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German Pages [141] Year 2014
Stephan Füssel / Corinna Norrick-Rühl
Einführung in die Buchwissenschaft Unter Mitarbeit von Dominique Pleimling und Anke Vogel
Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Einbandgestaltung: Peter Lohse, Büttelborn Abbildung: Symbolische Darstellung der Durchbrechung des mittelalterlichen Weltbildes, 1888. Aus: Camille Flammarion: L’atmosphère, et la météorologie populaire, Paris 1888. i akg-images.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. i 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Redaktion: Sarah Lisa Wierich Satz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, Hemsbach Einbandgestaltung: schreiberVIS, Bickenbach Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-534-23544-5 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-72689-9 eBook (epub): 978-3-534-72690-5
Inhalt I. Hinführung: Buchwissenschaft zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Medienwissenschaft Stephan Füssel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wissenschaftsgeschichte des Faches Buchwissenschaft Stephan Füssel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frühe Reflexionen über den Buchdruck und die Folgen . . . . 2. Buchwissenschaftliche Fragestellungen in wissenschaftlichen Publikationen, Bibliografien und Enzyklopädien des 16. bis 18. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Differenzierung der Wissenschaften im 19. Jahrhundert . . . . 4. Zentrale Dokumente zum Selbstverständnis des Handels und der Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wissenschaftliche Gesellschaften: American Antiquarian Society, Historische Kommission des Börsenvereins, Gutenberg-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Akademische Buchwissenschaft nach 1947 . . . . . . . . . . 7. Buchforschung im internationalen Kontext Corinna Norrick-Rühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft mit historisch-kulturwissenschaftlicher Perspektive Corinna Norrick-Rühl . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Materialität der Kommunikation . . . . . . . 2. Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung . 3. Literaturvermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bibliophilie und Provenienzforschung . . . . . .
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IV. Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft mit sozialwissenschaftlicher, ökonomischer oder juristischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Lese-, Leser- und Buchmarktforschung Anke Vogel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfragen des Buchhandels Stephan Füssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Medienökonomie und Verlagswirtschaft Anke Vogel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der E-Book-Markt der Gegenwart und Social Reading Dominique Pleimling . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
Anhang . . . . . . . . . . . 1. Literaturverzeichnis . 2. Weiterführende Links 3. Nützliche Anschriften
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Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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STEPHAN FÜSSEL
I. Hinführung: Buchwissenschaft zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Medienwissenschaft „Die Buchbranche erlebt in Deutschland derzeit einen herausfordernden Wandel mit weitreichender Perspektive“ konstatierte Mitte 2013 der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Alexander Skipis bei der Vorstellung der aktuellen Wirtschaftszahlen und der jüngsten Studie zum E-Book-Markt (Börsenverein des deutschen Buchhandels 2013a). Die digitalen Veränderungen beschäftigen die Branche weltweit bereits seit 15 Jahren. Nun aber hat sich der E-Book-Umsatz in Deutschland im Jahr 2012 verdreifacht und wird bis 2015 etwa bei 15 % Marktanteil, in einzelnen Bereichen, wie dem wissenschaftlichen Buchmarkt, auch deutlich höher liegen. Während zahlreiche Verlage versuchen, sich auf neue Geschäftsmodelle einzurichten, scheint das stationäre Sortiment der große Verlierer dieses Umbruchs zu werden. Das Sortiment muss nun versuchen, zum Beispiel über Onlineportale und praktikable Geschäftsmodelle selbst am E-Book-Umsatz (sowohl an den Readern als auch an den elektronischen Texten) zu partizipieren. So könnte der Buchhandel von seiner hohen Beratungskompetenz und mit seinem Engagement für das Lesen und für die Bücher, egal ob in gedruckter oder elektronischer Form, weiterhin am Markt profitieren. Der Umbruch der Gegenwart macht auch deutlich, dass nationale Märkte und einzelne Marktsegmente nicht mehr allein betrachtet werden können. Der Markt in den deutschsprachigen Ländern ist direkt abhängig von den weltweiten Umsatzentwicklungen und neuen Anbietern von Information sowie von den kulturellen Veränderungen im gesellschaftlichen Umgang mit dem Medium Buch. Ebenso müssen die Vertriebsmodelle von Buch, Zeitung und Zeitschrift nun stärker als bisher gemeinsam in den Blick genommen und optimiert werden. Nur dann kann es gelingen, nach zwei Jahrzehnten einer „kostenfrei-Mentalität“ im Netz an den entscheidenden Stellen Bezahlschranken einzurichten, die es für Verlage und Redaktionen ermöglichen, personalintensive Recherchen und die Qualität der Inhalte mit ökonomisch akzeptablen Ergebnissen zu sichern. Andere aktuelle Fragen befassen sich mit der neuen Partnerschaft von Bibliotheken und Verlagen bei dem Open Access-Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen. Gelingt es zum Beispiel der Selbstorganisation der Wissenschaft, die hohen Standards der Verlagslektorate mit Peer-Review-Verfahren o. Ä. aufrechtzuerhalten? Die große Bedeutung und Verantwortung von Verlagen als Anreger und Vermittler wissenschaftlicher Erkenntnisse wird gerade durch das Sterben der letzten großen Lexikonverlage in Deutschland wie dem Bibliographi-
Die aktuelle Situation des Buchhandels
Verlage als Vermittler
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Hinführung: Buchwissenschaft
Aufgaben der Buchwissenschaft
Zielgruppe
