzierungskosten 382 dd) Sonstige Werbungskosten 383 b) Werbungskosten bei eigengenutzten Gebäuden 383 c) Werbungskosten bei Bauherrenmodellen 387 4. Bei sonstigen Einkünften 389 391 § 23 Gesetzliche Freibeträge und Freigrenzen Fünftes Kapitel Summe der Einkünfte § 24 Verlustausgleich I. Horizontaler und vertikaler Verlustausgleich II. Besonderheiten bei außerordentlichen Einkünften III. Ausschluß des Verlustausgleichs 1. Verluste aus Liebhaberei 2. Verluste im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen 3. Ausländische Verluste

392 392 393 394 394 394 394 XIX

Inhaltsübersicht 4. Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung 395 5. Verluste aus Beteiligungen 396 6. Verluste aus Leistungen und Spekulationsgeschäften 401 IV. Umfang des Verlustausgleichs 402 Sechstes Kapitel Gesamtbetrag der Einkünfte § 25 Altersentlastungsbetrag I. Sinn und Zweck II. Begünstigter Personenkreis III. Bemessungsgrundlage 1. Begriff des Arbeitslohns 2. Positive Summe der übrigen Einkünfte § 26 Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag

402 402 403 403 403 404 405

Siebtes Kapitel Einkommen § 27 Sonderausgaben I. Begriff II. Abzugsberechtigung III. Abflußprinzip IV. Erstattungen V. Arten 1. Unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben a) Renten und dauernde Lasten, § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG . . . . b) Kirchensteuern, §10 Abs. 1 Nr. 4 EStG c) Lastenausgleichsabgaben, § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG d) Steuerberatungskosten, § 10 Abs. 1 N r . 6 EStG e) Vermögensteuer 2. Beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben a) Realsplitting, §10 Abs. 1 N r . 1 EStG b) Vorsorgeaufwendungen aa) Begriff bb) Allgemeine Voraussetzungen cc) Versicherungsbeiträge, § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG (1) Beiträge zu Krankenversicherungen (2) Beiträge zu Unfallversicherungen (3) Beiträge zu Haftpflichtversicherungen (4) Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung (5) Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall XX

406 406 407 408 408 408 409 409 409 410 410 411 411 411 412 412 412 414 414 414 415 416 416

Inhaltsübersicht dd) Beiträge an Bausparkassen, § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG . . . . ee) Höchstbetragsregelung (1) Vorwegabzug, §10 Abs. 3 Nr. 2 EStG (2) Grundhöchstbetrag, § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG (3) Erhöhungsbetrag, § 10 Abs. 3 Nr. 3 EStG ff) Vorsorge-Pauschbetrag und Vorsorgepauschale (1) Vorsorge-Pauschbetrag (2) Vorsorgepauschale (a) Sinn und Zweck (b) Bemessungsgrundlage (c) Berechnung (d) Besonderheiten bei nicht rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern c) Aus- und Weiterbildungskosten, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG . . . d) Spenden, § 10 b EStG aa) Ausgabeni.S.d. § 1 0 b E S t G bb) Begünstigte Zwecke cc) Spendenempfänger dd) Durchlaufspenden ee) Spendenquittung ff) Höhe der abzugsfähigen Spenden VI. Sonderausgaben-Pauschbetrag VII. Nicht entnommener Gewinn, § 10 a EStG 1. Personenkreis 2. Sonstige Voraussetzungen 3. Höchstgrenzen 4. Nachversteuerung VIII. Verlustabzug, § 10 d EStG 1. Begriff 2. Berechtigung zum Verlustabzug 3. Ermittlung des abzugsfähigen Verlustes 4. Reihenfolge des Verlustabzugs 5. Verlustrücktrag 6. Verlustvortrag 7. Ausschluß des Verlustabzugs § 28 Außergewöhnliche Belastungen, §§33, 33 a, 33 b EStG I. Bedeutung II. Arten 1. Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG a) Aufwendungen b) Außergewöhnlichkeit c) Zwangsläufigkeit dem Grunde nach d) Zwangsläufigkeit nach Art und Höhe e) Zumutbare Eigenbelastung

418 419 419 422 422 423 423 424 424 425 425 427 428 430 430 431 431 432 433 433 433 434 434 435 435 436 436 436 437 439 440 440 442 442 443 443 443 444 444 445 446 448 449 XXI

Inhaltsübersicht

2. Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 a EStG a) Aufwendungen für Unterhalt und Berufsausbildung b) Ausbildungsfreibeträge c) Kinderbetreuungskosten d) Aufwendungen für die Beschäftigung einer Hausgehilfin oder Haushaltshilfe 3. Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 b EStG a) Pauschbeträge für Körperbehinderte b) Pauschbeträge für Hinterbliebene c) Übertragung der Pauschbeträge § 29 Freibetrag für freie Berufstätigkeit, § 18 Abs. 4 EStG

449 450 453 455 456 457 457 458 458 459

Achtes Kapitel Das zu versteuernde Einkommen § 30 Altersfreibetrag, § 32 Abs. 2 EStG 461 § 31 Haushaltsfreibetrag, § 32 Abs. 3 EStG 461 § 32 Kinderfreibetrag und sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge . . 462 I. Kinderfreibetrag, § 32 Abs. 8 EStG 462 II. Sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge 463 Neuntes Kapitel Zuordnung von Kindern § 33 Kindschaftsverhältnis 464 I. Kinder, die im ersten Grade mit dem Steuerpflichtigen verwandt sind 464 II. Pflegekinder 465 III. Stiefkinder 465 IV. Enkelkinder 466 § 34 Zuordnung 466 I. Geltungsbereich des §32 Abs. 4 S. 2, 3 EStG 466 II. Zuordnung außerhalb des §32 Abs. 4 S. 2,3 EStG 467 § 35 Berücksichtigungsfähige Kinder 468 I. Kinder bis zum 16. Lebensjahr 468 469 II. Kinderzwischen 16 und 27 Jahren III. Kinder über 27 Jahren 470 Zehntes Kapitel Tarifliche Einkommensteuer § 36 Begriff und Bedeutung § 37 Aufbau des Einkommensteuertarifs I. Abrundung des zu versteuernden Einkommens II. Tarifzonen XXII

470 471 471 471

Inhaltsübersicht

III. Steuersätze IV. Steuerberechnung 1. Grundtarif 2. Splitting-Verfahren a) Zusammenveranlagte Ehegatten b) Erweitertes Splitting-Verfahren §38 Progressionsvorbehalt § 39 Tarifvergünstigungen I. Außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 EStG 1. Ermittlung des ermäßigten Steuersatzes 2. Begünstigte außerordentliche Einkünfte a) Veräußerungsgewinne b) Entschädigungen, Nutzungsvergütungen und Zinsen c) Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit II. Entlohnung für mehrjährige Tätigkeit III. Außerordentliche Einkünfte aus Forstwirtschaft IV. Tarifvergünstigung für ausländische Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen

472 473 473 473 473 475 477 478 478 479 479 479 479 480 480 482 482

Elftes Kapitel Festzusetzende Einkommensteuer § 40 Kürzung der tariflichen Einkommensteuer I. Anzurechnende ausländische Steuern nach § 34 c Abs. 1, 6 EStG . . . II. Steuerermäßigung für freie Erfinder III. Steuerermäßigung für Einkünfte aus Berlin (West) 1. Ermäßigung der veranlagten Einkommensteuer 2. Steuerermäßigung für Berlindarlehen IV. Ermäßigung nach § 14 des 3. Vermögensbildungsgesetzes V. Steuerermäßigung bei Land- und Forstwirten nach § 34 e EStG . . . VI. Steuerermäßigung nach §34 f EStG bei Absetzungen nach §7 b EStG VII. Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer § 41 Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer I. Steuern nach § 34 c Abs. 5 EStG II. Nachsteuer gemäß §§30, 31 EStDV § 42 Pauschbesteuerung nach §31 EStG

487 488 491 491 491 492

Dritter Teil Erhebungsverfahren § 43 Veranlagungsverfahren I. Ermittlung der Einkommensteuer II. Festsetzung der Einkommensteuer

493 494 496

483 483 485 485 485 486 486 486

XXIII

Inhaltsübersicht

1. Festsetzung der Jahressteuerschuld 496 2. Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen 500 III. Veranlagungsarten 502 1. Einzelveranlagung, § 25 EStG 502 2. Ehegattenveranlagung, §§ 26-26 b EStG 502 a) Voraussetzungen 502 b) Getrennte Veranlagung, § 26 a EStG 503 c) Zusammenveranlagung, § 26 b EStG 504 § 44 Lohnsteuerverfahren 507 I. Begriff der Lohnsteuer 507 II. Voraussetzungen der Lohnsteuer-Erhebung 507 1. Lohnsteuerkarte 507 2. Lohnsteuerklassen und Lohnsteuertabellen 509 III. Lohnsteuerermäßigungsverfahren 510 IV. Durchführung des Lohnsteuerabzugs 512 1. Mit Lohnsteuerkarte 512 2. Ohne Lohnsteuerkarte 514 3. Pauschalierung der Lohnsteuer 515 a) Pauschalierung in besonderen Fällen, § 40 EStG 515 b) Pauschalierung für Teilzeitbeschäftigte, § 40 a EStG 516 c) Pauschalierung für Zukunftssicherungsleistungen, §40 b EStG 516 V. Besondere Pflichten des Arbeitgebers 517 1. Lohnkonto, Lohnzettel und Lohnsteuerbescheinigung 517 2. Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer 518 3. Anzeigepflicht nach § 41 c EStG 518 VI. Lohnsteuer-Jahresausgleich 519 1. Durch den Arbeitgeber 520 2. Durch das Finanzamt 521 VII. Veranlagung von Arbeitnehmern 523 1. Veranlagung von Amts wegen 524 2. Veranlagung auf Antrag 526 3. Härteausgleich 527 VIII. Haftung des Arbeitgebers 528 § 45 Kapitalertragsteuer 530 I. Begriff 530 II. Grundlagen 531 III. Arten 531 1. Allgemeine Kapitalertragsteuer 532 a) Steuerpflichtige Erträge 532 b) Steuersatz und Bemessungsgrundlage 532 c) Verzicht auf die Erhebung 533 d) Erstattung 533 2. Kuponsteuer alter Art 535 XXIV

Inhaltsübersicht

3. Kuponsteuer neuer Art 4. Kapitalertragsteuer auf Körperschaftsteuervergütungen

536 537

Vierter Teil Besonderheiten f ü r beschränkt Steuerpflichtige § 46 U m f a n g der steuerpflichtigen Einkünfte I. (Einfach) beschränkte Steuerpflichtige 1. Einkünfte aus L a n d - u n d Forstwirtschaft 2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb a) Einkünfte i. S. d. §49 Abs. 1 N r . 2 a EStG b) Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 N r . 2 b EStG c) Einkünfte i. S. d. §49 Abs. 1 N r . 2 c EStG 3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit 4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 5. Einkünfte aus Kapitalvermögen 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 7. Sonstige Einkünfte a) Wiederkehrende Bezüge i. S.d. §22 N r . 1 EStG b) Spekulationsgewinne i. S. d. § 22 N r . 2 EStG c) Abgeordnetenbezüge i. S. d. § 22 N r . 4 EStG d) Einkünfte aus Leistungen i. S. d. § 22 N r . 3 EStG 8. Nachträgliche inländische Einkünfte II. Erweitert beschränkt Steuerpflichtige § 47 Einschränkungen des Besteuerungsrechts durch Doppelbesteuerungsabkommen § 48 Steuererhebung I. Quellenabzug 1. Steuerabzug bei Aufsichtsratsvergütungen 2. Steuerabzug bei Künstlern, Berufssportlern, Schriftstellern, Journalisten und Bildberichterstattern 3. Steuerabzug bei Überlassung von Sachen und Rechten 4. Steuerabzug bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit 5. Steuerabzug bei Einkünften aus Kapitalvermögen 6. Steuerabzug auf Anordnung der Finanzverwaltung 7. D u r c h f ü h r u n g des Steuerabzugs II. Veranlagung 1. Ermittlung der Einkünfte 2. Summe der Einkünfte 3. Gesamtbetrag der Einkünfte 4. Einkommen 5. Zu versteuerndes Einkommen 6. Steuertarif III. Ubergang von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht .

540 540 541 541 541 542 543 543 544 544 545 545 545 546 546 546 546 547 547 550 550 550 551 552 552 554 554 555 555 556 557 557 558 559 560 560 XXV

Inhaltsübersicht

Anlagen Entscheidungsregister Sachregister

XXVI

563 569 595

Abkürzungsverzeichnis A A.A. a. a. O . AB AfA AfaA AfS AG AK AktG AO a. o. aRAP AStG AuslInvestmG

Aufwand, auch Aktivseite Anderer Ansicht am angegebenen Ort Anfangsbestand Absetzung für Abnutzung Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung Absetzung für Substanzverringerung Aktiengesellschaft, mit Ortsbezeichnung Amtsgericht Anschaffungskosten Aktiengesetz Abgabenordnung außerordentlich aktiver Rechnungsabgrenzungsposten Außensteuergesetz Auslandsinvestmentsgesetz

B. BA BAG BauNVO BB BdF BerlinFG BewG BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BKGG BMA BMF BMWF Bp-Kartei BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. BV BVerfG BVerfGE

Beschluß Betriebsausgaben Bundesarbeitsgericht Baunutzungsverordnung Betriebs-Berater Bundesminister der Finanzen Berlinförderungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeskindergeldgesetz Bundesminister für Arbeit Bundesminister der Finanzen Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen Betriebsprüfungs-Kartei Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Betriebsvermögen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts XXVII

Abkürzungsverzeichnis DB DBA Drs. des Reichstages DStR DStZ DStZ/A DStZ/E

Drucksache des Reichstages Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerzeitung (ab 1980) Deutsche Steuerzeitung — Ausgabe A (bis 1979) Deutsche Steuerzeitung — Eildienst

E EB EBK EFG EGAO EK ErbStG ErfVO ESt EStDV EStG EStR EStRG

Ertrag Endbestand Eröffnungsbilanzkonto Entscheidungen der Finanzgerichte Einführungsgesetz zur Abgabenordnung 1977 Eigenkapital Erbschaftsteuergesetz Erfinderverordnung Einkommensteuer Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien Einkommensteuerreformgesetz

FamRZ FG FGO Fifo Fn. FR FVG

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Finanzgericht Finanzgerichtsordnung First in — first out Fußnote Finanz-Rundschau Gesetz über die Finanzverwaltung

G GDL GenG GewStDV GewStG GG GmbH GmbHG GrS GuV GVB1.

Gewinn; auch Gesetz Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen Genossenschaftsgesetz Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Großer Senat Gewinn und Verlust Gesetz- und Verordnungsblatt

H HFR HGB Hifo

Haben Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Highest in — first out

XXVIII

Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen

Abkürzungsverzeichnis HK h. M. Hrsg. HS

Herstellungskosten herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz

i. d. F. Inf. InvZulG

in der Fassung Die Information über Steuer und Wirtschaft Investitionszulagengesetz

JbFfSt JuS

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Juristische Schulung

KAGG KapGes KG KGaA KohleG KStG KWG

Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitalgesellschaft Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlebergbaus und der deutschen Steinkohlebergbaugebiete Körperschaftsteuergesetz Gesetz über das Kreditwesen

Lifo Lofo LStDV LStR

Last in — first out Lowest in — first out Lohnsteuer-Durchführungsverordnung Lohnsteuer-Richtlinien

m. w. N .

mit weiteren Nachweisen

NE NJW

(Neu-)Einlagen Neue Juristische Wochenschrift

OECD OFD oHG OLG

Organisation for European Economic Cooperation and Development Oberfinanzdirektion offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht

P PE pRAP

Passivseite (Privat-)Entnahmen passiver Rechnungsabgrenzungsposten

RAP RFH RG RGBl. RGZ ROHG RStBl. RVO

Rechnungsabgrenzungsposten Reichsfinanzhof Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Reichssteuerblatt Reichsversicherungsordnung XXIX

Abkürzungsverzeichnis S S. SachbezV SBK SchutzbauG SparPG StAndG Stbjb StBp StEK StEntlG StLex StRK StuW

Soll Seite Sachbezugsverordnung Schlußbilanzkonto Schutzbaugesetz Spar-Prämiengesetz Steueränderungsgesetz Steuerberater-Jahrbuch Steuerliche Betriebsprüfung Steuererlasse in Karteiform, herausgegeben von Felix Steuerentlastungsgesetz Steuer-Lexikon Steuerrechtsprechung in Karteiform Steuer und Wirtschaft

TW Tz

Teilwert Textziffer

U. UmwStG USt UStG

Urteil Umwandlungssteuergesetz Umsatzsteuer Umsatzsteuergesetz

V VerglO VermBG VerschG

Verlust Vergleichsordnung Vermögensbildungsgesetz Verschollenheitsgesetz

WEB WEG WEK WES WiGBl. WM WPK WUS WVK

Warenendbestand Wohnungseigentumsgesetz Wareneinkaufskonto Wareneinsatz Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wertpapier-Mitteilungen Wertpapierkonto Wirtschaftlicher Umsatz Warenverkaufskonto

ZonenRFG ZPO

Zonenrandförderungsgesetz Zivilprozeßordnung

XXX

Verzeichnis der verkürzt zitierten Literatur Biergans, Einkommensteuer und Steuerbilanz, 2. Auflage 1983. Biergans/v. Stotzingen, Raten, Renten, andere wiederkehrende Zahlungen in der Einkommensteuer, 1979. Blümich/Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 11. Auflage, Loseblatt, Stand: April 1983. Bühler/Paulick/Freericks, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 3. Auflage, Loseblatt, Stand: September 1982. Flick-Wassermeyer-Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, 3. Auflage, Loseblatt, Stand: März 1983. Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Loseblatt, Stand: Mai 1983. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz (mit Nebengesetzen), 19. Auflage, Loseblatt, Stand: Juli 1983. Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage, Loseblatt, Stand: Oktober 1978. Jansen/Wrede, Renten, Raten, dauernde Lasten, 7. Auflage 1980. Klein/Flockermann/Kühr, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 3. Auflage 1981. Knobbe-Keuk, Bilanz und Unternehmenssteuerrecht, 3. Auflage 1981. Kom/Debatin, Kommentar zur Doppelbesteuerung, 7. Auflage, Loseblatt, Stand: Januar 1983. Kühn-Kutter-Hofmann, Kommentar zur Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, H . A u f lage 1983. Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Loseblatt, Stand: Februar 1983. Littmann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 13. Auflage, Bd.I: 1981, Bd. II: 1982. MünchKomm., Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1977 ff. Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 2. Auflage 1983. Tipke, Steuerrecht, ein systematischer Grundriß, 9. Auflage 1983. Tipke-Krttse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Auflage, Loseblatt, Stand: Juni 1983. Thiel, Bilanzrecht, Handelsbilanz, Steuerbilanz, 2. Auflage 1981.

XXXI

EINFÜHRUNG I. Geschichtliche Entwicklung des Einkommensteuerrechts Abgaben von Privatpersonen und Personenvereinigungen an das übergeordnete Gemeinwesen sind schon seit Beginn der Kulturgeschichte bekannt. Eine Steuer, die man von ihren Grundzügen her als Einkommensteuer bezeichnen kann, ist jedoch eine relativ junge Erscheinung. Die Einkommensteuer geht in Entstehung und Entwicklung eng mit dem staatlichen Finanzbedarf einher. Im deutschen Sprachraum wird das preußische Gesetz betreffend die Einführung einer klassen- und klassifizierten Einkommensteuer vom 1.5.1851' als Vorläufer des geltenden Einkommensteuergesetzes angesehen. Eine richtungweisende Kodifizierung erfolgte mit dem preußischen Einkommensteuergesetz (EStG) vom 24.6.1891 2 . Unter dem maßgeblichen Einfluß von Fuisting folgte dieses Gesetz der Quellentheorie; es erfaßte also nur die Einkünfte, die aus der Quelle flössen, nicht aber die Quelle als solche. Das EStG 1891 regelte vier Grundfragen des Einkommensteuerrechts: Die subjektive Steuerpflicht (§§ 1—4), die objektive Steuerpflicht (§§ 5—16), den Steuertarif (§§ 17—19) und das Besteuerungsverfahren (§§ 20—77). Um die Jahrhundertwende gaben sich auch die anderen Staaten des Deutschen Reiches Einkommensteuergesetze3. Das erste reichseinheitliche Einkommensteuergesetz vom 29.3.1920" geht auf die Steuerreform zurück, die der damalige Reichsfinanzminister Erzberger eingeleitet hat. Dieses Gesetz beruhte nicht mehr auf der Quellentheorie, sondern verwirklichte, jedenfalls dem Prinzip nach, die auf Schanz zurückzuführende Reinvermögenszugangstheorie. Danach ist das Einkommen durch Gegenüberstellung aller Vermögenszugänge und aller Vermögensabgänge einer Periode zu ermitteln. Die Besteuerung der Körperschaften wurde nunmehr in einem besonderen Körperschaftsteuergesetz geregelt. Daneben entstand die Lohnsteuer als besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. Die rasch fortschreitende Geldentwertung zu Beginn der zwanziger Jahre führte zu dem Einkommensteuergesetz vom 10.8.1925 5 . Dieses Gesetz brachte wesentliche Neuerungen. Es zählte folgende acht Einkunftsarten enumerativ auf:

1 2 3

4 5

Eschweiler, Rheinische Gesetz-Sammlung, 1873, S. 394 ff. Gesetz-Sammlung von 1891, Nr. 19, S. 175 ff., ausgegeben zu Berlin den 7. Juli 1891. Vgl. für Bayern Gesetz vom 9. Juni 1899 die Einkommensteuer betreffend, GVB1. 1899, IX, S.227; Müller, Die Einkommensteuergesetzgebung in den verschiedenen Ländern, 1902. RGBl. I S.359. RGBl. I S. 189.

1 1

Tiedtke, Einkommensteuer

Einführung

1. 2. 3. 4. 5. 6.

aus dem Betriebe von Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit, aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn), aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, Sachinbegriffen einschließlich des Mietwerts der Wohnung im eigenen Hause, 7. andere wiederkehrende Bezüge und 8. sonstige (bestimmte) Leistungsgewinne.

Zur Ermittlung der Einkünfte der Freiberufler wurde die Einnahmeüberschußrechnung eingeführt. Die unbeschränkte Steuerpflicht knüpfte nicht mehr an die Staatsangehörigkeit, sondern an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthaltsort an. Eine weitere Neugestaltung des Einkommensteuerrechts erfolgte 1934. Wesentliche Änderungen des Einkommensteuergesetzes vom 16.10.1934' waren die Übernahme des Teilwertbegriffes in das Gesetz, die klare Trennung der Begriffe Einkommen und Einkünfte und die Streichung des Verlustvortrages. Die Rechtsgrundlagen für die gegenwärtige Einkommensbesteuerung finden sich im EStG 19817, das in seiner Systematik und den tragenden Prinzipien auf dem EStG aus dem Jahre 1934 beruht, und in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV)'. Ergänzend gelten die Vorschriften der allgemeinen Steuergesetze, insbesondere die der Abgabenordnung. Auch andere Gesetze, wie z. B. das Außensteuergesetz, das Umwandlungssteuergesetz, das Berlinförderungsgesetz, das Investitionszulagengesetz, das Zonenrandförderungsgesetz und Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Staaten, regeln einkommensteuerrechtliche Sachverhalte. Schließlich sind die Einkommensteuerrichtlinien (EStR)' zu beachten. Sie binden die Finanzverwaltung, nicht aber die Finanzgerichte (und auch nicht die Steuerpflichtigen). Es ist ihr Ziel, innerhalb der Finanzverwaltung eine einheitliche Auslegung von Zweifelsfragen herbeizuführen, um eine gleichmäßige Behandlung der steuerlichen Sachverhalte zu gewährleisten.

II. Einordnung der Einkommensteuer in das Steuersystem 1. Problem des Steuersystems Finanzwissenschaft und Steuerrechtswissenschaft sind sich einig, daß die Vielzahl der bestehenden Steuern und das Nebeneinander der Einzelsteuern das Prädikat ' R G B l . I S. 1005 = RStBl. 1934 S. 1261. 7 In der Fassung vom 6. Dezember 1981, B G B 1 . I S. 1249 = BStBl. 1981 I S . 6 6 6 , zuletzt geändert durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 2 0 . 1 2 . 1 9 8 2 , B G B 1 . I S. 1857 = BStBl. 1982 I S . 9 7 2 ; eine weitere Änderung ist durch das Steuerentlastungsgesetz 1984 (StEntlG 1984) vorgesehen, vgl. B R - D r u c k s . 3 0 3 / 8 3 . 8 9

2

In der Fassung v o m 2 3 . 6 . 1 9 8 2 , BGBl. I S. 700 = BStBl. 1982 I S. 592. Z . Z . E S t R 1981 in der Fassung vom 7. April 1982, BStBl. I Sondernummer 1.

Einordnung der Einkommensteuer in das Steuersystem

„Steuersystem" im Sinne einer systematischen Ordnung nicht verdienen. Die Steuerpraxis leidet unter dem Zwang, historisch gewachsene Grundsätze mit theoretisch entwickelten rationalen Prinzipien zu verbinden. Die unterschiedlichen Besteuerungsziele lassen sich unter die Begriffe fiskalisch-budgetär' 0 , ethisch-sozialpolitisch", wirtschaftspolitisch 12 , steuerrechtlich und steuertechnisch11 fassen. Es ist offenbar, daß Anzahl und Inhalt der Postulate zu Zielkonflikten führen müssen. So erfordert ein hohes Maß an Besteuerungsgerechtigkeit ein aufwendiges Besteuerungsverfahren. In der Praxis lassen sich die Zielkonflikte nur im Wege des Kompromisses lösen. Dabei wird das Gebot einer geordneten Systematik verletzt. Gleichwohl gibt es Kriterien, die Vielzahl der einzelnen Steuern nach Gruppen zu ordnen. Mit Hilfe der vorhandenen Schematisierungsversuche soll daher die Einkommensteuer in das Steuergefüge eingeordnet werden, um ihren Standort aufzuzeigen und sie nach den anerkannten Gliederungskriterien zu charakterisieren. a) Besitzsteuern —

Verkehrssteuern

Besitzsteuern sind Steuern, die an das zurechenbare Innehaben von Gütern anknüpfen. Verkehrssteuern stellen dagegen auf Vorgänge des Rechtsverkehrs ab14. Nach dieser Einteilung ist die Einkommensteuer eine Besitzsteuer; sie geht von bestimmten Einkunftsquellen aus. b) Personensteuern — Realsteuern Personensteuern sind Steuern, die an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer natürlichen oder juristischen Person anknüpfen. Realsteuern erfassen dagegen eine Sache ( z . B . Grund und Boden) oder einen Sachinbegriff (z.B. Gewerbebetrieb). Die Einkommensteuer ist eine typische Personensteuer. Sie beruht auf der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit natürlicher Personen. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen sind für Grund und Höhe der Besteuerung bedeutsam. Dies zeigt sich in vielfacher Weise: Der Gesetzgeber stellt auf die Höhe des Einkommens ab (§ 2 Abs. 4 und 5, § 32 Abs. 1 EStG), der Einkommensteuertarif ist progressiv gestaffelt (§ 32 a Abs. 1 EStG), ein Existenzminimum bleibt steuerfrei ( § 3 2 a Abs. 1 Nr. 1 EStG), der Familienstand wird berücksichtigt (§§26—28 EStG), bestimmte Kosten der privaten Lebensführung sind als Sonderausgaben (§§10, 10 b, 10 c EStG) oder als außergewöhnliche Belastungen 10

11

12 13

14

Vgl. Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, 1970, S. 53 ff.; Wagner, Finanzwissenschaft, Bd. 2, 1880, S. 304 ff. Vgl. Haller, Die Steuern, Grundlinien eines rationalen Systems öffentlicher Abgaben, 2. Aufl. 1971, S. 41 ff., 110. Vgl. Neumark, a . a . O . (Fn. 10), S.222ff., 282f. Darunter sind insbesondere die Grundsätze der Transparenz und der Bestimmbarkeit der Besteuerung sowie die Forderung nach Praktikabilität zu verstehen; vgl. Neumark, a. a. O. (Fn. 10), S. 368 ff., 378 ff. Vgl. BVerfGE 3, 407, 436ff.; 7, 244, 260. 3

l*

Einführung ( § § 3 3 , 33 a, 33 b E S t G ) abzugsfähig. A u c h das Alter des Steuerpflichtigen ( § 2 4 a , § 32 A b s . 2 E S t G ) und die A n z a h l seiner Kinder (§ 10 A b s . 1, § 10 c, § 32 A b s . 3, § 32 A b s . 4 ff., § § 3 3 , 33 a E S t G ) k ö n n e n die H ö h e seiner Steuerschuld beeinflussen.

c) Direkte Steuern — Indirekte

Steuern

B e i den direkten Steuern sind Steuerschuldner und Steuerträger identisch. W e r die Steuer zahlt, bleibt endgültig mit ihr belastet, er kann sie nicht auf einen anderen abwälzen. B e i der indirekten Steuer fallen dagegen Steuerschuldner und Steuerträger auseinander. W e r die Steuer zahlt, ist nicht endgültig mit ihr belastet; er wälzt sie auf einen anderen, letztlich auf den Endverbraucher, ab. Dies läßt sich besonders deutlich bei der Mehrwertsteuer zeigen. D e r U n t e r n e h m e r schuldet die Steuer (§ 13 A b s . 2 U S t G ) , der Verbraucher trägt sie. D i e E i n k o m m e n s t e u e r ist eine direkte Steuer. B e i ihr ist der Steuerschuldner auch der Steuerträger; er kann sie weder bei den einzelnen Einkunftsarten n o c h vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen, § 12 Nr. 3 EStG.

d) Ertragsteuern —

Substanzsteuern

D i e E i n k o m m e n s t e u e r ist weder Ertrags- noch Substanzsteuer. Ertragsteuern und E i n k o m m e n s t e u e r n knüpfen zwar in gleicherweise an Einkünfte an. V o n Ertrag spricht man aber nur in bezug auf ertragbringende O b j e k t e , also in bezug auf die P r o d u k t i o n s f a k t o r e n im Sinne der Volkswirtschaftslehre: B o d e n , Arbeit und Kapital. Personen erzielen keinen Ertrag, sondern Einkünfte. D i e Ertragsteuern berücksichtigen nicht die persönlich-individuelle, sondern die objektive Leistungsfähigkeit. Sie haben an Bedeutung verloren. Zu ihnen zählt insbesondere die G e w e r b e und die Grundsteuer. D a s N e b e n e i n a n d e r von Ertragsteuern und E i n k o m m e n s t e u e r wird zu Recht 1 5 als steuerpolitischer A n a c h r o n i s m u s verstanden. D a jedoch die Ertragsteuern als einzige der v o m A u f k o m m e n her größeren Steuern unmittelbar den G e m e i n d e n zufließen (Art. 106 A b s . 6 G G ) , wird sich ihre Abschaffung in naher Zukunft politisch nicht durchsetzen lassen. D u r c h A r t . 2 des Steueränderungsgesetzes 1 9 7 9 " wurde j e d o c h die L o h n s u m m e n s t e u e r (eine der drei Arten der Gewerbesteuer) abgeschafft. Dies ist nicht nur unter steuersystematischen Gesichtspunkten als positiver Schritt zu werten.

2. Behandlung der Einkommensteuer im Grundgesetz a)

Gesetzgebungskompetenz

D i e E i n k o m m e n s t e u e r ist eine Steuer i . S . d . A r t . 105 A b s . 2 G G . D a n a c h hat der B u n d die konkurrierende Gesetzgebung über Steuern, an denen ihm das A u f k o m Vgl. Tipke, S. 62. " Gesetz zur Änderung des EStG, des GewStG, des UStG und anderer Gesetze (StÄndG 1979) vom 30. November 1978, BGB1.I S. 1849 = BStBl. 1978 I S.479. 15

4

Einordnung der Einkommensteuer in das Steuersystem

men ganz oder zum Teil zusteht oder Art. 72 Abs. 2 G G eingreift. Beide Voraussetzungen sind bei der Einkommensteuer gegeben. Sie ist eine Gemeinschaftssteuer, Art. 106 Abs. 3 G G . Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse ist eine bundeseinheitliche Einkommensbesteuerung notwendig. N u r durch eine Zentralisation der Einkommensteuergesetzgebung können regionale Belastungsunterschiede der Steuerpflichtigen vermieden werden, Art. 72 Abs. 2 N r . 2 (Beeinträchtigungsklausel) und N r . 3 (Einheitswahrungsklausel). D e r Bundesgesetzgeber hat von seiner Kompetenz im Bereich der Einkommensbesteuerung Gebrauch gemacht, so daß insoweit für Landesgesetze kein Raum bleibt. D e r Ländereinfluß auf die Einkommensteuergesetzgebung ist jedoch durch Art. 105 Abs. 3 G G gewährleistet; danach bedürfen legislatorische Maßnahmen auf dem Gebiet der Einkommensteuer der Zustimmung des Bundesrates. b)

Verwaltungshoheit

Die Einkommensteuer wird gemäß Art. 108 Abs. 2 G G durch Landesfinanzbehörden verwaltet. Dies gilt auch, soweit den Ländern nicht die Ertragshoheit z u k o m m t , Art. 108 Abs. 3 G G . Die Organisationsgewalt der Länder ist allerdings dadurch beschränkt, daß der Aufbau der Landesfinanzbehörden durch Bundesgesetz bestimmt werden kann. Des weiteren hat der Bund das Recht, durch Gesetz die einheitliche Ausbildung der Finanzbeamten zu regeln. Davon hat er mit dem Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz 1 7 Gebrauch gemacht. Darüber hinaus hat der Bund ein Mitwirkungsrecht bei der Bestellung der Leiter der Mittelbehörden der Landesfinanzverwaltungen (Präsidenten der Oberfinanzdirektion), Art. 108 Abs. 2 S.3 G G , § 9 Abs. 2 S.2 FVG). c)

Ertragshoheit

Die Einkommensteuer ist eine Gemeinschaftssteuer, Art. 106 Abs. 3 G G . Ihr A u f k o m m e n steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu, soweit das A u f k o m men der Einkommensteuer nicht nach Art. 106 Abs. 5 G G und aufgrund des Gemeindefinanzreformgesetzes" den Gemeinden zugewiesen ist. Die Gemeinden erhalten ab 1.1.1980 1 5 % " des Aufkommens an veranlagter Einkommen- und Lohnsteuer. D e r Länderanteil bemißt sich in der H ö h e nach den Steuern, die von den Landesfinanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden, Art. 107 Abs. 1 G G . Ein Ausgleich des Steuergefälles zwischen den steuerstarken und den steuerschwachen Ländern erfolgt über den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich, Art. 107 Abs. 2 GG 20 . 17 18

19 20

Gesetz vom 14. September 1976, BGBl. I S. 2793 = BStBl. 1976 I S. 510. Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen vom 8. September 1969, BGBl. I S. 1587 = BStBl. 1969 I S. 613, geändert durch Gesetz vom 27. Dezember 1971, BGBl. 1972 I S. 157 = BStBl. 1972 I S. 19. Art. 13 Nr. 1, 16 Abs. 4 des StÄndG 1979 (Fn. 16). Vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rdn. 4 ff., Art. 107, Rdn. 24 ff. 5

Einführung

III. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Einkommensteuer Einige aktuelle Kennzahlen sollen einen Uberblick über die finanzwirtschaftliche Bedeutung der Einkommensteuer und ihren finanzpolitischen Stellenwert geben. Die gesamten kassenmäßigen Steuereinnahmen 21 beliefen sich in den Jahren

auf Mill. DM

1979

1980

1981

342559

364 916

370319

111559 36 796 21322 4175 52 851 40 597

116559 32928 20162 4 630 54297 43492

245546

267300

272 068

44 674 16603 35 736

46053 16072 35 493

48077 16357 33 818

Dieses Steueraufkommen unterteilt sich wie folgt: (1) Gemeinschaftssteuern nach Art. 106 GG Lohnsteuer 97067 veranlagte Einkommensteuer 37551 Körperschaftsteuer 22 912 Kapitalertragsteuer 3 809 Umsatzsteuer 50 996 Einfuhrumsatzsteuer 33210 Summe (2) Bundessteuern (3) Landessteuern (4) Gemeindesteuern

Die Einkommensteuer im weiteren Sinn (veranlagte Einkommensteuer, Lohnsteuer und Körperschaftsteuer) beläuft sich demnach auf 157530 oder, relativ gesehen, auf 45,99 % der gesamten kassenmäßigen Steuereinnahmen 22 .

169677

169649

46,50% und

45,81 %

Setzt man dieses Aufkommen in Relation zu den gesamten Staatsausgaben in Höhe von 442 314

479805

508476

so ergibt sich, daß die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden zu 35,61 %, 35,36% und 33,36 % allein aus der Einkommensteuer finanziert werden.

21

22

6

Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1981, Statistisches Bundesamt, 1981, S. 413 ff. und Statistisches Jahrbuch 1982, S. 415 ff. Statistisches Jahrbuch 1982, a . a . O . (Fn.21), S.418f.

Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Einkommensteuer Im Verhältnis der Untergruppen entwickelte sich das Aufkommen von 1961 (als Basisjahr) bis 1981 wie folgt23: 1961 Lohnsteuer Einkommensteuer Körperschaftsteuer

9028 ( = 100) 13 008 ( = 100) 6046 ( = 100)

1981 116559 = (1291) 32928 = ( 253) 20162 = ( 333)

Aus diesen Zahlen wird ersichtlich, daß gerade die Lohnsteuer in erheblichem Maße gestiegen ist. Auf die wirtschaftspolitische Bedeutung der Einkommensteuer kann hier nur hingewiesen werden. Sie bietet verschiedene Möglichkeiten, einzelne Wirtschaftszweige, bestimmte Unternehmensformen oder ausgewählte Personengruppen im Verhältnis zu anderen zu begünstigen oder zu benachteilen24. Gerade die Einkommensbesteuerung wird zunehmend zu außerfiskalischen Zwecken, z. B. der Einkommensumverteilung, mißbraucht 25 .

23 24 25

Statistisches Jahrbuch 1982, a.a.O. (Fn.21), S.435. Vgl. die Steuerauswirkungen der Abschreibungen nach § 7 Abs. 5 und § 7 b EStG. Vgl. die Abschaffung des Kinderfreibetrages durch das EStG 1975 und die Einführung des Kindergeldes durch das Bundeskindergeldgesetz vom 31.Januar 1975, BGB1.I S.412: §32 Abs. 2 EStG 1974, BGBl. 1973 I S.1993 = BStBl. 1973 I S.578 und dagegen §32 Abs. 3 Nr.2 EStG 1975, BGBl. 1974 I S.2165 = BStBl. 1974 I S.733; Bachmann, DStZ 1982, 318, 319; §4 des Ergänzungsabgabegesetzes vom 21.Dezember 1967, BGBl. I S. 1254 = BStBl.I S. 484, geändert durch die Gesetze vom 23. Dezember 1970, BGBl. I S. 1856 = BStBl. 1971 I S.8 und vom 26. Juni 1973, BGBl. I S.676 = BStBl. I S.545, 552 sowie §32a EStG 1975; das Stabilitätszuschlagsgesetz vom 26.Juni 1973, BGBl. I S.676 = BStBl. I S.545, 550ff.; Zimmermann/Henke, Einführung in die Finanzwissenschaft, 2. Aufl. 1978, S. 149 ff. 7

Erster Teil

Persönliche Steuerpflicht § 1 Steuersubjekt: Natürliche Personen D i e subjektive Steuerpflicht ergibt sich aus § 1 E S t G . Steuersubjekt sind danach die natürlichen Personen. D i e juristischen Personen fallen nicht unter das E i n k o m m e n steuergesetz; sie sind körperschaftsteuerpflichtig 1 . D a s gleiche gilt, wenn die V o r aussetzungen des § 3 A b s . 1 K S t G vorliegen, für nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen. A u s der Beschränkung der Einkommensteuerpflicht auf natürliche Personen folgt, daß Personengesellschaften des Handelsrechts, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und Gemeinschaften als solche nicht einkommensteuerpflichtig sind. D i e von den Gesellschaften und Gemeinschaften erzielten und bei diesen einheitlich u n d gesondert festgestellten Einkünfte (vgl. §§ 179 ff. A O 1977) werden unmittelbar den einzelnen Gesellschaftern oder Gemeinschaftern zugerechnet und bei diesen der Einkommensteuer unterworfen.

I. Beginn der subjektiven Steuerpflicht D i e Einkommensteuerpflicht beginnt mit der Rechtsfähigkeit des Menschen, also mit der Vollendung der Geburt, § 1 B G B . Darunter ist der vollständige Austritt des Kindes aus dem Mutterleib zu verstehen 2 . D i e erzeugte — aber noch nicht geborene — Leibesfrucht ist zwar nach § 1923 A b s . 2 B G B erbberechtigt, aber nicht steuerpflichtig. D i e vor der G e b u r t anfallenden Einnahmen (aus ererbtem Vermögen) werden erst bei der natürlichen Person erfaßt. Daher können z. B. Kapitalerträge, die einem nasciturus im Kalenderjahr vor seiner Geburt zufließen, steuerlich nicht erfaßt werden 3 . D i e Einkommensteuerpflicht setzt also nicht die Geschäftsfähigkeit voraus. A u c h auf die Staatsangehörigkeit k o m m t es grundsätzlich nicht an; entscheidend ist allein die Rechtsfähigkeit.

1 2 1

8

Vgl- §§ 1—6 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung vom 10. Dezember 1981, BGBl. I S. 1357 = BStBl. 1982 I S. 1. Vgl. MünchKomm.-Gitter, § 1 Rdn. 13. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 Anm. 16.

Steuersubjekt: Natürliche Personen

§2

I 1

II. Ende der subjektiven Steuerpflicht Die Steuerpflicht endet mit dem Tode des Steuerpflichtigen. Die bis dahin entstandene Einkommensteuerschuld bleibt bestehen. Die Erben haften dafür, wenn sie die Erbschaft nicht ausschlagen, als Gesamtschuldner, §§1967, 2058 BGB, §45 AO 1977. Erblasser und Erben werden für das Todesjahr getrennt mit dem Einkommen veranlagt, das jeder von ihnen im auf ihn entfallenden Abschnitt des Veranlagungszeitraums erzielt hat4. Einnahmen, z. B. aus Kapitalvermögen, die nach dem Tode des Steuerpflichtigen erzielt werden, sind den Erben zuzurechnen. Ist der Steuerpflichtige verschollen, greift §49 A O 1977 ein. Anders als im bürgerlichen Recht, in dem gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 VerschG der im Beschluß über die Todeserklärung festgestellte Todeszeitpunkt maßgebend ist, gilt für die Besteuerung der Tag als Todestag, mit dessen Ablauf der Beschluß rechtskräftig wird5.

§ 2 Umfang der persönlichen Steuerpflicht Nach § 1 EStG ist zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht zu unterscheiden.

I. Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 EStG ist unbeschränkt steuerpflichtig, wer im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 1. Wohnsitz Der steuerrechtliche Begriff des Wohnsitzes bestimmt sich nach §8 AO 1977. Danach hat jemand dort seinen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Als Wohnung sind eingerichtete Räume anzusehen, die zum Wohnen benutzt werden können und dem Inhaber ein seinen Lebensbedürfnissen entsprechendes Heim bieten'. Die Räumlichkeiten brauchen nicht angemessen und nicht standesgemäß zu sein2. Ein möbliertes Zimmer, unter Umständen sogar ein Hotelzimmer, kann eine Wohnung im steuerrechtlichen Sinne sein.

4 5 1

2

Vgl. Hübschmann-Hepp-Spitaler, § 45 Anm. 20. Vgl. B F H v. 2 4 . 8 . 1 9 5 6 I 9/55 U, BStBl. 1956 III S.310. Vgl. R F H v. 8 . 1 . 1 9 3 7 III A 218/36, RStBl. 1937 S. 108; Klein/Flockermann/Kühr-F. § 1 Rdn. 26 ff. Vgl. Kühn-Kutter-Hofmann, § 8 A O Nr. 4 a; Tipke-Kruse, § 8 Rdn. 2.

Klein,

9

§2

I2

1. Teil. Persönliche Steuerpflicht

Eine Gemeinschaftsunterkunft ist dann eine Wohnung, wenn der Steuerpflichtige keine andere W o h n u n g unterhält. Wegen fehlender Verfügungsmacht über die R ä u m e ist die Strafanstalt nicht als Wohnung des Strafgefangenen anzusehen'. D a g e g e n kann ein Wohnwagen, der für längere Zeit ortsfest aufgestellt ist, eine W o h n u n g darstellen 4 . Ein allgemeiner Maßstab für die Annahme einer Wohnung ist das Kriterium, o b der O r t , an dem der Steuerpflichtige sich aufhält, den Mittelp u n k t seines familiären und gesellschaftlichen Lebens bildet 5 . D e r Steuerpflichtige muß die Wohnung innehaben. Dies setzt einerseits seine tatsächliche Verfügungsgewalt voraus; andererseits muß er die Wohnung in gewisser Regelmäßigkeit z u m Aufenthalt benutzen 6 . D i e tatsächliche Verfügungsgewalt kann auch durch Angehörige ausgeübt werden. Man kann wohnen lassen. So hat z. B . der f ü r ein J a h r im Ausland tätige Monteur, der seine Familie in der Wohnung im Inland zurückläßt, weiterhin seinen Wohnsitz im Inland. Die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung übt in diesem Fall seine Ehefrau für ihn aus. Schließlich werden Begleitumstände des Innehabens gefordert. tive Anhaltspunkte f ü r ein dauerhaftes Beibehalten und Benutzen die Absicht des Steuerpflichtigen k o m m t es dabei nicht an. K u r z e des Aufenthalts sind unerheblich, wenn damit zu rechnen ist, fortgesetzt wird 7 .

E s müssen objekgegeben sein. A u f Unterbrechungen daß die N u t z u n g

2. Gewöhnlicher Aufenthalt D i e zweite Alternative zur Begründung der persönlichen Steuerpflicht, der gewöhnliche Aufenthalt im Inland, bestimmt sich nach § 9 A O 1977. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, w o er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem O r t oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. D e r gewöhnliche Aufenthalt ist im Verhältnis z u m Wohnsitz ein Auffangtatbestand zur B e g r ü n d u n g der unbeschränkten Steuerpflicht. Auf ihn k o m m t es nur an, falls es an einem inländischen Wohnsitz fehlt. Aufenthalt ist körperliche Anwesenheit von gewisser, wenn auch geringer Dauer. D e r Aufenthalt ist dann nicht nur vorübergehend und damit gewöhnlich, wenn er sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. D e r längere Zeitraum kann unbeschadet des § 9 S. 2 A O 1977 im Einzelfall auch weniger als 6 Monate betragen 8 . Übersteigt der zusammenhängende Vgl. R F H GrS v. 19.10.1940 D 3/40, RStBl. 1940 S.925. Dies gilt aber nur dann, wenn er nicht zusätzlich zu einer nahegelegenen Stadtwohnung bewohnt wird, BFH v. 15.11.1974 VI R 195/72, BStBl. 1975 II S.278. 5 Vgl. BFH v. 19.7.1951 III 35/51 U, BStBl. 1951 III S. 176; Herrmann/Heuer/Raupach, %1 Anm. 34. 6 Vgl. B F H v. 6.3.1968 I 38/65 U, BStBl. 1968 II S.439. 7 Vgl. B F H v. 24.4.1964 VI 236/62 U, BStBl. 1964 III S.462; Herrmann/Heuer/Raupacb, § 1 Anm. 36. » Vgl. BFH v. 27.7.1962 VI 156/59 U, BStBl. 1962 III S.429; F G Rheinland-Pfalz v. 10.4.1975 III 16/75, E F G 1975, 446.

3 4

10

Umfang der persönlichen Steuerpflicht

§2

I 3

Aufenthalt 6 Monate, so gilt er als gewöhnlich, wobei kurze Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben. So hat ein Gastarbeiter, der 5 Monate im Inland weilt, sodann einen Heimaturlaub von einem Monat antritt und dann wieder zurückkehrt, dennoch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet. § 9 S . 2 A O 1977 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert, § 9 S. 3 A O 1977. So begründet ein Ausländer, der sich neun Monate in Deutschland zu Besuchszwecken aufhält, hier keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Auch der holländische Grenzgänger, der jeweils an den Arbeitstagen in Deutschland weilt, wird nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig; ein gewöhnlicher Aufenthalt liegt mangels zeitlich zusammenhängender Anwesenheit nicht vor'. Für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes kommt es ebenfalls auf die äußeren Umstände, nicht auf die Absicht des Steuerpflichtigen an10. Begründet wird der gewöhnliche Aufenthalt mit der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 S. 1 A O 1977, beendet mit deren Wegfall. 3. Inland Der Inlandsbegriff ist im E S t G nicht definiert. Es ist jedoch heute herrschende Auffassung", daß Inland i. S. d. § 1 E S t G nur die Gebiete der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlins (West) sind. Gleichwohl gilt die D D R und Berlin (Ost) einkommensteuerrechtlich nicht als Ausland. Es bestehen drei für das Einkommensteuerrecht relevante Territorien: (1) Die Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) (Inland im Sinne des E S t G ) (2) D D R und Berlin (Ost) (einkommensteuerrechtliches Niemandsland) (3) Alle übrigen Länder (Ausland im verfassungsrechtlichen" und damit auch im einkommensteuerrechtlichen Sinne). Es sind außersteuerrechtliche Gründe, die den Gesetzgeber davon abgehalten haben, den Inlandsbegriff festzuschreiben. Der Vorschlag 13 , Inland sei das Besteuerungsgebiet dieses Gesetzes, wurde nicht verwirklicht. Im U S t G 1980 ( § 1 Abs. 2) gebraucht der Gesetzgeber die Formulierung „Erhebungsgebiet". Darunter versteht er den Geltungsbereich des U S t G mit Ausnahme der Zollausschlüsse und der Zollfreigebiete.

' Vgl. BFH v. 5.2.1965 VI 334/63 U, BStBl. 1965 III S.352. Vgl. BFH v. 27.7.1962 VI 156/59 U, BStBl. 1962 S.429. " Vgl. Gerard/Söffing, FR 1974, 361, 362; Herrmann/Hener/Raupach, StuW 1974, 293, 304. 12 Vgl. BVerfGE 36, 1,17. 13 Lang, StuW 1974, 293, 304. 10

§1 Anm. 24; Lang,

11

§2

I 4

1. Teil. Persönliche Steuerpflicht

Zum Inland i. S. d. EStG gehören auch Zollausschlüsse, Freihäfen, die Dreimeilenzone, Handelsschiffe unter deutscher Flagge sowie der Festlandsockel, § 1 Abs. 1 S. 2 EStG14. 4. Bedeutung der unbeschränkten Steuerpflicht Unbeschränkt Steuerpflichtige werden mit ihren sämtlichen Einkünften erfaßt, also auch mit ihren Auslandseinkünften. Es gilt das Welteinkommensprinzip (auch Totalitätsprinzip genannt). Es kommt nicht darauf an, an welchem Ort sie die Einkünfte erzielen. Dabei entsteht das Problem der doppelten Besteuerung derselben Einkünfte. In der Regel erhebt nicht nur der Wohnsitzstaat, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht gegeben ist, sondern auch der Quellenstaat, in dem die Einkünfte erzielt werden, Anspruch auf die Steuern. Doppelte Besteuerungen beeinträchtigen die internationalen Wirtschaftsbeziehungen erheblich. Der Gesetzgeber hat deshalb Regelungen getroffen, die eine doppelte Erfassung ausländischer Einkünfte ausschließen oder wenigstens mildern. a) Doppelbesteuerungsabkommen Zur Vermeidung der mehrfachen Besteuerung im Ausland erzielter Einkünfte hat die Bundesrepublik Deutschland mit vielen Staaten bilaterale Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und des Vermögens geschlossen, die (ungenau) Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) genannt werden. Dabei handelt es sich um völkerrechtliche Verträge im Sinne des Art. 59 Abs. 2 GG, in denen die Vertragsstaaten im Rahmen eines auf Gegenseitigkeit gegründeten Systems auf einen Teil des nach nationalen Gesetzen bestehenden Steueranspruches verzichten15. Dieser Verzicht erfolgt regelmäßig in Form der Art. 23 A und 23 B OECD-Muster-DBA 1977, also entweder durch Freistellung bestimmter Einkünfte von der nationalen Besteuerung (Befreiungsmethode) oder durch (zumindest teilweise) Anrechnung der im Vertragsstaat gezahlten Steuern auf die inländische Steuerschuld (Anrechnungsmethode). aa)

Anrechnungsmetbode

Beim Anrechnungsverfahren wird das gesamte inländische und ausländische Einkommen des Steuerpflichtigen im Wohnsitzstaat besteuert. Die im Quellenstaat gezahlte Steuer wird jedoch auf die inländische Steuerschuld angerechnet. Die Anrechnung der im Vertragsstaat tatsächlich entrichteten Steuern ist nach oben auf die Höhe der Steuer begrenzt, die auf diese ausländischen Einkünfte im Inland entfällt. " Vgl. das Flaggenrechtsgesetz v. 8. Februar 1951, BGBl. I S. 79; Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 Anm. 24. 15 Vgl. Korn/Debatin, Systematik I, Rdn. 36ff.; Vogel, DStR 1968, 427, 429. 12

§2

Umfang der persönlichen Steuerpflicht

I 4

Beispiel: Inland: Ausland: Besteuerung:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1 0 0 0 0 0 — D M Einkünfte aus selbständiger Arbeit § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG 20 000,— D M Einkünfte (Welteinkunftsprinzip) 120000,—DM darauf entfallende deutsche Einkommensteuer für Ledige laut Tabelle 1981 52 3 6 3 — D M Anteil der Steuer auf die ausländischen Einkünfte: 8 727,17 D M 5 2 3 6 3 : 6, also Damit ist eine Anrechnung der im Vertragsstaat entrichteten Steuern von höchstens 8 727,17 D M zulässig.

Schwierigkeiten bereitet das Anrechnungsverfahren, falls der Steuerpflichtige in mehreren Ländern Wohnsitze unterhält, weil dann festgelegt werden muß, in welchem Land die Anrechnung erfolgen soll. Die dabei auftretenden Fragen sind durch vertragliche Vereinbarungen in Doppelbesteuerungsabkommen geregelt (vgl. Art. 4 O E C D - M u s t e r - D B A 1977). Das Anrechnungsverfahren wird überwiegend von den angelsächsischen Ländern angewendet".

bb) Freistellungsmethode

und

Progressionsvorbehalt

Die Doppelbesteuerungsabkommen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, beruhen überwiegend auf der Freistellungsmethode, nach der bestimmte Besteuerungsgegenstände entweder dem Wohnsitzstaat oder dem Quellenstaat zur Besteuerung überlassen werden, während der jeweils andere Vertragsstaat sachliche Steuerfreiheit gewährt. So sieht z. B. das D B A mit der Schweiz 17 vom 1 1 . 8 . 1 9 7 1 , das dem O E C D - D B A nachgebildet ist, in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 die gegenseitige Befreiung der Einkünfte von der nationalen Besteuerung vor, die der Vertragsstaat besteuert. Die beiden Verfahren werden regelmäßig miteinander kombiniert, so daß für einzelne Einkünfte die Anrechnungsmethode, für andere die Befreiungsmethode angewendet wird 18 . Die Bundesrepublik Deutschland hat mit den meisten Handelspartnern Doppelbesteuerungsabkommen bezüglich der Einkommen- und Vermögensteuer abgeschlossen", die inzwischen zumeist auf dem O E C D - A b k o m m e n von 1963 20 oder dessen Neufassung 1977 21 beruhen. Die ausländischen Einkünfte, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der deutschen Einkommensteuer freigestellt sind, bleiben zwar bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage (also bei der Ermittlung des Einkom16 17

18

Vgl. Korn/Debatin, D B A Großbritannien, A r t . XVIII A n m . 2 c. In K r a f t gesetzt durch Zustimmungsgesetz vom 5. September 1972, BGBl. II S. 1021 BStBl. I S. 518. Vgl. D B A Schweiz A r t . 24 Abs. 1 Nrn. 1, 2; Abs. 2 Nrn. 1, 2.

" Vgl. die kommentierte Sammlung bei 20 21

Abgedruckt bei Abgedruckt bei

Korn/Debatin, Korn/Debatin,

=

Kom/Debatin.

Anhang A , S. 8 a ff. Anhang A , S. 8 ff.

13

§ 2

1. Teil. Persönliche Steuerpflicht

I 4

mens) außer Ansatz. Sie spielen aber (nach § 32 b E S t G ) gleichwohl für die H ö h e der zu zahlenden Steuer eine Rolle 22 ; sie werden berücksichtigt, soweit es um die Steuerprogression, also um die Frage geht, welcher Steuersatz anzuwenden ist. D e r Steuertarif ist höher, wenn bei seiner Ermittlung (positive) ausländische Einkünfte berücksichtigt werden. E r ist aber andererseits auch niedriger, wenn sich negative ausländische Einkünfte bei seiner Berechnung auswirken. In diesem Fall spricht man v o m negativen Progressionsvorbehalt. E r kann dazu führen, daß sich der Steuersatz auf Null reduziert. Eine Steuererstattung ist aber ausgeschlossen. Verluste, die sich in einem Jahr nicht auswirken, können jedoch nach § 10 d E S t G vorund rückgetragen werden. Beispiel: A, B und C haben im Veranlagungszeitraum jeweils 50000,— DM zu versteuerndes Einkommen im Inland und daneben positive bzw. negative Einkünfte im Ausland erzielt, die aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind. A soll positive Auslandseinkünfte in Höhe von 30 000,— DM, B negative in Höhe von 30 000,— DM und C negative in Höhe von 6 0 0 0 0 , — DM erzielt haben. A 1 Zu versteuerndes Einkommen im Inland 2 aufgrund von D B A nicht enthaltene ausländische Einkünfte 3 für die Berechnung des Steuersatzes maßgebendes zu versteuerndes Einkommen 4 Steuer nach der Splittingtabelle (Steuertabelle 1981). 5 Durchschnittlicher Steuersatz 6 zu zahlende Steuern (26,26 bzw. 12,71 % von 50 000,—) 7 Demgegenüber zu zahlende Steuer ohne Progressionsvorbehalt 8 Auswirkungen des Progressionsvorbehalts

B

C

50000 —

50000,—

50000,-

+ 30 000,+ 80000,—

X 30 000,— + 20000,—

X 60 000,-

21 0 1 2 , — 26,26 %

2 542,— 12,71 %

0 — 0%

13 130,—

6355,—

0 —

9 748,—

9 748,—

9 748,—

+ 3 382,—

X

3 393,—

0 —

X

9748,—

Bei C verbleiben noch 10 000,— DM Verlust, die nach § 10 d EStG im Vorjahr oder in den Folgejahren wie Sonderausgaben bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt werden können. b) Einseitige

Anrechnung

ausländischer

Steuern

Werden ausländische Einkünfte in einem Staate erzielt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, so kann der 22

14

Eine Ausnahme gilt nach Abschnitt 185 Abs. 1 S.3 EStR 1981 für in Italien erzielte Einkünfte.

U m f a n g der persönlichen Steuerpflicht

§2

III

Steuerpflichtige über § 34 c E S t G die doppelte Besteuerung vermeiden. N a c h dieser Vorschrift ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die bei ihren Einkünften aus einem ausländischen Staat zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer 23 herangezogen werden, die festgesetzte und gezahlte Einkommensteuer auf die deutsche Steuer anzurechnen. Die einzelnen Voraussetzungen für die Anrechnung und die Berechnung 24 der anzurechnenden Steuer ergeben sich aus § 34 c E S t G und § § 6 8 ä f f . E S t D V .

II. Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht § 1 Abs. 2 E S t G erweitert die unbeschränkte Steuerpflicht 25 . Auch ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland sind danach deutsche Staatsangehörige, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen und ihre zum Haushalt gehörenden deutschen Angehörigen unbeschränkt steuerpflichtig. Durch die Vorschrift soll vermieden werden, daß der betroffene Personenkreis (das sind vor allem die im Ausland tätigen Beamten des auswärtigen Amtes), der im ausländischen Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat aufgrund völkerrechtlicher Vorrechte als beschränkt steuerpflichtig behandelt wird, letztlich in keinem Land der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, vgl. Abschnitt 1 Abs. 2 EStR.

III. Beschränkte Steuerpflicht Beschränkt steuerpflichtig sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (noch nach § 1 Abs. 2 E S t G erweitert unbeschränkt steuerpflichtig sind), falls sie inländische Einkünfte im Sinne des § 4 9 E S t G beziehen, § 1 Abs. 3 E S t G . Auf die Staatsangehörigkeit kommt es auch hier grundsätzlich nicht an. Die beschränkte Steuerpflicht knüpft nicht an die subjektiven Beziehungen einer Person zum Inland, sondern an sachliche Merkmale an; es ist entscheidend, daß im Inland bestimmte Einkünfte erzielt werden. Gleichwohl ist die aufgrund der beschränkten Steuerpflicht zu erhebende Einkommensteuer keine Objektsteuer, sondern, wie bei der unbeschränkten Steuerpflicht, eine Personensteuer 26 . Sie bezieht sich allerdings nicht auf alle Einkünfte, die in § 2 Abs. 1 E S t G aufgezählt " Vgl. die Übersicht in Anlage 10 zu Abschnitt 2 1 2 a E S t R 1981. 24 Vgl. das Beispiel oben § 2 I 4 a aa, S. 13. 25 Diese Regelung hält das F G Köln in einer Entscheidung vom 31.3.1981 I (VII) 194/79 E, E F G 1981, 400, insoweit für verfassungswidrig, als an die deutsche Staatsangehörigkeit der zum Haushalt gehörenden Personen angeknüpft wird. Vgl. auch Verfügung der O F D Düsseldorf v. 6 . 7 . 1 9 8 2 , B B 1982, 1541. 26 Vgl. Lang, StuW 1975, 2 8 5 f f . ; Streck, StuW 1973, 119ff. 15

§2

IV

1. Teil. Persönliche Steuerpflicht

sind. Es werden gemäß §49 E S t G lediglich bestimmte (enumerativ und abschließend) aufgezählte Einkünfte erfaßt. Für die Besteuerung ist es daher entscheidend, welcher Einkunftsart die Einkünfte zuzuordnen sind. Dies darf nicht teleologisch mit dem Ziel erfolgen, auf diese Weise die Steuerpflicht zu begründen 27 . Welche Einkünfte bei beschränkt Steuerpflichtigen besteuert werden und welche verfahrensmäßigen Besonderheiten dabei bestehen, wird im 4. Teil 2 ' ausgeführt.

IV. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht Das Außensteuergesetz (AStG) 2 ' ordnet eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht an. § 2 A S t G bestimmt, daß natürliche Personen über die beschränkte Steuerpflicht des Einkommensteuergesetzes hinaus mit allen inländischen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 E S t G einkommensteuerpflichtig sind. Der Steuersatz richtet sich dabei ausschließlich nach den im Inland erzielten Einkünften, § 34 c EStG. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht ist an folgende Voraussetzungen geknüpft: Der Steuerpflichtige muß innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Ende seiner unbeschränkten Steuerpflicht mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sein. Es ist erforderlich, daß er während dieser fünf Jahre die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt hat und nunmehr in einem niedrig besteuernden ausländischen Gebiet 30 ansässig ist. Schließlich muß er wesentliche wirtschaftliche Interessen in der Bundesrepublik Deutschland oder in Berlin (West) haben (§ 2 Abs. 3 A S t G ) , und die Summe der inländischen Einkünfte i. S. d. § 49 E S t G und der Einkünfte, die nach § 2 A S t G der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegen, darf nicht weniger als 32000 D M betragen, § 2 Abs. 1 S. 1 AStG. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird die beschränkte Steuerpflicht über § 49 E S t G hinaus auf alle Einkünfte erweitert, „die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nichtausländische Einkünfte i. S. d. § 3 4 c Abs. 1 E S t G sind", § 2 Abs. 1 S. 1 A S t G . Der erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen daher über § 4 9 E S t G hinaus auch Erträge (Zinsen) aus inländischen Spar- und Bankguthaben sowie Leibrenten i. S. d. §22 N r . 1 a) EStG 3 1 . Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht endet 10 Jahre nach dem Jahr, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht geendet hat, also grundsätzlich zehn Jahre nach Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland, § 2 Abs. 1 S. 1 A S t G . Vgl. F G H a m b u r g v. 2 1 . 6 . 1 9 6 6 II 137/63, E F G 1966, 484; bestätigt durch B F H v. 4 . 3 . 1 9 7 0 I R 140/66, BStBl. 1970 II S.428; B F H v. 2 0 . 1 . 1 9 5 9 I 112/57 S, BStBl. 1959 III S. 133, 135 f. 28 §§46 ff., S. 540 ff. 2 ' V o m 8. September 1972, B G B l . I S. 1713 = BStBl. 1972 I S.450. 30 Vgl. Anhang 1 und 2 zum Schreiben betreffend der Grundsätze zur Anwendung des A S t G v. 11.7.1974, BStBl. I S.442, 484 ff. 51 Vgl. dazu § 4 6 II, S.547.

27

16

Zweiter Teil

Sachliche Steuerpflicht ERSTES KAPITEL Steuerobjekt § 3 Einkommensbegriff Objekt der Einkommensteuer ist das Einkommen. So klar und einfach diese Feststellung ist, so umstritten ist der Begriff des Einkommens. Er kann nach verschiedenen Gesichtspunkten bestimmt werden und demnach zu unterschiedlichen Inhalten führen. So stellt die Nationalökonomie 1 das Volkseinkommen, die Betriebswirtschaftslehre 2 den Gewinn als betriebliches Einkommen und schließlich die Finanzwissenschaft das Einkommen als „ökonomisch-finanzielle Dispositionskraft" 3 in den Vordergrund. Für das Steuerrecht hatte zunächst der finanzwissenschaftliche Einkommensbegriff eine gewisse Bedeutung.

I. Finanzwissenschaftlicher Einkommensbegriff Die Diskussion des Einkommensbegriffs in der Finanzwissenschaft wurde von zwei Theorien geprägt, der Quellentheorie und der Reinvermögenszugangstheorie.

1. Quellentheorie Die Quellentheorie, die v. Hermann4 begründete, wurde um die Jahrhundertwende von dem deutschen Steuerrechtler Fuisting' weiterentwickelt. N a c h dieser Theorie ist das Einkommen „die Gesamtheit der Sachgüter, welche in einer bestimmten Periode (Jahr) dem Einzelnen als Erträge dauernder Quellen der Gütererzeugung zur Bestreitung der persönlichen Bedürfnisse für sich und für die auf den Bezug

' Vgl. Woll, Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 7. Aufl. 1981, 3. Teil, 13. Kapitel, S. 309 ff. Vgl. Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 14. Aufl. 1981, S . 4 7 f f . 5 Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, 1970, S. 135. 4 Staatswirthschaftliche Untersuchungen, 2. Aufl. 1870, S. 590. 5 Die Preußischen Steuern, 4 . B d . : Grundzüge der Steuerlehre, 1902, S. 110.

2

17 2

Tiedtke» Einkommensteuer

§3

I 3

2. Teil. 1. Kapitel. Steuerobjekt

ihres Lebensunterhalts von ihm gesetzlich angewiesenen Personen (Familie) zur Verfügung stehen". Entscheidend ist also das Innehaben einer Quelle, aus der regelmäßig Einkünfte fließen. Nur vorübergehende zufällige Einkünfte, denen keine Quelle zugrunde liegt, gehören daher nicht zum steuerbaren Einkommen. Das gilt z. B. für Lotteriegewinne, Erbschaften, aber auch für Veräußerungsgewinne. Die Quellentheorie hat sich nicht durchgesetzt; sie ist auf Kritik gestoßen, weil die Interpretation des Quellenbegriffs, die Grundlage dieser Theorie, teilweise willkürlich sei. Außerdem seien der Bestand einer Quelle und die Periodizität der Einkünfte als Begriffsmerkmale des Einkommens nicht zwingend6. Für einen fiskalischen Einkommensbegriff müsse das Schwergewicht auf der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen liegen. 2. Reinvermögenszugangstheorie Die Reinvermögenszugangstheorie wurde von Schanz7 begründet. Er rechnet zum Einkommen alle Reinerträge und Nutzungen, geldwerte Leistungen und alle sonstigen Vermögenszugänge wie Erbschaften, Lotteriegewinne, Auszahlungen aufgrund von Versicherungen und Konjunkturgewinne. Dieser Einkommensbegriff überzeugt nicht8. Er leidet an dem Mangel, die theoretischen Prinzipien, auf denen er beruht, nicht klar zu formulieren und statt dessen zu kasuistischen Aufzählungen zu greifen. Auch finanzpolitische Erwägungen sprechen gegen die Reinvermögenszugangstheorie. Es kann notwendig sein, bestimmte Einkünfte steuerlich nicht zu erfassen, die nach der Reinvermögenszugangstheorie Bestandteile des Einkommens wären. Andererseits berücksichtigt die Reinvermögenszugangstheorie auch Schuldzinsen und Vermögensverluste als Abzugsposten, so daß durch Vorgänge in der Privatsphäre das Einkommen beeinflußt werden kann. 3. Einfluß der Theorien auf die Einkommensteuergesetze Die Einkommensteuergesetze enthielten teils eine Begriffsdefinition des steuerbaren Einkommens, teils begnügten sie sich damit, das Einkommen in kasuistischer Form zu umschreiben. Das preußische Einkommensteuergesetz vom 24.6.1891' beruhte auf der Quellentheorie. Das Quellenprinzip wurde jedoch nicht rein verwirklicht. So wurden z. B. nicht gewerbliche Spekulationsgewinne, obwohl ihnen keine Quelle zugrunde lag, besteuert, wobei die Verluste aus derartigen Geschäften abzugsfähig waren, § 12 Abs. 2 d EStG 1891. Neumark, Theorie und Praxis der modernen Einkommensbesteuerung, 1947, S. 38 ff. Der Einkommensbegriff und die Einkommensteuergesetze, Finanzarchiv, 13.Jahrgang Bd. 1 (1896), S.7. 8 Vgl. Neumark, a . a . O . (Fn.6), S.40. ' Gesetz-Sammlung von 1891, Nr. 19, S. 175 ff. 6

7

18

Einkommensbegriff

§3

II 2

Das Reichseinkommensteuergesetz vom 29.3.1920'° folgte grundsätzlich der Reinvermögenszugangstheorie. Aber auch sie wurde nicht in vollem Umfang verwirklicht. § 12 EStG 1920 schloß 13 verschiedene Einkunftsgruppen aus dem Einkommensbegriff enumerativ aus. Das Reichseinkommensteuergesetz vom 10. 8.1925" stützte sich auf keine der beiden Theorien. In ihm wurde der noch heute geltende fiskalisch-steuertechnische Einkommensbegriff begründet. Es zählte in § 6 acht Einkunftsarten abschließend auf. Die Schaffung eines fiskalisch-steuertechnischen Einkommensbegriffes folgte nach Enno Becker12 der Erkenntnis, „daß es steuerrechtlich aus praktischen und steuertechnischen Gründen nicht möglich ist, den Begriff des Einkommens auf eine allgemeine, alle Fälle deckende und überall passende Formel zu bringen". Das Reichseinkommensteuergesetz vom 16.10.1934" reduzierte die acht Einkunftsarten auf sieben, indem es die siebte und achte Einkunftsart des Gesetzes von 1925 zusammenfaßte, §2 Abs. 3 EStG 1934. Die dort niedergelegte Methode der Einkommensbestimmung gilt im heutigen Einkommensteuerrecht fort.

II. Einkommen nach dem geltenden Einkommensteuerrecht 1. Legaldefinition Den Begriff des Einkommens definiert §2 Abs. 4 EStG. Die Bestimmung hat folgenden Wortlaut: „Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen."

Die Definition stellt auf Begriffsmerkmale ab (Gesamtbetrag der Einkünfte, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen), die alle unbekannt sind. So ist zunächst der Gesamtbetrag der Einkünfte festzustellen. Danach werden die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen ermittelt und vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen; das Ergebnis dieser Rechnung ist das (stufenweise ermittelte) Einkommen. 2. Ermittlung des Einkommens a) Erste Stufe: Ermittlung der Einkünfte Die Ermittlung des Einkommens i. S. d. § 2 Abs. 4 EStG beginnt mit der Ermittlung der Einkünfte. Auch diesen Begriff hat der Gesetzgeber definiert. In §2 Abs. 2 EStG heißt es: 10

RGBl. I S. 359. " RGBl. I S. 189. 12 Handkommentar der Reichssteuergesetze, II, 1. Teil, Das Einkommensteuergesetz, 1928, S. 77. " RGBl. I S. 1005 = RStBl. 1934 S. 1261. 19 2"

§ 3

II 2

2. Teil. 1. Kapitel. Steuerobjekt

„Einkünfte sind 1. bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (SS 4 - 7 e), 2. bei den anderen Einkunftsarten der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8—9 a)."

aa) Einkunftsarten Ausgangspunkt für die Ermittlung der Einkünfte sind die sieben Einkunftsarten des §2 Abs. 1 EStG. Der Einkommensteuer unterliegen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG.

Diese Aufzählung der Einkunftsarten ist abschließend. Die siebte Einkunftsart, sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 EStG, ist kein Auffangtatbestand aller Einkünfte, die in den ersten sechs Einkunftsarten noch nicht enthalten sind. Die sonstigen Einkünfte umfassen vielmehr ihrerseits nur den festen Katalog der in § 22 Nrn. 1—4 EStG abschließend aufgezählten Einkünfte. Die Festschreibung der Einkunftsarten hat Ausschlußcharakter. Was von den sieben Einkunftsarten nicht erfaßt wird, ist nicht steuerbares Einkommen". Einkünfte nach § 2 EStG sind begrifflich und inhaltlich zu trennen von Einnahmen im Sinne von Roheinnahmen oder Roherträgen15. Es gilt das Nettoprinzip, d. h. Einnahmen oder Erträge sind um bestimmte Abzugsposten zu kürzen. Nach den unterschiedlichen Ermittlungsverfahren teilt § 2 Abs. 2 EStG die Einkünfte in Gewinneinkunftsarten und Uberschußeinkunftsarten ein. Gewinneinkunftsarten sind die1 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit. Bei den übrigen vier Einkunftsarten sind die (Rein)einkünfte der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Das Nettoprinzip ist Ausfluß des Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Ausgaben, die mit der Einnahmeerzielung zusammenhängen, mindern die Leistungsfähigkeit. Daher ist bei den Gewinneinkunftsarten der Betrag der (Brutto-)Einnahmen um die Betriebsausgaben als unmittelbar mit den Einnahmen zusammenhängenden Kosten zu kürzen. Bei den Uberschußeinkunftsarten wird entsprechend bezüglich der Werbungskosten verfahren; auch hier sollen Aufwendungen, die unmittelbar der Einnahmeerzielung dienen, bei der Besteuerung nicht außer Betracht bleiben.

14

15

20

Es liegen insoweit keine „steuerfreien" Einkünfte, sondern „Nicht-Einkünfte" vor; vgl. Würdinger, StuW 1966, 673, 678. Vgl. Littmann, DStR 1962, 17; Würdinger, StuW 1966, 673.

Einkommensbegriff

§3

II 2

Daher ist bei einem Arbeitnehmer der Bruttolohn z. B. um die Fahrtkosten zu seiner Arbeitsstätte zu kürzen. Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Einkunftsquellen, die zu Einkünften einer Einkunftsart führen, so wird unter Einkünften dieser Art das Gesamtergebnis aller Quellen verstanden. Dies gilt auch für die Uberschußeinkunftsarten. So ist z. B. bei der Vermietung mehrerer Objekte zunächst für jedes Objekt getrennt der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln und sodann die Summe zu bilden. Die Summe der positiven und negativen Einzelergebnisse sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. bb)

Verlustausgleich

Unter (vertikalem) Verlustausgleich wird die Verrechnung eines negativen Ergebnisses (Verlust) einer Einkunftsart mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verstanden. Der Ausgleich muß im gleichen Veranlagungszeitraum, und zwar im Entstehungsjahr des Verlustes, vorgenommen werden. Verlustausgleich ist also ein aliud gegenüber dem Verlusta^zxg im Sinne des § 10 d EStG. Dort ist ein Vorund Rücktrag auf andere Veranlagungszeiträume zugelassen. Nicht als Verlustausgleich, sondern als Ermittlung der Einkünfte der betreffenden Einkunftsart ist der Ausgleich positiver und negativer Ergebnisse der Einkunftsquellen innerhalb der gleichen Einkunftsart" anzusehen. Beispiel: Ein Steuerpflichtiger ist an einer o H G beteiligt, die einen Verlust erwirtschaftet, von dem 100000,— D M auf ihn entfallen. In seinem Einzelunternehmen erzielt er im gleichen Veranlagungszeitraum einen Gewinn von 80000,— D M . Aus Vermietung und Verpachtung ergeben sich positive Einkünfte in H ö h e von 20 000,— D M . Der Steuerpflichtige hat negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in H ö h e von 20 000,— D M . Diese kann er im Wege des Verlustausgleichs mit positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in gleicher H ö h e verrechnen. Die Summe der Einkünfte beträgt 0,— D M .

Der (vertikale) Verlustausgleich kommt dann nicht zum Zuge, falls der Steuerpflichtige nur Einkünfte aus einer Einkunftsart hat. b) Zweite Stufe: Summe der Einkünfte Die Summe der Einkünfte errechnet sich aus den Beträgen der einzelnen Einkunftsarten. Sie kann demnach aus bis zu sieben Summanden oder Subtrahenden bestehen. Ein Steuerpflichtiger kann Einkünfte aus allen sieben Einkunftsarten haben, wenn dies auch nur sehr selten vorkommen wird. Möglich wäre dies z. B. bei einem Beamten, der nebenbei in nicht geringem Ausmaß als Weinbauer tätig ist, einen

16

So Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 Anm. 10, 24; a. A. Biergans, S. 751, der von „horizontalem Verlustausgleich" spricht; vgl. auch Schmidt!'Seeger, § 2 Anm. 15. 21

§3

II 2

2. Teil. 1. Kapitel. Steuerobjekt

Kommanditanteil an einer (elterlichen) Kommanditgesellschaft hält, gelegentlich seine (beruflich und privat gewonnenen) Erkenntnisse in Fachzeitschriften publiziert, die Einliegerwohnung seines Zweifamilienhauses vermietet, Zinserträge aus Sparguthaben erzielt und ein Grundstück, das er im Vorjahr erworben hat, günstig weiterveräußert. Es könnten sich dann ergeben: Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft § 13 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG Einkünfte aus selbständiger Arbeit § 18 EStG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit § 19 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen § 20 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachung $ 21 EStG sonstige Einkünfte § 23 EStG Summe der Einkünfte

5 000,—DM X 30 000 — D M 1000,—DM 36000,—DM 1000 — D M X 1 6 000,—DM 3 000,— DM 0,—DM

c) Dritte Stufe: Gesamtbetrag der Einkünfte Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist in §2 Abs. 3 EStG definiert als die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag (§ 24 a EStG), den Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag (§ 24 b EStG) und um ausländische Steuern vom Einkommen (§ 34 c Abs. 2 u. 3 EStG). Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist eine rechnerische Zwischengröße ohne große steuertechnische Bedeutung. d) Vierte Stufe: Das

Einkommen

Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben (§§ 10—10 d EStG) und die außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33—33 b EStG), ergibt das Einkommen, §2 Abs. 4 EStG. Bei diesem Schritt werden auch der nicht entnommene Gewinn nach § 10 a EStG abgezogen und der Verlustabzug, § 10 d EStG, also der Verlustvor- und -rücktrag, durchgeführt. e) Fünfte Stufe: Das zu versteuernde

Einkommen

Das Einkommen, vermindert um den Altersfreibetrag (§32 Abs. 2 EStG), den Haushaltsfreibetrag (§32 Abs. 3 EStG), den Kinderfreibetrag (§32 Abs. 8 EStG) und die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ergibt das zu versteuernde Einkommen, §2 Abs. 5 EStG. Dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer. Die tarifliche Einkommensteuer ist von der festzusetzenden Einkommensteuer zu unterscheiden. Zu ihrer Ermittlung wird der Betrag der tariflichen Einkommensteuer gegebenenfalls um ausländische Steuern nach § 34 c Abs. 5 EStG sowie um die Nachsteuern nach §§30, 31 EStDV (insbesondere also bei vorzeitiger, nicht zweckentsprechender Verwendung einer Bausparsumme) erhöht und um Steuerermäßigungen, z. B. nach §§ 16, 17, 21, 22 BerlinFG, § 35 EStG, § 14 des dritten VermBG, gekürzt. Eine vollständige Aufstellung der zu berücksichtigenden Beträge findet sich in Abschnitt 4 der Einkommensteuerrichtlinien. 22

Bedeutung der Zurechnung zu einer bestimmten Einkunftsart

§ 4

III. Schematische Ubersicht über die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft + Einkünfte aus Gewerbebetrieb + Einkünfte aus selbständiger Arbeit + Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit + Einkünfte aus Kapitalvermögen + Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung + sonstige Einkünfte (§22 EStG) = Summe der Einkünfte (§2 Abs. 1 EStG) X X X X

Altersentlastungsbetrag (§ 24 a EStG) Ausbildungsplatzabzugsbetrag (§ 24 d EStG) Freibetrag für Land- und Forstwirte (§13 Abs. 3 EStG) ausländische Steuern vom Einkommen (§ 34 c Abs. 2, 3 und 6 EStG)

= Gesamtbetrag der Einkünfte (§2 Abs. 3 EStG) X X X X X

Sonderausgaben (§§10, 10 b, 10 c EStG) steuerbegünstigter nichtentnommener Gewinn (§10a EStG) Freibetrag für freie Berufe (§ 18 Abs. 4 EStG) außergewöhnliche Belastungen (§§ 33, 33 a, 33 b EStG) Verlustabzug (§10d EStG)

= Einkommen (§2 Abs. 4 EStG) X X X X X

Altersfreibetrag (§32 Abs. 2 EStG) Haushaltsfreibetrag (§32 Abs. 3 EStG) Kinderfreibetrag (§32 Abs. 8 EStG) Zinsen i.S. d. §43 Abs. 1 Nr. 5 EStG Härteausgleich (§46 Abs. 3 EStG, §§70, 72 EStDV)

= zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5, § 32 Abs. 1 EStG)

ZWEITES KAPITEL Einkunftsarten und ihre Abgrenzung Die einzelnen Einkunftsarten sind in den §§ 13—24 EStG geregelt. Ihre Stellung im Einkommensteuergesetz ist nicht sehr glücklich. Bevor der Inhalt der Einkunftsarten bestimmt wird, befaßt sich das Einkommensteuergesetz im Anschluß an § 2 EStG mit der Ermittlung der Einkünfte. Systematisch ist es aber erforderlich, zunächst den Inhalt der einzelnen Einkunftsarten festzulegen. Erst wenn das 23

§4

2. Teil. 2. Kapitel. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung

g e s c h e h e n ist, k a n n die E r m i t t l u n g d e r E i n k ü n f t e e r f o l g e n . A b w e i c h e n d

vom

A u f b a u d e s E i n k o m m e n s t e u e r g e s e t z e s w e r d e n d a h e r hier z u n ä c h s t d i e E i n k u n f t s a r ten e r l ä u t e r t .

§ 4 Bedeutung der Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart O b e r z i e l t e E i n k ü n f t e ü b e r h a u p t einer d e r v o r g e s e h e n e n E i n k u n f t s a r t e n z u g e o r d n e t w e r d e n k ö n n e n , ist v o n g r u n d l e g e n d e r B e d e u t u n g f ü r die s a c h l i c h e S t e u e r p f l i c h t . § 2 A b s . 1 E S t G e n t h ä l t eine a b s c h l i e ß e n d e A u f z ä h l u n g d e r E i n k ü n f t e , die d e r E i n k o m m e n s t e u e r unterliegen. Fallen E i n k ü n f t e unter keine Einkunftsart, bleiben s i e e i n k o m m e n s t e u e r f r e i . Ist d a s nicht d e r F a l l , ist die F r a g e z u e n t s c h e i d e n , w e l c h e r E i n k u n f t s a r t sie z u z u r e c h n e n s i n d . D i e s ist w i c h t i g , weil d a s G e s e t z d i e e i n z e l n e n E i n k u n f t s a r t e n u n t e r s c h i e d l i c h b e h a n d e l t . D u r c h die Z u o r d n u n g d e r E i n k ü n f t e z u einer E i n k u n f t s a r t w e r d e n insbesondere Vorentscheidungen f ü r folgende Fragen getroffen:

(1) für die unterschiedlichen Einkunftsermittlungsmethoden und die unterschiedlichen Steuererhebungsarten (Ermittlung des Gewinns oder Uberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten; Einkommensteuerveranlagung oder A b z u g der Lohnsteuer), (2) für die unterschiedlichen Werbungskostenpauschbeträge und die Vorsorgepauschale, § 9 a, 10 c A b s . 3 E S t G , (3) für die unterschiedlichen Freibeträge bei den einzelnen Einkunftsarten, vgl. § 13 Abs. 3 E S t G (Freibetrag für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft: 2000,— D M oder bei Zusammenveranlagung 4000,— D M ; § 16 Abs. 4 E S t G (Freibetrag bei Betriebsveräußerung); § 17 A b s . 3 E S t G (Freibetrag bei Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft); §18 A b s . 4 E S t G (Freiberufler-Freibetrag); § 1 9 Abs. 2-4 E S t G (Freibeträge für Versorgungsbezüge, Weihnachts-Freibetrag, ArbeitnehmerFreibetrag); § 2 0 A b s . 4 E S t G (Sparer-Freibetrag); §23 A b s . 4 E S t G (Freibetrag für Spekulationsgewinne), (4) für die unterschiedliche Behandlung von Altersbezügen, § 1 9 Abs. 1 N r . 2 E S t G (Versorgungsbezüge aus nichtselbständiger Arbeit); § 2 2 N r . 1 a E S t G (Leibrenten); § 24 a E S t G (Entschädigungen, die der jeweiligen Einkunftsart zugeordnet werden), (5) für Verlustausgleichs- und Verlustabzugsbeschränkungen, die nur bei bestimmten Einkunftsarten bestehen, § 1 5 Abs. 2 (ab 1984: § 1 5 Abs. 3) E S t G (Abzugsbeschränkung für Verluste aus gewerblicher Tierzucht); § 1 5 a E S t G (Verlustabzugsverbot bei negativem Kapitalkonto eines Kommanditisten); §22 N r . 3 letzter Satz; § 2 3 Abs. 4 letzter Satz E S t G (beschränkter Verlustausgleich und Verbot des Verlustabzugs bei Einkünften aus Leistungen und Spekulationsgeschäften); § 5 0 A b s . 2 E S t G (Verbot des Verlustausgleichs und des Verlustabzugs bei beschränkt Steuerpflichtigen), (6) für Steuervergünstigungen, die auf einzelne Einkunftsarten beschränkt sind, z. B. § 34 A b s . 2 N r . 1 E S t G (halber Steuersatz für Veräußerungsgewinne); §46 Abs. 3 E S t G (Härteausgleich bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) oder Steuerbefreiungen nach § § 3 , 3 a, 3 b E S t G , (7) für die richtige Zuordnung der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte, § 4 9 E S t G . 24

Die einzelnen Einkunftsarten

§5

I 2

§ 5 Die einzelnen Einkunftsarten I. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, §§ 13—14 a EStG 1. B e g r i f f Die Einkünfte aus L a n d - und Forstwirtschaft sind in den §§ 13—14 a E S t G geregelt. L a n d - und Forstwirtschaft ist die planmäßige N u t z u n g der natürlichen Kräfte des B o d e n s und die Verwertung der dadurch gewonnenen Erzeugnisse'. D i e Bewirtschaftung darf nicht gewerblich erfolgen. Sie muß aber mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, da anderenfalls ein Liebhabereibetrieb gegeben ist, der nicht der Besteuerung unterliegt. § 13 A b s . 1 und 2 E S t G bestimmt im einzelnen, aus welcher wirtschaftlichen Betätigung Einkünfte aus L a n d - und Forstwirtschaft erzielt werden. Einkünfte aus Sonderkulturen, wie z. B . Weinbau, Gartenbau, O b s t b a u , Gemüsebau oder B a u m schulen, führen zu Einkünften aus L a n d - und Forstwirtschaft. A u c h die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung rechnen zu dieser Einkunftsart. § 13 A b s . 1 N r . 1 E S t G macht die Einordnung v o m Verhältnis des Tierbestandes zur Größe der regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche abhängig. D e r Tierbestand wird dabei nach einem festgelegten Schlüssel in Vieheinheiten umgerechnet 2 . D a s gilt aber nur, wenn der Landwirt in der Lage ist, aus seiner eigenen Anbaufläche das Futter für die Ernährung der Tiere selbst zu erzeugen. Daß er dies tatsächlich tut, ist nicht erforderlich. E s k o m m t darauf an, o b er es tun kann 3 . D i e G r ö ß e der betrieblichen Fläche ist nur von untergeordneter Bedeutung. A u c h ein kleiner Betrieb kann unter bestimmten Voraussetzungen als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb angesehen werden. Dies wird insbesondere bei Betrieben von Sonderkulturen der Fall sein. Im allgemeinen wird für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes gefordert, daß die bewirtschaftete Fläche mindestens 3000 q m beträgt 4 . Unabhängig von der Grundstücksgröße ist die Bewirtschaftung von Schrebergärten, Hausgärten und Wochenendgrundstücken steuerfreie Liebhaberei 5 . Wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht handelt es sich nicht um Einkünfte aus L a n d - und Forstwirtschaft. 2. U m f a n g der E i n k ü n f t e a) Primäre

Einkünfte

Zu den Einkünften aus L a n d - und Forstwirtschaft gehören zunächst die primären Einkünfte. D a s sind alle Einkünfte, die unmittelbar aus einer wirtschaftlichen

1 2 3

4 5

Vgl. BFH v. 16.11.1978 IV R 191/74, BStBl. 1979 II S. 246, 247 m. w. N. Vgl. Abschnitt 124 a EStR 1981. Vgl. Felsmann-Pape, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Loseblattkommentar, A 10 a (S.33). Vgl. Felsmann-Pape, a.a.O., A 3 b (S.26); Herrmann/Heuer/Raupach, §13 Anm. 96. Vgl. Felsmann-Pape, a.a.O., A49 (S.66/25); Herrmann/Heuer/Raupach, §13 Anm. 76. 25

§5

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2. Teil. 2. Kapitel. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung

Betätigung im Sinne des §13 EStG hervorgehen. Im Bereich des Pflanzenanbaus sind dies alle Einkünfte, die durch die wirtschaftliche Verwertung der pflanzlichen Erzeugnisse erzielt werden, z. B. durch Verkauf von Weizen oder Gemüse. Bei der Tierzucht und Tierhaltung sind alle Erlöse aus dem Verkauf der Tiere, aber auch die Erlöse aus dem Verkauf der tierischen Erzeugnisse, wie Milch oder Eier, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. b) Sekundäre Einkünfte Sekundäre Einkünfte entstehen aus land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieben. Nach § 13 Abs. 2 N r . 1 EStG gilt als Nebenbetrieb ein Betrieb, der dem landund forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist. Der Nebenbetrieb muß dem Hauptbetrieb organisatorisch und wirtschaftlich untergeordnet sein6. Zu unterscheiden sind zwei Arten von landwirtschaftlichen Nebenbetrieben, die Beoder Verarbeitungsbetriebe und die Substanzbetriebe. Be- und Verarbeitungsbetriebe sind (unter der Voraussetzung, daß sie nicht als Gewerbebetriebe zu behandeln sind) Brennereien, Molkereien, Sägewerke und Mühlen 7 . Entscheidend ist hier darauf abzustellen, daß die eingesetzten Rohstoffe zu mehr als 50 % im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb erzeugt werden und die Endprodukte zu mehr als 50 % zum Verkauf gelangen. Werden die Be- oder Verarbeitungsprodukte zu mehr als 50 % dem Eigenverbrauch zugeführt, liegt kein Nebenbetrieb vor. Die be- oder verarbeitende Betätigung gehört dann zum einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb®. Es ist aber ein Gewerbebetrieb gegeben, wenn der Steuerpflichtige die eingesetzten Rohstoffe zu über 50 % zugekauft und die Erzeugnisse überwiegend für den Verkauf bestimmt sind'. Substanzbetriebe sind z. B. Sand- und Kiesgruben oder Torfstechereien. Sie werden steuerlich als Nebenbetrieb anerkannt, falls die gewonnene Substanz zu mehr als 50 % im eigenen Betrieb verwertet wird10. Es liegt aber stets ein Gewerbebetrieb vor, wenn der Steuerpflichtige mehr als 50 % der geförderten Substanz an Dritte veräußert". Die Anerkennung als Nebenbetrieb setzt außerdem voraus, daß die Tätigkeit nach ihrer Zweckbestimmung und der Verkehrsauffassung der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen ist und die Produkte typisch für die Land- und Forstwirtschaft sind. So werden z. B. Brauereien, Metzgereien oder Gastwirtschaften grund6

Vgl. B F H v. 4 . 1 2 . 1 9 6 2 I 231/61 U , BStBl. 1963 III S.243; Felsmann-Pape, a . a . O . , A 3 2 (S.66/3)•, Klein/Flockermann/Kübr-Freund, §13 Rdn.42ff. 7 Vgl. R F H v. 12.12.1934 VI A 806/33, StuW 1935 Nr. 81 (Sp. 183); Fehmann-Pape, a . a . O . , A 3 2 (S.66/3), A 7 3 e (S.66/57) und A 7 3 f—i (S.66/58); Schmidt/Seeger, §13 A n m . 30. 8 Vgl. Fehmann-Pape, a . a . O . , A 7 3 b (S.66/55f.). ' Vgl. Felsmann-Pape, a. a. O . , A 73 c (S. 66/56). 10 Vgl. Felsmann-Pape, a . a . O . , E 8 f . 11 Vgl. Schmidt/Seeger, § 1 3 Anm. 30. 26

Die einzelnen Einkunftsarten

§5

I 2

sätzlich nicht als landwirtschaftliche Nebenbetriebe behandelt' 2 . Dies folgt aus der weitgehenden Loslösung dieser Betriebe von der Urproduktion. Integrierter Bestandteil des land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebs (und nicht des selbständigen Nebenbetriebs) ist der Absatz eigener Erzeugnisse über einen der Land- und Forstwirtschaft angeschlossenen Einzel- oder Großhandel. c) Einkünfte aus Nebenleistungen Land- und forstwirtschaftliche Einkünfte können auch aus Nebenleistungen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs entstehen. Dabei müssen diese Leistungen im Verhältnis zur Haupttätigkeit von untergeordneter Bedeutung sein, da anderenfalls ein Gewerbebetrieb anzunehmen ist. Für die Abgrenzung ist das Verhältnis der Einnahmen aus dem Nebenbetrieb zu denen des Hauptbetriebes entscheidend. Wird die Nebenleistung f ü r andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe erbracht, so liegt nur dann eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn die Einnahmen daraus mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes betragen 13 . Zu den Nebenleistungen gehören z. B. der entgeltliche Milchtransport eines Landwirts f ü r Berufskollegen zur Molkerei, das Halten von Reitpferden in Pension oder das Vermieten und Verpachten von Wirtschaftsgütern des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Werden einzelne Grundstücke verpachtet, so führt dies zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, falls die Verpachtung im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erfolgt und mit diesem im engen wirtschaftlichen Zusammenhang steht1*. Einnahmen aus kurzfristiger Vermietung einzelner Zimmer und Betten an Feriengäste stellen ebenfalls Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dar. Gewerbliche Betätigung liegt erst vor, wenn mindestens vier Zimmer oder sechs Betten zur Beherbergung bereitgehalten werden; bei geringerer Zimmer- oder Bettenzahl kann eine gewerbliche Betätigung gegeben sein, falls außer dem Frühstück eine H a u p t mahlzeit gereicht oder andere in einem Hotel übliche Leistungen ausgeführt und in Rechnung gestellt werden 15 . d) Nutzungswert der eigenen Wohnung Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehört schließlich der Nutzungswert der W o h n u n g des Steuerpflichtigen, wenn die Wohnung die bei Betrieben gleicher Art übliche Größe nicht überschreitet, §13 Abs. 2 N r . 2 EStG. Die W o h n u n g darf eine in Abhängigkeit von Größe, Lage und Struktur des Betriebes

12

Vgl. RFH v. 26.1.1933 III A 229/32, StuW 1933 Nr. 314 (Sp.671); BFH v. 16.12.1965 IV 299/61 U, BStBl. 1966 III S. 193. 13 Vgl. Abschnitt 134 Abs. 6 S. 2 EStR 1981. " Vgl. BFH v. 10.7.1963 IV 365/59 U, BStBl. 1964 III S. 116, 117. 15 Vgl. Felsmann-Pape, a.a.O., A 86 e (S. 66/74f.). 27

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2. Teil. 2. Kapitel. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung

festzustellende typische Quadratmeterzahl nicht übersteigen, und das Wohngebäude muß zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen zählen. Fehlt es an einer der beiden Voraussetzungen, ist der Nutzungswert der Wohnung in normaler Höhe zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu rechnen". Für die Höhe des Nutzungswertes kommt es darauf an, ob der Gewinn nach Durchschnittsätzen, durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird. Bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen beträgt der Nutzungswert der Wohnung des Betriebsinhabers ein Achtzehntel des im Einheitswert besonders ausgewiesenen Wohnungswertes, § 13 a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG. Ermittelt der Land- und Forstwirt den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG, so ist ein fiktiver Mietertrag anzusetzen, der nach der Kostenmiete oder der Vergleichsmiete berechnet wird". Bei der Kostenmiete errechnet sich der Bruttomietwert aus den Zinsen (Zinssatz 3 % ) für das eingesetzte Kapital, den Absetzungen für Abnutzung und den durchschnittlichen jährlichen Aufwendungen". Die Vergleichsmiete bestimmt sich nach dem Mietpreis, der für entsprechende (land- und forstwirtschaftliche) Objekte gezahlt wird. Von diesem (Brutto-)Betrag sind die tatsächlichen Aufwendungen abzuziehen. Von beiden Bewertungsgrundlagen sind Abschläge vorzunehmen. Die Abschläge sollen die lagebedingten Nachteile und die Nutzungsbeschränkungen ausgleichen; dafür ist immer ein Abschlag von 20 % zu machen. Zum anderen soll durch einen weiteren Abschlag von bis zu 30 % ein Ausgleich für die Emissionen, schlechte Ver- und Entsorgung, unmoderne Heizungssysteme und sonstige spezifische Nachteile gewährt werden. Dieser zusätzliche Abschlag ist im Einzelfall zu ermitteln". Der Nutzungswert berechnet sich demnach wie folgt20:

Bei Kostenmiete Kapitalverzinsung 3 % + AfA + durchschnittliche jährliche Aufwendungen

Bei Vergleichsmiete Quadratmeterpreis X Quadratmeter

=

=

Bruttokostenmiete

Bruttovergleichsmiete

X laufende Aufwendungen, also Kapital- und Bewirtschaftungskosten

X im Veranlagungszeitraum tatsächlich angefallene Aufwendungen

=

=

Nettokostenmiete

Nettomietwert

X Abschlag v. 20 % X Abschlag bis zu 30 %

X Abschlag v. 20 % X Abschlag bis zu 30 %

=

=

28

Nutzungswert der Wohnung

Nutzungswert der Wohnung

Die einzelnen Einkunftsarten

§5

II 1

II. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, §§15—17 EStG 1. Begriff des Gewerbebetriebes Das Einkommensteuergesetz und die Einkommensteuerdurchführungsverordnung enthielten bisher keine Definition des Gewerbebetriebsbegriffes. §15 EStG zählte lediglich die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf. Er setzte einen Gewerbebetrieb voraus. Wann dieser gegeben war, richtete sich nach der von der Rechtsprechung 21 entwickelten Definition, die in § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuerdurchführungsverordnung niedergelegt ist. Nach Art. 5 Nr. 5 a des Entwurfs eines StEntlG 1984 (BR-Drucks. 303/83, S.6) ist nunmehr beabsichtigt, den Begriff des Gewerbebetriebes im Einkommensteuergesetz selbst zu definieren. § 15 Abs. 2 EStG soll folgende Fassung erhalten: „Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1. Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist."

Die Feststellung, ob ein Gewerbebetrieb anzunehmen ist, hat somit in doppelter Weise zu erfolgen. Es müssen fünf positive und zwei negative Voraussetzungen erfüllt sein. a) Positive

Merkmale

Es ist eine Tätigkeit erforderlich, die für den wirtschaftlichen Erfolg kausal ist. Untätigkeit kann nicht zur Annahme eines Gewerbebetriebs führen. Dem Unternehmer, der andere für sich arbeiten läßt, wird allerdings die Tätigkeit der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer zugerechnet. Die Tätigkeit muß selbständig ausgeübt werden. Selbständig wird tätig, wer auf eigene Rechnung und Gefahr handelt und das Unternehmerrisiko trägt. Wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Dritten, z. B. als Zulieferer von einem einzigen Abnehmer, schließt die Selbständigkeit nicht aus. Der Begriff der Selbständigkeit " Vgl. Fel$mann-Pape, a . a . O . , A 3 3 f f . (S.66/5ff.); Lademann/Soffing/Brockhoff, § 1 3 Anm. 78 ff.; Schmidt/Seeger, § 1 3 Anm. 49. 17 Vgl. B F H v. 3 0 . 1 . 1 9 7 4 IV R 105/72, BStBl. 1974 II S.608 = DStR 1974, 383 mit Anm. Littmann. 18 Vgl. B F H v. 3 0 . 1 . 1 9 7 4 IV R 105/72, BStBl. 1974 II S. 608; Schmidt/Seeger, § 13 Anm. 49. " Vgl. B F H v. 3 0 . 1 . 1 9 7 4 IV R 105/72, BStBl. 1974 II S.608; B F H v. 3 0 . 1 . 1 9 7 4 IV R 110/73, BStBl. 1975 II S.3, 5 f . ; B F H v. 2 8 . 3 . 1 9 7 4 IV R 172/71, BStBl. 1975 II S.9, 10; FelsmannPape, a . a . O . , A 3 4 a , b (S.66/10); Schmidt/Seeger, § 1 3 Anm. 49. 20 Vgl. Burhoff, Information 1975, S.241, 243 = Gruppe 1, S.1347, 1349; Leingärtner, Information 1974, S.313 = Gruppe 1, S. 1153. 21

Vgl. R F H v. 6 . 2 . 1 9 2 9 VI A 1523/28, RStBl. 1929 S.195 = StuW 1929 Bd. II N r . 347, Sp. 633 m. Anmerkung Becker, StuW 1929 Bd.I Sp.409, 413; R F H v. 2 5 . 4 . 1 9 3 4 VI A 1609/32, RStBl. 1934 S.902. 29

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2. Teil. 2. Kapitel. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung

i . S . d . §15 Abs. 2 EStG n. F., § 1 GewStDV deckt sich mit dem Unternehmerbegriff des § 2 UStG. Weitere Voraussetzung für die Annahme eines Gewerbebetriebs ist die Nachhaltigkeit der Betätigung. Sie muß auf Dauer angelegt sein. Es ist nicht erforderlich, daß sie mehrfach ausgeübt wird; auch ein einziges Geschäft kann das Merkmal der Nachhaltigkeit erfüllen, wenn der Steuerpflichtige die Absicht hat, das Geschäft zu wiederholen. Daß es tatsächlich wiederholt wird, ist nicht notwendig. Es genügt die Wiederholungsabsicht 22 . Wird die Tätigkeit aus privaten oder wirtschaftlichen Gründen tatsächlich nicht fortgesetzt, liegen dennoch gewerbliche Einkünfte vor. Verschiedene Einzelhandlungen können nachhaltig sein, falls zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht. Die Tätigkeit wird mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt, wenn der Steuerpflichtige die Absicht hat, ein positives Geschäftsergebnis zu erzielen. Es ist nicht erforderlich, daß er es tatsächlich erreicht. Die Absicht der Gewinnerzielung ist selbst dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige keinen Gewinn erstrebt. Daher waren auch Gesellschaften, die die Erzielung von Verlusten erstrebten (Abschreibungsgesellschaften), Gewerbebetriebe 23 . Es genügte, daß irgendwelche wirtschaftlichen Vorteile begehrt wurden, der Gewerbetreibende z.B. durch seine Tätigkeit Steuern sparen wollte 24 . Nach der geplanten Neufassung des § 15 Abs. 2 EStG reicht diese Absicht nicht mehr. In derartigen Fällen liegt somit entweder Liebhaberei oder eine gemeinnützige Tätigkeit vor. Schließlich ist die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erforderlich. Diese Voraussetzung ist in der Regel mit dem Vorliegen der ersten vier Merkmale erfüllt 25 . Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bedeutet, daß sich der Steuerpflichtige bei seiner Betätigung an Dritte wendet, seine Tätigkeit also öffentlich ausübt. Dies ist nicht der Fall, wenn er ausschließlich für den Eigenbedarf produziert; es fehlt dann an einem Güter- und Leistungsaustausch 2 '. b) Negative Merkmale Ein Gewerbebetrieb ist nicht gegeben, wenn die Betätigung als Ausübung der Landund Forstwirtschaft oder als Ausübung eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Tätigkeit anzusehen ist. Die Abgrenzung dieser drei Einkunftsarten untereinander kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten27. 22 23 24

25 26

27

30

Vgl. RFH v. 19.11.1941 VI 389/41, RStBl. 1942 S. 38; FG Berlin v. 23.4.1980 VI 260/79, EFG 1980, 409; Schmidt, §15 Anm.6. Vgl. BFH v. 17.1.1972 GrS 10/70, BStBl. 1972 II S.700, 703; Woerner, BB 1981, 1015. Vgl. BFH v. 17.1.1972 GrS 10/70, BStBl. 1972 II S. 700, 703; BFH v. 17.2.1982 I B 24/79, BStBl. 1982 II S. 295; Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 Anm. IIb; a.A. Schmidt, §15 Anm. 8b, llOm.w.N. Vgl. RFH v. 6.2.1929 VI A 1523/28, RStBl. 1929 S. 195. Vgl. BFH v. 20.12.1963 VI 313/62 U, BStBl. 1964 III S.137, 138; BFH v. 6.6.1973 I R 203/71, BStBl. 1973 II S.727, 729; BFH v. 26.10.1977 I R 110/76, BStBl. 1978 II S.137; Wihtol, StRK EStG § 15 Ziff. 1 R. 45, S. 3 f. Vgl. zur Abgrenzung unten § 5 IV, S. 68 ff.

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Die Qualifizierung als gewerbliche Einkünfte hat über das Einkommensteuerrecht hinaus Bedeutung. So sind Gewerbetreibende auch gewerbesteuer- und umsatzsteuerpflichtig. Eine rechtliche Bindung für andere Steuerarten aufgrund einer vorgenommenen Einordnung besteht nicht. Die Einzelsteuergesetze definieren ihren Steuergegenstand regelmäßig selbst, vgl. § 2 GewStG. 2. Betriebsaufspaltung Nach der ständigen Rechtsprechung des B F H 2 ' ist die Verpachtung von Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden und Maschinen, eine gewerbliche Betätigung, wenn sie im Rahmen einer Betriebsaufspaltung geschieht. Eine Betriebsaufspaltung, die außerhalb des Gesetzes von der Rechtsprechung entwickelt worden ist, liegt vor, wenn die verpachteten Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Grundlagen einer Betriebsgesellschaft gehören und eine enge personelle Verflechtung zwischen dem Besitz- und Betriebsunternehmen besteht. Es ist nicht notwendig, daß alle wesentlichen Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft übertragen werden. Es reicht vielmehr aus, wenn ihr Betriebsgrundstücke oder andere für die Produktion erhebliche Wirtschaftsgüter überlassen worden sind. Die Überlassung kann schuldrechtlich oder sachenrechtlich geschehen. Es genügt auch die Bestellung eines Nießbrauchs 25 . Die personelle Verflechtung ist gegeben, wenn die hinter dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben; in diesem Fall übt auch das Besitzunternehmen eine gewerbliche Betätigung aus. Hierzu ist erforderlich, daß die Personen, die das Besitzunternehmen beherrschen, ihren Willen auch in der Betriebsgesellschaft durchsetzen können 30 . Eine Betriebsaufspaltung kann durch die Trennung eines einheitlichen Unternehmens in zwei rechtlich selbständige Unternehmen erfolgen. In diesem Fall spricht man von einer echten Betriebsaufspaltung. Sie ist von einer unechten Betriebsaufspaltung zu unterscheiden, bei der von vornherein zwei rechtlich selbständige Unternehmen gegründet werden31. Dabei wird regelmäßig die Betriebsgesellschaft als Kapitalgesellschaft und die Besitzgesellschaft als Personengesellschaft errichtet. Bei der Begründung der Betriebsaufspaltung können die Wirtschaftsgüter zum Buchwert übertragen werden, eine steuerpflichtige Aufdeckung der stillen Reserven wird also vermieden 32 . Vordergründig betrachtet scheint die Betriebsaufspaltung

2"

Urteile vom 14.1.1982 IV R 77/79, BStBl. 1982 II S.476; v. 28.1.1982 IV R 100/78, BStBl. 1982 II S.479 jeweils m . w . N . 2 ' Vgl. Schmidt, DStR 1979, 699, 700. 30 Vgl. B F H v. 8.11.1971 GrS 2/71, BStBl. 1972 II S.63; B F H v. 10.11.1982 I R 178/77, BStBl. 1983 II S. 136. 31 Vgl. vor allem Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung nach Handels- und Steuerrecht, 4. Aufl. 1980; Felix (Hrsg.), Kölner Handbuch, Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung, 4. Aufl. 1979; Schmidt, DStR 1979, 671 ff., 699 ff. 32 Vgl. Knobhe-Keuk, §22 VI 3a, S.470f. m . w . N .

31

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II

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2. Teil. 2. Kapitel. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung

steuerlich uninteressant zu sein, weil das Besitzunternehmen (aufgrund seiner gewerblichen Betätigung) nach der (nicht überzeugenden") Rechtsprechung des B F H 3 4 gewerbesteuerpflichtig ist. Es liegen somit aufgrund der Betriebsaufspaltung zwei gewerbesteuerpflichtige Betriebe vor. G l e i c h w o h l haben Belastungsvergleiche gezeigt, daß die Betriebsaufspaltung in der Regel steuerlich vorteilhafter ist als eine Kapitalgesellschaft ( G m b H ) , eine Personengesellschaft ( o H G , K G ) und auch günstiger als eine G m b H & C o . KG 5 5 . D i e Betriebsaufspaltung führt deshalb zu Steuervorteilen, weil aufgrund dieser Gestaltung die Möglichkeit besteht, die unterschiedliche steuerliche Behandlung v o n Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften steuermindernd auszunutzen. A n d e r s als bei einer Personengesellschaft ist es bei einer Kapitalgesellschaft zulässig, die Geschäftsführergehälter als Betriebsausgaben a b z u s e t z e n " und für die Geschäftsführer Pensionsrückstellungen zu bilden 37 , w o d u r c h der G e w i n n und der G e w e r b e e r t r a g reduziert werden. D e r Nachteil der Kapitalgesellschaft gegenüber einer Personengesellschaft, ihre Vermögensteuerpflicht, wirkt sich kaum aus, weil die Betriebskapitalgesellschaft schon aus haftungsrechtlichen Gründen mit geringem Eigenkapital ausgestattet ist. D a n e b e n werden die Vorteile der Personengesellschaft ausgenutzt; sie hält als Besitzgesellschaft das Betriebsvermögen 5 8 , weil sie nicht vermögensteuerpflichtig ist.

3. Umfang der gewerblichen Einkünfte D e r U m f a n g der gewerblichen E i n k ü n f t e bestimmt sich nach § § 1 5 — 1 7 E S t G .

a) Gewerbliche Einkünfte i. S. d. 5 15 EStG aa) Einkünfte aus gewerblichen Einzelunternehmen,

§15 Abs. 1 Nr. 1 EStG

E i n k ü n f t e aus G e w e r b e b e t r i e b sind zunächst die E i n k ü n f t e aus gewerblichen U n t e r n e h m e n , § 1 5 A b s . 1 N r . 1 E S t G . Darunter fallen sämtliche Bezüge eines Einzelunternehmers aus seiner gewerblichen Tätigkeit, wie z. B . Vergütungen für die eigene Arbeitskraft oder die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. D e r E i n z e l u n t e r n e h m e r m u ß nicht Eigentümer des U n t e r n e h m e n s sein, es genügt, wenn er als Pächter oder N i e ß b r a u c h e r den Betrieb auf eigene R e c h n u n g und G e f a h r führt 3 9 . 33 34

35

36

37

38 39

32

Vgl. Knobbe-Keuk, DB 1974, 205ff.; dies., Stbjb 1980/81, 335, 347ff. m . w . N . Beschluß v. 8.11.1971 GrS 2/71, BStBl. 1972 II S.63; U. v. 28.1.1982 IV R 100/78, BStBl. 1982 II S. 479. Vgl. Jacobs/Brewi/Schubert, 1978, S. 142. Vgl. BFH v. 9.7.1970 IV R Betriebsaufspaltung, Institut Vgl. BFH v. 16.2.1967 IV S.35; Jacobs/Brewi/Schubert, Vgl. Jacobs/Brewi/Schubert, Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach,

Steueroptimale Rechtsform mittelständischer Unternehmen, 16/69, BStBl. 1970 II S. 722; Markus, Die Steuerbelastung bei Finanzen und Steuern, Heft 119, 1980, S.44. R 62/66, BStBl. 1967 III S.222; Brandmüller, a.a.O., A34, a.a.O., S.47; Knobbe-Keuk, §14 IV, S.300. a.a.O., S.54f.; Knobbe-Keuk, §22 VI 4, S.477. §15 Anm. 7 m . w . N .

Die einzelnen Einkunftsarten

§5

II 3

Auch die passiven Einkünfte des rechtlichen Eigentümers, der seinen Betrieb ganz oder teilweise verpachtet, können Einkünfte aus Gewerbebetrieb sein. Die Verpachtung darf jedoch keine Betriebsaufgabe darstellen40. bb) Einkünfte aus Gesellschaften i. S. d. §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG Nach dieser Vorschrift sind Gewinnanteile und Sondervergütungen, die Gesellschafter von bestimmten Gesellschaften beziehen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Es handelt sich bei dieser Regelung um einen Unterfall der gewerblichen Einkünfte, dessen Anwendung im Einzelfall eine Reihe von Schwierigkeiten bereitet. So sind im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG die Bedeutung der Mitunternehmerstellung, die Anforderungen, die an eine „andere Gesellschaft" zu stellen sind, die Frage nach der steuerlichen Anerkennung von Familienpersonengesellschaften, der Umfang zurechenbarer Sondervergütungen und das bei der Ermittlung des Gewinns einzuhaltende Verfahren umstritten 41 . (1) Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG Es ist fraglich, welche Gesellschafter diese Vorschrift erfaßt. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind „die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, . . E i n k ü n f t e aus Gewerbebetrieb. Aus der grammatikalischen Interpretation des 1. Halbsatzes folgt, daß sich das Erfordernis der Mitunternehmerstellung nur im Rahmen der Untersuchung stellt, welche „anderen" Gesellschaften unter § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG fallen. Bei der o H G und der KG hat der Gesetzgeber auf dieses (zusätzliche) Erfordernis verzichtet; nach seiner Auffassung haben die Gesellschafter einer o H G und KG wegen ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und am Gewinn stets gewerbliche Einkünfte 42 . Der B F H hat sich von dieser Auslegung des Gesetzes gelöst. Er nimmt — in ständiger Rechtsprechung 43 — an, Gesellschafter einer o H G oder KG erzielten nur dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sie Mitunternehmer seien. Er stellt somit entscheidend auf das Merkmal der Mitunternehmerstellung und nicht auf die Gesellschaftereigenschaft ab. Danach hat ein Gesellschafter einer o H G oder einer KG keine Einkünfte aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn er nicht als Mitunternehmer tätig wird. Andererseits reicht es aus, daß jemand die Voraussetzungen eines Mitunternehmers erfüllt, obwohl er nicht Gesellschafter einer Gesellschaft ist44. 40

41

42 43

44

Vgl. BFH v. 13.11.1963 GrS 1/63 S, BStBl. 1964 III S. 124; BFH v. 7.8.1979 VIII R 153/ 77, BStBl. 1980 II S. 181, 184. Vgl. dazu vor allem Kruse (Hrsg.), Die Grundprobleme der Personengesellschaft im Steuerrecht, 1979; Boettcher, StuW 1965, Sp.35; Knobbe-Keuk, §§9—11, S. 182ff.; Schulze zur Wiescbe, FR 1978, 307; Tipke, StuW 1972, 55. Vgl. Knobbe-Keuk, §9 II 1, S. 186 f. m. w . N . Vgl. U. v. 8.2.1979 IV R 163/76, BStBl. 1979 II S.405, 407; v. 29.1.1976 IV R 97/74, BStBl. 1976 II S. 332; v. 28.11.1974 I R 232/72, BStBl. 1975 II S.498. Schulze zur Wiescbe, DB 1982, 919. 33

3

Tiedtke, Einkommensteuer

§5

II 3

2. Teil. 2. Kapitel. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung

„Auch wer formal nur die Stellung eines Arbeitnehmers oder eines Darlehensnehmers hat", heißt es in einem Urteil des BFH 45 , „kann unter besonderen Voraussetzungen Mitunternehmer sein"; der Mitunternehmer i.S.d. §15 Abs. 1 N r . 2 EStG müsse nicht formal Gesellschafter sein4'. Der BFH verlangt zwar für die Anwendung des §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht, daß der Steuerpflichtige Gesellschafter einer Gesellschaft ist, er wendet diese Vorschrift aber nur an, wenn eine Gesellschaft vorhanden ist. Hierbei genügt entweder ein stillschweigend 47 abgeschlossener Gesellschaftsvertrag oder, falls es daran fehlt, die tatsächliche Durchführung eines faktischen Gesellschaftsverhältnisses. Auf die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister kommt es nicht an. Mitunternehmer ist, wer (zusammen mit anderen) eine Unternehmerinitiative entfalten kann und ein Unternehmerrisiko trägt 4 '. Gewöhnlich ist der Mitunternehmer am Gewinn, am Verlust und am Vermögen des Unternehmens (den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswerts) beteiligt. O b eine Mitunternehmerschaft gegeben ist, richtet sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalles. Die hier aufgezeigten Merkmale müssen nicht kumulativ vorliegen. Es genügt, wenn einzelne von ihnen in den Vordergrund treten; so kann Mitunternehmer sein, wer keine Unternehmerinitiative entfaltet, aber ein hohes Unternehmerrisiko trägt. Nach diesen Kriterien ist auch die Frage zu beantworten, welche „andere" Gesellschaft i. S. d. §15 I N r . 2 EStG eine Mitunternehmerschaft ist. Eine BGB-Gesellschaft, sofern deren Gegenstand ein Gewerbebetrieb ist, kann eine Mitunternehmerschaft i. S. d. §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein, obwohl sie als Innengesellschaft ausgestaltet ist4'. Bei einer Innengesellschaft tritt zwar das Merkmal der Unternehmerinitiative häufig in den Hintergrund, es ist aber möglich, daß die Gesellschafter einer solchen Gesellschaft ein Unternehmerrisiko tragen, auch wenn keine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen vereinbart ist. Das gleiche gilt für die Partenreederei (§489 HGB) 50 . Bei der typisch stillen Gesellschaft (§§ 335 ff. HGB) erzielt der stille Gesellschafter keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er hat Einkünfte aus Kapitalvermögen, §20 Abs. 1 N r . 4 EStG. Der typisch stille Gesellschafter ist kein Mitunternehmer si ; er ist

45

V. 27.2.1980 I R 196/77, BStBl. 1981 II S.210. « Vgl. BFH v. 29.1.1976 IV R 97/74, BStBl. 1976 II S. 332ff.; BFH v. 23.1.1974 I R 206/69, BStBl. 1974 II S. 480 f.; BFH v. 9.10.1969 IV 294/64, BStBl. 1970 II S. 320 ff. 47 BFH v. 27.2.1980 I R 196/77, BStBl. 1981 II S.210. 48 BFH v. 28.10.1981 I R 25/79, BStBl. 1982 II S. 186, 188 m . w . N . ; vgl. Schulze zur Wiesche, DB 1982, 919. 49 Vgl. BFH v. 19.2.1981 IV R 152/76, BStBl. 1981 II S.602; BFH v. 28.10.1981 I R 25/79, BStBl. 1982 II S. 186. 50 Vgl. Schmidt, § 15 Anm. 62 m. w. N. 51 Vgl. BFH v. 10.8.1978 IV R 54/74, BStBl. 1979 II S.74f.; BFH v. 22.1.1981 IV B 41/80, BStBl. 1981 II S. 424, 426; BFH v. 25.6.1981 IV R 61/78, BStBl. 1982 II S.59; BGH v. 14.11.1977 II ZR 183/75, NJW 1978, 424. 34

Die einzelnen Einkunftsarten

§5

II 3

weder am Kapital noch an den stillen Reserven beteiligt, und ein Gesamthandsvermögen gibt es nicht. Der typisch stille Gesellschafter trägt auch kein Unternehmerrisiko und entfaltet keine Unternehmerinitiative. Bei einem atypisch stillen Gesellschafter ist die Rechtslage anders. Er hat Einkünfte aus § 15 Abs. 1 N r . 2 EStG. Zwar gibt es auch hier kein Gesamthandsvermögen und damit keine Beteiligung des Stillen am Gesellschaftsvermögen; der atypisch stille Gesellschafter ist aber Mitunternehmer, weil der Gewerbebetrieb im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des Geschäftsinhabers und des stillen Gesellschafters geführt wird. Wirtschaftlich hat der atypisch stille Gesellschafter regelmäßig die Stellung eines Kommanditisten. Entfaltet er Unternehmerinitiative, so reicht allein dieser Umstand zur Begründung seiner Unternehmerstellung aus52. Diese Grundsätze gelten auch für den Darlehensgeber eines partiarischen Darlehens55, vgl. §20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die gleiche Rechtslage besteht bei einer Unterbeteiligung. Die typische Unterbeteiligung, also die schuldrechtliche Beteiligung am Geschäftsanteil eines Gesellschafters einer anderen Gesellschaft, der Hauptgesellschaft, ist eine reine Innengesellschaft, bei der der Unterbeteiligte nicht an den stillen Reserven des Geschäftsanteils beteiligt ist, sondern nur am laufenden Gewinn, der auf den Hauptgesellschafter entfällt. Er ist nicht Mitunternehmer 54 und erzielt daher keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern aus Kapitalvermögen, §20 Abs. 1 N r . 2 EStG. Ist dagegen die Unterbeteiligung atypisch ausgestaltet, der Unterbeteiligte also durch schuldrechtliche Vereinbarungen mit dem Hauptgesellschafter auch an stillen Reserven dessen Gesellschaftsanteils beteiligt, weil der Hauptgesellschafter ihm bei einer Auseinandersetzung der Hauptgesellschaft einen Anteil an dem auf ihn entfallenden Abfindungs- und Liquidationserlös abführen muß, ist der atypisch Unterbeteiligte Mitunternehmer 55 . Häufig kann er darüber hinaus Auskunfts- und Mitwirkungsrechte haben oder im Verhältnis zum Hauptgesellschafter, der seinerseits Mitunternehmer sein muß, eine besondere Unternehmerinitiative entwickeln. In einem solchen Fall besteht eine Mitunternehmerschaft zwischen dem atypisch Unterbeteiligten und dem Hauptgesellschafter, die von der Hauptgesellschaft zu unterscheiden ist. In diesem Fall hat der Unterbeteiligte Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 N r . 2 EStG. Hat der Unterbeteiligte eine rechtlich und wirtschaftlich besonders starke Stellung, die es ihm ermöglicht, Einfluß auf die Hauptgesellschaft zu nehmen, so ist er nach der Rechtsprechung des BFH 54 als Mitunternehmer der Hauptgesellschaft anzusehen.

52 53 54 55 56

Vgl. B F H v. 2 8 . 1 . 1 9 8 2 IV R 197/79, BStBl. 1982 II S.389. Vgl. B F H v. 10.2.1978 III R 115/76, BStBl. 1978 II S.256. Vgl. Schmidt, § 15 Anm. 61 a m. w. N . Vgl. B F H v. 5 . 1 1 . 1 9 7 3 GrS 3/72, BStBl. 1974 II S.414. U . v. 2 3 . 1 . 1 9 7 4 I R 206/69, BStBl. 1974 II S.480. 35

§5

II 3

2. Teil. 2. Kapitel. Einkunftsarten und ihre Abgrenzung

Auch Gesellschafter von Vor- und Gründungsgesellschaften können gewerbliche Einkünfte erzielen. Vorgesellschaften sind Gesellschaften (regelmäßig solche des bürgerlichen Rechts), deren Zweck in dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages für die Gründung einer juristischen Person (AG, G m b H ) besteht. Ihre Gesellschafter erzielen, sofern die Vorgesellschaft schon gewerblich tätig wird, Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 1 N r . 2 EStG57. Bezüglich der Gründungsgesellschaft ist zu differenzieren. Werden nach dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages, aber vor der Eintragung der Gesellschaft, durch die Gründungsgesellschaft Geschäfte getätigt und wird die Gesellschaft später eingetragen, so sind die Einkünfte aus diesen Geschäften der Kapitalgesellschaft zuzurechnen und bei dieser der Körperschaftsteuer zu unterwerfen 5 '. Die Gründungsgesellschaft ist hier also keine Gesellschaft i. S. d. §15 Abs. 1 N r . 2 EStG. Umstritten ist dagegen die Behandlung der Einnahmen der Gründungsgesellschaft, wenn die juristische Person nicht entsteht. Nach einer Meinung 59 ist die Gründungsgesellschaft in diesem Falle eine Mitunternehmerschaft i. S. d. §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Das bei der Gesellschaft erzielte Ergebnis ist gemäß dem Gesellschaftsvertrag auf die Gesellschafter zu verteilen und bei diesen, sofern sie die erforderliche Mitunternehmerstellung haben und das Ergebnis durch gewerbliche Tätigkeit erzielt wurde, steuerlich zu erfassen. Nach einer anderen Ansicht60 ist die Gründungsgesellschaft auch in diesem Falle keine Gesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Sie ist vielmehr, obwohl sie nicht zur Kapitalgesellschaft wurde, selbst körperschaftsteuerpflichtig. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Für sie spricht zum einen §41 Abs. 1 A O 1977, wonach ein bürgerlich-rechtlich unwirksames Rechtsgeschäft auch dann der Besteuerung zugrunde zu legen ist, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts eintreten lassen. Zum anderen darf die steuerliche Behandlung der Gründungsgesellschaft nicht von dem späteren (ungewissen) Ereignis abhängig sein, ob die Kapitalgesellschaft eingetragen wird. Schließlich kann eine Erbengemeinschaft eine Gesellschaft i. S. d. §15 Abs. 1 N r . 2 EStG sein. Sie ist es aber nicht ohne weiteres. Vielmehr müssen die Erben Mitunternehmer sein. Sie werden es, wenn sie entweder ein gewerbliches Einzelunternehmen des Erblassers weiterführen oder in seine Gesellschafterstellung eintreten. Es ist also Voraussetzung für ihre Mitunternehmerstellung, daß sie sich längere Zeit nicht auseinandersetzen, sondern sich aktiv als Gewerbetreibende betätigen. Behandelt man die Erbengemeinschaft als Gesellschaft i. S. d. §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, so hat das Konsequenzen in doppelter Hinsicht. Die Miterben erzielen gewerbliche Einkünfte, die (auch) der Gewerbesteuer unterliegen, und bei der

57

Vgl. Vgl. 5 ' Vgl. 60 Vgl. 58

36

Knobbe-Keuk, §15 II 2, S.303 m . w . N . Herrmann/Heuer/Raupach, §15 Anm. 30a m . w . N . Herrmann, Stbjb. 1968/69, 177, 180 f. Streck, BB 1972, 261, 265.

Die einzelnen Einkunftsarten

§5

II 3

nachträglichen Auseinandersetzung stellt sich die Frage, ob der einzelne Erbe gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG einen Veräußerungsgewinn zu versteuern hat. Um die Erbauseinandersetzung durch diese steuerlichen Folgen nicht zu erschweren, nimmt der BFH61 an, die Erbengemeinschaft sei erst dann eine Gesellschaft i. S. d. §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn die Erbauseinandersetzung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt. Dabei ist fraglich, was unter einer angemessenen Frist zu verstehen ist. Hierbei wird man keine generelle Aussage machen können. Es kommt auf den einzelnen Fall an. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, ob es sich um eine einfache oder um eine schwierige Erbauseinandersetzung handelt. Unterbleibt sie für mehr als 3 Jahre, haben also die Miterben den zum Nachlaß gehörenden Gewerbebetrieb während dieser Zeit fortgeführt, so behandelt sie der BFH62 als Mitunternehmer. Selbst wenn man die Mitunternehmereigenschaft der Miterben bejaht, ist es möglich, ihre anschließende Auseinandersetzung erfolgsneutral zu gestalten. Es ist zu prüfen, ob die Grundsätze der Realteilung anwendbar sind. Bei der Realteilung des Vermögens einer Personengesellschaft wird ihr Vermögen nicht liquidiert, sondern (real) auf die einzelnen Gesellschafter (Miterben) verteilt. Es ist nicht erforderlich, daß der Gesellschafter mit den von ihm übernommenen Wirtschaftsgütern einen Betrieb führen kann. Vielmehr genügt es, wenn sie im Betriebsvermögen verbleiben und die (spätere) Erfassung der stillen Reserven sichergestellt ist65. Die Gesellschafter führen den Anteil als Betriebsvermögen mit den bisherigen Buchwerten fort. Die stillen Reserven werden im Zeitpunkt der Aufteilung nicht erfaßt; sie sind erst zu versteuern, wenn sie aus dem Betriebsvermögen dieses Gesellschafters ausscheiden. Leben Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft, so gehört ihnen das eheliche Gesamtgut zur gesamten Hand. Gemäß §39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 wird es ihnen je zur Hälfte zugerechnet. Dies kann zur Folge haben, daß beide Ehegatten Einkünfte aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielen. Die Ehegatten müssen aber Mitunternehmer sein. Das wird in der Regel der Fall sein, sofern der ganze Gewerbebetrieb zum Gesamtgut zählt. Werden einzelne Wirtschaftsgüter des Gesamtguts, z. B. Grundstücke, im Gewerbebetrieb eines Ehegatten genutzt, so besteht zwischen den Ehegatten nur eine Mitunternehmerschaft, wenn die eingesetzten Wirtschaftsgüter des Gesamtguts für die Ertragskraft des Gewerbebetriebs von erheblicher Bedeutung sind. Anders ist es, falls die persönliche Arbeitskraft des Ehegatten, der den Gewerbebetrieb allein führt, im Vordergrund steht". Die gleichen Grundsätze gelten für die Errungenschaftsgemeinschaft".

" U . v. 7 . 2 . 1 9 8 0 IV R 178/76, BStBl. 1980 II S.383. 62 U . v. 9 . 8 . 1 9 7 3 IV R 133/68, BStBl. 1974 II S. 84 ff. m. w . N . 63 Vgl. BFH v. 2 1 . 1 2 . 1 9 7 7 I R 247/74, BStBl. 1978 II S . 3 0 5 f . 44 Vgl. BFH v. 2 0 . 3 . 1 9 8 0 IV R 53/76, BStBl. 1980 II S . 6 3 4 f f . m. w . N . Inventar —> Bilanz

V. Veränderung der Bilanzposten durch Geschäftsvorfälle Die Bilanz ist eine Vermögensaufstellung zu einem bestimmten Stichtag. Sie ist eine Momentaufnahme, die die Mengen- und Wertverhältnisse der Bilanzposten zu diesem Zeitpunkt wiedergibt. Zeitlich darauffolgende betriebliche Vorgänge (Geschäftsvorfälle) wirken sich auf die Bilanzposten aus. Die durch die Geschäftsvorfälle eintretenden Änderungen 5

6 7

Vgl. Art. 56 Nr. 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung ( E G / A O 1977), BStBl. 1976 I S. 694, 723; §39 Abs. 2 a HGB. Vgl. Nies, StBp 1976, 245 ff. Vgl. B F H v. 23.6.1971 I B 6/71, BStBl. 1971 II S . 7 0 9 f . ; B F H v. 24.11.1971 I R 141/68, BStBl. 1972 II S.400, 401 f.; BFH v. 13.10.1972 I R 123/70, BStBl. 1973 II S. 114, 115 f.

155

§11

V 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

können sich wertmäßig gegenseitig ausgleichen. D a s Eigenkapital bleibt davon unberührt. Solche Vorgänge führen lediglich zu Betriebsvermögensumschichtungen. Sie können aber auch das Eigenkapital verändern. Man spricht in diesem Fall von Betriebsvermögensänderungen. Sie sind erfolgswirksam, wenn sie als A u f w e n d u n gen zu Verlusten oder als Erträge zu Gewinnen führen. Sie sind (soweit es u m den Gewinn geht) erfolgsneutral, wenn sie durch Vorgänge in der Privatsphäre, also durch Privatentnahmen ( P E ) oder durch Privateinlagen ( N E ) , veranlaßt sind.

1. Betriebsvermögensumschichtungen Bei einer Betriebsvermögensumschichtung bleibt das Eigenkapital wertmäßig gleich. E s ändern sich nur seine Bestimmungsgrößen, also die Besitzposten und/ oder die Schulden. E s sind drei Fälle zu unterscheiden: D e r Aktiv-Tausch, der Passiv-Tausch und der Aktiv-Passiv-Tausch. Ein Aktiv-Tausch liegt vor, wenn ein Besitzposten u m denselben Wert abnimmt, u m den ein anderer Besitzposten zunimmt. Beispiel: Ein Unternehmer kauft einen PKW für 20 TDM und überweist den Kaufpreis von seinem Bankkonto. A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

Bilanz vor Geschäftsvorfall (in TDM) 30 50 ¡0] 10 5

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

20

150

Bilanz nach Geschäftsvorfall (in TDM) 30 50

E°] 10 5

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P

m

60 20 20

EU 5

150 156

m 60 20

5 150

A

P

150

§11 V 1

Positionen der Bilanzformel

Beim Passiv-Tausch wird ein Schuldposten um den denselben Betrag gemindert, um den sich ein anderer Schuldposten erhöht. Auch hier bleiben das Eigenkapital und die Bilanzsumme unverändert. Es werden lediglich die Positionen der Passivseite umgeschichtet. Beispiel: Eine Lieferantenschuld in H ö h e von 10 T D M wird in eine langfristige, durch H y p o t h e k gesicherte Darlehensschuld umgewandelt.

A G r u n d und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

Bilanz vor Geschäftsvorfall (in T D M ) 30 50 20 10 5 30 5

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

150

A G r u n d und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

150

50 60 20 20

150

Bilanz nach Geschäftsvorfall (in T D M ) 30 50 20 10 5 30 5

P

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P 50 70 10 20

150

Ein Aktiv-Passiv-Tausch ist gegeben, wenn sich Besitzposten und Schulden in gleichem Umfang erhöhen oder vermindern. Dabei verändert sich die Bilanzsumme. Erhöht sie sich, so verlängert sich die Bilanz, vermindert sie sich, liegt eine Bilanzverkürzung vor. Das Eigenkapital bleibt auch hierbei unverändert. Beispiel: (1) Ein betrieblicher P K W wird z u m Preis von 20 T D M auf kurzfristigen Kredit gekauft. Das Aktivvermögen vermehrt sich um 20 T D M , auf der Passivseite erhöhen sich um den gleichen Betrag die kurzfristigen Verbindlichkeiten. 157

§11

V 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte Bilanz vor Geschäftsvorfall (in TDM)

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

30 50

M 10 5 30 5

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

150

Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

30 50 10 5 30 5

n 60 20 |20|

150

Bilanz nach Geschäftsvorfall (in TDM)

A

P

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P

[§ 60 20 |40|

170

170

Der Aktiv-Passiv-Tausch führt in diesem Beispiel zu einer Bilanzverlängerung; die Bilanzsumme erhöht sich um 20 TDM. (2) Eine Lieferantenschuld in Höhe von 5 T D M wird durch Banküberweisung bezahlt.

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

Bilanz vor Geschäftsvorfall (in TDM) 30 50 20 10 5

[50] 60 |20| 20

5 150

158

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P

150

Positionen der Bilanzformel

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

§11 Bilanz nach Geschäftsvorfall (in TDM) 30 50 20 10 5 m 5

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

145

V

2

P d 60 [ll 20 145

D e r Aktiv-Passiv-Tausch bewirkt eine Bilanzverkürzung; die Bilanzsumme vermindert sich u m 5 T D M .

2. Erfolgswirksame Betriebsvermögensänderungen Geschäftsvorfälle können auch die H ö h e des Betriebsvermögens und damit den G e w i n n verändern. Sie sind erfolgswirksam. E s sind dies Betriebsvermögensänderungen aus betrieblichem Anlaß. Bei ihnen wird das Aktivvermögen gemindert oder vermehrt, ohne daß sich gleichzeitig ein Schuldposten verändert.

Beispiele: (1) Der Unternehmer zahlt eine Vermittlungsprovision in Höhe von 10 TDM durch Banküberweisung.

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

Bilanz vor Geschäftsvorfall (in TDM) 30 50 20 10 5 g 5 150

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P 60 20 20

150 159

§11 V 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte Bilanz nach Geschäftsvorfall (in TDM)

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

30 50 20 10 5

m

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P 0 60 20 20

5

140

140

D i e Provisionszahlung ist ein betrieblicher A u f w a n d , der z u einer Minderung des Bankbestandes in H ö h e v o n 10 T D M führt. Ein Schuldposten wird durch den Vorgang nicht berührt. In H ö h e des A u f w a n d e s vermindert sich das Eigenkapital, also das Betriebsvermögen, und damit der G e w i n n . (2) Der Unternehmer erhält für (betrieblich) vermietete Räume den Mietzins in Höhe von 5 T D M in bar.

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

Bilanz vor Geschäftsvorfall (in TDM) 30 50 20 10 5 30

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

60 20 20

150

Bilanz nach Geschäftsvorfall (in TDM) 30 50 20 10 5 30

EK Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P [55] 60 20 20

EU 155

160

H3

0 150

A

P

155

Positionen der Bilanzformel

§11

V

3

Die Mieteinnahme ist ein betrieblicher Ertrag, der den Kassenbestand um 5 T D M erhöht. Die Schuldposten bleiben unverändert. In Höhe des Ertrages vermehrt sich auch das Eigenkapital (Betriebsvermögen) und damit der Gewinn. Nach alledem ergibt sich: (1) Aktivminderungen, denen keine Passivminderungen gegenüberstehen, vermindern das Betriebsvermögen und den Gewinn. (2) Aktivmehrungen, denen keine Passiverhöhungen gegenüberstehen, erhöhen das Betriebsvermögen und damit den Gewinn.

3. Erfolgsneutrale Betriebsvermögensänderungen Entnahmen und Einlagen in Geld oder Geldeswert beeinflussen das Betriebsvermögen. Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich würde dies zu einer Gewinnminderung oder zu einer Gewinnmehrung führen. Damit wäre das Betriebsergebnis verfälscht. Bei der Gewinnermittlung nach der Bilanzformel werden deshalb die Entnahmen dem Gewinn zugerechnet und die Einlagen abgezogen. Entnahmen und Einlagen sind daher grundsätzlich erfolgsneutral, sie beeinflussen zwar das Betriebsvermögen, nicht aber den Gewinn. Beispiel: Der Unternehmer entnimmt der Kasse 5 0 0 , — D M für private Zwecke. Der Kassenbestand vermindert sich um diesen Betrag. Andere Besitzposten oder Schulden werden von dem Vorgang nicht berührt. Die Entnahme geht zu Lasten des Eigenkapitals (Betriebsvermögens). D e r Gewinn bleibt unverändert, weil dieser Betrag als Entnahme erfaßt wird, die die erfolgte Minderung des Betriebsvermögens ausgleicht.

D e r Grundsatz der Erfolgsneutralität der Entnahmen gilt jedoch nur, wenn der Buchwert des entnommenen Wirtschaftsgutes mit dem Teilwert übereinstimmt. Entnahmen, die nicht in Geld bestehen, sind nach § 6 Abs. 1 N r . 4 E S t G mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist dabei der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, § 6 Abs. 1 N r . 1 EStG. Beispiel: D e r Unternehmer schenkt seiner Tochter zum Abitur einen betrieblichen P K W , Buchwert 2 T D M , Teilwert 2 T D M . Die Schenkung ist eine Entnahme, die das Betriebsvermögen um 2 T D M mindert. Die Entnahme wird bei der Gewinnermittlung hinzugerechnet und ist damit erfolgsneutral.

BV + PE = G -2 +2 = 0 Beträgt der Buchwert 2 T D M , der Teilwert aber 3 T D M , so entsteht ein Gewinn von 1 T D M . BV -2

+ PE +3

=

G = 1 161

11

Tiedtke, Einkommensteuer

§11

VI 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Liegt der Teilwert unter dem Buchwert, beträgt er also z. B. nur 1 TDM, entsteht durch die Entnahme ein Verlust. BV - 2

+ PE +1

G - 1

VI. Entnahmen 1. Begriff Nach §4 Abs. 1 S. 1 EStG ist bei der Gewinnermittlung der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Ende und am Anfang des vorangegangenen Wirtschaftsjahres um den Wert der Entnahmen zu erhöhen. Nach §4 Abs. 1 S. 2 EStG sind Entnahmen „alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hatte". Daraus ergeben sich die folgenden Tatbestandsmerkmale: Es — — — —

muß ein entnahmefähiges Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens durch eine Entnahmehandlung zu betriebsfremden Zwecken entnommen werden.

Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, liegt grundsätzlich keine Entnahme vor. Keine Entnahme stellen Betriebsausgaben dar. Sie sind betrieblich veranlaßt, §4 Abs. 4 EStG, und mindern daher grundsätzlich8 den Gewinn. Anders ist das bei einer Entnahme. Bei ihr erfolgt die „Wertabgabe aus dem Betrieb zu betriebsfremden Zwecken"'. Sie darf deshalb den Gewinn nicht verkürzen. 2. Voraussetzungen a) Wirtschaftsgut

des

Betriebsvermögens

Nach §4 Abs. 1 S.2 EstG kommt als Gegenstand der Entnahme nur ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens in Betracht. Die Möglichkeit einer Entnahme ist nicht auf die im Gesetz beispielhaft aufgeführten Wirtschaftsgüter10 beschränkt. Es fallen vielmehr alle Wirtschaftsgüter darunter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Insoweit ergibt sich kein Unterschied zu § 8 Abs. 1 EStG, wonach Einnahmen alle Güter sind, „die in Geld oder Geldeswert bestehen".

Vgl. § 4 Abs. 5 EStG. ' B F H v. 9 . 1 0 . 1 9 5 3 IV 536/52 U, BStBl. 1953 III S.337, 338. 10 10 Zum Begriff des Wirtschaftsgutes vgl. § 1 5 II 4, S. 250 ff. 8

162

Positionen der Bilanzformel

§11

VI 2

Das Wirtschaftsgut m u ß zum (notwendigen oder gewillkürten) Betriebsvermögen gehören. Daran fehlt es, wenn der Steuerpflichtige einen Gegenstand des Privatvermögens (zu Unrecht) bilanziert. Durch die Bilanzierung ist kein Betriebsvermögen entstanden. Das Wirtschaftsgut kann damit nicht entnommen werden; es fehlt an einer Wertabgabe aus dem Betrieb zu betriebsfremden Zwecken". Es ist vielmehr mit dem Buchwert 12 erfolgsneutral auszubuchen. b)

Entnahmefähigkeit

Für die Entnahmefähigkeit k o m m t es auf die Art des Wirtschaftsgutes an. Es gibt Wirtschaftsgüter, die nicht entnommen werden können, weil sie nur zusammen mit dem Betrieb existieren. Dazu zählt z. B. der Firmenwert. Nach endgültiger Aufgabe des Betriebes kann der Firmenwert nicht im Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers weiterbestehen. Diesem immateriellen Wirtschaftsgut fehlt daher die Entnahmefähigkeit. Im übrigen richtet sich die Entnahmefähigkeit danach, ob die Wirtschaftsgüter z u m gewillkürten oder zum notwendigen Betriebsvermögen gehören. Wirtschaftsgüter des gewillkürten Betriebsvermögens können uneingeschränkt und jederzeit entnommen werden". Dies geschieht in der Regel dadurch, daß der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter, die er durch die Aufnahme in seine Bilanz z u m gewillkürten Betriebsvermögen gemacht hat, ausbucht. Etwas anderes gilt jedoch f ü r Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens. Bei ihnen entscheidet die Art der N u t z u n g über die Entnahmefähigkeit. Eine Entnahme ist erst anzunehmen, wenn die Nutzungsart dieses Gegenstandes verändert wird 14 . Beispiel: Wird eine Fabrikhalle in eine ausschließlich privat genutzte Tennishalle umgebaut, so wird sie durch diese Nutzungsänderung entnommen.

Unterbleibt die Nutzungsänderung, scheidet eine Entnahme begrifflich aus. Der Steuerpflichtige kann eine Fabrikhalle, die er weiter als solche nutzt, weder durch Ausbuchung aus der Bilanz noch durch eine sonstige andere Erklärung entnehmen. c) Betriebsfremde

Zwecke

Die Entnahme m u ß zu betriebsfremden Zwecken erfolgen. Dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens f ü r sich, für seinen Haushalt oder f ü r andere betriebsfremde Zwecke entnommen hat. 11 12

15 14

Vgl. Fn.9. Vgl. BFH v. 21.6.1972 I R 189/69, BStBl. 1972 II S. 874, 875 f.; BFH v. 19.6.1973 I R 201/ 71, BStBl. 1973 II S. 706f.; BFH v. 26.11.1974 VIII R 258/72, BStBl. 1975 II S.206f.; BFH v. 9.9.1980 VIII R 64/79, BStBl. 1981 II S.125, 126 f. BFH v. 15.7.1960 VI 10/60 S, BStBl. 1960 III S.484f. Vgl. Biergans, S. 380. 163

n*

§11

VI 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Wird die Nutzung eines Wirtschaftsgutes derart geändert, daß aus notwendigem Betriebsvermögen gewillkürtes Betriebsvermögen wird, verläßt dieses Wirtschaftsgut nicht den betrieblichen Bereich. Es ist daher keine Entnahme gegeben, § 4 Abs. 1 S . 4 EStG. Eine Entnahme liegt jedoch vor, wenn der Steuerpflichtige aus der Kasse 1000,— D M entnimmt, um sich davon einen Anzug zu kaufen oder um sie zur Haushaltsführung zu verwenden. Eine Entnahme ist auch gegeben, falls er seinem Patenkind einen P K W des Betriebsvermögens zum Abitur schenkt15. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Steuerpflichtige einem Geschäftspartner aus betrieblichem Anlaß ein Geschenk macht". Es ist umstritten, ob es sich auch um eine Entnahme handelt, wenn der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter aus einem Betrieb in einen (ihm gehörenden) anderen überführt. Hierzu werden im wesentlichen drei Ansichten vertreten. Nach dem engen Betriebsbegriff 17 liegt eine Entnahme tatbestandsmäßig vor, wenn der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut aus einem Betrieb in einen anderen überführt; Betrieb i. S. d. § 4 Abs. 1 S . 2 EStG ist jeweils der einzelne Betrieb eines Steuerpflichtigen, zu dem allerdings auch mehrere Betriebsstätten gehören können. Die Vertreter des mittleren Betriebsbegriffs18 nehmen an, alle Einzelbetriebe derselben Einkunftsart oder derselben Gewinnermittlungsmethode seien ein Betrieb i . S . d . § 4 Abs. 1 S.2 EStG. Dagegen bildet nach dem weiten Betriebsbegriff" die gesamte betriebliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen, also alle Einzelbetriebe, einschließlich der dazu gehörenden Betriebsstätten, einen Betrieb i.S.d. § 4 Abs. 1 S.2 EStG, unabhängig davon, welchen Einkunftsarten sie angehören und nach welchen Methoden der Gewinn ermittelt wird. Keiner dieser drei Auffassungen steht der Wortlaut des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG entgegen. „Der Wortsinn des § 4 Abs. 1 S.2 EStG", heißt es in dem Beschluß des Großen Senats des B F H v. 7.10.1974 2 0 , „läßt es . . . zu, unter .Betrieb' je nach dem Zusammenhang das gesamte betriebliche Vermögen oder nur die jeweilige wirtschaftliche Einheit eines betrieblichen Organismus zu sehen". Die Mehrdeutigkeit des Wortlauts veranlaßt den B F H , diese Vorschrift nach dem Sinn und Zweck einer Entnahme auszulegen. Aus der systematischen Stellung des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG und des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ergebe sich, daß es Sinn und Zweck einer Entnahme sei, die dadurch aufgedeckten stillen Reserven der Besteuerung zuzuführen. Dieser Zweck der Entnahme bestimme daher den Betriebsbegriff für § 4 Abs. 1 S.2 EStG. Es liege somit eine Entnahme für betriebsfremde Zwecke vor, wenn die stillen

15 16

B F H v. 1 4 . 4 . 1 9 6 7 VI 9 / 6 5 , BStBl. 1967 III S . 3 9 1 . Vgl. Biergans, S. 378.

Vgl. Vgl. " Vgl. 20 GrS 17

18

164

Knobbe-Keuk, § 7 II 3 a, S. 171 f. die Nachweise bei Herrmann/Heuer/Raupach, die Nachweise bei Herrmann/Heuer/Raupach, 1/73, BStBl. 1975 II S. 168, 170 f.

§ 4 EStG A n m . 4 r [4]. § 4 E S t G Anm. 4 r [4],

Positionen der Bilanzformel

§11

VI 2

Reserven zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erfaßt werden könnten. So fehle es an einer Entnahme, wenn im Inland ein Wirtschaftsgut aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb überführt würde und dort die Erfassung der stillen Reserven gewährleistet sei21. Dies ist der Fall, wenn der Betrieb, in den das Wirtschaftsgut überführt wird, den Gewinn nach derselben Gewinnermittlungsmethode oder auch § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Die Erfassung der stillen Reserven ist aber nicht sichergestellt, wenn der aufnehmende Betrieb seinen Gewinn schätzt oder ihn nach Durchschnittsätzen berechnet. Das gleiche gilt, wenn er nicht, wie der abgebende Betrieb, gewerbesteuerpflichtig ist22. Wird ein Wirtschaftsgut in einen ausländischen Betrieb des Steuerpflichtigen überführt, liegt auch hier nach der Rechtsprechung des BFH 23 eine Entnahme nur vor, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen der Erfassung der stillen Reserven entgegensteht. Eine Aufdeckung der stillen Reserven verlangt der BFH 24 schließlich, falls der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut in eine ausländische Betriebsstätte überführt. Diese Auffassung ist nicht überzeugend. In diesem Fall wird das Wirtschaftsgut nicht zu betriebsfremden Zwecken verwandt; eine Betriebsstätte, auch wenn sie sich im Ausland befindet, gehört zum inländischen Betrieb. Im übrigen trifft es nicht zu, daß die stillen Reserven des überführten Wirtschaftsgutes der deutschen Besteuerung entzogen werden. Nimmt man mit der herrschenden (aber nicht zwingenden) Auffassung 25 an, Art. 7 OECD-Musterabkommen 1977, dem die neueren deutschen Doppelbesteuerungsabkommen entsprechen, gelte auch für die Überführung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von einem inländischen Betrieb in eine ausländische Betriebsstätte, so verbleibt das Besteuerungsrecht für die stillen Reserven, die sich im Inland bis zur Überführung in das Ausland gebildet haben, beim deutschen Fiskus. Der ausländische Staat kann dann lediglich die stillen Reserven besteuern, die sich nach der Überführung, also während der Dauer der Zugehörigkeit des Wirtschaftsgutes zur ausländischen Betriebsstätte, gebildet haben. Der Rechtsprechung des BFH zur Auslegung des §4 Abs. 1 S.2 EStG ist nicht zuzustimmen. Sie trennt nicht zwischen dem Tatbestand (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG) und der Rechtsfolge (§6 Abs. 1 N r . 4 EStG) einer Entnahme, sondern schließt aus der Rechtsfolge, die stillen Reserven seien zu erfassen, auf den Tatbestand. Der Zweck der Entnahme bestimmt, nach der Auffassung der Rechtsprechung, seine Voraussetzungen. Der Entnahmebegriff wird damit final verstanden. „Zweck der Entnahmevorschrift ist es vor allem", heißt es im Beschluß des Großen Senats des BFH v.

21 22 23 24

25

Vgl. BFH v. 7.10.1974 GrS 1/73, BStBl. 1975 II S. 168 m . w . N . Vgl. Biergans, S.385. Vgl. U. v. 30.5.1972 VIII R 111/69, BStBl. 1972 II S.760, 761 f. U. v. 16.7.1969 I 266/65, BStBl. 1970 II S. 175, 176f.; v. 30.5.1972 VIII R 111/69, BStBl. 1972 II S.760 ff. Schaumburg in Ruppe, Gewinnrealisierung im Steuerrecht, 1981, S.247, 253 m . w . N .

165

§11

VI 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

7.10.1974 2 ', „die steuerliche Erfassung der stillen Reserven zu gewährleisten. Das ergibt sich aus ihrer systematischen Stellung, der bei der Erforschung des Gesetzeszweckes um so größere Bedeutung zukommt, wenn sie nicht nur dem Ordnungsbedürfnis und dem Zwang zur Einhaltung einer gewissen Stoffgliederung dient, sondern zugleich Ausdruck einer sachlichen Entscheidung des Gesetzgebers oder eines durch die Sache gegebenen Sinnzusammenhanges ist". Es ist zutreffend, wenn sich dies auch nicht, wie der BFH meint, aus der systematischen Stellung der Vorschriften ergibt, daß es auch Zweck der Entnahme ist, die stillen Reserven zu erfassen. Stille Reserven werden aber erst aufgedeckt, wenn tatbestandlich eine Entnahme vorliegt, und dies ist nur dann der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG gegeben sind, also der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat. Eine Entnahme muß nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG grundsätzlich27 mit dem Teilwert angesetzt werden. Da dieser in der Regel höher ist als der Buchwert, kommt es zur Aufdeckung von stillen Reserven. Erst dann stellt sich die Frage, ob sie bereits im Zeitpunkt der Aufdeckung zu versteuern sind. Für die sofortige Versteuerung spricht der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Es fragt sich aber, ob der Sinn und Zweck der Entnahme den Wortlaut dieser Bestimmung einschränkt. Mit KnobbeKeuk2' ist diese Frage zu bejahen. Es ist auch der Zweck der Entnahme, die stillen Reserven der Besteuerung zuzuführen. Auf ihre Erfassung im Zeitpunkt ihrer Aufdeckung kann aber verzichtet werden, wenn gewährleistet ist, daß sie zu einem späteren Zeitpunkt besteuert werden können. Das ist sichergestellt, falls der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter von einem Betrieb in einen anderen Betrieb der gleichen oder einer anderen Gewinnermittlungsart überführt, sofern dies auch in der Zukunft keine gewerbesteuerlichen Folgen auslöst. Wird dagegen ein Wirtschaftsgut aus einem Gewerbebetrieb in einen land- und forstwirtschaftlichen oder einen freiberuflichen Betrieb überführt, so ist die Erfassung der stillen Reserven in der Zukunft nicht gewährleistet, sie sind also sofort zu versteuern2'. Teilt man diese Auffassung zur restriktiven Interpretation des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, bestehen keine Bedenken, im Rahmen des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG dem engen Betriebsbegriff zu folgen, also eine Entnahme anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen überführt werden; die Besteuerung der stillen Reserven hat diese Ansicht, wie gezeigt, nicht zwingend zur Folge.

26

GrS 1/73, BStBl. 1975 II S. 168, 170.

27

Vgl. § 6 Abs. 1 N r . 4 S . 2 EStG. § 7 II 3 a, S. 172.

28

» Vgl. Knobbe-Keuk, § 7 II 3 a, S. 172 f. 166

Positionen der Bilanzformel

d)

§11

VI 3

Entnahmehandlung

Die Entnahme setzt eine Entnahmehandlung voraus30. Diese kann ausdrücklich oder stillschweigend51 erfolgen. Immer ist Voraussetzung, daß die Entnahme auf einem Entnahmewillen des Steuerpflichtigen beruht. Bei der ausdrücklich erklärten Entnahme wird er in der Regel durch eine entsprechende Buchung auf dem Entnahmekonto zum Ausdruck gebracht. Fehlt es daran, kann er sich, insbesondere bei einer Nutzungsänderung, aus einem schlüssigen Verhalten ergeben. Eine Entnahme ist daher zu verneinen, wenn entweder die Entnahmehandlung oder der Entnahmewille fehlt. Dies ist der Fall, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut, das bisher zum notwendigen Betriebsvermögen gehörte, die tatsächlichen Beziehungen zum Betrieb so verändern, daß es jetzt nicht einmal mehr zum gewillkürten Betriebsvermögen gemacht werden könnte32, ein ausschließlich betrieblich genutztes Grundstück z.B. in einem Bebauungsplan als Grünfläche ausgewiesen wird. An einer Entnahmehandlung fehlt es auch, falls infolge eines Strukturwandels (aus einem Gewerbebetrieb wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb) die Betriebseinnahmen einer anderen Einkunftsart zugeordnet werden33. Das gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige von der Gewinnermittlung nach §4 Abs. 1 EStG zur Gewinnermittlung nach §4 Abs. 3 EStG oder §13 a EStG übergeht, § 4 Abs. 1 S. 3 EStG. 3. Arten Unter Berücksichtigung der Form und des Gegenstandes, in der eine Wertabgabe zu betriebsfremden Zwecken erfolgt, ist zwischen 4 Entnahmearten zu unterscheiden. Es gibt Bar-, Sach-, Nutzungs- und Leistungsentnahmen. Bei einer Barentnahme werden liquide Mittel des Betriebes für betriebsfremde Zwecke verwendet. Beispiele: Ein Steuerpflichtiger finanziert eine private Reise aus Betriebsmitteln. Er bezahlt die private Krankenversicherung oder entnimmt der betrieblichen Kasse 1000,— D M und gibt sie seiner Frau als Haushaltsgeld.

Eine Barentnahme ist auch gegeben, wenn Steuern, die nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind (Einkommensteuer, Vermögensteuer, Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch; vgl. § 12 Nr. 3 EStG), aus Mitteln des Betriebes bezahlt werden". U m eine Sachentnahme handelt es sich, falls der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt. Als Gegenstände einer Sachentnahme kommen neben den im Gesetz aufgeführten Gütern des Umlaufver30 51 32 33 54

B F H v. 7.10.1974 GrS 1/73, BStBl. 1975 II S. 168, 171 m . w . N . Vgl. Fn. 30. B F H v. 9.1.1964 IV 274/63 U, BStBl. 1964 III S.97f. B F H v. 7.10.1974 GrS 1/73, BStBl. 1975 II S. 168. Vgl. Biergans, S.375. 167

§11

VI 4

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

mögens (Waren, Erzeugnisse) auch Güter des Anlagevermögens, wie z. B. Grundstücke, Kraftfahrzeuge oder Beteiligungen, in Betracht. Eine Nutzungsentnahme liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens für private Zwecke genutzt wird35. In diesem Fall ist also nicht der Gegenstand als solcher dem Betrieb (für betriebsfremde Zwecke) entzogen, sondern nur seine Nutzung". Beispiel: Ein betrieblicher PKW wird vom Betriebsinhaber auch zu Privatfahrten benutzt.

Bei einer Leistungsentnahme nimmt der Steuerpflichtige betriebliche Leistungen, insbesondere Dienstleistungen, für private Zwecke in Anspruch". Beispiel: Ein Handwerksmeister läßt durch seinen Gesellen Reparaturen an seinem selbstbewohnten Einfamilienhaus durchführen, der Unternehmer seinen Garten durch einen Arbeiter des Betriebes pflegen.

Wird die Leistung hingegen vom Steuerpflichtigen selbst erbracht, liegt keine Entnahme vor, da die eigene Arbeitsleistung nicht entnahmefähig ist". Beispiel: Ein Arzt behandelt unentgeltlich seinen Nachbarn.

Erläßt dagegen der Arzt seinem Nachbarn die Honorarforderung nachträglich aus privaten Gründen, entnimmt er die Forderung".

4. Zeitpunkt der Entnahme Ein Wirtschaftsgut wird zu dem Zeitpunkt entnommen, in dem es aufgrund einer — ausdrücklichen oder konkludenten — Entnahmehandlung die betriebliche Sphäre verläßt". Werden Grundstücke durch eine unentgeltliche Übertragung an Dritte entnommen, bestimmt sich der Entnahmezeitpunkt nicht nach dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs, sondern danach, wann der Dritte wirtschaftlicher Eigentümer geworden ist. Entscheidend ist somit, wann er den Besitz erworben hat, zur Nutzung berechtigt und zur Tragung der Lasten verpflichtet ist". Nachdem für den Zeitpunkt der Entnahme die Entnahmehandlung ausschlaggebend ist, bleibt es dabei, auch wenn die Beteiligten etwas anderes vereinbaren 42 . 35 34 57 38 39 40 41 42

Vgl. Klein/Flockermann/Kühr-Maas, §4 Rdn.96. Vgl. Fn. 27, S. 166. Vgl. Klein/Flockermann/Kühr-Maas, §4 Rdn.99. Vgl. Biergans, S. 376. B F H v. 16.1.1975 IV R 180/71, BStBl. 1975 II S. 526, 527 ff. B F H v. 19.6.1975 VIII R 13/74, BStBl. 1975 II S.811, 812f.; Biergans, S.381. Vgl. Biergans, S.381. Vgl. BFH v. 4.4.1973 I R 159/71, BStBl. 1973 II S.628, 629; B F H v. 19.6.1975 VIII R 13/ 74, BStBl. 1975 II S.811, 813.

168

Positionen der Bilanzformel

§11

VI 5

Ebensowenig kann eine Entnahme durch eine Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 EStG) rückgängig gemacht werden. Sie setzt voraus, daß dem Steuerpflichtigen ein Bilanzierungs- oder Bewertungswahlrecht zusteht. Bei der Entnahme handelt es sich dagegen um einen Geschäftsvorfall, der einer Änderung nicht zugänglich ist. Lediglich in Einzelfällen, wenn „der Steuerpflichtige die steuerlichen Auswirkungen der Entnahme nicht erkannt hat, eine Manipulation ausgeschlossen ist und die Entnahme sich, abgesehen von der durch sie bewirkten Gewinnverwirklichung, steuerlich nicht ausgewirkt hat"", ist es zulässig, eine Entnahme rückgängig zu machen. 5. Rechtsfolgen der Entnahme Aus § 4 Abs. 1 S. 2 EStG ergibt sich, wann eine Entnahme vorliegt (Entnahmetatbestand), eine Rechtsfolge ist in dieser Vorschrift nicht enthalten. Sie findet sich in § 6 Abs. 1 N r . 4 EStG. Da Entnahmen als Wertabgaben des Betriebes zu betriebsfremden Zwecken den Gewinn nicht mindern dürfen, sind sie grundsätzlich ,, mit dem Teilwert zu bewerten. Dies führt dazu, daß mit der Entnahmehandlung in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert und dem Teilwert des entnommenen Wirtschaftsgutes die in ihm enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt werden und zu versteuern sind. Aus der Bewertung der Entnahmen mit dem Teilwert folgt somit eine Gewinnrealisierung, soweit der Teilwert den Buchwert übersteigt. In diesem Fall erhöht sich der Gewinn um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Teil- und dem Buchwert; es entsteht ein Entnahmegewinn. Ist der Teilwert niedriger als der Buchwert, tritt ein Entnahmeverlust ein, der den laufenden Gewinn mindert. Bei einer Sachentnahme bestimmt die Art des Gegenstandes den Teilwert. Die Entnahme erhöht sich um die Umsatzsteuer, § 12 Nr. 3 EStG. Es liegt der Eigenverbrauchstatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 a UStG 1980 vor. Die Höhe der Umsatzsteuer richtet sich gemäß §10 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1980 wiederum nach dem Teilwert. Der Steuersatz ergibt sich aus § 12 UStG 1980. Der Teilwert einer Nutzungsentnahme entspricht grundsätzlich der Wertabgabe des Betriebes' 5 . Dabei werden die gesamten Kosten eines Wirtschaftsgutes, einschließlich der AfA, zunächst als Betriebsausgaben behandelt. Entnommen ist der Teil der Aufwendungen, der auf die betriebsfremde Nutzung entfällt". Beispiel: Ein PKW des Betriebsvermögens wird zu 75 % betrieblich, zu 25 % privat genutzt. Die Gesamtkosten, einschließlich AfA, betragen 10 000,— D M und werden als Betriebsausgabe gebucht. Die Nutzungsentnahme ist mit 25 % (2500,— DM) anzusetzen.

Bei privater Nutzung betrieblicher Grundstücke bestimmt sich der Teilwert der Entnahme nach den Erträgen47, die der Steuerpflichtige hätte erzielen können, wenn 43 44 45 44 47

B F H v. 18.4.1973 I R 57/71, BStBl. 1973 II S. 700 f. Vgl. §6 Abs. 1 Nr. 4 S.2 EStG. Vgl. Biergans, S. 382. Vgl. B F H v. 9.10.1953 IV 536/52 U, BStBl. 1953 III S.337. Vgl. Biergans, S. 382.

169

§11

VI 5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

er das Grundstück entgeltlich einem Dritten überlassen hätte. Bei einer Nutzungsentnahme, bei der er eine W o h n u n g in einem Betriebsgebäude bewohnt, richtet sich der Teilwert nicht nach den anteiligen Kosten, sondern nach dem ortsüblichen Mietwert 48 . Auch hier erhöht die Umsatzsteuer die Entnahme. Es liegt der Eigenverbrauchstatbestand nach § 1 Abs. 1 N r . 2 b U S t G 1980 vor. Die H ö h e der Umsatzsteuer bemißt sich gemäß §10 Abs. 4 N r . 2 UStG 1980 nach dem bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten. Das gleiche gilt für eine Leistungsentnahme. Beispiele:

Ein PKW mit einem Buchwert von 10 TDM wird zu betriebsfremden Zwecken entnommen. Der Betrag der Entnahme errechnet sich wie folgt: 1. Fall

2. Fall

3. Fall

Teilwert gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG Umsatzsteuer gem. § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG 14 %

10000 — DM

15 000— DM

8000 — D M

1400,— DM

2100,— DM

1120,— DM

Entnahme Gewinnauswirkung

11400,—DM 0,— DM

17100,—DM 5 000,— DM

9120,—DM X 2 000,— DM

Das BV am 31.12.02 verringert sich durch die Entnahme um den Buchwert des entnommenen Wirtschaftsgutes und um die entstehende Umsatzsteuerschuld.

1. Fall 2. Fall 3. Fall

Besitzposten

X Schulden

= BV (wertmäßig)

X 10 000,— DM X 10000,— DM X 10 000,— DM

X 1 400,— DM X 2100,—DM X 1120,— DM

= X 11 400,— DM = X 12100,—DM = X 11120,— DM

Die Gewinnauswirkung ergibt sich aus der Bilanzformel: G = BV (31.12.02) 1. Fall 2. Fall 3. Fall

0,—DM = X11400,—DM 5 000,—DM = X 12100,— DM X 2 000,— DM = X11120,— DM

XBV(31.12.01) — — —

« Vgl. BFH v. 29.11.1960 I 117/60 S, BStBl. 1961 III S. 183, 184 f. 170

+PE +11400,—DM + 17100,— DM + 9120,—DM

XNE — — —

Positionen der Bilanzformel

§ 1 1 VII

VII. Einlagen Einlagen sind das Gegenteil von Entnahmen. Das Gesetz versteht darunter „alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlung und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat", § 4 Abs. 1 S. 5 EStG. Der Begriff des Wirtschaftsgutes ist dabei im gleichen Sinne wie bei der Entnahme zu verstehen 4 '. Der Entnahmefähigkeit entspricht die Einlagefähigkeit. Sie ist nur bei solchen Wirtschaftsgütern gegeben, die in einem objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihm zu dienen geeignet sind". Nicht einlagefähig sind demnach Wirtschaftsgüter des notwendigen Privatvermögens. Bewertbare Nutzungsrechte (z. B. die Gestattung der Ausbeute von Bodenschätzen) sind als Einlagen geeignet, wenn sie einen feststellbaren wirtschaftlichen Wert haben und dem Inhaber eine gesicherte Rechtsposition verschaffen 51 ; daran fehlt es z.B., wenn der Eigentümer den von ihm privat angeschafften P K W seinem Ehegatten unentgeltlich zur N u t zung in dessen Gewerbebetrieb überläßt. Die Einlage erfolgt durch eine Einlagehandlung. Diese kann wiederum ausdrücklich oder stillschweigend vorgenommen werden. Der Steuerpflichtige muß jedoch in jedem Fall den Willen haben, ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen zuzuführen (Einlagewillen). In der Regel liegt die Einlagehandlung in der Einlagebuchung. Eine Einlagehandlung ist jedoch nicht schon darin zu sehen, daß ein Wirtschaftsgut irrtümlich bilanziert wird 52 . Wie bei den Entnahmen sind Bar-, Sach-, Nutzungsund Leistungseinlagen möglich. Wird eine Betriebsschuld mit Mitteln des Privatvermögens getilgt, handelt es sich u m eine Bareinlage 55 . Wirtschaftsgüter (Grundstücke, Maschinen, Beteiligungen, Wertpapiere) können dem Betrieb in gleicher Weise aus dem Privatvermögen zugeführt werden, wie sie andererseits entnommen werden können. Will ein Unternehmer Wirtschaftsgüter des notwendigen Privatvermögens zu (notwendigem) Betriebsvermögen machen, so kann er diese Absicht nur verwirklichen, wenn er sie nunmehr betrieblich nutzt, es ist also eine Nutzungsänderung erforderlich. Beispiel:

Ein bisher ausschließlich privat genutzter Kombi wird in Zukunft nur noch als Lieferwagen verwendet.

« Vgl. dazu §11 VI 2 a, S.162. 50 Vgl. Biergans, S.392. 51 Vgl. BFH v. 16.11.1977 I R 83/75, BStBl. 1978 II S.386f.; BFH v. 26.5.1982 I R 104/81, BStBl. 1982 II S.594. 52 BFH v. 2.7.1969 I R 143/66, BStBl. 1969 II S.617. 55 BFH v. 7.5.1965 VI 217/64 U, BStBl. 1965 III S.445f. 171

§11

VII

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Werden Wirtschaftsgüter des Privatvermögens Teil des gewillkürten Betriebsvermögens, kann außer einer Nutzungsänderung auch eine ausdrückliche Willenserklärung des Steuerpflichtigen (z. B. die Einbuchung) die Einlage bewirken. Sacheinlagen sind jedoch nicht nur anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter aus der privaten in die betriebliche Sphäre überführt, sondern auch, wenn sie aus einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen wechseln, falls beim abgebenden Betrieb eine Entnahme bejaht worden ist54. Bei einer Nutzungseinlage wird dem Betrieb die Nutzung, nicht das Wirtschaftsgut als solches zugeführt. Beispiel: Ein privater P K W wird auch für betrieblich veranlaßte Fahrten benutzt.

Eine Leistungseinlage erfolgt, wenn private (Dienst-)Leistungen für betriebliche Zwecke erbracht werden. Beispiel: D e r für die Pflege des Privatgrundstückes angestellte Gärtner unterhält auch die Grünanlagen des Betriebes; die privat angestellte Putzfrau reinigt auch die Büro-/Praxisräume.

Der Einlagezeitpunkt richtet sich nach der Vornahme der Einlagehandlung. Die Ausführungen über den Zeitpunkt der Entnahme gelten dafür entsprechend 55 . Werden Wirtschaftsgüter dem Betrieb zugeführt, erhöhen sie das Betriebsvermögen, nicht aber den Gewinn; gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 E S t G sind sie bei der Gewinnermittlung wieder vom Betriebsvermögen abzuziehen. Damit die im Privatvermögen gebildeten stillen Reserven bei einer späteren Veräußerung den betrieblichen Gewinn nicht erhöhen, ordnet § 6 Abs. 1 N r . 5 S. 1, l . H S E S t G an, die Wirtschaftsgüter seien grundsätzlich mit dem Teilwert einzulegen. Wirtschaftsgüter, die innerhalb der letzten drei Jahre vor der Einlage angeschafft oder hergestellt worden sind, dürfen höchstens mit den (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden, § 6 Abs. 1 N r . 5 S. 1, 2. HS., S . 2 E S t G . Ist der Teilwert geringer als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, so ist der Teilwert maßgebend, § 6 Abs. 1 N r . 5 S. 1, 2. H S . EStG. Durch diese Regelung will das Gesetz eine Gewinnmanipulation verhindern. Es soll ausgeschlossen werden, daß der Steuerpflichtige das Risiko einer Wertminderung des Wirtschaftsgutes auf den Betrieb verlagert. Beteiligungen i. S. d. § 17 E S t G sind (auch außerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums) mit dem Teilwert, höchstens jedoch mit den Anschaffungskosten zu bewerten.

54 55

Vgl. oben § 1 1 VI 2 c, S. 164 ff. Vgl. oben § 1 1 VI 4, S. 168.