schen Institut und Brockhaus überdeutlich. Zwar wurde der Markenname Brockhaus von Bertelsmanns Abteilung Wissen Media erworben, 2013 aber bekannt gegeben, dass die Redaktion aufgelöst und künftig weder ein Printprodukt noch ein eigenes elektronisches Lexikon erarbeitet werden wird. Der Buchhandel hatte zwei Jahrhunderte lang – auf eigene Kosten – dafür gesorgt, dass Qualitätslexika in unterschiedlichen Preissegmenten für ein breites Publikum zur Verfügung standen. Bisher verstanden sich Verleger als Bewahrer und Vermittler von Wissen und Information, die Redaktionen unterhielten, welche wiederum nach kritischer Sichtung und Bündelung der Fakten verlässliche Lexika publizierten. Muss diese wichtige Aufgabe nun zum Beispiel von wissenschaftlichen Akademien als Langzeitprojekt – und damit von der Gesellschaft finanziert – übernommen werden, wenn man sich nicht auf die recht unterschiedlich fachkundigen Autoren einer im Netz verfügbaren freien Enzyklopädie verlassen möchte? Diese und zahlreiche andere aktuelle Fragen des Medienumbruchs machen deutlich, welche wichtige kulturelle und ökonomische Rolle der Buchhandel bisher eingenommen hat und wie er über Jahrhunderte als Garant für Wissen und Bildung für jedermann gelten konnte. Wenn man Johannes Gutenberg (um 1400–1468) als den Vater der Massenkommunikation ansieht, so sind seine Erfindungen und Entwicklungen im Bereich von Satz, Druck, Lektorat und Vertrieb diejenigen Parameter, die den freien und ungehinderten Zugang zu Wissen und Bildung für jedermann in den letzten 550 Jahren garantierten. Eine kritische Reflexion seine Erbes könnte das Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig es ist, diesen freien Zugang auch unter veränderten technischen Bedingungen als eine zentrale kulturelle und gesellschaftliche Aufgabe weiter zu sichern. Die Buchwissenschaft als eine eigenständige akademische Disziplin in Deutschland untersucht genau diese kulturelle und ökonomische Rolle des Buches und des Handels in Geschichte, Gegenwart und Zukunft (Füssel 1997a, 261–263). Sie bedient sich daher notwendigerweise aus dem Methodenrepertoire der Literatur- und der Geschichtswissenschaft, der angewandten Sozialforschung, der Ökonomie und der Rechtswissenschaft. Die Buchwissenschaft ist eine durch ihren Untersuchungsgegenstand definierte Wissenschaft, aufgefächert durch die unterschiedlichen gesamtkulturellen Fragestellungen, die an diesen Gegenstand herangetragen werden. Die vorliegende Einführung möchte bei der Wahl eines möglichen Studienfaches behilflich sein, beziehungsweise ganz konkret für Bachelorstudierende buchwissenschaftlicher Studiengänge Hintergrundinformationen bieten, die es ermöglichen, die Rolle und Bedeutung dieses Faches wissenschaftsgeschichtlich herzuleiten und in zentrale, ausgewählte Fragestellungen einzuführen sowie erste methodische Hinweise zu geben. In dieser Einführung in der bewährten Reihe der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft ist nicht daran gedacht, alle Facetten dieser vielschichtigen Disziplin bereits umfassend vorzustellen oder gar zu beantworten. Dazu stehen für den wissenschaftlichen Bereich ein breit angelegtes Handbuch (Buchwissenschaft in Deutschland, vgl. Rautenberg 2013a), fundierte Lexika (Lexikon des gesamten Buchwesens, 2. überarb. Auflage) oder bei einzelnen Fragen im akademischen Unterricht hervorragende Spezialpublikationen zur Verfügung (vgl. zum Beispiel Verlagswirtschaft, von Lucius 2013a). Dieser Band
zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Medienwissenschaft
wendet sich explizit an Studienanfänger der Buchwissenschaft oder der historischen sowie literatur- und medienwissenschaftlichen Nachbarfächer, die sich über wichtige Aspekte interdisziplinärer buchwissenschaftlicher Arbeitsfelder und Methoden informieren möchten. Zu verschiedenen Methoden finden sich fünf „Methodenwissen“-Kästen in diesem Buch, die auf einen Blick Grundlagen vermitteln. Literatur- und Linkverzeichnis sowie das Verzeichnis von weiteren nützlichen Adressen sollen helfen, einen Einstieg in das Fach zu erleichtern. Die Leistung der Buchwissenschaft der letzten 65 Jahre in den deutschsprachigen Ländern liegt vor allem im Bereich der historischen Buchforschung, wobei grundlegende Untersuchungen zur Materialität der Kommunikation, zur Gutenberg- und Frühdruckforschung, zur Technikgeschichte, zum Zusammenhang zwischen Buch- und Bibliotheksgeschichte, aber auch zur Verlagsgeschichte und zur Buchhandelsgeschichte erschienen sind sowie in der „hervorragenden Einzelforschung wie der erfolgreichen praxisnahen Lehre“ (Schüller-Zwierlein 2010). Aus den Anfängen einer Hilfswissenschaft für die Geschichts- und Literaturwissenschaft entstanden, dann im Rahmen einer „Buchkunde“ zur Ausbildung von Bibliothekaren weiter entwickelt, wurden nach 1947 eigene Professuren in Mainz, München, Erlangen und Leipzig eingerichtet. Wissenschaftliche Gesellschaften begleiteten diese Entwicklung mit Tagungen und eigenen Publikationen, so u. a. die Historische Kommission des Börsenvereins, der Wolfenbütteler Arbeitskreis für Geschichte des Buchwesens oder die Internationale Gutenberg-Gesellschaft in Mainz. Buchwissenschaftliche Forschungen werden u. a. seit 1926 in dem weltweit führenden, fünfsprachigen Gutenberg-Jahrbuch im internationalen Kontext, im Archiv für Geschichte des Buchwesens seit 1957, im Leipziger Jahrbuch seit 1991, in den Mainzer Studien zur Buchwissenschaft seit 1994 oder neuerdings im Jahrbuch Kodex der Internationalen Buchwissenschaftlichen Gesellschaft (IBG) München präsentiert. Diese Einführung geht den Weg, erstmals eine Wissenschaftsgeschichte der Buchwissenschaft (in Kapitel II) seit den Anfängen des Buchdrucks im 15. Jahrhundert aufzuzeigen, indem sie die Aussagen der Zeitgenossen über die Bedeutung des Buchdrucks kritisch reflektiert, die Bewertung des Buchdrucks in Enzyklopädien, Bibliografien und Selbstzeugnissen des Buchhandels analysiert und frühe buchwissenschaftliche Gesellschaften und institutionelle Einrichtungen vorstellt. Auf diese Weise ist es möglich, gleichzeitig eine kurze Einführung in wichtige Etappen der Buchgeschichte seit Gutenberg zu geben. Eine erste grundlegende Auflistung der Fragestellung „Was ist Geschichte des Buchwesens?“ hatte 1976 – zeitgleich zur Gründung des Wolfenbütteler Arbeitskreises – der Direktor der Herzog August Bibliothek und Göttinger Germanist Paul Raabe vorgestellt (vgl. Raabe 1976 sowie Raabe 1984). Ein erstes praktikables Modell des Kommunikationskreislaufes des Buchs – und damit der unterschiedlichen Facetten seiner Erforschung – erstellte der renommierte Buchhistoriker und Gutenberg-Preisträger Robert Darnton (damals Princeton, heute Harvard Library, Cambridge, Massachusetts) im Jahr 1982 (vgl. Darnton 1982); sein Modell wurde und wird vielfältig diskutiert und – bedingt durch die technische Entwicklung – fortgeschrieben (vgl. Darnton 2005 und beispielsweise van der Weel 2001 sowie aktuell Murray/
Historische Buchforschung
Wissenschaftsgeschichte
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Hinführung: Buchwissenschaft
Sozialgeschichte
Squires 2013). Von einer reinen Modellanalyse zur Methodendiskussion ist es ein weiter Weg, den das Fach aber mit hohem Problembewusstsein seit zwanzig Jahren aufgeschlossen und kreativ geht und sich damit im wissenschaftlichen Diskurs als anschlussfähig erwiesen hat. Sozialgeschichtliche Grundfragen nach dem „Sitz im Leben“ der Literatur kennzeichneten bereits die „Literärgeschichte“ im 18. Jahrhundert (siehe unten Kapitel II.2). Im Zuge einer sozialgeschichtlichen Betrachtung der Literatur in den Jahren nach 1968 fanden buchwissenschaftliche Fragestellungen häufiger als zuvor in literaturwissenschaftlichen Diskursen (und zum Beispiel in Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart oder in der Deutschen Literatur – eine Sozialgeschichte von Horst A. Glaser bei Rowohlt; vgl. auch Methodenwissen Sozialgeschichte auf S. 61–62) Berücksichtigung. In den 1970er Jahren wurden kurzzeitig Überlegungen einer eigenständigen „Bibliologie“ aus der Sowjetunion und aus Polen diskutiert, die aus einer gesellschaftswissenschaftlichen Perspektive die Rolle und die Bedeutung des Buchs zu analysieren suchte (vgl. Migon´ 1990). Vertreter der polnischen bibliologischen Schule in Deutschland war Alfred S´wierk an der Universität Erlangen, nach dessen Theorie die Buchwissenschaft sich mit der „grafischen Materialisierung geistiger Inhalte, mit dem Ziel ihrer Erhaltung, Überlieferung und Verbreitung gemäß den Bedürfnissen und Erwartungen der Gesellschaft“ (Migon´ 1990, 8–9) beschäftigt. Wegen ihrer eindeutigen ideologischen Fixierung innerhalb der sozialistischen Staaten wurde diese Idee einer Bibliologie in den 1990er Jahren nicht weiter verfolgt. Georg Jäger, München, griff aber im Kontext der Rolle des Buchs in der Gesellschaft die Frage auf, ob das Buchwesen nicht als „ein funktionelles gesellschaftliches System zu konzipieren sei“. Er nannte dies eine vielversprechende wissenschaftstheoretische Option. Sie bietet Anschlussmöglichkeiten an die laufende Entwicklung der Systemtheorie sowie an die systemtheoretischen Modellierungen der Gesellschaft und einzelne ihrer Subsysteme. Ob es mithilfe der Systemtheorie gelingen wird, das Buch und den Buchhandel in all seinen Dimensionen (als technisches, kommunikatives, kulturelles und ökonomisches Phänomen) einheitlich zu modellieren, ist freilich eine offene Frage. (Jäger 1994, 276)
Historische Kulturwissenschaft
Die Mainzer Buchwissenschaft gab 1997 zu bedenken, ob nicht eine Historische Kulturwissenschaft nach dem Vorbild der französischen Schule der Annales mit ihrer sozialen Situierung des Buchmarktes und die anglo-amerikanischen Cultural Studies eine gute Orientierung für das Fach bieten könnten: Eine den spezifischen Eigenschaften des Buches und seiner Rolle und Bedeutung in der Kultur und in der Gesellschaft gerecht werdende Fragestellung böte eine eindeutige kulturwissenschaftliche Perspektivierung, die sich als Wissenschaft vom Menschen und der von ihm gestalteten Welt begreift und die eine Integration der zersplitterten Wissenschaftsaspekte anstrebt, die Inhaltsanalyse und äußere Form, Biografie und Soziologie, Theologie und Philosophie, Handwerks- und Sozialge-
zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Medienwissenschaft
schichte, rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Aspekte synthetisieren kann. Denn der Doppelcharakter des Buches als eines geistigen Wertes und als eines Handelsobjekts wird gerade dann genauer erfasst, wenn alle ideellen Strömungen einer Epoche ebenso berücksichtigt werden wie die zeitgenössischen ökonomischen, rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen. (Füssel 1997b, 63–64) Auf ihren jeweiligen Gegenstand und auf den historischen Kontext bezogen, müsse die Buchwissenschaft die unterschiedlichen methodischen Zugänge der zu berücksichtigenden Nebenfächer heranziehen, sowie darüber hinaus die Wechselwirkung von Technikgeschichte und Geistesgeschichte in den Mittelpunkt der Untersuchungen stellen. Die Buchwissenschaft frage nicht nur, was (zum Beispiel) Gutenberg entwickelt habe, sondern in welchen Zusammenhängen er technikgeschichtlich stand, was von der Handschriftenära sinnvollerweise übernommen wurde, welche Leitgedanken seinen technischen Entwicklungen und auch der Auswahl der von ihm gedruckten Schriften zugrunde gelegen hätten. Es sei daher notwendig, ausgehend von der Materialität immer auch die geistigen Zusammenhänge, in diesem Kontext etwa des Humanismus oder Theologie, ebenso wie die rechtlichen Grundlagen und die wirtschaftlichen Faktoren zusammenzuführen (vgl. Füssel 1997b, 63–64; zu einigen Arbeitsfeldern der Buchwissenschaft als historische Kulturwissenschaft vgl. Kapitel III). Der Medienumbruch der Gegenwart lässt die Buchwissenschaft mit ihrer Schwesterdisziplin, der Publizistik, und damit der Kommunikationswissenschaft immer stärker in einen methodischen Dialog treten. Hinzu kommt, dass das quantitativ-statistische Methodenrepertoire der Kommunikationswissenschaften und Methoden der empirischen Sozialforschung zunehmend auch in der Buchwissenschaft Anwendung finden (vgl. Methodenwissen Empirische Sozialforschung, S. 81–82). Ferner wird die ehemalige Trennung zwischen einer Individual- und einer Massenkommunikation heute differenzierter gesehen. Bereits bei der Analyse des frühen Buchdrucks werden nun – im Rahmen der Rezeptionsmöglichkeiten der Zeit – Aspekte der Massenkommunikation berücksichtigt. Beide Fächer untersuchen zum Beispiel die Wechselwirkung von frühen Flugblättern und -schriften als Vorstufe der periodischen Zeitung mit den zeitgleichen Buchpublikationen, die Herausbildung neuer Leser- und Käuferschichten, die Veränderungen der Leseprozesse, das Wechselverhältnis von Schulbildung und Lesefähigkeit etc. Diese beispielhaft angeführten historischen Fragestellungen werden in der Gegenwart neu konfiguriert, da sich im Zeichen des Zusammenwachsens aller Medien nicht nur eine Konvergenz der Inhalte, sondern auch der Produktion und der Nutzung abzeichnet. Ein E-Book-Reader oder ein Tablet kombiniert künftig bisher statische Gattungen wie Zeitung, (Fach-)Zeitschrift, Sachbücher oder Belletristik mit Audio- und Videoinformation. Da die Medienkonvergenz der Gegenwart nicht auf eine Addition der einzelnen Medien setzt, sondern im Gegenteil auf eine Verquickung von Text, Video- und Audioinformation zu einer eigenständigen neuen Einheit, müssen rechtliche und wirtschaftliche Aspekte sowie disziplinäre Fragestellungen neu diskutiert und zukunftsweisende methodische Überlegungen angestellt werden (vgl. Jenkins 2008). Der Forschungsschwerpunkt Medienkon-
Buchwissenschaft als Medienwissenschaft
Medienkonvergenz
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Hinführung: Buchwissenschaft
Hybride Methodik
vergenz der Johannes Gutenberg-Universität bietet dazu seit 2012 gemeinsame Methodenseminare an, die zu einer schon gelebten transdisziplinären Kooperation führen (vgl. Füssel 2012b). Die an dem Formalobjekt Buch orientierte Wissenschaft arbeitet mit einer hybriden Methodik: in ihren Kernfragen der historischen Buchforschung hat sie unter Anknüpfung an historische und literaturwissenschaftliche, rechtliche und ökonomische Methoden überzeugende Ergebnisse vorgelegt und ist dabei, mit medienwissenschaftlichen Methoden auch den Medienumbruch der Gegenwart kritisch zu reflektieren und jeweils fallbezogen in den unterschiedlichen Kontexten zu arbeiten. Der weite Untersuchungsgegenstand und die breiten Fragestellungen ermöglichen es, den inzwischen jährlich über 200 Absolventen der Buchwissenschaft in Deutschland durch ausgewogene Studienpläne zwischen Wissenschaftlichkeit und Praxisorientierung eine gute Basis für Tätigkeiten in den unterschiedlichen Bereichen des Verlags, in Lektorat und Herstellung, Werbung, Vertrieb und Öffentlichkeitsarbeit, in den Führungspositionen des Sortiments, in Redaktionen und Pressebüros, bei den Organisationen wie dem Börsenverein selbst, den Buchmessen, den Branchenjournalen, aber auch in Bibliotheken, Archiven und Museen sowie in der interdisziplinären Wissenschaft zu schaffen. Diese an den Interessen der Studierenden orientierte Einführung soll dazu das notwendige Rüstzeug und die wichtigste grundlegende Literatur und zentrale Fragestellungen vorstellen.