172

§ 1 2 II 2

Grundzüge der doppelten Buchführung

§ 12 Grundzüge der doppelten Buchführung I. Kontenarten Wie bereits die wenigen Beispiele gezeigt haben, berührt jeder Geschäftsvorfall einen oder mehrere Bilanzposten. Der Unternehmer könnte nach jedem Geschäftsvorfall eine geänderte Bilanz aufstellen. Das führte jedoch zu einem unwirtschaftlichen Arbeitsaufwand. Die Buchführungstechnik löst das Problem besser. Die Bilanz am Anfang des Wirtschaftsjahres, die sog. Eröffnungsbilanz, wird in Konten zerlegt. Die einzelnen Geschäftsvorfälle werden nicht in der Bilanz, sondern auf Konten erfaßt. Der Buchführende richtet zunächst so viele Konten ein, wie Bilanzposten vorhanden sind. Auf diesen Konten verbucht er sodann die Geschäftsvorfälle. Das Konto ist eine Darstellungs- und Verrechnungsform. Die Geschäftsvorfälle werden nicht in Staffelform untereinander, sondern nach Zu- und Abgängen getrennt auf zwei verschiedenen Seiten aufgezeichnet. Die linke Seite ist die Sollseite, die rechte die Habenseite. Soll (S)

Konto

Haben ( H )

Bei der doppelten Buchführung sind Bestandskonten, Erfolgskonten, Privatkonten und gemischte Konten zu unterscheiden.

II. Bestandskonten 1. E r ö f f n u n g der Bestandskonten In die Bestandskonten werden die Bestände der Eröffnungsbilanz übertragen. Die aktiven Bestandskonten übernehmen dabei die Aktivposten, die passiven Bestandskonten die Passivposten. Bei der Eröffnung der Bestandskonten kann als buchungstechnisches Hilfsmittel das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) dazwischengeschaltet werden. Das E B K ist ein Gegenkonto für die Eröffnungsbuchungen. Es gibt spiegelbildlich die Eröffnungsbilanz wieder. Häufig wird darauf verzichtet. Darin liegt kein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. In diesem Falle sind die Anfangsbestände der Konten direkt aus der Eröffnungsbilanz zu übernehmen. 2. Buchungsregeln

a)

Grundsätze

Bei der doppelten Buchführung wird jeder Geschäftsvorfall zweimal gebucht. Einer Buchung auf der Sollseite entspricht eine größengleiche Buchung auf der Habenseite. Es gilt der Grundsatz: Keine Buchung ohne Gegenbuchung. 173

§12

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Nur so bleibt das Bilanzgleichgewicht gewahrt. Durch die strikte Einhaltung dieses Prinzips ist sichergestellt, daß die Schlußbilanz am Ende des Wirtschaftsjahres auf beiden Seiten die gleichen Summen ausweist. Die Buchung erfolgt aufgrund eines Buchungssatzes. Er wird durch den zugrundeliegenden Geschäftsvorfall bestimmt. Umgekehrt kann auch vom Buchungssatz auf den Geschäftsvorfall geschlossen werden. Der Buchungssatz nennt erst die Sollbuchung, dann die Habenbuchung. Die Kontenbenennung wird üblicherweise durch „an" verbunden. Zur Bildung des Buchungssatzes sind drei Fragen zu beantworten: — Welche Konten werden durch den Geschäftsvorfall berührt? — Liegt ein Zugang oder ein Abgang vor? — Auf welcher Kontenseite wird der Zugang oder der Abgang gebucht?

Zu buchen ist erst die Sollseite, dann die Habenseite. Die Art des Kontos bestimmt, auf welcher Seite ein Zugang oder ein Abgang zu buchen ist. Bei den aktiven Bestandskonten erscheinen auf der Sollseite der Anfangsbestand (AB) und die Zugänge, auf der Habenseite die Abgänge und der Endbestand (EB). Bei den passiven Bestandkonten stehen auf der Sollseite die Abgänge und der Endbestand (EB), auf der Habenseite der Anfangsbestand (AB) und die Zugänge.

S

aktives Bestandskonto

Anfangsbestand (AB) Zugänge

S

H Abgänge Endbestand (EB)

passives Bestandskonto

Abgänge Endbestand (EB)

H Anfangsbestand (AB) Zugänge

Wird die Eröffnungsbilanz in die einzelnen Konten aufgelöst, ergibt sich folgendes Bild: Eröffnungsbilanz zum 1.1.01 (in T D M )

A S AB 174

Grund und Boden

H

S 30

P Eigenkapital AB

H 50

50

Grundzüge der doppelten Buchführung s

Gebäude

AB

50

S

Fuhrpark

AB

20

AB

5

S AB

30

AB

5

Lieferantenverbindlichkeiten

S

Kurzfristige Verbindlichkeiten

I

|

10

AB

AB

II

2

H 60

60

H 20

20

H 20

20

H 5 H 30 H 5

1

(alle passiven Bestandskonten)

(alle aktiven Bestandskonten)

150

150

b)

AB

S 20

H

I Kasse

S

|

H

1 Bank

Hypothekendarlehen

50

|

Forderungen

AB

S

|

10

S

H

|

Waren

S

§ 12

Beispiele

(1) Kauf eines betrieblichen PKW für 10 TDM durch Banküberweisung (2) Umwandlung einer Lieferantenschuld von 5 TDM in eine hypothekarisch gesicherte Darlehensschuld (3) Kauf von Waren auf Ziel im Werte von 10 TDM (4) Verkauf von Waren im Wert von 5 TDM. Davon wird ein Teil (3 TDM) bar bezahlt, der Rest wird kreditiert. V o m ersten Geschäftsvorfall werden die beiden aktiven Bestandskonten Fuhrpark und B a n k betroffen. D e r Fuhrpark nimmt zu (die Sollseite des K o n t o s wird erhöht), das B a n k k o n t o nimmt um denselben Betrag ab (das K o n t o wird auf der Habenseite belastet). Buchungssatz: Fuhrpark

10 TDM

S

Fuhrpark

AB (1)

20 10

an H

Bank S AB

10 TDM Bank 30

H 10(1)

175

§12

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Der zweite Geschäftsvorfall betrifft zwei Passivkonten. Die Lieferantenverbindlichkeiten vermindern sich um 5 TDM, die Hypothekendarlehen nehmen um denselben Betrag zu. Der Abgang wird auf der Sollseite des Kontos Lieferantenverbindlichkeiten, der Zugang auf der Habenseite des Kontos Hypothekendarlehen erfaßt. Buchungssatz: Lieferantenverbindlichkeiten s

5 TDM

Lieferantenverbindlichkeiten 5

(2)

an H

Hypothekendarlehen S

Hypothekendarlehen

20

AB

5 TDM H 60 5(2)

AB

Der dritte Geschäftsvorfall berührt das aktive Bestandskonto Waren und das passive Bestandskonto Lieferantenverbindlichkeiten. Beide Konten nehmen um jeweils 10 TDM zu. Die Buchung erfolgt auf der Sollseite des Warenkontos und auf der Habenseite des Kontos Lieferanten Verbindlichkeiten. Buchungssatz: Waren

10 T D M

S

Waren

AB (3)

an H

Lieferantenverbindlichkeiten S

10 10

10 T D M

Lieferantenverbindlichkeiten 5

(2)

H

AB 20 10(3)

Ein Geschäftsvorfall kann auch auf mehr als zwei Konten eine Veränderung hervorrufen. So ist es im vierten Beispiel. Hier sind die Konten Kasse, Forderungen und Waren betroffen. Die Kasse und die Forderungen nehmen zu, der Warenbestand vermindert sich. Die Zugänge der Konten Kasse und Forderungen werden auf den Sollseiten in Höhe von 3 TDM und 2 TDM, der Abgang des Warenkontos auf der Habenseite in Höhe von 5 TDM gebucht. In diesem Fall ergibt sich ein zusammengesetzter Kasse 3 T D M und Forderungen 2 T D M S

Kasse

AB (4)

5 3

176

H

S AB (4)

an

Buchungssatz: Waren

Forderungen 5 2

5 TDM H

S AB (3)

Waren 10 10

H 5(4)

Grandzüge der doppelten Buchführung

§12

II 3

3. Abschluß der Konten Aus Gründen der Uberschaubarkeit soll bereits nach den verbuchten vier Geschäftsvorfällen der Jahresabschluß erstellt werden. Dazu sind zunächst die Konten abzuschließen. Dies geschieht durch Saldierung der Soll- mit der Habenseite. Dabei wird die größere Seite addiert und die Summe auf die andere Seite des Kontos übertragen. Der Saldo dieser Seite ist der Endbestand des Kontos. Der (rechnerisch) ermittelte Saldo stimmt mit dem Endbestand überein, den der Steuerpflichtige aufgrund der Inventur ermittelt hat, falls keine Mengenverluste (Schwund, Diebstahl, Verderb) eingetreten sind. Ist das der Fall, ist der Inventurwert maßgebend. Der Saldo des Kontos muß in diesem Fall durch die Buchung: „außerordentlicher (a. o.) Aufwand an Bestandskonto" den tatsächlich festgestellten Beständen angepaßt werden. Die Abschlußtechnik verdeutlicht das Warenkonto:

S

Waren

AB (3) Zugang

10 10

Abgang

H 5(4)

Saldo ( = Differenz der größeren Seite 20 T D M und der kleineren Seite 5 T D M ) = 15 T D M . S

Waren

AB (3)

10 10

Endbestand

20

H 5(4) 15 20

Aufgrund der vier Beispiele ergeben sich für die von den Geschäftsvorfällen berührten Konten folgende Endbestände (EB):

S

Fuhrpark

AB

20 10

(1)

30

EB

H 30

30

S AB (3)

Waren 10 10 20

EB

H 5(4) 15 20

177 12

Tiedtke, Einkommensteuer

§12 s AB

II 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte H

Bank 30

EB

30

S

Kasse

AB (4)

5 3

(2) EB

EB

8

S EB

8

AB

30

Forderungen 5 2

EB

7

H

Lieferantenverbindlichkeiten 5 25

AB (4)

30

8

S

10(1) 20

S

H 7 7

Hypothekendarlehen 65

AB

H 60 5(2) 65

65

H 20 10(3) 30

A u c h die Konten, die im L a u f e des Wirtschaftsjahres nicht angesprochen wurden, sind am Jahresende abzuschließen. Ihr Saldo (Endbestand) entspricht dem Anfangsbestand. S AB

Grund und Boden 30

EB

30

S EB

50 178

S

Gebäude

H

30

AB

50

50

30

Eigenkapital 50

H

AB

50

H

S

50

EB

50

EB

50

Kurzfristige Verbindlichkeiten 20 20

AB

H 20 20

Grundzüge der doppelten Buchführung

§12

II 4

Die Konten sind mit der Ermittlung der Endbestände durch Saldierung ausgeglichen. Die Summe der Beträge auf der Soll- und Habenseite ist gleich groß. Es gilt jedoch auch für den Kontenabschluß der Grundsatz: Keine Buchung ohne Gegenbuchung. Die erforderliche Gegenbuchung der Endbestände erfolgt (gedanklich) auf dem Schlußbilanzkonto (SBK). Es gelten die Buchungssätze: SBK an (alle) aktiven Bestandskonten, und (alle) passiven Bestandskonten an SBK.

SBK (in T D M )

S Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

30 50 30 15 7 20 8

Eigenkapital Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

160

H 50 65 25 20

160

4. Aufstellung der Schlußbilanz Die Schlußbilanz ist die Abschrift des SBK. Das SBK muß durch Einbuchung der Kontenendbestände ausgeglichen sein. Es darf kein Saldo entstehen. Sind Soll und Habenseiten nicht größengleich, so sind im Laufe des Jahres Schreibfehler, Rechenfehler oder Buchungsfehler unterlaufen. Danach ergibt sich in unserem Beispiel folgende Schlußbilanz:

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse

Schlußbilanz zum 31.12.01 (in T D M ) 30 50 30 15 7 20 8 160

Eigenkapital Hypothekendarlehen Lieferantenverbindlichkeiten Kurzfristige Verbindlichkeiten

P 50 65 25 20

160

179 12*

§ 12

111

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Die buchungstechnischen Schritte von der Eröffnungsbilanz bis zur Schlußbilanz lassen sich schematisch so darstellen: Eröffnungsbilanz

aktive Bestandskonten

passive Bestandskonten

SBK

II Schlußbilanz

III. Erfolgs- und Privatkonten Die bisher dargestellten Geschäftsvorfälle betrafen die Besitzposten und/oder die Schulden des mengenmäßigen Betriebsvermögens. Sie haben das wertmäßige Betriebsvermögen, das Eigenkapital, unberührt gelassen. Es beträgt nach wie vor 50 T D M . Die Geschäftsvorfälle waren somit erfolgsneutral. Unternehmerische Betätigung führt jedoch auch zu anderen Geschäftsvorfällen. (1) Zahlt der Unternehmer eine Vermittlungsprovision in Höhe von 10 T D M durch Banküberweisung, fließt dieser Betrag vom Bankkonto ab. Das Bankkonto wird auf der Habenseite belastet. s

Bank

H

20

AB

10(1)

Ein anderes aktives oder passives Bestandskonto wird durch den Vorgang nicht berührt. Die Provisionszahlung muß demnach zu Lasten des Kapitalkontos gehen. Man könnte für den Vorfall das Kapitalkonto als Gegenkonto heranziehen. Buchungssatz: Kapital

10 T D M S (1) Provisionszahlung

180

an

Bank

Kapital 10

AB

10 T D M H 50

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

III

(2) Erhält der Unternehmer für ein vermietetes Betriebsgebäude den monatlichen Mietzins in Höhe von 2 T D M in bar, erhöht sich das Kassenkonto entsprechend. s

Kasse

AB (2) Mieteinnahme

2

H

5

Auch hier ist kein anderes Bestandskonto betroffen. Die Mietzahlung erhöht jedoch das Eigenkapital, die notwendige Gegenbuchung könnte auf dem Kapitalkonto direkt erfolgen. Buchungssatz: Kasse

2 TDM

in

Kapital

S

Kapital

(1) Provisionszahlung

10

2 TDM H

AB Mieteinnahme

50 2(2)

(3) Ähnlich verhält es sich mit privat verursachten Geschäftsvorfällen. Schenkt der Unternehmer einen betrieblichen PKW, der einen Buchwert von 3 T D M hat, seiner Tochter, so vermindert sich das Konto Fuhrpark um 3 TDM, die anderen Bestandskonten bleiben unverändert. Es liegt jedoch eine Entnahme vor, die das Eigenkapital reduziert. Auch hier ist eine direkte Buchung auf dem Kapitalkonto denkbar. Buchungssatz: Kapital

3 TDM

S

Fuhrpark

AB

30

Entnahme

PKW

an H

3(3)

Fuhrpark S (1) Provisionszahlung (3) Entnahme PKW

3 TDM Kapital 10 3

AB

H 50

Mieteinnahme 2 (2)

(4) In der gleichen Weise wäre die Einlage eines Grundstücks, Wert 50 TDM, in das Betriebsvermögen zu behandeln. 181

§12

III 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Buchungssatz: Grund und Boden S

G r u n d und Boden

AB (4) Einlage Grundstück

30 50

50 T D M

an H

Kapital S (1) Provisionszahlung (3) Entnahme PKW

50 T D M Kapital

10 3

AB

H

50

Mieteinnahme 2 (2) Einlage Grundstück 50 (4)

Bereits die wenigen erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle zeigen, daß eine derartige Verbuchung das Kapitalkonto überlastet. Es wird bei der Vielzahl der Geschäftsvorfälle unübersichtlich. Daher sind als Unterkonten des Kapitalkontos Erfolgs- und Privatkonten zu bilden. Kapitalkonto

Erfolgskonten

Privatkonten

1. E r f o l g s k o n t e n Die Erfolgskonten gliedern sich in Ertrags- und Aufwandskonten. Sie sind Unterkonten des Kapitalkontos. S

Kapitalkonto

Aufwandskonten

H

Ertragskonten

Das wichtigste Erfolgskonto ist das Gewinn- und Verlustkonto (GuV-Konto). E s unterliegt als passives Bestandskonto den gleichen Buchungsregeln wie das Kapitalkonto. Auf dem G u V - K o n t o werden Aufwendungen und Erträge gegenübergestellt. S Aufwand

GuV-Konto

H Ertrag

Aufwendungen stehen dabei auf der Sollseite, Erträge auf der Habenseite. Die Geschäftsvorfälle „Provisionszahlung" und „Mieteinnahme" können jetzt auf dem G u V - K o n t o gebucht werden. 182

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung s

GuV-Konto

(1) Provisionsaufwand

10

III 1 H 2(2)

Mietertrag

Die Vielzahl der erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle erfordert aus Gründen der Übersichtlichkeit der einzelnen Aufwands- und Ertragsgruppen eine weitere Unterteilung in speziellere Aufwands- und Ertragskonten. S

H

GuV-Konto

S

Mietaufwand

H

S

Mieterträge

s

Provisionsaufwand

H

S

Zinserträge

s

Kfz-Kosten

H

S

a. o. Erträge

H

1

1

H

1

1

H

1

s

Abschreibungen

H

s

a. o. Aufwand

H

Wieviele und welche Erfolgskonten zu errichten sind, ist eine bedürfnis- und zweckmäßigkeitsorientierte Entscheidung des Unternehmers. Die Buchungen auf den Erfolgskonten richten sich nach denselben Regeln wie die Buchungen auf dem GuV-Konto.

S Aufwand

Aufwandskonto

H

Aufwandsminderung Saldo

S

Erfolgskonto

Ertragsminderung Saldo

H Ertrag

Für die genannten erfolgswirksamen Beispiele sind demnach die Konten Provisionsaufwand und Mietertrag zu bilden. Auf ihnen sind die notwendigen Gegenbuchungen vorzunehmen. 183

§12

III 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

s

Bank

(2)

2

H 10(1)

S

Provisionsaufwand

(1)

H

S

Mietertrag

H 2(2)

10

Weitere typische Erfolgskonten stellen z. B. Aufwandskonten für Betriebssteuern, Lohnaufwand, Raumkosten, Zinsaufwand, allgemeine Verwaltungskosten, außerordentlicher Aufwand, oder Ertragskonten für Zins-, Provisions-, Miet- oder außerordentliche Erträge dar. Auf den eingerichteten Konten sind die erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle des laufenden Zeitraums zu verbuchen. Alle Erfolgskonten (also die Aufwands- und die Ertragskonten) werden am Jahresende über das GuV-Konto abgeschlossen. Auf den einzelnen Konten ist vorher der Saldo zu ziehen. Es gelten folgende Buchungssätze: Für die Aufwandskonten: Für die Ertragskonten:

GuV-Konto

an

alle Aufwandskonten

Alle Ertragskonten

an

GuV-Konto

Auf dem GuV-Konto erscheinen die Nettopositionen aller erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle. Das GuV-Konto ist im Regelfall nicht ausgeglichen. Es ist wiederum der Saldo zu bilden. Ubersteigen die Erträge die Aufwendungen (E > A), entsteht ein Saldo auf der Sollseite des GuV-Kontos. Der Saldo ist in diesem Fall der Gewinn der laufenden Periode. Ist dagegen die Summe der Aufwendungen größer als die Summe der Erträge (A > E), ergibt sich ein Saldo auf der Habenseite, der den eingetretenen Verlust ausweist. Auch das GuV-Konto muß am Jahresende abgeschlossen werden. Der Abschluß erfolgt durch Ausbuchen des entstandenen Saldos. Dabei sind zwei Wege zulässig. (1) Abschluß über das Kapitalkonto: (Es handelt sich um fiktive Zahlen, die sich nicht aus dem vorangegangenen Beispiel ergeben.) Buchungssatz (wenn ein Gewinn erzielt wurde): GuV-Konto S Aufwendungen Gewinn

25 T D M GuV-Konto 75 25 100

184

Erträge

an H

100 100

Kapitalkonto S

25 T D M Kapitalkonto AB Gewinn

H 50 25

Grundzüge der doppelten Buchführung

§12

III 2

Buchungssatz (wenn ein Verlust entsteht): Kapitalkonto 25 TDM A

GuV-Konto

Aufwendungen 100

Erträge Verlust

100

an

GuV-Konto 25 TDM

H

S

75 25

Verlust

Kapitalkonto

H

AB

50

25

100

(2) Abschluß über das Schlußbilanzkonto: Buchungssatz (im Falle eines Gewinnes): GuV-Konto 25 TDM

an

Schlußbilanzkonto 25 TDM

Buchungssatz (im Falle eines Verlustes): Schlußbilanzkonto 25 TDM

an

GuV-Konto 25 TDM

Die Buchungssätze zeigen, daß ein erzielter Gewinn in der Schlußbilanz auf der Passivseite, ein eingetretener Verlust auf der Aktivseite ausgewiesen wird. Dies ist auch folgerichtig; ein Gewinn erhöht das ebenfalls auf der Passivseite stehende Eigenkapital. Zur Ermittlung des wertmäßigen Betriebsvermögens am Ende des Wirtschaftsjahres sind beide Größen zu addieren. Ein Verlust hingegen vermindert das Eigenkapital. Z u r Ermittlung des Betriebsvermögens am Ende des Wirtschaftsjahres ist daher der Verlust vom ausgewiesenen Betriebsvermögen abzuziehen.

2. Privatkonten Die Privatkonten sind, wie die Erfolgskonten, Unterkonten des Kapitalkontos. Im Normalfall genügt ein K o n t o für die Entnahmen und ein weiteres f ü r die Einlagen. S

Kapitalkonto

H ^

(Privat-) Entnahmen

(Neu-) Einlagen

Beispiele:

Der Unternehmer entnimmt einen PKW, Buch- und Teilwert betragen 3 TDM. Außerdem kauft er seiner Frau einen Pelzmantel für 7 TDM und begleicht seine ESt-Schuld in Höhe von 10 TDM, jeweils durch Banküberweisung. Buchungssätze: (1) Entnahmen (2) Entnahmen (3) Entnahmen

3 TDM 7 TDM 10 TDM

an an an

PKW Bank Bank

3 TDM 7 TDM 10 TDM 185

§12

III 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Verbuchung: S

Entnahmen 3 7 10

(1) (2) (3)

H

S

PKW

H

S

Bank

H 7(2)

3(1)

10(3)

Saldo 20(6)

20

20

Der Unternehmer bilanziert ein unbebautes Grundstück mit dem Teilwert von 50 T D M , das f ü r eine Betriebserweiterung vorgesehen ist; er überweist eine Gewerbesteuervorauszahlung in H ö h e von 5 T D M vom privaten Sparbuch. Buchungssätze: (4) Grund und Boden (5) GewSt-Aufwand

50 T D M 5 TDM

an an

Einlagen Einlagen

50 T D M 5 TDM

Verbuchung: S

Einlagen

(7) Saldo 55 55

H

S

Grund und Boden

50 (4) (4) 5(5)

H

50

S (5)

GewSt-Aufwand

H

5

55

Sodann sind die U n t e r k o n t e n , Entnahmen, Einlagen und G u V - K o n t o , über das Kapital-Konto abzuschließen. Buchungssätze: (6) Kapital (7) Einlagen (8) GuV-Konto

20 T D M 55 T D M 25 T D M

an an an

Entnahmen Kapital Kapital

S

Kapitalkonto

(6) Entnahmen (9) Saldo

20 110

AB Einlagen Gewinn

130

20 T D M 55 T D M 25 T D M H 50 55 (7) 25 (8) 130

D a s Kapitalkonto wird über das Schlußbilanzkonto abgeschlossen. Buchungssatz: (9) Kapitalkonto 186

110 T D M

an

SBK

110 T D M

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

III 3

Damit steht das Eigenkapital, also das wertmäßige Betriebsvermögen, zum Ende des Wirtschaftsjahres i. H.v. 110 TDM fest. Es kann im Rahmen der Bilanzformel für die Gewinnermittlung verwendet werden. Der Abschluß der Erfolgs- und Privatkonten läßt sich als Schaubild wie folgt darstellen: aktive Bestandskonten Aufwandskonten

passive Bestandskonten Ertragskonten GuV-Konto Einlagen

Entnahmen '

>- Kapitalkonto -»

'

1 >- Schlußbilanzkonto

1 Schlußbilanz

Nach der Ermittlung des wertmäßigen Betriebsvermögens, der Entnahmen und der Einlagen sind alle Größen der Bilanzformel bekannt. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres kann damit nach §4 Abs. 1 EStG ermittelt werden. 3. Doppelte Gewinnermittlung Nach der Bilanzformel des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. G 01 = BV (31.12.01) X BV (31.12.00 = 1.1.01) + PE X NE Alle zur Gewinnermittlung notwendigen Größen sind unmittelbar aus der Buchführung zu entnehmen. G 01 = 110 X 50 + 20 X 55 G 01 = 25 TDM Nach der GuV-Methode ist der Gewinn die Differenz zwischen Ertrag und Aufwand. G = Ertrag X Aufwand Die zwei notwendigen Größen sind aus dem GuV-Konto ablesbar1. G = 100 X 75 G = 25 TDM Vgl. §12 III, 1 S. 184. 187

§12

IV

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Es zeigt sich, daß der nach Bilanzformel ermittelte Gewinn und der Gewinn nach der GuV-Methode übereinstimmen. Das muß auch so sein. Sollte sich das Ergebnis nach der Bilanzformel vom Ergebnis der GuV-Methode unterscheiden, liegt in der Buchführung ein Fehler. Die doppelte Gewinnermittlung (nach der Bilanz- und GuV-Formel) ist das Wesen der doppelten Buchführung. Sie liefert eine doppelte Gewinnermittlung.

IV. Gemischte Konten Die gemischten Konten sind Bestandskonten, die neben dem Bestand auch Aufwendungen und Erträge erfassen. Beispiel: Der Unternehmer kauft ein Grundstück von 1000m2 für 100 TDM. Er verkauft 500 m2 für ebenfalls 100 TDM. Buchungssatz beim Ankauf: (1) Grund und Boden

100 TDM

an

Bank

100 TDM

Beim Verkauf hat der Steuerpflichtige zwei Möglichkeiten: 1. Er kann den Ertragsteil von 50 T D M aus dem Verkaufspreis herausnehmen und ihn auf einem Ertragskonto ausweisen. Buchungssatz: Bank

100 TDM

s

Bank

100

H S

100

an

Grund und Boden und a. o. Ertrag

Grund und Boden

(1) (1)

100

H

50 TDM 50 TDM a. o. Ertrag

S

50

H 50

2. Es ist aber auch zulässig, den Ertrag zunächst in das Bestandskonto Grund und Boden einzubuchen: Buchungssatz: (2) Bank S (2) 188

100 TDM Bank 100

100

an

Grund und Boden

H

s

(1)

(1)

Grund und Boden 100

100 TDM H 100 (2)

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

IV

In diesem Fall wird aus dem reinen Bestandskonto ein gemischtes Konto. Beim Jahresabschluß zeigt sich, daß der buchmäßige Endbestand nicht mit dem durch die Inventur ermittelten Bestand übereinstimmt. Der Buchbestand ist 0. Die Inventur ergibt jedoch einen Endbestand von 500 m2 zum Anschaffungswert von 50 T D M . Beim Abschluß des (gemischten) Grundstückskontos ist der Erfolgs- und der Bestandsteil auf diesem Konto zu trennen. Dies geschieht in zwei Schritten: Der Unternehmer ermittelt den tatsächlichen Endbestand durch Inventur und bucht ihn über das Schlußbilanzkonto in das Konto Grund und Boden ein. Buchungssatz: (3) SBK

50 T D M

an

Grund und Boden

50 T D M

Danach wird das Konto Grund und Boden saldiert. Der so errechnete Saldo ist der Erfolgsanteil, der über das Konto a. o. Ertrag in das GuV-Konto zu übertragen ist. (4) Grund und Boden S

SBK

50 T D M H

(3) Grundstücke 50

S (1) (4)

an

a. o. Ertrag

Grund und Boden

H

100 50

100 (2) 50(3)

150

150

50 T D M S

a. o.Ertrag

H 50(4)

Als typisches gemischtes Konto wird häufig das Wertpapierkonto (WPK) geführt. Der Unternehmer erwirbt über das betriebliche Bankkonto 20 Aktien im Nennwert von 100,— D M zum Kurswert von 200,— DM. Im Laufe des Jahres verkauft er a) 5 Aktien zum Kurswert von 250,— D M b) 3 Aktien zum Kurswert von 150,— D M Der Kurswert am Bilanzstichtag beträgt 200,— DM. Beim Ankauf bucht der Unternehmer: (1) WPK S (1)

4 TDM WPK 4000

an H

Bank S

4 TDM Bank

H 4000

(1)

Beim Verkauf wird der entstehende Ertrag oder Verlust nicht auf einem Erfolgskonto ausgewiesen, sondern auf dem Wertpapierkonto erfaßt. 189

§ 1 2

V

1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

(2) Zu a): Bank (3) Zu b): Bank

s

1250 — D M 450 — D M

WPK

WPK WPK

1250,—DM 450,—DM

S

H

1250 (2) 450 (3)

4000

(1)

an an

Bank

1250 450

(2) (3)

H

4000

(1)

Würde man das Wertpapierkonto als reines Bestandskonto abschließen, ergäbe sich ein Endbestand von 2300,— DM. Der durch Inventur ermittelte tatsächliche Bestand beträgt jedoch 2400,— DM. Zur Differenz kommt es wegen der Erfolgsauswirkung der Wertpapierverkäufe. Sie wurden teils mit Gewinn, teils mit Verlust veräußert. Das Wertpapierkonto wurde zum gemischten Konto. Es ist daher nach ihren Regeln abzuschließen. Zunächst ist durch Inventur der Endbestand (2400,— D M ) zu ermitteln und über das SBK in das Wertpapierkonto einzubuchen. (4) SBK

2400 — D M

an

WPK

2400,— DM

Anschließend ist das Konto zu saldieren. Der Saldo ist die Erfolgsauswirkung der Wertpapiergeschäfte, er ist als außerordentlicher Ertrag auszuweisen. (5) W P K

100,—DM WPK

(1)

4000

(5)

100 4100

H

S

an

a. o.Ertrag

SBK

H

1250 (2) 450 (3) 2400(4)

100,—DM S

a. o. Ertrag

H 100 (5)

4100

V. Warenkonten Ein gemischtes Konto ist auch das Warenkonto. Ein Kaufmann kauft Waren im Werte von 10 T D M . Im Laufe des Jahres verkauft er davon die Hälfte für ebenfalls 10 T D M . Der Endbestand des Warenkontos ist 0, der tatsächliche Bestand beträgt jedoch 5 T D M .

Das Warenkonto ist als gemischtes Konto ebenfalls über das SBK (tatsächlicher Warenendbestand) und über das GuV-Konto (erzielte Verkaufserlöse) abzuschließen: 190

Grundzüge der doppelten Buchführung

§12 Bank

Waren (in TDM)

s

10 5

(1) (4)

H 10(2) 5(3)

EB

15

S

(in

(2)

10

(in

(3) EB

TOM)

S

(in

H 10(1)

15

GuV

SBK S

V 1

TOM)

H

TOM)

H

5

5(4)

Für das Warenkonto ergeben sich darüber hinaus weitere Besonderheiten. 1. Einheitliches Warenkonto Werden Wareneinkäufe und Warenverkäufe auf einem Konto erfaßt, so handelt es sich um ein einheitliches Warenkonto. Auf ihm bucht der Steuerpflichtige Warenzugänge und Warenabgänge zu unterschiedlichen Preisen. Warenzugänge weist er z u m Einkaufspreis, Warenabgänge zum Verkaufspreis aus. Außerdem nimmt das Warenkonto Warenrücksendungen an die Lieferanten (zum Einkaufspreis) und von den Kunden (zum Verkaufspreis) auf. Mindert der Unternehmer den Einkaufspreis, wird der Betrag zum Einkaufspreis, mindert ein Kunde den Verkaufspreis, wird er z u m Verkaufspreis ausgewiesen. Beispiele: Das einheitliche Warenkonto hat einen Anfangsbestand von 10 TDM. (1) Der Kaufmann kauft Waren im Wert von 20 TOM auf Ziel: Waren

20 TDM

an

Lieferantenverbindlichkeiten

20 TDM

(2) Sodann wird die Hälfte der eingekauften Waren für 20 TDM verkauft. Der Erwerber überweist den Betrag auf das Bankkonto: Bank

20 TOM an

Waren

20 TOM

(3) Waren im Werte von 5 TDM sind fehlerhaft und werden an den Lieferanten zurückgeschickt: Verbindlichkeiten

5 TOM an

Waren

5 TOM

(4) Waren im Werte von 2 TDM sind verdorben. Der Kaufmann mindert: Verbindlichkeiten

2 TOM an

Waren

2 TOM

(5) Der Kunde schickt zu Recht Waren im Wert von 5 TDM zurück. Der Kaufpreis wird erstattet: 191

§12

V 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Waren

5 TDM

an

Bank

5 TDM

(6) Der Kunde mindert wegen verdorbener Ware im Werte von 2 TDM: Waren

2 TDM

S

Waren (in TDM)

AB (1) (5) (6)

10 20 5 2

an

Bank

2 TDM

Lieferantenverbindlichkeiten H S (in TDM) H S 20 (2) (3)

5

5(3) (4) 2(4)

2

20(1) (2)

Bank (in TDM) 20

H 5(5) 2(6)

D e r Warenendbestand (WEB) laut Inventur beträgt 20 T D M . Das Warenkonto ist als gemischtes Konto mit dem Bestandsteil über das SBK abzuschließen. Es entsteht jedoch in der Regel ein Saldo. Steht er auf der Sollseite, hat sich ein Rohgewinn, steht er auf der Habenseite, ein Rohverlust ergeben. Dieser Saldo wird auf das G u V - K o n t o übetragen: (7) SBK (8) Waren

20 TDM 10 TDM

S

Waren (in TDM)

AB

10

20 (1) 5 (5) 2 (6) (8) Rohgewinn 10 47

H S

an an

Waren GuV

SBK (in TDM)

20(2) (7) Waren 20

20 TDM 10 TDM

H S

GuV (in TDM)

H

Rohgewinn 10 (8)

5(3) 2(4) WEB 20(7) 47

Das einheitliche Warenkonto ist umständlich und unübersichtlich; es erfaßt Geschäftsvorfälle z u m Einkaufs- und z u m Verkaufspreis. Außerdem weist es lediglich den Rohgewinn aus. Dagegen ergibt sich weder der Wareneinsatz noch der wirtschaftliche Umsatz. Daher ist es zweckmäßig und üblich, das einheitliche Warenkonto in ein Wareneinkaufskonto (WEK) und ein Warenverkaufskonto (WVK) aufzuteilen. 192

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

V 2

2. Wareneinkaufskonto — Warenverkaufskonto Auf dem WEK werden alle Geschäftsvorfälle zum Einkaufspreis gebucht, also der Zugang neuer, die Rücksendung fehlerhafter Ware und die Kaufpreisminderung gegenüber den Lieferanten. Das WVK nimmt alle den Verkauf betreffenden Geschäftsvorfälle auf. Das sind neben den Warenverkäufen die Rücksendungen und die Kaufpreisminderungen durch die Kunden. Führt der Steuerpflichtige ein WEK und WVK, so bucht er die Geschäftsvorfälle, die wir beispielhaft auf dem einheitlichen Warenkonto gebucht haben, wie folgt: WEK (in TDM)

s

10 20

AB

(1)

S

Lieferantenverbindlichkeiten (in TDM)

(3) (4)

5

H

5(3) 2(4)

H

20(1)

2

S (5) (6)

WVK (in TDM)

5 2

H

20 (2)

S

Bank (in TDM)

(2)

20

H

5(5) 2(6)

Das WEK ist ein gemischtes Konto. Für den Abschluß ist der Warenendbestand (20 TDM) inventurmäßig festzustellen und über das SBK in das WEK einzubuchen. Der Saldo, der auf dem WEK entsteht, ist der Wareneinsatz (WES).

S

SBK (in TDM)

(7) Waren

20

H

S

WEK (in TDM)

AB (1)

10 20 WEB WES 30

H 5(3) 2(4) 20 (7) 3(8) 30

Das WVK ist ein reines Erfolgskonto. Als Saldo ergibt sich der wirtschaftliche Umsatz (WUS). Die getrennten Warenkonten können nach zwei Methoden abgeschlossen werden. 193 13 Tiedtke, Einkommensteuer

§12

V 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung d er Einkünfte

Beim Nettoabschluß

wird der Saldo des WEK auf das WVK übertragen:

(8) WYK

3 TDM WEK (in TDM)

s AB

0)

10 20 WEB WES 30

an

H

WEK WVK (in TDM)

S

5(3) 2(4) 20 (7) 3(8)

(5)

(6)

(8) WES (9) Rohgewinn

30

5

10 TDM

an

H 20 (2)

2 3 10 20

Der auf dem WVK entstehende Saldo ist der Rohgewinn über der GuV-Konto abgeschlossen wird: (9) WVK

3 TDM

20

(oder Rohverlust), der

GuV

10 TDM

Der Rohgewinn ist also die Differenz aus dem WUS und dem WES. Beim Bruttoabschluß wird der Wareneinsatz, der Saldo des WEK, unmittelbar auf das GuV-Konto übertragen. Das gleiche geschieht mit dem Saldo des WVK, dem wirtschaftlichen Umsatz (WUS). Die Bruttomethode hat den Vorteil, daß sich der WES und der WUS unmittelbar im GuV-Konto gegenüberstehen. Es ist damit nicht nötig, auf Einzelkonten zurückzugreifen. (7) SBK (10) GuV (11) WVK

S Ab (1)

20 TDM 3 TDM 13 TDM WEK (in TDM) 10 20 WEB WES 30

SBK (in TDM) (7) Waren

194

20

an an an

H 5 (3) 2 (4) 20 (7) 3(10)

WEK WEK GuV

S (5) (6) (11) WUS

30

20 TDM 3 TDM 13 TDM WVK (in TDM) 5 2 13

20(2)

20

20

GuV (in TDM)

H (10) WES

H

WUS

H 13(11)

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

V 2

Der WES und WUS geben dem Steuerpflichtigen Aufschluß über die Rentabilität und die Konkurrenzfähigkeit seines Betriebes. Überdies sind die beiden Daten für die Finanzverwaltung wichtig; sie ermittelt daraus die Richtsätze für Gewinnschätzungen. Auf diese Weise ist sie in der Lage, die Ergebnisse eines Steuerpflichtigen mit seinen Ergebnissen früherer Jahre (innerer Betriebsvergleich) oder mit denen anderer Steuerpflichtiger (äußerer Betriebs vergleich) zu vergleichen. Der Wareneinsatz läßt sich somit einmal aus dem WEK und, bei der Bruttomethode, auch aus dem GuV-Konto entnehmen. Er ergibt sich aus der Formel: AB + Zugang X Rücksendungen und Kaufpreisminderung 10 T D M + 20 T D M X 7 TDM

X W E B = WES X 20 TDM = 3 TDM

Der WES ist Aufwand. Er hängt unter anderem von dem durch die Inventur ermittelten WEB ab. Ein kleinerer WEB führt zu einem größeren WES, also zu einem größeren Aufwand und damit zu einem kleineren Gewinn. Dies gilt jedoch nur bei der Betrachtung einer Periode. Der Endbestand der Periode 01 ist gleichzeitig der Anfangsbestand der Periode 02. In der Periode 02 führt aber ein kleinerer Anfangsbestand zu einem kleineren Wareneinsatz und damit zu einem größeren Gewinn. Uber die Bewertung des Warenendbestandes kann demnach der Gewinn über ein Wirtschaftsjahr hinweg verlagert werden.

Beispiel: Der Unternehmer bewertet seinen W E B zum 31.12.01 mit 20 TDM. Daraus ergibt sich ein WES von 3 TDM. Erhöht der Außenprüfer den W E B aufgrund seiner Bewertung auf 22 TDM, so sinkt der WES auf 1 TDM, der Gewinn im Jahre 01 erhöht sich entsprechend um 2 TDM. Im Jahre 02 hat der Steuerpflichtige nunmehr einen AB von 22 TDM, während er vor der Berichtigung nur einen AB von 20 TDM hatte. Dieser um 2 TDM erhöhte AB bewirkt im Jahre 02 eine Erhöhung des WES um 2 TDM und damit eine Gewinnminderung um den gleichen Betrag, es wird also lediglich ein Gewinn verlagert. Die Gewinnerhöhung im Jahre 01 führt zu einer Gewinnminderung im Jahre 02. Jahr 01:

S AB (1)

WEK vor Berichtigung (in TDM) 10 20

30

WEB WES

H 5 (3) 2 (4) 20 (7) 3(10) 30

S AB (1)

WEK nach Berichtigung (in TDM) 10 20

30

WEB WES

H 5 2 22 1

(3) (4) (7) (10)

30

195 13»

§ 12

V 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte GuV vor Berichtigung (in T D M )

s (10)

H

3

S (10)

GuV nach Berichtigung (in T D M )

H

WEK nach Berichtigung (in T D M )

H

m

Jahr 02: WEK vor Berichtigung (in T D M )

S

AB

H

20

S

AB WEB WES

20

22

20(7) 0(10)

WES 22

20

GuV vor Berichtigung (in T D M )

WEB

H

(10)

S

GuV nach Berichtigung (in T D M )

(10)

[2]

20 (7) 2(10) 22

H

Der wirtschaftliche Umsatz ist der Warenverkaufserlös. Er läßt sich nur bei der Bruttomethode unmittelbar aus der Buchführung (GuV-Konto) entnehmen. Der Rohgewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Umsatz und dem Wareneinsatz. Aus den Größen WUS und WES und dem Rohgewinn können der Rohgewinnsatz und der Rohgewinnaufschlagsatz als wichtige kalkulatorische Grundlagen ermittelt werden. Rohgewinn = W U S X W E S 10 = 1 3 X 3

Der Rohgewinnsatz chen Umsatz.

ist das Verhältnis aus dem Rohgewinn und dem wirtschaftli-

Es gilt die Formel: T> , • Rohgewinnsatz =

Rohgewinn X 100 WUS

Im obigen Beispiel beträgt der Rohgewinnsatz: 10000 X 100 _ 13000 ~ 196

7.0,0/ 76,92

/o

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

VI 1

Den Rohgewinnsatz bezeichnet der Kaufmann auch als Handelsspanne. Der Rohgewinnaufschlagssatz bezieht sich auf den Wareneinsatz. Der Kaufmann spricht vom Kalkulationszuschlag. Er berechnet sich nach der Formel:

r i, Roheewinn x 100 Rohgewinnautschlagssatz = " ^rgg , im Beispiel also 10000 X 100

3ÖÖÖ

_

~

3 3 3 , 3 3 /o"

Der Reingewinn schließlich ist der durch Betriebsvermögensvergleich und/oder durch Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag ermittelte Gewinn, also der Rohgewinn abzüglich aller sonstiger Aufwendungen.

VI. Besondere Buchungen Bisher wurden typische Geschäftsvorfälle eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs dargestellt, um die Grundzüge der doppelten Buchführung zu veranschaulichen. Die Darstellung ist durch einige Besonderheiten zu ergänzen.

1. Verbuchung der Umsatzsteuer Wegen des besseren Verständnisses und der Klarheit wurde bisher auf die Berücksichtigung der Umsatzsteuer verzichtet. Es ist jedoch zu beachten, daß viele der dargestellten Vorgänge umsatzsteuerpflichtig sind. Die dabei anfallende Umsatzsteuer wird mit dem jeweiligen Geschäftsvorfall buchmäßig erfaßt. Jeder Unternehmer hat umsatzsteuerlich eine Doppelstellung. Beim Ankauf von Waren muß er Umsatzsteuer entrichten, § 1 UStG. Diese Umsatzsteuer ist für ihn als Vorsteuer eine Forderung gegenüber dem Finanzamt, §15 UStG. Beim Verkauf erhält der Unternehmer Umsatzsteuer von seinem Abnehmer, die er an das Finanzamt abführen muß. Vom Zeitpunkt der Vereinnahmung bis zur Zahlung besteht somit eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt. Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt werden verrechnet. Die Differenz ist entweder die Umsatzsteuerzahllast oder der Umsatzsteuervergütungsanspruch. 197

§12

VI 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

ein Vergütungsanspruch, wenn die Vorsteuer höher ist als die Umsatzsteuerschuld

eine Zahllast, wenn die UmsatzSteuerschuld höher ist als die Vorsteuer

D i e Verbuchung der Umsatzsteuer (bei getrennten Warenkonten) sollen zwei Beispielsfälle verdeutlichen. (1) Kauf von Waren für 20000,— DM + 14% USt auf Ziel WEK Vorsteuer S

WEK

(1)

20000,—DM 2800,— DM H

S

an

Verbindlichkeiten

Verbindlichkeiten

20000

22800

H S (1) (1)

(2) Verkauf von Waren für 30000 DM + 14% USt auf Kredit. WVK (2) Forderungen 34200,—DM an y S t g c h u W S (2) 198

Forderungen 34200

H

S

WVK

H 30000

(2)

S

22 800,— DM Vorsteuern

H

2800

30000,— DM 4200,— DM USt-Schuld 4200

H (2)

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

VI 2

Das Vorsteuer- und das Umsatzsteuerschuldkonto sind reine Bestandskonten. Sie werden erst miteinander und dann über das SBK abgeschlossen: (3) USt-Schuld (4) USt-Schuld (Kontensaldo) Vorsteuer (1)

2800

2800

2800

2800

2800,—DM

an

Vorsteuer (Kontensaldo)

1400,—DM

an

SBK

H S

USt-Schuld

(3) (3) W

2800 1400

4200

4200

4200

2800 — D M 1400 DM

H S

SBK

H USt 1400 (4)

(2)

2. Inanspruchnahme von Skonti Wird für die Zahlung innerhalb einer bestimmten Frist Skonto gewährt, so verringert sich dadurch der Nettopreis und die Umsatzsteuer. Skonti dürfen nicht auf den Warenkonten gebucht werden, da deren Saldi, der Wareneinsatz und der wirtschaftliche Umsatz, sonst verfälscht würden. Es sind vielmehr eigene Erfolgskonten (Lieferanten- und Kundenskonti) einzurichten. (1) Der Unternehmer begleicht eine Verbindlichkeit aus einem Wareneinkauf (20000,— DM + 14 % USt) durch Banküberweisung; er nimmt 3 % Skonto in Anspruch. (1) Verbindlichkeiten

s

Verbindlichkeiten

(1)

s

22 800,—DM

an

H

AB

22 800

Skontoertrag

H

22 800

Bank Skontoertrag Vorsteuer S

22116,—DM 600,— DM 84,— DM Bank

H 22116

S

600 (1)

(1)

Vorsteuer

H

84

(1)

(2) Ein Kunde zahlt seine Schuld (30000,— DM + 14% USt) unter Abzug von 3% Skonto durch Banküberweisung. (2) Bank Skontoaufwand USt-Schuld

33174,—DM 900,— DM 126,—DM

an

Forderungen

34200,—DM

199

§12

VI

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

3 Forderungen

S AB

34200

S

H

S

34200 (2)

Bank

H

33174

(2)

3.

Skontoaufwand

(2)

900

S

USt-Schuld

(2)

126

H

H

Lohnbuchungen

B e i L o h n - und G e h a l t s z a h l u n g e n m u ß der Arbeitgeber v o n den B r u t t o l ö h n e n L o h n s t e u e r und den Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung einbehalten u n d an das F i n a n z a m t s o w i e an die Versicherungen abführen. N e b e n d e m B r u t t o l o h n hat er den Arbeitgeberanteil z u r Sozialversicherung z u tragen. (1) Der Unternehmer hat in einem Monat Bruttolöhne in Höhe von 5000,— D M zu zahlen, die Lohnsteuer daraus soll 1200,— DM, Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung jeweils 1000,— D M betragen. Es kommt zu einer Nettoauszahlung von 2800,— DM. Die Lohnsteuer und die Beiträge zur Sozialversicherung führt der Arbeitgeber nicht sofort ab. (1) Lohnaufwand

5000 — D M

an

(2) Sozialversicherungsaufwand

Bank sonstige Verbindlichkeiten

2800 — D M 2200,— D M

1000,— D M

an

sonstige Verbindlichkeiten

1000,— D M

Überweist der Unternehmer die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge, so tilgt er die sonstigen Verbindlichkeiten: (3) Sonstige Verbindlichkeiten

3200,— DM

Lohnaufwand

H

S (1)

S

200

5000

5000 (4)

5000

5000

Bank

an

Bank S (2)

H

S

2800 (1) 3200 (3)

(3)

3200,— D M Sozialversicherung

H

1000

1000 (4)

1000

1000

Sonstige Verbindlichkeiten

H

3200

2200(1) 1000 (2)

3200

3200

Grundzüge der doppelten Buchführung

§12

VI

4

Es entsteht ein gewinnmindernder Gesamtaufwand von 6000,— DM. (4) GuV 6000,— DM an Lohnaufwand 5000,— DM und Sozialversicherung 1000,— DM. GuV

s (4)

H

6000

4. V e r b u c h u n g von Tauschgeschäften Bei einem Tausch wird ein Vermögensgegenstand durch Hingabe eines anderen erworben. Auch dieses Wirtschaftsgut ist mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren. Die Anschaffungskosten richten sich nicht nach dem Buchwert, sondern nach dem gemeinen Wert ( § 9 Abs. 2 BewG) des hingegebenen (weggetauschten) Wirtschaftsgutes 2 . Ist dessen gemeiner Wert höher als der Buchwert, entsteht durch den Tausch in der Regel ein außerordentlicher Ertrag. Überdies ist der Tauschvorgang grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, § 1 Abs. 1 N r . 1, § 3 Abs. 12 U S t G . Ein LKW, der mit 8000,— DM zu Buche steht, aber einen gemeinen Wert von 40 000,— DM ( + 14 % USt) hat, wird gegen gleichwertige Waren eingetauscht. Buchung beim Erwerber der Waren: WEK

40000,—DM

Vorsteuer

s

5600,—DM WEK

Fuhrpark a. o. Ertrag USt-Schuld

an

H

S

8000,—DM 32 000,— DM 5600,—DM Fuhrpark

40000

s

Vorsteuer

H 8000

H

S

a. o. Ertrag

5600

H 32000

S

USt-Schuld

H 5600

Dies erscheint nicht auf Anhieb plausibel. Zwei vorgeschaltete Schritte machen jedoch die Richtigkeit der vorgenommenen Buchung deutlich. 2

Vgl. BFH v. 16.12.1958 I D 1/57 S, BStBl. 1959 III S. 30, 32; BFH v. 8.7.1964 1 119/63 U, BStBl. 1964 III S. 561, 564; BFH v. 14.6.1967 VI 318/65, BStBl. 1967 III S.574; Schmidt/ Seeger, § 6 Anm. 22. 201

§12

VII 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

(1) Würde der LKW für 40000 — DM + 14 % USt gegen Barzahlung verkauft, so wäre die Buchung eindeutig: H

Kasse

Fuhrpark

45 600

H 8000

a. o. Ertrag

H

S

USt-Schuld

32000

H 5600

(2) Würden Waren im Wert von 40 000,— DM + 14 % USt gegen Barzahlung gekauft, so wäre zu buchen: H

WEK

S

Kasse

40000

s

H 45600

Vorsteuer

H

5600 Da beim Tausch weder eine Zahlung geleistet noch empfangen, die Kasse also nicht berührt wird, kann das hier (wegen der unterstellten Barzahlung) angesprochene Kassenkonto weggelassen werden; es ist zu streichen.

WEK Vorsteuer

40000,—DM 5 600,— DM

Kasse

45600 — D M

an

Kasse

45 600,— DM

Fuhrpark a. o. Ertrag

8000,—DM 32 000,—DM

USt-Schuld

5 600— DM

Buchung beim Erwerber des LKW: Fuhrpark Vorsteuer

40000,—DM 5600,—DM

an an

WVK USt-Schuld

40000,—DM 5600,—DM

VII. Vorbereitende Abschlußbuchungen Zur Erstellung des Jahresabschlusses ist aus der Buchführung durch Abschluß aller eingerichteten Konten das Schlußbilanzkonto zu entwickeln. Die Abschlußbuchun202

Grundzüge der doppelten Buchführung

§12

VII 1

gen für die einzelnen Kontenarten wurden bereits dargestellt 3 . Am Jahresende sind jedoch auch Sonderbuchungen (vorbereitende Abschlußbuchungen) vorzunehmen, die einem der folgenden Zwecke dienen: — — — —

Abgrenzung des betrieblichen vom privaten Bereich Ermittlung des periodengerechten Erfolgs Vornahme von Abschreibungen Bildung von Wertberichtigungen

1. A b g r e n z u n g des betrieblichen v o m privaten Bereich Es kommt häufig vor, daß betriebliche Wirtschaftsgüter privat genutzt oder private Schulden mit betrieblichen Mitteln bezahlt werden. Private Aufwendungen dürfen jedoch den betrieblichen Gewinn nicht mindern. Ist es während des Jahres zu einer Vermischung von betrieblich und privat veranlaßten Aufwendungen gekommen, so sind beim Jahresabschluß die privaten Aufwendungen erfolgswirksam (als Entnahme) durch vorbereitende Abschlußbuchungen zu erfassen. Diese Verfahrensweise ist insbesondere beim Eigenverbrauch, bei der Verwendung von betrieblichen Gegenständen für private Zwecke und bei den nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 E S t G erforderlich. a)

Eigenverbrauch

Hat der Unternehmer während des Jahres betriebliche Gegenstände für private Zwecke entnommen, liegt eine Entnahme nach § 4 E S t G vor. Diese muß er, soweit es noch nicht geschehen ist, spätestens am Jahresende ausweisen. Dabei hat er auch die Umsatzsteuer (Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 N r . 2 a U S t G ) zu berücksichtigen; sie gehört zur Entnahme. D e r Steuerpflichtige ist aber nicht gezwungen, den Eigenverbrauch getrennt auszuweisen, er kann vielmehr auch die Pauschbeträge, die die Finanzverwaltung für die Sachentnahmen jeweils neu für die einzelnen Ländergruppen Süd, West und Nordwest 4 festsetzt, in Anspruch nehmen. Macht er davon Gebrauch, ist keine weitere Umsatzsteuer hinzuzurechnen, da die Pauschbeträge Bruttowerte sind, also die Umsatzsteuer in ihnen enthalten ist. Die Umsatzsteuer ist vielmehr aus dem Bruttobetrag herauszurechnen, was in der Tabelle für Sachentnahmen 5 bereits geschehen ist, damit sie, von den entnommenen Waren getrennt, auf dem Umsatzsteuerschuld-Konto berücksichtigt werden kann. Ein Einzelhändler, der Nahrungs- und Genußmittel, Brot- und Wurstwaren verkauft, einen Haushalt mit 3 Personen (über 12 Jahren) führt, hat nach der Tabelle für Sachentnahmen (Ländergruppe Süd) ab 1.1.1981 für jede Person jährlich 2004,— DM, also insgesamt 6012,— DM, als Entnahme auszuweisen.

3 4 s

Vgl. §12 II—VI, S. 173 ff. Vgl. Vogel in Vogel!Reinischl Hof mann, Kommentar zum UStG, § 1 Anm. 123 ff. Vgl. Fn.4. 203

§ 12

VI I 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Entnahme

6012,— DM

Entnahmen

s

H S

an

a. o. Ertrag USt-Schuld

a. o. Ertrag

6012

H S

5544,— DM 468,— DM USt-Schuld

H

468

5544

Der Steuerpflichtige ist auch berechtigt, die Warenentnahme auf dem Wareneinkaufskonto gegenzubuchen. Er reduziert damit den Wareneinsatz und erhöht somit den Gewinn. Der Nachteil dieser Verfahrensweise besteht aber darin, daß sie den Wareneinsatz verfälscht. Er läßt sich so (ohne Bereinigung um die Entnahme) weder als Kalkulationsgrundlage für den Steuerpflichtigen noch als Vergleichsgröße für die Finanzverwaltung verwenden.

b) Gemischte Nutzung

betrieblicher

Gegenstände

Werden betriebliche Gegenstände auch für private Zwecke genutzt, ist der private Nutzungsanteil zu erfassen. In diesem Fall wird nicht, wie bei der Entnahme von Gegenständen, das Wirtschaftsgut als solches, sondern nur seine Nutzung dem betrieblichen Bereich entnommen. Die Höhe der Entnahme richtet sich nach der Höhe der Kosten, die für die private Nutzung entstanden sind. Am Jahresende sind deshalb alle Aufwendungen, die laufenden und die fixen, im Verhältnis der betrieblichen zur privaten Nutzung aufzuteilen. Da auch ein Eigenverbrauch i . S . d . § 1 Abs. 1 N r . 2 b U S t G vorliegt, erhöht die Umsatzsteuer die Entnahme, § 1 2 N r . 3 EStG. Ein PKW, der zum Betriebsvermögen gehört, wird zu 20 % privat genutzt. Folgende Kosten sind als Betriebsausgaben behandelt worden: Benzin Reparaturen Kfz-Steuer Kfz-Versicherung AfA

Kfz-Aufwand

204

2000,—DM 500,—DM 400,—DM 600,— DM 2000,—DM

H

+ 1 4 % USt + 1 4 % USt

AfA

H

Grundzüge der doppelten Buchführung

s

Eigenverbrauch

(1) (2)

700 400

1100

1100

1100

H S (3) (3) (4)

Privatentnahme

H

S

1100 154

§12

VII 2

USt-Schuld

H

154

(4)

Da der PKW zu 20 % privat genutzt wurde, sind 20 % aller Aufwendungen (einschließlich der AfA), also 1100,— DM, privat veranlaßt. Dieser Betrag bildet die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer, sie beträgt 154,— DM. c) Nichtabzugsfähige

Betriebsausgaben

Eine besondere Behandlung erfahren schließlich die nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben nach §4 Abs. 5 EStG. Sie sind, wie es §4 Abs. 4 EStG erfordert, betrieblich veranlaßt und damit Betriebsausgaben. Gleichwohl dürfen sie nach §4 Abs. 5 EStG den Gewinn nicht mindern. Sind diese Ausgaben während des Geschäftsjahres nicht von den sonstigen Betriebsausgaben getrennt aufgezeichnet worden, wie §4 Abs. 6 S. 1 EStG dies für die Aufwendungen i. S. d. §4 Abs. 5 Nr. 1—5 und 7 EStG vorschreibt, so müssen sie nunmehr im Rahmen der vorbereitenden Abschlußbuchungen von den sonstigen Betriebsausgaben durch die Buchung auf dem Konto „nichtabzugsfähige Betriebsausgaben" getrennt werden. Das Konto „nichtabzugsfähige Betriebsausgaben" wird über das GuV-Konto abgeschlossen. Die dadurch eintretende Gewinnminderung ist wieder rückgängig zu machen. Dies geschieht außerhalb der Bilanz. Die nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben werden dem Gewinn hinzugerechnet, der sich nach der Bilanzformel des § 4 Abs. 1 EStG ergeben hat. G 01 = BV 31.12.01 - BV 3 1 . 1 . 0 0 + PE - N E + nichtabzugsfähige BA

Geschenk- und Bewirtungsaufwendungen, die unter bestimmten Voraussetzungen abzugsfähig sind, muß der Steuerpflichtige allerdings gemäß §4 Abs. 6 S. 2 EStG von vornherein einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzeichnen. Verbucht er sie z. B. zunächst in der letzten Spalte „des amerikanischen Journals" zusammen mit anderen Kosten, fehlt es an einer Einzelaufzeichnung auch dann, wenn er die Geschenk- und Bewirtungsaufwendungen jeweils am Monatsende von den anderen Kosten trennt'. Die Verletzung der Aufzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 6 S.2 EStG verhindert damit die Abziehbarkeit derartiger Aufwendungen. 2. Ermittlung des periodengerechten Gewinns Die Einkommensteuer bemißt sich nach dem Einkommen eines bestimmten Veranlagungszeitraums, §25 EStG. Sie ist eine Jahressteuer, § 2 Abs. 7 EStG. Gewinner6

Vgl. B F H v. 19.8.1980 VIII R 208/78, BStBl. 1980 II S. 745. 205

§12

VII 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

mittlungszeitraum ist das Wirtschaftsjahr, § 4 a EStG. Das Ziel der Gewinnermittlung besteht darin, den Gewinn einer bestimmten Periode zu erfassen. Buchführung und Bilanz müssen daher den periodengerechten Gewinn ausweisen. Geschäftsvorfälle, die wirtschaftlich zu einem anderen Veranlagungszeitraum gehören, dürfen den Gewinn nicht beeinflussen. Die erforderliche Abgrenzung von Einnahmen und Ausgaben, die einem anderen Wirtschaftsjahr (als Ertrag oder Aufwand) zuzuordnen sind, geschieht durch die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten. a) Rechnungsabgrenzungsposten Die Notwendigkeit, Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, ergibt sich aus dem Unterschied zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben auf der einen Seite und Ertrag und Aufwand auf der anderen Seite. Einnahmen und Ausgaben sind Zuund Abflüsse, die das Betriebsvermögen berühren. Sie werden in dem Gewinnermittlungszeitraum zu Erträgen und Aufwand, zu dem sie wirtschaftlich zählen. Nach § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG ist (auf der Aktivseite) ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (aRAP) für Ausgaben vor dem Abschlußstichtag zu bilden, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Für Einnahmen vor dem Abschlußstichtag muß (auf der Passivseite) ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten (pRAP) ausgewiesen werden, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag sind. Rechnungsabgrenzungsposten sind also nur zulässig, wenn dem Steuerpflichtigen im voraus Einnahmen zufließen oder ihm im voraus Ausgaben entstehen. Diese Einnahmen und Ausgaben wirken in das nächste Jahr hinein, sie sind transitorisch. Der Steuerpflichtige erbringt oder empfängt erst dann die Gegenleistung. Die Rechnungsabgrenzungsposten, die in diesen Fällen gebildet werden dürfen und müssen, sind transitorische Rechnungsabgrenzungsposten. D e r Unternehmer hat ein Gebäude für 1 0 0 0 , — D M pro Monat gemietet. Die Januarmiete 02 zahlt er bereits im Dezember 01. Im Jahre 01 liegt eine Ausgabe vor, die erst im Folgejahr einen betrieblichen Aufwand darstellt. E s ist für das Jahr 01 ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der im Jahre 02 aufzulösen ist. Bildung des a R A P im Jahre 0 1 : (1) Mietaufwand (2) a R A P (3) SBK

1000,—DM 1000,—DM 1000,—DM

an an an

S

Mietaufwand

(1)

1000

1000 (2)

1000

1000

206

H

Bank Mietaufwand aRAP

S

1000,—DM 1000,—DM 1000,—DM

Bank

H 1000 (1)

§ 1 2 VII 2

Grundzüge der doppelten Buchführung S

aRAP

(2)

H S

1000

1000 (3)

1000

1000

SBK (3)

H

1000

Auflösung des aRAP im Jahre 02: (1) aRAP (2) Mietaufwand (3) GuV S

1000 — D M 1000 — D M 1000 — D M aRAP

(1)

an an an H

1000

1000 (2)

1000

1000

S

Mietaufwand

(2)

1000

1000 (3)

1000

1000

EBK aRAP Mietaufwand S

1000 — DM 1000 — D M 1000 — D M EBK

H 1000 (1)

H

S

GuV

(3)

H

1000

Der Unternehmer hat ein Gebäude vermietet. Er erhält die Januarmiete 02 in Höhe von 1000,— DM bereits im Dezember 01. Im Jahre 01 erzielt er eine Einnahme, die erst im Jahre 02 zum Ertrag führt. In diesem Fall wird im Jahre 01 ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet, der im Jahre 02 aufzulösen ist. Bildung des pRAP im Jahre 01: (1) Bank (2) Mietertrag (3) pRAP S (1)

1000,—DM 1000,—DM 1000,—DM Bank

1000

an an an H

Mietertrag pRAP SBK S (2)

1000,—DM 1000,—DM 1000,—DM Mietertrag

H

1000

1000 (1)

1000

1000

207

§12

VII 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

S

pRAP

(3)

H S

1000

1000 (2)

1000

1000

SBK

H 1000 (3)

Auflösung des pRAP im Jahre 02: (1)EBK (2) pRAP (3) Mietertrag S (1)

S (3)

1000 — DM 1000 — DM 1000,—DM EBK

an an an H

pRAP Mietertrag GuV S

1000

pRAP

(2)

Mietertrag

H

1000

1000 (2)

1000

1000

1000,—DM 1000 — D M 1000 — D M H

1000

1000 (1)

1000

1000

S

GuV

H 1000 (3)

Diese Beispiele zeigen, daß die Einnahmen und Ausgaben, die eine andere Periode betreffen, durch die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten dem Rechnungszeitraum zuzuordnen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören.

b) Sonstige Forderungen

und sonstige

Verbindlichkeiten

Rechnungsabgrenzungsposten dürfen nicht für antizipative Vorgänge gebildet werden, also nicht für Zahlungen, die ein Schuldner nach dem Bilanzstichtag leistet oder ein Gläubiger empfängt, wenn die Gegenleistung vor dem Bilanzstichtag erbracht worden ist. In diesen Fällen entstehen sonstige Verbindlichkeiten oder sonstige Forderungen. Der Unternehmer zahlt die Dezembermiete 01 erst im Januar 02. Bildung der sonstigen Verbindlichkeit im Jahr 01: (1) Mietaufwand 1000,— DM (2) GuV 1000,—DM (3) sonstige Verbindlichkeiten 1000,— DM 208

an an an

sonstige Verbindlichkeiten Mietaufwand SBK

1000,— DM 1000,—DM 1000,—DM

Grundzüge der doppelten Buchführung S

Mietaufwand

(1)

1000

§ 12 H

S

1000 (2)

1000

(3)

1000 1000

H

H 1000 (1) 1000

SBK

H

1000

(2)

2

sonstige Verbindlichkeiten

1000

GuV

VII

1000 (3)

Auflösung der sonstigen Verbindlichkeit im Jahre 02: (1)EBK 1000,—DM (2) sonstige Verbindlichkeiten 1000,— D M

EBK (1)

H

1000

S (2)

an an

sonstige Verbindlichkeiten Bank

sonstige Verbindlichkeiten

H

1000

1000(1)

1000

1000

S

1000 — D M 1000,—DM

Bank

H 1000 (2)

Der Unternehmer erhält die Dezembermiete 01 erst im Januar 02. Bildung der sonstigen Forderung im Jahre 01: (1) sonstige Forderungen (2) Mietertrag (3) S B K S

sonstige Forderungen

(1)

1000 1000

S

1000,— D M 1000,—DM 1000,—DM

an an an H

Mietertrag GuV sonstige Forderungen S

1000 (3)

Mietertrag

(2)

1000

GuV

H S 1000 (2)

1000,— D M 1000,—DM 1000,—DM

1000

1000 (1)

1000

1000

SBK (3)

H

H

1000

Auflösung der sonstigen Forderung im Jahre 02: (1) sonstige Forderungen (2) Bank

1000 — D M 1000,— D M

an an

EBK sonstige Forderungen

1000,—DM 1000,—DM 209

14

Tiedtke, Einkommensteuer

§12

VII 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

EBK

H 1000 (1)

S

sonstige Forderungen

(1)

1000

1000 (2)

1000

1000

H

S (2)

Bank

H

1000

Die Verbuchung der antizipativen Vorgänge verdeutlicht, daß Aufwand und Ertrag jeweils in dem Jahr erfaßt werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören.

c)

Rückstellungen

Z u m Zwecke der periodengerechten Gewinnermittlung kann der Steuerpflichtige unter bestimmten Voraussetzungen 7 Rückstellungen bilden. Als Rückstellungen sind solche Verbindlichkeiten zu bilanzieren, die am Bilanzstichtag entweder dem Grunde oder der H ö h e nach ungewiß sind, deren Entstehung aber aufgrund konkreter betrieblicher Vorgänge oder Erfahrungen wahrscheinlich ist. Die H ö h e der Rückstellungen wird geschätzt. Eine Rückstellung ist in dem Veranlagungszeitraum auszuweisen, in dem der Grund für die Entstehung der Verbindlichkeit gelegt ist. Es kommt nicht darauf an, wann der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird. Er darf also (und muß dies grundsätzlich auch) durch die Bildung einer Rückstellung auf dem Rückstellungskonto, einem passiven Bestandskonto, eine Verbindlichkeit passivieren, die er erst in der Zukunft zu erfüllen hat. Dies entspricht dem Bilanzierungsgrundsatz der Vorsicht. D e r Unternehmer hat im Jahre 02 fehlerhafte Ware geliefert. Sein Kunde hat bereits gerügt, es ist jedoch am Bilanzstichtag noch unklar, ob und in welcher H ö h e er mindern wird. Der Unternehmer schätzt seine Inanspruchnahme auf 5000,— D M . Bildung der Rückstellung im Jahre 02: (1)WVK (2) G u V (3) Rückstellungen

S

WVK

(1)

7

5000,—DM 5000,—DM 5000,— D M

H

5000

5000

5000

5000

Vgl. dazu § 1 5 II 5 b bb, S. 259 ff.

210

an an an

(2)

Rückstellungen WVK SBK

S (3)

5000 — D M 5000,—DM 5000 — D M

Rückstellungen 5000

5000

5000

5000

H (1)

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

s

GuV

(2)

H

S

SBK

5000

VII 3 H

(3)

5000

An dieser Darstellung zeigt sich (sowohl nach der GuV-Methode als auch nach der Bilanzformel), daß durch die Bildung der Rückstellung eine Gewinnminderung von 5000,— D M eintritt; einmal erhöht sich der Aufwand um 5000,— DM (GuVMethode), zum anderen verringert sich das Endbetriebsvermögen (durch die Erhöhung eines Schuldpostens) und damit der Gewinn um 5000,— DM. Mindert der Käufer im Jahre 03 tatsächlich in Höhe von 5000,— DM, so muß ihm der Kaufpreis insoweit erstattet werden. Die Rückstellung ist (erfolgsneutral) aufzulösen; ein Aufwand darf im Jahre 03 nicht mehr entstehen; er hat sich bereits im Jahre 02 ausgewirkt. Auflösung der Rückstellung im Jahre 03: (1)EBK (2) Rückstellungen S 0)

EBK 5000

5000,—DM 5000,—DM H

S (2)

an an

Rückstellungen Bank

Rückstellungen 5000

5000

5000

5000

H (1)

S

5000 — D M 5000,—DM Bank

H 5000

(2)

Wird der Unternehmer im Jahre 03 mit 7000,— DM, also höher als geschätzt, in Anspruch genommen, so wirkt sich der Betrag, der 5000,— DM übersteigt, erst im Jahre 03 als außerordentlicher Aufwand aus. Das Ziel, den Aufwand dem Verursachungsjahr zuzurechnen, wurde dann nur zum Teil erreicht; der Unternehmer hat die Höhe seiner Inanspruchnahme unterschätzt. 3. Absetzung für Abnutzung a) Bewegliche Wirtschaftsgüter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dürfen, soweit sie abnutzbar sind, abgeschrieben8 werden, § 7 EStG. Die Absetzung für Abnutzung (AfA) kann der Unternehmer nach der direkten oder nach der indirekten Methode buchen. Aus praktischen Gründen geschieht dies meist am Jahresende. Der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer nutzt einen für 2 0 0 0 0 , — DM + 1 4 % USt gekauften betrieblichen P K W vier Jahre. Bei linearer Abschreibung beträgt die AfA pro Jahr 5 0 0 0 , — DM.

« Vgl. dazu im einzelnen § 16 II 5, S. 292 ff. 211

14*

§ 1 2 VII 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Nach der direkten Methode wird die Jahres-AfA auf der Sollseite des AfAKontos (Aufwandskonto) und (direkt) auf der Habenseite des Bestandskontos erfaßt, auf dem das abnutzbare Wirtschaftsgut verbucht ist. Sein Bestand mindert sich um die Höhe der AfA. Das AfA-Konto wird über das GuV-Konto, das Bestandskonto über das S B K abgeschlossen. AfA

5000 — DM

s

an H

AfA

5000 — DM

S

5000

(1)

Fuhrpark

H

Fuhrpark

AB

20000

5000

(1)

Bei der indirekten Methode bucht der Unternehmer die AfA nicht unmittelbar auf dem betroffenen Bestandskonto (Fuhrpark), er schaltet vielmehr das Konto Wertberichtigungen dazwischen. (1) AfA S

5000 — D M Fuhrpark

AB

H

S (1)

20000

an

Wertberichtigungen

AfA

H

S

5000,—DM

Wertberichtigungen

5000

H

5000 (1)

Am Jahresende ist das Bestandskonto (Fuhrpark) über das SBK, das AfA-Konto mit dem GuV-Konto und das Wertberichtigungskonto über das S B K abzuschließen. Fuhrpark AB

s

H

20000

20000(2)

20000

20 000

GuV

(3)

S (1)

AfA

H

5000

5000 (3)

5000

5000

H

5000

S (2)

S

Wertberichtigungen

(4)

H

5000

5000(1)

5000

5000

SBK

H

20 000

5000 (4)

Im zweiten Jahr erfolgt die Verbuchung der Jahres-AfA in gleicher Weise. AfA

(1)

212

5000

H

Wertberichtigungen AB

H 5000 5000 (1)

Grundzüge der doppelten Buchführung

§12

VII 3

Verkauft der Unternehmer zu Beginn des dritten Jahres den PKW für 15000,— D M , ist die Wertberichtigung auf das Fuhrparkkonto zu übertragen, um den Buchwert des PKW zu ermitteln. S

Wertberichtigungen 10000

(1)

H

AB

10000

10000

S

Fuhrpark

AB

20000

H 10000 (1)

10000

Der Buchwert des P K W beträgt 10000,— DM, der Mehrerlös führt zu einem außerordentlichen Ertrag von 5000,— DM. S (2)

Bank 15 000

H

S AB

Fuhrpark

H S

20000

10000(1) 10000 (2)

20000

20000

a. o. Ertrag

H 5000 (2)

Die direkte Methode ist vorzuziehen; der Buchwert braucht nicht (wie bei der indirekten Methode) errechnet zu werden, er ist sofort aus dem Bestandskonto abzulesen. b) Einzelwertberichtigung

von

Forderungen

Forderungen gehören zum Umlaufvermögen. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind sie zum Bilanzstichtag mit den Anschaffungskosten (Nennwert) oder mit dem niedrigeren Teilwert zu bilanzieren. Beim Umlaufvermögen gilt das strenge Niederstwertprinzip. Der Steuerpflichtige muß die Forderung in der Handelsbilanz mit dem niedrigsten Wert ausweisen, und er ist wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes verpflichtet, diesen Wert in der Steuerbilanz zu übernehmen. Ist eine Forderung uneinbringlich und deshalb wertlos, so ist ihr Teilwert 0, der Steuerpflichtige bucht die Forderung aus, setzt sie also mit dem Erinnerungswert von 1,— D M an. Ist die Forderung nur teilweise einbringlich, bilanziert er sie in Höhe des realisierbaren (Teil-)Wertes, den uneinbringlichen Teil behandelt er als Forderungsabschreibung (auf den niedrigeren Teilwert). Verfährt der Steuerpflichtige so, bewertet er also die Forderungen aufgrund einer Einzelwertberichtigung, so muß er die Nennwerte der Forderungen direkt um die Forderungsverluste kürzen (direkte Abschreibung). Zum Bilanzstichtag ergibt sich, daß von den vorhandenen Kundenforderungen in Höhe von 50 000,— DM voraussichtlich 3000,— DM ausfallen. 213

§ 1 2

VII

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

3

Abschreibungen auf Forderungen 3000,— D M an Kundenforderungen 3000,— D M . H

Kundenforderungen AB

50 000

S

3000 (1)

Abschreibungen auf Forderungen

(1)

H

3000

c) Delcredere Forderungen darf der Steuerpflichtige auch indirekt abschreiben. Hiervon macht er Gebrauch, wenn er eine Pauschalwertberichtigung vornimmt. Sie dient der richtigen Forderungsbewertung und erscheint in der Bilanz als Wertberichtigungsposten, den man Delcredere nennt. Die H ö h e der pauschalen Wertberichtigung richtet sich nach dem (prozentualen) durchschnittlichen Forderungsausfall, der sich in der Vergangenheit ergeben hat. Das Delcredere hat Gemeinsamkeiten mit Abschreibungen, weil der Steuerpflichtige den Gesamtbetrag der Forderungen seinem jeweiligen Wert anpaßt, mit Rückstellungen, weil er einen Forderungsausfall, der noch nicht eingetreten ist, gewinnmindernd berücksichtigen darf. Ein Unternehmer, bei dem 2 % des Forderungsbestandes in H ö h e von 50 000,—. D M zuzüglich 1 4 % U S t erfahrungsgemäß ausfallen, kann ein Delcredere in H ö h e von 1000,— D M bilden. (1) Abschreibungen auf Forderungen (2) S B K (3) Delcredere (4) G u V

S AB

Forderungen

H

57000

57000 (2)

57000

57000

GuV

(4)

1000,—DM 57000,— D M 1000,— D M 1000,— D M

1000

S (1)

an an an an

Delcredere Forderungen SBK Abschreibungen auf Forderungen

Abschreibungen auf Forderungen

H

1000

1000 (4)

1000

1000

1000,— D M 57000,— D M 1000,— D M 1000,—DM

S (3)

H

Delcredere 1000

1000(1)

1000

1000

SBK

(2)

57000

H

H 1000 (3)

In der Schlußbilanz erscheinen die Forderungen zum Nennwert auf der Aktivseite, der abgeschriebene geschätzte Forderungsausfall als Wertberichtigungsposten auf der Passivseite. Die Bildung des Delcredere führt zu einem Aufwand. 214

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

VII 3

Es ist möglich, das Delcredere auf dreierlei Weise aufzulösen. Einmal können alle Forderungsverluste, die im laufenden Jahr tatsächlich entstehen, auf dem Delcredere-Konto direkt verbucht werden. Die Forderungsausfälle vermindern die gebildete Wertminderung. Übersteigen die Forderungsausfälle das Delcredere, entsteht ein weiterer Aufwand, sind sie geringer, ein Ertrag. Z u m 3 1 . 1 2 . 0 1 hat der Unternehmer ein Delcredere in H ö h e von 1000,— D M gebildet. Im Jahre 02 fallen Forderungen in H ö h e von 1710,— D M (brutto) tatsächlich aus. S

Kundenforderungen

AB

57000

H

S

1710(1)

Delcredere

H

AB

1000 500 (2)

1500

(1)

1500

S

GuV

H

S

500

(2)

1500

USt

H

210

(1)

Es ist auch zulässig, die tatsächlichen Forderungsverluste nur bis zur H ö h e des gebildeten Wertberichtigungspostens auf dem Delcredere-Konto zu verbuchen. Die weiteren Verluste muß der Steuerpflichtige dann auf einem Forderungsverlustkonto ausweisen. Delcredere Forderungsverluste USt S AB

1000,— D M 500,— D M 210,— D M

Kundenforderungen 57000

H

1710(1)

S (1)

an

Kundenforderungen

Delcredere 1000

AB

1000

S (2)

GuV 500

H

H 1000

S

Forderungsverluste 500

(1)

1000

500

S (1)

1710,— D M

USt

H

500 (2) 500

H

210

Schließlich, und das ist in der Praxis üblich, kann das Delcredere-Konto als ruhendes Konto geführt werden. Der zum Bilanzstichtag 31.12.01 gebildete Wert215

§12

VII 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

berichtigungsposten bleibt während des Jahres 02 unverändert. Die tatsächlichen Forderungsausfälle erscheinen also nicht auf diesem Konto, sie werden vielmehr in vollem Umfang auf dem Forderungsverlustkonto gebucht und somit als A u f w a n d behandelt. Damit sich die Forderungsverluste aber nicht zweimal gewinnmindemd auswirken, ist das Delcredere-Konto am Jahresende erfolgswirksam aufzulösen. (1) Forderunesverluste undUSt (2) Delcredere (3) GuV S AB

Kundenforderungen 57000

1500,—DM 210,-DM 1000,—DM 1500,—DM H S

1710(1) (2)

an

„ , r , KundenforderunSen

an an

GuV Forderungsverluste

Delcredere 1000

AB

1000

H

GuV (3)

Forderungsverluste 1500

1500(3)

1000

1500

1500

USt

(1)

H

1000 (1)

S

1000 (2)

1500

H S

. . 1710,-DM 1000,—DM 1500,—DM

H

210

Häufig wird mit der Auflösung des Delcredere für die abzuschließende Periode das Delcredere für den nächsten Zeitraum gebildet. Dies geschieht dadurch, daß der Unternehmer das Delcredere-Konto an den jeweiligen Forderungsbestand anpaßt. Ist der Bestand höher als am Jahresanfang, erhöht er das Delcredere (es entsteht ein Aufwand). Ist er niedriger, so setzt er auch den Wertberichtigungsposten herab (es entsteht ein Ertrag). Zum 31.12.02 sind Forderungen in Höhe von 1710,— DM ausgefallen, 32490,— DM sind eingegangen, 22 800,— DM stehen zum Jahresende noch offen. Ein Delcredere ist in Höhe von 1000,— DM gebildet. Der Steuerpflichtige rechnet wiederum mit einem durchschnittlichen Forderungsausfall von 2 %. (1) Bank (2) Forderungsverluste undUSt (3) (4) (5) (6) (7)

216

32490,- - DM 1500,- • DM 210,- -DM

Delcredere 600,SBK 22 800,Delcredere 400,GuV 1500Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung 600,-

an an

Kundenforderungen Kundenforderungen

32 490,—DM 1710,— DM

- DM • DM • DM • DM

an an an an

Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung Kundenforderungen SBK Forderungsverluste

600 — DM 22 800,— DM 400,— DM 1500,—DM

• DM

an

GuV

600,— DM

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

s AB

S

(1)

s (7)

S (6)

Kundenforderungen

H

57000

32490 (1) 1710 (2) 22 800 (4)

57000

57000

Bank

Delcredere

(3) (5)

600 400

H

S

H

600

600 (3)

600

600

GuV

(2)

S

600 (7)

1000

1000

(4)

H

1500

1500 (6)

1500

1500

USt

H

SBK

H

S

H

H

Forderungsverluste

(2)

Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung

AB

1000

32490

1500

S

VII 3

210

22 800

400 (5)

Zum 3 1 . 1 2 . 0 2 ist ein Wertberichtigungsposten in Höhe von 400,— D M zu bilden (2 % von 20 000,— DM). Das ausgewiesene Delcredere in Höhe von 1000,— D M muß also um 600,— D M erfolgswirksam verringert werden. Dies geschieht durch die Buchungssätze (3) Delcredere (7) Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung

600,— DM

an

600,— DM

an

Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung GuV

600,— DM 600,— DM

Das Delcredere-Konto ist, wie dieses Beispiel zeigt, ein gemischtes Konto. Es enthält einen Bestand (in Höhe von 400,— DM), soweit es um den neuen Wertberichtigungsposten zum 31.12.02 geht, einen Erfolg (in Höhe von 600,— DM), soweit die zum 31.12.01 gebildete Wertberichtigung aufzulösen ist. 217

§12

VIII

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

VIII. Vorbereitung des Jahresabschlusses durch die Aufstellung einer Hauptabschlußübersicht Zur Vornahme der oben beschriebenen Abschlußarbeiten bedient sich die Praxis Ubersichten, die als Hauptabschluß-, Abschluß- oder Betriebsübersichten bezeichnet werden. Ein schulmäßiger Abschluß der einzelnen Konten ist zeitraubend und auf den ersten Blick ohne größeren Aussagewert; allein aus den Salden der abgeschlossenen Konten kann der Steuerpflichtige den Erfolg des abgelaufenen Wirtschaftsjahres noch nicht erkennen. Damit ist er nicht in der Lage, über die Ausübung von Bewertungswahlrechten zu entscheiden. Er muß sich also während der Abschlußarbeiten einen Uberblick über das Geschäftsergebnis verschaffen. Es ist die Aufgabe der Hauptabschlußübersicht, ihm diesen Überblick zu geben. Sie enthält die Entwicklung aller Bestandskonten von der Eröffnungsbilanz bis zur Schlußbilanz, aller Erfolgskonten und der gemischten Konten bis zu deren Abschluß. Die Hauptabschlußübersicht ist damit eine zusammenfassende tabellarische Darstellung aller Konten. Daher ist es zulässig, daß der Steuerpflichtige die Hauptabschlußübersicht anstelle einer Bilanz und GuV-Rechnung beim Finanzamt einreicht. O b eine Bilanz vorliegt, hat der B F H ' zu Recht ausgeführt, „ist nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt eines Schriftstückes zu entscheiden. Die Hauptabschlußübersicht enthält in ihren Bilanzspalten alle Werte, die auch in einer gesonderten Bilanz stehen würden". Auch das Finanzamt kann die Vorlage der Hauptabschlußübersicht verlangen, §60 Abs. 2 EStDV, was insbesondere im Rahmen einer Außenprüfung geschehen wird.

Beispiel: Die Bilanz zum 3 1 . 1 2 . 0 1 soll aufgrund einer Hauptabschlußübersicht erstellt werden. Dies geschieht mit Hilfe der Eröffnungsbilanz zum 1 . 1 . 0 1 1 0 und aufgrund folgender Geschäftsergebnisse des Wirtschaftsjahres 01 (Verkehrszahlen): Warenzugang Forderungserhöhung Bankzugänge Bankabgänge Kassenzugänge Kassenabgänge Lieferantenverbindlichkeiten

200 000 — D M 10000 — D M 200 000 — D M 225000 — D M 50 000 — D M 30 0 0 0 , — D M

Anschaffungskosten Maschinen Einlagen Entnahmen Aufwendungen Erträge

20 0 0 0 , — D M

' U . v. 1 9 . 1 0 . 1 9 6 1 IV 97/59 U , BStBl. 1962 III S. 99 f. Vgl. § 1 2 II 2 a, S. 174 f.

10

218

50000,—DM 40000 — D M 30000 — D M 75 0 0 0 , — D M 300000,—DM

§12

Grundzüge der doppelten Buchführung

VIII

Außerdem ergaben sich folgende Feststellungen: a) Die zum Jahresbeginn (für 50 000,— DM) angeschaffte Maschine hat eine Nutzungsdauer von 5 Jahren, die linear berechnete Jahres-AfA eine Höhe von 10000,— DM. b) Der vorhandene Fahrzeugbestand wird (wie bisher) mit 5000,— D M abgeschrieben. c) Die Gebäudeabschreibung beträgt 2000,— DM. d) Von den Forderungen werden erfahrungsgemäß 3 % ausfallen. e) Der Bankbestand ist mit 8000,— D M ausgewiesen. Die Abweichung zwischen dem Istund dem Buchbestand beruht auf einer noch nicht erfaßten Kundenzahlung i. H . v. 3000,— DM. f) Die Darlehensschuld i. H . v. 60 000,— DM wurde i. H . v. 30 000,— D M mit Mitteln aus einer Einkommensteuererstattung getilgt. g) Für die private PKW-Nutzung setzt der Steuerpflichtige 5000,— D M + 14% USt (700 D M ) an. h) Am 31.12.01 hatte er für den Arbeitnehmer X den Lohn i. H . v. 5000,— DM noch nicht bezahlt. i) Ein dem Steuerpflichtigen im Jahre 01 zugesagter Bonus i. H . v. 2500,— DM eines Warenlieferanten wurde ihm erst im Jahre 02 überwiesen. j) Nach der Inventur ergibt sich ein Warenendbestand von 16000,— DM.

Zunächst wird die Eröffnungsbilanz

in die Hauptabschlußübersicht übertragen.

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse Kapital Darlehen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten

Eröffnungsbilanz 01 P

30000 50000 20000 10000 5000 30000 5000 50000 60000 20000 20000 150000

150000

219

§12

VIII

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

In die folgende Spalte sind als Summenzugänge Jahres Ol zu übertragen.

A Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse Kapital Darlehen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Anschaffungen Maschinen Entnahmen Einlagen Aufwendungen Erträge

die Geschäftsergebnisse des

Eröffnungsbilanz 01 P

30000 50 000 20 000 10000 5000 30000 5000

S

Summenzugänge 01 H

200000 10000 200000 50000 50000 60000 20 000 20000

225000 30000

20000 50000 30000 40000 75000 300000

150000

150000

615000

615000

Nach der Übertragung der Summenzugänge in die Hauptabschlußübersicht kann eine Summenbilanz aufgestellt werden. Sie faßt die Bestände der Eröffnungsbilanz und die Summenzu- und -abgänge zusammen. Diese Bilanz (und die Saldenbilanzen I und II) unterscheiden sich von der Eröffnungs- und der Schlußbilanz dadurch, daß in ihnen neben den Beständen auch die Erfolge (Aufwand und Ertrag) enthalten sind. Die Bilanzsumme der Summenbilanz besteht aus den Summen der Eröffnungsbilanz und den Summenzugängen. Die Summenbilanz hat keine große Bedeutung, weil sie nur Rechenfehler der Buchführung, nicht aber sachliche Fehlbuchungen aufdecken kann.

220

§ 1 2

G r u n d z ü g e der doppelten Buchführung

Eröffnungsbilanz A 01 P Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse Kapital Darlehen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Anschaffungen Maschinen Entnahmen Einlagen Aufwendungen Erträge

30000 50000 20000 10000 5 000 30000 5000

Summenzugänge S 01 H

200000 10000 200000 50000 50000 60000 20000 20000

225000 30 000

Summenbilanz S H 30000 50000 20000 210000 15000 230000 55000

20000 50000 30000 40000

40000 75000

300000 150000

615000

225000 30000 50 000 60000 40000 20000

50000 30000

75000

150000

VIII

615000

300000 765000

765000

D i e S a l d i e r u n g d e r S u m m e n b i l a n z f ü h r t z u r Saldenbilanz. A n d e r s als b e i d e m A b s c h l u ß eines K o n t o s w i r d d e r S a l d o h i e r n i c h t auf d e r k l e i n e r e n , s o n d e r n auf d e r g r ö ß e r e n Seite g e b u c h t . D a d u r c h e r g i b t sich f ü r j e d e s e i n z e l n e K o n t o d e r U b e r s c h u ß . D e s h a l b w ä r e es korrekter, nicht v o n einer Saldenbilanz, sondern von einer U b e r s c h u ß b i l a n z zu sprechen". Eröffnungsbilanz A 01 P Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse Kapital Darlehen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Anschaffungen Maschinen Entnahmen Einlagen Aufwendungen Erträge

30000 50000 20000 10000 5000 30000 5000

200000 10 000 200000 50000

225000 30000

Summenbilanz S H 30000 50000 20000 210000 15000 230000 55000

50000 60000 20000

20000 20000

40000 75 000

615 000

615000

S

Saldenbilanz 1 H

30000 50000 20000 210000 15000 5 000 25000 50000 60000

40000

40000

20000

20000 50000 30000

40000 75000

40000 75000

300000

300000 150000

225000 30000 50000 60000

50000 30000

50000 30 000

150000 lalterbaum/Beckmann,

Summenzugänge S 01 H

765 000

765000

300000 510000

510000

B u c h f ü h r u n g u n d B i l a n z , 10. A u f l . 1982, S. 182. 221

§12

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

VIII

Um die Jahresschlußbilanz aufstellen zu können, müssen auch in der Hauptabschlußübersicht vorbereitende Abschlußbuchungen vorgenommen werden. Dies geschieht in der Spalte Umbuchungen, die sich an die Saldenbilanz I anschließt. In dieser Spalte sind die Feststellungen a)—j) des Beispieltextes zu berücksichtigen. Dabei gelten die allgemeinen Buchungsregeln. Jeder Buchung muß eine Gegenbuchung folgen, z. B. gilt bei g) der Buchungssatz: „ , Entnahme

n , . 5 / 0 0 , — DM

Eröffnungsbilanz A 01 P Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse Kapital Darlehen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Anschaffungen Maschinen Entnahmen Einlagen Aufwendungen Erträge Sonstige Forderungen AfA Außerordentliche Erträge Kfz-Nutzung Kundenanzahlungen

30000 50 000 20000 10000 5000 30000 5000

200000 10000 200000 50000

225000 30000

20000

S

Summenbilanz H

30000 50 000 20000 210000 15 000 230000 55 000

20000

20000 50000 30000

225000 30000 50000 60000

40000

S

Saldenbilanz I H

30000 50000 20000 210000 15000 5000 25000 50000 60000

20000

20000 50000 30000

40000

300000

450 3000

40 000

75000

Umbuchungen H S

2 000 5 000

40 000

50000 30000

75 000

5000,—DM 700,— DM

T T(

50000 60000

30000

5 000 10000 5 700

40000 75000

300000

30000 5450

300000 2500 17000 2 500 5 700 3000

150000

222

Summenzugänge S 01 H

Kfz-Nutzung , r , ,, USt-Schuld

an

150000

615000

615000

765000

765000

510000

510000

63 650

63650

Grundzüge der doppelten Buchführung

Die Saldenbilanz

30000 50000 20000 10000 5000 30000 5000

VIII

II ist die um die Umbuchungen berichtigte Saldenbilanz I.

Eröffnungsbilanz A 01 P Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse Kapital Darlehen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Anschaffungen Maschinen Entnahmen Einlagen Aufwendungen Erträge Sonstige Forderungen AfA Außerordentliche Erträge Kfz-Nutzung Kundenanzahlungen

§12

Summenzugänge Summenbilanz S H S 01 H

Saldenbilanz I S H

30000 30000 50000 50000 20000 20000 210000 210000 200000 10000 15000 15000 200000 225000 230000 225 000 5000 50000 30000 55000 30000 25000 50000 50000 60000 60000

50000 60000

20000

40000

40000

20000

20000

20000

20000 50000 30000

50 000 30000 40000 75000 300000

75000

300000

75000

Saldenbilanz 11 S H

30000 48000 15000 210000 450 14 550 8000 25000

2000 5000

3000

50000 30000 40000

Umbuchungen S H

30000

40000 5000 10000 5700

40000

5450

25 000 40000 35 700

30000 80450

300000 2500 17000

63650

70000 300000

2 500 17000 2 500 5 700 3 000

150000 150000 615000 615000 765000 765000 510000 510000

50000 30 000

2500 5700 3000

63 650 526200 526200

Aus der Saldenbilanz II kann der Steuerpflichtige die Schlußbilanz zum 31.12. Ol und die GuV-Rechnung entwickeln. Die Bestände der Bestandskonten werden in die Jahresschlußbilanz, die Überschüsse der Erfolgskonten in die GuV-Rechnung übertragen. Bei gemischten Konten ist (zunächst) der inventurmäßig festgestellte Bestand in die Schlußbilanz und der Erfolgsanteil in die GuV-Rechnung einzustellen. So wird im Beispiel j) der Warenendbestand von 16000,— D M in der Schlußbilanz und der sich auf dem Wareneinkaufskonto ergebende Wareneinsatz in Höhe von 194000,— D M als Aufwand in der GuV-Rechnung ausgewiesen. Dann wird zuächst die GuV-Rechnung abgeschlossen. Das Ergebnis (Gewinn oder Verlust) ist in die Bilanz zu übernehmen. Diese ist dann ausgeglichen. 223

§13

I1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte Eröffnungsbilanz A P

Grund und Boden Gebäude Fuhrpark Waren Forderungen Bank Kasse Kapital Darlehen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Anschaffungen Maschinen Entnahmen Einlagen Aufwendungen Erträge Sonstige Forderungen AfA Außerordentliche Erträge Kfz-Nutzung Kundenanzahlungen

30000 50000 20000 10000 5000 30000 5000

Summenzugänge S H

200000 10000 200000 50000 50 000 60000 20000 20 000

225000 30000

Summenbilanz S H 30000 50000 20000 210000 15 000 230000 55 000

20000 50000 30000

50000 30000 40000

75000

40000 75000

300000

150000

150000

615 000

225000 30000 50000 60000 40000 20000

615000

300000

765000

765 000

§ 1 3 Buchführungspflicht Die Frage, wer zu Besteuerungszwecken Bücher führen muß, ist in §§ 140, 141 A O 1977 geregelt. Welche Anforderungen zu stellen sind, bestimmen die §§ 143—148 A O 1977. Das Gesetz kennt zwei Fälle der Buchführungspflicht. §140 AO 1977 normiert eine derivative, §141 A O 1977 eine originäre Buchführungspflicht.

I. Derivative Buchführungspflicht Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen anfertigen muß, hat gemäß §140 AO 1977 diese Verpflichtungen auch für die Besteuerung zu erfüllen. Danach ist vor allem ein Unternehmer buchführungspflichtig, für den die handelsrechtlichen Vorschriften gelten. 1. Buchführungspflicht nach Handelsrecht Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen. Er muß seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfüh224

Buchführungspflicht

S

Saldenbilanz I H

30000 50000 20 000 210000 15000 5000 25000

§13

Umbuchungen S H

2 000 5 000 450 3 000 50 000 60000 40000 20000

50000 30000

30 000 48 000 15000 210000 14550 8000 25000

5 000 10000

40 000

50000 30000 40000 25 000 40000 35 700 70000

70000

80450 300 000

300000 2500 17000

63 650

2 500

2 500 17000 2500 5 700 3000

510000

GuV Aufwand Enrag

194 000

80450

300 000

510000

30000 48000 15000 16000 14 550 8000 25 000

40000 35 700

30000 5450

Bilanz zum 31.12.01 A P

50000 30000 40000 25 000

30000

5 700

75000

Saldenbilanz II S H

63 650

17000 2 500 5 700 3 000

526200

I 1

526200

2 500 5000

700 3 000 234 750

218 700 16 050

291 450 16 050

307500

234 750

234 750

307500

307 500

rung aufzeichnen, §38 Abs. 1 H G B . Die Buchführungspflicht besteht nur für Vollkaufleute. Wer Vollkaufmann ist, bestimmen die §§ 1—3 HGB. Der Vollkaufmann des § 2 H G B ist bereits von dem Zeitpunkt an buchführungspflichtig, ab dem Art und Umfang des Geschäftes einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern, also ohne Rücksicht auf die Eintragung, § 4 7 b HGB. Davon sind insbesondere Handwerksbetriebe betroffen, die anderenfalls nach Handelsrecht nicht buchführungspflichtig wären. Die Formkaufleute des § 6 H G B haben unabhängig von der Art ihres Geschäftsbetriebes stets Bücher zu führen. Darunter fallen einmal die Vereine des Handelsrechts, die aufgrund gesetzlicher Anordnung die Kaufmannseigenschaften erlangt haben. Es sind dies die Aktiengesellschaft (§3 AktG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (§278 Abs.3 i.V.m. §3 AktG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§13 Abs. 3 G m b H G ) und die eingetragene Genossenschaft (§17 Abs. 2 GenG). Auch die Personengesellschaften sind nach §6 Abs. 1 H G B Kaufleute. Sie erhalten die Kaufmannseigenschaft aber nicht, wie die Kapitalgesellschaften, aufgrund gesetzlicher Anordnung. Gegenstand und Größe ihres Betriebes bestimmen vielmehr die Kaufmannseigenschaft, §4 Abs.2, §105 Abs. 1, §161 Abs. 1 H G B . 225 15

Tiedtke, Einkommensteuer

§13

II

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Eine Personenhandelsgesellschaft, die kein vollkaufmännisches Gewerbe betreibt, ist eine BGB-Gesellschaft und damit nach Handelsrecht nicht buchführungspflichtig. Führt sie aber ein Handelsgewerbe, ist sie also eine o H G oder K G , so ist sie als Kaufmann verpflichtet, Bücher und Aufzeichnungen anzufertigen. Der stille Gesellschafter braucht keine Bücher zu führen. Bei der stillen Gesellschaft ist vielmehr nur der Inhaber des Handelsgewerbes als Kaufmann zur Führung von Büchern verpflichtet. Die Abrechnungen, die der Geschäftsinhaber und der stille Gesellschafter vornehmen, sind lediglich interner Natur. Von der Buchführungspflicht ausgenommen sind schließlich die Minderkaufleute ( § 4 Abs. 1 H G B ) , die Landwirte und die Handwerker, soweit nicht die Voraussetzungen des § 2 i . V . m . § 4 7 b H G B gegeben sind. 2. Buchführungspflicht nach anderen Gesetzen Neben dem Handelsgesetzbuch enthalten viele Spezialgesetze Vorschriften über Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten. Dies gilt unter anderem für Aktiengesellschaften (§§ 148-159, 270, 286, 329 ff. AktG), für Gesellschaften mit beschränkter Haftung ( § § 4 1 , 42 G m b H G ) , für Genossenschaften (§§33 ff. GenG), für Kreditinstitute (§§ 25 ff. K W G ) , Versicherungsgesellschaften' und Bausparkassen 2 sowie für eine Reihe anderer Gewerbezweige, die im einzelnen im Einführungserlaß zur A O 1977 3 zu § 140 aufgezählt sind. Die in diesen Sondergesetzen angeordnete Buchführungspflicht ist für Besteuerungszwecke jedoch nur zu erfüllen, wenn sie steuerlich bedeutsam ist, § 1 4 0 A O 1977. Das wird zwar nicht immer, wohl aber meistens der Fall sein, da geschäftliche Aufzeichnungen in der Regel steuerlich relevant sind.

II. Originäre Buchführungspflicht § 1 4 1 A O 1977 begründet eine originäre Buchführungspflicht. Nach dieser Vorschrift sind auch ohne anderweitige Verpflichtung gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte buchführungspflichtig, die (1) einen Gesamtumsatz von mehr als 3 6 0 0 0 0 , — D M erzielen oder (2) ein Betriebsvermögen (Einheitswert von mehr als 100 0 0 0 , — D M ) oder (3) selbstbewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert (§ 46 B e w G ) von mehr als 40 0 0 0 , — D M haben oder (4) Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 36 0 0 0 , — D M oder (5) Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 36 0 0 0 , — D M erzielen.

1

Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vom B G B l . I S. 1209.

2

Gesetz über Bausparkassen vom 1 6 . 1 1 . 1 9 7 2 , B G B l . I S. 2097. BStBl. 1976 I S. 576 ff., 600.

3

226

11.7.1963,

Buchführungspflicht

§13

III

Die Angehörigen der freien Berufe werden von der Vorschrift (bewußt) nicht erfaßt. Sie sind damit — durch die Reform der A O vom Gesetzgeber gebilligt — nicht buchführungspflichtig. §141 A O 1977 gilt nur für Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte. Die Freiberufler ermitteln in der Regel den Gewinn als Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, §4 Abs. 3 EStG. Eine Buchführung ist dazu nicht erforderlich. Es genügt, wenn sie die Einnahmen und Ausgaben sowie das Anlagevermögen aufzeichnen.

III. Anforderungen an die Buchführung Wer nach § 140 A O 1977 buchführungspflichtig ist, hat die in den Handelsgesetzen und sonstigen Gesetzen vorgeschriebenen Anforderungen zu erfüllen. Er muß insbesondere den in §§38—47 b H G B vorgesehenen Verpflichtungen nachkommen, also: (1) Bücher nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung führen, § 38, § 43 Abs. 4 HGB, (2) jährlich ein Inventar und eine Bilanz erstellen und einen entsprechenden Abschluß machen, § 39 H G B , (3) beim Jahresabschluß Vermögensgegenstände und Schulden nach dem Wert ansetzen, der ihnen am Abschlußstichtag beizulegen ist, § 40 Abs. 2 H G B , (4) die Bilanz unter Angabe des Datums unterzeichnen, §41 S. 1 H G B , (5) die in §44 H G B aufgeführten Unterlagen, wie Handelsbücher, Inventare, Bilanzen, empfangene Handelsbriefe, abgesandte Handelsbriefe und Buchungsbelege, geordnet aufbewahren.

Ein bestimmtes Buchführungssystem oder bestimmte Bücher schreibt weder das Handelsgesetzbuch noch die Abgabenordnung 1977 vor. Die Praxis bevorzugt die doppelte Buchführung. Für alle Buchführungspflichtigen gilt §145 Abs. 1 A O 1977. Danach muß die Buchführung so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über das Vermögen vermitteln kann. § 146 A O 1977 konkretisiert diese Anforderung durch O r d nungsvorschriften für Buchführung und Aufzeichnungen. Buchungen und Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Die Bücher sind grundsätzlich innerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung 1977 in einer lebenden Sprache zu führen. Buchungen und Aufzeichnungen dürfen nicht so verändert werden, daß der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Die gesamten baren und unbaren Geschäftsvorfälle sind nach ihrer zeitlichen Reihenfolge in einem oder in mehreren Grundbüchern aufzuzeichnen. Durch das Festhalten der Geschäftsvorfälle in diesen Büchern werden die Belege gesichert und Gewähr dafür geboten, daß der Steuerpflichtige die Vorgänge lückenlos erfaßt. Von den Grundbüchern werden die Geschäftsvorfälle in das Hauptbuch übertragen. Das Hauptbuch ist nicht nach zeitlichen, sondern nach sachlichen Gesichts227

15!1

§14 I

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

punkten geordnet. In ihm schlagen sich alle Vorgänge nach ihrer Auswirkung auf das Vermögen und den Ertrag eines Unternehmens nieder. Ergänzend zum Hauptbuch kann der Buchführungspflichtige Nebenbücher führen. Ein Unternehmer, der im größeren Umfang Kreditgeschäfte betreibt, benötigt ein Kontokorrentbuch, das Forderungen und Schulden, gegliedert nach Geschäftspartnern, ausweist. §146 Abs. 5 A O 1977 läßt als Erleichterung die Führung von Büchern und Aufzeichnungen in Form einer geordneten Belegablage zu. Dadurch wird die Offene-Posten-Buchhaltung anerkannt. Bücher können auch mit Hilfe von Datenträgern geführt werden. Bei ihrer Verwendung muß sichergestellt sein, daß die Daten verfügbar sind und lesbar gemacht werden können. Die dafür erforderlichen Hilfsmittel hat der Steuerpflichtige unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, § 147 Abs. 5, §200 Abs. 2 S.2 A O 1977. § 147 A O 1977 bestimmt für besteuerungsrelevante Unterlagen Aufbewahrungsfristen. Sie betragen für Bücher und Aufzeichnungen, Inventare und Bilanzen 10 Jahre, für die übrigen Schriftstücke 6 Jahre, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Die Aufbewahrungsfrist endet jedoch nicht, bevor die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist abgelaufen ist, § 147 Abs. 3, § 169 Abs. 2 AO 1977. Mit Ausnahme der Bilanzen darf der Steuerpflichtige die Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahren, § 147 Abs. 2 S. 1 AO 1977.

§ 14 Bilanzierungsgrundsätze Von entscheidender Bedeutung für das Bilanzsteuerrecht sind die Fragen, welche Wirtschaftsgüter zu bilanzieren sind und zu welchem Wert ihr Ansatz in der Bilanz zu erfolgen

hat.

Welche Wirtschaftsgüter zu bilanzieren sind, bestimmt § 5 EStG, mit welchem Wert sie anzusetzen sind, ergibt sich aus § 6 EStG. Darüber hinaus haben sich anerkannte Bilanzierungsgrundsätze herausgebildet, die nur zum Teil einen Niederschlag in den Gesetzen gefunden haben.

I. Maßgeblichkeitsgrundsatz Der Maßgeblichkeitsgrundsatz folgt aus § 5 Abs. 1 EStG. Danach bildet die Handelsbilanz auch die Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung. Das Betriebsvermögen ist zunächst nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln. Der Unternehmer ist also nicht zur Erstellung einer 228

Bilanzierungsgrundsätze

§14

I 1

selbständigen Steuerbilanz verpflichtet'. Wenn in Rechtsprechung, Lehre und Praxis von einer Steuerbilanz die Rede ist2, so ist damit die Handelsbilanz mit den Veränderungen gemeint, die das Steuerrecht verlangt. Die Handelsbilanz ist also grundsätzlich auch für die Besteuerung maßgebend. Das gilt nur dann nicht, wenn das Steuerrecht eigene zwingende Bilanzierungsgrundsätze aufstellt, die von den handelsrechtlichen Grundsätzen abweichen. Ist das der Fall, ist die Handelsbilanz anzupassen. Die so veränderte Handelsbilanz ist die Steuerbilanz. Handelsbilanz und Steuerbilanz dienen unterschiedlichen Zwecken. Die Handelsbilanz hat vornehmlich die Aufgabe des Gläubigerschutzes. Sie soll interessierten Dritten, insbesondere den Gläubigern, Informationen vermitteln, die für ihre Geschäftsbeziehungen von Bedeutung sind. Aus der Handelsbilanz können sie sich einen Einblick in die Vermögens- und Ertragslage ihres Geschäftspartners verschaffen. Für Handelsgesellschaften ist die Handelsbilanz gleichzeitig Grundlage für die Gewinnverteilung, § 120 HGB. Aus dieser Zweckrichtung der Handelsbilanz ergibt sich, daß vor allem der Ausweis eines zu hohen Gewinns verhindert werden soll. Ausschließlicher Zweck der Steuerbilanz ist es dagegen, den periodengerechten Gewinn zu ermitteln. Das aufgrund der Steuerbilanz festgestellte Betriebsvermögen ist die Grundlage für den Gewinn. Es liefert die Bemessungsgrundlage für Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer (nach dem Gewerbeertrag). Die steuerrechtlichen Bilanzierungsvorschriften haben daher dem Bestreben des Unternehmers, in seinem eigenen Interesse einen möglichst geringen Gewinn auszuweisen, entgegenzuwirken. Die Handelsbilanz liefert die Ausgangswerte für die Steuerbilanz. Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz ist jedoch durch steuerrechtliche Vorschriften eingeschränkt. Insbesondere sind die speziell steuerrechtlichen Regeln über Entnahmen und Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzungen oder Substanzverringerung zu beachten, § 5 Abs. 5 EStG. Der Maßgeblichkeitsgrundsatz bezieht sich nicht nur auf das Bilanzergebnis, sondern auch auf die einzelnen Bilanzpositionen. Er erfaßt gleichermaßen die Bilanzierung dem Grunde und der Höhe nach. 1. Maßgeblichkeitsgrundsatz und Bilanzierung dem Grunde nach Der Maßgeblichkeitsgrundsatz hat zur Folge, daß alle handelsrechtlichen Bilanzierungsgebote und alle handelsrechtlichen Bilanzierungsverbote auch für die Steuerbilanz gelten. Was handelsrechtlich aktiviert oder passiviert werden muß, ist auch steuerrechtlich zu aktivieren oder zu passivieren. Was handelsrechtlich nicht aktiviert oder passiviert werden darf, ist auch steuerrechtlich nicht zu aktivieren oder zu passivieren. 1

2

Vgl. auch §60 Abs. 2 EStDV.

Vgl. Matbiak, DStZ/A 1975, 315 ff. 229

§14

I 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Dies zeigt sich zum Beispiel bei der Behandlung von immateriellen Wirtschaftsgütern. Eine eigene Erfindung darf nach Handelsrecht nicht aktiviert werden, da sie nicht entgeltlich erworben wurde, §153 Abs. 3 AktG. Bereits aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips gilt das handelsrechtliche Verbot auch für das Steuerrecht. Darüber hinaus ergibt sich das Aktivierungsverbot aus § 5 Abs. 2 EStG. Ebenso darf der Steuerpflichtige den selbstgeschaffenen Geschäfts- oder Firmenwert handelsrechtlich nicht aktivieren, § 153 Abs. 5 AktG. Dies gilt auch für das Steuerrecht. § 5 Abs. 2 EStG, der dies ausdrücklich anordnet, hat insoweit lediglich deklaratorische Bedeutung. Die Wirkung von Passivierungsverboten zeigt sich bei den Rückstellungen. Sie darf der Unternehmer nur in den vom Gesetz zugelassenen Fällen bilden, §152 Abs. 7 AktG. Soweit danach Rückstellungen zulässig sind, können sie nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz auch in die Steuerbilanz aufgenommen werden. Bei Bilanzierungswahlrechten gilt der Maßgeblichkeitsgrundsatz nicht. Besteht handelsrechtlich ein Aktivierungswahlrecht, wie das z. B. für entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter angenommen wird 3 , ergibt sich für das Steuerrecht aus § 5 Abs. 2 EStG eine Aktivierungspflicht. Bei handelsrechtlichen Passivierungswahlrechten durchbricht der BFH 4 den Maßgeblichkeitsgrundsatz und nimmt ein steuerliches Passivierungsverbot an. Während handelsrechtlich für künftige Ausgleichsansprüche eines Handelsvertreters nach § 89 b H G B ein Passivierungswahlrecht besteht 5 , versagt der BFH 6 nach wie vor die Übernahme der Rückstellung in die Steuerbilanz. 2. Maßgeblichkeitsgrundsatz und Bewertung Die Werte der Handelsbilanz sind grundsätzlich auch für die Steuerbilanz maßgeblich. Es gilt jedoch der Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 5 EStG. Danach sind die handelsrechtlichen Bilanzansätze nur für die Steuerbilanz zu übernehmen, wenn keine steuerrechtlichen Sondervorschriften bestehen. Derartige Bestimmungen enthalten die §§6—7 f. EStG. Sieht das Handelsrecht ein Bewertungswahlrecht vor, so dürfen die Wertansätze der Handelsbilanz nur in die Steuerbilanz übernommen werden, sofern sie mit den steuerlichen Bewertungsvorschriften im Einklang stehen. Gewährt auch das Steuerrecht ein Bewertungswahlrecht, so ist der Wertansatz der Handelsbilanz maßgebend, falls er zulässig gebildet worden ist. Der Einfluß des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auf die steuerliche Bewertung zeigt sich besonders anschaulich bei der Teilwertabschreibung des Anlagevermögens. Nach § 6 Abs. 1

5

4 5 6

Böttcher/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, Band 1, 4. Aufl. 1968, § 153 Rdn. 131; Baumbach-Hueck, Aktiengesetz, 13. Aufl. 1968, §§153—156 Rdn.26. U . v. 2 8 . 4 . 1 9 7 1 I R 39, 40/70, BStBl. 1971 II S.601, 603. B G H v. 11.7.1966 — II ZR 134/65, BB 1966, S . 9 1 5 f . Vgl. Fn.4.

230

Bilanzierungsgrundsätze

§14

I 3

N r . 1 S. 2 EStG hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht. Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens kann er mit dem Teilwert ansetzen, wenn dieser niedriger ist als die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Hat er jedoch in der Handelsbilanz das Wirtschaftsgut mit den Anschaffungskosten bilanziert, so ist er (obwohl steuerrechtlich ein Wahlrecht besteht) auch für die Steuerbilanz an den handelsrechtlich gewählten Wertansatz gebunden. Für das Umlaufvermögen räumt § 6 Abs. 1 N r . 2 EStG ebenfalls ein Wahlrecht ein. Handelsrechtlich gilt hier jedoch das strenge Niederstwertprinzip. Nach § 155 Abs. 2 S. 1 A k t G muß der Börsen- oder Marktwert am Abschlußstichtag eingesetzt werden, wenn dieser niedriger ist als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen, ist der Wert maßgebend, der den Gegenständen am Abschlußstichtag beizulegen ist. Aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz ist der Unternehmer dazu verpflichtet, den niedrigeren Teilwert auch in die Steuerbilanz zu übernehmen. Das steuerliche Wahlrecht ändert daran nichts. 3. U m k e h r u n g des Maßgeblichkeitsgrundsatzes Die rechtliche Abhängigkeit der Sfuerbilanz von der Handelsbilanz zwingt den Unternehmer dazu, steuerlich zweckmäßige Ansätze auch in die Handelsbilanz aufzunehmen. Im Bereich der Subventionellen Steuervergünstigungen ordnet das Gesetz dies ausdrücklich an. So darf eine steuerfreie Rücklage nach § 6 b Abs. 3 S. 6, § 6 d Abs.3 N r . 3 E S t G nur gebildet oder eine Sonderabschreibung nach §14 BerlinFG 7 nur vorgenommen werden, wenn auch in der Handelsbilanz ein entsprechender Ausweis erfolgt 8 . Dadurch wird der Maßgeblichkeitsgrundsatz umgekehrt: Die Steuerbilanz bestimmt die Handelsbilanz. Handelsrechtlich bestehen dagegen keine Bedenken, da §154 Abs. 2 N r . 2, §155 Abs. 3 Nr. 2 AktG, abweichend von den sonstigen Bewertungsregeln, auch einen (niedrigeren) Wertansatz zulassen, der für Zwecke der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag für zulässig gehalten wird. Gleichwohl führt die Umkehrung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zu einer Deformierung der Handelsbilanz, da nicht mehr der wahre Gewinn der betreffenden Periode ausgewiesen wird. Die berechtigte Kritik' daran war jedoch bisher erfolglos. Soweit die Finanzverwaltung über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus die Gewährung von Steuervergünstigungen auch von einer Bilanzierung in der Handelsbilanz abhängig macht, ist dieses Handeln mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig 10 .

Vgl. Vgl. ' Vgl. 10 Vgl. 7

8

Herrmann/HeuerlRaupach, § 5 E S t G A n m . 49 j [2] m. w. N . außerdem § 1 Abs. 1 E n t w L S t G ; Abschnitt 233 a VIII EStR. Woerner, D B 1976, 1569 f. Knobbe-Keuk, § 2 III, S.20. 231

§ 1 4 II

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

II. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Wie die Bilanzen zu erstellen sind, ist gesetzlich nur teilweise geregelt. Dies gilt sowohl für das Handelsrecht als auch für das Steuerrecht. Die §§38 ff. HGB, §§ 148 ff. AktG, §§ 41 f. G m b H G , §§ 33 b ff. GenG kodifizieren lediglich Teilbereiche. Auch die §§ 145, 146 A O 1977, die für alle Buchführungspflichtigen gelten, bringen keine umfassende Regelung. Einige Vorschriften verweisen jedoch auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Diesen Grundsätzen kommt daher für die Bilanzierung eine entscheidende Bedeutung zu. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind Regeln, nach denen ein auf fachgerechte, ordnungsmäßige Rechnungslegung bedachter Kaufmann zu verfahren pflegt, verfahren kann oder verfahren darf, um jederzeitige Ubersicht über seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens zu erhalten und ihre Gewinnung einem sachkundigen Außenstehenden ohne Schwierigkeiten zu ermöglichen". Die Grundsätze gelten für den gesamten Bereich der Rechnungslegung. Sie erfassen nicht nur die eigentliche Führung der Handelsbücher und die Kontenführung (dieser Teil wird auch als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im engeren Sinn bezeichnet 12 ), sondern auch die Inventur und die Bilanzierung. Die Rechtsnatur der Grundsätze ist umstritten' 3 . Sie werden als Rechtsnormen, Gewohnheitsrecht, Handelsbrauch, Verkehrsanschauungen oder gar als außerrechtliche schlichte Übung angesehen. Soweit Einzelgrundsätze kodifiziert sind, haben sie Rechtsnormcharakter 14 . Im übrigen sieht die wohl h. M.15 die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung als — wenn auch unbestimmte — Rechtsbegriffe an, die dem kodifizierten Recht an die Seite treten. Die rechtliche Qualifizierung ist im Ergebnis nicht entscheidend; der Buchführende hat diese Grundsätze unabhängig von ihrem Rechtscharakter zu beachten. Streitig ist auch die Frage, wie die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln sind. Nach einer in der Betriebswirtschaftslehre vertretenen Auffassung" sind sie deduktiv aus den Zwecken der Rechnungslegung abzuleiten. Dieser Ansicht ist auch der BFH 17 . Er meint, es komme nicht auf die Regeln an, nach denen der Kaufmann verfahre, sondern auf die, nach denen er zu verfahren habe, um zu einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Bilanz zu gelangen. Eine andere Meinung18 will 11 12 ,s

14 15 16 17

18

Brüggemann in Großkommentar HGB, 3. Aufl. 1967, §38 Anm. 2. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, §5 EStG Anm. 46 a [2]. Vgl. Brüggemann in Großkommentar H G B , 3. Aufl. 1967, §38 Anm. 2; Bühler-Scherpf, Bilanz und Steuer, 7. Aufl. 1971, S. 30 m. w. N . ; Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 2. Aufl. 1970, S.2, 12. Vgl. z.B. §§145, 154 A O 1977. Vgl. Bühler-Scherpf, Bilanz und Steuer, 7. Aufl. 1971, S.30 m . w . N . Vgl. Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 2. Aufl. 1970, S.41 ff. U. v. 12.5.1966 IV 472/60, BStBl. 1966 III S.371, 372; v. 31.5.1967 I 208/63, BStBl. 1967 III S. 607, 609. Vgl. B G H Z 34, 324ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, Band 1 Rechnungslegung, 4. Aufl. 1968, §149 Rdn. 20, S.20.

232

Bilanzierungsgrundsätze

§14

II 1

die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung induktiv ermitteln. Danach ist das tatsächliche Verhalten eines durchschnittlichen Kaufmanns zugrunde zu legen. Beide Methoden enthalten Schwächen". Diese können dadurch gemildert werden, daß man durch eine kombinierte Anwendung die Mängel beseitigt. Letztlich wird es Aufgabe des Richters sein, im Einzelfall die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu konkretisieren. Er wird dabei auf bestehende Handelsbräuche, die Verkehrsanschauung, Erkenntnisse in der einschlägigen Forschung und Lehre, Fachgutachten und die sonst üblichen Methoden der Rechtsfindung zurückgreifen. Einen wesentlichen Teil zur Bestimmung des Inhalts der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung tragen die ihnen innewohnenden anerkannten Einzelprinzipien bei. Sie verdeutlichen die Wertungen, denen die konkreten Buchführungsregeln genügen müssen. Sie stehen nicht immer miteinander im Einklang, sondern beschränken und ergänzen sich gegenseitig. Die wichtigsten sollen im folgenden dargestellt werden. 1. Stichtagsprinzip Handels- und Steuerbilanz sind aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse am Bilanzstichtag aufzustellen. Bilanzstichtag ist der letzte Tag des Zeitraumes, für den der Gewinn zu ermitteln ist. Dies ist das Ende des Geschäftsjahres, §39 Abs. 2 H G B , oder des Wirtschaftsjahres, § 4 a EStG. Bei Gewerbetreibenden, die im Handelsregister eingetragen sind, entspricht das Wirtschaftsjahr dem Geschäftsjahr, § 4 a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Das Geschäftsjahr darf zwar 12 Monate nicht überschreiten, es kann jedoch vom Kalenderjahr abweichen, z.B. vom 1.4.01 bis 31.3.02 laufen. Das Geschäftsjahr kann auch kürzer als 12 Monate sein. Man spricht dann von einem Rumpfgeschäftsjahr. Es entsteht bei einer Betriebsgründung während des laufenden Kalenderjahres oder bei der Umstellung eines vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahres. Das Stichtagsprinzip erfordert eine Momentaufnahme der betrieblichen Vermögenswerte. Die Bilanzerstellung wird jedoch selten am Bilanzstichtag selbst erfolgen. Sie nimmt häufig mehrere Wochen oder Monate in Anspruch. Probleme ergeben sich dann, wenn der Bilanzierende zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung über bessere Erkenntnisse als am Bilanzstichtag verfügt, er z.B. jetzt weiß, daß eine Forderung zum Bilanzstichtag schon uneinbringlich war. Es widerspricht nicht dem Stichtagsprinzip, wenn der Unternehmer die Erkenntnisse verwertet, die er nach dem Bilanzstichtag über Umstände erlangt hat, die bereits am Bilanzstichtag vorhanden waren. Solche „wertaufhellende Tatsachen"m darf er verwerten. Keine Berücksichtigung finden dagegen „wertbestimmende Tatsachen". Das sind Umstände, die die Vermögens- und Ertragslage erst nach dem Bilanzstichtag verändern. " Vgl. Weickert, Das Recht der Rechnungslegung, 1980, S. 25 f. Vgl. B F H v. 4.4.1973 I R 130/71, BStBl. 1973 II S.485 f.; BFH v. 17.5.1978 I R 89/76, BStBl. 1978 II S. 497 ff.

20

233

§14

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Ein Hersteller erkennt im Januar 02, vor der Erstellung der Bilanz auf den 31.12.01, daß ein Teil seiner gelieferten Ware mangelhaft ist und er deshalb mit Gewährleistungsansprüchen rechnen muß. Er darf in der Bilanz auf den 31.12.01 eine Rückstellung bilden, da die Mängel schon vor dem Bilanzstichtag vorhanden waren (wertaufhellende Tatsache). Eine Forderung des Jahres 01 konnte trotz Vollstreckungsversuchen nicht eingetrieben werden. Der Unternehmer will sie daher ausbuchen. Im April des Jahres 02, noch vor der Bilanzaufstellung, zahlt der Schuldner überraschend. Die Forderung ist zum 31.12.01 auszubuchen, da sie auch bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung am Bilanzstichtag wertlos war (wertbestimmende Tatsache). Im Jahre 02 führt der Zahlungseingang zu einem a. o. Ertrag.

Eine Ausnahme vom Stichtagsprinzip enthält §155 Abs. 3 Nr. 1 AktG für das Umlaufvermögen. Gegenstände des Umlaufvermögens darf der Steuerpflichtige danach mit einem (niedrigeren) Wert ansetzen, der unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des § 155 Abs. 1, Abs. 2 AktG liegt, soweit dies erforderlich ist, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Gegenstände aufgrund von Wertschwankungen geändert werden muß. Steuerrechtlich ist dies unzulässig, falls dieser Wertansatz niedriger als der Teilwert ist; dieser bildet am Bilanzstichtag die Wertuntergrenze. 2. Prinzip der Bilanzkontinuität Das Prinzip der Bilanzkontinuität hat mehrere Ausgestaltungen. Es umfaßt einmal den Grundsatz der Bilanzidentität, der in §4 Abs. 1 S. 1 EStG zum Ausdruck kommt. Danach entspricht die jeweilige Schlußbilanz der Eröffnungsbilanz des Folgejahres, die Eröffnungsbilanz des Jahres 02 ist daher mit der Schlußbilanz des Jahres 01 identisch. Die Doppelfunktion jeder Jahresbilanz als Schlußbilanz des abgelaufenen Jahres und als Eröffnungsbilanz des Folgejahres wird auch als Zweischneidigkeit der Bilanz bezeichnet. Die Zweischneidigkeit bewirkt, daß sich (fortgeführte) falsche Bilanzansätze im Laufe der Jahre von selbst ausgleichen, der Totalgewinn also richtig ermittelt wird. G 01 = G 50 =

B V (31.12.01) 100

X BV ( 1 . 1 . 0 1 ) + P E X 50

X NE (vor der Änderung)

Der Außenprüfer erhöht den Warenendbestand um 10 TDM. Damit erhöht sich das Endbetriebsvermögen um 10 TDM. Das führt zu einer Gewinnerhöhung in gleicher Höhe. G 60 =

100 + 10

X

50

(nach der Änderung)

Im Jahre 02 ist das Endbetriebsvermögen auf den 31.12. 01 als Anfangsbetriebsvermögen auf den 1.1.02 vom Endbetriebsvermögen auf den 31.12.02 nicht wie bisher i. H . v . 100 TDM, sondern in Höhe von 110 T D M abzuziehen. Die Gewinnerhöhung im Jahre 01 führt damit zu einer Gewinnminderung im Jahre 02. G 02 = G 50 = G40 = 234

BV(31.12.02) 150 150

X BV ( 1 . 1 . 0 2 ) + P E X 100 X 110

X NE (vor der Änderung) (nach der Änderung)

Bilanzierungsgrundsätze

§14

II 5

Das Prinzip der formellen Bilanzkontinuität fordert die Beibehaltung der Bilanzgliederung und der gleichen Bezeichnung der einzelnen Bilanzpositionen. Dadurch sind Bilanzen verschiedener Wirtschaftsjahre miteinander vergleichbar. Das Prinzip der materiellen Bilanzkontinuität verlangt die Fortführung und Beibehaltung einmal gewählter Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (Bewertungsstetigkeit). Die einzelnen Werte der Bilanz dürfen nicht willkürlich heraboder hinaufgesetzt werden. Sie sind vielmehr fortzuführen, solange das Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen gehört. Den einmal angesetzten Wert muß der Steuerpflichtige in späteren Bilanzen beibehalten. Zuschreibungen sind grundsätzlich unzulässig. Einen eingeführten Abschreibungsplan darf er nicht ändern (Wertungsstetigkeit). 3. Grundsatz der Bilanzwahrheit Der Grundsatz der Bilanzwahrheit betrifft die Vollständigkeit (§40 Abs. 2 H G B ) und Richtigkeit der ausgewiesenen Bilanzposten. Er verlangt eine Bewertung, die den wirklichen Verhältnissen entspricht. Er verbietet die willkürliche Auflösung und Bildung stiller Reserven. Einen Ausschnitt des Wahrheitsprinzips regelt §154 A O 1977. Danach ist die Führung von falschen oder erdichteten Konten unzulässig (Kontenwahrheit). Es ist auch verboten, Falschbuchungen vorzunehmen oder Bestände unvollständig anzugeben. Eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot besteht für die Behandlung schwebender Geschäfte. Forderungen und Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen dürfen nicht aktiviert und passiviert werden, soweit sie sich gleichwertig gegenüberstehen und noch nicht erfüllt sind21. 4. Grundsatz der Bilanzklarheit Der Grundsatz der Bilanzklarheit ist in § 145 AO 1977 gesetzlich angeordnet. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß der Buchführende oder ein sachverständiger Dritter sich innerhalb angemessener Zeit einen Uberblick über die Geschäftsvorfälle und die Vermögenslage des Unternehmens verschaffen kann. Der Jahresabschluß muß transparent sein. Er darf in keiner Form verschleiert werden. Unter den Grundsatz fällt auch das Verbot, nicht zusammengehörende Posten zu verrechnen, zu addieren oder zu saldieren. §145 AO 1977 wird durch die Vorschriften der §§ 146, 147 A O 1977 ergänzt. 5. Grundsatz der Vorsicht Der Grundsatz der Vorsicht dient insbesondere dem Gläubigerschutz. Der Unternehmer hat sein Vermögen in der Bilanz im Zweifel eher niedriger als höher auszuweisen. Mögliche Wertverluste und Risiken sind dabei zu berücksichtigen. Er darf sich nicht reicher machen als er ist. 21

Vgl. Schmidt, § 5 Anm. 14 a m. w. N. 235

§14

II 6

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Einige Bilanzierungsregeln, die aus dem Grundsatz der Vorsicht folgen, sind gesetzlich niedergelegt: — Das Verbot der Aktivierung unentgeltlich erworbener immaterieller Anlagewerte, §153 Abs. 3 AktG, §5 Abs. 2 EStG, — das Aktivierungsverbot des selbstgeschaffenen Firmenwertes, §153 Abs. 5 AktG, § 5 Abs. 2 EStG, — das Verbot, Kosten der Gründung und Kapitalbeschaffung zu aktivieren, §153 Abs. 4 Satz 1 AktG, — die Verpflichtungen zur Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, §152 Abs. 7 Satz 1 AktG 22 . Auch das Imparitäts- und das Realisationsprinzip beruhen auf dem Grundsatz der Vorsicht. 6. Imparitätsprinzip Unter dem Imparitätsprinzip versteht man die Berücksichtigung von Verlusten und Gewinnen in verschiedenen Perioden. Gewinne sind erst auszuweisen, wenn sie realisiert sind, (nicht realisierte) Verluste, sobald sie sich abzeichnen 23 . Eine Ausgestaltung des Imparitätsprinzips ist das Niederstwertprinzip. Danach sind die Vermögensgegenstände am Bilanzstichtag mit dem jeweils niedrigsten Wert anzusetzen. Ein strenges Niederstwertprinzip gilt für das Umlaufvermögen, §155 Abs. 2 AktG. Der Unternehmer muß dieses Vermögen stets mit dem niedrigsten Wert bilanzieren. Für das Anlagevermögen ist das Niederstwertprinzip eingeschränkt. Eine Verpflichtung, den niedrigsten Wert zu übernehmen, besteht nur bei einer dauernden Wertminderung, nicht aber bei einer vorübergehenden. In diesem Fall gewährt § 154 Abs. 2 Satz 1 AktG dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht, er kann den niedrigeren Wert ansetzen, muß es aber nicht. Über den Maßgeblichkeitsgrundsatz wirkt das Niederstwertprinzip auch auf die Steuerbilanz. § 6 Abs. 1 N r . 1 und N r . 2 EStG stehen diesem Prinzip nicht entgegen. Diese Vorschriften räumen dem Steuerpflichtigen ebenfalls ein Wahlrecht ein, lassen somit den handelsrechtlich zulässigen Wertansatz zu. Dem Niederstwertprinzip für die Aktiva entspricht das Höchstwertprinzip bei den Verbindlichkeiten. Verbindlichkeiten, die mit einem höheren Betrag als dem Nennwert zurückzuzahlen sind, müssen danach mit dem Rückzahlungsbetrag passiviert werden 24 . Eine weitere Ausgestaltung des Imparitätsprinzips ist die Verpflichtung, für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Rückstellungen zu bilden, §152 Abs. 7 AktG. 22

23 24

Entgegen dem Wortlaut des §152 VII 1 AktG besteht handelsrechtlich eine Pflicht zur Passivierung, vgl. BFH v. 13.11.1975 IV R 170/73, BStBl. 1976 II S. 142, 145. Vgl. Döllerer, Stbjb 1977/78, S. 129 ff. B F H v. 12.3.1964 IV 376/62 U, BStBl. 1964 III S.424, 425.

236

Gegenstand der Bilanzierung

§15 I

7. Realisationsprinzip Das Realisationsprinzip regelt die Frage, wann Erträge als verwirklicht gelten und in der Buchführung auszuweisen sind. Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ist der Gewinn im Zeitpunkt der Leistung des Unternehmers zu erfassen. Dies ist nicht erst der Fall, wenn ihm die Einnahmen zufließen. § 11 EStG gilt für den Bilanzierenden nicht. Andererseits tritt die Gewinnrealisierung nicht schon mit dem Abschluß des obligatorischen Vertrages ein. Es kommt vielmehr auf die Erfüllung, also auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung an. Mit der Leistung hat der Unternehmer den Vertrag erfüllt, geht die Gefahr auf seinen Vertragspartner über. Jetzt hat er seine Forderung in der Bilanz auszuweisen. Es kommt nicht darauf an, ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erstellt war. Für Teilleistungen ist ein Vergütungsanspruch zu aktivieren, wenn es sich um eine selbständig abrechenbare und vergütungsfähige Teilleistung handelt". Für Steuerpflichtige, die Überschußeinkünfte haben oder ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 E S t G ermitteln, gilt das Realisationsprinzip nicht. Bei ihnen kommt es auf den Zeitpunkt des Zuflusses an, § 11 EStG. Daraus können sich für sie Progressionsvorteile ergeben. 8. Nominalwertprinzip Nach dem Nominalwertprinzip sind die Wirtschaftsgüter stets in D M zu bilanzieren. Es gilt der Grundsatz D M = D M , es kommt also nicht auf den Kaufkraftwert der D M und damit auch nicht auf eine eventuelle Geldentwertung an2'. Das Nominalwertprinzip, das in inflationären Zeiten zur unberechtigten Besteuerung von Scheingewinnen führt, ist ein das Einkommensteuerrecht beherrschendes Prinzip. Nach allgemeiner Auffassung 27 zählt es aber nicht zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung.

§15 Gegenstand der Bilanzierung I. Bedeutung der Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht Welche (aktive und passive) Vermögenswerte in die Bilanz aufgenommen werden dürfen, müssen oder können, gehört zu den wichtigsten Fragen des Bilanzsteuerrechts. Von ihrer Beantwortung hängt die Höhe des mengenmäßigen 1 und des

25 26

27

1

B F H v. 13.12.1979 IV R 69/74, BStBl. 1980 II S. 239, 241 f. Vgl. B F H v. 14.5.1974 VIII R 95/72, BStBl. 1974 II S.572, 576ff. m . w . N . ; B F H v. 1 7 . 1 . 1 9 8 0 IV R 156/77, BStBl. 1980 II S.434, 435. Vgl. B F H v. 17.1.1980 IV R 156/77, BStBl. 1980 II S.434, 435; Schmidt, § 5 Anm. 14e m. w. N . Vgl. §11 I, S. 149. 237

§15

I 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

wertmäßigen 2 Betriebsvermögens und damit die H ö h e des zu versteuernden Gewinns ab. Die Entscheidung, was bilanzierungsfähig und bilanzierungspflichtig ist, richtet sich nach dem Bilanzzweck und der Bilanzauffassung. Die Betriebswirtschaftslehre kennt eine Vielzahl von Bilanztheorien. Seit den grundlegenden Thesen Schmalenbachs 3 ist die wissenschaftliche Diskussion über die Bilanz nicht mehr zur Ruhe gekommen. Im wesentlichen stehen sich zwei Auffassungen gegenüber, die auch die Entwicklung des Bilanzsteuerrechts nicht unbeeinflußt gelassen haben.

1. Statische Bilanzauffassung Die statische Bilanzauffassung sieht die Aufgabe der Bilanz in erster Linie darin, die Vermögenslage des Unternehmens darzustellen. Sie beruft sich auf die juristischen Grundlagen der Bilanzierung. Die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften seien vor allem zum Schutze der Gläubiger geschaffen. Die Bilanz habe demzufolge den vermögensmäßigen Status zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuweisen. Die statische Bilanzauffassung sah in ihrer strengen Anwendung den Zweck der Bilanz ausschließlich in der Darstellung der Vermögenslage. Sie stand am Anfang der bilanztheoretischen Diskussion um die Jahrhundertwende 4 . Die Bilanz ist danach lediglich eine nominale Kapitalbestandsrechnung, die auf der Passivseite eine Ubersicht über die Kapitalherkunft und auf der Aktivseite über die Kapitalverwendung gibt. Schon frühzeitig wurde erkannt, daß es auch der Zweck der Bilanz sei, neben der Vermögenslage den Erfolg abgegrenzter Zeiträume darzustellen 5 .

2. Dynamische Bilanzauffassung N a c h dynamischer Bilanzauffassung 6 hat die Bilanz die Aufgabe, Geschäftsvorfälle aufzunehmen und den Erfolg auszuweisen. Deshalb darf sie nicht für sich allein betrachtet werden. Im Vordergrund steht nicht die isolierte Bilanz, sondern die Gewinn- und Verlustrechnung. Die dynamische Bilanz ermöglicht es, die betrieblichen Vorgänge, die sich als Aufwendungen und Erträge in der GuV-Rechnung niederschlagen, periodengerecht abzugrenzen und auszuweisen. Nach streng dynamischer Auffassung ist die Bilanz nur ein Hilfsmittel für die Erfolgsermittlung. Sie wird teilweise als Speicher angesehen, der Einnahmen und Ausgaben solange festhält, bis sie zu Erträgen und Aufwendungen führen.

2 3 4 5 6

Vgl. §11 I, S. 150. Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung 1919, S. 1 ff. Vgl. Herrmann!Heuer/Raupach, § 4 Anm. 16 k m. w. N . R O H G 12, 17. Vgl. dazu Schwalenbach, Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung 1919, S. 1 ff.; Schwalenbach, Dynamische Bilanz, 13. Aufl. 1962; Nuancierungen der dynamischen Bilanz enthalten die finanzwirtschaftliche Bilanz (vgl. Walb, Finanzwirtschaftliche Bilanz, 3. Aufl. 1966) und die pagatorische Bilanz (vgl. Kosiol, Pagatorische Bilanz, 1976).

238

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 2

3. Bilanzauffassungen und Steuerbilanz Für die Steuerbilanz sind die wirtschaftswissenschaftlichen Bilanzauffassungen weitgehend bedeutungslos. Grundlage der Steuerbilanz sind die einschlägigen Rechtsnormen und die anerkannten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Die Steuerbilanz kann der Forderung der dynamischen Bilanzauffassung nach möglichst exakter periodengerechter Erfolgszurechnung nur soweit entsprechen, als die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten auch steuerrechtlich zugelassen ist. Die gesetzliche Beschränkung auf Rechnungsabgrenzungsposten für transitorische Geschäftsvorfälle verbietet die Bildung von Abgrenzungsposten auch für antizipative Vorgänge, § 5 Abs. 4 EStG. Die Behandlung der Rechnungsabgrenzungsposten zeigt, daß der Gesetzgeber Elemente beider Bilanzauffassungen für die Steuerbilanz berücksichtigt hat. Er hat, wenn auch nur teilweise, die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten zugelassen. Grundsätzlich erfolgt die Gewinnermittlung aber durch den Vergleich zweier Vermögensbestände, § 4 Abs. 1 EStG. Die Darstellung des Vermögens in der Handelsbilanz ist nach § 5 EStG Ausgangspunkt für die steuerliche Gewinnermittlung. Der steuerliche Gewinnbegriff baut somit nicht auf dem in der Erfolgsrechnung ermittelten Gewinn auf.

II. Mengenmäßiges Betriebsvermögen 1. Bedeutung der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen Ziel der Steuerbilanz ist es, nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG den Gewinn einer Periode festzustellen. Der Gewinn ist das Ergebnis von ausschließlich betrieblichen Vorgängen. In die Bilanz dürfen daher nur betrieblich genutzte Gegenstände aufgenommen werden. Bei der Aufstellung der Bilanz ist deshalb zunächst zu klären, was zum Betriebsvermögen gehört und deshalb bilanziert werden kann oder muß. Die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. N u r die Veräußerung betrieblicher Gegenstände führt zu einem (betrieblichen) Gewinn oder Verlust. Private Veräußerungsgewinne unterliegen, von § § 1 7 , 23 E S t G abgesehen, nicht der Einkommensteuer. Aufwendungen für betriebliche Gegenstände sind grundsätzlich Betriebsausgaben. 2. Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen

a) Einheitlich genutzte

Wirtschaftsgüter

Wird ein Wirtschaftsgut ausschließlich betrieblich genutzt, gehört es zum Betriebsvermögen, wird es ausschließlich privat genutzt, zum Privatvermögen. Dabei ist zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen und (notwendigem) Privatvermögen zu unterscheiden.

aa) Notwendiges

Betriebsvermögen

Zum notwendigen Betriebsvermögen sind die Wirtschaftsgüter zu rechnen, die dem Betrieb in der Weise unmittelbar dienen, daß sie objektiv erkennbar zum direkten 239

§15

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind 7 . Für die Zuordnung ist auf die Art des Gegenstandes abzustellen. Er muß seinem Wesen nach typische betriebliche Funktionen erfüllen. Die Frage, ob ein Wirtschaftsgut unmittelbar betrieblichen Zwekken dient, läßt sich nach zwei Methoden beantworten. Die typisierende Betrachtungsweise stellt auf die Art des zu beurteilenden Wirtschaftsgutes ab. Sie hilft dann weiter, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut entweder nur betrieblich oder nur privat nutzen kann. Häufig ist das jedoch nicht der Fall. Einen P K W kann er z. B. sowohl betrieblich als auch privat verwenden. Bei solchen (neutralen) Wirtschaftsgütern ist die Zuordnung zu einer Vermögensart lediglich mit der konkretisierenden Betrachtungsweise möglich. Die Zurechnung hat nach der objektiv erkennbaren konkreten Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes zu erfolgen. Es kommt auf die tatsächliche Nutzung und Funktion des Wirtschaftsgutes im Betrieb an. Typische Gegenstände des notwendigen Betriebsvermögens sind Grundstücke mit aufstehenden Produktionshallen, Fertigungsanlagen, die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Forderungen oder Kredite für betriebliche Investitionen. bb) Notwendiges

Privatvermögen

Notwendiges Privatvermögen sind dagegen die Gegenstände, die ihrer Natur nach in keiner Weise in Beziehung zum Betrieb stehen können. Solche Gegenstände dienen ausschließlich privaten Zwecken des Unternehmers oder seiner Angehörigen. Sind sie zu Unrecht bilanziert, müssen sie zum Buchwert, also erfolgsneutral, ausgebucht werden 8 . Zum notwendigen Privatvermögen gehören z. B. das (räumlich vom Betrieb getrennte) Einfamilienhaus des Unternehmers, die Wohnungseinrichtung, der Familienschmuck, ein Reitpferd, ein Segelflugzeug oder der Einkommensteuererstattungsanspruch. cc) Gewillkürtes

Betriebsvermögen

Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten die Wirtschaftsgüter, die ihrem Wesen nach neutral sind und nicht unmittelbar dem Betrieb dienen, wie z. B. ein unbebautes Grundstück. Es kann zur Betriebserweiterung oder für die private Vermögensanlage bestimmt sein'. Derartige Wirtschaftsgüter können durch eine Willenskundgebung des Unternehmers zu Betriebsvermögen werden. Man spricht deshalb von gewillkürtem Betriebsvermögen. Voraussetzung für seine Entstehung ist ein nach außen erkennbarer Widmungsakt. Regelmäßig liegt er in der Bilanzierung. Die Einbuchung wirkt konstitutiv. Ohne sie entsteht gewillkürtes Betriebsvermögen nicht.

So die anerkannte Definition; vgl. B F H v. 2 3 . 7 . 1 9 7 5 I R 6/73, BStBl. 1976 II S. 179 m. w. N . 8 B F H v. 2 6 . 2 . 1 9 7 6 I R 150/74, BStBl. 1976 II S.378, 379. ' Vgl. B F H v. 3 0 . 4 . 1 9 7 5 I R 111/73, BStBl. 1975 II S. 582 ff. 7

240

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II

2

D e r U n t e r n e h m e r ist berechtigt, ein z u m gewillkürten Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut durch E n t n a h m e in die private Sphäre zu überführen. D i e erforderliche Entnahmehandlung ist die Ausbuchung. Eine Nutzungsänderung m u ß nicht erfolgen. D i e Rechtsprechung 1 0 schränkt das unternehmerische Gestaltungsrecht ein. Sie fordert für die Z u o r d n u n g eines Wirtschaftsgutes zum gewillkürten Betriebsvermögen einen gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb und seine objektive Eignung zur F ö r d e r u n g des Betriebszwecks. Ziel dieser Einschränkung, gewillkürtes Betriebsvermögen zu schaffen, ist es, die Gefahr zu beschränken, daß private Verluste in den betrieblichen Bereich verlagert und dadurch steuerlich wirksam werden. D i e s e Auffassung wird in der R e c h t s l e h r e " einhellig abgelehnt. Sie kritisiert zu R e c h t , diese Abgrenzungsmerkmale seien unscharf, sie führten zu Gefühlsentscheidungen. I m übrigen bestehe keine N o t w e n d i g k e i t für die Einschränkung, da die befürchteten Manipulationen durch die A n w e n d u n g der Bewertungsbestimmungen für Einlagen vermieden werden könnten.

b) Gemischt

genutzte

Wirtschaftsgüter

D i e n e n Wirtschaftsgüter sowohl betrieblichen als auch privaten Z w e c k e n , werden sie also gemischt genutzt, so ist zwischen beweglichen und unbeweglichen zu unterscheiden. aa) Bewegliche

Wirtschaftsgüter

B e i beweglichen Wirtschaftsgütern ist eine Aufteilung nach dem U m f a n g der N u t z u n g grundsätzlich nicht möglich. Sie sind entweder in vollem U m f a n g Betriebsvermögen oder in vollem U m f a n g Privatvermögen 1 2 . Entscheidend für die Z u o r d n u n g ist die überwiegende N u t z u n g . W i r d das Wirtschaftsgut zu m e h r als 5 0 % betrieblich genutzt, zählt es z u m notwendigen Betriebsvermögen. Beträgt die betriebliche N u t z u n g weniger als 10 % , wird sie als unbedeutend angesehen, das Wirtschaftsgut ist dem Privatvermögen zuzurechnen. B e i einer betrieblichen N u t zung zwischen 10 % und 50 % hat der Steuerpflichtige ein W a h l r e c h t : E r kann das Wirtschaftsgut als (gewillkürtes) Betriebsvermögen oder als Privatvermögen behandeln 13 . G e h ö r t ein teilweise privat genutztes Wirtschaftsgut in vollem U m f a n g zum Betriebsvermögen, so heißt das nicht, daß auch die laufenden Aufwendungen Betriebsausgaben darstellen; sie sind vielmehr entsprechend der tatsächlichen N u t zung aufzuteilen. D e r private Anteil an den Aufwendungen stellt eine N u t z u n g s e n t nahme dar und darf als K o s t e n der privaten Lebensführung nicht zu einer Steuer-

10 11

12 13

B F H v. 30.4.1975 I R 111/73, BStBl. 1975 II S.582, 583 m . w . N . Vgl. Knobbe-Keuk, § 4 II, S.40; dies., StuW 1976, 211 ff.; Thiel, 3.1.2, S.80; Woerner, Stbjb 1974/75, 321, 337f.; ders., BB 1976, 220, 221. Vgl. Schmidt/Heinicke, § 4 Anm. 39 a. Vgl. B F H v. 13.3.1964 IV 158/61 S, BStBl. 1964 III S.455, 457; Biergans, S. 174, 175. 241

16

Tiedtke, Einkommensteuer

§ 1 5

II

2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

minderung führen. Betrieblicher und privater Nutzungsanteil sind möglichst wirklichkeitsnah, gegebenenfalls durch Schätzung zu ermitteln. Ein PKW befindet sich im Betriebsvermögen. Er wird zu 40 % privat genutzt. Die jährlichen Aufwendungen betragen 10 000,— D M . A m Ende des Jahres wird er (Buchwert 1,— D M ) für 5000,— D M veräußert. Es entsteht ein Veräußerungsgewinn von 4999,— D M , der in vollem Umfang, also nicht nur, wie man meinen könnte, i. H . v. 60 % zu versteuern ist14. D i e Aufwendungen, die auf die private Nutzung entfallen, sind keine Betriebsausgaben. Es können nur Betriebsausgaben i. H . v. 6000,— D M berücksichtigt werden.

bb) Unbewegliche

Wirtschaftsgüter

Unbewegliche Wirtschaftsgüter darf der Steuerpflichtige teilweise dem Betriebsund teilweise dem Privatvermögen zuordnen. Ein Gebäude bildet nicht, wie im bürgerlichen Recht, mit dem Grundstück eine Einheit, es ist vielmehr ein selbständiges Wirtschaftsgut und kann seinerseits in weitere selbständige Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden 15 . Wie die Zuordnung im einzelnen zu erfolgen hat, regelt Abschnitt 14 der Einkommensteuerrichtlinien. Danach bestehen drei Grundregeln": Regel 1: Grundstücke und Grundstücksteile, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden, gehören regelmäßig zum notwendigen Betriebsvermögen, Abschnitt 14 Abs. 1 Satz 1 EStR. Für Grundstücksteile besteht ein Wahlrecht, wenn ihr Wert im Verhältnis zum Wert des ganzen Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist. Das ist der Fall, wenn der Wert des eigenbetrieblich genutzten Grundstücksteils weder mehr als ein Fünftel des Wertes des ganzen Grundstücks noch mehr als 20000,— D M beträgt, Abschnitt 14 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStR. Regel 2: N u t z t ein Unternehmer Grundstücke oder Grundstücksteile weder ausschließlich privat noch ausschließlich betrieblich, so ist er berechtigt, sie als gewillkürtes Betriebsvermögen zu behandeln, Abschnitt 14 Abs. 3 Satz 1 EStR. Regel 3: Erfüllt ein Grundstück mehr als zur Hälfte die Voraussetzungen für die Behandlung als (notwendiges oder gewillkürtes) Betriebsvermögen, so kann das ganze Grundstück zum (gewillkürten) Betriebsvermögen gezogen werden, Abschnitt 14 Abs. 4 Satz 1 EStR. Beispiele: (1) Ein bebautes Grundstück wird zu 100 % eigenbetrieblich genutzt. Das Grundstück ist notwendiges Betriebsvermögen (Regel 1, Satz 1). (2) Ein mehrgeschossig bebautes Grundstück, gemeiner Wert 100 000,— D M , wird in einem Stockwerk eigenbetrieblich genutzt. Der Wert dieses Teils beträgt 15% des gemeinen Wertes, also 15 000,— D M . Der eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteil kann als Betriebsvermögen behandelt werden, er muß es aber nicht, da er die Wertgrenzen des Abschnitts 14 Abs. 2 EStR nicht erreicht (Regel 1, Satz 2). 14 15 16

Vgl. B F H v. 2 4 . 9 . 1 9 5 9 IV 38/58 U , BStBl. 1959 III S.466. Vgl. B F H v. 2 6 . 1 1 . 1 9 7 3 GrS 5/71, BStBl. 1974 II S.132, 136; Abschnitt 13b EStR. Vgl. Walkhoff, D B 1980, 1137ff.

242

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 3

(3) Ein Steuerpflichtiger hat ein mehrgeschossig bebautes Grundstück, gemeiner Wert 2 0 0 0 0 0 — DM. Im Erdgeschoß (anteiliger Wert 80000,— DM) betreibt er einen eigenen Gewerbebetrieb. Das 1. Geschoß (anteiliger Wert 40000,— DM) hat er im Interesse seines Geschäftes an einen Einzelhändler vermietet, den Rest des Gebäudes nutzt er zu eigenen Wohnzwecken. Der für den eigenen Gewerbebetrieb genutzte Grundstücksteil ist notwendiges Betriebsvermögen (Regel 1). Den vermieteten Teil darf er als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln (Regel 2). Damit ist mehr als die Hälfte des bebauten Grundstücks Betriebsvermögen, so daß der Steuerpflichtige es in vollem Umfang als Betriebsvermögen ausweisen kann (Regel 3).

c) Besonderheiten bei Gesellschaften Kapitalgesellschaften haben nur Betriebsvermögen. Eine Privatsphäre gibt es bei ihnen nicht. Das gleiche gilt grundsätzlich bei Personengesellschaften hinsichtlich des Gesamthandsvermögens. Die Gesellschaft, eine oHG oder eine KG, hat keine private Sphäre, der Vermögensgegenstände zugeordnet werden können. Sie sind auch dann grundsätzlich notwendiges Betriebsvermögen, wenn sie teilweise privat genutzt werden". Besonderheiten ergeben sich jedoch für Wirtschaftsgüter, die zwar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen, aber nicht zum Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, sondern zum Einzelvermögen eines Gesellschafters gehören. Derartige Wirtschaftsgüter sind Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, der sie der Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat, wenn sie dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen'8. Auch beim Sonderbetriebsvermögen unterscheidet man notwendiges und gewillkürtes". Notwendiges Sonderbetriebsvermögen liegt vor, falls ein Gesellschafter der Personengesellschaft Wirtschaftsgüter (Grundstücke, Gebäude, Maschinen) entgeltlich oder unentgeltlich überläßt, die unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen bestimmt sind. Gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen kann ein Gesellschafter unter den gleichen Voraussetzungen bilden wie ein Einzelunternehmer. Auch hier verlangt die Rechtsprechung20 neben der Widmung und der Bilanzierung (in einer Sonderbilanz), daß das Wirtschaftsgut objektiv geeignet ist, mittelbar den Betrieb der Personengesellschaft oder die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft zu fördern. 3. Zurechnung von Wirtschaftsgütern In die Bilanz dürfen nur Wirtschaftsgüter aufgenommen werden, die sich im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen befinden. Das sind einmal die Wirtschafts17 B F H v. 4.11.1977 III R 145/74, BStBl. 1978 II S.353, 354. " B F H v. 24.9.1976 I R 149/74, BStBl. 1977 II S.69, 70 f. " Vgl. dazu Schmidt, § 15 Anm. 78 ff. 20 B F H v. 21.10.1976 IV R 71/73, BStBl. 1977 II S. 150, 152; B F H v. 11.10.1979 IV R 125/ 76, BStBl. 1980 II S.40, 42.

243 16»

§15

II 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

güter, deren (zivilrechtlicher) Eigentümer er ist. Ist er Miteigentümer, so ist lediglich der Miteigentumsanteil zu bilanzieren21. Gehören die Wirtschaftsgüter seiner Ehefrau, ist er nicht berechtigt, sie zu aktivieren. Das Steuerrecht beschränkt die Zurechnung jedoch nicht auf das zivilrechtliche Eigentum. Wirtschaftsgüter werden dem Steuerpflichtigen auch dann zugerechnet, wenn sie in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehen. Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, daß er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschafts gut wirtschaftlich ausschließen kann, §39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 A O 197722. Das zeigt sich beim Eigentumsvorbehalt. Wird eine Ware unter Eigentumsvorbehalt veräußert, muß der Vorbehaltskäufer nach § 446 B G B auch dann den Kaufpreis zahlen, wenn die Sache bei ihm durch Zufall untergeht. Er ist wirtschaftlicher Eigentümer und hat damit die unter Eigentumsvorbehalt erworbene Ware zu bilanzieren. In der Regel ist der bürgerlich-rechtliche auch wirtschaftlicher Eigentümer. Ist das nicht der Fall, folgt das bürgerliche Eigentum häufig dem wirtschaftlichen. So ist der Erwerber eines Grundstücks grundsätzlich wirtschaftlicher Eigentümer, wenn mit dem Abschluß des Kaufvertrages alle Nutzungen und Lasten auf ihn übergehen25. Erst mit der Eintragung im Grundbuch wird er bürgerlich-rechtlicher Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum können, wie sich bei der Veräußerung einer Ware unter Eigentumsvorbehalt gezeigt hat, auch in anderen Fällen auseinanderfallen. a)

Sicherungsübereignung

Gegenstände, die nach §§929, 930 B G B zur Sicherung einer Forderung übereignet werden, also im Betrieb des Sicherungsgebers bleiben, gehören zu seinem Vermögen und sind bei ihm zu aktivieren, § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 A O 1977. Erst wenn der Sicherungsnehmer den zur Sicherheit übereigneten Gegenstand verwerten darf, verliert der Sicherungsgeber sein wirtschaftliches Eigentum. Das gleiche gilt für die Abtretung einer Forderung zur Sicherheit. b)

Treuhandverhältnisse

Bei Treuhandverhältnissen wird das Treugut grundsätzlich dem Treugeber zugerechnet, §39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977. Er hat es zu bilanzieren. Dies gilt unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut auf den Treuhänder übertragen worden ist oder er es für den Treugeber erwirbt. 21 22

23

Vgl. B F H v. 26.1.1978 IV R 160/73, BStBl. 1978 II S.299, 300. Zum wirtschaftlichen Eigentum vgl. auch Seeliger, Der Begriff des wirtschaftlichen Eigentums im Steuerrecht, 1962, S. 89 f. Vgl. B F H v. 28.4.1977 IV R 163/75, BStBl. 1977 II S.553, 554.

244

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 3

c) Eigenbesitz Eigenbesitz ist die Herrschaft über ein Wirtschaftsgut mit dem Willen, es wie ein Berechtigter zu besitzen. Der Begriff deckt sich mit dem Eigenbesitz i. S. d. § 872 BGB, gilt aber im Steuerrecht nicht nur für Sachen, sondern für alle Wirtschaftsgüter. Bilanzierungspflichtig ist der Eigenbesitzer, §39 Abs. 2 N r . 1 Satz 2 A O 1977. Diebesgut ist demnach beim Dieb oder beim Hehler zu bilanzieren 24 ; auf die mangelnde dingliche Berechtigung kommt es nicht an. d) Factoring In vielen Fällen arbeiten die Käufer mit einer Factor-Bank zusammen. Sie übertragen der Bank alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen gegen ihre Abnehmer. Dies geschieht in der Regel unter der aufschiebenden Bedingung, daß die Bank die Forderungen später kauft. Hat der Käufer die Waren an seinen Abnehmer veräußert, so übersendet er die Durchschrift der Rechnung der Bank. Diese prüft die Zahlungsfähigkeit des Abnehmers und entscheidet sich dann, ob sie die Forderung kaufen will. Lehnt sie es ab, dies zu tun, teilt sie dem Käufer, dem sog. Anschlußkunden, ihre Entscheidung mit. Sie erhebt in diesem Falle keine Ansprüche auf die Forderung; die Bedingung, unter der die Abtretung erfolgt ist, tritt nicht ein. Kauft sie die Forderung, so schreibt sie den Rechnungsbetrag einem Konto des Käufers gut, über das er frei verfügen kann. Dieser erhält also das Geld sofort, obwohl er dem Abnehmer ein Ziel von 30, 60 oder 90 Tagen eingeräumt hat. Mit dem Geld kann er den Verkäufer sogleich befriedigen und die Skonto vorteile wahrnehmen. Zahlt der Abnehmer nicht, ist er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig, so geht dies beim echten Factoring zu Lasten der Bank", beim unechten zu Lasten des Käufers. Beim echten Factoring steht die Forderung der Factor-Bank zu, sie hat diese zu bilanzieren; sie ist nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch bürgerlich-rechtlicher Inhaber der Forderung. Etwas anderes gilt für das unechte Factoring. Zivilrechtlich steht die Forderung ebenfalls der Bank zu, wirtschaftlicher Inhaber ist aber der Anschlußkunde; er trägt das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Deshalb hat er die Forderung zu aktivieren. e) Miete und Pacht Bei der Überlassung eines Wirtschaftsgutes aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages ist das Objekt grundsätzlich dem Vermieter oder Verpächter zuzurechnen. Mieter und Pächter sind nicht wirtschaftliche Eigentümer 26 . Ihnen steht zwar die 24 25 26

Vgl. RFH v. 24.2.1938 III 221/36, RStBl. 1938, S.354f. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 1982, S.248. BFH v. 30.4.1954 III 169/53 U, BStBl. 1954 III S. 194, 195; BFH v. 17.4.1962 I 296/61, HFR 1962 S. 226, 227; BFH v. 20.6.1967 II 139/63, BStBl. 1967 III S.677, 678 f. 245

§15

II 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

tatsächliche Sachherrschaft zu, sie können jedoch nicht, auch nicht wirtschaftlich, über die Substanz verfügen. N u r ausnahmsweise wird ein Wirtschaftsgut dem Mieter oder Pächter zugeordnet. D a s ist dann der Fall, wenn in einem als Miet- oder Pachtvertrag bezeichneten Vertrag vereinbart wird, das Mietobjekt werde dem Mieter überlassen, und nach dem T o d des Vermieters solle auch das Eigentum auf den Mieter übergehen 2 7 . D u r c h eine solche Vertragsgestaltung erlangt der Mieter wirtschaftliches Eigentum. f)

Nießbrauch

D e r Nießbraucher ist grundsätzlich nicht wirtschaftlicher Eigentümer 2 8 . Er übt einen abgeleiteten Besitz aus. Zwar kann er nach § 1030 B G B die N u t z u n g e n ziehen, er darf aber das Wirtschaftsgut nicht verkaufen und den Erlös in sein Vermögen überführen. E r darf die Sache auch nicht belasten. Schließlich ist er nur Fremdbesitzer. Diese Ausführungen gelten für den entgeltlich und für den unentgeltlich bestellten Nießbrauch. Dagegen ist der Vorbehaltsnießbraucher 2 9 , der das übereignete G r u n d s t ü c k wirtschaftlich unverändert nutzt und die auf dem Grundstück ruhenden Lasten trägt, wirtschaftlicher Eigentümer 3 0 . g)

Leasing

D a s Leasing-Geschäft spielt sich wie folgt ab: Der (spätere) Leasingnehmer sucht sich die Sache beim Verkäufer aus und bereitet den Kaufvertrag vor. D e r Vertrag k o m m t aber zwischen dem Verkäufer und dem Leasinggeber zustande. Dieser erwirbt das Eigentum an der Sache, und er behält es auch. D u r c h den Leasingvertrag verpflichtet er sich nur, dem Leasingnehmer gegen Zahlung laufender Raten den Besitz an der Sache und ihre N u t z u n g zu verschaffen. D i e Parteien bezeichnen den Vertrag als Mietvertrag und schließen ihn für eine bestimmte Zeit, die Grundmietzeit, fest ab. N a c h Ablauf dieser Zeit hat der Leasinggeber beim Full-pay-outModell seine A u f w e n d u n g e n amortisiert und den erstrebten Gewinn erzielt. F ü r die Z u k u n f t kann er großzügig sein. Entweder steht dem Leasingnehmer eine K a u f o p tion 31 zu einem niedrigen Kaufpreis oder das Recht zu, die Sache zu niedrigeren Raten weiterzumieten 3 2 . In manchen Fällen verkauft der Leasinggeber die Sache 27 28

29 30

31 32

Vgl. B F H v. 14.11.1974 IV R 3/70, BStBl. 1975 II S.281. Vgl. BFH v. 21.2.1967 VI 263/65, BStBl. 1967 III S. 311; BFH v. 28.7.1981 VIII R 141/ 77, BStBl. 1982 II S.454, 455; Bordewin, DStR 1981, 518, 521. Vgl. dazu §7 II 2, S. 146 f. Vgl. BFH v. 8.3.1977 VIII R 180/74, BStBl. 1977 II S.629; BFH v. 21.6.1977 VIII R 18/ 75, BStBl. 1978 II S. 303; FG Münster v. 19.8.1980 VI 3784/77 F, VI 3785/77 F, EFG 1981, 183, 184; Bordewin, DStR 1981, 519, 522. Vgl. B G H Z 71 S.189. Vgl. BGH, WM 1975, 1203, 1204.

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Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 3

auch und beteiligt den Leasingnehmer am Erlös 33 . Beim Non-full-pay-out-Modell hat der Leasinggeber beim Ablauf der Grundmietzeit seine Aufwendungen und Kosten noch nicht voll amortisiert. Er will die Sache aber nicht an Dritte vermieten. Der Leasingnehmer hat sich vielmehr verpflichtet, die Sache nach Ablauf der Grundmietzeit zu kaufen 34 oder eine Abschlußzahlung zu leisten; in diesem Fall wird er an dem Verkaufserlös beteiligt, wenn der Leasinggeber durch die Abschlußzahlung und die bereits empfangenen Leasingraten einen Betrag erhält, der die Aufwendungen und den vorgesehenen Gewinn übersteigt 55 . Den Siegeszug hat das Leasing aber nur dadurch antreten können, daß der Leasingnehmer die einzelnen Leasingraten grundsätzlich in vollem Umfang als Betriebsausgaben absetzen kann, während er beim Kauf der Sache lediglich geringere Abschreibungsmöglichkeiten hat. Diese steuerlichen Vorteile treten nur ein, wenn dem Leasinggeber das Leasinggut zugerechnet wird, er also bürgerlichrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer ist und damit das Wirtschaftsgut bilanzieren muß. O b dem Leasinggeber das Leasinggut zuzurechnen ist, richtet sich nach der Art des Leasingvertrages. Beim Operating-Leasing kauft der Leasinggeber eine Sache, z. B. einen P K W , auf eigenes Risiko, um sie mehrmals weiterzuvermieten. Die einzelnen Verträge sind jederzeit kündbar. Sie stellen gewöhnliche Mietverträge dar. Der Leasingnehmer steht also wie ein Mieter. Er ist nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Leasinggutes. Die Leasingraten sind für ihn Betriebsausgaben, während der Leasinggeber als bürgerlich-rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer die Sache zu bilanzieren hat. Er ist AfA-berechtigt. Die Leasingraten sind seine Betriebseinnahmen. Wird das Leasinggut nach den Wünschen des Leasingnehmers und für seine speziellen Bedürfnisse angeschafft oder hergestellt, liegt also ein Spezialleasing vor, so ist der Leasingnehmer wirtschaftlicher Eigentümer. Er hat damit das Leasinggut zu aktivieren und die Verpflichtung aus dem Leasingvertrag zu passivieren. Er ist berechtigt, das Leasinggut abzuschreiben. Er kann aber die Leasingraten nicht in vollem U m f a n g als Betriebsausgaben geltend machen. Die Raten enthalten einen Tilgungs- und einen Zinsanteil. N u r der Zinsanteil ist Betriebsausgabe. Die Tilgungsbeträge verringern die passivierte Verpflichtung aus dem Leasingvertrag. Sie sind erfolgsneutral, während sich die A f A und der Zinsanteil gewinnmindernd auswirken. Zweifelhaft ist die Behandlung des Financial-Leasing. Bei dieser in Deutschland häufigsten Form des Leasing besteht ein Dreiecksverhältnis. Der Leasinggeber, in der Regel eine Bank, ist vom Verkäufer, der Hersteller oder Händler ist, unabhängig. Die Bank wird auch hier als Finanzierungsinstitut tätig. Sie schließt aber nicht einen Darlehensvertrag mit dem Leasingnehmer, der die Sache beim Verkäufer kauft. Der Kaufvertrag kommt vielmehr zwischen ihr und dem Verkäufer zustande. 33 34

35

Vgl. B G H , W M 1976, 1133. Vgl. B G H Z 71, S. 196, 197.

Vgl. Reinicke/Tiedtke,

BB 1982, 1142; dies., Kaufrecht, 1982, S. 282 ff. 247

§15

II

3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Sie wird (bürgerlich-rechtliche) Eigentümerin des Gegenstandes, und sie bleibt es auch. Anschließend stellt sie dem Leasingnehmer den G e b r a u c h und die N u t z u n g der Sache gegen Entgelt, die Leasingraten, zur Verfügung. D i e zivilrechtliche E i n o r d n u n g des Leasingvertrages, den der Leasinggeber mit dem Leasingnehmer abschließt, ist streitig 36 . In der Rechtslehre wird, vereinzelt 57 , die A n s i c h t vertreten, der Leasinggeber besorge durch den A b s c h l u ß des Kaufvertrages ein Geschäft für den Leasingnehmer. E r schließe den Vertrag zwar im eigenen N a m e n , aber für R e c h n u n g des Leasingnehmers. E r werde wie ein (atypischer) E i n k a u f s k o m m i s s i o n ä r tätig. D a s Eigentum an der Leasingsache halte der Leasinggeber für den Leasingnehmer. Sein Eigentum sei zwar m e h r als Sicherungseigentum, es sei aber zugunsten des Leasingnehmers, des Treugebers, treuhänderisch gebunden. W ä r e dies der Fall, dann würde das Leasinggut nach § 39 A b s . 2 N r . 1 Satz 2 A O 1977 steuerlich dem Leasingnehmer zugerechnet, er k ö n n t e die steuerlichen V o r teile, die ihm das Leasing verschaffen sollte, nicht wahrnehmen. N i m m t man dagegen mit dem B G H ' 8 an, der Leasingvertrag sei, jedenfalls in erster Linie oder grundsätzlich, ein Mietvertrag, oder er habe eine der Miete zumindest vergleichbare Gebrauchsüberlassung zum Inhalt, so stünde der Leasingn e h m e r wie ein Mieter. Ihm kämen damit die steuerlichen Vorteile zugute; das Leasinggut wäre dem Leasinggeber zuzurechnen. E r wäre abschreibungsberechtigt und hätte es in der H a n d , beliebige Buchverluste zu bilden 3 ', indem er die Leasingsache nach A b l a u f des Leasingvertrages zu einem Preis veräußert, der weit unter dem B u c h w e r t liegt. Das kann er ohne wirtschaftlichen Verlust tun, weil er beim F u l l - p a y - o u t - M o d e l l mit den Leasingraten seine Anschaffungskosten, seinen G e w i n n und seine sonstigen Aufwendungen bereits erhalten hat. D i e erste Auffassung ist nicht zutreffend 4 0 . D i e Parteien haben ihre R e c h t s b e z i e hungen im H i n b l i c k auf das Steuerrecht ausgestaltet. Sie wissen, daß der Leasingn e h m e r das Leasinggut nur dann nicht zu aktivieren braucht und die Leasingraten nur dann in vollem U m f a n g als Betriebsausgaben absetzen kann, wenn er nicht wirtschaftlicher E i g e n t ü m e r der Sache wird. Aus diesem G r u n d haben sie eine Regelung getroffen, aufgrund derer der Leasinggeber die von ihm auf eigene R e c h n u n g e r w o r b e n e Sache als rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer erwirbt, er sich also nicht mit dem Sicherungseigentum oder einem treuhänderisch gebundenen Eigentum begnügt. D e r Leasinggeber wird nach dem klaren und eindeutigen Willen der Parteien nicht wie ein atypischer Einkaufskommissionär tätig. D e r

Vgl. zum Streitstand Reimcke/Tiedtke, Kaufrecht, 1982, S. 282 ff., 285 ff. m . w . N . ; dies., BB 1982, 1142ff. m . w . N . 57 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 1718f.; ders., NJW 1982, 305 ff. 38 BGHZ 68 S. 118; BGHZ 71 S.189; BGH, NJW 1977, 195 ff.; BGH, WM 1981, 1378; BGH, WM 1982, 151; BGH, NJW 1982, 105; vgl. auch Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 1982, S. 285ff.; dies., BB 1982, 1142, 1144ff. " Vgl. dazu Biergans, S. 147 ff., 150. 40 Vgl. Reinicke/Tiedtke, BB 1982, 1142, 1145. 36

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Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 3

Kommissionär muß das, was er aufgrund des (für Rechnung des Kommittenten) abgeschlossenen Geschäfts vom Verkäufer erlangt, dem Kommittenten herausgeben, §384 Abs. 2 H G B . Er erlangt Besitz und Eigentum an der gekauften Sache. Er müßte also den Besitz und das Eigentum an den Komittenten herausgeben. Der Leasinggeber überträgt jedoch dem Leasingnehmer vereinbarungsgemäß weder den dauernden Besitz noch das Eigentum. Dieser gibt sich vielmehr mit dem vorübergehenden und laufend zu vergütenden Besitz und der damit verbundenen Nutzungsmöglichkeit zufrieden, sieht aber von dem Erwerb der Sache als solcher, also des rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentums, ab; er kann die Sache nicht veräußern oder verpfänden, er muß sie zu einem Zeitpunkt zurückgeben, in dem sie noch einen beachtlichen Wert hat. Die Parteien haben diese Regelung auch nicht zum Schein getroffen, um ihre wahre Absicht, den Erwerb der Sache durch den Leasingnehmer, zu verdecken. Sie wollen vielmehr das, was sie erklärt haben. Daß sie auf diese Weise steuerliche Vorteile wahrnehmen wollen, ändert hieran nichts. Das ist ein Motiv für die von ihnen getroffenen Vereinbarungen, stellt deren Ernstlichkeit aber nicht in Frage. Der Leasinggeber schließt somit den Kaufvertrag für eigene Rechnung 41 und verwertet die im eigenen Interesse erworbene Sache durch den Abschluß des Leasingvertrages mit dem Leasingnehmer. Gleichwohl folgt das Steuerrecht nicht in allen Fällen der zivilrechtlichen Einordnung des Leasingvertrages, sieht also nicht in allen Fällen den Leasinggeber als den wirtschaftlichen Eigentümer an. Die steuerliche Zuordnung des Leasinggegenstandes erfolgt vielmehr nach den Grundsätzen, die der BFH 42 , der Bundesminister der Finanzen 45 und der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder44 aufgestellt haben. Danach wird die Leasingsache dem Leasingnehmer zugerechnet: 1. wenn die Grundmietzeit mehr als 90 % oder weniger als 40 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes beträgt. Der Grund für die 90 %-Grenze ist die Annahme, ein Wirtschaftsgut sei in diesem Falle weitgehend wertlos, die Sachsubstanz sei also dem Leasingnehmer zugute gekommen. Die 40 %-Grenze wurde bestimmt, weil vermutet wird, daß ein vernünftiger Leasingnehmer eine so kurze Vertragsdauer nur akzeptiert, wenn er nach dem Ablauf des Vertrages eine Kauf- oder Vertragsverlängerungsoption eingeräumt erhält. Ein Leasingnehmer, der während der kurzen Vertragsdauer mit seinen Leasingraten dem

41

42 43

44

Vgl. B F H v. 26.1.1970 IV R 144/66, BStBl. 1970 II S.264, 267: „Der typische Vorgang des Finanzierung-Leasing ist der, daß die Leasing-Gesellschaft das Wirtschaftsgut im eigenen Namen und auf eigene Rechnung beschafft..." U. v. 26.1.1970 IV R 144/66, BStBl. 1970 II S.264, 267ff. BdF-Schreiben v. 19.4.1971 IV B/2 — S 2170 — 31/71, „Mobilien-Leasing-Erlaß", BStBl. 1971 I, S.264 ff.; BdF-Schreiben v. 21. 3.1972 F/IV B 2 — S 2170 — 11/72, „ImmobilienLeasing-Erlaß", BStBl. 1972 I S. 188 f. Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen v. 13.5.1981 — S 2170 — 5/21 — VB 1, DStZ E 1980, 204. 249

§15

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Leasinggeber die gesamten Anschaffungskosten ersetzt, wird andernfalls einen solchen Vertrag nicht schließen. 2. Beträgt die Grundmietzeit zwischen 40% und 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, wird der Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer behandelt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen gegeben ist: a) eine Kaufoption besteht und der Kaufpreis niedriger ist als der unter Anwendung der linearen AfA ermittelte Buchwert oder der niedrigere gemeine Wert im Zeitpunkt der Veräußerung; oder sofern b) bei Mietverlängerungsoptionen die Anschlußmiete so bemessen ist, daß sie den Wertverzehr nicht deckt, der sich auf der Basis des wie beim Kauf ermittelten Buchwertes oder des niedrigeren gemeinen Wertes und der Restnutzungsdauer laut AfA-Tabelle ergibt; oder sofern c) zwar keine Mietverlängerungsoption vereinbart wurde, der Leasing-Vertrag sich aber automatisch unter denselben Voraussetzungen wie bei Verträgen mit Mietverlängerungsoption verlängert, falls er nicht gekündigt wird. h)

Gesamthandseigentum

Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten H a n d zustehen, werden gemäß §39 Abs. 2 N r . 2 A O 1977 den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung f ü r die Besteuerung erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist f ü r die Einkommensteuer gegeben. Einkommensteuerpflichtig ist nicht die Gesamthand (Gesellschaft, Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft), sondern der einzelne Gesellschafter, der Ehegatte und der Miterbe. Steuerrechtlich wird folglich das Gesamthandseigentum wie Bruchteilseigentum behandelt.