STEPHAN FÜSSEL
II. Wissenschaftsgeschichte des Faches Buchwissenschaft Die Buchwissenschaft beschäftigt sich mit der Rolle und der Bedeutung des Buchs für die Wissensvermittlung in Geschichte und Gegenwart; sie schlägt dabei eine Brücke von der Technik- zur Geistesgeschichte. Die frühesten Selbstreflexionen über die Bedeutung des Buchdrucks für die Wissensvermittlung finden sich bereits in den allerersten Drucken – genauso wie in Schreibervermerken der Handschriftenära über die generelle Bedeutung der Schriftlichkeit räsoniert wurde.
1. Frühe Reflexionen über den Buchdruck und die Folgen Die erste bedeutsame Reflexion über die neue Technik lässt sich schon in einem Kolophon (der Schlussschrift mit den Druckangaben) aus dem Jahre 1460 in Mainz nachweisen, der zwar nicht den Namen des Druckers, aber immerhin den Druckort belegt. Der offensichtlich theologisch versierte Verfasser könnte der Herausgeber oder der Überarbeiter des Buchs gewesen sein, da er die zitierten Bibelstellen aus dem Buch der Weisheit und aus den Evangelien von Matthäus und Lukas ganz selbstverständlich anklingen lässt. Es handelt sich um das Lexikon mit Sacherläuterungen Catholicon, ein bereits in der Handschriftenära weit verbreitetes Nachschlagewerk, das 1286 von dem Dominikaner Johannes Balbus de Janua (von Genua) als ein Hilfsmittel für Geistliche verfasst worden war, um das Verständnis der lateinischen Bibel zu fördern. Es enthält eine lateinische Grammatik und ein Wörterbuch, das über die reine Worterklärung hinaus enzyklopädische Informationen bietet. Schon der Titel weist darauf hin, dass es sich um ein „umfassendes Werk“ (wörtlich: „Catholicon“) handelt. In der lateinischen Schlussschrift wird (hier in deutscher Übersetzung) formuliert: Unter dem Schutz des Höchsten, auf dessen Wink die Zungen der Unmündigen beredt werden und der oft den Kleinen enthüllt, was er den Weisen verbirgt, wurde dieses hervorragende Buch, das Catholicon, in der erhabenen Stadt Mainz, die der berühmten deutschen Nation zugehört, und die Gottes Güte mit so hoher Klarheit des Geistes und durch solches Gnadengeschenk vor allen anderen Nationen der Erde in ganz besonderer Weise auszuzeichnen gewürdigt hat, im Jahre 1460 der Menschwerdung des Herrn gedruckt und fertig gestellt – ohne Hilfe eines Schreibrohrs, eines Griffels oder einer Feder, vielmehr dank eines wunderbaren Zusammenspiels, Verhältnis und Ebenmaß von Druckstempeln und Typen.
Frühe Reflexionen zur Bedeutung des Buchs
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Wissenschaftsgeschichte des Faches Buchwissenschaft
Preis und Ehre darob sei gebracht Dir, Hochheiliger Vater, samt dem Sohn und dem Heiligen Geist in dreifaltiger Einheit. Künde das Lob der Kirche, Catholicon, durch dein Erscheinen. Höre nicht auf zu preisen allzeit die fromme Maria. Gott sei Dank gesagt. (zitiert nach Widmann 1965, 16–17)
Kurie, Rom
Neben den theologischen Implikationen ist besonders interessant, dass die Erfindung des Buchdrucks im Gegensatz zur Handschrift als eine zentrale und bedeutende Erfindung, geradezu als ein „Gnadengeschenk“ bezeichnet wird, das die deutsche Nation vor „allen anderen Nationen der Erde“ in ganz besonderer Weise auszeichnet. Es wird deutlich gemacht, dass es sich dabei um eine qualitative Entwicklung handelt, die die Verbreitung von Wissen und Bildung, hier speziell theologischen Wissens, auf eine völlig neue Basis stellt. Solche und vergleichbare Lobpreisungen lassen sich in der frühen Zeit des Buchdrucks immer wieder finden (vgl. Widmann 1973), so zum Beispiel in Italien in einem der ersten Drucke, die die deutschen Drucker Konrad Sweynheim und Arnold Pannartz 1468 in Rom herstellten (vgl. Füssel 2013a). In einem Widmungsbrief des Bischofs Giovanni Andrea Bussi, dem späteren Bibliothekar der Vaticana, an Papst Paul II. verweist Bussi auf die Bedeutung dieser herausragenden Erfindung für Deutschland und nennt den aus Kues an der Mosel stammenden Kardinal Nikolaus von Kues (Cusanus) als einen der größten Förderer dieser neuen Kunst: Deutschland ist in der Tat wert, geehrt und durch alle Jahrhunderte hoch gepriesen zu werden, die Erfinderin der segensreichen Kunst. Das ist auch der Grund dafür, dass die stets rühmenswerte und des Himmelreiches würdige Seele des Nikolaus von Kues, des Kardinals zu St. Peter ad vincula, den heißen Wunsch hatte, dass diese heilige Kunst (sancta ars), die man damals in Deutschland entstehen sah, auch in Rom heimisch werde. Schon sind diese Wünsche in Deiner Zeit erfüllt worden. (zitiert nach Füssel 2013b, 48)
Universität Sorbonne, Paris
Neben der Betonung der Rolle Deutschlands, die stilistische Anklänge an den Kolophon des Catholicons aufnimmt, wird von einer „heiligen Kunst“ gesprochen, deren wichtigster Funktion, die Verbreitung von Texten, sich nun auch die Kurie bedient. Bemerkenswert ist, dass neben der Kirche auch die Wissenschaft unmittelbar erkannt hat, welches Potenzial für die Lehre diese neue Technik bietet. So beauftragten der Prior der Sorbonne, Johannes Heylin vom Stein (de Lapide), und der Rektor der Universitätsbibliothek, Guillaume Fichet, drei deutsche Druckgesellen, Ulrich Gering aus Konstanz, Michael Friburger aus Colmar und Martin Crantz aus Straßburg, mit dem Druck von klassischen humanistischen Schriften, für die sie eine relativ große Antiquaschrift verwendeten. Als erstes Buch druckten sie 1470 eine Briefausgabe des Humanisten Gasparinus Barzizius und feierten den Erstdruck mit einem lateinischen Gedicht (hier wieder in deutscher Übersetzung): Wie die Sonne überall ihr Licht verbreitet, so nimm Du, Paris, die Hauptstadt des Königreichs und Nährerin der Musen, diese fast göttliche Kunst des Schreibens, die Deutschland erfand, als Belohnung hin.
Frühe Reflexionen über den Buchdruck und die Folgen
Siehe da, die ersten Bücher, die dieser Fleiß auf französischem Boden in Deinen eigenen Häusern verfertigte. (zitiert nach Heckeroth/Stork 1992, 112) Die Erfindung der Buchdruckerkunst wird verglichen mit dem Licht, das die Sonne verbreitet, ein „Licht“, das in diesem Falle Wissensvermittlung und Bildung an den Universitäten nun auf eine ganz andere Art und Weise ermöglicht. Ein Blick in die Universitätsgeschichte zeigt, dass vom 12. bis zum 15. Jahrhundert in den Vorlesungen besprochene Texte zunächst diktiert, danach grammatisch und stilistisch annotiert und dann erst interpretiert wurden. Durch die Bereitstellung von Unterrichtstexten, was nach und nach auch zu erschwinglichen Preisen möglich wurde, konnte der Vorlesungsbetrieb nachhaltig reformiert werden. Nicht nur die Drucker, sondern auch ihre Förderer, die Universitätslehrer Fichet und Heynlin preisen immer wieder die Buchdruckerkunst und den Erfinder Johannes Gutenberg, zum Beispiel in der Einleitung Guillaume Fichets in seiner Rhetorica und in einem Brief an Robert Gaguin 1471: Ein gewisser Johannes, mit dem Beinamen Bonemontanus [Gutenberg] […] hat als allererster die Druckkunst ersonnen, bei der nicht mit dem Schreibrohr, auch nicht mit der Feder, sondern mit Buchstaben aus Erz Bücher hergestellt werden, und dies in schneller, ansprechender und schöner Form. Darum verdient dieser Mann von allen Musen, allen Wissenschaftsfächern und allen Bücherfreunden mit göttlichem Lob geehrt zu werden. (zitiert nach Füssel 2013c, 140) Aus den zahlreichen sprechenden Zitaten über die Rolle und Bedeutung des gedruckten Buchs für die Entwicklung von Kultur und Gesellschaft, ragt eine lateinische Ode des deutschen Erzhumanisten Conrad Celtis (1459–1508) hervor, der in der Ode (III, 9) betont, dass die Deutschen nun nicht mehr „von den Italienern wegen ihrer angeblichen geistlosen Untätigkeit geschmäht werden könnten“ (zitiert nach Schäfer 1982). Dazu ist zu erläutern, dass die italienischen Humanisten sich in der Tradition der römischen Antike und damit als Bewahrer der Weisheit der Antike wähnten. Diese Fortsetzung der Translatio artium, also die Übertragung der Künste und der Wissenschaften von Italien in die Länder nördlich der Alpen, war daher das höchste Ziel deutscher Humanisten, die den Anschluss an die geistige Größe der Antike erreichen wollten, die einst von Griechenland auf Rom übergegangen war und die nun von dort ins Deutsche Reich geholt werden sollte (vgl. Schäfer 1982). In dieser Ode beschreibt Celtis, auf welchem Wege es nun möglich sei, die geistige Verspätung Deutschlands zu überwinden: Allein durch die technische Erfindung Gutenbergs, die es erlaube, „feste Typen aus Erz zu formen und die Kunst zu lehren, mit umgekehrten Buchstaben zu schreiben“ (zitiert nach Füssel 1993, 16–17). Diese Technik ermöglichte nämlich: – Bereitstellung von Texten der Antike in Anthologien und Editionen und damit Teilhabe an ihrer impliziten „Weisheit“,
Conrad Celtis
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Wissenschaftsgeschichte des Faches Buchwissenschaft
– Bildung durch Wissensvermittlung mit Hilfe erschwinglicher Textausgaben, die philologisch exakt sind und eine angemessene äußere Gestaltung aufweisen, – fundierte universitäre Lehre und Forschung, – die Bergung von internationalen und nationalen Handschriftenschätzen. Die Humanisten glaubten an die allgemeine Bildungsfähigkeit der Menschen und waren von ihrer pädagogisch-geistigen Bildungsaufgabe beseelt. Sie wollten „zu den Quellen gehen“ (ad fontes), das heißt, die Handschriftenschätze bergen und für die Gegenwart philologisch exakt edieren, aber auch in einer sehr guten äußeren Gestaltung – dem inneren Wert der Texte entsprechend – präsentieren. Diese Forderung stellte hohe Ansprüche an die Bildung der Setzer, Korrektoren und Verleger. Es haben sich zahlreiche Äußerungen von Drucker-Verlegern erhalten, in denen sie hervorheben, mit welcher Sorgfalt sie einen einwandfreien Druck der Texte ermöglichten. Aber auch Typografie und Seitengestaltung fanden die Aufmerksamkeit der Herausgeber und bald auch der Käufer. Die Wahl der richtigen Schriftgrade, des angemessenen Durchschusses oder die Verwendung eines sauberen, glatten Papiers wurde ausgiebig diskutiert. Wichtig war für die Humanisten darüber hinaus die grundsätzliche Wahl der Antiqua als die angemessene Schrift für Texte der Antike. Viele Hauptfragestellungen der späteren Buchwissenschaft wurden von den Zeitgenossen Gutenbergs klar benannt und disputiert: – Die durch das Medium Buch mögliche angemessene Bereitstellung von Texten und Inhalten in den verschiedenen arbeitsteiligen Schritten, – die geistige Urheberschaft, – die durch die technischen Reproduktion nun notwendig werdenden neuen Distributionswege und – die Möglichkeit einer viel einfacheren Rezeption – im Rahmen einer reflektierten Überlegung, welche Rolle das Medium „Buch“ bei der Vermittlung von Inhalten spielt. Erasmus von Rotterdam