4. Bilanzierungsfähige Aktivposten a) Vermögensgegenstand

und

Wirtschaftsgut

In der Steuerbilanz sind nur Wirtschaftsgüter zu aktivieren, § 4, § 5 Abs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 EStG. Es fragt sich, wann ein Wirtschaftsgut gegeben ist. Eine gesetzliche Definition ist nicht vorhanden. Das Handelsrecht verwendet diesen Begriff nicht. §39 Abs. 1, §40 A b s . 2 H G B , §151 Abs.2, Abs. 3, §§152—155 A k t G bestimmen vielmehr, der Kaufmann müsse seine Vermögensgegenstände in der Handelsbilanz ausweisen. Es ist daher zu prüfen, ob die Begriffe sich entsprechen. Als Vermögensgegenstände werden nicht nur Sachen und Rechte angesehen, sondern auch Güter, die nicht mit einem Recht verbunden sind (z. B. know-how, faktische Nutzungsmöglichkeiten). Allerdings ist nicht jeder wirtschaftliche Vorteil zugleich ein Vermögensgegenstand. Er wird es nur, wenn er selbständig bewertbar und verkehrsfähig ist45. D e r BFH W bezeichnet als Wirtschaftsgut sowohl Sachen und Rechte als auch wirtschaftliche Werte jeder Art, also tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten 45 46

Vgl. Thiel, 3.3.1, S.86f. U. v. 14.11.1978 VIII R 72/76, BStBl. 1979 II S.298 m.w.N.

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Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 4

und Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten läßt und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind. Die Rechtsprechung verlangt somit für die Annahme eines Wirtschaftsgutes nicht die selbständige Verkehrsfähigkeit 4 7 . Es genügt vielmehr ein Vorteil, der nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbar ist, für den der Steuerpflichtige ein gesondertes Entgelt aufgewendet hat und der ihm einen Nutzen über den Bilanzstichtag hinaus erbringt 4 '. Der steuerliche Begriff des Wirtschaftsgutes unterscheidet sich also von dem handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstandes. Das widerspricht dem Maßgeblichkeitsgrundsatz. Aus ihm folgt, wie Schmidt 49 zutreffend ausführt, daß beide Begriffe „notwendig identisch" sein müßten. Der BFH 50 ist der Auffassung, die Begriffe seien identisch; denn der Vermögensgegenstand erfordere genausowenig wie das Wirtschaftsgut eine selbständige Verkehrsfähigkeit. Damit setzt er sich mit dem handelrechtlichen Verständnis vom Vermögensgegenstand in W i d e r spruch, w o n a c h die selbständige Verkehrsfähigkeit begriffsnotwendig ist. In der Praxis führt die Auffassung des B F H zu einer Ausuferung des Wirtschaftsgutbegriffs. J e d e Ausgabe, die auch in späteren Jahren für den Betrieb von N u t z e n sein kann und selbständig bewertbar ist, ist danach zu aktivieren. Die praktischen Konsequenzen zeigen folgende Beispiele: Ein Unternehmer hat in einem Jahr erhebliche A u f w e n d u n g e n für die Durchführung eines Reklamefeldzuges, von dem er sich auch für die Folgejahre Verkaufserfolge verspricht. Der BFH 5 1 hat entschieden, regelmäßig wiederkehrende Kosten für die W e r b u n g seien sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Es liege aber ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut vor, wenn sich, wie bei einer stoßweisen W e r b u n g , die Ausgaben für eine längere Zeit in einem J a h r zusammenballten. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen. Es fehlt bereits an einem feststellbaren Vorteil. Selbst w e n n man ihn bejahte, wäre er nicht selbständig verkehrsfähig. Ein Vermögensgegenstand liegt nicht vor. Ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen mußte wegen steigenden Strombedarfs weitere Transformatorenstationen errichten. Eine Station diente ausschließlich dem Betrieb des A , der dafür an das Versorgungsunternehmen einen verlorenen Baukostenzuschuß i . H . v . 15 000,— D M zahlte. Diesen Betrag setzte er als Betriebsausgabe ab. Das Finanzamt w a r der Auffassung, A müsse den A u f w a n d als Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut aktivieren. 47

48

49

50 51

Vgl. vor allem BFH v. 26.2.1975 I R 72/73, BStBl. 1976 II S. 13, 14. Zum Begriff des Wirtschaftsgutes vgl. Hücker, Der steuerrechtliche Begriff „Wirtschaftsgut", 1980, S. 57ff. m.w.N.; Kruse, JbFfSt 1978/79 S.172, 185; Roland, DB 1981, 173ff.; Schmidt, §5 Anm. 16 m.w.N.; S ö f f i n g , JbFfSt 1978/79 S. 199 ff.; Thiel, 3.3.2, S. 88 ff.; Uelner, StbJb 1980/81 S.385, 389. §5 Anm. 16 a. U. v. 26.2.1975 I R 72/73, BStBl. 1976 II S. 13, 14; vgl. auch Schmidt, §5 Anm. 16 b. U. v. 9 . 1 0 . 1 9 6 2 I 167/62 U, BStBl. 1963 III S . 7 f . m . w . N .

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§15

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Handelsrechtlich liegt kein Vermögensgegenstand vor. Der Vorteil, den A aus der uneingeschränkten Stromversorgung erlangt hat, kann nicht selbständig ohne das Unternehmen übertragen werden. Er erhöht gegebenenfalls den Geschäftswert. Der Große Senat52 und der VI. Senat" des BFH sind anderer Ansicht. Sie meinen, der wirtschaftliche Vorteil der ungestörten Stromversorgung sei nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbar und damit ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut. Dagegen hat der VIII. Senat des BFH 54 einen Zuschuß, den ein Steuerpflichtiger für den Ausbau eines Weges leistete, der ausschließlich seinem betrieblichen Interesse diente, nicht als Wirtschaftsgut, sondern als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe behandelt. Dieser Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Es bleibt aber offen, wieso der BFH diesen Fall anders als den Stromversorgungsfall entschieden hat. Es trifft nicht zu, wie der VIII. Senat meint, daß der Steuerpflichtige durch den Ausbau der Straße einen unentgeltlichen Vorteil erlangt hat. Es wäre daher besser, wenn der B F H seine Entscheidung auf die fehlende Verkehrsfähigkeit des Vorteils gestützt hätte. Der I. Senat des BFH 55 hat sogar einen Wohnungsbauzuschuß, den ein Unternehmer seinem Arbeitnehmer zahlte, als Wirtschaftsgut angesehen. Das ist ein seltsames Ergebnis. Es fehlt nicht nur an der Verkehrsfähigkeit, sondern auch an einem selbständig bewertbaren Vorteil. Das Gefühl des Arbeitnehmers, an den Betrieb gebunden zu sein, kann einen Vorteil, wie der BFH meint, nicht begründen 56 . Die gleichen Unsicherheiten ergeben sich bei der Frage, wie ein Zuschuß zu behandeln sei, den ein Geschäftsmann für den Ausbau einer Fußgängerzone aufgrund einer Beitragssatzung an die Gemeinde zahlt. Das FG Münster 57 hat diesen Zuschuß als sofort abziehbaren Aufwand angesehen, während das FG RheinlandPfalz58 entschieden hat, der Zuschuß sei als aktivierungspflichtiger Aufwand auf den Grund und Boden zu behandeln. Beide Finanzgerichte haben zu Recht ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut verneint; dem Vorteil, den die Geschäftsleute mit dem Ausbaubeitrag erlangten, fehlt die selbständige Verkehrsfähigkeit. Das gilt auch für einen Zuschuß, den eine Brauerei zum Erwerb von Bierlieferungsrechten an Gastwirte leistet. Gleichwohl hat der I. Senat des BFH 5 ' angenommen, das Bierlieferungsrecht sei ein Vermögensgegenstand und deshalb ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut. Damit hat der I. Senat zwar die Identität der Begriffe 52 53 54 55 56 57 58

59

B. v. 3.2.1969 GrS 2/68, BStBl. 1969 II S.291, 292 f. U. v. 26.6.1969 VI 239/65, BStBl. 1970 II S.35, 36 f. U. v. 26.2.1980 VIII R 80/77, BStBl. 1980 II S.687f. U. v. 26.2.1957 I 196/56 U, BStBl. 1957 III S. 160 f. So zu Recht Knobbe-Keuk, §4 IV 1 a, S.49. U. v. 31.3.1978 VII 331/76 E, EFG 1978, S.481. U. v. 29.1.1980 II 280—281/77, EFG 1980, S.277f.; dieser Ansicht ist nunmehr auch der BFH, vgl. U. v. 16.11.1982 VIII R 167/78, BStBl. 1983 II S. 111. U. v. 26.2.1975 I R 72/73, BStBl. 1976 II S. 13, 14.

252

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 4

Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut hergestellt; er hat den Begriff des Vermögensgegenstands an den des Wirtschaftsgutes angepaßt. Das ist aber der falsche Weg. „Der Wirtschaftsgutbegriff des BFH", hat Thiel60 zutreffend ausgeführt, „bietet weniger Rechtssicherheit als das Handelsrecht, das die Verkehrsfähigkeit' zum Prüfstein für das Vorhandensein eines Vermögensgegenstandes macht. Die ,Bewertungsfähigkeit' ist als Entscheidungskriterium zu unbestimmt, . . . " . Deshalb ist der Begriff des Wirtschaftsgutes an den des Vermögensgegenstandes anzugleichen, also die Verkehrsfähigkeit des Vorteils als Voraussetzung für die Annahme eines Wirtschaftsgutes zu fordern". b) Einzelne Wirtschaftsgiiter aa) Materielle Wirtschaftsgüter (1) Grund und Boden und selbständige Gebäudeteile Der Begriff des materiellen Wirtschaftsgutes ist nicht gleichbedeutend mit dem einer Sache i. S. d. § 90 BGB. Dies zeigt z. B. die unterschiedliche Behandlung von Grund und Boden mit einem aufstehenden Gebäude. Bürgerlich-rechtlich liegt eine einheitliche Sache vor, das Gebäude ist wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens, §94 BGB. Steuerrechtlich sind zwei getrennte materielle Wirtschaftsgüter vorhanden. Die Trennung ist insbesondere für die Abschreibung von Bedeutung. Nicht nur Gebäude, sondern auch einzelne Gebäudeteile können selbständige Wirtschaftsgüter sein. Das gilt einmal, wie oben62 bereits ausgeführt, für die einzelnen Stockwerke eines mehrstöckigen Gebäudes. Darüber hinaus sind alle Gebäudeteile selbständige Wirtschaftsgüter, falls sie nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehen, „sondern einem davon verschiedenen Zweck", z. B. „unmittelbar einem in dem Gebäude ausgeübten Betriebe dienen" 63 . Das gilt insbesondere für Betriebsvorrichtungen und Einbauten für vorübergehende Zwecke, Mieterein- und -umbauten sowie Gebäude auf fremdem Grund und Boden. (a) Betriebsvorrichtungen Betriebsvorrichtungen sind nach allgemeinen bewertungsrechtlichen Grundsätzen (§68 Abs. 2 Nr. 2, §99 Abs. 1 N r . 1 BewG) von Grundstücken und Gebäuden abzugrenzen. Sie teilen nicht ihr Schicksal. Ist das zu beurteilende Objekt ein Gebäude, so kann es keine Betriebsvorrichtung sein. Ein Gebäude ist anzunehmen, wenn ein Bauwerk Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend

60

61 62 65

3.3.2, S. 90.

Vgl. auch Knobbe-Keuk, §4 IV 1 a, S.49. Vgl. § 1 5 II 2 b bb, S. 242. B F H v. 26.11.1973 GrS 5/71, BStBl. 1974 II S. 132, 135. 253

§15

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

standfest ist". Zu den Betriebsvorrichtungen können „nur Anlagen gerechnet werden, die in besonderer und unmittelbarer Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehen, das heißt Anlagen, durch die das Gewerbe betrieben wird. Die Tatsache allein, daß bestimmte Anlagen für die Ausübung des Gewerbebetriebs notwendig oder sogar vorgeschrieben sind, macht diese noch nicht zur Betriebsvorrichtung; es muß vielmehr dazu kommen, daß durch den Einsatz dieser Anlage das Gewerbe unmittelbar betrieben wird" 65 . Diese Voraussetzungen sind in der Regel bei Personenaufzügen und Rolltreppen eines Warenhauses, Klima- und Lüftungsanlagen nicht erfüllt. Als Betriebsvorrichtungen werden aber Lastenaufzüge, Hebebühnen, Transportbänder, der Backofen einer Bäckerei, die Kessel- und Kühlanlage einer Schlachterei, die Ladeneinrichtung eines Verkaufsgeschäfts, Verkaufstische, Regale und Schaufensteranlagen eines Kaufhauses angesehen. (b) Einbauten für vorübergehende Zwecke, Mieterein- und -umbauten Einbauten für vorübergehende Zwecke sowie Mieterein- und -umbauten darf der Steuerpflichtige ebenfalls selbständig aktivieren. Voraussetzung ist jedoch, daß die Einbauten unmittelbar besonderen Zwecken dienen und in diesem Sinne in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Funktionszusammenhang stehen". Dies ist häufig beim Einbau von Schallschutzfenstern, der Einrichtung von Schaufensteranlagen und bei der besonderen Ausstattung von Geschäftseinrichtungen der Fall. Hierbei stellt sich die Frage, wer diese selbständigen Wirtschaftsgüter zu aktivieren hat. Sind die Einbauten von vornherein zur vorübergehenden Verbindung mit dem Gebäude bestimmt, bleiben sie Eigentum des Mieters, sie sind bürgerlich-rechtlich Scheinbestandteile, §95 Abs. 2 BGB. Der Mieter (oder Pächter) aktiviert sie als Betriebs- und Geschäftsausstattung. Nach der Auffassung des BFH' 7 muß der Mieter auch die Ein- und Umbauten bilanzieren, die in das Eigentum des Vermieters fallen. Dieser Ansicht ist nur zuzustimmen, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit einen Abfindungsanspruch gegen den Vermieter hat". Ist das nicht der Fall, verbleiben die Ein- und Umbauten des Mieters also entschädigungslos im Eigentum Vermieters, steht dem Mieter kein Wirtschaftsgut zu, das er aktivieren könnte.

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65 64

67 68

BFH v. 24.5.1963 III 140/60 U, BStBl. 1963 III S. 376; vgl. auch den Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen S 3190-1-V 1, BStBl. 1967 II S. 127 ff. BFH v. 5.3.1971 III R 90/69, BStBl. 1971 II S.455. BFH v. 26.11.1973 GrS 5/71, BStBl. 1974 II S. 132, 136; BFH v. 26.2.1975 I R 32/73, BStBl. 1975 II S. 443, 445; BFH v. 21.2.1978 VIII R 148/78, BStBl. 1978 II S.345, 346. U. v. 26.2.1975 I R 32/73, BStBl. 1975 II S. 443 ff. So zutreffend Knobbe-Keuk, §4 IV 1 c, S. 52 ff.

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Gegenstand der Bilanzierung

§ 1 5

II

4

(c) Bauten auf fremdem Grund und Boden Die Frage, wer Bauten auf fremdem Grund und Boden zu bilanzieren hat, ist in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand der Rechtsprechung" gewesen. Sie ist nach wie vor streitig. Es sind drei Fallgruppen zu unterscheiden: — Werden Bauten im Rahmen eines Miet- oder Pachtvertrages auf fremdem Grund und Boden zu einem vorübergehenden Zweck verbunden, so ist der Hersteller des Gebäudes gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des Gebäudes. — Errichtet der Inhaber eines dinglichen Rechts, z . B . ein Nießbraucher, in Ausübung dieses Rechts ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, wird er gemäß § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des Gebäudes. — Wird dagegen ein Gebäude nicht nur vorübergehend mit dem Grund und Boden verbunden, so erwirbt nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB der Grundstückseigentümer auch das Eigentum am Gebäude.

In den beiden ersten Fällen ist der Hersteller des Gebäudes bilanzierungspflichtig. Ihm gehört das Gebäude, er ist nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch bürgerlich-rechtlicher Eigentümer. Bilanzierungsprobleme ergeben sich aber im dritten Fall. Der BFH' C nimmt an, auch hier sei der Hersteller des Gebäudes zur Bilanzierung verpflichtet. Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Dem Ersteller des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden steht, wenn das Gebäude in das Eigentum des Grundstückseigentümers fällt, kein Wirtschaftsgut zu. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn er bei Beendigung des Uberlassungsvertrages einen Ersatzanspruch gegen den Grundstückseigentümer hat. In diesem Falle ist die Forderung, nicht aber ein Recht an dem Gebäude, zu bilanzieren7'. Die Rechtslage ist hier nicht anders als bei den Mieterein- und -umbauten, die in das Eigentum des Vermieters übergehen. (2) Bewegliche Wirtschaftsgüter Die Frage, ob ein bewegliches oder ein unbewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens gegeben ist, ist für die Anwendung des § 6 Abs. 2 EStG von Bedeutung. Nach dieser Vorschrift können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, im Jahr der Anschaffung oder Herstellung als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn die (um die Vorsteuern verminderten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten 800,— D M nicht übersteigen.

" B F H v. 2 6 . 2 . 1 9 7 5 I R 32/73, BStBl. 1975 II S. 443 ff.; B F H v. 1 3 . 7 . 1 9 7 7 1 R 217/75, BStBl. 1978 II S.6ff.; B F H v. 31.10.1978 VIII R 182/75, BStBl. 1979 II S.399ff.; B F H v. 3 1 . 1 0 . 1 9 7 8 VIII R 196/77, BStBl. 1979 II S.401 f. 70 U. v. 2 6 . 2 . 1 9 7 5 I R 32/73, BStBl. 1975 II S.443ff.; v. 31.10.1978 VIII R 182/75, BStBl. 1979 II S.399ff.; v. 31.10.1978 VIII R 196/77, BStBl. 1979 II S.401 f. 71 Knobbe-Keuk, § 4 IV 1 c, S. 52. 255

§15

II 4

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Bewegliche Wirtschaftsgüter i. S. d. § 6 Abs. 2 EStG müssen also selbständige Wirtschaftsgüter sein. O b das der Fall ist, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Es muß sich um Sachen oder Vorteile handeln, die nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertungsfähig sind. Es gilt für das bewegliche Anlagevermögen derselbe Wirtschaftsgutbegriff wie für das unbewegliche. Bewegliche Wirtschaftsgüter sind insbesondere bewegliche Sachen, Scheinbestandteile i. S. d. § 95 BGB, wesentliche Bestandteile eines Gebäudes, wenn sie eine Betriebsvorrichtung bilden, und mit dem Gebäude verbundene Sachen, die keine wesentlichen Bestandteile sind72. Es ist unzulässig, ein einheitliches bewegliches Wirtschaftsgut weiter aufzuteilen, um die einzelnen Teile selbständig abzuschreiben 73 . Selbst wenn man einer Sache die Eigenschaft, ein selbständiges Wirtschaftsgut zu sein, beimißt, sind damit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 EStG noch nicht erfüllt. Diese Bestimmung fordert, zusätzlich, die selbständige Nutzungsfähigkeit eines geringwertigen Wirtschafts gutes. Daran fehlt es nach §6 Abs. 2 Satz 2 EStG, wenn das Wirtschaftsgut nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Dementsprechend sind z. B. genormte Stahlregalteile 74 , Gerüst- und Schalungsteile 75 sowie Vorsatzteile von Werkzeugmaschinen 76 nicht selbständig nutzbar. Dagegen hat der B F H die selbständige Nutzungsfähigkeit von Spinnkannen einer Kammgarnspinnerei 77 , Schriftenminima 78 , Kanaldielen eines Bauunternehmers 7 ', Stahlregalen einer Werkshalle 80 , Straßenleuchten 81 sowie der Erstausstattung des Hotels mit Möbeln, Textilien, Wäsche und Geschirr 82 und einer Kfz-Reparaturwerkstätte mit einer Grundausstattung an Spezialwerkzeugen 83 bejaht 84 . An der selbständigen Nutzungsfähigkeit fehlt es einem Wirtschaftsgut auch dann nicht, „wenn es sich um eine einheitlich gekaufte, in einem bestimmten Stil gehaltene oder nach einem einheitlichen Plan den räumlichen und besonderen Zwecken des Betriebs angepaßte und zu einem einheitlichen Ganzen vereinigte"

72 73

74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84

BFH v. 16.6.1977 III R 76/75, BStBl. 1977 II S.590, 591. Vgl. BFH v. 16.12.1958 I 286/56 S, BStBl. 1959 III S. 77, 79ff.; BFH v. 14.12.1966 VI 245/65, BStBl. 1967 III S.247, 249; vgl. aber auch Ga.il, BB 1977, 135 ff. BFH v. 26.7.1979 IV R 170/74, BStBl. 1980 II S.176, 179 f. BFH v. 18.12.1956 I 84/56 U, BStBl. 1957 III S.27, 28. BFH v. 28.2.1961 I 13/61 U, BStBl. 1961 III S.383, 384. BFH v. 9.12.1977 III R 94/76, BStBl. 1978 II S. 322 f. BFH v. 18.11.1975 VIII R 9/73, BStBl. 1976 II S.214, 215f. BFH v. 28. 7.1976 I R 232/74, BStBl. 1977 II S. 144 f. BFH v. 26.7.1979 IV R 170/74, BStBl. 1980 II S. 176, 178 ff. BdF-Schreiben v. 11.3.1977 IV B 2 — S 2180 — 5/77, BStBl. 1977 I S. 88. BFH v. 17.5.1968 VI R 113/67, BStBl. 1968 II S.566. BFH v. 17.5.1968 VI R 19/68, BStBl. 1968 II S.571. Wegen weiterer Nachweise vgl. Bordewin in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, §6 Rz. 185 i.

256

§15

Gegenstand der Bilanzierung

II 4

Einrichtung handelt85. Das hat z.B. das Hessische Finanzgericht 86 für serienmäßig hergestellte Stahlmöbel einer Büroeinrichtung angenommen. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung 87 für die „Stühle einer Gaststätte, deren Rückenlehnen mit dem Zeichen einer Brauerei und anderen auf die Brauerei hinweisenden Schnitzereien versehen sind"88. Ebenso ist ein Kinogestühl, bei dem „die Summe der Stühle schon äußerlich als einheitliches Ganzes in Erscheinung" tritt und die einzelnen Sitze „mit den anderen Sitzen einer Reihe auch technisch verbunden" sind, ein einheitliches Wirtschaftsgut, der einzelne Stuhl ist also nicht selbständig nutzbar 89 .

bb) Immaterielle

Wirtschaftsgüter

Immaterielle Wirtschaftsgüter sind, von Geldforderungen und Anteilen an Kapitalund Personengesellschaften abgesehen, alle unkörperlichen Wirtschaftsgüter. Zu den immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gehören insbesondere der Geschäftswert, gewerbliche Schutzrechte, Patente, Lizenzen, Bierlieferungsrechte, dingliche und obligatorische Nutzungswerte, Optionsrechte, Vorkaufsrechte, Rechte aus Wettbewerbsverboten, soweit sie nicht unselbständiger Teil eines erworbenen Geschäftswerts sind90. Entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter muß der Unternehmer aktivieren (§ 5 Abs. 2 EStG), unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter darf er dagegen nicht bilanzieren. Das Aktivierungsverbot derartiger Wirtschaftsgüter beruht auf dem Vorsichtsprinzip. Bei unentgeltlich erworbenen immateriellen Wirtschaftsgütern hat sich ein Wert noch nicht gebildet, ein Wertansatz wäre also willkürlich; solche Wirtschaftsgüter könnten wertlos sein. Ein immaterielles Wirtschaftsgut ist entgeltlich erworben, wenn ein (entgeltlicher) abgeleiteter Erwerb vorliegt. Es reicht also nicht aus, daß dem Steuerpflichtigen für die Herstellung des Wirtschaftsgutes Aufwendungen entstanden sind. Erhält er unentgeltlich (durch Schenkung oder von Todes wegen) ein immaterielles Wirtschaftsgut, so ist zwar ein abgeleiteter Erwerb gegeben, gleichwohl darf er dieses Wirtschaftsgut aber nicht aktivieren; er hat es unentgeltlich erlangt. Die Bedeutung des § 5 Abs. 2 EStG zeigt sich bei der Behandlung des Firmenwerts (Geschäftswert). „Der Geschäftswert i s t . . . der Mehrwert, der einem Unternehmen über die sonstigen aktivierten Wirtschaftsgüter (abzüglich der Schulden) hinaus innewohnt und dessen Bedeutung darin liegt, daß er aufgrund der in ihm 85

86 87

88 89

90

BFH v. 19.11.1953 IV 360/53 U, BStBl. 1954 III S. 18, 19; BFH v. 29. 7.1966 IV R 138/66, BStBl. 1967 III S. 61, 62. U. v. 13.12.1957 I 343/56, EFG 1958 S.46. BFH v. 17.5.1968 VI R 227/67, BStBl. 1968 II S.567, 568.

A.A. Bordewin

in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin,

§6 Rz. 185i.

RFH v. 28.9.1938 VI 389/38, RStBl. 1939 S.84; BFH v. 29.7.1966 IV R 138/66, BStBl. 1967 III S.61, 62; vgl. ferner Abschnitt 40 EStR. Vgl. BFH v. 25.1.1979 IV R 21/75, BStBl. 1979 II S. 369 ff.; vgl. auch die Nachweise bei

Schmidt, §5 Anm. 21. 257 17

Tiedtke, Einkommensteuer

§15

II 5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

enthaltenen Vorteile (Ruf des Unternehmens, Kundenkreis, Absatzorganisation usw.) die Erträgnisse des Unternehmens früher oder zumindest gesicherter erscheinen läßt als bei einem Unternehmen mit sonst gleichen Wirtschaftsgütern, bei dem jene Vorteile fehlen" 91 . Der Geschäftswert kann selbst geschaffen (originär) oder erworben (derivativ) sein. Die Aktivierung des selbstgeschaffenen Firmenwerts ist unzulässig. Ist der Geschäftswert aber im Rahmen einer Unternehmensübertragung (entgeltlich) erworben worden, besteht zwar handelsrechtlich ein Aktivierungswahlrecht, §153 Abs. 5 Satz 2 AktG, steuerrechtlich aber eine Aktivierungspflicht, § 5 Abs. 2 EStG. 5. Bilanzierungsfähige Passivposten Auf der Passivseite der Bilanz werden das Eigen- und das Fremdkapital (Schulden), die Wertberichtigungen und die (passiven) Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen. a)

Eigenkapital

Das Eigenkapital ist, wie bereits dargelegt92, das wertmäßige Betriebsvermögen, also die Differenz zwischen den Besitzposten und den Schulden. Zum Eigenkapital gehören auch die Rücklagen. Eine offene Rücklage entsteht vor allem durch Gewinnthesaurierung, also dadurch, daß Gewinne nicht oder nicht vollständig ausgeschüttet werden. In bestimmten Fällen (§150 AktG) besteht eine gesetzliche Verpflichtung, eine (gesetzliche) Rücklage zu bilden. Im übrigen ist der Steuerpflichtige berechtigt, nicht ausgeschüttete Gewinne freiwillig einer Rücklage zuzuführen, §58 AktG. Wird der Gewinn nicht ausgeschüttet und auch nicht den Rücklagen zugeführt, so wird er in der Bilanz als Gewinnvortrag ausgewiesen. In diesem Fall bleibt der Kapitalgesellschaft die volle Verfügungsmacht über den nicht ausgeschütteten Gewinn erhalten, während eine offene Rücklage nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgelöst werden darf, §58 Abs. 5, §§229 ff. AktG. Ein Gewinnvortrag kürzt allerdings nicht, wie eine gebildete Rücklage, den aktienrechtlichen Bilanzgewinn, §157 Abs. 1 N r . 31 AktG. Steuerrechtlich bestehen keine Unterschiede. Auch die gebildete (offene) Rücklage zählt zum steuerpflichtigen Gewinn. Anders ist es bei den steuerfreien Rücklagen. Sie mindern den steuerpflichtigen Gewinn. Das führt in der Regel zwar nicht endgültig zu einer Steuerersparnis, weil die steuerfreien Rücklagen nach Ablauf einer bestimmten Zeit gewinnerhöhend aufzulösen sind, hat aber für den Steuerpflichtigen den Vorteil, daß er zunächst geringere Steuern zu zahlen braucht; die steuerfreie Rücklage gewährt ihm also einen zinslosen Kredit. 91 92

B F H v. 1 8 . 1 . 1 9 6 7 I 77/64, BStBl. 1967 III S. 334 f. Vgl. dazu §11 III 2, S. 152.

258

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II

5

Als steuerfreie Rücklagen kommen vor allem die Zuschußrücklage (Abschnitt 34 Abs. 3 EStR), die Rücklage für Ersatzbeschaffung (Abschnitt 35 EStR), die Preissteigerungsrücklage (§ 74 EStDV), die Reinvestitionsrücklage nach § 6 b, c EStG und die Insolvenzrücklage nach § 6 d EStG in Betracht. b)

Fremdkapital

Zum Fremdkapital gehören die Verbindlichkeiten und die Rückstellungen. aa) Verbindlichkeiten Eine Verbindlichkeit ist zu passivieren, wenn am Bilanzstichtag eine Leistungspflicht gegenüber einem Dritten besteht und diese dem Grunde und der Höhe nach feststeht. Genauso wie der Steuerpflichtige alle Aktiva zu bilanzieren hat, muß er grundsätzlich auch alle Passiva ausweisen. Eine Ausnahme besteht jedoch für Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften, solange und soweit sie beiderseits noch nicht erfüllt sind und sich gleichwertig gegenüberstehen' 3 . Bestehen Zweifel an der Verbindlichkeit selbst oder an ihrer Höhe, so ist die Verbindlichkeit als Rückstellung anzusetzen. Entscheidend ist, daß die Verpflichtung bereits begründet worden ist, auf die Fälligkeit kommt es nicht an. Kann ein Schuldner sich gegenüber seinem Gläubiger auf die Verjährung der geltendgemachten Forderung berufen, so hängt die Passivierung seiner Schuld davon ab, ob er sich auf die Verjährung berufen wird. Eine Passivierungspflicht besteht nur, falls der Schuldner bereit ist, die Verbindlichkeit trotz der eingetretenen Verjährung zu erfüllen. Macht er jedoch die Verjährungseinrede geltend, vernichtet dies zwar rechtlich die Verbindlichkeit nicht, wirtschaftlich gesehen schuldet er aber nichts mehr, so daß sich ein Ausweis der Verbindlichkeit in der Bilanz verbietet. Aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten, also Verpflichtungen aus einer Bürgschaftsübernahme oder aus der wechselrechtlichen Rückgriffshaftung, sind erst zu passivieren, wenn die Bedingung eintritt. Ist der Eintritt der Bedingung am Bilanzstichtag sicher, so kann eine Verbindlichkeit angesetzt werden. Anderenfalls ist eine Rückstellung zu bilden". bb) Rückstellungen Rückstellungen sind passive Bilanzposten, die das Betriebsvermögen mindern. Sie wirken wie Ausgaben, vermindern also den Gewinn. Rückstellungen haben die Aufgabe, Aufwendungen, die erst in einer späteren Periode zu einer Ausgabe führen, dem Zeitraum ihrer Verursachung zuzurechnen.

,J 94

Vgl. dazu Schmidt, §5 Anm. 14 a m. w. N . Vgl. Knobbe-Keuk, §4 V 3, S.62. 259

17*

§15

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Rückstellungen darf der Steuerpflichtige nur bilden, wenn das Gesetz dies zuläßt. Das ist für das Handelsrecht in § 152 Abs. 7 AktG geregelt, der für alle Kaufleute'5 gilt, also nicht auf Aktiengesellschaften beschränkt ist. Die Grundsätze dieser Bestimmung gelten über den Maßgeblichkeitsgrundsatz auch für das Steuerrecht. Nach § 152 Abs. 7 AktG können Rückstellungen gebildet werden für — ungewisse Verbindlichkeiten, — drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, — im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, — Gewährleistungen, die der Unternehmer ohne rechtliche Verpflichtung erbringen will.

Die Bildung von Rückstellungen für andere Zwecke ist ausdrücklich durch § 152 Abs. 7 Satz 3 AktG untersagt. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Aufwandrückstellungen. Es ist also unzulässig, für eine beabsichtigte Geschäftsverlegung, für Reparaturen an eigenen Gebäuden oder für das allgemeine Unternehmerwagnis eine Rückstellung zu passivieren". Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften müssen, entgegen § 152 Abs. 7 AktG, gebildet werden. Es besteht eine Pflicht zur Passivierung97. Dies ergibt sich aus dem Vorsichtsprinzip, nach dem auch die Schulden vollständig in der Bilanz auszuweisen sind. Bei den Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung und für freiwillig erbrachte Gewährleistungen bleibt es beim Wortlaut des § 152 Abs. 7 AktG. Für diese Zwecke darf der Steuerpflichtige Rückstellungen ausweisen, es besteht also ein Passivierungswahlrecht. Bildet er keine Rückstellung, verstößt er nicht gegen das Vorsichtsprinzip. Es existiert hier (anders als bei den ungewissen Verbindlichkeiten und drohenden Verlusten) keine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten, sondern lediglich eine wirtschaftliche Verpflichtung gegenüber dem eigenen Unternehmen. Die Rückstellungen nach § 152 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 und 2 AktG sind (ausnahmsweise zugelassene) reine Aufwandrückstellungen. Die Höhe einer Rückstellung richtet sich nach der sinngemäßen Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG, eine Rückstellung ist also mit den Anschaffungskosten oder mit dem höheren Teilwert anzusetzen, der dem Betrag entspricht, der bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wahrscheinlich zu leisten ist, §156 Abs. 4 AktG. Eine Rückstellung ist erfolgswirksam aufzulösen, wenn die Voraussetzungen für ihre Bildung weggefallen sind. (1) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit kann einmal gebildet werden, 95

% 97

B F H v . 18.6.1980 1 R 72/76, BStBl. 1980 II S. 741, 742; vgl. Knobbe-Keuk, m.w. N . ; Schmidt, § 5 Anm. 38. Vgl. Thiel, 3.8, S.107f. m . w . N . B F H v. 13.11.1975 IV R 170/73, BStBl. 1976 II S. 142, 145.

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§ 4 V 4, S. 66 f.

Gegenstand der Bilanzierung

§15

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w e n n bereits eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten entstanden, ihre H ö h e aber u n g e w i ß ist. Ist die Verbindlichkeit bis z u m Bilanzstichtag noch nicht begründet, besteht also eine U n g e w i ß h e i t dem Grunde und der H ö h e nach, so darf der Steuerpflichtige eine Rückstellung passivieren, wenn die Verbindlichkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit entstehen w i r d und auf wirtschaftlichen Umständen beruht, die vor dem Bilanzstichtag liegen, die Verbindlichkeit also bereits vor dem Bilanzstichtag w i r t schaftlich verursacht ist' 8 . Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Entstehen einer Verbindlichkeit ist gegeben, wenn ein sorgfältiger und gewissenhafter Kaufmann aufgrund der ihm bis zur Bilanzaufstellung bekannten Umstände ernsthaft damit rechnet, in Anspruch genommen zu werden". Der Steuerpflichtige hat eine R ü c k stellung zu bilden, falls er für das abgelaufenen J a h r aufgrund einer A u ß e n p r ü f u n g ernsthaft mit Steuernachforderungen des Finanzamts rechnen muß™. Die bloße Möglichkeit, eine Verbindlichkeit werde entstehen, genügt nicht für die Bildung einer Rückstellung. So reicht die allgemeine Erfahrung, bei einer A u ß e n p r ü f u n g sei in der Regel mit Steuernachforderungen zu rechnen, nicht aus, u m eine Rückstellung auszuweisen 101 . Eine Verbindlichkeit ist wirtschaftlich im abgelaufenen Veranlagungszeitraum verursacht, w e n n der Tatbestand, an den das Gesetz oder der Vertrag die Verpflichtung knüpft, im wesentlichen verwirklicht ist und die Ereignisse, die z u m Entstehen der Verpflichtung führen, dem Wirtschaftsjahr zuzurechnen sind, für das die Rückstellung gebildet werden soll102. Diese Voraussetzungen sind z. B. erfüllt, falls ein Unternehmer seinen Arbeitnehmern eine Gewinnbeteiligung zusagt, sie aber erst im folgenden J a h r auszahlt. Das gleiche gilt für die gewinnabhängigen Tantiemen für leitende Angestellte und die Umsatzprovision an Verkäufer, soweit sie nach dem Bilanzstichtag geleistet werden1™. Nach Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung 104 hat der BFH 105 entschieden, daß Jahresabschlußkosten, Jahresabschlußprüfungskosten und Steuererklärungskosten in dem Veranlagungszeitraum w i r t schaftlich verursacht sind, für den der Jahresabschluß und dessen Prüfung durchzuführen und die Steuererklärung abzugeben ist. Für derartige Verbindlichkeiten sind also Rückstellungen zulässig.

BFH v. 20.3.1980 IV R 89/79, BStBl. 1980 II S.297, 298; BFH v. 4.12.1980 IV B 35/80, BStBl. 1981 II S. 266, 267; Schmidt, §5 Anm. 41 m.w.N. w Vgl. Schmidt, §5 Anm. 40. 100 Vgl. BFH v. 18.7.1973 I R 11/73, BStBl. 1973 II S. 860, 862. 101 BFH v. 13.1.1966 IV 51/62, BStBl. 1966 III S. 189 f. 102 Vgl. BFH v. 7.3.1973 I R 48/69, BStBl. 1973 II S. 565, 566; BFH v. 20.3.1980 IV R 89/79, BStBl. 1980 II S.297, 298f.; BFH v. 4.12.1980 IV B 35/80, BStBl. 1981 II S.266, 267; Schmidt, §5 Anm. 41. 103 Vgl. Knobbe-Keuk, §4 V 4b, S.67. 104 BFH v. 26.10.1977 I R 148/75, BStBl. 1978 II S.97, 99. 105 U. v. 20.3.1980 IV R 89/79, BStBl. 1980 II S.297, 298; v. 23.7.1980 I R 28/77, BStBl. 1981 II S. 62; v. 23.7.1980 I R 30/78, BStBl. 1981 II S.63. 261

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

An der wirtschaftlichen Verursachung im abgelaufenen Wirtschaftsjahr fehlt es, falls ein Fußball-Bundesliga-Verein seinen Spielern und dem Trainer Sonderprämien für den Fall zusagt, daß der Verein deutscher Meister oder Vizemeister wird106; der Tatbestand, die Erringung der Meisterschaft, wird erst nach dem Bilanzstichtag verwirklicht. Streitig ist, ob vor Beendigung des Vertragsverhältnisses für den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nach § 89 b H G B eine Rückstellung gebildet werden darf. Der BGH 1 0 7 hat eine Rückstellung zugelassen. Er nimmt an, die Verbindlichkeit sei vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht. „Wenn auch der Ausgleich erst nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses verlangt werden kann", führt der B G H aus, „so hat er doch seinen Grund in den während der Dauer des Vertragsverhältnisses geschaffenen Kundenbeziehungen. Vor der Beendigung des Vertreterverhältnisses wird bereits der Tatbestand verwirklicht, aus dem der Ausgleichsanspruch fließt"™. Der BFH 1 0 ' hält die Bildung einer Rückstellung für unzulässig. Eine Verbindlichkeit bestehe am Bilanzstichtag rechtlich nicht und sei auch wirtschaftlich noch nicht verursacht. Der Handelsvertreter erhalte gemäß § 8 9 b H G B einen Ausgleich für den Erfolg, der aus den Geschäften erzielt werde, die erst nach seinem Ausscheiden abgeschlossen werden. Die Auffassung des B F H überzeugt nicht. Der wirtschaftliche Grund für den Anspruch des Handelsvertreters nach § 89 b H G B liegt in der Tätigkeit des Handelsvertreters. Diese hat er vor und nicht nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses erbracht. Es ist somit der Auffassung des B G H zuzustimmen110. Rückstellungen wegen der Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte darf der Steuerpflichtige nach § 5 Abs. 3 EStG erst passivieren, wenn der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist. Außer in den bereits dargestellten Fällen kommt eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten vor allem für die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr zu zahlende Gewerbesteuer, für Schadensersatzverpflichtungen, für eine wahrscheinliche Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft oder einer Wechselverpflichtung und für Garantieleistungen in Betracht. Eine Rückstellung kann auch für eine Pensionsverpflichtung gebildet werden, § 6 a EStG; es handelt sich ebenfalls um eine ungewisse Verbindlichkeit. Für die Pensionsrückstellungen gelten aber Besonderheiten. 106

107 108 1OT

110

Vgl. den Erlaß des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen v. 2 6 . 7 . 1 9 7 4 — S 2170 — 50 — VB 1, D B 1974, 2085. N J W 1966, 2055. BGH, N J W 1966, 2055. U. v. 2 4 . 6 . 1 9 6 9 I R 15/68, BStBl. 1969 II S. 581; v. 28.4.1971 I R 39, 40/70, BStBl. 1971 II S. 601; v. 4 . 1 2 . 1 9 8 0 IV B 35/80, BStBl. 1981 II S.266; v. 2 0 . 1 . 1 9 8 3 IV R 168/81, BStBl. 1983 II S. 375. Ebenso Knobbe-Keuk, § 4 V 4 b , S.68.

262

§15

Gegenstand der Bilanzierung

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(anders als bei Gemäß § 6 a Abs. 1 S. 1 EStG besteht für eine Pensionsrückstellung den übrigen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten) ein Passivierungswahlrecht. Damit wollte der Gesetzgeber dem Unternehmer den Entschluß zur Übernahme von Pensionsverpflichtungen erleichtern111. Dieses Wahlrecht widerspricht den Prinzipien der Steuerbilanz11!. Von Kritikern 1 " wird wegen des Spielraums bei der Bildung von Pensionsrückstellungen von einem „idealen Verschiebebahnhof" für Gewinne gesprochen. Das hat der Gesetzgeber offenbar in Kauf genommen. Eine Pensionsrückstellung darf der Unternehmer (aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes) in der Steuerbilanz nur ausweisen, wenn sie auch in der Handelsbilanz gebildet worden ist. Nach § 6 a Abs. 1 EStG ist er berechtigt, eine Rückstellung zu passivieren, wenn — der Pensionsberechtigte einen Anspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat, — die Pensionszusage keinen Vorbehalt enthält, daß die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist und — die Pensionszusage schriftlich ertei.'t ist.

Pensionsverbindlichkeiten entstehen durch die rechtsverbindliche Zusage des Arbeitgebers, dem Berechtigten nach der Beendigung seines aktiven Dienstes ein Ruhegeld zu zahlen. Pensionsberechtigt ist aber nicht, wie in der Rechtslehre114 teilweise angenommen wird, jede Person, die eine Pensionszusage erhält. Eine Pensionsverpflichtung muß, damit sie überhaupt passiviert werden kann, betrieblich veranlaßt sein. Deshalb ist es erforderlich, daß sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder eines anderen Rechtsverhältnisses begründet wird, aufgrund dessen der Pensionsberechtigte für das Unternehmen tätig war115. Eine Pensionsrückstellung kann auch zugunsten eines Arbeitnehmerehegatten gebildet werden. Voraussetzung116 ist jedoch, daß neben den Anforderungen des § 6 a Abs. 1 EStG 1. eine ernstlich gewollte, klar und eindeutig vereinbarte Verpflichtung vorliegt, 2. die Zusage dem Grunde nach üblich und der Höhe nach angemessen ist und 3. der Arbeitgeberehegatte tatsächlich mit der Inanspruchnahme aus der gegebenen Pensionszusage rechnen muß.

111

BT-Drucksache 7/1281 S.37.

112

Vgl. auch Knobbe-Keuk,

113

Vgl. Erhard, A - B - C der Rückstellungen und Rücklagen nach Handels- und Steuerrecht, 1977, S. 129, Fn. 13.

,u

Vgl. Blümich/Falk, §6a Rz. 447, 449. Vgl. Schmidt/Seeger, § 6 a Anm. 6 m. w. N.

115 116

§4 V 4 b, S. 70 m. w. N.; Thiel, 3.8.1, S. 112.

Vgl. BdF-Schreiben v. 1 . 2 . 1 9 7 7 IV B 1 — S 2176 — 6/77, BStBl. 1977 I S.56f.

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II 5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Die Pensionszusage ist dem Grunde nach üblich und der H ö h e nach angemessen, falls ein Vergleich ergibt, daß familienfremde Arbeitnehmer in demselben Betrieb oder in einem Vergleichsbetrieb bei gleichwertiger oder geringerwertiger Tätigkeit ebenfalls Pensionszusagen erhalten, wie sie dem Arbeitnehmerehegatten gewährt w e r d e n . Fehlt es an einer Vergleichsmöglichkeit, so ist die Pensionszusage der H ö h e nach nur dann angemessen, wenn die zugesagten Pensionsleistungen — zusammen mit einer zu erwartenden Sozialversicherungsrente — 75 % des letzten steuerlich anzuerkennenden Arbeitslohns des Arbeitnehmerehegatten nicht übersteigen 117 . A n der tatsächlichen Inanspruchnahme des Arbeitgeberehegatten w i r d es in der Regel fehlen, w e n n der Bestand des Unternehmens, wie z. B. bei Freiberuflern, von seiner Arbeitskraft abhängt oder der Arbeitnehmerehegatte erheblich jünger als der Arbeitgeberehegatte ist und der Arbeitnehmerehegatte später das Unternehmen weiterführen wird 1 1 '. Grundsätzlich ist die Bildung einer Pensionsrückstellung auf die Pensionsaltersgrenze von 60 Jahren bei Frauen und 63 Jahren bei Männern anerkannt. Pensionsrückstellungen zugunsten eines Mitunternehmers einer Personengesellschaft sind unzulässig" 9 . Die Pensionszusage an einen Mitunternehmer ist eine Gewinnverteilungsabrede i. S.d. § 15 Abs. 1 N r . 2 EStG. Sie kann daher, ebenso wie die Geschäftsführergehälter, nicht abzugsfähig sein. Das gleiche gilt für eine G m b H & C o . KG, falls der Geschäftsführer der G m b H zugleich Kommanditist der KG ist120. Hat die Personengesellschaft einem Arbeitnehmer eine Pensionszusage erteilt und eine Rückstellung dafür gebildet, braucht sie diese auch dann nicht aufzulösen, wenn der begünstigte Arbeitnehmer als Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen wird 121 . Pensionsrückstellungen zugunsten eines beherrschenden GesellschafterGeschäftsführers einer Kapitalgesellschaft wurden ursprünglich ebenfalls als unzulässig angesehen 122 , weil sie in der Regel nicht tatsächlich gezahlt würden und es im übrigen im Belieben des Begünstigten stehe, ob er die Pensionszusage ändere oder widerrufe. Z w a r hat das Bundesverfassungsgericht 1 2 5 diese Rechtsprechung für verfassungsmäßig erachtet, gleichzeitig aber angeregt, eine Pensionsrückstellung für ein höheres Alter als das regelmäßige Pensionsalter zuzulassen. Dem ist der BFH 124 gefolgt. Er nahm an, der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer stelle erst im Alter von 75 Jahren seine Tätigkeit ein, so daß auf dieses Pensionierungsalter eine 117 118

119 120 121 122

12) 124

Vgl. BdF-Schreiben, a.a.O. (Fn. 116), Abschnitt I, Abs.4 S.3, S.57. Vgl. BdF-Schreiben, a.a.O. (Fn. 116), Abschnitt I, Abs.5, S.57 und dazu Blümich/Falk, § 6 a Rz. 620ff. BFH v. 21.12.1972 IV R 53/72, BStBl. 1973 II S.298, 300 ff. BFH v. 22.1.1970 IV R 47/68, BStBl. 1970 II S.415, 416. BFH v. 8.1.1975 I R 142/72, BStBl. 1975 II S.437, 438 f. BFH v. 15.4.1958 I 128/57 U, BStBl. 1958 III S.428, 429; vgl. auch BFH v. 5. 5.1959 I 11/ 58 S, BStBl. 1959 III S.369, 371 f.; BFH v. 4.8.1959 I 4/59 S, BStBl. 1959 III S.374f. B. v. 1 1 . 1 1 . 1 9 6 4 1 BvR 488/62, 1 BvR 562/63, 1 BvR 216/64, HFR 1965, 92, 96. U. v. 15.12.1965 I 193/62 S, BStBl. 1966 III S.202, 204ff.; v. 20.6.1974 I R 112/72, BStBl. 1974 II S. 694 f.

264

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 5

Pensionsrückstellung zulässig sei. Da diese Annahme genauso unzutreffend war wie die Erwägungen, Pensionen an Gesellschafter-Geschäftsführer würden in der Regel nicht tatsächlich gezahlt, hat der I.Senat des BFH125 zu Recht durch Urteil vom 28.4.1982 die bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, auch bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft sei grundsätzlich der in der Pensionszusage vorgesehene Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles (in der Regel das 65. Lebensjahr) maßgebend, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalles gewichtige Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit der Bestimmung des Pensionsalters ergäben. (2) Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Grundsätzlich werden schwebende Geschäfte (darunter versteht man Geschäfte, die von keiner Vertragspartei vollständig erfüllt worden sind) nicht bilanziert. V verkauft an K am 1.12.00 Waren für 10 000,— DM, Lieferung und Zahlung erfolgen am 1.4.01.' V könnte die Kaufpreisforderung aktivieren und eine gleichhohe Lieferverpflichtung passivieren. K könnte entsprechend verfahren.

Ein solches Vorgehen würde jedoch die Bilanz unnötig verlängern. Bei schwebenden Geschäften geht man vielmehr davon aus, daß sich Aktivwert und Passivwert entsprechen, so daß auf die Bilanzierung verzichtet werden kann. Zu bilanzieren sind lediglich geleistete und empfangene Anzahlungen. Drohen aus einem schwebenden Geschäft allerdings Verluste, so muß der Steuerpflichtige eine Rückstellung bilden. Dies gebietet das Imparitätsprinzip, wonach drohende Verluste durch die Bildung einer Rückstellung in der Bilanz zu berücksichtigen sind. Es sind drohende Verluste aus Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäften zu unterscheiden. Bei schwebenden Anschaffungsgeschäften wird ein berücksichtigungspflichtiger Verlust angenommen, wenn der Teilwert des angeschafften, aber noch nicht gelieferten Wirtschaftsgutes am Bilanzstichtag niedriger ist als die Kaufpreisschuld. K kauft am 1.10.00 eine Buchungsmaschine für 50000,— DM, die am 1.3.01 geliefert werden soll. Am 31.12.00 (Bilanzstichtag) erkennt K, daß er eine bessere Maschine für 30 000,— D M hätte erwerben können. K hat eine Rückstellung wegen des drohenden Verlustes i. H . v . 20000,— DM zu bilden. Dies beruht darauf, daß er die Maschine, wenn sie am Bilanzstichtag bereits geliefert worden wäre, gemäß §6 Abs. 1 N r . 2 EStG auf den niedrigeren Teilwert von 30000,— DM abschreiben müßte. Wird sie erst im nächsten Jahr geliefert, müßte er, da eine dauernde Wertminderung eingetreten ist, die Maschine zum nächsten Bilanzstichtag ebenfalls mit dem niedrigeren Teilwert ansetzen, §154 Abs.2 Satz 1 2.Halbsatz AktG, §6 Abs. 1 N r . 1 Satz 2 EStG. Für diesen drohenden Verlust ist daher bereits zum Bilanzstichtag auf den 31.12.00 eine Rückstellung zu bilden126. 125 126

I R 51/76, BStBl. 1982 II S.612. Vgl. Thiel, 3.8.3.2, S. 116. 265

§15

II 5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Bei schwebenden Veräußerungsgeschäften ist dann eine Rückstellung wegen drohender Verluste zu passivieren, falls der eigene A u f w a n d für das schwebende Geschäft nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag höher ist als der zu erwartende Ertrag. U verkauft als Zwischenhändler am 1.11.00 Ware für 100,— DM pro Einheit, die er bisher für 90,— DM eingekauft hat. Die Ware wird am 1.2.01 geliefert. Am Bilanzstichtag erkennt er, daß er nunmehr für die Ware einen Einkaufspreis von a) 95 — DM b) 105,— DM entrichten muß. Im Fall a) erzielt U zwar nicht den erhofften Gewinn, er erleidet aber auch keinen Verlust aus dem Geschäft. Er darf keine Rückstellung bilden. Im Fall b) ist i. H. v. 5,— DM pro Einheit eine Rückstellung für den drohenden Verlust anzusetzen. D i e Beispiele zeigen, daß nur ein eintretender Verlust, nicht aber die Minderung des erwarteten Gewinns, zur Bildung einer Rückstellung berechtigt 127 . Schwierigkeiten können sich bei der Ermittlung der zu bildenden Rückstellungen bei Fertigungsbetrieben ergeben. E s ist streitig, nach welcher Kostenmethode, der Voll- oder der Teilkostenmethode, der Verlust zu bemessen ist128. (3) Rückstellungen für unterlassene A u f w e n d u n g e n In der Handelsbilanz ist es erlaubt, Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene A u f w e n d u n g e n für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, auszuweisen, § 1 5 2 A b s . 7 Satz 2 N r . 1 A k t G . Diese gesetzliche Regelung geht auf die Rechtsprechung des B F H 1 2 ' zurück, der allerdings gefordert hat, daß die Instandhaltungsarbeiten innerhalb von 3 Monaten nach dem Bilanzstichtag nachgeholt werden müßten. D e n Rückstellungen, die handelsrechtlich nach § 152 A b s . 7 Satz 2 N r . 1 A k t G zu passivieren sind, liegen keine Verbindlichkeiten gegenüber Dritten zugrunde. E s handelt sich vielmehr u m reine Aufwandrückstellungen, die den Zweck haben, einen künftigen A u f w a n d vorwegzunehmen. D e r BFH 1 5 0 hat nunmehr Bedenken geäußert, o b derartige Rückstellungen zulässig seien, weil keine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten, sondern nur eine betriebswirtschaftliche Verpflichtung gegen den Unternehmer selbst bestehe. In der Rechtslehre'" ist diese Frage streitig.

127 128

129 130

131

Vgl. Thiel, 3.8.3, 3.8.3.1, S.113ff. Vgl. zu dieser Streitfrage BFH v. 19.1.1972 I 114/65, BStBl. 1972 II S.392, 395; BdFSchreiben v. 14.6.1974 — IV B 2 — S 2137 — 23/74, BB 1974, 821 ; Friederich, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für schwebende Geschäfte, 1975, S. 66 ff. ; Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 2. Aufl. 1970, S. 256ff.; Thiel, 3.8.3.1, S. 114 ff. Vgl. U. v. 15.2.1955 I 54/54 U, BStBl. 1955 III S. 172f. U. v. 16.5.1973 I R 186/71, BStBl. 1974 II S.25, 26; v. 19.3.1975 I R 182/73, BStBl. 1975 II S. 535; v. 26.5.1976 I R 80/74, BStBl. 1976 II S.622, 623. Vgl. Knohbe-Keuk, §4 V b ff, S. 72; Schmidt, §5 Anm.45.

266

Gegenstand der Bilanzierung

§15

II 5

Nach einer Auffassung 132 wird die Passivierung für unzulässig gehalten, weil sie gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstoße. Nach anderer Ansicht 1 " ist die Bildung einer Rückstellung nach § 152 Abs. 7 Satz 2 N r . 1 AktG auch steuerlich (ohne Beschränkung auf die 3-Monatsfrist) zulässig. Dieser Meinung ist zu folgen. Zwar sind Aufwandrückstellungen grundsätzlich unzulässig, § 152 Abs. 7 Satz 3 AktG, das Gesetz läßt aber in § 152 Abs. 7 Satz 2 N r . 1 AktG diese beiden Ausnahmen zu. Ihre Bildung verstößt daher nicht gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. (4) Rückstellungen für Gewährleistungen Bei den Rückstellungen für Gewährleistungen sind zwei Fälle zu unterscheiden. Die Gewährleistungen können auf einer rechtlichen Verpflichtung beruhen oder freiwillig (Kulanzleistungen) erbracht werden. In beiden Fällen ist (Passivierungspflicht) eine Rückstellung zu bilden. Es handelt sich jeweils um eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit. Im ersten Fall besteht eine rechtliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten, § 152 Abs. 7 Satz 1 1. Alternative AktG; im zweiten Fall ist nur eine tatsächliche Verpflichtung vorhanden. Diese steht aber, wenn der Kaufmann sich ihrer nicht entziehen kann und will, wegen des faktischen Leistungszwanges einer rechtlichen Verpflichtung gleich134. §152 Abs. 7 Satz 2 N r . 2 AktG, der eine Rückstellung für Gewährleistungen, die der Unternehmer ohne rechtliche Verpflichtung erbringt, ausdrücklich zuläßt, hat somit lediglich klarstellende Bedeutung. c) Wertberichtigungen Wertberichtigungen sind Korrekturposten zu Vermögenswerten auf der Aktivseite. Sie berichtigen einen dort zu hoch angesetzten Bilanzwert, der unrichtig ist, weil er zwischenzeitlich eingetretene Wertminderungen nicht berücksichtigt. Ein Wertberichtigungsposten ist in der Bilanz erforderlich, falls Wirtschaftsgüter indirekt abgeschrieben werden. Dies ist gemäß § 152 Abs. 6 AktG lediglich bei Sachanlagen, Beteiligungen, Wertpapieren des Anlagevermögens und bei Forderungen zulässig. Entscheidet sich der Steuerpflichtige bei diesen Wirtschaftsgütern für die Bildung von Wertberichtigungen, so hat er sie gemäß § 152 Abs. 6 Satz 2 AktG nach Sachgruppen aufzugliedern. Die indirekte Abschreibungsmethode sowie die Pauschalwertberichtigung auf Forderungen sind bereits dargestellt worden. Auf diese Ausführungen wird verwiesen135.

132 133 134

135

Schmidt, §5 Anm.45. Knobbe-Keuk, § 4 V b ff, S. 72 m. w. N . Döllerer, BB 1965, 1405, 1410f.; Grob, Stbjb 1979/80, S. 121, 136; Bordewin mann/Böttcher/Nissen/Bordewin, §§4—5 Rz. 172 d, 176 „Kulanzleistungen". Vgl. dazu oben § 12 VII 3, S.211 ff.

in Hart-

267

§16

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

6. R e c h n u n g s a b g r e n z u n g s p o s t e n Rechnungsabgrenzungsposten können auf der Aktiv- und auf der Passivseite der Bilanz stehen. Sie sind weder Wirtschaftsgüter noch Schulden. Sie dienen der periodengerechten Gewinnermittlung und sind, wie bereits ausgeführt 136 , gemäß § 5 Abs. 4 EStG nur begrenzt zulässig. Rechnungsabgrenzungsposten sind zu bilden, es besteht für die Steuerbilanz ein Aktivierungs- und Passivierungsgebot. Das gilt auch dann, wenn ein Rechnungsabgrenzungsposten f ü r ein Agio, D a m n u m oder Disagio angesetzt wird" 7 .

§16 Die Bewertung N a c h der Frage, ob ein Wirtschaftsgut zu bilanzieren ist, stellt sich das weitere Problem, mit welchem Wert dies zu geschehen hat. Die Bewertung der Wirtschaftsgüter ist genauso wichtig wie ihre Bilanzierung; die H ö h e des Bilanzansatzes beeinflußt unmittelbar die H ö h e des Gewinns. Keine Schwierigkeiten bereitet i. d. R. der Wertansatz von Geldvermögen und von geldwerten Wirtschaftsgütern. Den meisten Gegenständen muß ein Geldwert allerdings erst zugeordnet werden. Er ist von vielen Unwägbarkeiten abhängig. Einen objektiv „wahren" Wert gibt es nicht 1 . Der Bilanzansatz kann daher nur im Wege einer Schätzung gefunden werden. Dabei kommt es nicht nur auf das Schicksal und die Nutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsgutes an, sondern auch auf die allgemeine Ungewißheit über die Entwicklung des Unternehmens, der Preise und der wirtschaftlichen Lage 2 . Diese Faktoren sind von Bedeutung, weil der Wert eines Wirtschafts gutes auch davon bestimmt wird, in welchem U m f a n g es dem Betriebe dient, in dem es eingesetzt wird. U m willkürliche Wertansätze zu verhindern, stellen die gesetzlichen Bewertungsvorschriften einen Schätzungsrahmen auf. Dabei orientieren sie sich an dem Zweck der Bilanz. Bei der Steuerbilanz steht die Ermittlung des periodengerechten Gewinns im Vordergrund. Die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften müssen daher verhindern, daß aufgrund der Bewertung Gewinne und damit Steuerzahlungen verkürzt oder in spätere Zeiträume verlagert werden können. Dazu sind Mindestwertvorschriften f ü r die Aktiva und Höchstwertvorschriften f ü r die Passiva notwendig. Nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG ist in der Regel auch für die Steuerbilanz von den Bewertungsvorschriften des Handelsrechts auszugehen. Der Maßgeblichkeitsgrundsatz wird jedoch durch § 5 Abs. 5 EStG durchbrochen. Danach sind handelsrechtliche Bewertungsnormen f ü r das Steuerrecht nur insoweit anwendbar, als im Steuerrecht keine 156 137

1 2

Vgl. oben §12 VII 2 a, S. 206 ff. Vgl. Bordewin in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, schiedsbetrag" m. w. N. Thiel, 4.1, S. 124. Thiel, 4.1, S. 125.

268

§§4—5 Rz. 178 c, 178 k „Unter-

Die Bewertung

§ 16

I 3

eigenständigen, vom Handelsrecht abweichenden Bewertungsvorschriften bestehen (steuerrechtlicher Bewertungsvorbehalt). Um die Schätzung, die der Steuerpflichtige für die Bewertung vorzunehmen hat, praktikabel und überprüfbar zu machen, gibt es Bewertungsverfahren.

I. B e w e r t u n g s v e r f a h r e n 1. Grundsatz der Einzelbewertung Sowohl das Handelsrecht (§39 Abs. 1 HGB) als auch das Steuerrecht (§6 Abs. 1 S. 1 EStG) bestimmen, daß jedes Wirtschaftsgut einzeln zu bewerten ist. Die Einzelbewertung entspricht dem Vorsichtsprinzip. Durch sie wird eine Saldierung von Wertminderungen mit Werterhöhungen ausgeschlossen, wie sie bei einer Zusammenfassung mehrerer Wirtschaftsgüter erfolgen würde. Durch die Einzelbewertung wird verhindert, daß die gebotene Abwertung eines Wirtschaftsgutes lediglich deshalb unterbleibt, weil ein anderer Gegenstand eine Wertsteigerung erfahren hat3. Dieses Verfahren kann jedoch so arbeitsaufwendig sein, daß der Zweck der möglichst großen Bewertungsgenauigkeit den Aufwand nicht rechtfertigt1. Daher sind weitere vereinfachende Bewertungsverfahren zugelassen. 2. Gruppen- oder Sammelbewertung Zur Erleichterung der Inventur können annähernd gleichwertige oder solche gleichartigen Vermögensgegenstände, bei denen nach der Art des Bestandes oder aufgrund sonstiger Umstände ein Durchschnittswert bekannt ist, zu einer Gruppe zusammengefaßt und als solche bewertet werden. Diese Möglichkeit, die § 40 Abs. 4 Nr. 1 H G B vorsieht, gilt im Steuerrecht für das Vorrats- 5 und (eingeschränkt) auch für das Anlagevermögen'. 3. Festbewertung Nach §40 Abs. 4 Nr. 2 H G B darf der Steuerpflichtige im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Aufstellung des Inventars und der Bilanz Gegenstände des Anlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe des Vorratsvermögens mit einer gleichbleibenden Menge und mit einem gleichbleibenden Wert (Festwert) ansetzen, wenn ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Dieses Bewertungsverfahren ist auch im Steuerrecht anerkannt 7 . Typische Beispiele, in denen eine 3 4 5 6 7

Thiel, 4.1.1, S. 125. Vgl. Knobbe-Keuk, §5 II 1, S. 85 m . w . N . Vgl. Abschnitt 36 Abs. 3 EStR. Vgl. Abschnitt 31 Abs. 2 EStR. Vgl. Abschnitt 31 Abs. 5, Abschnitt 36 Abs. 4 EStR. 269

§ 1 6

I

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

3

Festbewertung zulässig ist, sind etwa das Geschirr und die Bettwäsche eines Hoteliers, die Werkzeuge eines Handwerkers oder die Gerüst- und Schalungsteile eines Bauunternehmers'. Die Höhe des anzusetzenden Festwerts richtet sich bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen des Vorratsvermögens nach den Anschaffungskosten. Beim abnutzbaren Anlagevermögen ist das unterschiedliche Alter der Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Sind in einer Gruppe gebrauchte und neuwertige Vermögensgegenstände zusammengefaßt, so sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um angemessene Abschreibungen zu kürzen. Es soll ein Festwert für Gegenstände mit Anschaffungskosten von 1 0 0 0 0 0 , — D M und einer Nutzungsdauer von 4 Jahren gebildet werden. Der Bestand besteht aus 1000 dieser Gegenstände. Zur Erhaltung des Bestandes werden jährlich 250 Gegenstände zugekauft. Nach Ablauf von 4 Jahren ergibt sich — volle Abschreibung im Anschaffungsjahr unterstellt — folgender Wert': A l t e r in Jahren 4 3 2 1

Bestand

Anschaffungskosten

Abschreibungen Restwert

250 250 250 250

25 000 25 000 25000 25000

25 000 18 750 12 500 6250

0 6250 12 500 18 750

1000

100000

62250

37500

V o n den in 4 Jahren insgesamt aufgewandten Anschaffungskosten von 1 0 0 0 0 0 D M sind 37 500,— D M als Festwert anzusetzen.

Der einmal gebildete Wert wird grundsätzlich beibehalten. Aufwendungen für die Instandhaltung dieser Wirtschaftsgüter und für erforderliche Ersatzbeschaffungen stellen laufende Betriebsausgaben dar. Die im Festwert enthaltenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter können daneben nicht abgeschrieben werden. Die Festwerte von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sind alle drei Jahre durch eine körperliche Bestandsaufnahme zu überprüfen10. Für Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens ist eine inventurmäßige Uberprüfung mindestens an jedem, dem Hauptfeststellungszeitpunkt für die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens vorangehenden Bilanzstichtag, spätestens aber an jedem 5. Bilanzstichtag durchzuführen". Übersteigt der Inventurwert den bisherigen Festwert um mehr als 10 %, so ist der ermittelte Wert als neuer Festwert anzusetzen. Bis der neue Festwert erreicht ist, ist der ursprüngliche Festwert um die Anschaffungs- oder

Wegen weiterer Beispiele vgl. Schmidt/Seeger, § 6 A n m . 43. ' Beispiel nach Thiel, 4.3.2, S. 165. 10 Vgl. § 4 0 Abs. 2 S. 2 H G B , Abschnitt 36 Abs. 4 S. 2 EStR. 11 Vgl. Abschnitt 31 Abs. 5 S . 2 EStR. 8

270

§16

Die Bewertung

I 4

Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige nach dem Bilanzstichtag des vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt hat, aufzustocken. Erst danach darf er weitere Zugänge wieder als Betriebsausgaben behandeln. Ist der ermittelte Wert niedriger als der bisherige Wert, so ist dieser als neuer Festwert anzusetzen12. Der Steuerpflichtige ist berechtigt, Festwerte zu bilden, er muß es aber nicht (§ 40 Abs. 4 HGB), und er wird es in der Regel bei geringwertigen Wirtschaftsgütern im Sinne des § 6 Abs. 2 EStG auch nicht tun; diese Wirtschaftsgüter kann er ohnehin im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in vollem Umfang als Betriebsausgaben absetzen. 4. Durchschnittsbewertung Es ist zulässig, eine Durchschnittsbewertung anzuwenden, wenn die Anschaffungskosten vertretbarer Wirtschaftsgüter i. S. d. §91 BGB des Vorrats Vermögens wegen Schwankungen der Einstandspreise im Laufe des Wirtschaftsjahres nicht einwandfrei festgestellt werden können und deshalb ein Mittelwert errechnet werden muß. Dabei ist aus den Anschaffungskosten aller im Wirtschaftsjahr beschafften Vorräte ein Durchschnittswert zu bilden. Der Durchschnittswert ist das gewogene Mittel der zu Beginn des Wirtschaftsjahres vorhandenen und im Laufe des Wirtschaftsjahres erworbenen Wirtschaftsgüter 13 . Ein Einzelhändler hat im Wirtschaftsjahr 01 folgende Warenzugänge:

1.1. (AB) 15.1. 30.3. 15.7. 16.9. 17.12.

Menge

Preis

Anschaffungskosten pro Einheit

10 15 12 25 50 5

120,— 210,— 156,— 337,50 625,— 72,50

12 — 14,— 13 — 13,50 12,50 14,50

117

1521,—

79,50

Am 31.12.01 ergibt die Inventur einen Bestand von 30. Aus welcher Menge die Lieferung stammt, ist nicht bekannt. Die Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag betragen 15 D M pro Einheit. Die Bewertung hat nach dem gewogenen Mittel zu erfolgen. Es ist weder der einfache Durchschnittspreis von (79,50 :6 = ) 13,25 D M noch der Wiederbeschaffungspreis von 15 D M anzusetzen, sondern der gewogene Mittelpreis von (1521 :117 = ) 13 DM, der die Mengeneinheiten zu den jeweiligen Einzelpreisen berücksichtigt. 12 15

Vgl. Abschnitt 31 Abs. 5 S.5, 6 EStR. Vgl. Abschnitt 36 Abs. 2 EStR. 271

§16

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

I 5

D i e Durchschnittsbewertung ist zulässig, wenn die Einzelbewertung nicht m ö g lich ist. D i e Schätzung m u ß außerdem möglichst wirklichkeitsnah sein. So ist für die ganzjährige Durchschnittsbewertung kein R a u m , falls der Bestand während des J a h r e s (etwa am 1 . 8 . ) 0 war. D a n n können für den Durchschnittswert lediglich die späteren Warenzugänge berücksichtigt werden 1 4 . D i e Durchschnittsbewertung gewinnt an Genauigkeit, wenn der Steuerpflichtige die Berechnungen in kürzeren Abständen, also z. B . monatlich, durchführt. D a s Durchschnittsverfahren ist nur bei konstanten oder steigenden Preisen anwendbar. Sinken die Preise, so würde der Ansatz des gewogenen Mittels dem Niederstwertprinzip widersprechen. In diesem Fall m ü ß t e der niedrigere Teilwert angesetzt werden.

5. Verbrauchsfolgefiktionen F ü r die Handelsbilanz läßt § 155 Abs. 1 S. 3 A k t G für gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens die B e w e r t u n g nach Fiktionen zu. Es wird angenommen, die Gegenstände seien in einer bestimmten Folge verbraucht oder veräußert worden. I m Handelsrecht sind folgende Verbrauchsfolgefiktionen anerkannt: Fifo: Die zuerst angeschafften Gegenstände gelten als zuerst veräußert oder verbraucht (first in — first out). Beispiel (nach den Zahlen aus dem Beispiel der Durchschnittsbewertung): Es wird unterstellt, daß der Endbestand von 30 aus den Lieferungen vom 17.12. und 16.9. stammen muß. Ansatz in der Bilanz: 5 Einheiten (vom 17.12.) zu 14,50 DM 25 Einheiten (vom 16. 9.) zu 12,50 DM

72,50 DM 312,50 DM 385,—DM

Das Niederstwertprinzip ist zu beachten. Es kommt hier jedoch nicht zum Tragen, da der Börsen- oder Marktpreis am Bilanzstichtag höher ist (15,— DM) als der nach Fifo ermittelte Preis. Lifo: Die zuletzt angeschafften Gegenstände gelten als zuerst veräußert oder verbraucht (last in — first out). Beispiel: Es wird angenommen, der Endbestand von 30 bestehe aus dem Anfangsbestand und den Zukaufen vom 15.1. und 30.3.

14

Vgl. Knobbe-Keuk,

272

§5 II 4 a, S. 88.

Die Bewertung

Ansatz in der Bilanz: 10 Einheiten zu 12,— D M 15 Einheiten zu 14,— D M 5 Einheiten zu 13,— D M

§16

I 5

120,—DM 210,—DM 65,—DM 395,— D M

Hifo: Die z u m höchsten Preis erworbenen Gegenstände gelten als zuerst veräußert oder verbraucht (highest in — first out). Beispiel: Es wird unterstellt, der Endbestand von 30 setze sich aus dem Anfangsbestand und Teilen der Lieferung vom 16.9. zusammen. Ansatz in der Bilanz: 10 Einheiten zu 1 2 , — D M 20 Einheiten zu 12,50 D M

120,—DM 250,— D M 370,— D M

Lofo: Die z u m niedrigsten Preis angeschafften Gegenstände gelten als zuerst verbraucht oder veräußert (lowest in — first out). Beispiel: Es wird unterstellt, daß sich der Endbestand aus den Lieferungen vom 17.12., 15.1. und Teilen vom 15. 7. zusammensetzt. Ansatz in der Bilanz: 5 Einheiten zu 14,50 D M 15 Einheiten zu 14,— D M 10 Einheiten zu 13,50 D M

72,50 D M 210,—DM 135,—DM 417,50 D M

D i e dargestellten V e r b r a u c h s f o l g e f i k t i o n e n d i e n e n , w a s die Beispiele verdeutlic h e n , nicht nur der V e r e i n f a c h u n g der B e w e r t u n g , s o n d e r n e r m ö g l i c h e n die w i l l kürliche B i l d u n g stiller R e s e r v e n . „ L i f o eignet sich", führt Thiel's z u t r e f f e n d aus, „bei s t e i g e n d e n Preisen, F i f o bei fallenden Preisen u n d H i f o bei jeder P r e i s e n t w i c k l u n g z u r B i l d u n g v o n Willkürreserven".

15

4.3.4, S. 169. 273

18

Tiedtke, Einkommensteuer

§16

II 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

F ü r die Steuerbilanz sind die Verbauchsfolgefiktionen daher grundsätzlich nicht zugelassen". M a c h t allerdings der Steuerpflichtige glaubhaft, daß er in seinem B e t r i e b die Wirtschaftsgüter aufgrund typischer Sachzwänge in einer bestimmten F o l g e verbraucht, ( z . B . spricht beim Kohlenhändler, der K o h l e n von der Halde verkauft und zukauft, schon der erste Anschein für einen Verbrauch nach Lifo), kann diese Tatsache bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten berücksichtigt w e r d e n " .

II.

Bewertungsmaßstäbe

D i e bilanzsteuerrechtlichen Bewertungsmaßstäbe können nicht dem Bewertungsgesetz ( B e w G ) e n t n o m m e n werden, wie dies § 1 A b s . 1 B e w G zunächst vermuten läßt. N a c h § 1 A b s . 2 B e w G gelten vielmehr die Bewertungsvorschriften des § 6 E S t G , die gemäß § 5 A b s . 5 E S t G auch V o r r a n g vor den handelsrechtlichen W e r t maßstäben haben. Das Steuerrecht kennt vier Bewertungsmaßstäbe: — Anschaffungskosten — Herstellungskosten — Teilwert — (ausnahmsweise) Gemeiner Wert

1. Anschaffungskosten a) Begriff und Umfang E i n e Definition der Anschaffungskosten enthält weder das Handels- n o c h das Steuerrecht. Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die erforderlich sind, u m das Wirtschaftsgut von der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen und es seinem bestimmungsgemäßen Z w e c k zuzuführen 1 8 . D i e Anschaffungskosten setzen sich zusammen aus dem eigentlichen Kaufpreis und den Anschaffungsnebenkosten. Sie k ö n n e n auch, wie es im Einzelfall häufig geschieht, retrograd, also durch Abschläge von den Verkaufspreisen ermittelt werden".

" Abschnitt 36 Abs. 2 S. 2 EStR; vgl. aber auch Knobbe-Keuk, § 5 II 4 b, S. 90 f. m. w. N „ die der Ansicht ist, die Verbrauchsfolgefiktionen seien, wenn sie im Einzelfall den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprächen und das Niederstwertprinzip nicht verletzten, auch für die steuerliche Bewertung zuzulassen. " Abschnitt 36 Abs. 2 S. 2 EStR. 18 BFH v. 22.8.1966 GrS 2/66, BStBl. 1966 III S.672, 674; BFH v. 24.5.1968 VI R 6/67, BStBl. 1968 II S. 574; BFH v. 2.8.1977 VIII R 104/74, BStBl. 1978 II S. 143, 144. " BFH v. 29.11.1960 I 137/59 U, BStBl. 1961 III S. 154; vgl. auch Thiel, 4.3.5, S. 169f. 274

§16

Die Bewertung

II 1

Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Anschaffung stehen und die der Erwerber tragen muß, um das Wirtschaftsgut in seine (wirtschaftliche) Verfügungsmacht zu bringen (Verpackungskosten, Transportkosten, Zölle, Gebühren, Steuern und Vermittlungsprovision). Die betrieblichen Gemeinkosten (z. B. das Abholen, Abladen und Aufstellen einer Maschine durch eigene Arbeitskräfte) sind nur dann Teil der Anschaffungsnebenkosten, wenn sie der Anschaffung eines bestimmten Wirtschaftsgutes zugerechnet werden können 20 . Die Anschaffung beginnt mit den ersten vorbereitenden Maßnahmen (z. B. Besichtigung des zu erwerbenden Wirtschaftsgutes) und endet, wenn der erworbene Gegenstand nutzungs- und funktionsbereit ist (Kosten der Inbetriebnahme) 21 . Finanzierungskosten entstehen für die Beschaffung des erforderlichen Kredits. Sie stellen daher grundsätzlich keine Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes dar22. Etwas anderes gilt nur für die sogenannten Bauzeitzinsen, die der Erwerber, der nicht Schuldner des Kredits ist, dem Veräußerer ersetzt23. Die Umsatzsteuer gehört, soweit sie nach §15 UStG verrechenbar ist, nicht zu den Anschaffungskosten, § 9 b EStG. Die nicht verrechenbare Vorsteuer erhöht dagegen die Anschaffungskosten. Die Anschaffungskosten können sich nach der Beendigung des Anschaffungsvorgangs noch ändern. Dies geschieht z. B. durch eine Kaufpreisminderung, einen Einkaufsrabatt, Skonti und Boni. b) Anschaffungskosten aa) Anschaffungskosten

in Sonderfällen bei Grundstücken

und

Gebäuden

Der Grund und Boden und das aufstehende Gebäude sind steuerrechtlich selbständige Wirtschaftsgüter, von denen nur das Gebäude abnutzbar und damit AfA-fähig ist. Schon diese Unterscheidung erfordert es, die Anschaffungskosten, zu denen neben dem Kaufpreis auch die Notariats- und Gerichtskosten sowie die zu zahlende Grunderwerbsteuer zählt, auf den Grund und Boden und das Gebäude aufzuteilen. Bei bebauten Grundstücken ergeben sich insbesondere wegen der Anschaffungsnebenkosten Sonderprobleme. Diese betreffen die Aktivierungspflicht bestimmter Aufwendungen und zum anderen die Aufteilung der Aufwendungen auf den Grund und Boden und auf das Gebäude. Es fragt sich deshalb, welchem der beiden Wirtschaftsgüter die entstandenen Anschaffungsnebenkosten zuzurechnen sind. Dafür gibt es keine einheitliche Regel, wohl aber eine Anzahl von Einzelentscheidungen der Rechtsprechung. 20

21 22 23

BFH v. 31.7.1967 I 219/63, BStBl. 1968 II S.22, 23; BFH v. 24.2.1972 IV R 4/68, BStBl. 1972 II S. 422, 423; Schmidt/Seeger, §6 Anm. 17, 18; vgl. auch Adler I Düring! Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. 1968, §153 Anm. 43. Vgl. BFH v. 31.7.1967 I 219/63, BStBl. 1968 II S.22 ff. BFH v. 24.5.1968 VI R 6/67, BStBl. 1968 II S.574. BFH v. 17.2.1981 VIII R 95/80, BStBl. 1981 II S.466; Schmidt/Seeger, §6 Anm. 27 m. w. N . 275

18*

§16

II 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Danach gehören zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens z. B . Straßenanlieger- und Erschließungsbeiträge 24 , Gebühren für den Anschluß an die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage 25 oder Enttrümmerungskosten beim Erwerb eines Trümmergrundstücks 26 . Als Anschaffungsnebenkosten des Gebäudes gelten die Baukosten für den Anschluß eines Gebäudes an das öffentliche Kanalnetz 27 , die Kosten des Anschlusses an das Stromversorgungsnetz 28 sowie an die Gas-, Wasser- und Wärmeversorgung 2 ' oder die Zahlung an die Gemeinde zur Ablösung der Verpflichtung zum Bau von Stellplätzen 30 . Schwierigkeiten bereitet die Behandlung des Erwerbs eines Grundstückes mit aufstehendem Gebäude, wenn das Gebäude zum Abbruch bestimmt ist. Der Kaufpreis wird in vollem Umfang als Anschaffungskosten für den Grund und Boden angesehen, falls das Gebäude objektiv wertlos ist31. Anderenfalls ist es als selbständiges Wirtschaftsgut mit den anteiligen Anschaffungskosten zu aktivieren. Wird das Gebäude später abgebrochen, ist es erfolgswirksam auszubuchen, die Abbruchkosten stellen Betriebsausgaben dar. Der BFH 3 2 teilt diese Ansicht nur, wenn das Gebäude ohne Abbruchsabsicht erworben worden ist. Er ist der Auffassung, der Wert des Gebäudes und die Abbruchkosten seien Herstellungskosten des Neubaus, wenn ein objektiv nicht wertloses Gebäude in Abbruchsabsicht erworben worden sei und der Abbruch mit der Herstellung des neuen Gebäudes in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehe. Fehle es an einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Abbruch des alten Gebäudes und der Herstellung des neuen, so seien der Buchwert des abgerissenen Gebäudes und die Abbruchkosten Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Für die Abbruchsabsicht spricht nach der Auffassung des B F H der (widerlegbare) Beweis des ersten Anscheins, falls mit dem Abbruch des Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb begonnen wird. Die Rechtsprechung des B F H ist in der Rechtslehre 53 auf berechtigte Kritik gestoßen. Es sei unbefriedigend und schwer praktikabel, die bilanzielle Behandlung 2" 25 26 27

28 29 30

31 32

33

BFH v. 22.2.1967 VI 295/65, BStBl. 1967 III S.417. BFH v. 24.11.1967 VI R 302/66, BStBl. 1968 II S. 178 f. Biergans, S.217. BFH v. 24.11.1967 VI R 302/66, BStBl. 1968 II S. 178 f.; BFH v. 6.7.1972 VIII R 20/72, BStBl. 1972 II 790. BFH v. 15.1.1965 VI 115/63 U, BStBl. 1965 III S.226f. Abschnitt 33 a Abs. 1 Nr. 1 EStR. BFH v. 27.5.1964 IV 149/62 S, BStBl. 1964 III 477f.; vgl. dazu auch Tiedtke, DStR 1972, 530 ff. BFH v. 6.11.1968 I 64/65, BStBl. 1969 II S.35f. B. v. 12.6.1978 GrS 1/77, BStBl. 1978 II S.620, 622ff.; U. v. 15.11.1978 I R 2/76, BStBl. 1979 II S.299, 300; v. 13.11.1979 VIII R 93/73, BStBl. 1980 II S.69, 71. Herrmann/Heuer/Raupach, §6 Anm.674ff., 686; Jacobs, Steuerberaterkongreß-Report 1979, S. 153ff.; Knobbe-Keuk, §5 III 5, S. 101; Kromschröder, StuW 1974, 112, 121 f., Rose-Luckey, DB 1976, Beilage 5; Rose-Telkamp, DB 1977,1916,1966; dies., FR 1977,429.

276

§16

Die Bewertung

II 1

des Restbuchwertes des abgebrochenen Gebäudes und der Abbruchkosten von einer früheren, unter Umständen drei Jahre zurückliegenden Absicht des Steuerpflichtigen abhängig zu machen. Im übrigen widerspricht diese Rechtsprechung, worauf Seeger34 zu Recht hinweist, der Behandlung von Grundstücken, die schon längere Zeit dem Steuerpflichtigen gehören. Auch bei ihnen ist in der Regel der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem Abbruch und dem Neubau gegeben. Gleichwohl nimmt der BFH in diesen Fällen keine Herstellungskosten des neuerrichteten Gebäudes an. bb) Zuschüsse und

Anschaffungskosten

Erhält der Steuerpflichtige zur Anschaffung eines Wirtschaftsgutes Zuschüsse aus öffentlichen oder privaten Mitteln, so steht ihm nach Abschnitt 34 Abs. 1 S. 1 EStR ein Wahlrecht zu. Er kann den Zuschuß als Betriebseinnahme ansetzen. In diesem Falle bleiben die Anschaffungskosten von dem Zuschuß unberührt. Er ist aber auch berechtigt, die Anschaffungskosten um den Zuschuß zu kürzen, so daß der Zuschuß nicht sofort erfolgswirksam wird. Er verkürzt bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern das Abschreibungsvolumen und führt bei der Veräußerung des Wirtschaftsgutes zu einem entsprechend höheren Veräußerungsgewinn. Dem Steuerpflichtigen steht allerdings kein Wahlrecht zu, falls er einen Zuschuß erhält, für den er eine Gegenleistung erbringt 35 , z. B. zur Nutzungsüberlassung eines Grundstücks oder zum Bezug von Bier einer bestimmten Brauerei verpflichtet ist. Ein solcher (unechter) Zuschuß darf die Anschaffungskosten nicht kürzen. Er ist eine Betriebseinnahme, die der Steuerpflichtige allenfalls auf die Zeit verteilen darf, für die er die Gegenleistung schuldet". Die Zuschüsse, die nach dem Investitionszulagengesetz, nach dem BerlinFG und nach dem KohleG gewährt werden, mindern die Anschaffungskosten ebenfalls nicht; sie sind steuerfrei 37 . cc) Anschaffungskosten bei Tauschgeschäften Beim Tausch wird ein Wirtschaftsgut gegen Hingabe eines anderen erworben. Das Handelsrecht sieht im Tausch keinen Veräußerungsvorgang und verneint eine Gewinnrealisierung 38 . In der Handelsbilanz ist es daher zulässig, den erworbenen Vermögensgegenstand mit dem Buchwert des weggegebenen zu bilanzieren.

" Schmidt-Seeger, §6 Anm. 21 c. Vgl. B F H v. 28.10.1980 VIII R 34/76, BStBl. 1981 II S. 161, 162f.; im Ergebnis ebenso Abschnitt 34 Abs. 1 S. 6 EStR. 36 Vgl. B F H v. 23.2.19771 R 104/75, BStBl. 1977 II S. 392; BFH v. 28.10.1980 VIII R 34/76, BStBl. 1981 II S. 161, 162 f. 37 Vgl. § 5 II InvZulG, §19 BerlinFG, §32 KohleG. 38 Vgl. Adler/Düring!Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. 1968, §153 Anm. 27 ff. 35

277

§16

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

II 1

D a s Steuerrecht behandelt demgegenüber den Tausch von Wirtschaftsgütern als Veräußerung des hingegebenen Vermögensgegenstandes. D e r Tausch führt deshalb, wie jedes andere Veräußerungsgeschäft, zu einer Gewinnrealisierung. Diese ergibt sich daraus, daß als Anschaffungskosten für das erworbene Wirtschaftsgut nicht der B u c h w e r t , sondern der gemeine W e r t des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen ist". D a m i t werden die in dem weggegebenen Wirtschaftsgut vorhandenen stillen Reserven aufgelöst. Eine Übertragung der in ihm enthaltenen stillen Reserven auf das empfangene Wirtschaftsgut ist somit nicht zulässig 40 . dd)

Erwerb

auf

Rentenbasis

W e r d e n Wirtschaftsgüter auf Rentenbasis angeschafft, so setzen sich die Anschaffungskosten aus dem Rentenbarwert und den Anschaffungsnebenkosten zusamm e n . D e r Rentenbarwert 4 1 ist der Kapitalwert der Verpflichtung, der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln ist. D i e Vorschriften des B e w e r tungsgesetzes finden keine Anwendung 4 2 . D e r Barwert ist die Summe der voraussichtlich künftig zu erbringenden Leistungen, die auf den Berechnungsstichtag abgezinst sind. B e i seiner Ermittlung k o m m t es nicht auf die individuellen Verhältnisse des Rentenberechtigten an, sondern auf seine statistische Lebenserwartung, die sich aus der „allgemeinen Sterbetafel für die Bundesrepublik Deutschland" 4 3 ergibt. E r w i r b t ein Steuerpflichtiger am 3 1 . 1 2 . 0 0 ein G r u n d s t ü c k auf Rentenbasis und betragen der R e n t e n b a r w e r t im Zeitpunkt des E r w e r b s 100 000 D M und die E r w e r b s n e b e n k o s t e n 8000 D M , so hat er (bei Bezahlung der E r w e r b s n e b e n k o s t e n ü b e r die B a n k ) den Erwerbsvorgang wie folgt zu b u c h e n : (1) Grund und Boden

S

Grund und Boden

(1) 108 000

108000,—DM

H

S

an

Rentenverpflichtung Bank

Rentenverpflichtung

H S

100000 (1)

100 000,— DM 8 000,— DM Bank

H 8000 (1)

D i e laufenden Rentenzahlungen kann er unterschiedlich behandeln. N a c h der .buchhalterischen M e t h o d e " verrechnet er sie solange erfolgsneutral mit der R e n -

39

40

41 42

43

BFH v. 16.12.1958 I D 1/57 S, BStBl. 1959 III S.30, 32; BFH v. 8.7.1964 I 119/63 U, BStBl. 1964 III S. 561, 563, 564. BFH v. 27.5.1970 IV R 222/69, BStBl. 1970 II S. 743 ff.; BFH v. 18.12.1970 VI R 99/67, BStBl. 1971 II S.237ff.; B F H v. 29.3.1979 IV R 1/75, BStBl. 1979 II S.412, 413f.; vgl. auch Schmidt/Seeger, § 6 Anm. 22 m. w. N. Vgl. dazu oben § 5 VIII 2 a aa (4) (b) (aa), S. 115 ff. BFH v. 30.7.1965 VI 264/64 U, BStBl. 1965 III S. 663; BFH v. 5.2.1969 I R 21/66, BStBl. 1969 II S. 334, 336. Abgedruckt in der Sammlung „Steuerrichtlinien", C. H. Beck-Verlag, Nr. 220/2.

278

§16

Die Bewertung

II 1

tenverpflichtung, bis diese aufgezehrt ist. Bei dieser Methode werden die laufenden Rentenzahlungen nicht, wie es erforderlich wäre, in einen Zins- und Tilgungsanteil aufgespalten, so daß der Zinsanteil nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt wird. D e r ausgewiesene Gewinn ist damit zu hoch. Die laufenden Leistungen wirken sich erst dann (in voller H ö h e ) erfolgsmindernd aus, wenn die Rentenverpflichtung durch die Verrechnung mit den einzelnen Leistungen verbraucht ist. Gleichwohl ist diese (ungenaue) Methode im Steuerrecht zulässig. D i e Finanzverwaltung hat sie in Abschnitt 41 A b s . 24 S. 5 E S t R für die A u f l ö s u n g einer Pensionsrückstellung zugelassen. E s besteht kein sachlicher G r u n d bei der A u f l ö s u n g einer Rentenverpflichtung anders zu verfahren 44 . D e r Vorteil der buchhalterischen Methode besteht darin, daß sie praktikabel und billig ist. E s ist nicht, wie bei der versicherungsmathematischen M e t h o d e erforderlich, den Barwert jeweils zum Jahresende aufgrund eines versicherungsmathematischen Gutachtens errechnen zu lassen. Zahlt der Steuerpflichtige laufende Rentenleistungen von monatlich 1000,— D M , so verrechnet er sie mit der passivierten Renten Verpflichtung: (2) Rentenverpflichtung S

Grund und Boden

1000,— D M an Bank H

(1) 108000

S

Rentenverpflichtung

(2) 1000

1000,— D M H

S

Bank

H

8 000 (1) 1 000 (2)

100000 (1)

Bei der versicherungsmathematischen Methode werden die laufenden Rentenzahlungen zunächst als A u f w a n d verbucht. Gleichwohl wirken sie sich nicht in voller H ö h e gewinnmindernd aus. D i e Differenz zwischen dem versicherungsmathematischen Barwert am Schluß des Wirtschaftsjahres und am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ( = Tilgungsanteil) erhöht den Gewinn. Dadurch wird im Ergebnis lediglich der in der Rentenzahlung enthaltene Zinsanteil als A u f w a n d berücksichtigt. Ein Steuerpflichtiger erwirbt am 31.12.00 ein Grundstück auf Rentenbasis. Ihm entstehen Erwerbsnebenkosten i. H . v. 8000,— D M . Der Rentenbarwert soll im Zeitpunkt des Erwerbs 100000,— D M , am 31.12.01 94000,— D M und am 31.12.02 87000,— D M betragen. Er hat jährliche Rentenleistungen von 12 000,— D M zu erbringen. Buchmäßige Behandlung beim Erwerb: (1) Grund und Boden 108000,—DM

S

Grund und Boden

H

S

Vgl. Biergans/v.

Rentenverpflichtung Bank

Rentenverpflichtung

(1) 108000

44

an

H

100000 (1)

Stotzingen,

S

100000,—DM 8 000,— D M Bank

H 8 000 (1)

S. 95. 279

§ 1 6

II

1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Buchmäßige Behandlung am 3 1 . 1 2 . 0 1 : (2) GuV (3) Rentenverpflichtung Grund und Boden

S

H

(1) 1 0 8 0 0 0

S

12 0 0 0 , — D M 6000,—DM

GuV

(2) 12 000

an an

Bank GuV

H S 6000 (3)

12000,—DM 6 000,—DM

RentenVerpflichtung

(3)6000

H

S

Bank

100000(1)

H

1 2 0 0 0 (2)

Nur der Zinsanteil i. H. v. 6000,— D M wirkt sich gewinnmindernd aus. Buchmäßige Behandlung am 3 1 . 1 2 . 02: (4) GuV (5) Rentenverpflichtung

S

Grund und Boden

(1) 108 000

H

S

12 0 0 0 , — D M 7000,—DM

GuV

( 4 ) 1 2 000

an an

Bank GuV

H S 7 0 0 0 (5)

12 0 0 0 , — D M 7000,—DM

RentenVerpflichtung

(5)7000

H

S

Bank

94000

H

12 000 (4)

Auch hier mindert nur der Zinsanteil i. H. v. 5000,— D M den Gewinn.

ee) Rücklage für

Ersatzbeschaffung

Trotz der gesetzlichen Bewertungsvorschriften entspricht der Buchwert der einzelnen Wirtschaftsgüter häufig nicht ihrem tatsächlichen (Teil-)Wert. Ist das der Fall, so liegen in Höhe der Differenz stille Reserven vor, die bei der Veräußerung oder Entnahme des Wirtschaftsgutes gewinnerhöhend aufzudecken sind. Die Auflösung der stillen Reserven führt zu einer Mehrsteuer, die insbesondere wegen des progressiven Steuertarifs zu erheblichen Belastungen führen kann. Scheidet ein Wirtschaftsgut im Laufe eines Wirtschaftsjahres infolge höherer Gewalt (z. B. Brand, Diebstahl, Sturm oder Überschwemmung), durch einen behördlichen Eingriff (drohende Enteignung, Inanspruchnahme für Verteidigungszwecke) oder zur Vermeidung eines solchen, gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen aus, und wird im Laufe desselben Wirtschaftsjahres ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt, so kann der Unternehmer die Besteuerung der aufgedeckten stillen Reserven dadurch vermeiden, daß er diese auf das Ersatzwirtschaftsgut überträgt. Zur Aufdeckung von stillen Reserven kommt es in derartigen Fällen, weil der Geschädigte in der Regel eine Entschädigung oder einen Ersatzanspruch erhält, der über dem Buchwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsgutes liegt. Diesen Uberschuß kann er dem Ersatzwirtschaftsgut zuweisen. Dies geschieht dadurch, daß er die Anschaffungskosten (und damit das 280

Die Bewertung

§16

II 1

Abschreibungsvolumen) des Ersatzwirtschaftsgutes in H ö h e der stillen Reserven kürzt. Die Möglichkeit, die aufgedeckten stillen Reserven erfolgsneutral auf ein Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen, ist gesetzlich nicht geregelt. Gleichwohl ist sie heute anerkannt. Sie beruht auf der Rechtsprechung des R F H 4 i und gilt heute, da sie auch der B F H 4 6 und die Finanzverwaltung 4 7 zulassen, als Gewohnheitsrecht. Ein betriebliches Gebäude mit einem Buchwert von 50000,— DM wird im Jahre 01 durch Blitzschlag völlig zerstört. Die Versicherung leistet 150000,— DM. Der Steuerpflichtige errichtet im gleichen Wirtschaftsjahr ein Gebäude für a) 200000,— DM, b) 120000,— DM. Im Falle a) kann der Steuerpflichtige die aufgedeckten stillen Reserven i.H.v. 100000,— DM auf das erworbene Gebäude übertragen, er kürzt damit die Anschaffungskosten von 200000,— DM auf 100000,— DM.

S

(1) Bank

150000,—DM

an

(2) Gebäude (3) Rücklagen für Ersatzbeschaffung

200000,—DM

an an

Gebäude

AB 50 000 (2)200000

100 000,— DM

H S 50000(1) (1)150000 100000 (3)

Bank

Gebäude Rücklagen für Ersatzbeschaffung Bank Gebäude

H S

50000,—DM 100 000,— DM 200000,—DM 100000,—DM

Rücklagen für Ersatzbeschaffung

200000 (2) (3) 100000

H

100000(1)

Im Fall b) wird die Entschädigung nicht in voller Höhe zur Beschaffung eines Ersatzwirtschaftsgutes verwendet; die stillen Reserven dürfen dann nur anteilig auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden48. Soweit eine Übertragung ausgeschlossen ist, entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn. Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns: Letzter Buchwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts Entschädigung oder Gegenleistung für das ausgeschiedene Wirtschaftsgut (Wert des Ersatzwirtschaftsgut zuzüglich der erhaltenen Barzahlung) Aufgelöste stille Rücklage oder Rücklage für Ersatzbeschaffung Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts

50 000,— DM 150 000,— DM 100000,— DM 120 000,— DM

U. v. 2.4.1930 VI A 514/30, RStBl. 1930 S. 313 ff. m. w. N. U. v. 17.10.1961 I 283/60 S, BStBl. 1961 III S.566; v. 19.12.1972 VIII R 29/70, BStBl. 1973 II S. 297; v. 24.5.1973 IV R 23—24/68, BStBl. 1973 II S.582, 584f.; v. 15.5.1975 IV R 138/70, BStBl. 1975 II S.692, 694ff.; v. 8.10.1975 I R 134/73, BStBl. 1976 II S.186, 187 f. Vgl. Abschnitt 35 EStR. B F H v. 3.9.1957 I 315/56 U, BStBl. 1957 III S. 386 f. 281

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

§ 1 6 Zu übertragende Rücklage anteilig

100 000 X 120 000 150 000 Das Ersatzwirtschaftsgut wird angesetzt mit 1 2 0 0 0 0 X 8 0 0 0 0 Es entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn in H ö h e des nicht übertragbaren Rücklagenanteils 1 0 0 0 0 0 X 8 0 0 0 0 (1) Bank

150000 — D M

(2) Gebäude (3) Rücklagen für Ersatzbeschaffung

120000,—DM

S

Gebäude

AB 50000 (2) 120000

H S

100000 — D M

Bank

an an

Gebäude Rücklagen für Ersatzbeschaffung Bank Gebäude a. o. Ertrag

Rücklagen für H S Ersatzbeschaffung H

5 0 0 0 0 ( 1 ) (1) 150000 120000 (2) ( 3 ) 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 ( 1 ) 80 000 (3)

80 0 0 0 , — D M 40000,—DM 20000,—DM 50 000 — D M 100000,—DM 120000,—DM 80000,—DM 20000,—DM

S

a. o.Ertrag

H

20000 (3)

Durch die Übertragung der aufgedeckten stillen Reserven verringern sich in beiden Fällen die Anschaffungskosten des erworbenen Ersatzgebäudes. Sie betragen im Fall a) 100 000,— D M im Fall b) 40 000,— DM. Die Abschreibungen richten sich dementsprechend nach diesen gekürzten Anschaffungskosten. Für eine Übertragung der stillen Reserven ist es nicht ausreichend, wenn das Wirtschaftsgut ohne oder gegen den Willen des Steuerpflichtigen (z. B. bei Zufallsschäden) aus dem Betriebsvermögen ausscheidet49. Eine Gewinnrealisierung unterbleibt vielmehr nur, falls das Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt durch einen behördlichen Eingriff oder zur Vermeidung eines solchen aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Ein behördlicher Eingriff liegt vor, wenn der Steuerpflichtige, wie z.B. bei einer Enteignung, kraft öffentlicher Gewalt gezwungen ist, seine privatrechtliche Entschließungsfreiheit aufzugeben 50 . Behördliche Beschränkungen (Halte- und Parkverbot, Straßensperren) bewirken regelmäßig lediglich eine wirtschaftliche Zwangslage, die einem behördlichen Eingriff nicht gleichsteht51. Ein Ersatzwirtschaftsgut ist nur dann gegeben, wenn es die Funktion des ausgeschiedenen Wirtschaftsgutes übernimmt. Dafür genügt es, daß es wirtschaftlich die gleiche oder eine entsprechende Aufgabe erfüllt wie das zerstörte Wirtschaftsgut. Dies ist nach der Auffassung des F G Köln52 auch der Fall, wenn ein Pferdezüchter nach dem unerwarteten Tod eines Deckhengstes drei neue Tiere erwirbt. " B F H v. 15.5.1975 IV R 138/70, BStBl. 1975 II S.692, 694. 50 B F H v. 8 . 1 0 . 1 9 7 5 I R 134/73, BStBl. 1976 II S. 186, 187; B F H v. 2 1 . 2 . 1 9 7 8 VIII R 5/74, BStBl. 1978 II S. 428, 429 f. 51 B F H v. 6 . 5 . 1 9 7 1 IV R 59/69, BStBl. 1971 II S.664, 666f.; vgl. aber auch B F H v. 8.10.1975 I R 134/73, BStBl. 1976 II S. 186, 187 f. 52 U . v. 2 9 . 4 . 1 9 8 1 I (XIII) 507/76 E, EFG 1982, 119. 282

§16

D i e Bewertung

II 1

Erfolgt die Ersatzbeschaffung nicht in dem Wirtschaftsjahr, in dem das alte Wirtschaftsgut ausscheidet, so ist es zulässig, in H ö h e der Differenz zwischen der Entschädigung und dem Buchwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsgutes eine Rücklage für Ersatzbeschaffung zu bilden. Dies gilt jedoch nur, falls der Steuerpflichtige am Schluß dieses Wirtschaftsjahres die Anschaffung oder Herstellung eines Ersatzwirtschaftsgutes ernstlich geplant hat. Ist das nicht der Fall, so sind die aufgedeckten stillen Reserven in vollen Umfang zu versteuern. Hat er aber die Absicht, ein anderes Wirtschaftsgut zu erwerben, so kann er die aufgedeckten stillen Reserven der Rücklage für Ersatzbeschaffung zuführen. Erwirbt er dann ein Ersatzwirtschaftsgut, so muß er die gebildete Rücklage durch Übertragung auf die Anschaffungskosten des Ersatzwirtschaftsguts auflösen. Schafft der Steuerpflichtige kein anderes Wirtschaftsgut an, hat er die Rücklage bei einem beweglichen Wirtschaftsgut am Schluß des ersten, bei einem Grundstück oder Gebäude am Schluß des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres aufzulösen, wenn die Finanzverwaltung, was sie nach Abschnitt 35 Abs. 6 E S t R kann, die Anschaffungsfristen nicht verlängert.

Ein Gebäude, Buchwert 5 0 0 0 0 , — D M , wird in 01 durch Blitzschlag vernichtet. Die Versicherung leistet eine Entschädigung von 150000,— D M . Im Jahre 02 schafft der Steuerpflichtige für 200 000,— D M ein neues Gebäude an. Buchmäßige Behandlung in 01: (1) Bank 150000,—DM

S

Gebäude

A B 50000

H 50000(1)

S

an

Gebäude Rücklage für Ersatzbeschaffung

Bank

H

S

50000,—DM 100 000,— D M Rücklage für Ersatzbeschaffung

H

100000 (1)

(1) 150000

Buchmäßige Behandlung in 02: (2) Gebäude (3) Rücklage für Ersatzbeschaffung

S

Gebäude

(2) 200000

200000 — D M

an an

Bank Gebäude

200000,—DM 100000,—DM

100 000,— D M

H 100 000 (3)

S

Bank

H S

Rücklage für Ersatzbeschaffung

200000 (2) (3) 100000

H

100000(1)

Die stillen Reserven im alten Gebäude i. H . v. 100000,— D M sind auf das neue Gebäude zu übertragen. Es entsteht kein steuerpflichtiger Gewinn. Durch die Rücklage für Ersatzbeschaffung tritt aber auch kein Steuerausfall ein. Sie bewirkt lediglich eine Verlagerung auf 283

§16

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

111

spätere Zeiträume, weil dem Steuerpflichtigen durch die Verkürzung der Anschaffungskosten ein geringeres AfA-Volumen zur Verfügung steht.

f f ) Reinvestitionen

nach §6b

EStG

W e r d e n die in einem Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven nicht zwangsweise, sondern freiwillig durch Veräußerung aufgedeckt, können sie auf ein neu angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut übertragen werden, falls die Voraussetzungen des § 6 b E S t G gegeben sind. I m Unterschied zur Rücklage für E r s a t z b e schaffung ist die Übertragung stiller Reserven nach § 6 b E S t G jedoch in mehrfacher H i n s i c h t beschränkt. Sie gilt lediglich für die Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter ( G r u n d und B o d e n , Gebäude, abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens 25 J a h r e n , Schiffe, Anteile an Kapitalgesellschaften, lebendes Inventar eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes), die, mit Ausnahme des lebenden Inventars, mindestens sechs J a h r e ununterbrochen z u m Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben. D a r ü b e r hinaus ist der U m f a n g der Übertragung der durch den V e r k a u f aufgedeckten stillen Reserven auf 80 % begrenzt w o r d e n " , und die Ü b e r tragung darf nur auf bestimmte Wirtschaftsgüter erfolgen. W e l c h e Ü b e r t r a g u n g s möglichkeiten bestehen, zeigt die folgende Ü b e r s i c h t " : Übertragung von/auf

Grund und Boden

Aufwuchs

Gebäude

abnutzbares bewegliches Anlagevermögen

Grund und Boden

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Aufwuchs Gebäude abnutzbares bewegliches Anlagevermögen Anteile an KapGes

X

X

Lebendes Inventar X = mögliche Übertragung

53 54

Vgl. Haushaltsstrukturgesetz v. 22.12.1981, BGB1.I S. 1523. Entnommen aus Schmidt/Seeger, § 6 b Anm. 5 a.

284

Anteile an KapGes

X X

X

Die Bewertung

§16

111

Die Übertragung von stillen Reserven auf erworbene Anteile an Kapitalgesellschaften ist, wie sich aus der Ubersicht ergibt, nur möglich, wenn sie durch die Veräußerung anderer Gesellschaftsanteile entstanden sind. Zusätzlich muß der Bundesminister für Wirtschaft, der sich mit weiteren Behörden des Bundes und der Länder ins Benehmen zu setzen hat, bescheinigen, daß der Erwerb der Anteile unter Berücksichtigung der Veräußerung der Anteile volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig und geeignet ist, die Unternehmensstruktur eines Wirtschaftszweiges zu verbessern oder einer breiten Eigentumsstreuung zu dienen. Diese sog. Ministererlaubnis soll volkswirtschaftlich unerwünschten Konzentrationstendenzen entgegenwirken 55 . Der Sinn und Zweck des § 6 b EStG, der durch das Steueränderungsgesetz 19645' geschaffen worden ist, besteht darin, den Unternehmern die Möglichkeit zu geben, Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die sie f ü r den Betrieb nicht mehr benötigen oder infolge von Standortverlagerungen oder Strukturveränderungen aufgeben müssen, ohne Steuerbelastung zu veräußern und den Veräußerungserlös voll zur Finanzierung von betriebsnotwendigen Neuinvestitionen oder zur Rationalisierung oder Modernisierung der Produktionsanlagen zu verwenden 57 . Unabhängig davon dient diese Vorschrift, worauf Knobbe-Keuk58 zu Recht hingewiesen hat, in einer inflationären Zeit zur Vermeidung der Besteuerung von Scheingewinnen, die bei der Veräußerung der Wirtschaftsgüter „realisiert" werden. Ist nach § 6 b EStG die Übertragung von stillen Reserven zulässig, bestehen die gleichen Möglichkeiten wie bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes können in dem Jahr, in dem das alte Wirtschaftsgut veräußert worden ist, um 80 % der aufgedeckten stillen Reserven gekürzt werden. Erwirbt der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut in einem der beiden auf die Veräußerung (der alten Sache) folgenden Jahre, darf er gemäß § 6 b Abs. 3 EStG im Jahr der Veräußerung eine erfolgsneutrale Rücklage i. H . v. 80 % des Veräußerungsgewinns bilden. Bis zur H ö h e dieser Rücklage kann er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes kürzen, das er innerhalb von 2 Jahren (oder bei Verlängerung von 4 Jahren) angeschafft oder hergestellt hat. H a t er in diesem Zeitraum dem Betrieb keine Wirtschaftsgüter zugeführt, muß er die gebildete Rücklage gemäß § 6 b A b s . 6 EStG für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des Rücklagenbetrags erhöhen und sie anschließend erfolgswirksam auflösen. gg) Insolvenzrücklage

nach §6d

EStG

Steuerpflichtige, die zwischem dem 30.9.1982 und dem 1.1.1987 einen stillgelegten oder von der Stillegung bedrohten inländischen Betrieb, Teilbetrieb, eine Betriebsstätte, einen Mitunternehmeranteil an einem inländischen Betrieb oder 55 54 57

58

Vgl. Heuer, FR 1964, 468 ff. Vgl. BT-Drucksache IV/2400. BT-Drucksache IV/3189, S.6; vgl. auch BT-Drucksache IV/2400, S.46; BT-Drucksache IV/2617, S.4. §7 I 3 b, S. 167. 285

§16

II 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

einen Anteil an einer inländischen Kapitalgesellschaft erwerben, sind nach § 6 d Abs. 1 EStG berechtigt, im Jahr der Anschaffung der Kapitalanlage (eine Nachholung ist ausgeschlossen) eine den Gewinn mindernde Rücklage zu bilden. Diese Regelung soll es mittelständischen Unternehmen erleichtern, stillgelegte oder von der Stillegung bedrohte Unternehmen trotz der damit verbundenen erhöhten Risiken zu übernehmen. Mit dieser Maßnahme beabsichtigt der Gesetzgeber gleichzeitig, zum Erhalt von Arbeitsplätzen sowie zur Vermeidung volkswirtschaftlicher Verluste beizutragen 5 '. Eine Insolvenzrücklage darf nach § 6 d Abs. 3 EStG in der Bilanz nur ausgewiesen werden, wenn der Steuerpflichtige, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, durch eine Bescheinigung der obersten Wirtschaftsbehörde (Landeswirtschaftsminister) im Einvernehmen mit der obersten Finanzbehörde des Landes, die für seine Besteuerung zuständig ist, nachweist, daß — der erworbene Betrieb, Teilbetrieb oder die Betriebsstätte stillgelegt oder von der Stillegung bedroht war, — die Kapitalanlage geeignet ist, den Fortbestand des Betriebs, Teilbetriebs oder der Betriebsstätte zu sichern, — durch den Erwerb bestehende Dauerarbeitsplätze, die für die Wirtschaftsregion und für den jeweiligen Arbeitsmarkt von besonderem Gewicht sind, nachhaltig gesichert werden, — die Kapitalanlage für die Wettbewerbsverhältnisse unbedenklich ist und — die Umsatzerlöse in seinem Unternehmen in dem Wirtschaftsjahr, das vor dem Erwerb der Kapitalanlage endete, weniger als 200 Millionen D M betragen haben. Der Gesetzgeber hat die Jahresumsatzerlöse auf 200 Millionen D M begrenzt, um dadurch zu gewährleisten, daß die Rücklage ausschließlich kleinen und mittleren Firmen zugute kommt. Die Rücklage darf 30 % der Anschaffungskosten der Kapitalanlage (dazu gehören auch die übernommenen Verbindlichkeiten) nicht übersteigen. Sie erhöht sich auf 4 0 % , falls die Jahresumsatzerlöse des Erwerbers weniger als 50 Millionen D M betragen haben. Nach § 6 d Abs. 4 S. 1 EStG ist die Insolvenzrücklage spätestens vom sechsten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahr an mit jährlich 20 % unabhängig davon gewinnerhöhend aufzulösen, ob die Betriebsübernahme eine gute unternehmerische Entscheidung oder eine Fehlinvestition war. Im ersten Fall verbleibt dem Steuerpflichtigen immerhin ein fünfjähriger Liquiditäts- und Zinsvorteil. Im zweiten Fall, in dem der Erwerb des stillgelegten Betriebs eine kaufmännische Fehlmaßnahme war, steht der gewinnerhöhenden Auflösung der Rücklage die dann notwendige, gewinnmindernde Teilwertabschreibung gegenüber60. Der fünfjährigen Steuerstundung folgt damit eine endgültige Steuerminderung. 59 60

Vgl. BT-Drucksache 9/2074, S.63. BT-Drucksache 9/2074, S.63.

286

Die Bewertung

§16

II 2

Nach § 6 d Abs. 4 S. 2 EStG ist die Insolvenzrücklage vorzeitig aufzulösen, falls der Betrieb, Teilbetrieb oder die Betriebsstätte stillgelegt oder die Kapitalanlage veräußert oder entnommen wird. Bei einer teilweisen Veräußerung oder Entnahme ist die Rücklage anteilig aufzulösen. hh) Unentgeltlicher

Erwerb

Erwirbt der Steuerpflichtige unentgeltlich einen Betrieb, einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil an einem Betrieb, so hat er die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers fortzuführen, § 7 Abs. 1 EStDV. Beim unentgeltlichen Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter kommt es darauf an, ob er aus betrieblichem oder privatem Anlaß erfolgt. Werden aus betrieblichem Anlaß einzelne Wirtschaftsgüter aus einem Betriebsvermögen unentgeltlich in das Betriebsvermögen eines anderen Steuerpflichtigen übertragen, gilt nach § 7 Abs. 2 EStDV für den Erwerb der Betrag als Anschaffungskosten, den er (wenn er sie von einem Dritten gekauft hätte) im Zeitpunkt des Erwerbs hätte aufwenden müssen (fiktive Anschaffungskosten in Höhe des gemeinen Wertes)". Die unentgeltliche Übernahme des Wirtschaftsgutes stellt eine Betriebseinnahme dar, führt also zur Gewinnrealisierung. Erfolgt die Zuwendung aus betrieblichem Anlaß, gehört sie auch dann zum betrieblichen Bereich, wenn der Gegenstand seiner Natur nach (z.B. antikes Silbergeschirr) für eine betriebliche Nutzung ausscheidet62. Ein unentgeltlicher Erwerb aus privatem Anlaß führt beim Erwerber zu einer erfolgsneutralen Einlage, beim Zuwendenden eventuell zu einer Entnahme. Einem Unternehmer wird zu einem Geschäftsjubiläum a) von einem Geschäftsfreund b) von einem Kegelbruder eine Sachzuwendung i . H . v . 1000,— DM gemacht, die er in das Betriebsvermögen übernimmt. Im Fall a) liegt eine gewinnerhöhende Betriebseinnahme, im Fall b) eine erfolgsneutrale Einlage vor.

2. Herstellungskosten a) Begriff und Umfang Angeschaffte Wirtschaftsgüter sind mit den Anschaffungskosten, selbst hergestellte mit den Herstellungskosten zu bewerten. Auch für die Herstellungskosten fehlt eine gesetzliche Definition. Der Begriff ist daher umstritten. In der Betriebswirtschaftslehre gehen die Ansichten vor allem darüber auseinander, ob den hergestellten Produkten nur die variablen Kosten zuzurechnen sind oder auch die fixen Kosten die Herstellungskosten beeinflussen". Diese Streitfrage kann für das Han61

62

B F H v. 21.11.1963 IV 345/61 S, BStBl. 1964 III S. 183, 184; BFH v. 13.12.1973 I R 136/ 72, BStBl. 1974 II S. 2\0L; Herrmann/Heuer/Raupach, §6 Anm. 434, 436; Schmidt/Seeger, §6 Anm. 25; a.A. Knobbe-Keuk, §5 III 2 b, S.96; dies., StuW 1978, 226, 228. BFH v. 13.12.1973 I R 136/72, BStBl. 1974 II S.210f. 287

§16

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

dels- und das Steuerrecht offenbleiben. In beiden Rechtsgebieten werden die Herstellungskosten konkret bestimmt, indem sie aus der Kostenrechnung des Betriebes abgeleitet werden. Im Steuerrecht gelten als Herstellungskosten alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Erzeugnisses entstehen 64 . Im einzelnen gehören dazu die Materialeinzelkosten, die Materialgemeinkosten, die Fertigungseinzelkosten, die Fertigungsgemeinkosten, die Sonderkosten der Fertigung, die Wertminderungen des Anlagevermögens (Abschnitt 33 Abs. 4 EStR), die Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung, die Verwaltungskosten, die Gewerbeertragssteuer (Abschnitt 33 Abs. 6 S. 2 EStR), nicht aber die Vertriebsund grundsätzlich nicht die Finanzierungskosten 65 . Materialeinzelkosten sind die Aufwendungen für die eingesetzten Rohstoffe, Materialgemeinkosten bestehen aus den Kosten der Vorratslagerhaltung, des Transportes und der Prüfung des Fertigungsmaterials. Die Fertigungseinzelkosten setzen sich aus den Fertigungslöhnen und den Sonderkosten der Fertigung (Kosten für Entwürfe, Lizenzgebühren, Modelle, Spezialwerkzeuge) zusammen. Fertigungsgemeinkosten sind die unmittelbar produktionsbezogenen Einrichtungen, wie z. B. Aufwendungen für Vorbereitung und Kontrolle der Fertigung, Hilfs- und Betriebsstoffe, die Produktionsräume, Energie, Reparaturen im Fertigungsbereich. Zu den Verwaltungskosten zählen vor allem die Aufwendungen für das Rechnungswesen, das Personalbüro, den Einkauf, den Werkschutz und die allgemeine Betriebsverwaltung, während die Kosten für die Werbung, die Auslieferung und den Verkauf den Vertriebskosten zuzurechnen sind. Das Steuerrecht gewährt nur für die Verwaltungskosten und die Gewerbeertragssteuer ein Aktivierungswahlrecht, die anderen Kosten müssen aktiviert werden 66 . Demgegenüber besteht im Handelsrecht für die Material- und Fertigungseinzelkosten eine Aktivierungspflicht, während der Unternehmer im übrigen ein Wahlrecht hat. Die Vertriebskosten darf er aber auch hier nicht ansetzen, §153 Abs.2 AktG. b) Besonderheiten bei Gebäuden Eine Reihe von Sonderfragen entstehen bei den Gebäudeherstellungskosten. Zu ihnen gehören einmal die Aufwendungen, die für die unmittelbare Herstellung des Gebäudes erforderlich waren. Darüber hinaus67 sind auch Kosten für Heizungsanla63

64 65 66 67

Vgl. hierzu Albach, BB 1966, 377ff.; Conradi, BB 1979, 978, 980; Döllerer, BB 1966, 1405ff.; Frank, BB 1967, 177ff.; Pieper, Steuerliche Herstellungskosten, 1975, S. 147ff.; Schneider, StuW 1971, 326, 336; Thiel, 4.2.2.1, S. 144ff. Vgl. Abschnitt 33 EStR. BFH v. 24.5.1968 VI R 6/67, BStBl. 1968 II S. 574; Strunz, FR 1978, 289 m. w. N . Vgl. Abschnitt 33 Abs.2 EStR. Vgl. Abschnitt 33a Abs.2 EStR m . w . N .

288

Die Bewertung

§16

II 2

gen, Herde und Öfen, soweit sie nach der Verkehrsanschauung zum Gebäude zählen, Küchenspülen, sanitäre Anlagen einschließlich Warmwasserbereiter, Einbaumöbel (wenn sie wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind und, falls das nicht der Fall ist, wenn sie bei vermieteten Wohnungen üblicherweise vom Vermieter gestellt werden), Teppichböden und Einfriedungen bei Wohngebäuden (wenn sie in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehen) dem Herstellungsbereich zuzurechnen. Auch Planungskosten stellen grundsätzlich Gebäudeherstellungkosten dar. Dies gilt auch dann, wenn nach der Verwerfung eines Planes das Gebäude aufgrund eines neuen erstellt wird. Zwischen dem ursprünglichen und dem realisierten Plan muß jedoch ein Zusammenhang bestehen. Dient das letztlich errichtete Gebäude einem völlig anderen Zweck, und weicht die Bauart erheblich vom ursprünglichen Plan ab, so fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang68. Dann sind die vergeblichen Planungskosten sofort abzugsfähige Betriebsausgaben69. Erschließungsbeiträge nach dem Bundesbaugesetz sowie an die Gemeinde zu zahlende Kanalbaubeiträge sind Anschaffungskosten des Grund und Bodens, keine Herstellungskosten des Gebäudes70. Die Ausgaben für Zuleitungen vom Gebäude zu öffentlichen Versorgungseinrichtungen (Strom, Gas, Wasser, Wärme, Hausanschluß- und Kanalanstichgebühr für die Ableitung von Abwässern)71 bilden dagegen Herstellungkosten. Abstandszahlungen, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Gebäudes zur Ablösung von Nutzungsrechten Dritter (Mieter) gezahlt werden, und Beiträge, die zur Ablösung der Verpflichtung zum Bau von Einsteilplätzen zu entrichten sind, rechnet der BFH 72 grundsätzlich zum Herstellungsbereich. Das gleiche soll für Schnellbaukosten gelten73. Die eigene Arbeitsleistung74, Aufwendungen für Grünanlagen75 und Beiträge zu einer für die Bauzeit abgeschlossenen Bauwesen-Versicherung76 zählen hingegen

68

69

70

71

72

73 74 75 76

Vgl. B F H v. 6.3.1975 IV R 146/70, BStBl. 1975 II S.574, 575f.; BFH v. 11.3.1976 IV R 176/72, BStBl. 1976 II S.614, 616. B F H v. 14.2.1978 VIII R 9/76, BStBl. 1978 II S.455; BFH v. 9.9.1980 VIII R 44/78, BStBl. 1981 II S.418, 419; Schmidt/Drenseck, § 9 Anm. 2 j ; vgl. aber auch v. Bornhaupt, FR 1981, 501 ff. BFH v. 18.9.1964 VI 100/63 S, BStBl. 1965 III S. 85, 86; BFH v. 22.2.1967 VI 295/65, BStBl. 1967 III S. 417 f. B F H v. 24.11.1967 VI R 302/66, BStBl. 1968 II S.178, 179; BFH v. 19.2.1974 VIII R 65/ 72, BStBl. 1974 II S.337, 338. U. v. 27.5.1964 IV 149/62 S, BStBl. 1964 III S.477f.; v. 1.10.1975 I R 243/73, BStBl. 1976 II S. 184, 185; a.A. FG Düsseldorf v. 7.3.1980 V 82/76 E, EFG 1980, 592ff.; Tiedtke, DStR 1972, 530, 532 f. Vgl. zu dieser umstrittenen Frage Blümich/Falk, §6 Anm. 113 c, cc, S.41. BFH v. 30.6.1955 IV 695/54 U, BStBl. 1955 III S.238f. BFH v. 15.10.1965 VI 181/65 U, BStBl. 1966 III S. 12, 13. BFH v. 25.2.1976 VIII B 81/74, BStBl. 1980 II S.294f. 289

19

Tiedtke, Einkommensteuer

§16

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes. Die Beiträge zu der BauwesenVersicherung sind Betriebsausgaben, die Aufwendungen für die Grünanlage erhöhen den Wert des Grund und Bodens, die eigene Arbeitsleistung bleibt, weil es an Aufwendungen fehlt, steuerlich unberücksichtigt. c) Abgrenzung zwischen Erkaltungs- und Herstellungsauf wand Die Klärung der Frage, ob Aufwendungen der Herstellung oder der Erhaltung dienen, bereitet insbesondere bei Gebäuden Schwierigkeiten. Die Unterscheidung ist wegen der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Bedeutung. Herstellungsaufwand erhöht den Buchwert des Wirtschaftsgutes und kann lediglich zeitanteilig abgeschrieben werden. Erhaltungsaufwand führt zu sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben. Nur größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die zum Privatvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, kann der Steuerpflichtige gemäß § 82 b EStDV auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. Herstellungsaufwand sind Aufwendungen, die entweder die Substanz des Gebäudes vermehren, zu einer Werterhöhung führen oder das Gebäude wesentlich verändern77. Diese Voraussetzungen liegen z. B. vor, wenn ein Gebäude aufgestockt und dadurch mehr Raum geschaffen wird. Eine Werterhöhung tritt aber nicht dadurch ein, daß das Gebäude aufgrund notwendiger Erhaltungsmaßnahmen modernisiert wird78. Wird es aber generalüberholt oder vollständig erneuert, so sind die Kosten zu aktivieren7'. Erhaltungsaufwand liegt dagegen vor, wenn der Steuerpflichtige Maßnahmen durchführt, um das Wirtschaftsgut in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten, damit es die ursprünglich erwartete Nutzungsdauer erreicht. Darunter fallen z. B. Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung des Hausdaches80, der Holzfenster, einer Heizungsanlage8' oder des elektrischen Leitungsnetzes82. Die Abgrenzung kann im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Sie ist im allgemeinen aber nur erforderlich, wenn verhältnismäßig große Aufwendungen vorliegen. Ubersteigen die Kosten für die einzelne Baumaßnahme nicht 4000,— D M (ohne Umsatzsteuer) je Gebäude, so sind sie auf Antrag als Erhaltungsaufwand zu behandeln83.

77

78 79

80 81 82

83

B F H v. 7 . 1 2 . 1 9 7 6 VIII R 42/75, BStBl. 1977 II S.281; B F H v. 24. 7.1979 VIII R 162/78, BStBl. 1980 II S.7. B F H v. 8 . 3 . 1 9 6 6 I 282/63, BStBl. 1966 III S.324f. Vgl. B F H v. 3 1 . 1 . 1 9 5 6 I 111/54 U, BStBl. 1956 III S. 86, 87; B F H v. 1 . 3 . 1 9 6 0 I 188/59 U, BStBl. 1960 III S. 198, 199. B F H v. 14.10.1960 VI 100/59 U, BStBl. 1960 III S.493, 494. B F H v. 9 . 1 1 . 1 9 7 6 VIII R 28/76, BStBl. 1977 II S.279, 280. Wegen weiterer Beispiele vgl. Herrmann/HeuertRaupach, § 6 Anm. 481 bis 502, Anm. 1500 m.w. N . ; Heuer in Herrmann/Heuer/Raupach, Erg. § 6 Anm. 481 ff. m. w. N. Abschnitt 24, Abschnitt 157 Abs. 4 S. 5 EStR.

290

§16

Die Bewertung

II 3

d) Anschaffungsnahe Aufwendungen Aufwendungen, die im Anschluß an die Anschaffung eines Gebäudes gemacht werden, bezeichnet man als anschaffungsnahe Aufwendungen. Sie sind grundsätzlich Herstellungskosten, falls sie im Verhältnis zum Kaufpreis hoch sind und im Vergleich zu dem Zustand des Gebäudes im Anschaffungszeitpunkt das Wesen des Gebäudes verändern, seinen Nutzungswert erheblich erhöhen oder seine Nutzungsdauer erheblich verlängern 84 . Typischerweise fallen solche Aufwendungen an, wenn zurückgestellte Instandhaltungsarbeiten vom Erwerber innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes nachgeholt werden. Die Frage, ob sie zu aktivieren sind, stellt sich aber erst, wenn die Instandsetzungskosten innerhalb dieses Zeitraumes 25 Prozent der Mieteinnahmen übersteigen 85 . 3. Teilwert Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S.3 EStG, §10 BewG ist der Teilwert der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt. Dem Teilwertbegriff liegt die Erwägung zugrunde, der Wert eines betrieblich genutzten Wirtschaftsgutes sei aufgrund der Ertragskraft des Betriebes höher als sein Einzelveräußerungspreis. Die gesetzliche Definition ist nicht praktikabel 8 '. Sie beruht auf fiktiven Größen (Veräußerung des Unternehmens, Fortführung durch den Erwerber, Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf das einzelne Wirtschaftsgut), die sich nicht ermitteln lassen. „Erfahrene Praktiker bezeichnen", führt Thiel87 daher zu Recht aus, „als Teilwert den Betrag, auf den sich Unternehmer und Betriebsprüfer einigen". Auch die Rechtsprechung 88 hat sich von dem Teilwertbegriff, wie ihn das Gesetz versteht, gelöst und an seine Stelle Teilwertvermutungen gesetzt: — Im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Herstellung eines Wirtschaftsgutes entsprechen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dem Teilwert. — Für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entspricht der Teilwert auch an späteren Bewertungsstichtagen den Anschaffungs- oder Herstellungkosten. — Für abnutzbare Wirtschaftsgüter wird vermutet, daß der Teilwert nicht von den fortgeführten, also um die A f A gekürzten, Anschaffungs- oder Herstellungskosten abweicht. — Beim Umlaufvermögen bilden die Wiederbeschaffungskosten den Teilwert. 84

85

BFH v. 22.8.1966 GrS 2/66, BStBl. 1966 III S. 672, 673 f.; BFH v. 8.7.1980 VIII R 189/78, BStBl. 1980 II S. 744, 745; kritisch dazu Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 Anm. 512 m. w. N. Vgl. Abschnitt 157 Abs. 5 S . 7 EStR.

86

Vgl. Groh, StuW 1976, 32 ff.; Herrmann/Heuer/Raupach,

87

4.2.4, S. 156, Fn. 129.

88

Vgl. die Nachweise bei Schmidt/Seeger,

§6 Anm. 548 m.w.N.

§6 Anm. 37. 291

19*

§16

II

5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Diese Teilwertvermutungen sind widerlegbar 8 '. D e r Steuerpflichtige kann sie widerlegen, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen sich ergibt, der Teilwert entspreche nicht dem Betrag, der aufgrund einer Vermutung angesetzt wurde. D i e Teilwertvermutungen greifen vor allem dann nicht ein, wenn er darlegt, die Wiederbeschaffungskosten seien gesunken, die Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes habe sich als F e h l m a ß n a h m e erwiesen oder die Verkaufspreise seien unter die Selbstkostenpreise gesunken. K a n n er seine Behauptungen nicht beweisen, geht dies zu seinen Lasten; er trägt die objektive Beweislast 9 0 .

4. G e m e i n e r W e r t D e r gemeine W e r t wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. D a b e i sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. U n g e w ö h n l i c h e oder persönliche Verhältnisse bleiben außer Betracht, § 9 A b s . 2 B e w G . D e r gemeine W e r t ist danach der Einzelveräußerungspreis. A u f den M e h r w e r t , der sich aus der Betriebszugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes ergibt, k o m m t es bei ihm, anders als beim Teilwert, also nicht an. I m Bilanzsteuerrecht hat der gemeine W e r t nur eine geringe Bedeutung. D i e Bilanzierung erfolgt in der Regel mit den Anschaffungs- oder Herstellungkosten oder mit dem Teilwert. Kraft Gesetzes ist der gemeine W e r t für die Wirtschaftsgüter maßgebend, die bei einer Betriebsaufgabe nicht veräußert werden, § 1 6 A b s . 3 S. 3 E S t G . I m übrigen bestimmt, wie dargelegt", der gemeine W e r t beim Tausch und beim unentgeltlichen E r w e r b aus betrieblichem Anlaß die Anschaffungskosten des e r w o r b e n e n Wirtschaftsgutes.

5. A b s c h r e i b u n g e n a) Sinn und

Zweck

N a c h § 6 A b s . 1 N r . 1 E S t G sind abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens m i t den Anschaffungs- oder Herstellungkosten anzusetzen, die um die Abschreibungen nach § 7 E S t G , die das Gesetz Absetzungen für A b n u t z u n g ( A f A ) nennt, zu vermindern sind. F ü r die Bewertung dieser Wirtschaftsgüter ist es daher erforderlich, die jährliche A f A zu ermitteln. D i e A f A soll nicht einen Wertverlust ausgleichen, sondern die Anschaffungskosten eines erworbenen Wirtschaftsgutes auf seine Nutzungsdauer verteilen 92 . I h r

89

90 91 92

BFH v. 28.10.1976 IV R 76/72, BStBl. 1977 II S. 73, 74f.; B F H v. 13.10.1976 I R 79/74, BStBl. 1977 II S. 540, 541; B F H v. 17.1.1978 VIII R 31/75, BStBl. 1978 II S. 335, 336; Biergans, S.250, 255; Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 Anm. 596 m . w . N . Vgl. BFH v. 17.1.1978 VIII R 31/75, BStBl. 1978 II S.335, 336. Vgl. §16 II 1 b cc hh, S.277f„ 287. BFH v. 14.2.1978 VIII R 176/73, BStBl. 1978 II S.343, 344; Schmidt!Drenseck, §7 Anm. 1 b m. w. N.

292

Die Bewertung

§16

II 5

Sinn und Zweck besteht damit in der periodengerechten Gewinnermittlung. Die A f A bewirkt eine Gewinnminderung, die es dem Unternehmer ermöglichen soll, Mittel anzusammeln, um die verbrauchten Wirtschaftsgüter nach Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer durch neue zu ersetzen. Ein Unternehmer, der einen hohen Gewinn erzielt, ist an einem Abschreibungsaufwand interessiert, um durch ihn eine Steuerminderung zu erreichen. Dieses Interesse macht sich der Gesetzgeber zunutze, indem er durch die Gewährung erhöhter Abschreibungen in schlechten Wirtschaftszeiten versucht, die Investitionsbereitschaft zu fördern' 3 . Es steht dem Steuerpflichtigen nicht frei, die AfA in Anspruch zu nehmen. Das Gesetz gewährt ihm kein Wahlrecht, er ist vielmehr, wie sich aus § 7 Abs. 1 S. 1 und § 7 Abs. 4 EStG ergibt, zur Abschreibung verpflichtet, und er muß sie in der Regel, wenn er sie unterlassen hat, nachholen, sofern sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben nichts anderes ergibt' 4 . Die AfA gewährt dem Steuerpflichtigen keinen endgültigen Steuervorteil; sie bewirkt in der Regel nur eine Steuerverlagerung in die Jahre, in denen das abnutzbare Wirtschaftsgut abgeschrieben ist und anschließend veräußert wird. Der durch die Veräußerung entstandene Gewinn kann sogar zu einer höheren steuerlichen Belastung führen, wenn der Steuerpflichtige nunmehr einer höheren Progression unterliegt. Ist das Wirtschaftsgut abgeschrieben, aber noch im Betrieb vorhanden, erfordert es der Grundsatz der Vollständigkeit, daß es weiterhin, wenn auch nur mit einem Erinnerungswert, bilanziert wird. In der Praxis ist es üblich, abgeschriebene Wirtschaftsgüter mit 1,— DM in der Bilanz auszuweisen. b)

Gegenstand

Abschreibbar sind selbständige Wirtschaftsgüter 95 , nicht aber unselbständige Teile eines einheitlichen Wirtschaftsgutes. Das gilt auch dann, wenn die unselbständigen Teile, wie z. B. die Reifen eines Autos oder die Holzfenster eines Gebäudes, eine geringere Lebensdauer haben als das Wirtschaftsgut (Auto, Gebäude). Gebäudeteile können daher nur abgeschrieben werden, wenn sie, wie ausgeführt' 6 , selbst Wirtschaftsgüter darstellen. Nicht alle Gegenstände und Vorteile, die als Wirtschaftsgüter anzusehen sind, unterliegen der Abschreibung. Gemäß § 6 Abs. 1 N r . 1 i. V. m. § 7 EStG sind lediglich die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens abschreibbar. Beim Umlaufvermögen kommt allenfalls eine „Teilwertabschreibung"' 7 in Betracht. 93

94 95 % 97

So ist durch das Zweite Haushaltsstrukturgesetz vom 22.12.1981 (BGBl. I S. 1523) die Höchstgrenze für die degressive AfA nach § 7 Abs. 2 S. 2 EStG von 25 % auf 30 % und nach § 7 Abs. 5 EStG von 3,5 % auf 5 % heraufgesetzt worden. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 Anm. 96, 97 m. w. N . Vgl. zum Begriff des Wirtschaftsgutes § 15 II 4, S. 250 ff. Vgl. §15 II 4 b aa (1), S.253. Siehe dazu § 16 II 5 d bb (2), S.302f. 293

§16

II 5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Schließlich stellt sich die Frage der Abschreibbarkeit f ü r Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur, wenn sie abnutzbar sind. Deshalb können z.B. gemäß §6 Abs. 1 N r . 2 EStG der G r u n d und Boden, Beteiligungen und der Geschäfts- oder Firmenwert nicht abgeschrieben werden. Auch Rechte können der Abnutzung unterliegen. Dies ist der Fall, falls sie dem Inhaber nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen. Daß ein Recht ein immaterielles Wirtschaftsgut ist, steht seiner Abbschreibbarkeit nicht entgegen. Es ist daher heute allgemeine Meinung", ein entgeltlich erworbenes Nießbrauchrecht könne abgeschrieben werden. Der Nießbraucher ist somit berechtigt, das Nießbrauchrecht abzuschreiben, ihm steht aber, wie dargelegt", grundsätzlich nicht die Abschreibungsbefugnis an der nießbrauchbelasteten Sache selbst zu. Abschreibbar sind grundsätzlich auch unbewegliche Wirtschaftsgüter. Gleichwohl sind sie von beweglichen zu unterscheiden, weil bestimmte Abschreibungsarten (Leistungs-AfA nach § 7 Abs. 1 S. 3 EStG, die degressive A f A nach § 7 Abs. 2 EStG) ausschließlich für bewegliche Wirtschaftsgüter in Betracht kommen. Soweit es um die Gebäude-AfA geht, gelten die Bestimmungen des § 7 Abs. 4, 5 und 5 a EStG. Für andere unbewegliche Wirtschaftsgüter findet gemäß § 7 Abs. 6 EStG (Absetzung f ü r Substanzverringerung, AfS) § 7 Abs. 1 EStG entsprechende Anwendung. Die Leistungs-AfA und die degressive A f A ist aber für diese Wirtschaftsgüter nicht zugelassen. c)

Abschreibungsberechtigung

Wem steuerlich das Wirtschaftsgut zuzurechnen ist, wer es also zu bilanzieren hat, ist auch Abschreibungsberechtigter. Das Recht ein Wirtschaftsgut abzuschreiben, entspricht der Pflicht, es zu bilanzieren. Wie ausgeführt 100 , hängt die Frage der Bilanzierung und damit die AfA-Befugnis vom bürgerlich-rechtlichen und vom wirtschaftlichen Eigentum ab. Grundsätzlich ist daher der bürgerlich-rechtliche Eigentümer befugt, ein Wirtschaftsgut abzuschreiben. Fallen bürgerlich-rechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinander, ist der wirtschaftliche Eigentümer berechtigt, die A f A in Anspruch zu nehmen. Für die Frage der AfA-Berechtigung ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut bereits bezahlt oder in Betrieb genommen hat; es reicht, daß er es angeschafft oder hergestellt hat101. d) Abschreibungsarten

und

-methoden

Abschreibungen können auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Das Handelsrecht unterscheidet planmäßige (§ 154 Abs. 1 AktG) und außerplanmäßige Abschreibungen (§154 Abs. 2 AktG). " Vgl. B F H v. 2 7 . 6 . 1 9 7 8 VIII R 12/72, BStBl. 1979 II S . 3 8 f f . ; Schellenberger, FR 1980, 27; Hutter, DStZ 1981, 47, 52. " Vgl. oben § 1 5 II 3 f , S.246. 100 Vgl. oben § 1 5 II 3, S. 243 ff. 101 Vgl. B F H v. 2 5 . 3 . 1 9 7 7 V R 113/74, BStBl. 1977 II S.708, 709; B F H v. 2 3 . 1 . 1 9 8 0 I R 27/ 77, BStBl. 1980 II S.365, 367.

294

Die Bewertung

§16

II 5

Das Steuerrecht kennt zwar diese Terminologie nicht, im Ergebnis unterscheiden sich aber die steuerlichen Abschreibungsarten grundsätzlich nicht von den handelsrechtlichen. Der planmäßigen handelsrechtlichen Abschreibung entspricht im Steuerrecht die regelmäßige Abschreibung, der außerplanmäßigen die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung nach §7 Abs. 4 EStG und die „Teilwertabschreibung" nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG. Die handelsrechtlichen Abschreibungsarten und -methoden sind aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auch für das Steuerrecht verbindlich, es sei denn, das Steuerrecht enthielte vom Handelsrecht abweichende Bestimmungen, § 5 Abs. 5 EStG. Hat der Steuerpflichtige sich für eine bestimmte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer oder für eine Abschreibungsmethode (linear oder degressiv) in der Handelsbilanz entschieden, ist er an diese Wahl auch für die Steuerbilanz gebunden. Hat er aber handelsrechtlich ein Wirtschaftsgut progressiv, d. h. in steigenden Jahresbeträgen abgeschrieben, darf er diese Methode, auch wenn sie handelsrechtlich in Einzelfällen zulässig ist, nicht in die Steuerbilanz übernehmen; die progressive AfA ist steuerlich unzulässig. Aus der Tatsache, das Gesetz habe sie nicht ausdrücklich verboten und die Rechtsprechung sie nicht abgelehnt, kann nicht, wie es Biergans102 tut, geschlossen werden, die progressive AfA sei im Steuerrecht in gleichem Maße wie im Handelsrecht erlaubt. Die progressive Abschreibung ist steuerlich unzulässig10', weil das Gesetz sie nicht zugelassen hat. Im Steuerrecht wird zwischen den regelmäßigen und den außergewöhnlichen Abschreibungen, der Teilwertabschreibung und den Sonderabschreibungen unterschieden. aa) Regelmäßige (1) Lineare AfA

Absetzungen

Bei der linearen AfA, also bei der Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen (§ 7 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG), werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten104 durch die Zahl der voraussichtlichen Nutzungsjahre geteilt. Die so ermittelten Beträge ergeben die jährliche AfA, die in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand erscheint. 102 103

104

S. 270. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 Anm. 1; Knobbe-Keuk, § 5 IV 2 c, cc, S. 116; Schmidt/ Drenseck, §7 Anm. 10 d. Die Höhe der Anschaffungskosten spielt grundsätzlich keine Rolle. Sie sind selbst dann, wenn sie, wie z. B. bei der Anschaffung eines PKW, relativ hoch sind, für die Berechnung der Jahres-AfA maßgebend. Die zur Investitionszulage ergangenen Urteile (BFH v. 2.2.1979 III R 50—51/78, BStBl. 1979 II S. 387, 388; B F H v. 2.2.1979 III R 89/78, BStBl. 1980 II S.340, 341) finden hier keine Anwendung. Die Angemessenheit von Aufwendungen darf daher nicht generell ab einer bestimmten Höhe (etwa 45000,— DM) verneint werden. Die Frage der Angemessenheit kann nur nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden, Schreiben des BdF v. 18.5.1980 IV B 2 — S 2145 — 20/ 80, v. 22.9.1980 IV B 2 — S 2145 — 31/80, StEK, §4 EStG, R 224; vgl. ferner Küffner/ Hübner, BB 1982, 902 ff. 295

§ 1 6

II

5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Der Steuerpflichtige erwirbt einen P K W für 40000,— D M , die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt 4 Jahre. Die Anschaffungskosten werden gleichmäßig auf 4 Jahre verteilt. Die jährliche A f A beträgt 25 % , also jeweils 1 0 0 0 0 — D M .

Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer muß im Einzelfall geschätzt werden. Dabei kommt es in erster Linie auf die Auffassung des Steuerpflichtigen an. Weicht seine Schätzung aber von den AfA-Tabellen 105 ab, die der Bundesminister der Finanzen unter Beteiligung der Fachverbände der Wirtschaft herausgibt, so muß er objektive Anhaltspunkte darlegen, die seine Schätzung rechtfertigen106. Wird das Wirtschaftsgut im Laufe eines Jahres angeschafft oder hergestellt, kann der Steuerpflichtige im Jahr der Anschaffung oder Herstellung grundsätzlich nur den zeitanteiligen AfA-Betrag ansetzen. Aus Vereinfachungsgründen wird jedoch bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zugelassen, daß er die ganze Jahres-AfA in Anspruch nimmt, wenn die Anschaffung oder Herstellung in der ersten Jahreshälfte erfolgte. Wird das Wirtschaftsgut in der zweiten Jahreshälfte angeschafft oder hergestellt, darf er die halbe Jahres-AfA absetzen107. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige linear oder degressiv abschreibt. Diese Vereinfachungsregel gilt aber nicht beim Ausscheiden beweglicher Wirtschaftsgüter. Ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer kauft am 1 . 3 . 0 0 eine Maschine für 80 000,— D M + 14 % USt, die eine Nutzungsdauer von 10 Jahre hat. Die jährliche A f A beträgt 8000,— D M . Nach Abschnitt 43 Abs. 10 S. 3 E S t R gilt das auch für das Wirtschaftsjahr 00.

Die lineare Abschreibung unbeweglicher Wirtschaftsgüter richtet sich nach § 7 Abs. 4 EStG. Danach beträgt die jährliche AfA 2 %, wenn das Gebäude nach dem 31.12.1924, 2,5 % , wenn es vor dem 1.1.1925 fertiggestellt worden ist. Das Gesetz geht somit von einer Nutzungsdauer von 40 oder 50 Jahren aus. Für den Beginn der Nutzungsdauer ist § 11 c EStDV maßgebend. Bei jedem entgeltlichen Eigentumswechsel beginnt die Nutzungsdauer erneut. Ein Gebäude kann also bei mehrfacher Veräußerung wiederholt abgeschrieben werden. Die Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 43 Abs. 10 S. 3 EStR gilt bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern weder bei der Anschaffung noch bei der Veräußerung. Wie beim Ausscheiden beweglicher Wirtschaftsgüter ist auch hier die AfA zeitanteilig, also pro rata temporis zu berechnen. Dabei darf der Steuerpflichtige auf volle Monate abstellen10'.

Vgl. Textsammlung Steuertabellen, N r . 1/6, C . H . Beck-Verlag. Vgl. F G Schleswig-Holstein v. 7.11.1979 II 77/76 (IV), E F G 1980, 174f. m. w . N . 107 Vgl. Abschnitt 43 Abs. 10 S.3 EStR. 10» Vgl. Bp-Kartei, O F D Düsseldorf, Köln und Münster, Konto A f A , Abschnitt III 2 a; Hertmann!Heuer!Kaupach, § 7 Anm. 166.

105 106

296

§16

Die Bewertung

II 5

(2) Degressive AfA Nach § 7 Abs. 2 EStG können bewegliche Wirtschaftsgüter auch degressiv abgeschrieben werden. Bei dieser Abschreibungsmethode sind die Absetzungsbeträge im ersten Jahr am höchsten, während sie in den Folgejahren abnehmen. Es handelt sich somit um eine Absetzung in fallenden Jahresbeträgen. Diese Abschreibung gibt den tatsächlichen Wertverzehr eines Wirtschaftsgutes wieder, der in den ersten Jahren erfahrungsgemäß am größten ist. Für die degressive Abschreibung gibt es verschiedene Methoden: Bei der geometrisch-degressiven AfA (Buchwertabsetzung) wird die jährliche AfA nach einem gleichbleibenden Prozentsatz vom jeweiligen Buchwert ermittelt. Die Absetzungsbeträge bilden eine geometrische Reihe. Die degressive AfA darf höchstens 30 % des Buchwerts betragen und nicht das Dreifache des Jahresbetrages der linearen AfA übersteigen, § 7 Abs. 2 S. 2 EStG. Ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer kauft am 1 . 3 . 0 0 eine Maschine für 1 0 0 0 0 0 , — D M + 1 4 % USt, die eine Nutzungsdauer von 10 Jahren hat. Die lineare A f A beträgt 10 % . Nach der geometrisch-degressiven Methode ist im 1. Jahr ein Höchstsatz von 3 0 % = 3 0 0 0 0 , — D M zulässig. In den weiteren Jahren ergeben sich folgende AfA-Beträge: AB

AfA

100000

30000 21000 14 700 10290 7203 5 043 3 530 2 471 1729 (1211)

Buchwert 70000 49000 34 300 24010 16 807 11 764 8 234 5 763 4 034 (2 823) 0

31.12.00 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 31.12.05 31.12.06 31.12.07 31.12.08 31.12.09

Der Restbuchwert im 10. Jahr ( = Jahr 09) i . H . v . 2 8 2 3 , — D M kann, weil die Nutzungsdauer abgelaufen ist, in diesem Jahr in vollem Umfang abgesetzt werden. Betrüge die Nutzungsdauer der Maschine 2 0 Jahre, ergäbe sich ein maximaler Abschreibungssatz von 15 % (das Dreifache der linearen AfA von 5 % ) . Hätte die Maschine eine Nutzungsdauer von 5 Jahren, dürfte sie jährlich nur i. H . v. 30 % (nicht nach dem dreifachen linearen Satz von 20 % = 60 % ) abgeschrieben werden, § 7 Abs. 2 S. 2, 2. H S E S t G .

Zum 31.12.06, also nach Ablauf von 7 Jahren, beträgt der Buchwert 8234,— DM. Der Steuerpflichtige könnte, wenn er weiter degressiv abschriebe, eine JahresAfA i. H. v. 2471,— DM in Anspruch nehmen. Für ihn ist es vorteilhaft, wenn er gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 EStG von der degressiven AfA auf die lineare AfA übergeht. Er muß dann gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 EStG den Restbuchwert von 8234,— DM auf die 297

§16

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

verbleibende Nutzungsdauer von 3 Jahren verteilen. Daraus ergibt sich ein jährlicher AfA-Betrag i. H . v. 2745,— DM. Auch unabhängig von diesem Vorteil kann der Ubergang von der degressiven zur linearen A f A geboten sein, falls er eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche A f A ( A f a A ) vornehmen will. Diese ist bei Wirtschaftsgütern unzulässig, bei denen die A f A degressiv bemessen wird, § 7 Abs. 2 S. 4 EStG. Hat der Steuerpflichtige in den Vorjahren degressiv abgeschrieben, muß er in dem Jahr, in dem er die AfaA vornehmen will, zur linearen A f A übergehen. Der umgekehrte Wechsel, also die Umstellung von der linearen auf die degressive A f A , ist unzulässig, § 7Abs. 3 S. 3 EStG. Bei der arithmetisch-degressiven (digitalen) AfA109 wird die jährliche Abschreibung mit gleichmäßig abnehmenden Beträgen von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt. Bestimmte Bruchteile der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ergeben die jährliche Abschreibungsquote. Sie nimmt in einer arithmetischen Reihe jährlich um den gleichen Betrag ab. Für die Ermittlung des Abschreibungsfaktors ist die Summe der Nutzungsjahre von Bedeutung. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung bestimmt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, in den Folgejahren die jeweilige Restnutzungsdauer den Zähler des Bruches. Sein Nenner ist die Summe der Nutzungsjahre; bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 5 Jahren beträgt e r ( l + 2 + 3 + 4 + 5 = ) 1 5 . U m sich die Addition der Nutzungsjahre zu ersparen, kann der Nenner auch nach der Formel n+1 —

n

errechnet werden (n = Anzahl der Jahre der betriebsgewöhnlichen Nutzung). Bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 7 Jahren ergibt sich folgender Nenner: 2

• 7 = 28

Den Abschreibungsverlauf bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. H. v. 100000,— D M veranschaulicht folgendes Beispiel: AB

Bruchteil am

100000

31.12.00 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 31.12.05 31.14.06

109

Siehe im einzelnen Siegel,

298

7/28 6/28 5/28 4/28 3/28 2/28 1/28

StuW 1979, 314 ff.

AfA-Betrag

Buchwert

25 000 21429 17858 14286 10715 7143 3 569 (1/28 = 3 572)

75 000 53 571 35 713 21427 10712 3569 0

Die Bewertung

§16

II 5

Die digitale Abschreibung ist, wenn auch nur mit Einschränkungen, im Steuerrecht zulässig. Nach § 7 Abs. 2 S. 3 EStG, § 11 a EStDV darf sie nicht angewandt werden, wenn sich für das erste Jahr oder für die ersten 3 Jahre der Nutzung ein höherer Abschreibungsbetrag ergibt als bei der geometrisch-degressiven AfA. Die digitale A f A ist daher bei Wirtschaftsgütern erlaubt, die eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mehr als 6 Jahren haben. Im übrigen ist sie ausgeschlossen. Eine weitere degressive Abschreibungsmethode ist die Abschreibung in StaffelsätzenDabei wird die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer in verschiedene Abschnitte (Staffeln) zerlegt. Für die Jahre einer Staffel ist der Prozentsatz der Abschreibung jeweils gleich. Ein Wirtschaftsgut mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 10 Jahren kann z.B. in den ersten 4 Jahren mit 1 5 % , in den folgenden 2 Jahren mit 1 0 % und in den verbleibenden 4 Jahren mit 5 % abgeschrieben werden.

Das Steuerrecht läßt die degressive Abschreibung in Staffelsätzen grundsätzlich zu. Es gelten aber auch hier, wie bei der digitalen Abschreibung, die Einschränkungen nach § 7 Abs. 2 S. 3 EStG, § 11 a Abs. 1 EStDV. Bei Gebäuden, die der Steuerpflichtige selbst hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat, richtet sich die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG. Danach können im Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung und in den folgenden sieben Jahren jeweils 5 %, in den nächsten sechs Jahren jeweils 2 , 5 % und in den restlichen 36 Jahren jeweils 1,25% der Herstellungs- oder Anschaffungskosten abgeschrieben werden. Es kommt nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige das Gebäude zu Beginn des Jahres oder erst am Jahresende angeschafft oder hergestellt hat. Obwohl die Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 43 Abs. 10 EStR nicht für Gebäude und Gebäudeteile gilt, steht ihm gemäß § 7 Abs. 5 EStG auch im Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung schon der volle Jahresbetrag zu'". Wird das Gebäude angeschafft, kann es der Erwerber nur degressiv abschreiben, wenn der Hersteller weder degressive AfA noch erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen in Anspruch genommen hat, § 7 Abs. 5 S. 2 EStG. Veräußert der Steuerpflichtige das Gebäude, muß er die AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zeitanteilig berechnen112. Bei der Gebäudeabschreibung sieht das Gesetz einen Ubergang von der degressiven zur linearen A f A nicht vor. Der Steuerpflichtige könnte also eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nicht in Anspruch nehmen. U m ihm dies trotzdem zu ermöglichen, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn er auch bei einem Gebäude, das degressiv abgeschrieben wird,

110 111

112

Vgl. Siegel, StuW 1979, 314 ff. BFH v. 1 9 . 2 . 1 9 7 4 VIII R 114/69, BStBl. 1974 II S.704, 705; Abschnitt 42 Abs. 5 S.3 EStR; für ein Wahlrecht Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 Anm. 486 und Schmidt/Drenseck, § 7 Anm. 15 e. BFH v. 1 8 . 8 . 1 9 7 7 VIII R 93/74, BStBl. 1977 II S. 835, 836. 299

§16

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen nach § 7 Abs. 1 S. 4 EStG vornimmt" 3 . Immaterielle Wirtschaftsgüter darf der Steuerpflichtige nach herrschender Meinung114 nicht degressiv abschreiben; bei ihnen ist lediglich eine lineare Abschreibung zulässig. Die Anschaffungskosten für ein Nießbrauchrecht, für Bierlieferungsrechte oder die Ablösesumme für einen Fußballspieler sind demgemäß auf die Laufzeit des erworbenen Rechts oder die Vertragsdauer zu verteilen115. (3) Leistungsabschreibung Es ist betriebswirtschaftlich sinnvoll, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die tatsächliche Inanspruchnahme eines Wirtschaftsgutes zu verteilen. Dies kann z. B. aufgrund der Fahrleistung, der hergestellten Stückzahl oder der tatsächlich geleisteten Maschinenstunden geschehen. Zur Berechnung ist es erforderlich, die Gesamtleistung des Wirtschaftsgutes zu ermitteln. Die Kosten für die einzelne Einheit ergeben sich aus der Verteilung der Anschaffungskosten auf die (geschätzte) Gesamtleistung des Wirtschaftsgutes. Die jährliche AfA folgt demgemäß aus der Anzahl der jährlich erbrachten Leistungseinheiten, multipliziert mit den (aufgeteilten) Kosten pro Leistungseinheit. Betragen die Anschaffungskosten eines Mähdreschers 80000,— D M und geht man von einer Gesamtbetriebsstundenzahl von 4000 aus, so kostet die einzelne Betriebsstunde 20,— D M . Wird der Mähdrescher im ersten Jahr 420 Stunden eingesetzt, beträgt die Jahres-AfA 8400,— D M . In den Folgejahren bestimmt jeweils der tatsächliche Arbeitseinsatz die Höhe der AfA.

Die Leistungs-AfA ist bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, bei denen es wirtschaftlich begründet ist, steuerrechtlich zugelassen, § 7 Abs. 1 S. 3 EStG. Eine Begrenzung des Abschreibungssatzes besteht nicht. Allerdings bleiben gebrauchsfremde Abnutzungen unberücksichtigt. (4) Absetzung für Substanzverringerung Bei Wirtschaftsgütern, die einen Verbrauch der Substanz mit sich bringen, sieht § 7 Abs. 6 EStG Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) vor. Diese Abschreibung kommt vor allem bei dem Abbau von Kohle, Salz, Steinen, Sand, Kies, Torf sowie bei der Förderung von Erdöl und Erdgas, nicht aber bei Wasser 1 " in Betracht. Die AfS gleicht nicht einen Wertverlust aus, der durch den Abbau der Bodenschätze entsteht, ihr Sinn und Zweck besteht vielmehr darin, die Anschaffungskosten auf den Nutzungszeitraum zu verteilen 1 ". Deshalb scheidet die AfS aus, wenn der Bodenschatz erst nach der Anschaffung des Grund und Bodens entdeckt wird; es fehlt an einem Entgelt für den Bodenschatz, § 11 d Abs. 2 EStDV. 1,3 1H 115 116 117

Vgl. Abschnitt 42 a Abs. 7 S. 2 EStR; Schellenberger, FR 1980, 25, 33 f. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, §7 Anm. 343 m. w. N . Vgl. BFH v. 12.12.1968 IV 27/64, BStBl. 1969 II S.238f. B F H v. 30.10.1967 VI 331/64, BStBl. 1968 II S.30, 35. B F H v. 14.2.1978 VIII R 176/73, BStBl. 1978 II S.343, 344.

300

Die Bewertung

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II

5

Die AfS nach § 7 Abs. 6 E S t G setzt voraus, daß mit der Erschließung des Bodenschatzes begonnen wird oder mit ihr zu rechnen ist118. Allein die Existenz eines Bodenschatzes begründet also die Inanspruchnahme der AfS nicht. Die A f S kann als lineare oder als Leistungs-AfA berechnet werden. Bei der linearen A f A sind die Anschaffungskosten gleichmäßig auf die voraussichtliche Dauer der Ausbeutung zu verteilen. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für die Leistungs-AfA, ergibt sich die jährliche A f A aus dem Verhältnis der im Wirtschaftsjahr abgebauten zur (geschätzten) Gesamtsubstanz 1 ": _ Anschaffungskosten X jährliche Fördermenge Gesamtsubstanz Erwirbt der Steuerpflichtige das Abbaurecht für eine Million Tonnen Kies und zahlt er hierfür zwei Millionen D M , so richtet sich die jährliche A f A nach dem tatsächlichen Abbau. Baut er 100000 Tonnen ab, kann er 200000,— D M abschreiben, baut er 300000 Tonnen ab, 600000,—DM.

bb) Außerordentliche

Abschreibungen

Das Steuerrecht kennt zwei außerordentliche Abschreibungen, die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) und die Teilwertabschreibung. (1) Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung Nach § 7 Abs. 1 S. 4 E S t G gibt es Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung. Eine außergewöhnliche technische Abnutzung liegt vor, wenn die Substanz des Wirtschaftsgutes über die normale Abnutzung hinaus beeinträchtigt wird. Dies kann durch Beschädigung oder Zerstörung geschehen, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Steuerpflichtige schuldhaft oder schuldlos handelt. Eine bloße Wertminderung begründet die A f a A nicht. Es ist immer Voraussetzung, daß durch die außergewöhnliche Abnutzung die Nutzungsmöglichkeit nachteilig beeinflußt wird. Eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung tritt ein, wenn die wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit gemindert ist, weil z. B. das eingesetzte Wirtschaftsgut aufgrund des technischen Fortschritts veraltet ist. O b die Minderung der Rentabilität eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung begründet, ist umstritten 120 . Streitig ist auch, ob allein die Verkürzung der Nutzungsdauer ausreicht, um eine A f a A zu begründen. Dies wird von der herrschenden Meinung 121 bejaht.

120 121

Vgl. B F H v. 2 3 . 6 . 1 9 7 7 IV R 17/73, BStBl. 1977 II S. 825, 826; B F H v. 14.2.1978 VIII R 176/73, BStBl. 1978 II S.343, 344. Vgl. Blümich/Falk, § 7 A n m . VIII 5. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 Anm. 227. Vgl. Littmann, § 7 Rdn. 108-112; Schmidt/Drenseck, § 7 Anm. 9 b und die Nachweise bei Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 Anm. 220, die allerdings die A f a A verneinen und annehmen, der Restbuchwert sei auf die Restnutzungsdauer zu verteilen. 301

§16

II

5

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Hat der Steuerpflichtige für 80 000,— D M einen Mähdrescher gekauft, seine betriebliche Nutzungsdauer auf 10 Jahre geschätzt und stellt er nach Ablauf von 4 Jahren fest, daß der Mähdrescher infolge übermäßiger Inanspruchnahme nur noch 4 Jahre nutzbar sein wird, so kann er im 5. Jahr eine AfaA bilden, die sich wie folgt berechnet: Bisherige A f A bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 8 Jahren: 4 x 10000,— D M = 40000,— DM Bisher in Anspruch genommene A f A : AfaA = Verbleibender Restwert:

4x

8 000,— D M = 32000,— DM 8000,—DM 40000,— DM

Der Restwert von 40 000,— D M wird auf die Restnutzungsdauer von 4 Jahren verteilt, so daß der Steuerpflichtige jährlich 10000,— D M abschreiben kann.

Die AfaA setzt voraus, daß die regelmäßige AfA nicht degressiv berechnet worden ist, § 7 Abs. 2 S. 4 EStG. Hat der Steuerpflichtige zunächst degressiv abgeschrieben, muß er zur linearen AfA übergehen, um die Voraussetzungen für die AfaA zu schaffen. Die Frage, ob er die AfaA vornehmen muß oder ob er ein Wahlrecht hat, ist streitig. Nach der herrschenden Lehre'" besteht eine Absetzungspflicht. Der Wortlaut, der Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 S.4 EStG sprechen aber, worauf Drenseckm zu Recht hinweist, für ein Wahlrecht. Hat der Steuerpflichtige sich allerdings in der Handelsbilanz für die AfaA entschieden, so ist er auch für die Steuerbilanz daran gebunden. (2) Teilwertabschreibung Setzt der Steuerpflichtige zum Bilanzstichtag ein Wirtschaftsgut gemäß § 6 Abs. 1 N r . 1 und N r . 2 EStG mit dem niedrigeren Teilwert an, bezeichnet man dies als Teilwertabschreibung. Die „Teilwertabschreibung" ist also keine AfA im üblichen Sinn, sondern nichts anderes als die Bewertung des Wirtschaftsgutes mit dem Teilwert. § 6 Abs. 1 N r . 1 und Nr. 2 EStG gibt dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht. Aus diesem wird aber eine Pflicht zur Vornahme der „Teilwertabschreibung", wenn er nach den handelsrechtlichen Bestimmungen gezwungen ist, den niedrigeren Wert anzusetzen. Das gilt, wie bereits dargelegt, beim Umlaufvermögen stets, §155 Abs. 2 AktG, und beim Anlagevermögen, falls eine dauernde Wertminderung eingetreten ist, § 154 Abs. 2 AktG. Sofern auch das Handelsrecht dem Steuerpflichtigen ein Bewertungswahlrecht einräumt, steht es ihm frei, das Wirtschaftsgut mit den Anschaffungskosten, abzüglich der AfA, mit dem niedrigeren Teilwert oder mit einem beliebigen Mittelwert zu bilanzieren. 122

Vgl. BFH v. 22.11.1968 VI R 182/67, BStBl. 1969 II S. 160f.; Knobbe-Keuk, §5 IV 3 b aa, S. 120; Littmann, § 7 Rdn. l i l a . Schmidt/Drenseck, § 7 A n m . 9 d; ebenso FG Rheinland-Pfalz v. 23.4.1975 I 108/73, EFG 1975, 457, 458; Blümich/Falk, § 7 Anm.VII 4; Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 Anm.230 m. w. N .

302

Die Bewertung

§16

II 5

Die Teilwertabschreibung ähnelt der AfaA. Es bestehen aber die folgenden Unterschiede: — Für eine Teilwertabschreibung genügt eine Wertminderung, eine Nutzungsbeeinträchtigung des Wirtschaftsgutes ist nicht erforderlich. •— Teilwertabschreibungen sind unabhängig von der Ursache der Wertminderung, die AfaA ist dagegen nur zulässig, wenn eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung eingetreten ist. — Teilwertabschreibungen sind bei allen Wirtschaftsgütern zulässig, auch bei nichtabnutzbaren. — Teilwertabschreibungen können unabhängig von der Abschreibungsmethode vorgenommen werden, sie sind auch neben der AfaA zulässig. -— Die AfaA kann zu einem Buchwert führen, der unter dem Teilwert liegt. cc)

Sonderabschreibungen

Das Ertragssteuerrecht kennt eine Vielzahl von Abschreibungsvergünstigungen. Sie werden teils Sonderabschreibungen (geplanter § 7 g, §51 Abs. 1 N r . 2 n , u, w und §51 A b s . 2 EStG), teils erhöhte Absetzungen ( § § 7 b , 7d, §51 Abs. 1 N r . 2 q , x, y, §51 Abs. 2, Abs. 3, §54 EStG, § 82 a, g, i EStDV), Bewertungsfreiheiten (§§7e, 7f EStG, §§75, 79, 81, 82, 82 d, 82 e, 82 f EStDV) oder Abschreibungsfreiheiten (§51 Abs. 1 N r . 2 i, k EStG) genannt. Mit allem verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, über die vorgesehenen Steuererleichterungen Subventionen zu gewähren. Dies geschieht, indem der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes in einem U m f a n g kürzen darf, der weit über die regelmäßige A f A hinausgeht. Dadurch erhält er in der Regel kein Steuergeschenk; von Progressionsvorteilen abgesehen, tritt grundsätzlich nur eine Steuerstundung ein. Sonderabschreibungen dienen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen. Der Gesetzgeber räumt sie ein, um in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Wirtschaft zu beleben, weil er glaubt, ein Unternehmer erwerbe ein Wirtschaftsgut eher, wenn er es erhöht abschreiben könne. Es soll auch Einfluß auf sektorale, personale oder regionale Wirtschaftsentwicklungen genommen werden. Zur Zeit werden folgende Maßnahmen durch Sonderabschreibungen gefördert: — der Bau von Einfamilien-, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen ( § 7 b EStG), — Altbaumodernisierungen ( § 8 2 a EStDV), — Baumaßnahmen nach dem Städtebauförderungsgesetz (§ 82 d EStDV), — die Errichtung von Schutzräumen (§ 7 SchutzbauG), — Maßnahmen des Umweltschutzes (§ 7 d EStG), — bestimmte Investitionsmaßnahmen von Vertriebenen und Verfolgten (§ 7 e EStG), — bestimmte Objekte in der Land- und Forstwirtschaft (§§ 76—78 EstDV) und im Kohle- und Erzbergbau (§81 EStDV), -— private Krankenanstalten (§ 75 EStDV), — Handelsschiffe, die Seefischerei, Luftfahrzeuge (§ 82 f EStDV) und 303

§16

II 7

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

— Investitionen in Berlin (§ 14 ff BerlinFG) und im Zonenrandgebiet (§ 3 Abs. 2 ZonenRFG). Der Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1984 (BR-Drucks. 303/83, S. 5 ff.) sieht weitere Sonderabschreibungen vor: — Kleine und mittlere Betriebe (Einheitswert nicht mehr als 120 000,— D M , Gewerbekapital nicht mehr als 500000,— DM), die nach dem 18.5.1983 neue bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anschaffen oder herstellen, können diese nach § 7 g EStG im Jahr der Anschaffung oder Herstellung neben der A f A nach § 7 Abs. 1 oder 2 EStG zusätzlich in Höhe von 10 % abschreiben. — §51 Abs. 1 Nr. 2 EStG ermächtigt die Bundesregierung zum Erlaß einer Rechtsverordnung über Sonderabschreibungen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Forschung oder Entwicklung dienen und nach dem 18.5.1983 angeschafft oder hergestellt worden sind. Gemeinsame Vorschriften für erhöhte Absetzungen und für Sonderabschreibungen enthält § 7 a EStG. So bestimmt Absatz 3 dieser Vorschrift, daß neben einer Sonderabschreibung zwingend die regelmäßige A f A nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 4 E S t G anzusetzen ist. Die Inanspruchnahme degressiver A f A ist dagegen zusammen mit einer Sonderabschreibung nicht zulässig, § 7 a Abs. 4 EStG. Erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen können für ein Wirtschaftsgut auch dann nur nach einer Begünstigungsvorschrift in Anspruch genommen werden, wenn das Wirtschaftsgut aufgrund mehrerer Vorschriften begünstigt sein sollte (Kumulierungsverbot), § 7 a Abs. 5 EStG. Gehört das begünstigte Wirtschaftsgut mehreren Beteiligten, so dürfen sie die erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen nur einheitlich vornehmen. Erfüllen nicht alle Beteiligte die Begünstigungsvoraussetzungen, werden die Steuervergünstigungen anteilig den Beteiligten gewährt, bei denen die Voraussetzungen vorliegen, § 7 a Abs. 7 EStG. Schließlich ordnet § 7 a Abs. 8 E S t G bestimmte Aufzeichnungspflichten an. 6. Zuschreibungen Zuschreibungen sind buchmäßige Erhöhungen des letzten Bilanzansatzes, die nicht aufgrund einer Bestandsänderung erfolgen. Handelsrechtlich sind sie bei allen Vermögensgegenständen zulässig 1 ". Steuerrechtlich ist zu unterscheiden. Beim abnutzbaren Anlagevermögen sind Zuschreibungen nicht zulässig; nach §6 Abs. 1 N r . 1 S. 4 EStG darf der Bilanzansatz dieser Wirtschaftsgüter nicht über den letzten Bilanzansatz hinausgehen. Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens und beim Umlaufvermögen sind Zuschreibungen erlaubt. Nach §6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 E S t G kann der Steuerpflichtige den Teilwert auch dann ansetzen, wenn er höher ist als der letzte Bilanzansatz. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden allerdings auch hier die Obergrenze. 124

Vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, Band 1, 4. Aufl. 1968, §154 T z . 87, 88.

304

§16

Die Bewertung

II

7

H a t ein Steuerpflichtiger Waren, die er in Ol für lOOOOO,— DM eingekauft hat, zum 31.12.01 mit dem niedrigeren Teilwert i. H . v . 80000,— D M bilanziert, kann er sie zum 31.12.02 mit 90000,— D M ansetzen, wenn der Teilwert auf diesen Betrag gestiegen ist. Er kann sie dann auch mit 85 000,— D M bilanzieren, also einen Mittelwert ansetzen. Steigt der Teilwert allerdings auf 110000,— DM, darf er die Ware höchstens mit 100000,— D M bewerten; die ursprünglichen Anschaffungskosten darf er nicht überschreiten. 7. B e w e r t u n g der e i n z e l n e n V e r m ö g e n s a r t e n n a c h § 6 E S t G a) Schematische Darstellung Anschaffungskosten Herstellungskosten Teilwert

des §6 Abs. 1 =AK =HK =TW

Vermögensart

EStG

Bewertungsvorschrift §6 Abs. 1

abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

Nr. 1

nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens Nr. 2

Umlaufvermögen Verbindlichkeiten Entnahmen

Nr. 3 Nr. 4

Einlagen

Nr. 5

b)

Bilanzansatz

AK oder H K , vermindert um die AfA; gegebenenfalls niedrigerer TW

AK oder H K , gegebenenfalls niedrigerer TW AK oder höherer TW TW, ausnahmsweise Buchwert TW, höchstens fortgeführte AK oder H K

Einzelfragen

aa) Behandlung

des

Firmenwerts

D e r F i r m e n w e r t ( G e s c h ä f t s w e r t ) ist ein immaterielles W i r t s c h a f t s g u t , das h a n d e l s r e c h t l i c h aktiviert w e r d e n darf ( § 1 5 3 A b s . 5 S. 2 A k t G ) , s t e u e r r e c h t l i c h aktiviert w e r d e n m u ß , w e n n er entgeltlich e r w o r b e n w o r d e n ist (derivativer F i r m e n w e r t ) , § 5 A b s . 2 E S t G . E r b e s t e h t , w i e dargelegt 1 ", in d e m M e h r w e r t , d e r ü b e r die T e i l w e r t e der einzelnen Wirtschaftsgüter hinausgeht. G e m ä ß § 1 5 3 A b s . 5 S. 3 A k t G läßt das H a n d e l s r e c h t die p l a n m ä ß i g e A b s c h r e i b u n g des F i r m e n w e r t s z u . D a s S t e u e r r e c h t v e r b i e t e t die A b s c h r e i b u n g ; n a c h § 6 A b s . 1 N r . 2 E S t G w i r d d e r F i r m e n w e r t als n i c h t a b n u t z b a r e s W i r t s c h a f t s g u t a n g e s e h e n . D i e Rechtsprechung 1 2 6 125 126

Vgl. oben § 15 II 4 b bb, S. 257f. BFH v. 15.4.1958 I 61/57 U, BStBl. 1958 III S.330, 331; BFH v. 2.2.1972 I R 96/70, BStBl. 1972 II S. 380, 381; B F H v. 23.1.1975 IV R 166/71, BStBl. 1975 II S. 381, 382. 305

20

Tiedtke, Einkommensteuer

§16

II 7

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

macht allerdings für den Firmenwert der Freiberufler eine Ausnahme. Da er sich in besonders starkem Maße aus dem persönlichen Arbeitseinsatz und dem Vertrauensverhältnis ergebe, das zwischen dem Freiberufler und seinen Mandanten bestehe, sei der Praxiswert in der Regel, verteilt auf drei bis fünf Jahre, von dem Erwerber linear abzuschreiben, weil er sich in dieser Zeit nach der Übernahme der Praxis durch einen anderen verflüchtige. Voraussetzung für die Abschreibbarkeit ist allerdings, daß der Freiberufler aus der Praxis ausscheidet. Bringt er sie in eine Sozietät ein, bleibt er also weiterhin tätig, so soll er nach der Auffassung des BFH 127 nicht berechtigt sein, einen aufgedeckten Praxiswert abzuschreiben. Die Ansicht des BFH, nur ein Praxiswert sei abschreibbar, ist nicht überzeugend. Die Gründe, auf die der B F H seine Auffassung stützt, gelten in gleichem Maße für die Abschreibbarkeit eines Firmenwerts bei (kleinen) Gewerbetreibenden. Auch bei ihnen steht der persönliche Arbeitseinsatz im Vordergrund. Die Rechtsprechung des B F H wird daher in der Rechtslehre 128 allgemein abgelehnt. Die Rechtsprechung w i r d um so unverständlicher, wenn sie firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter (z. B. den Kundenstamm' 29 , ein befristetes Wettbewerbsverbot 130 oder ein befristetes Lizenzrecht 131 ) als abnutzbar und damit abschreibungsfähig behandelt. Damit ergibt sich die zusätzliche Frage, wann Teile des Firmenwerts von diesem abgrenzbar und als selbständige Wirtschaftsgüter anzuerkennen sind. Teilwertabschreibungen auf den Firmenwert sind zulässig. Die Teilwertabschreibung ist begründet, wenn sich der Erwerb des Betriebes als Fehlmaßnahme erweist oder seine Ertragskraft sinkt. Die Schwierigkeiten bestehen in der Praxis darin, den Teilwert zu ermitteln. Er muß letztlich geschätzt werden. Nach der Rechtsprechung 132 sind die direkte Methode, die indirekte Methode und die Mittelwertmethode anerkannt. „Dabei ist jedoch", wie der BFH133 ausführt, „zu beachten, daß es sich bei derartigen Berechnungsmethoden im Grunde um Schätzungen nach erarbeiteten Faustregeln handelt, deren Ergebnisse für sich allein keinen echten Nachweis für das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des betreffenden Geschäftswertes darstellen können". Es müssen sich vielmehr aus anderen Umständen Anhaltspunkte für die Verringerung des Geschäftswertes ergeben. Diese können sehr vielschichtig sein. Der Steuerpflichtige müßte im einzelnen vortragen, der Geschäftswert sei durch Verschlechterung einzelner den Geschäftswert bildender Faktoren gesunken. Er könnte z. B. darlegen, der gute Ruf der Erzeugnisse, die gute örtliche Lage und gewerbliche Schutzrechte bestünden nicht mehr, die Transportmöglichkeiten und die Kreditwürdigkeit seien beeinträchtigt oder ein Großun127

U. v. 2 3 . 1 . 1 9 7 5 IV R 166/71, BStBl. 1975 II 381, 382.

128

Vgl. Biergans,

129 130 131 132

133

S. 139, 140; Herrmann/Heuer/Raupach,

§6 Anm.840ff., 865, 869 ff.

m . w . N . ; Knobbe-Keuk, §5 X, S. 150; Littmann, § 6 Rdn.336a; Wöhe, StuW 1980, 89ff. BFH v. 1 6 . 9 . 1 9 7 0 I R 196/67, BStBl. 1971 II S.175, 176. BFH v. 14.2.1973 I R 89/71, BStBl. 1973 II S.580. BFH v. 18.7.1972 VIII R 16/68, BStBl. 1972 II S. 884, 885. BFH v. 8 . 1 2 . 1 9 7 6 I R 215/73, BStBl. 1977 II S.409, 411; BFH v. 2 0 . 4 . 1 9 7 7 I R 234/75, BStBl. 1977 II S.607, 608; BFH v. 24.4.1980 IV R 61/77, BStBl. 1980 II S.690, 692. U. v. 2 8 . 1 0 . 1 9 7 6 IV R 76/72, BStBl. 1977 II S.73.

306

§16

Die Bewertung

II 7

ternehmer, von dem er im wesentlichen abhängig gewesen sei, habe die Geschäftsbeziehungen beendet. Die direkte Methode134 beruht auf der Annahme, ein Firmenwert könne nur vorhanden sein, wenn nachhaltig ein sog. Ubergewinn erzielt werde. Als Ubergewinn wird ein Gewinn verstanden, der die normale Verzinsung des eingesetzten Kapitals und einen angemessenen Unternehmerlohn übersteigt. Der kapitalisierte Ubergewinn ergibt den Teilwert des Firmenwerts. Beispiel: Kapitaleinsatz Verzinsung zu 10 % Angemessener Unternehmerlohn Durchschnittlicher nachhaltig erzielbarer Gewinn Übergewinn Kapitalisiert mit Faktor ( 1 0 0 : 1 0 = ) 10

100 000 — D M 10 000,— DM 60 000— DM

70 000,— D M 75 000,— DM 5 000,— D M

Firmenwert

50000,—DM

Bei der Mittelwertmethode1)5 wird zunächst der Gesamtwert des Unternehmens ermittelt. Der Gesamtwert ist die Hälfte der Summe aus dem Substanz- und dem Ertragswert. Der Firmenwert ist der Unterschied zwischen dem Gesamtwert und dem Substanzwert, der sich seinerseits als die Summe der zum Teilwert angesetzten Wirtschaftsgüter errechnet. Ertragswert + Substanz wert H

„ ._ . „ , = Gesamtwert X substanzwert = Geschattswert

Beispiel: Voraussichtlich nachhaltig erzielbarer Bruttogewinn X ausgewiesener Unternehmerlohn jährlicher Nettogewinn (Ertrag) angemessene Kapitalverzinsung von 10%

75000,— DM 60000,— D M Ertragswert

15000,— D M 150000,— DM

angenommener

Substanzwert

100000,— D M

Ertragswert 150000 + Substanzwert 100000 B

„ = Gesamtwert 125 000,— DM

Gesamtwert 125 000,— D M X Substanzwert 100000 = Geschäftswert 25 000,— DM

Bei der indirekten Methode"'' wird der Geschäftswert durch den Abzug des Substanzwerts vom Ertragswert des Unternehmens festgestellt. Die Differenz 134

135

134

Vgl. BFH v. 24.4.1980 IV R 61/77, BStBl. 1980 II S.690, 692; Viel, Bred, Renard, Die Bewertung von Unternehmungen und Unternehmungsanteilen, 5. Aufl. 1975, S. 122 ff. Vgl. B F H v. 8.12.1976 I R 215/73, BStBl. 1977 II S.409, 412 m. w . N . ; Maassen, FR 1976, 315 ff.; Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 1983, S. 56. Vgl. B F H v. 8.12.1976 I R 215/73, BStBl. 1977 II S.409, 411; Leissle, StuW 1953, Sp. 641 ff., 650f.; Papperitz, DStR 1977, 651 ff. 307

20"

§ 1 6

II

7

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

ergibt den inneren Wert des Unternehmens. Zur Ermittlung des Geschäftswerts wird vom inneren Wert ein Risikoabschlag vorgenommen. Setzt man dafür (wie regelmäßig) 50 % an, entspricht der Geschäftswert nach der indirekten Methode dem der Mittelwertmethode. Ertrags wert X Substanzwert innerer Wert des Unternehmens X 50 % Risikoabschlag Geschäftswert

150 000,— DM 100 0 0 0 , — DM 50 000,— DM 25000,—DM 25 000,— DM

Die Beispiele zeigen, warum der BFH 117 die Schätzungsmethoden allein zum Nachweis des gesunkenen Geschäftswerts nicht für ausreichend erachtet. Die Methoden kommen zu verschiedenen Ergebnissen. Nach der direkten Methode ist der Geschäftswert hier um 100 % höher als nach der indirekten und der Mittelwertmethode. bb) Bewertung

von

Forderungen

Forderungen gehören grundsätzlich zum Umlaufvermögen. Sie sind daher gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert zu bewerten. Sollte ausnahmsweise die Forderung zum Anlagevermögen zählen, so gelten die gleichen Bewertungsmaßstäbe. Der Steuerpflichtige ist jedoch, weil beim Anlagevermögen das eingeschränkte Niederstwertprinzip gilt, lediglich bei einer dauernden Wertminderung verpflichtet, die Forderung mit dem Teilwert zu bilanzieren. Von eigentlichen Anschaffungskosten einer Forderung kann man nur sprechen, wenn eine bestehende Forderung auf einen Erwerber übertragen und dieser hierfür ein Entgelt zahlt. Existiert die Forderung noch nicht, wird sie also erst begründet, dann richten sich die Anschaffungskosten der Forderung nach dem gemeinen Wert der Gegenleistung, der sich in der Regel mit dem Nennbetrag der Forderung deckt. Darlehnsforderungen sind also mit dem Nennbetrag (Rückzahlungsbetrag) anzusetzen, und zwar auch dann, falls ein Damnum (Disagio) einbehalten wird. Das Damnum ist seiner Wirkung nach ein vorab gezahlter Zins, in seiner Höhe ist ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der auf die Laufzeit des Darlehens verteilt aufzulösen ist138. Ein für vier Jahre gewährtes Darlehen von i . H . v . 100000,— DM, das i. H . v . 9 2 0 0 0 , — DM ausgezahlt wird, hat der Darlehensgeber wie folgt zu verbuchen: S

Forderungen

100000

137 138

H

S

Bank

H 92 000

U. v. 9 . 2 . 1 9 7 7 I R 130/74, BStBl. 1977 II S.412, 413. B F H v. 2 3 . 4 . 1 9 7 5 I R 236/72, BStBl. 1975 II S. 875, 876.

308

S

pRAP

H 8 000

Die Bewertung

§16

II 7

Der passive Rechnungsabgrenzungsposten i. H. v. 8000,— DM wird, der Laufzeit des Darlehens entsprechend, auf vier Jahre verteilt, also jährlich i. H. v. 2000,— DM erfolgswirksam über das GuV-Konto aufgelöst.

Auch eine unverzinsliche Darlehnsforderung ist mit ihrem Nennwert zu aktivieren'". Die Zinslosigkeit beeinflußt nicht die Anschaffungskosten, sondern den Teilwert. Bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entsprechen die Anschaffungskosten ebenfalls dem Nennbetrag der Forderung. Ein Ansatz unter dem Nennbetrag, etwa nach Abzug der Vertriebskosten und des Gewinnaufschlags, ist nicht möglich. Nach handels- und steuerrechtlicher Auffassung ist der Gewinn aus der Lieferung von Waren nicht erst beim Eingang des Gegenwerts, sondern schon mit der Lieferung verwirklicht" 0 . Forderungen in ausländischer Währung sind am Tag ihrer Entstehung nach dem Tageskurs in D M umzurechnen und mit dem Nennwert einzubuchen' 41 . Sinkt der Kurs der ausländischen Währung, ist die Forderung am Bilanzstichtag mit dem niedrigeren Teilwert zu bilanzieren. Ist der Kurs am folgenden Bilanzstichtag wieder gestiegen, kann der Steuerpflichtige den höheren Teilwert ansetzen, also eine Zuschreibung vornehmen. Den Betrag der ursprünglichen Anschaffungskosten darf er aber nicht überschreiten 142 . cc) Bewertung

von

Verbindlichkeiten

Für das Handelsrecht bestimmt § 156 Abs. 2 AktG, daß Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren sind. Für das Steuerrecht gilt § 6 Abs. 1 N r . 3 EStG. Danach sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des §6 A b s . l N r . 2 EStG anzusetzen. Dies bedeutet nach allgemeiner Auffassung 143 , daß grundsätzlich die Anschaffungskosten, gegebenenfalls der höhere Teilwert maßgebend sind. Da es bei Verbindlichkeiten jedoch keine Anschaffungskosten im eigentlichen Sinne gibt, ist unklar, worin hier die Anschaffungskosten bestehen. Eine ältere Auffassung' 44 sah im Verfügungsbetrag, also dem Betrag, der dem Schuldner nach Abzug aller Beschaffungskosten zur Verfügung stand, die Anschaffungskosten einer Verbindlichkeit. Diese Ansicht stand im Widerspruch zu § 156 Abs. 2 AktG, wonach Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivie-

140 141 142 145

144

Vgl. BFH v. 23.4.1975 I R 236/72, BStBl. 1975 II S. 875, 877; BFH v. 9.7.1981 IV R 35/ 78, BStBl. 1981 II S. 734; Döllerer, JbFfSt 1976/77, S. 196, 198; Groh, StuW 1975, 344ff.; a. A. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, Band 1, 4. Aufl. 1968, § 153 Tz. 110, die nicht auf den Nennwert, sondern auf den Barwert, also den abgezinsten Forderungsbetrag, abstellen. BFH v. 24.11.1967 VI R 71/66, BStBl. 1968 II S. 177, 178. Vgl. BFH v. 19.1.1978 IV R 61/73, BStBl. 1978 II S.295, 297. Vgl. Langel, Stbjb 1979/80, S.259, 279 ff. BFH v. 31.1.1980 IV R 126/76, BStBl. 1980 II S.491, 493; Herrmann/Heuer/Raupach, §6 Anm. 1135, 1142 ff. Vgl. BFH v. 29.6.1967 IV 131/63, BStBl. 1967 III S.670, 671. 309

§16

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

II 7

ren sind. Sie wird daher heute nicht mehr vertreten. Nach neuerer Auffassung 145 werden Verbindlichkeiten zu Recht mit dem Nennbetrag bewertet, der dem Rückzahlungsbetrag, der auch als Wegschaffungskosten bezeichnet wird, entspricht. Ist eine Verbindlichkeit kraft Gesetzes begründet (z.B. aus §§823ff. oder 812ff. BGB), so ist als Nennbetrag der Verbindlichkeit der Betrag auszuweisen, den der Schuldner aufwenden muß, um die Schuld zu tilgen. Handelt es sich um eine Darlehnsverbindlichkeit, entspricht der Nennbetrag dem Rückzahlungsbetrag. Ist der Rückzahlungsbetrag wegen eines einbehaltenen D a m nums (Disagios) oder einer Bearbeitungsgebühr höher als der Auszahlungsbetrag (Verfügungsbetrag), so ist auf der Passivseite gleichwohl der Nennbetrag (Rückzahlungsbetrag) auszuweisen. Auf der Aktivseite ist in H ö h e des Unterschiedsbetrages ein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der entsprechend der Laufzeit des Darlehens gewinnmindernd aufzulösen ist. Ein für 4 Jahre gewährtes Darlehen i . H . v . 100 000,— DM, das i . H . v . 92 000,— DM ausgezahlt wird, ist beim Darlehnsnehmer wie folgt zu verbuchen: S

Bank

92 000

H

S

aRAP

H S

Verbindlichkeiten

8000

H 100 000'

Der aktive Rechnungsabgrenzungsposten ist jährlich i. H. v. 2000,— DM über das GuVKonto gewinnmindernd aufzulösen.

Steht die Verbindlichkeit im Zusammenhang mit einer Warenlieferung, so ist sie ebenfalls mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine langfristige und un- oder geringverzinsliche Verbindlichkeit handelt. Auch eine langfristige unverzinsliche Verbindlichkeit muß der Steuerpflichtige mit dem Rückzahlungsbetrag bewerten. Das erworbene Wirtschaftsgut ist jedoch mit dem Barwert der Verbindlichkeit zu aktivieren. In H ö h e des Unterschieds zwischen dem Barwert und dem Rückzahlungsbetrag der Verbindlichkeit hat er einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, den er zeitanteilig gewinnmindernd auflösen muß 1 '". Die „sinngemäße Anwendung" des § 6 Abs. 1 N r . 2 EStG im Hinblick auf den Ansatz des niedrigeren Teilwerts bedeutet für die Bewertung von Verbindlichkeiten den Ansatz des höheren Teilwerts. Das Niederstwertprinzip für Aktivposten wandelt sich in ein Höchstwertprinzip für Passivposten um. Schulden in fremder Währung sind grundsätzlich mit dem am jeweiligen Bilanzstichtag geltenden Wechselkurs zu passivieren. Dies gilt auch, wenn der Kurs am Bilanzstichtag die ursprünglichen Anschaffungskosten übersteigt. Der voraussichtliche Rückzahlungsbetrag hat sich durch die Kurssteigerung erhöht. Nach dem für Vgl. BFH v. 31.1.1980 IV R 126/76, BStBl. 1980 II S.491, 493 m. w . N . ; § 5 VIII 1 b, S. 141. Vgl. BFH v. 19.1.1978 IV R 153/72, BStBl. 1978 II S.262, 263. 310

Knobbe-Keuk,

Bilanzberichtigung und Bilanzänderung

§17 I

Verbindlichkeiten geltenden Höchstwertprinzip, heißt es zutreffend bei Langel"7, ist die Verbindlichkeit auch in der Steuerbilanz mit dem erhöhten Rückzahlungsbetrag auszuweisen, der dem (höheren) Teilwert entspricht. dd) Bewertung von

Rückstellungen

Rückstellungen können oft am Bilanzstichtag der Höhe nach nicht festgestellt werden. Die voraussichtliche spätere Inanspruchnahme ist daher im Schätzungswege zu ermitteln. Der Schätzung darf der Steuerpflichtige weder extrem pessimistische noch extrem optimistische Erwartungen zugrunde legen148. Es ist vielmehr der Betrag anzusetzen, der mit höchster Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Nach § 156 Abs. 4 AktG ist das der Betrag, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Auch die Ansätze für Rückstellungen in der Steuerbilanz sind nur auf der Grundlage von Schätzungen möglich. Die Schätzungen müssen jedoch auf objektiv nachprüfbaren Tatsachen beruhen. Bloße Vermutungen einer künftigen schlechteren Entwicklung genügen nicht14'. Die Ungewißheit des Grundes darf die Höhe der Rückstellung nicht beeinflussen. Die Wahrscheinlichkeit, daß der Schuldner in Anspruch genommen werde, ist bei der Frage zu prüfen, ob überhaupt eine Rückstellung gebildet werden darf150. Darüber ist vorweg zu entscheiden. Den erforderlichen Rückstellungsbetrag kann der Steuerpflichtige durch Einzelrückstellungen, Sammelrückstellungen oder durch Kombination der beiden Methoden ansetzen.

§17 Bilanzberichtigung und Bilanzänderung I. Begriff Ein Steuerpflichtiger ist berechtigt, seine Bilanz jederzeit zu ändern und zu berichtigen, wenn er sie noch nicht beim Finanzamt eingereicht hat. Durch die Einreichung tritt für ihn eine Bindung ein. Eine Änderung der Bilanz ist dann nur noch möglich, wenn das Gesetz dies zuläßt. Nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG darf der Steuerpflichtige die Bilanz nach der Ubergabe an das Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Beachtung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes nicht entspricht. Darüber hinaus ist eine Änderung lediglich mit Zustimmung des Finanzamts zulässig. § 4 Abs. 2 EStG enthält, obwohl er sowohl in Satz 1 als auch in Satz 2 von einer Änderung der Bilanz spricht, zwei Fälle. In Satz 1 ist die Bilanzberichtigung geregelt, in Satz 2 die Bilanzänderung. Eine Y>\h.nzberichtigung setzt eine unrichtige Bilanz voraus. Die Berichtigung erfolgt, indem ein falscher oder unzulässiger Bilanzansatz durch einen richtigen ersetzt wird. 147 148 149 ,sc

Stbjb 1979/80, S.259, 315 f. So auch Thiel, 4.2.7, S. 161; a. A. Albach, Stbjb 1967/68, S.305, 336 ff. B F H v. 2 7 . 4 . 1 9 6 5 I 324/62 S, BStBl. 1965 III S.409, 410. B F H v. 2 7 . 1 1 . 1 9 6 8 I 162/64, BStBl. 1969 II S.247, 249. 311

§17

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Von einer Bilanzänderung spricht man, falls ein zulässiger Bilanzansatz durch einen anderen zulässigen ersetzt werden soll. Sie kommt somit nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, aufgrund von Bilanzierungs- oder Bewertungswahlrechten zwischen mehreren zulässigen Bilanzansätzen zu wählen. Die Bilanzberichtigung kann auf Antrag des Steuerpflichtigen oder von Amts wegen (§88 A O 1977), z . B . aufgrund einer Außenprüfung, durchgeführt werden. Erkennt der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist, er habe eine unrichtige Bilanz beim Finanzamt eingereicht, ist er nach § 153 Abs. 1 A O 1977 verpflichtet, die Unrichtigkeit dem Finanzamt anzuzeigen und zu beseitigen. Die Bilanzänderung geschieht ausschließlich auf Antrag des Steuerpflichtigen.

II. Bilanzberichtigung 1. Voraussetzungen Die Bilanzberichtigung setzt einen unrichtigen Bilanzansatz voraus. Als Bilanzansatz gilt der Wertansatz für jedes einzelne Wirtschaftsgut; auf eine Zusammenfassung in der Bilanz kommt es nicht an1. Er ist unrichtig, wenn er gegen zwingende Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften des Steuer- oder des Handelsrechts verstößt. Ein Bilanzierungsfehler liegt vor, wenn der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht bilanziert. Das gleiche gilt, falls er sie bilanziert, obwohl sie ihm nicht zuzurechnen sind oder zum notwendigen Privatvermögen gehören. Der Bilanzansatz ist ferner unrichtig, soweit der Steuerpflichtige gegen Bewertungsvorschriften (§§6, 7 EStG) verstoßen hat, er also z.B. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder die AfA falsch berechnet oder das Wirtschaftsgut mit dem Teilwert bilanziert hat, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren. Daß der Bilanzansatz objektiv gegen handels- oder steuerrechtliche Bilanzierungsge- oder -verböte verstößt, begründet allein eine Bilanzberichtigung nicht. Der Steuerpflichtige muß vielmehr subjektiv in der Lage gewesen sein, diesen Verstoß im Zeitpunkt der Bilanzerstellung zu erkennen. War er hierzu, auch aufgrund von wertaufhellenden Tatsachen, nicht in der Lage, ist der Bilanzansatz nicht fehlerhaft, obwohl objektiv ein Bilanzierungsfehler gegeben ist. Eine Bilanz ist vielmehr bereits dann richtig, wenn sie subjektiv richtig ist2. Ist der Bilanzansatz objektiv und subjektiv fehlerhaft, so ist die Änderung der Handelsbilanz keine Voraussetzung für die Berichtigung der Steuerbilanz; eine Bindung der Steuerbilanz an eine unrichtige Handelsbilanz besteht nicht. 2. Durchführung Wird der unrichtige Bilanzansatz erkannt, bevor der Steuerbescheid, auf den er sich auswirkt, bestandskräftig ist, ergeben sich für die Bilanzberichtigung keine Schwie1 2

Abschnitt 15 Abs. 3 EStR. Vgl. B F H v. 11.10.1960 I 56/60 U, BStBl. 1961 III S.3f.; B F H v. 14.8.1975 IV R 30/71, BStBl. 1976 II S. 88, 92.

312

Bilanzberichtigung und Bilanzänderung

§17

II 2

rigkeiten. D e r Bilanzansatz wird korrigiert und die Steuer entsprechend berichtigt. H ä u f i g wird der fehlerhafte Bilanzansatz, der sich durch die Bilanzen mehrerer J a h r e zieht, erst nach vielen Jahren bemerkt. E s stellt sich dann die Frage, o b alle Bilanzen, die den fehlerhaften A n s a t z enthalten, berichtigt werden können. N a c h der Rechtsprechung des B F H 3 sollen fehlerhafte Bilanzansätze bis zur Fehlerquelle zurück berichtigt werden können, solange die Veranlagungen noch nicht bestandskräftig sind. N a c h der Bestandskraft der Veranlagung ist eine Bilanzberichtigung nur insoweit möglich, als die Veranlagung nach den Berichtigungsvorschriften der A b g a b e n o r d n u n g ( § § 1 7 2 ff A O 1977) noch geändert werden dürfen oder die Bilanzberichtigung sich auf die H ö h e der veranlagten Steuer nicht auswirkt 4 . Eine Berichtigung ist erfolgsneutral, soweit sie den bestandskräftig festgesetzten Steuerbetrag unverändert läßt. D a s ist z. B . der Fall, wenn der Steuerpflichtige mit privaten Mitteln ein G r u n d s t ü c k erwirbt, es ausschließlich betrieblich nutzt und das G r u n d s t ü c k aufgrund einer Bilanzberichtigung erst nach vielen Jahren in die Bilanz a u f g e n o m m e n wird. Eine Gewinnauswirkung tritt nicht ein; der Erhöhung des Betriebsvermögens steht eine gleich hohe Einlage gegenüber. D i e A u f f a s s u n g , die Bilanzberichtigung sei von der Bestandskraft der Steuerveranlagung abhängig, beruht auf der Ansicht des B F H S , das der Veranlagung „zugrundeliegende Betriebsvermögen = Veranlagungsbilanz" 6 sei ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für das Entstehen der Steuerschuld. Die Berichtigung eines unrichtigen Bilanzansatzes in einer Anfangsbilanz sei demnach unzulässig, wenn diese Bilanz der Veranlagung eines früheren Jahres als Schlußbilanz zugrunde gelegen habe, die nach den Vorschriften der Abgabenordnung nicht mehr geändert werden dürfe. In diesem Falle müsse der falsche Bilanzansatz grundsätzlich in der Schlußbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch geändert werden könne, erfolgswirksam berichtigt werden. Diese A u f f a s s u n g stützt der B F H auf den G r u n d s a t z des formellen Bilanzenzusammenhangs, nachdem die Anfangsbilanz eines Jahres immer der Schlußbilanz des vorausgegangenen Jahres entsprechen müsse, wie diese der Veranlagung des Vorjahres zugrunde gelegen habe. D e r Ansicht des B F H kann nicht zugestimmt werden 7 . Eine Veranlagungsbilanz, von der der B F H ausgeht, gibt es nicht. Daß der Schlußbilanz, die einer Veranlagung zugrunde gelegen hat, Tatbestandswirkung für den Steueranspruch z u k o m m t , ist dem Wortlaut des § 4 A b s . 1 E S t G nicht zu entnehmen. Überdies sind die Folgen

3 4 5

6 7

Vgl. U. v. 27.3.1962 I 136/60 S, BStBl. 1962 III S.273, 275. Vgl. B F H v. 7.5.1969 I R 47/67, BStBl. 1969 II S.464, 465. Vgl. U. v. 9.6.1964 I 287/63 U, BStBl. 1965 III S.48, 49; v. 21.6.1972 I R 189/69, BStBl. 1972 II S. 874, 875; v. 21.10.1976 IV R 222/72, BStBl. 1977 II S. 148, 149; v. 9.9.1980 VIII R 64/79, BStBl. 1981 II S. 125, 126f.; zur Rechtsprechung des BFH vgl. ferner Woerner, DStR 1976, 623 ff. Vgl. B F H v. 27.3.1962 I 136/60 S, BStBl. 1962 III S.273, 275f. Vgl. auch Charlier, Stbjb 1977/78, S.387ff. m . w . N . ; Knobbe-Keuk, §3 IV 2, S.35; Littmann, DB 1961, 1271; ders., DB 1962, 813; S ö f f i n g , DB 1969, 185 ff. 313

§17

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

der Auffassung des B F H mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Seine Ansicht verstößt gegen den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, setzt sich über die Bestandskraft von Steuerbescheiden und über die Verjährung von Steueransprüchen hinweg. So könnte ein ursprünglich nicht erhobener Steueranspruch noch nach 100 und mehr Jahren geltend gemacht werden, wenn er auf einer Bilanzberichtigung beruhte und aufgrund des formellen Bilanzenzusammenhangs erst durch die Bilanzberichtigung zur Entstehung gelangte8. Nach alledem sind falsche Bilanzansätze unabhängig von der Bestandskraft der Veranlagungen stets bis zur Fehlerquelle zurück zu berichtigen. O b aufgrund der Bilanzberichtigung auch die durchgeführten Veranlagungen berichtigt werden können, richtet sich allein nach den Vorschriften der Abgabenordnung'. Folgt man dieser Ansicht, so ist es nicht erforderlich, wie es der BFH 1 0 tut, ausnahmsweise eine Durchbrechung des formellen Bilanzenzusammenhangs anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige mit seiner unrichtigen Bilanzierung gegen Treu und Glauben verstößt, um in Verlustjahren bewußt unterlassene Abschreibungen in späteren Jahren nachzuholen. Eine Bilanzberichtigung, die keinen Einfluß auf die Steuerschuld hat, braucht ohnehin nicht bis zur Fehlerquelle zurück durchgeführt zu werden. In einem solchen Fall ist es zulässig, die Anfangsbilanz der ersten noch nicht bestandskräftigen Veranlagung zu berichtigen. Der Bilanzenzusammenhang wird hier nicht durchbrochen. Es wird lediglich aus Vereinfachungsgründen auf die Berichtigung der Vorbilanzen bis zur Fehlerquelle verzichtet, weil sie sich nicht auf die Steuerschuld auswirkt. Einen solchen Vorgang bezeichnet man als scheinbare Durchbrechung des Bilanzenzusammenhangs. 3. Auswirkung Die Bilanzberichtigung kann erfolgsneutral über das Kapitalkonto oder erfolgswirksam über das GuV-Konto erfolgen. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: Ist ein Wirtschaftsgut noch bilanziert, obwohl es nicht mehr zum Betriebsvermögen gehört, so ist es mit dem Buchwert (nicht mit dem Teilwert) erfolgsneutral auszubuchen". Aufwendungen und Erträge, die im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsgut stehen, beeinflussen den Gewinn weder im Jahr der Ausbuchung noch in den Vorjahren. Die Berichtigung ist jedoch erfolgswirksam durchzuführen, wenn ein Wirtschaftsgut, das zum Betriebsvermögen gehört hat, durch einen betrieblich veranlaßten Vorgang aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden, versehentlich aber nicht Vgl. Söffing, D B 1969, 185, 189. ' Vgl. auch die Stellungnahme des B d F in B F H v. 27.3.1962 I 136/60 S, BStBl. 1962 III S.273, 274. 10 U . v. 3 . 7 . 1 9 5 6 I 344/55 U , BStBl. 1956 III S.250. 11 B F H v. 2 1 . 6 . 1 9 7 2 I R 189/69, BStBl. 1972 II S.874, 875f.; B F H v. 9 . 9 . 1 9 8 0 VIII R 64/79, BStBl. 1981 II S. 125, 127. 8

314

Bilanzberichtigung und Bilanzänderung

§17

II 3

ausgebucht worden ist. Dies gilt z. B. dann, wenn ein betrieblicher PKW auf einer Betriebsfahrt zerstört, aber nach wie vor in der Bilanz ausgewiesen wird12. Ist ein Wirtschaftsgut nicht bilanziert, obwohl es zum Betriebsvermögen zählt, so ist es, falls sich der Fehler bisher steuerlich ausgewirkt hat, erfolgswirksam in die Schlußbilanz einzubuchen, und zwar mit dem Wert, mit dem es bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Da die bilanzberichtigende Einbuchung ebensowenig eine Einlage wie die bilanzberichtigende Ausbuchung eine Entnahme ist, ist für die Einbuchung nicht der Teilwert, sondern der Buchwert maßgebend". Diese Auffassung führt zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn das Wirtschaftsgut bei der ersten Außenprüfung als Privatvermögen behandelt wurde, ein zweiter Außenprüfer aber, nachdem das Wirtschaftsgut (z. B. ein Grundstück) bereits veräußert ist, zu der Uberzeugung gelangt, das Grundstück sei von Anfang an notwendiges Betriebsvermögen gewesen. Es entsteht dann aufgrund einer Bilanzberichtigung ein betrieblicher Veräußerungsgewinn. Würde er der Besteuerung unterworfen, so verstieße das gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Danach kann von der Besteuerung abgesehen werden, falls ein verbindliches, in die Zukunft gerichtetes Verhalten des Finanzamts gegeben ist, auf das der Steuerpflichtige vertraut und entsprechende Vermögensdispositionen vorgenommen hat. Nach der Auffassung des BFH' 4 soll aber in der Durchführung der Veranlagung, in der das Grundstück als Privatvermögen behandelt wird, kein in die Zukunft gerichtetes Verhalten des Finanzamts liegen, so daß die Grundsätze von Treu und Glauben nicht anwendbar seien. Diese Meinung ist nicht überzeugend. Sie kann nicht, wie der BFH es tut, mit dem Hinweis auf die Abschnittsbesteuerung begründet werden. Der Steuerpflichtige muß (und tut es in der Praxis auch) auf die Entscheidungen vertrauen dürfen, die aufgrund einer Außenprüfung getroffen werden. Wenn dieser Vorgang kein in die Zukunft gerichtetes Verhalten sein soll, dann stellt sich die Frage, wann dies überhaupt einmal der Fall sei? Sollte der BFH bei dieser Auffassung bleiben, müßte dem Steuerpflichtigen auf andere Weise geholfen werden. Die Werterhöhung, die bei einem Wirtschaftsgut außerhalb der Bilanz eintritt, darf nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, also zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führen, wenn die ursprüngliche Ausbuchung des Wirtschaftsguts ausschließlich auf einer Entscheidung des Finanzamts beruhte. Zwar kann das Finanzamt seine (fehlerhafte) Auffassung ändern. Dies darf aber lediglich mit Wirkung für die Zukunft geschehen. Die Berichtigung hätte aber rückwirkende Kraft, falls das Grundstück mit dem Buchwert eingebucht würde und der Veräußerungsgewinn nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben steuerfrei bliebe. In derartigen Fällen geht daher die Wertsteigerung, die außerhalb der Bilanz eintritt, zu Lasten des Finanzamts. Für den Steuerpflichtigen 12 13 14

Vgl. Plückebaum, StLex. 3, 4/2, 7/10. Vgl. BFH v. 12.10.1977 I R 248/74, BStBl. 1978 II S. 191, 192. U. v. 11.11.1976, IV R 55/73 (nicht veröffentlicht). 315

§17

III

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

wirkt die Einbuchung wie eine Einlage. Deshalb hat sie mit dem Teilwert zu erfolgen, so daß es grundsätzlich nicht zur Entstehung eines Veräußerungsgewinns kommt.

III. B i l a n z ä n d e r u n g Bei einer Bilanzänderung wird ein zulässiger durch einen anderen zulässigen Bilanzansatz ausgewechselt. Sie setzt somit voraus, daß steuerliche oder handelsrechtliche Bilanzierungs- oder Bewertungswahlrechte bestehen. Das Gesetz gewährt dem Steuerpflichtigen nur wenige Bilanzierungswahlrechte. Er muß das notwendige Betriebsvermögen bilanzieren, und er darf das notwendige Privatvermögen nicht in der Bilanz ausweisen. Wirtschaftsgüter, die weder zum notwendigen Betriebsvermögen noch zum notwendigen Privatvermögen gehören, kann er zu gewillkürtem Betriebsvermögen machen. Insofern besteht ein Bilanzierungswahlrecht. Hat der Steuerpflichtige ein solches Wirtschaftsgut bisher als Privatvermögen behandelt, ist er nicht berechtigt, es durch eine Bilanzänderung rückwirkend als gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilanzieren. Tatsächliche Vorgänge, wie eine Veräußerung, eine Entnahme oder Einlage, dürfen durch eine Bilanzänderung weder nachgeholt noch rückgängig gemacht werden 15 . Ein solcher tatsächlicher Vorgang ist aber erforderlich, um ein Wirtschaftsgut zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu machen. Dies kann nur durch eine Einlagehandlung des Steuerpflichtigen geschehen, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr nicht erfolgt ist und durch eine Bilanzänderung nicht nachgeholt werden darf. Ein Bilanzierungswahlrecht steht dem Steuerpflichtigen z . B . gemäß § 6 a E S t G und gemäß § 6 b E S t G zu. Er kann, muß aber nicht, eine Pensionsrückstellung oder eine Reinvestitionsrücklage bilden. Im Gegensatz zu den Bilanzierungswahlrechten gibt es zahlreiche Bewertungswahlrechte. Der Steuerpflichtige ist befugt, zu wählen, welche Aufwendungen er zu den Herstellungskosten zählt, nach welcher AfA-Methode er abschreiben will (§ 7 Abs. 3 EStG), ob er die geringwertigen Wirtschaftsgüter in vollem Umfang als Betriebsausgaben absetzt, ob er eine erhöhte Abschreibung oder eine Sonderabschreibung in Anspruch nimmt, ob er ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder mit dem geringeren Teilwert bilanziert. Hat er sich für einen der möglichen Bilanzansätze entschieden, so ist er an diesen Bilanzansatz gebunden, wenn er die Bilanz beim Finanzamt eingereicht hat. Will er sie danach ändern, muß er zunächst seine Handelsbilanz entsprechend ändern und dann beim Finanzamt beantragen, daß dieses der Änderung der Steuerbilanz

" B F H v. 5 . 1 1 . 1 9 5 3 IV 38/53 U , BStBl. 1954 III S . 4 f . ; B F H v. 18.4.1973 I R 57/71, BStBl. 1973 II S. 700, 701; B F H v. 15.7.1976 I R 17/74, BStBl. 1976 II S.748, 750; B F H v. 9.4.1981 I R 191/79, BStBl. 1981 II S.620, 621. 316

Bilanzberichtigung und Bilanzänderung

§17

III

zustimmt. Da das Finanzamt über den Antrag auf Zustimmung zur Bilanzänderung im Veranlagungsverfahren entscheidet, muß der Antrag gestellt werden, bevor die Veranlagung bestandskräftig wird". O b das Finanzamt dem Antrag auf Bilanzänderung zustimmt, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Zustimmung ist erforderlich, um zu verhindern, daß das Veranlagungsverfahren verzögert wird. Das Finanzamt wird die Zustimmung regelmäßig erteilen, falls die Bilanzänderung wirtschaftlich begründet ist. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn sich der Gewinn gegenüber der Erklärung (z.B. aufgrund einer Außenprüfung) bei der Einkommensteuerveranlagung oder sich die Gewinnerwartung für das folgende Wirtschaftsjahr durch eine überraschende Gewinnerhöhung als unrichtig erweist17. Eine Bilanzänderung kommt aber auch mit dem Ziel in Betracht, den Gewinn zu erhöhen, um die Steuervergünstigung des nicht entnommenen Gewinns, § 10 a EStG, in Anspruch zu nehmen18. Nach Auffassung der Rechtslehre 1 ' ist eine Bilanzänderung auch dann wirtschaftlich begründet, wenn sich der Gewinn aus einem anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen, die Höhe anderer Einkünfte, die Sonderausgaben oder die außergewöhnlichen Belastungen wesentlich geändert haben oder (bei Kapitalgesellschaften) eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen wird. Ausnahmsweise ist das Finanzamt berechtigt, die Zustimmung zur Bilanzänderung zu verweigern. Dies kann geschehen, weil sie schuldhaft verspätet beantragt wird20 oder dazu dient, Mehrgewinne auszugleichen, die entstanden sind, weil das Finanzamt Falschbuchungen des Steuerpflichtigen rückgängig gemacht hat21. In beiden Fällen steht der Grundsatz von Treu und Glauben einer vom Steuerpflichtigen beantragten Bilanzänderung entgegen. Zu einer Bilanzänderung, die sich weder auf den Gewinn des laufenden noch der folgenden Jahre auswirkt, bedarf der Steuerpflichtige nicht der Zustimmung des Finanzamts 22 . Verweigert das Finanzamt die Zustimmung zur Bilanzänderung, ist der Steuerpflichtige nicht in der Lage, die Verweigerung als solche mit Rechtsbehelfen anzugreifen; sie ist kein Verwaltungsakt (§118 A O 1977); sie hat keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen23. Der Steuerpflichtige muß also warten, bis der Steuerbescheid ergangen ist. Mit dem Einspruch gegen den Steuerbescheid und im anschließenden Klageverfahren kann er dann geltend machen, das Finanzamt habe die Zustimmung zur Bilanzänderung zu Unrecht verweigert.

14

Vgl. BFH v. 1.2.1966 I 275/62, BStBl. 1966 III S.321, 322; Schmidt/Heinicke, 144 b. 17 Vgl. BFH v. 19.2.1976 IV R 195/75, BStBl. 1976 II S.417, 418. 18 Vgl. BFH v. 29.10.1975 I R 47/74, BStBl. 1976 II S.212, 213 f. " Streitig, vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, §4 Anm. 81 m . w . N . 20 Vgl. BFH v. 29.10.1975 I R 47/74, BStBl. 1976 II S.212, 213. 21 Vgl. BFH v. 28.6.1955 I 204/53 U, BStBl. 1955 III S.262. 22 BFH v. 22.11.1972 I R 22/71, BStBl. 1973 II S. 195, 196. 23

Schmidt/Heinicke,

§4 Anm.

§4 Anm. 144e m.w.N. 317

§18 II

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

§18 Gewinnermittlung durch Überschußrechnung, §4 Abs. 3 EStG I. Personenkreis Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen, und die auch tatsächlich (freiwillig) keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Uberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen, §4 Abs. 3 S. 1 EStG. An die Stelle des Vermögensvergleichs tritt die Ermittlung des Uberschusses der Einnahmen über die Ausgaben. Der errechnete Überschuß ist der Gewinn oder der Verlust. Zur Gewinnermittlung nach §4 Abs. 3 EStG sind demnach folgende Personen berechtigt: — Land- und Forstwirte, die ihren Gewinn nicht nach § 13 a EStG (Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen) 1 ermitteln und die nicht nach § 141 Abs. 1 A O 1977 zur Führung von Büchern verpflichtet sind; — Gewerbetreibende, die nicht unter §5 Abs. 1 EStG fallen, also jene, die nicht als Vollkaufleute handelsrechtlich und auch nicht nach § 141 Abs. 1 A O 1977 buchführungspflichtig sind; — Selbständige i. S. d. § 18 EStG, also vor allem Freiberufler, sofern sich für sie nicht aus §140 A O 1977 eine Buchführungspflicht ergibt. §141 A O 1977 erklärt ausdrücklich nur Gewerbetreibende, Land- und Forstwirte für buchführungspflichtig. Die Freiberufler sind im Gegensatz zur früheren Regelung (§161 RAO) in dieser Bestimmung nicht mehr aufgeführt. Sie sind damit, auch wenn sie die Grenzen des § 141 A O 1977 überschreiten, nicht buchführungspflichtig. Unberührt davon bleiben allerdings andere Aufzeichnungspflichten, z. B. nach § 6 Abs. 2 EStG und nach §22 UStG 2 .

II. Grundlagen Bei der Uberschußrechnung findet, anders als bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, kein Bestandsvergleich statt. Inventur, Bestandskonten und Aufzeichnungen von Geldeinlagen und Geldentnahmen sind nicht erforderlich. Es kommt nicht auf Erträge und Aufwendungen an. Erfaßt werden vielmehr nur Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Es gilt grundsätzlich das Zufluß- und das Abflußprinzip des § 11 EStG. Eine Einnahme ist zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige wirtschaftlich die Verfügungsmacht über sie erlangt hat. Dies ist z. B. der Fall, wenn er die Zahlung

1 2

Vgl. dazu unten §19, S. 329 ff. Vgl. auch Abschnitt 142 EStR.

318

Gewinnermittlung durch Überschußrechnung

§18

II

entgegengenommen hat, gegenseitige Forderungen verrechnet worden sind oder der Steuerpflichtige eine Gutschrift erhalten hat. Ein Scheckbetrag fließt ihm bereits zu, wenn er den S c h e c k entgegennnimmt 3 . W i r d ein Wechsel erfüllungshalber hingegeben, so ist die W e c h s e l s u m m e dem W e c h s e l n e h m e r zugeflossen, wenn sie ihm aufgrund der D i s k o n t i e r u n g zur Verfügung steht 4 . F ü r die B e s t i m m u n g des Zufluß- und Abflußzeitpunktes regelmäßig wiederkehrender E i n n a h m e n und Ausgaben treffen § 11 A b s . 1 S. 2 E S t G und § 11 A b s . 2 S. 2 E S t G eine Ausnahmeregelung. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung eines Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zufließen, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Entsprechendes gilt für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Als kurze Zeit i. S. dieser Vorschriften wird ein Zeitraum von 10 Tagen angesehen 5 . Regelmäßig wiederkehrend sind Einnahmen und Ausgaben, die ihrer N a t u r nach aufgrund eines bestimmten Rechtsverhältnisses wiederkehrend geleistet werden, deren W i e d e r h o l u n g (mindestens 2 oder 3 mal) in gewissen Zeitabständen also von Anfang an feststeht'. Dies gilt für Arbeitslohn, Mietzinsen, R e n t e n , Versicherungsleistungen, Bausparbeiträge und Sparzinsen. D i e Zahlungen müssen zum J a h r e s wechsel fällig sein. D i e vierteljährlichen Abschlußzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigungen 7 an ihre Vertragsärzte sind keine regelmäßig wiederkehrenden E i n n a h m e n ; über die A b r e c h n u n g und Auszahlung entscheidet ausschließlich die Kassenärztliche Vereinigung; ein fester Fälligkeits- oder Zahlungstermin ist für sie nicht vorgesehen. O b g l e i c h die Gewinnermittlung nach § 4 A b s . 3 E S t G anderen Grundsätzen folgt als der Betriebsvermögensvergleich, ist der G e w i n n von der Eröffnung bis zur Aufgabe oder Veräußerung eines Betriebes (Totalgewinn) nach beiden M e t h o d e n gleich. D i e s beruht darauf, daß im Laufe des gesamten Gewinnermittlungszeitraumes jede E i n n a h m e zu einem Ertrag und jede Ausgabe zu einem Aufwand führt. D i e Ü b e r s c h u ß r e c h n u n g nach § 4 A b s . 3 E S t G ist also eine modifizierte G e w i n n und Verlustrechnung. D i e vereinfachte Gewinnermittlung nach § 4 A b s . 3 E S t G kann j e d o c h zu Gewinnverlagerungen führen. Ein Zahnarzt, der im November des Jahres 01 eine prothetische Behandlung durchgeführt hat und von seinem Patienten das Honorar erst im Februar 02 erhält, braucht erst im Jahre 02 diese Betriebseinnahme zu versteuern. Andererseits muß ein Rechtsanwalt einen im Jahre 01 erhaltenen Vorschuß in diesem Jahr der Besteuerung unterwerfen, auch wenn er seine Leistung erst in späteren Jahren erbringt.

BFH v. 30.10.1980 IV R 97/78, BStBl. 1981 II S.305, 306 f. B F H v. 30.10.1980 IV R 97/78, BStBl. 1981 II S.305, 306 m. w . N . ; vgl. im übrigen auch Abschnitt 116 EStR. 5 BFH v. 9.5.1974 VI R 161/72, BStBl. 1974 II S. 547, 549. ' Schmidt!Heinicke, §11 Anm.4; vgl. auch Dölfel in Dölfel!Forster/Genest, Steuerrecht für Juristen, 1982, Zweiter Teil, III 2.2, S. 144 ff. 7 BFH v. 10.10.1957 IV 98/56 U, BStBl. 1958 III S. 23; Littmann, § 11 Rdn. 5.

3 4

319

§18

III

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Der Steuerpflichtige ist damit in der Lage, die Höhe des Gewinns eines Ermittlungszeitraumes selbst zu beeinflussen. Wegen der progressiven Ausgestaltung des Einkommensteuertarifs können sich dadurch bei Gewinnveränderungen Steuervorteile ergeben. Zur Ermittlung des Jahresüberschusses müssen die Betriebseinnahmen und die -ausgaben errechnet und saldiert werden.

III. Betriebseinnahmen Der Begriff der Betriebseinnahmen ist gesetzlich nicht definiert. In Anlehnung an § 4 Abs. 4 EStG werden als Betriebseinnahmen die Einnahmen angesehen, die durch den Betrieb veranlaßt sind®. Der Begriff ist für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und nach § 4 Abs. 1 EStG gleich 9 . Die Vermögenszuflüsse müssen demnach Einnahmecharakter haben, und es muß ein kausaler Zusammenhang zwischen der Einnahme und dem Betrieb bestehen. W a s allgemein im Einkommensteuerrecht als Einnahme verstanden wird, regelt § 8 Abs. 1 EStG. Danach sind Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkaufsarten nach § 2 Abs. 1 Nr. 4—7 EStG zufließen. Der Einnahmebegriff des § 8 Abs. 1 EStG gilt also unmittelbar nur für Überschußeinkünfte. Gleichwohl wird diese Vorschrift zur Bestimmung der Betriebseinnahmen herangezogen 10 . Nach überwiegender Meinung 11 gehören zu den Betriebseinnahmen nicht nur Geldzuflüsse, sondern auch Sachzuwendungen. Ein Steuerpflichtiger, der für seine betrieblichen Leistungen anstelle von Geld Sachwerte (z.B. Getreide, Kohlen, freie Wohnung, eine goldene Uhr oder eine Dienstleistung) erhält, soll nicht besser stehen als der, der sich seine Leistung in Geld vergüten läßt. Diese Auffassung führt dazu, daß die Geschäftsvorfälle doppelt erfaßt werden, einmal beim Zufluß der Sachzuwendung und zum anderen bei der Verwertung der Sache. U m dies zu vermeiden, muß die Meinung, die die Sachzuwendung als Betriebseinnahme ansieht, die erworbene Sache gleichzeitig als Betriebsausgabe berücksichtigen. Der Vorgang wird so angesehen, als hätte der Steuerpflichtige zunächst Geld vereinnahmt und mit diesem alsdann Ware erworben' 2 . Auf diese Weise wird erreicht, daß

Vgl. B F H v . 13.12.1973 I R 136/72, BStBl. 1974 II S. 210; BFH v. 1 6 . 1 . 1 9 7 5 IV R 180/71, BStBl. 1975 II S. 526, 527 m . w . N . ' B F H v . 18.3.1965 IV 47/63, HFR 1965 S. 410, 411. 10 Vgl. BFH v. 1 6 . 1 . 1 9 7 5 IV R 180/71, BStBl. 1975 II S.526, 527; Herrmann/Heuer/ 8

Raupach, 11

§ 4 Anm. 90 m. w. N.

Vgl. BFH v. 1 6 . 1 . 1 9 7 5 IV R 180/71, BStBl. 1975 II S.526, 527; Blümich/Falk,

VIII 1 b, S. 120; Schmidt/Heinicke,

§4 Anm. 81 c; Segebrecht,

rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, 5. Aufl. 1981, S. 53 f., S. 83 ff. 12

So Segebrecht,

320

a. a. O., S. 54.

§ 4 Anm.

Die Einnahme-Überschuß-

Gewinnermittlung durch Überschußrechnung

§18

III

die Sachzuwendung steuerlich erst wirksam wird, wenn der Steuerpflichtige die Sache veräußert oder entnimmt. Diese Behandlung erschwert die U b e r s c h u ß r e c h n u n g nach § 4 A b s . 3 E S t G und widerspricht dem G r u n d s a t z , § 4 A b s . 3 E S t G erfasse nur den Zufluß von Geld. E s ist daher besser, Sachzuwendungen nicht als Betriebseinnahmen anzusehen 1 3 . D a m i t bleibt die Sachzuwendung steuerlich nicht unberücksichtigt. Sie wirkt sich vielmehr aus, wenn der Steuerpflichtige sie veräußert oder entnimmt. Diese Auffassung unterscheidet sich somit im Ergebnis nicht von der Ansicht, die in der Rechtsprechung und einem überwiegenden Teil der Rechtslehre vertreten wird. W e r Sachzuwendungen als Betriebseinnahmen betrachtet, hat sie gemäß § 8 A b s . 2 E S t G mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen. Z w i s c h e n der E i n n a h m e und dem B e t r i e b muß ein Kausalzusammenhang besteh e n ; die E i n n a h m e n müssen betrieblich veranlaßt sein. E s genügt grundsätzlich ein mittelbarer Zusammenhang. Einnahmen aus H i l f s - oder Nebengeschäften sind ebenfalls Betriebseinnahmen 1 4 . Zu den Betriebseinnahmen zählen auch die E i n n a h men aus der Veräußerung von Anlagegütern 1 5 sowie vereinnahmte Umsatzsteuerbeträge 1 '. Erspart der Steuerpflichtige Aufwendungen, weil er seine eigene Arbeitskraft einsetzt, oder verzichtet er auf E i n n a h m e n , weil er unentgeltlich tätig wird, sind keine Betriebseinnahmen gegeben. Das gilt auch dann, falls er erst später auf sein Entgelt verzichtet. Ist der Verzicht allerdings privat veranlaßt, liegt eine E n t n a h m e vor, die den G e w i n n erhöht. Gelder, die der Steuerpflichtige im N a m e n und für R e c h n u n g eines anderen vereinnahmt (durchlaufende Posten), die also wirtschaftlich nicht in sein Betriebsvermögen fallen, sind keine Betriebseinnahmen, § 4 A b s . 3 S . 2 E S t G . Dies gilt für einen G e r i c h t s k o s t e n v o r s c h u ß , den ein Rechtsanwalt von seinem Mandanten erhält 1 7 , oder für die Zahlungen, die auf ein N o t a r - A n d e r k o n t o geleitet werden. N i c h t anders ist es bei Zuschüssen, die der Empfänger an Dritte weiterleiten m u ß . Kein durchlaufender Posten ist aber die Umsatzsteuer und der Vorsteuererstattungsbetrag 1 8 . V e r m ö g e n s m e h r u n g e n , die der Steuerpflichtige aufgrund einer privaten S c h e n kung, einer Erbschaft, eines Vermächtnisses oder durch Wertsteigerungen des Anlagevermögens erlangt, sind ebenfalls keine Betriebseinnahmen; es fehlt die betriebliche Veranlassung. N i m m t er ein Darlehen auf, bewirkt der Zufluß des Darlehens selbst dann keine Betriebseinnahme, wenn es betrieblich veranlaßt ist".

Ebenso Biergans, S.438, 439; Herrmann/Heuer/Raupach, §4 Anm. 90; Söffing, DStZ/A 1977, 17, 18. 14 BFH v. 18.3.1965 IV 47/63, HFR 1965 S. 410. " Vgl. Abschnitt 17 Abs. 2 EStR. 16 Vgl. Abschnitt 86 Abs. 4 EStR. 17 Vgl. Littmann, §§4, 5 Rdn. 948. 18 B F H v. 19.2.1975 I R 154/73, BStBl. 1975 II S.441, 442. " B F H v. 23.11.1978 IV R 146/75, BStBl. 1979 II S. 109, 110f. 13

321 21

Tiedtke, Einkommensteuer

§18

IV 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Diese Gelder hat der Betrieb nicht erwirtschaftet, sie sollen daher den Gewinn nicht beeinflussen. Das gleiche gilt für den Darlehnsgeber, wenn er die Darlehnsvaluta zurückerhält. Vereinnahmte Zinsen und ein einbehaltenes Damnum führen jedoch zu Betriebseinnahmen.

IV. Betriebsausgaben 1. Begriff und Zeitpunkt der Erfassung Nach § 4 Abs. 4 E S t G sind Betriebsausgaben (BA) Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Wie bei den Einnahmen genügt auch bei den Ausgaben ein mittelbarer kausaler Zusammenhang mit dem Betrieb 20 . Typische Betriebsausgaben sind Aufwendungen für Rohstoffe, Waren, Gehälter, Löhne, betriebliche Versicherungen, Zinszahlungen für Betriebsschulden (auch für Darlehnsschulden), Geldbeschaffungskosten, Miet- und Pachtzahlungen, Kfz- und Bürokosten. Durchlaufende Posten, die Rückzahlung einer Darlehnsschuld, der Wertverlust oder Schwund des Anlage- und Umlaufvermögens führen jedoch nicht zu Betriebsausgaben. Das gleiche gilt für den Einkauf und Kredit. Betriebsausgaben werden grundsätzlich im Zeitpunkt des Abflusses erfaßt, § 11 Abs. 2 E S t G . Ausgaben sind für das Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Die 10 Tages-Frist besteht auch für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Eine Ausgabe ist grundsätzlich bewirkt, wenn der Steuerpflichtige die Verfügungsmacht über den Geldbetrag wirtschaftlich verloren hat. Zahlt er mit einem Scheck, geschieht dies, sobald der Empfänger den Scheck entgegennimmt, überweist er den geschuldeten Betrag, verliert er die Verfügungsgewalt, wenn sein Konto belastet wird. 2. Abweichungen vom Abflußprinzip a) Abnutzbare

Wirtschaftsgüter des

Anlagevermögens

Aufwendungen für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens stellen nicht im Jahre der Anschaffung in voller Höhe Betriebsausgaben dar. Die Anschaffungskosten werden vielmehr im Wege der AfA auf die Nutzungsdauer verteilt, sofern nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 E S t G vorliegen. Die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung gelten für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG uneingeschränkt, § 4 Abs. 3 S . 3 EStG. Eine Teilwertabschreibung ist jedoch unzulässig. Scheidet ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens aus dem Betrieb aus, bevor es abgeschrieben ist, kann der Restbuchwert als Betriebsausgabe angesetzt werden 21 .

20

Vgl. B F H v. 2 8 . 1 1 . 1 9 8 0 VI R 193/77, BStBl. 1981 II S . 3 6 8 , 3 6 9 ; Blümich/Falk, VII 2 a, S. 70.

21

Vgl. aber auch B F H v. 7 . 1 0 . 1 9 7 1 IV R 181/66, BStBl. 1972 II S.271 ff.

322

§ 4 Anm.

§18

Gewinnermittlung durch Überschußrechnung

IV 2

Ein nicht vorsteuerabzugsberechtigter Arzt hat im Januar Ol einen P K W mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 4 Jahren erworben. Die Anschaffungskosten betrugen (einschließlich USt) 50 0 0 0 , — DM. Im Dezember des Jahres 03 veräußert er den P K W für 20 0 0 0 , — DM. Anschaffungskosten Januar 01 Jahres-AfA 01 Buchwert 3 1 . 1 2 . 0 1 Jahres-AfA 02 Buchwert 3 1 . 1 2 . 0 2 Jahres-AfA 03 Buchwert 3 1 . 1 2 . 0 3 Betriebseinnahme X Restbuchwert Gewinnauswirkung

b) Nicht abnutzbare

Wirtschaftsgüter

50000,—DM 12 5 0 0 , — D M 37500 — D M 12 500 — D M 25000 — D M 12500 — D M 12 500 — D M 20000,—DM 12 5 0 0 , — D M + 7500,—DM

des

Anlagevermögens

Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens führt erst die Veräußerung oder Entnahme zu einer Betriebsausgabe. Erst zu diesem Zeitpunkt werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten berücksichtigt, § 4 Abs. 3 S. 4 EStG. Ohne diese Regelung würden im Jahr der Anschaffung Betriebsausgaben, im Jahr der Veräußerung Betriebseinnahmen entstehen. Da erfahrungsgemäß die nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, wie z. B. Grundstücke, schnell im Wert steigen, würde die Aufdeckung der stillen Reserven durch die Veräußerung den Gewinn erheblich erhöhen. Die Steuerersparnis im Jahr der Anschaffung wäre möglicherweise wegen der progressiven Ausgestaltung des Steuertarifs deutlich geringer (oder entfiele ganz, weil der Steuerpflichtige einen Verlust erlitten hat) als die Steuermehrbelastung im Jahr der Veräußerung. O b § 4 Abs. 3 S. 4 EStG, wie Biergans22 meint, diese negativen Konsequenzen für den Steuerpflichtigen vermeiden will, erscheint fraglich. Es spricht mehr für die Annahme, diese Regelung diene dazu, es dem Steuerpflichtigen zu erlauben, durch die Anschaffung nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens seinen Gewinn zu beeinflussen; die Besteuerung der aufgedeckten stillen Reserven kann er auf andere Weise (§§ 6 b, 6 c EStG) verhindern. § 4 Abs. 3 S. 4 EStG gilt auch für selbst hergestellte Anlagegüter. Die Herstellungskosten werden erst im Jahr des Ausscheidens als Betriebsausgaben erfaßt. Darüber hinaus findet die Vorschrift auch auf nicht abnutzbare Anlagegüter Anwendung, die aufgrund der Verpflichtung zur Leistung wiederkehrender Bezüge23 oder im Wege des Tausches24 erworben worden sind. Um sicherzustellen, daß im Zeitpunkt der Veräußerung oder der Entnahme die Anschaffungs- oder Herstellungskosten noch ermittelt werden können, ist der 22 23 23 24 24

S. 383. Vgl. Abschnitt 17 Abs. 3 E S t R ; Biergans/v. Stotzingen, S. 121 ff. Vgl. Littmann, § § 4 , 5 Rdn. 973 a, b; Söffing, DStZ/A 1970, 17, 21 ff. 323

21»

§18

V 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Steuerpflichtige gemäß § 4 Abs. 3 S. 5 EStG verpflichtet, die nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in besondere Verzeichnisse aufzunehmen, in die er den Tag der Anschaffung oder Herstellung und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einzutragen hat25. c) Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens Für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gilt nichts besonderes. Die Anschaffungskosten sind Betriebsausgaben im Zeitpunkt der Anschaffung. Ihre Veräußerung führt zu Betriebseinnahmen. Es gilt in vollem Umfang das Zu- und Abflußprinzip des § 11 EStG.

V. Sonderfälle 1. Vermögensarten Bei der Uberschußrechnung gibt es notwendiges Betriebs- und notwendiges Privatvermögen. Insoweit bestehen keine Unterschiede zum Bestandsvergleich. Gewillkürtes Betriebsvermögen kann bei der Ubcrschußrechnung allerdings nicht gebildet werden 2 '. Es setzt voraus, daß der Steuerpflichtige seine Entscheidung, einen Gegenstand zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu machen, nach außen kund tut. Dies geschieht durch die Bilanzierung des Wirtschaftsgutes. Da es bei der Uberschußrechnung keine Bilanz gibt, also eine Kontrolle ausscheidet, welchem Vermögensbereich der Steuerpflichtige einen Gegenstand zugeordnet hat, ist die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen unzulässig. Daraus folgt, daß die Einnahmen aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die beim Bestandsvergleich zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörten, bei der Uberschußrechnung nicht zu Betriebseinnahmen führen. Andererseits liegen auch keine Betriebsausgaben vor, falls ein solches Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird. Wird es, wenn auch nur teilweise, betrieblich genutzt, so sind die Aufwendungen für die betriebliche Nutzung Betriebsausgaben. Ubersteigt die betriebliche Nutzung 50%, gehört das Wirtschaftsgut, wie auch beim Bestandsvergleich, zum notwendigen Betriebsvermögen27. 2. Verlust von Wirtschaftsgütern Verlassen Wirtschaftsgüter den Betrieb, ohne betriebstypisch verwendet worden zu sein (z.B. durch Verderb, Zerstörung, Diebstahl oder Unterschlagung), hängt die 25

26

27

Vgl. auch das BMWF-Schreiben v. 2 9 . 2 . 1 9 7 2 , F/IV B 2 — S 2000 — 5/72, BStBl. 1972 I S. 102. B F H v . 1 3 . 3 . 1 9 6 4 VI 158/61 S, BStBl. 1 9 6 4 I I I S . 4 5 5 , 4 5 6 f . ; B F H v . 1 2 . 2 . 1 9 7 6 I V R 1 8 8 / 7 4 , BStBl. 1976 II S. 663, 664. B F H v. 13.3.1964 VI 158/61 S, BStBl. 1964 III S.455.

324

Gewinnermittlung durch Überschußrechnung

§ 18

V

2

Behandlung dieser Vorgänge im R a h m e n der Gewinnermittlung nach § 4 A b s . 3 E S t G davon ab, o b die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bereits als Betriebsausgaben berücksichtigt worden sind. Es ist also danach zu unterscheiden, welcher V e r m ö g e n s a r t das Wirtschaftsgut zugewiesen ist.

a) Verlust von abnutzbaren

Wirtschaftsgütern des

Anlagevermögens

D i e Anschaffungs- oder Herstellungskosten des abnutzbaren Anlagevermögens werden, wie dargelegt, nicht im J a h r e der Anschaffung oder Herstellung als Betriebsausgaben angesetzt. Betriebsausgabe ist nur die J a h r e s - A f A . G e h t ein solches Wirtschaftsgut verloren, bevor es abgeschrieben ist, so ist der R e s t b u c h w e r t im J a h r e des Ausscheidens Betriebsausgabe. D e r n o c h nicht als A f A berücksichtigte Teil der Anschaffungs- oder Herstellungkosten wirkt sich jetzt gewinnmindernd aus. V o n diesem Grundsatz wird allerdings eine Ausnahme gemacht, wenn A b s c h r e i b u n g e n willkürlich unterlassen oder zu niedrig vorgenommen wurden, um in den Folgejahren Steuern zu sparen. In diesem Fall ist lediglich der R e s t b u c h w e r t eine Betriebsausgabe, der sich bei zutreffender Abschreibung ergeben hätte 2 '.

b) Verlust von nicht abnutzbaren

Wirtschaftsgütern des

Anlagevermögens

D i e nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens werden bei der Anschaffung oder Herstellung nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt. Sie haben sich also n o c h nicht gewinnmindernd ausgewirkt. G e h e n sie verloren, sind ihre Anschaffungs- oder Herstellungskosten im J a h r ihres Ausscheidens (über den W o r t l a u t des § 4 A b s . 3 S. 4 E S t G hinaus) Betriebsausgaben.

c) Verlust von Wirtschaftsgütern des

Umlaufvermögens

Wertverluste an Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens bleiben außer Betracht. Insbesondere ist eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 N r . 2 E S t G nicht zulässig. D i e Teilwertabschreibung ist auf die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich beschränkt. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 A b s . 3 E S t G führt bereits die Anschaffung dieser Wirtschaftsgüter zu einer Betriebsausgabe. F ü r die Berücksichtigung einer späteren Wertminderung bleibt daher kein R a u m . A u c h der Verlust eines Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens wird im Zeitpunkt der E n t d e k kung nicht m e h r erfaßt, da sich seine Anschaffungskosten schon gewinnmindernd ausgewirkt haben.

d) Ausfall von

Forderungen

Betriebliche Forderungen sind gewinneutral. E r s t die Erfüllung einer F o r d e r u n g führt zu einer Betriebseinnahme. Zweifelhafte Forderungen bleiben unberücksich-

28

B F H v. 7.10.1971 IV R 181/66, BStBl. 1972 II S.271 f. 325

§18

V 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

tigt. D e r endgültige oder teilweise Ausfall einer Forderung wirkt sich nur insoweit aus, als es nicht zu einer E i n n a h m e k o m m t . E t w a s anderes gilt für den Verlust einer betrieblichen Darlehnsforderung. D i e Darlehnsvaluta stellt zwar bei der Auszahlung keine Betriebsausgabe dar; die R ü c k z a h l u n g des Darlehens und die einzelnen Tilgungsraten sind auch keine Betriebseinnahmen. Fällt eine betriebliche Darlehnsforderung aber aus, ist sie in dem Zeitpunkt gewinnmindernd (als Betriebsausgabe) zu erfassen, in dem der Verlust feststeht 2 '. B e i m Darlehnsschuldner erhöht dieser Vorgang den Gewinn 5 0 .

e) Verlust von Geld W i r d durch Angestellte G e l d gestohlen, unterschlagen oder veruntreut, so liegt eine Betriebsausgabe vor, soweit der Verlust betrieblich veranlaßt ist. Es k o m m t nicht darauf an, o b das Geld zum Betriebsvermögen gehörte und innerhalb einer geschlossenen betrieblichen Kasse erfaßt war 31 . D a s gleiche gilt grundsätzlich für mitarbeitende nahe Angehörige 3 2 . Entwenden sie Geld, darf der Verlust allerdings nicht als Betriebsausgabe abgesetzt werden, w e n n der Steuerpflichtige die Möglichkeit nicht ausräumen kann, der Diebstahl sei privat veranlaßt 35 . H a t der Steuerpflichtige gegen den Schädiger Ersatzansprüche, steht dies der Abzugsfähigkeit des Geldverlustes als Betriebsausgabe nicht entgegen. Setzt er sie durch, erlangt er also einen Ersatz, so führt dies (später) zu Betriebseinnahmen 3 4 .

3. Tausch von Wirtschaftsgütern W e r d e n Wirtschaftsgüter getauscht 35 , k o m m t es für die Erfassung im R a h m e n der G e w i n n e r m i t t l u n g nach § 4 A b s . 3 E S t G auf die A r t des Wirtschaftsgutes an. W i r d W a r e gegen W a r e getauscht, ist also das Umlaufvermögen betroffen, so berührt dies nicht den G e w i n n . Einer fiktiven E i n n a h m e stünde eine entsprechende fiktive Ausgabe gegenüber. Dies m u ß auch so sein, weil der W e r t des empfangenen durch den gemeinen W e r t des hingegebenen Wirtschaftsgutes bestimmt wird. B e i einem Tausch mit Baraufgabe, bei dem der Steuerpflichtige neben der hingegebenen W a r e zusätzlich einen Geldbetrag leistet, liegt in H ö h e dieses B e t r a ges eine Betriebsausgabe vor.

29 30 31

52 53 34 35

B F H v. 2.9.1971 IV 342/65, BStBl. 1972 II S. 334 f. Vgl. Schmidt/Heinicke, § 4 Anm. 65 d. BFH v. 6.5.1976 IV R 79/73, BStBl. 1976 II S.560f.; Herrmann/Heuer/Raupach, §4 Anm. 91 (6); Littmann, §§4, 5 Rdn. 967. Niedersächsisches Finanzgericht v. 21.9.1976 VI E 94/76, EFG 1977, S.205. Vgl. Schmidt/Heinicke, § 4 Anm. 65 c. BFH v. 6.5.1976 IV R 79/73, BStBl. 1976 II S. 560, 561. Vgl. dazu Herrmann/Heuer/Raupach, §4 Anm. 91 (5); Littmann, §§4, 5 Rdn. 973a, b; Segebrecht, a.a.O. (Fn. 11), S.106f.; Söffing, DStZ/A 1970, 17. 21 ff.

326

Gewinnermittlung durch Überschußrechnung

§18 V 3

Wird ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens gegen Ware eingetauscht, so wirkt sich nur der Restbuchwert des hingegebenen Wirtschaftsgutes als Betriebsausgabe aus. Das empfangene Wirtschaftsgut wird als Sachzuwendung nicht berücksichtigt. Wer allerdings der Auffassung ist, auch eine Sachzuwendung falle unter § 4 Abs. 3 EStG, muß annehmen, das empfangene Wirtschaftsgut (Ware) führte zwar zu einer Betriebseinnahme, ihr stehe aber eine gleichhohe Betriebsausgabe gegenüber. Tauscht der Steuerpflichtige ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens gegen Ware, stellen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des hingegebenen Wirtschaftsgutes Betriebsausgaben dar. Die empfangene Ware wird erst gewinnwirksam, wenn er sie veräußert oder entnimmt. Tauscht der Steuerpflichtige Ware gegen ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, wirkt sich dieser Vorgang gewinnmäßig nicht aus. Die Anschaffungskosten für die Ware haben sich bereits als Betriebsausgabe niedergeschlagen, können also nicht noch einmal berücksichtigt werden. Das empfangene abnutzbare Wirtschaftsgut bleibt als Sachzuwendung im Rahmen des §4 Abs. 3 EStG außer Ansatz. Der Steuerpflichtige darf es auch nicht abschreiben, weil seine Anschaffungskosten den Gewinn bereits in vollem Umfange vermindert haben, als er die Ware angeschafft hat. Die Anschaffungskosten der Ware sind die Anschaffungskosten des eingetauschten abnutzbaren Wirtschaftsgutes. Ist man dagegen der Ansicht 3 ', auch eine Sachzuwendung führe zu einer Betriebseinnahme, käme man zu einem anderen Ergebnis. In Höhe des gemeinen Wertes des abnutzbaren Anlagegutes läge dann eine gewinnwirksame Betriebseinnahme vor, der Steuerpflichtige wäre aber berechtigt, das Wirtschaftsgut vom Zeitpunkt des Tausches an abzuschreiben. Wird Ware für ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut hingegeben, bleibt dieser Tauschvorgang ebenfalls ohne Auswirkung auf den Gewinn. Die Anschaffungskosten für die Ware, die auch die Anschaffungskosten des nicht abnutzbaren Wirtschaftsgutes bilden, sind bereits als Betriebsausgaben abgesetzt worden. Wird das nicht abnutzbare Wirtschaftsgut veräußert, so ist der erzielte Preis in vollem Umfang als Betriebseinnahme zu erfassen, ohne daß die Anschaffungskosten zu berücksichtigen sind. §4 Abs. 3 S.4 EStG findet insoweit keine Anwendung. Wird ein abnutzbares gegen ein anderes abnutzbares Anlagegut eingetauscht, kann der Steuerpflichtige den Restbuchwert des weggegebenen Wirtschaftsgutes als Betriebsausgabe behandeln oder, was auch zulässig ist, auf das empfangene Wirtschaftsgut übertragen und, verteilt auf dessen Nutzungsdauer, abschreiben. Eine weitere Gewinnauswirkung ergibt sich nicht37. Eine Gewinnauswirkung tritt auch dann nicht ein, falls ein nicht abnutzbares gegen ein anderes nicht abnutzbares Wirtschaftsgut getauscht wird. Die Anschaffungskosten des weggegebenen Wirtschaftsgutes sind auch hier die Anschaffungs-

So Littmann, §§4, 5 Rdn. 973b; Segebrecht, a . a . O . (Fn. 11), S. 106, 107. A . A . Segebrecht, a . a . O . (Fn. 11), S. 107. 327

§ 1 8 VI 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

kosten des empfangenen Wirtschaftsgutes. Gemäß §4 Abs. 3 S.4 EStG darf der Steuerpflichtige sie als Betriebsausgaben geltend machen, falls er das Wirtschaftsgut veräußert oder entnimmt. 4. Übertragung stiller Reserven Für die Übertragung stiller Reserven gelten im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG keine Besonderheiten. Es ist, wenn auch eingeschränkt, sowohl die Bildung einer Reinvestitionsrücklage (§6c i. V.m. § 6 b EStG) als auch eine Rücklage für Ersatzbeschaffung zulässig (Abschnitt 35 Abs. 7 S. 2 EStR).

VI. Einlagen und Entnahmen § 4 Abs. 3 EStG trifft über die Behandlung von Einlagen und Entnahmen keine Regelung. Dennoch ist anerkannt, daß bei der Gewinnermittlung nach §4 Abs. 3 EStG Einlagen und Entnahmen wie beim Betriebsvermögensvergleich zu berücksichtigen sind38. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz, der Totalgewinn müsse nach beiden Methoden gleich sein. Eine Einlage ist grundsätzlich als fiktive Betriebsausgabe, eine Entnahme als fiktive Betriebseinnahme anzusetzen. Die Einschränkungen, die bei der Anschaffung von Wirtschaftsgütern bestehen, sind auch bei der Einlage zu beachten. Das Abflußprinzip gilt, wie dargelegt, nur beim Umlaufvermögen. Werden Waren eingelegt, liegt im Zeitpunkt der Einlage eine Betriebsausgabe vor. Beim Anlagevermögen ist zu unterscheiden. Die Einlage nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens führt erst zu Betriebsausgaben, wenn sie den Betrieb durch Veräußerung oder Entnahme verlassen, § 4 Abs. 3 S. 4 EStG. Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bewirkt nur die jährliche AfA eine Gewinnminderung. Auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG können Sachen, Nutzungen oder Bargeld eingelegt oder entnommen werden. 1. Sacheinlagen und -entnahmen Sacheinlagen sind deshalb als Betriebsausgaben zu erfassen, weil die eingelegten Wirtschaftsgüter zu einem späteren Zeitpunkt zu Betriebseinnahmen führen. Die eingelegten Wirtschaftsgüter würden entweder veräußert oder anderweitig gewinnerhöhend verwertet. Einer darauf beruhenden Betriebseinnahme stünde in diesem Fall keine Betriebsausgabe gegenüber. Der Gewinn wäre zu hoch. Um dies zu vermeiden, sind Sacheinlagen in Höhe ihres Teilwertes vom Einnahmeüberschuß abzuziehen.

38

B F H v. 16.1.1975 IV R 180/71, BStBl. 1975 II S.526.

328

Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen

§

19

Bezüglich der Sachentnahmen gilt entsprechendes. Die entnommenen Wirtschaftsgüter werden bei ihrer Anschaffung grundsätzlich als Betriebsausgaben erfaßt. Ihre betriebliche Verwendung ergäbe eine Betriebseinnahme. Diese Möglichkeit entfällt jedoch mit der Entnahme. Entnommene Wirtschaftsgüter sind daher in H ö h e ihres Teilwertes als Betriebseinnahme anzusetzen.

2. Nutzungseinlagen und -entnahmen Ebenso sind Nutzungseinlagen und -entnahmen zu behandeln. Haben Nutzungseinlagen zu einer Verminderung der Betriebsausgaben oder zu einer Erhöhung der Betriebseinnahmen geführt, so sind sie vom Einnahmeüberschuß abzuziehen. Die privat bezahlte „Raumpflegerin" eines Rechtsanwalts, die ein jährliches Entgelt von 6000,— D M erhält, verwendet die Hälfte ihrer Arbeitszeit für die Reinigung des Büros. Insoweit liegt eine Einlage vor. In H ö h e von 3000,— D M ist somit der Gewinn zu mindern.

Umgekehrt sind Nutzungsentnahmen, die sich auf die H ö h e des Gewinns ausgewirkt haben, dem Einnahmeüberschuß hinzuzurechnen. Ein Arzt nutzt seinen für die Praxis angeschaffte P K W , Jahresgesamtkosten 15 000,— D M , zu 40 % privat. D e r private Anteil i. H . v. 6000,— D M ist als Entnahme gewinnerhöhend zu berücksichtigen.

3. Bareinlagen und -entnahmen Bareinlagen und -entnahmen treten bei richtiger Behandlung im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 E S t G nicht auf. Wenn ein Freiberufler seinem Betrieb liquide Mittel zuführt oder entnimmt, berührt dies nicht die Höhe der Betriebseinnahmen oder -ausgaben. Werden Einlagen dennoch als Betriebsausgaben behandelt, so ist dies rückgängig zu machen. Ein Steuerberater hebt von seinem Bankkonto 10000,— D M ab, um mit seiner Familie in Urlaub zu fahren. E s liegt keine Entnahme vor. D a s Geld auf dem Bankkonto gehörte bereits vorher zu seinem Privatvermögen. Es wird auch nicht der Besteuerung entzogen, es hat sich vielmehr bereits bei der Einnahme gewinnerhöhend ausgewirkt.

§ 19 Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen Eine besondere Form der Gewinnermittlung sieht § 13 a E S t G für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vor. Für einen bestimmten Personenkreis läßt das Gesetz es zu, daß nicht der tatsächliche Gewinn festgestellt werden muß, sondern ein typisierter Gewinn angesetzt werden kann. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen ist zwar, wie es in Abschnitt 127 Abs. 11 S . 2 E S t R heißt, dem 329

§19 I

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Bestandsvergleich nach § 4 A b s . 1 E S t G gleichzustellen, soweit es um die G e w i n n e r mittlung nach § 13 a A b s . 3 - 7 E S t G geht, und entspricht den Regeln der U b e r s c h u ß rechnung nach § 4 A b s . 3 E S t G , falls die G e w i n n e nach § 13 a A b s . 8 E S t G ermittelt werden. D i e G e w i n n e r m i t t l u n g nach § 13 a E S t G führt aber nicht, wie die U b e r schußrechnung nach § 4 A b s . 3 E S t G , zu dem gleichen Totalgewinn, der sich nach dem Bestandsvergleich nach § 4 A b s . 1 E S t G ergäbe. § 13 a E S t G stellt vielmehr, was der G e s e t z g e b e r in Kauf n i m m t , von vornherein lediglich auf einen Teil der durchschnittlichen tatsächlichen G e w i n n e ab. Diese Vorschrift wurde durch das Vermögensteuerreformgesetz vom 1 7 . 4 . 1 9 7 4 1 eingeführt. Sie galt erstmals für das Wirtschaftsjahr 1 9 7 4 / 7 5 und löste das G e s e t z über die Ermittlung des G e w i n n s aus L a n d - und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen ( G D L ) vom 1 5 . 9 . 1 9 6 5 ab. F ü r das Wirtschaftsjahr 1 9 7 4 / 7 5 erfaßte § 13 a E S t G a. F . durchschnittlich 3 0 % der wirklichen G e w i n n e . I m Wirtschaftsjahr 1 9 7 8 / 7 9 verminderte sich diese Q u o t e auf ca. 2 0 % 2 . § 13 a E S t G a. F . verletzte damit den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung 3 . E r benachteiligte vor allem die Landwirte, die ihren G e w i n n durch Bestandsvergleich ermittelten und ihn damit in vollem U m f a n g versteuern mußten. § 13 a E S t G a. F . wurde daher mit W i r k u n g für die Wirtschaftsjahre nach dem 3 0 . 6 . 1 9 8 0 durch das G e s e t z zur Neuregelung der Einkommensbesteuerung der L a n d - und Forstwirtschaft vom 2 5 . 6 . 1 9 8 0 " geändert. D a n a c h hat sich der maßgebliche Anteil des tatsächlichen G e w i n n s erhöht. E r soll bei kleinen Betrieben bei 4 4 % beginnen und allmählich bei mittleren Betrieben auf 76 % steigen 5 . D a der G e s e t z g e b e r die G r u n d s ä t z e der Durchschnittbesteuerung beibehalten hat, bleiben die verfassungsmäßigen B e d e n k e n gegen diese Gewinnermittlungsart nach wie vor bestehen 6 .

I. Personenkreis W e r berechtigt ist, den G e w i n n nach Durchschnittsätzen zu ermitteln, regelt § 13 a Abs. 1 E S t G : — —

es m u ß ein Betrieb der L a n d - und Forstwirtschaft gegeben sein; es darf keine gesetzliche Verpflichtung zur F ü h r u n g von B ü c h e r n und zur Erstellung von Abschlüssen bestehen;



der Ausgangswert i. S. d. § 13 a A b s . 4 E S t G m u ß zwischen 0 , — D M und 32 0 0 0 , — D M betragen;

BGBl. I S. 949 = BStBl. 1974 I S.233, 249. Vgl. Kutscher, DStZ 1980, 299, 300. 3 Vgl. auch Niedersächsisches Finanzgericht, Vorlagebeschluß an das Bundesverfassungsgericht v. 13.10.1978 I 290/77, EFG 1979, 28 f. 4 BGBl. I S. 732 = BStBl. 1980 I S. 400 ff. 5 Vgl. Kutscher, DStZ 1980, 299, 305. ' Vgl. Littmann, § 13 a Rdn. 1 b. 1

2

330

Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen

§19

II 1

— die Tierbestände des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dürfen 3 Vieheinheiten pro Hektar regelmäßig landwirtschaftlich genutzter Fläche oder insgesamt 30 Vieheinheiten nicht übersteigen. Land- und Forstwirte, die die Voraussetzungen des § 13 a Abs. 1 EStG erfüllen, können ihren Gewinn nach Durchschnittsätzen erklären, sie müssen es jedoch nicht. Sie haben die Möglichkeit, auf Antrag für vier aufeinander folgende Wirtschaftsjahre ihren Gewinn entweder aufgrund einer Buchführung durch Betriebsvermögensvergleich festzustellen oder (bei Führung der notwendigen Aufzeichnungen) den Gewinn als Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (Überschußrechnung) auszuweisen, § 13 a Abs. 2 EStG.

II. Durchschnittsatzgewinn Der Durchschnittsatzgewinn, der der Besteuerung unterliegt, ist in § 13 a Abs. 3 EStG definiert. Er setzt sich aus fiktiven Erträgen in Form von Durchschnittswerten zusammen. Dazu gehören der Grundbetrag, §13a Abs. 4 EStG, der Wert der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner im Betrieb beschäftigten Angehörigen, § 13 a Abs. 5 EStG, der Nutzungswert der Wohnung des Betriebsinhabers, 5 13 a Abs. 7 EStG, tatsächliche Einnahme- und Ausgabeüberschüsse, wie vereinnahmte Pachtzinsen und etwaige Zuschläge, und die nach § 13 a Abs. 8 EStG gesondert zu ermittelnden Gewinne. Von der so gebildeten Zwischensumme werden effektive Aufwendungen abgezogen, wie verausgabte Pachtzinsen, Schuldzinsen und dauernde Lasten, die bei der Einheitswertermittlung außer Betracht geblieben sind, § 13 a Abs. 3 S.2 EStG, erhöhte Abschreibungen nach § 7b EStG und Sonderabschreibungen nach § 78 EStDV. 1. Grundbetrag Der Grundbetrag wird aus dem Ausgangswert errechnet. Dieser ist aus den Vergleichswerten des maßgeblichen Einheitswertes (§ 13a Abs.4 S.2 Nr. 1 S.3 EStG) des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes abzuleiten. Gemäß § 13a Abs.4 S.2 EStG zählen dazu: — der Vergleichswert der landwirtschaftlichen Nutzung einschließlich der Abschläge und Zuschläge nach §41 BewG, aber ohne Sonderkulturen; — die Hektarwerte des Geringstlandes, §44 BewG; — die Vergleichswerte der Sonderkulturen, §52 BewG; der weinbaulichen Nutzung, §56 ff BewG; der gärtnerischen Nutzung, §59 BewG; der sonstigen land- und forstwirtschaftichen Nutzung, §62 BewG, einschließlich etwaiger Zu- und Abschläge nach §41 BewG; — sowie die Einzelertragswerte der Nebenbetriebe und des Abbaulandes, soweit sie 2000,— D M nicht übersteigen. 331

§19

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

H a t ein Landwirt landwirtschaftliche Flächen gepachtet, so ist sein Ausgangswert um den Vergleichswert dieser Flächen zu erhöhen, § 13 a Abs. 4 S . 2 N r . 2 EStG. Beim Verpächter ist der Vergleichswert entsprechend zu kürzen, § 13a A b s . 4 S . 2 N r . 3 E S t G . Das gleiche gilt für ge- und verpachtete Flächen mit Sonderkulturen und Sondernutzungen, § 13 a Abs. 4 S . 2 N r . 4 EStG. Als Grundbetrag ist bei einem Ausgangswert bis 25 000,— D M der sechste Teil des Ausgangswertes, bei einem Ausgangswert über 25 000,— D M der fünfte Teil dieses Werts anzusetzen, § 13 a Abs. 4 S. 1 EStG. 2. Wert der Arbeitsleistung Der Wert der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner im Betrieb beschäftigten Angehörigen richtet sich nach § 13 a Abs. 5 EStG. Die Beträge sind nach dem Ausgangswert des § 13 a Abs. 4 E S t G gestaffelt. Der Wert der jährlichen Arbeitsleistung beträgt bei einer vollen Arbeitskraft 8 000,— 10 000,— 12 000,— 14 000,—

DM DM DM DM

bei bei bei bei

einem einem einem einem

Ausgangswert Ausgangs wert Ausgangswert Ausgangswert

von von von über

8 000,—DM; 8 000,— D M — 12 000,— D M ; 12 000,— D M — 25 000,— D M ; 25 000,— D M .

Bei der Wertermittlung der Arbeitsleistung ist zu beachten, daß gemäß § 13 a Abs. 5 N r . 5 S. 3 E S t G je Hektar höchstens 0,07 Vollarbeitskräfte berücksichtigt werden. Dabei ist es unerheblich, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich im Betrieb mitarbeiten. Beschäftigt der Betriebsinhaber je Hektar mehr als 0,07 Arbeitskräfte, erhöht dies nicht den Wert der Arbeitsleistung. Betreibt ein kinderloses Ehepaar einen landwirtschaftlichen Betrieb in einer Größe von 10 Hektar, wird als Wert der Arbeitsleistung für die körperliche Mitarbeit nicht das l,6fache (2 Arbeitskräfte abzüglich 4 0 % nach § 1 3 a Abs. 5 N r . 4 E S t G ) des maßgeblichen Betrages nach § 13 a Abs. 5 N r . 1 a E S t G , sondern nur der 0,7fache Wert dem Grundbetrag hinzugerechnet. Für Angehörige unter 15 und über 65 Jahren bleibt der Wert der Arbeitsleistung außer Ansatz. Das gleiche gilt für Angehörige, mit denen ein Arbeitsvertrag geschlossen ist. Haben sie zu Beginn des Wirtschaftsjahres das 15., nicht aber das 18. Lebensjahr vollendet, ist jeweils die Hälfte des maßgeblichen Wertes anzusetzen. Können sie nicht voll beschäftigt werden oder sind sie in der Erwerbsfähigkeit gemindert, ist der Wert der Arbeitsleistung entsprechend zu kürzen. Der Wertansatz für die Mitarbeit der Person, die den Haushalt führt, vermindert sich nach § 1 3 a Abs. 5 N r . 4 E S t G für jede im Haushalt voll beköstigte und untergebrachte Person um 2 0 % . Die Person, die den Haushalt führt, wird dabei mitberücksichtigt, so daß ihre Arbeitsleistung höchstens mit 80 % bewertet werden kann. Für die Leitung des Betriebes durch den Betriebsinhaber ist neben dem Wert seiner Arbeitsleistung nach § 13 a Abs. 5 N r . 1 b E S t G der Grundbetrag zusätzlich um 5 % des Ausgangswertes zu erhöhen. 332

Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen

§19

II 5

3. Nutzungswert der Wohnung des Betriebsinhabers Der Nutzungswert der Wohnung des Betriebsinhabers wird pauschal erfaßt. Die Pauschale beträgt'/» des im land- und forstwirtschaftlichen Einheitswert besonders ausgewiesenen Wohnungswertes, § 13 a Abs. 7 S. 1 EStG7. Ist ein Teil des Wohnhauses vermietet, ist der Nutzungswert entsprechend zu kürzen. Aufwendungen auf die Wohnung sind dagegen grundsätzlich nicht abzugsfähig. Eine Ausnahme gilt jedoch für erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG, § 52 EStDV, und für Sonderabschreibungen nach § 78 EStDV. 4. Vereinnahmte Pachtzinsen Die während des Wirtschaftsjahres vereinnahmten Pachtzinsen werden in vollem Umfang dem Grundbetrag zugerechnet 8 , soweit sie zu den land- und forstwirtschaftlichen Einkünften zählen', § 13 a Abs. 6 S.2 EStG. Anteilige Betriebsausgaben, wie z. B. bezahlte Grundsteuer, sind vorweg abzuziehen. 5. Gesondert zu ermittelnde Gewinne §13a Abs. 8 EStG führt eine Reihe gesondert zu ermittelnder Gewinne auf, die, falls sie insgesamt 3000,— D M übersteigen, in den Durchschnittsatzgewinn einzubeziehen sind. Hierzu gehören die Gewinne aus Sonderkulturen, weinbaulicher, gärtnerischer und sonstiger land- und forstwirtschaftlicher Nutzung aus Nebenbetrieben, Abbauland sowie Geringstland, soweit die Vergleichswerte 2000,— DM überschreiten. Außerdem erhöhen die Gewinne aus forstwirtschaftlicher Nutzung, aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden und aus Betriebsvorgängen, die bei der Feststellung des Ausgangswertes nach § 13 a Abs. 4 EStG nicht berücksichtigt worden sind (z. B. Veräußerung von Zuchtvieh, Deckgelder, Lohndrusch, Pensionstierhaltung), den Durchschnittsatzgewinn. Zu dem nach § 13 a Abs. 8 EStG gesondert festzustellenden Gewinnen zählt schließlich ein Betriebsveräußerungs- oder -aufgabegewinn. Er erhöht den Durchschnittsatzgewinn, weil er nicht in den Vergleichswerten nach §13a Abs.4 S.2 Nr. 1 EStG enthalten ist. Der Steuerpflichtige, der seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb veräußert oder entnimmt, braucht auch nicht, wie in allen anderen Fällen der Betriebsauf gäbe10, zum Bestandsvergleich nach §4 Abs. 1 EStG überzugehen; die Durchschnittsatzgewinnermittlung ist ein besonderer Vermögensbestandsvergleich i.S.d. §4 Abs. 1 EStG.

7

Zur Frage, wie der Nutzungswert der Wohnung zu berechnen ist, wenn die Wohnung nicht zum Betriebsvermögen gehört oder der Landwirt seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt, vgl. §5 I 2 d , S. 27 f. und §5 VII 2 a bb, S.89ff. 8 Kritisch dazu Littmann, § 13 a Rdn. 35. ' Für Verpachtungen vor dem 1.7.1979 vgl. BdF-Schreiben v. 15.3.1979 IV 32 — S 2132 — 1/79, BStBl. 1979 I S. 162. 10 Vgl. Abschnitt 17 Abs. 6 EStG.

333

§20

I

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

6. Abzüge vom Grundbetrag N a c h § 13 a Abs. 3 S . 2 E S t G sind verausgabte Pachtzinsen, Schuldzinsen sowie dauernde Lasten, die Betriebsausgaben darstellen und die bei der Einheitsbewertung nicht berücksichtigt werden, von der Summe abzuziehen, die sich durch die Addition des Grundbetrages, des Wertes der Arbeitsleistung, der vereinnahmten Pachtzinsen, dem Nutzungswert der Wohnung und den gesondert zu ermittelnden Gewinnen ergeben hat. Die Differenz ergibt den Durchschnittsatzgewinn. Pachtzinsen können nur bis zu der H ö h e abgezogen werden, um den die zugepachteten Flächen den Grundbetrag nach § 13 a Abs. 4 E S t G erhöht haben, § 13 a Abs. 6 S. 1 E S t G . Etwas anderes gilt nur, wenn die Pacht Betriebsteile oder Nutzungen umfaßt, die nicht im Ausgangswert enthalten sind. Insoweit liegen Betriebsausgaben vor, die bei der Gewinnermittlung nach § 13 a Abs. 8 E S t G abzugsfähig sind. N e b e n den aufgeführten Abzügen ist ein Landwirt, der seinen Gewinn nach Durchschnittsätzen ermittelt, zwar nicht berechtigt, die regelmäßige A f A in Anspruch zu nehmen. Sie ist durch die Durchschnittsätze abgegolten. D e m Landwirt steht aber die erhöhte A f A nach § 7 b E S t G zu, § 5 2 E S t D V . E r ist außerdem befugt, wenn auch im beschränkten Maße, eine Reinvestitionsrücklage nach § 6 c E S t G zu bilden. Schließlich gewährt ihm § 78 E S t D V das Recht, bewegliche Wirtschaftsgüter i. H . v . 2 5 % , unbewegliche Wirtschaftsgüter und U m - und Ausbauten i. H . v . 1 5 % abzuschreiben. Die Gewinnabzüge dürfen allerdings nur einmalig im J a h r der Anschaffung oder Herstellung geltend gemacht werden und sind gemäß § 78 Abs. 3 E S t D V auf 4 0 0 0 , — D M begrenzt. Das gilt auch für Zuschüsse, die der Land- und Forstwirt zur Finanzierung der Anschaffung oder Herstellung bestimmter" beweglicher und unbeweglicher Wirtschaftsgüter zahlt. Auch sie kann er zwar i. H . v. 25 % von seinem Durchschnittsatzgewinn abziehen. Diese Vergünstigung besteht aber ebenfalls lediglich für das Wirtschaftsjahr, in dem er den Zuschuß hingegeben hat.

§20 Wechsel der Gewinnermittlungsart I. Zulässigkeit Das Einkommensteuerrecht kennt die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 E S t G , § 5 E S t G , § 13 a E S t G und § 4 Abs. 3 E S t G . Es stellt also vier verschiedene Gewinnermittlungsarten zur Verfügung. D e r Steuerpflichtige, der sich für eine Gewinnermittlungsart entschieden hat oder entscheiden mußte, kann zu einer anderen

11

Vgl. die Anlagen 1 und 2 zu den §§ 76, 78 EStDV.

334

Wechsel der Gewinnermittlungsart

§20

I

Gewinnermittlungsart übergehen, wenn ihm dies vorteilhaft erscheint. Er kann aber auch kraft Gesetzes dazu verpflichtet sein. Entsprechend den verschiedenen Gewinnermittlungsarten sind sechs Fallgruppen zu unterscheiden': — Hat der Steuerpflichtige bisher seinen Gewinn nach §4 Abs. 1 EStG ermittelt, ist er berechtigt, zur Gewinnermittlung nach § 5 EStG überzugehen. — Hat er bisher einen Bestandsvergleich nach § 5 EStG durchgeführt, kann er zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG wechseln. — Vom Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG kommt ein Übergang zur Einnahme-Überschußrechnung nach §4 Abs. 3 EStG in Betracht. — H a t der Steuerpflichtige bisher seinen Gewinn nach §4 Abs. 3 EStG festgestellt, so ist ein Wechsel zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und § 5 EStG möglich. — Hat er bisher seinen Gewinn gemäß § 13 a EStG nach Durchschnittsätzen ermittelt, so darf er zum Bestandsvergleich oder — zur Einnahme-Überschußrechnung übergehen. Grundsätzlich ist der Steuerpflichtige nicht verpflichtet, die Gewinnermittlungsart zu wechseln. Er kann dies freiwillig tun, weil es für ihn einfacher ist (Übergang von § 4 Abs. 1 EStG zu § 4 Abs. 3 EStG) oder weil er sich von einer bestimmten Gewinnermittlungsart Vorteile verspricht. So kann er eine Teilwertabschreibung nur vornehmen, wenn er von der Einnahme-Überschußrechnung zum Bestandsvergleich übergeht. Der Steuerpflichtige darf auch, nachdem er die Gewinnermittlungsart gewechselt hat, wieder zur früheren zurückkehren 2 . Ein willkürlicher Wechsel ist jedoch unzulässig 5 . Stets setzt ein Wechsel allerdings voraus, daß der Steuerpflichtige seinen Gewinn nicht nach einer bestimmten Gewinnermittlungsart ermitteln muß; ein buchführungspflichtiger Gewerbetreibender ist also nicht berechtigt, vom Bestandsvergleich nach §5 EStG zur Einnahme-Überschußrechnung nach §4 Abs. 3 EStG überzugehen. Ausnahmsweise besteht eine Verpflichtung zum Wechsel der Gewinnermittlungsart. So muß für einen Gewerbebetrieb, der aufgrund eines Strukturwandels zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geworden ist, der Gewinn nach §4 Abs. 1 EStG ermittelt werden, weil die Voraussetzungen des § 5 EStG entfallen sind. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall. Für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, der durch einen erhöhten Zukauf zum Gewerbebetrieb geworden ist, muß ein Bestands vergleich nach § 5 EStG durchgeführt werden. 1

2 3

Vgl. zum Wechsel der Gewinnermittlungsart Segebrecht, Wechsel der Gewinnermittlungsarten, 2. Aufl. 1974. Vgl. aber auch § 13 a Abs. 2 EStG. Vgl. R F H v. 17.12.1930 VI A 863/28, RStBl. 1931 S.448, 451; Littmann, §§4, 5 Rdn. 1012. 335

§20

II 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Ein Steuerpflichtiger, der bisher seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG festgestellt hat, ist verpflichtet, zum Bestandsvergleich überzugehen, wenn er buchführungspflichtig geworden ist, seinen Betrieb veräußert oder aufgegeben hat4. Das gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige keine Steuererklärung abgegeben hat und die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 A O 1977 geschätzt werden. Eine solche Schätzung hat stets auf der Grundlage eines Bestandsvergleichs nach §4 Abs. 1 EStG zu erfolgen.

II. Steuerliche Auswirkung 1. Erfassung des Übergangsgewinns Der Totalgewinn eines Betriebes soll nach allen Gewinnermittlungsarten gleich sein. Dieses Ziel würde aber nicht erreicht, wenn der Wechsel einer Gewinnermittlungsart ohne steuerliche Auswirkung bliebe. So erfaßt die Einnahme-Überschußrechnung lediglich Betriebseinnahmen und -ausgaben, nicht aber Forderungen und Schulden, während es beim Bestandsvergleich nur auf das Vermögen, also auf Forderungen und Schulden, nicht aber darauf ankommt, wann die Forderung realisiert und die Schuld getilgt wird. Diese Unterschiede könnten dazu führen, daß einzelne Geschäftsvorfälle zu einer doppelten Gewinnauswirkung führten und andere sich überhaupt nicht auf den Gewinn auswirkten. Hat ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt, eine Forderung erworben, so hat sie sich gewinnerhöhend ausgewirkt. Geht er zur Einnahme-Uberschußrechnung über und zieht er die Forderung ein, liegt nunmehr eine gewinnerhöhende Betriebseinnahme vor, die Forderung beeinflußt daher noch einmal den Gewinn. Die Forderung bliebe aber unberücksichtigt, wenn der Steuerpflichtige von der Einnahme-Überschußrechnung zum Bestandsvergleich überginge. In dem Zeitpunkt, in dem sie entsteht, wirkt sie sich nicht auf den Gewinn aus, weil es bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nur auf die Betriebseinnahmen und -ausgaben ankommt; beim Bestandsvergleich bleibt die Realisierung der Forderung ohne Einfluß auf den Gewinn, weil bei dieser Gewinnermittlungsart nur das Entstehen der Forderung, nicht aber deren Einziehung zu einem Gewinn führt (Aktivtausch). U m solche Veränderungen des Totalgewinns zu verhindern, müssen Korrekturposten angesetzt werden 5 . Dies geschieht durch die Bildung von Zu- und Abrechnungen. Ihr Saldo ergibt den Übergangsgewinn.

4

5

Vgl. B F H v. 13.5.1980 VIII R 84/79, BStBl. 1980 II S.692, 693; F G Baden-Württemberg v. 2 9 . 3 . 1 9 7 9 III 157/78, E F G 1979 S.379, 380; Abschnitt 17 A b s . 6 EStR. Vgl. B F H v. 1.7.1981 I R 134/78, BStBl. 1981 II S.780, 781 m . w . N .

336

Wechsel der Gewinnermittlungsart

§20

II 2

2. Bildung von Korrekturposten a) Wechsel innerhalb des Bestandsvergleichs Wechselt ein Steuerpflichtiger von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG zum Bestandsvergleich nach § 5 EStG oder umgekehrt, entsteht kein Ubergangsgewinn. Korrekturposten sind nicht erforderlich, weil die Gewinnermittlungsmethoden grundsätzlich übereinstimmen. Der Bestandsvergleich nach § 5 EStG unterscheidet sich von dem nach § 4 Abs. 1 EStG ausschließlich dadurch, daß bei ihm der Maßgeblichkeitsgrundsatz zu beachten ist, während bei der Gewinnermittlung nach §4 Abs. 1 EStG nur steuerrechtliche Bilanzierungs- und Bewertungsregeln gelten. Die Ansätze der Schlußbilanz nach der einen Gewinnermittlungsart sind in die Eröffnungsbilanz nach der anderen unverändert zu übernehmen. Durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart werden die stillen Reserven nicht aufgedeckt'. b) Wechsel vom Bestandsvergleich zur

Einnahme-Uberschußrechnung

Will der Steuerpflichtige vom Bestandsvergleich zur Einnahme-Uberschußrechnung übergehen, muß er zum Zeitpunkt des Übergangs eine Schlußbilanz aufstellen. Diese bildet die Grundlage für die Ermittlung der erforderlichen Korrekturposten. aa) Korrekturposten für Aktiva (1) Anlagevermögen Beim Anlagevermögen sind keine Karrekturposten erforderlich. Dieses Vermögen wird bei der Einnahme-Uberschußrechnung genauso behandelt wie beim Bestandsvergleich. Die Anschaffungskosten abnutzbarer Wirtschaftsgüter sind jeweils auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen. Nur die AfA wirkt sich gewinnmindernd aus. Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter, die in der Abschlußbilanz ausgewiesen sind, sind gemäß § 4 Abs. 3 S. 5 EStG in ein Verzeichnis aufzunehmen. Durch den Ubergang zur Uberschußrechnung gelten diese Wirtschaftsgüter auch nicht als entnommen, §4 Abs. 1 S. 3 EStG. (2) Umlaufvermögen Korrekturposten müssen aber beim Umlaufvermögen gebildet werden, (a) Waren Der in der Abschlußbilanz ausgewiesene Warenendbestand mindert als Abzugsposten den Gewinn des Ubergangsjahres. Dies ist notwendig, weil die Anschaffungskosten beim Bestandsvergleich noch nicht als Aufwand berücksichtigt worden sind. Hat der Steuerpflichtige sie bezahlt, ist dadurch eine erfolgsneutrale Vermögensumschichtung eingetreten (Aktiv-Tausch). Hat er sie auf Ziel erworben, so ist auch dies gewinneutral geblieben. Die Waren haben die Aktiva, die Lieferantenschulden die Passiva erhöht. Die Bilanz ist lediglich verlängert worden. Veräußerte der Steuer6

B F H v. 7 . 1 0 . 1 9 7 4 GrS 1/73, BStBl. 1975 II S. 168, 170 ff. 337

22

Tiedtke, Einkommensteuer

§20

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

pflichtige diese Ware, nachdem er zur Überschuß-Rechnung übergegangen ist, so würde sich der Veräußerungserlös gewinnerhöhend auswirken, ohne daß die Anschaffungskosten als Aufwand erfaßt worden wären. Eine Abrechnung wäre zwar nicht für die Waren erforderlich, die der Steuerpflichtige auf Kredit erworben hat; wenn er seine Schuld bezahlt, führt dies zu einer Betriebsausgabe. Weil sich aber in der Regel nur schwer ermitteln läßt, welche Waren er bezahlt und welche er auf Ziel erworben hat, sind die gesamten Anschaffungskosten als Aufwand zu berücksichtigen, indem in dieser Höhe ein Abrechnungsposten gebildet wird. Dadurch erhält der Steuerpflichtige nichts geschenkt. Die Anschaffungskosten der nicht bezahlten Ware werden nicht, wie man meinen könnte, zweimal als Aufwand angesetzt, einmal bei der Abrechnung und zum anderen als Betriebsausgabe bei der Zahlung. Zum Ausgleich werden vielmehr die in der Bilanz ausgewiesenen Lieferantenschulden, die in der Regel den nicht bezahlten Waren entsprechen, als gewinnerhöhender Korrekturposten berücksichtigt. (b) Geleistete Anzahlungen In Höhe der geleisteten Anzahlung ist der Ubergangsgewinn zu kürzen. Beim Bestandsvergleich hat sich die Anzahlung bisher nicht gewinnmindernd ausgewirkt, sie ist vielmehr erfolgsneutral behandelt worden. Der Korrekturposten ist erforderlich, weil sich auch bei der Uberschußrechnung die Anzahlung nicht mehr als Betriebsausgabe niederschlägt; sie wird nicht mehr geleistet; sie ist bereits geleistet. (c) Kundenforderungen und Vorsteuererstattungsansprüche Kundenforderungen, die in der Abschlußbilanz ausgewiesen sind, müssen den Übergangsgewinn ebenfalls mindern. Sie sind bereits beim Bestandsvergleich gewinnerhöhend berücksichtigt worden. Leistet der Schuldner auf die Forderung, so würde sich bei der Einnahme-Überschußrechnung erneut ein Gewinn ergeben. Das gleiche gilt für einen aktivierten Vorsteuererstattungsanspruch. Er begründet eine Forderung gegenüber dem Finanzamt, hat also beim Bestandsvergleich den Gewinn erhöht und würde, falls das Finanzamt die Vorsteuer erstattet, als Betriebseinnahme noch einmal gewinnwirksam. (d) Aktive Rechnungsabgrenzungsposten Aktive Rechnungsabgrenzungsposten, die gemäß §5 Abs. 4 N r . 1 EStG für Ausgaben gebildet worden sind, die erst nach dem Übergang zur Überschußrechnung als Aufwand erfaßt werden dürfen, müssen den Übergangsgewinn kürzen. Die Ausgabe hat sich beim Bestandsvergleich noch nicht gewinnmindernd ausgewirkt. Dies ist durch die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens verhindert worden. Seine Aufgabe besteht darin, Ausgaben den Veranlagungszeiträumen zuzuweisen, zu denen sie wirtschaftlich gehören. Bei der Überschußrechnung würde die vorgezogene Ausgabe den Gewinn nicht mindern können. Eine Ausgabe wird nicht mehr vorgenommen, und ein Rechnungsabgrenzungsposten, 338

Wechsel der Gewinnermittlungsart

§ 20 II 2

der aufgelöst werden könnte, ist nicht da. Die Kürzung des Übergangsgewinns ist also erforderlich, um zu gewährleisten, daß die Ausgabe wenigstens einmal den Gewinn mindert. bb) Korrekturposten

für Passiva

(1) Eigenkapital Das Eigenkapital als Differenz der Besitz- und Schuldposten entfällt. Es hat insoweit keine Eigenständigkeit, es ist vielmehr von der Höhe der Aktiva und der (sonstigen) Passiva abhängig. (2) Darlehnsschulden Darlehnsschulden beeinflussen den Ubergangsgewinn nicht. Sie sind beim Bestandsvergleich nicht gewinnwirksam geworden. Die Darlehnsvaluta hat zwar die Aktiva erhöht, die passivierte Darlehnsverbindlichkeit hat dies aber ausgeglichen. Das gleiche gilt, soweit die Darlehnsverbindlichkeit getilgt worden ist. Der Verminderung der Schuld steht eine Verringerung der Aktiva gegenüber. Lediglich die Darlehnszinsen wirken sich gewinnmindernd aus. Die gleiche Auswirkung hat, wie dargelegt, eine Darlehnsschuld bei der Überschußrechnung. Die Darlehnsvaluta begründet keine Betriebseinnahme, die Rückzahlung der Darlehnsschuld keine Betriebsausgabe. N u r die Darlehnszinsen führen zu einer Gewinnminderung. (3) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Verbindlichkeiten erhöhen den Übergangsgewinn. Dies beruht einmal darauf, daß die Verbindlichkeit sich beim Bestandsvergleich gewinnmindernd ausgewirkt hat, sofern ihr keine Vermögensmehrung auf der Aktivseite gegenübersteht. Sie würde den Gewinn erneut mindern, wenn der Steuerpflichtige sie nach dem Überschußrechnung erfüllte. Eine Verbindlichkeit aus einer Warenlieferung ist zwar beim Bestandsvergleich nicht gewinnmindernd geworden; ihr steht auf der Aktivseite die Zunahme des Warenbestandes gegenüber. Ein Korrekturposten erübrigte sich also. Wird die Verbindlichkeit vom Steuerpflichtigen erfüllt, nachdem er zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG übergegangen ist, liegt eine Betriebsausgabe vor. Dies ist an sich zutreffend; einmal muß die Erfüllung der Verbindlichkeit den Gewinn mindern. Gleichwohl ist der Übergangsgewinn auch um die Verbindlichkeiten aus Warenlieferungen zu erhöhen, weil der Warenendbestand, auch soweit er sich aus nicht bezahlter Ware zusammensetzt, den Übergangsgewinn bereits reduziert hat und der Vorgang nicht zweimal den Gewinn kürzen darf. Da die Umsatzsteuerschuld eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt darstellt, sich also von den übrigen Verbindlichkeiten nicht unterscheidet, erhöht auch sie den Übergangsgewinn. (4) Empfangene Anzahlungen auf Lieferungen und Leistungen Empfangene Anzahlungen erhöhen den Übergangsgewinn. 339 22»

§20

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Sie sind zwar beim Bestandsvergleich erfolgsneutral behandelt worden. Der Erhöhung der Aktiva stand eine gleichhohe Zunahme der Passiva gegenüber. Die empfangene Anzahlung würde aber bei der Uberschußrechnung, wenn man sie dem Übergangsgewinn nicht hinzurechnete, keine Gewinnauswirkung haben, weil die Anzahlung bereits vereinnahmt ist, es also nicht mehr zu einer Betriebseinnahme kommt. (5) Passive Rechnungsabgrenzungsposten Ein in der Bilanz ausgewiesener passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist dem Ubergangsgewinn hinzuzurechnen. Der passive Rechnungsabgrenzungsposten hat die Einnahme beim Bestandsvergleich nicht gewinnwirksam werden lassen. Sie würde auch bei der Uberschußrechnung den Gewinn nicht erhöhen, weil sie bereits erfolgt ist und nicht mehr bevorsteht, nach dem Wechsel zur Uberschußrechnung also keine Betriebseinnahme mehr zu erwarten ist. (6) Rückstellungen Rückstellungen sind Verbindlichkeiten, die den Gewinn mindern. Sie nehmen einen späteren Aufwand vorweg. Hat der Steuerpflichtige, der seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt, eine Rückstellung gebildet, hat er dadurch seinen Gewinn gekürzt. Wird er später, wenn er zur Uberschußrechnung übergegangen ist, aus der Verbindlichkeit, für die er eine Rückstellung gebildet hat, in Anspruch genommen, so wäre die Zahlung eine Betriebsausgabe und verringerte den Gewinn erneut. Um dies zu verhindern, müssen die Rückstellungen den Ubergangsgewinn erhöhen. c) Wechsel von der Einnahme-Uberschußrechnung zum Bestandsvergleich Geht der Steuerpflichtige von der Einnahme-Uberschußrechnung zum Bestandsvergleich über, muß er eine Eröffnungsbilanz aufstellen. In der Eröffnungsbilanz hat er die Wirtschaftsgüter (gewinneutral) mit den Werten zu bilanzieren, mit denen sie zu Buche stünden, wenn der Gewinn von Anfang an durch Bestandsvergleich festgestellt worden wäre7. Die Wirtschaftsgüter sind also, soweit es um abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geht, mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Bilanz auszuweisen, im übrigen (nicht abnutzbares Anlagevermögen, Umlaufvermögen) mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Liegt der Teilwert unter den jeweils maßgeblichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, hat der Steuerpflichtige nach allgemeiner Meinung 8 ein Wahlrecht, die Anschaffungsoder Herstellungkosten oder den niedrigeren Teilwert anzusetzen. Wirtschaftsgüter

7

8

Vgl. BFH v. 15.5.1974 I R 255/71, BStBl. 1974 II S.518; Abschnitt 19 Abs. 1 S.9 EStR.

Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach,

340

§4 Anm. 103; Speick, FR 1971, 192, 194.

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§20

II 2

des gewillkürten Betriebsvermögens, das er bei der Überschußrechnung nicht bilden konnte, sind in der Eröffnungsbilanz mit dem Teilwert zu bilanzieren; hier handelt es sich um eine Einlage. A u s den gleichen Gründen wie beim Ubergang vom Bestandsvergleich zur Uberschußrechnung müssen auch beim Wechsel von der Uberschußrechnung zum Bestandsvergleich Korrekturposten angesetzt werden, also Zu- und Abrechnungen vorgenommen werden.

aa) Korrekturposten für Aktiva (1) Anlagevermögen H a t der Steuerpflichtige ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens nicht mit den fortgeführten Anschaffungskosten, sondern, wozu er berechtigt ist, mit dem niedrigeren Teilwert bilanziert, führt dies dazu, daß sich nicht die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd auswirken. Die Differenz zwischen den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten und dem Teilwert hat sich bei der Uberschußrechnung nicht als Betriebsausgabe niedergeschlagen. Beim Bestandsvergleich bleibt dieser Betrag ebenfalls unberücksichtigt. U m sicherzustellen, daß der Steuerpflichtige genauso steht, wie er stünde, wenn er die Teilwertabschreibung erst in der Schlußbilanz in Anspruch genommen und damit einen höheren Aufwand hätte, muß der Ubergangsgewinn um die Differenz zwischen den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten und dem in der Eröffnungsbilanz angesetzten niedrigeren Teilwert gekürzt werden. Der Ubergangsgewinn ist jedoch um die Anschaffungskosten der nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu erhöhen, die ein Steuerpflichtiger vor dem 1.1.1971 angeschafft hat'. Diese Erhöhung ist erforderlich, um zu vermeiden, daß die Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter zweimal als Betriebsausgabe erfaßt werden. Vor dem 1.1.1971 wurden sie, anders als heute, im Zeitpunkt der Zahlung als Betriebsausgaben behandelt. § 4 Abs. 3 S . 4 E S t G läßt den Abzug der Anschaffungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens als Betriebsausgabe erst zu, wenn diese Wirtschaftsgüter veräußert oder entnommen werden. Dies gilt nunmehr auch für Wirtschaftsgüter, die vor dem 1.1.1971 angeschafft worden sind. Ohne Korrekturposten wirkten sich die Anschaffungskosten also zweimal gewinnmindernd aus. Für Grundstücke ist kein Korrekturposten erforderlich. Sie haben, auch wenn sie vor dem 1.1.1971 angeschafft worden sind, den betrieblichen Gewinn nicht beeinflußt; Grund und Boden gehörte vor dem Inkrafttreten des zweiten Steueränderungsgesetzes 1971 vom 10. 8.1971 10 für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 E S t G ermittelten, nicht zum Betriebsvermögen.

Vgl. Anlage 3 zu Abschnitt 19 Abs. 1 EStR. BStBl. 1971 I S. 373 ff. 341

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

(2) Umlaufvermögen (a) Waren D e r in der Eröffnungsbilanz ausgewiesene Warenanfangsbestand erhöht den Ubergangsgewinn". Dies beruht darauf, daß die Anschaffungskosten der Waren, die der Steuerpflichtige bezahlt hat, anderenfalls zweimal den Gewinn kürzten. Bei der Uberschußrechnung lag im Zeitpunkt der Zahlung eine Betriebsausgabe vor. Beim Bestandvergleich vermindert der Verkauf der Waren den Warenendbestand und erhöht damit den Wareneinsatz und somit den Aufwand. Sind die Waren noch nicht bezahlt, so ist eine Korrektur an sich nicht erforderlich; bei der Überschußrechnung haben sie sich noch nicht gewinnmindernd ausgewirkt und beim Bestandvergleich tritt (über die Erhöhung des Wareneinsatzes) n u r einmal eine Gewinnminderung ein. Weil aber im Einzelfall nicht feststellbar ist, welcher Teil des Warenanfangsbestandes bezahlt oder nicht bezahlt ist, wird der gesamte Warenanfangsbestand dem Übergangsgewinn hinzugerechnet. Als Ausgleich f ü r den Ansatz der nicht bezahlten Waren werden die in der Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Lieferantenschulden vom Übergangsgewinn abgezogen 12 . (b) Geleistete Anzahlungen In H ö h e geleisteter Anzahlungen auf Warenvorräte und Leistungen ist der Übergangsgewinn ebenfalls zu erhöhen. Bei der Überschußrechnung ist die Anzahlung als Betriebsausgabe berücksichtigt worden, und beim Bestandsvergleich würde sie erneut gewinnmindernd angesetzt. Die angezahlten Waren führen bei ihrer Lieferung zu einem erfolgsneutralen Aktivtausch und erhöhen, falls sie verkauft werden, den Wareneinsatz und damit den Aufwand. Es ergäbe sich, wenn eine Zurechnung unterbleibe, eine doppelte Gewinnminderung. (c) Kundenforderungen und Vorsteuererstattungsansprüche Kundenforderungen, die in der Eröffnungsbilanz ausgewiesen sind, sind dem Übergangsgewinn hinzuzurechnen. Bei der Überschußrechnung haben sie den Gewinn nicht erhöht, und beim Bestandsvergleich tritt auch dann keine Gewinnerhöhung ein, wenn der Schuldner

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12

Nach Anlage 3 zu Abschnitt 19 Abs. 1 EStR 1978 (vgl. BStBl. 1979 I, Sondernummer 3/ 1979, S.271) mußte der Ubergangsgewinn um den Warenbestand und den Warenforderungsbestand gekürzt werden, der zu Beginn der Uberschußrechnung vorhanden war. In Anlage 3 zu Abschnitt 19 Abs. 1 EStR 1981 ist diese Regelung, die in der Rechtslehre (vgl. Zimmermann, DStR 1981, 155 ff.) zu Recht auf Kritik gestoßen ist, nicht mehr enthalten. Vgl. Anlage 3 zu Abschnitt 19 Abs. 1 EStR.

342

Wechsel der Gewinnermittlungsart

§20

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auf die Forderung leistet. Die Erhöhung des Übergangsgewinns ist daher erforderlich, um überhaupt eine Gewinnauswirkung sicherzustellen. Das gleiche gilt für einen aktivierten Vorsteuererstattungsanspruch. Hierbei handelt es sich um eine Forderung gegenüber dem Finanzamt, die den Gewinn nicht erhöhte, falls eine Hinzurechnung unterbliebe. (d) Aktive Rechnungsabgrenzungsposten Der Übergangsgewinn ist um den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu erhöhen. Der aktive Rechnungsabgrenzungsposten hat sich bei der Überschußrechnung als Betriebsausgabe gewinnmindernd niedergeschlagen; er beruht auf einer Ausgabe, die einem späteren Veranlagungszeitraum zuzurechnen ist. Beim Bestandsvergleich führt die Auflösung des aktiven Rechnungsabgrenzungspostens erneut zu einer Gewinnminderung. Er ist in dem Kalenderjahr aufzulösen, in dem sich die im voraus geleistete Ausgabe als Aufwand auswirken soll. bb) Korrekturposten für Passiva (1) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen haben bei der Überschußrechnung den Gewinn nicht beeinflußt. Werden sie erfüllt, nachdem der Steuerpflichtige zum Bestandsvergleich übergegangen ist, vermindern sie den Gewinn nicht; die Bezahlung einer Verbindlichkeit ist erfolgsneutral. Es liegt ein Aktiv-Passiv-Tausch vor. Der Minderung der Aktivwerte steht eine entsprechende Minderung der Passiva gegenüber (Bilanzverkürzung). Die in der Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten sind daher von dem Übergangsgewinn abzuziehen. D a s gleiche gilt für die in der Eröffnungsbilanz passivierte Umsatzsteuerschuld. (2) Empfangene Anzahlungen auf Lieferungen und Leistungen Passivierte Anzahlungen auf Lieferungen und Leistungen, die der Steuerpflichtige erhalten hat, müssen den Übergangsgewinn kürzen; anderenfalls erhöhten sie zweimal den Gewinn. Bei der Überschußrechnung sind sie als Betriebseinnahmen berücksichtigt worden. Beim Bestandsvergleich bewirkt die Veräußerung der Ware erneut eine Gewinnerhöhung, weil der Warenverkauf zu einer Mehrung der Verkaufserlöse führt. (3) Passive Rechnungsabgrenzungsposten Für passivierte Rechnungsabgrenzungsposten ist ebenfalls eine Kürzung erforderlich. Bei der Überschußrechnung ist der Zufluß bereits als Betriebseinnahme gewinnerhöhend erfaßt worden. Wird der passivierte Rechnungsabgrenzungsposten beim Bestandsvergleich aufgelöst, erhöht dies erneut den Gewinn. 343

§20

II 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

(4) Rückstellungen und Wertberichtigungen Rückstellungen, die in der Eröffnungsbilanz gebildet worden sind, sind vom Ubergangsgewinn abzuziehen, um sicherzustellen, daß sie den Gewinn mindern. Bei der Überschußrechnung ist dies noch nicht geschehen. Eine Betriebsausgabe lag nicht vor. Beim Bestandsvergleich hat die Zahlung durch den Steuerpflichtigen keine Gewinnauswirkung. Der Verminderung der Aktiva steht eine entsprechende Verminderung der Passiva gegenüber. Die Rückstellung würde sich also weder bei der Uberschußrechnung noch beim Bestandsvergleich gewinnmindernd auswirken. Das gleiche gilt für Wertberichtigungen. Bei der Uberschußrechnung ist die Wertberichtigung noch nicht als Aufwand berücksichtigt worden. Beim Bestandsvergleich geschieht dies ebenfalls nicht; der geringere Zahlungseingang bleibt auf den Gewinn ohne Auswirkung. d) Wechsel von der Gewinnermittlung nach Durschschnittsätzen zu anderen Gewinnermittlungsarten Die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen gemäß § 13 a Abs. 3—Abs. 7 EStG entspricht der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach §4 Abs. 1 EStG. Die Gewinne nach § 13 a Abs. 8 EStG werden dagegen nach den Regeln der Uberschußrechnung ermittelt13. Aus dieser Einordnung ergibt sich die steuerliche Behandlung beim Wechsel zu einer anderen Gewinnermittlungsart. Muß ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 141 A O 1977 buchführungspflichtig wird, von der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen nach § 13 a Abs. 3—Abs. 7 EStG zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen, sind keine Korrekturposten anzusetzen. Es liegt insofern kein Wechsel der Gewinnermittlungsart vor; der Steuerpflichtige bleibt beim Bestandsvergleich. Das gleiche gilt, wenn er vom Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zur Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen gemäß § 13 a Abs. 3—Abs. 7 EStG übergeht14. Korrekturposten sind auch dann überflüssig, falls ein Steuerpflichtiger nach einer Gewinnschätzung gemäß §162 A O 1977 einen Bestandsvergleich nach §4 Abs. 1 EStG durchführt 15 ; eine Gewinnschätzung erfolgt immer auf der Grundlage eines unterstellten Bestandsvergleichs nach §4 Abs. 1 EStG. Wechselt ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn bisher nach Durchschnittsätzen gemäß § 13 a Abs. 3—Abs. 7 EStG ermittelt hat, zur Uberschußrechnung, gelten die Grundsätze, die beim Übergang vom Bestandsvergleich zur Überschußrechnung maßgebend sind16.

13 14 15 16

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

344

Abschnitt Littmann, Littmann, oben §20

127 Abs. 11 S. 2 EStR. § 13 a Rdn. 7. §§4, 5 Rdn. 1027ff. II 2 b, S. 337 ff.

Wechsel der Gewinnermittlungsart

§20

III

G e h t er z u m Bestandsvergleich über, nachdem er bisher seinen G e w i n n nach § 13 a A b s . 8 E S t G festgestellt hat, gelten die gleichen Grundsätze wie beim W e c h s e l von der U b e r s c h u ß r e c h n u n g zum Bestandsvergleich 1 7 .

III. Steuerliche Behandlung des Übergangsgewinns D e r Ubergangsgewinn, also die D i f f e r e n z aus den einzelnen Z u - und A b r e c h n u n gen, erhöht den G e w i n n des ersten Jahres nach dem Wechsel der G e w i n n e r m i t t lungsart. E r gehört z u m laufenden G e w i n n und damit zu der Einkunftsart, die nach dem W e c h s e l für den Steuerpflichtigen maßgebend ist; der Ubergangsgewinn bildet also keine nachträglichen Einkünfte einer früheren Einkunftsart 1 8 . W e c h s e l t ein Steuerpflichtiger von der U b e r s c h u ß r e c h n u n g z u m Bestandsvergleich, kann sich aufgrund der Hinzurechnungen ein hoher Ubergangsgewinn und damit eine h o h e Steuerschuld ergeben. Z u r Vermeidung von Härten ist es nach A b s c h n i t t 19 A b s . 1 S. 7 E S t R daher auf Antrag zulässig, den Übergangsgewinn gleichmäßig auf das J a h r des Ubergangs und die beiden folgenden J a h r e zu verteilen. Veräußert er seinen B e t r i e b vor Ablauf der 3-Jahres-Frist, erhöhen die noch nicht berücksichtigten Zurechnungsbeträge den G e w i n n des letzten Wirtschaftsjahres. U b e r t r ä g t er den B e t r i e b unentgeltlich auf einen Dritten, hat der D r i t t e den Ubergangsgewinn zu versteuern, soweit er von seinem Rechtsvorgänger noch nicht der Besteuerung zugeführt wurde 1 9 . D e r Ubergangsgewinn kann nicht verteilt werden, falls der Steuerpflichtige z u m Bestandsvergleich übergehen mußte, weil er seinen B e t r i e b veräußert oder aufgegeben hat 20 . D e r Übergangsgewinn gehört auch hier z u m laufenden G e w i n n , er ist also nicht dem nach § 3 4 A b s . 1, A b s . 2 E S t G begünstigten Veräußerungsgewinn z u z u rechnen. E n t s t e h t beim Ü b e r g a n g von der Ü b e r s c h u ß r e c h n u n g zum Bestandsvergleich ein Verlust, kann ihn der Steuerpflichtige nicht auf mehrere Wirtschaftsjahre verteilen. D e r Verlust darf aber mit Einkünften anderer Einkunfsarten verrechnet (Verlustausgleich) und, soweit er nach der Verrechnung n o c h nicht in vollem U m f a n g verbraucht ist, gemäß § 10 d E S t G mit G e w i n n e n anderer Wirtschaftsjahre ausgeglichen werden (Verlustrück-/Vortrag). G e h t ein Steuerpflichtiger v o m Bestandsvergleich zur Ü b e r s c h u ß r e c h n u n g über, gilt die Verteilungsregel nach Abschnitt 19 Abs. 1 S. 7 E S t R nicht 1 1 . D e r Übergangsgewinn ist daher grundsätzlich als laufender G e w i n n im ersten J a h r nach dem W e c h s e l der Gewinnermittlungsart zu versteuern. Soweit sich die Betriebsvorgänge,

Vgl. dazu §20 II 2 c, S. 340 ff. BFH v. 1.7.1981 I R 134/78, BStBl. 1981 II S.780, 781. " B F H v. 7.12.1971 VIII R 22/67, BStBl. 1972 II S.338, 339. 20 Vgl. Abschnitt 17 Abs. 6 S.4 EStR. 21 B F H v. 3.10.1961 I 236/60 U, BStBl. 1961 III S. 565 f. 17 18

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§ 21 / § 2 2

I

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

die zu den Zu- oder Abrechnungen geführt haben, erst in späteren Jahren nach dem Ubergang zur Uberschußrechnung auswirken, kann der Steuerpflichtige beantragen, daß sie dem Veranlagungszeitraum zugerechnet werden, in dem sie den Gewinn tatsächlich beeinflussen 22 . Verbindlichkeiten aus Warenlieferungen haben, wie oben dargelegt, den Übergangsgewinn erhöht. Erfüllt der Steuerpflichtige die Verbindlichkeit erst im dritten Jahr nach dem Wechsel zur Uberschußrechnung, kann er beantragen, daß der Gewinn dieses Jahres um den Betrag erhöht wird, den er zur Erfüllung der Verbindlichkeit aufgewendet hat.

Zweiter A b s c h n i t t

Ermittlung der Einkünfte bei den Überschußeinkunftsarten § 2 1 Begriff der Überschußeinkunftsarten Bei den Einkunftsarten des §2 Abs. 1 Nrn. 4—7 EStG (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte) sind die Einkünfte der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten, § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG, vermindert um die vom Gesetz vorgesehenen Freibeträge. Den Einnahmebegriff definiert § 8 EStG. Danach sind Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 A b s . l Nrn. 4—7 EStG zufließen. Welche Einnahmen in die 4 Überschußeinkunftsarten fallen, ist im einzelnen oben (§ 5 V—X) dargelegt. U m die Einkünfte ermitteln zu können, ist es daher zunächst erforderlich, die Werbungskosten zu bestimmen und anschließend die Freibeträge abzuziehen.

§ 22 Werbungskosten I. Begriff Nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der Wortlaut dieser Bestimmung spricht dafür, den Werbungskostenbegriff final zu verstehen, es muß also, wenn man sich an die Formulierung des § 9 A b s . l S. 1 EStG hält, zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen eine finale Beziehung bestehen. Damit unterscheidet sich diese Bestimmung vom Betriebsausgabenbegriff des § 4 Abs. 4 EStG, wonach zu den Betriebsausgaben alle Aufwendungen gehören, die durch den Betrieb veranlaßt

22

Vgl. B F H v. 17.1.1963 IV 66/62 U , BStBl. 1963 III S.228, 229.

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Werbungskosten

§22

I 1

sind. A u f w e n d u n g e n , die als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, müssen also nicht in einer finalen Beziehung zu den Einnahmen stehen, es genügt vielmehr, daß sie kausal durch den Betrieb veranlaßt sind. Ungeachtet der unterschiedlichen Formulierung der beiden Vorschriften wird heute allgemein 1 angenommen, der Werbungskostenbegriff sei mit dem der Betriebsausgaben deckungsgleich. D a s Veranlassungsprinzip des § 4 A b s . 4 E S t G müsse auch für den Werbungskostenbegriff gelten. U b e r den Wortlaut des § 9 A b s . 1 S. 1 E S t G hinaus seien daher, heißt es in einer Entscheidung des B F H 2 , nicht nur A u f w e n d u n g e n zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen, sondern überhaupt alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt seien, Werbungskosten. Dieser A u f f a s s u n g ist zuzustimmen. D i e Frage, ob A u f w e n d u n gen als Werbungskosten anzuerkennen sind, muß nach den gleichen Kriterien entschieden werden, die für die Anerkennung von Betriebsausgaben maßgebend sind. Dementsprechend zählen zu den Werbungskosten alle Aufwendungen, die durch den Beruf, durch die Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen, von (realen oder fiktiven) Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und von Einnahmen im Sinne der §§ 22, 23 E S t G veranlaßt sind. Versteht man den Werbungskostenbegriff in diesem Sinne, müssen die folgenden drei Voraussetzungen gegeben sein: E s müssen A u f w e n d u n g e n vorliegen, die den Steuerpflichtigen belasten, durch die Einnahmeerzielung veranlaßt sind und mit steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehen. 1. A u f w e n d u n g e n A u f w e n d u n g e n sind alle Abflüsse von Geld oder geldwerten Gütern, die eine Vermögensminderung beim Steuerpflichtigen bewirken. D a nur tatsächlich geleistete Ausgaben A u f w e n d u n g e n i. S. d. § 9 A b s . 1 S. 1 E S t G sind, kann der Wert der eigenen Arbeitsleistung eines Steuerpflichtigen, der sein Mehrfamilienhaus selbst repariert, nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden. Aufwendungen hat er nur, wenn er das erforderliche Material gekauft hat. A u c h Vermögensumschichtungen stellen keine Aufwendungen dar. D e r Steuerpflichtige hat zwar A u s g a b e n ; sie vermindern aber nicht sein Vermögen. E r erhält in

1

2

Vgl. BFH v. 21.3.1975 VI R 131/73, BStBl. 1975 II S.641; BFH v. 22.4.1975 VIII R 110/ 70, BStBl. 1975 II S.663; B F H v. 20.11.1979 VI R 25/78, BStBl. 1980 II S.75; B F H v. 28.11.1980 VI R 193/77, BStBl. 1981 II S.368, 369; BFH v. 21.7.1981 VIII R 154/76, BStBl. 1982 II S.37, 39; BFH v. 19.3.1982 VI R 25/80, BStBl. 1982 II S.442f.; v. Bornhaupt in Söhn (Hrsg.), Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, 1980, S. 149, 179ff. m. w.N.; ders., FR 1982, 313, 318; ders., DStR 1983, 11; Herrmann!Heuer/Raupach, §9 Anm.3a [2]—[4]; Littmann/ Littmann, Einkommensteuer, 10. Aufl., 1977, S.54; Offerhaus, BB 1979, 617ff. m . w . N . ; vgl. aber auch Kruse, FR 1981, 473 ff. U. v. 28.11.1980 VI R 193/77, BStBl. 1981 II S.368, 369. 347

§22

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

der Regel einen vollen Ausgleich. Erwirbt er ein Grundstück, kann er die Anschaffungskosten nicht als Werbungskosten absetzen. A n Aufwendungen fehlt es weiter, wenn eine Wertminderung des privaten Vermögens eintritt. Anders als beim Betriebsvermögen erfaßt das Einkommensteuergesetz (von §§17, 23 EStG abgesehen) weder eine Wertsteigerung noch einen Wertverlust des Privatvermögens. Private Einlagenverluste aus Bankinsolvenzen wirken sich daher einkommensteuerrechtlich genausowenig aus3 wie eine Vermögenseinbuße, die ein Arbeitnehmer bei dem Verkauf seines Hauses erleidet, das er veräußern mußte, weil er an einen anderen Ort versetzt wurde. Daß die Veräußerung beruflich veranlaßt ist, reicht zur Begründung von Werbungskosten allein nicht aus. Voraussetzung ist immer, daß dem Steuerpflichtigen zunächst Aufwendungen entstanden sind. Daran fehlt es aber bei privaten Vermögensverlusten 4 . Das hessische Finanzgericht 5 hat daher zu Recht entschieden, der merkantile Minderwert eines P K W sei auch dann nicht als Werbungskosten abzugsfähig, falls er durch einen Unfall auf einer Dienstreise verursacht worden sei. Auch insoweit liegt lediglich ein Vermögensverlust vor, der sich nicht auf die Höhe der Einkommensteuer auswirkt, weil dem Steuerpflichtigen keine tatsächlichen Aufwendungen entstanden sind. Der BFH 6 hat allerdings entschieden, ein Steuerpflichtiger, dessen privater PKW während einer beruflich veranlaßten Fahrt beschädigt wurde, könne die durch den Unfall herbeigeführte Wertminderung in vollem Umfang als Werbungskosten geltend machen, wenn er das Fahrzeug nicht reparieren lasse. In diesem Fall sind dem Steuerpflichtigen keine Aufwendungen entstanden. Das hat der B F H auch nicht verkannt. Die Entscheidung ist zutreffend, weil der BFH hier nicht allgemein einen Vermögensverlust als Werbungskosten anerkannt hat, sondern zu Recht darauf abstellt, ein Vermögensverlust könne (ausnahmsweise) steuerlich berücksichtigt werden, sofern der Steuerpflichtige abschreibungsberechtigt sei. In einem solchen Fall ist nicht der Vermögensverlust, sondern die A f A als Werbungskosten anzuerkennen. Das gleiche gilt, wenn ein Dritter aus Rache den PKW eines Polizisten zerstört 7 oder der PKW eines Arbeitnehmers, den dieser auf der Straße vor seiner Arbeitsstätte abgestellt hat, durch Randalierer oder Demonstranten beschädigt wird 8 . Da bei den Uberschußeinkünften gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG neben der linearen A f A und der AfS auch Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung, § 7 Abs. 1 S. 4 EStG, zulässig sind, kann ein SteuerF G K ö l n v. 2 5 . 1 1 . 1 9 8 0 II (VIII) 461/76 E, E F G 1 9 8 1 , 396. Vgl. B F H v. 14. 5 . 1 9 7 4 VIII R 95/72, BStBl. 1 9 7 4 II S. 5 7 2 ; Herrmann/Heuer/Raupach, §9 A n m . 4 [5]. 5 U . v. 5. 7 . 1 9 7 9 I X 440/78, E F G 1 9 8 0 , 70; das gleiche gilt f ü r den Mindererlös beim Verkauf eines Unfallwagens, vgl. F G H a m b u r g v. 3 . 2 . 1 9 8 2 III 201/79, E F G 1 9 8 2 , 340. 6 U . v. 9 . 1 1 . 1 9 7 9 V I R 156/77, BStBl. 1 9 8 0 II S . 7 1 . 7 B F H v. 1 9 . 3 . 1 9 8 2 V I R 25/80, BStBl. 1 9 8 2 II S . 4 4 2 f . ' Vgl. Söffing, F R 1 9 8 2 , 388, 389.

3 4

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Werbungskosten

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Pflichtiger, der seinen beschädigten Wagen nicht reparieren läßt, den Unterschiedsbetrag zwischen den Zeitwerten seines PKW vor und nach dem Unfall abschreiben. Eine Teilwertabschreibung und eine degressive Abschreibung, § 7 Abs. 2 EStG, stehen ihm bei den Uberschußeinkünften allerdings nicht zu. Ein Gebäude darf er jedoch gemäß § 7 Abs. 5 EStG auch degressiv abschreiben. Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen, darf er sie als Werbungskosten geltend machen, falls er sie selbst getragen hat. Werden sie ihm ersetzt, fehlt es an eigenen Aufwendungen. Das gilt für Leistungen einer Versicherung, die er aus Anlaß einer Beschädigung eines PKW erhält, oder für den Fahrtkostenersatz, den ihm der Arbeitgeber für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte gewährt. Nimmt er Arbeitskollegen in seinem PKW zur Arbeitsstätte mit und bekommt er hierfür von jedem Kollegen eine Vergütung, so ist sie kein Ersatz für die ihm entstehenden Aufwendungen für die Fahrt zur Arbeitsstätte. Die Mitfahrvergütung gehört vielmehr zu den Einkünften des § 22 N r . 3 EStG. Der Steuerpflichtige ist deshalb befugt, die Pauschbeträge für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ungekürzt als Werbungskosten anzusetzen'. Für den Werbungskostenabzug ist es unerheblich, woher der Steuerpflichtige das Geld für die Ausgaben hat. Es ist entscheidend, ob bei ihm ein Vermögensabfluß gegeben ist. Deshalb entfallen die Aufwendungen nicht, wenn er sie mit Mitteln begleicht, die er ererbt oder geschenkt bekommen hat. 2. Veranlassungsprinzip Folgt man der herrschenden Meinung 10 , daß alle Aufwendungen Werbungskosten seien, die durch den Beruf oder durch die Einnahmeerzielung nach den §§20, 21, 22, 23 EStG veranlaßt sind, so sind nicht, wie man glauben könnte, alle Probleme gelöst. Es ist vielmehr streitig", wie der Veranlassungsbegriff auszulegen ist. Der BFH 12 meint, eine berufliche Veranlassung sei stets anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und subjektiv die Aufwendungen der Förderung des Berufs dienten. Der objektive Zusammenhang müsse stets gegeben sein; das subjektive Element reiche nie allein, sei jedenfalls bei freiwilligen Aufwendungen neben dem objektiven erforderlich. Bei unfreiwilligen Aufwendungen, also bei Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen aufgezwungen würden, fehle die subjektive Förderungsabsicht. Deshalb müsse man in diesen Fällen allein auf den objektiven Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Beruf abstellen. Dieser Ansicht entsprechend hat der BFH entschieden, die berufliche Veranlassung sei gegeben, falls ein Dritter aus Rache wegen einer gegen ihn gerichteten Diensthandlung eines

' Vgl. F G Schleswig-Holstein v. 5. 8.1981 I 197/79, EFG 1982, 82; Giloy, BB 1981, 357, 359; Schmidt/Drenseck, § 9 Anm. 8 d. ,0 Vgl. die Nachweise in Fn. 1, S.347. 11 Vgl. die Nachweise in Fn. 1, S.347; Söhn in Söhn (Hrsg.), a . a . O . , S. 13 ff.; Tiedtke, FR 1978, 493 ff.; Wassermeyer, StuW 1981, 245 ff. 12 Vgl. die Rechtsprechungsnachweise in Fn. 1, S.347. 349

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Polizisten dessen P K W zerstöre 1 3 und einem Arbeitnehmer Aufwendungen im Zusammenhang m i t einer ehrenamtlichen Tätigkeit für die Gewerkschaft entstanden seien 14 . Das gleiche gilt für Strafverteidigungskosten, wenn der strafrechtliche Schuldvorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur W e h r setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlaßt war. Es ist n u n m e h r unerheblich, ob der Steuerpflichtige freigesprochen oder verurteilt worden ist". D i e Beispiele verdeutlichen, daß der kausale Werbungskostenbegriff weiter gefaßt ist als der finale. Dagegen ist nichts einzuwenden. G l e i c h w o h l bestehen gegen die Ausfüllung des Veranlassungsprinzips durch den B F H Bedenken. D i e Frage, ob Aufwendungen i. S . d . § 4 A b s . 4 E S t G durch den Betrieb oder i . S . d. § 9 A b s . 1 S. 1 E S t G durch den B e r u f oder durch die Einnahmeerzielung nach den § § 2 0 , 21, 22, 23 E S t G veranlaßt sind, kann nicht, wie der B F H es tut, auch nach subjektiven M e r k m a l e n b e s t i m m t werden. Aufwendungen sind durch den Betrieb veranlaßt, w e n n der Betrieb sie verursacht hat. D e r Betrieb hat die Aufwendungen verursacht, w e n n er gemäß den Grundsätzen der Aquivalenztheorie nicht hinweggedacht werden kann, o h n e daß die Aufwendungen entfielen. D i e subjektive Förderungsabsicht gehört damit nicht zum Veranlassungsprinzip. Sie wird zwar in der Regel gegeben sein, und man kann aus ihr auf den objektiven Zusammenhang schließen; notwendig ist sie aber nicht 16 . D i e gleichen objektiven Maßstäbe gelten, wenn es um das Veranlassungsprinzip i. S. d. § 9 A b s . 1 S. 1 E S t G geht. A u c h hier k o m m t es lediglich darauf an, o b die Aufwendungen o b j e k t i v durch die Einnahmeerzielung veranlaßt sind. D e r B F H hat früher 17 die A n s i c h t vertreten, Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger grob fahrlässig verursacht habe, seien nicht betrieblich oder beruflich veranlaßt. Diese Auffassung hat der G r o ß e Senat des B F H 1 8 zwar aufgegeben. D i e neuere Rechtsprechung des B F H , die Aufwendungen nur dann als Werbungskosten anerkennt, falls der Steuerpflichtige auch in subjektiver Förderungsabsicht handelt, zeigt aber, daß sich der B F H von seiner alten Auffassung, schuldhaft verursachte K o s t e n seien keine W e r b u n g s k o s t e n , letztlich noch nicht befreit hat. A n der subjektiven F ö r d e rungsabsicht wird es in der Regel fehlen, wenn die Aufwendungen durch einen V o r g a n g entstanden sind, der auf ein vorwerfbares (schuldhaftes) Verhalten des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. N a c h alledem sind die Aufwendungen durch den B e r u f oder durch die E i n n a h meerzielung i. S. d. § § 2 0 , 2 1 , 22, 23 E S t G veranlaßt, die in einem objektiven Zusammenhang mit dem B e r u f oder der Einnahmeerzielung stehen. A u f die subjek-

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B F H v. 19.3.1982 VI R 25/80, BStBl. 1982 II S.442f. B F H v. 28.11.1980 VI R 193/77, BStBl. 1981 II S.368. B F H v. 19.2.1982 VI R 31/78, BStBl. 1982 II S.467, 468. So zutreffend Söhn in Söhn (Hrsg.), a.a.O., S. 13, 23ff. m . w . N . ; a.A. v. Bornhaupt, FR 1982, 313, 318. U . v . 21.7.1967 V I R 307/66, BStBl. 1967 III S. 734; v. 16.2.1970 VI R 254/68, BStBl. 1970 II S. 662; v. 17.10.1973 VI R 49/70, BStBl. 1974 II S. 184. B. v. 28.11.1977 GrS 2 — 3/77, BStBl. 1978 II S. 105.

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tive Förderungsabsicht kommt es weder bei den unfreiwilligen noch bei den freiwilligen Aufwendungen an. Gleichwohl kann es im Einzelfall schwierig sein, das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen zu verneinen oder zu bejahen. Dies verdeutlicht der folgende Fall: Ein Steuerpflichtiger, der 4 Grundstücke geerbt hat, nimmt ein Darlehen auf, um Pflichtteilsansprüche seines Bruders zu erfüllen. Er ist der Ansicht, die Darlehnszinsen seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Er hätte, so trägt er vor, ohne die Darlehnsaufnahme ein Grundstück verkaufen müssen, um die Pflichtteilsansprüche zu befriedigen. Es fragt sich, ob die Darlehnszinsen durch die Einnahmeerzielung aus §21 EStG objektiv veranlaßt sind. Dafür spricht zunächst der Umstand, daß der Steuerpflichtige weniger Mieteinnahmen erzielte, wenn er ein Grundstück verkaufen müßte. Diese Betrachtungsweise ist jedoch unzutreffend. Sie übersieht, zu welchem Zweck er das Darlehen aufgenommen hat. Er wollte mit dem Geld eine private Schuld (Pflichtteilsverpflichtung) erfüllen. Er wäre auch dann zur Zinszahlung verpflichtet, wenn er keinen Grundbesitz gehabt hätte. Denkt man sich im Sinne der Bedingungstheorie die Einnahmeerzielung aus §21 EStG weg, wären die Zinsaufwendungen ebenfalls entstanden. Sie sind also, wie das F G Berlin" zu Recht entschieden hat, nicht objektiv durch die Einnahmeerzielung veranlaßt. Der Steuerpflichtige hat das Darlehen nicht zur Einnahmeerzielung, sondern die Grundstücke als Finanzierungsgrundlage benutzt. Aus den gleichen Gründen fehlt es an einer objektiven Veranlassung, falls ein Steuerpflichtiger die Abschlußgebühren für einen Bausparvertrag als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend macht, weil er ihn abgeschlossen hat, um Erbausgleichsansprüche seiner Geschwister zu erfüllen. Auch hier ist es unerheblich, ob er ohne den Bausparvertrag gezwungen wäre, das vorhandene Hausgrundstück zu veräußern. 3. Z u s a m m e n h a n g zwischen Aufwendungen und steuerpflichtigen Einnahmen Aufwendungen können lediglich als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie in unmittelbarem oder mittelbarem 20 Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen aus einer der vier Uberschußeinkunftsarten stehen. Fallen sie dagegen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen an, sind sie nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, § 3 c EStG. Dies gilt sowohl für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen bei der Erzielung von steuerfreien ausländischen Einkünften entstanden sind, als auch für Ausgaben, die er im Zusammenhang mit steuerfreien Zinserträgen nach § 3 a EStG gehabt hat. Schließlich muß er Aufwendungen der Uberschußeinkunftsart zuordnen, zu der sie gehören, also Aufwendungen, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätig" U . v. 15.6.1976 V 253/75, E F G 1977, 257; vgl. aber auch B F H v. 19.5.1983 IV R 138/79, BStBl. 1983 II S.380, wonach Zinsen für einen Kredit, den ein Miterbe im Rahmen einer Erbauseinandersetzung aufgenommen hat, Sonderbetriebsausgaben sein sollen. 20 Vgl. B F H v. 2 8 . 1 1 . 1 9 8 0 VI R 193/77, BStBl. 1981 II S.368, 370. 351

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

keit anfallen, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Ausgaben, die im Zusammenhang mit einem vermieteten H a u s entstehen, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

II. Abgrenzung von Kosten der privaten Lebensführung A u f w e n d u n g e n sind nur dann abzugsfähig, falls sie durch eine Uberschußeinkunftsart veranlaßt sind. Betreffen sie die private Lebensführung, so sind sie gemäß § 12 N r . 1 S. 2 E S t G v o m A b z u g ausgeschlossen. D a diese Vorschrift gerade bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von Bedeutung ist, wird im folgenden (aus Vereinfachungsgründen) nur diese Einkunftsart behandelt. F ü r die anderen Einkunftsarten gilt das gleiche. D i e Frage, o b Kosten der privaten Lebensführung oder berufliche A u f w e n d u n gen gegeben sind, bereitet in der Regel keine Schwierigkeiten, wenn ein Wirtschaftsgut entweder in vollem U m f a n g e privat oder in vollem U m f a n g e beruflich eingesetzt ist. In diesen Fällen liegen entweder nicht abzugsfähige Kosten der privaten L e b e n s f ü h r u n g oder Werbungskosten vor. Abgrenzungsprobleme bestehen aber, falls das Wirtschaftsgut gemischt genutzt, also sowohl privat als auch beruflich verwendet wird, und wenn es u m die Abzugsfähigkeit von A u f w e n d u n g e n geht, die sowohl beruflich als auch privat verursacht worden sind. K o s t e n für die Anschaffung von gemischt genutzten Wirtschaftsgütern können nach der ständigen Rechtsprechung des B F H 2 1 grundsätzlich nicht in abziehbare Werbungskosten und nicht abziehbare Kosten der privaten Lebensführung aufgeteilt werden. D i e Rechtsprechung sieht in § 12 N r . 1 S. 2 E S t G ein Aufteilungs- und A b z u g s v e r b o t für alle gemischten Aufwendungen. D a s bedeutet, daß auch der beruflich veranlaßte Teil der Aufwendungen nicht abgezogen werden darf. D e r B F H 2 2 läßt eine Aufteilung der Gesamtaufwendungen ausnahmsweise zu, wenn objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen und außerdem der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Dies hat er für Flugzeug- 2 3 und PKW-Kosten 2 4 , A u f w e n d u n g e n für die Beschäftigung einer Hausgehilfin 2 5 oder für die D u r c h f ü h rung einer Gruppenreise 2 ' bejaht, aber für die Anschaffung eines Konzertflügels 2 7 oder eines Nachschlagewerks durch Fachlehrer, für die Benutzung bürgerlicher

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B. v. 19.10.1970 GrS 2/70, BStBl. 1971 II S. 17; B. v. 19.10.1970 GrS 3/70, BStBl. 1971 II S.21; B. v. 27.11.1978 GrS 8/77, BStBl. 1979 II S.213; U. v. 20.11.1980 IV R 8/78, BStBl. 1981 II, S. 201. Vgl. die Nachweise in Fn.21. BFH v. 4.8.1977 IV R 157/74, BStBl. 1978 II S.93, 94. B F H v. 19.10.1970 GrS 2/70, BStBl. 1971 II S. 17, 21. B F H v. 8.11.1979 IV R 66/77, BStBl. 1980 II S. 117. B F H v. 27.11.1978 GrS 8/77, BStBl. 1979 II S.213, 216ff. B F H v. 10.3.1978 VI R 111/76, BStBl. 1978 II S.459.

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Kleidung28, für die Anschaffung eines Fernsehapparates durch einen Mitarbeiter eines Filminformationsdienstes 2 ' sowie für die Anschaffung einer Skiausrüstung durch einen nebenberuflichen Skilehrer30 verneint. Die Ansicht des BFH, § 12 Nr. 1 S. 2 EStG enthalte ein Aufteilungs- und Abzugsverbot, wird in der Rechtslehre 31 zu Recht abgelehnt. Diese Vorschrift habe lediglich einen begrenzten Anwendungsbereich, sie gelte nur für sog. Repräsentationsaufwendungen und verhindere keinesfalls die Aufteilung der Gesamtaufwendungen in privat und beruflich veranlaßte. Soweit eine Aufteilung überhaupt möglich sei, könne sie auch im Schätzungswege (§ 162 A O 1977) erfolgen, objektive Merkmale und Unterlagen für eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung seien nicht erforderlich. In dieser Weise, also ohne Aufzeichnungen, hat der BFH 32 es bisher schon zugelassen, daß bei einem privat und beruflich genutzten Telefon die laufenden Gesprächseinheiten in beruflich und privat veranlaßte aufgeteilt werden. Zu Recht hat der BFH 33 diese Rechtsprechung auf die Telefongrundgebühren ausgedehnt und ausgeführt, Telefongrundgebühren seien bei einem privaten Telefonanschluß mangels geeigneter Unterlagen entsprechend dem geschätzten Verhältnis der dienstlich und der privat geführten Gespräche aufzuteilen. Es bleibt zu hoffen, daß die Rechtsprechung eine derartige Aufteilung auch bei anderen gemischt genutzten Wirtschaftsgütern zulassen wird und nicht, wie bisher, gegen das Gebot der Gerechtigkeit verstößt, indem sie den Abzug teilweise beruflich veranlaßter Aufwendungen versagt, weil es an einem objektiven Maßstab (Aufzeichnungen) für die Aufteilung der Gesamtaufwendungen fehle. Von der Aufteilung der Gesamtaufwendungen, die durch gemischt genutzte Wirtschaftsgüter entstanden sind, ist die Frage zu trennen, wie die Aufwendungen steuerlich beurteilt werden, die sowohl beruflich als auch privat veranlaßt sind. Es geht hier um das Problem, ob ein Steuerpflichtiger die Unfallkosten als Werbungskosten absetzen kann, wenn er mit seinem PKW auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verunglückt und dieser Unfall auch auf privaten Ursachen beruht, also auf einem schuldhaften Verstoß gegen Verkehrsvorschriften, überhöhte Geschwindigkeit, Übermüdung, das Aufheben einer herabgefallenen brennenden Zigarette oder eine spontane Wettfahrt mit einem anderen Verkehrsteilnehmer zurückzuführen ist. Daß der Steuerpflichtige den Unfall schuldhaft verursacht hat, steht, wie nunmehr auch in der Rechtsprechung 34 anerkannt ist, dem Abzug der

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BFH VI R BFH BFH

v. 24.7.1981 VI R 171/78, BStBl. 1981 II S.781, 782f.; vgl. auch BFH v. 20.11.1979 143/77, BStBl. 1980 II S. 73; BFH v. 20.11.1979 VI R 25/78, BStBl. 1980 II S. 75. v. 19.10.1970 GrS 3/70, BStBl. 1971 II S.21. v. 24.10.1974 IV R 101/72, BStBl. II S.407, 409 ff.

Vgl. Offerhaus, BB 1979, 668; Kuppe in Söhn (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 1), S. 124, 141; Tipke, S. 253; ders., StuW 1979, 204. U. v. 19.12.1977 VI R 198/76, BStBl. 1978 II S.287; U. v. 9.11.1978 VI R 195/77, BStBl. 1979 II S. 149. U. v. 21.11.1980 V I R 202/79, BStBl. 1981 II S. 131. BFH v. 28.11.1977 GrS 2—3/77, BStBl. 1978 II S. 105. 353

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Tiedtke, Einkommensteuer

§22

II

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Unfallkosten nicht entgegen. E s liegen daher Werbungskosten vor, wenn es zu einem Unfall k o m m t , weil er mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist oder sein P K W technische Mängel gehabt hat. E s spielt keine Rolle, daß der Unfall auf die Fahruntüchtigkeit des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. Deshalb sind auch die Unfallaufwendungen Werbungskosten, die entstehen, weil er wegen Trunkenheit a m Steuer fahruntüchtig w a r " . D i e schuldhafte Verursachung des Unfalls ändert somit nichts an der beruflichen Veranlassung. E s fragt sich aber, o b die Unfallkosten, o b w o h l sie auf einer beruflich veranlaßten Fahrt entstanden sind, dann nicht als Werbungskosten anerkannt werden können, wenn ein privater G r u n d für den Unfall mitursächlich geworden ist. Der B F H 3 6 hat diese Frage bejaht. E r meint, die A u f w e n d u n g e n zur Beseitigung des Unfallschadens stellten keine Werbungskosten dar, falls der Unfall (jedenfalls auch) in nicht unbedeutendem Maße auf einer privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Veranlassung beruhe. D e r B F H knüpft damit an die Kausaltheorie von der wesentlichen Bedingung an, die teilweise auch in der Rechtslehre 3 7 vertreten wird. E s k o m m t somit nach der Rechtsprechung darauf an, welcher Sphäre (der privaten oder der beruflichen) die wesentliche U r s a c h e zuzuordnen sei. Überwiege die private Ursache, seien die Unfallkosten überhaupt nicht als Werbungskosten absetzbar. Überwiege die berufliche Veranlassung, bleibe die private unberücksichtigt. D a s hat der B F H 3 8 z. B . für den Fall bejaht, in dem ein Arbeitnehmer auf der Fahrt von einer Baustelle, auf der er beschäftigt war, zu einer nahe gelegenen Gaststätte einen Unfall erleidet. Ich habe an anderer Stelle 39 ausgeführt, daß die „Kausaltheorie von der wesentlichen B e d i n g u n g " keine Kausaltheorie ist und im Steuerrecht kein Bedürfnis besteht, die Kausalität, die sich aufgrund der Bedingungstheorie ergibt, durch die Theorie von der wesentlichen Bedingung einzuschränken. Auf diese Darlegungen verweise ich. N a c h der A u f f a s s u n g des B F H 4 0 ist die private Mitverursachung vor allem dann wesentlich, wenn zu der privaten Unfallursache der U m s t a n d hinzutritt, daß der Steuerpflichtige das berufsfremde Risiko, auf das der Unfall zurückzuführen ist, selbst zu verantworten hat. D a m i t schleicht sich das Merkmal des Verschuldens, das der B F H als unmaßgeblich erklärt hat, durch die Hintertür wieder ein; in der Regel wird die freiwillige Ü b e r n a h m e eines berufsfremden Risikos auf einem Verschulden des Steuerpflichtigen beruhen. N a c h alledem bleibt die Fahrt eines Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch dann beruflich veranlaßt, wenn ein privater G r u n d den Unfall mitverursacht hat. E s k o m m t nicht darauf an, ob die private Mitverursachung wesentlich oder unwesentlich ist. E s genügt (ist aber auch stets erforderlich) daß die Fahrt beruflich veranlaßt ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige von einem Betriebsjubiläum nach H a u s e fährt und dabei

35 36 37 38 39 40

Vgl. Offerhaus, BB 1979, 671; Tiedtke, FR 1978, 493, 499; Wassermeyer, B. v. 28.11.1977 GrS 2—3/77, BStBl. 1978 II S. 105. Vgl. Söhn in Söhn (Hrsg.), a . a . O . (Fn. 1), S. 13, 69ff.; Tipke, S.252. U. v. 18.12.1981 VI R 201/78, BStBl. 1982 II S.261. FR 1978, 493. B. v. 28.11.1977 GrS 2—3/77, BStBl. 1978 II S. 105.

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StuW 1981, 235.

Werbungskosten

§22

III

verunglückt. Die beruflich veranlaßte Fahrt wird allerdings unterbrochen, falls er nach seiner Arbeitszeit an einer Betriebssportveranstaltung teilnimmt. Wird sein Wagen, den er auf dem Sportgelände abgestellt hat, beschädigt, kann er die Aufwendungen für die Instandsetzung nicht als Werbungskosten absetzen. Ereignet sich aber ein Unfall während der Rückfahrt von der Betriebssportveranstaltung zu seiner Wohnung auf dem normalen Wege von der Arbeit (also nicht auf einem Umweg), so ist der Unfall beruflich veranlaßt. Der Steuerpflichtige hat durch die Teilnahme an der Betriebssportveranstaltung seine Berufsfahrt zwar unterbrochen, nicht aber endgültig aufgegeben. Der Entscheidung des hessischen Finanzgerichts 41 , das in einem solchen Falle den Abzug der Unfallkosten als Werbungskosten versagt hat, kann daher nicht zugestimmt werden, falls der Steuerpflichtige, was sich aus dem Sachverhalt der Entscheidung nicht ergibt, auf demselben Wege nach Hause fuhr, den er auch sonst benutzte.

III. Vorweggenommene, nachträgliche und vergebliche Aufwendungen Für die Anerkennung von Werbungskosten ist es nicht erforderlich, daß der Steuerpflichtige bereits Einnahmen erzielt hat. Es genügt, wenn er die Einnahmeerzielung beabsichtigt oder ihm früher entsprechende Einnahmen zugeflossen sind. Werbungskosten können also vorab (vor den Einnahmen) oder nachträglich (nach den Einnahmen) entstehen. Man spricht in diesen Fällen von vorweggenommenen oder nachträglichen Werbungskosten. Vorweggenommene Werbungskosten liegen nach der Rechtsprechung des BFH 4 2 nur vor, wenn sie in einem hinreichend klaren Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsart stehen43. Die Absicht zur Einkunftserzielung muß anhand äußerer Umstände dargetan sein. „Aufwand", heißt es in einer Entscheidung des BFH 4 4 , „der gleichsam ins Blaue hinein gemacht werde, fällt nicht unter § 9 E S t G " . Der Steuerpflichtige, der vorweggenommene Werbungskosten geltend macht, muß für seine berufliche Tätigkeit bereits Vorbereitungen getroffen haben, die erkennen lassen, was er vorhat. Er muß sich auf eine Einkunftsart festgelegt haben. Bricht er seine Vorbereitungen für die künftige Tätigkeit in einem so frühen Stadium ab, daß für ihn noch alle Möglichkeiten offen bleiben, fehlt der von der Rechtsprechung geforderte Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsart. Reisekosten 45 , die ihm auf der Suche nach einem 41 42

43 44 45

U. v. 13.1.1981 I 112/79, EFG 1981, 285. U. v. 3.11.1961 VI 196/60 U, BStBl. 1962 III S. 123; v. 13.11.1973 VIII R 157/70, BStBl. 1974 II S. 161; v. 20.10.1978 VI R 132/76, BStBl. 1979 II S. 114, 115; v. 15.12.1981 VIII R 107/79, BStBl. 1982 II S.495. Kritisch zu dieser Einengung Kruse, FR 1981, 475 ff. U. v. 13.11.1973 VIII R 157/70, BStBl. 1974 II S. 161, 162. BFH v. 10.3.1981 VIII R 195/77, BStBl. 1981 II S.470, 471. 355

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III

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

zum Kauf geeigneten Einfamilienhaus entstehen, können also von dem Zeitpunkt an (vorweggenommene) Werbungskosten sein, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen läßt, er habe den Entschluß endgültig gefaßt, durch den Erwerb des Gebäudes (reale oder fiktive) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Gebühren für den Abschluß eines Bausparvertrages sind (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Abschluß des Vertrages in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Hausbau steht 4 '. Dieser Zusammenhang ist in der Regel gegeben, falls der Steuerpflichtige bei Abschluß des Bausparvertrages eine konkrete Bau- und Nutzungsabsicht unter Einsatz sämtlicher Bausparmittel hatte und diese Absicht verwirklicht 47 . Entstehen einem Steuerpflichtigen, der eine Arbeitsstelle sucht, Inserats-, Ubernachtungs- und Reisekosten, handelt es sich auch dann um vorweggenommene Werbungskosten, wenn er nicht von vornherein vorhatte, nur eine bestimmte Stelle anzutreten. Genauso wie es bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genügt, daß der Steuerpflichtige überhaupt ein Haus erwerben will, reicht es hier aus, wenn er überhaupt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erzielen beabsichtigt. Entstehen ihm Aufwendungen, nachdem er seine berufliche Tätigkeit aufgegeben hat, erzielt er also keine Einnahmen mehr, können nachträgliche Werbungskosten vorliegen. Das ist z. B. der Fall, wenn er nach der Veräußerung seines Hauses verpflichtet ist, rückständige Grundsteuern oder Schuldzinsen zu zahlen. Das gleiche gilt, wenn ein Steuerpflichtiger nach der Auflösung seines Wertpapierdepots im Folgejahr rückständige Depotgebühren an die Bank entrichtet. Entfallen die Schuldzinsen aber auf die Zeit nach der Beendigung der Vermietung und Verpachtung, so sind sie keine nachträglichen Werbungskosten 48 ; die Aufwendungen stehen nicht, was auch bei nachträglichen Werbungskosten erforderlich ist, mit einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis i. S. einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang. Die Anerkennung von Werbungskosten hängt nicht davon ab, daß der Steuerpflichtige später tatsächlich Einnahmen erzielt. Bleiben die erstrebten Einnahmen aus, waren die Aufwendungen also vergeblich, hindert das den Werbungskostenabzug nicht. Auch vergebliche Aufwendungen können, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen, Werbungskosten sein. Es ist aber immer erforderlich, daß der Steuerpflichtige den Entschluß gefaßt hatte, Einnahmen zu erzielen. Gibt er ihn bereits in einer Vorbereitungsphase auf, tritt er z. B. von einem Kaufvertrag über ein Fertighaus zurück, so soll es nach der Auffassung des BFH 4 ' (für die Zukunft) an

46

B F H v. 3 . 6 . 1 9 7 5 VIII R Niedersächsisches FG v. 4 " B F H v. 2 1 . 1 2 . 1 9 8 2 VIII 49 U . v. 15.12.1981 VIII R

47

356

80/73, BStBl. 1975 II S.699. 1 . 9 . 1 9 8 0 XI (VII) 31/77, EFG 1981, 281. R 48/82, BStBl. 1983 II S.373. 107/79, BStBl. 1982 II, S.495.