Der bedeutendste europäische Humanist des 16. Jahrhunderts, Erasmus von Rotterdam (um 1467–1536), äußerte sich mit vergleichbarer Wertschätzung wie Conrad Celtis über die Chancen des Buchdrucks für die Bildung des Volkes. Zunächst beklagt er in einem Widmungsbrief an Johannes Botzheim (um 1480–1535) die „geistige Verspätung“ nördlich der Alpen: Denn als ich ein Knabe war, begannen die ,guten Wissenschaften‘ in Italien wieder aufzublühen. Aber entweder weil die Buchdruckerkunst noch nicht erfunden worden war oder weil sie noch zu wenig bekannt war, gelangten zu uns keine Bücher, und in absoluter Ruhe führten überall die das Zepter, welche die ungebildetste Bildung dozierten […]. (Erasmus 1703, IX) Erasmus geht es im Folgenden um die den Texten angemessene typografische Schönheit, vor allen Dingen aber um die philologische Korrektheit
Frühe Reflexionen über den Buchdruck und die Folgen
seiner Schriften. Er macht deutlich, dass die Gelehrten mit den DruckerVerlegern in einem engen Austausch standen und sowohl bei Fragen des Verlagsprogrammes und der Marktanalyse (Auflagenhöhe) als auch der äußeren Gestaltung (Abbildungen, besonderer Durchschuss für Schulbücher etc.) und den Korrekturen eng zusammenarbeiteten (vgl. Amelung 1977). Bei solchen Äußerungen muss natürlich immer wieder beachtet werden, inwieweit topische Wendungen (topos = Gemeinplatz) eine Rolle spielen. So findet sich häufig das Argument, dass sich nun auch „Arme ganze Bibliotheken um wenig Geld zulegen könnten“ (Widmann 1973, 69). Zum Beispiel hatte der bayerische Chronist Johannes Aventinus (1477–1534) in seiner Bairischen Chronik zum Jahr 1450 geschrieben: Die literarischen Studien blühen, eine Menge Bücher steht um billiges Geld auch den Minderbemittelten zur Verfügung; bei so bequemer Möglichkeit des Zugangs zur Welt der Bücher sieht sich jedermann geradezu verlockt, höherer Bildung teilhaftig zu werden. (zitiert nach Widmann 1973, 70) Diese topische Verherrlichung der Wirkung des Buchdrucks ist gattungsgemäß nicht wörtlich zu verstehen, schon gar nicht in Bezug auf das Jahr 1450. Eine tatsächlich zahlenmäßig relevante Bereitstellung humanistischer und zeitgenössischer Texte oder Texte der Antike setzte erst in den 1470er Jahren ein. Auch für die Editionswissenschaft bildete der Buchdruck die besten Möglichkeiten: parallel zum wiedergewonnenen kulturellen Selbstbewusstsein im Deutschen Reich geschah die Wiederentdeckung der literarischen Leistungen der eigenen Vergangenheit. Conrad Celtis edierte zum Beispiel die Germania des Römers Tacitus, mit der er seinen Landsleuten einen Spiegel vorhalten wollte und daher die Germanen in einem helleren Lichte präsentierte, dann aber auch das Epos Ligurinus des Gunther von Pairis (1508) oder die Werke der gelehrten Nonne Hrosvitha von Gandersheim (1501). Die Vorbildlichkeit dieser Femina docta rühmte u. a. Sebastian Brant (1457/ 58–1521) in einem begleitenden Carmen: Groß im Dichten bist Du: Du schriebst in lateinischer Sprache fromme Stücke, und auch über Geschichte zugleich. Wer bestaunte Dich nicht, gelehrtes Weib, die Du edle Dichtung schriebest – und dies in barbarischem Land. (zitiert nach Schnur 1986, 20–21) Mit dem Lob einer gelehrten Frau und der eigenen Vergangenheit verbindet sich bei Brant, Celtis oder Erasmus die Forderung nach höherer Bildung für die Frauen ihrer Gegenwart, um ebenfalls auf diesem Gebiet den Anschluss an die Romania zu erlangen. Die Bildungsaufgabe der Humanisten wird durch die Möglichkeiten des Buchdrucks deutlich unterstützt, bis hin zu der geradezu revolutionären Idee einer Schulbildung für alle Menschen. Die Beschäftigung mit dem Medium Buch nimmt eine zentrale Schlüsselrolle in der Kulturgeschichte ein.