Werbungskosten

§22

IV

diesem Entschluß fehlen. Eine Vertragsstrafe, die dem Verkäufer aufgrund des Rücktritts zu zahlen ist, kann daher nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Finanzierungskosten, die für die Zeit vor dem Rücktritt angefallen sind, bleiben dagegen (vergebliche) Werbungskosten. Vergebliche A u f w e n d u n g e n zur Anschaffung von G r u n d und B o d e n sind aber keine Werbungskosten 5 0 . Deshalb ist ein Steuerpflichtiger nicht befugt, seine Anzahlung an einen Grundstücksverkäufer, der in K o n k u r s gefallen ist, von seinen Einnahmen abzuziehen. E r hat insoweit einen Vermögensverlust erlitten, der steuerlich unberücksichtigt bleibt. § 9 A b s . 1 N r . 7 E S t G , der es über die Abschreibung ermöglicht, auch einen Vermögensverlust steuerlich abzugsfähig zu machen, findet auf Grundstücke keine Anwendung. Er setzt ein abnutzbares Wirtschaftsgut voraus. Vergebliche A u f w e n d u n g e n für den Erwerb eines G e b ä u d e s , die nicht als A n s c h a f f u n g s - oder Herstellungkosten für ein anderes G e b ä u d e zu behandeln sind, hat der B F H 5 1 allerdings als sofort abzugsfähige vorweggenommene Werbungskosten anerkannt". D e r B F H meint wohl, seine A u f f a s s u n g lasse sich auf § 9 A b s . 1 N r . 7 E S t G stützen, wonach auch Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche A b n u t z u n g (§ 7 A b s . 1 S. 4 E S t G ) vorgenommen werden dürfen. Diese A u f f a s s u n g überzeugt nicht. Von Bornhaupt53 hat zu Recht darauf hingewiesen, die Voraussetzungen für eine Abschreibung seien nicht gegeben. E s fehle an einem abschreibbaren O b j e k t und an der Abschreibungsbefugnis des Steuerpflichtigen; er sei, da er das G e b ä u d e nicht erlangt habe, auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer. H i n z u k o m m t , daß der Verlust des angezahlten Kaufpreises nicht die Voraussetzung für eine außergewöhnliche wirtschaftliche A b n u t z u n g erfüllt. Wenn aber die Rechtsprechung nicht auf § 9 A b s . 1 N r . 7 E S t G gestützt werden kann, dann bleibt der Vermögensverlust steuerlich unberücksichtigt. N a c h § 9 A b s . 1 S. 1 E S t G können in einem derartigen Falle keine Werbungskosten bejaht werden; A u f w e n d u n g e n , die die Vermögenssphäre betreffen, sind nicht abzugsfähig. D a s gilt auch für eine Vertragsstrafe, die ein Steuerpflichtiger an den Verkäufer zu zahlen hat, weil er von einem Kaufvertrag über ein Fertighaus zurückgetreten ist. E s ist daher nicht, wie es der B F H 5 4 getan hat, erforderlich, darauf abzustellen, o b die A u f w e n d u n g e n dazu dienten, die Einnahmeerzielungsabsicht z u verwirklichen oder aufzugeben.

IV. Negative Einnahmen und negative Werbungskosten Muß ein Steuerpflichtiger Einnahmen zurückzahlen, so fragt es sich, ob er insoweit Werbungskosten geltend machen kann oder o b diese Beträge sich dadurch steuer50 51

52 53 54

B F H v. 14.2.1978 VIII R 9/76, BStBl. 1978 II S.455. U. v. 13.11.1973 VIII R 157/70, BStBl. 1974 II S. 161; v. 9.9.1980 VIII R 44/78, BStBl. 1981 II S. 418. Ebenso Kruse, FR 1981, 473, 477 f. FR 1981, 497, 502; den., FR 1982, 313, 320. U. v. 15.12.1981 VIII R 107/79, BStBl. 1982 II S.495. 357

§22

IV

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

mindernd auswirken, daß sie als negative Einnahmen abgezogen werden. Die herrschende Meinung" behandelt die Rückzahlung als negative Einnahmen, um dadurch sicherzustellen, daß dem Steuerpflichtigen der Werbungskostenpauschbetrag (§ 9 a EStG) erhalten bleibt. Die negativen Einnahmen sind bei der Einkunftsart abzuziehen, zu der sie bei ihrem Zufluß zu rechnen waren. Sind die zurückgezahlten Einnahmen steuerpflichtig gewesen, wirken sie sich bei ihrem Abfluß auch dann steuermindernd aus, wenn sie bei ihrem Zufluß nicht zu einer Steuer geführt haben 56 . Waren sie allerdings steuerfrei, können sie die Steuer nicht mindern. Das gleiche gilt, wenn man sie nicht als negative Einnahmen, sondern als Werbungskosten ansieht, § 3 c EStG. Hat das Finanzamt die steuerfreien Einnahmen zu Unrecht als steuerpflichtig behandelt, müssen auch die zurückgezahlten Beträge die Steuer kürzen 57 . So kann ein Steuerpflichtiger, dem der Arbeitgeber irrtümlich zuviel Lohn ausgezahlt hat, oder der verpflichtet ist, einen Teil der erhaltenen Miete zurückzuzahlen, diese Beträge im Jahr der Erstattung von seinen Einnahmen abziehen. Das gleiche gilt gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 S. 2 EStG für Zinsen (Stückzinsen), die der Erwerber festverzinslicher Wertpapiere an den Veräußerer für die Zeit zwischen dem letzten Zinstermin und der Veräußerung zahlt. Diesen Betrag darf er als negative Einnahmen von seinen späteren Zinseinnahmen absetzen. Werden dem Steuerpflichtigen Aufwendungen erstattet, die er als Werbungskosten behandelt hat, erhöht dieser Rückfluß nach der Auffassung des BFH S8 die Einnahmen der Einkunftsart, bei der er die Werbungskosten geltend gemacht hat. Diese Auffassung ist inkonsequent. Nimmt man an, der Rückfluß von Einnahmen führe zu negativen Einnahmen, dann liegt es nahe, den Rückfluß von Werbungskosten als negative Werbungskosten zu behandeln. Er führt also nicht zur Erhöhung der Einnahmen, sondern kürzt im Jahr des Zuflusses die tatsächlich vorhandenen Werbungskosten derselben Einkunftsart 5 '. Die Werbungskosten sind auch dann zu kürzen, wenn ein Dritter dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen ersetzt. Hat er Unfallkosten als Werbungskosten abgezogen und erhält er sie später von einer Versicherung erstattet, liegen negative Werbungskosten vor, die er in dem Jahr, in dem die Versicherung zahlt, von den (anderen) Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit abziehen muß.

55

Vgl. BFH v. 1 3 . 1 2 . 1 9 6 3 VI 22/61 S, BStBl. 1964 III S. 184f.; BFH v. 6.3.1979 VIII R 26/ 78, BStBl. 1979 II S. 510; Jakob, Steuern von Einkommen I, 1980, S.147; Brockhoff in

Lademann/Soffing/Brockhoff, Herrmann/Heuer/Raupach, 56

§9 Anm. 9, 10; Schmidt/Drenseck, §9 Anm. 2 m; a. A. §9 Anm. 3e m.w. N.; Littmann, §9 Rdn. 20.

BFH v. 1 8 . 9 . 1 9 6 4 VI 244/63 U, BStBl. 1965 III S. 11 f.

57

Zutreffend Schmidt/Drenseck,

58

U. v. 3 0 . 1 0 . 1 9 6 4 VI 346/61 U, BStBl. 1965 III S.67f. Niedersächsisches FG v. 9 . 2 . 1 9 6 6 IV 184/65, EFG 1966, 368; Brockhoff

59

Söffing/Brockhoff, 358

§ 9 Anm. 2 m.

§9 Anm. 10.

in

Lademann/

Werbungskosten

§22 V

V. Grenzen des Werbungskostenabzugs Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt werden. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, daß sie notwendig 60 , zweckmäßig, üblich und angemessen sind". So darf z . B . ein Oberstudienrat die Anschaffungskosten eines Elektronenrechners als Werbungskosten abziehen, obwohl er 19 282,— D M kostete. Berühren die Aufwendungen die private Lebensführung, können sie, entgegen der Rechtsprechung des BFH 6 2 , nicht gemäß § 4 Abs. 5 N r . 7 E S t G gekürzt werden, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen sind. Diese Vorschrift gilt lediglich für Betriebsausgaben, nicht aber für Werbungskosten. Wendet man sie entsprechend an, führt dies zu einer unzulässigen Analogie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen' 3 . Sollen die Werbungskosten auch insoweit genauso behandelt werden wie die Betriebsausgaben, dann muß dies, worauf Kruse64 zu Recht hinweist, der Gesetzgeber tun. Eine Begrenzung des Werbungskostenabzugs kann sich allerdings aus § 12 N r . 1 S. 2 E S t G ergeben, wonach Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch dann nicht abzugsfähig sind, wenn sie (auch) der Förderung des Berufs dienen. Aufwendungen i . S . d . § 12 N r . 1 S . 2 E S t G sind z . B . nach der Rechtsprechung die Kosten eines Lehrstuhlinhabers für eine Weihnachtsfeier mit seinen Mitarbeitern und für Arbeitsessen, zu denen er sich mit Fachkollegen an verschiedenen Orten trifft 65 , oder das Lösegeld eines Steuerpflichtigen, das er bezahlt, um sein Leben und seine Gesundheit zu erhalten und seine Freiheit wiederzuerlangen". N a c h alledem kann der Werbungskostenabzug auch nicht prozentual der H ö h e nach auf den Betrag begrenzt werden, der marktüblich ist67. Es bleibt dem Steuerpflichtigen unbenommen, Aufwendungen zu tragen, die über den marktüblichen Kosten liegen. Auch die Schuldzinsen sind bei den Einkünften aus Kapitalvermögen selbst dann in vollem Umfange Werbungskosten, wenn sie die Einnahmen übersteigen68. Maßgebend für den A b z u g ist allein, daß sie durch die Erzielung von Einnahmen veranlaßt sind. 60 61

42

63 64 65 66 67 6S

Vgl. aber § 9 Abs. 1 N r . 5 E S t G . Vgl. B F H v. 20. 5.1980 VI R 241/77, BStBl. 1980 II S. 582, 583; B F H v. 15. 5.1981 VI R 66/78, BStBl. 1981 II S . 7 3 5 ; Wollny, D S t R 1983, 331 ff. U . v. 10.11.1978 VI R 21/76, BStBl. 1979 II S.219; v. 10.11.1978 VI R 112/75, BStBl. 1979 II S. 222. Vgl. v. Bornhaupt, F R 1979, 165; Kruse, F R 1981, 473, 479. F R 1981, 473, 479. B F H v. 2 4 . 5 . 1 9 7 3 IV R 92/72, BStBl. 1973 II S.634. B F H v. 30.10.1980 IV R 27/77, BStBl. 1981 II S.303. Vgl. Kruse, F R 1981, 473, 478, 479 m . w . N . B F H v. 2 1 . 7 . 1 9 8 1 VIII R 128/76, BStBl. 1982 II S . 3 6 ; B F H v. 2 1 . 7 . 1 9 8 1 VIII R 154/76, BStBl. 1982 II S. 37; B F H v. 21.7.1981 VIII R 200/78, BStBl. 1982 II S . 4 0 ; B F H v. 21. 7.1981 VIII R 32/80, BStBl. 1982 II S. 41; die entgegenstehende frühere Ansicht ( B F H

359

§22

VI 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Geldstrafen, Geldbußen und Ordnungsgelder dürfen allerdings nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Dies folgt aus dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Dem Sinn und Zweck der Geldstrafe widerspricht ihre steuerliche Absetzbarkeit; die Strafe, die der Staat durch die Gerichte verhängt, darf die Finanzverwaltung in ihren Auswirkungen nicht mildern. Das gilt auch für eine Geldstrafe, zu der der Steuerpflichtige verurteilt worden ist, weil er in betrunkenem Zustand einen Verkehrsunfall auf einer Berufsfahrt verursacht hat. Diese Strafe muß er zahlen, ohne sie steuerlich absetzen zu können. Dagegen kann er die Unfallkosten als Werbungskosten geltend machen 6 '.

VI. Werbungskosten bei den einzelnen Einkunftsarten 1. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit a) Allgemeiner

Pauschbetrag,

§9a

S. 1 Nr. 1 EStG

Werbungskosten können in verschiedener Weise geltend gemacht werden. Der Steuerpflichtige ist berechtigt, die Pauschbeträge anzusetzen, die für die betreffende Einkunftsart gesetzlich vorgesehen sind, oder, soweit die Pauschbeträge keine abschließende Regelung enthalten, die ihm entstandenen Aufwendungen im einzelnen nachzuweisen. Die Pauschbeträge dienen der Vereinfachung der Besteuerung. Sie sind bei der Ermittlung der Einkünfte auch dann abzuziehen, wenn dem Steuerpflichtigen geringere oder keine Aufwendungen entstanden sind. Bei den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit steht ihm gemäß § 9 a S. 1 Nr. 1 E S t G ein jährlicher Pauschbetrag in Höhe von 5 6 4 , — D M unabhängig davon zu, wie viele Monate er im Veranlagungszeitraum tätig war. Nach § 9 a S. 2 E S t G darf der Pauschbetrag die Einnahmen allerdings nicht übersteigen, also nicht zu negativen Einnahmen führen. Von dem allgemeinen Pauschbetrag des § 9 a S. 1 N r . 1 E S t G sind weitere Pauschbeträge zu unterscheiden. Dies sind einmal die Pauschbeträge, die allen Berufsgruppen für bestimmte Anlässe gewährt werden und zum anderen diejenigen, die nur bestimmten Berufsgruppen zustehen. Während die Pauschbeträge für bestimmte Anlässe auf den Pauschbetrag des § 9 a S. 1 Nr. 1 E S t G anzurechnen sind, können die Pauschbeträge für bestimmte Berufsgruppen zusätzlich, also neben dem Pauschbetrag des § 9 a S. 1 N r . 1 E S t G , in Anspruch genommen werden. b) Pauschbeträge

für bestimmte

Anlässe

Die Pauschbeträge für bestimmte Anlässe sind im einzelnen in den Lohnsteuerrichtlinien70 geregelt. Gemäß Abschnitt 150 EStR gelten die Lohnsteuerrichtlinien entv. 2 1 . 4 . 1 9 6 1 VI 1 5 8 / 5 9 U , BStBl. 1961 III S . 4 3 1 ) ist damit aufgegeben; vgl. auch oben § 5 VII 2 a bb (3), S. 93.

" Vgl. Offerbaus, BB 1979, 671; Tiedtke, FR 1978, 493, 499; Wassermeyer, StuW 1981, 235. 70

V. 3 . 3 . 1 9 8 1 , BStBl. 1981 I S. 131.

360

Werbungskosten

§22

VI 1

sprechend für die Veranlagung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zur Einkommensteuer. Die Lohnsteuerrichtlinien sehen Pauschbeträge u . a . für folgende Anlässe vor: — Für Dienstreisen 71 und Dienstgänge (Abschnitt 25 LStR); zu den Reisekosten gehören die Fahrtkosten, die Verpflegungsmehraufwendungen, die Unterbringungskosten sowie die Reisenebenkosten. Der Umfang des Abzugs ist in Abschnitt 25 Abs. 6 EStR geregelt. — Für Verpflegungsmehrkosten (Abschnitt 22 Abs. 2 und 3 LStR); bei mehr als zwölfstündiger Abwesenheit von der Wohnung: 3,— DM täglich; bei ständig wechselnden Einsatzstellen: 5,— DM täglich; bei Tätigkeit auf einem Fahrzeug, das die regelmäßige Arbeitsstätte darstellt: 8 , — D M täglich. — Für beruflich veranlaßte Umzugskosten (Abschnitt 26 LStR). — Für doppelte Haushaltsführung ( § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG, Abschnitt 27 LStR); Eine doppelte Haushaltsführung setzt voraus, daß ein Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort wohnt und außerhalb des Beschäftigungsortes einen eigenen Hausstand unterhält 72 . Nach der Rechtsprechung des BFH 73 ist dies der Fall, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht und in der hauswirtschaftliches Leben herrscht, an dem er sich sowohl durch seine persönliche Mitwirkung als auch finanziell maßgebend beteiligt. Die finanzielle Beteiligung darf nicht unzureichend sein. Ihr Umfang richtet sich nach dem Ort des Hausstandes 74 . Eine doppelte Haushaltsführung kommt grundsätzlich für Ledige nicht in Betracht. Sie können nicht, wie es erforderlich ist, zur gleichen Zeit am Beschäftigungsort wohnen und an einem anderen Ort einen Hausstand führen, in dem hauswirtschaftliches Leben herrscht 75 . Etwas anderes gilt aber, wenn sie außerhalb des Beschäftigungsortes gemeinsam mit finanziell abhängigen Angehörigen einen Hausstand unterhalten". In diesen Fällen sind die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung gegeben; es herrscht auch dann hauswirtschaftliches Leben in dem Haushalt des Ledigen, wenn er sich in seiner Wohnung am Beschäftigungsort aufhält.

71 72 73 74

75

76

Vgl. dazu BFH v. 2 3 . 4 . 1 9 8 2 VI R 30/80, BStBl. 1982 II S. 500. BFH v. 1 6 . 4 . 1 9 8 0 VI R 7/77, BStBl. 1980 II S . 5 1 2 . U . v. 1 7 . 1 1 . 1 9 7 8 VI R 93/77, BStBl. 1979 II S. 146, 147 m . w . N . Zu der Frage, welchen Beitrag ausländische Arbeitnehmer erbringen müssen, vgl. BdFSchreiben v. 1 5 . 1 0 . 1 9 8 1 IV B 6 — S 2365 — 62/81, BStBl. 1981 I S . 636 und v. 2 6 . 1 1 . 1 9 8 1 IV B 6 — S 2352 — 31/81, BStBl. 1981 I S. 744. BFH v. 3 . 1 2 . 1 9 7 4 VI R 159/74, BStBl. 1975 II S . 3 5 6 ; BFH v. 2 9 . 4 . 1 9 7 6 IV R 156/73, BStBl. 1976 II S. 558. BFH v. 1 6 . 1 1 . 1 9 7 1 VI R 353/69, BStBl. 1972 II S. 132; BFH v. 2 0 . 6 . 1 9 7 5 VI R 72/74, BStBl. 1975 II S. 649.

361

§22

VI 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Ein Verlöbnis und eine eheähnliche Lebensgemeinschaft k ö n n e n keine doppelte Haushaltsführung b e g r ü n d e n " . D i e doppelte Haushaltsführung m u ß beruflich veranlaßt sein 78 . Es ist erforderlich, daß die Begründung des zweiten Hausstandes in objektivem Zusammenhang m i t der Berufstätigkeit steht. A n diesem Zusammenhang fehlt es, wenn bei einer aus privaten M o t i v e n erfolgten Verlegung des Familienwohnsitzes vom bisherigen W o h n o r t , der gleichzeitig der Beschäftigungsort ist, der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort aus beruflichen G r ü n d e n eine Zweitwohnung einrichtet oder beibehält 7 '. D a s gleiche gilt, wenn Ehegatten ihren Familienwohnsitz außerhalb des Beschäftigungsortes des allein verdienenden Ehemannes begründen und der E h e m a n n eine in der N ä h e des Arbeitsplatzes gelegene W o h n u n g beibehält 8 0 . D i e doppelte H a u s haltsführung ist aber beruflich veranlaßt, falls beide Ehegatten an verschiedenen O r t e n ihrem B e r u f nachgehen, dort wohnen und eine der beiden W o h n u n g e n zur gemeinsamen F a m i l i e n w o h n u n g machen. Ist die Begründung der doppelten H a u s haltsführung beruflich veranlaßt, k o m m t es nicht darauf an, aus welchen G r ü n d e n sie beibehalten wird; die Begründung, nicht die Beibehaltung der doppelten H a u s haltsführung m u ß beruflich veranlaßt sein. B e i einer doppelten Haushaltsführung k o m m e n als Werbungskosten die tatsächlichen Fahrtkosten für die erste Fahrt z u m Beschäftigungsort, jeweils eine w ö c h e n t liche Familienheimfahrt, die notwendigen Mehraufwendungen für Verpflegung, die K o s t e n der U n t e r k u n f t am Beschäftigungsort und die tatsächlichen Fahrtkosten für die letzte Fahrt v o m Beschäftigungsort z u m eigenen Hausstand in Betracht, A b s c h n i t t 2 7 A b s . 1 L S t R . D i e Verpflegungsmehraufwendungen und die A u f w e n dungen für die U n t e r k u n f t am Beschäftigungsort können einzeln nachgewiesen oder pauschal abgerechnet werden. D i e Kosten für die wöchentliche Familienheimfahrt sind, falls der Steuerpflichtige mit dem eigenen K f z fährt, mit der Kilometerpauschale gemäß § 9 A b s . 1 N r n . 4 und 5 E S t G anzusetzen. B e n u t z t er ein öffentliches Verkehrsmittel, so sind sie in vollem U m f a n g abzugsfähig. Das gilt auch dann, w e n n die Ehefrau z u m Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen k o m m t , weil dieser aus dienstlichen G r ü n d e n gehindert ist, selbst eine Familienheimfahrt zu unternehmen 8 1 . Besucht sie ihren E h e m a n n aber in A m e r i k a oder in Bagdad, w o er sich für wenige M o n a t e aufhält, dürfen die Fahrtkosten der Ehefrau nicht als W e r b u n g s k o sten abgezogen werden. E s fehlt an einer (umgekehrten) Familienheimfahrt; der B e s u c h der Ehefrau hat den C h a r a k t e r eines Ferienaufhaltes 8 2 . 77

78 79 so

81

82

FG München v. 9.12.1977 V 17/75 E, EFG 1978, 222; FG Baden-Württemberg v. 23.10.1980 X (VII) 162/77, E F G 1981, 174; a. A. Schmidt/Drenseck, § 9 Anm. 9c. BFH v. 2.12.1981 VI R 167/79, BStBl. 1982 II S.297. B F H v. 2.12.1981 VI R 22/80, BStBl. 1982 II S.323. B F H v. 9.3.1979 VI R 11/78, BStBl. 1979 II S. 648, 649 m. w. N.; B F H v. 20.12.1982 VI R 64/81, BStBl. 1983 II S.306, 308. B F H v. 2.7.1971 VI R 35/68, BStBl. 1972 II S.67 m. w . N . ; BFH v. 28.1.1983 VI R 136/ 79, BStBl. 1983 II S.313. FG Münster v. 27.6.1974 VIII 2026/73 E, EFG 1975, 8; FG München v. 19.11.19741190/ 74 E, E F G 1975, 198; FG Berlin v. 14.2.1980 IV 487/78, EFG 1980, 438.

362

Werbungskosten

§22

VI 1

Bei (ledigen) Arbeitnehmern, die keinen eigenen Hausstand haben, werden die Mehraufwendungen zwar nicht nach den Grundsätzen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt, es ist aber in der Rechtsprechung 8 3 anerkannt, daß auch ein Lediger nach seiner Versetzung oder A b o r d n u n g an einen anderen Beschäftigungsort für eine gewisse Ubergangszeit Mehrverpflegungskosten, Aufwendungen für ein möbliertes Zimmer am Beschäftigungsort und Aufwendungen für eine wöchentliche Heimfahrt als Werbungskosten geltend machen kann. D i e Finanzverwaltung 8 4 ist diesen Grundsätzen gefolgt und hat in Abschnitt 27 A b s . 5 und 6 L S t R im einzelnen festgelegt, welche A u f w e n d u n g e n als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Abschnitt 27 A b s . 5 N r n . 1 und 2 L S t R unterscheiden zwischen den ersten zwei Wochen der Tätigkeit am Beschäftigungsort und der Folgezeit. In den ersten zwei Wochen der Tätigkeit kann der Ledige seine Aufwendungen am Beschäftigungsort in allen Fällen als Werbungskosten absetzen. Für die Folgezeit k o m m t es darauf an, o b die auswärtige Beschäftigung von verhältnismäßig kurzer D a u e r (bis zu zwei Jahren, vgl. B F H v. 2 0 . 1 2 . 1 9 8 2 VI R 123/81, BStBl. 1983 III S . 2 6 9 ) oder langfristig angelegt ist. Bei einer auswärtigen Tätigkeit von verhältnismäßig kurzer Dauer werden dem Steuerpflichtigen die A u f w e n d u n g e n solange ersetzt, bis er wieder an seinen Wohnort zurückkehrt. E r steht genauso wie ein verheirateter Arbeitnehmer. D i e Pauschale für Verpflegungsmehraufwendungen darf er allerdings nicht in Anspruch nehmen; er muß seinen erhöhten Verpflegungsaufwand im einzelnen nachweisen 85 . D i e Pauschsätze, so meint der B F H , die auf die Verhältnisse verheirateter Arbeitnehmer zugeschnitten sind, führten bei einem Ledigen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. — F ü r Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Abschnitt 24 L S t R ) : E s steht dem Steuerpflichtigen frei, mit welchem Verkehrsmittel er zur Arbeit fährt. E r kann öffentliche Verkehrsmittel benutzen, in der ersten oder zweiten Klasse der Bundesbahn reisen, ein Taxi nehmen oder mit seinem eigenen P K W fahren. V o n der Benutzung des eigenen P K W abgesehen, darf er jeweils die tatsächlich entstandenen Kosten für die Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte als Werbungskosten geltend machen, also auch die ihm entstandenen Taxikosten absetzen 8 '. D i e K o s t e n für die Benutzung des eigenen P K W können gemäß § 9 A b s . 1 N r . 4 S. 2 E S t G nur pauschal abgerechnet werden. D a s G e s e t z gewährt dem Steuerpflichtigen eine Pauschale in H ö h e von 0,36 D M für jeden Entfernungskilometer, also für die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

83

84 85 86

BFH v. 23.7.1976 VI R 228/74, BStBl. 1976 II S. 795; BFH v. 10.11.1978 VI R 13—14/76, BStBl. 1979 II S. 157. Vgl. schon Abschnitt 27 Abs. 5 und 6 LStR 1978 v. 30.12.1977, BStBl. 1977 I S. 901. BFH v. 10.11.1978 VI R 13—14/76, BStBl. 1979 II S. 157. BFH v. 20.5.1980 VI R 241/77, BStBl. 1980 II S. 582 f. 363

§22

VI 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Die Pauschbeträge gelten damit die H i n - und Rückfahrt ab. Daraus folgt, daß ein Arbeitnehmer, der nur eine Fahrtstrecke mit seinem P K W zurücklegt, lediglich den halben Pauschbetrag ansetzen darf' 7 . Fährt er mit dem Motorrad oder Motorroller, kann er pro Entfernungskilometer 0,16 D M , fährt er mit dem Fahrrad, 0,10 DM 88 als Werbungskosten abziehen. Der Pauschbetrag steht dem Steuerpflichtigen nur einmal täglich zu. A u f w e n dungen für Mittagsheimfahrten sind, von wenigen Ausnahmen 8 9 abgesehen, in denen die Arbeitszeit mindestens vier Stunden unterbrochen ist, grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung. Der Steuerpflichtige hat in der Regel die verkehrsgünstigste Strecke zwischen der W o h n u n g und der Arbeitsstätte der Berechnung zugrunde zu legen, selbst wenn diese nicht die kürzeste Verbindung ist' 0 . M i t der Kilometerpauschale sind alle gewöhnlichen Kosten abgegolten, die durch die Benutzung des Fahrzeugs für die Berufsfahrten entstehen. Das gilt für die KfzSteuer, die Haftpflicht- und Kaskoversicherung, den Kraftstoff, die normalen Reparaturen, die A f A , die Garagen- und Parkkosten und auch für die Zinsen eines Kredits, den der Steuerpflichtige für die Anschaffung des Fahrzeugs aufgenommen hat". Entstehen ihm durch die berufliche Benutzung des Fahrzeugs außergewöhnliche A u f w e n d u n g e n , so können diese neben der Kilometerpauschale abgesetzt werden. Dies gilt vor allem für Kosten zur Beseitigung von Unfallschäden, für einen Austauschmotor, der unerwartet früh, also vor dem normalen Verschleiß eines Motors, erforderlich wird' 2 , für Straßenbenutzungsgebühren und Fährkosten. Liegen die Voraussetzungen vor, nach denen die A u f w e n d u n g e n für einen Austauschmotor Werbungskosten sind, ist zu prüfen, in welchem U m f a n g das Fahrzeug beruflich genutzt w i r d . N u r insoweit sind Werbungskosten gegeben. Für die Inanspruchnahme der Kilometerpauschale k o m m t es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des Fahrzeugs ist. Es genügt, w e n n er den P K W für die Berufsfahrt nutzen kann. Fährt die Ehefrau mit einem P K W ihres Ehemannes zur Arbeit, oder benutzt die Verlobte den P K W ihres Verlobten für die Berufsfahrt, so steht ihnen die Kilometerpauschale zu. A u c h der Leasingnehmer oder der Mieter eines P K W ist berechtigt, die Kilometerpauschale anzusetzen; er darf nicht das beruflich veranlaßte, tatsächlich gezahlte Entgelt (die Leasingraten oder die Miete) als Werbungskosten absetzen. Arbeitnehmer, die eine Fahrgemeinschaft bilden, dürfen die Kilometerpauschale lediglich für die Fahrten als Werbungskosten geltend machen, die sie mit ihrem

87 88 89 90 91

92

BFH v. 26.7.1978 VI R 16/76, BStBl. 1978 II S.661. Vgl. Abschnitt 25 Abs. 8 LStR; Blümich/Falk, §9 Anm. 11 f, hh. Vgl. BFH v. 17.12.1971 VI R 328/70, BStBl. 1972 II S.260. Vgl. Abschnitt 24 Abs. 1 S. 3 LStR. BFH v. 30.11.1979 VI R 83/77, BStBl. 1980 II S.138; BFH v. 1.10.1982 VI R 192/79, BStBl. 1983 II S. 17. Vgl. BFH v. 17.10.1973 VI R 26/73, BStBl. 1974 II S. 186; BFH v. 17.10.1973 VI R 214/ 72, BStBl. 1974 II S. 188; BFH v. 29.1.1982 VI R 133/79, BStBl. 1982 II S. 325; Hessisches FG v. 6.4.1981 I 323/79, EFG 1982, 17 m.w.N.

364

§22

Werbungskosten

VI 1

P K W durchführen. Für Fahrten, bei denen sie im P K W ihres Kollegen mitfahren, können sie nur dann und insoweit Werbungskosten absetzen, als sie sich an den Kosten des Fahrers beteiligen. Fahren Ehegatten in einem P K W zu ihren Arbeitsstätten, steht ihnen dementsprechend der Pauschbetrag lediglich einmal (für die längere Fahrtstrecke) zu.

c) Pauschbeträge für bestimmte

Berufsgruppen

Abschnitte 23, 31 und 32 L S t R sehen für bestimmte Berufsgruppen zusätzliche Pauschbeträge vor. Sie werden entweder prozentual (dann aber mit Höchstbeträgen) oder in absoluten Beträgen gewährt. So erhalten Artisten einen Werbungskostenpauschbetrag in H ö h e von 20 % ihres Arbeitslohns, höchstens jedoch 4 0 0 , — D M monatlich, zur Abgeltung der mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängenden Aufwendungen. Außer den Artisten gehören darstellende Künstler, Berufsmusiker, Journalisten, Heimarbeiter und Geistliche zu den begünstigten Berufsgruppen. Neben den Pauschsätzen, die in den Lohnsteuerrichtlinien vorgesehen sind, gibt es für zahlreiche andere Berufsgruppen Pauschbeträge, die die Finanzverwaltung", gestützt auf § 162 A O 1977, im Erlaßwege festsetzt. Diese Verfahrensweise wird in der Rechtslehre' 4 zu Recht kritisiert; sie ergibt sich nicht aus § 162 A O 1977. Diese Vorschrift ist erst anwendbar, wenn der Sachverhalt nicht aufzuklären ist. Durch die Aufstellung von Pauschsätzen wird aber von vornherein auf eine Sachverhaltsaufklärung und auf eine Einzelschätzung verzichtet.

d)

Einzelnachweis

Soweit keine Pauschbeträge vorgesehen sind oder die vorhandenen Pauschbeträge keine abschließenden Regelungen enthalten, muß der Steuerpflichtige seine W e r bungskosten einzeln nachweisen. Hat er Aufwendungen, die über die Pauschbeträge hinausgehen, kann er, falls dies durch die Pauschbeträge nicht ausgeschlossen ist, seine tatsächlichen Kosten geltend machen. Dies gilt bei Aufwendungen für Dienstreisen und Dienstgänge (Abschnitt 25 Abs. 6 LStR), für Umzüge (Abschnitt 26 Abs. 1 L S t R ) und für die doppelte Haushaltsführung (Abschnitt 27 Abs. 1 LStR). D i e dort vorgesehenen Pauschalen sind also nicht abschließend. Anders ist es, wie dargelegt, bei der Kilometerpauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen Fahrzeug. Gemäß § 9 Abs. 1 N r . 4 S. 2 E S t G dürfen nur die Pauschsätze in Anspruch genommen werden. Die Berücksichtigung höherer nachgewiesener Aufwendungen ist ausgeschlossen. Durch Einzelnachweis können vor allem folgende Ausgaben als Werbungskosten angesetzt werden:

— Fahrtkosten für öffentliche 93

94

Verkehrsmittel>

Vgl. BdF-Schreiben v. 30.12.1981 — IV B 6 — S 2531 — 6/81, BB 1982,100; StEK, LStDV §20 passim. Vgl. Tipke-Kruse, §4 Rdn. 37 m . w . N . 365

§22

VI 1

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

— Aufwendungen für Fahrtkosten mit dem eigenen Fahrzeug, die nicht durch die Kilometerpauschale abgegolten sind, — Beiträge zu Berufsverbänden, Abschnitt 28 LStR, — Aufwendungen für Arbeitsmittel, Abschnitt 30 LStR: Dazu gehören typische Berufskleidung, Fachbücher und -Zeitschriften, Instrumente und Werkzeuge. So hat die Rechtsprechung einen Elektronenrechner eines Studienrats'5, die Aktentasche eines Betriebsprüfers' 6 und ein steuerliches Sammelwerk eines Steuerbeamten'7 als Arbeitsmittel anerkannt, nicht aber die Pistole eines Richters für Strafsachen'8 und das Klavier einer Lehrerin". Aufwendungen für Arbeitsmittel können, wenn ihre Anschaffungskosten 800,— DM einschließlich der Umsatzsteuer nicht übersteigen, in voller Höhe im Jahr der Verausgabung abgesetzt werden. Höhere Anschaffungskosten sind auf die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. — Kosten des häuslichen Arbeitszimmers, Abschnitt 29 LStR: Die Berücksichtigung der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer hängt von mehreren Voraussetzungen ab. Das Zimmer muß als Arbeitszimmer eingerichtet und nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werden. Ob diese Anforderungen erfüllt sind, richtet sich einmal danach, ob dem Steuerpflichtigen neben dem Arbeitszimmer noch ausreichender weiterer Wohnraum zur Verfügung steht. Das ist nicht der Fall, wenn ein lediger Lehrer beantragt, das größere Zimmer (23 m2) seiner Zweizimmerwohnung (69 m2) als Arbeitszimmer anzuerkennen100. Daß das Arbeitszimmer in geringem Umfang privat mitgenutzt ist, ist unschädlich. So darf der Steuerpflichtige in diesem Zimmer seine private Post erledigen, einzelne private Romane aufbewahren und, nach der Auffassung des FG Berlin101, sogar einen Kleiderschrank aufstellen. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn er das Arbeitszimmer vorübergehend als Besuchszimmer benutzt. Es verliert dann allerdings für den Zeitraum der privaten Benutzung seinen Charakter als Arbeitszimmer. Es ist auch unschädlich, wenn ein Zimmer nur vorübergehend als Arbeitszimmer genutzt wird, es dem Steuerpflichtigen z. B. lediglich zur Vorbereitung auf eine Prüfung dient102. Eine Arbeitsecke in einem anderen Zimmer kann jedoch genausowenig als Arbeitszimmer anerkannt werden wie ein Raum, in dem neben der beruflichen Einrichtung ein Bett oder eine Schlafcouch aufgestellt sind. Nach der Ansicht des F G Kassel (U. v. 27.1.1983 IV 75/81, NJW 1983, 1631) soll eine Liege allerdings unschädlich sein. " B F H v. 15.5.1981 VI R 66/78, BStBl. 1981 II S. 735. " F G Berlin v. 2.6.1978 III 126/77, E F G 1979, 225. ' 7 F G Nürnberg v. 12.12.1979 V 9/79, E F G 1980, 233. 98 F G Baden-Württemberg v. 26.7.1979 III 419/77, E F G 1979, 546. " Niedersächsisches F G v. 10.12.1979 IX L 457/77, EFG 1980, 283. 100 B F H v. 18.2.1977 V I R 182/75, BStBl. 1977 II S.464f. 101 U. v. 3.6.1977 III 127/77, E F G 1978, 15. 102 Niedersächsisches F G v. 23.10.1978 IX L 244/77, EFG 1979, 223; Schmidt/Drenseck, Anm. 12 a; a.A. F G Berlin v. 15.1.1980 V 236/79, EFG 1980, 329. 366

§ 19

Werbungskosten

§22

VI 1

Die Einrichtung eines Zimmers als Arbeitszimmer ist nicht allein für die steuerliche Anerkennung entscheidend. Es muß vielmehr die berufliche Nutzung hinzukommen. Es ist also erforderlich, daß der Steuerpflichtige das Arbeitszimmer braucht, weil er zuhause im Rahmen seines Dienstverhältnisses arbeiten muß. Kann er dies nicht, weil er ohnehin immer abwesend ist'03, oder hat er keine Arbeit, die zuhause zu erledigen ist, so darf er auch die Kosten für einen als Arbeitszimmer eingerichteten Raum nicht absetzen. Ein Arbeitszimmer steht zwar grundsätzlich nicht nur bestimmten Berufsgruppen zu. Es wird in der Regel aber, weil gerade Angehörige dieser Berufe zuhause arbeiten, nur für Hochschullehrer, Richter, Lehrer, Rechtsreferendare und alle Personen in Betracht kommen, die sich im Rahmen ihres ausgeübten Berufes, wenn auch nur vorübergehend, auf eine Prüfung vorbereiten. Liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitszimmers vor, sind einmal die Einrichtungsgegenstände und zum anderen die anteiligen Kosten für Miete, Heizung, Beleuchtung und Reinigung abzugsfähig. Befindet sich das Arbeitszimmer in einem ausschließlich selbstgenutzten Haus oder einer Eigentumswohnung, gilt also § 21 a EStG, können auch (die sonst nicht absetzbaren) anteiligen Schuldzinsen, Abschreibungen und sonstigen Aufwendungen (Grundsteuer, Gebäudeversicherung etc.) als Werbungskosten geltend gemacht werden. Fehlt es an den Voraussetzungen für die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers, dann ist der Steuerpflichtige berechtigt, die Aufwendungen für die beruflich genutzten Einrichtungsgegenstände (Schreibtisch, Schreibtischstuhl, Aktenschrank, Regal, nicht aber eine Teppichbrücke) als Werbungskosten anzusetzen.



Fortbildungskosten:

Die Fortbildungskosten sind von den Ausbildungskosten zu unterscheiden. Fortbildungskosten sind Werbungskosten, Ausbildungskosten nichtabsetzbare Kosten der privaten Lebensführung. Es ist daher entscheidend, welchem Bereich die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zugerechnet werden. Ausbildungskosten entstehen bei der Ausbildung zu einem künftigen Beruf. Fortbildungskosten setzen voraus, daß der Steuerpflichtige bereits einen Beruf ausübt. Die Aufwendungen erwachsen ihm, wenn er sich in diesem Beruf weiterbildet, auf dem laufenden hält oder in diesem Beruf eine höhere Qualifikation erreichen will. Das gilt z. B. für einen Gesellen, der sich auf die Meisterprüfung vorbereitet, und einen Steuerbevollmächtigten, der die Steuerberaterprüfung ablegen will. Zu den Fortbildungskosten gehören aber weiter die Aufwendungen für ein Hochschulstudium, wenn es ohne Examensabsicht aufgenommen worden ist, um für den ausgeübten Beruf eine bessere Qualifikation zu erwerben 104 . Das gilt auch für einen Offizier der Bundeswehr, der auf Weisung seines Dienstherrn unter Fortzahlung seiner Dienstbezüge ein Hochschulstudium durchführt und 10 ' 104

Zu eng aber F G Baden-Württemberg v. 2 3 . 1 0 . 1 9 8 0 X (VII) 110/77, EFG 1981, 122 f. BFH v. 2 3 . 6 . 1 9 7 8 VI R 127/77, BStBl. 1978 II S.543. 367

§22

VI 2

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

abschließt 105 . In diesem Falle ist der O f f i z i e r verpflichtet, sich weiterzubilden. E r n i m m t das Studium nicht auf, um seinen B e r u f zu wechseln, sondern um als Berufsoffizier besser vorwärts zu k o m m e n . Fortbildungskosten liegen vor, weil der O f f i z i e r im R a h m e n seines Dienstverhältnisses unter Fortzahlung der Dienstbezüge zur Fortbildung verpflichtet ist. Daran ändert nichts, daß die Kosten eines H o c h schulstudiums, das außerhalb eines Dienstverhältnisses aufgenommen wird, K o s t e n der privaten Lebensführung darstellen. G e n a u s o ist es bei der Ausbildung, der D e s h a l b k ö n n e n sie B ü c h e r oder sonstige

R e c h t s - oder Studienreferendaren. Sie befinden sich zwar in Inhalt ihres Dienstverhältnisses ist aber ihre Fortbildung. K o s t e n , die für den Besuch des Repetitors, Fernlehrgänge, Arbeitsmittel entstehen, als Werbungskosten absetzen.

Entgegen der Rechtsprechung des BFH 1 0 6 zählen auch die P r o m o t i o n s k o s t e n zu den Fortbildungskosten, falls der D o k t o r t i t e l Voraussetzung für die Anstellung, Weiterbeschäftigung oder eine höhere Vergütung ist' 07 . Z u den Ausbildungskosten gehören alle Aufwendungen für den Besuch allgemeinbildender Schulen und den A b s c h l u ß eines Hochschulstudiums. Das gilt auch dann, wenn es sich um ein Zweitstudium handelt. W e c h s e l t der Steuerpflichtige von einem B e r u f zu einem anderen, kann er die K o s t e n für die Ausbildung in dem künftigen B e r u f nicht als W e r b u n g s k o s t e n geltend m a c h e n ; Aufwendungen für den Berufswechsel sind, weil es an einem ausgeübten B e r u f fehlt, Ausbildungskosten 1 0 8 .

2. Bei E i n k ü n f t e n aus K a p i t a l v e r m ö g e n D e r Steuerpflichtige kann auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen seine W e r b u n g s k o s t e n einzeln nachweisen oder sich darauf beschränken, den vorgesehenen Pauschbetrag in Anspruch zu nehmen. Entscheidet er sich für den Ansatz des Pauschbetrages, stehen ihm 1 0 0 , — D M und, falls er mit seinem Ehegatten zusammen veranlagt wird, auch dann 2 0 0 , — D M zu, wenn nur einer der Ehegatten E i n k ü n f t e aus Kapitalvermögen hat, § 9 a S. 1 N r . 2 E S t G . W i l l er höhere W e r b u n g s k o s t e n geltend machen, m u ß er sie nachweisen. O b A u f w e n d u n g e n als W e r b u n g s k o s t e n anzuerkennen sind, richtet sich nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff. E r ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen genauso zu bestimmen wie bei den anderen Einkunftsarten. Deshalb sind die Aufwendungen für die Anschaffung des Kapitalvermögens keine W e r b u n g s k o s t e n . Sie k ö n n e n (bei festverzinslichen Anleihen) auch nicht auf die Laufzeit der W e r t p a piere gemäß § 9 A b s . 1 N r . 7 E S t G verteilt werden; Wertpapiere sind Wirtschaftsgüter, die keinem laufenden Wertverzehr unterliegen.

105 106

107 108

BFH v. 7.11.1980 VI R 50/79, BStBl. 1981 II S.216. U. v. 7. 8.1967 VI R 88/66, BStBl. 1967 III S. 777; v. 10.12.1971 VI R 112/70, BStBl. 1972 II S.251. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 Anm. 36 „Doktortitel" m. w. N. BFH v. 13.3.1981 VI R 26/79, BStBl. 1981 II S.439.

368

§22

Werbungskosten

VI

2

Zu den Anschaffungskosten gehören nicht nur der Kaufpreis, sondern alles, was der Erwerber aufwenden muß, um das Wirtschaftsgut zu erlangen. Anschaffungsnebenkosten sind insbesondere Ankaufsspesen, Bankspesen, Börsenumsatzsteuer und Maklergebühren. Stückzinsen, die der Erwerber zahlen muß, darf er gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 S. 2 EStG als negative Einnahmen behandeln. Kosten, die mit der Veräußerung oder der Auslosung der Wertpapiere im Zusammenhang stehen, sind keine Werbungskosten; es fehlt am Zusammenhang mit früheren oder künftigen Einnahmen. Daß der Veräußerer die Absicht hat, mit dem Erlös andere Wertpapiere zu erwerben, ändert daran nichts. Es handelt sich insoweit allenfalls um Ankaufskosten der neuen Papiere, die, wie dargelegt, zu den nichtabzugsfähigen Anschaffungskosten zählen. Wertveränderungen der Kapitalanlage sind selbst dann keine Werbungskosten, wenn das Kapitalvermögen im vollen Umfang verloren geht10'. Wertsteigerungen bleiben bei der Besteuerung ebenfalls grundsätzlich außer Betracht. Das gleiche gilt, wie oben110 ausgeführt, für Vermögensverluste. Als abzugsfähige Werbungskosten kommen in der Regel folgende Aufwendungen in Betracht: — Verwahrungs- und Verwaltungskosten: Dazu rechnen Depot- und Kontoführungsgebühren, Safemiete, Bürokosten, Personalkosten für Vermögensverwalter, Telefonkosten und Fachliteratur. — Versicherungskosten, —

soweit sie das ertragbringende Vermögen betreffen,

Prozeßkosten,

— Kosten für die

Anlageberatung,

— Reisekosten zur Teilnahme an einer Hauptversammlung, aber nicht, wenn sie entstanden sind, um das Kapitalvermögen anzuschaffen. Insoweit liegen Anschaffungskosten vor. — Schuldzinsen werden nach der neueren Rechtsprechung des BFH" 1 in vollem Umfang zu den Werbungskosten gerechnet, wenn auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann. Sie gehören aber zu den Aufwendungen auf das Vermögen und sind damit nicht abziehbar, falls die Aufwendungen zwar objektiv mit der Überlassung von Kapital zusammenhängen, aber subjektiv (vorwiegend) zur Ausnutzung von Wertsteigerungen im Vermögen gemacht werden, deren Realisierung nicht steuerbar ist. Diese Absicht wird sich in der Praxis schwer ermitteln lassen. Der BFH hilft sich mit einer Unterstellung: Das m

B F H v. 9 . 1 0 . 1 9 7 9 VIII R 66/77, BStBl. 1980 II S. 116; FG Köln v. 2 5 . 1 1 . 1 9 8 0 II (VIII) 461/76 E, EFG 1981, 396. § 2 2 I 1, S. 348. U . v. 2 1 . 7 . 1 9 8 1 VIII R 128/76, BStBl. 1982 II S.36; v. 2 1 . 7 . 1 9 8 1 VIII R 154/76, BStBl. 1982 II S. 37; v. 21. 7.1981 VIII R 200/78, BStBl. 1982 II S.40; v. 21. 7.1981 VIII R 32/80, BStBl. 1982 II S.41. 369

24

Tiedtkc, Einkommensteuer

§22

VI 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

nach seiner Meinung erforderliche subjektive Element des Werbungskostenbegriffs ersetzt er selbst durch objektive Umstände. Der Steuerpflichtige solle die Absicht haben, Einnahmen zu erzielen, wenn auf Dauer gesehen mit Überschüssen zu rechnen sei. Sei das nicht der Fall, so komme ein Werbungskostenabzug der Schuldzinsen nicht in Betracht. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Sie will aus späteren Ereignissen auf eine Absicht schließen, die der Steuerpflichtige bei der Anschaffung des Kapitalvermögens gehabt hat. Das führt zu Zufallsentscheidungen; die Absicht des Steuerpflichtigen wird sich nicht immer mit dem tatsächlichen Verlauf der Ereignisse decken. Hier zeigt sich, wie verfehlt es ist, wenn der BFH es für erforderlich hält, der Steuerpflichtige müsse die Aufwendungen auch subjektiv zur Förderung der Einnahmeerzielung gemacht haben. Auf dieses Merkmal sollte daher, wie ausgeführt112, verzichtet werden. — Zwischenfinanzierungszinsen für einen Bausparvertrag. Die Bausparzinsen, die der Steuerpflichtige auf die zwischenfinanzierte Bausparsumme erhält, sind Einnahmen aus Kapitalvermögen" 3 . Die Schuldzinsen, die er für einen Zwischenkredit zur Finanzierung der Bausparsumme zahlen muß, stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Zinseinnahmen aus dem Bausparvertrag. Sie sind damit Werbungskosten 114 , die in vollem Umfang, also nicht nur begrenzt bis zur Höhe der Einnahmen, abgezogen werden können, a.A. BFH v. 9.11.1982 VIII R 188/79, BStBl. 1983 II S. 172. Meines Erachtens gehören auch die Abschlußgebühren für einen solchen Bausparvertrag zu den Werbungskosten. Das Finanzgericht Köln115 hat zwar anders entschieden, den Werbungskostenabzug also versagt. Es meint, der geringe Bausparzins spreche dafür, der Steuerpflichtige habe den Bausparvertrag nicht zur Erzielung von Einnahmen abgeschlossen. Das ist nicht überzeugend. Der Steuerpflichtige hat auch die Absicht, Einnahmen zu erzielen. Das genügt. O b die Einnahmen hoch oder niedrig sind, bleibt ihm überlassen. Es kommt schließlich nicht darauf an, ob seine Entscheidung wirtschaftlich vernünftig ist. 3. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung sind stets einzeln nachzuweisen. Einen Pauschbetrag sieht das Gesetz nicht vor. Werbungskosten kommen bei dieser Einkunftsart vor allem bei der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen in Betracht. Aber auch bei diesen Wirtschaftsgütern gibt es für den Werbungskostenabzug keine einheitliche Regel. Welche Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind, richtet sich vielmehr danach, ob für das Gebäude gemäß §21 a EStG ein fiktiver Nutzungswert angesetzt wird oder ob dies nicht der 112 113

114 115

§22 I 2, S.349 f. F G Münster v. 20.12.1978 VII 507/78 E, EFG 1979, 444; a.A. BFH v. 9.11.1982 VIII R 188/79, BStBl. 1983 S. 172; danach sollen die Guthabenzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sein. F G Hamburg v. 14.9.1979 I 197/78, EFG 1980, 118; vgl. auch Keßler, DB 1983, 1386. U. v. 20.5.1981 I 53/80 E, EFG 1981, 554.

370

§22

Werbungskosten

VI 3

Fall ist, die E i n k ü n f t e also nach den tatsächlichen E i n n a h m e n oder dem ortsüblichen Mietwert ermittelt werden. G e m ä ß § 2 1 a E S t G wird für die selbstgenutzte W o h n u n g im eigenen Einfamilienhaus, für die selbstgenutzte Eigentumswohnung und für das vom Eigentümer in vollem U m f a n g e selbstgenutzte Zwei- oder Mehrfamilienhaus, sofern er dieses H a u s nach dem 2 9 . 7 . 1 9 8 1 erworben oder erst nach diesem Stichtag einen Antrag auf Baugenehmigung gestellt hat, ein fiktiver N u t z u n g s w e r t angesetzt. In diesen Fällen ist gemäß § 2 1 a A b s . 3 E S t G der Werbungskostenabzug begrenzt, weil die normalen Aufwendungen für diese O b j e k t e durch den relativ geringen pauschalierten N u t z u n g s w e r t (jährlich 1 % vom Einheitswert) als abgegolten gelten. D e r W e r b u n g s k o s t e n a b z u g ist dagegen unbegrenzt zulässig, wenn das Einfamilienhaus, die E i g e n t u m s w o h n u n g oder ein Zwei- oder Mehrfamilienhaus vermietet sind. Das gilt auch dann, wenn der Eigentümer eine W o h n u n g in dem Z w e i - oder M e h r f a m i lienhaus selbst nutzt. a) Bei vermieteten

Gebäuden

D i e Aufwendungen, die bei den vermieteten Gebäuden als W e r b u n g s k o s t e n in B e t r a c h t k o m m e n , lassen sich in vier Gruppen einteilen. Es handelt sich u m A b s c h r e i b u n g e n , Instandhaltungs- und Finanzierungskosten sowie sonstige A u f wendungen. aa)

Abschreibungen

W i e bereits dargelegt 116 , können G e b ä u d e linear, § 7 A b s . 4 E S t G , degressiv, § 7 A b s . 5 E S t G , oder erhöht abgeschrieben werden. D a § 7 A b s . 4 und § 7 Abs. 5 E S t G bereits o b e n bei den Abschreibungen behandelt wurden, werden im folgenden lediglich die erhöhten Abschreibungen erörtert. Zu den erhöhten Abschreibungen (Sonderabschreibungen) gehören vor allem: — die A f A nach § 7 b E S t G , — die erhöhten Absetzungen für Erhaltungs- und Modernisierungsaufwand nach §§ 82 a, 82 g E S t D V , — die erhöhten Absetzungen nach dem Berlinförderungsgesetz, §§ 14 a, 14 b, 15 BerlinFG, —

die erhöhten Absetzungen für Schutzräume, § 7, § 12, A b s . 3 des Schutzbaugesetzes 117 , — die erhöhten Absetzungen von Herstellungs- und Verwaltungsaufwand bei B a u d e n k m ä l e r n , §§ 82 i, 82 k E S t D V . (1) A f A nach § 7 b E S t G D i e A f A nach § 7 b E S t G gilt unabhängig davon, o b sich das G e b ä u d e im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen befindet. Sie tritt an die Stelle der Absetzungen nach § 7 A b s . 4 oder A b s . 5 E S t G . D i e Absetzungen nach diesen Vorschriften sind 116 117

Vgl. §16 II 5, S.296, 299. G. v. 9.9.1965, BGBl. I S. 1232 = BStBl. 1965 I S. 543, 544, 546. 371

24''

§22 VI 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

also ausgeschlossen, soweit die AfA nach § 7 b EStG eingreift; übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Bemessungsgrundlage für die erhöhte AfA, kann der überschießende Betrag nach § 7 Abs. 4 EStG, nicht aber nach §7 Abs. 5 EStG abgeschrieben werden, § 7 b Abs. 1 S. 3 EStG. Nimmt der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nach § 82 a EStDV in Anspruch, treten diese an die Stelle der Abschreibung nach § 7 b EStG, § 8 2 a Abs. 1 S. 1 EStDV. (a) Begünstigte Objekte Nach § 7 b Abs. 1 S. 1 EStG sind lediglich im Inland belegene Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen, die zu mehr als 662A % Wohnzwecken dienen, begünstigt. Wohnzwecken dient ein Gebäude, wenn es aufgrund seiner Ausstattung zum ganzjährigen Aufenthalt geeignet ist. Das ist unstreitig. Bestritten ist dagegen, ob das Wohngebäude auch baurechtlich zur dauernden Nutzung als Wohnung zugelassen, seine Errichtung also nicht lediglich als Wochenendhaus oder Ferienwohnung genehmigt ist. Verlangt man, wie der BFH" 8 bisher, daß das Gebäude auch rechtlich zur Dauernutzung geeignet sein müsse, so scheiden Ferienhäuser, Ferienwohnungen und Wochenendhäuser, die in einem im Bebauungsplan festgesetzten Sondergebiet für Ferienhäuser, §10 BauNVO' 19 , belegen sind, als begünstigte Objekte aus. Verzichtet man, wie es einzelne Finanzgerichte120 tun, auf diese Voraussetzung, so wird dies oft zu keiner anderen Entscheidung führen. Die Frage, ob die AfA nach § 7 b EStG für ein Ferienhaus zu gewähren ist, kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob das Ferienhaus in einem ausgewiesenen Sondergebiet liegt. Es muß vielmehr darauf ankommen, ob es dem Sinn und Zweck des § 7 b EStG entspricht, wenn diese Objekte durch die Gewährung erhöhter Abschreibungen gefördert werden. § 7 b EStG ist geschaffen worden, um den Wohnungsmangel zu beheben. Deshalb entspricht es dem Zweck dieser Vorschrift, Ferienhäuser erhöht abzuschreiben, soweit auf diese Weise der Wohnungsmangel tatsächlich behoben wird. Das gilt für alle Fälle, in denen der Eigentümer ausschließlich und dauernd sein Ferienhaus bewohnt, weil er keine andere (Haupt-) Wohnung hat. Steht ihm allerdings das Ferienhaus zusätzlich, also neben einer anderen Wohnung zur Verfügung, entspricht es nicht dem Sinn und Zweck des § 7 b EStG, derartige Objekte zu fördern. Der Sinn und Zweck des § 7 b EStG hat sich auch (nach dem 31.12.1976) nicht geändert. Es überzeugt daher nicht, wenn nunmehr der B F H (U. v. 8.3.1983 VIII R 111/81, F R 1983, 357) Ferienhäuser, die nach dem 31.12.1976 angeschafft oder hergestellt worden sind, nach dieser Vorschrift auch dann begünstigt, wenn sie in Wochenendhaus- oder Feriengebieten liegen. Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen können nur dann nach § 7 b EStG erhöht abgeschrieben werden, wenn sie als solche hergestellt 118

119 120

U. v. 1 8 . 7 . 1 9 7 8 VIII R 94/77, BStBl. 1978 II S. 593; v. 8 . 3 . 1 9 8 3 VIII R 181/81, F R 1983, 358; ebenso F G Münster v. 30.1.1981 II 2291/79 E, E F G 1981, 499. V O v. 15.9.1977, BGBl. I S.1763. F G Düsseldorf v. 13. 8.1981 XII (XXIII) 166/80 E, E F G 1982, 74; FG Schleswig-Holstein v. 5. 8.1981 I 214/79, E F G 1982, 75; vgl. auch Fischer, DB 1981, 237.

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worden sind121. Es ist also erforderlich, daß im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit ein begünstigtes Objekt vorhanden ist. Wandelt dagegen der Bauherr ein Mehrfamilienhaus nach der Fertigstellung in Eigentumswohnungen um, steht ihm die AfA nach § 7 b EStG für die Eigentumswohnungen nicht zu; im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit waren keine Eigentumswohnungen hergestellt oder angeschafft. Veräußert er das Wohnungseigentum, kann der Erwerber die AfA nach § 7b EStG vornehmen; er hat eine Eigentumswohnung, also ein begünstigtes Objekt, erworben. Sind die Voraussetzungen des § 7 b Abs.2 EStG gegeben, ist das Gebäude also vor dem 1.1.1964 hergestellt und nicht nach dem 31.12.1976 angeschafft worden und dienen die neu geschaffenen Gebäudeteile zu mehr als 80 % Wohnzwecken, so sind die Sonderabschreibungen nach § 7 b EStG auch für den Ausbau sowie die Erweiterung von Ein- und Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen zugelassen. Dabei ist vor allem zu beachten, daß immer nur eine Garage den Wohnzwecken dienend anerkannt wird, § 7 b Abs. 4 EStG. (b) Begünstigter Personenkreis Gemäß § 7 b Abs. 1 S. 1 EStG ist der Bauherr und — seit dem 1. 7.1977 — jeder entgeltliche Erwerber abschreibungsberechtigt. Soweit es um die Abschreibungsbefugnis des Erwerbers geht, sind drei Einschränkungen zu beachten, die sich aus der Ehegatten- ( § 7 b Abs. 1 S.4 Nr. 1 EStG), der Tausch- (§ 7 b Abs. 1 S.4 Nr. 2) und der Rückkaufklausel ( § 7 b Abs. 1 S.4 N r . 3 EStG) ergeben. Nach der Ehegattenklausel ist die Sonderabschreibung ausgeschlossen, wenn das begünstigte Objekt entgeltlich zwischen Ehegatten, die unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, übertragen wird. Diese Regelung soll verhindern, daß dasselbe Objekt durch eine Eigentumsübertragung auf den anderen Ehegatten erneut nach § 7 b EStG abgeschrieben werden kann. Die Ergebnisse, zu denen die Ehegattenklausel führt, sind willkürlich und daher nicht vertretbar. Die Einschränkung der „7 b-AfA" gilt nicht, wenn ein Gebäude zwischen nahen Angehörigen (z. B. von Eltern auf die Kinder) übertragen wird. Die Ehegattenklausel benachteiligt daher die Ehegatten1". Es ist darüber hinaus unverständlich, warum Ehegatten die „7b-AfA" unbeschränkt vornehmen können, wenn sie getrennt leben oder einer von ihnen beschränkt steuerpflichtig ist. Noch bedenklicher sind die Auswirkungen, zu denen die Tauschklausel führt. Verkauft A sein Gebäude an B und B sein Haus an A (weil beide versetzt werden), steht die Tauschklausel der Abschreibung nach § 7 b EStG entgegen. Hätte A das Haus des C gekauft, wären A und B abschreibungsberechtigt. A wäre selbst dann abschreibungsberechtigt, wenn er sein Haus an B, B sein Haus an C und dieser sein Haus an A verkauft hätte; der sog. Ringtausch ist unschädlich1". Die Tauschklausel 121

122 123

Vgl. F G München v. 14.2.1973 I 47/68, E F G 1973, 318; FG Münster v. 3 0 . 8 . 1 9 7 7 VI 2122/75 E, E F G 1978, 118. Vgl. Söffing, F R 1978, 339. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 b EStG i . d . F . v. 11.7.1977 S. 15 m . w . N . (grüne Seiten).

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ist in diesen Fällen willkürlich. Die Rechtsprechung 124 und die Rechtslehre 125 haben dies erkannt und helfen sich mit einer restriktiven Auslegung des § 7 b Abs. 1 S. 4 N r . 2 EStG. Das F G Hamburg 126 nimmt an, nur funktionsgleiche Objekte seien bei wechselseitiger Anschaffung von der Abschreibungsvergünstigung ausgeschlossen, u n d Söffing127 ist der Ansicht, die Tauschklausel komme lediglich zur Anwendung, wenn das Eigentum zwischen zwei Personen wechsele, ohne daß für den Tauschvorgang weitere Motive vorhanden seien. Jedes zusätzliche Motiv (Wohnungstausch wegen Versetzung) stehe der Anwendung der Tauschklausel entgegen. N a c h der Rückkaufklausel ist die Sonderabschreibung ausgeschlossen, falls der Steuerpflichtige ein Gebäude erwirbt, das er oder sein Ehegatte früher veräußert haben. Die Ehegatten werden also wie ein Steuerpflichtiger behandelt. Die Abschreibung nach § 7 b EStG soll selbst dann unzulässig sein, wenn das Gebäude von dem jetzigen Ehegatten zu einer Zeit veräußert wurde, als er noch ledig war128. Auch diese Regelung ist willkürlich. Auf keinen Fall kann die Rückkaufklausel eingreifen, sofern ein Haus zurückerworben wird, das zu einer Zeit veräußert wurde, zu der die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung nicht gegeben waren 12 '. Nach alledem bleibt nur der Rat an den Gesetzgeber, § 7 b Abs. 1 S.4 N r n . 1—3 EStG ersatzlos zu streichen 130 . Die Vorschriften bringen mehr Schaden als N u t z e n . Für echte Mißbrauchsfälle genügt §42 A O 1977. (c) Unentgeltlicher Erwerb Wird das Eigentum an einem begünstigten Objekt unentgeltlich, durch Erbschaft oder Schenkung, erworben, kann der Erwerber die A f A nach § 7 b EStG seines Rechtsvorgängers fortsetzen, aber nicht von neuem beginnen; er hat keine Anschaffungskosten, § 11 d Abs. 1 EStDV. Liegt eine gemischte Schenkung vor, ist der Erwerb also teilweise entgeltlich, dann sind insoweit Anschaffungskosten gegeben, die die Bemessungsgrundlage f ü r die A f A bilden131. Im übrigen bleibt es bei der Regelung des § 11 d EStDV. Eine solche Aufteilung ist aber ausgeschlossen, wenn der Erwerb im Rahmen einer Erbauseinandersetzung oder einer vorweggenommenen Erbfolge erfolgt und der zukünftige Erbe seine Geschwister abfindet (Gleichstellungsgeld). In diesen Fällen ist der Erwerb stets unentgeltlich 132 . Die gezahlte Abfindung stellt keine Anschaf124

FG Hamburg v. 2 4 . 3 . 1 9 8 0 I 182/79, EFG 1980, 432.

125

Vgl. S ö f f i n g , FR 1982, 323.

126

U . v. 2 4 . 3 . 1 9 8 0 I 182/79, EFG 1980, 432. FR 1982, 323. Vgl. Abschnitt 61 N r . 3 EStR; S ö f f i n g , FR 1977, 340.

127 128

§ 7 b Anm. 6 c m. w. N.

129

Schmidt/Drenseck,

130

Kritisch zu dieser Regelung auch Littmann, § 7 b Rdn. 105o; Schmidt/Drenseck, §7b Anm. 6 c. B F H v. 18.3.1980 VIII R 148/78, BStBl. 1981 II S.794. B F H v. 5 . 1 1 . 1 9 7 4 VIII R 81/69, BStBl. 1975 II S. 411; B F H v. 7.10.1980 VIII R 111/78, BStBl. 1981 II S. 157; B F H v. 2 6 . 3 . 1 9 8 1 IV R 130/77, BStBl. 1981 II S.614.

131 132

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fungskosten der kraft Gesetzes erworbenen Wirtschaftsgüter dar. D i e Rechtslage kann nicht anders sein als bei der Erfüllung von Vermächtnis- und Pflichtteilsansprüchen. Befriedigt der Erbe den Vermächtnisnehmer oder den Pflichtteilsberechtigten, so sind seine Aufwendungen hierfür keine Anschaffungskosten der bei ihm angefallenen Erbschaft. Hätte der Erblasser diese Leistungen noch zu seinen Lebzeiten erbracht, so hätte auch er keine Anschaffungskosten gehabt. In diese Stellung ist der Erbe eingetreten. Für ihn gilt daher dasselbe. Findet der Erbe seine Geschwister im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge oder der Erbauseinandersetzung ab, dann erfüllt er zwar keine Verpflichtung, die ihm der Erblasser auferlegt hat, er hat aber gleichwohl keine Anschaffungskosten; er gibt wertmäßig nichts weg, ihm fällt lediglich eine geringere Erbschaft an. (d) Objektbeschränkung Nach § 7 b Abs. 5 S. 1 E S t G kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen ausschließlich für ein begünstigtes O b j e k t in Anspruch nehmen. E r erhält also die Vergünstigung grundsätzlich 133 nur einmal in seinem Leben. Es tritt ein „Objektverbrauch" ein. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er die Vergünstigung ausgeschöpft hat. D e r Objektverbrauch greift auch ein, wenn er lediglich einen Teilbetrag der vorgesehenen Bemessungsgrundlage abschreiben kann. Dies wird häufig der Fall sein, soweit das begünstigte O b j e k t im Miteigentum mehrerer Personen steht. In diesen Fällen ist gemäß § 7 b Abs. 6 E S t G jeder Anteil, gleichgültig in welcher Größe, als ein O b j e k t i. S. d. § 7 b Abs. 5 E S t G anzusehen. Ehegatten sind bessergestellt. Sie können gemäß § 7 b A b s . 5 S . 2 E S t G die A f A für insgesamt zwei O b j e k t e in Anspruch nehmen. Außerdem tritt gemäß § 7 b Abs. 6 S. 2 E S t G kein Objektverbrauch ein, wenn (nur) sie Miteigentümer eines Objektes sind. Bei ihnen gilt also nicht der Satz, jede Beteiligungsquote gelte als ein O b j e k t . Die A f A nach § 7 b E S t G steht Ehegatten somit unabhängig davon zu, ob einem Ehegatten zwei O b j e k t e , jedem Ehegatten ein O b j e k t , einem Ehegatten ein O b j e k t und beiden Ehegatten ein Anteil an einem weiteren O b j e k t oder beiden Ehegatten jeweils Miteigentumsanteile an zwei Objekten gehören. Bei allen möglichen Konstruktionen können Ehegatten die A f A nach § 7 b E S t G allerdings lediglich dann zweimal beanspruchen, falls sie auch zwei O b j e k t e angeschafft haben. Sind sie, je zur Hälfte, Miteigentümer eines Hauses, steht ihnen die Vergünstigung nach § 7 b E S t G nur einmal zu. Ihr Miteigentumsanteil an einem O b j e k t berechtigt sie nicht, die Bemessungsgrundlage für die A f A nach § 7 b E S t G zu verdoppeln und damit das eine O b j e k t zweimal abzuschreiben. Diese Rechtsfolge ergibt sich daraus, daß das Gesetz bei Ehegatten nicht auf die Beteiligungsquote, sondern auf das einheitliche O b j e k t abstellt. Trennen sich allerdings die Ehegatten (Scheidung, dauerndes Getrenntleben), so fällt die Ehegattenvergünstigung weg. In diesem Falle gilt auch bei ihnen jeder Anteil als vollwertiges Objekt 1 3 4 . Geht allerdings der 133 134

Vgl. § 7 b Abs.5 S.3 EStG. BFH v. 4.12.1979 VIII R 96/76, BStBl. 1980 II S. 201; vgl. aber auch Beker, FR 1980, 258, 260 f. 375

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Miteigentumsanteil des einen Ehegatten beim Tode des anderen auf diesen über oder überträgt ein Ehegatte im Falle der Scheidung seinen Anteil auf den anderen Ehegatten, kann der übernehmende Ehegatte die Abschreibung von dem ganzen Objekt vornehmen 135 . Zu Recht weist Drenseck156 darauf hin, daß die Ehegatten steuerlich nicht schlechter stehen dürften, weil sie sich während der Ehe ehegerecht verhalten, also anstelle von Alleineigentum Miteigentum gebildet hätten. Aus diesem Grunde ist auch die Auffassung des B F H (U. v. 20. 7.1982 VIII R 162/81, BStBl. 1983 II S. 198) abzulehnen, nach der ein geschiedener Ehegatte ein nach der Scheidung erworbenes Gebäude nicht nach § 7 b EStG abschreiben dürfe, weil ein Objektverbrauch auch dann (endgültig) eingetreten sein solle, wenn er seinen Miteigentumsanteil an einem Einfamilienhaus vor der Scheidung auf den anderen Ehegatten übertragen habe; er w ä r e abschreibungsberechtigt, falls das Einfamilienhaus von vornherein im Alleineigentum des anderen Ehegatten gestanden hätte. N a c h § 7 b Abs. 5 S. 4 EStG ist es bei entgeltlich erworbenen Objekten zulässig, nicht in Anspruch genommene Jahresbeträge der Af A nach § 7 b EStG auf ein Folgeobjekt zu übertragen. Voraussetzung ist jedoch, daß das Folgeobjekt innerhalb von zwei Jahren vor und drei Jahren nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes, in dem das Erstobjekt dem Steuerpflichtigen letztmals zugerechnet wurde, angeschafft oder hergestellt w i r d . Eine Übertragung auf ein drittes Objekt ist dagegen ausgeschlossen. (e) Bemessungsgrundlage und Abschreibungsverlauf Die H ö h e der A f A nach § 7 b EStG richtet sich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Abschreibungsfähig sind jedoch nicht die gesamten Gebäudeanschaffungs- oder -herstellungskosten, sondern gemäß § 7 b Abs. 1 S . 3 EStG höchstens 200 000,— D M bei einem Einfamilienhaus oder einer Eigentumswohnung und 2 5 0 0 0 0 , — D M bei einem Zweifamilienhaus. Diese Werte sind maßgebend, w e n n die begünstigten Objekte nach dem 29. 7.1981 angeschafft w o r d e n sind oder die Erteilung der Baugenehmigung nach diesem Stichtag beantragt w u r d e . In allen anderen Fällen bleibt es bei der früheren Regelung, nach der Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen bis zu 150 000,— D M und Zweifamilienhäuser bis zu 200 000,— D M begünstigt waren. Erwirbt ein Steuerpflichtiger einen Anteil an einem begünstigten Objekt, so entfällt auf ihn lediglich ein entsprechender Teil des jeweiligen Höchstbetrages. Der Begriff der Anschaffungs- und Herstellungskosten im Sinne des § 7 b EStG entspricht grundsätzlich dem des § 7 EStG. Unstreitig gehören A u f w e n d u n g e n für die Wohnungseinrichtung und den Hausrat nicht zu den Anschaffungs- oder 155

136

Streitig, vgl. BFH v. 2 9 . 9 . 1 9 8 2 VIII R 225/81, BStBl. 1983 II S.293. FG Rheinland-Pfalz v. 5 . 1 0 . 1 9 7 7 I 52/77, EFG 1978, 14; Schleswig-Holsteinisches FG v. 2 5 . 4 . 1 9 7 9 I 103/78, EFG 1979, 380; FG Nürnberg v. 2 6 . 3 . 1 9 8 0 V 289/78, EFG 1980, 384; FG Bremen v. 1 4 . 1 0 . 1 9 8 0 I 50/79, EFG 1981, 80; Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 b Anm. 344. Schmidt/Drenseck, 5 7 b Anm. 6 k (6); vgl. auch Tiedtke, FR 1977, 389 gegen BFH v. 1 5 . 2 . 1 9 7 7 VIII R 175/74, BStBl. 1977 II S.389.

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Herstellungskosten i. S. d. § 7 b EStG. Streitig ist jedoch, ob zu den Anschaffungsoder Herstellungskosten nur notwendige und übliche Ausstattungen oder alle Einrichtungen 137 zählen, also auch die Luxusausstattungen abschreibungsbegünstigt sind. Der BFH' 38 ist der Ansicht, Aufwendungen seien dann nicht abschreibungsfähig, wenn sie den individuellen Wohnbedürfnissen oder Interessen der Bewohner dienten. Entsprechend dem Sinn und Zweck des § 7 b EStG, neuen Wohnraum zu schaffen, seien nur solche Ausstattungen begünstigt, die notwendig und (bei vernünftiger Auffassung) üblich seien. Da dies bei einem Schwimmbad159, einer Sauna140, einer Bar141, einer Kegelbahn142 oder einem Raumteiler143 nicht der Fall sei, seien Aufwendungen für derartige Einrichtungen keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten i.S.d. § 7 b EStG. Eine Alarmanlage gehöre dagegen unter bestimmten Voraussetzungen zu den notwendigen Einrichtungen eines Einfamilienhauses'44. Der Streit wird, weil die Baukosten in der Regel die Höchstgrenzen übersteigen, keine Bedeutung haben. Von den maßgeblichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten können im Jahre der Fertigstellung und in den sieben folgenden Jahren jeweils bis zu 5 % abgeschrieben werden145. Das gilt im Jahre der Fertigstellung oder Anschaffung auch dann, wenn diese erst im Laufe des Jahres, z. B. im Dezember, erfolgt. Eine Aufteilung pro rata temporis findet hier nicht statt. Es steht dem Steuerpflichtigen frei, die erhöhte AfA nach § 7 b EStG oder die Mindestabschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG in Anspruch zu nehmen. Will er die AfA nach § 7 b EStG nicht geltend machen, muß er die Mindestabschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG vornehmen, § 7a Abs. 3 EStG. Nimmt er im ersten Jahr und in den beiden Folgejahren erhöhte Abschreibungen nicht in Anspruch oder schöpft er das Abschreibungsvolumen bezüglich des Höchstbetrages 14i (200 000,— DM/250 000,— DM) oder des Höchstsatzes 147 (bis zu 5 %) nicht aus, kann er den Restbetrag bis zum Ende des dritten auf die Anschaffung oder Fertigstellung folgenden Jahres geltend machen, § 7 b Abs. 3 EStG. Entscheidet er sich im vierten Jahr, die AfA nach § 7 b EStG nachzuholen, darf er in diesem Jahr höchsten 14 % der maßgeblichen Bemessungsgrundlage beanspruchen. 137 138 159

140 141 142 143 144 145

146 147

So Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 b Anm. 111 m . w . N . U. v. 26.6.1979 VIII R 22/77, BStBl. 1979 II S.738. Vgl. B F H v. 9.9.1980 VIII R 5/79, BStBl. 1981 II S. 258 f.; BFH v. 26.10.1982 VIII R 74/ 81, BStBl. 1983 II S. 364, 365. Vgl. B F H v. 9.9.1980 VIII R 21/79, BStBl. 1981 II S.260. Vgl. B F H v. 9.9.1980 VIII R 5/79, BStBl. 1981 II S.258. Vgl. Abschnitt 58 Abs. 3 S.2 Nr. 1 EStR. Vgl. B F H v. 11.12.1973 VIII R 207/71, BStBl. 1974 II S.477. Vgl. BFH v. 26.6.1979 VIII R 22/77, BStBl. 1979 II S. 738. Nach § 34 f EStG kann sich außerdem die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag des Steuerpflichtigen um je 600,— DM für das zweite und jedes weitere Kind des Steuerpflichtigen und dessen Ehegatten vermindern. Vgl. Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, § 7 b Rz. 61 ff. Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 b Anm. 270, 276. 377

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D a s gilt auch dann, wenn er in den ersten drei Jahren versehentlich das G e b ä u d e nicht einmal nach § 7 A b s . 4 E S t G abgeschrieben hat. Diese A f A geht ihm also verloren. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für die nachträgliche G e l t e n d m a chung der erhöhten A f A , werden die Steuerbescheide für die vorausgegangenen J a h r e nicht geändert, sondern der A b z u g erfolgt in vollem U m f a n g in diesem J a h r . D i e Regelung in § 7 b A b s . 3 E S t G ermöglicht eine Steuergestaltung. Ein Steuerpflichtiger darf im R a h m e n des vierjährigen Begünstigungszeitraums mit der Inanspruchnahme der A f A nach § 7 b E S t G warten, bis sich für ihn aufgrund seiner Einkommensverhältnisse die größtmögliche Steuerersparnis ergibt. Andererseits kann es sinnvoll sein, die Inanspruchnahme der erhöhten A f A aufzuschieben und letztlich von ihr ganz abzusehen, weil die Herstellungskosten wider Erwarten so gering geblieben sind, daß sich für dieses O b j e k t die Abschreibung nach § 7 b E S t G und der damit verbundene O b j e k t v e r b r a u c h nicht lohnen. D u r c h diese abwartende H a l t u n g entstehen dem Steuerpflichtigen keine steuerlichen Nachteile; § 7 b A b s . 3 E S t G ermöglicht es ihm, die nachträglichen Herstellungskosten durch N a c h h o l u n g der erhöhten A f A so zu behandeln, wie wenn sie bereits im J a h r der Fertigstellung entstanden wären. E r ist also berechtigt, spätestens im vierten J a h r die n o c h nicht in A n s p r u c h g e n o m m e n e erhöhte A f A auf einmal geltend zu machen. Übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Höchstbeträge für die erhöhte Abschreibung nach § 7 b E S t G , so ist der überschießende Betrag linear nach § 7 A b s . 4 E S t G abzusetzen, § 7 b A b s . 1 S. 3 E S t G . Eine degressive A b s c h r e i b u n g dieses Betrages ist dagegen unzulässig. N a c h Ablauf von 8 J a h r e n sind als A b s e t z u n g e n für A b n u t z u n g jährlich 2,5 % des Restwertes abzuziehen. Restwert ist der Betrag, der nach A b z u g aller im Begünstigungszeitraum v o r g e n o m m e n e n erhöhten Absetzungen ( A f A nach § 7 b E S t G und etwaiger Sonder- und Teilwertabschreibungen) von den gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten verbleibt' 4 ''. D a s G e s e t z gewährt damit dem Steuerpflichtigen nach Beendigung der erhöhten A b s c h r e i b u n g nach § 7 b E S t G einen einheitlichen A f A - S a t z von 2,5 % . Es wird also nicht, wie teilweise' 4 9 angenommen, zwischen dem Restwert der H ö c h s t beträge und dem des übersteigenden Teils unterschieden, es besteht vielmehr ein einheitliches Abschreibungsvolumen und ein einheitlicher Abschreibungssatz. Das ist im Interesse der Praktikabilität geboten. (2) Sonderabschreibungen nach §§ 82 a, g E S t D V N a c h § 82 a E S t D V darf der Steuerpflichtige bestimmte Modernisierungsaufwendungen im J a h r der Herstellung und in den folgenden neun Jahren bis zu 1 0 % jährlich abschreiben. Diese erhöhte Abschreibung tritt, soweit es um Modernisierungsaufwand geht, an die Stelle der A f A nach § 7 A b s . 4 , 5 E S t G und § 7 b E S t G . I m übrigen wird das G e b ä u d e wie bisher abgeschrieben. D i e A f A nach § 82 a E S t D V führt also zu zusätzlichen W e r b u n g s k o s t e n .

148 149

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Vgl. Abschnitt 64 Abs. 1 S. 3 EStR. Vgl. Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin,

§ 7 b Rz. 26.

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VI

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Macht der Steuerpflichtige von der Möglichkeit, den Modernisierungsaufwand erhöht abzuschreiben, keinen Gebrauch, kann er die Sonderabschreibung nicht nachholen. D i e Modernisierungskosten werden in diesem Falle wie nachträgliche Herstellungskosten behandelt. Begünstigt sind nur die Herstellungs-, nicht aber die Anschaffungskosten. Einem entgeltlichen Erwerber des modernisierten Gebäudes kommen damit die erhöhten Absetzungen nicht zugute, der unentgeltliche Rechtsnachfolger darf dagegen die erhöhten Absetzungen des Erblassers fortsetzen. N a c h § 8 2 a A b s . 1 E S t D V sind drei Modernisieruiigsmaßnahmen begünstigt: — D e r Einbau von Einrichtungen, die in der Anlage 7 zur E S t D V bezeichnet sind, wie z. B . der Einbau sanitärer Anlagen, Energieanschlüsse, Heizungs- und Warmwasseranlagen, Anschlüsse an Kanalisation und Wasserversorgung sowie U m b a u von Fenstern und Türen. Diese Modernisierungsmaßnahmen müssen nach dem 3 0 . 6 . 1 9 7 8 und vor dem 1 . 7 . 1 9 8 3 abgeschlossen werden, § 82 a A b s . 4 E S t D V . Voraussetzung ist außerdem, daß das modernisierte G e b ä u d e vor dem 1 . 1 . 1 9 6 1 hergestellt worden ist. — Maßnahmen z u m Wärme- oder Lärmschutz sowie für den Anschluß an die Fernwärmeversorgung, die überwiegend aus Anlagen der K r a f t - W ä r m e - K o p p l u n g , zur Verbrennung von Müll oder zur Verwertung von A b w ä r m e gespeist wird. Welche Einrichtungen dem Wärme- oder Lärmschutz dienen, ist im einzelnen in Abschnitt 158 A b s . 2 E S t R geregelt 150 . Voraussetzung für die Begünstigung ist auch hier, daß die Maßnahme nach dem 3 0 . 6 . 1 9 7 8 und vor dem 1. 7.1983 abgeschlossen und das G e b ä u d e vor dem 1 . 1 . 1 9 7 8 hergestellt worden ist. — F ü r den Einbau von Wärmepumpenanlagen, Solaranlagen und Anlagen zur Rückgewinnung von Wärme einschließlich der Anbindung an das Heizsystem. A u c h hier muß der Einbau nach dem 3 0 . 6 . 1 9 7 8 und vor dem 1. 7.1983 fertiggestellt sein. A u f den Herstellungszeitpunkt des Gebäudes k o m m t es allerdings nicht an. In Art. 5 N r . 8 a des Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1984 ( B R - D r u c k s . 303/83, S. 6) ist beabsichtigt, § 5 1 A b s . 1 N r . 2 q E S t G , die Ermächtigungsgrundlage für § 8 2 a E S t D V , zu erweitern und (über den 1. 7.1983 hinaus bis Ende 1987) zu verlängern. Derartige Maßnahmen sollen daher auch dann weiterhin begünstigt sein, wenn sie nach dem 1. 7.1983 vorgenommen werden. Begünstigt sind auch Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die durch den Einbau begünstigter Anlagen und Einrichtungen verursacht worden sind, wie z. B . eine erforderliche N e u v e r p u t z u n g oder Neutapezierung von beschädigten Wänden. Wird das G e b ä u d e aufgrund einer einheitlichen Baumaßnahme generalüberholt und modernisiert, so schließt dies die erhöhte Absetzung nach § 82 a E S t D V nicht aus. O b w o h l die A u f w e n d u n g e n in vollem U m f a n g e als Herstellungskosten zu behandeln sind, können die Teile der Kosten, die durch die begünstigte Modernisierung

150

Vgl. B F H v. 20.10.1981 VIII R 85/79, BStBl. 1982 II S.64ff.; BFH v. 20.10.1981 VIII R 178/80, BStBl. 1982 II S.67. 379

§22

VI 3

2. Teil. 4. Kapitel. E r m i t t l u n g der E i n k ü n f t e

entstehen, ausgesondert und getrennt nach § 82 a EStDV abgesetzt werden. Die Aufteilung darf auch im Wege der Schätzung erfolgen. Erforderlich ist aber stets, daß sie sachlich möglich und nachprüfbar ist151. Nach § 82 g EStDV kommen erhöhte Absetzungen von Herstellungkosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S. d. §39e BBauG und i. S. d. §43 Abs. 3 S.2 des Städtebauförderungsgesetzes in Betracht, wenn das modernisierte Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich liegt. Die erhöhten Abschreibungen nach § 82 g EStDV, die in Höhe und Dauer den Abschreibungen nach § 82 a Abs. 1 EStDV entsprechen, beschränken sich auf den Teil der Aufwendungen, der nicht durch Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gedeckt ist. Liegen keine Herstellungskosten, sondern Erhaltungsaufwendungen vor, so kann der Steuerpflichtige sie gemäß § 82 h Abs. 1 EStDV auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. (3) Sonderabschreibungen nach dem Berlinförderungsgesetz Das Berlinförderungsgesetz enthält in den §§14, 14 a, 14 b und 15 BerlinFG eine Reihe von Sonderabschreibungen. § 14 BerlinFG regelt die Abschreibungsmöglichkeit von Gebäuden, die zum Betriebsvermögen gehören. §§ 14 a und b BerlinFG erweitern die Abschreibung von Mehrfamilienhäusern, und §15 BerlinFG verbessert die AfA nach § 7 b EStG für Einfamilien-, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Gemäß § 14 Abs. 1 BerlinFG können Gebäude des Anlagevermögens im Jahr der Herstellung oder Anschaffung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren anstelle der AfA nach § 7 Abs. 4, 5 EStG bis zu 75 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgeschrieben werden. Es steht im Belieben des Steuerpflichtigen, die erhöhten Absetzungen auf den Fünfjahreszeitraum zu verteilen. Er darf, wenn er es für sinnvoll hält, schon im ersten Jahr 75 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten absetzen. Für den Restwert gilt § 7 Abs. 4 EStG. Für Mehrfamilienhäuser, die zu mehr als 66 2A % Wohnzwecken dienen, gewährt § 1 4 a Abs. 1 BerlinFG dem Steuerpflichtigen die Vergünstigung, im Jahr der Herstellung oder Anschaffung und im darauffolgenden Jahr jeweils bis zu 10 % und in den darauf folgenden zehn Jahren jeweils bis zu 3 % der Herstellungs- oder Anschaffungskosten abzusetzen. Nach Ablauf des zwölfjährigen Begünstigungszeitraums ist der Restwert einheitlich mit 2,5% abzuschreiben, § 1 4 a Abs. 1 S.3 BerlinFG i.V.m. § 7 b Abs. 1 S.2 EStG. Modernisierungaufwendungen bei Mehrfamilienhäusern begünstigt § 14 b Abs. 1 BerlinFG dadurch, daß er dem Steuerpflichtigen erlaubt, im Jahr der Beendigung der Modernisierungsarbeiten und in den beiden folgenden Jahren erhöhte Absetzungen bis zu 50 % vorzunehmen. Der Restwert ist in fünf gleichen Jahresbeträgen abzuschreiben. Die Absetzung nach § 7 b EStG wird für in Berlin (West) belegene Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen dadurch verbessert, daß der 151

V g l . B F H v. 1 0 . 6 . 1 9 7 5 V I I I R 114/71, B S t B l . 1975 II S . 8 7 8 , 879.

380

Werbungskosten

§22

VI 3

Steuerpflichtige gemäß § 1 5 Abs. 1 B e r l i n F G im J a h r der Fertigstellung oder Anschaffung und in dem darauf folgenden J a h r jeweils bis zu 1 0 % und in den darauf folgenden 10 J a h r e n jeweils bis zu 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten absetzen kann. A u ß e r d e m tritt gemäß § 15 A b s . 1 S. 1 N r . 3 B e r l i n F G keine O b j e k t b e s c h r ä n k u n g ein, soweit der Steuerpflichtige erhöhte Absetzungen aufgrund von Vorschriften in Anspruch genommen hat oder noch in Anspruch n i m m t , die vor dem 1 . 1 . 1 9 7 7 in Kraft getreten sind. Liegen die Voraussetzungen des § 15 A b s . 2 B e r l i n F G vor, darf der Steuerpflichtige, wenn er Bauherr ist, zwischen den erhöhten A b s e t z u n g e n von zwei X 10 % und zehn X 3 % nach § 15 A b s . 1 B e r l i n F G und den erhöhten Absetzungen von bis zu 5 0 % in den ersten drei J a h r e n nach § 15 A b s . 2 B e r l i n F G wählen. § 1 5 Abs. 4 B e r l i n F G erweitert die Absetzungsbefugnis nach A b s a t z 2 für E r s t - und Zweiterwerber, wenn der Bauherr oder der Zwischenerwerber die erhöhten Absetzungen für das begünstigte O b j e k t nicht vorgenommen hat. U n a b h ä n g i g davon, w o z u sich der Steuerpflichtige entscheidet, sind erhöhte A b s e t z u n g e n nur von den in § 7 b A b s . 1 S. 3 E S t G vorgesehenen Höchstbeträgen zulässig. E r kann also gemäß § 15 A b s . 2 B e r l i n F G in den ersten 3 J a h r e n höchstens 100 0 0 0 , — D M oder (für Zweifamilienhäuser) 125 0 0 0 , — D M absetzen, § 15 A b s . 2 S . 3 BerlinFG i . V . m . § 7 b Abs. 1 S . 3 EStG. Schließlich stehen einem Steuerpflichtigen, der nach Berlin (West) zieht, die erhöhten A b s e t z u n g e n nach § 15 A b s . 1, 2 B e r l i n F G auch dann zu, wenn bei ihm bereits ein O b j e k t v e r b r a u c h eingetreten ist, § 1 5 A b s . 5 B e r l i n F G . (4) Sonderabschreibungen für Schutzräume Herstellungskosten für Schutzräume, die nach dem 3 1 . 1 2 . 1 9 7 4 fertiggestellt w o r den sind, k ö n n e n nach § 7 Abs. 1 des Schutzbaugesetzes vom 9 . 9 . 1 9 6 5 1 5 2 auf 12 J a h r e verteilt werden. D e r Steuerpflichtige darf allerdings jährlich höchstens 1 0 % der Herstellungskosten abschreiben. E r kann somit wählen, o b er die Herstellungskosten in 10 J a h r e n abschreibt oder o b er in den ersten 10 Jahren jeweils nur 8 % und im 11. und 12. J a h r jeweils 1 0 % absetzt. Verbleibt nach dem zwölfjährigen Begünstigungszeitraum ein Restwert, ist dieser den Herstellungskosten des G e b ä u des zuzurechnen. Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen sind die tatsächlichen Herstellungskosten für den Schutzraum, vermindert um etwa gewährte öffentliche oder private Zuschüsse, soweit dieser Betrag nicht die H ö c h s t beträge übersteigt, die in der 9. Verordnung zur Änderung der S c h u t z b a u - H ö c h s t betragsverordnung v o m 3 . 3 . 1 9 8 2 1 5 3 im einzelnen festgelegt sind. Erhält der Steuerpflichtige z u m B a u eines Schutzraums öffentliche Zuschüsse nach dem Schutzbaugesetz ( § 6 A b s . 1, § 12 A b s . 1), sind die Höchstbeträge, wie sie die Höchstbetragsverordnung vorsieht, u m diese Zuschüsse zu kürzen. Steuerpflichtige, die Zuschüsse zur Errichtung von Schutzräumen leisten, sind gemäß § 7 Abs. 3 Schutz -

152 155

BGBl. I S. 1232 = BStBl. 1965 I S.543. BGBl. I S. 273 = BStBl. 1962 I S.368. 381

§22

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

baugesetz befugt, ihre Aufwendungen im gleichen U m f a n g abzuschreiben wie ein Bauherr. (5) Sonderabschreibungen für Baudenkmäler B e i einem G e b ä u d e , das ein Baudenkmal ist, kann der Steuerpflichtige nach § 82 i E S t D V von den Herstellungskosten für B a u m a ß n a h m e n , die zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen N u t z u n g erforderlich sind, anstelle der A f A nach § 7 A b s . 4 E S t G im J a h r der Herstellung und in den folgenden 4 J a h r e n jeweils bis zu 10 % absetzen. Das gleiche gilt für Gebäudeteile, die als B a u d e n k m a l anerkannt sind. D i e erhöhten Absetzungen dürfen nur dann in A n s p r u c h g e n o m m e n werden, wenn der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle nachweist, daß die B a u m a ß n a h m e n zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen N u t z u n g erforderlich sind. bb)

Instandhaltungskosten

Instandhaltungskosten sind als Werbungskosten abziehbar, soweit sie Erhaltungsaufwand darstellen. Sind sie dagegen als Herstellungsaufwand anzusehen, erhöhen sie die bisherigen Herstellungskosten. Zusammen mit ihnen können sie nur zeitanteilig abgeschrieben werden. D i e Abgrenzung erfolgt danach, o b die A u f w e n d u n gen zu einer Substanzerhaltung oder zu einer Substanzvermehrung führen 15 *. Als Erhaltungsaufwendungen k o m m e n z. B . der Außenanstrich eines Hauses, die V e r kleidung der A u ß e n w ä n d e mit Eternitplatten 1 5 5 , die Erneuerung der Fenster, die Reparatur des D a c h e s , die U m r ü s t u n g einer Heizung (von Einzelkohleöfen auf Zentralheizung 1 5 6 oder von Einzelöfen auf Elektronachtspeicheröfen 1 5 7 ) und sonstige Reparaturarbeiten in Betracht. cc)

Finanzierungskosten

Finanzierungsaufwendungen, die mit der Anschaffung, Herstellung oder Erhaltung vermieteter und verpachteter Wirtschaftsgüter im Zusammenhang stehen, sind im J a h r der Zahlung in voller H ö h e W e r b u n g s k o s t e n . D a z u gehören regelmäßig anfallende E r b b a u z i n s e n , laufende Kreditkosten, Geldbeschaffungskosten im weitesten Sinne (Bearbeitungsgebühren, Vermittlungsprovisionen, auch Reise- und Mehrverpflegungskosten zur Beschaffung eines Darlehens 1 5 8 ), N o t a r i a t s - und Gerichtsgebühren, die im Zusammenhang mit der Bestellung einer dinglichen Sicherheit stehen, und ein D a m n u m . D a s D a m n u m , das im Zeitpunkt der A u s z a h lung des Kredites einbehalten wird, ist bereits dann in voller H ö h e abzugsfähig. E s wird also nicht, o b w o h l es eine vorschüssige Zinszahlung darstellt, auf die Laufzeit 154 155 156 157 158

Vgl. dazu oben § 16 II 2 c, S.290. B F H v. 13.3.1979 VIII R 83/77, BStBl. 1979 II S.435. B F H v. 24.7.1979 VIII R 162/78, BStBl. 1980 II S. 7. BFH v. 9.11.1976 VIII R 28/76, BStBl. 1977 II S.279. B F H v. 4.3.1966 VI 258/65, BStBl. 1966 III S.451.

382

§22

Werbungskosten

VI 3

des Kredites verteilt. N a c h der Auffassung der Finanzverwaltung 1 5 9 darf ein D a m num nur dann sofort im vollen U m f a n g e abgezogen werden, soweit seine H ö h e marktüblich sei. D a s sei der Fall, wenn es nicht mehr als 1 0 % betrage 160 . D e r über die marktüblichen Beträge hinausgehende Teil müsse auf die Laufzeit des Darlehens verteilt werden. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Aufwendungen sind W e r bungskosten, wenn die Voraussetzungen des § 9 E S t G gegeben sind. D i e M a r k t ü b lichkeit ist, wie o b e n ausgeführt, kein Tatbestandsmerkmal dieser B e s t i m m u n g 1 " . Ein D a m n u m ist daher auch dann sofort in vollem U m f a n g e abzugsfähig, falls es in einer H ö h e einbehalten wird, die nicht mehr marktüblich ist. Es m u ß allerdings feststehen, daß es sich tatsächlich u m ein D a m n u m handelt. A b 1984 soll sich die Rechtslage allerdings ändern. Aufgrund des Steuerentlastungsgesetzes 1984 (vgl. den E n t w u r f in B R - D r u c k s . 3 0 3 / 8 3 , S. 5) ist die E i n f ü h rung eines § 11 A b s . 3 E S t G geplant. D a n a c h müssen das D a m n u m und alle anderen K o s t e n der Beschaffung des Darlehens auf seine Laufzeit, längstens auf den Zeitraum von fünf J a h r e n verteilt werden.

dd) Sonstige

Werbungskosten

N e b e n den Abschreibungen, Instandsetzungs- und Finanzierungskosten k ö n n e n alle Aufwendungen als W e r b u n g s k o s t e n geltend gemacht werden, die im Z u s a m menhang mit der Vermietung und Verpachtung stehen. D a z u gehören insbesondere die Hausbewirtschaftungskosten, also Aufwendungen für die Grundsteuer, die Feuerversicherung, die Müllabfuhr, die Straßenreinigung, die Kanalisation, das Wassergeld, die H e i z u n g , den Schornsteinfeger sowie Beiträge zum H a u s - und Grundbesitzerverein. W e r b u n g s k o s t e n sind schließlich die Aufwendungen, die der V e r m i e t e r auf den Mieter umlegt. Allerdings m u ß er die Erstattungen, die er von seinen Mietern erhält, als E i n n a h m e n aus Vermietung und Verpachtung erfassen.

b) Werbungskosten

bei eigengenutzten

Gebäuden

G e m ä ß § 2 1 a E S t G wird für die selbstgenutzte W o h n u n g im eigenen Einfamilienhaus, für die selbstgenutzte Eigentumswohnung und für das vom Eigentümer in vollem U m f a n g e selbstgenutzte Zwei- oder Mehrfamilienhaus, sofern er dieses H a u s nach dem 2 9 . 7 . 1 9 8 1 erworben oder nach diesem Stichtage einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung gestellt hat, ein fiktiver N u t z u n g s w e r t angesetzt. In diesen Fällen ist gemäß § 2 1 a A b s . 3 E S t G der Werbungskostenabzug begrenzt, weil die normalen Aufwendungen für dieses G e b ä u d e ( A f A , InstandsetzungsFinanzierungs- und sonstige K o s t e n ) durch den relativ geringen pauschalierten N u t z u n g s w e r t (jährlich 1 % des Einheitswerts) als abgegolten gelten. D e r nach § 2 1 a A b s . 1 E S t G anzusetzende pauschale N u t z u n g s w e r t ist daher grundsätzlich die N e t t o m i e t e . § 2 1 a A b s . 3 E S t G macht hiervon zwei Ausnahmen. D a n a c h dürfen

' Vgl. BdF-Schreiben vom 13.8.1981, IV B 1 — S 2253 a — 3/81, BStBl. 1981 I S. 604. Vgl. Verfügung der O F D Hannover vom 15.9.1980, S 2211 — 9 — StO 222, S 2211 — 30 — StH 223, StEK EStG § 9 Nr. 235. 161 Vgl. Kruse, FR 1981, 473, 479. 15

160

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§22

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2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Schuldzinsen und erhöhte Absetzungen von dem nach § 21 a Abs. 1 EStG maßgeblichen Grundbetrag abgesetzt werden. Schuldzinsen, die mit der Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind allerdings nur bis zur Höhe des Grundbetrags zu berücksichtigen. Damit ist sichergestellt, daß der Abzug von Schuldzinsen allenfalls den Grundbetrag ausgleichen, niemals aber zu einem Verlust führen kann. Diesen begrenzten Schuldzinsenabzug darf der Steuerpflichtige auch nicht dadurch umgehen, daß er Zinsen, die auf die Zeit der tatsächlichen Nutzung des Gebäudes entfallen, vor seiner Bezugsfertigkeit, also im voraus, leistet. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung, sondern darauf an, ob die Schuldzinsen der Zeit vor oder nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes zuzuordnen sind162. Daraus folgt, daß Schuldzinsen, die vor der Bezugsfertigkeit des Gebäudes entstanden sind, auch dann in vollem Umfange abgezogen werden können, wenn der Steuerpflichtige sie erst nach seinem Einzug leistet. Zu den abziehbaren Schuldzinsen zählen auch Erbbauzinsen" 3 und die Zinsanteile, die in Kaufpreisraten- und Kaufpreisrentenzahlungen enthalten sind" 4 , sowie ein Damnum. Nachdem der Steuerpflichtige die Schuldzinsen vom Grundbetrag abgezogen hat, kann er anschließend erhöhte Absetzungen vornehmen. Die Inanspruchnahme der normalen AfA (§ 7 Abs. 1 S. 4, Abs. 4, 5 EStG) ist stets ausgeschlossen, sie darf also auch dann nicht in Anspruch genommen werden, falls der Begünstigungszeitraum für die erhöhten Absetzungen beendet ist. Der Eigentümer ist daher nicht befugt, den Restwert gemäß § 7 b Abs. 1 S. 2 EStG jährlich in Höhe von 2,5% abzuziehen 165 . Zu den erhöhten Absetzungen gehören die Sonderabschreibungen nach § 7 b EStG, §§82a, 82g, 82i EStDV, §15 BerlinFG, §7 Schutzbaugesetz. Der Abzug erhöhter Absetzungen ist nicht begrenzt. Er kann über den Grundbetrag hinausgehen und damit zu einem Verlust führen. Die Eigentümer, die ihre Gebäude selbst nutzen, stehen damit besser, als die, die sie vermieten. Den selbstnutzenden Eigentümern kommt im Begünstigungszeitraum neben den erhöhten Absetzungen die im Grundbetrag des §21 a EStG berücksichtigte Normal-AfA zugute. Blümich/FalkM sehen in dieser Ungleichbehandlung einen Verstoß gegen das Prinzip gleichmäßiger Besteuerung. Das geht m. E. zu weit. Der Vorteil wird durch andere Nachteile nach Beendigung des Begünstigungszeitraums mehr als aufgehoben. Aus gutem Grund geht das Bestreben der Steuerpflichtigen dahin, ein Zweifamilienhaus zu bauen. Sie wollen die damit verbundenen Steuervorteile in Anspruch nehmen, die beim Einfamilienhaus nicht vorhanden sind. Gerade diese Vorteile haben zur Änderung des §21 a EStG geführt, der nunmehr das ausschließlich selbstgenutzte Zwei- und Mehrfamilienhaus dem selbstgenutzten Einfamilienhaus gleichstellt. 162 163 164 165 166

B F H v. 2 4 . 1 0 . 1 9 7 8 VIII R 201/73, BStBl. 1979 II S. 178 B F H v. 10.11.1961 VI 283/60 U , BStBl. 1962 III S.54. B F H v. 2 2 . 9 . 1 9 5 5 IV 451/53 U , BStBl. 1955 III S.320. B F H v. 2 9 . 5 . 1 9 7 3 VIII R 66/69, BStBl. 1973 II S.659. §21 a Rz. 66.

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Werbungskosten

§22

VI 3

G l e i c h w o h l hat der B F H " 7 entschieden, bei der Ermittlung des Restwerts einer vermieteten, bisher v o m Eigentümer selbstgenutzten, Eigentumswohnung seien die Anschaffungs- oder Herstellungskosten außer u m die in Anspruch genommenen erhöhten Absetzungen auch um die mit dem Grundbetrag abgegoltene A f A nach § 7 E S t G zu k ü r z e n 1 " . D i e Begrenzung des Werbungskostenabzugs gemäß § 2 1 a A b s . 3 E S t G gilt allerdings nur für die Zeit, für die gemäß § 2 1 a A b s . 1 E S t G ein N u t z u n g s w e r t anzusetzen ist, also für die Zeit der tatsächlichen N u t z u n g durch den Eigentümer. A u f w e n d u n g e n , die v o r der Bezugsfertigkeit des Gebäudes entstehen, sind damit in vollem U m f a n g abzugsfähig. Das gilt auch dann, wenn die durchgeführten B a u m a ß nahmen erst nach Bezugsfertigkeit bezahlt werden. A u c h hier k o m m t es darauf an, w e l c h e m Zeitabschnitt die B a u m a ß n a h m e n zuzuordnen sind. Es ist daher dem Steuerpflichtigen zu raten, möglichst viele Aufwendungen in die Zeit vor der Bezugsfertigkeit des Gebäudes zu verlagern. Diese Möglichkeit besteht insbesondere bei den Finanzierungskosten. H i e r sollte er sich für eine Finanzierung entscheiden, bei der einem niedrigerem Zinssatz ein entsprechend höheres (sofort abzugsfähiges) D a m n u m gegenübersteht. E r ist nicht verpflichtet, das D a m n u m auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen; der geplante § 1 1 A b s . 3 E S t G sieht für Steuerpflichtige, für die § 2 1 a E S t G gilt, eine A u s n a h m e vor, wenn sie ihr H a u s länger als sechs M o n a t e o h n e U n t e r b r e c h u n g n u t z e n ; sie können das D a m n u m in dem Kalenderjahr in vollem U m f a n g absetzen, in dem § 2 1 a E S t G erstmals angewendet wird, vgl. B R - D r u c k s . 3 0 3 / 8 3 , S. 5. Renovierungsaufwand kann der Eigentümer eines selbstgenutzten Gebäudes grundsätzlich nicht als W e r b u n g s k o s t e n geltend machen. Es gibt aber Fälle, in denen das d o c h möglich ist. Will der Eigentümer sein bisher vermietetes G e b ä u d e wieder selbst nutzen und hält er eine Renovierung für erforderlich, so muß er sie, damit er die Aufwendungen als Werbungskosten absetzen kann, in einer Zeit durchführen, in der sein Mieter das G e b ä u d e n o c h b e w o h n t . D i e Renovierungskosten sind auch dann voll abzugsfähig, soweit die R e n o v i e rung zu einer Zeit erfolgt, in der der Mieter bereits ausgezogen, das G e b ä u d e aber nicht b e w o h n b a r ist. W i r d das H a u s jedoch während der Bauarbeiten tatsächlich, wenn auch mit erheblichen Einschränkungen, b e w o h n t , so ist der W e r b u n g s k o s t e n abzug ausgeschlossen 1 6 9 . R ä u m t der Eigentümer sein eigengenutztes G e b ä u d e vorübergehend, u m es während dieser Zeit erweitern, modernisieren und reparieren zu lassen, darf er, wie der B F H 1 7 0 zu R e c h t entschieden hat, die Reparaturkosten und die anteilige G r u n d steuer als W e r b u n g s k o s t e n abziehen, falls das H a u s in dieser Zeit nicht b e w o h n b a r ist. D e r W e r b u n g s k o s t e n a b z u g ist aber unzulässig, wenn der Steuerpflichtige ein 167 168

170

U. v. 28.10.1980 VIII R 105/77, BStBl. 1981 II S.212. Zu Recht a. A. FG Münster v. 15.11.1973 II—VII 1358/72 E, EFG 1974, 198; Heuer/Raupach, § 7 b Anm. 174. FG Düsseldorf v. 14.10.1981 X V 294/77 E, EFG 1982, 296. U. v. 30.1.1979 VIII R 130/74, BStBl. 1979 II S.431.

Herrmann/

385 25

Tiedtke, Einkommensteuer

§22

VI 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

von ihm bisher bewohntes Gebäude leer stehen läßt, um es zu verkaufen 171 ; in diesem Fall dienen die Aufwendungen nicht der Erzielung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen; der Steuerpflichtige hat die Absicht, Einnahmen zu erzielen, vielmehr aufgegeben. Für selbstgenutzte Häuser und Eigentumswohnungen, für die der Antrag auf Baugenehmigung nach dem 30.9.1982 gestellt oder, falls dies vorher geschehen ist, bei denen mit den Bauarbeiten nach dem 30.9.1982 begonnen 172 worden ist, gilt für den Bauherrn und den Erwerber, der das Objekt bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat (vorübergehend) nach §21 a Abs. 4 EStG etwas Besonderes. Für solche Objekte kann der Steuerpflichtige, wenn er sie vor dem 1.1.1987 hergestellt oder angeschafft hat, im Jahr der Herstellung oder Anschaffung und in den beiden folgenden Jahren, also drei Jahre lang, Schuldzinsen (nicht aber die A f A nach § 7 Abs. 5 EStG) über den Grundbetrag nach § 21 a Abs. 1 EStG hinaus bis zu jährlich 10 000,— D M als Werbungskosten geltend machen. Beträgt der maßgebliche Einheitswert eines Einfamilienhauses 140 000,— D M und zahlt der Steuerpflichtige 1983 20 000,— D M Schuldzinsen, so darf er sie in folgender Höhe abziehen: 1 % von 140 000,—DM = 1 400,—DM (§21 a Abs. 3 Nr. 1 EStG) + 10 000,—DM (§ 21 a Abs. 4 EStG) insgesamt 11 400,— DM Ein Steuerpflichtiger, der ein derart begünstigtes Objekt erst zum Ende eines Jahres herstellt oder anschafft, hat vielfach in diesem Jahr nicht so hohe Schuldzinsen, daß er den zusätzlich vorgesehenen Höchstbetrag (von 10 000,— D M ) ausschöpfen kann. Ubersteigen die Schuldzinsen zwar den Höchstbetrag, entfallen sie aber auf die Zeit vor der Bezugsfertigkeit, ist er berechtigt, sie ohnehin unbegrenzt abzusetzen. Der Höchstbetrag des §21 a Abs. 4 EStG wird daher insoweit nicht berührt. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber in §21 a Abs. 4 S. 2 EStG Rechnung getragen. Danach ist es zulässig, den Schuldzinsenabzug im dritten auf das Jahr der Herstellung folgenden Kalenderjahr insoweit nachzuholen, als der Höchstbetrag im Erstjahr nicht in Anspruch genommen worden ist. Dies gilt allerdings nur für die Schuldzinsen, die der Steuerpflichtige in diesem, also dem vierten Jahr, tatsächlich leistet. Ausbauten und Erweiterungen werden durch die neue Regelung gleichfalls begünstigt, § 21 a Abs. 4 S. 5 EStG. Die mehrfache Inanspruchnahme des Höchstbetrages (bei abschnittsweiser Errichtung eines Gebäudes) ist jedoch nicht zulässig, § 2 1 a Abs. 4 S. 7 EStG.

171

172

F G Berlin v. 1 . 2 . 1 9 8 0 III 147—148/79, EFG 1980, 508; Niedersächsisches F G v. 1 6 . 1 . 1 9 8 1 IX 105/77, EFG 1981, 446. Vgl. dazu BFH v. 7 . 3 . 1 9 8 0 III R 45/78, BStBl. 1980 II S . 4 1 1 , 412.

386

§22

Werbungskosten

c) Werbungskosten

bei

VI 3

Bauherrenmodellen

V o n einem Bauherrenmodell spricht man, wenn sich mehrere Kapitalanleger zur E r r i c h t u n g eines Gebäudes zusammenschließen, um es nach der Errichtung in E i g e n t u m s w o h n u n g e n aufzuteilen. D i e Bauherrenmodelle sind nicht einheitlich 1 7 5 . Schließen sich die Bauherren zu einer Innengesellschaft in der F o r m der B G B Gesellschaft zusammen, bezeichnet man diese Gestaltung als K ö l n e r Modell 1 7 '. B e i m H a m b u r g e r M o d e l l gründen die Kapitalanleger eine Kommanditgesellschaft. A m häufigsten ist (beim großen Bauherrenmodell) die folgende Vertragsgestaltung: J e d e r einzelne Bauherr schließt mit einem Treuhänder einen Treuhandvertrag, in dem er ihn beauftragt und bevollmächtigt, in seinem N a m e n einen G r u n d s t ü c k s a n teil zu erwerben, den Gesellschaftsvertrag mit den anderen Bauherren und die z u m B a u eines bestimmten O b j e k t e s erforderlichen Verträge abzuschließen. Vergibt der T r e u h ä n d e r die Bauarbeiten, geschieht dies im N a m e n und für R e c h n u n g der Bauherrn. Diese und nicht der Treuhänder werden Vertragspartner der Bauhandwerker. D a s gilt auch dann, wenn es sich um ein umfangreiches Bauvorhaben handelt 175 . D e r einzelne Bauherr haftet in der Regel entgegen § 4 2 7 B G B aber nicht für die gesamten Herstellungskosten, sondern nur anteilig, gleichviel, worauf sich die jeweiligen Werkleistungen beziehen, welchen U m f a n g sie haben und wie begütert der einzelne B a u h e r r ist 176 . D e r steuerliche Z w e c k , der mit den verschiedenen Bauherrenmodellen verfolgt wird, besteht darin, den E r w e r b von Immobilien durch den Einsatz von ersparten Steuern zu finanzieren. D a s gilt einmal für das notwendige Eigenkapital und z u m anderen für die später laufend zu leistenden Zinszahlungen. Diese werden aus den Mieteinnahmen und den Steuerersparnissen aufgebracht, die sich ergeben, weil der Kapitalanleger die hohen Finanzierungsaufwendungen als Werbungskosten absetzen kann. D i e Möglichkeit, laufende Finanzierungskosten steuermindernd zu berücksichtigen, folgt nicht aus der Konstruktion des Bauherrenmodells. Sie besteht für jeden Eigentümer eines vermieteten Gebäudes. D e r eigentliche Z w e c k des Bauherrenmodells besteht daher in der Finanzierung des erforderlichen Eigenkapitals durch den Einsatz von ersparten Steuern. U m dieses Ziel zu erreichen, ist es erforderlich, möglichst hohe vorweggenommene Werbungskosten zu verursachen. Dies geschieht dadurch, daß W e r b u n g s k o s t e n , die grundsätzlich auf viele J a h r e zu verteilen sind, vorgezogen werden, also z. B . anstelle einer hohen laufenden V e r z i n sung eines Baudarlehns ein hohes D a m n u m vereinbart wird. Diese Möglichkeit besteht allerdings nicht mehr, wenn (ab 1984) der geplante § 11 A b s . 3 E S t G (vgl. B R - D r u c k s . 3 0 3 / 8 3 , S. 5) in Kraft getreten sein wird. Vielfach erhöhen sich die W e r b u n g s k o s t e n durch die Vereinbarung von Treuhandgebühren für zwischengeschaltete Treuhandgesellschaften. E s entstehen G e b ü h r e n für die Zwischen- und 173 174 175

176

Zu den verschiedenen Vertragskonstruktionen vgl. Maser, NJW 1980, 961 ff. Vgl. dazu Quast/Wollny, FR 1981, 264 ff. BGH v. 17.1.1980 VII ZR 42/78, NJW 1980, 992 mit Anmerkung von Crezelius, 1981, 494 ff. B G H v. 18.6.1979 VII ZR 187/78, BGHZ 75, 26.

JuS

387 25*

§22

VI 3

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

Endfinanzierung, für die Bearbeitung und Auszahlung des Darlehens, für die Vermittlung und Beratung. Schließlich wird versucht, zeitanteilig abschreibbare Herstellungskosten in sofort abzugsfähige Werbungskosten umzuwandeln. Allen diesen Bemühungen stehen die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung ablehnend gegenüber. Da die steuerlichen Vorteile, die ein Bauherrenmodell bietet, nur dem Bauherren zugute kommen, sind Rechtsprechung und Finanzverwaltung bemüht, den Bauherrenbegriff eng auszulegen. Sie sind der Auffassung, Bauherr sei, „wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen läßt und das Baugeschehen beherrscht. Der Bauherr muß das umfassend zu verstehende Bauherrenwagnis tragen, d. h. wirtschaftlich das für die Durchführung des Bauvorhabens auf seinem Grundstück typische Risiko tragen sowie rechtlich und tatsächlich die Planung und Ausführung in der Hand haben" 177 . Diese Voraussetzungen können bei Beginn der Bautätigkeit oder danach vorliegen. Tritt ein Steuerpflichtiger einem Bauvorhaben erst nach Beginn der Bautätigkeit bei, ist er hinsichtlich des schon erstellten Teils nicht als Bauherr, sondern als Erwerber anzusehen. In bezug auf den noch nicht fertiggestellten Teil des Bauvorhabens ist er Bauherr, falls er das Restbauherrenwagnis trägt und tatsächlich und rechtlich auf das Baugeschehen noch einen wesentlichen Einfluß nehmen kann. Es reicht nicht, wenn er Sonderwünsche nur in einem Umfange durchsetzen darf, der das Maß der Einflußnahme eines Mieters auf die Innengestaltung einer Wohnung nicht überschreitet. Liegen die Voraussetzungen für die Bauherreneigenschaft vor, stellt sich die Frage, in welchem Umfange der Steuerpflichtige berechtigt ist, die von ihm aufzubringenden Aufwendungen als Werbungskosten abzusetzen. Hierbei sind vier Fallgruppen' 78 zu unterscheiden. Die Aufwendungen sind vom Abzug ganz ausgeschlossen, wenn sie durch keine Einkunftsart veranlaßt sind. Dazu sollen Zahlungen für die Unterstützung des Treuhänders bei der Beantragung von Steuervergünstigungen und Gebührenbefreiungen beim Grunderwerb gehören. Keine Werbungskosten stellen die Aufwendungen für die Anschaffung des Grund und Bodens dar, also die Entgeltanteile für die Regelung der eigentums- und bauplanungsrechtlichen Verhältnisse an dem Grundstück und den Abschluß von Erschließungs- und Versorgungsverträgen. Aufwendungen, die zu den Herstellungskosten des Gebäudes gehören, können allenfalls zeitanteilig, nicht aber sofort abgezogen werden. Hierzu zählen unter anderem die Entgeltanteile für die Vertretung der Bauherren gegenüber Behörden und den an der Herstellung des Baues Beteiligten, für kaufmännische Leistungen des Treuhänders und für die Verwaltung im Herstellungsbereich, wie z . B . die Aufstellung von Geldbedarfs- und Zahlungsplänen. 177

Bauherrenerlaß vom 1 3 . 8 . 1 9 8 1 , BStBl. 1981 I S . 6 0 4 ; zum Bauherrenbegriff vgl. außerdem § 1 5 E S t D V ; B F H v. 2 2 . 4 . 1 9 8 0 VIII R 1 4 9 / 7 5 , BStBl. 1980 II S . 4 4 1 ; Görlich, B B 1981,

178

Vgl. B F H v. 2 2 . 4 . 1 9 8 0 VIII R 1 4 9 / 7 5 , BStBl. 1980 II S . 4 4 1 .

1451 ff.-Jehner, BB 1981, 921 ff.

388

Werbungskosten

§22

VI 4

Nur soweit die Aufwendungen nicht in eine der ersten drei Gruppen fallen, sind sofort abzugsfähige Werbungskosten gegeben. Dazu gehören vor allem Versicherungsbeiträge und Finanzierungskosten, aber auch Bürgschafts- und Garantieprovisionen sowie Aufwendungen für die Wirtschaftlichkeitsberechnung, soweit diese den Finanzierungszwecken zu dienen bestimmt ist. Die steuerrechtliche Behandlung der Aufwendungen des Bauherren hängt somit davon ab, durch welche Leistungen des Baubetreuers sie entstanden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Aufwendungen vom Baubetreuer als Werbungskosten bezeichnet werden. Entscheidend ist vielmehr der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt der erbrachten Leistungen. Hat der Bauherr eine pauschale Vergütung geleistet, muß er diese in nachprüfbarer Weise auf die jeweiligen Leistungen aufteilen. In welche der vier Gruppen die einzelnen Aufwendungen fallen, ergibt sich im einzelnen aus dem Bauherrenerlaß vom 13. 8.1981 1 7 '. Nach alledem ist die Beteiligung an einem Bauherrenmodell mit vielen Unsicherheiten verbunden. In der Regel wird das Ziel, das erforderliche Eigenkapital aus ersparten Steuergeldern aufzubringen, nicht erreicht. Die der Berechnung zugrundegelegten sofort abzugsfähigen Werbungskosten sind vielfach überhöht ausgewiesen und werden von der Finanzverwaltung nicht anerkannt. Beschreitet der Steuerpflichtige den Rechtsweg, dauert es Jahre, bis er eine Entscheidung bekommt. Die Steuerersparnis steht ihm also nicht zur Verfügung, um das erforderliche Eigenkapital aufzubringen. Überdies entstehen ihm durch die Einschaltung zahlreicher Betreuungs- und Beratungsgesellschaften überflüssige Kosten. Schließlich ist zu beachten, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell nicht mehr notwendig ist, um die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5 E S t G in Anspruch nehmen zu können. Diese steht nunmehr auch einem Steuerpflichtigen zu, der ein Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung anschafft (Ersterwerber).

4. Bei sonstigen Einkünften Einen Werbungskostenpauschbetrag gibt es gemäß § 9 a Abs. 1 N r . 3 E S t G lediglich für die Einnahmen i. S. d. § 22 N r . 1 und Nr. 1 a E S t G , also für wiederkehrende Bezüge und Unterhaltsleistungen. Er beträgt 2 0 0 , — D M . Im übrigen sind die Werbungskosten stets nachzuweisen. Bei den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen gehören Rechtsberatungsund Prozeßkosten, die der Sicherung und Erhaltung der Rentenbezüge dienen, zu den Werbungskosten. Das gilt insbesondere für Aufwendungen, die zur Durchsetzung des Rentenanspruchs oder zur Anpassung der Bezüge gemäß §323 Z P O erforderlich waren. Zu den Werbungskosten zählen aber auch Ausgaben für einen Rentenberater und, wie der BFH 1 8 0 entschieden hat, Schuldzinsen für einen Kredit

' BStBl. 1981 I S.604; vgl. dazu Eggesiecker/Eisenach/Schürner, mann, BB 1981, 1703 ff. 180 U. v. 21.7.1981 VIII R 32/80, BStBl. 1982 II S.41. ,7

FR 1981, 537ff.; Stuhr-

389

§23

2. Teil. 4. Kapitel. Ermittlung der Einkünfte

zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur Angestelltenversicherung. Das gleiche gilt für Kosten, die bei der Begründung des Rentenstammrechts entstehen (Notariatskosten). A f A auf das Rentenstammrecht, bei dem durch Zeitablauf ein Wertverzehr eintritt, sind nach allgemeiner zutreffender Ansicht 181 nicht abzugsfähig. Der allgemeine Kapitalverzehr wird bereits dadurch berücksichtigt, daß nur der Ertraganteil der Rente versteuert wird. Bei einem Spekulationsgeschäft (§ 22 Nr. 2, § 23 EStG) sind alle Aufwendungen Werbungskosten, die im Zusammenhang mit der Veräußerung des Wirtschaftsgutes anfallen, also Vermittlungsprovisionen, Notariats- und Reklamekosten. Das gleiche gilt für Schuldzinsen, die der Steuerpflichtige zahlt, weil er den veräußerten Gegenstand auf Kredit angeschafft hat. Erzielt er Einnahmen aus Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG, kann er alle Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen, die mit diesen Einnahmen im Zusammenhang stehen. Vermietet er einzelne bewegliche Gegenstände oder führt er gelegentliche Vermittlungen aus, so sind Abschreibungen auf das vermietete Wirtschaftsgut, Reparatur- und Reisekosten bis zur Höhe der Einnahmen abzugsfähig 182 . Erhält ein Abgeordneter zur Abgeltung des durch das Mandat veranlaßten Aufwandes eine Aufwandsentschädigung, sind alle Aufwendungen vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Das gilt auch für Partei- und Fraktionsbeiträge, die allerdings im Rahmen des § 10 b Abs. 2 EStG als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. § 22 N r . 4 S.2 EStG geht damit über das Abzugsverbot des § 3 c EStG hinaus. Er verbietet den Werbungskostenabzug generell, während nach § 3 c EStG nur Ausgaben vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind, „soweit" sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Auch Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im Bundestag, im Europäischen Parlament oder im Parlament eines Landes dürfen nicht als Werbungskosten abgezogen werden, § 22 Nr. 4 S. 3 EStG. Diese Bestimmung findet keine Anwendung für Aufwendungen eines Steuerpflichtigen, mit denen er seine Wahl in ein hauptberufliches kommunales Spitzenamt betreibt, das mit steuerpflichtigen Einnahmen verbunden ist. Derartige Wahlkampfkosten sind also abzugsfähig 183 . Dagegen gehören vergebliche Wahlkampfkosten für ein ehrenamtliches Stadtratsmandat zu den nichtabzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung" 4 .

181

182 185 184

Vgl. Blümich/Falk, §22 Anm. III 4; Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 Anm. 120; Schmidt/ Drenseck, §22 Anm. 27 m.w. N.; a. A. Brockhoff in Lademann/Söffing/Brockhoff, §22 Anm. 18. Vgl. Biergans, S. 622. BFH v. 8 . 3 . 1 9 7 4 VI R 198/71, BStBl. 1974 II S.407. FG Nürnberg v. 1 9 . 1 1 . 1 9 8 1 V 21/81, EFG 1982, 233; vgl. aber auch Verfügung der OFD Nürnberg vom 2 0 . 3 . 1 9 8 1 , S 2144 — 139/St 21, Karte 6.1 EStG-Kartei zu § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

390

Verlustausgleich

§23

§ 23 Gesetzliche Freibeträge und Freigrenzen Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kommen drei Freibeträge in Betracht. Gemäß §19 Abs. 2 EStG sind 4 0 % der Versorgungsbezüge, höchstens jedoch 4800,— DM im Veranlagungszeitraum, steuerfrei (Versorgungs-Freibetrag). §19 Abs. 3 EStG regelt den Weihnachts-Freibetrag. Er steht jedem Arbeitnehmer in Höhe von 600,— D M zu, und zwar auch dann, wenn er vom Arbeitgeber kein Weihnachtsgeld erhält und nicht während des ganzen Jahres in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat. Nach §19 Abs. 4 EStG erhält jeder Arbeitnehmer einen Arbeitnehmer-Freibetrag in Höhe von jährlich 480,— DM. Er ist auch dann in voller Höhe zu berücksichtigen, falls der Arbeitnehmer nicht während des ganzen Kalenderjahres gearbeitet hat. Dieser Freibetrag soll die Nachteile ausgleichen, die dadurch eintreten, daß ein Arbeitnehmer im Gegensatz zu selbständig Tätigen durch den Lohnsteuerabzug seine Steuer jeweils zeitnah entrichten muß. Alle drei Freibeträge kommen einem Steuerpflichtigen nebeneinander zugute. Zunächst ist, sofern Versorgungsbezüge vorliegen, der Versorgungs-Freibetrag, dann der Weihnachts- und schließlich der Arbeitnehmer-Freibetrag abzuziehen. Negative Einkünfte dürfen sich durch den Abzug allerdings nicht ergeben, § 19 Abs. 5 EStG. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach Abzug der Werbungskosten ein Sparer-Freibetrag in Höhe von 300,— DM abzusetzen, §20 Abs. 4 EStG. Er soll die Spartätigkeit fördern und einen Ausgleich für die inflationär bedingte Geldwertminderung schaffen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten wird der Sparer-Freibetrag verdoppelt. Ihnen steht ein gemeinsamer Sparer-Freibetrag in Höhe von 600,— DM zu, der bei der Einkunftsermittlung bei jedem von ihnen in Höhe von 300,— DM zu berücksichtigen ist. Der nicht ausgenutzte Teil des Freibetrages eines Ehegatten kann auf den anderen übertragen werden. Hat also die Ehefrau Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 150,— DM, so verbraucht sie den Sparer-Freibetrag nur zur Hälfte. Die andere Hälfte kommt dem Ehemann zugute, der dann einen Sparer-Freibetrag in Höhe von 450,— DM hat. Das gilt aber nur, wenn ihm Einkünfte aus Kapitalvermögen in mindestens gleicher Höhe zufließen; auch der Sparer-Freibetrag darf nicht zu negativen Einkünften führen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sieht das Gesetz keine Freibeträge vor. Auch bei den sonstigen Einkünften gibt es keine Freibeträge. Das Gesetz gewährt aber Freigrenzen. Gemäß §22 Nr. 3 S.2 EStG bleiben Einkünfte aus Leistungen von weniger als 500,— D M im Kalenderjahr steuerfrei, und nach §23 Abs.4 S.2 EStG sind Spekulationsgewinne nicht zu versteuern, soweit sie im Kalenderjahr weniger als 1000,— D M betragen. Ubersteigen die Einkünfte die Freigrenzen, sind sie in vollem Umfange steuerpflichtig, Einkünfte i.S. d. §22 Nr. 3 EStG von 500,—DM oder mehr und Spekulationsgewinne von 1000,— DM oder mehr sind also zu versteuern. Allerdings können die Freigrenzen bei einem Spekulationsgewinn, der dem Steuerpflichtigen in Raten über mehrere Jahre zufließt, in jedem Jahr erneut in Anspruch genommen werden. 391

§24

I

2. Teil. 5. Kapitel. Summe der Einkünfte

FÜNFTES KAPITEL Summe der Einkünfte § 24 Verlustausgleich Die Summe der Einkünfte ergibt sich aus der Addition der Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten, § 2 Abs. 3 E S t G . Hat ein Steuerpflichtiger nur Einkünfte aus einer Einkunftsart, entspricht die Summe der Einkünfte diesen Einkünften. Ein Steuerpflichtiger kann jedoch auch Einkünfte aus mehreren oder aus allen sieben Einkunftsarten erzielen. Sind alle Einkünfte positiv, werden sie addiert. Sind negative Einkünfte dabei, werden sie von den positiven abgezogen. Es sind also negative Einkünfte einer Einkunftsart mit positiven einer anderen Einkunftsart zu saldieren. Dieses Verfahren bezeichnet man als Verlustausgleich, der in § 2 Abs. 2 S. 1 E S t G in den Fassungen vor dem Einkommensteuerreformgesetz ( E S t R G ) vom 5 . 8 . 1 9 7 4 ' ausdrücklich gesetzlich geregelt war. Die Gesetzesänderung, die diese Formulierung beseitigte, ist ausschließlich redaktioneller Art gewesen, die Zulässigkeit des Verlustausgleichs wird von ihr nicht berührt. Sie folgt heute aus § 2 Abs. 3 E S t G , der bestimmt, daß nach der Ermittlung der einzelnen Einkünfte die Summe der Einkünfte zu bilden ist. Diese Verfahrensweise schließt den Verlustausgleich ein. D e r Verlustausgleich ist vom Verlustabzug i. S. d. § 10 d E S t G zu unterscheiden, bei dem der Verlust eines Jahres in anderen Jahren berücksichtigt wird (Verlustvoroder -rücktrag). Beim Verlustausgleich können die negativen Einkünfte dagegen lediglich innerhalb desselben Veranlagungszeitraumes mit positiven Einkünften ausgeglichen werden.

I. Horizontaler und vertikaler Verlustausgleich Beim Verlustausgleich sind zwei Fälle zu unterscheiden. Als vertikalen Verlustausgleich bezeichnet man die Verrechnung negativer Einkünfte einer Einkunftsart mit positiven Einkünften einer anderen Einkunftsart. Erzielt ein Steuerpflichtiger positive Einkünfte aus selbständiger Arbeit i . H . v . 120 0 0 0 , — D M und aus Kapitalvermögen i. H . v. 10 0 0 0 , — D M sowie negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i . H . v . 30 0 0 0 , — D M , beträgt die Summe der Einkünfte nach Durchführung des vertikalen Verlustausgleichs 100 0 0 0 , — D M . Bevor ein (vertikaler) Verlustausgleich durchgeführt werden kann, ist es erforderlich, positive und negative Ergebnisse innerhalb derselben Einkunftsart zu verrechnen. Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Gewerbebetriebe oder mehrere Gebäude, so sind zunächst die Einkünfte für jede einzelne Quelle derselben Einkunftsart zu ermitteln. Anschließend muß er die Einzelergebnisse addieren. Sind sie teilweise negativ oder positiv, werden sie ausgeglichen. Dieses Verfahren wird 1

2

BGBl. I S. 1769 = BStBl. 1974 I S.530, 531.

Vgl. Biergans, S. 751; Jakob, Anm. 15; Tipke, S. 153.

392

Steuern von Einkommen I, 1980, S. 79; Schmidt/Seeger,

§2

§ 2 4

Verlustausgleich

II

vielfach 2 als interner oder horizontaler Verlustausgleich bezeichnet. Beim Ausgleich positiver und negativer Ergebnisse verschiedener Einkunftsquellen innerhalb der gleichen Einkunftsart geht es um die Ermittlung der Einkünfte. Daher sollte man hier nicht von einem Verlustausgleich sprechen 3 . Der Verlustausgleich setzt voraus, daß die Einkünfte der einzelnen Einkunftsarten bereits feststehen. Die Einkunftsermittlung der einzelnen Einkunftsarten ist daher grundsätzlich vorrangig.

II. Besonderheiten bei außerordentlichen Einkünften Ausnahmsweise kann der Verlustausgleich vor der Ermittlung des Ergebnisses einer Einkunftsart durchgeführt werden. Dies gilt dann, wenn der Steuerpflichtige auch außerordentliche Einkünfte erzielt hat, die nach §34 EStG steuerbegünstigt sind 4 . In diesem Falle ist der Verlustausgleich zunächst so vorzunehmen, wie wenn der Steuerpflichtige keine außerordentlichen Einkünfte erwirtschaftet hätte. Bleiben nach diesem Verlustausgleich, der sich auf nicht begünstigte Einkünfte beschränkt, negative Einkünfte übrig, ist also die Summe der nicht begünstigten Einkünfte negativ, so kürzt sie erst dann die außerordentlichen Einkünfte. Auf diese Weise wird gewährleistet, daß die Tarifvergünstigung für die außerordentlichen Einkünfte in möglichst großem U m f a n g dem Steuerpflichtigen zugute kommt. Beispiel: A hat im Jahr Ol einen Verlust aus Gewerbebetrieb i. H . v . 50 000,— D M . A m Ende des Jahres verkauft er den Betrieb und erzielt einen begünstigten Veräußerungsgewinn i. H . v. 80 000,— D M (§ 16 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Seine Einkünfte aus Kapitalvermögen betragen 10 000,— D M . Verlustausgleich aufgrund der Ausnahmeregelung nach Abschnitt 197 Abs. 1 EStR: Nicht begünstigte Einkünfte nach § 15 EStG Einkünfte nach § 20 EStG

X 50 000,— D M

Summe der nicht begünstigten Einkünfte Verrechnung mit dem begünstigten Veräußerungsgewinn Summe der (tarifbegünstigten) Einkünfte

X 40 000,— D M + 80 000,— D M + 40 000,— D M

Ohne die Ausnahmeregelung hätte der Steuerpflichtige nur 30 000,— D M tarifbegünstigte Einkünfte (aus Gewerbebetrieb). Die Einkünfte aus Kapitalvermögen i . H . v . 10 000,— D M müßte er zum vollen Steuersatz versteuern: Einkünfte aus Gewerbebetrieb (laufende) (Veräußerung) Tarifbegünstigte Einkünfte

X 50 0 0 0 , — D M + 80 0 0 0 , — D M + 30 0 0 0 , — D M

Einkünfte nach § 20 EStG (nicht begünstigt)

+ 10 000,— D M

Vgl. Hermann/Heuer/Raupach,

§2 Anm. 10.

Vgl. Abschnitt 197 Abs. 1 EStR m. w. N . 393

§24

III 3

2. Teil. 5. Kapitel. Summe der Einkünfte

Sanierungsgewinne mindern den ausgleichsfähigen Verlust allerdings nicht5. Sie sind gemäß § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei. Diese Steuerfreiheit würde dem Steuerpflichtigen genommen, wenn man den Sanierungsgewinn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraumes verrechnete. Nach der Rechtsprechung des BFH 6 soll ein steuerfreier Sanierungsgewinn aber nur vorliegen, falls der Schulderlaß das sanierungsbedürftige Unternehmen vor dem Zusammenbruch bewahrt und seine Ertragsfähigkeit wiederherstellt.

III. Ausschluß des Verlustausgleichs 1. Verluste aus Liebhaberei Verluste, die zu keiner Einkunftsart gehören, sind vom Verlustausgleich ausgeschlossen. Das gilt für die Verluste aus Liebhabereibetrieben. Da die Einnahmen nicht erfaßt werden, müssen auch die Verluste außer Betracht bleiben7. 2. Verluste im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen Verluste, die zwar unter eine Einkunftsart fallen, aber im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, können nicht mit positiven Einkünften einer anderen Einkunftsart ausgeglichen werden. Dies gilt z.B. für betriebliche Verluste, die in der D D R entstanden sind', weil gemäß § 3 Nr. 63 EStG auch positive Einkünfte, wenn sie in der D D R erzielt worden sind, steuerfrei bleiben. 3. Ausländische Verluste Ausländische Verluste, die in einem Staat entstehen, mit dem für die betreffende Einkunftsart in einem Doppelbesteuerungsabkommen die Freistellungsmethode 9 vereinbart ist, sind vom Verlustausgleich ausgeschlossen. Liegt dem Doppelbesteuerungsabkommen nicht die Freistellungs-, sondern die Anrechnungsmethode 10 zugrunde oder besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen (z. B. mit den Bahamas, Bermudas, Monaco), konnten Verluste aus diesen Staaten bis zur Einführung des §2 a EStG (durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983") uneingeschränkt mit positiven inländischen Einkünften ausgeglichen werden. Nach § 2 a Abs.2 EStG ist der Verlustausgleich nur dann zugelassen, wenn die negativen Einkünfte aus einer werbenden gewerblichen Tätigkeit im Ausland stammen. Es ist also erforderlich, daß der Steuerpflichtige im Ausland aktiv tätig wird; es genügt allerdings nicht, wenn er Leistungen erbringt, die dem Fremdenverkehr 5

Vgl. B F H v. 15.7.1968 GrS 2/67, BStBl. 1968 II S.666; B F H v. 27.9.1968 VI R 41/66, BStBl. 1969 II S. 102. 6 U . v. 2 5 . 2 . 1 9 7 2 VIII R 30/66, BStBl. 1972 II S.531. 7 Vgl. dazu oben § 5 IV 1, S. 68 ff. 8 Vgl. B F H v. 2 3 . 6 . 1 9 7 6 I R 165/74, BStBl. 1976 II S.676. ' Vgl. dazu oben § 2 I 4 a bb, S. 13 f. 10 Vgl. dazu oben § 2 I 4 a aa, S. 12 f. 11 V o m 20.12.1982, BGBl. I S. 1857 = BStBl. 1982 I S.972. 394

Verlustausgleich

§24

III 4

dienen oder die sich in der Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern einschließlich der Überlassung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen erschöpfen. Im übrigen wird der Verlustausgleich auf ausländische Einkünfte jeweils derselben Einkunftsart aus demselben Staat beschränkt, § 2 a Abs. 1 EStG. Ein Steuerpflichtiger kann also Verluste aus Vermietung und Verpachtung, die ihm z . B . in Spanien entstanden sind, mit positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus einem anderen spanischen Mietobjekt ausgleichen. Es ist aber unzulässig, negative Einkünfte aus dem Staat A mit positiven Einkünften aus dem Staate B oder positiven Einkünften einer anderen Einkunftsart im Staate A zu verrechnen. 4. Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung Nach §15 A b s . 2 (ab 1984: §15 Abs.3) EStG dürfen Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung weder bei der Einkunftsermittlung mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch beim Verlustausgleich mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Derartige Verluste kann der Steuerpflichtige auch nicht beim Verlustabzug nach § 10 d EStG abziehen. Sie sind im gleichen Veranlagungszeitraum nur ausgleichsfähig mit Gewinnen, die er oder sein Ehegatte aus einem weiteren Unternehmen der gewerblichen Tierzucht oder Tierhaltung erwirtschaftet. Unterhält er lediglich einen Betrieb, kann er gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 (Abs. 3) EStG einen aus diesem Betrieb entstandenen Verlust in entsprechender Anwendung des § 10 d EStG bei der Gewinnermittlung dieses Betriebes mit Gewinnen ausgleichen, die er im vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den fünf folgenden Wirtschaftsjahren erzielt hat oder erzielt. §15 A b s . 2 (3) EStG, der dem früheren § 2 a EStG entspricht, verbietet den Verlustausgleich und -abzug, um aus Gründen der Wettbewerbsverzerrung zu verhindern, daß Buchverluste, die durch die Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit nach §6 Abs. 2 E S t G entstehen, mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden können 12 . Der Wille des Gesetzgebers, lediglich den Ausgleich von Abschreibungsverlusten zu verbieten, kommt in §15 Abs. 2 (3) EStG nicht zum Ausdruck. Diese Bestimmung spricht von Verlusten, ohne nach der Art ihrer Entstehung zu unterscheiden. Der BFH 1 3 hat deshalb entschieden, sämtliche Verluste, also auch die echten Betriebsverluste aus der gewerblichen Tierzucht oder -haltung, seien vom Ausgleich mit anderen Einkünften ausgeschlossen. Diese Auffassung widerspricht dem gesetzgeberischen Willen. §15 Abs. 2 (3) E S t G ist daher, wie der VI. Senat des F G Münster 11 zutreffend angenommen hatte, im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, daß nur Abschreibungsverluste, nicht aber echte betriebswirt12

13

14

Vgl. Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses des deutschen Bundestages, BT-Drucks. VI/2350. U . v. 5 . 2 . 1 9 8 1 IV R 163/77, BStBl. 1981 II S.359; vgl. auch F G Münster v. 2 4 . 9 . 1 9 8 0 II 1824/76 E, E F G 1981, 244 m . w . N . U . v. 3 0 . 8 . 1 9 7 7 VI 598/76 E, E F G 1978, 11. 395

§24

III 5

2. Teil. 5. Kapitel. Summe der Einkünfte

schaftliche Verluste unter diese Vorschrift fallen. N u r diese Ansicht entspricht, worauf Schütte/Freese" zu Recht hinweisen, den Erfordernissen der sich gewandelten landwirtschaftlichen Betriebe. „Diese haben sich", führen sie aus, „in den vergangenen Jahren vielfach innerhalb der Tierhaltung spezialisiert und erzielen wegen der engen Grenzen des § 13 E S t G immer häufiger Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Gerade diese Betriebe sowie die im Nebenerwerb tätigen Tierhalter sind am stärksten durch das Verlustausgleichsverbot betroffen. Dies gilt um so mehr, als die im großen Stil tätig gewesenen Abschreibungsgesellschaften der tierischen Veredlungsproduktion bereits kurze Zeit nach Inkrafttreten des § 2 a E S t G 1971" ihre Tätigkeit eingestellt haben." § 1 5 Abs. 2 (3) EStG wird damit in sein Gegenteil verkehrt. Er sollte die Landwirtschaft vor Beeinträchtigungen schützen, nunmehr beeinträchtigt er die Landwirtschaft. 5. Verluste aus Beteiligungen Nach der bisherigen Rechtslage 17 konnte ein Kommanditist aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft (in der Regel eine Abschreibungs- oder Verlustzuweisungsgesellschaft) auf ihn entfallende Verluste auch dann mit anderen positiven Einkünften ausgleichen, wenn sie seine Einlage überstiegen, also zu einem negativen Kapitalkonto führten. Wurde die Kommanditgesellschaft veräußert oder ihr Betrieb aufgegeben und fiel damit das negative Kapitalkonto weg, ergab sich für den Kommanditisten in Höhe des negativen Kapitalkontos ein steuerpflichtiger Gewinn". Dieser Rechtszustand hat sich nunmehr, soweit es um den Verlustausgleich geht, geändert. Durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 2 0 . 8 . 1 9 8 0 " wurde § 15 a E S t G eingeführt 20 . Er richtet sich gegen die Tätigkeit von Verlustzuweisungsgesellschaften und schließt den Ausgleich von Verlusten aus, soweit diese ein negatives Kapitalkonto begründen oder erhöhen. Er verbietet auch den Verlustabzug. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, den Verlustausgleich dem Haftungsumfang anzupassen. Ein Kommanditist haftet, falls er seine Einlage erbracht hat, den Gläubigern der Gesellschaft nicht mehr persönlich und unmittelbar, § 171 Abs. 1, 2. HS H G B . Er kann allenfalls, wenn die Gesellschaft in Anspruch genommen wird, seine Einlage verlieren. Wird sein Kapitalkonto negativ, braucht er es nicht auszugleichen. Ein Verlust der Gesellschaft belastet ihn somit nur in Höhe seiner Einlage. Es ist daher sachgerecht, wenn § 15 a Abs. 1 S. 1 E S t G den Verlustausgleich auf die von ihm geleistete Einlage beschränkt. Haftet ein Kommanditist gemäß §171 Abs. 1, 1. HS H G B ausnahmsweise den Gläubigern der Gesellschaft unmittelbar, weil er seine Einlage noch nicht oder noch 15

B B 1978, 1410, 1411.

" Gesetz v. 1 . 1 2 . 1 9 7 1 , B G B l . I S. 1881 = BStBl. 1971 I S . 584. 17 Vgl. B F H v. 1 0 . 1 1 . 1 9 8 0 GrS 1/79, BStBl. 1981 II S. 164 m . w . N . 18 A n dieser Regelung hat sich nichts geändert, vgl. § 52 Abs. 2 0 a E S t G . " B G B l . I S. 1545 = BStBl. 1980 I S . 5 8 9 . 20 Z u m Anwendungsbereich vgl. § 5 2 Abs. 20 a EStG, § 15 a BerlinFG. 396

Verlustausgleich

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nicht in voller Höhe geleistet hat, darf er, sofern die Voraussetzungen des § 15 a Abs. 1 S. 3 EStG vorliegen, in Höhe des Differenzbetrages zwischen der tatsächlich geleisteten Einlage und seiner Hafteinlage den auf ihn entfallenden Verlust aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft auch dann mit positiven Einkünften einer anderen Einkunftsart ausgleichen, wenn dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, § 1 5 a Abs. 1 S. 2 EStG. Auch hier entspricht der Verlustausgleich dem Haftungsumfang. Haftet der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern aus anderen Gründen, z. B. aufgrund einer übernommenen Bürgschaft, eines Schuldbeitritts oder aufgrund §172 Abs. 2, § 176 HGB, soll dies keinen erweiterten Verlustausgleich begründen 21 . Das ist inkonsequent und nicht überzeugend 22 , aber offenbar Wille des Gesetzgebers 2 '. Ein Verlust, der unter das Ausgleichsverbot des § 15 a Abs. 1 EStG fällt, bleibt steuerlich nicht unberücksichtigt. Er kann gemäß § 15 a Abs. 2 EStG zeitlich unbegrenzt mit Gewinnen, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung entstehen, verrechnet werden. Aus einem nicht ausgleichsfähigen Verlust wird ein verrechenbarer. Der Kommanditist braucht daher künftige Gewinne solange nicht zu versteuern, bis sein negatives Kapitalkonto ausgeglichen ist. Zu den künftigen Gewinnen gehören die Gewinne aus der Beteiligung an der Kommanditgesellschaft und nach herrschender Meinung 24 auch die Gewinne aus dem Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten. Aus § 1 5 a Abs. 1, 2 EStG ergibt sich somit, daß bei einem Kommanditisten ausgleichsfähige und verrechenbare Verluste zu unterscheiden sind. Ausgleichsfähig sind die Verluste, die im Jahr der Entstehung ausgeglichen oder abgezogen werden können. Solche Verluste darf der Steuerpflichtige nicht zu verrechenbaren Verlusten machen. Dies gilt auch dann, falls er keine positiven Einkünfte zum Ausgleich des Verlustes hat. In diesem Falle kann er sie nur nach § 10 d EStG vor- oder rücktragen". Nach § 15 a Abs. 3 EStG wird der Verlustausgleich rückgängig gemacht, soweit der Kommanditist seine Einlage oder seine unmittelbare Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern vermindert. Diese Regelung ist erforderlich, um zu verhindern, daß durch kurzfristige Einlagen oder kurzfristige Haftungserhöhungen die Höhe des Verlustausgleichs beeinflußt wird. Entsteht oder erhöht sich durch eine Entnahme das negative Kapitalkonto des Kommanditisten, tritt also eine Einlageminderung ein, wird ihm dieser Betrag als Gewinn zugerechnet. Gleichzeitig ergibt sich in dieser Höhe gemäß § 1 5 a Abs. 3 S. 4 EStG ein verrechenbarer Verlust. Der 21 22

23 24

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Vgl. Schmidt, § 15 a Anm. 42 m.w. N. Vgl. Biergans, DStR 1981, 3, 13; Blümich/Falk, § 15a Rz.48; Knobhe-Keuk, §11 a III 3c, S. 257. Vgl. BT-Drucks. 8/3648, S. 17. Vgl. Biergans, DStR 1981, 3, 6; Blümich/Falk, § 15a Rz. 52; Bordewin, BB 1980, 1033; Döllerer, DStR 1981, 19, 22; a.A. Lempenau, StuW 1981, 235, 242. Vgl. Blümich/Falk, § 1 5 a Rz.53; Schmidt, § 1 5 a Anm.29 m.w.N. 397

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2. Teil. 5. Kapitel. Summe der Einkünfte

ausgleichsfähige Verlust verwandelt sich damit in einen verrechenbaren, und der Steuerpflichtige wird so behandelt, wie wenn er von vornherein eine geringere Einlage geleistet und daher den Verlust, den er jetzt verrechnen kann, nicht hätte ausgleichen dürfen. Der Betrag, der dem Kommanditisten hinzugerechnet werden kann, ist der Höhe nach begrenzt. Er darf nicht höher sein als der Anteil am Verlust der KG, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn vorausgegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichsfähig oder abzugsfähig gewesen ist. Eine Gewinnhinzurechnung unterbleibt auch dann, falls durch die Entnahme die Voraussetzungen für den Verlustausgleich nach § 15 a Abs. 1 S. 1 EStG entfallen, der Steuerpflichtige den Verlust aber nach § 15 a Abs. 1 S.2 EStG ausgleichen darf, die Einlageminderung also eine Haftung des Kommanditisten nach §172 Abs. 4, §171 Abs. 1 H G B begründet. In einem solchen Falle ist es nicht gerechtfertigt, den Verlustausgleich rückgängig zu machen; seine Voraussetzungen sind nicht beseitigt, sie haben sich nur verändert. Die gleichen Rechtsfolgen ergeben sich, wenn sich der im Handelsregister eingetragene Haftungsbetrag mindert, § 1 5 a Abs. 3 S. 3 EStG. Dem Kommanditisten ist der Betrag der Haftungsminderung als Gewinn zuzurechnen. Hat er tatsächlich Beträge geleistet, weil die Gesellschaftsgläubiger ihn in Anspruch genommen haben, kürzen diese Zahlungen den ihm zuzurechnenden Gewinn. Der verrechenbare Verlust ist gemäß § 1 5 a Abs. 4 EStG jeweils im Jahre der Verlustentstehung in einem Feststellungsbescheid besonders festzustellen. Der Erlaß dieses Grundlagenbescheides erfolgt durch das für die gesonderte Gewinnfeststellung der Kommanditgesellschaft zuständige Finanzamt. Er ist von dem Kommanditisten nur anfechtbar, soweit sich der verrechenbare Verlust gegenüber den vorangegangenen Wirtschaftsjahren verändert hat, § 1 5 a Abs. 4 S. 4 EStG. Gemäß § 15 a Abs. 1 EStG gilt diese Vorschrift nur für den Kommanditisten. In § 15 a Abs. 5 EStG hat der Gesetzgeber ihre Anwendung auf alle Unternehmer erweitert, deren Haftung der eines Kommanditisten entspricht. Dies ist nach Auffassung des Gesetzes bei einem atypisch stillen Gesellschafter, einem BGBGesellschafter, falls seine Inanspruchnahme ausgeschlossen oder unwahrscheinlich ist, einem Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft, soweit seine Haftung der eines Kommanditisten oder eines stillen Gesellschafters entspricht oder soweit seine Haftung für Betriebsschulden ausgeschlossen oder unwahrscheinlich ist, und bei Unternehmern anzunehmen, die mit haftungslosen Darlehen arbeiten, also mit Verbindlichkeiten, die nur in Abhängigkeit von Erlösen oder Gewinnen aus der Nutzung, Veräußerung oder sonstigen Verwertung von Wirtschaftsgütern zu tilgen sind. § 1 5 a Abs. 5 Nr. 4 EStG soll, wie schon der Darlehnserlaß vom 8 . 5.1978 2 ', sicherstellen, daß haftungslose Darlehen nicht dazu führen, Verluste zu erzeugen, die mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden können. Die Vorschrift ist aber lediglich erforderlich, wenn die Verwendung haftungsloser Darlehen zur Entstehung betrieblicher Verluste führt. Ein 26

BdF-Schreiben v. 8 . 5 . 1 9 7 8 IV B 2 — S 2241 — 97/78, BStBl. 1978 I S.203.

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betrieblicher Verlust kann sich aber nur ergeben, falls ein haftungsloses Darlehen passivierungsfähig ist. Da nach allgemeiner Auffassung 27 die Passivierung von haftungslosen Verbindlichkeiten ausgeschlossen ist, können durch den Einsatz derartiger Verbindlichkeiten keine betrieblichen Verluste entstehen. Die Vorschrift ist daher überflüssig. Nach alledem zeigt sich, daß die Beschränkung des Verlustausgleichs in § 15 a EStG schwer zugänglich ist. Die Vorschrift ist kompliziert, führt teilweise zu merkwürdigen Ergebnissen und zu zahlreichen Streitfragen. Sie ist, heißt es bei Knobbe-Keuk2*, „schlicht eine Mißgeburt". Der Streit über die Auslegung des § 15 a EStG betrifft gerade die zentralen Begriffe dieser Bestimmung. Es ist unklar, welcher „Verlust" vom Verlustausgleich ausgeschlossen ist. Es ist überdies fraglich, was im einzelnen zum „Kapitalkonto" des Kommanditisten gehört, von dem er den ihm zuzurechnenden Anteil am Verlust abziehen darf. Nach allgemeiner Auffassung 2 ' zählen Verluste des Kommanditisten aus seinem Sonderbetriebsvermögen nicht zum „Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft". Sie sind deshalb auch dann ausgleichs- und abzugsfähig, soweit durch sie ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Diese Regelung wird die Gesellschafter veranlassen, ihre Verluste in ihr Sonderbetriebsvermögen zu verlagern. Sondervergütungen, die die Gesellschaft an den Kommanditisten zahlt, weil er bei ihr tätig ist oder ihr Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassen hat, sollen aber, weil sie bei der Gesellschaft als Betriebsausgabe zu behandeln sind, den Verlust der Gesellschaft und damit den Anteil des Kommanditisten an diesem Verlust erhöhen30. Damit wirkt sich das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten doch auf die H ö h e des Verlustes aus, der ihm zugerechnet wird 3 '. Streitig ist vor allem, welchen Umfang das Kapitalkonto des Kommanditisten hat. Nach der Regierungsbegründung 32 und der Auffassung der Finanzverwaltung 33 stellt § 15 a Abs. 1 S. 1 EStG auf das Kapitalkonto des Kommanditisten am Gesamtvermögen der Gesellschaft ab. Danach setze sich das maßgebliche Kapitalkonto aus dem Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft, dem Kapitalkonto einer 27

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BFH v. 10.11.1980 GrS 1/79, BStBl. 1981 II S. 164, 169 m. w . N . ; Biergans, DStR 1981, 3, 6, 15; Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97, 103; Schmidt, §15 a Anm. 79; Schulze-Osterloh, JbFfSt 1981/1982, S.237, 264 m . w . N . ; vgl. aber auch FG Rheinland-Pfalz v. 16.6.1981 — 1 V 6/81, DB 1981, 1909; Paulick, FR 1978, 592, 594 ff. §11 a III, S. 246; dies., N J W 1980, 2557, 2560. Vgl. BR-Drucks. 511/79, S.16; BdF-Schreiben v. 8.5.1981 IV B 2 — S 2241 — 102/81, BStBl. 1981 I S.308; Schmidt, §15a Anm.20 m . w . N . Vgl. Bordewin/Söffing/Ueiner, Verlustverrechnung bei negativem Kapitalkonto, 1980, S.49f.; Döllerer, DStR 1981, 19, 20; Schmidt, §15a Anm.21. Kritisch hierzu Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97, 98f.; sie zeigt im einzelnen auf, daß die Berechnungsbeispiele, die auf dieser Auffassung beruhen, jeweils zu unterschiedlichen und willkürlichen Ergebnissen führen. BT-Drucks. 8/3648, S.16. BdF-Schreiben vom 8.5.1981 IV B 2 — S 2241 — 102/81, BStBl. 1981 I S.308. 399

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2. Teil. 5. Kapitel. Summe der Einkünfte

etwaigen Ergänzungsbilanz und dem positiven oder negativen Kapitalkonto zusammen, wie es in der Sonderbilanz des Gesellschafters ausgewiesen sei. Diese Auffassung wird teilweise auch in der Rechtslehre 3 4 vertreten. Sie widerspricht jedoch der Zielsetzung des § 15 a E S t G , nach der der Verlustausgleich dem Haftungsumfang des K o m m a n d i t i s t e n angepaßt werden soll. D a der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft mit seinem Sonderbetriebsvermögen nicht haftet, ist es sachlich nicht gerechtfertigt, daß das positive Sonderbetriebsvermögen den Verlustausgleich erhöht und das negative Sonderbetriebsvermögen ihn vermindert. Schmidt35 meint, dieser Wertungswiderspruch sei hinzunehmen; der historische Gesetzgeber habe ihn gewollt. D e m ist zuzustimmen, wenn der gesetzgeberische Wille feststeht. D e r G e s e t z g e b e r ist nicht verpflichtet, Regelungen zu treffen, die systemgerecht und frei von Wertungswidersprüchen sind. Es fragt sich aber, o b es der Wille des historischen Gesetzgebers war, das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten in sein K a p i t a l k o n t o einzubeziehen. Diese Frage ist m. E . zu verneinen. D e r Gesetzgeber wollte mit § 15 a E S t G die Verlustzuweisungsgesellschaften treffen. Bei ihnen gibt es aber in der Regel kein Sonderbetriebsvermögen. Deshalb liegt die A n n a h m e fern, der G e s e t z g e b e r habe überhaupt an diesen Vermögensbereich gedacht. E r hat sich vielmehr vertan, und alle Versuche der Finanzverwaltung und der ihr nahestehenden Rechtslehre 3 6 , dieses Versehen nachträglich mit G r ü n d e n zu versehen, überzeugen nicht. D e s h a l b ist der Ansicht 3 7 zu folgen, das Kapitalkonto des K o m m a n d i t i sten i . S . d. § 15 a E S t G umfasse nur sein Kapitalkonto, wie es in der Steuerbilanz der Gesellschaft und einer etwaigen Ergänzungsbilanz ausgewiesen sei. Das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten ist damit, auch wenn es positiv 3 ' ist, nicht Bestandteil des Kapitalkontos i. S. d. § 15 a E S t G . N u r diese Auffassung entspricht dem Willen des Gesetzgebers und den Wertungsprinzipien dieser B e s t i m m u n g . F o l g t man dieser Meinung, stellt sich die weitere Frage, o b für den U m f a n g des Kapitalkontos eines Gesellschafters seine tatsächlich geleistete Einlage oder die Einlage maßgebend ist, die er aufgrund des Gesellschaftsvertrages an die Gesellschaft zu leisten hat (Pflichteinlage). A u c h darüber besteht Streit 39 . D i e herrschende Ansicht 4 0 , die auf die tatsächlich geleistete Einlage abstellt, kann sich auf den Gesetzeswortlaut (§ 15 A b s . 1 S. 2 E S t G ) berufen. Ihr ist zuzustimmen. § 15 a E S t G beschränkt den Verlustausgleich zwar nur für gewerbliche E i n künfte. D i e s e B e s t i m m u n g gilt für bestimmte andere Einkunftsarten aber entspre-

Vgl. Biergans, DStR 1981, 3, 6; Blümich /Falk, § 1 5 a Rz.27; Döllerer, DStR 1981, 19, 21 m . w . N . ; Söffing, FR 1981, 25; Ueiner/Dankmeyer, DStZ 1981, 12, 16. 35 § 15 a Anm. 25. " Vgl. die Nachweise in Fn. 34. 37 Vgl. vor allem Knobbe-Keuk, § I I a III, 2 a, S. 248 ff.; Schulze-Osterloh, JbFfSt 1981/1982, S. 237, 249 m.w. N. 38 So aber Jakob, DB 1980, 2354, 2356. 39 Vgl. die Nachweise bei Schmidt, § 15 a Anm. 26. 40 BdF-Schreiben v. 8.5.1981 IV B 2 — S 2241 — 102/81, BStBl. 1981 I S. 308; Döllerer, DStR 1981, 19, 21; Schmidt, § 15 a Anm. 26. 34

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Verlustausgleich

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chend. §13 Abs. 5 EStG und §18 Abs. 5 EStG verweisen auf § 15 a EStG. Diese Verweisung ist unproblematisch, da es insoweit, wie bei § 15 a EStG, um Gewinneinkünfte geht. Die entsprechende Anwendung betrifft Personengesellschaften, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit erzielen. Schwierigkeiten bereitet dagegen die sinngemäße Anwendung des § 15 a EStG bei den Überschußeinkunftsarten, wie sie in §20 Abs. 1 Nr. 4 und §21 Abs. 1 S.2 EStG vorgesehen ist. Die entsprechende Regelung betrifft den stillen Gesellschafter, dem Anteile am Verlust aus seiner Beteiligung entstehen, und die vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft, die keine gewerblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hat. Die sinngemäße Anwendung des § 15 a EStG soll den Kommanditisten, der an einer solchen Gesellschaft beteiligt ist, im Hinblick auf den Verlustausgleich oder -abzug genauso stellen wie den Kommanditisten einer gewerblich tätigen Gesellschaft. Es ist ungeklärt, wie diese Gleichstellung zu erreichen ist. Die Schwierigkeiten bestehen, weil §20 Abs. 1 N r . 4 EStG und §21 Abs. 1 S.2 EStG auf eine Vorschrift verweisen, die die Gewinnermittlung durch einen Bestandsvergleich voraussetzt, den es bei den Kapitaleinkünften und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht gibt. Ein steuerliches Kapitalkonto, wie es § 15 a EStG voraussetzt, ist bei den Überschußeinkunftsarten nicht vorhanden. Es fragt sich daher, was bei diesen Einkunftsarten an die Stelle des Kapitalkontos tritt. Die herrschende Ansicht41 nimmt an, zur Feststellung, in welchem Ausmaß der Verlustausgleich zulässig sei, müsse ein fiktives Kapitalkonto einschließlich einer fiktiven Steuerbilanz der Gesellschaft, einer fiktiven Ergänzungs- und einer fiktiven Sonderbilanz aufgestellt werden. Damit sind die Unterschiede, die zwischen den Überschuß- und den Gewinneinkunftsarten bestehen, verwischt. Die vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft wird letztlich behandelt wie ein Gesellschaft, die Einkünfte aus §15 EStG erzielt. Eine Regelung dieses Ausmaßes hätte gesetzlich angeordnet werden müssen. Das ist nicht geschehen. Die Finanzverwaltung ist ohne gesetzliche Grundlage dazu nicht befugt 42 . Daß das steuerliche Kapitalkonto nur fiktiv, also nur zur Berechnung des Verlustausgleiches aufzustellen ist, ändert daran nichts. In der Sache wird die Gesellschaft verpflichtet, einen Bestandsvergleich durchzuführen, und es wird sie wenig interessieren, ob sie dies tatsächlich oder fiktiv tun muß. Die Frage, was unter der sinngemäßen Anwendung des §15a EStG bei den Überschußeinkunftsarten zu verstehen ist, ist damit ungeklärt. Der Gesetzgeber ist aufgerufen, die Regelung, die er bisher unterlassen hat, nachzuholen. 6. Verluste aus Leistungen u n d Spekulationsgeschäften Werbungskosten, die die Einnahmen aus Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG übersteigen, dürfen lediglich mit anderen Einkünften im Sinne dieser Bestimmung 41

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Vgl. BdF-Schreiben v. 14.9.1981 IV B 1 — S 2253 b — 5/81, BStBl. 1981 I S. 620; Blümich/ Falk, §21 Rz. 161 ff. m. w . N . ; Schmidt/Drenseck, §21 Anm. 17b. Vgl. dazu Knobbe-Keuk, § 11 a V, 3 a, S. 262 ff. 401

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Tiedtke, Einkommensteuer

§25 I

2. Teil. 6. Kapitel. Gesamtbetrag der Einkünfte

ausgeglichen werden, § 22 N r . 3 S. 3 EStG. Sie sind also nur bei der Ermittlung der Einkünfte, nicht aber beim (vertikalen) Verlustausgleich zu berücksichtigen. D a s gleiche gilt für Verluste aus Spekulationsgeschäften, §23 Abs. 4 S. 3 E S t G . Verluste können mit Gewinnen aus Spekulationsgeschäften verrechnet werden, nicht aber mit positiven Einkünften aus einer anderen Einkunftsart.

IV. Umfang des Verlustausgleichs Der Verlustausgleich ist auf die Höhe der positiven Einkünfte desselben Veranlagungszeitraums beschränkt. Wird die Summe der Gesamteinkünfte negativ, kann dieser Betrag nicht im Rahmen des Verlustausgleichs berücksichtigt werden. Diesen Verlust darf der Steuerpflichtige, falls die Voraussetzungen des § 10 d E S t G gegeben sind, auf andere Veranlagungszeiträume verteilen, also vor- oder zurücktragen.

SECHSTES KAPITEL Gesamtbetrag der Einkünfte Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungbetrag, den Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag und die nach § 34 c Abs. 2, 3 E S t G * abgezogene Steuer, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte. Außerdem ist der Freibetrag für Land- und Forstwirtschaft bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte zu berücksichtigen, §13 Abs. 3 E S t G . Er beträgt jährlich 2000,— D M und erhöht sich bei Ehegatten, die nach den §§26, 26 b E S t G zusammen veranlagt werden, auf 4000,—DM.

§ 25 Altersentlastungsbetrag I. Sinn und Zweck § 24 a E S t G , der den Altersentlastungsbetrag regelt, ist durch das Einkommensteuerreformgesetz vom 5. 8.1974 1 in das Einkommensteuergesetz eingefügt worden. Er gilt damit erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 1975. Der Altersentlastungsbetrag ist von dem Altersfreibetrag nach § 3 2 Abs. 2 E S t G zu unterscheiden. Der Altersentlastungsbetrag wird neben dem Altersfreibetrag gewährt. Für Versorgungsbezüge ist in § 19 Abs. 2 E S t G ein Versorgungsfreibetrag vorgesehen, private Leibren* Vgl. dazu oben § 2 I 4 b , S. 14f. 1 B G B l . I S. 1769 = BStBl. 1974 I S.530. 402

Altersentlastungsbetrag

§25

III 1

ten besteuert das G e s e t z lediglich mit dem Ertragsanteil. Derartige Bezüge werden also begünstigt, nicht aber andere Einkünfte, die ein Steuerpflichtiger im Alter erzielt. Diesen steuerlichen Nachteil soll § 24 a E S t G ausgleichen. E r ist eingeführt w o r d e n , u m im A l t e r bezogene Einkünfte, die keine Versorgungsbezüge oder Leibrenten sind, steuerlich zu entlasten 2 .

II. Begünstigter Personenkreis G e m ä ß § 2 4 a S . 3 E S t G wird der Altersentlastungsbetrag einem Steuerpflichtigen gewährt, der vor Beginn des Kalenderjahres, in dem er sein E i n k o m m e n bezogen hat, das 64. L e b e n s j a h r vollendet hat. D i e Berechnung des Lebensalters richtet sich nach § 1 0 8 A O 1977, § 1 8 7 A b s . 2 S . 2 , § 1 8 8 A b s . 2 B G B . D a n a c h wird ein L e b e n s j a h r mit A b l a u f des Tages vollendet, der dem T a g der W i e d e r k e h r des Geburtstages vorangeht. Ein Steuerpflichtiger, der am 1 . 1 . 0 1 geboren ist, vollendet also sein erstes L e b e n s j a h r am 3 1 . 1 2 . 0 1 . E i n am 2 . 1 . 1 9 2 1 geborener Steuerpflichtiger vollendet mit A b l a u f des 1 . 1 . 1 9 8 5 sein 6 4 . Lebensjahr. I h m steht daher für den Veranlagungszeitraum 1985 kein Altersentlastungsbetrag zu. Anders ist es, wenn er am 1 . 1 . 1 9 2 1 geboren ist. E r vollendet am 3 1 . 1 2 . 1 9 8 4 sein 64. Lebensjahr. E r kann daher für 1985 den Altersentlastungsbetrag geltend machen. W e r d e n die Ehegatten zusammen veranlagt, darf jeder Ehegatte, soweit auch in seiner P e r s o n die Voraussetzungen des § 2 4 a E S t G erfüllt sind, den Altersentlastungsbetrag in Anspruch nehmen, § 2 4 a S . 4 E S t G .

III. Bemessungsgrundlage Als Altersentlastung werden 4 0 % des Arbeitslohns und der positiven S u m m e der übrigen E i n k ü n f t e , höchstens jedoch 3 0 0 0 , — D M im Kalenderjahr, gewährt. D e r Altersentlastungsbetrag wird damit in zwei Stufen ermittelt. Es k o m m t zunächst auf den Arbeitslohn und anschließend, wenn der H ö c h s t b e t r a g n o c h nicht erreicht ist, auf die positive S u m m e der übrigen Einkünfte an. 1. B e g r i f f des A r b e i t s l o h n s Bemessungsgrundlage für den Altersentlastungsbetrag sind nicht die E i n k ü n f t e aus nichtselbständiger A r b e i t , also der N e t t o - A r b e i t s l o h n , sondern der B r u t t o - A r b e i t s lohn. D e r A r b e i t n e h m e r - und der Weihnachtsfreibetrag bleiben daher genauso außer A n s a t z wie alle W e r b u n g s k o s t e n . Diese Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung. Sie ermöglicht es, daß der Altersentlastungsbetrag bereits beim L o h n steuerabzug durch den Arbeitgeber berücksichtigt werden kann, § 3 9 b A b s . 2 , 3 2

Vgl. BT-Drucks. 7/1470, S.279. 403

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§25

III 2

2. Teil. 6. Kapitel. Gesamtbetrag der Einkünfte

EStG. Bekommt der Arbeitnehmer einen Netto-Lohn, muß zunächst der BruttoArbeitslohn festgestellt werden. Steuerfreie Zuwendungen gehören nach herrschender Lehre 3 nicht zum Arbeitslohn. Versorgungsbezüge bleiben ebenfalls außer Ansatz; sie sind bereits steuerlich begünstigt, §24a S.2, § 19 Abs. 2 EStG. Erhält der Steuerpflichtige einen Brutto-Arbeitslohn von mehr als 7500,— D M jährlich, hat er die Höchstgrenze von 4 0 % , also 3000,— DM, erreicht. Auf die zweite Bemessungsgrundlage, die positive Summe der übrigen Einkünfte, kommt es dann nicht mehr an. Bezieht der Steuerpflichtige keinen Arbeitslohn oder weniger als 7500,— DM, ist die zweite Stufe, die positive Summe der übrigen Einkünfte, maßgebend. 2. Positive Summe der übrigen Einkünfte Zur Bemessungsgrundlage zählen alle Einkünfte i. S. d. §2 Abs. 2 EStG, sofern sie noch nicht berücksichtigt oder nicht auf andere Weise steuerlich entlastet sind. Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Leibrenten und Versorgungsbezüge der Abgeordneten (§22 Nr. 4 S. 4 b EStG) bleiben daher außer Ansatz. Maßgebend sind die Einkünfte. Einkunftsbezogene Freibeträge, also z. B. der Sparer-Freibetrag nach §20 Abs. 4 EStG, mindern deshalb die Bemessungsgrundlage. Freibeträge, die erst beim Gesamtbetrag der Einkünfte (z. B. § 13 Abs. 3 EStG) oder bei der Ermittlung des Einkommens (z. B. § 18 Abs. 4 EStG) anzusetzen sind, kürzen die Bemessungsgrundlage dagegen nicht 4 . Zu den Einkünften gehören auch tarifbegünstigte Einkünfte i. S. d. §34 Abs. 2 EStG. Steuerfreie Veräußerungsgewinne i. S. d. §14, §14a Abs. 1—3, §16 Abs. 4, §17 Abs. 3, §18 Abs. 3 EStG mindern die Bemessungsgrundlage; auch sie sind bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen 5 . § 24 a EStG stellt auf die positive Summe der Einkünfte, nicht aber auf die Summe positiver Einkünfte ab. Negative Einkünfte sind daher mit positiven auszugleichen 6 . Ist die Summe der Einkünfte negativ, bleibt sie außer Betracht. Sie kürzt nicht den Arbeitslohn. Ein Altersentlastungbetrag, der dem Steuerpflichtigen nach Maßgabe des Arbeitslohns zusteht, wird also nicht gekürzt, falls sich aus den übrigen Einkunftsarten ein Verlust ergibt. Bezieht er keinen Arbeitslohn, steht ihm ein Altersentlastungsbetrag nicht zu, wenn die Summe der übrigen Einkünfte negativ ist. Beispiel: Ein Steuerpflichtiger, der das 64. Lebensjahr vollendet hat, erhält Arbeitslohn i. H . v . 50000,— D M jährlich. Da sein maßgeblicher Brutto-Arbeitslohn 7500,— D M übersteigt, 3

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5

6

Vgl. Hermann/Heuer/Raupach, §24a Anm. 12 (grüne Blätter); Schmidt/Drenseck, §24a A n m . 3 ; a.A. Felix, BB 1974, 1473. Vgl. Abschnitt 171a Abs. 2 S.3, 2. HS EStR; Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 4 a Anm. 13 (grüne Blätter); Schmidt/Drenseck, §24a Anm. 3 b. Vgl. BFH v. 16.12.1975 VIII R 147/71, BStBl. 1976 II S.360, 362; Herrmann/Heuer/ Raupach, § 2 4 a Anm. 13 (grüne Blätter). Vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 23.3.1977 I 265/76, EFG 1977, 426.