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Wissenschaftsgeschichte des Faches Buchwissenschaft Martin Luther
Joachim von Watt, Vadianus
Im 16. Jahrhundert finden sich zahlreiche Belege für die wissenschaftliche Reflexion zur Wirkung des Buchdrucks. Nach den von Johannes Aurifaber (um 1519–1575) aufgezeichneten Tischreden oder Colloquia Doctor Martin Luthers aus dem Jahre 1566 soll sich Martin Luther (1483–1546) selbst so geäußert haben: „Die Truckerey ist summum et postremum donum, durch welches Gott die Sache deß Evangelii forttreibet. Es ist die letzte Flamme vor dem Auslöschen der Welt.“ (zitiert nach Füssel 2002, 7–8) Die Geschichte des Buchdrucks war von vornherein untrennbar mit der Verbreitung der Heiligen Schrift verbunden: Um 1452/54 druckte Johannes Gutenberg als erstes Buch von Bedeutung die seit der Spätantike übliche lateinische Bibelübertragung, die sogenannte Vulgata. Im 15. Jahrhundert wurden insgesamt 94 Gesamtausgaben der Vulgata gedruckt, 22 in Anlehnung an die Gutenberg-Bibel. 1466 gab Johannes Mentelin (ca. 1410–1478) in Straßburg die erste deutschsprachige Vollbibel heraus. Ihr folgten 17 weitere deutschsprachige Bibelausgaben vor der grundlegenden Neuübersetzung durch Martin Luther. Dass deren Wirkung dennoch überwiegend eingeschränkt blieb, lag an den hohen Preisen, dem veralteten Sprachstand und an dem Übersetzungsprinzip verbum e verbo, das sich eng an die lateinische Vorlage anschloss und dadurch häufig Verständnisschwierigkeiten und Sinnentstellungen bot. Die deutsche Fassung dieser Übertragungen war daher nur denjenigen verständlich, die ohnehin den lateinischen Text lesen konnten. Da zudem die Kirche den Anspruch erhob, allein die Heilige Schrift auslegen zu dürfen, fehlte die notwendige Anregung zum Erwerb der Ausgaben. Erst der grundsätzlich neue Stellenwert, den Martin Luther der Heiligen Schrift für das theologische Denken und die kirchliche Praxis zuerkannte, seine Grundsätze von der Alleingültigkeit der Heiligen Schrift in Glaubensfragen (sola scriptura) und der Mündigkeit der Laien, die selbst die Bibel lesen und zu interpretieren suchten, sicherte seiner Bibelübersetzung eine bisher ungekannte Resonanz. Von 1522 bis zum Tode Luthers 1546 erschienen über 300 hochdeutsche Bibelausgaben mit einer Gesamtauflage von einer halben Million Exemplaren – bei dem sich erst entwickelnden Buchmarkt und der geringen Lesefähigkeit eine gewaltige Zahl. Ein Drittel der gesamten deutschsprachigen Buchproduktion in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entfiel auf Luthers Schriften. Die durch die reformatorischen Ideen neu aufblühende Schulpolitik war eng mit der Verbreitung der Texte der Heiligen Schrift und der evangelischen Reden und Predigten verbunden. Der Buchdruck, die protestantische Theologie und die Bildungsgeschichte der Deutschen sind überaus stark miteinander verzahnt, wie sich bei zahlreichen Schriftstellern im 17. und 18. Jahrhundert, aber auch in nicht wenigen Fällen bis ins 20. Jahrhundert nachweisen lässt. Ohne die Kenntnis der Bibel kann man nicht Hölderlin und Goethe, nicht Bertolt Brecht und Thomas Mann, aber auch nicht Uwe Johnson verstehen. Ein Beispiel aus dem frühen 16. Jahrhundert soll die zeitgenössische Einschätzung der Erfindung Gutenbergs im Rahmen einer mythologischen „Weltmediengeschichte“ zeigen, ein Jambus von Joachim Vadian, dem St. Gallener Humanisten Joachim von Watt (1484–1551), der seit 1508 in der Nachfolge des Humanisten Conrad Celtis in Wien Philosophie und Poetik lehrte:
Frühe Reflexionen über den Buchdruck und die Folgen
Ein Jambus von Joachim Vadian auf das wohlverdiente Lob der Buchdruckerkunst Die vom fruchtbaren Nilstrome mit seiner Gunst beschenkten Ägypter wiederholen immer wieder ihre Lobpreisungen für ihren Gott Hermes, da er als der allererste Erfinder der Buchstaben der Nachwelt das Licht der Wissenschaft geschenkt hat. Der Grieche preist in seiner Aufmerksamkeit Cadmus, den Sohn des Agenor, als Schöpfer einer bereits weiterentwickelten Schrift. Die Buchstabenbilder, die er seinen Landsleuten mit seinem Bruder Phoinix mitgebracht hatte, führte attischer Feingeist auf ein noch höheres Niveau und fügte sie zu Literatur, würdig der Nachwelt überliefert zu werden. Die Lateiner schreiben Carmentis, der Mutter und Nährerin des alten Euander, den Ruhm zu, jene Buchstabenformen, die in kultivierten Schriften Verwendung finden, nach Latium gebracht zu haben, als sie auf der Suche nach einem neuen Wohnsitz ihre Heimat verließ. Der Deutsche jedoch, der Buchstaben aus Metall goss und den Beweis antrat, dass durch einen einzigen Druckvorgang in der Presse durchaus die Tageshöchstleistung flinker Schreiberhände wettgemacht wird, überstrahlt sämtliche Erfindungen der Alten; gepriesen und unendlich glücklich sei er! Um wie viel höher sind doch die Leistungen des Geistes vor denen des Körpers zu bewerten! Selbst wenn der Mensch heute noch (mit der Hand) schreibt, so ist er doch im Allgemeinen bereits ein Drucker. Denn dafür, was man liest und womit man seinen gottgegebenen Verstand regelmäßig speist, bürgt nunmehr die Qualität der Metalllegierung. Wenn Hermes am Leben wäre, so würde er dem Rhein danken, ebenso Cadmus, käme er direkt aus dem Reich der Schatten, und auch Carmentis, käme sie aus der Unterwelt zurück, wenn sie alle sähen, wie Griechisch, Hebräisch und alles, was früher von Hand geschrieben wurde, mit bloßem Metall in ebenso ausgezeichneter Qualität wie das Lateinische gedruckt wird. (übersetzt bei Füssel 1996, 7–14) Das bei den Lobpreisungen der Erfindung der Buchdruckerkunst häufig verwendete nationale Argument, dass die Erfindung Gutenbergs es den Deutschen ermögliche, an der geistigen Welt der Antike zu partizipieren, wird bei Vadian überhöht und in einen kulturhistorischen weltgeschichtlichen Zusammenhang gestellt. In Form einer vierfachen Klimax, an deren Zielpunkt die Erfindung der Metall-Lettern Gutenbergs steht, wird an den ägyptischen Gott Toth (mythologisch verschmolzen mit Hermes) erinnert, der als der Erfinder der Schriftzeichen gilt. Cadmus als Nachfahre des Stammvaters der Phönizier, Agenor, gilt seit Herodot als der Erfinder des griechischen Alphabets und damit als Vater abendländischer Kultur. Die arkadische Quellnymphe Carmentis, die mit ihrem Sohn Euander nach Italien auswanderte, gilt schließlich als die Erfinderin des ältesten lateinischen Alphabets mit 15 Buchstaben. Gutenberg kumuliert nach der Auffassung Vadians alle bisherigen Menschheitsfortschritte durch seine Erfindung, die es erlaubt, durch einen einzigen Druckvorgang nun alles um ein Vielfaches reproduziert zu publi-