404

Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag

§26

steht ihm der Höchstbetrag von 3000,— DM zu. Auf die Frage, ob er noch andere Einkünfte hat, kommt es insoweit nicht an. Hat der Steuerpflichtige nur einen Brutto-Arbeitslohn i. H . v . 5000,— DM erhalten, so kann er lediglich 4 0 % , also 2000,— DM, als Entlastungsbetrag geltend machen. Hat er außerdem Einkünfte aus Kapitalvermögen i . H . v . 6000,— DM und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i . H . v . 3500,— DM, so beträgt die positive Summe der übrigen Einkünfte 2500,— DM. 40% hiervon, also 1000,— DM, erhöhen seinen bisherigen Altersentlastungsbetrag von 2000,— DM auf 3000,— DM. Betragen die negativen Einkünfte des Steuerpflichtigen aus Vermietung und Verpachtung 10 500,— DM, so ist die Summe der übrigen Einkünfte negativ. Am Altersentlastungsbetrag i . H . v . 2000,— DM, wie er sich auf der Grundlage des maßgeblichen BruttoArbeitslohns i . H . v . 5000,— DM ergeben hat, ändert sich nichts.

§ 26 Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag § 24 b EStG, der den Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag regelt, beruht auf dem Gesetz zur Steuerentlastung und Investitionsförderung vom 4.11.1977'. Die Vorschrift gilt erstmals f ü r den Veranlagungszeitraum 1978 und ist auf finanzielle Hilfen beschränkt, die dem Steuerpflichtigen bis zum 31.12.1985 gewährt werden 2 . Sie bezweckt, daß die finanziellen Hilfen, die ein Steuerpflichtiger aus öffentlichen Mitteln erhält, um zusätzliche Ausbildungsplätze bereitzustellen, ihm in vollem Umfange, also unversteuert, zu diesem Zwecke zur Verfügung stehen. Der Gesetzgeber hat die Zuschüsse nicht als steuerfrei behandelt, weil diese Regelung aufgrund des § 3 c EStG zur Folge gehabt hätte, daß alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit den steuerfreien Betriebseinnahmen stünden, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden könnten. Im Ergebnis, und das ist die Besonderheit dieser Vorschrift, wird aber das gleiche Ziel erreicht. D e m Steuerpflichtigen, der die erhaltenen Zuwendungen als steuerpflichtige Betriebseinnahmen ansetzt, wird in gleicher H ö h e ein Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag gewährt. Damit steht § 3 c EStG dem Abzug der Aufwendungen, die mit der Bereitstellung zusätzlicher Ausbildungsplätze entstanden sind, nicht entgegen. Der unterstützte Steuerpflichtige erlangt eine doppelte Steuerbegünstigung. Er ist berechtigt, die Ausbildungsplatzkosten als Betriebsausgaben abzusetzen und braucht die öffentlichen Zuwendungen, mit denen er die zusätzlichen Ausbildungsplätze finanziert, nicht zu versteuern. § 2 4 b EStG wird daher als Systembruch bezeichnet 5 . Diese Bestimmung läßt sich nur aus der besonderen wirtschaftlichen Situation im Zeitpunkt ihrer Entstehung und dem Umstand erklären, daß sie ohnehin nur befristet gilt. Im übrigen ist

1 2

3

BGBl. I S. 1965 = BStBl. 1977 I S.495. Die Frage, ob die Zuschüsse bis zum 31.12.1985 zugeflossen sein müssen oder ob es ausreicht, daß die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind und ein Antrag gestellt ist, ist streitig, vgl. hierzu Schmidt/Drenseck, § 24 b Anm. 1 m. w. N . Richter, BB 1978, 544; Söffing, FR 1977, 533, 536; vgl. auch Blümich/Falk, §24b Anm. 112. 405

§27

I

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

ihr Anwendungsbereich zur Zeit gering. § 2 4 b Abs. 1 S. 1 EStG läuft leer. Eine Rechtsverordnung, wie sie diese Vorschrift voraussetzt, ist noch nicht ergangen, und das Ausbildungsplatzförderungsgesetz vom 7.9.1976" hat das Bundesverfassungsgericht 5 für nichtig erklärt. § 24 b EStG erfaßt somit nur Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die von der Bundesanstalt für Arbeit und den Wirtschafts- sowie Arbeitsministerien der Länder gewährt werden, um zusätzliche Ausbildungsplätze bereitzustellen. Anspruchsberechtigt sind lediglich Steuerpflichtige, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielen6. Wird die finanzielle Hilfe einer Personengesellschaft gewährt, muß der Abzugsbetrag auf die Mitunternehmer nach dem Verhältnis ihrer Gewinnanteile verteilt werden, § 24 b Abs. 2 S. 1 EStG. Dies ist erforderlich, weil der Abzugsbetrag nicht bei der Ermittlung der Einkünfte, sondern beim Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird, es für die Personengesellschaft aber keinen Gesamtbetrag der Einkünfte gibt.

SIEBTES KAPITEL Einkommen Das Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben, die Abzugsbeträge, die wie Sonderausgaben zu behandeln sind, also den nicht entnommenen Gewinn, §10a EStG, und den Verlustabzug, § 10 d EStG, sowie die außergewöhnlichen Belastungen. Außerdem muß zur Ermittlung des Einkommens der Freibetrag für Freiberufler nach § 18 Abs. 4 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

§ 27 Sonderausgaben I. Begriff Das Einkommensteuergesetz hat den Sonderausgabenbegriff (anders als den Begriff der Werbungskosten) nicht definiert. § 10 EStG zählt abschließend (Enumerationsprinzip) bestimmte Aufwendungen auf, die als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Aufwendungen, die Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, dürfen nicht als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen 4 5 6

BGBl. I S. 2658. U . v. 10.12.1980 — 2 BvF 3/77, N J W 1981, 329. Streitig, wie hier Blümich/Falk, § 2 4 b Anm. IV; Schmidt/Drenseck, § 2 4 b A n m . 3 ; a. A. Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 4 b Anm. I U I (grüne Blätter); Richter, BB 1978, 544, 545.

406

Sonderausgaben

§27 II

werden, § 10 A b s . 1 S. 1 E S t G . E s ist also zunächst zu prüfen, o b die geltend gemachten K o s t e n Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Sie gehen dem Sonderausgabenabzug vor. Sonderausgaben sind Kosten der privaten Lebensführung, die der Gesetzgeber (ausnahmsweise) für abzugsfähig erklärt. § 12 E S t G , der den A b z u g von Kosten der privaten Lebensführung grundsätzlich verbietet, tritt damit hinter § § 1 0 , 10 b E S t G zurück. „Soweit in § 10 A b s . 1 N r . 1, 2—7, § 10 b " , . . . heißt es in § 12 S. 1 E S t G , nichts anderes bestimmt ist, dürfen Ausgaben, die unter § 12 E S t G fallen, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch v o m Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. D a m i t ist klargestellt, daß lediglich § 1 2 N r . 2 E S t G Vorrang vor § 1 0 A b s . 1 N r . 1 a E S t G hat, während § 10 A b s . 1 N r n . 1, 2—7, § 10 b E S t G den § 12 E S t G verdrängen. D i e G r ü n d e für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen der privaten Lebensführung sind vielschichtig. D e r Gesetzgeber will dem Prinzip der subjektiven Leistungsfähigkeit Rechnung tragen, auf dem die Einkommensbesteuerung beruht. A u f w e n d u n g e n für die Alters- und Krankenversicherung, Unterhaltsleistungen und Rentenverpflichtungen, die als Sonderausgaben geltend gemacht werden können, beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit. D u r c h ihre Abzugsfähigkeit hat der Gesetzgeber, wenn auch in bescheidenem Maße, diesem U m s t a n d Rechnung getragen.

II. Abzugsberechtigung Sonderausgaben setzen wie Werbungskosten A u f w e n d u n g e n voraus, die den Steuerpflichtigen wirtschaftlich belasten. Erhält er sie von einem Dritten ersetzt oder hat er einen vollwertigen Rückgriffsanspruch, so entfällt seine wirtschaftliche Belastung und damit sein Recht, den Sonderausgabenabzug geltend zu machen. N i c h t jeder, der Leistungen erbringt, ist zum Sonderausgabenabzug berechtigt. E s ist vielmehr Voraussetzung, daß er aufgrund einer öffentlich-rechtlichen oder privat-rechtlichen Verpflichtung die Leistung erbringen muß. Daher kann nur ein Versicherungsnehmer, der die Versicherungsprämien selbst zahlt, den Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen. D a s gleiche gilt für Krankenkassenbeiträge. Abzugsberechtigt ist lediglich der Versicherte; nur er schuldet die Versicherungsbeiträge. Daher darf ein Dritter, der für ihn die Versicherungsbeiträge bezahlt, sie nicht als Sonderausgaben geltend machen 1 . Ein Steuerpflichtiger ist aber abzugsberechtigt, falls er die Leistung aufgrund eines Vertrages erbringt, den er zugunsten Dritter abgeschlossen hat. Anders ist die Rechtslage bei Ehegatten. Unabhängig davon, ob sie getrennt oder z u s a m m e n veranlagt werden, sind die Sonderausgaben einheitlich zu ermitteln. E s ist daher bei ihnen gleichgültig, ob der Ehemann oder die Ehefrau die A u f w e n d u n gen trägt 2 . 1 2

BFH v. 9.5.1974 VI R 233/71, BStBl. 1974 II S. 546. B F H v. 22.3.1967 VI R 300/66, BStBl. 1967 III S. 596. 407

§27

V

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

III. Abflußprinzip Sonderausgaben kann der Steuerpflichtige vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen, w e n n er sie tatsächlich geleistet hat, § 10 Abs. 1 N r . 4 EStG. Maßgebend ist das Kalenderjahr, in dem er die Leistungen erbracht hat, § 11 Abs. 2 EStG. A u f w e n d u n gen, die nicht im Jahre der Leistung als Sonderausgaben geltend gemacht werden, gehen verloren; der Steuerpflichtige ist nicht berechtigt, sie auf ein anderes Kalenderjahr zu übertragen. Dies gilt auch für Nachzahlungen und für solche Leistungen, die er im voraus zahlt. „Nachzahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung sind", hat der BFH 3 ausgeführt, „auch wenn sie sich auf mehrere Jahre beziehen, als Sonderausgaben nur bis zu den Höchstbeiträgen abzugsfähig, die für das J a h r der Zahlung maßgeblich sind." Betrifft die Zahlung regelmäßig wiederkehrende Sonderausgaben, z. B. Versicherungs- oder Bausparkassenbeiträge, greift § 1 1 Abs. 2 S . 2 EStG ein. Sie können in d e m Kalenderjahr als Sonderausgaben geltend gemacht werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören, wenn sie kurze Zeit vor Beginn oder nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet w u r d e n .

IV. Erstattungen W e r d e n dem Steuerpflichtigen A u f w e n d u n g e n , die er als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen hat, in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet, mindern sie nicht die Ausgaben im J a h r der Zahlung. Sie werden vielmehr im J a h r der Erstattung mit A u f w e n d u n g e n gleicher Art, also Kirchensteuer mit Kirchensteuer, saldiert. Sind die erstatteten Kirchensteuerbeträge höher als die zu leistende Kirchensteuer, kann das Finanzamt die Differenz nicht mit anderen Sonderausgaben in diesem Veranlagungszeitraum und auch nicht mit zu leistender Kirchensteuer in folgenden Veranlagungszeiträumen verrechnen 4 . Diese „negativen Sonderausgaben" sind somit nicht steuerbare Einnahmen.

V. Arten Bei den Sonderausgaben sind unbeschränkt und beschränkt abzugsfähige zu unterscheiden.

3

4

U. v. 1 2 . 1 1 . 1 9 7 6 VI R 167/74, BStBl. 1977 II S. 154.

Allg. Meinung, vgl. Blümich/Falk, Bordewin,

408

§10 Rz.21.

§ 10 Anm. 113; Gericke in

Hartmann/Böttcher/Nissen/

§ 27

Sonderausgaben

V 1

Sonderausgaben unbeschränkt abzugsfähige

beschränkt abzugsfähige

1. Renten und dauernde Lasten, § 10 Abs. 1 N r . 1 a 2. Gezahlte Kirchensteuer, « 1 0 Abs. 1 N r . 4

1. Realsplitting, § 1 0 Abs. 1 N r . 1 2. Vorsorgeaufwendungen a) Versicherungsleistungen, § 1 0 Abs. 1 N r . 2 b) Bausparkassenbeiträge, § 1 0 Abs. 1 N r . 3 3. Ausbildungskosten, § 10 Abs. 1 N r . 7 4. Spenden, § 10 b

3. Lastenausgleichsabgaben, § 1 0 Abs. 1 N r . 5 4. Steuerberatungskosten, § 1 0 Abs. 1 N r . 6

1. Unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben a) Renten und dauernde Lasten, §10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG Nach § 22 N r . 1 S. 2 E S t G muß der Rentenberechtigte wiederkehrende Bezüge nicht versteuern, falls der Rentenverpflichtete die geleisteten Zahlungen als Sonderausgaben absetzen kann. § 10 Abs. 1 N r . 1 a E S t G sieht für private Renten und private dauernde Lasten (nicht für sonstige wiederkehrende Bezüge) den Sonderausgabenabzug vor. Er kommt aber nur in Betracht, wenn § 12 N r . 2 E S t G nicht eingreift. § 1 2 N r . 2 E S t G schließt freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen, vom Sonderausgabenabzug aus. D i e Voraussetzungen dieser Bestimmung sind im Zusammenhang mit der Rentenbesteuerung erläutert worden 5 . Auf diese Ausführungen wird verwiesen. Greift § 12 N r . 2 E S t G nicht ein, darf der Rentenverpflichtete Zeitrenten und dauernde Lasten in vollem Umfange, Leibrenten jedoch nur mit dem Ertragsanteil als Sonderausgaben geltend machen. Betriebliche wiederkehrende Bezüge sind vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen; sie können als Betriebsausgaben abgezogen werden.

b) Kirchensteuern,

510 Abs. 1 Nr. 4 EStG

Kirchensteuern i. S. d. § 10 Abs. 1 N r . 4 E S t G sind Geldleistungen, die von den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten inländischen Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erhoben werden 6 . N a c h den Landeskirchengesetzen beträgt der Kirchensteuersatz 8 % oder 9 % 5 6

Vgl. dazu oben § 5 VIII 2 a aa (3) (b) (aa), S. 105 f. Vgl. B F H v. 4 . 6 . 1 9 7 5 I R 2 5 0 / 7 3 , BStBl. 1975 II S. 708, 710.

409

§27 V 1

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

der Einkommensteuer. Freiwillige Zahlungen und Zahlungen an nicht anerkannte Religionsgemeinschaften können Spenden nach § 10 b EStG sein7. Sonderausgaben sind die tatsächlich gezahlten Kirchensteuern. Erstattungen oder Gutschriften aus früheren Veranlagungszeiträumen sind zu saldieren. Vorauszahlungen werden nur insoweit anerkannt, als sie der voraussichtlichen Steuerschuld entsprechen, willkürliche Zahlungen sind unzulässig 8 . N u r der Schuldner der Kirchensteuer ist zum Sonderausgabenabzug berechtigt. Ein Dritter, der die Zahlung freiwillig leistet, ist vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen'. c) Lastenausgleichsabgaben,

§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG

Zum Ausgleich der Kriegsfolgelasten wurden bestimmte Abgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz erhoben. Es waren dies die Vermögensabgabe, die Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe. Die Zinsanteile dieser verrenteten Abgabeschulden konnten als Sonderausgaben abgezogen werden. Die Abgaben sind jedoch spätestens 1979 ausgelaufen10, so daß auch der Sonderausgabenabzug künftig hinfällig ist. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG hat also nur noch für rückständige Leistungen Bedeutung. d) Steuerberatungskosten,

§ 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG

Steuerberatungskosten, zu denen auch Aufwendungen für einschlägige Fachliteratur gehören, sind Sonderausgaben, soweit sie nicht mit einer der sieben Einkunftsarten im Zusammenhang stehen. Ist das der Fall, liegen Betriebsausgaben oder Werbungskosten vor. Ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn von einem Steuerberater ermitteln läßt, hat somit Betriebsausgaben. Berechnet der Steuerberater Uberschußeinkünfte, gehört die Steuerberatungsgebühr zu den Werbungskosten. Als Sonderausgabe kommt daher lediglich das Entgelt für die Steuerberatung in Betracht, das der Steuerberater in Rechnung stellt, weil er auch darüber hinaus für den Steuerpflichtigen tätig geworden ist, er seine Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen errechnet und die Vermögen- und Erbschaftsteuererklärung aufgestellt hat. Steuerberatungskosten, die teilweise Betriebsausgaben oder Werbungskosten und teilweise Sonderausgaben sind, müssen daher entsprechend abgegrenzt werden. Ist eine genaue Aufteilung nicht möglich, ist sie im Wege der Schätzung vorzunehmen. Betragen die Steuerberatungskosten im Kalenderjahr insgesamt nicht mehr als 1000,— DM, ist den Angaben des Steuerpflichtigen, inwieweit sie als Sonderausgaben, Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden sollen, aus Verein-

7 8 9 10

Vgl. FG Berlin v. 19.10.1977 VI 197/77, EFG 1978, 278. B F H v. 2 5 . 1 . 1 9 6 3 VI 69/61 U , BStBl. 1963 III S. 141. B F H v. 2 6 . 3 . 1 9 6 5 VI R 313/65, StRK EStG § 1 0 Abs. 1 Nr. 4, (ab 1958) R 3 . Vgl. §35, § 199c Abs. 1 L A G ; Ostendorf, D B 1979, 234.

410

§ 27

Sonderausgaben

V

2

fachungsgründen ohne nähere Prüfung zu folgen". Für Eheleute, die zusammen veranlagt werden, erhöht sich dieser Betrag nicht auf 2000,— DM 12 . e)

Vermögensteuer

Vermögensteuer, soweit sie f ü r ein Kalenderjahr nach 1974 festgesetzt wird, kann nicht mehr, wie das früher in § 10 Abs. 1 N r . 5 EStG vor 1975 vorgesehen war, als Sonderausgabe geltend gemacht werden. Sie gehört zu den Steuern, die gemäß § 12 N r . 3 EStG nicht abzugsfähig sind. Wird die Vermögensteuer für ein Kalenderjahr vor 1975 nachgefordert, darf sie der Steuerpflichtige unbegrenzt im Jahr der Zahlung als Sonderausgabe abziehen, §52 Abs. 17 EStG. 2. Beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben a) Realsplitting,

§10 Abs. 1 Nr. 1 EStG

Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten können ab dem Veranlagungszeitraum 1979" entweder als Sonderausgaben nach §10 Abs. 1 N r . 1 EStG oder als außergewöhnliche Belastung nach § 3 3 a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden. Der Sonderausgabenabzug ist auf 9000,— D M begrenzt. Er setzt voraus, daß der verpflichtete Ehegatte den Abzug als Sonderausgabe mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, fehlt die Zustimmung oder ist der Empfänger nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, so können die Unterhaltsleistungen nur als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Die Berücksichtigung als Sonderausgabe und als außergewöhnliche Belastung schließt sich gegenseitig aus. Ubersteigen die Zahlungen den Höchstbetrag von 9000,— D M , sind sie insoweit vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen. D a sie (nicht abzugsfähige) Sonderausgaben bleiben, darf sie der Steuerpflichtige auch nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzen, vgl. §33 Abs. 2 S. 2 EStG. Es ist unzulässig, den Antrag und die Zustimmung für das jeweilige Jahr zurückzunehmen. Der Sonderausgabenabzug für Unterhaltsaufwendungen hat zur Folge, daß der Unterhaltsempfänger die ihm zufließenden Zahlungen als sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 N r . 1 a EStG versteuern muß, jedoch, entsprechend der Begrenzung beim Verpflichteten, höchstens jährlich 9000,— D M . M u ß der Verpflichtete Unterhalt an mehrere Personen leisten, sind die Unterhaltsleistungen an jeden Berechtigten bis zu 9000,— D M abziehbar. Diese Regelung wird als begrenztes Realsplitting bezeichnet, weil dadurch geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten annähernd so besteuert

11 12 15

Abschnitt 102 EStR. A . A . Felix, DStR 1966, 523; Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 0 Anm.267. Vgl. Steueränderungsgesetz 1979 v. 30.11.1978, BGBl. I S.1849 = BStBl. 1978 I S.479, 480.

411

§27

V 2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

werden, wie zusammenveranlagte Ehegatten nach dem Splittingtarif14. Der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt allerdings voraus, daß die Betroffenen zusammenwirken. Daran wird es häufig fehlen. Es fragt sich daher, ob der Unterhaltsverpflichtete den anderen Teil zwingen kann, seine Zustimmung zum Sonderausgabenabzug zu erteilen. Die Rechtsprechung'5 bejaht dies. Sie gibt dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten einen auf §242 B G B gestützten, gegen den unterhaltsberechtigten Ehegatten vor dem Familiengericht einklagbaren Anspruch auf Zustimmung, falls der Geber bereit ist, die beim Leistungsempfänger anfallende Steuer zu übernehmen und sonstige nachteilige Auswirkungen auf staatliche Leistungen (z. B. auf die Wohnungsbauprämie) auszugleichen16. Ein Anspruch auf Beteiligung an der Steuerersparnis des Leistungsverpflichteten steht dem Empfänger nicht zu17. Dieser handelt nicht rechtsmißbräuchlich, wenn er seine Zustimmung trotz des ihm angebotenen finanziellen Ausgleichs verweigert. Das Finanzamt darf also die Zustimmung des Leistungsberechtigten nicht unterstellen, weil es seine Weigerung für rechtsmißbräuchlich hält. Es ist ausschließlich Aufgabe der Zivilgerichte, festzustellen, ob der Leistungsberechtigte seine Zustimmung erteilen muß. b)

Vorsorgeaufwendungen

aa)

Begriff

Aufwendungen für bestimmte Versicherungen und Beiträge an Bausparkassen bezeichnet das Gesetz als Vorsorgeaufwendungen, §10 Abs. 3 EStG. Sie können nur unter bestimmten Voraussetzungen (begrenzt) als Sonderausgaben geltend gemacht werden. bb) Allgemeine

Voraussetzungen

Für Versicherungsbeiträge mit Sparanteil (nicht für andere Versicherungen) und für Bausparkassenbeiträge gilt gemäß §10 Abs. 2 Nr. 1 EStG das Kreditaufnahmeverbot. Derartige Aufwendungen sind Sonderausgaben, falls sie weder unmittelbar noch mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredites stehen. Diese Regelung soll sicherstellen, daß die Beträge, die als Sonderausgaben abgezogen werden können, grundsätzlich aus eigenem verfügbaren Einkommen oder Vermögen geleistet werden. Das Kreditaufnahmeverbot soll eine mißbräuchliche Ausnutzung des Sonderausgabenabzugs verhindern. Es kommt auf einen ursächlichen inneren Zusammenhang zwischen der Beitragsleistung und der Kredit14

Vgl. Gericke in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin,

§10 Rz. 27.

O L G Koblenz v. 2 7 . 5 . 1 9 8 0 — 15 U F 63/80, FamRZ 1980, 685; AG Ravensburg v. 2 0 . 2 . 1 9 8 0 — 6 F 412/79, FamRZ 1980, 681. " Vgl. B G H v. 2 3 . 3 . 1 9 8 3 IVb ZR 369/81, NJW 1983, 1545, 1546; O L G Düsseldorf v. 19.11.1982 3 U F 44/82, FamRZ 1983, 73, 74; Diebold, DStR 1979, 344; Gérard, F R 1980, 411; Richter, DStZ/A 1979, 155; Veiner, DStZ/A 1979, 9, 12; ders., StbJB 1980/81 S.385,

15

418ff.; Vogt, NJW 1983, 1525. 17

A . A . O L G Düsseldorf, FamRZ 1983, 73 , 74.

412

Sonderausgaben

§27

V 2

aufnähme an. Schädlich ist lediglich das Sparen mit Kredit, nicht das Sparen bei Kredit". Ein Steuerpflichtiger spart mit Kredit, wenn er ihn aufnimmt, um die Sparleistungen zu erbringen; er spart bei Kredit, falls er die Sparleistungen zwar finanziert hat, er aber auch in der Lage gewesen wäre, sie aus eigenen Mitteln zu bewirken; es k o m m t nicht darauf an, mit welchem Geld, mit eigenem oder f r e m d e m , er zahlt, es ist vielmehr entscheidend, o b ihm neben dem Kredit, den er a u f g e n o m m e n hat, eigene Mittel z u r Verfügung standen, die er zur Beitragsleistung hätte verwenden können. O b das der Fall ist, hat er darzulegen. Beauftragt ein Steuerpflichtiger seine Bank, Bausparkassenbeiträge von seinem laufenden K o n t o abzubuchen und weist dieses K o n t o einen Schuldbetrag aus, so ist ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Kreditaufnahme zu vermuten. Der Steuerpflichtige kann diese Vermutung widerlegen. Bei Uberweisung laufender Beiträge ist regelmäßig davon auszugehen, daß er über ausreichende Eigenmittel verfügt, wenn ein durch die A b b u c h u n g entstandener Schuldsaldo innerhalb von 30 Tagen ausgeglichen wird". Ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Kreditaufnahme und der Beitragsleistung ist z. B. gegeben, wenn der Steuerpflichtige die Zahlungen zunächst aus eigenen Mitteln erbringt, anschließend aber darauf angewiesen ist, einen Kredit a u f z u n e h m e n , um die Minderung seines verfügbaren Einkommens dadurch auszugleichen. Eine solche nachträgliche Kreditaufnahme ist allerdings dann unschädlich, soweit sie erfolgt, um eine unvorhergesehene wirtschaftliche Notlage zu beseitigen. Vorsorgeaufwendungen sind vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen, falls sie in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, § 10 Abs. 2 N r . 2 EStG. Die Bestimmung will einen doppelten Steuervorteil verhindern. Vorsorgeaufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen finanziert w o r d e n sind, können daher nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere f ü r gesetzliche Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, die auf steuerfreien Arbeitslohn entfallen 20 , f ü r steuerfreie Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers und f ü r Sonderleistungen, die Wehrdienstpflichtige oder Zivildienstleistende unter bestimmten Voraussetzungen erhalten 21 . Schließlich sind Vorsorgeaufwendungen nur abziehbar, wenn der Steuerpflichtige Leistungen an Versicherungsunternehmen oder Bausparkassen erbringt, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben oder denen die Erlaubnis 22 z u m Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist. Das Abzugsverbot gilt nicht f ü r Beiträge, die an einen ausländischen Sozialversicherungsträger geleistet werden, §10 Abs. 2 N r . 3 EStG. Vermögenswirksame Leistungen, für die eine Arbeitnehmersparzulage 18

19 20 21 22

BFH v. 5 . 1 2 . 1 9 5 8 VI 207/58 S, BStBl. 1959 III S.58; B F H v. 5.12.1958 VI 157/56 U , BStBl. 1959 III S. 60. Vgl. Abschnitt 87 a EStR. B F H v. 2 7 . 3 . 1 9 8 1 VI R 207/78, BStBl. 1981 II S. 530. Vgl. Abschnitt 87 a Abs. 2 EStR m . w . N . Vgl. Anlage 5 zu Abschnitt 87 a Abs. 3 EStR. 413

§27

V 2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

nach § 12 A b s . 1 des 3. V e r m B G gewährt wird, sind gemäß § 10 Abs. 2 N r . 4 E S t G , der durch das Subventionsabbaugesetz vom 2 6 . 6 . 1 9 8 1 2 3 eingeführt wurde, v o m Sonderausgabenabzug ausgeschlossen. D a m i t ist die früher bestehende D o p p e l b e günstigung derartiger Leistungen beseitigt. Sie k ö n n e n auch nicht wahlweise als Sonderausgaben geltend gemacht werden. § 1 0 A b s . 2 N r . 4 E S t G ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 1982 anzuwenden, Art. 10 N r . 4 a Subventionsabbaugesetz. cc) Versicherungsbeiträge,

§ 10 Abs. 1 Nr. 2

EStG

D e r Gesetzgeber hat in § 1 0 A b s . 1 N r . 2 E S t G abschließend bestimmt, welche Versicherungsbeiträge abzugsfähige Sonderausgaben sind. D a z u gehören: Beiträge zu K r a n k e n - , U n f a l l - , H a f t p f l i c h t - , gesetzlichen R e n t e n - und Arbeitslosenversicherungen sowie zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall. (1) Beiträge zu Krankenversicherungen Beiträge zu privaten oder gesetzlichen Krankenversicherungen sind Vorsorgeaufwendungen. Zu diesen Versicherungen zählen auch Krankenhaustagegeldversicherungen, die ein Steuerpflichtiger abschließt, u m im Falle eines Krankenhausaufenthaltes Leistungen in Anspruch nehmen zu k ö n n e n , die von der Krankenkasse nicht ersetzt werden. Prämien, die er für eine Krankentagegeldversicherung bezahlt, sind grundsätzlich Sonderausgaben. Sie stellen aber Betriebsausgaben dar, soweit sie betrieblich veranlaßt sind. Schließt ein Freiberufler eine solche Versicherung ab, u m die laufenden Praxiskosten abzudecken, gehören die Leistungen der Versicherung, entgegen der Auffassung des B F H 2 4 , zu den steuerpflichtigen Betriebseinnahmen, die Prämien k ö n n e n als Betriebsausgaben abgezogen werden. § 3 N r . 1 a E S t G steht, wie das F G Rheinland-Pfalz 2 5 zu R e c h t entschieden hat, dieser Auffassung nicht entgegen 2 6 . U b e r n i m m t der Arbeitgeber die Beiträge als Bestandteile der lohnsteuerpflichtigen B e z ü g e , so sind sie nur insoweit abzugsfähige Sonderausgaben, als sie den Freibetrag nach § 2 A b s . 3 N r . 2 L S t D V ( 3 1 2 , — D M ) übersteigen 2 7 . (2) Beiträge zu Unfallversicherungen Beiträge zu Unfallversicherungen

sind Sonderausgaben, falls sie nicht zu den

Betriebsausgaben oder W e r b u n g s k o s t e n zu rechnen sind. Pflichtbeiträge an B e r u f s genossenschaften sind Betriebsausgaben. Betriebsausgaben liegen auch vor, wenn der Unfallversicherungsvertrag abgeschlossen worden ist, u m eine erhöhte betriebli-

23 24

25 26 27

BGBl. I S. 537 = BStBl. 1981 I S.523, 527. U. v. 22.5.1969 IV R 144/68, BStBl. 1969 II S.489; v. 7.10.1982 IV R 32/80, BStBl. 1983 II S. 101. U. v. 13.11.1979 I 154/79, EFG 1980, 169. Vgl. auch Blümich/Falk, § 10 Anm. V 1 b. Vgl. Abschnitt 88 Abs. 4 S. 5 EStR.

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Sonderausgaben

§27 V 2

che Unfallgefahr abzusichern. Deshalb sind Versicherungen, die ein Dachdecker, ein Maurer, ein Berufskraftfahrer oder ein Boxer abschließt, in der Regel betrieblich oder beruflich veranlaßt und die Beiträge damit Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Erstreckt sich der Versicherungsschutz auch auf Risiken des privaten Lebensbereiches, so sind die Beiträge zur Unfallversicherung Sonderausgaben. Sollen durch die Unfallversicherung sowohl berufliche als auch private Risiken versichert werden, ist eine Aufteilung der Prämie in einen privat- und berufsbedingten Anteil nur möglich, falls objektive Merkmale und Unterlagen für eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung vorhanden sind". Ist das nicht der Fall, stellen die Prämien in vollem Umfang Sonderausgaben dar. Der private Anlaß der Unfallversicherung tritt aber hinter den betrieblichen zurück, soweit er von untergeordneter Bedeutung ist. In diesem Falle sind die Prämien in vollem Umfange Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Wird eine Insassenjinfallversicherung29 für einen betrieblich genutzten PKW abgeschlossen, sind die Prämien in Höhe des betrieblichen Nutzungsanteils Betriebsausgaben, im übrigen Sonderausgaben. (3) Beiträge zu Haftpflichtversicherungen Haftpflichtprämien zu gesetzlichen und freiwilligen Haftpflichtversicherungen sind Sonderausgaben, wenn sie zur Abdeckung des Risikos einer privaten Haftung abgeschlossen sind. Hierher gehören z. B. die allgemeinen Haftpflichtversicherungen zur Abdeckung des Risikos, das von dem Versicherungsnehmer oder seinen Familienangehörigen ausgeht. Soll durch die Haftpflichtversicherung ausschließlich ein betriebliches oder berufliches Risiko abgesichert werden, sind die Prämien als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu behandeln. Beiträge zu einer Tierhalterund Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung sind Sonderausgaben, falls der Steuerpflichtige sein Wirtschaftsgut ausschließlich privat benutzt. Wird das Kraftfahrzeug teilweise auch beruflich verwendet, gehört der Versicherungsbeitrag in der Höhe zu den Sonderausgaben, die dem Anteil der privaten Nutzung entspricht, im übrigen zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten 30 . Arbeitnehmer können Aufwendungen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung aus Vereinfachungsgründen in voller Höhe als Sonderausgaben geltend machen, soweit sie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder für Familienheimfahrten die Pauschbeträge nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Anspruch nehmen". Beiträge zur einer Rechtsschntzversicherung sind keine Sonderausgaben 32 . Eine Rechtsschutzversicherung ist keine Haftpflichtversicherung. Die Beiträge dür28

B F H v. 13.4.1976 VI R 87/73, BStBl. 1976 II S.599, 601. ' Vgl. B F H v. 18.11.1971 IV R 132/66, BStBl. 1972 II S.277; B F H v. 15.12.1977 IV R 78/ 74, BStBl. 1978 II S.212. 30 B F H v. 2 5 . 3 . 1 9 7 7 VI R 96/74, BStBl. 1977 II S. 693. 31 Vgl. Abschnitt 88 Abs. 5 S . 2 EStR. 32 Vgl. Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen v o m 11.3.1958, DStZ/E 1958, 199.

2

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2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

fen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, weil die Rechtsschutzversicherung nicht zu den Versicherungen zählt, die der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG begünstigt hat. Wird die Rechtsschutzversicherung aber im Rahmen eines Betriebs oder im Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit abgeschlossen, können die Beiträge Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein. (4) Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung Die Beiträge an die gesetzlichen Rentenversicherungen und an die Bundesanstalt für Arbeit (Sozial- und Arbeitslosenversicherung) sind in Höhe der Arbeitnehmeranteile Sonderausgaben. Die Arbeitgeberanteile sind als Bestandteil des Arbeitslohns Betriebsausgaben des Unternehmers. Das gleiche gilt für Pflichtbeiträge, die Angehörige bestimmter Berufsgruppen, z. B. Freiberufler und selbständige Handwerker, an berufsständische Versorgungseinrichtungen zahlen, vgl. Abschnitt 88 Abs. 3 EStR. (5) Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall Beiträge zu Erlebens- oder Todesfallversicherungen, wie sie in §10 Nr. 2 b EStG abschließend aufgeführt sind, können vom Gesamtbetrag der Einkünfte als Sonderausgaben abgezogen werden, soweit sie privat veranlaßt sind, also keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Eine Lebensversicherung ist grundsätzlich privat veranlaßt. Beiträge zu solchen Versicherungen sind daher nur ausnahmsweise Betriebsausgaben. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine Direktversicherung33 i. S. d. § 4 b EStG abgeschlossen, also eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers zu dessen Altersversorgung vom Arbeitgeber begründet wird. Das gleiche gilt für Beiträge zu einer Teilhaberversicherung". Sie bezweckt, für den Fall des Todes eines Gesellschafters den anderen Gesellschaftern die erforderlichen Mittel zu beschaffen, um den Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters auszahlen zu können. Eine solche Versicherung muß, falls die Prämien Betriebsausgaben sein sollen, i. d. R. von der Gesellschaft (also nicht von den einzelnen Gesellschaftern) abgeschlossen werden. Bei den privaten Lebensversicherungen ist zu unterscheiden, ob sie überwiegend zur Vorsorge oder zur Vermögensbildung bestimmt sind. Das Gesetz begünstigt lediglich die Lebensversicherungen, die sich am Vorsorgegedanken orientieren. Daher sind gemäß §10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG nur Beiträge zu den folgenden vier Versicherungsarten als Sonderausgaben abzugsfähig: — Risikoversicherungen, die ausschließlich für den Todesfall eine Leistung vorsehen Die Beiträge sind unabhängig davon Sonderausgaben, ob die Prämien laufend oder einmalig gezahlt werden. Es kommt weder auf die Vertragsdauer noch darauf an, ob die Versicherungssumme in einem Betrag oder als Rente ausgezahlt wird. 33 34

Vgl. dazu B F H v. 10.11.1982 I R 135/80, BStBl. 1983 II S. 173. Vgl. Blümich/Falk, § 4 Anm. VII2 f m. w . N .

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§27 V 2

Sonderausgaben

Reine Erlebensfall-Versicherungen 35 , bei denen die Versicherungssumme fällig wird, wenn der Versicherungnehmer einen bestimmten Termin überlebt, sind vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen; die Leistung ist nicht, wie es das Gesetz verlangt, vom Todesfall abhängig. Beiträge zu den (häufig abgeschlossenen) gemischten Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall, bei denen die Leistung im Todesfall, spätestens jedoch beim Erreichen einer vereinbarten Altersgrenze, auszuzahlen ist, stellen Sonderausgaben dar. — Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht Prämien zu diesen Versicherungen sind genauso zu behandeln wie Beiträge zu Risikoversicherungen. Wird die Prämie in einem Betrag aufgebracht, so ist gemäß §10 Abs. 6 EStG eine Nachversteuerung durchzuführen, falls vor Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsschluß die Beiträge ganz oder zum Teil zurückgezahlt oder Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen werden. — Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragszahlungen Sie sind begünstigt, soweit das Kapitalwahlrecht nicht vor Ablauf von 12 Jahren seit Vertragsschluß ausgeübt werden kann. — Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil Der Sonderausgabenabzug setzt voraus, daß der Vertrag für eine Dauer von mindestens 12 Jahren abgeschlossen ist. Zu den begünstigten Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall gehören insbesondere Ausbildungs-, Aussteuer-, Bausparrisiko-, Berufsunfähigkeits-, Erbschaftsteuer-, Pensions-, Versorgungs-, Waisen- und Witwenversicherungen. Keine Sonderausgaben sind nach alledem die Beiträge zu folgenden Versicherungen: — Reine Erlebensfallversicherungen, — Kapitalversicherungen gegen Einmalbeitrag, — Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung, die Sparanteile enthalten, mit einer Vertragsdauer von weniger als 12 Jahren, —• Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen Einmalbeitrag, — Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistungen, bei denen die Auszahlung des Kapitals zu einem Zeitpunkt vor Ablauf von 12 Jahren verlangt werden kann, — Fondsgebundene Lebensversicherungen, — Alle Sachversicherungen: Dazu gehören vor allem die Hausrats-, Reisegepäck-, Brand-, Einbruchsdiebstahl- und die Kaskoversicherung. Sind abzugsfähige und nichtabzugsfähige Versicherungen (wie z. B. bei einer Familien- und einer kombinierten Hausrats- oder Skiversicherung) in einem Versicherungspaket enthalten, müssen die Beiträge aufgeteilt werden. Beiträge zu einer Versicherung, die das finanzielle Risiko einer Lösegeldzahlung abdecken soll, darf der Steuerpflich-

35

Ebenso Blümich/Falk,

§ 10 Anm. V 1 b bb; Schmidt/Heinicke,

§ 10 Anm. 14 b bb. 417

27

Tiedtke, Einkommensteuer

§27

V 2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

tige nicht als Sonderausgaben abziehen; eine solche Versicherung ist eine Sachversicherung". dd) Beiträge an Bausparkassen, §10 Abs. 1 Nr. 3 EStG Beiträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen stellen abzugsfähige Sonderausgaben dar. Bausparkassen sind Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Bausparkassen 37 . Welche öffentlich-rechtlichen und privaten Bausparkassen im einzelnen anerkannt sind, ergibt sich aus Anlage 6 zu Abschnitt 92 Abs. 1 EStR. Zu den Bausparbeiträgen zählen vertragliche und freiwillige Zahlungen, die dem Bausparkonto gutgeschriebenen Zinsen, auch wenn der Bausparer die Bausparbeiträge mit Kredit finanziert hat38, sowie grundsätzlich die Zahlungen, die die Bausparkasse mit Abschluß- und Kontoführungsgebühren verrechnet 39 . Stehen die Abschlußgebühren aber in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Hausbau, dann sind sie Werbungskosten und damit keine Sonderausgaben 40 . Für die Anerkennung von Bausparbeiträgen als Sonderausgaben gilt das Kumulierungsverbot des § 10 Abs. 5 EStG. Der Steuerpflichtige kann danach den Abzug der Beiträge als Sonderausgaben nur geltend machen, wenn er, sein Ehegatte oder seine unter 18 Jahre alten Kinder41, nicht den Antrag auf eine Prämie nach dem SparPrämiengesetz 42 oder dem Wohnungsbau-Prämiengesetz gestellt haben. Es besteht innerhalb der Einkommenshöchstbeträge der Gesetze zur Sparförderung ein Wahlrecht zwischen der Wohnungsbauprämie und dem Sonderausgabenabzug, §10 Abs. 4 EStG. Das Wahlrecht darf während eines Veranlagungszeitraumes nur einheitlich ausgeübt werden. Im folgenden Jahr darf der Steuerpflichtige sich anders entscheiden. Das Kumulierungsverbot soll verhindern, daß Bausparkassenbeiträge sowohl durch die Gewährung einer Prämie als auch durch den Sonderausgabenabzug in doppelter Weise begünstigt werden. Weitere Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist die Absicht des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Einzahlung, die Bausparmittel generell zum Wohnungsbau 43 zu verwenden. Es ist nicht erforderlich, daß er sie später tatsächlich einem begünstigten Zweck zuführt. Sind nach dem Abschluß des Bausparvertrages 10 Jahre vergangen, dann ist der Bausparer berechtigt, über sein Bausparguthaben frei zu verfügen. Wird ihm die Bausparsumme (= Bausparguthaben + -darlehen) 36 37 38 39 40 41 42

43

Vgl. Schmidt/Heinicke, § 10 Anm. 14. Gesetz v. 16.11.1972, BGBl. I S. 2097. B F H v. 15.12.1972 VI R 227/69, BStBl. 1973 II S. 162. B F H v. 2 0 . 3 . 1 9 7 3 VIII R 58/68, BStBl. 1973 II S.560. B F H v. 3 . 6 . 1 9 7 5 VIII R 80/73, BStBl. 1975 II S.699; vgl. auch oben § 2 2 III, S.356. Vgl. § 3 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes i . d . F . v. 10.2.1982, BGBl. I S. 131. Gesetz i. d. F. v. 10.2.1982, BGBl. I S. 125; das Gesetz gilt nur noch für Verträge, die vor dem 13.11.1980 abgeschlossen worden sind, § 1 Abs. 1 S. 1 SparPG. Vgl. § 10 Abs. 6 S. 3 EStG, wonach es ausreicht, daß ein Mieter seine Wohnung modernisiert; vgl. ferner Abschnitt 92 Abs. 2 EStR.

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Sonderausgaben

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V 2

oder sein Bausparguthaben ganz oder zum Teil ausgezahlt, tritt er Ansprüche aus dem Bausparvertrag ab oder beleiht er ihn vor Ablauf der 10jährigen Sperrfrist, so ist gemäß §10 Abs. 6 N r . 2 EStG, §31 EStDV eine Nachversteuerung durchzuführen. In Ausnahmefällen, die in §10 Abs. 6 Nr. 2 a—d EStG, §31 Abs. 2 EStDV geregelt sind, ist die vorzeitige Verfügung über die Bausparmittel unschädlich. Das ist z. B. der Fall, wenn der Steuerpflichtige die empfangenen Beiträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet, er oder sein Ehegatte stirbt oder zu mehr als 90 %44 erwerbsunfähig wird oder der Steuerpflichtige länger als ein Jahr ununterbrochen arbeitslos ist. Eine notwendig gewordene Nachversteuerung geschieht bei nicht bestandskräftigen Veranlagungen durch Änderung der Steuerbescheide. Sind diese bereits bestandskräftig, wird festgestellt, um welchen Betrag die festzusetzende Einkommensteuer höher gewesen wäre, falls der Steuerpflichtige die Bausparkassenbeiträge nicht als Sonderausgaben abgezogen hätte. Der Steuermehrbetrag wird für jedes Jahr gesondert errechnet und als Nachsteuer erhoben, §§30, 31 EStDV. Einen Sonderfall der Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Bausparleistungen regelt § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 EStG. Beiträge, die später als 4 Jahre nach Ablauf des Monats 45 des Vertragsabschlusses erbracht werden, können nur bis zur Höhe des Eineinhalbfachen der durchschnittlichen Sparbeiträge der ersten 4 Jahre abgezogen werden. Diese Regelung verhindert, daß der Steuerpflichtige in den letzten Jahren der Vertragsdauer hohe Beiträge leistet, die er alsbald wieder zurückerhält und die zusätzlich seine Steuerlast mindern. ee)

Höchstbetragsregelung

Vorsorgeaufwendungen sind beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben. Der abzugsfähige Höchstbetrag ist in drei Stufen zu ermitteln. §10 Abs. 3 N r . 2 EStG gewährt (für Versicherungsbeiträge) zunächst einen Vorwegabzug, anschließend ist der Grundhöchstbetrag nach §10 Abs. 3 Nr. 1 EStG festzustellen, und schließlich ist der Erhöhungsbetrag nach § 10 Abs. 3 Nr. 3 EStG zu errechnen. Die gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträge verdoppeln sich bei Ehegatten, die zusammen veranlagt werden. Der Grundhöchstbetrag erhöht sich für jedes Kind, das dem Steuerpflichtigen gemäß §32 Abs. 4—7 EStG allein zuzurechnen 46 ist, um 600,— D M ; für Kinder, die ihm nicht zugeordnet werden, für die er aber Unterhalt leistet, um 300,— DM. (1) Vorwegabzug, §10 Abs. 3 Nr. 2 EStG Versicherungsbeiträge (und nur diese) können zunächst bis zu 3000,— DM, im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zu 6000,— DM abgezogen werden.

44 45 46

Vgl. §29 Abs.6 EStDV. Vgl. Abschnitt 93 S. 4 N r . 1 EStR. Vgl. dazu unten §34, S. 466 ff. 419

27*

§27 V 2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

D e r Sinn des § 10 Abs. 3 N r . 2 E S t G besteht darin, die Nachteile auszugleichen, die Steuerpflichtigen (z. B. Freiberuflern) dadurch entstehen, daß sie die Beiträge zu ihrer Altersversorgung in voller Höhe (aus bereits versteuertem Einkommen) selbst aufbringen müssen, während Arbeitnehmer die Hälfte ihrer Beiträge vom Arbeitgeber steuerfrei (§ 3 N r . 62 E S t G ) erhalten. Diesem Zweck entsprechend wird der Vorab-Betrag um den Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie um steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers i. S. d. §3 N r . 62 S.2—4 E S t G gekürzt. Steuerpflichtige, die eine Altersversorgung ohne eigene Beitragsleistung erwerben, dürfen ihn ebenfalls nicht ungekürzt in Anspruch nehmen. Sie werden vielmehr gemäß § 10 Abs. 3 N r . 2 b E S t G so behandelt, wie wenn für sie ein Arbeitgeberanteil abgeführt würde. Deshalb bestimmt das Gesetz (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 b EStG), der Vorab-Betrag sei (fiktiv) um 9 % der Einnahmen aus der Berufstätigkeit, höchstens jedoch um den Jahresbetrag der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten (1981: 52 800,— D M ; 1982: 56 400,— D M ; 1983: 60000,— D M ) , zu kürzen. Zu den Personen, für die eine derartige Kürzung durchzuführen ist, zählen Beamte, Richter, Geistliche (§10 Abs. 3 N r . 2 b aa EStG), Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, selbständige Handels- und Versicherungsvertreter (§10 Abs. 3 N r . 2 b bb EStG), weiterbeschäftigte Altersrentner und schließlich Mitglieder des Deutschen Bundestages sowie Mitglieder der Länderparlamente (§10 Abs. 3 N r . 2 b cc EStG). Eine Kürzung unterbleibt, wenn der Steuerpflichtige nicht während des ganzen Kalenderjahres zu diesem Personenkreis gehört hat oder in den Ruhestand getreten ist. Der Vorab-Betrag nach §10 Abs. 3 N r . 2 E S t G steht Ehegatten, unabhängig davon, ob sie zusammen oder getrennt zu veranlagen sind, gemeinsam zu. Er kann daher nicht mit je 3000,— D M auf jeden von ihnen aufgeteilt werden 47 . Arbeitet nur ein Ehegatte, so ist der Arbeitgeberanteil zu seiner Sozialversicherung bis zur H ö h e von 6000,— D M , also ohne Beschränkung des Vorab-Betrags eines Ledigen, zu verrechnen. Ist er höher, bleibt er unberücksichtigt. Der BFH 4 8 ist der Auffassung, auch die fiktive Kürzung des Vorab-Abzugs nach § 1 0 Abs. 3 N r . 2 b E S t G sei von dem einheitlichen Betrag von 6000,— D M vorzunehmen. Das müsse auch dann gelten, soweit der Vorab-Betrag nur bei einem Ehegatten fiktiv vermindert werde. Diese Ansicht führt bei Ehegatten, bei denen einer eine freiberufliche und der andere eine Tätigkeit i. S. d. §10 Abs. 3 N r . 2 b E S t G ausübt, dazu, daß dem freiberuflich tätigen Ehegatten in der Regel lediglich noch ein geringer Betrag als Vorab-Abzug zur Verfügung steht. Verdient die Ehefrau, die im Beamtenverhältnis steht, mehr als 60 000,— D M im Jahr, verbleibt dem freiberuflich tätigen Ehemann im Jahr 1983 ein Vorab i. H . v. 600,— D M , weil der den Ehegatten i. H . v. 6000,— D M zustehende Betrag um 9 % der maßgebli-

4r 48

B F H v. 2 2 . 5 . 1 9 8 1 VI B 12/81, BStBl. 1981 II S.709 m . w . N . B. v. 2 2 . 5 . 1 9 8 1 VI B 12/81, BStBl. 1981 II S.709.

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Sonderausgaben

§27 V 2

chen Beitragsbemessungsgrenze, die im Jahre 1983 60000,— D M beträgt, gekürzt w i r d . Der V o r a b - A b z u g von 6000,— D M vermindert sich somit um 5400,— D M auf 600,— D M . Der B F H 4 ' meint, Erwägungen, die gegen diese Regelung sprächen, seien nicht ersichtlich. Diese Ausführungen überraschen. Das Ergebnis, z u dem diese Rechtsprechung führt, widerspricht einmal dem Sinn und Zweck des V o r a b - A b z u g s für Versicherungsbeiträge. Er sollte, wie dargelegt, vor allem die Freiberufler, die die Beiträge für ihre Altersversorgung in vollem U m f a n g e allein tragen müssen, entlasten. Diese Absicht des Gesetzgebers w i r d , w e n n man der Entscheidung des B F H folgt, vereitelt. Falls die Beitragsbemessungsgrenze in den nächsten Jahren noch weiter steigt, w o m i t zu rechnen ist, ohne daß sich der Vorab-Betrag nach § 10 Abs. 3 N r . 2 EStG erhöht, entfällt ein V o r a b - A b z u g für den mit einer Beamtin verheirateten Freiberufler ganz. Eine solche Regelung, und darauf hätte der B F H in seiner Entscheidung eingehen müssen, ist verfassungswidrig. Sie verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG. Es ist anerkannt 50 , daß diese Vorschriften es verbieten, intakte Familien und Ehen wirtschaftlich schlechter zu behandeln als nicht intakte. Das geschieht aber, w e n n man der Entscheidung des B F H folgt. Es ist z w a r richtig, wie die Vorinstanz, das hessische Finanzgericht, ausgeführt hat, daß zusammenveranlagte Ehegatten nicht anders behandelt werden als getrennt veranlagte Ehegatten. Das ergibt sich aus § 26 a Abs. 2 EStG. Ein getrennt veranlagter Ehegatte wird also ebenfalls von der Kürzung des V o r a b - A b z u g s betroffen. Das hessische Finanzgericht hätte sich aber fragen müssen, w i e ein Ehegatte steht, der nicht getrennt veranlagt wird, sondern der von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt. In diesem Fall liegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG weder für die Zusammenveranlagung noch für die getrennte Veranlagung der Ehegatten vor. Jeder Ehegatte wird dann wie eine Einzelperson behandelt, für ihn ist eine Einzelveranlagung durchzuführen, § 2 5 EStG. Daraus folgt, daß einem verheirateten, aber dauernd getrennt lebenden Freiberufler der Vorab-Betrag i. H . v. 3000,— D M ungekürzt verbleibt. Er steht damit besser als ein verheirateter Freiberufler, der mit seiner Ehefrau zusammenlebt, also eine intakte Ehe führt. Der Auffassung des BFH 5 1 ist nach alledem nicht zuzustimmen. Verfassungsgemäß ist nur eine Regelung, bei der sich die fiktive Kürzung nach § 10 Abs. 3 N r . 2 d EStG auf den Vorab-Betrag des Steuerpflichtigen beschränkt, der zu dem Personenkreis dieser Bestimmung gehört. Der andere Ehegatte, der die Beiträge zu seiner Altersversorgung in vollem U m f a n g e selbst aufbringt, darf durch diese Kürzung nicht benachteiligt werden. Ihm m u ß mindestens der V o r a b - A b z u g zustehen, den er als Lediger oder dauernd getrennt lebender Ehegatte erhalten hätte.

« B. v. 22.5.1981 VI B 12/81, BStBl. 1981 II S. 709. 50 Vgl. BVerfGE 45, 104, 126; Schmidt-Bleibtreu/Klein, 5. Aufl. 1980, Art. 6 Rdn.3. 51 B. v. 22.5.1981 VI B 12/81, BStBl. 1981 II S.709.

Kommentar zum Grundgesetz,

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2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

(2) Grundhöchstbetrag, §10 Abs. 3 Nr. 1 EStG Uber den Vorweg-Abzug hinaus sind Vorsorgeaufwendungen, also Versicherungsund Bausparkassenbeiträge, für jeden Steuerpflichtigen bis zu 2340,— DM, bei zusammenveranlagten Ehegatten bis zu 4680,— DM jährlich abzugsfähig. Diese Beträge erhöhen sich für ein Kind, das dem Steuerpflichtigen gemäß § 32 Abs. 4—7 EStG zugeordnet wird52, um 600,— D M und für jedes Kind, das dem anderen Elternteil zugerechnet53, vom Steuerpflichtigen aber unterhalten wird, um 300,— DM. Ein Lediger hat also einen Grundhöchstbetrag i. H. v. 2340,— D M , ein zusammenveranlagtes kinderloses Ehepaar i. H. v. 4680,— D M und ein Ehepaar mit 2 Kindern i. H. v. 5880,— DM.

(3) Erhöhungsbetrag, § 1 0 Abs. 3 Nr. 3 EStG Ubersteigen die Vorsorgeaufwendungen den Vorab-Abzug nach §10 Abs. 3 Nr. 2 EStG und den Grundhöchstbetrag nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG, können diese noch nicht verbrauchten Vorsorgeaufwendungen zur Hälfte, höchstens jedoch bis zu 5 0 % des Grundhöchstbetrags nach §10 Abs. 3 Nr. 1 EStG, abgezogen werden. Dieser (hälftige) Erhöhungsbetrag wird auch als Restabzug bezeichnet. Beispiele: Ubersteigen die Vorsorgeaufwendungen eines Ehepaares mit 2 Kindern den Vorab-Abzug und den Grundhöchstbetrag um 6 0 0 0 , — DM, so können sie zur Hälfte, also i. H . v . 3 0 0 0 , — DM, höchstens jedoch um 5 0 % des Grundhöchstbetrages nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG, abgezogen werden. Dieser beträgt 5 8 8 0 , — DM, 5 0 % also 2 9 4 0 , — DM. Dieser Betrag ist maßgebend. Hat das Ehepaar noch nicht berücksichtigte Vorsorgeaufwendungen i . H . v . 4 0 0 0 , — DM, so kann es nur 2 0 0 0 , — D M nach § 1 0 Abs. 3 Nr. 3 EStG als Restabzug geltend machen, weil die Hälfte der nicht verbrauchten Vorsorgeaufwendungen niedriger ist als 50 % des Grundhöchstbetrages.

Ein Steuerpflichtiger muß also, will er die vorgesehenen Höchstbeträge in vollem Umfang ausschöpfen, Versicherungs- und Bausparbeiträge in Höhe des für ihn maßgeblichen Vorab-Abzugs nach §10 Abs. 3 Nr. 2 EStG und des doppelten Grundhöchstbetrages nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG tatsächlich aufwenden. Beispiel: Der Steuerpflichtige ist Rechtsanwalt, er ist verheiratet und hat 2 Kinder. Seine Frau führt den Haushalt. Im Jahre 1983 erbringt er 10 0 0 0 , — D M Versicherungsbeiträge und zahlt 15 0 0 0 , — D M an die Bausparkasse. Seine Leistungen sind in folgender Höhe als Sonderausgaben abziehbar:

52 53

Vgl. dazu unten § 3 4 , S. 466 ff. Vgl. dazu unten § 3 4 , S. 466 ff.

422

§27 V 2

Sonderausgaben

abzugsfähig 1 Versicherungsbeiträge 2 Vorweg-Abzug 3 X Kürzung

10000 — 6000 — o — 6 000,—

4 Verbleiben 5 Abzuziehen ist der niedrigere Betrag aus Zeile 1 oder 4 6 Verbleibender Betrag 7 + Bausparbeiträge

X

6000 — 4000,—

6 000,—

+ 15 000 —

8 Summe der Vorsorgeaufwendungen 9 Abziehbarer

19000,— X

Grundhöchstbetrag 10 Verbleibende Vorsorgeaufwendungen

5 880,—

5 880,—

13 1 2 0 , —

11 Abzugsfähiger Erhöhungsbetrag 50 % von Zeile 10 höchstens aber

6 560,—

5 0 % von Zeile 9 der niedrigere Betrag ist anzusetzen 12 Summe der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen

2 940 — 2 940,-

2 940,— 14 8 2 0 , —

Die übrigen Aufwendungen, also 10 180,— D M , dürfen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Sie verfallen. Um die Höchstbeträge in vollem Umfange auszuschöpfen, hätte es genügt, wenn der Steuerpflichtige Versicherungs- und Bausparbeiträge i . H . v . 17 760,— D M (6000,— D M Vorab-Abzug + 2 X den Grundhöchstbetrag i. H. v. 5880,— DM) geleistet hätte. f f ) Vorsorge-Pauschbetrag

und

Vorsorgepauschale

§ 1 0 c Abs. 2, 3 EStG sehen für Vorsorgeaufwendungen (Versicherungs- und Bausparkassenbeiträge) Pauschalierungsregeln vor. (1) Vorsorge-Pauschbetrag Der Vorsorge-Pauschbetrag wird allen Steuerpflichtigen gewährt, die keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, ihn erhalten also Land- und Forstwirte, Gewerbetreibende, Selbständige und alle Personen, die Uberschußeinkünfte aus den §§ 20—23 EStG erzielen. Zusammenveranlagten Ehegatten steht der Pauschbetrag auch dann nicht zu, falls einer von ihnen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat. Der Pauschbetrag beträgt 300,— DM. Er verdoppelt sich, soweit die Ehegatten zusammen veranlagt werden, § 10 c Abs. 5 Nr. 1 EStG. 423

§27 V 2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

Der Vorsorge-Pauschbetrag dient der Vereinfachung und kommt allen Steuerpflichtigen zugute, die keine höheren Aufwendungen haben. Der Pauschbetrag hat keine große Bedeutung. Die Personen, denen er zusteht, erbringen i. d. R. höhere Versicherungs- und Bausparleistungen, die sie im Einzelfall jeweils nachweisen. (2) Vorsorgepauschale (a) Sinn und Zweck V o m Vorsorge-Pauschbetrag nach § 10 c Abs. 2 E S t G ist die Vorsorgepauschale nach § 1 0 c Abs. 3 E S t G zu unterscheiden. Sie tritt an die Stelle des VorsorgePauschbetrags, wenn der Steuerpflichtige oder sein Ehegatte Arbeitslohn bezogen hat, sie steht also ausschließlich Arbeitnehmern zu. Sie dient der Vereinfachung und ist i. d. R. so hoch, daß alle Vorsorgeaufwendungen abgegolten sind. Eine Einkommensteuer-Veranlagung oder ein Lohnsteuerjahresausgleich erübrigen sich damit. Ubersteigen die tatsächlichen Aufwendungen die maßgebliche Vorsorgepauschale, dann müssen sie in diesen Verfahren geltend gemacht werden. Arbeitnehmer erhalten die Vorsorgepauschale unabhängig davon, ob sie selbst sozialversicherungspflichtig sind. Die Pauschale wird nicht, wie der Vorab-Abzug, nach § 10 Abs. 3 N r . 2 b E S t G fiktiv gekürzt. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige überhaupt Vorsorgeaufwendungen geleistet hat. Erbringt er Vorsorgeaufwendungen, so haben sie keine steuerliche Auswirkung, soweit sie die Vorsorgepauschale, die er ohnehin erhält, nicht übersteigen. Vorsorgeaufwendungen, die ein Steuerpflichtiger vor Einführung der Vorsorgepauschale 54 aus rein steuerlichen Gründen auf sich genommen hat, wird er nunmehr unterlassen. Das gilt besonders für Bausparkassen- und Lebensversicherungsbeiträge. Tatsächlich geleistete Vorsorgeaufwendungen werden steuerlich nur wirksam, falls die Vorsorgepauschale, die sich nach der Höhe des Arbeitslohns richtet, geringer ist als die Sonderausgaben-Höchstbeträge nach §10 Abs. 3 Nrn. 1 und 3 EStG. Ubersteigt aber der maßgebliche Arbeitslohn die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, dann wird die Vorsorgepauschale durch die SonderausgabenHöchstbeträge begrenzt, der Steuerpflichtige erhält also (im günstigsten Falle), ohne daß er auch nur einen Pfennig zu Vorsorgezwecken aufwendet (vom Vorab-Abzug nach §10 Abs. 3 N r . 2 E S t G abgesehen), den höchstmöglichen Sonderausgabenabzug. Dieses Ergebnis ist unbefriedigend. Es benachteiligt vor allen Dingen Steuerpflichtige, die hohe Vorsorgeaufwendungen leisten müssen und diese, wie ausgeführt, nur begrenzt abziehen dürfen. D a bei der Vorsorgepauschale der VorabA b z u g nach §10 Abs. 3 N r . 2 E S t G nicht berücksichtigt wird, wirken sich bei Steuerpflichtigen tatsächlich gezahlte Versicherungsbeiträge zusätzlich steuerlich aus, wenn ihnen der Vorab-Abzug wenigstens teilweise zur Verfügung steht.

54

Eingeführt durch das Einkommensteuerreformgesetz S. 1763, 1769 = BStBl. 1974 I S.530, 535.

424

(EStRG)

v. 5.8.1974,

BGB1.I

§27

Sonderausgaben

V 2

(b) Bemessungsgrundlage Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale ist gemäß § 1 0 c Abs. 3 E S t G der steuerpflichtige Jahresbruttoarbeitslohn 55 . Er ist um den Versorgungs-Freibetrag nach § 19 Abs. 2 E S t G , den Weihnachts-Freibetrag nach § 19 Abs. 3 E S t G und um den (auf den Arbeitslohn entfallenden") Altersentlastungsbetrag nach § 24 a E S t G zu vermindern und wird nach oben durch die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt. Sie beträgt: 1981: 52 8 0 0 , — D M , 1982: 56 4 0 0 , — D M , 1983: 6 0 0 0 0 , — D M . (c) Berechnung Die Vorsorgepauschale beträgt 18 % der maßgeblichen Bemessungsgrundlage, mindestens 300,— D M . Sie wird durch den Höchstbetrag nach § 10 Abs. 3 N r . 1 E S t G und den Erhöhungsbetrag nach § 10 Abs. 3 N r . 3 E S t G begrenzt. Die Berechnung erfolgt in zwei Stufen. In der ersten Stufe werden 9 % der Bemessungsgrundlage ermittelt, höchstens jedoch der Grundhöchstbetrag nach §10 Abs. 3 N r . 1 E S t G angesetzt. Er beträgt für jeden Steuerpflichtigen 2340,— D M , verdoppelt sich bei zusammenveranlagten Ehegatten und erhöht sich für jedes Kind des Steuerpflichtigen um 600,— D M und für ein Kind, das dem anderen Elternteil zugerechnet, vom Steuerpflichtigen aber unterhalten wird, um 300,— D M , § 1 0 c Abs. 3, 4 EStG. In der zweiten Stufe werden wiederum 9 % der Bemessungsgrundlage, höchstens jedoch der Erhöhungsbetrag, eingesetzt, wie er sich aus §10 Abs. 3 N r . 3 E S t G ergibt. Er beträgt für jeden Steuerpflichtigen 1170,— D M , verdoppelt sich bei zusammenveranlagten Ehegatten und erhöht sich für jedes Kind des Steuerpflichtigen um 300,— D M und für ein Kind, das dem anderen Elternteil zugerechnet, vom Steuerpflichtigen aber unterhalten wird, um 150,— D M , § 1 0 c Abs. 3, 4 EStG. Die Summe der jeweils niedrigeren Beträge aus den Stufen eins und zwei ist die Vorsorgepauschale. Sie ist auf den nächsten durch 54 ohne Rest teilbaren vollen DM-Betrag abzurunden, wenn sie nicht bereits durch 54 ohne Rest teilbar ist, § 10 c Abs. 3 S. 3 EStG. Dies ist erforderlich, um die Vorsorgepauschale in die Lohnsteuertabellen einzuarbeiten, bei der die jeweiligen Tarifsprünge ebenfalls 54,— D M betragen, vgl. auch § 32 a Abs. 2 EStG. Beispiele: (1) Ein lediger Steuerpflichtiger, 68 Jahre alt, erzielt einen Brutto-Arbeitslohn i. H . v . 25000,— DM. 1. Ermittlung der Bemessungsgrundlage: Arbeitslohn 25 000,— X Weihnachtsfreibetrag X 600,— 55 56

B F H v. 18.7.1980 VI R 97/77, BStBl. 1981 II S. 16, 18. Vgl. Gérard in Lademann/So fftng/Brockhoff, § 1 0 c Anm. 17; § 10 c A n m . 40.

Herrmann/Heuer/Raupach,

425

7

V 2 X Altersentlastungsbetrag 4 0 % v o n 25 0 0 0 , — = 10 000,—, höchstens B e m e s s u n g s g r u n d l a g e für die Vorsorgepauschale 2. Berechnung der V o r s o r g e p a u s c h a l e : a) 9 % von 2 1 4 0 0 , — höchstens der niedrigere Betrag ist anzusetzen b ) 9 % von 21 4 0 0 , — höchstens der niedrigere Betrag ist anzusetzen Insgesamt A b g e r u n d e t auf den nächsten durch 54 o h n e Rest teilbaren Betrag

2. Teil. 7. Kapitel. E i n k o m m e n

X 3 000 — 21 4 0 0 , — 1 926,— 2 340,— 1 926,— 1 926,— 1 170,— 1 170,— 3 096,— 3 078,—

(2)

Ein E h e m a n n , 40 J a h r e alt, 2 Kinder, wird mit seiner F r a u z u s a m m e n veranlagt. 1983 bezieht er einen B r u t t o - A r b e i t s l o h n von 35 6 0 0 , — D M , sie von 75 6 0 0 , — D M . 1. Ermittlung der B e m e s s u n g s g r u n d l a g e : Ehefrau Ehemann 75 6 0 0 , — Arbeitslohn 35 6 0 0 , — X 600,— X Weihnachtsfreibetrag X 600,— 75 0 0 0 , — Bemessungsgrundlage 35 000,— höchstens aber Beitragsbemessungsgrenze für 1983 anzusetzen 60000,— B e m e s s u n g s g r u n d l a g e insgesamt 95 000 — 2. Berechnung der V o r s o r g e p a u s c h a l e : a) 9 % von 95 0 0 0 , — 8 550,— höchstens (2 340 + 2 340 + 600 + 600) 5 880,— der niedrigere B e t r a g ist anzusetzen 5 880,b) 9 % von 9 5 0 0 0 — 8 550,höchstens (1 170 + 1 170 + 300 + 300) 2940,2940,— der niedrigere Betrag ist anzusetzen 8 820,— Insgesamt A b g e r u n d e t auf den nächsten durch 54 o h n e Rest teilbaren Betrag ! 802,-

(3)

Ein E h e m a n n , 40 J a h r e alt, 2 Kinder, wird mit seiner Ehefrau z u s a m m e n veranlagt. 1983 bezieht er einen Bruttoarbeitslohn von 35 6 0 0 , — D M , sie aus selbständiger Tätigkeit 75 6 0 0 , — D M . F ü r die Eheleute wird die Vorsorgepauschale nach den E i n k ü n f t e n des Arbeitnehmers berechnet. D i e H ö c h s t b e t r ä g e verdoppeln sich. D i e E i n k ü n f t e des anderen Ehegatten aus selbständiger Tätigkeit werden bei der Ermittlung der B e m e s s u n g s grundlage nicht berücksichtigt. 1. E r m i t t l u n g der B e m e s s u n g s g r u n d l a g e Ehemann Ehefrau Arbeitslohn 35 6 0 0 , — — X Weihnachtsfreibetrag X 600,— — Bemessungsgrundlage 35 0 0 0 , — —

426

§27 V 2

Sonderausgaben 2. Berechnung der Vorsorgepauschale a) 9 % von 35 000 — höchstens der niedrigere Betrag ist anzusetzen b) 9 % von 35000 — höchstens der niedrigere Betrag ist anzusetzen Insgesamt Abgerundet auf den nächsten durch 54 ohne Rest teilbaren Betrag

3150,— 5 880,— 3150,— 3150,— 2 940,— 2 940,— 6090,— 6048,—

Da die Einkünfte der Ehefrau bei der Berechnung der Vorsorgepauschale außer Betracht bleiben, ist sie relativ gering. Die Vorsorgepauschale wird daher die entstandenen Vorsorgeaufwendungen nicht abgelten. In diesem Falle können die Ehegatten die höheren Aufwendungen im Veranlagungsverfahren bis zur Ausschöpfung der Höchstgrenzen des §10 Abs. 3 EStG geltend machen.

(d) Besonderheiten bei nicht rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern Für bestimmte nicht rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer (§10c Abs. 7 i . V . m . §10 Abs.3 N r . 2 b, aa und bb EStG), also für Beamte, Richter, Geistliche, Vorstandsmitglieder einer AG, selbständige Handels- und Versicherungsvertreter sowie weiterbeschäftigte Altersrentner, kürzt § 10 c Abs. 3 S. 3 EStG ab 1983 den Grundhöchstbetrag von 2340,— DM und den Erhöhungsbetrag von 1170,— D M auf jeweils 1000,— DM. Beide Beträge verdoppeln sich bei Ehegatten, die zusammen veranlagt werden auf 2000,— DM, § 10 c Abs. 5 EStG. Kinderlosen Ehegatten, die beide nicht rentenversicherungspflichtig sind, steht damit eine Vorsorgepauschale von höchstens 4000,— DM zu. Soweit Kinder die Vorsorgepauschale erhöhen, gilt dies auch für nicht rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer. Ihre Sonderausgaben-Höchstbeträge nach §10 Abs. 3 EStG (von jeweils 2340,— DM) bleiben von der Kürzung der Vorsorgepauschale unberührt. Sie haben daher die Möglichkeit, im Rahmen dieser Höchstbeträge ihre tatsächlichen Vorsorgeaufwendungen, falls diese die Vorsorgepauschale übersteigen, im Lohnsteuer-Jahresausgleich oder im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren geltend zu machen. Beziehen beide Ehegatten Arbeitslohn, ist aber nur einer von ihnen nicht rentenversicherungspflichtig, begrenzt §10c Abs. 8 S. 1 N r . 2 EStG die Kürzung der Vorsorgepauschale auf diesen. Gemäß §10c Abs. 8 S. 3 EStG ist bei den Ehegatten aber insgesamt mindestens der Betrag abzuziehen, der sich nach § 1 0 c Abs. 3-5 EStG ergibt, wenn lediglich der nicht rentenversicherungspflichtige Ehegatte Arbeitslohn bezogen hätte. Diese Regelung kann Bedeutung haben, falls der andere Ehegatte einen geringen Arbeitslohn bezieht und deshalb eine Vorsorgepauschale von weniger als 2000,— DM bekommt. Der Mindestbetrag des § 10 c Abs. 8 S. 3 EStG soll gewährleisten, daß beim Lohnsteuer-Jahresausgleich oder bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die beim Lohnsteuerabzug des nicht rentenversicherungspflichtigen Ehegatten der Steuerklasse III berücksichtigte Vorsorgepauschale nicht wieder rückgängig gemacht wird. 427

§27 V 2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

c) Aus- und Weiterbildungskosten, $ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Aus- und Weiterbildungskosten, die dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten entstehen, sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben. Diese Regelung ist erforderlich, weil die Aus- und Weiterbildungskosten anderenfalls nicht abzugsfähig wären. Anders als die Fortbildungskosten, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden können 57 , gehörten die Aufwendungen zur Aus- und Weiterbildung (ohne die Regelung in §10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) zu den nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung. Ausbildungskosten sind gegeben, wenn sie im Zusammenhang mit der Ausbildung für einen künftigen Beruf entstehen. Das kann der erste, aber auch ein weiterer Beruf sein. Erforderlich ist aber stets, daß der Steuerpflichtige sie in der Absicht leistet, aufgrund der erlangten Ausbildung eine Erwerbstätigkeit auszuüben 5 '. Werden Kenntnisse vermittelt, die nicht auf einen bestimmten Beruf bezogen sind, sondern der Allgemeinbildung dienen, wie der Erwerb eines Führerscheins durch einen Gymnasiasten 59 , können die Aufwendungen dafür, sofern es sich nicht um die ausdrücklich begünstigte hauswirtschaftliche Aus- und Weiterbildung handelt, nur dann als Sonderausgaben abgezogen werden, soweit sie notwendige Grundlage für die Ausübung eines Berufes sind. Weiterbildungskosten entstehen, falls der Steuerpflichtige bereits einen Beruf gehabt hat; daß er ihn tatsächlich ausübte, ist nicht erforderlich. Sie sind abzugsfähig, weil ihm die Möglichkeit gegeben werden soll, seine beruflichen Fähigkeiten zu erhalten oder den veränderten Umständen anzupassen. Die Vorschrift hat vor allem Bedeutung für Ehefrauen, die später wieder in den Beruf eintreten wollen. Aufwendungen, die der unmittelbaren Wiederaufnahme des Berufes dienen, sind allerdings (vorweggenommene) Werbungskosten. Sonderausgaben i. S. d. §10 Abs. 1 N r . 7 EStG liegen nur vor, wenn der Steuerpflichtige ohne die Absicht, den Beruf auch tatsächlich auszuüben, Weiterbildungskosten aufgewendet hat. Typische Aus- und Weiterbildungskosten sind Ausgaben für Berufs- oder Schutzkleidung, Lehrgangs- und Teilnehmergebühren, Schulgelder, Aufwendungen für Literatur und Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Aus- oder Weiterbildungsstätte. Fahrtkosten, die durch die Benutzung des eigenen Fahrzeugs entstehen, können in tatsächlicher Höhe als Sonderausgaben berücksichtigt werden, es gelten also nicht die Einschränkungen gemäß §9 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Ist der Steuerpflichtige nicht in der Lage, die tatsächlich entstandenen Aufwendungen nachzuweisen, darf er bei der Benutzung eines PKW für jeden gefahrenen Kilometer einen Pauschbetrag von 0,42 D M ansetzen, Abschnitt 103 Abs. 3 S. 1 EStR. Es gilt also nicht, wie bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die Kilometerpauschale von 36 Pfennig je Entfernungskilometer. Ist der Steuerpflichtige zur

57

Zur Abgrenzung der Fort- von den Aus- und Weiterbildungskosten vgl. oben § 22 VI 1 d, S. 367 f. 5! B F H v. 17.11.1978 VI R 139/76, BStBl. 1979 II S. 180. " B F H v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl. 1977 II S. 834. 428

Sonderausgaben

§27 V 2

Aus- oder Weiterbildung auswärts untergebracht, also außerhalb des Ortes, in dem er seinen eigenen Hausstand60 unterhält, ist er berechtigt, die Kosten der Unterkunft, die Mehrverpflegungs- und die Fahrtkosten geltend zu machen. Aus- und Weiterbildungskosten sind höchstens bis zu einem Betrag von 900,— DM, bei auswärtiger Unterbringung bis zu 1200,— D M im Kalenderjahr, begünstigt. Hierbei handelt es sich um Höchst-, nicht um Pauschbeträge. Der Steuerpflichtige kann den Sonderausgabenabzug daher nur beanspruchen, falls er tatsächlich Aufwendungen in dieser Höhe gehabt hat. Wann sie während des Jahres angefallen sind, ist unerheblich; die Höchstbeträge werden für das Kalenderjahr, nicht zeitanteilig gewährt. Die Aufwendungen sind für das Kalenderjahr Sonderausgaben, in dem sie geleistet worden sind. Das gilt nach der Auffassung des BFH" auch dann, wenn der Steuerpflichtige sie durch die Aufnahme eines privaten oder öffentlichen Darlehens finanziert hat. Sonderausgaben seien nur die Kosten, die im Jahr der Darlehnsaufnahme entstanden seien, nicht aber die Rückzahlungsraten des Darlehens. Abzugsfähig sind aber die Zinsen für ein Ausbildungsdarlehen, und zwar auch dann, falls sie nach Abschluß der Berufsausbildung gezahlt werden". Der Steuerpflichtige verliert nicht den Sonderausgabenabzug, soweit ein Dritter finanziell zu seiner Ausbildung beiträgt. Anders ist es, wenn er steuerfreie Bezüge erhält, die unmittelbar zur Förderung seiner Aus- oder Weiterbildung bestimmt sind, also seine Aufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abgelten. In diesen Fällen entfällt der Sonderausgabenabzug; es fehlt an der eigenen Belastung des Steuerpflichtigen. Erhält er aber steuerfreie Bezüge (z.B. nach §§40, 44 Arbeitsförderungsgesetz", §§12, 13 Bundesausbildungsförderungsgesetz 64 ), die ausschließlich oder teilweise für seinen Lebensunterhalt bestimmt sind, so kürzen sie den Sonderausgabenabzug auch insoweit nicht, als in ihnen Leistungen enthalten sind, die der Aus- oder Weiterbildung dienen65. Aus- und Weiterbildungskosten, die ein Steuerpflichtiger für seinen Ehegatten aufwendet, stellen ebenfalls Sonderausgaben dar. Voraussetzung ist allerdings, daß die Ehegatten zusammen veranlagt werden können. Befindet sich lediglich ein Ehegatte in der Aus- oder Weiterbildung, darf der Höchstbetrag nach § 10 Abs. 1 N r . 7 EStG nur einmal in Anspruch genommen werden. Stehen beide Ehegatten in der Ausbildung, kommt ihnen der Höchstbetrag auch dann zweimal zugute, falls nur einer von ihnen die gesamten Kosten trägt. Wird der Höchstbetrag von einem 60

61

Zum eigenen Hausstand eines Ledigen vgl. FG Münster v. 4.6.1981 III 3172/78 L, EFG 1982, 79. U . v. 10.12.1971 VI R 209/69, BStBl. 1972 II S.250; v. 15.3.1974 VI R 252/71, BStBl.

1974 II S. 513; a.A. Blümich/Falk, §10 Anm. 1X4. 62 63 64 65

Hessisches FG v. 2 7 . 4 . 1 9 7 7 I 195/75, EFG 1977, 477; Abschnitt 103 Abs. 3 S. 8 EStR. Gesetz v. 2 5 . 6 . 1 9 6 9 , BGBl. I S. 582. Gesetz v. 9 . 4 . 1 9 7 6 , BGBl. I S. 989. B F H v. 4 . 3 . 1 9 7 7 VI R 168/75, BStBl. 1977 II S. 503; B F H v. 8.12.1978 VI R 26/76, BStBl. 1979 II S. 212. 429

§ 27

V

2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

Ehegatten nicht ausgenutzt, kann er ihn nicht auf den anderen übertragen. Es steht also jedem Ehegatten ein Höchstbetrag von 9 0 0 , — (1200,—) D M zu, nicht aber den Ehegatten ein einheitlicher Betrag von 1 8 0 0 , — (2400,—) D M .

d) Spenden, § 10 b EStG Spenden sind als Sonderausgaben (begrenzt) abzugsfähig, weil der Gesetzgeber dadurch die Spendenfreudigkeit fördern will, um auf diese Weise bestimmte Institutionen, die Aufgaben im allgemeinen Interesse wahrnehmen, zu begünstigen. Spenden sind freiwillige Leistungen. Hat sich ein Steuerpflichtiger freiwillig verpflichtet, eine Spende zu geben, spendet er gleichwohl freiwillig. Neben der Freiwilligkeit ist es erforderlich, daß die Leistung unentgeltlich erbracht wird. Sie ist unentgeltlich, falls ihr keine Gegenleistung des Empfängers gegenübersteht. Auch Mitgliedsbeiträge werden grundsätzlich unentgeltlich geleistet. Die Mitgliedschaft allein stellt keine Gegenleistung dar. An der Unentgeltlichkeit fehlt es aber, soweit der Steuerpflichtige durch seine Mitgliedschaft in dem begünstigten Verein geldwerte Vorteile erwirbt, wie dies i . d . R . bei Sportvereinen der Fall ist, die ihren Mitgliedern die unentgeltliche oder verbilligte Benutzung ihrer Anlagen und Einrichtungen ermöglichen. Die laufenden Beiträge und Eintrittsgebühren sind in diesen Fällen keine Spenden. Die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug einer Spende regelt § 10 b E S t G . D e r Steuerpflichtige muß eine Ausgabe zur Förderung bestimmter begünstigter Zwecke an einen Empfänger, der steuerbegünstigte Spenden entgegennehmen darf, oder Beiträge an politische Parteien geleistet haben. Schließlich hat der Spender durch eine Spendenquittung nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für den Abzug der Spenden als Sonderausgaben gegeben sind, § 48 Abs. 3 E S t D V .

aa) Ausgaben i. S. d. § 10 b EStG Spendet ein Steuerpflichtiger Geld, so besteht kein Zweifel an einer Ausgabe. Nach § 10 b Abs. 1 S. 3 E S t G liegt eine Ausgabe auch dann vor, wenn Wirtschaftsgüter, also Sachwerte, gespendet werden. Das gilt sowohl für materielle als auch für immaterielle Wirtschaftsgüter. Uberläßt ein Steuerpflichtiger einer begünstigten Institution allerdings ein Grundstück unentgeltlich zur Nutzung oder arbeitet er bei ihr unentgeltlich, sind die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht gegeben. Räumt er ihr die Nutzungsmöglichkeit ein oder erbringt er unentgeltlich Leistungen, fehlt es an Ausgaben; § 10 b Abs. 1 S. 3 E S t G sieht in der Zuwendung von Nutzungen und Leistungen keine Ausgabe. Daher kann auch eine Blutspende an das R o t e Kreuz nicht als Spende abgezogen werden. Aus dem Ausschluß von Nutzungen und Leistungen in § 10 b Abs. 1 S. 3 E S t G folgt jedoch nicht, daß Aufwendungen, die dem Spender im Zusammenhang mit einer von ihm erbrachten Arbeitsleistung aus seinem Vermögen abfließen, keine Sonderausgaben sind. Diese Vorschrift will den Sonderausgabenabzug von Leistungen verhindern, die keine Wertabgaben aus dem Vermögen des Spenders darstellen. Liegt eine Wertabgabe vor, so ist auch eine Ausgabe i. S. d. § 10 b Abs. 1 E S t G 430

§27 V 2

Sonderausgaben

gegeben. A n einer Ausgabe fehlt es daher nicht, falls der Steuerpflichtige auf Ersatzansprüche verzichtet, die ihm aufgrund der Verwendung seines eigenen P K W zugunsten der förderungswürdigen Einrichtung zustanden 6 6 . H a t er aber von v o r n herein auf eine Kostenerstattung verzichtet, so spendet er nichts. bb)

Begünstigte

Zwecke

N a c h § 10 b A b s . 1 S. 1 E S t G sind Spenden Sonderausgaben, soweit sie zur F ö r d e rung b e s t i m m t e r Z w e c k e geleistet werden. Das G e s e t z begünstigt n u r Ausgaben, die gemeinnützigen, mildtätigen, kirchlichen, religiösen, wissenschaftlichen und staatspolitischen Z w e c k e n dienen. W a n n derartige Z w e c k e erfüllt sind, ist in den § § 5 1 — 6 8 A O 1977 im einzelnen geregelt. A u f diese Vorschriften wird verwiesen. D a die in § 10 b A b s . 1 S. 1 E S t G aufgezählten steuerbegünstigten Z w e c k e nicht einheitlich behandelt werden, ist es erforderlich, sie in gemeinnützige Z w e c k e im engeren Sinne und in gemeinnützige Z w e c k e im weiteren Sinne aufzuteilen. Z u den gemeinnützigen Z w e c k e n im engeren Sinne gehören ausschließlich die als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Z w e c k e ; die übrigen, also mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche und staatspolitische, sind gemeinnützige Z w e c k e im weiteren Sinne. D i e gemeinnützigen Z w e c k e im engeren Sinne sind gemäß § 4 8 A b s . 2 E S t D V nur steuerbegünstigt, wenn sie durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der B u n desregierung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, allgemein als besonders förderungswürdig anerkannt worden sind. Eine abschließende Zusammenstellung dieser Z w e c k e enthält Anlage 7 zu Abschnitt 111 A b s . 1 E S t R . F ü r die gemeinnützigen Z w e c k e im weiteren Sinne bedarf es einer besonderen A n e r k e n n u n g nicht 6 7 . Ist ein gemeinnütziger Z w e c k vorhanden, fehlt es aber daran, daß er als besonders förderungswürdig anerkannt ist, kann gemäß § 4 8 A b s . 4 E S t D V die Bundesregierung mit Z u s t i m m u n g des Bundesrates durch allgemeine Verwaltungsvorschrift bestimmen, daß auch die Ausgaben zur Förderung dieser Z w e c k e als steuerbegünstigt anzuerkennen sind. W e l c h e Einrichtungen dazu gehören, ergibt sich aus A b s c h n i t t 111 A b s . 2 S . 2 E S t R . cc)

Spendenempfänger

Spenden sind steuerlich begünstigt, falls sie an Personen geleistet werden, die in § 4 8 A b s . 3 E S t D V bezeichnet sind. D a n a c h sind inländische" juristische Personen des öffentlichen R e c h t s (z. B . Gebietskörperschaften, Religionsgesellschaften und H o c h s c h u l e n ) , inländische öffentliche Dienststellen (z. B . B i b l i o t h e k e n , unselbständige Forschungsanstalten und Museen) und gemäß § 5 A b s . 1 N r . 9 K S t G von der Körperschaftsteuer befreite privatrechtliche Körperschaften, Personenvereini66

67 68

Vgl. B F H v. 25.7.1969 VI R 269/67, BStBl. 1969 II S.681; BFH v. 24.2.1972 IV R 2/68, BStBl. 1972 II S. 613; BFH v. 28.4.1978 VI R 147/75, BStBl. 1979 II S.297; FG Berlin v. 7.4.1981 VII 652/80, E F G 1982, 19, 20. Vgl. Abschnitt 111 Abs. 1 S. 4 EStR. Vgl. B F H v. 11.11.1966 VI R 45/66, BStBl. 1967 III S. 116. 431

§27

V 2

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

gungen und Vermögensmassen (§ 1 Abs. 2 K S t G ) berechtigte Spendenempfänger. Darüber hinaus gilt auch hier § 4 8 Abs. 4 EStDV. Schließlich sind gemäß § 10 b A b s . 2 E S t G politische Parteien i . S . d . § 2 ParteienG" berechtigt, steuerbegünstigte Spenden in Empfang zu nehmen. dd) Durchlauf

spenden

Durchlaufspenden können in zwei Ausgestaltungen auftreten: Zum einen sind es Spenden, die einer inländischen Körperschaft oder einer inländischen Dienststelle mit der Auflage übergeben werden, sie an eine ausländische Körperschaft weiterzuleiten. Geht aus der Spendenbescheinigung der Verwendungszweck hervor, ist im allgemeinen davon auszugehen, daß die Spenden für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Das gilt auch dann, wenn der Verwendungszweck im Ausland liegt70. Gibt eine inländische öffentlich-rechtliche Körperschaft oder öffentliche Dienststelle eine Spende bestimmungsgemäß an einen anderen inländischen Empfänger weiter, wird auch diese Spende als Durchlaufspende bezeichnet. Sie ist abzugsfähig, soweit der Empfänger zu dem Personenkreis des § 5 Abs. 1 N r . 9 KStG gehört und die Spende für seine satzungsgemäßen Zwecke verwendet 71 . Für diese Gestaltung bestünde kein Bedürfnis, wenn auch der endgültige Empfänger der Spende zum begünstigten Empfängerkreis zählte. In diesem Falle könnte der Spender seine Leistung dem Begünstigten unmittelbar zuwenden. Diese Gestaltung ist aber in vielen Fällen nicht möglich. Anlage 7 zu Abschnitt 111 Abs. 1 EStR hat die besondere Förderungswürdigkeit gemeinnütziger Zwecke in vielen Fällen (Nrn. 3, 4, 7, 18, 19, 20, 21, 22, 24, 26) davon abhängig gemacht, daß der Empfänger der Zuwendung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist. Organisationen, die nach § 5 Abs. 1 N r . 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind, scheiden somit insoweit als unmittelbare Spendenempfänger aus. Soll ihnen eine steuerbegünstigte Spende zukommen, so kann dies nur über eine Durchlaufspende geschehen, die Spende muß also einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer öffentlichen Dienststelle mit der Auflage gemacht werden, sie an das körperschaftsteuerbefreite Gebilde i. S. d. § 5 Abs. 1 N r . 9 weiterzuleiten. Die Auffassung der Finanzverwaltung, daß körperschaftsteuerbefreite Institutionen steuerbegünstigte Spenden nicht direkt, sondern nur auf dem Umweg über eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder öffentliche Dienststelle erlangen können, ist nicht überzeugend. Sie widerspricht § 4 8 Abs. 3 EStDV, der eine derartige Einschränkung nicht enthält72. 69 70

71

72

Gesetz v. 24. 7 . 1 9 6 7 , B G B l . I S. 773. Vgl. Erlaß des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen v. 2 8 . 1 2 . 1 9 7 0 — S 2323 — 2 — V B 3, D B 1971, 21. Vgl. B F H v. 1 8 . 7 . 1 9 8 0 VI R 1 6 7 / 7 7 , BStBl. 1981 II S . 5 2 m . w . N . ; Verfügung der O F D Koblenz v. 5 . 8 . 1 9 7 4 S 2223 A — St 31 1, F R 1979, 540. Vgl. F G Berlin v. 1 4 . 6 . 1 9 7 8 VI 7 4 / 7 8 , E F G 1979, 2 1 ; Gericke in Hartmann/Böttcher/ Nissen/Bordewin, § 1 0 b R z . 6 a ; Schmidt/Heinicke, § 1 0 b A n m . 9 ; Stolz, F R 1978, 475ff.

432

§27

Sonderausgaben

ee)

VI

Spendenquittung

Spenden dürfen nur als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß der Empfänger der Zuwendung zu den begünstigten Einrichtungen gehört und die Zuwendungen für die begünstigten Zwecke verwendet, § 4 8 Abs. 3 E S t D V . Nach herrschender Meinung 7 ' ist diese Spendenquittung eine notwendige materielle Voraussetzung für den Spendenabzug. Nach anderer Auffassung74 handelt es sich um eine Frage der objektiven Beweislast. Der Streit kann offen bleiben. Er wird sich in der Regel auf das Ergebnis nicht auswirken. In bestimmten Fällen ist der Spendennachweis erleichtert. Gemäß Abschnitt 111 Abs. 5 E S t R genügt für den Nachweis der Zahlungsbeleg der Post oder eines Kreditinstituts, falls die Zuwendung zur Linderung der N o t in Katastrophenfällen auf ein Sonderkonto eingezahlt worden ist oder die Zuwendung den Betrag von 1 0 0 , — D M nicht übersteigt.

f f ) Höhe der abzugsfähigen

Spenden

Spenden sind lediglich begrenzt als Sonderausgaben abzugsfähig. Sie werden nach § 10 b Abs. 1 S. 1 E S t G bis zur Höhe von insgesamt 5 % des Gesamtbetrages der Einkünfte oder bis zu zwei Promille der Summe der gesamten (steuerbaren und nicht steuerbaren) Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben berücksichtigt. Abzugsfähig ist der höhere der beiden Beträge. Für wissenschaftliche, staatspolitische und als besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke kann der Steuerpflichtige darüber hinaus weitere 5 % des Gesamtbetrags der Einkünfte geltend machen. Entscheidet er sich für den Ansatz von 2 Promille vom Umsatz, zuzüglich der Löhne und Gehälter, so bleibt es bei dieser Begrenzung auch dann, falls er die Spende für wissenschaftliche, staatspolitische und kulturelle Zwecke gemacht hat, die Abzugsberechtigung verdoppelt sich hier also nicht. Neben den Spenden i. S. d. § 10 b Abs. 1 EStG (auch neben denen für staatspolitische Zwecke) können Beiträge und Zuwendungen an politische Parteien bis 1800,— D M abgezogen werden. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich dieser Betrag.

VI.

Sonderausgaben-Pauschbetrag

Gemäß § 10 c Abs. 1 E S t G gewährt das Gesetz dem Steuerpflichtigen einen Sonderausgaben-Pauschbetrag i. H. v. 2 7 0 , — D M , der sich bei zusammenveranlagten Ehegatten auf 5 4 0 , — D M erhöht. Dieser Betrag soll, soweit keine höheren Aufwendungen nachgewiesen werden, Unterhaltsleistungen, Renten und dauernde Lasten,

73

74

Blümich/Falk, § 10 b Rz. 31; HerrmannlHeuerl Rdn.23. Schmidt/Heinicke, § 10 b Anm. 10.

Raupach,

§ 10 b Anm.10 a; Littmann,

§ 10 b

433 28

Tiedtke, Einkommensteuer

§ 2 7

VII

1

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

gezahlte Kirchensteuern, Lastenausgleichsabgaben, Steuerberatungskosten, Ausbildungskosten und Spenden abgelten. Wegen der geringen Höhe kommt dem Sonderausgaben-Pauschbetrag keine große Bedeutung zu.

VII. Nicht entnommener Gewinn, § 10 a EStG 1. Personenkreis N a c h § 10 a Abs. 1 E S t G ist es zulässig, auf Antrag bis zu 50 % der Summe der nicht entnommenen Gewinne, höchstens jedoch 20 000,— D M , als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Der nicht entnommene Gewinn, der hier begünstigt wird, gehört nicht zu den Sonderausgaben, er wird aber so behandelt, wie wenn Sonderausgaben vorlägen. Diese Vorschrift kommt nur einer bestimmten Personengruppe zugute. Sie bezweckt, die ihr entstandenen Nachteile dadurch zu mildern, daß sich ihr Eigenkapital aufgrund der Steuervergünstigung verstärkt. Die Steuervergünstigung des § 10 a E S t G steht lediglich bestimmten natürlichen Personen zu. Sie müssen Vertriebene, Flüchtlinge (vor allem DDR-Flüchtlinge und Spätaussiedler) oder aus bestimmten Gründen Verfolgte sein. Die Eigenschaft, Vertriebener oder Flüchtling zu sein, müssen sie durch Vorlage eines Ausweises i. S. d. § 1 5 Bundesvertriebenengesetz 75 nachweisen. Verfolgte sind verpflichtet, darzulegen, daß sie aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus verfolgt worden sind. Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, können die Steuervergünstigung nach § 10 a E S t G auch dann in Anspruch nehmen, wenn nur einer von ihnen zum begünstigten Personenkreis gehört. Werden sie getrennt veranlagt, wird nur dem Ehegatten die Vergünstigung gewährt, der selbst Flüchtling, Vertriebener oder Verfolgter ist, § 6 2 c E S t D V . §10 a E S t G gilt zwar unbefristet, enthält also keine Ubergangsregelung, die Vergünstigung, die er vorsieht, ist aber in doppelter Weise zeitlich begrenzt. Nach § 10 a Abs. 4 S. 1 E S t G kann der nicht entnommene Gewinn für den Veranlagungszeitraum vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, in dem der Steuerpflichtige erstmals (positive oder negative) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt hat. Außerdem darf er die Vergünstigung für die folgenden sieben Veranlagungszeiträume beanspruchen, sie ist daher auf einen Zeitraum von acht Jahren begrenzt. Nach Ablauf von 20 Veranlagungszeiträumen seit der erstmaligen Begründung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland ist die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung endgültig ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige erst danach eine betriebliche Tätigkeit aufnimmt. Durch die doppelte Begrenzung hat § 1 0 a E S t G keinen großen Anwendungsbereich mehr; der begünstigte Personenkreis ist nur noch gering.

75

G . i . d . F . v. 3 . 9 . 1 9 7 1 , B G B l . I S. 1565.

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Sonderausgaben

§27

VII 3

2. Sonstige Voraussetzungen § 10 a EStG kommt Vertriebenen, Flüchtlingen oder Verfolgten zugute, die durch die Vertreibung, Flucht oder Verfolgung ihre frühere Erwerbsgrundlage verloren haben, aus der sie bis zum Verlassen ihrer Heimat im wesentlichen ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten oder bestritten haben. Es ist nicht Voraussetzung, daß der Steuerpflichtige früher gewerbliche Einkünfte erzielt hat; es genügt vielmehr, wenn er überhaupt ausreichende Einkünfte besaß. Auch einem ehemaligen Arbeitnehmer steht daher die Vergünstigung des § 10 a EStG zu, falls er nunmehr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb (§ 10 a Abs. 1 S. 1 EStG) oder aus selbständiger Arbeit (§ 10 a Abs. 3 EStG) erzielt. Zusätzlich verlangt § 10 a Abs. 1 S. 1 EStG, daß der Steuerpflichtige im Begünstigungszeitraum den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, also einen Bestandsvergleich durchführt. Wer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 oder nach § 13 a EStG feststellt, ist somit von der Vergünstigung ausgeschlossen. Eine ordnungsgemäße Buchführung ist für die Inanspruchnahme der Vergünstigung nach § 10 a EStG nicht mehr erforderlich. Bemessungsgrundlage für §10a EStG ist der Gewinn, der nach bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen ermittelt worden ist. Von ihm werden die Entnahmen abgezogen. Sie können durch Einlagen des Steuerpflichtigen ausgeglichen werden. Erbringt er kurz vor Jahresende in der Absicht eine Einlage, sich die Steuervergünstigung nach § 10 a EStG zu erhalten, liegt darin, entgegen der Ansicht des BFH76, kein Umgehungsgeschäft i. S. d. §42 A O 1977, selbst wenn er die eingelegten Mittel zu Beginn des folgenden Jahres wieder entnimmt. Zu Recht weisen Blümich/Falk77 darauf hin, daß Entnahmen jederzeit durch Einlagen ausgeglichen werden können. § 10 a EStG enthalte insoweit keine Einschränkung. Für die Anwendung des §42 A O 1977 bestehe kein Bedürfnis. Entnehme der Steuerpflichtige den Gewinn, werde also der Zweck des §10a EStG, das Eigenkapital zu verstärken, nicht erreicht, greife § 10 a Abs. 2 EStG ein. Die Mehrentnahmen seien nachzuversteuern. Hat der Steuerpflichtige mehrere Gewerbebetriebe oder erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Land- und Forstwirtschaft, dann sind alle Gewinne und alle Entnahmen zusammenzurechnen und mit den Gewinnen zu saldieren. 3. Höchstgrenzen Der Steuerpflichtige kann 50 % der Summe der nicht entnommenen Gewinne, höchstens jedoch 20 000,— DM, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Die Höchstgrenze von 20000,— DM besteht auch, wenn er neben einem land- und forstwirtschaftlichen einen gewerblichen Betrieb führt. Erzielt er neben gewerblichen Einkünften oder solchen aus Land- und Forstwirtschaft auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit, so ist er berechtigt, insgesamt bis zu 40 000,— DM vom 76

77

U. v. 18.1.1972 VIII R 125/69, BStBl. 1972 II S.344; v. 6.11.1973 VIII R 12/71, BStBl. 1974 II S. 67. § 10a A n m . 5 b . 435

28*

§27

VIII 1

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Dies folgt aus § 10 a Abs. 3 EStG. Danach ist der Gewinn aus selbständiger Arbeit für sich zu behandeln, gehört also nicht zur Summe der Einkünfte, die für § 10 a Abs. 1 S. 1 EStG maßgebend ist. 4. Nachversteuerung Nach § 10 a Abs. 2 EStG ist der nicht entnommene Gewinn nachzuversteuern, falls der Steuerpflichtige in einem der folgenden drei Jahre nach der Inanspruchnahme der Vergünstigung Gewinne entnimmt, die die Summe der Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit in diesem Jahr übersteigt. Die Nachversteuerung wird durchgeführt, weil der Steuerpflichtige durch die Mehrentnahmen, entgegen seinem bisherigen Verhalten, den Sinn und Zweck des § 10 a E S t G , sein Kapital zu verstärken, vereitelt hat. Um die Nachversteuerung sicherzustellen, bestimmt § 1 0 a Abs. 1 S. 3 E S t G , daß der steuerbegünstigt in Anspruch genommene Gewinnanteil im Steuerbescheid besonders festzustellen ist. Die Nachversteuerung erstreckt sich lediglich auf den besonders festgestellten Betrag des nicht entnommenen Gewinns, erfaßt also nicht die gesamte Mehrentnahme. Hat der Steuerpflichtige neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft oder Gewerbebetrieb auch Gewinne aus selbständiger Arbeit, so ist die Berechnung getrennt bei den Gewinnen aus Land- und Forstwirtschaft oder Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit durchzuführen, § 4 7 Abs. 2 S. 1 EStDV. Die Nachsteuer wird nicht für den Veranlagungszeitraum erhoben, für den der Steuerpflichtige die Vergünstigung erhalten hat, sondern für den, in dem die Mehrentnahme erfolgt. Der nachzuversteuernde Betrag erhöht daher das Einkommen im Jahr der Mehrentnahme.

VIII. Verlustabzug, § 1 0 d EStG 1. Begriff § 10 d E S t G regelt den Verlustabzug. Er ist vom Verlustausgleich zu unterscheiden. Bevor ein Verlustabzug in Betracht kommt, ist der Verlustausgleich durchzuführen, positive und negative Einkünfte der einzelnen Einkunftsarten sind also zunächst in demselben Veranlagungszeitraum miteinander auszugleichen. Erst wenn nach diesem Verlustausgleich der Gesamtbetrag der Einkünfte negativ ist, also insgesamt ein Verlust entsteht, liegen die Voraussetzungen für den Verlustabzug vor. Die Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, unterliegen dem Verlustabzug. Der nach § 10 d E S t G abzugsfähige Betrag entspricht damit dem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte 78 . Der Verlustabzug erlaubt es, Verluste eines Veranlagungszeitraums mit Gewinnen anderer Wirtschaftsjahre zu verrechnen. „Wirtschaftlich gesehen", führt der BFH 7 9 anschaulich Vgl. Abschnitt 115 Abs. 2 S . 3 EStR. ' U . v. 4 . 9 . 1 9 6 9 IV R 2 8 8 / 6 6 , BStBl. 1969 II S. 726.

78 7

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§27

VIII 2

aus, „ist der Verlustabzug ein auf spätere Veranlagungszeiträume verlegter Verlustausgleich." § 10 d EStG ist keine Billigkeitsvorschrift. Er will vielmehr die Nachteile ausgleichen, die sich aus der Abschnittsbesteuerung ergeben, also „ein Gegengewicht gegen das starre Prinzip des Wirtschaftsjahres als Gewinnermittlungszeitraum" 80 schaffen. Er soll die Härten mildern, die darin liegen, daß Verluste, soweit sie im Entstehungsjahr nicht ausgeglichen werden können, steuerlich unberücksichtigt bleiben, während Gewinne unabhängig davon, ob sie durch frühere Verluste belastet sind, voll versteuert werden müssen. § 10 d EStG hat daher die Aufgabe, eine Durchschnittsbesteuerung zu erreichen". Den Verlustabzug verwirklicht das Gesetz, indem es dem Steuerpflichtigen gestattet, die nicht ausgeglichenen Verluste in vorangegangene Veranlagungszeiträume zurückzutragen (Verlustrücktrag) und auf nachfolgende Veranlagungszeiträume vorzutragen (Verlustvortrag). Der Verlustabzug ist lediglich ein Oberbegriff für diese beiden Gestaltungsformen. 2. Berechtigung z u m Verlustabzug Den Verlustabzug nach § 10 d EStG können natürliche Personen, Personengesellschaften und juristische Personen geltend machen. § 10 d EStG wirkt sich somit auf die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 4 KStG) aus. Für die Gewerbesteuer gilt §10a GewStG. Danach kommt nur ein Verlustvortrag, nicht aber ein Verlustrücktrag in Betracht. Die Gemeinden sollen vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewahrt werden, die entstünden, wenn sie erhaltene Gewerbesteuer aufgrund eines Verlustrücktrages zurückzahlen müßten. § 10 d EStG gilt für Verluste aus allen sieben Einkunftsarten, ist also nicht mehr, wie vor dem Veranlagungszeitraum 1975, auf die Gewinneinkunftsarten beschränkt. Es kommt auch nicht mehr darauf an, ob eine ordnungsmäßige Buchführung vorhanden ist. Verluste kann somit auch ein Arbeitnehmer vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Ist er arbeitslos, darf er Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung (vor allem aus der Inanspruchnahme der Abschreibung nach § 7 b EStG) im Wege des Verlustabzugs auf andere Veranlagungszeiträume zurück- oder vortragen. Will ein Arbeitnehmer vom Verlustabzug Gebrauch machen, muß er beim Finanzamt einen Antrag auf Durchführung einer Veranlagung stellen, § 46 Abs. 2 Nr. 8 b, c EStG. Im übrigen ist der Verlustabzug von Amts wegen durchzuführen. Der Verlustabzug kann nur von dem Steuerpflichtigen durchgeführt werden, der den Verlust erlitten hat, zwischen beiden muß also Personenidentität' 2 bestehen. Es ist damit unzulässig, die Berechtigung zum Verlustabzug durch Rechtsgeschäft auf einen anderen zu übertragen. Wer einen Betrieb entgeltlich oder unentgeltlich erwirbt, erlangt daher nicht die Möglichkeit, die Verluste dieses Betriebes geltend 80 81 82

U . v. 2 8 . 7 . 1 9 6 1 VI 25/61 U , BStBl. 1961 III S.436. Vgl. B F H v. 17.2.1961 VI 66/59 U , BStBl. 1961 III S.230, 231. Vgl. B F H v. 19.12.1973 I R 137/71, BStBl. 1974 II S. 181, 182. 437

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zu machen. Das gleiche gilt, falls der Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen wird. An der Personenidentität fehlt es auch, wenn ein Steuerpflichtiger eine Kapitalgesellschaft erwirbt, die ihre bisherigen Vermögenswerte im wesentlichen verloren hat, ihr neue Mittel zuführt und sie wirtschaftlich neu belebt (Mantelkauf). Dieser Vorgang ist so zu behandeln, wie wenn die Gesellschaft zunächst liquidiert und alsdann neu gegründet würde". Wird eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, hängt die Frage, ob ein Verlustabzug nach § 10 d EStG in Betracht kommt, davon ab, ob es sich um eine formwechselnde oder übertragende Umwandlung handelt84. Es kommt also darauf an, ob der Rechtsträger wechselt oder erhalten bleibt. Ändert sich nur die Rechtsform, nicht aber der Rechtsträger, ist die Personenidentität gewahrt und damit der Verlustabzug möglich. Anderenfalls fehlt die Personenidentität. Verluste einer Kapitalgesellschaft, die auf einen Einzelunternehmer oder auf eine Personengesellschaft übertragen wird, sind daher nicht abzugsfähig. Einen Verlust, den ein Erblasser erlitten hat, der bei ihm weder ausgeglichen oder rückgetragen werden kann, darf der Erbe im Wege des Verlustabzugs geltend machen, soweit er nicht in der Lage ist, diese Verluste mit eigenen anderen positiven Einkünften im Wege des Verlustausgleichs zu verrechnen' 5 . Der Verlustabzug des Erben für Verluste des Erblassers ist in folgender Reihenfolge zulässig: — Verlustausgleich beim Erblasser im Todesjahr, — Verlustrücktrag beim Erblasser, — Verlustausgleich beim Erben im Todesjahr des Erblassers, — Verlustrücktrag beim Erben, — Verlustvortrag beim Erben. Sind mehrere Erben vorhanden, ist der Verlust des Erblassers nach dem Verhältnis der Erbteile bei den einzelnen Erben auszugleichen oder abzuziehen. Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer sind keine Erben. Sie können daher einen Verlust des Erblassers weder als Verlustausgleich noch im Wege des Verlustabzugs geltend machen. Auch eine Ehegatte darf nur den Verlust nach § 10 d EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen, den er selbst erlitten hat. Es ist unerheblich, ob der Verlust zu einer Zeit entstanden ist, in der die Ehegatten getrennt oder zusammen veranlagt worden sind, § 62 d EStDV. Werden sie zusammen veranlagt, so ist der Verlustabzug auch dann zulässig, falls die Einkünfte, auf die sich die Verluste auswirken, allein von dem anderen Ehegatten erzielt worden sind86. 85 84 85

86

Vgl. BFH v. 19.12.1973 I R 137/71, BStBl. 1974 II S. 181, 182 m . w . N . Vgl. B F H v. 8.4.1964 VI 205/61 S, BStBl. 1964 III S. 306. Vgl. BFH v. 17.5.1972 I R 126/70, BStBl. 1972 II S. 621; Abschnitt 115 Abs. 1 EStR; BdFSchreiben v. 11.8.1976, IV B 2 — S 2225 — 80/76, BStBl. 1976 I S.418; a.A. Herrmann/ Heuer/Raupach, § 10 d, Allgemeine Erläuterungen III4 (grüne Blätter); sie meinen, es gebe weder eine Vererbung des Verlustausgleichs noch des Verlustvortrages. B F H v. 4.9.1969 IV R 288/66, BStBl. 1969 II S. 726.

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3. Ermittlung des abzugsfähigen Verlustes Ein Verlust kann nach § 10 d EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit er bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt wird. Umstände, die zu einem Verlust führen, die Einkünfte aber nicht berühren, bleiben beim Verlustabzug außer Betracht. Deshalb darf ein Verlust aus Liebhaberei auch nicht nach § 10 d EStG geltend gemacht werden. Das gleiche gilt, wenn die Ehefrau, die nicht im Betrieb ihres Mannes arbeitet, seine betrieblichen Schulden tilgt87. Die Aufwendungen der Frau sind nicht betrieblich veranlaßt, stehen also in keinem Zusammenhang mit dieser oder einer anderen Einkunftsart. Daran ändert sich auch nichts, falls die Ehefrau aus einer uneingeschränkten Bürgschaft in Anspruch genommen wird, nachdem über das Vermögen des Mannes ein Vergleichsverfahren eröffnet worden ist. Obwohl der Vergleich sich auf den Umfang der Bürgenhaftung nicht auswirkt, § 82 Abs. 2 VerglO88, sie also in vollem Umfang für die Schulden des Mannes einstehen muß, scheidet ein Verlustabzug aus; die Übernahme der Bürgschaft ist ein privater Vorgang, der grundsätzlich bei keiner Einkunftsart berücksichtigt wird. Entsteht der Verlust aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung i. S. d. § 17 EStG, greift § 10 d EStG ein; ein derartiger Verlust gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, §17 Abs. 1 S. 1 EStG. Insoweit ist auch eine Bürgschaft, die im Zusammenhang mit der Beteiligung übernommen wird, zu berücksichtigen. Diese zählt zu den nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung8', erhöht also den abzugsfähigen Verlust. Verluste, die vor und während eines Konkursverfahrens entstehen, sind uneingeschränkt90 nach § 10 d EStG abzugsfähig. Die Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners werden von dem Konkurs nicht berührt. Der Umstand, der Gemeinschuldner werde seine Gläubiger voraussichtlich nicht befriedigen, steht dem Verlustabzug daher nicht entgegen. Verzichten die Gläubiger später auf ihre Forderungen oder ergibt sich aus anderen Gründen, daß der Gemeinschuldner mit einer Inanspruchnahme durch seine Gläubiger ernsthaft nicht mehr zu rechnen hat, führte dies, da eine Verbindlichkeit entfällt, zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Auch Einnahmen und Gewinne, die bei der Ermittlung der Einkünfte nicht zu berücksichtigen sind, kürzen den abzugsfähigen Verlust nicht, steuerfreie Einnahmen, steuerfreie Sanierungsgewinne und steuerfreie Veräußerungsgewinne wirken sich somit auf die Höhe des abzugsfähigen Verlustes nicht aus. Der Altersentlastungsbetrag nach § 24 a EStG und der AusbildungsplatzAbzugsbetrag nach § 24 b EStG erhöhen den Verlustabzug nach § 10 d EStG". Der abzugsfähige Verlust i. S. d. § 10 d EStG ist nicht gesondert festzustellen. Uber seine Höhe wird nicht im Entstehungsjahr, sondern im jeweiligen Abzugsjahr

Vgl. auch B F H v. 18.4.1972 VIII R 12/66, BStBl. 1972 II S. 757. G. v. 2 6 . 2 . 1 9 3 5 , RGBl. I S. 321. 89 Vgl. Schmidt, § 17 Anm. 24 e m. w. N. 90 B F H v. 4 . 9 . 1 9 6 9 IV R 288/66, BStBl. 1969 II S.726. " Vgl. Söffing, FR 1976, 209, 212; a.A. Dewein, FR 1976, 582. 87 88

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VIII 5

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

entschieden. Ein Verlust ist, soweit er nicht, wie bei Personengesellschaften, gesondert festgestellt wird, als unselbständige Besteuerungsgrundlage im Jahr der Entstehung nicht anfechtbar; im übrigen fehlt es auch an der Beschwer. Ein Einspruch kann daher nur gegen den Steuerbescheid des Jahres eingelegt werden, in dem sich der Verlust steuermindernd auswirkt. Anders ist die Rechtslage bei einer Personengesellschaft. Bei ihr wird die Höhe des Verlustes durch das Betriebsfinanzamt gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 A O 1977 einheitlich und gesondert festgestellt. Dieser Bescheid ist für das Wohnsitzfinanzamt nicht nur für das Jahr verbindlich, in dem der Verlust entsteht, sondern auch für die Jahre, in denen der Verlustabzug geltend gemacht wird. Meint ein Gesellschafter, der Verlust sei in dem Feststellungsbescheid zu niedrig angesetzt, kann (und muß) er gegen diesen Bescheid Einspruch einlegen. In diesem Falle ist der Verlust aufgrund der gesonderten Feststellung eine selbständige Besteuerungsgrundlage und damit selbständig anfechtbar, §351 Abs. 2 A O 1977. 4. Reihenfolge des Verlustabzugs Gemäß § 10 d E S t G sind abzugsfähige Verluste wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Fraglich ist, ob zunächst die übrigen Sonderausgaben oder als erstes Verluste abgesetzt werden müssen. Die steuerliche Auswirkung kann unterschiedlich sein, je nachdem, ob der Verlustabzug vorrangig oder nachrangig vorgenommen wird. Deshalb bestimmt Abschnitt 115 Abs. 3 S.2, 3 EStR, der Verlustabzug sei in der Reihenfolge vorzunehmen, die für den Steuerpflichtigen am günstigsten ist. Ubersteigt die Summe der abzugsfähigen Sonderausgaben und der sonstigen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehenden Beträge (nicht entnommener Gewinn nach § 10 a EStG, außergewöhnliche Belastungen, §§33 ff. EStG, Freibetrag für freie Berufe, §18 Abs. 4 EStG) den Gesamtbetrag der Einkünfte, ist der Verlustabzug in der Regel zuletzt zu berücksichtigen. Eine andere Reihenfolge kommt nur in Betracht, falls der Steuerpflichtige dies beantragt. Äußert er sich nicht, wird der Verlustabzug nachrangig durchgeführt 92 . 5. Verlustrücktrag § 10 d EStG gewährt dem Steuerpflichtigen kein Wahlrecht zwischen dem Verlustrücktrag und dem Verlustvortrag. Er muß den abzugsfähigen Verlust zunächst bis zur Höhe von 5 Millionen D M (ab 1983: 10 Millionen D M , vgl. die geplante Änderung des § 10 d E S t G durch das Steuerentlastungsgesetz 1984, BR-Drucks. 303/83, S. 5) in dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum, also dem Veranlagungszeitraum zurücktragen, der dem Kalenderjahr vorangeht, in dem der Verlust entstanden ist. Verluste, die dem Steuerpflichtigen erstmals seit 1982 entstanden 92

Vgl. Schmidt/Drenseck, § 10 d Anm. 6; Sommer in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, § lOd Rdn. 14ff.; a.A. FG des Saarlandes v. 22.5.1981 I 359/79 EFG 1981, 547; Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 d, Erläuterungen zu Satz 1—3, Anm. II 2 (grüne Blätter).

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Sonderausgaben

§27

VIII

5

sind, sind in dem zweiten dem Verlustjahr vorangegangenen Zeitraum zurückzutragen. Ist in diesem Veranlagungszeitraum ein Verlustrückgang ausgeschlossen oder nur teilweise möglich, so ist er in dem Veranlagungszeitraum durchzuführen, der dem Verlustjahr vorangeht, § 10 d S. 1 EStG. Der Verlustrücktrag luhrt zwar dazu, daß dem Steuerpflichtigen, der einen Verlust erlitten hat, Geldmittel zufließen, weil ihm bereits gezahlte Steuern zu erstatten sind. Gleichwohl kann er aber erhebliche Nachteile mit sich bringen; Steuervergünstigungen, die er in den Jahren in Anspruch genommen hat, in die er den Verlust (nachträglich) zurückträgt, werden gegenstandslos". Ein Verlustrücktrag ist auch dann vorzunehmen, falls der Steuerbescheid für den maßgeblichen Veranlagungszeitraum bestandskräftig ist. § 10 d S.2, 3 EStG erlaubt die Berichtigung bestandskräftiger Bescheide, soweit ein Verlustabzug erstmals zu gewähren oder ein bereits durchgeführter Verlustrücktrag zu berücksichtigen ist. Streitig ist die Frage, ob der Steuervorteil, der sich durch die nachträgliche Berücksichtigung des abzugsfähigen Verlustes ergibt, mit Rechtsfehlern, die sich zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken, gemäß §177 AO 1977 zu saldieren ist. Nach überwiegender Meinung' 4 verbietet die gesetzliche Zweckbestimmung des Verlustrücktrags, die Liquidität des Steuerpflichtigen durch eine Steuererstattung zu verbessern, eine Saldierung. Dieser Zweck steht m. E. einer Saldierung nicht entgegen. § 1 7 7 A O 1977 gilt für alle Fälle, in denen die Bestandskraft einer Steuerfestsetzung aufgehoben wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Berichtigungsvorschrift in der Abgabenordnung oder in anderen Gesetzen enthalten ist. Das folgt, wie das FG Münster 95 zutreffend feststellt, aus § 172 Abs. 1 Nr. 2 d A O 1977. Danach kann ein Steuerbescheid auch geändert werden, soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist. Eine Berichtigungsvorschrift, wie sie in § 10d S.2, 3 EStG enthalten ist, steht daher nicht neben den allgemeinen Berichtigungsvorschriften der §§172 ff. A O 1977. Sie ist vielmehr in diese einbezogen. Das FG Münster" hat somit die Saldierung von Rechtsfehlern bei der Berichtigung aufgrund des § 10 d S. 2, 3 EStG zu Recht bejaht. Der Verlustrücktrag ist der Höhe nach begrenzt. Er darf nur bis zu 5 (10) Millionen DM in Anspruch genommen werden. Zusammenveranlagten Ehegatten, die beide nicht ausgeglichene Verluste erlitten haben, steht jeweils ein eigener HöchstbStrag zur Verfügung. Hat ein Ehegatte mehr als 5 (10) Millionen DM Verlust, kann der Betrag, der die Höchstgrenze übersteigt, auch dann nicht zurückgetragen werden, falls der andere Ehegatte seinen Höchstbetrag nicht ausschöpft, § 62 d Abs. 2 S. 2 EStDV. Der Höchstbetrag ist personen-, nicht betriebsbezogen. Er steht daher nicht der Personengesellschaft (nur einmal) zu. Jeder Gesellschafter einer Personengesellschaft ist befugt, die auf ihn entfallenden VerVgl. dazu Beck, D B 1976, 504; Müller-Dott, D B 1976, 1032. " Abschnitt 1 1 5 Abs. 9 S. 3, 4 EStR; Herrmann/Heuer!Raupach, Satz 1—3, A n m . III 1, S. 16 (grüne Blätter); Schmidt/Drenseck, 95 U. v. 1 9 . 2 . 1 9 8 2 XI — VII 3244/79 E, EFG 1982, 523. * U. v. 1 9 . 2 . 1 9 8 2 XI — VII 3244/79 E, EFG 1982, 523. 93

§ 1 0 d , Erläuterungen zu § 10 d, A n m . 7.

441

§27

Vili 7

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

luste bis zum Höchstbetrag von je 5 (10) Millionen D M geltend zu machen. Bei einer Kapitalgesellschaft ist der Verlust dieser Gesellschaft maßgebend. Ihr steht daher der Höchstbetrag zu. Bei einer Organschaft ist der Organträger berechtigt, den Verlustabzug im Rahmen des Höchstbetrages vorzunehmen. 6. V e r l u s t v o r t r a g Soweit der nicht ausgeglichene Verlust nicht zurückgetragen werden darf, weil der Steuerpflichtige in den beiden dem Verlustjahr vorausgehenden Veranlagungszeiträumen keine (oder keine ausreichenden) positiven Einkünfte hatte, ist er in den (dem Verlustjahr) folgenden 5 Veranlagungszeiträumen wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Das gleiche gilt für die Verluste, die den Höchstbetrag von 5 (10) Millionen D M übersteigen. F ü r den Verlustvortrag besteht keine höhenmäßige Begrenzung. Es können daher im 5-Jahreszeitraum alle Verluste vorgetragen werden. Dieser Zeitraum ist auch dann maßgebend, wenn der Steuerpflichtige keinen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte hat, mit dem er diese Verluste verrechnen kann. A u c h ein Konkursverfahren beeinflußt die 5-Jahresfrist nicht; eine Verlängerung dieser Frist ist ausgeschlossen' 7 . D e r Verlustvortrag ist jeweils so frühzeitig und so weitgehend wie möglich vorzunehmen. Bestand die Möglichkeit, die Verluste in einem vorhergehenden Veranlagungszeitraum abzuziehen, hat der Steuerpflichtige dies aber unterlassen, so ist der Verlustvortrag insoweit unzulässig. E r kann nicht nachgeholt werden, § 10 d S. 4, 2. H S E S t G . H a t der Steuerpflichtige nicht ausgeglichene Verluste aus verschiedenen Verlustjahren, m u ß er zunächst den zuerst entstandenen Verlust vortragen. Führt die Änderung eines Verlustrücktrags oder anderer Besteuerungsgrundlagen dazu, daß sich dies auf den vorzutragenden Verlust auswirkt, so sind die bestandskräftigen Steuerbescheide in entsprechender Anwendung des § 10 d S . 2 , 3 E S t G zu berichtigen".

7. A u s s c h l u ß des V e r l u s t a b z u g s D e r Verlustabzug nach § 10 d E S t G setzt voraus, daß zunächst ein Verlustausgleich durchgeführt worden ist. E r ist daher stets ausgeschlossen, soweit ein Verlustausgleich unzulässig ist". Das ist dann der Fall, wenn die Voraussetzungen von § 2 a Abs. 1, § 15 Abs. 2 (ab 1 9 8 4 : Abs. 3), § 22 N r . 3 S. 3, § 2 3 Abs. 4 S. 3 E S t G oder § 15 N r . 1 K S t G gegeben sind. K o m m t § 15 a E S t G zur Anwendung, ist der Verlustabzug nur eingeschränkt möglich.

B F H v. 12.9.1972 VIII R 23/67, BStBl. 1972 II S.946. § 10 d Anm. 9; Sommer in Hartmann! " Abschnitt 115 Abs. 9 S. 7, 8 EStR; Schmidt/Drenseck, Böttcker/Nissen/Bordewin, § 10 d Rdn.29; a. A. Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 d, Erläuterungen zu S. 4, Anm. III (grüne Blätter). 99 Vgl. dazu die Ausführungen über den Ausschluß des Verlustausgleichs, § 24 III, S. 394 ff. 97

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Außergewöhnliche Belastungen

§28 II

§ 28 Außergewöhnliche Belastungen, §§ 33, 33 a, 33 b EStG I. Bedeutung Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, können sie gemäß der §§ 33, 33 a, 33 b EStG als „außergewöhnliche Belastung" vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Obwohl es in §33 Abs. 1 EStG heißt, außergewöhnliche Belastungen ermäßigten auf Antrag die Einkommensteuer, ist diese Vorschrift, entgegen der herrschenden Meinung 1 , keine Tarifvorschrift. Die Formulierung, wie sie in § 33 Abs. 1 EStG enthalten ist, ist überflüssig. Immer dann, wenn etwas vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgesetzt werden darf, ermäßigt sich die Einkommensteuer. Auch aus der gesetzlichen Einordnung der §§ 33 ff. EStG „unter IV. Tarif" ergibt sich nichts anderes. Im übrigen kann die Streitfrage offen bleiben; sie hat keine Auswirkung auf die Auslegung dieser Vorschrift. Die Bestimmungen, die die außergewöhnlichen Belastungen regeln, haben die gleiche Bedeutung wie der Sonderausgabenabzug. Sie schließen § 12 Nr. 1 EStG aus, lassen also Kosten der privaten Lebensführung ausnahmsweise zum Abzug zu. Sie ergänzen das Existenzminimum, wie es in § 32 a Abs. 1 Nr. 1 EStG festgelegt ist, und den Sonderausgabenabzug. Ihr Sinn und Zweck besteht darin, die Steuerbelastung der persönlichen Leistungsfähigkeit anzupassen, indem sie berücksichtigen, daß das Existenzminimum in diesen Fällen höher ist als im Normalfall 2 .

II. Arten Das Gesetz unterscheidet mehrere Arten von außergewöhnlichen Belastungen. Es normiert in §33 EStG einen offenen Tatbestand, unter den, falls nicht §33 a EStG eingreift, alle außergewöhnlichen Belastungen fallen. Besonders häufig vorkommende Belastungen sind in §§ 33 a, 33 b EStG geregelt. Liegen die Voraussetzungen des § 33 a EStG vor, ist § 33 EStG ausgeschlossen. Aufwendungen, wie sie in § 33 a EStG enthalten sind, können nur bis zu den dort vorgesehenen Höchstbeträgen geltend gemacht werden. § 33 b EStG, der Pauschbeträge für Körperbehinderte und Hinterbliebene enthält, schließt dagegen die Anwendung des § 33 EStG nicht aus. Ubersteigen die Aufwendungen die Pauschbeträge, dürfen sie im Rahmen des § 33 EStG abgezogen werden.

1

2

Vgl. BFH v. 9.4.1965 VI 23/65 S, BStBl. 1965 III S.441; Blümich/Falk, Littmann-Grube, § 33 Rdn. 1 a. Ebenso Schmidt/Drenseck, §33 Anm. 1; Tipke, S.290.

§33 A n m . 2 ;

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§28

II 1

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

1. Außergewöhnliche Belastungen nach §33 E S t G Will ein Steuerpflichtiger außergewöhnliche Belastungen geltend machen, dann setzt dies im einzelnen voraus: — — — — a)

(notwendige und angemessene) Aufwendungen, die ihn außergewöhnlich und zwangsläufig belasten und die zumutbare Eigenbelastung übersteigen.

Aufwendungen

N a c h § 33 EStG müssen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen entstanden sein, die ihn endgültig belasten. Sie dürfen weder zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten noch zu den Sonderausgaben (von Ausbildungskosten i. S.d. §10 Abs. 1 N r . 7 EStG abgesehen) gehören, §33 Abs. 2 S.2 EStG. Sind sie für Diätverpflegung angefallen, bleiben sie steuerlich unberücksichtigt, §33 Abs. 2 S.3 EStG. Erhält ein Steuerpflichtiger von dritter Seite (z. B. einer Versicherung) seine Ausgaben ersetzt, liegt keine außergewöhnliche Belastung vor 5 ; er ist nicht endgültig belastet. Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung, die seinen Verdienstausfall, nicht aber seine Krankheitskosten ausgleichen, führen nicht dazu, daß es an seiner endgültigen Belastung mangelt 4 ; es fehlt an einer Verbindung zwischen dem Aufwand und der Ersatzleistung. Wann der Steuerpflichtige seine Aufwendungen ersetzt erhält, ist unerheblich. § 11 Abs. 2 EStG gilt hier nicht. Deshalb sind bei der Ermittlung 5 der H ö h e der außergewöhnlichen Belastungen auch solche Ersatzleistungen, Beihilfen und andere Erstattungsbeträge abzuziehen, die ihm erst in einem späteren Kalenderjahr zufließen'. Andererseits wird nicht darauf abgestellt, wann die Aufwendungen abfließen. Es ist vielmehr maßgebend, wann für den Steuerpflichtigen eine Belastung eintritt. N i m m t er ein Darlehen auf, so ist er nicht belastet, wenn er die Darlehnsvaluta ausgibt, sondern erst dann, wenn er das Darlehen tilgt 7 . Aufwendungen, für die der Steuerpflichtige einen Gegenwert erlangt (Gegenwerttheorie), sind nach herrschender Meinung 8 keine außergewöhnlichen Belastungen. Werden sie für die Einrichtung einer Wohnung, die Anschaffung einer Geschirrspülmaschine, für Schallschutzfenster oder für die Wiederbeschaffung eines gestohlenen P K W geleistet, können sie demnach keine außergewöhnlichen Belastungen sein. Die Rechtspre-

3

Allg. Meinung vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 Anm. 9 d m. w. N. BFH v. 22.10.1971 VI R 242/69, BStBl. 1972 II S. 177. Zur praktischen Durchführung vgl. Herrmann/Heuer/Raupack, § 33 Anm. 9 d. 6 BFH v. 21.8.1974 VI R 236/71, BStBl. 1975 II S. 14; a.A. Tipke, StuW 1975, 172, 178. 7 BFH v. 19.4.1974 VI R 63/71, BStBl. 1974 II S.516, 517; Bühler/Paulick/Freericks, §33 Rdn. 7e. » BFH v.23.1.1976 VI R 62/74, BStBl. 1976 II S. 194; BFH v. 4.3.1983 VI R 189/79, BStBl. 1983 II S. 378; Blümich/Falk, §33 Anm. 3 a cc; Littmann-Grube, §33 Rdn. 18, 18h. 4

5

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Außergewöhnliche Belastungen

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II 1

chung' läßt aber Ausnahmen zu. Sie wendet die Gegenwerttheorie nicht an, falls der Verlust von Hausrat und Kleidung auf einem unabwendbaren Ereignis (Brand, Diebstahl, Hochwasser, Krieg, Vertreibung, politische Verfolgung, Spätaussiedlung) beruht. Werden dem Steuerpflichtigen Kleidungsstücke auf einer Urlaubsreise entwendet, soll eine Ausnahme von der Gegenwerttheorie nicht vorliegen10. M. E. kann es bei der Frage, ob Aufwendungen den Steuerpflichtigen endgültig belasten oder lediglich sein Vermögen umschichten, nicht darauf ankommen, ob er für seine Aufwendungen einen Gegenwert erhält; er hätte keine Aufwendungen gehabt, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Ersetzt er einen gestohlenen Gegenstand durch einen anderen, bleibt er letztlich belastet; das Geld, das er vor der Anschaffung zur Verfügung hatte, fehlt ihm nunmehr. Die Gegenwerttheorie sollte daher aufgegeben werden". Nach herrschender Meinung12 führen nur die Aufwendungen, die das laufende Einkommen belasten, also die Jahresbemessungsgrundlage reduzieren, zu außergewöhnlichen Belastungen. Aufwendungen, die aus dem Vermögen bestritten werden, seien dagegen nicht zu berücksichtigen. Auch diese Unterscheidung überzeugt nicht. „Es ist gerade aus der Sicht des Einkommensteuergesetzes", führen Herrmann/Heuer/Raupacib" mit Recht aus, „abwegig, zwischen Einkommen und Vermögen unterscheiden zu w o l l e n . . . Die Mittel, aus denen Aufwendungen bestritten werden können, sind durchweg Vermögen, wie Bargeld, gleichgültig, ob eigenes oder geliehenes, Guthaben usw." Die beiden Kriterien (Gegenwert, Aufwendungen aus dem Einkommen) hält die herrschende Meinung für erforderlich, um die Geltendmachung außergewöhnlicher Belastungen zu begrenzen. Das Gesetz bietet für diese Verfahrensweise keinen Anlaß. Die Begrenzung des Abzugs außergewöhnlicher Belastungen folgt unmittelbar aus §33 EStG: Die Aufwendungen müssen außergewöhnlich, zwangsläufig, notwendig und angemessen sein. Andere Erwägungen, die darüber hinausgehen, sind überflüssig. b)

Außergewöhnlichkeit

Wann eine Belastung außergewöhnlich ist, ergibt sich aus §33 Abs. 1 S. 1 EStG. Danach ist es erforderlich, daß einem Steuerpflichtigen größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Diese Definition ist mißverständlich. Man könnte meinen, eine Belastung sei nur dann außergewöhn-

' BFH v. 8.8.1958 VI 194/57 U, BStBl. 1958 III S.378; BFH v. 23.9.1960 VI 90/60 S, BStBl. 1960 III S. 488; BFH v. 15.2.1974 VI R 67/70, BStBl. 1974 II S.335. 10 BFH v. 3.9.1976 VI R 185/74, BStBl. 1976 II S.712. 11 Ebenso Herrmann/Heuer/Raupach, §33 Anm. 9 c; Schmidt/Drenseck, §33 Anm. 4d; Tipke, S.291. 12 BFH v. 7.8.1959 VI 7/59 S, BStBl. 1959 III S. 383; Blümich/Falk, §33 Anm. 3 c; LittmannGrube, §33 Rdn.8; Tipke, S.291. 1J §44 Anm. 9—9 a. 445

§28

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2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

lieh, wenn es sich um große Aufwendungen handelt, so daß kleinere Ausgaben von vornherein von der Geltendmachung ausgeschlossen seien. In diesem Sinne ist § 33 Abs. 1 S. 1 EStG aber nicht zu verstehen. Es kommt nicht auf die Höhe der Aufwendungen und auch nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige aufgrund seiner Vermögensverhältnisse in der Lage ist, die Aufwendungen selbst zu tragen. Entscheidend ist vielmehr, daß diese Ausgaben der überwiegenden Mehrheit nicht entstehen, es muß sich daher um Sonderaufwendungen handeln, die lediglich eine Minderheit belasten. Außergewöhnlich in diesem Sinne müssen sowohl die Aufwendungen als auch das Ereignis14 sein, das sie verursacht. Legt man das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit so aus, dann können die Aufwendungen, die die Mehrheit der Steuerpflichtigen betreffen, die also üblich sind, nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Dazu zählen Ausgaben für die Erstanschaffung einer Wohnungseinrichtung, von Kleidung (auch bei Ubergröße), Hausrat, Aussteuer und Nahrung. Das gleiche gilt für Ersatzbeschaffungen, falls diese der Modernisierung dienen oder erforderlich sind, um ein abgenutztes Wirtschaftsgut zu ersetzen. Außergewöhnlich sind die Aufwendungen daher nur dann, wenn sie nicht zu diesen gewöhnlichen Kosten der Lebensführung gehören, also Hausrat, Kleidung oder andere Gegenstände ersetzt werden müssen, weil sie aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses abhanden gekommen sind oder zerstört wurden. Außergewöhnlich sind auch alle Krankheitskosten (auch soweit sie durch die Behandlung durch einen Heilpraktiker entstehen), Ehescheidungs- und Fluchthilfekosten, Lösegeldzahlungen und alle Aufwendungen, die nach §§ 33 a, 33 b EStG berücksichtigungsfähig sind. Diese beiden Vorschriften unterstellen, daß die dort bezeichneten Ausgaben außergewöhnliche Belastungen darstellen. c) Zwangsläufigkeit

dem

Grunde

nach

Außergewöhnliche Belastungen können lediglich gegeben sein, falls neben der Außergewöhnlichkeit die Aufwendungen und das sie verursachende Ereignis zwangsläufig sind. Nach § 33 Abs. 2 S. 1 EStG ist die Zwangsläufigkeit zu bejahen, soweit sich der Steuerpflichtige den Aufwendungen (und dem Ereignis, das sie ausgelöst hat) aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ubernimmt er zugunsten seines Bruders oder seiner Ehefrau eine Bürgschaft, fehlt es an der Zwangsläufigkeit; er hat die Bürgschaft freiwillig übernommen 15 . Daß er später rechtlich verpflichtet ist, den Bürgschaftsvertrag zu erfüllen, ist unerheblich. Wird einem Steuerpflichtigen ein PKW gestohlen und schafft er einen neuen an, darf er die Aufwendungen ebenfalls nicht vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Das Ereignis, das die Aufwendungen verursacht hat, ist zwangsläufig. Dem Diebstahl konnte sich der Steuerpflichtige nicht entziehen. Er hätte aber von M

15

Herrschende Meinung; vgl. Abschnitt 186 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStR; Blümich/Falk, Anm. 3 b; Fitsch in Lademann/Söffing/Brockhoff, §33 Rdn.42; Schmidt/Drenseck, Anm. 4 f.; a. A. Blümich/Falk, §33 Anm. 10. BFH v. 18.11.1977 VI R 142/75, BStBl. 1978 II S. 147.

446

§33 §33

Außergewöhnliche Belastungen

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der Neuanschaffung Abstand nehmen können. Deshalb sind die Aufwendungen freiwillig und nicht zwangsläufig. Für die Frage, ob die Voraussetzungen der Zwangsläufigkeit vorliegen, gelten inländische Maßstäbe. Die Zwangsläufigkeit ist nicht schon dann zu bejahen, heißt es in einer Entscheidung des BFH", wenn sich der Steuerpflichtige subjektiv verpflichtet fühlt, sie ist vielmehr immer zu verneinen, falls er die Möglichkeit hatte, „den Aufwendungen auszuweichen". Diese Möglichkeit hat er, wenn er das auslösende Ereignis schuldhaft verursacht hat. Dabei genügt leichte Fahrlässigkeit17. Der Steuerpflichtige hätte also, sonst hätte man ihm den Schuldvorwurf nicht machen können, das schädigende Ereignis vorhersehen und vermeiden müssen. Dieser Grundsatz gilt aber nicht ausnahmslos. Entstehen ihm Krankheitskosten, sind diese stets zwangsläufig; diesen Kosten kann er sich aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen. O b er seine Krankheit schuldhaft verursacht hat, ist unerheblich". Auch der Vorwurf, er wäre nicht belastet worden, wenn er eine Versicherung abgeschlossen hätte, ist nicht geeignet, die Zwangsläufigkeit zu verneinen". Ein strafbares oder sittenwidriges Verhalten ist aber nicht zwangsläufig. Deshalb ist es unzulässig, Geldstrafen oder Geldbußen als außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen. Aus rechtlichen Gründen kann sich ein Steuerpflichtiger den Aufwendungen nicht entziehen, soweit er sie aufgrund eines Gesetzes, eines Verwaltungsaktes oder eines Vertrages leisten muß. Unterhaltsleistungen zwischen Verwandten in gerader Linie erfolgen stets zwangsläufig; sie sind nach § 1601 BGB verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Erbringt der Steuerpflichtige eine vertragliche Leistung, so begründet dies allein die Zwangsläufigkeit noch nicht. Es kommt vielmehr darauf an, ob er sich dem Abschluß des Vertrages entziehen konnte. Hat er ihn freiwillig abgeschlossen, fehlt es an der Zwangsläufigkeit. Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Ehescheidung stehen, also auch die Folgekosten, sind zwangsläufig. Die Ehe wird durch Urteil geschieden, und das Familiengericht entscheidet über die Unterhaltsansprüche sowie über die anderen vermögensrechtlichen Fragen. Die Zwangsläufigkeit beruht auf tatsächlichen Gründen, falls unabwendbare Ereignisse zu den Aufwendungen geführt haben. Sittliche Gründe führen zur Zwangsläufigkeit, wenn den Steuerpflichtigen eine sittliche Verpflichtung trifft, er also die Aufwendungen nicht unterlassen kann, ohne sich bei seinen billig und gerecht denkenden Mitbürgern dem Vorwurf auszusetzen, er handele unanständig oder unsittlich 20 . Eine sittliche Verpflichtung ist nicht schon zu bejahen, wenn sich " U . v. 18.11.1977 VI R 142/75, BStBl. 1978 II S.147, 148. 17 Zutreffend FG Münster v. 28. 8.1975 VIII 473/75 L, EFG 1976, 82; Schmidt/Drenseck, § 33 Anm. 5 a. " Ständige Rechtsprechung, vgl. BFH v. 17.7.1981 VI R 77/78, BStBl. II 1981 S.711, 712 m. w. N . " Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 3 Anm. 16-30 „Versicherungsschutz". 20 Klein/Flockermann/Kühr-Husmann, § 3 3 Rdn. 16; vgl. auch B F H v. 8 . 4 . 1 9 5 4 IV 342/53 U , BStBl. 1954 III S. 188; B F H v. 7 . 8 . 1 9 5 9 VI 141/59 S, BStBl. 1959 III S.385; B F H v. 7 . 1 2 . 1 9 6 2 VI 115/62 U , BStBl. 1963 III S.135; BFH v. 2 8 . 4 . 1 9 7 8 VI R 145/75, BStBl. 1978 II S. 456. 447

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ein Steuerpflichtiger subjektiv verpflichtet fühlt. Es reicht auch nicht die allgemeine sittliche Verpflichtung, in N o t geratenen Mitmenschen zu helfen 2 '. Deshalb hat der BFH 2 2 bei der Unterstützung von Flüchtlingen, die Nichtangehörige sind, die Zwangsläufigkeit verneint. Sittliche Gründe werden daher in der Regel nur bei Angehörigen, die nicht in gerader Linie verwandt, also nicht bereits aus rechtlichen Gründen z u m Unterhalt verpflichtet sind, zur Zwangsläufigkeit führen. Unterhaltszahlungen können aber auch bei ihnen nur außergewöhnliche Belastungen sein, soweit sich der unterstützte Angehörige in einer besonderen Notlage befindet. Werden sie an Personen geleistet, die keine Angehörigen sind, dann ist die Zwangsläufigkeit lediglich ausnahmsweise zu bejahen. Eine solche sittliche Verpflichtung kann gegenüber einer arbeitsunfähigen Hausgehilfin, die beim Steuerpflichtigen jahrelang tätig gewesen ist, anzunehmen sein. Ihr gegenüber besteht eine Fürsorgepflicht 23 .

d) Zwangsläufigkeit

nach Art und Höhe

Sind die Aufwendungen außergewöhnlich und dem Grunde nach zwangsläufig, müssen sie außerdem der Art und H ö h e nach zwangsläufig sein. Es muß geprüft werden, ob sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. An dieser Stelle kommt dem Sinn und Zweck des §33 EStG besondere Bedeutung zu. Er soll, wie dargelegt, die Aufwendungen berücksichtigen, die das Existenzminimum erhöhen und von §10 EStG nicht erfaßt werden. Außergewöhnliche Belastungen können daher nur solche Aufwendungen sein, „die existentiell notwendig sind" 24 . Die Neuanschaffung eines Autos oder von Kleidung, die während eines Urlaubs gestohlen worden ist, gehört in der Regel nicht dazu. Benötigt ein Körperbehinderter einen PKW, muß es kein Luxuswagen sein. In einem solchen Fall kann zwar die Anschaffung eines PKW notwendig sein; es ist aber zu fragen, ob sie auch angemessen ist. Dabei kommt es auf objektive Maßstäbe 25 und nicht auf den Einzelfall an. Die Vermögensverhältnisse des Betroffenen bleiben daher außer Betracht. Für Krankheitskosten gelten Besonderheiten 26 . Bei ihnen ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Aufwendungen den Umständen nach notwendig waren und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Da die H ö h e , der Umfang und die Zweckmäßigkeit einer Behandlung zu den höchstpersönlichen Verhältnissen eines Steuerpflichtigen gehören, wird im allgemeinen von der Prüfung der Notwendigkeit

21

22 2) 24 25 26

BFH v. 7.3.1975 VI R 98/72, BStBl. 1975 II S.629, 630; vgl. aber auch FG Berlin v. 3.1.1980 IV 323/79, EFG 1980, 237, das die Kosten für die Adoption eines koreanischen Waisenkindes als außergewöhnliche Belastung anerkannt hat. U. v. 8.4.1954 IV 342/53 U, BStBl. 1954 III S. 188. BFH v. 8.4.1954 IV 342/53 U, BStBl. 1954 III S. 188, 189. Tipke, StuW 1974, 340, 347. Vgl. Eisenberg, Stbjb 1968/1969, S.297, 305 m . w . N . Vgl. dazu BFH v. 17.7.1981 VI R 77/78, BStBl. 1981 II S.711 m . w . N .

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und Angemessenheit von Krankheitskosten abgesehen; jedenfalls ist kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Es wird nicht einmal untersucht, heißt es in einer Entscheidung des BFH27, „ob die (vermeintlichen) Beschwerden eines Steuerpflichtigen überhaupt die Beratung und Behandlung durch einen Arzt erforderlich gemacht haben. Für derartige Differenzierungen sind Steuerbehörden und Steuergerichte grundsätzlich nicht kompetent. Beanstandungen sind insoweit nur gerechtfertigt, wenn ein für jedermann offensichtliches Mißverhältnis zwischen dem erforderlichen und tatsächlichen Aufwand vorliegt." e) Zumutbare Eigenbelastung Außergewöhnliche Belastungen, die unter §33 EStG fallen, dürfen nicht in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Sie wirken sich nur dann steuermindernd aus, wenn sie die zumutbare Belastung, die jeder Steuerpflichtige selbst tragen muß, übersteigen. Die zumutbare Eigenbelastung richtet sich nach der Leistungsfähigkeit und ist dementsprechend von der Höhe der Einkünfte, dem Familienstand und der Kinderzahl abhängig. Ihre Höhe ergibt sich aus §33 Abs. 3 EStG. Bemessungsgrundlage für die Eigenbelastung ist der (ungekürzte) Gesamtbetrag der Einkünfte. Zu den Kindern, die den vom Steuerpflichtigen selbst zu tragenden Eigenanteil kürzen, zählen auch solche, die dem anderen Elternteil zugeordnet, vom Steuerpflichtigen aber unterhalten werden, §33 Abs. 3 S. 2 EStG.

2. Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 a EStG § 33 a EStG regelt außergewöhnliche Belastungen in besonderen (sehr häufig vorkommenden) Fällen. Unter diese Vorschrift fallen Aufwendungen für den Unterhalt oder eine Berufsausbildung von Personen, für die keiner anderen Person (§ 33 a Abs. 1 EStG) oder nur dem anderen Elternteil (§ 33 a Abs. 1 a EStG) ein Kindergeldanspruch zusteht. Außerdem sind in § 33 a Abs. 2 EStG Ausbildungsfreibeträge für Kinder vorgesehen, für die der Steuerpflichtige, der die Aufwendungen leistet, Anspruch auf Kindergeld hat. Schließlich begünstigt §33a Abs. 3 EStG Aufwendungen für die Beschäftigung einer Hausgehilfin oder vergleichbare Kosten, die für die Unterbringung in einem Heim entstehen. Die Regelung in § 33 a EStG ist abschließend. Aufwendungen, die in dieser Bestimmung begünstigt sind, können nicht als außergewöhnliche Belastung nach §33 EStG geltend gemacht werden, §33a Abs. 5 EStG. Das gilt auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger die in § 33 a EStG vorgesehenen Pauschalen nicht erhält, weil er nicht alle Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift erfüllt. Unterhaltsaufwendungen sind daher nur als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, falls die Voraussetzungen des §33 a Abs. 1 EStG erfüllt sind. Ist das nicht der Fall, bleiben sie völlig außer Betracht; §33 EStG ist, soweit es sich um Aufwendungen i. S.d. § 33 a EStG handelt, ausgeschlossen. 27

U. v. 17.7.1981 VI R 77/78, BStBl. 1981 II S. 711, 713.

449 29

Tiedtke, Einkommensteuer

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2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

Für alle Aufwendungen, die § 33 a EStG regelt, bestimmt das Gesetz Höchstbeträge. Sie sind auch dann maßgebend, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, ihm seien höhere Kosten entstanden. Die Höchstbeträge sind Jahresbeträge. Sie stehen dem Steuerpflichtigen deshalb nur in vollem Umfange zu, wenn die Voraussetzungen des §33 a EStG in allen 12 Monaten eines Jahres, und sei es auch nur für einen Tag, vorgelegen haben 28 . Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die jeweiligen Voraussetzungen nicht gegeben waren, sind die Höchstbeträge um je ein Zwölftel zu kürzen, § 33 a Abs. 4 EStG. Von der höhenmäßigen Beschränkung abgesehen, bietet § 3 3 a EStG auch Vorteile. Der Steuerpflichtige hat, anders als bei § 33 EStG, keine zumutbare Eigenbelastung zu tragen, seine Belastung wird stets als außergewöhnlich und in § 33 a Abs. 1 a, 2, 3 EStG auch als zwangsläufig angesehen. N u r soweit es um A u f w e n dungen nach § 33 a Abs. 1 EStG geht, ist die Zwangsläufigkeit zu prüfen. Dabei gelten die gleichen Grundsätze wie im Rahmen des §33 EStG. a) Aufwendungen

für Unterhalt und

Berufsausbildung

§ 33 a Abs. 1 S. 1 EStG begünstigt Aufwendungen f ü r den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung. Diese Fassung des Gesetzes ist nicht so zu verstehen, daß die Ausgaben sowohl für den Unterhalt als auch für die Berufsausbildung einer Person bestimmt sein müssen. Beide Verwendungszwecke sind gleichberechtigt. Daher genügt es, wenn die Leistungen entweder f ü r den Unterhalt oder f ü r die Berufsausbildung gewährt werden. Steuerlich abzugsfähig sind lediglich die Unterhaltsleistungen oder die Kosten f ü r die Berufsausbildung einer Person, für die weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld oder vergleichbare Leistungen (§ 8 Abs. 1 B K G G ) hat 2 '. Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz schließen damit die Geltendmachung von Aufwendungen für den Unterhalt oder die Berufsausbildung aus; der Gesetzgeber geht davon aus, derartige Kosten seien durch die Gewährung des Kindergeldes abgegolten. Gewährt der Vater seinem nichtehelichen Kind Unterhalt, liegen die Voraussetzungen des §33 a Abs. 1 EStG nicht vor. Für dieses Kind hat regelmäßig die Mutter Anspruch auf Kindergeld, § 3 Abs. 3 Satz 2, 2. H S B K G G i. V. m. §1705 BGB. Vom Abzug ausgeschlossen sind weiter die Unterhaltsaufwendungen eines geschiedenen Steuerpflichtigen für gemeinsame Kinder, f ü r die dem anderen Elternteil Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz zustehen. Das Bundesverfassungsgericht 30 hat diese Auslegung für verfassungsmäßig erklärt. Die Benachteiligung, die dadurch für den unterhaltsgewährenden Elternteil bestand, hat der Gesetzgeber ab dem Veranlagungszeitraum 1978 (etwas) gemildert. Gemäß § 33 a Abs. 1 a EStG gewährt er einem Steuerpflichtigen auf Antrag einen 28

Vgl. Klein/Flockermann/Kühr-Hnsmann, § 33 a Rdn. 120.

29

Zum Kindergeldzuschuß für im Ausland lebende Kinder vgl. BMA-Schreiben 12.10.1977, abgedruckt Anhang 12 III LStR amtliche Handausgabe. U. v. 8. 6.1977 1 BvR 265/75, BStBl. 1977 II S. 526.

30

450

v.

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Freibetrag i. H . v. 600,— D M im Kalenderjahr, falls er seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Kind nachkommt, das dem anderen Elternteil zuzuordnen und bei diesem zu berücksichtigen ist. Unterhält der Steuerpflichtige mehrere Kinder, erhält er den Freibetrag für jedes Kind. D a § 3 3 a E S t G , ' w i e ausgeführt, eine abschließende Regelung darstellt, also Aufwendungen von der Geltendmachung außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 E S t G generell ausschließt, soweit seine Voraussetzungen vorliegen, ist zu prüfen, was Unterhaltsaufwendungen i. S. dieser Vorschrift sind. Nach § 1610 Abs. 2 B G B umfaßt der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einer Person. Im bürgerlichen Recht gilt damit der weite Unterhaltsbegriff. Zum Lebensbedarf gehören danach nicht nur Mittel für die Ernährung, Kleidung und Wohnung, sondern auch für die Gesundheitsvorsorge, die Versorgung im Krankheitsfall, die Erholung, Bildung, Ausbildung und zur Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse. Im Rahmen des § 33 a Abs. 1 Satz 1 E S t G wird der Begriff des Unterhalts dagegen eng ausgelegt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH 3 1 gelten als Unterhalt nur typische Aufwendungen. Dazu zählen insbesondere Ausgaben für Wohnung, Ernährung, Kleidung und für die Unterbringung eines Familienangehörigen in einem Altersheim, soweit diese aus Altersgründen erfolgt ist". Krankheitskosten, Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat oder für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Pflegeheim sind dagegen keine typischen Unterhaltsleistungen. Sie fallen nicht unter § 33 a Abs. 1 E S t G und können damit im Rahmen des § 33 E S t G berücksichtigt werden. Die Unterhaltsleistungen müssen dazu bestimmt und geeignet sein, den laufenden Lebensbedarf des Empfängers zu decken. Das kann durch laufende, aber auch durch gelegentliche (ein- oder zweimalige) Leistungen im Jahr und unter Umständen auch durch die einmalige Zahlung eines Geldbetrages geschehen". Schließlich müssen die Unterhaltsaufwendungen sowohl dem Grunde als auch der H ö h e nach zwangsläufig sein. Erfüllt ein Steuerpflichtiger seine gesetzliche Unterhaltspflicht, dann sind ihm diese Aufwendungen stets zwangsläufig entstanden. Wer gesetzlich unterhaltspflichtig ist, bestimmt das Bürgerliche Gesetzbuch. Danach sind Verwandte in gerader Linie (Großeltern, Eltern, Kinder, §§1601 ff. B G B ) und Ehegatten (§§1360 ff. B G B ) verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Gleichwohl steht einem verheirateten Steuerpflichtigen, der mit seinem Ehegatten zusammenlebt, ein Freibetrag nach § 3 3 a Abs. 1 E S t G nicht zu 54 . Der Ehegatte, der den Unterhalt leistet, muß, damit er die Unterhaltsleistung als außergewöhnliche Belastung geltend machen kann, belastet sein. An einer solchen Belastung fehlt es bei den gegenseitigen Unterhaltsleistungen von Ehegatten, die in einer intakten 31

32 33 34

U . v. 2 8 . 4 . 1 9 7 8 VI R 145/75, BStBl. 1978 II S. 456; v. 5 . 9 . 1 9 8 0 VI R 75/80, BStBl. 1981 II S. 31 m . w . N . B F H v. 12.1.1973 VI R 207/71, BStBl. 1973 II S.442. B F H v. 5 . 9 . 1 9 8 0 VI R 75/80, BStBl. 1981 II S.31. B F H v. 3 0 . 7 . 1 9 7 1 VI R 142/68, BStBl. 1971 II S.764; B F H v. 2 2 . 6 . 1 9 7 9 VI R 85/76, BStBl. 1979 II S.660 m . w . N . 451

29'

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2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

Ehe leben. Hier trägt jeder Ehegatte seiner Aufgabenstellung in der Familie entsprechend zum Unterhalt bei. Die Unterhaltsleistungen gleichen sich damit aus. Der Unterhaltsgewährung des einen Ehegatten durch die Bereitstellung der notwendigen Barmittel entspricht die Haushaltsführung durch den anderen, § 1360 S. 2 B G B . Anders ist die Rechtslage, wenn einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt an seinen geschiedenen oder von ihm dauernd getrennt lebenden Ehegatten entstehen. Diese kann er nach § 33 a Abs. 1 E S t G geltend machen, soweit er sie nicht mit Zustimmung des Empfängers nach §10 Abs. 1 N r . 1 E S t G (begrenztes Realsplitting) als Sonderausgaben abzieht. Liegen die Voraussetzungen des §10 Abs. 1 N r . 1 E S t G vor, ist die Anwendung des § 3 3 a Abs. 1 E S t G auch dann ausgeschlossen, falls der Steuerpflichtige höhere Unterhaltsleistungen als 9000,— D M erbringt. Zu den Ausgaben für die Berufsausbildung i. S. d. §33 a Abs. 1 S. 1 E S t G gehört alles, was zum Erwerb eines künftigen Berufs erforderlich ist. Begünstigt ist auch die Schulausbildung, ohne daß ein Zusammenhang mit dem künftigen Beruf erforderlich ist. Kosten für allgemeinbildende Schulen sind damit abzugsfähig. Aufwendungen für den Unterhalt und die Berufsausbildung werden nur begrenzt berücksichtigt. N a c h § 33 a Abs. 1 S. 1 E S t G darf höchstens ein Betrag von 3600,— D M im Kalenderjahr für jede unterhaltene Person vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Höhere Beträge bleiben außer Betracht. Unterstützen mehrere Steuerpflichtige eine Person, so ermäßigt sich nach §33 a Abs. 1 S. 5 E S t G für jeden Steuerpflichtigen der Höchstbetrag von 3600,— D M (oder der sich nach Anrechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge verbleibende Rest) auf den Betrag, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht. Auch im Rahmen dieser Höchstbeträge setzt die Begünstigung der Unterhaltszahlungen voraus, daß die unterhaltene Person kein oder nur geringes Vermögen besitzt, § 33 a Abs. 1 S. 2 EStG. Es wird also vom Unterhaltsempfänger erwartet, daß er sein eigenes Vermögen einsetzt und verwertet. Als geringfügig wird in der Regel ein Vermögen bis zu 30 000,— D M angesehen. Dabei bleiben bestimmte Vermögensgegenstände, die für den Steuerpflichtigen einen Erinnerungswert haben, zu seinem Hausrat gehören und ein kleines Hausgrundstück, das er selbst bewohnt, außer Ansatz' 5 . H a t die unterhaltene Person eigene Einkünfte oder Bezüge, die zum Bestreiten des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, vermindert sich der Betrag von 3600,— D M um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge 4200,— D M übersteigen, § 33 a Abs. 1 S. 3 E S t G . Daraus folgt, die unterstützte Person sei nicht bedürftig, die Unterhaltsleistungen also nicht notwendig und damit nicht zwangsläufig, wenn der Unterhaltsempfänger die ihm zur Verfügung stehenden Quellen, vor allem seine Arbeitskraft, nicht ausschöpft. Übersteigen die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person 7800,— D M , so werden Unterhaltsaufwendungen nicht mehr begünstigt; ein Steuerpflichtiger, der gleichwohl Unterhalt erbringt, kann ihn nicht

35

Vgl. Abschnitt 140 Abs. 2 S . 4 , 5 EStR.

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mehr als außergewöhnliche Belastung geltend machen, weil der Höchstbetrag durch die Anrechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Empfängers verbraucht ist. Unterstützt ein ausländischer Arbeitnehmer seine im Ausland lebenden Angehörigen, darf er die Aufwendungen im Rahmen der Höchstbeträge lediglich abziehen, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Personen notwendig und angemessen sind. Es kommt somit darauf an, ob die eigenen Einkünfte und Bezüge des Zuwendungsempfängers ausreichen, um ihm unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse im Ausland sein Existenzminimum zu sichern 36 . Die Zwangsläufigkeit ist daher zu verneinen, falls die Unterhaltsaufwendungen dazu bestimmt sind, die unterstützte Person aus dem Kreis vergleichbarer Personen des Wohnsitzstaates wirtschaftlich herauszuheben 37 , sie also besser zu stellen. Weil es, auch soweit es um die Zwangsläufigkeit geht, auf die Verhältnisse des Staates ankommt, in dem die unterstützte Person lebt, sind die in § 33 a Abs. 1 S. 1, 3 EStG enthaltenen Höchstbeträge nach den Verhältnissen der Durchschnittsstundenlöhne in der verarbeitenden Industrie in der Bundesrepublik Deutschland und dem jeweiligen ausländischen Staat zu ermäßigen 38 . Nach der Ländergruppeneinteilung 39 werden die Höchstbeträge des § 33 a Abs. 1 S. 1, 3 EStG für unterstützte Angehörige z. B. in Osterreich und Israel in voller H ö h e , in Brasilien, der Türkei und Portugal mit zwei Drittel, in Ägypten, Algerien und Pakistan mit einem Drittel angesetzt. Unterhaltsaufwendungen dürfen nur als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, soweit der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG nachweist. Für ausländische Arbeitnehmer besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht, wenn sie ihre Angehörigen im Ausland unterstützten. In welcher Weise sie die Unterhaltsbedürftigkeit der unterhaltenen Personen im Ausland und ihre Zahlungen nachweisen müssen, hat der Bundesminister der Finanzen in seinem Schreiben vom 16.11.1981" bestimmt. b)

Ausbildungsfreibeträge

Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes begünstigt § 3 3 a Abs. 2 EStG. Er gewährt f ü r derartige Leistungen bestimmte Ausbildungsfreibeträge. Sie stehen einem Steuerpflichtigen zu, der für ein Kind, für das ihm Aufwendungen entstehen, Anspruch auf Kindergeld oder auf andere Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz hat. Die Regelung in § 33 a Abs. 2 EStG ist damit anders als in 36

BFH v. 20.1.1978 VI R 170/76, BStBl. 1978 II S. 342. Schmidt/Drenseck, § 33 a Anm. 2 e. 38 Vgl. dazu Abschnitt 190 Abs. 5 EStR. 3 ' Vgl. Schreiben des BdF v. 2.11.1982 IV B 6 — S 2365 — 48/82, BStBl. 1982 I S.903. 40 IV B 6 — S 2356 — 31/81, BStBl. 1981 I S. 744, 746f.; nach der Rechtsprechung des BFH (U. v. 14.5.1982 VI R 18/81, BStBl. 1982 II S.774) kann ein ausländischer Arbeitnehmer seine Unterhaltsleistungen durch die Vorlage einer Bescheinigung nachweisen, in der eine (jugoslawische) Bank bestätigt, daß die Eltern des Gastarbeiters monatlich bestimmte Beträge von dessen Devisenkonto abgehoben haben. 37

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2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

§ 3 3 a Abs. 1 EStG. Dort darf weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld haben, hier muß ihm ein solcher Anspruch zustehen. Anderenfalls kann er die Ausbildungsfreibeträge nicht beanspruchen. Erfüllt er diese Voraussetzungen, ist er berechtigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen: Für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, 2400,— DM im Kalenderjahr (ab 1984: 1200,— DM), wenn es im Haushalt des Steuerpflichtigen lebt, oder einen Betrag von 4200,— D M (ab 1984: 2100,— DM), falls es auswärts untergebracht ist. Ein Kind, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wird nur mit einem Freibetrag von 1800,— D M (ab 1984: 900,— DM) berücksichtigt, soweit es nicht zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Es ist auswärtig untergebracht, sofern es außerhalb des elterlichen Haushalts, wenn auch in derselben Stadt oder Gemeinde, wohnt. Es kommt auch nicht darauf an, ob es verheiratet ist und mit seinem Ehegatten eine eheliche Wohnung bezogen hat. Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, erhalten den Ausbildungsfreibetrag für dasselbe Kind nur einmal. Leben sie dauernd getrennt oder sind die Eltern nicht oder nicht mehr verheiratet, dann steht jedem Elternteil, dem Aufwendungen für die Berufsausbildung erwachsen, grundsätzlich der halbe Ausbildungsfreibetrag zu. Die Eltern können einvernehmlich auch jede andere Aufteilung des Freibetrages beantragen, § 33 a Abs. 2 S. 5 EStG. Hat nachweislich ein Elternteil die Aufwendungen für die Berufsausbildung des Kindes allein getragen (Zahlvater), steht ihm der Ausbildungsfreibetrag auch dann in voller Höhe zu, wenn er keinen Anspruch auf Kindergeld hat. Auch in diesem Falle sind die Elternteile berechtigt, eine andere Vereinbarung zu treffen. Tragen mehr als zwei Personen die Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes, ist streitig, wie die Ausbildungsfreibeträge aufzuteilen sind. Lebt ein nichteheliches Kind im Haushalt des Großvaters, dem auch der Anspruch auf Kindergeld zusteht, soll nach der einen Ansicht41 der Großvater den vollen Freibetrag und die Eltern je einen halben erhalten. Nach anderer Auffassung 42 kommt allen Personen, die sich am Unterhalt des Kindes beteiligen, ein halber Freibetrag zugute. Weder der einen noch der anderen Ansicht ist zu folgen. Der gesetzliche Freibetrag kann sich nicht dadurch erhöhen, daß mehrere Personen Aufwendungen für die Berufsausbildung tragen. Deshalb ist nur der Meinung zuzustimmen, die den Freibetrag auf die beteiligten Personen verteilt, wobei es, wie es die EStR43 tun, nicht zu beanstanden ist, falls der halbe Freibetrag dem Steuerpflichtigen gewährt wird, dem das Kindergeld zusteht, während die andere Hälfte zu gleichen Teilen auf die übrigen Personen aufgeteilt wird44. Die Ausbildungsfreibeträge vermindern sich gemäß § 33 a Abs. 2 S. 2 EStG um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhalts

41 42 43 44

Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 a Anm. III 2 d (grüne Blätter). Bals, BB 1979, 210; Diebold, DStR 1979, 304. Abschnitt 191 Abs. 3. Vgl. auch Giloy, FR 1981, 209, 211 f.

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oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, soweit diese 2 4 0 0 , — D M im Kalenderjahr übersteigen, sowie u m die von dem Kind als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln bezogenen Zuschüsse. Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln, z. B . B a f ö G , werden also anders behandelt als die übrigen Einkünfte und Bezüge des Kindes. Sie sind, soweit sie nicht als Darlehen gewährt wurden, in vollem U m f a n g e auf den Freibetrag anzurechnen, also auch insoweit, als sie weniger als 2 4 0 0 , — D M betragen. D a s gilt auch für Unterhaltsleistungen, die das verheiratete K i n d von seinem Ehegatten erhält 45 . Ist ihre H ö h e nicht bekannt, so ist sie zu schätzen. Leistungen eines geschiedenen Elternteils für sein Kind, für das der andere Elternteil Anspruch auf Kindergeld hat, werden dagegen nicht angerechnet. Z u den anrechenbaren eigenen Einkünften oder Bezügen gehören alle, die der Steuerpflichtige während eines Kalenderjahres bezogen hat, es k o m m t daher nicht auf den Kalendermonat an. D e r B F H 4 6 meint sogar, eigene Einkünfte des Kindes minderten auch den Ausbildungsfreibetrag, soweit sie dem K i n d außerhalb des Ausbildungszeitraumes zuflössen. D i e s e r Auffassung kann jedenfalls dann nicht gefolgt werden, wenn die eigenen Einkünfte dem Kind erst nach der Beendigung der Ausbildung zur Verfügung stehen. Eine solche Ansicht widerspricht dem Sinn und Z w e c k des § 3 3 a A b s . 2 E S t G . D e r Unterhaltsverpflichtete ist nicht berechtigt, wie das Finanzgericht Baden-Württemberg 4 7 zu R e c h t ausgeführt hat, seine Unterhaltsleistungen mit der E r w ä g u n g zu verweigern, das K i n d habe, wenn auch später, eigene Einkünfte.

c)

Kinderbetreuungskosten

G e m ä ß § 3 3 a A b s . 3 S. 1 N r . 1 E S t G 1981 i . V . m . § 5 3 a E S t G kann der Steuerpflichtige Aufwendungen für Dienstleistungen zur Beaufsichtigung oder Betreuung eines Kindes i. S. d. § 3 2 A b s . 4 E S t G , das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, i. H . v. 1 2 0 0 , — D M vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. D i e s e Regelung gilt letztmals für den Veranlagungszeitraum 1982. A b 1983 wird sie durch den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 8 E S t G ersetzt, der durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 4 8 eingeführt worden ist. Z u den Kinderbetreuungskosten zählen vor allem Ausgaben, die Eltern dafür leisten, daß ihr Kind durch andere Personen beaufsichtigt oder betreut wird. Begünstigt sind die U n t e r b r i n g u n g von Kindern in Kindergärten, -tagesstätten, - h o r t e n , -heimen, -krippen, die Beaufsichtigung durch Babysitter, die Beschäftigung von Kinderpflegerinnen, Erzieherinnen, einer Hausgehilfin oder einer H a u s haltshilfe. Dagegen sind Aufwendungen, die der A u s - und Fortbildung dienen, sowie K o s t e n für die Vermittlung besonderer Fertigkeiten, wie z. B . für Schreibma-

45 44 47 48

FG Rheinland-Pfalz v. 11. 5.1981 5 K 274/80, EFG 1981, 631 f. U. v. 23.9.1980 VI R 53/79, BStBl. 1981 II S.92. U. v. 1.2.1979 VI 251/78, EFG 1979, 447. Vom 20.12.1982, BGB1.I S. 1857 = BStBl. 1982 I S. 972 ff. 455

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2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

schinenkurse, Klavier- oder Fahrschulunterricht 4 ' nicht abzugsfähig. Kinderbetreuungskosten werden grundsätzlich nur berücksichtigt, soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht sind. W e r d e n je Kind im Kalenderjahr nicht mehr als 300,— D M (ausnahmsweise nicht mehr als 600,— D M ) geltend gemacht, kann das Finanzamt jedoch in der Regel von einer Nachprüfung absehen (Nichtbeanstandungsgrenze), Abschnitt 191 Abs. 3 S. 2 EStR. d) Aufwendungen für die Beschäftigung einer Hausgehilfin oder Haushaltshilfe A u f w e n d u n g e n für die Beschäftigung einer Hausgehilfin oder einer Haushaltshilfe dürfen höchstens bis zu 1200,— D M im Kalenderjahr geltend gemacht werden. Sie sind nicht generell bei jedem Steuerpflichtigen begünstigt. Derartige Kosten können n u r Steuerpflichtige abziehen, falls sie oder ihr nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte das 60. Lebensjahr vollendet haben (§ 33 a Abs. 3 N r . 1 EStG). Das gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige, sein Ehegatte oder ein z u m Haushalt gehörendes Kind oder eine andere z u m Haushalt gehörende unterhaltene Person, für die eine Ermäßigung nach § 33 a Abs. 1 EStG gewährt wird, nicht nur vorübergehend körperlich hilfslos oder schwer körperbehindert sind oder die Beschäftigung einer Hausgehilfin oder eine Haushaltshilfe wegen Krankheit einer der genannten Personen erforderlich ist, § 33 Abs. 3 N r . 2 EStG. O b die begünstigten Steuerpflichtigen eine Hausgehilfin oder eine Haushaltshilfe beschäftigen, ist unerheblich. Auf diese Unterscheidung k o m m t es nicht an. Die beschäftigten Personen müssen auch nicht in der Hauswirtschaft ausgebildet sein. Es genügt, daß sie typische Hausarbeiten verrichten. A u c h ein Arbeitsvertrag ist nicht erforderlich; es reicht ein W e r k - oder Dienstvertrag mit einem selbständigen Unternehmer. A u f w e n d u n g e n für einen Fensterputzer hat der BFH 5 0 daher als außergewöhnliche Belastung wegen der Beschäftigung einer Haushaltshilfe anerkannt. W i r d ein Familienangehöriger als Haushaltshilfe tätig, werden die A u f w e n d u n g e n allerdings nur als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, falls die Anstellung, wenn auch ohne Arbeitsvertrag, ernsthaft gewollt ist, tatsächlich durchgeführt w i r d und soviel Hausarbeit vorhanden ist, daß auch eine fremde Person für diese Tätigkeit angestellt w o r d e n wäre. Liegen die Voraussetzungen des § 3 3 a A b s . 3 EStG vor 51 , ist also z . B . der Steuerpflichtige über 60 J a h r e alt oder körperlich hilflos oder schwer körperbehindert, kann der Höchstbetrag von 1200,— D M auch abgezogen werden, w e n n der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte in einem H e i m oder dauernd zur Pflege untergebracht ist und die A u f w e n d u n g e n für die Unter-

4'

50

51

Vgl. aber auch Verfügung der OFD Hannover v. 4.1.1982 — S 2288 a — 1 — Sto 223 — S 2288 a — 1 — StH 224, DB 1982, 202; Erlaß des Hessischen Ministers der Finanzen v. 29.10.1981 — S 2288 a A — 1 — II B 21, DB 1982, 203. U. v. 19.1.1979 VI R 28/77, BStBl. 1979 II S.326; vgl. aber auch FG Düsseldorf v. 1 4 . 1 1 . 1 9 7 9 XXIII/IX 237/77 E, EFG 1980, 240.

H. M., vgl. Schmidt/Drenseck,

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§ 33 a Anm. 7 m. w. N.

Außergewöhnliche Belastungen

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bringungskosten Dienstleistungen enthalten, die mit denen einer Hausgehilfin oder Haushaltshilfe vergleichbar sind.

3. Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 b EStG § 33 b E S t G sieht für Körperbehinderte und Hinterbliebene Pauschbeträge vor. Sie dienen der Vereinfachung. D i e außergewöhnlichen Belastungen, die K ö r p e r b e h i n derten unmittelbar aufgrund ihrer Behinderung entstehen, werden o h n e E i n z e l nachweis durch die Pauschbeträge des § 33 b E S t G abgegolten. Anders als bei § 33 a E S t G ist die A n w e n d u n g des § 33 b E S t G nicht zwingend. D e r Steuerpflichtige darf die Pauschbeträge in Anspruch nehmen; er kann aber auch auf sie verzichten und seine K o s t e n nach § 33 E S t G geltend machen. Verfährt er in dieser Weise, m u ß er die zumutbare Eigenbelastung nach § 3 3 Abs. 3 E S t G tragen. D a v o n ist er befreit, wenn er die Pauschbeträge ansetzt, wie sie § 33 b E S t G vorsieht.

a) Pauschbeträge

für

Körperbehinderte

D u r c h die Regelung in § 3 3 b E S t G werden nur solche Belastungen abgegolten, die mit der Körperbehinderung unmittelbar und typisch zusammenhängen. Das gilt auch für Krankheitskosten. Andere Aufwendungen können, neben § 33 b E S t G , nach § 3 3 E S t G berücksichtigt werden. D a z u gehören vor allem außerordentliche Krankheitskosten, und zwar auch dann, soweit die Krankheit mit der K ö r p e r b e h i n derung zusammenhängt, aber die entstandenen K o s t e n für die Körperbehinderung nicht typisch sind, wie z . B . die K o s t e n für eine O p e r a t i o n oder für einen K r a n k e n hausaufenthalt 5 2 . Ist die Beschäftigung einer Hausgehilfin oder Haushaltshilfe erforderlich, so ist der dafür nach § 3 3 a A b s . 3 N r . 2 E S t G in Betracht k o m m e n d e Freibetrag ebenfalls neben dem Pauschbetrag für Körperbehinderte zu gewähren. D a s gleiche gilt für den Freibetrag nach § 33 a A b s . 3 S. 2 E S t G , wenn der K ö r p e r b e hinderte in einem H e i m untergebracht ist. Z u den Körperbehinderten zählen nicht nur Kriegsversehrte und Unfallopfer, sondern auch solche Personen, bei denen aufgrund innerer Leiden und psychischer Behinderung eine (länger als 6 M o n a t e ) dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit vorliegt 53 . Eine Körperbehinderung ist jedoch nicht gegeb e n , soweit die Minderung der Erwerbsfähigkeit überwiegend auf Alterserscheinungen beruht, § 33 b A b s . 3 S. 1 E S t G . D a s G e s e t z unterscheidet zwischen Schwerbehinderten und Minderbehinderten. E i n K ö r p e r b e h i n d e r t e r ist schwerbehindert, wenn seine Erwerbsfähigkeit dauernd u m mindestens 5 0 % gemindert ist, § 33 b A b s . 2 N r . 2 E S t G . Beträgt die M i n d e rung weniger als 50 % , aber mindestens 2 5 % , gehört er zu den Minderbehinderten, § 33 b A b s . 2 N r . 1 E S t G . Sie erhalten die Pauschbeträge nur, falls neben ihrer

52

53

BFH v. 30.11.1966 VI 313/64, BStBl. 1967 III S.457; BFH v. 28.2.1968 VI R 192/67, BStBl. 1968 II S. 437. BFH v. 30.11.1966 VI 313/64, BStBl. 1967 III S.457, 459. 457

§28

II 3

2. Teil. 7. Kapitel. Einkommen

Behinderung weitere Voraussetzungen vorliegen. Ihnen müssen entweder wegen ihrer Behinderung Renten oder laufende Bezüge zustehen, oder ihre Körperbehinderung muß äußerlich erkennbar sein oder auf einer typischen Berufskrankheit beruhen 54 . Die Körperbehinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit hat der Steuerpflichtige nachzuweisen. Wie dies zu geschehen hat, bestimmt § 6 5 EStDV und Abschnitt 194 Abs. 6—10 EStR. Danach können Schwerbehinderte den Nachweis ihrer Behinderung durch die Vorlage eines Ausweises nach § 3 Abs. 5 Schwerbehindertengesetz und Minderbehinderte durch einen Rentenbescheid oder einen entsprechenden Bescheid des Versorgungsamtes erbringen. Die Pauschbeträge des § 33 b EStG sind Jahresbeträge. Sie werden auch dann nicht gekürzt, wenn die Voraussetzungen für ihre Gewährung nicht während des ganzen Jahres vorgelegen haben. Die Höhe der Pauschbeträge richtet sich nach dem Grad der dauernden Minderung der Erwerbsfähigkeit. Die Beträge ergeben sich aus § 3 3 b Abs. 3 S.2 EStG. Sie beginnen bei 600,— D M und enden bei 2760,— DM. Für Blinde und Körperbehinderte, die ständig eine fremde Pflege benötigen, erhöht sich der Pauschbetrag auf 7 2 0 0 — DM, § 33 b Abs. 3 S.3 EStG. Ändert sich der Grad der Erwerbsfähigkeit nach der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides rückwirkend, so ist der Einkommensteuerbescheid nach § 175 S. 1 Nr. 1 A O 1977 zu ändern; der Bescheid, der den Grad der Erwerbsminderung feststellt, ist Grundlagenbescheid i. S. dieser Bestimmung". Einem Körperbehinderten, der wegen der Körperbehinderung aus mehreren Gründen (z. B. als Kriegsbeschädigter und als Unfallbeschädigter) Anspruch auf einen Pauschbetrag hat, kann nur ein Pauschbetrag gewährt werden. Es kommt in diesem Falle auf die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit an. Sind beide Ehegatten körperbehindert, bestehen die jeweiligen Pauschbeträge nebeneinander.

b) Pauschbeträge

für

Hinterbliebene

Hinterbliebene erhalten gemäß § 33 b Abs. 4 EStG einen jährlichen Pauschbetrag von 720,— DM. Diese Summe kommt jedoch nicht allen Hinterbliebenen zugute. Begünstigt sind lediglich diejenigen, denen Hinterbliebenenbezüge zustehen, wie sie in Satz 1 Nrn. 1-4 des § 33 d Abs. 4 EStG bezeichnet sind. Der Pauschbetrag kann auch geltend gemacht werden, wenn das Recht auf die Bezüge ruht oder der Anspruch durch Zahlung eines Kapitals abgefunden worden ist. Die Voraussetzung für die Gewährung des Pauschbetrages muß der Hinterbliebene nachweisen. Dies kann in der Regel durch die Vorlage eines Rentenbescheids geschehen.

c) Übertragung

der

Pauschbeträge

Pauschbeträge stehen den Personen zu, die die Voraussetzungen erfüllen. Pauschbeträge sind regelmäßig nicht übertragbar. Deshalb können sie grundsätzlich nur von 54 55

Vgl. dazu Abschnitt 194 Abs. 1 S . 2 — 5 EstR. Vgl. BFH v. 1 8 . 4 . 1 9 8 0 III R 34/78, BStBl. 1980 II S.682.

458

Außergewöhnliche Belastungen

§29

den Körperbehinderten und Hinterbliebenen selbst in Anspruch genommen werden. Von diesem Grundsatz macht § 33 b Abs. 5 EStG eine Ausnahme. Danach darf der Pauschbetrag für Körperbehinderte oder für Hinterbliebene, der einem Kind des Steuerpflichtigen zusteht, auf den Steuerpflichtigen, dem das Kind zuzuordnen ist, übertragen werden. Dafür besteht besonders dann ein Bedürfnis, wenn der Steuerpflichtige die Unterhaltsaufwendungen für das Kind trägt. Die Übertragung des Pauschbetrages ist auch zulässig, falls diese Voraussetzung nicht gegeben ist, das Kind die Aufwendungen also selbst bestritten hat. Ausgeschlossen ist eine Übertragung, soweit das Kind den Pauschbetrag selbst in Anspruch nimmt oder die tatsächlichen Aufwendungen nach §33 EStG geltend macht. Bei Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, genügt es für die Übertragung, wenn das Kind einem Ehegatten zugeordnet wird, § 33 b Abs. 5 S. 1, §32 Abs. 4 EStG. Für geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten und für Eltern nichtehelicher Kinder gilt gemäß § 33 b Abs. 5 S.2—5 EStG die gleiche Regelung wie im Rahmen des §33a Abs. 2 S. 4—6 EStG. Danach kann der Pauschbetrag je zur Hälfte auf beide Ehegatten übertragen werden, soweit der Elternteil, dem das Kind nicht zugerechnet wird, seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kinde nachgekommen ist. Die Eltern sind berechtigt, gemeinsam eine andere Aufteilung zu beantragen; dann ist allerdings die Anwendung des § 33 EStG ausgeschlossen. Schließlich erhält der Elternteil, der nachweislich die Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes allein getragen hat, den Pauschbetrag in voller Höhe. Ein gemeinsamer Antrag der Elternteile ist in diesem Falle nicht erforderlich. Wird der Pauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 5 EStG auf den Steuerpflichtigen übertragen, so ist er nicht gehindert, eigene Aufwendungen für das körperbehinderte Kind, die nicht durch den Pauschbetrag abgegolten sind, nach §33 EStG geltend zu machen56. Steht einem Elternteil gemäß § 33 b Abs. 5 S. 2 EStG der halbe Pauschbetrag zu, kann er auch in diesem Falle wählen, ob er anstelle des halben Pauschbetrages die ihm entstandenen Aufwendungen in voller Höhe nach § 33 EStG absetzt57.

§ 29 Freibetrag für freie Berufstätigkeit, § 18 Abs. 4 EStG §18 Abs. 4 EStG gewährt einen besonderen Freibetrag für Einnahmen aus freier Berufstätigkeit. Dieser „Freiberufler-Freibetrag" wird bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt; er ist ein Abzugsposten vom Gesamtbetrag der Einkünfte. Der Freibetrag beträgt 5 % der Einnahmen aus freier Berufstätigkeit, höchstens 1200,— D M jährlich. O b der Freiberufler seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuß-Rechnung oder durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, ist unerheblich. 56 57

BFH v. 1.8.1975 VI R 158/72, BStBl. 1975 II S. 825. Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 3 b , Erläuterungen zu Abs. 5, Anm. II 2 a (grüne Blätter). 459

§29

2. Teil. 8. Kapitel. Das zu versteuernde Einkommen

Der Freibetrag steht nicht jedem Steuerpflichtigen zu, der Einkünfte i. S. d. §18 EStG erzielt. Er wird nur für Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S. d. §18 Abs. 1 N r . 1 EStG gewährt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Steuerpflichtige einen Katalogberuf i. S. d. Vorschrift oder einen ähnlichen Beruf ausübt 1 . Wer Einkünfte als Einnehmer einer staatlichen Lotterie i.S.d. §18 Abs. 1 N r . 2 EStG oder aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG hat, ist nicht anspruchsberechtigt; für derartige Einkünfte gilt § 18 Abs. 4 EStG nicht. Der Freibetrag kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Einkünfte aus der freien Berufstätigkeit die anderen Einkünfte überwiegen. Sind beide Ehegatten freiberuflich tätig, erhält jeder von ihnen den Freibetrag. Bei der Prüfung, ob die freiberuflichen Einkünfte die anderen Einkünfte überwiegen, kommt es jeweils auf die Einkünfte des einzelnen Ehegatten an, also nicht auf die zusammengerechneten Einkünfte beider Ehegatten. Haben sich mehrere Freiberufler zu einer Sozietät zusammengeschlossen, steht der Freibetrag jedem Gesellschafter zu, der die Voraussetzungen des §18 Abs. 4 EStG erfüllt. Die Höhe des Freibetrags richtet sich nicht nach den gesamten Betriebseinnahmen der Gesellschaft, sondern nach dem auf den Gesellschafter entfallenden Anteil an den Gesamteinnahmen. Dabei können aus Vereinfachungsgründen die Betriebseinnahmen nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt werden 2 . Der Freibetrag ist auch anzusetzen, falls die freiberufliche Tätigkeit zu einem Verlust führt. Liegen die Voraussetzungen des § 10 d EStG vor, darf der Steuerpflichtige also einen Verlustabzug geltend machen, so ist der Freibetrag nach §18 Abs. 4 EStG vor dem Verlustabzug zu berücksichtigen 3 .

ACHTES KAPITEL

Das zu versteuernde Einkommen Das zu versteuernde Einkommen ist gemäß §2 Abs. 5, §32 Abs. 1 EStG, die insoweit eine gleichlautende Regelung treffen, das Einkommen, vermindert um den Altersfreibetrag i. S. d. § 32 Abs. 2 EStG, den Haushaltsfreibetrag i. S. d. § 32 Abs. 3 EStG, den Kinderfreibetrag i. S. d. § 32 Abs. 8 EStG und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge. Das zu versteuernde Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1980 wurde vom Einkommen ein allgemeiner Tariffreibetrag i. H . v . 510,— D M abgezogen. Dieser Freibetrag ist nunmehr im erhöhten Grundfreibetrag nach §32a Abs. 1 N r . 1 EStG enthalten; der allgemeine Tariffreibetrag ist damit entfallen. 1 2 3

A . A . Thoma, DB 1974, 1927, 1929. Vgl. Abschnitt 148 Abs. 3 S.3 EStR. BFH v. 1.12.1961 VI 155/61 U, BStBl. 1962 III S. 185.

460

Haushaltsfreibetrag

§ 3 0 / § 31

§ 30 Altersfreibetrag, §32 Abs. 2 EStG Der Altersfreibetrag wird einem Steuerpflichtigen gewährt, der vor Beginn des Kalenderjahres, in dem er sein Einkommen bezogen hat, das 64. Lebensjahr vollendet hatte. Er beträgt 720,— DM. Bei zusammenveranlagten Ehegatten, die beide das 64. Lebensjahr vollendet haben, verdoppelt sich der Altersfreibetrag. Er beträgt auch dann 1440,— DM, wenn nur einer Einkünfte erzielt hat. Der Altersfreibetrag ist vom Alterentlastungsbetrag nach § 24 a EStG zu unterscheiden. Beide Beträge werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, nebeneinander angesetzt, weil sie verschiedenen Zwecken dienen. Der Altersfreibetrag soll das zu versteuernde Einkommen älterer Menschen entlasten und der Verminderung subjektiver Leistungsfähigkeit im Alter Rechnung tragen 1 . Der Altersentlastungsbetrag2 begünstigt dagegen nur bestimmte Einkünfte. Er bezweckt, im Alter bezogene Einkünfte steuerlich zu entlasten, die keine Leibrenten oder Versorgungsbezüge sind.

§ 31 Haushaltsfreibetrag, §32 Abs. 3 EStG Vor dem Veranlagungszeitraum 1982 gab es zwei Haushaltsfreibeträge: Einen für alleinstehende Steuerpflichtige, die das 49. Lebensjahr vollendet hatten, und einen altersunabhängigen für alleinstehende Steuerpflichtige, denen mindestens 1 Kind zuzurechnen war. Der altersabhängige Haushaltsfreibetrag ist durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz 1 aufgehoben worden. Gleichzeitig wurde der altersunabhängige Haushaltsfreibetrag von 3000,— DM auf 4212,— D M erhöht. Er entspricht damit dem Grundfreibetrag nach § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG. Einem alleinstehenden Steuerpflichtigen, dem mindestens ein Kind zugerechnet wird, steht also der doppelte Grundfreibetrag zu. Er wird insoweit wie zusammenveranlagte Ehegatten behandelt. Gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht 2 diese Regelung für verfassungswidrig erklärt. Es ist der Auffassung, die Gewährung des Haushaltsfreibetrages reiche nicht aus, um die Beschränkung der Leistungsfähigkeit der Personen auszugleichen, die ein Kind allein erziehen müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 31.12.1984 eine andere (verfassungskonforme) Bestimmung zu schaffen. Nach der jetzigen Fassung des § 32 Abs. 3 EStG kommt der Haushaltsfreibetrag nur alleinstehenden Steuerpflichtigen zugute, die weder nach dem Splitting-Tarif

' Vgl .Jakob, Steuern vom Einkommen I, 1980, S. 185. Vgl. dazu oben §25, S. 402 ff. Zu §31 1 G. v. 22.12.1981, BGBl. I S. 1523 = BStBl. 1982 I S.235. 2 B. v. 3 . 1 1 . 1 9 8 2 1 BvR 620/78 u.a., DStZ/E 1982, 362. 2

461

§32

I

2. Teil. 8. Kapitel. Das zu versteuernde Einkommen

gemäß § 3 2 a A b s . 5 oder A b s . 6 E S t G besteuert werden noch die Voraussetzungen der §§ 26, 26 a E S t G erfüllen, also weder zusammen noch getrennt veranlagt werden. D e r Freibetrag steht damit ledigen, dauernd getrennt lebenden sowie geschiedenen oder verwitweten (nicht wieder verheirateten) Steuerpflichtigen zu. Geschiedene Eheleute und verwitwete Steuerpflichtige können den Haushaltsfreibetrag erst dann geltend machen, wenn für sie nicht mehr der Splitting-Tarif gilt. O b sie diesen Tarif in Anspruch nehmen dürfen, richtet sich nach § 32 a A b s . 6 E S t G . Liegen die Voraussetzungen dieser Bestimmung vor, dann steht dieser Personengruppe der Haushaltsfreibetrag erst für die Jahre zu, in denen § 32 a A b s . 6 E S t G nicht mehr angewendet werden kann. Für Geschiedene, die die Voraussetzungen des § 3 2 a A b s . 6 N r . 2 E S t G erfüllen 3 , ist dies das Jahr, das der Scheidung folgt. Verwitweten Steuerpflichtigen k o m m t der Haushaltsfreibetrag dagegen erst für das zweite dem T o d des Ehegatten folgende Jahr zugute. Ausnahmsweise ist auch ein verheirateter Steuerpflichtiger, der mit seinem Ehegatten zusammenlebt, berechtigt, den Haushaltsfreibetrag abzuziehen. D a s ist dann der Fall, falls er unbeschränkt, sein Ehegatte aber beschränkt steuerpflichtig ist; für ihn gilt der Grundtarif. N a c h alledem steht der Haushaltsfreibetrag den Steuerpflichtigen zu, denen mindestens 1 Kind zugerechnet wird, die ihr E i n k o m m e n nach der Grundtabelle versteuern und für die keine Ehegattenveranlagung nach § § 2 6 , 26 a E S t G in Betracht k o m m t . D e r Haushaltsfreibetrag beträgt auch dann lediglich 4212,— D M , wenn dem Steuerpflichtigen mehr als 1 Kind zuzurechnen ist, er erhöht sich also nicht mit der Zahl der Kinder.

32 Kinderfreibetrag und sonstige vom Einkommen abzuzieende Beträge I. Kinderfreibetrag, § 32 Abs. 8 E S t G A u f w e n d u n g e n für Kinder beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen. D i e s e m U m s t a n d trägt der Gesetzgeber Rechnung, indem er dem Steuerpflichtigen einen (jährlichen) Kinderfreibetrag i. H . v. 432,— D M für jedes K i n d gewährt, den dieser von seinem E i n k o m m e n abziehen kann. Wird das Kind auch v o m Steuerpflichtigen unterhalten, aber gemäß § 3 2 A b s . 4 S . 2 und 3 E S t G dem anderen Elternteil zugeordnet, erhält der Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag i. H . v. 216,— D M , der andere Elternteil i. H . v . 432,— D M . In diesem Fall k o m m t also dem nicht zuordnungsberechtigten Elternteil zusätzlich die Hälfte des

3

Vgl. dazu unten § 37 IV 2 b S. 475 f.

462

Kinderfreibetrag

§32 II

Kinderfreibetrages zugute. Ehegatten, die getrennt veranlagt werden, steht der Kinderfreibetrag grundsätzlich jeweils zur Hälfte zu, § 32 A b s . 8 S. 3 E S t G .

II. Sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge N e b e n dem Alters-, dem Haushalts- und dem Kinderfreibetrag ist vom E i n k o m m e n die Freigrenze für N e b e n e i n k ü n f t e eines Arbeitnehmers bis zu 8 0 0 , — D M gemäß § 4 6 A b s . 3, § 4 6 a S. 5 E S t G , § § 7 0 , 72 E S t D V (Härteausgleich) 1 abzuziehen. A u ß e r d e m sind an dieser Stelle Zinsen i. S. d. § 43 A b s . 1 N r . 5 E S t G zu berücksichtigen, falls kein Antrag auf Veranlagung gemäß § 46 a S . 2 E S t G gestellt wurde. D i e s e Zinsen gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Sie haben also das E i n k o m m e n erhöht. G e m ä ß § 43 A b s . 1 N r . 5, § 43 a A b s . 1 N r . 2 E S t G unterliegen sie der Kapitalertragsteuer (Kuponsteuer) i. H . v. 3 0 % , und gemäß § 46 a S. 1 E S t G ist die E i n k o m m e n s t e u e r durch den A b z u g der Kapitalertragsteuer abgegolten. W ü r d e man die Zinsen dieser Wertpapiere, die zwischen dem 1 . 4 . 1 9 5 2 und dem 3 1 . 1 2 . 1 9 5 4 emittiert worden sind, nicht v o m E i n k o m m e n absetzen, dann würden sie doppelt besteuert. Dies hätte der Gesetzgeber auch durch eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die festgesetzte E i n k o m m e n s t e u e r vermeiden können. E r hätte aber dann nicht sein Ziel erreicht, den Steuersatz endgültig auf höchstens 3 0 % festzuschreiben, u m so einen A n r e i z zum E r w e r b dieser Wertpapiere zu schaffen 2 . D e s h a l b hat er sich dafür entschieden, die Zinsen vom E i n k o m m e n wieder abzuziehen. Ist diese Regelung für den Steuerpflichtigen ungünstig, weil sein zu versteuerndes E i n k o m m e n mit weniger als 3 0 % besteuert wird, dann bleibt es nicht bei der Belastung dieser Zinsen mit der 30prozentigen Kapitalertragsteuer. G e m ä ß § 46 a S. 2 E S t G kann der Steuerpflichtige beantragen, daß die Zinsen aus den in § 4 3 A b s . 1 N r . 5 E S t G bezeichneten Wertpapieren im W e g e der Veranlagung besteuert werden. Sie unterliegen dann seinem individuellen Steuersatz. D i e einbehaltene Kapitalertragsteuer wird in diesem Fall nach § 3 6 Abs. 2 N r . 2 E S t G auf die festgesetzte Einkommensteuerschuld angerechnet und gegebenenfalls erstattet. D e n A n t r a g nach § 4 6 a S. 2 E S t G darf der Steuerpflichtige auch stellen, wenn die Zinserträge die G r e n z e von 8 0 0 , — D M nicht übersteigen. D e r Antrag ist aber fristgebunden; er kann nur bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres gestellt werden, § 4 6 a S . 4 E S t G . H a t ein A r b e i t n e h m e r Zinserträge aus diesen Wertpapieren, bleiben sie gemäß § 4 6 a S . 5 , § 4 6 A b s . 3 E S t G auch dann steuerfrei, wenn er gemäß § 4 6 a S . 2 E S t G die E i n b e z i e h u n g in die Veranlagung beantragt und seine gesamten N e b e n e i n k ü n f t e (einschließlich der Zinsen) die G r e n z e von 8 0 0 , — D M nicht übersteigen. Liegen seine N e b e n e i n k ü n f t e zwischen 8 0 0 , — D M und 1 6 0 0 , — D M , gilt der erweiterte Härteausgleich nach § 70 E S t D V 3 . 1 2 3

Vgl. dazu unten §44 VII 3 S.527f. Bühler/Paulick/Freericks, §46 a Rdn.2. Vgl. dazu unten §44 VII 3 S.527f. 463

§33 I

2. Teil. 9. Kapitel. Zuordnung von Kindern

NEUNTES KAPITEL

Zuordnung von Kindern Welche Kinder im Steuerrecht berücksichtigt werden und wem sie zuzuordnen sind, ist in §32 Abs. 4 EStG geregelt. Diese Vorschrift bezieht sich in erster Linie auf den Haushaltsfreibetrag i. S. d. §32 Abs. 3 EStG. Sie gilt aber generell im Einkommensteuerrecht, soweit es auf die Berücksichtigung von Kindern ankommt. § 32 Abs. 4 EStG hat also (kraft ausdrücklicher Verweisung bei den jeweiligen Bestimmungen) bei der Berechnung der Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG, für die Bemessung der Vorsorgepauschale nach § 10 c Abs. 3, 4 EStG, für den Haushaltsfreibetrag nach §32 Abs. 3 EStG, für die Höhe der zumutbaren Eigenbelastung nach §33 Abs. 3 EStG, für den Unterhaltsfreibetrag nach § 33 a Abs. 1 a EStG, für den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 8 EStG und für die Frage Bedeutung, ob der Körperbehinderten- oder Hinterbliebenenpauschbetrag nach § 33 b Abs. 5 EStG auf den Steuerpflichtigen übertragen werden darf. Im Rahmen des §32 Abs. 4 EStG sind drei Fragen zu unterscheiden. Es kommt zunächst darauf an, daß ein Kindschaftsverhältnis i. S. d. §32 Abs. 4 S. 1 EStG zum Steuerpflichtigen besteht. Ist ein Kindschaftsverhältnis zu mehreren Personen vorhanden, so ist, um eine Mehrfachberücksichtigung eines Kindes zu vermeiden, die Frage zu entscheiden, welcher Person das Kind zuzuordnen ist. Schließlich ist zu prüfen, ob es sich um ein berücksichtigungsfähiges Kind i. S. d. § 32 Abs. 5—7 EStG handelt.

§ 33 Kindschaftsverhältnis Kinder i. S. d. Einkommensteuerrechts sind gemäß §32 Abs. 4 S. 1 EStG Personen, die im ersten Grade mit dem Steuerpflichtigen verwandt sind, Pflegekinder und Stiefkinder, die der Steuerpflichtige in seinen Haushalt aufgenommen hat.

I. Kinder, die im ersten Grade mit dem Steuerpflichtigen verwandt sind Mit dem Steuerpflichtigen im ersten Grade verwandt sind die leiblichen (also eheliche, für ehelich erklärte und nichteheliche) Kinder sowie die Adoptivkinder. Wird ein Minderjähriger nach dem 31.12.1976 adoptiert, erlischt dadurch grundsätzlich das Verwandtschaftsverhältnis zu seinen leiblichen Eltern, §1755 Abs. 1 BGB. Ein Kindschaftsverhältnis besteht damit nur zu den Adoptiveltern. Bei den leiblichen Eltern kann es nach der Adoption nicht mehr berücksichtigt werden. 464

Kindschaftsverhältnis

§33

III

II. P f l e g e k i n d e r §32 Abs. 4 S. 1 E S t G stellt Pflegekinder in eine Reihe mit ehelichen Kindern, für ehelich erklärten Kindern, nichtehelichen Kindern und Adoptivkindern. Das Pflegekindschaftsverhältnis muß daher diesen Kindschaftsverhältnissen ähnlich sein1. Pflegekinder, heißt es dementsprechend in § 15 Abs. 1 N r . 8 A O 1977, sind „Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind". Ein solches Verhältnis setzt voraus, daß das Pflegekind aus der natürlichen Obhut und dem Pflegeverhältnis zu seinen leiblichen Eltern ausgeschieden ist und von seinen Pflegeeltern auf Dauer wie ein leibliches Kind betreut wird. Leben die Eltern oder ein Elternteil noch und bestehen die normalen Beziehungen zu ihnen fort, kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob das Kind sein Zuhause bei den Pflegepersonen hat. Daher kommt ein Pflegekindschaftsverhältnis nur in Betracht, falls sich die Eltern nicht mehr um das Kind kümmern 2 . Ein Kind darf auch nicht als Pflegekind anerkannt werden, wenn der „Pflegevater" nicht nur das Kind, sondern außerdem dessen Mutter in seinen Haushalt aufnimmt und mit dieser gemeinsam die Obhut und Pflege des Kindes ausübt 3 . Leben die leiblichen Eltern nicht mehr, ist die Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses zwischen Geschwistern möglich. Erforderlich ist auch hier eine Eltern-Kind-Beziehung zwischen den Geschwistern, die einen nicht unerheblichen Altersunterschied zwischen ihnen voraussetzt 4 . Ist das Pflegekind geistig oder körperlich behindert, kommt es nicht auf den Altersunterschied an. Ein Pflegekindschaftsverhältnis ist deshalb auch zu bejahen, wenn das Pflegekind älter als das pflegende Geschwisterkind ist5. Es steht dem Pflegekindschaftsverhältnis nicht entgegen, daß die Pflegeeltern von einem Dritten (den leiblichen Eltern oder dem Jugendamt) einen Unterhaltszuschuß erhalten. Ein Kostkind ist aber kein Pflegekind. Deshalb liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Pflegekindes nicht vor, wenn die „Pflegeeltern" das Kind ausschließlich wegen des Unterhaltsbeitrags aufgenommen haben, es also nicht mehr bei sich behielten, falls der Unterhaltszuschuß entfiele.

III. Stiefkinder Ein Stiefkind ist das mit einem Ehegatten im ersten Grade verwandte Kind, das mit dem anderen Ehegatten (dem Steuerpflichtigen) verschwägert ist (§ 1590 B G B ) . Es ' B F H v. 2 5 . 1 . 1 9 7 1 GrS 6/70, BStBl. 1971 II S.274, 276. B F H v. 17.12.1952 IV 359/52 U , BStBl. 1953 III S. 74. 5 B F H v. 2 5 . 1 . 1 9 7 1 GrS 6/70, BStBl. 1971 II S.274, 276. 4 Vgl. dazu B F H v. 4 . 4 . 1 9 7 5 VI R 218/72, BStBl. 1975 II S. 636; B F H v. 5. 8.1977 VI R 187/ 74, BStBl. 1977 II S. 832. 5 Vgl. F G Rheinland-Pfalz v. 13.12.1978 I 164/78, E F G 1979, 333; Littmann-Grube, §32 Rdn. 14 i.

2

465 30

Tiedtke, E i n k o m m e n s t e u e r

§34 I

2. Teil. 9. Kapitel. Zuordnung von Kindern

wird nur berücksichtigt, soweit der Steuerpflichtige es in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ein Kind wird durch die Eheschließung eines Elternteils mit dem Steuerpflichtigen zum Stiefkind des Steuerpflichtigen. Es verliert diese Stellung mit der Auflösung dieser (neuen) Ehe, also nicht bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Ehegatten getrennt leben.

IV. Enkelkinder Zwischen Großeltern und Enkelkindern wird kein steuerliches Kindschaftsverhältnis i. S. d. §32 Abs. 4 S. 1 EStG begründet. Enkelkinder sind deshalb nur bei den Großeltern steuerlich zu berücksichtigen, falls sie Pflegekinder der Großeltern sind.

§ 34 Zuordnung I. Geltungsbereich des §32 Abs. 4 S.2, 3 EStG Die Zuordnung von Kindern regelt §32 Abs.4 S.2, 3 EStG. Diese Vorschrift hat nur einen begrenzten Anwendungsbereich. Sie gilt lediglich für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Elternpaare, bei denen die Voraussetzungen des §26 Abs. 1 S. 1 EStG nicht vorliegen, also bei Elternpaaren, die nicht zusammen veranlagt werden können, weil sie nicht oder nicht mehr verheiratet sind oder, falls sie verheiratet sind, dauernd getrennt leben. §32 Abs.4 S.2 EStG beschränkt sich auf die Zuordnung von Kindern eines „Elternpaares". Von einem Elternpaar kann man aber nur sprechen, wenn das Kind zu beiden Elternteilen in demselben Kindschaftsverhältnis steht. Die Eltern des Kindes müssen also, damit die gesetzliche Zuordnungsregelung Anwendung findet, jeweils beide leibliche Eltern, Adoptiv- oder Pflegeeltern sein1. Sind die Voraussetzungen des §32 Abs.4 S.2 EStG gegeben, besteht also ein gleichartiges Kindschaftsverhältnis zu dem unbeschränkt steuerpflichtigen Elternpaar, das nicht zusammen veranlagt werden kann, dann wird das Kind dem Elternteil zugeordnet, in dessen Wohnung es erstmals im Kalenderjahr „mit Hauptwohnung" gemeldet war2. Ist nur eine Wohnung vorhanden, so ist dies auch die Hauptwohnung. Hat das Kind zwei Wohnungen, weil es nach der Trennung der Eltern sowohl im Haushalt der Mutter als auch im Haushalt des Vaters wohnt, müssen die Eltern bei der Anmeldung erklären, welche Wohnung die Hauptwoh-

1

2

Von einem Elternpaar i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG wird in der Rechtslehre (Nissen in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, §32 Rz.40) vereinzelt auch gesprochen, wenn ein leiblicher Elternteil mit dem Stiefelternteil ein Ehepaar bilden. Vgl. B F H v. 17.9.1982 VI R 86/79, BStBl. 1983 II S.9.

466

Zuordnung

§34 II

nung sein soll3. Die Hauptwohnung, für die sich die Eltern entscheiden, ist für die Zuordnung des Kindes maßgebend. Das gilt auch dann, wenn das Kind schon seit Jahren in der (Neben-)Wohnung des anderen Elternteils lebt4. Auf diese Weise können die Eltern unabhängig davon, bei wem das Kind tatsächlich lebt, durch eine Erklärung gegenüber dem Einwohnermeldeamt bestimmen, wem das Kind steuerlich zuzurechnen ist. War das Kind nicht in einer Wohnung eines Elternteils gemeldet, weil es in einem Internat oder in einer Heil- und Pflegeanstalt untergebracht ist, oder war es in einer gemeinsamen Wohnung der Eltern gemeldet, so wird es gemäß § 32 Abs. 4 S. 3, 1. HS EStG der Mutter zugeordnet. Es wird dem Vater zugewiesen, falls dieser durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde (i. d. R. das Einwohnermeldeamt) nachweist, es gehöre zu seinem Haushalt. Aus Vereinfachungsgründen gilt der Nachweis als geführt, wenn das Kind in der Personenregisterkarte des Vaters eingetragen ist5. Kann der Vater eine solche Bescheinigung nicht vorlegen, muß er auf andere Weise dartun, daß das Kind zu seinem Haushalt gehört. Ein Kind zählt zum Haushalt des Vaters, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter Leitung des Vaters dessen Wohnung teilt oder sich mit seiner Einwilligung vorübergehend außerhalb seiner Wohnung (z.B. am Studienort) aufhält6.

II. Zuordnung außerhalb des §32 Abs. 4, S.2, 3 EStG § 32 Abs. 4 EStG setzt voraus, daß beide Eltern unbeschränkt steuerpflichtig sind. Er gilt also nicht, wenn ein Elternteil beschränkt einkommensteuerpflichtig ist. In einem solchen Falle wird das Kind, ohne daß es darauf ankommt, wo sich das Kind aufhält, dem unbeschränkt steuerpflichtigen Elternteil zugeordnet. Die Regelung hat vor allem für ausländische Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland Bedeutung. Ihnen werden die Kinder daher auch zugeordnet, falls sie sich bei der Mutter im Heimatland aufhalten. § 32 Abs. 4 EStG findet, wie dargelegt, nur für Elternpaare Anwendung, die nicht zusammen veranlagt werden können. Sind die Eltern verheiratet und leben sie nicht dauernd getrennt, dürfen sie also zusammen veranlagt werden, sind die Kinder, ohne daß dies ausdrücklich geregelt ist, den Ehegatten gemeinsam zuzuordnen, wenn das Kindschaftsverhältnis zu beiden Ehegatten besteht7. Dies gilt grundsätzlich auch dann, falls ein Kindschaftsverhältnis nur zu einem der Ehegatten vorhanden ist. Greift aber in einem solchen Falle die Zuordnungsregel nach §32 Abs. 4 S.2, 3 EStG ein, dann wird das Kind nicht den Ehegatten, sondern dem anderen Elternteil zugerechnet. Vgl. Fitsch in Lademann/Söffing/Brockhoff, §32 Anm. 51. BFH v. 14.8.1981 VI R 33/78, BStBl. 1982 II S. 111. 5 Vgl. Fitsch in Lademann ISöf fing!Brockhoff, § 32 Anm. 54 m. w. N. ' Vgl. BFH v. 24.10.1980 VI B 78/80, BStBl. 1981 II S.54. 7 Vgl. Abschnitt 181 Abs. 1 S. 1 EStR. 3 4

467 30*

§35 I

2. Teil. 9. Kapitel. Zuordnung von Kindern

Zu einer mehrfachen Berücksichtigung von Kindern, die die Zuordnungsregel eigentlich verhindern soll, kann es in den Fällen kommen, in denen die Kinder nicht zu beiden Elternteilen in demselben Kindschaftsverhältnis stehen. § 3 2 Abs. 4 S. 2 E S t G schließt die doppelte Berücksichtigung dieser Kinder nicht aus. E r gilt, wie ausgeführt, soweit zu beiden Elternteilen dasselbe Kindschaftsverhältnis besteht. Ist das nicht der Fall, hat also ein Kind ein leibliches Elternpaar und ein Pflegeelternpaar oder ein Adoptivelternpaar und ein Pflegeelternpaar, so wird es gleichzeitig (und damit mehrfach) beiden Elternpaaren zugewiesen. Zu einer mehrfachen Zurechnung kann es allerdings nicht kommen, wenn der leibliche Vater eines nichtehelichen Kindes, das bei seiner Mutter lebt, heiratet. Im Verhältnis der leiblichen Eltern gilt § 3 2 Abs. 4 S . 2 , 3 E S t G . Das Kind wird grundsätzlich der Mutter zugeordnet. Im Verhältnis zum leiblichen Vater und zu dessen Ehefrau, die durch die Heirat zur Stiefmutter des nichtehelichen Kindes geworden ist, gilt zwar § 3 2 Abs. 4 E S t G nicht, weil zu den Ehepartnern unterschiedliche Kindschaftsverhältnisse bestehen. Gleichwohl wird aber das Kind nicht (zusätzlich) bei der Veranlagung des leiblichen Vaters und seiner Ehefrau als Stiefkind i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 N r . 3 E S t G berücksichtigt 8 . Danach können Stiefkinder nur anerkannt werden, wenn, woran es hier fehlt, der Steuerpflichtige sie in seinen Haushalt aufgenommen hat.

§ 35 Berücksichtigungsfähige Kinder I. Kinder bis zum 16. Lebensjahr Gemäß § 3 2 Abs. 5 E S t G (in der Fassung ab Veranlagungszeitraum 1983) wird ein Kind in dem Veranlagungszeitraum, in dem es lebend geboren wurde und in jedem folgenden Veranlagungszeitraum, zu dessen Beginn es das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt. Ein Kind wird unabhängig davon, wie lange es im Veranlagungszeitraum gelebt hat, für den ganzen Veranlagungszeitraum steuerlich anerkannt, falls es zu irgendeinem Zeitpunkt im Veranlagungszeitraum lebend geboren wurde oder noch gelebt hat. Es kommt nicht darauf an, ob das Kind lebensfähig ist. Es bleibt auch dann nicht außer Betracht, wenn es sofort nach der Geburt oder am ersten Tag des Veranlagungszeitraums stirbt. F ü r Adoptiv-, Pflege- und Stiefkinder reicht die Geburt allerdings nicht. Solche Kinder werden nur anerkannt, wenn das Kindschaftsverhältnis im Veranlagungszeitraum bestanden hat oder (irgendwann im Veranlagungszeitraum) begründet worden ist. Pflege- und Stiefkinder müssen, damit ein solches Kindschaftsverhältnis entsteht, im Haushalt des Steuerpflichtigen leben. Bei anderen Kindern ist dies nicht erforderlich. Ihre Berücksichtigung hängt auch nicht davon ab, ob sie unbeschränkt 8

Vgl. B F H v. 2 3 . 3 . 1 9 7 9 VI R 181/75, BStBl. 1979 II S . 4 3 7 .

468

Berücksichtigungsfähige Kinder

§ 3 5 II

oder beschränkt steuerpflichtig sind, ob sie eigenes Vermögen oder eigene Einkünfte haben oder ob sie vom Steuerpflichtigen unterhalten werden.

II. Kinder zwischen 16 und 27 Jahren Kinder, die zu Beginn des Veranlagungszeitraums das 16., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben, werden gemäß §32 Abs. 6 EStG berücksichtigt, wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt im Kalenderjahr — für einen Beruf ausgebildet werden 1 ; — keinen Ausbildungsplatz haben oder nicht erwerbstätig sind, aber bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes als Bewerber um eine Ausbildungsstelle gemeldet oder nach der Berufsberatung der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und auch die übrigen Voraussetzungen des §2 Abs. 4 Bundeskindergeldgesetz 2 vorliegen, sie also weniger als 240,— DM monatlich aufgrund einer Erwerbstätigkeit (netto) verdienen oder als Arbeitslosengeld oder -hilfe erhalten; darauf, daß sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, kommt es nicht an. §32 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 a EStG verweist auf §2 Abs. 4 BKGG, nicht aber auf §2 Abs. 5 B K G G \ der diese Voraussetzung enthält. Die Berücksichtigung nach § 32 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 a EStG ist auch nicht auf Kinder unter 18 Jahre beschränkt; diese Altersgrenze ist zwar gemäß §2 Abs. 4 BKGG für den Anspruch auf Kindergeld maßgebend, die Verweisung in §32 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 a EStG erstreckt sich aber lediglich auf die übrigen Voraussetzungen des §2 Abs. 5 BKGG, weil §32 Abs. 6 S. 1 EStG eine eigene Altersgrenze enthält 4 ; — die Berufsausbildung durch den Wehrdienst, Zivildienst, Polizeivollzugsdienst oder die Tätigkeit als Entwicklungshelfer unterbrochen haben, §32 Abs. 6 S. 1 Nrn. 2-4, §32 Abs. 6 S. 2 EStG 5 ; — ein freiwilliges soziales Jahr' leisten; — wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten und deswegen ein Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz oder auf vergleichbare Leistungen (§ 8 Abs. 1 BKGG) besteht, §32 Abs. 6 S. 1 N r . 6 EStG; Kinder, die eigenes Vermögen besitzen oder eigene Einkünfte beziehen, werden damit unabhängig vom Grad ihrer Erwerbsunfähigkeit nicht mehr anerkannt. Für die Berücksichtigung von Kindern zwischen 16 und 27 Jahren ist es grundsätzlich unerheblich, ob sie verheiratet oder ledig, beschränkt oder unbeschränkt 1 2 3

Vgl. dazu Abschnitt 183 Abs. 2, 3 EStR. Gesetz v. 21.1.1982, BGBl. I S. 13 = BStBl. 1982 I S.302 (BKGG). Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, §32, grüne Blätter, S. 19; a. A. Abschnitt 183 a S. 3 EStR.

4

Ebenso Schmidt/Drenseck, § 32 Anm. 7 b m. w. N.

5

Vgl. Abschnitt 183 b EStR. 469

§ 3 6

2. Teil. 10. Kapitel. Tarifliche Einkommensteuer

steuerpflichtig sind oder, von § 3 2 Abs. 6 S. 1 N r . 6 E S t G abgesehen, vom Steuerpflichtigen unterhalten werden.

III. Kinder über 27 Jahren Ein Kind über 27 Jahren wird ohne zeitliche Begrenzung unter den gleichen Voraussetzungen wie nach § 32 Abs. 6 Satz 1 N r . 6 E S t G berücksichtigt, § 32 Abs. 7 E S t G . Es wird also nicht anerkannt, falls es eigenes Vermögen, eigene Einkünfte oder Bezüge hat. Dies gilt auch dann, wenn es zu mehr als 90 % in der Erwerbsfähigkeit beschränkt ist. Kinder, deren Berufsausbildung sich wegen mangelnden Studienplatzes oder berufsbedingten Wohnortwechsels des Steuerpflichtigen verzögert hat, bleiben außer Betracht; § 3 2 Abs. 7 N r . 1 E S t G (Fassung bis Veranlagungszeitraum 1982) ist durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz vom 2 2 . 1 2 . 1 9 8 1 7 aufgehoben worden.

ZEHNTES KAPITEL Tarifliche Einkommensteuer § 36 Begriff und Bedeutung Die tarifliche Einkommensteuer wird durch die Anwendung des Einkommensteuertarifs auf die Bemessungsgrundlage, das zu versteuernde Einkommen, § 2 Abs. 5 E S t G , ermittelt. Sie ist die Steuer, die sich aus der Grund- oder Splitting-Tabelle unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts nach § 32 b E S t G ergibt. Schließlich gehört zur tariflichen Einkommensteuer auch die Steuer auf Einkünfte, die nach § § 3 4 , 34 b und § 3 4 c Abs. 4 E S t G einem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Die H ö h e der Steuerbelastung eines Steuerpflichtigen richtet sich damit nach der Ausgestaltung des Steuertarifs. Die H ö h e des Tarifs hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es ist in erster Linie maßgeblich, welche Einnahmen die öffentliche Hand aus der Einkommensteuer erzielen will. Daneben ist anerkannt 1 , daß der Einkommensteuertarif progressiv ausgestaltet sein muß. N u r ein solcher Tarif entspricht dem Prinzip der Leistungsfähigkeit, nach dem die Einkommensteuer

6

Vgl. Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres v. 7 . 8 . 1 9 6 4 , B G B l . I S . 6 4 0 , geändert am 1 8 . 1 2 . 1 9 7 5 , B G B l . I S.3155.

7

B G B l . I S. 1523 = BStBl. 1982 I S . 2 3 5 , 238.

1

Vgl. BVerfG v. 2 4 . 6 . 1 9 5 8 2 B v F 1/57, BStBl. 1958 I S . 4 0 3 , 4 0 8 ; B F H v. 6 . 7 . 1 9 7 3 VI R 2 5 3 / 6 9 , BStBl. 1973 II S . 7 5 4 ; B F H v. 1 7 . 2 . 1 9 7 6 VIII R 3 4 / 7 5 , BStBl. 1976 II S . 3 8 7 , 388.

470

Aufbau des Einkommensteuertarifs

§37

II

ausgerichtet ist. Ein proportionaler (für alle Steuerpflichtigen gleich hoher) Steuersatz widerspräche diesem Prinzip. D i e Leistungsfähigkeit nimmt, w o v o n der G e s e t z g e b e r ausgeht, mit steigendem E i n k o m m e n zu. Deshalb sind höhere E i n k o m m e n (absolut und relativ) stärker mit E i n k o m m e n s t e u e r belastet als niedrigere. Allerdings hat der G e s e t z g e b e r bei der H ö h e des Spitzensteuersatzes zu beachten, daß das Gesamtsteueraufkommen nicht wesentlich von diesem Steuersatz abhängt; die B e z i e h e r h o h e r und höchster E i n k o m m e n , für die ein solcher Steuersatz gilt, tragen wegen ihrer kleinen Zahl nur in verhältnismäßig geringem U m f a n g zum G e s a m t a u f k o m m e n der E i n k o m m e n s t e u e r bei. Soll das E i n k o m m e n s t e u e r a u f k o m men des Staates erhöht werden, dann ist die Heraufsetzung des Spitzensteuersatzes dazu nicht geeignet. D e r Gesetzgeber m u ß vielmehr, wenn er diese Absicht verfolgt, die Progression bei niedrigeren E i n k o m m e n stärker ansteigen lassen. Will er so verfahren, m u ß er den Tarif an der sozialen Gerechtigkeit ausrichten und bedenken, daß eine steile Progression und natürlich auch ein hoher Spitzensteuersatz den Leistungswillen der Steuerzahler lähmen, also letztlich das Steueraufkommen eher sinkt als steigt. W e l c h e r der zahlreichen Erwägungen der Gesetzgeber den V o r r a n g bei der Gestaltung des Einkommensteuertarifs einräumt, ist eine politische Entscheidung; einen objektiv „richtigen" 2 Tarif gibt es nicht. W e l c h e Bedeutung dem Einkommensteuertarif z u k o m m t , ergibt sich schon aus dem h o h e n E i n k o m m e n s t e u e r a u f k o m m e n . Dieses betrug 1981 (einschließlich der Lohnsteuer) 1 6 9 6 4 9 Mio. DM3.

§ 37 Aufbau des Einkommensteuertarifs I. Abrundung des zu versteuernden Einkommens D e r zur Zeit gültige Einkommensteuertarif ergibt sich aus § 32 a E S t G . B e v o r er auf die Bemessungsgrundlage angewendet werden kann, ist das zu versteuernde E i n k o m m e n gemäß § 32 a A b s . 3 E S t G auf den nächsten durch 54 ohne R e s t teilbaren vollen D M - B e t r a g abzurunden. Ist das zu versteuernde E i n k o m m e n nicht bereits durch 54 o h n e R e s t teilbar, entsteht aufgrund der A b r u n d u n g für den Steuerpflichtigen ein zusätzlicher Freibetrag.

II. Tarifzonen Ist die Bemessungsgrundlage auf diese Weise bereinigt, richtet sich der E i n k o m m e n steuertarif danach, von welcher T a r i f z o n e das abgerundete zu versteuernde E i n k o m m e n erfaßt wird. 2 3

Tipke, S. 293. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1981, Statistisches Bundesamt, 1981, S. 413 ff. 471

§37

III

2. Teil. 10. Kapitel. Tarifliche E i n k o m m e n s t e u e r

Der Einkommensteuertarif ist in 4 Zonen aufgeteilt. Er beginnt mit der NullZone, §32a Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Teil des zu versteuernden Einkommens, der über die Null-Zone nicht hinausgeht, ist das Existenzminimum, das von der Besteuerung freigestellt ist. Die Null-Zone entspricht dem Grundfreibetrag. Er beträgt für Ledige 4212,— D M und für Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, 8424,— DM 1 . Der Null-Zone folgt die untere Proportional-Zone, §32a Abs. 1 N r . 2 EStG. In dieser Zone gilt ein einheitlicher Steuersatz von 2 2 % . Sie reicht von 4213,— (8425,—) bis 18 000,— (36000,—) DM. An die untere Proportional-Zone schließt sich die Progressions-Zone an. Sie wird in die Progressions-Stufe I, § 32 a Abs. 1 Nr. 3 EStG, und die Progressions-Stufe II, § 32 a Abs. 1 N r . 4 EStG, aufgeteilt. In der Progressions-Stufe I steigt der Steuersatz (ohne Progressionssprung) kontinuierlich von 22 % auf 50 % an. Diese Stufe reicht bis zu einer Bemessungsgrundlage von 59999,— (119999,—) DM. Im zweiten Bereich der Progressions-Zone, der Progressions-Zone II, erhöht sich der Steuersatz nur noch von 5 0 % auf 5 6 % . Diese Stufe erfaßt abgerundete zu versteuernde Einkommen von 60 000,— (120 000,—) D M bis zu 129999,— (259 999,—) DM. Der Einkommensteuertarif endet mit der oberen Proportional-Zone, § 32 a Abs. 1 N r . 5 EStG. In dieser gilt der gleichbleibende Spitzensteuersatz von 5 6 % . Damit werden alle Einkommen belastet, die über 130000,— (260 000,—) D M liegen.

III. Steuersätze Der Spitzensteuersatz ist vom Grenzsteuersatz und vom Durchschnittssteuersatz zu unterscheiden. Er ist der höchste nach dem jeweils gültigen Tarif in Betracht kommende Grenzsteuersatz. Der Grenzsteuersatz ist der Prozentsatz, mit dem die letzte Einheit (die letzten 54,— DM) des zu versteuernden Einkommens belastet wird. Der Durchschnittssteuersatz ergibt sich dagegen aus dem Verhältnis des Steuerbetrages zu dem zu versteuernden Einkommen. Er liegt stets unter dem Grenzsteuersatz. Mit steigendem Einkommen nähert er sich ihm zwar, erreicht ihn aber nicht; die Annäherung ist asymptotisch. Ein lediger Steuerpflichtiger, der ein zu versteuerndes Einkommen von 132 000,— D M erzielt, wird mit einem Grenzsteuersatz (= Spitzensteuersatz) von 5 6 % belastet. Die Steuer beträgt 59069,— DM. Der durchschnittliche Steuersatz ergibt sich aus dem Verhältnis von 59 069,— D M zu 132 000,— D M und beträgt somit 44,75 %. Die durchschnittliche Steuerbelastung erhöht sich bei höheren Einkommen. Ihre Zunahme ist bis zur Progressions-Stufe II besonders stark. Von der oberen Proportional-Zone an wächst der Durchschnittssteuersatz nur geringfügig. Diese Erscheinung bezeichnet man als verzögerte Progression.

1

Im folgenden werden die Beträge f ü r zusammenveranlagte Ehegatten in Klammern aufgeführt.

472

Aufbau des Einkommensteuertarifs

§37

IV 2

O b w o h l der Einkommensteuertarif konstant bleibt, kommt es in inflationären Zeiten aufgrund einer „kalten" Progression zu heimlichen Steuererhöhungen, weil die inflationär gestiegenen Einnahmen, die keinen realen Einkommenszuwachs zur Folge haben, mit einer höheren Progression besteuert werden. Der Steuerpflichtige hat damit weniger verfügbares Einkommen.

IV. Steuerberechnung Der geltende Einkommensteuertarif ist ein Formeltarif. Das bedeutet, daß die H ö h e der Steuer aufgrund von mathematischen Formeln ermittelt werden kann. Diese Formeln sind in § 3 2 a Abs. 1 E S t G enthalten. In der Regel ist es nicht erforderlich, die Steuer aufgrund dieser Formeln auszurechnen. Für zu versteuernde Einkommen bis 130031,— D M ergibt sie sich gemäß § 3 2 a Abs. 4 E S t G aus der Einkommensteuer-Grundtabelle, die als Anlage l 2 dem Einkommensteuergesetz beigefügt ist.

1. Grundtarif Die Grundtabelle, die den sogenannten Grundtarif enthält, gilt für Ledige und Ehegatten, die nicht nach den §§26, 26 b E S t G zusammen veranlagt werden. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um Arbeitnehmer, freiberuflich oder gewerblich Tätige handelt. Beispiel: Beträgt das zu versteuernde Einkommen mehr als 130 031,— D M , ist die Einkommensteuer nach § 3 2 a Abs. 1 N r . 5 E S t G zu berechnen. Dies geschieht nach der Formel: (abgerundetes) zu versteuerndes Einkommen x 0,56 X 14 837. Die Einkommensteuer für ein zu versteuerndes Einkommen von 150 000,— D M errechnet sich wie folgt: 1. Abrundung auf den nächsten durch 149958,— D M 54 ohne Rest teilbaren Betrag 2. Berechnung der Steuer nach § 3 2 a Abs. 1 N r . 5 E S t G : x 0,56 Multiplikation mit dem maßgeblichen Steuersatz 83 976,48 D M 3. Abzüglich X 14 837 — D M 69139,48 D M 4. Abgerundet auf den nächsten vollen DM-Betrag, § 32 a Abs. 3 E S t G : 69139,—DM

2. Splitting-Verfahren a) Zusammenveranlagte Ehegatten Für Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, wird die tarifliche Einkommensteuer nach dem Splitting-Verfahren berechnet. Das geschieht in mehreren Stufen. Zunächst ist das gemeinsame zu versteuernde Einkommen der Ehegatten zu halbie2

BStBl. 1980 I S. 541 ff. 473

§37

IV 2

2. Teil. 10. Kapitel. Tarifliche Einkommensteuer

ren. Anschließend wird es gemäß § 32 a Abs. 2 EStG auf den nächsten durch 54 ohne Rest teilbaren vollen DM-Betrag abgerundet. Dann wird für dieses halbe zu versteuernde Einkommen der Ehegatten die Einkommensteuer nach dem Einkommensteuer-Grundtarif, § 32 a Abs. 1 EStG, ermittelt. Das Zweifache dieses Steuerbetrages ist die tarifliche Einkommensteuer für die zusammenveranlagten Ehegatten. Beispiel: Zu versteuerndes Einkommen der Ehegatten davon Vi Abrundung auf Anwendung des Grundtarifs: Zweifaches:

300000,—DM 150 000,—DM 149 9 5 8 — D M 69139,—DM 138 278,—DM

In der Regel ist auch diese Berechnung nicht erforderlich. Für zu versteuernde Einkommen bis 260 063,— D M kann die Einkommensteuer der EinkommensteuerSplitting-Tabelle, die als Anlage 2' dem Einkommensteuergesetz beigefügt ist, entnommen werden. Das Splitting-Verfahren soll sicherstellen, daß die Ehegatten nach ihrer Eheschließung keine höhere Einkommensteuer zu zahlen haben als vorher. Deshalb wird das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten unabhängig davon, wer es erzielt hat, jedem Ehegatten zur Hälfte zugerechnet. Ist das Einkommen beider Ehegatten gleich hoch, so ergibt sich nach dem Splitting-Verfahren die gleiche Steuerbelastung wie nach der Grundtabelle. Die Steuerbelastung eines ledigen Steuerpflichtigen mit einem zu versteuernden Einkommen von 50 000,— D M beträgt 15 069,— DM. Bei dieser Belastung bleibt es auch, wenn er heiratet und seine Ehefrau ebenfalls 50 000,— D M zu versteuern hat; das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten beträgt dann 100 000,— DM, die Einkommensteuer nach der Splitting-Tabelle 30138,— D M ; auf jeden Ehegatten entfiele daher eine Steuerbelastung von 15 069,— DM, die Gesamtbelastung vor und nach der Eheschließung bleibt also für jeden Ehegatten gleich. Das Splitting-Verfahren führt zu einer Steuerentlastung, falls ein Ehegatte ein hohes und der andere Ehegatte kein oder nur ein geringes zu versteuerndes Einkommen hat. Beträgt das zu versteuernde Einkommen des Ehemannes 100 000,— D M und das der Ehefrau 0,— DM, so ergibt sich nach der SplittingTabelle eine Steuerbelastung i. H. v. 30 138,— DM. Wäre der Mann ledig, müßte er bei gleichem zu versteuerndem Einkommen 41236,— DM, also 11 098,— D M mehr, Steuern zahlen. Sind beide Ehegatten berufstätig, erzielt der Ehemann ein zu versteuerndes Einkommen i . H . v . 75000,— D M und die Ehefrau i. H . v . 25 000,— DM, dann folgt aus dem Splitting-Verfahren eine Gesamtsteuerbelastung von 30138,— DM, während die Steuerpflichtigen bei Anwendung der Grundtabelle (z.B. bis zu ihrer Eheschließung) 32 607,— DM, also 2469,— D M mehr, zahlen müßten. 3

BStBl. 1980 I S. 561 ff.

474

Aufbau des Einkommensteuertarifs

§37

IV 2

Diese Beispiele zeigen, daß das Splitting-Verfahren einen erheblichen Steuervorteil bringt, wenn nur ein Ehegatte tätig ist. Der Vorteil vermindert sich, falls auch der andere Ehegatte Einkünfte erzielt, und er entfällt ganz 4 , soweit das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten gleich hoch ist. Das Splitting-Verfahren begünstigt damit die Ehen, in denen lediglich ein Ehegatte berufstätig ist. Diese Besserstellung ist gerechtfertigt, soweit der Ehegatte, der nicht berufstätig ist, Kinder erzieht und die Ehegatten f ü r diese Tätigkeit, die im Interesse des Gemeinwohls liegt, steuerlich entlastet werden. Die Vergünstigung wird in diesem Falle nicht den Ehegatten schlechthin gewährt, sondern nur solchen Ehegatten, deren Leistungsfähigkeit durch die Erziehung von Kindern beeinträchtigt ist. Sind die Ehegatten aber kinderlos, so besteht kein Grund, einen Steuerpflichtigen dafür steuerlich zu entlasten, daß seine Ehefrau ihm den Haushalt führt. Das Ergebnis, zu dem das Splitting-Verfahren führt, ist um so unverständlicher, wenn man kinderlose Ehen mit solchen vergleicht, in denen beide Ehegatten, die gemeinsame Kinder erziehen, berufstätig sind. Sie werden, falls das zu versteuernde Einkommen gleich hoch ist, wie Ledige besteuert. Eine Entlastung, die sie aufgrund verminderter Leistungsfähigkeit nötig hätten, tritt bei ihnen nicht ein. Es wäre daher zu begrüßen, wenn ein künftiges (Familien-)Splitting-Verfahren die Leistungsfähigkeit der Ehegatten berücksichtigte, also vor allem solche Ehen steuerlich entlastete, denen erhöhte Aufwendungen aufgrund der Erziehung, Ausbildung und Betreuung gemeinsamer Kinder entstehen. b) Erweitertes

Splitting-Verfahren

Das Splitting-Verfahren gilt grundsätzlich nur für zusammenveranlagte Ehegatten, § 3 2 a Abs. 5 EStG. Es wird, ausnahmsweise, gemäß § 3 2 a Abs. 6 EStG auf zwei Personengruppen ausgedehnt: Es erfaßt einmal die Fälle, in denen die Ehe im Kalenderjahr, in dem der Steuerpflichtige sein Einkommen bezogen hat, durch Tod, Scheidung oder Aufhebung (nicht aber durch Nichtigerklärung) aufgelöst worden ist, und z u m anderen das sogenannte „Gnaden-Splitting" für Verwitwete nach § 32 a Abs. 6 N r . 1 EStG. Wird die Ehe durch Tod, Scheidung oder Aufhebung beendet, findet das Splitting-Verfahren f ü r das Kalenderjahr Anwendung, in dem der eine Ehegatte verstorben, die Ehe geschieden oder aufgelöst worden ist, wenn der Steuerpflichtige und sein (bisheriger) Ehegatte im Zeitpunkt der Beendigung der Ehe die Voraussetzungen des §26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt haben, der bisherige Ehegatte wieder geheiratet hat und er und dessen neuer Ehepartner ebenfalls gemäß §26 Abs. 1 S. 1 EStG zusammen veranlagt werden können. Steuerpflichtiger im Sinne dieser Bestimmung ist der Verstorbene und der Ehegatte, der nach der Scheidung oder Aufhebung der Ehe nicht wieder geheiratet

4

Zu den Sonderfällen, in denen die Einkommensteuer-Grundtabelle gegenüber dem SplittingVerfahren zu einer geringeren Steuerbelastung führt, vgl. Nebe, DStR 1970, 526 ff. 475

§37

IV 2

2. Teil. 10. Kapitel. Tarifliche Einkommensteuer

hat. Aus dieser Regelung folgt, daß der Splitting-Tarif auf einzelne Fälle anzuwenden ist, in denen eine Einzelveranlagung durchgeführt wird. Ohne die Erweiterung des Splittingtarifs nach § 32 a Abs. 6 Nr. 1 EStG müßte das zu versteuernde Einkommen des Verstorbenen und des Ehegatten, der nach der Auflösung der Ehe nicht wieder geheiratet hat, nach der Einkommensteuer-Grundtabelle besteuert werden, weil diese Personen gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 EStG nicht zusammen veranlagt werden können, wenn ihr (ehemaliger) Ehegatte in demselben Veranlagungszeitraum mit dessen neuem Ehepartner zusammen veranlagt wird. Die Härten, die sich aus dieser Regelung ergeben, will der Gesetzgeber durch die Erweiterung des Splitting-Tarifs für das Kalenderjahr vermeiden, in dem die Ehe durch Tod, Scheidung oder Aufhebung aufgelöst wird. Stirbt der Ehemann im Veranlagungszeitraum 01 und heiratet die Ehefrau im gleichen Veranlagungszeitraum den Dritten D, kann sie, falls die Voraussetzungen des §26 Abs. 1 EStG vorliegen, mit D zusammen veranlagt werden. Eine Zusammenveranlagung des Verstorbenen mit seiner Ehefrau ist damit ausgeschlossen, § 26 Abs. 1 S. 2 EStG. Er ist einzeln zu veranlagen. Für ihn gilt aber nicht der Einkommensteuer-Grundtarif, sondern nach § 32 a Abs. 6 Nr. 2 EStG der Splitting-Tarif. § 32 a Abs. 6 Nr. 2 EStG ist nicht anzuwenden, wenn der Überlebende oder der Ehegatte, dessen Ehe geschieden oder aufgelöst worden ist, nicht wieder heiratet. In diesem Fall besteht für eine Sonderregelung kein Bedürfnis; es gilt §26 Abs. 1 S. 1 EStG, die (ehemaligen) Ehegatten werden, weil es nach §26 Abs. 1 EStG genügt, daß die Voraussetzungen für die Ehegattenbesteuerung irgendwann im Laufe des Jahres vorgelegen haben, für den Veranlagungszeitraum des Todes oder der Trennung zusammen veranlagt. Verwitweten wird der Splitting-Tarif gemäß §32a Abs. 6 Nr. 1 EStG auch für den Veranlagungszeitraum gewährt, der dem Kalenderjahr folgt, in dem ihr Ehegatte verstorben ist. Für das Todesjahr des Ehegatten ist §26 Abs. 1 EStG maßgebend, die Ehegatten werden in diesem Veranlagungszeitraum zusammen veranlagt und nach dem Splitting-Tarif besteuert; sie haben, wenn auch nur vorübergehend, die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt. Für das folgende Kalenderjahr wird der Uberlebende, falls die Voraussetzungen des §32a Abs. 6 Nr. 1 EStG gegeben sind, einzeln veranlagt, aber mit dem Splitting-Tarif besteuert. § 32 a Abs. 6 Nr. 1 EStG bezieht sich lediglich auf den Tarif. Er bezweckt nicht, den verwitweten Steuerpflichtigen in jedem Fall einem zusammenzuveranlagenden Steuerpflichtigen gleichzustellen. Die Sonderausgaben-Höchstbeträge nach §10 Abs. 3 EStG stehen daher nur dem überlebenden Ehegatten zu. Sie verdoppeln sich nicht5. Auch das „Gnaden-Splitting" dient der Vermeidung von Härten, die sich aus dem Übergang vom Splitting- zum Grundtarif ergeben. Heiratet der Verwitwete im Begünstigungszeitraum erneut, gilt § 32 a Abs. 6 Nr. 1 EStG nicht; er ist nicht mehr verwitwet.

5

Niedersächsisches F G v. 22. 8.1980 V 378/79; E F G 1981, 174.

476

Progressionsvorbehalt

§38

§38 Progressionsvorbehalt Ausländische Einkünfte, die ein Steuerpflichtiger in einem Staat erzielt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, sind im Inland steuerfrei, wenn dieses A b k o m m e n für die betreffenden Einkünfte auf der Freistellungsmethode beruht, also die Besteuerung dem Vertragsstaat zugewiesen wird, während die Bundesrepublik Deutschland auf sie verzichtet. N a c h § 3 N r . 2 E S t G bleiben auch das Arbeitslosen-, das Kurzarbeiter- und das Schlechtwettergeld sowie die Arbeitslosenhilfe steuerfrei. Die Steuerfreiheit der ausländischen Einkünfte und der Arbeitsförderungsleistungen nach § 3 N r . 2 E S t G bringt dem Steuerpflichtigen einen doppelten Vorteil. Einmal sind diese Einkünfte steuerfrei, z u m anderen werden die übrigen Einkünfte mit einem niedrigeren Steuersatz besteuert. Diese steuerliche Auswirkung ist nicht gerechtfertigt. D i e Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist nicht deshalb geringer, weil er einen Teil seiner Einkünfte im Ausland erwirtschaftet. D e r Progressionsvorbehalt, der in § 32 b E S t G geregelt ist, beseitigt daher den doppelten Steuervorteil. E r bezieht die ausländischen Einkünfte und die Arbeitsförderungsleistungen insoweit in die Berechnung der Einkommensteuer ein, als es um die Ermittlung des maßgeblichen Steuersatzes geht, mit dem die übrigen Einkünfte besteuert werden. D e r Progressionsvorbehalt ändert nichts daran, daß die ausländischen Einkünfte und die Arbeitsförderungsleistungen nach wie vor steuerfrei bleiben. Er bewirkt aber, daß für die übrigen Einkünfte der progressive Steuertarif maßgebend ist, der gälte, wenn weder die ausländischen Einkünfte noch die Arbeitsförderungsleistungen steuerfrei blieben. E r stellt daher sicher, daß für die übrigen Einkünfte nicht mehr der niedrigere Steuersatz gilt. F ü r ausländische Einkünfte hat § 32 b E S t G nur deklaratorische Bedeutung; der Progressionsvorbehalt ergibt sich unmittelbar aus den Doppelbesteuerungsabkommen, die die Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten abgeschlossen hat. E r ist lediglich in dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Italien nicht enthalten. O b insoweit § 32 b E S t G Anwendung findet, ist streitig 1 . In der Praxis hat die Frage jedoch keine Bedeutung; die Finanzverwaltung hat dem Vorrang völkerrechtlicher Verträge ( § 2 A O 1977) entsprochen und in Abschnitt 185 A b s . 1 S . 3 E S t R klargestellt, steuerfreie Einkünfte aus Italien seien nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Zu den ausländischen Einkünften i. S. d. § 32 b A b s . 1 N r . 2 E S t G gehören alle Einkünfte i. S. d. § 2 A b s . 1 E S t G . O b sie positiv oder negativ sind, ist unerheblich; auch Verluste sind Einkünfte. Diese werden beim Progressionsvorbehalt aber lediglich berücksichtigt, falls sie sich auch im Rahmen einer Einkunftsart auswirken. Verluste, die im Privatvermögen eintreten, also bei der Ermittlung der Einkünfte außer Betracht bleiben, werden auch nicht in den Progressionsvorbehalt einbezogen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Verlust aus der Veräußerung einer 1

Vgl. dazu BFH v. 12.1.1983 I R 90/79, DB 1983, 1471; Blümich/Falk, Richter, FR 1974, 605; Schmidt/Heinicke, § 32 b Anm.3 m . w . N .

§ 32 b Rz.34;

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§39

I

2. Teil. 10. Kapitel. Tarifliche Einkommensteuer

wesentlichen Beteiligung i. S. d. § 17 EStG entstellt. Obwohl die Beteiligung sich im Privatvermögen befindet, zählen die Gewinne und die Verluste aus ihrer Veräußerung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die ausländischen Einkünfte dürfen nicht ohne weiteres aus dem ausländischen Steuerbescheid übernommen werden. Ihre Höhe ist vielmehr nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln 2 . Es kommt insbesondere auf die Beachtung der Bewertungs- und Abschreibungsgrundsätze an, die das deutsche Einkommensteuerrecht vorschreibt. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind u. a. Werbungskosten, der Weihnachtsfreibetrag und der Arbeitnehmerfreibetrag anzusetzen. Die Einbeziehung ausländischer Verluste in die Berechnung des Steuersatzes kann dazu führen, daß die inländischen Einkünfte steuerfrei bleiben (negativer Progressionsvorbehalt) 3 . Hat der Steuerpflichtige in dem Jahr, in dem die ausländischen Verluste eingetreten sind, kein zu versteuerndes Einkommen, können sich also die ausländischen Verluste in diesem Veranlagungszeitraum nicht auswirken, mindern sie im Wege des Verlustabzugs nach § 10 d EStG den Steuersatz anderer Jahre 4 . Außerordentliche ausländische Einkünfte werden vom Progressionsvorbehalt grundsätzlich nicht erfaßt, § 32 b Abs. 2 Nr. 2 EStG. Sie sind aber bei der Ermittlung des ermäßigten Steuersatzes für andere begünstigte Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2, 4, § 34 b EStG zu berücksichtigen 5 . Für außerordentliche ausländische Verluste gilt diese Einschränkung nicht; sie mindern stets über den Progressionsvorbehalt den Steuersatz 6 .

§ 39 Tarifvergünstigungen I. Außerordentliche Einkünfte nach §34 Abs. 2 EStG Für außerordentliche Einkünfte, die im Einkommen enthalten sind, wird gemäß § 34 Abs. 1 EStG auf Antrag ein ermäßigter Steuersatz angewendet. Er beträgt die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes. § 34 Abs. 1 EStG ist eine Tarifvorschrift, die den Zweck hat, Härten zu vermeiden, die sich daraus ergeben, daß außerordentliche mit laufenden Einkünften zusammenfallen und damit eine höhere Progression für die laufenden Einkünfte entsteht. Die Tarifermäßigung ist daher keine Billigkeitsmaßnahme. Sie ist vielmehr erforderlich, um eintretende Benachteiligungen auszugleichen. Dies zeigt sich besonders deutlich, wenn es um die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen geht. Sie enthalten in der Regel zu einem großen Teil stille Reserven, die sich über Jahre gebildet haben. Es wäre deshalb nicht gerechtfertigt, 2

B F H v. 6.10.1982 I R 121/79, BStBl. 1983 II S. 34. Vgl. BFH v. 25.5.1970 I R 109/68, BStBl. 1970 II S. 660. 4 Vgl. B F H v. 25.5.1970 I R 146/68, BStBl. 1970 II S. 755. 5 Vgl. Abschnitt 185 Abs. 3 S.2 EStR. ' Klein/Flockermann/Kühr-Laudan, § 32 b Rdn. 18 m . w . N . 3

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Tarifvergünstigungen

I 1

diese Gewinne, falls sie einmalig eintreten, einer höheren Steuerbelastung zu unterwerfen. Das widerspräche auch dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. 1. Ermittlung des ermäßigten Steuersatzes Zur Berechnung des ermäßigten Steuersatzes ist der Steuerbetrag für das gesamte zu versteuernde Einkommen einschließlich der außerordentlichen und der Einkünfte, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Einkommensteuer freigestellt sind, nach der maßgeblichen Einkommensteuertabelle (Grund- oder Splittingtabelle) zu ermitteln. Das zu versteuernde Einkommen wird dabei auf den Eingangsbetrag der betreffenden Tabellenstufe abgerundet. Aus dem Verhältnis der Tabellensteuer zu dem abgerundeten zu versteuernden Einkommen ergibt sich der durchschnittliche Steuersatz, der auf zwei Dezimalstellen abzurunden ist. Die Hälfte dieses durchschnittlichen Steuersatzes ist der ermäßigte Steuersatz für die außerordentlichen Einkünfte 1 . 2. Begünstigte außerordentliche Einkünfte

a)

Veräußerungsgewinne

Zu den begünstigten Veräußerungsgewinnen 2 gehören nach § 3 4 Abs. 2 N r . 1 E S t G Gewinne aus dem Verkauf von ganzen Gewerbebetrieben, Teilbetrieben, Anteilen an Personengesellschaften, Anteilen eines persönlich haftenden Gesellschafters einer K G a A und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. § 1 7 EStG. Derartige Gewinne können zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§§ 16, 17 EStG), zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 14, 14 a EStG) oder zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit ( § 1 8 Abs. 3 EStG) zählen.

b) Entschädigungen,

Nutzungsvergütungen

und Zinsen

Entschädigungen 3 i. S.d. § 2 4 Nr. 1 E S t G unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, soweit es sich um außerordentliche Einkünfte handelt. Das ist grundsätzlich nur der Fall, wenn ein einmaliger größerer Betrag zur Abgeltung entgangener oder entgehender Einnahmen für mehrere Jahre gezahlt wird 4 . Tritt er an die Stelle von Einnahmen lediglich eines Jahres, kann es sich nur dann um außerordentliche Einkünfte handeln, wenn sich eine Zusammenballung mit anderen Einkünften ergibt 5 . Entschädigungen i. S. v. § 24 Nr. 1 c EStG, also Ausgleichszahlungen an einen Handelsvertreter nach § 89 b H G B , gehören stets zu den außerordentlichen Einkünften i . S . d . § 3 4 Abs. 1 E S t G .

1 2 3 4 5

Zur Berechnung des ermäßigten Steuersatzes vgl. das Beispiel in Abschnitt 198 Abs. 1 EStR. Vgl. dazu oben § 5 II 3 b, S . 4 6 f f „ § 5 III 2 d, S . 6 7 f . Vgl. dazu oben § 5 X 2 a, S. 135 ff. B F H v. 2 1 . 1 1 . 1 9 8 0 VI R 179/78, BStBl. 1981 II S . 2 1 4 . Vgl. B F H v. 1 7 . 1 2 . 1 9 5 9 IV 2 2 3 / 5 8 S, BStBl. 1960 III S. 72.

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§39

II

2. Teil. 10. Kapitel. Tarifliche Einkommensteuer

Für Nutzungsvergütungen und Zinsen i. S. d. §24 N r . 3 EStG gilt der ermäßigte Steuersatz, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden. Nach der Auffassung des BFH 6 soll nur der Teil der nachgezahlten Nutzungsvergütungen und Zinsen begünstigt sein, der auf einen Zeitraum von mehr als 36 Monaten entfällt. Da § 34 Abs. 1 EStG Einkünfte, die zusammengeballt anfallen, begünstigt, entspricht es dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift besser, wenn man annimmt, der halbe Steuersatz gelte für die gesamten Nutzungsvergütungen und Zinsen, die für wenigstens drei Jahre nachgezahlt werden 7 . c) Nebeneinkünfte tigkeit

aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tä-

Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit sind nicht mehr begünstigt. §34 Abs. 4 EStG, der für diese Einkünfte den halben Steuersatz vorsah, ist letztmalig für den Veranlagungszeitraum 1981 anzuwenden, § 52 Abs. 25 a EStG 8 . Die Streichung dieser Vorschrift ist nicht gerechtfertigt9. Der Gesetzgeber wäre gut beraten, sie wieder einzuführen.

II. Entlohnung für mehrjährige Tätigkeit Einkünfte, die die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich über mehrere Jahre erstreckt, werden mit dem normalen Steuersatz besteuert; sie sind also nicht unmittelbar tarifmäßig begünstigt. Die Vergünstigung, die § 34 Abs. 3 EStG gewährt, besteht darin, daß diese Einkünfte auf die Jahre verteilt werden können, in deren Verlauf sie erzielt wurden. Der Verteilungszeitraum ist auf drei Jahre begrenzt. Die Verteilung führt zu einer günstigeren Besteuerung, falls die tarifliche Spitzenbelastung dadurch herabgesetzt wird. Da es sich um eine Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit handeln muß, findet § 34 Abs. 3 EStG lediglich auf Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit und auf Renten nach § 22 N r . 1 EStG Anwendung. Für die übrigen Einkunftsarten gilt er daher nicht. Für Einkünfte aus selbständiger Arbeit kommt eine Verteilung in Betracht, soweit der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem Veranlagungszeitraum entlohnt wird10. ' U. v. 21.4.1966 VI 366/65, BStBl. 1966 III S.460. 7 Ebenso Herrmann/HeuerlRaupach, §34 Anm. 11 m. w . N . ; Littmann-Grube, §34 Rdn. 30; Schmidt/Seeger, §34 Anm. 11. 8 Vgl. Subventionsabbaugesetz v. 26.6.1981, BGBl. I S. 537 = BStBl. 1981 I S.523, 528. 9 Vgl. dazu Felix, FR 1980, 581. 10 BFH v. 22.5.1975 IV R 33/72, BStBl. 1975 II S. 765. 480

Tarifvergünstigungen

§ 3 9 II

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallen auch dann unter § 34 Abs. 3 EStG, wenn sie für eine Tätigkeit gezahlt werden, die nicht von der Haupttätigkeit abgrenzbar ist. Begünstigt sind solche Einkünfte aber nur, soweit es sich um eine zusammengeballte Entlohnung für mehrere Jahre handelt und für die Zusammenballung wirtschaftlich vernünftige Gründe vorliegen". Eine mehrjährige Tätigkeit ist gegeben, wenn sie sich wenigstens auf zwei Kalenderjahre erstreckt. Dabei ist es nicht erforderlich, daß sie während des ganzen Jahres ausgeübt wurde. Die Einkünfte sind grundsätzlich auf die Jahre zu verteilen, in denen sie erzielt wurden. Betrifft die Entlohnung eine zweijährige Tätigkeit, so müssen die Einkünfte den beiden Jahren zugerechnet werden, in denen der Steuerpflichtige tätig gewesen ist. Eine Verteilung auf drei Jahre ist ausgeschlossen. Erstreckt sich die Tätigkeit über mehr als drei Kalenderjahre, kann der Steuerpflichtige wählen, auf welche drei Kalenderjahre, in denen er tätig war, die nachträgliche Entlohnung verteilt werden soll. Die Kalenderjahre brauchen nicht zusammenzuhängen, dürfen aber aus praktischen Gründen einen Zeitraum von zehn Jahren nicht überschreiten12. Der B F H " verlangt, daß die Einkünfte gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen sind, der Steuerpflichtige ist also nicht berechtigt, sie so zu erklären, wie es ihm am besten paßt. Diese Auffassung ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Sie ist auch nicht sachgerecht 14 . Warum soll er die Einkünfte nicht nach dem Verhältnis zur Dauer seiner Tätigkeit aufteilen dürfen? Die Einkommensteuer für mehrjährige Einkünfte wird zusammen mit dem Steuerbetrag für die übrigen Einkünfte in dem Veranlagungszeitraum festgesetzt, in dem dem Steuerpflichtigen die Entlohnung zugeflossen ist. Die Veranlagung für zurückliegende Jahre wird nicht berichtigt 15 . Die Verteilung auf die Vorjahre erfolgt nur rechnerisch, um den Steuerbetrag zu ermitteln, der sich ergeben hätte, falls der Steuerpflichtige die nachbezahlten Beträge bereits in den Vorjahren erzielt hätte. Für einen Steuerpflichtigen, der Einkünfte hat, die die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit darstellen, ist die Steuer des Zuflußjahres zunächst unter Ausschluß des Teils der Entlohnungseinkünfte zu ermitteln, der auf andere Kalenderjahre verteilt worden ist. Der so errechneten Steuerschuld sind die Steuerbeträge hinzuzurechnen, um die sich die Einkommensteuer der Vorjahre erhöht haben würde, wenn die auf sie verteilten nachträglichen Einkünfte in diesen Kalenderjahren versteuert worden wären. Von § 34 Abs. 3 EStG werden schließlich Vorauszahlungen auf eine mehrjährige Tätigkeit erfaßt. In einem solchen Fall ist die Veranlagung für das Kalenderjahr, in dem die Vorauszahlung zugeflossen ist, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§164 A O 1977) oder, falls dies nicht zulässig ist, vorläufig nach §165 A O 1977 durchzuführen. Dabei sind die Besteuerungsgrundlagen des Folgejahres oder, falls 11 12 13 14 ,s

BFH v. 2 3 . 7 . 1 9 7 4 VI R 116/72, BStBl. 1974 II S.680. Vgl. Abschnitt 200 Abs. 1 S. 10 EStR. U. v. 2 2 . 1 1 . 1 9 7 4 VI R 64/71, BStBl. 1975 II S.328. Vgl. Tipke, StuW 1975, 227, 233. BFH v. 5 . 1 0 . 1 9 7 3 VI R 313/70, BStBl. 1974 II S. 197. 481

31

Tiedtke, Einkommensteuer

§ 3 9

IV

2. Teil. 10. Kapitel. Tarifliche Einkommensteuer

eine Verteilung auf drei Jahre erfolgt, der beiden Folgejahre zu schätzen. Die endgültige Veranlagung für das Zuflußjahr geschieht erst dann, wenn die Besteuerungsgrundlagen für das Folgejahr feststehen".

III. Außerordentliche Einkünfte aus Forstwirtschaft Nach § 34 b E S t G unterliegen Einkünfte aus außerordentlichen nachgeholten und solchen Holznutzungen, die aufgrund höherer Gewalt erfolgen (Kalamitätsnutzungen), auf Antrag einem ermäßigten Steuersatz. Die Steuersätze sind je nach Art der Nutzung verschieden und ergeben sich aus § 34 b Abs. 3 E S t G . Einzelheiten zu dieser speziellen Tarifvorschrift enthalten die Abschnitte 204-212 E S t R .

IV. Tarifvergünstigung für ausländische Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen Zahlreiche Länder, z . B . Panama, Honduras, Liberia, gewähren Schiffahrtsunternehmen, die sich bei ihnen registrieren lassen, volle Steuerfreiheit. Dadurch entstehen den inländischen Reedereien erhebliche Wettbewerbsnachteile. U m diese zu mildern, hat auch die Bundesrepublik Deutschland den Schiffahrtsunternehmen steuerliche Vergünstigungen eingeräumt. Dies ist in § 34 c Abs. 4 E S t G geschehen. Danach wird auf Antrag anstelle der Anrechnung oder des Abzugs einer ausländischen Steuer die Einkommensteuer, die auf ausländische Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, nach dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 S. 1 E S t G bemessen. Als ausländische Einkünfte gelten, wenn der Gewerbebetrieb ausschließlich den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand hat, 80 % des Gewinns dieses Gewerbebetriebs. Anderenfalls sind 80 % des Teils des gewerblichen Gewinns maßgeblich, der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt. In diesem Fall ist dieser Teil des Gewinns gesondert zu ermitteln. Wann Handelsschiffe im internationalen Verkehr betrieben werden, definiert § 3 4 c Abs. 4 S . 2 , 3 EStG. Die gleiche Tarifvergünstigung steht gemäß § 34 c Abs. 4 S. 6 E S t G Schiffahrtsunternehmen zu, wenn sie eigene oder gecharterte Schiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Schiffsregister eingetragen sind und die Flagge der Bundesrepublik Deutschland führen, in diesem Wirtschaftsjahr außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zur Aufsuchung von Bodenschätzen oder zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden einsetzen.

16

B F H v. 1 7 . 7 . 1 9 7 0 VI R 6 6 / 6 7 , BStBl. 1970 II S. 683.

482

Kürzung der tariflichen Einkommensteuer

§40

I

ELFTES KAPITEL Festzusetzende Einkommensteuer Die tarifliche Einkommensteuer wird in der Regel der festzusetzenden entsprechen. Es kann aber auch anders sein. Nach § 2 Abs. 6 E S t G unterscheidet sich die festzusetzende von der tariflichen Einkommensteuer. Die tarifliche Einkommensteuer ist, soweit die Voraussetzungen gegeben sind, zu erhöhen oder zu kürzen, um zur endgültigen, der festzusetzenden Einkommensteuer, zu gelangen. Welche Korrekturen erforderlich sind, zeigt die folgende Übersicht*: Tarifliche Einkommensteuer (§ 32 a Abs. 1 oder 5 E S t G ) X anzurechnende ausländische Steuern nach § 3 4 c Abs. 1, 6 E S t G ; §12 A S t G X Steuerermäßigung für freie Erfinder (§4 N r . 3 E r f V O ) X Steuerermäßigung für Einkünfte aus Berlin (West) nach §§21, 22 BerlinFG + Steuern nach § 34 c Abs. 5 E S t G X Steuerermäßigung nach §§16, 17 BerlinFG X Steuerermäßigung nach §14 des 3 . V e r m B G X Steuerermäßigung bei Land- und Forstwirten nach § 34 e E S t G X Steuerermäßigung nach § 34 f E S t G bei Absetzungen nach § 7 b E S t G X Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer (§ 35 EStG) + Nachsteuer nach §§30, 31 E S t D V = festzusetzende Einkommensteuer (§ 2 Abs. 6 E S t G )

§ 40 Kürzung der tariflichen Einkommensteuer I. Anzurechnende ausländische Steuern nach §34c Abs. 1, 6 EStG Ausländische Einkünfte unterliegen grundsätzlich einer ausländischen und (aufgrund des Welteinkommensprinzips) der deutschen Besteuerung. Sie werden also doppelt besteuert. § 34 c E S t G hat die Aufgabe, die unerwünschte Doppelbelastung zu vermeiden oder wenigstens abzumildern. Wer ausländische Einkünfte bezieht, darf deshalb die auf diese Einkünfte erhobene ausländische Steuer auf die anteilige deutsche Einkommensteuer anrechnen, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Die Anrechnung setzt voraus, daß die ausländische Steuer der deutschen Einkommensteuer entspricht. Welche Steuern dazu gehören, ergibt sich aus der Anlage 10 der Einkommensteuerrichtlinien. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. O b eine ausländische Steuer, die in der Anlage 10 nicht aufgeführt ist, der deutschen Einkommensteuer gleichsteht, muß gegebenenfalls vom Bundesminister der Finanzen festgestellt werden. N u r die ausländische Steuer kann angerechnet werden, die im Ausland festgesetzt und gezahlt wurde und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegt. * Vgl. Abschnitt 4 Abs. 1 EStR. 483 31

§40

I

2. Teil. 11. Kapitel. Festzusetzende Einkommensteuer

Die Anrechnung nach § 34 c Abs. 1 EStG vermeidet die eingetretene Doppelbelastung und führt im Ergebnis dazu, daß die ausländischen Einkünfte, die im Ausland lediglich gering besteuert worden sind, der inländischen Steuer unterliegen. Ist die ausländische Steuer höher als die inländische, wird die Doppelbelastung im Wege der Anrechnung nicht im vollen Umfange beseitigt. Die im Ausland erhobene Einkommensteuer darf höchstens bis zur Höhe der deutschen Einkommensteuer angerechnet werden, die anteilig auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Nach § 34 c Abs. 1 S. 2 EStG ist der Höchstbetrag wie folgt zu berechnen: Es wird zunächst die deutsche Steuer ermittelt, die sich für das gesamte zu versteuernde Einkommen ergibt, unabhängig davon, wo es erzielt worden ist. Anschließend ist festzustellen, in welchem Verhältnis die ausländischen Einkünfte zur Gesamtsteuer beigetragen haben. Dies geschieht nach der Formel: Deutsche Einkommensteuer insgesamt X ausländische Einkünfte ,.. , , ^ r j — , .. , = THochstbetrae. Gesamtbetrag der fcinkuntte

Erzielt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte aus mehreren ausländischen Staaten, so ist der Höchstbetrag, zu dem die ausländische Steuer angerechnet werden kann, für jeden Staat gesondert zu ermitteln (per-country-limitation). Diese Regelung ist für den Steuerpflichtigen nachteilig. Sie verhindert, daß er eine höhere als die deutsche Einkommensteuer, die er in einem Land zahlt, mit einer niedrigeren, die in einem anderen Land anfällt, saldieren kann1. Gemäß § 34 c Abs. 6 EStG gilt § 34 c Abs. 1 EStG grundsätzlich nicht, falls die ausländischen Einkünfte aus einem Staat stammen, mit dem die Bundesrepublik Deuschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Beruht das Doppelbesteuerungsabkommen auf der Freistellungsmethode, dann ist eine Anrechnung der ausländischen Steuer stets ausgeschlossen. Soweit das Doppelbesteuerungsabkommen die Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Einkommensteuer vorsieht, richtet sich die Anrechnung nach deutschem Recht. Dem Steuerpflichtigen steht also, obwohl das Doppelbesteuerungsabkommen darüber keine Regelung enthält, ein Wahlrecht zwischen der Steueranrechnung und dem Abzug der ausländischen Steuer vom Gesamtbetrag der Einkünfte zu, § 34 c Abs. 6 i . V . m . §34c Abs. 2 EStG. Die ausländische Steuer ist von Amts wegen auf die inländische Steuerschuld anzurechnen. Der Steuerpflichtige muß aber die Höhe, die Festsetzung und die Zahlung der ausländischen Steuern nachweisen, § 68 b EStDV. Wird die ausländische Steuer erst festgesetzt, nachdem der Steuerbescheid für den Veranlagungszeitraum der Anrechnung bereits bestandskräftig ist, hat gemäß § 68 c EStDV eine Berichtigungsveranlagung zu erfolgen, damit die Anrechnung verwirklicht werden kann.

1

Vgl. die Berechnungsbeispiele bei Flick-Wassermeyer-Becker,

484

§34c EStG, Anm. 133.

Kürzung der tariflichen Einkommensteuer

§40

III 1

II. Steuerermäßigung für freie Erfinder Freie Erfinder sind natürliche Personen, die ihre Erfindertätigkeit nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausüben oder, wenn sie dies tun, die Erfindung außerhalb des Arbeitsverhältnisses verwerten. Sie erhalten unter bestimmten Voraussetzungen eine Steuerermäßigung. Ihre Erfindung muß als volkswirtschaftlich wertvoll anerkannt sein, sie müssen die Betriebseinnahmen und -ausgaben besonders aufzeichnen und dürfen die Erfindung nicht im eigenen gewerblichen Betrieb verwerten. Erfüllen sie diese Voraussetzungen, die sich aus §§ 3, 4 ErfinderVO 2 ergeben, ermäßigt sich auf Antrag gemäß § 4 N r . 3 ErfinderVO die Einkommensteuer für die Einkünfte aus der freien Erfindertätigkeit. Diese Vorschrift bestimmt, daß sich die Einkommensteuer für das gesamte Einkommen um die Hälfte der auf die Erfindertätigkeit entfallenden anteiligen Einkommensteuer vermindert. Es ist also zunächst das Einkommen zu ermitteln. Dabei sind die Einkünfte aus der Erfindertätigkeit einzubeziehen. Anschließend ist die Einkommensteuer für das Gesamteinkommen zu errechnen und festzustellen, in welcher H ö h e sie auf die Einkünfte aus der freien Erfindertätigkeit entfällt. Dies geschieht dadurch, daß die Gesamtsteuer mit den Erfindereinkünften multipliziert und durch den Gesamtbetrag der Einkünfte dividiert wird. Die Hälfte dieses Ergebnisses, also die Hälfte der Einkommensteuer, die sich für die Erfindereinkünfte ergibt, ist die Tarifermäßigung, die gemäß § 4 N r . 3 ErfinderVO die gesamte Einkommensteuer kürzt 3 . D i e Tarifermäßigung nach § 4 N r . 3 ErfinderVO steht dem freien Erfinder für die Versuchszeit unbeschränkt zu. Sie kommt ihm aber auch für den Veranlagungszeitraum zugute, in dem er mit der Verwertung seiner Erfindung beginnt, sowie für die folgenden acht Veranlagungszeiträume; als Verwertungszeitraum sind also insgesamt neun Veranlagungszeiträume begünstigt. Besteht ein Patent, begrenzt seine Laufzeit stets den Begünstigungszeitraum.

III. Steuerermäßigungen für Einkünfte aus Berlin (West) 1. Ermäßigung der veranlagten Einkommensteuer Bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie auf Einkünfte aus Berlin (West) i. S. d. § 23 B e r l i n F G entfällt, um 3 0 % , wenn die Voraussetzungen der § § 2 1 , 22 BerlinFG gegeben sind. Die Personen müssen in Berlin (West) ihren ausschließlichen W o h n sitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben. Bei mehreren Wohnsitzen müssen sie sich vorwiegend an ihrem Wohnsitz in Berlin (West) aufhalten. Für Arbeitnehmer, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, reicht es aus, wenn sie in Berlin (West) ihren Aufenthalt begründen und dort eine nichtselbständige 1 3

V. 30.5.1951, BGBl. I S.387 = BStBl. 1951 I S. 181. Vgl. das Beispiel bei Herrmann/Heuer/Raupacb, §4 ErfinderVO, Anm. 40. 485

§40

V

2. Teil. 11. Kapitel. Festzusetzende Einkommensteuer

Beschäftigung in einem zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten ausüben. Die Ermäßigung der Einkommensteuer, die auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt, ist durch die gezahlten Zulagen i.S. d. §28 Abs. 1 S. 1 BerlinFG abgegolten, soweit sie diese nicht übersteigt. Die Zulage beträgt 8 % des Arbeitslohns. Sie erhöht sich für jedes Kind um monatlich 49,50 D M . 2. Steuerermäßigung f ü r Berlindarlehen Steuerpflichtige, die der Berliner Industriebank A G oder der Niederlassung Berlin der Industriekreditbank AG—Deutsche Industriebank unter bestimmten Voraussetzungen Darlehen gewähren, können gemäß § 16 Abs. 1 BerlinFG die Einkommensteuer um 12 % des hingegebenen Darlehens kürzen. Wird das Darlehen zur Förderung des Baues von Wohnungen in Berlin gewährt, ermäßigt sich die Einkommensteuer gemäß §17 BerlinFG um 2 0 % des hingegebenen Darlehens. Die Verminderung der Einkommensteuer darf zusammen mit der Kürzung der Einkommensteuer für Darlehen i . S . d . §16 BerlinFG 5 0 % der Einkommensteuerschuld nicht übersteigen, die sich ohne die Ermäßigungen ergäbe, § 16 Abs. 5, § 17 Abs. 6 BerlinFG.

IV. Ermäßigung nach §14 des 3. Vermögensbildungsgesetzes Für Steuerpflichtige, die ihren Arbeitnehmern aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung vermögenswirksame Leistungen erbringen, ermäßigt sich die Einkommensteuer gemäß § 14 Abs. 1 des 3. VermBG um 15 % der Summe der vermögenswirksamen Leistungen, höchstens jedoch um 3000,— D M . Bei Ehegatten, die beide diese Voraussetzungen erfüllen, gilt der Höchstbetrag von 3000,— D M für jeden von ihnen. Werden die vermögenswirksamen Leistungen von einer Personengesellschaft gezahlt, so reduziert sich die Einkommensteuer für alle Gesellschafter zusammen um höchstens 3000,— D M ; die Steuerermäßigung ist auf die einzelnen Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Gewinnanteile aufzuteilen. Steuerpflichtigen oder Gesellschaftern, die am 1.10. des Kalenderjahres, das dem Veranlagungszeitraum vorausgegangen ist, mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt hatten, steht die Steuerermäßigung nicht zu, § 14 Abs. 1 S. 6 des 3. VermBG. Zur geplanten Änderung vergleiche den Entwurf eines Vermögensbeteiligungsgesetzes (BR-Drucks. 304/83).

V. Steuerermäßigung bei Land- und Forstwirten nach § 34 e E S t G Nach § 34 e E S t G ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer um die Einkommensteuer, die auf den Gewinn des Veranlagungszeitraumes aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entfällt, höchstens jedoch um 2000,— D M . Die Steuerermäßigung setzt voraus, daß der Gewinn des im Veranlagungszeitraum beginnenden Wirtschaftsjahres nicht nach § 13 a EStG ermittelt worden ist und den 486

Kürzung der tariflichen Einkommensteuer

§40

VI

Betrag von 50 0 0 0 , — D M nicht übersteigt. Diese Vorschrift soll Härten vermeiden 4 , die sich aus dem Ubergang von der Gewinnermittlung nach § 13 a E S t G zu einer anderen Gewinnermittlungsart ergeben. Sie soll außerdem einen steuerlichen Anreiz dazu geben, daß die Land- und Forstwirte die Gewinnermittlung nach D u r c h schnittsätzen aufgeben und davon absehen, von einer anderen Gewinnermittlungsart zu der nach § 13 a E S t G überzugehen. Beträgt der Gewinn mehr als 50 0 0 0 , — D M , vermindert sich der Höchstbetrag für die Steuerermäßigung um 20 % des Betrages, um den der Gewinn den Betrag von 50 0 0 0 , — D M übersteigt. D e r Höchstbetrag entfällt also ganz, wenn der Steuerpflichtige einen Gewinn von 60 0 0 0 , — D M bezieht. Ehegatten erhalten die Steuerermäßigung grundsätzlich nur einmal. Etwas anderes gilt dann, falls sie Inhaber oder Mitinhaber verschiedener land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sind, § 3 4 e Abs. 2 S . 3 E S t G . D i e Steuerermäßigung nach § 34 e E S t G bemißt sich nach dem durchschnittlichen Steuersatz der tariflichen Einkommensteuer. Sie darf insgesamt nicht mehr als 2 0 0 0 , — D M betragen. Die Berechnung der Ermäßigung geschieht in der Weise, daß aus der tariflichen Einkommensteuer für alle Einkünfte der durchschnittliche Steuersatz ermittelt und auf die begünstigten Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft angewendet wird, die vorher um den Freibetrag nach § 13 Abs. 3 E S t G zu kürzen sind 5 . Hat ein Steuerpflichtiger mehrere land- und forstwirtschaftliche Betriebe, ist der Freibetrag nach § 13 Abs. 3 E S t G nach Maßgabe des § 34 e Abs. 2 S. 2 E S t G auf die Gewinne der einzelnen Betriebe aufzuteilen.

VI. Steuerermäßigung nach § 34 f EStG bei Absetzungen nach § 7 b EStG § 3 4 f E S t G ergänzt die Abschreibung nach § 7 b E S t G . Er dient dem Zweck, den Erwerb von Wohnungseigentum für kinderreiche Familien zu fördern. Er gilt nur für die Fälle, in denen die neuen Höchstbeträge des § 7 b E S t G anzuwenden sind, § 52 Abs. 25 e E S t G . § 34 f E S t G gewährt Steuerpflichtigen, die erhöhte Absetzungen nach § 7 b E S t G vornehmen, auf Antrag eine Steuerermäßigung von je 6 0 0 , — D M für das zweite und jedes weitere Kind des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten. E r setzt voraus, daß der Steuerpflichtige das O b j e k t , bei einem Zweifamilienhaus mindestens eine Wohnung, zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Daran fehlt es z. B . , wenn er es einer unterhaltsberechtigten Person unentgeltlich überläßt. In diesem Fall liegt zwar eine Selbstnutzung i . S . d . § 2 1 a E S t G vor, aber keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken 6 . N u t z t der Steuerpflichtige das begünstigte O b j e k t lediglich für einige Monate des Veranlagungszeitraums selbst, steht ihm die Steuerermäßigung nur zeitanteilig zu 7 . 4 5 6 7

Vgl. Kutscher, D S t Z / A 1980, 299, 306. Vgl. die Berechnungsbeispiele in Abschnitt 213 d zu Abs. 7 EStR. Vgl. Kieschke/Müller-Gatermann, D S t Z 1982, 67, 77; a. A. Stuhrmann, Schmidt/Drenseck,

B B 1982, 107, 111.

§ 34 f Anm. 3 a. 487

§40

VII

2. Teil. 11. Kapitel. Festzusetzende Einkommensteuer

Wechselt er den Arbeitsort, verbleibt ihm die Steuerermäßigung, wenn er aus diesem G r u n d e seine Absicht, das O b j e k t selbst zu bewohnen, nicht verwirklichen kann. D a s gleiche gilt für Gewerbetreibende und Freiberufler, die aus betrieblichen oder beruflichen Gründen an der Eigennutzung gehindert sind 8 . N e b e n der Eigennutzung verlangt § 34 f E S t G , daß die Kinder zu Beginn oder während des Begünstigungszeitraums in einer auf D a u e r angelegten Hausgemeinschaft mit dem Steuerpflichtigen gelebt haben. Macht der Steuerpflichtige von der Abschreibung nach § 7 b E S t G keinen Gebrauch, steht ihm auch die Vergünstigung nach § 34 f E S t G nicht zu. D a s gilt auch dann, falls er das G e b ä u d e nach § 7 A b s . 4 oder 5 E S t G abschreibt; die Vergünstigung nach § 34 f E S t G wird ausschließlich an die Abschreibung nach § 7 b E S t G geknüpft'. H o l t der Steuerpflichtige die Abschreibung nach § 7 b E S t G in späteren Jahren nach ( § 7 b A b s . 3 E S t G ) , k o m m t ihm nur im Jahr der N a c h h o l u n g und in dem restlichen Begünstigungszeitraum die Steuerermäßigung nach § 34 f E S t G zugute; in den Vorjahren fehlt es an einer Abschreibung nach § 7 b E S t G und damit an einer Voraussetzung für die A n w e n d u n g des § 34 f E S t G . Ehegatten dürfen die Steuerermäßigung während eines Veranlagungszeitraumes lediglich einmal geltend machen. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn sie zwei O b j e k t e nach § 7 b E S t G abschreiben. Machen sie nicht gleichzeitig, sondern nacheinander von der A f A nach § 7 b E S t G Gebrauch, steht ihnen die Steuerermäßigung nach § 34 f E S t G , falls die sonstigen Voraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen, auch für das zweite O b j e k t z u ; die Vergünstigung k o m m t ihnen daher maximal sechzehn Jahre lang zugute. D i e Steuerermäßigung setzt einen Antrag voraus. Sie führt zu einer Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer; diese ist zunächst u m sämtliche anderen Steuerermäßigungen, außer der nach § 3 5 E S t G , zu kürzen. Anschließend ist sie u m die Ermäßigung des § 34 f E S t G zu vermindern.

VII. Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer D e r E r w e r b von T o d e s wegen ist erbschaftsteuerpflichtig, § 1 A b s . 1 N r . 1 E r b S t G . D a s Vermögen, das z u m Nachlaß gehört, wurde in der Regel aus versteuertem E i n k o m m e n gebildet, hat also bereits der Einkommensbesteuerung unterlegen. Diese Doppelbelastung muß der Steuerpflichtige hinnehmen 10 . Sie wird nicht durch § 3 5 E S t G beseitigt. Diese Vorschrift erfaßt andere Fälle. Vermögensgegenstände, die mit Erbschaftsteuer belastet sind, können beim Erben zu Einkünften führen.

8 9 10

Kieschke/Müller-Gatermann, DStZ 1982, 67. 77. A . A . Schmidt/Drenseck, §34f Anm.2a. Vgl. BT-Drucks. 7/2180, S.21.

488

Kürzung der tariflichen Einkommensteuer

§40

VII

Das ist dann der Fall, wenn der Erbe einen Nachlaßgegenstand veräußert und ein Veräußerungsgewinn eintritt. Das gleiche gilt, falls zum Nachlaß eine Forderung gehört, die der Erbe einzieht. In beiden Fällen tritt eine Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer ein. Hätte der Erblasser den Veräußerungsgewinn erzielt oder die Forderung eingezogen, würde die daraus resultierende Einkommensteuer die Höhe des Nachlasses mindern und damit zu einer geringeren Erbschaftsteuer führen. Der Erbe ist nicht berechtigt, die Einkommensteuer, die bei ihm wegen der Veräußerung eines Nachlaßgegenstandes oder der Einziehung einer Forderung entsteht, von dem Nachlaß abzuziehen. Im Zeitpunkt des Erwerbs von Todes wegen bestand diese Steuerschuld noch nicht. Sie war allenfalls latent vorhanden. Eine solche Einkommensteuer darf nach herrschender Meinung" nicht den Erwerb von Todes wegen beeinflussen. Das hat zur Folge, daß die Erbschaftsteuer einen Vermögensanfall besteuert, den der Erbe teilweise an das Finanzamt abführen muß. Die Erbschaftsteuer wird also nicht nur vom Vermögensanfall, sondern auch von der Einkommensteuer erhoben, die der Erbe zu zahlen hat. Diese Doppelbelastung könnte am besten dadurch ausgeglichen werden, daß die überhöhte Erbschaftsteuerschuld gekürzt wird, wenn endgültig feststeht, in welcher H ö h e der Erbe mit Einkommensteuer belastet ist12. Diesen (richtigen) Weg ist der Gesetzgeber nicht gegangen. Er hat in § 35 EStG eine Regelung getroffen, die die überhöhte Erbschaftsteuer durch die Ermäßigung der Einkommensteuer korrigiert. Diese Vorschrift setzt voraus, daß bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden sind, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen (Begünstigungszeitraum) als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Diese Formulierung ist mißglückt; Einkünfte sind nicht erbschaftsteuerpflichtig. § 35 EStG will zum Ausdruck bringen, daß die Einkünfte steuerlich zu entlasten sind, die der Erbe durch Verwertung von Nachlaßgegenständen erzielt. Der steuerliche Vorteil, den §35 EStG gewährt, besteht in der Ermäßigung der (um alle Steuervergünstigungen gekürzten) tariflichen Einkommensteuer, die anteilig auf diese Einkünfte entfällt. Die tarifliche Einkommensteuer wird also um den Prozentsatz ermäßigt, der sich aus dem Verhältnis der festgesetzten Erbschaftsteuer zum erbschaftsteuerlichen Gesamterwerb ergibt". Die Freibeträge nach den §§5, 16, 17 ErbStG erhöhen den erbschaftsteuerlichen Gesamterwerb. Sie sind ihm aber nur dann hinzuzurechnen, falls sie bei der Ermittlung der festzusetzenden Erbschaftsteuer auch tatsächlich abgezogen worden sind14.

" Vgl. RFH v. 24.2.1933 V e A 1066/31, RStBl. 1933 S.457 = StuW 1933, Nr. 493, Sp. 1127; BFH v. 22.12.1976 II R 58/67, BStBl. 1977 II S.420, 423f.; Schmidt, §35 A n m . l ; a.A. Crezelius, BB 1979, 1342, 1346; Knobbe-Keuk, §27 I, 3 a, S. 539 m . w . N . 12 So zutreffend Crezelius, BB 1979, 1342, 1346; Knobbe-Keuk, §271, 3a, S.540. " Vgl. das Berechnungsbeispiel A in Abschnitt 213 e Abs. 1 EStR. 14 Streitig, vgl. Schmidt, §35 Anm. 11 m . w . N . 489

§40

VII

2. Teil. 11. Kapitel. Festzusetzende Einkommensteuer

Die Kürzung der Einkommensteuer nach § 35 EStG hängt nicht, wie der BFH 1S und ein Teil der Rechtslehre" meinen, davon ab, daß zwischen dem erbschaftsteuerpflichtigen Erwerber und der einkommensteuerpflichtigen Person Identität besteht. Weder der Zweck noch der Wortlaut der Bestimmung erfordern diese Einschränkung. Es ist also nicht Voraussetzung, daß die Erbschaftsteuer gegen den Steuerpflichtigen festgesetzt worden ist, der die Einkünfte erzielt hat. Es genügt vielmehr, wenn sie einmalig oder mehrmals aufgrund eines Erwerbs von Todes wegen beim Steuerpflichtigen oder seinem Rechtsvorgänger innerhalb des Begünstigungszeitraums entstanden ist und der Steuerpflichtige mit ihr belastet wird". § 35 EStG gewährt die Steuervergünstigung nur, wenn die Wirtschaftsgüter, die beim Erben zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führten, der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Es muß also eine tatsächliche Doppelbelastung bestehen. Dies ist z. B. bei Leibrenten nicht der Fall. Sie werden bei der Erbschaftsteuer mit dem Kapitalwert, bei der Einkommensteuer aber lediglich mit dem Ertragsanteil angesetzt. Die Finanzverwaltung" und ein Teil der Rechtslehre" verneinen eine Doppelbelastung auch dann, wenn zwar das Wirtschaftsgut, nicht aber die in ihm enthaltenen stillen Reserven der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Dies führt zu merkwürdigen Ergebnissen, soweit zum Nachlaß ein Grundstück gehört, das der Erbe anschließend veräußert. Für die Berechnung der Erbschaftsteuer ist der Einheitswert des Grundstücks maßgebend, § 121 a BewG. Die stillen Reserven, die bei der Veräußerung des Grundstücks aufgelöst werden, sind daher nur mit Erbschaftsteuer belastet, soweit der Einheitswert den Buchwert des Grundstücks übersteigt. Eine Milderung der Doppelbelastung scheidet danach für den Differenzbetrag zwischen dem Einheitswert und dem Veräußerungspreis aus. Diese Ansicht widerspricht dem Zweck des § 35 EStG20. Diese Vorschrift will den Erben so stellen, wie wenn der Erblasser die stillen Reserven des Grundstücks realisiert hätte. Die dabei entstehende Einkommensteuerschuld hätte den erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb gekürzt. Deshalb ist auch der Erbe steuerlich zu entlasten, wenn er das geerbte Grundstück veräußert und die stillen Reserven aufdeckt. Für die Anwendung des § 3 5 EStG genügt es deshalb, daß der veräußerte Gegenstand überhaupt der Erbschaftsteuer unterlegen hat. Es kommt nicht darauf an, mit welchem Wert er angesetzt worden ist. § 35 EStG ist nur anwendbar, wenn ein Erwerb von Todes wegen, § 1 Abs. 1 N r . 1, § 3 Abs. 1 ErbStG, gegeben ist. Er gilt bei einem Erwerb unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 ErbStG) selbst dann nicht, falls es zu einer Doppelbelastung kommt 21 . Nach § 35 S. 3 EStG ist die Steuerermäßigung auch ausgeschlossen, soweit die Erbschaftsteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG als Sonderausgabe abgezogen U. v. 3 1 . 3 . 1 9 7 7 IV R 179/73, BStBl. 1977 II S.609. " Klotz, DStZ/A 1974, 347, 349; Knobbe-Keuk, §27 I, 3b, S.541. " Vgl. Troll in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, § 35 Rz. 4. " Abschnitt 213 e Abs. 1 Beispiel B EStR. 19 Blümich/Falk, §35 Anm. I I 2 b ; Klotz, DStZ/A 1974, 347, 349f. 20 Ebenso Knobbe-Keuk, §271, 3 b, S. 541; Schmidt, §35 Anm. 5f m . w . N . 21 Kritisch hierzu Crezelius, BB 1979, 1342, 1343. 15

490

Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer

§41

II

wird. Dies ist zulässig, wenn der Erbe sich dafür entscheidet, die Erbschaftsteuer nicht nach dem Kapitalwert der Renten oder wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sondern in jährlichen Teilbeträgen zu entrichten, §23 ErbStG. In diesem Fall ist der Erbe berechtigt, die Erbschaftsteuer als dauernde Last abzuziehen22. Die Anwendung des §35 EStG führte dann zu einer doppelten Vergünstigung, für die kein Bedürfnis besteht.

§ 4 1 Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer Die tarifliche Einkommensteuer ist um die Steuern nach § 34 c Abs. 5 EStG und um die Nachsteuern nach §§30, 31 EStDV zu erhöhen.

I. Steuern nach §34c Abs. 5 EStG Die Anrechnung und der Abzug ausländischer Steuern, wie sie in § 34 c Abs. 1, 2, 3 EStG vorgesehen ist, kann häufig die steuerlichen Nachteile nicht ausgleichen, die deutschen Steuerpflichtigen, die im Ausland tätig sind, gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz entstehen. Die Nachteile sind dann besonders groß, wenn der Steuerpflichtige im Ausland nur einer geringen Steuer unterliegt, die ausländischen Einkünfte aber im Inland mit dem normalen Steuersatz zu versteuern sind. Um diese Nachteile zu mildern oder um besondere verwaltungsmäßige Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich beim Anrechnungsverfahren ergeben, sieht §34c Abs. 5 EStG vor, daß die deutsche Einkommensteuer, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt, ganz oder zum Teil erlassen1 oder in einem Pauschbetrag festgesetzt werden kann, falls dies aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Die ausländischen Einkünfte, die nach §34c Abs. 5 EStG pauschal versteuert werden, bleiben bei der Ermittlung der übrigen Einkünfte außer Ansatz. Die Festsetzung der Einkommensteuer in einem Pauschbetrag ist ein verselbständigter Teil des Veranlagungsverfahrens. Da diese Einkünfte bei dem zu versteuernden Einkommen noch nicht berücksichtigt worden sind, ist die tarifliche Einkommensteuer um die nach § 3 4 c Abs. 5 EStG festgesetzte pauschalierte Einkommensteuer zu erhöhen.

II. Nachsteuer gemäß §§30, 31 EStDV Für Beiträge zu bestimmten Versicherungen und an Bausparkassen, die zu Unrecht als Sonderausgaben geltend gemacht worden sind, ist gemäß §10 Abs. 6 EStG, 22 1

Vgl. BFH v. 5.4.1965 VI 339/63 U, BStBl. 1965 III S.360. Auf § 34 c Abs. 5 EStG beruht vor allem der sog. Montageerlaß (v. 25.7.1975 — B II — 665/ 75 — S 2293 A, BStBl. 1975 I S.944), nach dem die ausländischen Einkünfte von Arbeitnehmern, die mindestens 3 Monate ununterbrochen im Ausland tätig sind, von der deutschen Einkommensbesteuerung für diese Einkünfte freigestellt sind. 491

§42

2. Teil. 11. Kapitel. Festzusetzende Einkommensteuer

§ § 3 0 , 31 E S t D V eine Nachversteuerung durchzuführen. Wann dies geschieht und wie die Nachversteuerung vorzunehmen ist, wurde im Rahmen der Sonderausgaben behandelt. A u f diese Ausführungen wird verwiesen 2 . D i e tarifliche E i n k o m m e n steuer ist u m diese Nachsteuer zu erhöhen.

§ 42 Pauschbesteuerung nach §31 EStG Bei Personen, die durch Z u z u g aus dem Ausland unbeschränkt steuerpflichtig werden, können die Finanzministerien der Länder mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen gemäß § 3 1 E S t G die Einkommensteuer bis zur Dauer von 10 Jahren seit der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Pauschbetrag festsetzen. D i e Vorschrift soll den Z u z u g von Ausländern und ehemaligen Deutschen erleichtern, an deren Einwanderung die Bundesrepublik Deutschland ein besonderes Interesse hat. Sie gilt daher vor allem für Wissenschaftler, Künstler, Fach- und Führungskräfte, die durch den Z u z u g unbeschränkt steuerpflichtig werden. § 3 1 E S t G gibt den Finanzbehörden das Recht, die Einkommensteuer in Abweichung von den allgemeinen Vorschriften niedriger festzusetzen. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen 1 . Z u m einen darf die tarifliche Einkommensteuer u m einen bestimmten Prozentsatz ermäßigt werden. Andererseits ist die Finanzverwaltung berechtigt, alle oder bestimmte ausländische Einkünfte von der Besteuerung auszunehmen, von der A n w e n d u n g des Progressionsvorbehalts abzusehen oder den Sonderausgabenabzug für Prämien an ausländische Versicherungen zuzulassen. D i e Pauschbesteuerung wird nur auf Antrag durchgeführt. Dieser ist beim zuständigen Finanzamt zu stellen. O b ihm zu entsprechen ist, haben die Finanzminister der Länder mit Z u s t i m m u n g des Bundesministers der Finanzen zu entscheiden. F ü r bestimmte Fallgruppen hat sie der Bundesminister der Finanzen in dem Schreiben v o m 24. 7.1978 2 generell erteilt. Der Steuerpflichtige hat jedoch keinen A n s p r u c h darauf, daß seinem Antrag entsprochen wird. D i e Entscheidung über den Antrag steht im Ermessen der zuständigen Finanzbehörden. Lehnen sie seinen Antrag ab, kann die Entscheidung nur dahin überprüft werden, ob sie ermessensfehlerhaft ist. G i b t die Finanzbehörde seinem Antrag statt, ermäßigt sie also die normale Steuer, dann darf der Steuerpflichtige gegen diese Entscheidung auch dann einen Rechtsbehelf einlegen, falls der Pauschbetrag versehentlich zu hoch festgesetzt worden ist'.

2 1

2

3

Vgl. oben §27 V 2 b cc (5), S.417; §27 V 2 b dd, S.419. Vgl. dazu Schreiben des Bundesministers der Finanzen v. 24. 7.1978 IV B 4 — S 2269 — 97/ 78, BB 1978, 1099. IV B 4 — S 2269 — 97/78, BB 1978, 1099. Blümich/Falk, §31 Anm. 1 e; Herrmann/Heuer/Raupacb, §31 Anm. 8 m. w. N.

492

§43

Veranlagungsverfahren

Dritter Teil

Erhebungsverfahren Die Einkommensteuer ist in unterschiedlicher Weise zu entrichten. Das Gesetz sieht drei Möglichkeiten vor: Sie kann veranlagt (§25 Abs. 1 EStG), durch Abzug vom Arbeitslohn (§38 Abs. 1 S. 1 E S t G ) oder, bei bestimmten Kapitalerträgen, durch A b z u g vom Kapitalertrag (§43 Abs. 1 S. 1 E S t G ) erhoben werden. Wird sie durch A b z u g vom Arbeitslohn einbehalten, spricht man von Lohnsteuer, wird sie vom Kapitalertrag abgezogen, von Kapitalertragsteuer. Weder die Lohn- noch die Kapitalertragsteuer sind besondere Steuerarten; es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Erhebungsformen der Einkommensteuer. In beiden Fällen wird sie an der Quelle erfaßt. Der Arbeitgeber behält die Lohnsteuer vom Bruttoarbeitslohn ein und führt sie für den Arbeitnehmer an das Finanzamt ab. Schuldner und Träger der Lohnsteuer ist der Arbeitnehmer (§ 38 Abs. 2 S. 1 E S t G ) ; der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat, § 4 2 d Abs. 1 N r . 1 E S t G . Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Gläubiger der Kapitalerträge (§44 Abs. 1 S. 1 E S t G ) ; sie wird vom Schuldner der Kapitalerträge einbehalten und abgeführt; auch er haftet insoweit für die Kapitalertragsteuer, § 44 Abs. 5 S. 1 E S t G . Wird die Einkommensteuer nicht durch Abzug vom Arbeitslohn oder vom Kapitalertrag erhoben, dann ist ein Veranlagungsverfahren erforderlich; die Einkommensteuer ist also nach Ablauf des Kalenderjahres, dem Veranlagungszeitraum, zu veranlagen. Das Veranlagungsverfahren beginnt in der Regel durch die Abgabe einer Steuererklärung und endet, wenn der Steuerbescheid bestandskräftig wird. Die veranlagte Einkommensteuer ist erst dann zu zahlen, wenn ein Steuerbescheid ergangen ist. Sie wird einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides fällig, § 36 Abs. 4 S. 1 E S t G . Diese Erhebungsform ist für den Steuerpflichtigen regelmäßig günstiger als der A b z u g an der Quelle. Die Vorteile, die sich daraus ergeben, daß er die veranlagte Einkommensteuer erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums zu entrichten hat, sie also nicht zeitnah zahlen muß, werden durch die Verpflichtung eingeschränkt, jeweils am 10.3., 10.6., 10.9. und 10.12. Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zu leisten, § 3 7 Abs. 1 EStG.

§ 43 Veranlagungsverfahren Das Veranlagungsverfahren besteht aus zwei Abschnitten, dem Ermittlungs- und dem Festsetzungsverfahren. „Veranlagen" bedeutet also die Ermittlung der Besteue493

§43

I

3. Teil. Erhebungsverfahren

rungsgrundlagen und die Festsetzung der Steuer. Beides hat nichts mit der Frage zu tun, ob und wann die Einkommensteuerschuld entstanden ist. Nach § 36 Abs. 1 E S t G i . V . m . § 3 8 A O 1977 geschieht dies mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand verwirklicht, also Einkünfte erzielt hat. Die Einkommensteuer-Vorauszahlung entsteht gemäß § 3 7 Abs. 1 S . 2 E S t G bereits mit dem Beginn des Kalendervierteljahres, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind. D i e Einkommensteuer entsteht damit kraft Gesetzes, also unabhängig davon, ob sie in einem Steuerbescheid festgesetzt ist. Wird sie in der H ö h e ermittelt, in der sie entstanden ist, wirkt die Steuerfestsetzung lediglich deklaratorisch. Weist der Steuerbescheid eine höhere Steuer aus, als sie kraft Gesetzes zur Entstehung gelangt ist, so ist der Steuerbescheid konstitutiv. E r ist fehlerhaft und damit anfechtbar. D e r Steuerbescheid ist auch dann rechtsfehlerhaft, falls er eine zu niedrige Steuer ausweist. Die Steuerfestsetzung ändert nichts daran, daß die höhere Steuer kraft Gesetzes entstanden ist und gegebenenfalls, wenn eine Berichtigungsvorschrift der Abgabenordnung eingreift, nacherhoben werden kann. V o n der Entstehung und der Festsetzung ist schließlich die Fälligkeit der Einkommensteuer zu unterscheiden. Sie tritt ein, soweit die Einkommensteuer (wenn auch fehlerhaft) festgesetzt worden ist.

I. Ermittlung der Einkommensteuer Bevor die Einkommensteuer festgesetzt werden kann, müssen die Besteuerungsgrundlagen, also alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind (§ 199 Abs. 1 A O 1977), ermittelt werden. Dies geschieht im Ermittlungsverfahren, das grundsätzlich mit der Feststellung der Personen beginnt, die steuerpflichtig sind. Die Ermittlungen sind von Amts wegen (Untersuchungsgrundsatz) durchzuführen, § 88 A O 1977. Ihr Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; ihre Grenzen ergeben sich aus der Zumutbarkeit und der Verhältnismäßigkeit. Die Ermittlungspflicht des Finanzamts wird durch die Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen ergänzt. N a c h § 9 0 Abs. 1 A O 1977 haben sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihnen bekannten Beweismittel anzugeben. Diese Vorschrift enthält eine generelle MitwirkuneM^flicht. Daneben bestehen besondere Mitwirkungspflichten, wie die Anzeigepflicht nach den §§ 1 3 7 — 139 A O 1977, die Aufzeichnungspflichten nach § § 1 4 0 ff. A O 1977, die Pflichten zur Vorlage von Urkunden und Wertsachen, § § 9 7 , 100 A O 1977, die Auskunftspflicht nach § 9 3 A O 1977 und schließlich die Verpflichtung, eine Steuererklärung abzugeben. W e r beim Finanzamt eine Einkommensteuererklärung einzureichen hat, regelt § 56 E S t D V . Danach sind Ehegatten, die zusammen veranlagt werden können, dazu verpflichtet, falls keiner von ihnen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt und die Summe der Einkünfte beider Ehegatten 9 6 7 2 , — D M oder mehr betragen 494

Veranlagungsverfahren

§43

I

hat. Ist mindestens ein Ehegatte nichtselbständig tätig gewesen (und wurde L o h n steuer einbehalten), besteht eine Erklärungspflicht, wenn die Einkünfte beider Ehegatten mehr als 4 9 1 4 0 , — D M betragen haben. Stets, also unabhängig von der H ö h e der Einkünfte, haben Ehegatten eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn sie die getrennte Veranlagung nach § 26 a E S t G wählen oder die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 N r n . 1—6 E S t G vorliegen. Ledige und Ehegatten, die nicht der Ehegattenbesteuerung unterliegen und keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt haben, von denen Lohnsteuer einbehalten worden ist, sind verpflichtet, eine Erklärung einzureichen, falls der Gesamtbetrag der Einkünfte 4 8 3 6 , — D M oder mehr betragen hat. Anderenfalls erhöht sich die Erklärungsgrenze auf 24 5 7 0 , — D M . Im übrigen sind sie erklärungspflichtig, soweit eine Veranlagung nach § 4 6 Abs. 2 N r n . 1—6 E S t G in Betracht kommt oder eine Veranlagung nach § 4 6 Abs. 2 N r n . 7 und 8 oder § 4 6 a S . 2 E S t G beantragt wird. § 5 6 E S t D V wird durch § 1 4 9 Abs. 1 S . 2 A O 1977 ergänzt. Danach ist zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, wer hierzu von der Finanzverwaltung aufgefordert wird. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige glaubt, keine Steuer entrichten zu müssen. Die Entscheidung hierüber steht nicht dem Steuerpflichtigen, sondern dem Finanzamt zu. G e m ä ß § 1 4 9 Abs. 2 S. 1 A O 1977 ist die Steuererklärung in der Regel bis zum 3 1 . 5 . des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres abzugeben. Diese Erklärungsfrist kann gemäß § 109 Abs. 1 S. 1 A O 1977 verlängert werden. Wird die Steuererklärung durch Angehörige der steuerberatenden Berufe für den Steuerpflichtigen angefertigt, hat die Finanzverwaltung im Erlaßwege 1 die Abgabefrist nach § 109 A O 1977 allgemein vom 31. 5. bis zum 3 0 . 9 . verlängert. Eine Verlängerung über den 3 0 . 9 . hinaus ist möglich, muß aber beantragt werden. Sie wird in der Regel bis zum 2 8 . 2 . des zweiten auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres gewährt. Eine Verlängerung über diesen Termin hinaus ist nur in zwingenden Ausnahmefällen möglich. Steuerpflichtige, die ihre Einkommensteuererklärung selbst erstellen, müssen die Verlängerung der Abgabefrist (über den 3 1 . 5 . hinaus) stets beantragen. Die Steuererklärungen sind nach amtlich vorgeschriebenen Vordrucken anzufertigen. Sie müssen vom Steuerpflichtigen (bei zusammenveranlagten Ehegatten von beiden Ehegatten) eigenhändig unterschrieben werden, § 6 0 E S t D V . Die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten ist zulässig, falls der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Sind die Hinderungsgründe weggefallen, kann die Unterschrift nachträglich verlangt werden, § 150 Abs. 3 A O 1977. Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorgeschrieben sind. Dazu gehören eine Abschrift der Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung, Jahres- und Prüfungsberichte und außerdem (auf Verlangen des 1

Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden v. 10. 3 . 1 9 8 0 , BStBl. 1980 I S. 137; v. 1 0 . 3 . 1 9 8 1 , BStBl. 1981 I S . 2 7 9 ; v. 1 5 . 1 . 1 9 8 2 , BStBl. 1982 I S . 2 8 4 .

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§43

II 1

3. Teil. Erhebungsverfahren

Finanzamtes) eine Hauptabschlußübersicht, §60 EStDV. Hat ein Dritter bei der Anfertigung der Steuererklärung mitgewirkt, ist sein Name und seine Anschrift in der Erklärung anzugeben, § 60 Abs. 5 EStDV. Die Einkommensteuererklärung ist bei dem Finanzamt einzureichen, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Wohnsitzfinanzamt), § 1 9 AO 1977. Ist eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach den §§179, 180 A O 1977 durchzuführen, so ist das Betriebsfinanzamt gemäß § 1 8 A O 1977 zuständig. Der Feststellungsbescheid, der von diesem Finanzamt erlassen wird, ist für das Wohnsitzfinanzamt verbindlich, §182 Abs. 1 A O 1977. Gibt der Steuerpflichtige eine Steuererklärung ab, dann überprüft das Finanzamt diese Erklärung. Ergeben sich Zweifel, wird es vom Steuerpflichtigen weitere Erklärungen, Auskünfte und Unterlagen fordern. Erkennt der Steuerpflichtige nachträglich, die von ihm abgegebene Erklärung sei unrichtig oder unvollständig und es könne dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen oder es sei bereits dazu gekommen, so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Berichtigung vorzunehmen, §153 A O 1977. Schließlich kann das Finanzamt Auskünfte jeder Art von anderen Personen einholen, Sachverständige zuziehen, Urkunden und Akten anfordern und den Augenschein einnehmen, §§92 ff. A O 1977. Hat es die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen abgeschlossen, dann setzt es die Einkommensteuer in dem Einkommensteuerbescheid und die Einkommensteuer-Vorauszahlungen in dem Vorauszahlungsbescheid fest. Gibt der Steuerpflichtige die Einkommensteuererklärung nicht oder nicht rechtzeitig ab, hat das Finanzamt verschiedene Möglichkeiten: es darf gemäß § 152 A O 1977 einen Verspätungszuschlag (bis zu 1 0 % der festgesetzten Steuer, höchstens aber 10 0 0 0 , — D M ) festsetzen, nach §§328 ff. A O 1977 die Abgabe der Steuererklärung erzwingen und schließlich gemäß § 162 A O 1977 die Besteuerungsgrundlagen schätzen und einen entsprechenden Steuerbescheid erlassen.

II. Festsetzung der Einkommensteuer 1. Festsetzung der Jahressteuerschuld Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens wird die Einkommensteuer in einem Steuerbescheid festgesetzt. Dies kann nur innerhalb der Festsetzungsfrist der §§ 169 ff. A O 1977 geschehen, die regelmäßig 4 Jahre beträgt. Ist sie (einschließlich der Ablaufhemmung, §171 A O 1977) abgelaufen, ist weder eine Steuerfestsetzung noch eine Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheides zulässig. Die Steuerfestsetzung darf, falls ungewiß ist, ob und inwieweit die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer eingetreten sind, vorläufig (§ 165 A O 1977) oder, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 A O 1977) erfolgen. Solange die Steuer vorläufig festgesetzt oder der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung (ohne daß eine Berichtigungsvorschrift eingreift) auch auf Antrag des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geändert werden. 496

Veranlagungsverfahren

§43

II 1

D e r Steuerbescheid ist schriftlich zu erteilen, m u ß (als zwingende Voraussetzung) die festgesetzte Steuer nach A r t und H ö h e bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet, § 1 5 7 A b s . 1 A O 1977. Eine Begründung ( § 1 2 1 A b s . 2 N r . 3 A O 1977) und eine U n t e r s c h r i f t ( § 1 1 9 Abs. 4 A O 1977) sind grundsätzlich nicht erforderlich. G e m ä ß § 1 5 7 A b s . 1 Satz 3 A O 1977 ist dem Steuerbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen, aus der sich ergibt, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist, bei welcher B e h ö r d e und in welcher Weise er einzulegen ist. D i e Rechtsbehelfsbelehrung gehört nicht z u m zwingenden Inhalt des Steuerbescheides. F e h l t sie oder ist sie unrichtig erteilt, ändert dies an der R e c h t m ä ßigkeit des Einkommensteuerbescheides nichts. D i e Rechtsbehelfsfrist des § 3 5 5 A b s . 1 A O 1 9 7 7 (1 M o n a t nach Bekanntgabe) beginnt allerdings nicht zu laufen. D e r R e c h t s b e h e l f darf gemäß § 356 A b s . 2 A O 1977 grundsätzlich noch binnen eines J a h r e s seit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes eingelegt werden. D e r Einkommensteuerbescheid wird wirksam, wenn er demjenigen, für den er b e s t i m m t oder der von ihm betroffen ist, bekanntgegeben ist. Dies ist in der Regel der Steuerpflichtige selbst. D i e Bekanntgabe kann aber auch gegenüber dem Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen erfolgen, § 122 A b s . 1 Satz 3 A O 1977. Dies m u ß geschehen, falls dem F i n a n z a m t eine schriftliche Zustellungsvollmacht vorliegt, § 8 A b s . 1 Satz 2 V w Z G 2 . N a c h § 1 2 4 Abs. 1 S . 2 A O 1977 wird der Steuerbescheid mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird. Es gilt also die Erklärungstheorie. W e i c h t der Inhalt des dem Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Bescheids von der Aktenverfügung ab, so ist die Ausfertigung maßgebend, die dem Steuerpflichtigen übersandt worden ist. Allerdings ist das Finanzamt befugt, diesen Bescheid zu berichtigen. Es soll in diesen Fällen eine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 A O 1977 vorliegen 3 . Diese Auffassung ist bedenklich. Sie führt, wenn auch auf einem U m w e g , zu der früheren Auffassung, nach der es nicht auf das in der bekanntgegebenen Verfügung Erklärte, sondern auf das in der Aktenverfügung G e w o l l t e ankommt 4 . E i n e Berichtigung nach § 129 A O 1977 ist lediglich zulässig, falls die A b w e i c h u n g auf einem mechanischen Versehen beruht und ein Rechtsfehler ausgeschlossen ist. D e r Einkommensteuerbescheid, der dem Steuerpflichtigen durch die Post übermittelt wird, gilt gemäß § 1 2 2 A b s . 2 A O 1977 mit dem 3. T a g e nach der Aufgabe zur P o s t als bekanntgegeben. Dies ist auch dann der Fall, wenn er tatsächlich früher zugegangen ist. D i e 3 - T a g e s - F r i s t verlängert sich nicht, falls der 3. T a g auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. § 1 9 3 B G B , § 1 0 8 Abs. 3 A O 1977, die bestimmen, die Frist ende in einem solchen Falle erst mit dem Ablauf des nächsten Werktages, finden hier keine A n w e n d u n g ; innerhalb des 3-Tages-Zeitraumes ist

2 3

4

G. v. 3.7.1952, BGBl. I S.379. Vgl. BT-Drucks. IV/1982 S. 142; Einführungserhß zur AO 1977 v. 1.10.1976 IV A 7 — S 0015 — 30/76, BStBl. 1976 I S.576. Tipke-Kruse, §124 Tz. 4. 497

32

Tiedtke, Einkommensteuer

§43

II 1

3. Teil. Erhebungsverfahren

weder eine Willenserklärung abzugeben, eine Leistung zu bewirken noch, insoweit ist § 108 Abs. 3 A O 1977 weiter gefaßt als § 193 BGB, eine Handlung vorzunehmen. Hat der Steuerpflichtige den Steuerbescheid nach Ablauf von 3 Tagen erhalten, ist er ihm erst zu diesem (späteren) Zeitpunkt bekanntgegeben. Es genügt dann allerdings nicht, daß er den rechtzeitigen Zugang bestreitet. Er muß vielmehr Umstände darlegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt, der Steuerbescheid sei ihm nicht rechtzeitig zugegangen. Den rechtzeitigen Zugang hat dann das Finanzamt zu beweisen. Das Veranlagungsverfahren ist abgeschlossen, wenn der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig ist. Er wird bestandskräftig, wenn der Steuerpflichtige auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs (des Einspruchs) verzichtet, §354 A O 1977, oder wenn innerhalb der Rechtsbehelfsfrist (§ 355, § 356 Abs. 2 A O 1977) kein Einspruch eingelegt wird. Erhebt der Steuerpflichtige Einspruch, wird der Bescheid bestandskräftig, falls er ihn nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zurücknimmt, § 362 Abs. 2 S. 1 A O 1977. Ist die Rechtsbehelfsfrist im Zeitpunkt der Rücknahme des Einspruchs noch nicht abgelaufen, kann der Einspruch erneut eingelegt werden; der Einkommensteuerbescheid wird daher in diesem Falle durch die Rücknahme des Einspruchs nicht bestandskräftig. Entscheidet das Finanzamt über den Einspruch des Steuerpflichtigen durch eine Einspruchsentscheidung, wird der Steuerbescheid in der Form, die er durch die Einspruchsentscheidung bekommen hat, bestandskräftig, falls der Steuerpflichtige auf die Erhebung der Klage verzichtet, § 50 F G O , oder wenn er nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung Klage vor dem Finanzgericht erhebt, §47 F G O . In Bestandskraft erwachsen nicht die Besteuerungsgrundlagen, sondern die in dem Steuerbescheid festgesetzte Steuer. Die Besteuerungsgrundlagen sind unselbständige Teile des Steuerbescheids; sie werden in der Regel nur inzidenter in dem Steuerbescheid festgestellt. Daher können sie gemäß §157 Abs. 2 A O 1977 auch nicht selbständig angefochten werden. Der Streitgegenstand des Einspruchs und des Klageverfahrens ist damit stets der gesamte Steuerbescheid und nicht eine einzelne Besteuerungsgrundlage 5 . Diese Auffassung hat zur Folge, daß ein Fehler, der sich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat, mit einem anderen Fehler, der zu seinem Vorteil wirkt, ausgeglichen werden kann. Diese Saldierungstheorie ist sachgerecht. Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch darauf, von einer Steuer freigestellt zu werden, die kraft Gesetzes entstanden und zu Unrecht nicht festgesetzt worden ist. Werden die Besteuerungsgrundlagen in einem Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, §§179, 180 A O 1977, sind sie selbständig und damit auch selbständig anfechtbar. Gegen Besteuerungsgrundlagen, die in einem Feststellungsbescheid verselbständigt werden, kann sich der Steuerpflichtige nur wenden, wenn er den

5

BFH v. 17.7.1967 GrS 1/66, BStBl. 1968 II S.344; Tiedtke, Die innerprozessuale Bindungswirkung von Urteilen der obersten Bundesgerichte, 1976, S. 173 ff.; a. A. Gräber, FGO, 1977, § 65 Anm. 3 a m. w. N.

498

Veranlagungsverfahren

§43

II 1

Feststellungsbescheid selbst anficht, §351 Abs. 2 A O 1977. Unterläßt er dies, darf er zwar den Folgebescheid, für den der Feststellungsbescheid verbindlich ist, mit dem Einspruch angreifen. Einwendungen, die gegen den Feststellungsbescheid hätten erhoben werden müssen, können aber gegen den Folgebescheid nicht mehr geltend gemacht werden. Ein Einspruch oder eine Klage, in der dies gleichwohl geschieht, ist unzulässig 6 . Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, der Einheitswert des von ihm selbstgenutzten Einfamilienhauses sei zu hoch festgesetzt, so muß er gemäß §351 Abs. 2 A O 1977 den Einheitswertbescheid (Feststellungsbescheid) anfechten. Unterläßt er dies, dann kann er den Einkommensteuerbescheid, in dem die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach §21a EStG mit 1% des maßgeblichen Einheitswertes angesetzt sind, nicht mit der Begründung angreifen, der Einheitswert sei zu hoch. Ein solcher Einspruch ist unzulässig. Legt der Steuerpflichtige gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein, wird das Veranlagungsverfahren fortgesetzt, §365 A O 1977. Das — kostenfreie — Einspruchsverfahren, das nunmehr beginnt, ist die Fortsetzung des Festsetzungsverfahrens. Trotz der Erhebung des Einspruchs wird der Steuerpflichtige nicht davon befreit, die festgesetzte Einkommensteuerschuld zu zahlen. Der Einspruch hat keinen Suspensiveffekt; durch seine Einlegung wird die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids nicht gehemmt, §361 Abs. 1 S. 1 A O 1977. Die festgesetzte Einkommensteuer wird gleichwohl erhoben, gegebenenfalls vollstreckt. Will der Steuerpflichtige dies verhindern, muß er neben dem Einspruch beim Finanzamt beantragen, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids ganz oder teilweise auszusetzen, § 361 Abs. 2 A O 1977. Bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids oder hat eine sofortige Vollziehung für den Steuerpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge, so ist das Finanzamt verpflichtet, dem Aussetzungsantrag zu entsprechen. Für das Einspruchsverfahren ist das Finanzamt zuständig, das den Einkommensteuerbescheid erlassen hat. Im Einspruchsverfahren wird die Sache in vollem Umfang erneut überprüft. Das kann eine Verböserung zur Folge haben, so daß der Steuerpflichtige mehr Steuern zahlen muß als vorher, §367 Abs. 2 A O 1977. Eine Verböserung setzt aber voraus, ,daß der Steuerpflichtige auf ihre Möglichkeit unter Angabe von Gründen hingewiesen wird und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Will er der Verböserung entgehen, muß er den Einspruch zurücknehmen. Dies nutzt ihm allerdings nichts, wenn das Finanzamt den nunmehr bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid (§362 A O 1977) deshalb ändern darf, weil es sich auf eine Berichtigungsvorschrift (§§ 172 ff. A O 1977) berufen kann oder wenn die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 A O 1977) ergangen ist. Über den Einspruch entscheidet das Finanzamt, das den Einkommensteuerbescheid erlassen hat, durch eine Einspruchsentscheidung. Hilft es dem Einspruch ab, 6

Tipke-Kruse, §351 Tz. 3 m. w.N.; a.A. BFH v. 27.9.1972 I B 27/72, BStBl. 1973 II S.24. 499

32'

§43

II 2

3. Teil. Erhebungsverfahren

entspricht es also dem Begehren des Steuerpflichtigen, dann bedarf es keiner Einspruchsentscheidung, §367 Abs. 2 S.3 A O 1977. Wird im Einspruchsverfahren dem Antrag des Steuerpflichtigen nur teilweise entsprochen, muß eine Einspruchsentscheidung ergehen, soweit das Begehren des Steuerpflichtigen zurückgewiesen wird. Ist der Einspruch des Steuerpflichtigen erfolglos geblieben, ist er berechtigt, Klage beim Finanzgericht zu erheben, §33 F G O . Die Klage richtet sich gegen den Einkommensteuerbescheid in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat, §44 Abs. 2 F G O . Sie muß innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beim Finanzgericht oder beim Finanzamt, das die Einspruchsentscheidung erlassen hat, erhoben werden, § 47 FGO. Auch die Klage hat keine aufschiebende Wirkung, §69 Abs. 1 F G O ; sie ändert nichts daran, daß die festgesetzte Einkommensteuerschuld zu zahlen ist. Der Steuerpflichtige kann jedoch auch im finanzgerichtlichen Verfahren die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Diesen Antrag muß er grundsätzlich zunächst beim Finanzamt stellen, Art. 3 § 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit 7 . Hat das Finanzamt den Aussetzungsantrag ganz oder teilweise abgelehnt, zu erkennen gegeben, daß es die Vollziehung nicht aussetzen werde, in angemessener Frist ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes sachlich nicht entschieden, droht die Vollstreckung oder ist es dem Beteiligten wegen besonderer Umstände des Einzelfalls unzumutbar, den Aussetzungsantrag beim Finanzamt zu stellen, darf die Aussetzung der Vollziehung sofort beim Finanzgericht beantragt werden, §69 Abs. 2, 3 FGO. Im Gegensatz zum Einspruchsverfahren muß der Steuerpflichtige im Klageverfahren vor dem Finanzgericht keine Verböserung befürchten. Dazu sind die Finanzgerichte nicht befugt. Sie sind Rechtsschutzorgane für die Steuerpflichtigen. Diese können ihre Klage gewinnen und stehen, falls sie den Prozeß verlieren, schlimmstenfalls genauso, von den Kosten (§§ 135 ff. FGO) abgesehen, wie sie vorher standen. Die Finanzgerichte entscheiden als erste und häufig als letzte Instanz, da die Revision zum Bundesfinanzhof, wenn sie nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wird, in der Regel nur dann zulässig ist, wenn der Wert des Streitgegenstandes 10 000,— DM übersteigt, §115 F G O i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs 8 . 2. Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen Mit dem Steuerbescheid setzt das Finanzamt gleichzeitig die EinkommensteuerVorauszahlungen für den laufenden Veranlagungszeitraum fest. Dies geschieht durch einen Vorauszahlungsbescheid, §37 Abs. 3 S. 1 EStG. Bemessungsgrundlage für die Vorauszahlungen ist die Einkommensteuerschuld, die der Steuerpflichtige 7 8

G. v. 3 1 . 3 . 1 9 7 8 , BGBl. I S.446 = BStBl. 1978 I S.174, 176. G. v. 8 . 7 . 1 9 7 5 , BGBl. I 1861 = BStBl. 1975 I S. 932, geändert durch G. v. 4 . 8 . 1 9 8 0 , BGBl. I S. 1147 = BStBl. 1980 I S.462.

500

Veranlagungsverfahren

§43

II 2

voraussichtlich im laufenden Veranlagungszeitraum zu zahlen haben wird. Da die Höhe der zukünftigen Einkommensteuerschuld in der Regel unbekannt ist, bemißt sich die H ö h e der Vorauszahlungen grundsätzlich nach der Einkommensteuer, die sich nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge und der Körperschaftsteuer bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Das Finanzamt geht also davon aus, diese Einkommensteuer werde mindestens der Steuerschuld entsprechen, die der Steuerpflichtige im laufenden Veranlagungszeitraum zu entrichten hat. Kann er glaubhaft machen, diese Annahme treffe nicht zu, seine zukünftige Einkommensteuerschuld werde also niedriger sein als die des letzten Veranlagungszeitraums, hat er mehrere Möglichkeiten: Gegen den Vorauszahlungsbescheid darf er innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Einspruch einlegen (§348 Abs. 1 A O 1977), die Aussetzung der Vollziehung (§361 A O 1977) und die Herabsetzung der Vorauszahlungen beantragen. Ist die Rechtsbehelfsfrist abgelaufen, kann er sich zwar nicht mehr im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Höhe der festgesetzten Vorauszahlungen wenden, ihm bleibt aber die Möglichkeit, außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens beim Finanzamt zu beantragen, die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuerschuld zu vermindern. Diese Befugnis steht dem Finanzamt nach §37 Abs. 3 S. 3 EStG zu. Danach ist es berechtigt, bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Kalenderjahres die Vorauszahlungen an die Einkommensteuer anzupassen, die sich für den Veranlagungszeitraum ergeben wird. Von dieser Möglichkeit wird das Finanzamt in der Regel von Amts wegen Gebrauch machen, falls es die Einkommensteuervorauszahlungen erhöhen will. Hat der Steuerpflichtige aber die Voraussetzungen für eine Herabsetzung dargelegt, so sind die Vorauszahlungen auch insoweit an die tatsächliche Einkommensentwicklung anzupassen. Die Herabsetzung der Vorauszahlungen kann allerdings nicht darauf gestützt werden, der Steuerpflichtige habe erhöhte Bausparkassenbeiträge erbracht. Es reicht auch nicht, wenn er andere Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend macht, die 1800,— DM im Kalenderjahr nicht überschreiten, §37 Abs. 3 S.4 EStG. Liegen die Voraussetzungen für die Herabsetzung vor, hat der Steuerpflichtige, entgegen der herrschenden Ansicht 9 , einen Anspruch 10 auf Anpassung der Vorauszahlungen an die laufende Einkommensentwicklung. Will das Finanzamt die Vorauszahlungen erhöhen, so ist zu unterscheiden: Eine Erhöhung im laufenden Kalenderjahr ist zum nächsten Vorauszahlungszeitpunkt ohne Einhaltung einer Frist möglich". Bereits fällig gewesene Vorauszahlungen darf das Finanzamt, soweit es um die Vorauszahlungstermine zum 10.3., 10.6. und 9

10 11

BFH v. 21.1.1976 I R 21/74, BStBl. 1976 II S.389; Bordewin in Lademann/Söffing/ Brockhoff, §37 Anm. 49. Schmidt/Drenseck, § 37 Anm. 4. Vgl. B F H v. 25.6.1981 IV R 241/80, BStBl. 1982 II S. 105; a.A. Clausen in Herrmann/ Heuer/Raupach, §37, Erl. zu Abs. 3 Anm. II 4 (grüne Blätter); er meint, die Erhöhung künftiger Vorauszahlungen sei nur zulässig, falls die Bekanntgabe des Vorauszahlungsbescheids 1 Monat vor dem nächsten Vorauszahlungstermin erfolge. 501

§43

III 2

3. Teil. Erhebungsverfahren

10.9. geht, nachträglich nicht erhöhen. Etwas anderes gilt für die Vorauszahlung zum 10.12. Sie kann gemäß §37 Abs. 4 EStG bis zum Ablauf des nachfolgenden Kalenderjahres mit einer Fälligkeitsfrist von 1 Monat nachträglich erhöht werden. Im Vorauszahlungsbescheid wird die voraussichtliche Jahressteuerschuld festgesetzt, die in vier Raten (vierteljährlich) zu zahlen ist. Die entrichteten Vorauszahlungen werden auf die endgültige Einkommensteuerschuld angerechnet, die sich für den Veranlagungszeitraum ergibt, für den die Vorauszahlungen geleistet worden sind, §36 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Eine Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen unterbleibt, falls das jährliche Vorauszahlungssoll unter 400,— DM liegt, §37 Abs. 5 EStG.

III. V e r a n l a g u n g s a r t e n Das Einkommensteuergesetz unterscheidet zwischen der Einzel- (§25 EStG) und der Ehegattenveranlagung (§26 EStG), die eine getrennte (§26a EStG) oder eine Zusammenveranlagung (§ 26 b EStG) sein kann. 1. Einzelveranlagung, §25 EStG Bei der Einzelveranlagung wird die Einkommensteuer nach dem Einkommen festgesetzt, das der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum bezogen hat. Steuerpflichtige, die nicht der Ehegattenbesteuerung unterliegen, werden einzeln veranlagt. Dazu gehören Ledige, dauernd getrennt lebende Ehegatten und unbeschränkt Steuerpflichtige, die mit einem beschränkt Steuerpflichtigen verheiratet sind. Wird ein Steuerpflichtiger einzeln veranlagt, gilt, soweit nicht die Ausnahmeregelung für Geschiedene und Verwitwete nach §32a Abs. 6 EStG eingreift12, der Einkommensteuer-Grundtarif. 2. Ehegattenveranlagung, §§ 26—26 b EStG Ehegatten, die die Voraussetzungen des §26 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllen, können zwischen der getrennten Veranlagung und der Zusammenveranlagung wählen. a) Voraussetzungen Eine Ehegattenveranlagung ist für solche Steuerpflichtige durchzuführen, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind, nicht dauernd getrennt leben und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind. Die Ehegattenveranlagung setzt also zunächst eine bürgerlich-rechtlich gültige Ehe voraus. Auf den ehelichen Güterstand kommt es nicht an. War der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum mehrfach verheiratet, so ist seine jüngste Ehe maßgebend, §26 Abs. 1 S. 2 EStG. 12

Vgl. dazu oben §37 IV 2 b, S. 475 f.

502

§43

Veranlagungsverfahren

III 2

Ehegatten leben nicht dauernd getrennt, wenn zwischen ihnen eine dem Wesen der Ehe entsprechende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Wann dies nicht der Fall ist, richtet sich nach den Grundsätzen des § 1567 B G B . Danach leben Ehegatten getrennt, falls zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die Ehegatten können auch innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Eine längere Unterbrechung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist dann kein dauerndes Getrenntleben, wenn sie die erkennbare Absicht haben, die Lebensgemeinschaft später wiederherzustellen' 3 . Dies gilt insbesondere dann, wenn die Eheleute wegen einer Krankheit oder der Verbüßung einer Freiheitsstrafe auf längere Zeit voneinander getrennt leben müssen. b) Getrennte

Veranlagung,

§26a

EStG

Die Ehegatten werden getrennt veranlagt, falls einer von ihnen die getrennte Veranlagung wählt. Sie ist eine Ehegatten- und keine Einzelveranlagung. Jeder Ehegatte hat eine gesonderte Steuererklärung abzugeben, § 5 7 EStDV. Bei der getrennten Veranlagung werden zunächst die Einkünfte jedes einzelnen Ehegatten ermittelt. Auch die Summe der Einkünfte bildet keine Einheit. Positive Einkünfte eines Ehegatten dürfen daher nicht mit negativen des anderen ausgeglichen werden. Ein interpersoneller Verlustausgleich findet daher nicht statt. Die individuellen Freibeträge, auch der Verlustabzug nach § 10 d E S t G , sind bei jedem Ehegatten getrennt abzuziehen. Im Hinblick auf die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen bilden die Ehegatten jedoch auch bei der getrennten Veranlagung eine Einheit. Daher sollen sie gemäß § 5 7 S . 2 E S t D V über die Sonderausgaben und über die außergewöhnlichen Belastungen eine gemeinsame Erklärung abgeben. Diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehenden Beträge werden zunächst für die Ehegatten einheitlich nach den für die Zusammenveranlagung geltenden Grundsätzen ermittelt und nach § 2 6 a Abs. 2 EStG auf die Ehegatten (hälftig) verteilt. Dabei ist es unerheblich, welcher Ehegatte die Aufwendungen getragen hat. Eine solche Verteilung (je zur Hälfte) kommt nur in Betracht, falls die Aufwendungen die Pauschbeträge und Pauschalen i . S . d . § 1 0 c EStG übersteigen. Sonderausgaben i. S. d. § 10 Abs. 1 N r . 1 EStG (Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten) dürfen lediglich bei der Veranlagung des Ehegatten abgezogen werden, der sie geleistet hat, § 2 6 a A b s . 2 S . 2 EStG. Die Ehegatten können aber beantragen, daß die Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen anders verteilt werden, als dies in § 26 a Abs. 2 S. 1 EStG vorgesehen ist. Einen solchen Antrag müssen die Ehegatten grundsätzlich gemeinsam gesteilen, § 61 EStDV. Geben sie über die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen keine gemeinsame Erklärung nach § 5 7 S . 2 E S t D V ab, so ist die Höhe der abzugsfähigen Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen 13

B F H v. 5 . 1 0 . 1 9 6 6 VI 4 2 / 6 5 , BStBl. 1967 III S. 84.

503

§43

III 2

3. Teil. Erhebungsverfahren

grundsätzlich v o m F i n a n z a m t zu ermitteln, das für die Veranlagung des E h e m a n n e s zuständig ist, A b s c h n i t t 172 A b s . 2 S. 3 E S t R . B e i der getrennten Veranlagung gilt der E i n k o m m e n s t e u e r - G r u n d t a r i f . J e d e r Ehegatte erhält einen gesonderten Einkommensteuerbescheid. E r allein schuldet die E i n k o m m e n s t e u e r und ist berechtigt, seinen Einkommensteuerbescheid anzufechten. c) Zusammenveranlagung,

§26b

EStG

Ehegatten werden zusammen veranlagt, wenn sich beide für die Zusammenveranlagung entscheiden. I m allgemeinen geschieht dies in der Einkommensteuererklärung. G e b e n sie darin keine Erklärung ab, wird gemäß § 2 6 A b s . 3 E S t G unterstellt, daß sie die Zusammenveranlagung wählen. D i e W a h l kann bei der Erklärung, im Einspruchsverfahren und im finanzgerichtlichen Verfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung geändert werden. Im Revisionsverfahren ist dies allerdings nicht m e h r möglich, § 1 1 8 Abs. 2 F G O . F ü r einen Verstorbenen üben dessen E r b e n das Wahlrecht aus". W i r d über das V e r m ö g e n eines Steuerpflichtigen das Konkursverfahren eröffnet, hängt die W i r k s a m k e i t der Erklärung des Gemeinschuldners nicht von der Zustimm u n g des Konkursverwalters ab 15 . Weigert sich ein Ehegatte, der Zusammenveranlagung zuzustimmen, m u ß sein Ehepartner ihn vor den Zivilgerichten auf A b g a b e der Zustimmungserklärung verklagen. N a c h der Auffassung des B G H " soll ein Ehegatte jedenfalls dann gegenüber dem anderen verpflichtet sein, der Zusammenveranlagung zuzustimmen, falls ihm daraus keine steuerlichen Nachteile, dem anderen Ehegatten aber steuerliche Vorteile entstehen 1 7 . D e r B F H " geht noch einen Schritt weiter. H a b e ein Ehegatte, führt er aus, keine Einnahmen, so sei sein einseitig gestellter Antrag auf getrennte Veranlagung steuerlich unbeachtlich, falls der andere Ehegatte wegen seiner E i n k ü n f t e die Zusammenveranlagung begehre. D e r B F H meint, dieser Antrag gehe ins Leere und sei daher gegenstandslos. D i e s e Auffassung ist sicher praktisch, sie ist aber gleichwohl bedenklich. D i e Frage, o b der Ehegatte der Zusammenveranlagung zustimmen muß, richtet sich ausschließlich nach § 1 3 5 3 B G B , sie ist also zivilrechtlicher Natur. In vielen Fällen mag die Weigerung des Ehegatten rechtsmißbräuchlich sein. D i e Entscheidung darüber, ob dies der Fall ist, steht aber nicht dem Finanzamt, sondern den Zivilgerichten Zu".

BFH v. 13.11.1979 VIII R 193/77, BStBl. 1980 II S. 188. Ebenso Littmann-Grube, §26 Rdn. 35 m.w. N.; a. A. Gérard in Lademann/Söffing/ Brockhoff, §26 Anm. 31. 16 U. v. 13.10.1976 — IV ZR 104/74, NJW 1977, 378. 17 Kritisch dazu Tiedtke, FamRZ 1977, 686; den., FamRZ 1978, 385. 18 U. v. 12.8.1977 VI R 61/75, BStBl. 1977 II S.870; zustimmend v. Bornhaupt, BB 1977, 1637, 1638. " So zutreffend FG Berlin v. 8. 6.1978 I 134/77, EFG 1978, 494, 495; vgl. auch Sonnenschein, NJW 1980, 257, 263. 14

15

504

Veranlagungsverfahren

§43

III 2

Haben sich die Ehegatten für die Zusammenveranlagung entschieden, so müssen sie eine gemeinsame, von beiden unterschriebene Steuererklärung abgeben, § 5 7 a EStDV. Auch bei der Zusammenveranlagung werden die Einkünfte der Ehegatten getrennt ermittelt. Anschließend sind ihre Einkünfte (zur Summe der Einkünfte) zu addieren. Dabei werden, ohne daß dies gesetzlich geregelt ist, die negativen Einkünfte eines Ehegatten mit den positiven Einkünften des anderen ausgeglichen 20 ; bei der Zusammenveranlagung findet also ein interpersoneller Verlustausgleich statt. Sobald die Summe der Einkünfte gebildet ist, werden die Ehegatten wie ein Steuerpflichtiger behandelt. Bei ihnen gibt es daher nur einen Gesamtbetrag der Einkünfte, nur ein Einkommen und nur ein zu versteuerndes Einkommen 21 . Das einheitlich ermittelte zu versteuernde Einkommen wird nach dem Splitting-Verfahren besteuert, § 3 2 a Abs. 5 EStG. Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, schulden gemäß §44 Abs. 1 S. 1 A O 1977 die Einkommensteuer als Gesamtschuldner. Der Einkommensteuerbescheid ist in diesem Falle beiden Ehegatten bekanntzugeben, § 122 Abs. 1 A O 1977. Schulden, wie die zusammenveranlagten Ehegatten, mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, können gegen sie zusammengefaßte Steuerbescheide erlassen werden, § 155 Abs. 3 A O 1977. Ein derartiger Steuerbescheid enthält zwei inhaltsgleiche Einzelbescheide, die aus verfahrensökonomischen Gründen zusammengefaßt sind. In der Regel ist davon auszugehen, daß sich die Ehegatten mit der Abgabe einer gemeinsamen Steuererklärung gegenseitig zur Vornahme der im Besteuerungsverfahren erforderlichen Handlungen, also auch zur Entgegennahme des Steuerbescheids, bevollmächtigt haben. Den Ehegatten ist daher in der Regel nur eine Ausfertigung des zusammengefaßten Steuerbescheids zuzustellen. An einer derartigen Bevollmächtigung fehlt es aber22, falls ein Ehegatte dieser Art der Zustellung ausdrücklich widersprochen hat, die abgegebene Steuererklärung nicht von beiden Ehegatten unterschrieben worden ist, zwischen den Ehegatten eine offenbare Interessenkollision besteht, sie getrennt leben oder geschieden sind, keine Steuererklärung abgegeben wurde und die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden mußten oder ein Ehegatte verstorben ist. In diesen Fällen ist jedem der Ehegatten eine Ausfertigung des Steuerbescheids zuzustellen 2 '. Wird ihnen lediglich eine Ausfertigung übersandt, ist der Steuerbescheid dem Ehegatten gegenüber, der keine Ausfertigung erhalten hat, nicht bekanntgegeben. Aufgrund des Rechtsbehelfsverfahrens und der finanzgerichtlichen Klage können die ursprünglich inhaltsgleichen Steuerfestsetzungen getrennte Wege gehen und zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Jeder Ehegatte ist berechtigt, den Steuerbescheid für sich allein mit dem Einspruch anzugreifen oder bestandskräftig werden BFH v. 2 3 . 8 . 1 9 7 7 VIII R 120/74, BStBl. 1978 II S. 8. Vgl. BFH v. 1 2 . 6 . 1 9 8 0 IV R 124/77, BStBl. 1980 II S.645. 22 Vgl. den koordinierten Ländererlaß, Finanzministerium Niedersachsen v. 2 . 1 2 . 1 9 7 5 — S 1 1 3 5 — 1 — 351, D B 1976, Beilage Nr. 1, Tz. 2.1. " Vgl. BFH v. 1 6 . 8 . 1 9 7 8 I R 26/78, BStBl. 1979 II S.58. 20 21

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§43

III

2

3. Teil. Erhebungsverfahren

zu lassen. D e r Einspruch wirkt nur für den Ehegatten, der ihn eingelegt hat, es sei denn, der andere Ehegatte hat ausdrücklich oder stillschweigend die Vollmacht erteilt, den R e c h t s b e h e l f auch für ihn zu erheben. A u c h in diesem Fall kann in der U n t e r z e i c h n u n g der gemeinsamen Steuererklärung die konkludente Erteilung der V o l l m a c h t zu sehen sein 24 . Legt lediglich ein Ehegatte Einspruch ein, wird der Steuerbescheid gegenüber dem anderen Ehegatten bestandskräftig. O b s i e g t der Einspruchsführer im Rechtsbehelfsverfahren, k o m m t es zu inhaltsverschiedenen Steuerfestsetzungen, § 4 4 A b s . 2 S . 3 A O 1977. E i n e Einspruchsentscheidung, die über den Einspruch beider Ehegatten ergeht, ist grundsätzlich jedem Ehegatten getrennt bekanntzugeben 2 5 . Etwas anderes gilt n u r dann, wenn sich die Eheleute gegenseitig zur Entgegennahme bevollmächtigt haben. O b eine gegenseitige Bevollmächtigung schon aus der gemeinsamen U n t e r schrift unter der Steuererklärung folgt, richtet sich nach dem Einzelfall. D a s gleiche gilt für die Frage, o b aus der gemeinsamen Unterschrift unter der Steuererklärung auf eine konkludente Erteilung der Vollmacht zu schließen ist, auch für den anderen Ehegatten Klage vor dem Finanzgericht zu erheben 2 6 . Ist beim Finanzgericht lediglich die Klage eines Ehegatten anhängig, so ist die Beiladung des anderen Ehegatten gemäß § 60 A b s . 3 F G O nicht erforderlich 2 7 ; die Entscheidung ü b e r die Klage m u ß , wie dargelegt, den Ehegatten gegenüber nicht einheitlich ergehen2®. Als Gesamtschuldner ist jeder zusammenveranlagte Ehegatte gemäß § 4 4 A b s . 1 S. 2 A O 1 9 7 7 verpflichtet, die gesamte E i n k o m m e n s t e u e r zu zahlen. Das Finanzamt darf sich nach pflichtgemäßem Ermessen an den einen oder den anderen Ehegatten wenden. D i e Steuerschuld erlischt, wenn sie ein Ehegatte erfüllt. O b er Ausgleichsansprüche gegenüber dem anderen Ehegatten hat, richtet sich nach § 4 2 6 B G B . J e d e r Ehegatte kann aber nach den § § 2 6 8 ff. A O 1977 beantragen, die Vollstrekkung der E i n k o m m e n s t e u e r s c h u l d solle auf den Betrag beschränkt werden, der sich für ihn bei einer getrennten Veranlagung nach § 2 6 a E S t G ergäbe, § 2 7 0 A O 1977. Ü b e r den Antrag, die Gesamtschuld aufzuteilen, ergeht ein Aufteilungsbescheid, § 2 7 9 A O 1977. G e m ä ß § 2 7 0 S . 2 A O 1977 sind für die Aufteilung die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen maßgebend, die der Steuerfestsetzung bei der Zusammenveranlagung zugrunde gelegt worden sind. Es k o m m t also darauf an, wie die E i n k ü n f t e in dem Einkommensteuerbescheid verteilt wurden. Ist ein Ehegatte mit der Verteilung der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid nicht einverstanden, kann er sich gegen diesen Bescheid auch dann mit dem Einspruch wenden, wenn sich die Gesamtsteuerschuld nicht ändert. E r ist 24 25 26

27 28

BFH v. 13.8.1970 IV 48/65, BStBl. 1970 II S. 839. Vgl. Verfügung der OFD Düsseldorf v. 23.4.1980 S 1134 A — St 312, DB 1980, 1098. BFH v. 13. 8.1970 IV 48/65, BStBl. 1970 II S. 839; vgl. aber auch Kühn-Kutter-Hofmann, § 62 F G O Anm. 4. Vgl. BFH v. 8.12.1976 I R 240/74, BStBl. 1977 II S.321. Zur Frage, ob der Ehegatte im Einspruchsverfahren gemäß §360 Abs. 3 AO 1977 hinzuzuziehen ist, vgl. Einführungserlaß zur AO, §360 Nr. 3, und die Ubersicht bei Buchstab in Koch, AO 1977, 2. Aufl. 1979, §360 Rz. 12.

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Lohnsteuerverfahren

§44

II 1

beschwert 2 9 , weil sich die Verteilung der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid nachteilig bei der Aufteilung der Gesamtsteuerschuld auswirkt.

§ 44 Lohnsteuerverfahren I. Begriff der Lohnsteuer B e i Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird gemäß § 3 8 A b s . 1 S. 1 E S t G „ E i n k o m m e n s t e u e r durch A b z u g vom Arbeitslohn erhoben ( L o h n s t e u e r ) " . D i e L o h n s t e u e r ist damit keine eigene Steuerart, sondern eine besondere Erhebungsf o r m der E i n k o m m e n s t e u e r . Sie wird vom Arbeitslohn einbehalten, also an der Q u e l l e abgezogen und daher zeitnah entrichtet. Ihrem Charakter nach ist sie eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld 1 , soweit diese auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt. Sie entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem A r b e i t n e h m e r zufließt, § 3 8 Abs. 2 S. 2 E S t G . D i e Jahressteuerschuld, auf die die einbehaltene vorausbezahlte Lohnsteuer anzurechnen ist (§ 36 A b s . 2 N r . 2 E S t G ) , wird dagegen gemäß § 3 6 A b s . 1 E S t G erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums existent. Steuerschuldner der Lohnsteuer ist der Arbeitnehmer, § 3 8 Abs. 2 S. 1 E S t G . D i e s gilt auch bei einer Nettolohnvereinbarung. D e r Arbeitgeber schuldet dagegen die L o h n s t e u e r , wenn sie, ausnahmsweise, pauschaliert wird, § 4 0 A b s . 3 S . 2 , § 4 0 a A b s . 4 , § 4 0 b A b s . 3 S. 1 E S t G . In allen anderen Fällen führt der Arbeitgeber die L o h n s t e u e r für R e c h n u n g des Arbeitnehmers an das Finanzamt ab. E r wird insoweit sowohl (unentgeltlich) für das Finanzamt als auch für den Arbeitnehmer m i t der F o l g e tätig, daß er dem F i n a n z a m t gegenüber unter bestimmten Voraussetzungen (§ 42 d E S t G ) haftet und sich dem Arbeitnehmer gegenüber möglicherweise schadensersatzpflichtig macht 2 . Rechtsgrundlage für die Lohnsteuer sind die §§ 3 8 — 4 2 f E S t G und die L o h n s t e u e r D u r c h f ü h r u n g s v e r o r d n u n g 1981 3 . D a n e b e n gibt es die Lohnsteuer-Richtlinien 1981 4 , die Zweifelsfragen für die Finanzverwaltung regeln, aber keine bindende W i r k u n g für die Gerichte und die Steuerpflichtigen haben.

II. Voraussetzungen der Lohnsteuer-Erhebung 1. Lohnsteuerkarte D i e Grundlage des Lohnsteuerabzugs ist die Lohnsteuerkarte. D i e Eintragungen auf dieser Karte sind für den Lohnsteuerabzug maßgebend. Das gilt auch dann, Vgl. BFH v. 16.8.1978 I R 125/75, BStBl. 1979 II S.26. ' Vgl. Lang, StuW 1975, 113, 117; Schmidt/Dremeck, §38 Anm.l. 2 Vgl. BAG v. 17.3.1960 — 5 AZR 395/58, DB 1960, 642. 3 I . d . F . v. 19.12.1980, BGB1.I S.2309 = BStBl. 1981 S. 19. 4 I . d . F . v. 3.3.1981, BStBl. 1981 I S. 131.

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§44

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3. Teil. Erhebungsverfahren

wenn sie den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen und der Arbeitgeber dies weiß 5 . D i e B i n d u n g des Arbeitgebers an die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte bezeichnet man als Steuerkartenprinzip 6 . D a h e r m u ß jeder (unbeschränkt steuerpflichtige) A r b e i t n e h m e r seinem Arbeitgeber für jedes Kalenderjahr eine neue L o h n s t e u e r k a r t e vorlegen. D i e s e erhält er von der Gemeinde, in deren B e z i r k er am 2 0 . 9 . des dem Kalenderjahr, für das die Lohnsteuerkarte gilt, vorausgehenden Jahres oder erstmals nach diesem Stichtag seine H a u p t w o h n u n g oder, falls eine solche nicht gegeben ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, § 3 9 A b s . 2 S. 1 E S t G . D i e Ausstellung und Ü b e r m i t t l u n g der Lohnsteuerkarten ist so durchzuführen, daß sie sich spätestens am 3 1 . 1 0 . im Besitz der A r b e i t n e h m e r befinden 7 . H a t ein Arbeitnehmer nebeneinander mehrere Dienstverhältnisse, muß die Gemeinde eine entsprechende Anzahl Lohnsteuerkarten unentgeltlich ausstellen und ihm übermitteln. D i e G e m e i n d e hat auf der Lohnsteuerkarte den Familienstand, die Steuerklasse und die Zahl der Kinder des Steuerpflichtigen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, einzutragen. A u ß e r d e m ist sie verpflichtet, die Religionszugehörigkeit des Arbeitnehmers und seines Ehegatten auf der Lohnsteuerkarte zu vermerken 8 . H a t der A r b e i t n e h m e r Kinder, die zu Beginn des Kalenderjahres das 16. Lebensj a h r vollendet haben, so ist das Finanzamt zuständig, die eingetragene Steuerklasse und die Zahl der Kinder zu ändern, § 3 9 A b s . 3 S. 3 E S t G . F ü r die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte sind die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres maßgebend, für das die Lohnsteuerkarte gilt. D i e Eintragung des Familienstandes, der Steuerklasse und der Zahl der Kinder ist eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, § 1 7 9 Abs. 1 A O 1977, die unter dem V o r b e h a l t der N a c h p r ü f u n g steht, § 3 9 Abs. 3 S. 4 E S t G . D a h e r darf gemäß § 3 4 8 A b s . 1 N r . 2 A O 1977 gegen die Eintragung oder die Ablehnung einer Eintragung E i n s p r u c h eingelegt werden. E r ist bei der B e h ö r d e zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Das kann, wie dargelegt, das Finanzamt oder die G e m e i n d e sein. H a t die Gemeinde die Eintragung auf der Steuerkarte vorgenommen, gegen die sich der Steuerpflichtige wendet, ist die G e m e i n d e berechtigt, über den Einspruch zu entscheiden' oder ihn dem Finanzamt zur Entscheidung vorzulegen. D a s F i n a n z amt ist befugt, den Einspruch, der gegen die Gemeinde gerichtet ist, an sich zu ziehen; nach § 3 9 A b s . 6 S. 3 E S t G steht ihm das R e c h t zu, Verwaltungsakte, für die eine G e m e i n d e sachlich zuständig ist, selbst zu erlassen. D a den Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte keine 5 6 7 8 9

Rechtsbehelfsbelehrung

B F H v. 26.7.1974 VI R 24/69, BStBl. 1974 II S. 756, 758. Lang, StuW 1975, 113, 124 f. Abschnitt 75 Abs. 2 S. 2 LStR. Vgl. BVerfG v. 23.10.1978 — 1 BvR 439/75 —, H F R 1979, 65. Vgl. Nissen in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, §39 Rz.23; Schmidt/Drenseck, §39 Anm. 7 m.w. N . ; §367 Abs. 3 AO 1977 steht dieser Auffassung nicht entgegen; die Gemeinde wird als örtliche Landesfinanzbehörde und nicht (mehr) als Hilfsstelle des Finanzamtes tätig.

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Lohnsteuerverfahren

§44

II 2

beigefügt zu werden braucht (§39 Abs. 3 S. 5 EStG), kann der Steuerpflichtige den Einspruch innerhalb eines Jahres seit der Bekanntgabe der Eintragung einlegen, §356 Abs. 2 AO 1977. Der Steuerpflichtige muß nach §39 Abs. 4 EStG die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte bei der Gemeinde oder beim Finanzamt berichtigen lassen, falls diese von vornherein unrichtig waren. Tritt die Änderung erst im Laufe des Kalenderjahres, für das die Lohnsteuerkarte gilt, ein, so kann er bis zum 30.11. dieses Jahres eine Änderung der Eintragung beantragen, § 39 Abs. 5 EStG. Keinesfalls dürfen der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder andere Personen die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte ändern oder ergänzen. 2. Lohnsteuerklassen und Lohnsteuertabellen Für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs werden die Arbeitnehmer in sechs Steuerklassen eingeteilt. Sie ergeben sich aus § 38 b EStG. Auf diese Einteilung wird verwiesen. Dies geschieht, um den Lohnsteuerabzug für den Arbeitgeber praktikabel zu machen. Die Lohnsteuertabellen, aus denen er die einzubehaltende Lohnsteuer abliest, beruhen auf dieser Klasseneinteilung. Je nachdem, zu welcher Steuerklasse der Steuerpflichtige gehört, sind die Freibeträge und Pauschalen, die gerade den Steuerpflichtigen dieser Steuerklasse betreffen, in die Lohnsteuertabellen eingearbeitet. Welche Freibeträge und Pauschalen dies im einzelnen sind, ergibt sich aus § 38 c Abs. 1 S. 5 EStG. Will der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug vornehmen, braucht er nicht festzustellen, welche Freibeträge und Pauschalen dem Arbeitnehmer zustehen. Er muß lediglich den Bruttolohn und die Steuerklasse des Arbeitnehmers kennen, um den Steuerbetrag aus der entsprechenden Tabelle abzulesen. Freibeträge, die nicht in die Lohnsteuertabelle eingearbeitet und auch nicht auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind, muß er allerdings beachten. Dazu gehört auch heute noch der Versorgungs-Freibetrag nach §19 Abs. 2 EStG, der WeihnachtsFreibetrag nach § 19 Abs. 3 EStG und der Altersentlastungsbetrag nach § 24 a, § 39 b Abs. 2 S. 2 EStG. Die Lohnsteuertabellen enthalten keinen eigenständigen Steuertarif. Sie sind aus den Einkommensteuertabellen abgeleitet. Der Bundesminister der Finanzen hat aus der Einkommensteuertabelle zwei Jahreslohnsteuertabellen aufzustellen und bekanntzumachen. Die allgemeine Jahreslohnsteuertabelle gilt für rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer, § 3 8 c Abs. 1 EStG. In diese Tabelle ist die unbegrenzte Vorsorgepauschale eingearbeitet. Arbeitnehmern, die nicht rentenversicherungspflichtig sind, also vor allem Beamten, Beamtenpensionären, Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften und weiterbeschäftigten Altersrentnern, steht nach § 10 c Abs. 3 S. 3 EStG nur noch eine begrenzte Vorsorgepauschale zu. Für sie hat der Bundesminister der Finanzen gemäß § 3 8 c Abs. 2 EStG eine besondere Jahreslohnsteuertabelle aufgestellt und bekanntgemacht. Sowohl aus der allgemeinen als auch aus der besonderen Jahreslohnsteuertabelle hat der Bundesminister der Finanzen jeweils eine Monats-, eine Wochen- und eine Tageslohnsteuertabelle abzuleiten und bekanntzumachen, § 38 c Abs. 3 EStG. 509

§44

III

3. Teil. Erhebungsverfahren

Arbeitgeber, die sowohl rentenversicherungspflichtige als auch sonstige Arbeitnehmer beschäftigen, müssen daher ab 198310 unterschiedliche Lohnsteuertabellen anwenden. Die Jahreslohnsteuerbeträge für die Steuerklassen I, II und IV beruhen auf dem Einkommensteuer-Grundtarif, die für die Steuerklasse III auf dem Einkommensteuer-Splittingtarif und die für die Steuerklassen V und VI auf einem Mischtarif, dem Aufholtarif oder Teilsplitting. Ehegatten, die die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung erfüllen und die beide Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, gehören gemäß § 38 b S. 2 N r . 4 E S t G in die Steuerklasse IV. Gleichwohl bildet die EinkommensteuerGrundtabelle die Grundlage für die Steuerklasse IV der Jahreslohnsteuertabelle. Die Ehegatten werden also behandelt, wie wenn sie die getrennte Veranlagung gewählt hätten. Dies wird in der Regel dazu führen, daß ihnen eine zu hohe Einkommensteuer über den Lohnsteuerabzug einbehalten wird. Die einbehaltene Lohnsteuer stimmt lediglich dann mit der Einkommensteuerschuld überein, die die Ehegatten bei einer Zusammenveranlagung zu zahlen hätten, falls ihr Arbeitslohn jeweils gleich hoch ist. In diesem Fall entspricht der Einkommensteuer-Splittingtarif dem Einkommensteuer-Grundtarif. In allen anderen Fällen, in denen der Lohnsteuerabzug höher ist als die Jahreseinkommensteuerschuld, müssen die Ehegatten, falls sie nicht ohnehin zu veranlagen sind, einen gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleich nach § 42 a E S t G beantragen. Im übrigen sollten sie überlegen, ob sie anstelle der Steuerklasse IV die Steuerklassen III und V wählen, die vor allem dann in Betracht kommen, wenn der eine Ehegatte viel und der andere Ehegatte wenig verdienen. Der Aufholtarif, der für die Steuerklassen V und VI gilt, wird aus der Einkommensteuer-Grundtabelle und der Einkommensteuer-Splittingtabelle abgeleitet. Gemäß § 3 8 c Abs. 1 S. 4 E S t G ist die Steuer maßgebend, die sich aus dem Unterschiedsbetrag der Einkommensteuer für das Zweieinhalbfache und der Einkommensteuer für das Eineinhalbfache des abgerundeten zu versteuernden Einkommens nach der Splittingtabelle ergibt. Dieser Tarif soll eine zutreffende Besteuerung gewährleisten, wenn die Einkünfte des Arbeitnehmers in der Steuerklasse V oder VI 4 0 % und in der Steuerklasse III oder dem 1. Arbeitsverhältnis 6 0 % betragen. Stehen die Einkünfte in einem anderen Verhältnis zueinander, wird entweder eine zu hohe oder eine zu niedrige Lohnsteuer einbehalten. § 46 Abs. 2 N r . 2 und N r . 2 b E S t G sieht daher vor, daß Arbeitnehmer, deren zu versteuerndes Einkommen bestimmte Beträge übersteigt, zu veranlagen sind. Liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor, kommt nur die Durchführung eines Lohnsteuer-Jahresausgleichs in Betracht.

III.

Lohnsteuerermäßigungsverfahren

Der Lohnsteuerabzug soll möglichst der tatsächlichen Einkommensteuer-Jahresschuld entsprechen. U m dieses Ziel zu verwirklichen, hat der Gesetzgeber typische 10

G . v. 20.12.1982, B G B l . I S. 1857 = BStBl. 1982 I S. 972.

510

Lohnsteuerverfahren

§44

III

Frei- und Pauschbeträge (§38c Abs. 1 S. 5 EStG) durch die Einarbeitung in die Lohnsteuertabellen berücksichtigt. Daneben hat der Steuerpflichtige nach § 3 9 a EStG die Möglichkeit, weitere steuerfreie Beträge auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen. Ist dies geschehen, bewirken sie eine Steuerermäßigung. Die Möglichkeit, Freibeträge nach § 39 a EStG auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen, bezeichnet man allgemein als Eintragungs- oder, weil sich aus der Eintragung eine Steuerermäßigung ergibt, als (Lohn-)Steuerermäßigungsverfahren. Der Antrag kann nur (nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck) bis zum 30.11. des laufenden Kalenderjahres gestellt werden. Von der besonderen Regelung für Vertriebene, Heimatvertriebene, Flüchtlinge und gleichgestellte Personen in §52 Abs. 23 EStG abgesehen, enthält § 3 9 a EStG eine abschließende Aufzählung der Beträge, die im Steuerermäßigungsverfahren auf der Lohnsteuerkarte berücksichtigt werden können. Dazu gehören: 1. der Altersfreibetrag, §32 Abs. 2 EStG, 2. die Pauschbeträge für Körperbehinderte und Hinterbliebene, § 33 b EStG, 3. Werbungskosten für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie den Werbungskosten-Pauschbetrag übersteigen, 4. Sonderausgaben, soweit sie den Sonderausgaben-Pauschbetrag überschreiten, aber keine Vorsorgeaufwendungen sind. Die Vorsorgeaufwendungen sind bereits über die Vorsorgepauschale in den Lohnsteuertabellen berücksichtigt, 5. der Kinderfreibetrag i. H. v. 216,— DM für jedes Kind i. S. d. § 32 Abs. 8 S. 2 EStG, 6. außergewöhnliche Belastungen, 7. negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die sich bei der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG oder § 54 EStG oder nach § 14 a oder § 15 BerlinFG ergeben. Die Eintragung des Altersfreibetrags und der Pauschbeträge für Körperbehinderte und Hinterbliebene braucht der Steuerpflichtige nicht zu beantragen. Den Altersfreibetrag und (nach Anweisung durch das Finanzamt) die Pauschbeträge für Körperbehinderte und Hinterbliebene hat die Gemeinde von Amts wegen einzutragen. Alle anderen steuerfreien Beträge werden nur dann auf der Lohnsteuerkarte vermerkt, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt. Allerdings besteht für die die Pauschbeträge übersteigenden Werbungskosten und Sonderausgaben sowie für den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 8 S. 2 EStG und für außergewöhnliche Belastungen eine Besonderheit. Derartige Aufwendungen können lediglich dann auf der Lohnsteuerkarte berücksichtigt werden, wenn sie insgesamt 1800,— DM übersteigen. Dabei werden die außergewöhnlichen Belastungen nicht um die zumutbare Eigenbelastung gekürzt. Die Grenze von 1800,— DM gilt auch für Ehegatten; sie verdoppelt sich nicht. Werbungskosten dürfen nur auf der Lohnsteuerkarte des Ehegatten eingetragen werden, dem die Aufwendungen entstehen". Andere Freibe-

11

Vgl. Abschnitt 80 Abs. 6 S. 2 LStR. 511

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IV 1

3. Teil. E r h e b u n g s v e r f a h r e n

träge können auf die Lohnsteuerkarten so verteilt werden, wie die Ehepartner dies wünschen, § 39 a Abs. 3 S. 3 EStG. § 3 9 a Abs. 5 E S t G schränkt §153 Abs. 2 A O 1977 ein. Danach ist der Steuerpflichtige stets anzeigepflichtig, falls die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nachträglich ganz oder teilweise weggefallen sind. Nach § 39 a Abs. 5 EStG braucht er dagegen die Änderung eines eingetragenen Freibetrages nur dann zu beantragen, wenn bei dessen Ermittlung — — — —

Aufwendungen für die Benutzung eines eigenen PKW, Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung, Unterhaltsaufwendungen oder Aufwendungen für eine Hausgehilfin berücksichtigt worden sind

und die daraus entstehenden Kosten mindestens 400,— D M geringer sein werden als der eingetragene Betrag. Die Anzeigepflicht besteht daher, entgegen § 153 Abs. 2 A O 1977, nicht, wenn sich die Angaben im Laufe des Kalenderjahres aus Gründen vermindern, die in § 39 a Abs. 5 Ziff. 1—4 EStG nicht genannt sind. War die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte von Anfang an fehlerhaft, gilt die Einschränkung des § 3 9 a Abs. 5 EStG nicht. Insoweit besteht die allgemeine Anzeigepflicht nach §153 Abs. 1 A O 1977. Nach § 3 9 a Abs. 4 S. 1 EStG ist die Eintragung oder die Ablehnung der Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte eine gesonderte Feststellung einer Besteuerungsgrundlage i. S. d. § 179 Abs. 1 A O 1977, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Das Lohnsteuerermäßigungsverfahren ist zwar gegenüber dem Lohnsteuer-Jahresausgleich und dem Veranlagungsverfahren ein selbständiges Verfahren, eine Bindungswirkung für diese Verfahren besteht aber nicht. D a die Entscheidung des Finanzamtes unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergeht, ergibt sich auch keine Bindung für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Lehnt das Finanzamt die Eintragung eines Freibetrags ganz oder teilweise ab, kann der Steuerpflichtige gegen diesen (Feststellungs-)Bescheid Einspruch und anschließend Klage vor dem Finanzgericht erheben.

IV. Durchführung des Lohnsteuerabzugs 1. Mit Lohnsteuerkarte Der Arbeitnehmer hat vor Beginn des Kalenderjahres oder bei Eintritt in das Dienstverhältnis seinem Arbeitgeber eine Lohnsteuerkarte vorzulegen. Der Arbeitgeber, der diese Karte während des Dienstverhältnisses aufbewahren muß, darf sie dem Arbeitnehmer während des Kalenderjahres zur Vorlage beim Finanzamt oder bei der Gemeinde vorübergehend überlassen. Nach Beendigung des Dienstverhältnisses muß er sie dem Arbeitnehmer in angemessener Frist herausgeben. Weigert er sich, kann ihn der Arbeitnehmer auf Herausgabe beim Arbeitsgericht verklagen oder das Finanzamt bitten, die Herausgabe der Lohnsteuerkarte für ihn nach den §§ 328 ff. A O 1977 zu erzwingen. Der Arbeitgeber darf die auf der Lohnsteuerkarte 512

Lohnsteuerverfahren

§44

IV 1

eingetragenen persönlichen Daten nur für die Einbehaltung der Lohnsteuer verwerten. Offenbart er sie unbefugt, macht er sich schadensersatzpflichtig, § 823 Abs. 2 B G B i. V. m. § 39 b Abs. 1 S. 4 EStG. Wie die Lohnsteuer zu berechnen ist, richtet sich danach, ob sie vom laufenden Arbeitslohn oder von sonstigen Bezügen einzubehalten ist. Zum laufenden Arbeitslohn gehören einmal die Bezüge, die dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließen, aber auch Nachzahlungen und Vorauszahlungen im laufenden Kalenderjahr sowie ein sonstiger Bezug, wenn er 300,— D M im Lohnzahlungszeitraum (regelmäßig ein Monat) nicht übersteigt, § 39 b Abs. 3 S. 8 N r . 1 EStG. Zum laufenden Arbeitslohn zählen auch die Abgaben (Lohnsteuer, Kirchensteuer, Arbeitnehmeranteile zu Kranken- und Sozialversicherungen), die der Arbeitgeber bei der Vereinbarung eines Nettolohns übernimmt. Das vereinbarte Entgelt ist nicht der Nettobetrag, den der Arbeitnehmer erhält, sondern der Bruttoarbeitslohn, der aus dem Nettolohn zu errechnen ist12. Neben dem laufenden Arbeitslohn muß der Arbeitgeber den Lohnzahlungszeitraum berücksichtigen. Dies ist erforderlich, weil gemäß § 38 a Abs. 3 E S t G die Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn jeweils mit dem auf den Lohnzahlungszeitraum entfallenden Teilbetrag der Jahreslohnsteuer erhoben wird, die sich bei Umrechnung des laufenden Arbeitslohns auf einen Jahresarbeitslohn ergibt. V o m laufenden Arbeitslohn hat der Arbeitgeber, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen, den Versorgungs-Freibetrag, den Weihnachts-Freibetrag, den Altersentlastungsbetrag und die Freibeträge abzuziehen, die auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind. Anschließend kann er unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse und der Anzahl der Kinder des Arbeitnehmers die Lohnsteuer aus der für den Arbeitnehmer maßgebenden Lohnsteuertabelle ablesen. Für den Lohnsteuerabzug von sonstigen Bezügen gelten Besonderheiten. Die Lohnsteuertabellen gehen davon aus, dem Arbeitnehmer fließe der Arbeitslohn jeweils in gleicher H ö h e zu. Ist das, wie bei sonstigen Bezügen, nicht der Fall, kommt es zu einer unzutreffenden Besteuerung, wenn man die Lohnsteuer für die sonstigen Bezüge aus den Lohnsteuertabellen abliest. Eine zutreffende Besteuerung der sonstigen Bezüge ist lediglich gewährleistet, falls der Arbeitgeber so verfährt, wie dies in § 3 9 b Abs. 3 E S t G vorgesehen ist. Danach muß er zunächst die Lohnsteuer für den voraussichtlichen laufenden Jahresarbeitslohn ohne die sonstigen Bezüge aus der maßgeblichen Jahreslohnsteuertabelle ermitteln. Weiter ist die Jahreslohnsteuer für den maßgebenden (laufenden) Jahresarbeitslohn unter Einbeziehung der sonstigen Bezüge festzustellen. Der Unterschiedsbetrag zwischen den ermittelten Jahreslohnsteuerbeträgen ist die Lohnsteuer, die von den sonstigen Bezügen einzubehalten ist. Dieses Verfahren kann zu Schwierigkeiten führen. In § 3 9 b Abs. 3 S. 8 Nrn. 1, 2 E S t G sieht das Gesetz daher Erleichterungen vor. Ein sonstiger Bezug ist als laufender Arbeitslohn zu behandeln, wenn er im Lohnzahlungszeitraum 300,— D M nicht übersteigt. Für höhere sonstige Bezüge darf der Arbeitgeber beim 12

Vgl. die Berechnungsbeispiele in Abschnitt 89 LStR. 513

33

Tiedtke, Einkommensteuer

§44

IV 2

3. Teil. Erhebungsverfahren

Betriebsstättenfinanzamt beantragen, daß sie pauschal mit einem Steuersatz von 2 0 % besteuert werden; Voraussetzung ist allerdings, daß der Jahresarbeitslohn bestimmte Grenzen, die sich aus § 39 b Abs. 3 S. 8 Nr. 2 EStG ergeben, nicht übersteigt. Diese Möglichkeit ist von der Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG zu unterscheiden. Schuldner der Lohnsteuer ist der Arbeitnehmer, wenn sie mit einem pauschalen Steuersatz von 20 % nach § 39 b Abs. 3 S. 8 N r . 2 EStG berechnet wird. Bei einer Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG hat dagegen der Arbeitgeber die Lohnsteuer zu übernehmen, § 40 Abs. 3 S. 1 EStG. Will er dies tun, kann er die Lohnsteuer für sonstige Bezüge auch pauschal nach §40 EStG erheben. Seinem Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer wird das Betriebsstättenfinanzamt stattgeben, wenn er in einer größeren Zahl von Fällen (mehr als 20) sonstige Bezüge gewährt und die Ermittlung der Lohnsteuer schwierig ist oder einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erforderte. Erhält der Arbeitnehmer sonstige Bezüge als Entlohnung für mehrere Jahre, ist seine Steuerbelastung aufgrund des progressiven Steuertarifs besonders hoch. § 39 b Abs. 3 S. 9, 10 E S t G sieht daher in diesen Fällen eine Milderung der Steuerbelastung vor. Die sonstigen Bezüge können zur Hälfte und, wenn sie für mehr als 2 Kalenderjahre gezahlt worden sind, mit einem Drittel angesetzt werden. Die Lohnsteuer, die auf die angesetzte Hälfte oder auf das Drittel entfällt, ist dann zu verdoppeln oder mit dem dreifachen Betrag anzusetzen. Die Steuervergünstigung, die in dieser Verfahrensweise liegt, bewirkt Progressionsvorteile für den Arbeitnehmer. 2. O h n e Lohnsteuerkarte Die Lohnsteuerkarte ist die Grundlage des Lohnsteuerabzugs. Ohne sie ist eine zutreffende Berechnung der Lohnsteuer nicht möglich. Deshalb sieht § 39 c Abs. 1 E S t G vor, daß die Lohnsteuer nach der ungünstigsten Steuerklasse (VI), in der keinerlei Freibeträge berücksichtigt sind, zu berechnen ist, falls der Steuerpflichtige dem Arbeitgeber schuldhaft 13 keine Lohnsteuerkarte vorlegt oder die Rückgabe der ihm ausgehändigten Lohnsteuerkarte schuldhaft verzögert. Diese Regelung soll den Arbeitnehmer zwingen, die Lohnsteuerkarte zeitgerecht vorzulegen und zurückzugeben. Hat der Arbeitnehmer die Nichtvorlage oder die verspätete Vorlage der Lohnsteuerkarte nicht zu vertreten, hat er also weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt, soll ihm daraus grundsätzlich kein Nachteil entstehen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die Lohnsteuerberechnung die ihm bekannten Familienverhältnisse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Er kann davon ausgehen, den Arbeitnehmer treffe kein Verschulden, wenn er ihm die Lohnsteuerkarte für das laufende Kalenderjahr bis zum 31.3. vorlegt 14 . 13 14

Vgl. dazu Abschnitt 91 LStR. Abschnitt 91 Abs. 2 S. 1 N r . 1 LStR.

514

Lohnsteuerverfahren

§44

IV 3

Für den Monat Januar hat der Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung vorgesehen. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer die Nichtvorlage der Lohnsteuerkarte zu vertreten hat, ist der Arbeitgeber berechtigt, die Lohnsteuer für diesen Monat aufgrund der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte für das vorhergehende Kalenderjahr zu ermitteln. Legt der Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte bis zum 31.3. vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuerberechnung für den Monat Januar aufgrund der neuen Lohnsteuerkarte zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. H a t der Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte nicht bis zum 31.3. beim Arbeitgeber eingereicht, so ist nachträglich und rückwirkend § 39 c Abs. 1 EStG anzuwenden. Der Arbeitgeber hat daher zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die Nichtvorlage der Lohnsteuerkarte zu vertreten hat. Ist das der Fall, dann gilt auch f ü r den Monat Januar die Steuerklasse VI. Anderenfalls hat der Arbeitgeber die ihm bekannten Familienverhältnisse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Die Unterschiede, die sich bei der Neuberechnung ergeben, sind bei der nächsten Lohnabrechnung auszugleichen. Die Ausnahmeregelung in § 39 c Abs. 2 EStG besteht ausschließlich für den Monat Januar; sie darf auch dann, wenn die Lohnsteuerkarte bis zum 31.3. vorgelegt wird, nicht auf die Monate Februar und März ausgedehnt werden. Für diese Monate gilt grundsätzlich § 39 c Abs. 1 S.2 EStG. 3. P a u s c h a l i e r u n g der L o h n s t e u e r Die Lohnsteuer kann bei unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern in drei Fällen pauschal erhoben werden: Nach §40 EStG ist eine Pauschalierung in besonderen Fällen, nach § 40 a EStG f ü r Teilzeitbeschäftigte und nach § 40 b EStG f ü r bestimmte Zukunftssicherungsleistungen möglich. In allen Fällen hat der Arbeitgeber die pauschale Lohnsteuer zu übernehmen; er, und nicht der Arbeitnehmer, schuldet sie. Die pauschale Lohnsteuer ist, heißt es in dem Urteil des B F H v. 5.11.1982 VI R 219/80 (BStBl. 1983 II S.91), „eine Unternehmenssteuer eigener Art". Der pauschal besteuerte Arbeitslohn und die pauschale Lohnsteuer bleiben bei der Veranlagung zur Einkommensteuer und beim Lohnsteuer-Jahresausgleich außer Ansatz. Die pauschal abgezogene Lohnsteuer ist weder auf die Einkommensteuer noch auf die Jahreslohnsteuer anzurechnen, §40 Abs. 3, § 4 0 a Abs. 4, § 4 0 b Abs. 3 S. 1 EStG. a) Pauschalierung in besonderen Fällen, §40 EStG Auf Antrag kann die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz, der unter Berücksichtigung des § 3 8 a EStG zu ermitteln ist15, erhoben werden, falls der Arbeitgeber sonstige Bezüge in einer größeren Zahl von Fällen gewährt oder in einer größeren Zahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. In beiden Fällen setzt die Pauschalierung 15

Vgl. zur Berechnung dieses Pauschsteuersatzes Abschnitt 93 Abs. 3 LStR. 515

33»

§44

IV 3

3. Teil. Erhebungsvertahren

voraus, daß die Ermittlung der Lohnsteuer schwierig ist oder einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordert. Soll die Lohnsteuer für sonstige Bezüge pauschaliert werden, so ist dies nur zulässig, wenn der Arbeitgeber diese Bezüge mehr als 20 Arbeitnehmern gewährt hat. Sie ist für den Teil der sonstigen Bezüge ausgeschlossen, der bei einem Arbeitnehmer den Betrag von 1000,— D M im Kalenderjahr übersteigt; die Pauschalierung ist also bis 1000,— D M stets möglich". Die Grenze von 1000,— D M gilt aber nicht, wenn die nacherhobene Lohnsteuer pauschaliert werden soll. Diese Form der Pauschalierung kommt insbesondere in Betracht, wenn sich Lohnsteuernachforderungen aufgrund einer LohnsteuerAußenprüfung ergeben. Hat der Unternehmer bewußt den Abzug der Lohnsteuer unterlassen, um nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung die Pauschalbesteuerung zu beantragen, kann sein Antrag im Einzelfall als rechtsmißbräuchlich zurückgewiesen werden' 7 . Nach § 40 Abs. 2 EStG ist es zulässig, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % nachzuerheben, wenn der Arbeitgeber in einer größeren Zahl von Fällen Arbeitslohn aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen zahlt oder seinen Arbeitnehmern Erholungsbeihilfen gewährt, die die Grenzen nach § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen. b) Pauschalierung für Teilzeitbeschäftigte,

§40a

EStG

Bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern, bei Teilzeitbeschäftigten und bei Aushilfskräften in der Land- und Forstwirtschaft kann der Arbeitgeber auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte verzichten und die Lohnsteuer pauschal mit 10% oder (für Aushilfskräfte in der Landwirtschaft) mit 2 % erheben. O b er von dieser Möglichkeit, die ihm die Lohnsteuererhebung erleichtern soll, Gebrauch macht, entscheidet er allein; sie ist ohne Antrag beim Finanzamt zulässig. Die Pauschalbesteuerung gilt nur für Arbeitnehmer, die kurzfristig (höchstens 18 zusammenhängende Arbeitstage) oder in geringem Umfang (höchstens 20 Stunden wöchentlich) und gegen geringen Arbeitslohn (höchstens 120,— D M wöchentlich) beschäftigt werden. c) Pauschalierung für Zukunftssicherungsleistungen, §40b EStG Diese Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung dient nicht der Erleichterung des Lohnsteuerabzugs, sondern der Förderung der betrieblichen Altersversorgung. Nach § 40 b Abs. 1 EStG ist der Arbeitgeber befugt, von den Bezügen für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers und von den Zuwendungen an eine Pensionskasse die Lohnsteuer pauschal mit 10% der Beiträge und Zuwendungen zu erheben. Die Pauschalbesteuerung ist nur zulässig, wenn die Versicherung nicht auf den Erlebensfall eines früheren als des 60. Lebensjahres abgeschlossen, eine vorzei16 17

Schmidt/Drenseck, Schmidt/Drenseck,

516

§40 A n m . 3 ; a. A. Littmann-Grube, § 40 A n m . 4.

§40 Rdn. 7.

Lohnsteuerverfahren

§44

V 1

tige Kündigung durch den Arbeitnehmer ausgeschlossen ist und die Zuwendungen des Arbeitgebers für einen Arbeitnehmer 2400,— D M im Kalenderjahr nicht übersteigen. Schließlich ist Voraussetzung, daß die Zukunftssicherungsleistungen aus einem ersten Dienstverhältnis bezogen werden, § 40 b Abs. 2 S. 1 EStG. Sie ist demnach bei Arbeitnehmern in der Steuerklasse VI nicht anwendbar. Das gleiche gilt für Arbeitnehmer, deren Barlohn nach § 40 a E S t G pauschal versteuert wird 18 .

V. B e s o n d e r e Pflichten des Arbeitgebers 1. Lohnkonto, Lohnzettel und Lohnsteuerbescheinigung Nach § 41 E S t G hat der Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer, für jedes Kalenderjahr und für jede Betriebsstätte ein Lohnkonto zu führen. In das Lohnkonto muß er die Eintragungen aus der Lohnsteuerkarte übernehmen. Dieses Konto hat die Art und H ö h e des gezahlten Arbeitslohns auszuweisen. Es muß unter anderem den Vorund Familiennamen, den Geburtstag, den Wohnsitz und die Wohnung des Arbeitnehmers enthalten. Was der Arbeitgeber weiter in das Lohnkonto einzutragen hat, ergibt sich aus § 7 L S t D V . Ein Lohnkonto braucht nicht geführt zu werden, wenn der Arbeitslohn des Arbeitnehmers 540,— D M monatlich nicht übersteigt und keine Lohn- oder Kirchensteuer einzubehalten ist, § 7 Abs. 4 L S t D V . Bei Beendigung des Dienstverhältnisses oder am Ende des Kalenderjahrs ist das Lohnkonto abzuschließen. Gleichzeitig muß der Arbeitgeber mehrere Lohnsteuerbelege ausstellen. D a z u gehört einmal die Lohnsteuerbescheinigung. Liegt ihm eine Lohnsteuerkarte vor, so hat er gemäß §41 b Abs. 1 S . 2 E S t G auf der Rückseite der Lohnsteuerkarte die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Art und Höhe des gezahlten Arbeitslohns, die einbehaltene Lohnsteuer, das ausgezahlte Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld sowie die diesen Leistungen entsprechenden Beträge zu bescheinigen. H a t ihm der Arbeitnehmer keine Lohnsteuerkarte ausgehändigt, ist er verpflichtet, die Lohnsteuerbescheinigung nach einem entsprechenden amtlich vorgeschriebenen Vordruck zu erteilen, §41 b Abs. 1 S. 3 EStG. Die Lohnsteuerbescheinigung ist für den Arbeitnehmer bestimmt; sie ist ihm grundsätzlich auszuhändigen, damit er sie bei einem neuen Arbeitgeber vorlegen oder für den LohnsteuerJahresausgleich verwenden kann. Für bestimmte Arbeitnehmer, die §41 b Abs. 2 E S t G im einzelnen bezeichnet, ist neben der Lohnsteuerbescheinigung vom Arbeitgeber ein Lohnzettel nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auszuschreiben. Dieser ist nicht für den Arbeitnehmer bestimmt; er ist dem Wohnsitzfinanzamt des Arbeitnehmers zuzusenden, §41 b Abs. 2 S. 2 E S t G . Das Finanzamt soll durch den Lohnzettel in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob für den Arbeitnehmer von Amts wegen eine Veranlagung durchzuführen ist. N a c h Abschnitt 102 Abs. 3 S. 4 LStR sollen die Lohnzettel in der Zeit vom 1.—15.10. des folgenden Jahres bei den zuständigen Finanzämtern eingereicht werden. 18

Vgl. Abschnitt 96 Abs. 6 LStR. 517

§44

V 3

3. Teil. Erhebungsverfahren

2. Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer Nach §41 a Abs. 1 EStG ist der Arbeitgeber verpflichtet, spätestens am 10. Tag nach Ablauf eines Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums dem Betriebsstättenfinanzamt eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summe der einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer angibt. Außerdem muß er die einbehaltene Lohnsteuer in dieser Frist an das Betriebsstättenfinanzamt abführen. O b der Arbeitgeber diesen Pflichten nachgekommen ist, kann das Betriebsstättenfinanzamt aufgrund einer besonderen Außenprüfung, der Lohnsteuer-Außenprüfung, feststellen, § 42 f EStG. Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist der Kalendermonat, falls die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 6000,— DM betragen hat. Hatte der Arbeitgeber weniger als 6000,— DM, aber mehr als 600,— DM abzuführen, ist das Kalendervierteljahr maßgebend, im übrigen ist das Kalenderjahr der Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum. Die Lohnsteuer-Anmeldung nach §41 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist eine Steuererklärung i.S. d. §150 Abs. 1 S.2 A O 1977; der Arbeitgeber berechnet in der Lohnsteuer-Anmeldung die Steuer selbst. Die Lohnsteuer-Anmeldung ist gleichzeitig eine Steuerfestsetzung, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, §§ 167, 168 A O 1977. Führt die Lohnsteuer-Anmeldung zu einer Uberzahlung, wird die Steueranmeldung und damit die Steuerfestsetzung erst wirksam, wenn das Finanzamt zustimmt, § 168 S.2 A O 1977. Ist die Lohnsteuer-Anmeldung fehlerhaft, steht dem Arbeitgeber das Recht zu, sie nach §41 c EStG zu ändern, gegen die Lohnsteuer-Anmeldung Einspruch einzulegen, Antrag auf Änderung gemäß § 164 Abs. 2 S. 2 A O 1977 zu beantragen oder eine berichtigte Lohnsteuer-Anmeldung einzureichen. Gibt er eine berichtigte Lohnsteuer-Anmeldung ab, wird darin in der Regel ein stillschweigender Antrag auf Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach §164 Abs.2 S.2 A O 1977 zu sehen sein". 3. Anzeigepflicht nach §41 c EStG Nach §41 c Abs. 1 EStG ist der Arbeitgeber unter bestimmten Umständen berechtigt, bei der jeweils nächstfolgenden Lohnzahlung bisher erhobene Lohnsteuer zu erstatten oder noch nicht erhobene Lohnsteuer nachträglich einzubehalten. Macht er von der Möglichkeit, nicht einbehaltene Lohnsteuer nachzufordern, keinen Gebrauch, so ist er nach § 41 c Abs. 4 EStG verpflichtet, die Fälle dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzuzeigen, in denen eine nachträgliche Einbehaltung von Lohnsteuer in Betracht kommt. Die Anzeige muß schriftlich und so bestimmt sein, daß das Finanzamt in der Lage ist, anstelle des Arbeitgebers die Lohnsteuer vom Arbeitnehmer — aufgrund eines Nachforderungsbescheids — zu erheben. In ihr sind der Name und die Anschrift des Arbeitnehmers, die auf der Lohnsteuer19

Streitig, wie hier Tipke-Kruse, § 168 Tz. 4; a. A. Diebold, BB 1978, 854, 858; Schwarz, DStR 1980, 480, 483f.; Schmidt/Drenseck, §41 a A n m . 2 m . w . N . , sind der Ansicht, die berichtigte Lohnsteuer-Anmeldung habe ebenfalls die Wirkung einer Steuerfestsetzung i. S. d. §168 A O 1977.

518

Lohnsteuerverfahren

§44

VI

karte eingetragenen Besteuerungsmerkmale sowie der Anzeigegrund und die für die B e r e c h n u n g der L o h n s t e u e r - N a c h f o r d e r u n g erforderlichen Mitteilungen über H ö h e und A r t des Arbeitslohns anzugeben 2 0 . D i e Anzeige nach § 4 1 c A b s . 4 E S t G ist für den Arbeitgeber von großer Bedeutung; sie befreit ihn von der H a f t u n g für nicht einbehaltene L o h n s t e u e r , § 42 d A b s . 2 N r . 1 E S t G . H a t der Arbeitgeber zuviel Lohnsteuer einbehalten, wird er sie in der Regel dem A r b e i t n e h m e r mit der nächsten L o h n z a h l u n g erstatten. Auch dazu ist er aber nicht verpflichtet. Zahlt er die Lohnsteuer nicht an den A r b e i t n e h m e r zurück, braucht er dies dem F i n a n z a m t nicht mitzuteilen. In diesem Fall m u ß der A r b e i t n e h m e r tätig werden. I h m steht bis z u m Ablauf des Kalenderjahres gegen das Betriebsstättenfinanzamt ein Erstattungsanspruch nach § 3 7 A b s . 2 A O 1977 zu. M a c h t er ihn nicht geltend, ist er auf den Lohnsteuer-Jahresausgleich oder die Veranlagung zur E i n k o m m e n s t e u e r angewiesen. Dieses Verfahren schließt nach Ablauf des Kalenderjahres einen Erstattungsanspruch nach § 3 7 A O 1977 aus 21 .

VI.

Lohnsteuer-Jahresausgleich

D i e L o h n s t e u e r , die der Arbeitgeber während des laufenden Kalenderjahres einbehalten hat, ist, wie dargelegt, ihrem Charakter nach eine Vorauszahlung auf die Jahreseinkommensteuerschuld für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In vielen Fällen wird die einbehaltene Lohnsteuer höher sein als die maßgebliche Jahreseinkommensteuerschuld. Ist das der Fall, dann dient der Lohnsteuer-Jahresausgleich dazu, dem A r b e i t n e h m e r die Lohnsteuer zu erstatten, die er über seine Steuerschuld hinaus im Laufe des Kalenderjahres bezahlt hat. D a ß die einbehaltene L o h n s t e u e r der tatsächlich zu entrichtenden Jahreseinkommensteuer nicht entspricht, kann verschiedene Ursachen haben: Die Lohnsteuertabellen beruhen auf der Unterstellung, daß die in dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum erzielten E i n n a h m e n das ganze J a h r über gleichmäßig bleiben, § 38 a A b s . 3 S. 1 E S t G . Bei schwankenden Bezügen k o m m t es daher zu einer unzutreffenden Besteuerung. Das gleiche gilt, wenn der A r b e i t n e h m e r nicht das ganze Kalenderjahr in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, sich seine persönlichen Verhältnisse (z. B . Familienstand, Kinderzahl, Steuerklasse) im Laufe des Jahres geändert haben oder seine W e r b u n g s k o s t e n , Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen nicht in tatsächlicher H ö h e auf der Lohnsteuerkarte eingetragen waren. D a s G e s e t z räumt dem Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten ein, die Lohnsteuer erstattet zu b e k o m m e n , die aufgrund dieser U m s t ä n d e im Laufe des Kalenderjahres überzahlt wurde. E r kann den Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber ( § 4 2 b E S t G ) oder durch das Finanzamt ( § § 4 2 , 42 a E S t G ) durchführen lassen. D e r Lohnsteuer-Jahresausgleich wird in der Regel zunächst vom Arbeitgeber vorge-

20 21

Abschnitt 105 Abs. 2 LStR. Vgl. Littmann-Grube, §§ 42—42 c, Rdn.54. 519

§44

VI 1

3. Teil. Erhebungsverfahren

nommen. Es ist der letzte Akt des Lohnsteuerabzugsverfahrens. Liegen die Voraussetzungen für einen Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber nicht vor, muß der Arbeitnehmer sich an das Finanzamt wenden. Hat der Arbeitgeber den Lohnsteuer-Jahresausgleich durchgeführt, kann der Arbeitnehmer beim Finanzamt einen weiteren Lohnsteuer-Jahresausgleich beantragen. Beide Möglichkeiten schließen sich also nicht aus. Für den Lohnsteuer-Jahresausgleich ist gemäß §42 Abs. 2 S. 1 EStG das Finanzamt zuständig, soweit er nicht nach § 42 b EStG vom Arbeitgeber vorgenommen worden ist. Der weitere Lohnsteuer-Jahresausgleich beim Finanzamt setzt daher voraus, daß der Arbeitnehmer die Steuererstattung auf Umstände stützt, die der Arbeitgeber beim Jahresausgleich nicht berücksichtigen konnte. 1. D u r c h den Arbeitgeber Nach § 42 b Abs. 1 S. 1 E S t G ist der Arbeitgeber berechtigt, für unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die am 31.12. bei ihm und während des Ausgleichsjahres ständig in einem Dienstverhältnis (wenn auch bei wechselnden Arbeitgebern) gestanden haben, einen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchzuführen. Er ist auch ohne Antrag dazu verpflichtet, falls er am 31.12. des Ausgleichsjahres mindestens 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Gemäß § 42 b Abs. 1 S. 3, 4 EStG ist der LohnsteuerJahresausgleich durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, wenn: — dem Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers mit den Lohnsteuerbescheinigungen aus etwaigen vorausgegangenen Dienstverhältnissen nicht vorliegt, — der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer einen Lohnzettel ausgeschrieben hat, — der Arbeitnehmer es nicht wünscht, — der Arbeitnehmer für das Ausgleichsjahr oder für einen Teil des Ausgleichsjahres nach der Steuerklasse V oder (für das weitere Dienstverhältnis) nach der Steuerklasse VI zu besteuern war, — der Arbeitnehmer für einen Teil des Ausgleichsjahres in die Steuerklassen III oder IV gefallen war, —- der Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr Kurzarbeiter- oder Schlechtwettergeld bezogen hat oder — er im Ausgleichsjahr sowohl nach der allgemeinen als auch nach der besonderen Lohnsteuertabelle zu behandeln war. Der Arbeitgeber muß, wenn er den Lohnsteuer-Jahresausgleich durchführt, den Jahresarbeitslohn feststellen und davon gegebenenfalls den Versorgungs-Freibetrag, den Weihnachts-Freibetrag, den Altersentlastungsbetrag und alle Freibeträge abziehen, die auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind. Die Jahreslohnsteuer für den verbleibenden Jahresarbeitslohn ist unter Berücksichtigung der (auf der Lohnsteuerkarte zuletzt eingetragenen) Steuerklasse und der Zahl der Kinder nach der Jahreslohnsteuertabelle zu ermitteln, § 4 2 b Abs. 2 EStG. Der Unterschiedsbetrag zwischen der Lohnsteuer, die sich bei Anwendung der 520

Lohnsteuerverfahren

§44

VI 2

Jahreslohnsteuertabelle ergibt, und der Summe der im Laufe des Kalenderjahres abgezogenen Lohnsteuern ist dem Arbeitnehmer zu erstatten. Dies ist auf der Lohnsteuerkarte gesondert zu vermerken, § 42 b Abs. 4 E S t G . D e r Arbeitgeber darf die zu erstattende Lohnsteuer dem Lohnsteuerbetrag entnehmen, den er für die Arbeitnehmer im Ausgleichszeitraum (Dezember bis März) an das Finanzamt abzuführen hätte, § 42 b Abs. 3 S . 2 E S t G . D e r Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber führt nicht in allen Fällen zu einer zutreffenden Besteuerung. Da der Arbeitgeber lediglich die Freibeträge berücksichtigen darf, die auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind, bleiben alle Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen außer Betracht, die nicht oder nicht in tatsächlicher H ö h e auf der Lohnsteuerkarte vermerkt waren. Schließlich führt die Ermittlung der Jahreslohnsteuer nach der Jahreslohnsteuertabelle dazu, daß der Arbeitnehmer nicht in vollem Umfange zuviel einbehaltene Lohnsteuer erstattet erhält, falls der Arbeitgeber den LohnsteuerJahresausgleich durchführt. Ihm kommt in diesem Falle in der Regel nicht die volle Vorsorgepauschale zugute. Diese berechnet sich nach § 10 c Abs. 3 S . 4 E S t G nach dem Bruttoarbeitslohn, der lediglich um den Versorgungs-Freibetrag nach § 19 Abs. 2 E S t G , den Weihnachts-Freibetrag nach § 19 Abs. 3 E S t G und den Altersentlastungsbetrag nach § 24 a E S t G zu kürzen ist. Der Arbeitgeber, der die Jahreslohnsteuer aus der Jahreslohnsteuertabelle entnimmt, in die die Vorsorgepauschale eingearbeitet ist, geht aber nicht vom derart gekürzten Bruttoarbeitslohn, sondern von dem Arbeitslohn aus, der um weitere (eingetragene) Freibeträge vermindert ist. D a die Bemessungsgrundlage somit geringer ist, wird auch die Vorsorgepauschale selbst gekürzt. In diesen Fällen ist dem Arbeitnehmer also zu raten, neben oder anstelle des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch den Arbeitgeber den LohnsteuerJahresausgleich beim Finanzamt zu beantragen.

2. Durch das Finanzamt D e r Lohnsteuer-Jahresausgleich durch das Finanzamt erfolgt nur auf Antrag. Diesem sind die in § 4 2 Abs. 3 E S t G aufgeführten Unterlagen beizufügen. Er ist spätestens am 3 0 . 9 . des dem Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu stellen. Es handelt sich hierbei um eine Ausschlußfrist, die nicht verlängert werden kann. Das F G Düsseldorf (B. v. 2 1 . 1 2 . 1 9 8 2 I 140/ 81 L, D B 1983, 1473) hält sie daher für verfassungswidrig. Hat der Steuerpflichtige sie ohne Verschulden versäumt, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 1 1 0 A O 1977 22 . Ehegatten, die die Voraussetzungen für die Steuerklasse III erfüllen, also zusammen veranlagt werden können, müssen gemäß § 4 2 a Abs. 1 E S t G den LohnsteuerJahresausgleich gemeinsam beantragen. Für sie wird, nach den Grundsätzen des § 42 E S t G , ein gemeinsamer Lohnsteuer-Jahresausgleich durchgeführt.

22

Vgl. auch Abschnitt 107 Abs. 3 LStR.

521

§44

VI 2

3. Teil. Erhebungsverfahren

D e r Lohnsteuer-Jahresausgleich durch das Finanzamt gehört nicht, wie der durch den Arbeitgeber, zum Lohnsteuer-Abzugs verfahren; er entspricht vielmehr der Einkommensteuerveranlagung und ist damit Gegenstand des Steuerfestsetzungsverfahrens. Beim Lohnsteuer-Jahresausgleich durch das Finanzamt wird die Jahressteuer nicht nach den Jahreslohnsteuertabellen, sondern nach den Einkommensteuertabellen ermittelt. Es gilt entweder die Einkommensteuer-Grund- oder die Einkommensteuer-Splittingtabelle. Als Jahreslohnsteuer ist damit die Einkommensteuer anzusetzen, die sich ergibt, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat. D e r Lohnsteuer-Jahresausgleich ist daher eine auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beschränkte Einkommensteuerveranlagung. Stellt sich heraus, daß dem Arbeitnehmer Lohnsteuerbeträge abgezogen worden sind, die die Jahreseinkommensteuerschuld übersteigen, so ist dieser Betrag in einem Steuerbescheid festzusetzen ( § 4 2 Abs. 5 E S t G ) und dem Arbeitnehmer, der den Arbeitslohn bezogen hat, zu erstatten. Haben beide Ehegatten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, ist der Erstattungsbetrag nach dem Verhältnis aufzuteilen, in dem bei jedem Ehegatten Lohnsteuer einbehalten worden ist 23 . D e r Lohnsteuer-Erstattungsanspruch kann abgetreten, verpfändet und gepfändet 24 werden. Wird aufgrund des Lohnsteuer-Jahresausgleichs festgestellt, dem Arbeitnehmer sei im Laufe des Kalenderjahres zuwenig Lohnsteuer abgezogen worden, soll diese nach h. M . " im Rahmen des Lohnsteuer-Jahresausgleichs nicht nachgefordert werden können. E r dürfe nur zu Erstattungen, nicht aber zu Nachforderungen führen. Sei eine Nachforderung erforderlich, müsse diese in einem selbständigen Nachforderungsbescheid festgesetzt werden, während der Erstattungsbetrag in dem L o h n steuer-Jahresausgleichsbescheid mit 0 , — D M anzusetzen sei. Diese Auffassung ist nicht überzeugend. Steht fest, daß zuwenig einbehaltene Lohnsteuer vom Steuerpflichtigen nachgefordert werden kann, so ist dieser nicht daran interessiert, ob dies aufgrund des Bescheides möglich ist, der über den Lohnsteuer-Jahresausgleich ergeht, oder ob ein selbständiger Nachforderungsbescheid nötig ist. D e r Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid setzt die Jahressteuer fest. In ihm wird daher über die Erstattung und (auch) die Nachforderung entschieden. Es ist daher nur folgerichtig, daß die zuwenig einbehaltene Lohnsteuer aufgrund des Bescheides nachgefordert werden darf, der über den LohnsteuerJahresausgleich ergeht 26 . Hat der Arbeitgeber oder das Finanzamt im Lohnsteuer-Jahresausgleich zuviel Lohnsteuer erstattet, steht dem Finanzamt, falls es berechtigt ist, den Lohnsteuer-

25

Vgl. Altehoefer in Lademann/Söffing/Brockhoff§ 42 a Anm. 14. Vgl. Tiedtke, N J W 1979, 1640. Vgl. B F H v. 1 7 . 5 . 1 9 7 4 VI R 17/72, BStBl. 1974 II S . 6 1 9 ; Abschnitt 108 Abs. 5 L S t R ; Altehoefer in Lademann/Söffing/Brockhoff, § 4 2 Anm. 4 9 ; Baumdicker in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, § 42 Rz. 29.

26

So zutreffend Martens,

23 24

522

StuW 1970, 132; Schmidt/Drenseck,

§42 Anm.5e.

Lohnsteuerverfahren

§ 44

VII

Jahresausgleichsbescheid nach den §§173 ff. A O 1977 zu ändern, ein Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 A O 1977 zu. Hat der Antragsteller seinen vermeintlichen Anspruch auf Erstattung zuviel gezahlter Lohnsteuer an einen Dritten abgetreten und hat das Finanzamt die angeblich geschuldeten Erstattungsbeträge auf eine Abtretungsanzeige des Antragstellers hin an den Abtretungsempfänger ausgezahlt, kann es die ohne Rechtsgrund gezahlten Beträge nach §37 Abs. 2 A O 1977 nur vom Abtretungsempfänger zurückfordern 27 . Dies gilt auch, soweit zwischen dem Antragsteller und dem Finanzamt ein Steuerschuldverhältnis bestanden hat, der Steuerpflichtige also Arbeitnehmer gewesen ist, die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte aber gefälscht hat28.

VII. Veranlagung von Arbeitnehmern Arbeitnehmer werden grundsätzlich nicht zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuer wird bei ihnen, wie ausgeführt, durch den Abzug der Lohnsteuer erhoben. Damit gilt die Einkommensteuer, die auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt, als abgegolten, § 46 Abs. 4 EStG. Überschreitet das Einkommen eines Arbeitnehmers, der nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat, bestimmte Grenzen, hat er neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch andere Einkünfte oder ergeben sich bei der Besteuerung Umstände, die im Lohnsteuer-Ausgleichsverfahren nicht berücksichtigt werden konnten, so ist auch er ausnahmsweise zu veranlagen. Eine Veranlagung ist auch dann vorzunehmen, wenn vorher, entgegen §42 Abs. 1 EStG, ein Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid ergangen ist29. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich beschränkt sich auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Bescheid, der hierüber ergeht, kann damit keine Bindungswirkung für andere Einkünfte haben. Das Finanzamt ist im Veranlagungsverfahren allerdings an seine Auffassung in bezug auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gebunden, soweit es den Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid nicht nach den §§172 ff. A O 1977 berichtigen darf30. In welchen Fällen Arbeitnehmer zu veranlagen sind, regelt §46 EStG. Diese Vorschrift unterscheidet zwischen der Veranlagung von Amts wegen (§46 Abs. 1, § 46 Abs. 2 Nrn. 1—6 EStG) und der Veranlagung, die der Steuerpflichtige beantragen muß (§46 Abs. 2 N r n . 7, 8 EStG).

27 28

29

30

Vgl. B F H v. 29.6.1978 VI R 20/77, BStBl. 1978 II S.608. Vgl. Tiedtke, FR 1980, l f f . m. w . N . ; a.A. Drenseck, Das Erstattungsrecht der Abgabenordnung 1977, S. 85; er ist der Ansicht, Rückzahlungsschuldner sei der Steuerpflichtige. H . M . , vgl. BFH v. 13.2.1976 VI R 100/74, BStBl. 1976 II S.425; Giloy, DStZ/A 1978, 407, 408; Schmidt/Heinicke, §46 A n m . 2 b ; a.A. Buchheister, DStZ 1981, 456; Schmidt/ Drenseck, § 42 Anm. 5 f. So zutreffend Giloy, DStZ/A 1978, 407, 408. 523

§44

VII 1

3. Teil. Erhebungsverfahren

1. Veranlagung von Amts wegen Nach § 46 EStG kommt eine Veranlagung von Amts wegen in folgenden Fällen in Betracht: a)

Das Einkommen, das ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, beträgt mehr als 24 000,— DM oder, bei Ehegatten, die der Ehegattenbesteuerung unterliegen, mehr als 48 000,— DM, §46 Abs. 1 EStG. Die Veranlagung hängt nicht davon ab, aus welchen Einkünften sich das Einkommen zusammensetzt; sie ist auch dann durchzuführen, wenn es nur aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht. Maßgebend ist aber nicht die Höhe der Einkünfte, sondern das Einkommen, also der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Abzug der Sonderausgaben und der außergewöhnlichen Belastungen. Der Gesetzgeber hielt bei dieser Einkommenshöhe eine Uberprüfung der Einkommensverhältnisse für zweckmäßig, um eine zutreffende Besteuerung sicherzustellen. Es ist wahrscheinlich, daß ein Steuerpflichtiger mit einem derart „hohen" Einkommen auch andere Einkünfte (z. B. aus Kapitalvermögen) erzielt. Im übrigen ist es Zweck der Vorschrift, die im 3. Vermögensbildungsgesetz, dem Sparprämiengesetz und dem Wohnungsbauprämiengesetz geltenden Einkommensgrenzen zu überwachen. Werden die Einkommensgrenzen überschritten, ist das Einkommen in vollem Umfang zu versteuern. Ein Härteausgleich (Freigrenze bis zu 800,— DM), wie ihn §46 Abs. 3 und 5 EStG vorsieht, gilt nicht für eine Veranlagung, die nach §46 Abs. 1 EStG erfolgt. Werden die Einkommensgrenzen des § 46 Abs. 1 EStG nicht überschritten, wird eine Veranlagung von Amts wegen vorgenommen, falls die Voraussetzungen des §46 Abs. 2 Nrn. 1—6 EStG vorliegen. b) Die Summe der positiven und negativen Nebeneinkünfte des Steuerpflichtigen, die nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen waren, beträgt mehr als 800,— DM, §46 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Die Freigrenze von 800,— DM gilt auch für Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, sie verdoppelt sich also nicht. §46 Abs. 2 Nr. 1 EStG soll sicherstellen, daß auch bei Arbeitnehmern Einkünfte aus anderen Einkunftsarten, soweit sie 800,— DM übersteigen, besteuert werden. c) Der Steuerpflichtige hat nebeneinander mehrere Dienstverhältnisse, und sein zu versteuerndes Einkommen übersteigt 18 000,— DM oder, bei Steuerpflichtigen, für die die Einkommensteuer-Splittingtabelle gilt, 36 000,— DM, §46 Abs. 2 Nr. 2 EStG. In diesem Fall ist eine Veranlagung erforderlich, um eine zutreffende Besteuerung zu gewährleisten, weil die Anwendung der Steuerklasse VI zu einem zu geringen Lohnsteuerabzug führt, falls der Steuerpflichtige aus seinen weiteren Arbeitsverhältnissen mehr als 40 % seiner Gesamteinkünfte erzielt.

524

Lohnsteuerverfahren

d)

e)

f)

g)

h)

i)

31

§44

VII 1

Der Steuerpflichtige, für den kein Lohnsteuer-Jahresausgleich durchgeführt worden ist, hat Kurzarbeiter- oder Schlechtwettergeld bezogen, § 46 Abs. 2 N r . 2 a EStG. Das Kurzarbeiter- oder Schlechtwettergeld ist zwar steuerfrei, §3 Nr. 2 EStG, es ist aber gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 1 EStG in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen. Dies hat zwar gemäß §42 Abs. 4 S.4 EStG grundsätzlich im Lohnsteuer-Jahresausgleich zu geschehen. Wird er aber nicht durchgeführt, so muß die Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt im Veranlagungsverfahren nachgeholt werden. Der Arbeitnehmer war nur für einen Teil des Kalenderjahres rentenversicherungspflichtig oder hat im Kalenderjahr neben den Bezügen aus einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit gleichzeitig Arbeitslohn bezogen, für den ihm lediglich die begrenzte Vorsorgepauschale zusteht, §46 Abs. 2 Nr. 2 b EStG. Wird diesem Steuerpflichtigen im Lohnsteuer-Abzugsverfahren die unbegrenzte Vorsorgepauschale gewährt, können sich Nachforderungen durch das Finanzamt ergeben, die im Veranlagungsverfahren festgesetzt werden sollen31. Das zu versteuernde Einkommen von Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, übersteigt 36 000,— DM. Für sie wird eine Veranlagung vorgenommen, falls sie beide Arbeitslohn bezogen haben und ein Ehegatte dem Lohnsteuerabzug nach den Steuerklassen V oder VI unterlegen hat, §46 Abs. 2 Nr. 2 c. a) EStG. Die Veranlagung ist erforderlich, weil sich durch die Anwendung der Steuerklassen V oder VI Nachforderungen ergeben können. Bei zusammenveranlagten Ehegatten wird einer nach der Steuerklasse III besteuert und der andere hat Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen, §46 Abs. 2 Nr. 2 c. b) EStG. Auch in diesem Falle dient die Durchführung der Veranlagung dazu, das steuerfreie Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen. Ein Steuerpflichtiger erhält aus mehr als einem früheren Dienstverhältnis Versorgungsbezüge i. S. d. § 19 Abs. 2 EStG von mehr als 12 000,— DM, §46 Abs. 2 N r . 3 EStG. Der Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG steht dem Steuerpflichtigen nur einmal mit höchstens 4800,— D M im Kalenderjahr zu. Die Veranlagung dient dazu, sicherzustellen, daß der Versorgungsfreibetrag dem Steuerpflichtigen nicht mehrmals gewährt wird. Ein Steuerpflichtiger, der vor Beginn des Veranlagungszeitraums das 64. Lebensjahr vollendet hat, bezieht nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn von mehr als 7500,— DM, § 46 Abs. 2 Nr. 3 a EStG.

Vgl. die Begründung zum Haushaltsbegleitgesetz 1983, BT-Drucks. 9/2074, S.68. 525

§44

j)

k)

VII

2

3. Teil. Erhebungsverfahren

Gemäß § 24 a E S t G wird einmal ein Altersentlastungsbetrag von höchstens 3 0 0 0 , — D M gewährt. Im Veranlagungsverfahren soll überprüft werden, ob diese Grenze eingehalten worden ist. Auf der Lohnsteuerkarte des Steuerpflichtigen sind negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eingetragen, die sich aus der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7 b oder § 5 4 EStG oder nach §§ 14 a oder 15 BerlinFG ergeben, § 4 6 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Die Berücksichtigung derartiger Verluste im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren hat lediglich vorläufigen Charakter. Die Veranlagung dient daher dazu, den endgültigen Verlust zu ermitteln, Unbeschränkt steuerpflichtige Eltern, die nicht der Ehegattenbesteuerung unterliegen, teilen einen Ausbildungs-Freibetrag oder einen (auf sie übertragenen) Pauschbetrag für Körperbehinderte oder Hinterbliebene, der ihnen nach § 33 a Abs. 2 S. 4 E S t G und § 33 b Abs. 5 S. 2 EStG je zur Hälfte zusteht, in einem anderen Verhältnis unter sich auf, § 4 6 Abs. 2 Nr. 4 a E S t G .

D a beim Lohnsteuerabzug lediglich die hälftige Aufteilung berücksichtigt wird, ist die Veranlagung erforderlich, um zu überprüfen, ob die Vergünstigung insgesamt nur einmal gewährt worden ist. 1) Ehegatten haben im Veranlagungszeitraum geheiratet und beide Arbeitslohn bezogen; stand einem von ihnen vor der Eheschließung ein Haushaltsfreibetrag nach § 3 2 Abs. 3 E S t G zu oder war einer von ihnen einzeln nach dem Splittingtarif zu veranlagen (§ 32 a Abs. 6 EStG), so ist die Durchführung einer Veranlagung erforderlich, weil beide Vergünstigungen durch die Heirat für den ganzen Veranlagungszeitraum entfallen, § 4 6 Abs. 2 N r . 5 E S t G . m) Ein Arbeitnehmer oder sein Ehegatte hat in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Ehe aufgelöst worden ist, wieder geheiratet, § 46 Abs. 2 Nr. 6 E S t G . Nach dieser Vorschrift ist eine Veranlagung sowohl für den wiederverheirateten Ehegatten als auch für den anderen durchzuführen. Die Veranlagung dient dem Zweck, die Umstände zu berücksichtigen, die sich durch die Auflösung der Ehe ergeben haben. Sie soll vor allem verhindern, daß Freibeträge, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, die die Ehegatten vor Auflösung ihrer Ehe auf der Lohnsteuerkarte haben eintragen lassen, doppelt berücksichtigt werden. 2. Veranlagung auf A n t r a g Eine Veranlagung auf Antrag kommt gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 7 EStG in Betracht, wenn der Arbeitnehmer oder sein Ehegatte die getrennte Veranlagung wählt. Ehegatten, die die Voraussetzungen für die Ehegattenbesteuerung erfüllen, können gemäß § 42 a E S t G nur einen gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchführen lassen. Wollen sie dieses nicht, ist lediglich eine (getrennte) Veranlagung möglich. Sie ist die Folge des Antrags auf Durchführung der getrennten Veranlagung. § 4 6 Abs. 2 Nr. 8 E S t G räumt dem Steuerpflichtigen das Recht ein, eine Veranlagung zu beantragen, falls er Steuerermäßigungen in Anspruch nehmen will, die er nicht im Lohnsteuer-Jahresausgleich erlangen kann. 526

Lohnsteuerverfahren

§44

VII 3

Beantragt er, außerordentliche Einkünfte mit dem halben Steuersatz zu besteuern (§34 E S t G ) , begehrt er eine Steuerermäßigung für ausländische Einkünfte (§ 34 c E S t G ) , nimmt er die Tarifermäßigung nach § 34 f E S t G im Zusammenhang mit der Af A nach § 7 b E S t G in Anspruch oder verlangt er nach § 35 EStG, die Einkommensteuer um die überzahlte Erbschaftsteuer zu kürzen, muß er sich für eine Veranlagung entscheiden. Das gleiche gilt, wenn Verluste aus anderen Einkunftsarten oder Verlustabzüge nach § 10 d E S t G berücksichtigt werden sollen oder Kapitalertragsteuer oder Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen sind. Der Antrag auf Veranlagung ist bis zum Ablauf des zweiten auf den Veranlagungszeitraum folgenden Kalenderjahres zu stellen, §46 Abs. 2 S . 2 EStG. Für den Verlustabzug ist die Antragsfrist an die Regelung des Verlustabzugs angepaßt. Der Steuerpflichtige kann den Antrag, wenn er den Verlust für zwei Jahre zurücktragen will, für den zweiten dem Kalenderjahr vorangehenden Veranlagungszeitraum bis zum Ablauf des diesem folgenden vierten Kalenderjahres beim Finanzamt einreichen. Die Frist endet also in jedem Fall mit Ablauf des auf das Verlustjahr folgenden zweiten Kalenderjahres.

3. Härteausgleich Nach § 4 6 Abs. 2 N r . 1 E S t G werden Einkünfte, die nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen sind, nur dann besteuert, falls sie 800,— D M übersteigen. Arbeitnehmern, die Nebeneinkünfte unter 800,— D M erzielen, steht damit eine Freigrenze zu. Werden sie von Amts wegen veranlagt oder sind sie gezwungen, eine Veranlagung zu beantragen, käme ihnen diese Freigrenze nicht zugute, sie wären also gegenüber den Arbeitnehmern, die nicht zu veranlagen sind, weil ihre Nebeneinkünfte 800,— D M nicht übersteigen, benachteiligt. U m diese Nachteile zu verhindern, sieht § 46 Abs. 3 E S t G vor, daß die Freigrenze auf alle Fälle übertragen wird, in denen gemäß § 46 Abs. 2 E S t G eine Veranlagung durchzuführen ist. Dieser Härteausgleich wird durch §46 Abs. 5 E S t G i. V . m . §70 EStDV erweitert. Beide Vorschriften beziehen sich nur auf eine Veranlagung, die nach §46 Abs. 2 E S t G erfolgt. Beträgt das Einkommen mehr als 24 000,— D M oder (bei Ehegatten) mehr als 48 000,— D M , ist also eine Veranlagung nach §46 Abs. 1 E S t G erforderlich, kommt ein Härteausgleich nicht in Betracht. Das Einkommen ist dann in vollem U m f a n g zu versteuern. Der Härteausgleich setzt keinen Antrag voraus. Er führt dazu, daß bei allen Arbeitnehmern, die nach §46 Abs. 2 E S t G veranlagt werden, Einkünfte, die nicht der Lohnsteuer unterliegen, steuerfrei bleiben, wenn sie im Kalenderjahr einen Betrag von 800,— D M nicht übersteigen. Diese Freigrenze erhöht sich auch bei zusammenveranlagten Ehegatten nicht; sie ist veranlagungsbezogen. Werden die Ehegatten getrennt veranlagt, steht sie allerdings jedem Ehegatten zu. Die Freigrenze von 800,— D M ist um den Altersentlastungsbetrag zu kürzen, der nicht auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt. § 46 Abs. 3 S. 2 E S t G , der diese Regelung enthält, soll verhindern, daß andere Einkünfte als solche aus 527

§44

VIII

3. Teil. Erhebungsverfahren

nichtselbständiger Arbeit sowohl durch den Altersentlastungsbetrag als auch durch den Härteausgleich begünstigt werden. Für Veranlagungen, die gemäß § 46 Abs. 2 Nrn. 1—7 E S t G , also von Amts wegen oder dann vorzunehmen sind, wenn ein Ehegatte die getrennte Veranlagung wählt, gilt gemäß §46 Abs. 5 E S t G i. V . m . §70 EStDV ein erweiterter Härteausgleich. Danach entfällt die Freigrenze von 800,— D M nicht, soweit die Einkünfte, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterlegen haben, mehr als 800,— D M , aber nicht mehr als 1 600,— D M betragen; sie wird vielmehr gekürzt und mindert sich um die Einkünfte, die 800,— D M übersteigen, entfällt also ganz, wenn die Nebeneinkünfte 1600,— D M betragen. Auch beim erweiterten Härteausgleich ist, soweit die Voraussetzungen vorliegen, der Altersentlastungsbetrag, der sich nicht auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, zu berücksichtigen. Er kann den erweiterten Härteausgleich aber allenfalls um 40 % kürzen, § 70 S. 2 E S t D V .

V I I I . H a f t u n g des A r b e i t g e b e r s Der Arbeitgeber führt zwar die Lohnsteuer an das Finanzamt ab. Er ist aber nicht Schuldner dieser Steuer; er zahlt für Rechnung des Arbeitnehmers. Dieser schuldet die Lohnsteuer. Gemäß § 42 d E S t G haftet der Arbeitgeber aber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat und die aufgrund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto, in der Lohnsteuerbescheinigung oder im Lohnzettel verkürzt wird. Die Haftung des Arbeitgebers setzt kein Verschulden voraus. Sie tritt aber nur ein, wenn überhaupt eine Steuerschuld des Arbeitnehmers entstanden ist. Hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer richtig einbehalten und auch an das Finanzamt abgeführt, so haftet er nicht. Ist der Lohnsteuerabzug unzutreffend, beruht dies aber auf einer unrichtigen Auskunft des Betriebsstättenfinanzamts (Anrufungsauskunft, § 4 2 e EStG), so ist der Haftungstatbestand ebenfalls nicht erfüllt; der Arbeitgeber hat getan, was sein Auftraggeber, das Finanzamt, ihm geraten hat. Als Ausgleich für das Haftungsrisiko, das den Arbeitgeber trifft, ist das Finanzamt gemäß § 42 e E S t G verpflichtet, ihm (und auch dem Arbeitnehmer 32 ) auf Anfrage über alle mit dem Lohnsteuerabzug zusammenhängenden Fragen verbindliche Auskunft zu erteilen. Ist die Auskunft unzutreffend, geht dies zu Lasten des Finanzamtes. Der Haftungstatbestand des § 42 d Abs. 1 E S t G ist auch dann nicht erfüllt, falls der Arbeitgeber die Lohnsteuer falsch berechnet hat, weil die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte unrichtig waren (§39 Abs. 4, § 3 9 a Abs. 6 EStG), und soweit gemäß §10 Abs. 6 E S t G eine Nachversteuerung durchzuführen ist. Das Gesetz behandelt diese beiden Fälle zwar als Haftungsausschluß. Die Haftung kann aber nicht ausgeschlossen werden, wenn sie gar nicht erst eingreift. Ein (echter) Haftungsausschluß tritt ein, falls der Arbeitgeber erkennt, daß er die Lohnsteuer nicht

32

Vgl. B F H v. 9 . 3 . 1 9 7 9 VI R 185/76, BStBl. 1979 II S.451.

528

§44

Lohnsteuerverfahren

VIII

vorschriftsmäßig einbehalten hat und er dem Betriebsstättenfinanzamt gemäß §41 c Abs. 4 EStG unverzüglich anzeigt, er wolle oder könne die Lohnsteuer nicht nachträglich einbehalten. Die Anzeige nach § 41 c Abs. 4 EStG befreit ihn daher von seiner H a f t u n g . Dies gilt auch dann, wenn er die Lohnsteuer leichtfertig nicht oder nicht zutreffend einbehalten hat 3 '. D e r Arbeitgeber haftet gemäß § 42 d EStG für die Schuld des Arbeitnehmers, also f ü r eine fremde Schuld. Seine Haftung ist aber nicht subsidiär. §219 A O 1977, wonach ein Haftungsschuldner grundsätzlich nur dann in Anspruch genommen werden kann, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, die Vollstreckung werde aussichtslos sein, gilt nicht. Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer vielmehr Gesamtschuldner, § 4 2 d Abs. 3 S. 1 EStG, §44 A O 1977. Das Betriebsstättenfinanzamt ist berechtigt, die Steuerschuld oder die Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend zu machen. Dabei ist eine Ermessensprüfung in zweifacher Hinsicht erforderlich. Es muß zunächst entscheiden, ob der Arbeitgeber überhaupt in Anspruch genommen werden soll (Entschließungsermessen). Beruht der fehlerhafte Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber auf Umständen, die in die Sphäre des Finanzamtes fallen, so kann, obwohl der Haftungstatbestand erfüllt ist, von vornherein die Inanspruchnahme des Arbeitgebers ermessensfehlerhaft sein. K o m m t das Finanzamt zu der Auffassung, der Arbeitgeber müsse für die Schuld des Arbeitnehmers haften, muß es prüfen, ob es den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer in Anspruch nehmen will (Auswahlermessen). Dies richtet sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalles. Der Arbeitgeber darf auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird, § 42 d Abs. 3 S. 3 EStG. H a t der Arbeitgeber die Lohnsteuer zwar vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten, sie aber weder angemeldet noch an das Finanzamt abgeführt, schuldet der Arbeitnehmer dem Finanzamt nichts mehr; er hat geleistet, wozu er verpflichtet ist. Das Finanzamt kann sich in diesem Falle daher ausschließlich an den Arbeitgeber halten. Sein Fehlverhalten m u ß es sich zurechnen lassen; der Arbeitgeber wird als Beauftragter des Finanzamtes tätig. Weiß der Arbeitnehmer, daß der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat, bleibt er Schuldner der Lohnsteuer. Das Finanzamt ist allerdings auch in diesem Falle nicht befugt, ihn in Anspruch zu nehmen, wenn er dies dem Finanzamt unverzüglich mitteilt, § 4 2 d Abs. 3 S.4 N r . 2 EStG. Die Kenntnis des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber habe die einbehaltene Lohnsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt, ist f ü r die Zahlungspflicht des Arbeitnehmers unerheblich; sie steht nicht der Kenntnis gleich, der Arbeitgeber habe die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet. Das ist auch nicht erforderlich, weil das Finanzamt selbst in der Lage ist, f ü r den Eingang einer angemeldeten, aber nicht abgeführten Lohnsteuer zu sorgen.

35

Klein/Flockermann/Kühr-Klöckner,

§42d Rdn. 17. 529

34

Tiedtke, Einkommensteuer

§45 I

3. Teil. Erhebungsverfahren

Von den zwei Fällen des § 42 d Abs. 4 EStG abgesehen, muß das Finanzamt, wenn es den Arbeitgeber in Anspruch nehmen will, einen schriftlichen Haftungsbescheid erlassen, § 191 Abs. 1 A O 1977. Gegen diesen Bescheid kann der Arbeitgeber Einspruch und anschließend Klage erheben und alle Einwendungen geltend machen, die auch der Arbeitnehmer geltend machen könnte, falls er in Anspruch genommen worden wäre54. Wird der Arbeitgeber als Haftungsschuldner in Anspruch genommen, steht ihm gegen den Arbeitnehmer ein zivilrechtlicher Rückgriffsanspruch zu. Dieser Anspruch folgt aus dem Arbeitsverhältnis und beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §670 BGB35.

§ 45 Kapitalertragsteuer I. Begriff Die Kapitalertragsteuer, die in den §§ 43-45 b, 46 a EStG geregelt ist, ist keine eigene Steuer, sondern — wie die Lohnsteuer — eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. Sie wird bei bestimmten Kapitalerträgen durch Abzug an der Quelle erhoben und hat (ebenfalls wie die Lohnsteuer) grundsätzlich den Charakter einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuer; sie wird gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer angerechnet. Ausnahmsweise ist die Einkommensteuer aber auch durch Erhebung der Kapitalertragsteuer abgegolten, §43 Abs. 1 N r . 5, § 46 a S. 1 EStG. Die Kapitalertragsteuer dient dem Zweck, die Besteuerung von Kapitalerträgen sicherzustellen. Ohne einen Steuerabzug an der Quelle wäre dies nur schwer möglich. Es kann im Einzelfall nicht kontrolliert werden, ob der Steuerpflichtige (alle) Kapitalerträge der Besteuerung zugeführt hat. Kapitalertragsteuer wird lediglich von inländischen Kapitalerträgen erhoben. Dies sind nach § 43 Abs. 3 EStG solche, deren Schuldner seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung im Inland hat. Für die Erhebung der Kapitalertragsteuer ist es unerheblich, ob das Kapitalvermögen zum Betriebs- oder Privatvermögen gehört. Der Steuerabzug ist auch dann vorzunehmen, falls der Kapitalertrag den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen ist, §43 Abs. 4 EStG.

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35

Streitig, wie hier Fichtelmann, DStR 1974, 76 f.; Lang, StuW 1975, 113, 131; Martens, StuW 1970, 309; Schmidt/Drenseck, §42 d Anm. 8 b; a. A. BFH v. 26.1.1973 VI R 136/69, BStBl. 1973 II S. 423; B F H v. 26.7.1974 VI R 24/69, BStBl. 1974 II S.756; er nimmt an, der Arbeitgeber könne keine steuermindernden Umstände geltend machen, die in der Person des Arbeitnehmers begründet, aber nicht auf der Lohnsteuerkarte eingetragen seien. BAG v. 9.12.1976 3 AZR 371/75, BStBl. 1977 II S.581 m . w . N .

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Kapitalertragsteuer

§45

III

II. Grundlagen Die Kapitalertragsteuer entstellt grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen, §44 Abs. 1 S. 2, §45 Abs. 4 EStG. Für bestimmte Fälle sind in §44 Abs. 2, 3 EStG Sonderregelungen enthalten. Dividenden und andere Kapitalerträge, deren Ausschüttung von einer Körperschaft beschlossen wird, fließen dem Gläubiger an dem Tag zu, der im Beschluß als Tag der Auszahlung bestimmt worden ist. Fehlt es an einem Beschluß darüber, gilt als Zeitpunkt des Zufließens der Tag nach der Beschlußfassung. Für Gewinnanteile von stillen Gesellschaftern wird in §44 Abs. 3 EStG fingiert, daß der Kapitalertrag am Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils, spätestens jedoch 6 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, zugeflossen ist, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll. Das gleiche gilt f ü r Zinsen aus einem partiarischen Darlehen. Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Gläubiger der Kapitalerträge (§44 Abs. 1 S. 1 EStG) oder, im Falle des § 43 Abs. 1 N r . 6 EStG, der Inhaber oder der Veräußerer einer Teilschuldverschreibung oder einer Forderung, §45 Abs. 1 EStG. Einbehalten, angemeldet und abgeführt wird die Kapitalertragsteuer aber vom Schuldner der Kapitalerträge, §44 Abs. 1 S. 3, 4, §45 a Abs. 1 S. 1 N r . 1 EStG, oder von der Stelle (in der Regel einem Kreditinstitut), die dem Gläubiger die Kapitalerträge auszahlt, §45 Abs. 2 S. 1, § 4 5 a Abs. 1 S. 1 N r . 2 EStG. Diese Personen und Kreditinstitute haften, ähnlich wie der Arbeitgeber für die Lohnsteuer des Arbeitnehmers, f ü r die Kapitalertragsteuer, die sie einzubehalten und abzuführen haben, §44 Abs. 5, §45 Abs. 5 EStG. Sie sind außerdem verpflichtet, dem Gläubiger der Kapitalerträge über die Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer eine Bescheinigung zu erteilen, aus der sich insbesondere die H ö h e der ausbezahlten Kapitalerträge, der Betrag der einbehaltenen Kapitalertragsteuer und das Finanzamt ergeben muß, an das die Steuer abgeführt wurde, § 4 5 a Abs. 2, 3, 5 EStG. Die Kapitalertragsteuer-Bescheinigung dient dem Steuerpflichtigen im Veranlagungsverfahren, in dem die Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 N r . 2 EStG auf die Einkommensteuer angerechnet wird, dazu, die H ö h e der einbehaltenen Kapitalertragsteuer nachzuweisen. Beantragt er die Erstattung der Kapitalertragsteuer nach § 44 b EStG, so ist die Vorlage der Kapitalertragsteuer-Bescheinigung eine notwendige Voraussetzung für die Durchführung der Erstattung, § 4 4 b Abs. 1 S. 3 EStG. III.

Arten

Bei der Kapitalertragsteuer sind vier Arten zu unterscheiden: — — — —

die allgemeine Kapitalertragsteuer, §43 Abs. 1 N r n . 1—4, 7 EStG; die Kuponsteuer alter Art, §43 Abs. 1 N r . 5 EStG; die Kuponsteuer neuer Art, §43 Abs. 1 N r . 6 EStG; die Kapitalertragsteuer auf Körperschaftsteuervergütungen, § 43 Abs. 1 N r . 8 EStG. 531

34*

§45

III 1

3. Teil. Erhebungsverfahren

1. Allgemeine Kapitalertragsteuer a) Steuerpflichtige Erträge Die allgemeine Kapitalertragsteuer wird von den meisten Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG erhoben. Kapitalertragsteuerpflichtig sind daher folgende Kapitalerträge: — Dividenden, Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien und Kuxen, aus GmbH-Anteilen, aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und bergbautreibenden Vereinigungen, die die Rechte einer juristischen Person haben, §43 Abs. 1 N r . 1, §20 Abs. 1 N r . 1 EStG; — Bezüge, die aufgrund einer Kapitalherabsetzung oder nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft oder Personenvereinigung i. S. d. § 20 Abs. 1 N r . 1 EStG anfallen, soweit bei ihnen für Ausschüttungen verwendbares Eigenkapital i. S. d. §29 KStG als verwendet gilt; — Zinsen aus Genußscheinen, und zwar unabhängig davon, ob mit ihnen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, §43 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §20 Abs. 1 N r . l , §43 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG; — Zinsen aus Gewinnobligationen und Wandelanleihen, also aus Teilschuldverschreibungen, bei denen neben der festen Verzinsung ein Recht auf Umtausch in Gesellschaftsanteile besteht, §43 Abs. 1 Nr. 2 EStG; — Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und Zinsen aus partiarischen Darlehen, §43 Abs. 1 Nr. 3, §20 Abs. 1 N r . 4 EStG; — außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, §43 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. §20 Abs. 1 Nr. 6 EStG; — §43 Abs. 1 Nr. 7 EStG macht Kapitalerträge i.S.d. §20 Abs. 1 Nr. 7 EStG kapitalertragsteuerpflichtig. Es handelt sich hierbei um Zinszahlungen an Aktionäre für die Zeit vor Betriebsbeginn (Bauzinsen). § 57 Abs. 3 AktG, der diese Zinszahlungen zugelassen hatte, ist durch Gesetz vom 13.12.1978 1 mit Wirkung vom 1. 7.1979 ersatzlos aufgehoben worden. b) Steuersatz und

Bemessungsgrundlage

Die allgemeine Kapitalertragsteuer beträgt 25 % des Kapitalertrags. Der Steuersatz erhöht sich auf 331/) % des tatsächlich ausgezahlten Betrages, wenn der Schuldner die Kapitalertragsteuer übernimmt, § 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG. In der Übernahme der Kapitalertragsteuer durch den Schuldner der Kapitalerträge liegt ein zusätzlicher Kapitalertrag, der seinerseits kapitalertragsteuerpflichtig ist. Auch in diesen Fällen beträgt die Kapitalertragsteuer daher 25 % des Bruttoertrages. Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer ist gemäß §43a Abs. 1 N r . l EStG der Kapitalertrag, also die vollen Kapitalerträge ohne jeden Abzug, §43 1

BGBl. I S. 1959.

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Kapitalertragsteuer

§45

III 1

Abs. 2 S. 1 EStG. Auch Stückzinsen, die der Gläubiger des Kapitalertrages zahlen muß, dürfen nicht abgezogen werden; §20 Abs. 2 N r . 3 S. 2 EStG ist nicht anzuwenden, § 4 3 a Abs. 2 S.2 EStG. H a t der Schuldner die Kapitalertragsteuer übernommen, bildet der tatsächlich ausgezahlte Betrag die Bemessungsgrundlage. Bei körperschaftsteuerpflichtigen Erträgen gehört die anzurechnende oder zu vergütende Körperschaftsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage f ü r die Kapitalertragsteuer 2 . Die Körperschaftsteuer zählt zwar gemäß § 20 Abs. 1 N r . 3 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, sie ist aber kein kapitalertragsteuerpflichtiger Ertrag; welche Kapitalerträge der Kapitalertragsteuer unterliegen, bestimmt §43 Abs. 1 EStG abschließend. §20 Abs. 1 N r . 3 EStG, der anordnet, daß die anzurechnende Körperschaftsteuer zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zu rechnen ist, ist dort nicht aufgeführt. c) Verzicht auf die Erhebung Bei Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 N r n . 3, 4 und 7 EStG, also bei Gewinnanteilen eines stillen Gesellschafters, bei Zinsen aus einem partiarischen Darlehen und bei Zinsen aus Sparanteilen, die in Lebensversicherungsbeiträgen enthalten sind, ist gemäß § 4 4 a Abs. 1 EStG kein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen, wenn von einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Gläubiger der Kapitalerträge anzunehmen ist, für ihn komme eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht in Betracht. Diese Vorschrift dient der Verwaltungsvereinfachung. Sie soll verhindern, daß ein Arbeitnehmer gemäß §46 Abs. 2 N r . 8 d EStG lediglich deshalb eine Veranlagung beantragen muß, damit die ihm einbehaltene Kapitalertragsteuer auf seine Einkommensteuerschuld angerechnet und ihm gegebenenfalls erstattet werden kann. Voraussetzungen f ü r den Verzicht auf den Kapitalertragsteuerabzug ist allerdings eine Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamtes, aus der sich ergibt, der Steuerpflichtige sei unbeschränkt steuerpflichtig und unterliege nicht der Veranlagung (NV-Bescheinigung). Unter den Voraussetzungen des § 44 a Abs. 4 EStG darf auch bei einer von der Körperschaftsteuer befreiten inländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder einer inländischen Person des öffentlichen Rechts von der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer abgesehen werden. d)

Erstattung

Bei Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 N r n . 1 und 2 EStG ist die Kapitalertragsteuer zunächst einzubehalten und abzuführen. Der Steuerpflichtige kann aber, wenn er sich nicht f ü r eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 N r . 8 d EStG entscheidet, beim Bundesamt f ü r Finanzen beantragen, daß ihm die Kapitalertragsteuer erstattet wird. Die Erstattung dieser Steuer ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soweit 2

Vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen v. 16.12.1976, BStBl. 1976 I S. 748 ff., Tz. 2.1.1.3, 2.1.8.

533

§45

III 1

3. Teil. Erhebungsverfahren

wie möglich an die Vergütung von Körperschaftsteuer angelehnt. Gemäß § 36 b E S t G wird die anrechenbare Körperschaftsteuer einem Anteilseigner auf Antrag vom Bundesamt für Finanzen in Bonn-Bad Godesberg, Koblenzer Straße 63—65, erstattet, wenn anzunehmen ist, für ihn komme eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht in Betracht. Es ist das Ziel des § 44 b E S t G , die Erstattung der Kapitalertragsteuer mit der Vergütung der Körperschaftsteuer zu verbinden. Dies gilt auch für die Fälle, in denen der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern neben oder anstelle von Belegschaftsaktien (nicht körperschaftsteuerpflichtige) Teilschuldverschreibungen überlassen hat. Auch insoweit sollte das Erstattungsverfahren vereinfacht und an das Körperschaftsteuervergütungsverfahren angeglichen werden 3 . Die Erstattung der Kapitalertragsteuer setzt nach § 44 b Abs. 1 E S t G voraus, daß bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen anzunehmen ist, für ihn komme eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht in Betracht. Diese Voraussetzungen muß der Erstattungsberechtigte durch eine NV-Bescheinigung i. S. d. § 4 4 a Abs. 2 E S t G nachweisen; außerdem ist er verpflichtet, eine Kapitalertragsteuerbescheinigung i. S. d. §45 a Abs. 2, 3 E S t G vorzulegen. Den Erstattungsantrag kann der Steuerpflichtige selbst beim Bundesamt für Finanzen stellen. Dies muß auf einem amtlich vorgeschriebenen Formular bis zum 31.12. des Jahres geschehen, das dem Kalenderjahr folgt, in dem ihm die Kapitalerträge zugeflossen sind. Ein Einzelantrag ist aber nur zulässig, wenn sich die Wertpapiere im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge bei einem Kreditinstitut in einem Wertpapierdepot befinden, das auf den Namen des Antragstellers lautet, § 36 b Abs. 5 E S t G i . V . m . §45 Abs. 2 K S t G . Der Erstattungsberechtigte darf auch einen Vertreter (in der Regel ein Kreditinstitut) damit beauftragen, für ihn beim Bundesamt für Finanzen die einbehaltene Kapitalertragsteuer anzufordern. In diesem Fall erfolgt die Erstattung aufgrund eines Sammelantrags i. S. d. § 36 c EStG. Eine Kapitalertragsteuerbescheinigung ist nicht zu erteilen, § 45 a Abs. 4 E S t G . Das Sammelantragsverfahren führt nicht nur für das Bundesamt für Finanzen zu einer Arbeitserleichterung, es hat vielmehr auch Vorteile für den Steuerpflichtigen. Die Kreditinstitute, die die Erstattung der Kapitalertragsteuer übernommen haben, zahlen die Erstattungsbeträge in der Regel zusammen mit den Kapitalerträgen aus, sie treten also in Vorlage 4 . Der Steuerpflichtige braucht also nicht zu warten, bis ihm das Bundesamt für Finanzen die einbehaltene Kapitalertragsteuer erstattet. Gemäß § 4 4 b Abs. 2, 3 E S t G wird das Erstattungsverfahren vereinfacht, soweit die Kapitalerträge im Wirtschaftsjahr (insgesamt) 100,— D M nicht übersteigen. Das vereinfachte Erstattungsverfahren setzt stets einen Sammelantrag voraus. Dabei müssen nicht die Voraussetzungen des § 4 4 b Abs. 1 E S t G gegeben sein. Es kommt also nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige zu veranlagen ist oder ob eine N V -

3

4

Vgl. den Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages vom 4 . 6 . 1 9 7 6 , B T Drucks. 7/5310, S.23, 24. Vgl. Scholtz in Hartmann/' Böttcher/Nissen/Bordewin, §44 R z . 4 .

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Kapitalertragsteuer

§45

III 2

Bescheinigung vorliegt. Eine Kapitalertragsteuerbescheinigung ist auch in diesen Fällen nicht auszustellen, § 45 a Abs. 4 EStG. Zuständig für das vereinfachte Sammelverfahren ist das Finanzamt, dem die Besteuerung des Einkommens für den Vertreter obliegt, der für den Erstattungsberechtigten tätig wird, § 44 b Abs. 2 S. 2, § 4 4 b Abs. 3 S . 3 i . V . m . § 3 6 d Abs. 3 EStG. Bei Kapitalerträgen i . S . d . §43 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 7 EStG 5 steht ein Erstattungsanspruch ausschließlich dem Schuldner der Kapitalerträge zu. Er kann ihre Erstattung verlangen, wenn er sie einbehalten und abgeführt hat, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand, oder der Steuerpflichtige, der nach § 44 a E S t G den Verzicht vom Steuerabzug beantragen wollte, die NV-Bescheinigung zu spät vorgelegt hat. Der Schuldner der Kapitalerträge verwirklicht seinen Erstattungsanspruch, indem er die Steueranmeldung gemäß § 4 5 a Abs. 1 E S t G ändert und sie dem Finanzamt einreicht, das für seine Besteuerung zuständig ist.

2. Kuponsteuer alter Art Die Kapitalertragsteuer, die von Zinsen aus festverzinslichen Wertpapieren erhoben wird, die in der Bundesrepublik Deutschland oder in Berlin (West) nach dem 31.3.1952 und vor dem 1.1.1955 ausgegeben worden sind, bezeichnet man als Kuponsteuer alter Art. Diese Steuer beträgt 3 0 % des Kapitalertrags, § 43 a Abs. 1 N r . 2 E S t G . Damit ist die Einkommensteuer für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder Kapitalvermögen abgegolten, § 46 a EStG. Etwas anderes gilt nur, falls der Steuerpflichtige gemäß § 46 a S. 2 E S t G beantragt, die Einkünfte i. S. d. § 43 Abs. 1 N r . 5 E S t G in die Veranlagung einzubeziehen 6 . In diesem Falle wird die Kuponsteuer auf die Einkommensteuerschuld angerechnet und gegebenenfalls dem Steuerpflichtigen erstattet. Diese Regelung hat der Gesetzgeber getroffen, um einen Anreiz zum Kauf dieser Wertpapiere zu schaffen. §43 Abs. 1 N r . 5 E S t G hat keine große Bedeutung mehr. Viele Anleihen, die zwischen dem 31.3.1952 und dem 1.1.1955 ausgegeben worden sind, sind inzwischen getilgt. Die Bestimmung ist jedoch nicht entbehrlich, weil einige Papiere dieser Art zum Teil noch bis zum Jahre 1990 im Umlauf sind 7 . Erträge aus festverzinslichen Wertpapieren i . S . d . §43 Abs. 1 N r . 5 E S t G sind gemäß § 4 9 Abs. 1 N r . 5 c bb E S t G bei beschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich steuerfrei. Sie können daher gemäß § 44 b Abs. 5 S. 1 E S t G bei dem Finanzamt, an das die Steuer abgeführt worden ist, die Freistellung von der Kuponsteuer alter Art beantragen. Das Finanzamt hat in diesem Falle dem beschränkt Steuerpflichtigen die Kuponsteuer zu erstatten. H a t der Schuldner der Kapitalerträge die Kuponsteuer zu Unrecht einbehalten und abgeführt, gilt § 4 4 b Abs. 4 E S t G ; er ist in diesem Fall erstattungsberechtigt.

5 6 7

Vgl. oben § 4 5 III 1 a, S.532. Vgl. oben § 3 2 II, S.463. Vgl. Scholtz, F R 1977, 53, 54.

535

§45

III 3

3. Teil. Erhebungsverfahren

3. Kuponsteuer neuer A r t Die Kapitalertragsteuer, die auf Zinsen aus Anleihen und Forderungen i.S.d. §43 Abs. 1 N r . 6 EStG entfällt, ist die Kuponsteuer neuer Art 8 . Der Gesetzgeber hat die Kuponsteuer geschaffen', um den wachsenden Zufluß von Auslandskapital einzuschränken. Die Abwehr ausländischen Kapitals ist schon lange nicht mehr erforderlich. Gleichwohl gilt die Kuponsteuer neuer Art weiter. Sie beträgt 25 % des Kapitalertrags (§43 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und belastet Zinsen aus Anleihen und Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind. Bei der Frage, welcher Personenkreis der Kuponsteuer neuer Art unterliegt, sind zwei Fälle zu unterscheiden: Es kommt darauf an, ob im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge der Gläubiger des Kapitalertrags (Inhaber des Zinsscheins) auch Inhaber der Teilschuldverschreibung oder der Forderung ist (Inhaber des Stammrechts) oder ob dies nicht der Fall ist, der Inhaber des Zinsscheins also nicht gleichzeitig Inhaber des Stammrechts ist. Im ersten Fall ist der Gläubiger des Kapitalertrags stets kuponsteuerpflichtig, falls er im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, er also beschränkt steuerpflichtig ist. Im zweiten Fall, in dem Fall also, in dem der Inhaber des Zinsscheins kein Stammrecht hat, besteht die Kuponsteuerpflicht auch dann, wenn er im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Regelung führt dazu, daß Inländer, also unbeschränkt steuerpflichtige Personen, kuponsteuerpflichtig sein können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie den Zinsschein von einem Inländer oder einem im Ausland Ansässigen erworben haben. Es findet zwar kein Kapitalimport statt, wenn ein Inländer den Zinsschein von einem im Inland Ansässigen erwirbt. § 43 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 b EStG erfaßt aber beide Fälle, weil sie in der Praxis nicht unterschieden werden können 10 . Im zweiten Fall entfällt die Steuerpflicht allerdings, falls der im Inland ansässige Inhaber des Zinsscheins am 15. Tage vor der Fälligkeit der Kapitalerträge auch Inhaber der Teilschuldverschreibung gewesen ist, die bei einem inländischen Kreditinstitut verwahrt wird. Diese Regelung ist so zu verstehen, daß die Steuerfreiheit nur dann eintritt, wenn der Gläubiger des Zinsscheins in dem Zeitpunkt auch Inhaber der Teilschuldverschreibung ist, in dem der Zinsschein vom Bogen getrennt wird". Diese Trennung nehmen die Kreditinstitute üblicherweise am 15. Tag vor der Fälligkeit der Kapitalerträge vor12. Kann der Inhaber des Zinsscheins nicht nachweisen, er sei am 15. Tage vor der Fälligkeit Inhaber der Teilschuldverschreibung gewesen, bleibt er kuponsteuerpflichtig, obwohl er im Inland ansässig ist. 8

Vgl. dazu vor allem Philipowski, Kuponsteuer, 2. Aufl. 1980. Kuponsteuergesetz v. 25.3.1965, BGBl. I S. 147 = BStBl. 1965 I S. 103. 10 Vgl. Teske, DStZ/A 1965, 83, 87. " Vgl. Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, §43 Rz. 133. 12 Vgl. Bordewin in Ladematin/Söffing/Brockhoff, §45 Anm. 19; Philipowski, 2. Aufl. 1980, Rdn.83—85. 9

536

Kuponsteuer,

Kapitalertragsteuer

§45

III 4

Für bestimmte Kapitalerträge, die im einzelnen in §43 Abs. 1 Nr. 6 S. 3 EStG bezeichnet sind, entfällt eine Kuponsteuer. Soweit die Kapitalerträge nicht von der Kuponsteuer befreit sind, unterliegen auch die Stückzinsen dem Steuerabzug, falls der Veräußerer der Teilschuldverschreibung oder der Forderung im Zeitpunkt ihrer Auszahlung im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Stückzinsen sind die Zinsen, die beim Veräußerer angefallen sind und die der Erwerber des Wertpapiers dem Veräußerer vergütet, §20 Abs. 2 Nr. 3 S. 1 EStG. Diese Stückzinsen, die ein beschränkt steuerpflichtiger Veräußerer der Teilschuldverschreibung oder der Forderung erhält, werden um die Kuponsteuer gekürzt, weil anderenfalls ihre Erhebung umgangen werden könnte. Der im Ausland ansässige Inhaber der Teilschuldverschreibung könnte sie sonst kuponsteuerfrei kurz vor dem Zinstermin an einen Inländer veräußern und sie nach dem Zinstermin zurückerwerben. Minusstückzinsen, also solche Zinsen, mit denen der Veräußerer selbst belastet wird, unterliegen nicht dem Kuponsteuerabzug 13 . Sie entstehen, wenn eine Teilschuldverschreibung zwischen dem Tag, an dem der Zinsschein vom Bogen abgetrennt wird (Ex-Tag), und dem nächsten Fälligkeitstermin veräußert wird. Während dieser Zeit (höchstens 15 Tage) wird das Wertpapier ohne Zinsschein verkauft. Daher erhält der Veräußerer in diesem Falle die Zinsen für den gesamten Zinszahlungszeitraum. Er ist daher verpflichtet, dem Erwerber des Stammrechts die (Minus-)Stückzinsen zu vergüten, die auf die Zeit von der Veräußerung bis zum nächsten Fälligkeitstermin entfallen14. 4. Kapitalertragsteuer auf Körperschaftsteuervergütungen Nach § 43 Abs. 1 Nr. 8 EStG sind auch Einnahmen aus der Vergütung von Körperschaftsteuer nach § 36 e EStG oder nach § 52 KStG kapitalertragsteuerpflichtig. Diese Vorschrift ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, die anzurechnende oder zu vergütende Körperschaftsteuer gehöre zwar zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen, nicht aber zur Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer. Durch die Vergütung der Körperschaftsteuer wird der Gläubiger der Kapitalerträge so gestellt, wie wenn er von vornherein höhere Kapitalerträge erhalten hätte. Es ist daher sachgerecht, daß die Kapitalertragsteuer von der vergüteten Körperschaftsteuer, die letztlich ein Teil des Kapitalertrages ist, nacherhoben wird. Es kann keine Rolle spielen, ob der Gläubiger die Kapitalerträge direkt vom Schuldner erhält oder auf dem Umwege über die Vergütung der Körperschaftsteuer vom Bundesamt für Finanzen15. Die Kapitalertragsteuer entsteht gemäß § 45 b EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Körperschaftsteuer vergütet wird. Das Bundesamt für Finanzen " Vgl. Blümich/Falk, §43 Anm. 9e, S. 23; Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, §43 Rz. 137. 14 Vgl. Philipowski, Kuponsteuer, 2. Aufl. 1980, Rdn. 48. 15 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum 3. Steuerreformgesetz, BT-Drucks. 7/ 1470, S. 308. 537

§45

III 4

3. Teil. Erhebungsverfahren

hat die Kapitalertragsteuer für Rechnung des Vergütungsberechtigten einzubehalten. N a c h § 3 6 e E S t G i . V . m . § 5 2 K S t G wird die Körperschaftsteuer vor allem beschränkt Steuerpflichtigen vergütet. Für diese Personen wird gemäß § 5 0 Abs. 5 S. 2 E S t G die gezahlte Körperschaftsteuer nicht auf die Einkommensteuer angerechnet; § 3 6 Abs. 2 N r . 3 E S t G gilt für sie nicht. § 3 6 e E S t G und § 5 2 K S t G dienen daher nicht, wie es die § § 3 6 b bis 36 d E S t G tun, dazu, die ausgeschütteten Kapitalerträge von der Körperschaftsteuer zu entlasten; sie sollen verhindern, daß beschränkt Steuerpflichtige mehrfach mit Körperschaftsteuer belastet werden. Eine Doppelbelastung würde, wenn es § 36 e E S t G , § 52 K S t G nicht gäbe, eintreten, wenn zur Ausschüttung Kapital verwendet würde, das vor dem 1 . 1 . 1 9 7 7 entstanden ist. Dieses Kapital ist bereits bei seiner Entstehung mit alter Körperschaftsteuer i . H . v . 51 % belastet, und es würde, bei seiner Ausschüttung, erneut i . H . v. 3 6 % der Körperschaftsteuer unterliegen, § 2 7 , § 3 0 Abs. 2 N r . 3 K S t G . Durch § 3 6 e E S t G , § 52 K S t G wird sichergestellt, daß die Ausschüttungsbelastung i. H . v. 36 % durch das Bundesamt für Finanzen vergütet wird. Ein Abzug der Kapitalertragsteuer bei der Körperschaftsteuererstattung unterbleibt, falls der Gläubiger zu dem Personenkreis des § 4 4 c Abs. 1 E S t G gehört, ihm also die Kapitalertragsteuer zu erstatten wäre.

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Vierter Teil

Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige N a c h § 1 A b s . 3 E S t G sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, beschränkt einkommensteuerpflichtig"'. Bei diesen Personen wird das zu versteuernde E i n k o m m e n grundsätzlich ebenso ermittelt wie bei den unbeschränkt Steuerpflichtigen. D a s gleiche gilt für die Steuererhebung und den anzuwendenden Steuertarif. Allerdings enthält das Einkommensteuergesetz für beschränkt Steuerpflichtige einige Besonderheiten. Sie müssen im Inland nicht alle Einkünfte versteuern; steuerpflichtig sind nur die inländischen Einkünfte, die in § 49 E S t G abschließend aufgezählt sind. D i e Steuererhebung erfolgt entweder aufgrund einer Veranlagung oder durch Steuerabzug an der Q u e l l e . D a s Steuerabzugsverfahren hat bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht den Charakter einer Steuervorauszahlung; die einbehaltene Steuer wird nicht auf die Einkommensteuer angerechnet. Sie ist vielmehr eine Definitivsteuer, weil sie in der Regel durch den Steuerabzug an der Q u e l l e als abgegolten gilt. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen wird lediglich die L o h n - und die Kapitalertragsteuer im A b z u g s verfahren erhoben. Bei beschränkt steuerpflichtigen Personen ist diese F o r m der Steuererhebung für Aufsichtsratsvergütungen, für bestimmte Berufsgruppen und für die Überlassung von Sachen und Rechten erweitert, § 5 0 a A b s . 3, 4 E S t G . Ein Veranlagungsverfahren wird lediglich durchgeführt, wenn die Steuer nicht bereits im Wege des Q u e l l e n a b z u g s erhoben wurde. D a s Veranlagungsverfahren für beschränkt Steuerpflichtige unterscheidet sich von dem für unbeschränkt steuerpflichtige Personen vor allem dadurch, daß dabei die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, also z. B . Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, nicht in gleichem Maße berücksichtigt werden, § 5 0 E S t G . Die Einkommensteuer, die von beschränkt Steuerpflichtigen erhoben wird, hat daher objektsteuerähnlichen Charakter. Gleichwohl bleibt sie eine Personensteuer"". D a s zeigt sich vor allem bei der Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer (§ 39 d E S t G ) , an der (begrenzten) Möglichkeit des Verlustausgleichs und des Verlustabzugs (§ 50 A b s . 1 S. 3, § 5 0 A b s . 2 E S t G ) und daran, daß gemäß § 5 0 A b s . 3 E S t G bei einer Veranlagung der progressive Steuertarif nach § 3 2 a A b s . 1 E S t G anzuwenden ist.

* Vgl. dazu oben §2 III, IV, S. 15 f. * * B F H v. 20.1.1959 I 112/57 S, BStBl. 1959 III S. 133, 134. 539

§46

I

4. Teil. Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige

§ 46 Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte Bei der Frage, welche Einkünfte beschränkt Steuerpflichtige zu versteuern haben, ist zwischen der (einfachen) beschränkten und der (nach §2 AStG) erweiterten beschränkten Steuerpflicht zu unterscheiden.

I. (Einfach) beschränkt Steuerpflichtige Wer beschränkt steuerpflichtig ist, braucht nicht alle Einkünfte der Besteuerung zu unterwerfen. Der Umfang seiner Steuerpflicht ist in doppelter Weise beschränkt. Ihr unterliegen von vornherein nur inländische Einkünfte. Außerdem hat er nicht alle inländischen Einkünfte zu versteuern, sondern nur die, die in §49 Abs. 1 EStG abschließend aufgezählt sind. Die Vorschrift geht von den sieben Einkunftsarten des §2 Abs. 1 EStG aus. Ihre Besonderheit besteht darin, daß sie lediglich bestimmte Einkünfte der einzelnen Einkunftsarten der Besteuerung unterwirft und damit die Einkünfte, die in §49 Abs. 1 EStG nicht genannt sind, von der Besteuerung ausnimmt. Genauso wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen müssen die Einkünfte zunächst einer bestimmten Einkunftsart zugeordnet werden. Dies ist im Rahmen des §49 EStG besonders wichtig, weil die Besteuerung der Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten von Voraussetzungen abhängt, die bei der unbeschränkten Steuerpflicht nicht vorzuliegen brauchen. Dies zeigt sich bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Wer unbeschränkt steuerpflichtig ist, erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn er eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Allein die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit führt aber bei einem beschränkt Steuerpflichtigen nicht zu gewerblichen Einkünften i.S. d. §49 Abs. 1 N r . 2 a EStG. Danach werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Steuerpflicht nur unterworfen, wenn für den Gewerbebetrieb im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist. Wird ein im Inland gelegenes Wohngrundstück vermietet, das zum Betriebsvermögen eines ausländischen Gewerbebetriebes gehört, der im Inland weder eine Betriebsstätte noch einen ständigen Vertreter unterhält, liegen, obwohl die Mieteinnahmen ins Betriebsvermögen fallen, keine gewerblichen Einkünfte vor; es fehlt an den zusätzlichen Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 a EStG. Gleichwohl bleiben die Mieteinnahmen nicht steuerfrei. Sie sind vielmehr den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. §49 Abs. 1 N r . 6 EStG zuzuordnen. Dies folgt aus der isolierenden Betrachtungsweise. Sie wurde von der Rechtsprechung' entwickelt und ist heute in §49 Abs. 2 EStG kodifiziert. Danach kommt es für die Beurteilung der Frage, welcher Einkunftsart die inländischen Einkünfte zuzurechnen sind, ausschließlich auf die inländischen Verhältnisse an. Die Finanzverwaltung soll davon befreit werden, Besteuerungsgrundlagen, die im Ausland verwirklicht 1

B F H v. 2 0 . 1 . 1 9 5 9 I 112/57 S, BStBl. 1959 III S.133; v. 13.12.1961 I 209/60 U , BStBl. 1962 III S. 85; v. 16.12.1970 I R 137/68, BStBl. 1971 II S. 200; vgl. auch B F H v. 1.12.1982 I B 11/82, BStBl. 1983 III S.367.

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Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte

§46

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werden, festzustellen und zu überprüfen. Andererseits dient die isolierende Betrachtungsweise auch dazu, die inländischen Einkünfte überhaupt steuerpflichtig zu machen. D a es auf die ausländischen Verhältnisse nicht ankommt, zählen die Mieteinnahmen aus einem inländischen Wohngrundstück auch dann zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn sich dieses Grundstück im Betriebsvermögen eines ausländischen Gewerbebetriebs befindet. O h n e die isolierende Betrachtungsweise lägen betriebliche Einkünfte vor, die steuerfrei blieben, falls der ausländische Gewerbebetrieb im Inland weder eine Betriebsstätte noch einen ständigen Vertreter unterhielte.

1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind steuerpflichtig, wenn die Land- und Forstwirtschaft im Inland betrieben wird, § 4 9 Abs. 1 N r . 1 E S t G . O b das der Fall ist, richtet sich danach, wo die bewirtschafteten Grundstücke liegen. Es kommt nicht darauf an, von wo aus die Bewirtschaftung erfolgt. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören der laufende Gewinn und, da § 4 9 Abs. 1 N r . 1 E S t G auch auf § 14 E S t G verweist, der Gewinn aus der Veräußerung oder der Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes.

2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen einmal nach § 49 Abs. 1 N r . 2 a E S t G Gewinne, die ein beschränkt Steuerpflichtiger erzielt, weil er im Inland für den Gewerbebetrieb eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter unterhält. Steuerpflichtig sind weiter gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen, die zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen Beförderungen vornehmen, § 4 9 Abs. 1 N r . 2 b E S t G . Schließlich gehört der Gewinn aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung i. S. d. § 1 7 E S t G zu den gewerblichen Einkünften, wenn die Kapitalgesellschaft, deren Anteil veräußert wird, ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat, § 49 Abs. 1 N r . 2 c E S t G .

a) Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 a EStG Ein beschränkt Steuerpflichtiger, der im Inland selbständig, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnimmt, also gemäß § 1 Abs. 1 G e w S t D V (ab 1984 auch § 15 Abs. 2 E S t G n. F.) gewerblich tätig wird, muß Einkünfte, die er hierbei erzielt, nur dann der Besteuerung unterwerfen, wenn er im Inland eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter unterhält. Ist das nicht der Fall, sind seine gewerblichen Einkünfte (von § 49 Abs. 1 N r . 2 b, c E S t G abgesehen) grundsätzlich steuerfrei. Wann eine Betriebsstätte gegeben ist, richtet sich nach § 12 A O 1977. Danach ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, eine Betriebsstätte. Die Geschäftseinrichtung oder Anlage braucht dem beschränkt Steuerpflichtigen nicht zugehören; ihm muß aber ein eigenes Verfü541

§46

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4. Teil. Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige

gungsrecht zustehen 2 . Wird er von einem Hotel aus tätig, begründet er damit keine Betriebsstätte 3 . Nach § 12 A O 1977 sind unter anderem die Geschäftsleitung, die Zweigniederlassung, die Geschäftsstelle, die Fabrikations- oder Werkstätten, das Warenlager, Ein- oder Verkaufsstellen, aber auch Bauausführungen oder Montagen als Betriebsstätten anzusehen, wenn sie länger als sechs Monate -dauern. Die Aufzählung in § 12 A O 1977 ist lediglich beispielhaft. Es sind daher weitere Fälle denkbar, in denen eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage eine Betriebsstätte darstellt. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Einrichtung oder Anlage dem Unternehmen unmittelbar und nicht nur zu vorbereitenden Tätigkeiten dient. Ein ständiger Vertreter ist nach § 13 A O 1977 eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Dazu zählen Personen, die für ein Unternehmen nachhaltig Verträge abschließen, vermitteln, Aufträge einholen oder einen Bestand von Gütern oder Waren unterhalten und davon Auslieferungen vornehmen. Fehlt es an einer Betriebstätte, so sind die gewerblichen Einkünfte steuerpflichtig, falls der beschränkt Steuerpflichtige einen selbständigen Vertreter bestellt hat. Ein ständiger Vertreter ist vorhanden, wenn er nicht nur im Einzelfall, sondern generell für den Unternehmer tätig werden soll. Ein Reisender, den ein ausländisches Unternehmen gelegentlich ins Inland entsendet, ist auch dann kein ständiger Vertreter, falls er im Inland die allgemeinen Interessen seines Unternehmens wahrnimmt 4 . Andererseits ist es nicht erforderlich, daß der ständige Vertreter im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hat5. Es muß aber eine Person sein, die nachhaltig, also für eine gewisse Dauer, die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. b) Einkünfte i. S. d. §49 Abs. 1 Nr. 2 b EStG Unabhängig davon, ob im Inland eine Betriebsstätte vorhanden oder ein ständiger Vertreter bestellt ist, sind gewerbliche Einkünfte steuerpflichtig, die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe (dazu gehören auch Küstenschiffe) oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden. In diesen Fällen kommt es nicht darauf an, ob das ausländische Unternehmen eine Beziehung zum Inland begründet, es ist vielmehr entscheidend, ob es in oder von inländischen Häfen aus tätig wird. Gewerbliche Gewinne aus Beförderungsleistungen i. S. d. § 4 9 Abs. 1 Nr. 2 b EStG sind gemäß § 49 Abs. 4 EStG steuerfrei, wenn der ausländische Staat, in dem der beschränkt Steuerpflichtige wohnt oder sich gewöhnlich aufhält, einem inländischen Steuerpflichtigen für derartige Einkünfte eine entsprechende Steuerbefreiung einräumt. Liegen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht vor, werden die 2

BFH v. 1 8 . 3 . 1 9 7 6 IV R 168/72, BStBl. 1976 II S. 365

3

Vgl. Klein/Flockermann/Kühr-F.

4

RFH v. 29.6.1934 I A 56/33, RStBl. 1934 S. 1125.

5

Vgl. Klein/Flockermann/Kühr-F.

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Klein, §49 Rdn.24. Klein, §49 Rdn.43.

Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte

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Einkünfte teilweise besteuert. Nach § 49 Abs. 3 EStG sind sie lediglich mit 5 % der für die Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen. c) Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 c EStG Schließlich gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb Gewinne, die ein beschränkt Steuerpflichtiger aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielt (§17 EStG), die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat. Auch dieser Veräußerungsgewinn ist unabhängig davon steuerpflichtig, ob der beschränkt Steuerpflichtige eine inländische Betriebsstätte unterhält oder einen ständigen Vertreter im Inland bestellt hat. 3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit §49 Abs. 1 Nr. 3 EStG, der die Einkünfte aus selbständiger Arbeit regelt, enthält keine vergleichbaren Einschränkungen, wie sie für die Steuerpflicht gewerblicher Einkünfte bestehen. Die Steuerpflicht von Einkünften aus selbständiger Arbeit hängt nicht davon ab, ob der selbständig Tätige im Inland eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter hat. Seine Einkünfte unterliegen der Steuerpflicht, wenn die selbständige Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Für ihn kann es daher günstiger sein, wenn seine Einkünfte zu den gewerblichen zu rechnen sind. Eine Tätigkeit wird im Inland ausgeübt, soweit der Steuerpflichtige persönlich im Inland arbeitet. Es genügt, daß dies vorübergehend, gelegentlich oder einmalig geschieht. Ein ausländischer Musiker, der im Inland ein Konzert gibt, und ein ausländischer Arzt, der im Inland eine Operation ausführt, erzielen daher Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die beschränkt steuerpflichtig sind. Verwertet wird die selbständige Arbeit im Inland, wenn der beschränkt Steuerpflichtige zwar nicht selbst im Inland tätig wird, die Ergebnisse seiner Arbeit aber im Inland von anderen Personen genutzt werden und er deshalb aus dem Inland Einkünfte als Erfolg seiner im Ausland ausgeübten Tätigkeit erzielt. Eine steuerpflichtige Verwertung einer im Ausland ausgeübten selbständigen Tätigkeit im Inland kommt vor allem für ausländische Wissenschaftler, Schriftsteller, Komponisten und Künstler in Betracht. Die Einnahmen, die ihnen aus der inländischen Verwertung ihrer ausländischen selbständigen Tätigkeit zufließen, unterliegen der beschränkten Steuerpflicht. Das gilt nicht nur für die Gema-Gebühren 6 und das Entgelt für die Übertragung eines Urheberrechts 7 , sondern auch für den Verkaufspreis, den ein ausländischer Maler im Inland für ein Bild erhält, das er im Ausland gemalt hat8.

6 7 8

B F H v. 2 8 . 2 . 1 9 7 3 I R 145/70, BStBl. 1973 II S.660. Vgl. Abschnitt 222 a Abs. 1 S.3 EStR. FG Baden-Württemberg v. 18. 5.1978 VI 154/74, EFG 1978, 546. 543

§46

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4. Teil. Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige

4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind beschränkt steuerpflichtig, falls die Tätigkeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, §49 Abs. 1 N r . 4 EStG. Die nichtselbständige Arbeit wird im Inland ausgeübt, wenn der Arbeitnehmer hier persönlich tätig ist. Sie wird im Inland verwertet, wenn eine im Ausland ausgeübte Tätigkeit oder ihr Ergebnis wirtschaftlich einem inländischen Arbeitgeber zu dienen bestimmt ist oder im Inland genutzt und der Arbeitslohn zu Lasten eines inländischen Arbeitgebers gezahlt wird. Diese Voraussetzungen' sind z. B. bei einem Ingenieur erfüllt, der im Ausland für einen deutschen Lieferanten die Auslieferung und Betreuung technischer Geräte übernimmt und dafür von diesem entlohnt wird. Beschränkt steuerpflichtig sind außerdem alle Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, §49 Abs. 1 N r . 4 EStG. Dies gilt für pensionierte Beamte oder Angestellte des öffentlichen Dienstes, die nach der Beendigung ihrer beruflichen Tätigkeit im Ausland wohnen. 5. Einkünfte aus Kapitalvermögen Welche Einkünfte aus Kapitalvermögen der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, ergibt sich aus §49 Abs. 1 N r . 5 EStG. Diese Vorschrift verweist weitgehend auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. §20 Abs. 1, 2 EStG. Gleichwohl bestehen erhebliche Unterschiede. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. d. §20 Abs. 1 N r . 9 EStG, also Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen, fallen nicht unter die beschränkte Steuerpflicht; diese Ziffer des §20 Abs. 1 EStG ist in §49 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht erwähnt. Andererseits gehört die anzurechnende oder zu vergütende Körperschaftsteuer, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählt, ohne Einschränkung zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften, §49 Abs. 1 N r . 5 b EStG. Alle übrigen Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. §20 Abs. 1 EStG, also die Ziffern 1, 2, 4—8, sind auch in §49 Abs. 1 Nr. 5 EStG erwähnt. Beschränkt steuerpflichtig sind sie aber lediglich dann, wenn die zusätzlichen Voraussetzungen, die § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG aufstellt, gegeben sind. Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. §20 Abs. 1 N r n . 1, 2, 4, 6, 7 EStG unterliegen der beschränkten Steuerpflicht, wenn der Schuldner der Kapitalerträge seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Inland hat. Das gleiche gilt für Zinsen aus Anleihen oder Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind, § 49 Abs. 1

9

Vgl. Abschnitt 92 Abs. 2 LStR.

544

Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte

§46

I 7

Nr. 5 c bb EStG. Diese Kapitalerträge, für die, wie oben ausgeführt10, gemäß §43 Abs. 1 N r . 6 EStG grundsätzlich Kuponsteuer neuer Art zu zahlen ist, sind nicht beschränkt steuerpflichtig, falls sie auch (ausnahmsweise) nach § 43 Abs. 1 Nr. 6 S. 3 EStG von der Kuponsteuer befreit sind. Darüber hinaus sind die Kapitalerträge, für die gemäß §43 Abs. 1 Nr. 5 EStG die Kuponsteuer alter Art zu entrichten ist", von der beschränkten Steuerpflicht ausgenommen. Für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen gilt diese Befreiung allerdings nicht. Im übrigen hat ein beschränkt Steuerpflichtiger Kapitalerträge i. S. d. §20 Abs. 1 Nr. 5, 8 EStG, also Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden, Renten aus Rentenschulden und Zinsen aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, zu versteuern, soweit das Kapitalvermögen (nicht die Einkünfte daraus) unmittelbar oder mittelbar dinglich gesichert ist, §49 Abs. 1 Nr. 5 c aa EStG. Da diese Voraussetzung bei Schuldscheindarlehen, Spareinlagen oder Bankguthaben in der Regel nicht erfüllt ist, werden die Zinsen aus derartigem Kapitalvermögen von der beschränkten Steuerpflicht nicht erfaßt. Wegen der Verweisung in §49 Abs. 1 Nr. 5 EStG auf §20 Abs. 2 EStG gehören zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften auch besondere Entgelte oder Vorteile sowie Einkünfte aus der Veräußerung von Dividendenscheinen, Zinsscheinen oder sonstigen Ansprüchen, die der Steuerpflichtige ohne die dazugehörigen Aktien, Schuldverschreibungen oder sonstigen Anteile veräußert. 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Von den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. §21 EStG unterliegt wiederum lediglich ein Teil der beschränkten Steuerpflicht. Steuerpflichtig sind inländische Einkünfte, wenn das unbewegliche Vermögen, Sachinbegriffe oder Rechte im Inland belegen, in ein inländisches öffentliches Buch oder Register (z. B. Grundbuch, Schiffsregister, Patent-, Markenschutz-, Gebrauchsmusterregister) eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte verwertet werden, §49 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen gilt auch hier § 21 Abs. 3 EStG, wonach Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur anzunehmen sind, sofern sie nicht einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind. 7. Sonstige Einkünfte a) Wiederkehrende Bezüge i. S. d. § 22 Nr. 1 EStG Wiederkehrende Bezüge fallen nicht unter die beschränkte Steuerpflicht. §49 Abs. 1 Nr. 7 EStG macht die Steuerpflicht davon abhängig, ob derartige Bezüge dem Steuerabzug unterworfen sind. Das Einkommensteuergesetz enthält aber keine Vorschrift, nach der von wiederkehrenden Bezügen ein Steuerabzug vorzunehmen ist. § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG hat daher keine praktische Bedeutung.

10

11

Vgl. dazu oben §45 III 3, S.536f. Vgl. dazu oben §45 III 2, S.535.

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Tiedtke, Einkommensteuer

§46

I 8

4. Teil. Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige

Unterhaltsleistungen an geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten i. S. d. § 22 N r . 1 a. E S t G gehören ebenfalls nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften; § 2 2 N r . 1 a. E S t G wird in § 4 9 Abs. 1 EStG nicht erwähnt.

b) Spekulationsgewinne

i. S. d. §22 Nr. 2 EStG

Spekulationsgewinne, die ein beschränkt Steuerpflichtiger erzielt, sind nur steuerpflichtig, soweit es sich um Spekulationsgeschäfte mit inländischen Grundstücken oder inländischen grundstücksgleichen Rechten handelt, § 4 9 Abs. 1 N r . 8 E S t G . Spekulationsgewinne, die aus der Veräußerung beweglicher Wirtschaftsgüter entstehen, werden von der beschränkten Steuerpflicht nicht erfaßt.

c) Abgeordnetenbezüge

i. S. d. § 22 Nr. 4 EStG

§ 4 9 Abs. 1 N r . 8 a E S t G macht die Abgeordnetenbezüge i . S . d . § 2 2 Nr. 4 E S t G beschränkt einkommensteuerpflichtig. Diese Vorschrift soll gewährleisten, daß Abgeordnete, die nach der Beendigung ihres Mandats im Inland weder einen Wohnsitz noch einen ständigen Aufenthalt haben, ihre (Ruhegehalts-)Bezüge der beschränkten Steuerpflicht unterwerfen müssen.

d) Einkünfte aus Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG Nach § 49 Abs. 1 N r . 9 E S t G unterliegen Einkünfte aus Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 E S t G der beschränkten Steuerpflicht, falls sie aus der Vermietung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung von know-how erzielt werden, das im Inland genutzt wird oder genutzt worden ist. § 49 Abs. 1 Nr. 9 E S t G ist eine Auffangvorschrift; sie gilt nur, wenn die Einkünfte nicht bereits nach § 4 9 Abs. 1 Nrn. 1—8 E S t G beschränkt steuerpflichtig sind. Eine Gebühr, die für die Verwertung eines Lizenzrechts in einer inländischen Betriebsstätte gezahlt wird, gehört zu den gewerblichen Einkünften nach § 4 9 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Fehlt es an einer Betriebsstätte im Inland, obwohl der beschränkt Steuerpflichtige gewerblich tätig ist, sind die Lizenzgebühren zwar gewerbliche Einkünfte, als solche sind sie aber nicht beschränkt steuerpflichtig. Insoweit greift § 4 9 Abs. 1 N r . 9 EStG als Auffangvorschrift ein. Es kommt nicht darauf an, ob die Einkünfte i . S . d . § 2 2 N r . 3 E S t G bei unbeschränkt Steuerpflichtigen unter eine Einkunftsart fallen, die die Anwendung des § 22 N r . 3 E S t G verdrängt. Selbst wenn das der Fall wäre, bleibt § 49 Abs. 1 N r . 9 E S t G anwendbar. Voraussetzung ist aber stets, daß es sich überhaupt um ein Nutzungsentgelt i . S . d . § 2 2 Nr. 3 EStG handelt. § 4 9 Abs. 1 N r . 9 E S t G geht von dem Anwendungsbereich des § 2 2 N r . 3 E S t G aus; er erweitert ihn nicht.

8. Nachträgliche inländische Einkünfte Nachträgliche Einkünfte werden wie die ursprünglichen behandelt. Es gilt § 2 4 N r . 2 E S t G . Sie zählen daher zu den inländischen Einkünften, wenn sie der ehemaligen Tätigkeit zuzurechnen sind, aus der inländische Einkünfte erzielt wur546

Einschränkungen des Besteuerungsrechts durch Doppelbesteuerungsabkommen

§47

den. Nachträgliche Einkünfte aus der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis unterliegen somit nur der beschränkten Steuerpflicht, falls der Veräußerer seinen Wohnsitz in das Ausland verlegt hat 12 .

II. Erweitert beschränkt Steuerpflichtige Für Steuerpflichtige, die nach § 2 A S t G erweitert beschränkt steuerpflichtig sind, gelten die Einschränkungen des § 4 9 E S t G nicht. Sie sind mit allen inländischen Einkünften i . S . d . § 2 Abs. 1 E S t G steuerpflichtig, § 2 Abs. 1 S. 1 A S t G . Ein weiterer Nachteil folgt für diese Personengruppe aus § 2 Abs. 5 A S t G ; für sie gilt stets der Steuersatz, der sich für sämtliche Einkünfte, also auch die ausländischen, ergibt (Progressionsvorbehalt) 1 3 . Es soll nicht darauf ankommen 1,1 , ob ein Progressionsvorbehalt in einem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart ist. Schließlich wird die Einkommensteuer im Veranlagungsverfahren nacherhoben, wenn sie höher ist als die im Wege des Quellenabzugs einbehaltene Steuer. § 5 0 Abs. 5 E S t G , der bestimmt, daß die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen durch den Steuerabzug als abgegolten gilt, ist nicht anzuwenden, § 2 Abs. 5 S. 2 A S t G . Ist die Einkommensteuer niedriger als die einbehaltene Quellenabzugssteuer, bleibt es bei dem definitiven Charakter des Quellenabzugs; der Steuerpflichtige erhält die Differenz nicht erstattet. § 2 Abs. 5 S. 3 A S t G ordnet vielmehr an, die Einkommensteuer dürfe die Steuerabzugsbeträge nicht unterschreiten. Allerdings soll ein Steuerpflichtiger, der erweitert beschränkt steuerpflichtig ist, nicht schlechter gestellt werden als ein unbeschränkt Steuerpflichtiger. Deshalb läßt § 2 Abs. 6 A S t G den Nachweis zu, eine solche Schlechterstellung sei eingetreten. In diesem Falle wird die Steuer insoweit nicht erhoben, als sie die Steuer überschreitet, die ein unbeschränkt Steuerpflichtiger zu entrichten hätte 15 .

§ 47 Einschränkungen des Besteuerungsrechts durch Doppelbesteuerungsabkommen Steuerpflichtige, die im Inland der beschränkten oder der erweitert beschränkten Steuerpflicht unterliegen, sind in der Regel in einem anderen Staat ansässig und somit dort unbeschränkt steuerpflichtig. Sie werden damit, wenn auch in unterschiedlichem Umfange, doppelt besteuert. Zu einer Doppelbesteuerung kommt es

12

B F H v. 1 2 . 1 0 . 1 9 7 8 I R 6 9 / 7 5 , BStBl. 1979 II S.64.

13

Vgl. dazu und zur Berechnung der ausländischen Einkünfte § 3 8 , S. 4 7 7 f. Vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 11. 7 . 1 9 7 4 , BStBl. 1974 I S. 442, 4 4 9 ; a . A . Flick-Wassermeyer, F R 1974, 574, 575. Zu der Frage, wie diese Vergleichsrechnung durchzuführen ist, vgl. Flick-WassermeyerBecker, § 2 AStG, A n m . 117ff.

14

15

547 35»

§47

4. Teil. Besonderheiten f ü r beschränkt Steuerpflichtige

aber auch, w e n n ein Steuerpflichtiger in zwei Staaten unbeschränkt steuerpflichtig ist. Zur Verhinderung dieser Doppelbesteuerungsfälle hat die Bundesrepublik Deutschland mit zahlreichen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, in denen die Vertragsstaaten das Besteuerungsrecht untereinander mit der Folge aufgeteilt haben, daß jeweils ein Staat auf sein Besteuerungsrecht für bestimmte Einkünfte ganz oder teilweise verzichtet (Freistellungsmethode) oder sich verpflichtet, die im anderen Staat gezahlte Steuer auf seinen Steueranspruch anzurechnen (Anrechnungsmethode). Diese Doppelbesteuerungsabkommen schränken das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland in erheblichem U m f a n g e ein und gehen dem nationalen Recht vor, § 2 A O 1977. Die Bundesrepublik Deutschland hat daher, soweit sie in einem Doppelbesteuerungsabkommen auf ihr Besteuerungsrecht verzichtet hat, selbst dann nicht das Recht, Steuern zu erheben, w e n n die Steuerpflichtigen nach nationalem Recht im Inland steuerpflichtige Einkünfte erzielt haben. In diesem Falle sind die Einkünfte nicht steuerbar 1 . H a t ein beschränkt oder erweitert beschränkt Steuerpflichtiger steuerpflichtige inländische Einkünfte, so ist stets zu prüfen, welcher Staat, die Bundesrepublik Deutschland oder der Wohnsitzstaat, diese Einkünfte besteuern darf. Diese Frage hängt davon ab, zu welcher Einkunftsart die Einkünfte gehören. Nach dem O E C D M u s t e r a b k o m m e n 1977 2 , von dem die von der Bundesrepublik Deutschland neu abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen ausgehen, ist das Besteuerungsrecht auf den W o h n s i t z - und Quellenstaat wie folgt aufgeteilt: Bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gilt gemäß Art. 6 O E C D - D B A 1977 das Belegenheitsprinzip. Das Besteuerungsrecht für inländische Einkünfte aus L a n d - und Forstwirtschaft steht damit auch dann der Bundesrepublik Deutschland für im Inland belegene Betriebe zu, falls ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen ist. Bei gewerblichen Einkünften gilt das Betriebsstättenprinzip. Das Besteuerungsrecht hat somit der Staat, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Dabei ist jedoch zu beachten, daß sich der Betriebsstättenbegriff des Art. 5 O E C D - D B A 1977 nicht mit der Definition des § 1 2 A O 1977 deckt. Das O E C D - D B A 1977 stellt strengere Anforderungen an den Begriff einer Betriebsstätte. Es geht z w a r , ähnlich wie § 12 A O 1977, davon aus, jede feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt werde, sei eine Betriebsstätte. Der Unterschied z u § 12 A O 1977 besteht aber darin, daß in Art. 5 O E C D - D B A 1977 bestimmt w i r d , einzelne Einrichtungen gälten nicht als Betriebsstätten. Dies betrifft z. B. Einrichtungen, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden. Im Gegensatz zu 1

!

Vgl. aber die Sonderregelung in Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz, nach der bei der erweitert beschränkten Steuerpflicht die Schutzwirkung des D B A grundsätzlich erst mit dem 6. Jahr nach der Abwanderung eingreift. Einzelheiten dazu vgl. bei Korn/Debatin, DBA-Schweiz, A r t . 4 A n m . 5 S. 444 ff. Vgl. dazu oben § 2 I 4 a, S. 12.

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Einschränkungen des Besteuerungsrechts durch Doppelbesteuerungsabkommen

§ 47

§12 A O 1977 ist eine Bauausführung oder Montage lediglich dann eine Betriebsstätte, wenn ihre Dauer 12 Monate (also nicht nur 6) überschreitet. Für Einkünfte aus selbständiger Arbeit steht das Besteuerungsrecht dem Staat zu, in dem der Selbständige ansässig ist. Dem Quellenstaat bleibt das Besteuerungsrecht, falls der selbständig Tätige dort eine feste Einrichtung unterhält und ihr diese Einkünfte zugerechnet werden können. Aufsichtsratsvergütungen darf der Staat besteuern, in dem die Gesellschaft ansässig ist, Art. 16 O E C D - D B A 1977. Für Einkünfte, die Künstler und Sportler erzielen, kommt es darauf an, in welchem Staat sie ihre Tätigkeit ausüben, Art. 17 O E C D - D B A 1977. Bei ihnen ist es unerheblich, ob sie selbständig oder nichtselbständig tätig sind. Der Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wird in den Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich begrenzt. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die im Inland verwertet wird, sind von der Besteuerung ausgenommen. Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte, die der Steuerpflichtige erzielt, weil er eine Tätigkeit im Inland persönlich ausübt, wird auf die Vertragsstaaten wie folgt verteilt: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die von einem privaten Arbeitgeber gezahlt werden, sind grundsätzlich (Art. 15 O E C D - D B A 1977) in dem Staat zu versteuern, in dem die nichtselbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Erhält ein ehemaliger Arbeitnehmer Ruhegehälter aus einem privaten Arbeitsverhältnis, steht das Besteuerungsrecht dem Staat zu, in dem der Arbeitnehmer jetzt wohnt, Art. 18 O E C D - D B A 1977. Das gilt auch für Sozialversicherungsrenten 3 . Einige Staaten stellen die Sozialversicherungsrenten den staatlichen Ruhegehältern gleich. In diesem Falle hat der Staat das ausschließliche Besteuerungsrecht, aus dem die Zahlung erfolgt. Vergütungen, die ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber zahlt, werden, unabhängig davon, ob es sich um Ruhegehälter oder andere Bezüge handelt, jeweils von dem zahlenden Staat besteuert, Art. 19 O E C D - D B A 1977. Zahlungen, die ein Student, Praktikant oder Lehrling für den Unterhalt, sein Studium oder seine Ausbildung aus Quellen außerhalb des Staates erhält, in dem er sich zur Ausbildung befindet, sind in diesem Staat steuerfrei, Art. 20 O E C D - D B A 1977. Für Einkünfte aus Kapitalvermögen steht gemäß Art. 10 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1 O E C D - D B A 1977 das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat zu. Es bleibt dem Quellenstaat jedoch unbenommen, die Kapitalerträge nach seinem Recht zu besteuern. Dies geschieht in der Bundesrepublik Deutschland durch die Erhebung der Kapitalertragsteuer. Für Dividenden ist das Besteuerungsrecht des Quellenstaates jedoch beschränkt, vgl. Art. 10 Abs. 2 O E C D - D B A 1977. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gilt das Belegenheitsprinzip des Art. 6 O E C D - D B A 1977, soweit es sich um Miet- und Pachteinkünfte aus 5

Das Besteuerungsrecht stünde auch dann dem Wohnsitzstaat zu, wenn man annähme, Leistungen aus der Sozialversicherung seien Einkünfte i . S . d . Art.21 O E C D - D B A 1977; vgl. Korn/Debatin, DBA-Schweiz, Art. 18 Anm. 3 c, S.635. 549

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unbeweglichem Vermögen handelt. Einkünfte aus der Vermietung von Sachinbegriffen und der Überlassung von Rechten werden in dem Staat besteuert, in dem der Steuerpflichtige, dem die Einkünfte zufließen, wohnt, Art. 12 OECD-DBA 1977. Das Besteuerungsrecht für Spekulationsgewinne aus der Veräußerung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten hat gemäß Art. 13 OECD-DBA 1977 der Staat, in dem das veräußerte unbewegliche Vermögen liegt. Das gleiche gilt für Gewinne, die aus der Veräußerung beweglichen Vermögens entstehen, das zum Betriebsvermögen einer Betriebsstätte gehört, Art. 13 Abs. 2 OECD-DBA 1977. Abgeordnetenbezüge sind im Wohnsitzstaat zu besteuern. Sie zählen zu den nicht ausdrücklich geregelten Einkünften i.S.d. Art. 21 OECD-DBA 1977". Einkünfte, die aus der Überlassung von know-how entstehen, werden wie Lizenzgebühren behandelt. Das Besteuerungsrecht wird gemäß Art. 12 O E C D DBA 1977 dem Wohnsitzstaat zugewiesen.

§ 48 Steuererhebung Für beschränkt Steuerpflichtige ist die Einkommensteuer im Wege der Veranlagung oder durch Abzug der Steuer an der Quelle zu erheben. Eine Veranlagung kommt nur in Betracht, wenn die Einkommensteuer nicht durch Quellenabzug einbehalten wird. Dieser ist also vorrangig.

I. Quellenabzug Anders als bei den unbeschränkt Steuerpflichtigen ist der Quellenabzug nicht auf die Lohn- und Kapitalertragsteuer beschränkt. § 50 a EStG erweitert ihn vielmehr für Aufsichtsratsvergütungen, für bestimmte Berufsgruppen und für Einkünfte aus der Überlassung von Sachen und Rechten. 1. Steuerabzug bei Aufsichtsratsvergütungen Vergütungen jeder Art, die beschränkt steuerpflichtigen Mitgliedern des Aufsichtsoder Verwaltungsrats von inländischen1 Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Personenvereinigungen des privaten und des öffentlichen Rechts für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden, also die Aufsichtsratsvergütungen, unterliegen nach § 50 a Abs. 1 EStG dem Steuerabzug. Das Gesetz definiert ihn als Aufsichtsratsteuer. Die Bemessungsgrundlage für die Aufsichtsratsteuer ist der volle Betrag der Aufsichtsratsvergütung. Der Steuersatz beträgt 30%. Übernimmt der Schuldner der Aufsichtsratsvergütung die Steuer, kann die Aufsichtsratsteuer von

4

Vgl. Bliimich/Falk, §49 Rz.212.

1

Zum Begriff vgl. § 73 a Abs. 1 EStDV.

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der ausgezahlten Aufsichtsratsvergütung berechnet werden. In diesem Fall entspricht dies einem Steuersatz von 42,85 % 2 . Die Einkommensteuer ist durch den Steuerabzug abgegolten, es sei denn, die Aufsichtsratsvergütung gehörte zu den Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebes (§50 Abs. 5 EStG) oder das Aufsichtsratsmitglied wäre erweitert beschränkt steuerpflichtig, §2 Abs. 5 S.2 AStG. Zur Aufsichtsratsvergütung zählt alles, was der Steuerpflichtige für seine Uberwachungstätigkeit erhält. Es ist unerheblich, ob dies Geld- oder Sachleistungen sind. Vergütungen, die nicht im Zusammenhang mit seiner Aufsichtsratstätigkeit stehen, die ihm also aus anderem Anlaß gewährt werden, unterliegen nicht dem Steuerabzug. Die Aufsichtsratsteuer wird von der Aufsichtsratsvergütung erhoben, ohne daß der Steuerpflichtige irgendeinen Abzug vornehmen darf. Selbst Reisekosten, die ihm die Gesellschaft vergütet, fallen in die steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, soweit der Erstattungsbetrag die tatsächlichen Auslagen übersteigt, § 50 a Abs. 3 EStG. Sollte die Aufsichtsratsvergütung umsatzsteuerpflichtig sein3, so ist auch die Umsatzsteuer Teil der Aufsichtsratsvergütung. 2. Steuerabzug bei Künstlern, Berufssportlern, Schriftstellern, Journalisten und Bildberichterstattern Nach §50a Abs. 4 EStG unterliegen die Einkünfte bestimmter Berufsgruppen dem Steuerabzug. Dazu gehören beschränkt steuerpflichtige Künstler, Berufssportler, Schriftsteller, Journalisten oder Bildberichterstatter einschließlich solcher Tätigkeiten für den Rundfunk oder Fernsehfunk. Bei ihnen wird der Steuerabzug vorgenommen, ohne daß es darauf ankommt, ob ihre Einkünfte als gewerblich, selbständig oder nichtselbständig anzusehen sind. Werden sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig, verdrängt §50a Abs. 4 EStG die Anwendung des § 39 d EStG. Der Steuerabzug nach §50a Abs. 4 EStG setzt stets voraus, daß überhaupt steuerpflichtige Einkünfte gegeben sind. Weder begründet noch erweitert er die beschränkte Steuerpflicht. Deshalb ist vor dem Steuerabzug zu prüfen, ob steuerpflichtige Einkünfte vorhanden sind. Dies kann vor allem bei einem Berufssportler fraglich sein, wenn er nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig wird. Er erzielt dann regelmäßig gewerbliche Einkünfte 4 . Diese sind aber nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG nur steuerpflichtig, falls er im Inland eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter unterhält. Da an dieser Einordnung auch die isolierende Betrachtungsweise i. S. d. §49 Abs. 2 EStG nichts ändern kann (der Berufssportler wird auch nach rein inländischen Verhältnissen nichtselbständig tätig), sind die Einkünfte eines (nicht angestellten) Berufssportlers regelmäßig nicht steuerpflichtig. § 50 a Abs. 4 EStG kommt damit nicht zur Anwendung. 2 5

4

Vgl. Abschnitt 227 c Abs. 1 EStR. Vgl. dazu das Schreiben des Bundesministers der Finanzen v. 4.6.1981 IV A 2 — S 7117 — 32/81, BStBl. 1981 I S.481. Vgl. B F H v. 17.2.1955 IV 77/53 S, BStBl. 1955 III S. 100. 551

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Bei steuerpflichtigen Einkünften ist der Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 a EStG vom Bruttobetrag der Vergütung vorzunehmen. Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und Steuern dürfen nicht abgezogen werden, § 73 b EStDV. Der Steuersatz beträgt 15 % der Einnahmen, wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt wird; er erhöht sich auf 25 % , falls die Tätigkeit im Inland lediglich verwertet wird, § 50 a Abs. 4 S. 2, 3 EStG. Durch diese unterschiedlichen Steuersätze berücksichtigt der Gesetzgeber die höheren Kosten des Steuerpflichtigen, der persönlich im Inland tätig wird. Ubernimmt der Schuldner die Vergütung der Steuer für den beschränkt Steuerpflichtigen, ergibt sich ein Steuersatz von 17,64% oder 33,33% des ausgezahlten Betrages 5 . Gemäß § 50 Abs. 5 EStG ist die Einkommensteuer durch den Steuerabzug grundsätzlich abgegolten. 3. Steuerabzug bei Überlassung von Sachen und Rechten Nach § 50 a Abs. 4 b EStG ist der Steuerabzug weiter bei Einkünften vorzunehmen, die aus Vergütungen für die Nutzung beweglicher Sachen, Urheberrechten, gewerblichen Schutzrechten und von know-how herrühren. Der Steuerabzug setzt voraus, daß die Vergütungen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung oder zu den sonstigen Einkünften i. S. d. § 49 Abs. 1 N r . 9 EStG gehören. Der Steuersatz beträgt 25 % der Bruttobezüge ohne jeden Abzug, § 73 b EStDV, oder, falls der Vergütungsschuldner die Steuer übernimmt, 33,33 % des Auszahlungsbetrages. 4. Steuerabzug bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen auch bei beschränkt Steuerpflichtigen der Lohnsteuer. Sie wird genauso wie bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen vom Arbeitgeber einbehalten. Grundlage des Lohnsteuerabzugs ist jedoch nicht die Lohnsteuerkarte. Ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer erhält keine Lohnsteuerkarte, § 39 Abs. 1 S. 1 EStG. An ihre Stelle tritt gemäß § 39 d Abs. 1 S. 3 EStG eine Bescheinigung des Betriebsstättenfinanzamtes, die der Arbeitnehmer beantragen und dem Arbeitgeber vorlegen muß. In diese ist die maßgebende Steuerklasse und die Zahl der Kinder einzutragen. Für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer sieht das Gesetz drei Steuerklassen vor. Sie erhalten entweder die Steuerklasse I oder, wenn ihnen ein oder mehrere Kinder zugerechnet werden ( § 3 2 a Abs. 4—7 EStG), die Steuerklasse II. Ihnen steht damit der Haushaltsfreibetrag i . H . v . 4212,— D M zu, §50 Abs. 4 S. 3 EStG. Für die Einordnung in eine Steuerklasse ist es unerheblich, ob der Arbeitnehmer ledig oder verheiratet ist. Für ein zweites oder für weitere inländische Arbeitsverhältnisse erhält auch er die Steuerklasse VI, § 3 9 d Abs. 1 S . 2 i . V . m . § 3 8 b N r . 6 EStG. Diese Steuerklasse ist für den Lohnsteuerabzug auch dann maßgebend, wenn der beschränkt steuerpflich-

5

Vgl. Abschnitt 227 c Abs. 2 EStR.

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tige Arbeitnehmer dem Arbeitgeber keine Lohnsteuerbescheinigung vorlegt, § 39 d Abs. 3 S. 4 i. V. m. § 39 c Abs. 1 E S t G . Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, bei denen gemäß § 50 Abs. 4 E S t G die persönlichen Verhältnisse weitgehend berücksichtigt werden, können ebenso wie unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer in einem Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren vom Betriebsstättenfinanzamt Freibeträge auf ihrer Lohnsteuer-Bescheinigung eintragen lassen. Sie müssen ihren Antrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bis zum Ablauf des Kalenderjahrs stellen. Liegen die Voraussetzungen vor, so sind der Altersfreibetrag nach § 32 Abs. 2 E S t G , Werbungskosten, soweit sie die Pauschbeträge übersteigen, und über den Pauschbetrag hinausgehende Sonderausgaben eintragungsfähig, soweit sie keine Vorsorgeaufwendungen darstellen. Vorsorgeaufwendungen kommen beschränkt Steuerpflichtigen nur über die Vorsorgepauschale zugute, die in die Lohnsteuertabellen eingearbeitet ist. Höhere Aufwendungen werden bei ihnen nicht berücksichtigt. Dies ist für sie besonders dann nachteilig, falls ihnen die Vorsorgepauschale nicht in voller H ö h e gewährt wird, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer von dem Arbeitslohn einbehält, der sich nach Abzug der auf der Lohnsteuer-Bescheinigung eingetragenen Freibeträge ergibt 6 . In der Rechtslehre 7 wird daher die Ansicht vertreten, daß sie die höhere Lohnsteuer, die sie deshalb gezahlt haben, nach § 3 7 Abs. 2 A O 1977 vom Finanzamt zurückverlangen können. N e b e n den Vorsorgeaufwendungen sind auch außergewöhnliche Belastungen von der Eintragung auf der Lohnsteuer-Bescheinigung ausgeschlossen. Für die Berücksichtigung von Werbungskosten und Sonderausgaben, die keine Vorsorgeaufwendungen sind, gilt jedoch nicht die Eintragungsgrenze von 1 8 0 0 , — D M ; auf § 39 a Abs. 2 S. 4 E S t G wird in § 39 d E S t G nicht Bezug genommen. Dies ist auch sachgerecht, weil beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit haben, diese Aufwendungen in einem Lohnsteuer-Jahresausgleich geltend zu machen. D e r Arbeitgeber hat den Lohnsteuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen in gleicher Weise durchzuführen wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen. Gemäß § 3 9 d Abs. 3 i . V . m . § 3 9 b Abs. 2 - 6 E S t G muß er vom Arbeitslohn, falls die Voraussetzungen vorliegen, den Versorgungsfreibetrag nach § 1 9 Abs. 2 E S t G , den Altersentlastungsbetrag nach § 2 4 a E S t G und den Weihnachts-Freibetrag nach § 19 Abs. 3 E S t G abziehen. Schließlich ist er verpflichtet, die auf der LohnsteuerBescheinigung eingetragenen Freibeträge zu berücksichtigen. Für den so gekürzten Arbeitslohn ermittelt er die Lohnsteuer nach der maßgeblichen Lohnsteuertabelle. D u r c h ihre Anwendung wird gewährleistet, daß beschränkt Steuerpflichtigen die Freibeträge und Pauschalen zugute kommen, die dort eingearbeitet sind (vgl. § 38 c Abs. 1 E S t G ) . 6 7

Vgl. oben §44 VI 1, S.521. Nissen in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Anm. 3 m. w. N.

§ 39 d Rz. 19; Schmidt/Drenseck,

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D a beschränkt Steuerpflichtige ausschließlich die Lohnsteuerklassen I, II oder VI erhalten, kommt bei ihnen niemals der Splittingtarif zur Anwendung. Die einbehaltene Lohnsteuer ist eine Definitivsteuer, § 5 0 Abs. 5 E S t G ; für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer ist sowohl ein Lohnsteuer-Jahresausgleich als auch ein Veranlagungsverfahren ausgeschlossen. 5. Steuerabzug bei Einkünften aus Kapitalvermögen Bei Einkünften aus Kapitalvermögen wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben. Dieser Kapitalertragsteuer unterliegen beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige. Gemäß § 36 Abs. 2 N r . 2 E S t G wird sie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen auf die Einkommensteuer angerechnet. Bei beschränkt Steuerpflichtigen besteht diese Möglichkeit nicht; bei ihnen gilt die Einkommensteuer durch den Steuerabzug vom Kapitalertrag als abgegolten, § 50 Abs. 5 S. 1 E S t G . Eine Ausnahme besteht allerdings für die Kuponsteuer alter Art, die für Kapitalerträge i. S. d. § 4 3 Abs. 1 N r . 5 EStG zu zahlen ist. Diese Kapitalerträge gehören nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften i. S.d. § 4 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Ist die Kuponsteuer einbehalten worden, kann der beschränkt Steuerpflichtige ihre Erstattung nach § 44 b Abs. 5 E S t G von dem Finanzamt verlangen, an das sie abgeführt worden ist 8 . Er steht damit insoweit besser als ein unbeschränkt Steuerpflichtiger. Dieser darf allenfalls nach § 46 a E S t G beantragen, daß die Kuponsteuer alter Art im Rahmen eines Veranlagungsverfahrens auf die Einkommensteuer angerechnet und, soweit diese niedriger ist als die 3 0 % ige Kuponsteuer, an ihn erstattet wird. Andererseits unterliegen beschränkt Steuerpflichtige im weiteren Umfang als unbeschränkt Steuerpflichtige der Kapitalertragsteuer. Dies gilt für die Kuponsteuer neuer Art' nach § 43 Abs. 1 Nr. 6 E S t G und weitgehend auch für die Kapitalertragsteuer auf die Körperschaftsteuervergütungen 10 nach § 4 3 Abs. 1 Nr. 8 E S t G . 6. Steuerabzug auf Anordnung der Finanzverwaltung Nach § 50 a Abs. 7 E S t G ist das Finanzamt berechtigt, die Einkommensteuer von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften im Wege des Steuerabzugs zu erheben, wenn dies zur Sicherstellung des Steueranspruchs zweckmäßig ist. In diesem Falle bestimmt das Finanzamt auch die Höhe des Steuerabzugs. Von dieser Möglichkeit hat die Finanzverwaltung in Abschnitt 227 b EStR Gebrauch gemacht. Danach ist die Einkommensteuer bei beschränkt steuerpflichtigen Artisten, die ihre Tätigkeit im Inland selbständig ausüben und hier eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter unterhalten, im Wege des Steuerabzugs zu erheben. Der Steuerabzug beträgt in der Regel 1 5 % der Betriebseinnahmen.

! Vgl. zur Kuponsteuer alter A r t oben § 4 5 III 2, S. 535. ' Vgl. dazu oben § 4 5 III 3, S . 5 3 6 f . 10 Vgl. dazu oben § 4 5 III 4, S . 5 3 7 f .

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D a r ü b e r hinaus ist das Finanzamt aufgrund des § 50 a Abs. 7 E S t G befugt, bei sämtlichen inländischen Einkünften einen Steuerabzug a n z u o r d n e n " . Verfährt es so, dann gilt die E i n k o m m e n s t e u e r durch die Abzugsbeträge nicht als abgegolten. D e r Steuerabzug nach § 50 a A b s . 7 E S t G hat lediglich den Charakter einer Vorauszahlung. D i e E i n k o m m e n s t e u e r , zu deren Sicherung die Steuer abgezogen worden ist, ist in jedem Falle n o c h in einem Veranlagungsverfahren festzusetzen 1 2 . Ü b e r zahlte Abzugsbeträge sind dann zu erstatten. 7. D u r c h f ü h r u n g des Steuerabzugs W i e der L o h n - und Kapitalertragsteuerabzug erfolgt, ist bereits dargelegt w o r d e n " . In den anderen Fällen richtet sich die Durchführung des Steuerabzugs nach § 50 a A b s . 5 E S t G . D i e Steuer entsteht jeweils mit dem Zufluß. W e l c h e r Zeitpunkt dafür maßgebend ist, bestimmt im einzelnen § 73 c E S t D V . Steuerschuldner ist der Gläubiger der Vergütung, § 50 a A b s . 5 S. 4 E S t G . D i e Steuer m u ß aber der Schuldner der Vergütung einbehalten, beim F i n a n z a m t anmelden und an das F i n a n z a m t abführen, § 73 e E S t D V . E r haftet schließlich für ihre Einbehaltung und A b f ü h r u n g , § 5 0 a A b s . 5 S . 5 E S t G . D e r Steuerschuldner, also der Gläubiger der Vergütung, kann nur ausnahmsweise in Anspruch genommen werden. E r haftet, wenn der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug nicht vorgenommen hat. E r darf auch in Anspruch g e n o m m e n werden, wenn der Schuldner die Steuer zwar einbehalten, aber nicht an das Finanzamt abgeführt hat. In diesen Fällen hat das F i n a n z a m t aber nur dann die Möglichkeit, sich an den Gläubiger der Vergütung zu wenden, falls er das Verhalten des Schuldners kennt und es dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt. Ist die Steuer nicht ordnungsgemäß einbehalten oder abgeführt, m u ß das F i n a n z a m t gegen den Vergütungsschuldner grundsätzlich einen Haftungsbescheid erlassen, § 73 g E S t D V . E r g i b t sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen, daß Vergütungen i. S. d. § 5 0 a A b s . 1, 4 E S t G nicht oder nur nach einem v o m G e s e t z abweichenden niedrigeren Steuersatz besteuert werden k ö n n e n , darf der Vergütungsschuldner den Steuerabzug nur unterlassen oder nach dem niedrigeren Steuersatz vornehmen, falls das B u n d e s a m t für Finanzen bescheinigt, die Voraussetzungen hierfür seien gegeben, § 73 h E S t D V .

II. Veranlagung N u r soweit die E i n k o m m e n s t e u e r nicht im W e g e des Steuerabzugs erhoben wird, ist ein Veranlagungsverfahren durchzuführen. D a f ü r gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Veranlagung unbeschränkt Steuerpflichtiger. G e m ä ß § 50 E S t G ergeben " Vgl. dazu das Beispiel in B F H v. 16.12.1970 I R 44/67, BStBl. 1970 II S.235. 12 Vgl. B F H v. 26.8.1954 IV 341/53 U, BStBl. 1955 III S.63. 13 Vgl. oben §§44, 45, S. 512 ff., S. 530 ff. 555

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sich aber bei der Ermittlung der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, des Einkommens, des zu versteuernden Einkommens und des anzuwendenden Steuertarifs Unterschiede. Diese bestehen vor allen Dingen darin, daß die Vorschriften, die bei unbeschränkt Steuerpflichtigen den persönlichen Verhältnissen Rechnung tragen, für nicht anwendbar erklärt werden, weil der inländische Gesetzgeber davon ausgeht, daß die persönlichen Verhältnisse vom Wohnsitzstaat des beschränkt Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. 1. Ermittlung der Einkünfte Wie bei der unbeschränkten Steuerpflicht sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn, der nach den verschiedenen Gewinnermittlungsmethoden festzustellen ist. Bei den übrigen Einkunftsarten bildet, ebenfalls wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten die Einkünfte. Jeweils kommt es lediglich auf die inländischen Einkünfte an. Soweit der beschränkt Steuerpflichtige im Inland eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter unterhält, ist der inländische Gewinn grundsätzlich wie bei einem selbständigen Unternehmen gesondert festzustellen (sogenannte direkte Methode). Dies geschieht regelmäßig durch eine Betriebsstättenbuchführung, in der nur der Ertrag und der Aufwand seinen Niederschlag finden darf, der unmittelbar der Betriebsstätte zuzuordnen ist. Dabei ist besonders § 1 A S t G zu beachten, der bestimmt, Verrechnungspreise zwischen der inländischen Betriebsstätte und der ausländischen Gesellschaft seien so anzusetzen, wie dies unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen zwischen fremden Unternehmen geschehen wäre. Die Gewinnermittlung nach der sogenannten indirekten Methode, bei der der inländischen Betriebsstätte ein Bruchteil des Gewinns aus dem Gesamtunternehmen zugeordnet wird, wie er ihrem anteiligen Umsatz oder ihren anteiligen Betriebseinnahmen entspricht, ist nur ausnahmsweise anzuwenden 14 . Sie berücksichtigt nicht die besonderen Verhältnisse der Betriebsstätte und kommt daher lediglich in Betracht, falls die direkte Methode nicht anwendbar ist und, wie z. B. bei Versicherungsgesellschaften, das ausländische Unternehmen und die inländische Betriebsstätte unter gleichen Bedingungen die gleichen Tätigkeiten ausüben und demgemäß eine gleichartige Kostenstruktur aufweisen. Gemäß §50 Abs. 1 S. 1 EStG dürfen Betriebsausgaben oder Werbungskosten insoweit abgezogen werden, als sie mit inländischen Einkünften in unmittelbarem oder mittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Diese Vorschrift beruht auf der gleichen Erwägung wie § 3 c EStG, nach der Ausgaben nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden können, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Im übrigen ist bei der Ermittlung der Einkünfte zu beachten, daß gemäß §50 Abs. 1 S. 5 EStG 14

Vgl. R F H v. 3 0 . 4 . 1 9 3 5 I A 13/35, RStBl. 1935 S.840, 841; B F H v. 27.7.1965 I 110/63 S, BStBl. 1966 III S.24, 26; B F H v. 21.4.1971 I R 200/67, BStBl. 1971 II S. 743 ff.

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§ 9 a , § 1 6 A b s . 4 S. 3, § 2 0 A b s . 4 E S t G keine Anwendung finden. Beschränkt Steuerpflichtigen steht damit bei den Einkünften aus Kapitalvermögen weder der W e r b u n g s k o s t e n - P a u s c h b e t r a g (§ 9 a E S t G ) noch der Sparer-Freibetrag ( § 2 0 Abs. 4 E S t G ) zu. Erzielen sie einen Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 E S t G , k o m m t ihnen zwar der Freibetrag nach § 16 A b s . 4 E S t G zugute, er erhöht sich aber nicht wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, wenn der beschränkt Steuerpflichtige den G e w e r bebetrieb nach der Vollendung seines 55. Lebensjahres oder wegen dauernder Berufsunfähigkeit veräußert oder aufgibt.

2. Summe der Einkünfte D e r Verlustausgleich, also die Verrechnung von positiven Einkünften einer E i n kunftsart mit negativen einer anderen, unterliegt zunächst den gleichen Einschränkungen wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen 1 5 . N e b e n den allgemeinen V e r lustausgleichsverboten nach § 1 5 A b s . 2 (ab 1984: A b s . 3), § 1 5 a , § 2 2 N r . 3, § 2 3 A b s . 4 E S t G bestehen bei der beschränkten Steuerpflicht weitere Einschränkungen. N a c h § 5 0 A b s . 2 E S t G ist der Verlustausgleich bei allen Einkünften ausgeschlossen, für die ein Steuerabzug vorzunehmen ist. Diese Regelung versteht sich von selbst. D u r c h den Steuerabzug gilt die E i n k o m m e n s t e u e r nach § 50 Abs. 5 S. 1 E S t G mit der Folge als abgegolten, daß diese Einkünfte bei der Veranlagung nicht mehr zu berücksichtigen sind. Ein Verlustausgleich scheidet somit von vornherein aus. § 5 0 A b s . 2 E S t G wird daher insoweit von der h. M . " als überflüssig angesehen. G e m ä ß § 5 0 A b s . 2 E S t G ist der Verlustausgleich mit Kapitaleinkünften i. S. d. § 2 0 Abs. 1 N r n . 5, 8 E S t G auch dann unzulässig, wenn in diesen Fällen die E i n k o m m e n s t e u e r nicht durch einen Steuerabzug erhoben wird. Diese Regelung entspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkünfte einer Einkunftsart. D i e M ö g l i c h keit des Verlustausgleichs soll im R a h m e n derselben Einkunftsart nicht davon abhängen, o b die E i n k ü n f t e dem Steuerabzug unterliegen oder o b dies nicht der Fall ist. F ü r einen solchen Unterschied gibt es keinen sachlichen Grund 1 7 . U b e r das V e r b o t des § 5 0 A b s . 2 E S t G hinaus dürfen in den Verlustausgleich ausschließlich inländische G e w i n n e und Verluste einbezogen werden.

3. Gesamtbetrag der Einkünfte B e i der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte ist der beschränkt Steuerpflichtige gemäß § 5 0 A b s . 1 S. 5 E S t G nicht berechtigt, den Altersentlastungsbetrag nach § 24 a E S t G von der S u m m e der Einkünfte abzuziehen. D e r AusbildungsplatzAbzugsbetrag nach § 24 b E S t G und der Freibetrag für Land- und Forstwirte nach § 13 A b s . 3 E S t G k o m m e n dagegen auch beschränkt Steuerpflichtigen zugute. D i e S u m m e der E i n k ü n f t e ist daher, soweit die Voraussetzungen gegeben sind, u m beide Abzugsbeträge zu kürzen. Vgl. dazu oben §24 III, S. 394 ff. " Herrmann/Heuer/Raupach, § 50 Anm. 4 m. w. N.; Söffing, FR 1976, 209, 216; a. A. Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, §50 Rz. 10. 17 Vgl. Mössner, F R 1980, 277, 279. 15

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4. Teil. Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige

In bestimmten Fällen sind bei beschränkt Steuerpflichtigen auch ausländische Steuern vom Einkommen bei der Summe der Einkünfte zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 50 Abs. 6 EStG, der § 34 c Abs. 1—3 EStG für entsprechend anwendbar erklärt. § 50 Abs. 6 EStG gilt unabhängig davon, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen vorhanden ist; er verweist nicht auf § 34 c Abs. 6 EStG, wonach eine Steueranrechnung oder ein Steuerabzug nicht vorzunehmen ist, falls die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Die Berücksichtigung ausländischer Steuern gemäß § 50 Abs. 6 EStG ist jedoch in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Ausländische Steuern können danach nur bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit angerechnet werden. Die Anrechnung ist unzulässig, soweit in den Einkünften auch solche aus einem ausländischen Staat enthalten sind, mit denen der beschränkt Steuerpflichtige dort in einem der unbeschränkten Steuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wird. Mit der — schwer verständlichen — Regelung in §50 Abs. 6 EStG hat der Gesetzgeber bezweckt, die Anrechnung ausländischer Steuern zu untersagen, wenn der ausländische Staat, aus dem die Einkünfte des inländischen Betriebes stammen, gleichzeitig der Staat ist, in dem im Inland beschränkt Steuerpflichtige mit den Einkünften des inländischen Betriebes der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen". Erzielt z. B. ein im Staat X ansässiger (und damit dort unbeschränkt steuerpflichtiger) Kommanditist einer inländischen KG gewerbliche Einkünfte, die zum Teil aus im Staat X steuerpflichtigen Lizenzgebühren bestehen, so kann er die in X gezahlte Steuer, die auf die Lizenzgebühren entfällt, im Inland nicht anrechnen. In diesem Fall ist es nach deutscher Auffassung die Aufgabe des Wohnsitzstaates, die Doppelbesteuerung zu beseitigen". Ist der ausländische Staat, aus dem die Einkünfte des inländischen Betriebes kommen, auch der Wohnsitzstaat des beschränkt Steuerpflichtigen, kann eine etwaige Quellensteuer des Wohnsitzstaates auf die deutsche Einkommensteuer lediglich angerechnet werden, falls der Wohnsitzstaat die Einkünfte aus dem inländischen Betrieb von der Besteuerung freistellt20. Ist dies nicht der Fall, ist also der ausländische Staat, aus dem die Einkünfte des inländischen Betriebes stammen, nicht der Wohnsitzstaat des beschränkt Steuerpflichtigen, dann wird die ausländische Steuer ohne Einschränkungen auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet oder, nach Wahl des Steuerpflichtigen, von der Bemessungsgrundlage abgezogen. 4. Einkommen Vom Gesamtbetrag der Einkünfte dürfen beschränkt Steuerpflichtige, die der Veranlagung unterliegen21, grundsätzlich keine Sonderausgaben abziehen. § 10 EStG 18 19 20 21

Vgl. Krabbe, BB 1980, 1146, 1149. Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 8/3648, S. 22. Vgl. Krabbe, BB 1980, 1146, 1149. Zur Sonderregelung für Arbeitnehmer vgl. § 50 Abs. 4 EStG und oben § 48 I 4, S. 552 ff.

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Steuererhebung

§48

II 5

ist nur hinsichtlich der (heute nicht m c h erhobenen) als Sonderausgaben abzugsfähigen Teile der Vermögensabgabe anzuwenden, §50 Abs. 1 S. 2 EStG. Auch Sonderausgaben-Pauschbeträge (§ 10 c Abs. 1, 2 EStG) und die Vorsorgepauschale (§ 10 c Abs. 3 EStG) werden beschränkt Steuerpflichtigen nicht gewährt, § 50 Abs. 1 S. 5 EStG. Das gleiche gilt für außergewöhnliche Belastungen einschließlich der Pauschbeträge für Körperbehinderte und Hinterbliebene. Hier zeigt sich besonders deutlich, daß die persönlichen Verhältnisse beschränkt Steuerpflichtiger bei der Besteuerung weitgehend außer acht gelassen werden. Dies ist gerechtfertigt, weil derartige Aufwendungen von dem Staat zu berücksichtigen sind, in dem der beschränkt Steuerpflichtige ansässig und damit dort unbeschränkt steuerpflichtig ist. Der Spendenabzug nach § 10 b EStG ist nicht ausgeschlossen. Auch den Freibetrag für freie Berufe nach § 18 Abs. 4 EStG können beschränkt Steuerpflichtige vom Gesamtbetrag der Einkünfte absetzen. Das gleiche gilt, wenn auch eingeschränkt, für den nicht entnommenen Gewinn nach § 10 a EStG und den Verlustabzug nach § 10 d EStG, § 50 Abs. 1 S. 3 EStG, § 73 EStDV. Im übrigen ist der Verlustabzug im gleichen Umfang wie der Verlustausgleich eingeschränkt, §50 Abs. 2 EStG. Einkünfte, die vom Verlustausgleich ausgenommen sind, dürfen auch nicht im Wege des Verlustabzugs geltend gemacht werden, §50 Abs. 2 S. 2 EStG22. 5. Zu versteuerndes Einkommen Der Altersfreibetrag nach §32 Abs. 2 EStG, der Haushaltsfreibetrag nach §32 Abs. 3 EStG und der Kinderfreibetrag nach §32 Abs. 8 EStG werden beschränkt Steuerpflichtigen, falls sie veranlagt werden, nicht gewährt, § 50 Abs. 1 S. 5 EStG. Vom Einkommen sind weiter die Zinsen i.S.d. §43 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht abzuziehen; sie gehören gemäß §49 Abs. 1 Nr. 5 c bb EStG nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften. Die Kuponsteuer, die im Wege des Quellenabzugs erhoben worden ist, erhält der beschränkt Steuerpflichtige auf Antrag erstattet, § 44 b Abs. 5 EStG. Sind Erträge aus Wertpapieren i. S. d. §43 Abs. 1 Nr. 5 EStG aber steuerpflichtig, weil sie im betrieblichen Bereich anfallen, sind sie in die Veranlagung einzubeziehen, §50 Abs. 5 S. 3 EStG. Der Härteausgleich nach §46 Abs. 3 EStG, §§70, 73 EStDV ist dagegen bei beschränkt Steuerpflichtigen vorzunehmen. Auch für diesen Personenkreis gilt § 46 EStG23. Dabei bleiben die Einkünfte, die dem Lohnsteuerabzug unterlegen haben, unberücksichtigt. Insoweit ist die Einkommensteuer durch den Steuerabzug abgegolten, § 50 Abs. 5 EStG. Eine Veranlagung wird nur durchgeführt, wenn die anderen Einkünfte 800,— DM übersteigen. Diese Voraussetzung wird bei beschränkt Steuerpflichtigen selten gegeben sein. §46 EStG hat daher bei ihnen kaum praktische Bedeutung. Greift er aber ausnahmsweise ein, so ist auch der Härteausgleich zu berücksichtigen. 22 25

Vgl. dazu oben §48 II 2, S.557. Vgl. Blümich/Falk, §46 Rz.9. 559

§48

III

4. Teil. Besonderheiten für beschränkt Steuerpflichtige

6. Steuertarif Für beschränkt Steuerpflichtige gilt stets der Einkommensteuer-Grundtarif, § 50 Abs. 3 S. 1 EStG. § 32 a Abs. 6 EStG, der bei unbeschränkt Steuerpflichtigen ein erweitertes Splittingverfahren vorsieht, ist ausdrücklich ausgeschlossen, § 50 Abs. 1 S. 5 EStG. Beschränkt Steuerpflichtige sind immer einzeln zu veranlagen. Eine Ehegattenveranlagung ist nicht möglich. Gemäß §50 Abs. 3 S. 2 EStG gilt bei ihnen ein Mindeststeuersatz i. H . v . 2 5 % des Einkommens. Erst wenn dieser überschritten ist, wird die Einkommensteuer nach der Einkommensteuer-Grundtabelle ermittelt. In diesem Fall ist das Einkommen um einen Sonderfreibetrag i. H . v. 864,— D M (§ 50 Abs. 3 S. 1, 2. H S EStG) zu kürzen. Der Freibetrag kommt daher einem beschränkt Steuerpflichtigen nicht zugute, wenn sein Einkommen nach dem Mindeststeuersatz besteuert wird; dieser richtet sich nach dem ungekürzten Einkommen, §50 Abs. 3 S.2 EStG. Für natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der D D R oder Berlin (Ost) besteht der Mindeststeuersatz nicht. Für diese Personen ist die Steuer stets nach der Einkommensteuer-Grundtabelle zu berechnen. Damit steht ihnen der Sonderfreibetrag ausnahmslos zu. D e r ermäßigte Steuersatz nach § 34 EStG ist lediglich auf Veräußerungsgewinne anwendbar, §50 Abs. 1 S. 4 EStG. §34 Abs. 3 EStG, der die Verteilung einer Entlohnung auf mehrere Veranlagungszeiträume zuläßt, gilt also nicht. Gemäß §50 Abs. 7 EStG kann das Finanzamt bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, falls es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig oder eine gesonderte Berechnung der Einkünfte besonders schwierig ist. Von dieser Regelung macht die Finanzverwaltung (ebenso wie von §31 EStG bei unbeschränkt Steuerpflichtigen) nur selten Gebrauch".

III. Übergang von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht Begründet ein bisher beschränkt Steuerpflichtiger im Laufe eines Veranlagungszeitraums im Inland einen Wohnsitz, wird er also unbeschränkt steuerpflichtig, müssen die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte (vor dem Zuzug) von den unbeschränkt steuerpflichtigen (nach dem Zuzug) getrennt werden. Dies ist erforderlich, weil bei unbeschränkter Steuerpflicht in der Regel ein anderer Tarif anzuwenden ist. Es wird daher angenommen, daß mit dem Wechsel die bisherige Steuerpflicht erlischt und

24

Zu den Fällen, in denen dies geschehen ist, vgl. ESt-Kartei Nordrhein-Westfalen, Anweisung Nrn. 3, 10, 17, 25 zu §§50, 50 a EStG und die Schreiben des Bundesministers der Finanzen v. 2 . 1 1 . 1 9 7 7 IV B 4 — S 2303 — 51/77, D B 1977, 2165; v. 3 . 3 . 1 9 7 8 IV B 4 — S 2302 — 1/78, BStBl. 1978 I S. 159; v. 2 5 . 2 . 1 9 8 2 IV B 4 — S 2303 — 12/82, BStBl. 1982 I S. 373.

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Steuererhebung

§48

III

eine neue begründet wird. Liegen die Voraussetzungen für eine Veranlagung bei beiden Steuerpflichten vor, muß das Finanzamt zwei getrennte Veranlagungen durchführen". Für beide Veranlagungen gelten die Einkommensteuer-Jahrestabellen. Dabei kann sich im Einzelfall ein Progressionsvorteil ergeben. Beim Ubergang von der unbeschränkten Steuerpflicht zur beschränkten gelten die gleichen Grundsätze. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige von der unbeschränkten zur beschränkten oder zur erweitert beschränkten Steuerpflicht wechselt. In allen Fällen sind, falls jeweils die Voraussetzungen für eine Veranlagung gegeben sind, zwei getrennte Veranlagungen vorzunehmen. Dagegen bleibt es bei einer Veranlagung, wenn ein Steuerpflichtiger im Laufe des Veranlagungszeitraums von der (einfach) beschränkten zur erweitert beschränkten Steuerpflicht übergeht oder der umgekehrte Wechsel eintritt26.

25 26

Vgl. Abschnitt 227 EStR. Vgl. Flick-Wassermeyer-Becker,

§2 A S t G , Anm. 129 a. 561

36

Tiedtke, Einkommensteuer

36"

§§ 13-14a

'$$15-17

ggf. Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen, § 13a

Gewinnermittlung vergleich nach § 4 1 nahmeüberschußn

Vermietung und

Sonstige Einkünfte

•/. Arbeitneh- •/. Sparerfreimerfreibetrag, , betrag Weihnachtsfreibetrag, Versorgungsfreibetrag 1

Wiederkehrende Abgeordne- LeistunVerpachtung Bezüge tenbezüge gen § 22 Nr. 1, la § 22 Nr. 4 § 22 Nr. 3 §19 §20 S 18 §§ 21, 21a tnögens- Einnahmen (§ $l) •/. Werbungskc rch EinAbs. 3 ggf. Werbungsggf. Werbungs- ggf. Werbungskostenpauscha, kostenpauscha- kostenpauscha! le $ 9a Nr. 3 le § 9a Nr. 1 le $ 9a Nr. 2

Land- und Forst- Gewerbebetrieb SelbNichtselbstän- Kapitalwirtschaft ständige dige Arbeit vermögen Arbeit

Veräußerungspreis •/. Anschaffungs- oder Herstellungskosten •/. Werbungskosten

Spekulationsgeschäfte § 22 Nr. 2, $ 23

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