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Wissenschaftsgeschichte des Faches Buchwissenschaft
Gutenberg-Feiern
zieren, mehr als es jeder Schreiber ermöglicht hätte. Aber nicht nur die neuen Quantitäten, sondern vor allen Dingen die Qualität der Publikation bürgt dafür, dass nun das Licht der Bildung überall aufleuchten kann. Die überaus enge Verbindung zwischen Technikgeschichte und Geistesgeschichte wird in diesem Gedicht Vadians prägnant ausgedrückt. Erst durch die Erfindung der Buchstaben und ihrer neuen Vervielfältigungsmöglichkeiten verbreitet sich Wissen und Bildung in der Welt. Wenn wir die gelehrte Beschäftigung über die kulturhistorische Rolle des Buchs von Einzelnennungen in Kolophonen oder Begleitgedichten einmal abstrahieren und fragen, welche gelehrten Standardwerke in dem nachfolgenden Jahrhundert sich mit dem Erfinder der Buchdruckerkunst, dem Buchdruck selbst und dann auch mit der Bibliografie der ersten Titel beschäftigen, so ist zunächst eine wichtige Quelle zu erwähnen, die die Datierung von Gutenbergs Erfindung auf das Jahr 1440 festschrieb. Die nachfolgenden Jahrhunderte haben nämlich von 1640 bis 1940 immer wieder Anlass zur Reflexion über dieses bedeutende medienhistorische Ereignis gegeben. Das Datum von 1440 wurde zum ersten Mal in der Kölnischen Chronik (Die Cronica van der hilliger Stat van Coellen) erwähnt, die am 23. August 1493 von Johann Koelhoff d. J. vollendet wurde. Johann Koelhoff d. J. ({ nach 1502 in Köln) war Drucker-Verleger, der die Offizin seines gleichnamigen Vaters, der 1493 in Köln verstorben war, weiterführte, aber in diesen acht Jahren (1493–1500) nur 27 Titel herausbrachte. Die Kölnische Chronik ist reich mit Holzschnitten illustriert, die sich zeitüblich auch mehrfach wiederholten (368 Abbildungen von etwa 80 Holzstöcken). Wie ebenso üblich, wurden die Texte aus anderen Enzyklopädien und Chroniken der Zeit übernommen. Von Bedeutung ist das Kapitel „Van der boychdruckerkunst“ (Bl. 311/312), das für das Jahr 1440 Johannes Gutenberg die Erfindung zuspricht, allerdings auch von „Donaten“ (lateinische Grammatiken von Aelius Donatus, um 320 – um 380) berichtet, die zuvor in Holland gedruckt worden seien. Auf diese Art und Weise schafft dieses früheste Zeugnis zugleich den Ausgangspunkt für einen jahrhundertealten Disput, in welchem Land und von wem die Buchdruckerkunst denn nun wirklich erfunden wurde. Verständlicherweise geht diese Chronik auch auf den Erstdruck in Köln ein und verzeichnet den Meister Ulrich Zell aus Hanau. Etwas überspitzt könnte formuliert werden, dass die Leitfrage der nachfolgenden Jahrhunderte war, ob es sich bei Johannes Gutenberg tatsächlich um den Erfinder der Buchdruckerkunst handelte oder ob es möglicherweise auch schon Vorformen oder parallele Entwicklungen in den Nachbarländern gegeben hat. Die Frage entstand auch, da kein einziger Druckvermerk der frühen Bücher eindeutig belegt, dass Johannes Gutenberg diese Werke gedruckt hat. Der erste Kolophon der auf Druckernamen verweist, ist der „Mainzer Psalter“ vom August 1457: „Zum Preis Gottes mit […] Sorgfalt fertiggestellt worden durch Johannes Fust, Bürger zu Mainz, und Peter Schöffer aus Gernsheim.“ (zitiert nach Widmann 1965, 17)
Buchwissenschaftliche Fragestellungen
2. Buchwissenschaftliche Fragestellungen in wissenschaftlichen Publikationen, Bibliografien und Enzyklopädien des 16. bis 18. Jahrhunderts Die Wissenschaftsgeschichte der Buchwissenschaft spiegelt sich auch in Enzyklopädien des 16. bis 18. Jahrhunderts, die sich mit der Frage der Erfindung und der Rolle und Bedeutung des Buchdrucks beschäftigen, wider. Von zentraler Bedeutung ist dabei die italienische Handwerks- und Bildungsgeschichte von Tommaso Garzonis (1549–1589) Piazza universale von 1585, die auch in den deutschen Ausgaben ab 1590 weite Verbreitung fand (weitere Ausgaben 1626, 1641 und 1659) und mit dem sprechenden Untertitel versehen wurde: „Allgemeiner Schauplatz, oder Markt, und Zusammenkunft aller Professionen, Künsten, Geschäften, Händlen und Handtwercken, so in der gantzen Welt geübt werden“. Allein von der italienischen Version sind 25 Auflagen zwischen 1585 und 1657 nachweisbar, daneben zwei Übersetzungen ins Spanische und eine ins Lateinische. Im Discorso CXXIX wird über die „Stampatori“ sowie über die hohe Bedeutung und Wirkung des Buchdrucks gesprochen. Schon das Titelblatt hebt diese Bedeutung hervor, wie auf der S. 22 abgebildeten Ausgabe von 1619 aus Frankfurt am Main, gedruckt bei Nicolaus Hoffmann, nach einem Exemplar der UB Frankfurt (Sign. Q16/69) zu erkennen ist. Der Titel wird von zahlreichen Berufen eingerahmt, deren Beziehungen untereinander leicht erkennbar sind: dem Arzt steht der Apotheker gegenüber, dem Maler der Bildhauer, dem Papiermacher der Buchbinder, dem Müller der Bäcker, dem Metzger der Koch. Über dem Titel ist der Marktplatz, eingerahmt von Athene und Merkur, als der zentrale Ort allen Handelns abgebildet, unter dem Titel befindet sich die Darstellung des Buchdrucks. Das Kupfer kann so interpretiert werden, dass vom Buchdruck alle anderen Berufe profitieren, da seine Erzeugnisse die Basis allen Wissens sind (vgl. Füssel 2009, 107–118, sowie Schneider 2005, 68). Genau diese umfassende Wirkung summiert Garzoni: „Der Nutzen dieser Kunst ergießt sich wie ein starker Fluss in alle Stände, und ist so allgemein, dass er niemandem mehr verborgen sein kann“ (Deutsche Ausgabe 1646, 962). Er beschreibt diesen Nutzen durch die nun in gedruckter Form zur Verfügung stehenden Ausgaben der Bibel und der Kirchenlehrer und anderer geistlicher Titel, danach die Rechtsbücher „beiderlei Rechts“, also des zivilen und des Kirchenrechts, und noch vor den Philosophen und den Literaten erwähnt er die Bücher praktischer Provenienz, nämlich die Arzneikunst und die Texte der Juristen. In einer idealisierten Überhöhung, jahrhundertealte Gedanken aufnehmend, erläutert Garzoni das alte Bildungsideal, dass, wenn das Wissen nur bereitgestellt wird, es auch begierig von den Menschen aufgenommen werden wird: Daß der gemeine Mann, ohne sondere Mühe, lernen und wissen kann, wie er sein Leben Gott zu gefallen, christlich, der Obrigkeit zu gebührendem Gehorsam, bürgerlich ihm selbst und den Seinen zum Besten ehrbarlich anstellen und führen kann. (Deutsche Ausgabe 1646, 962) Es wird allerdings ebenfalls deutlich, dass die durch den Buchdruck zur Verfügung gestellte Literatur auch dazu dient, dass alle Handwerker (wie auf
Tommaso Garzonis Piazza universale
„Die Basis allen Wissens“
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Gutenberg als Erfinder des Buchdrucks
dem Titelblatt dargestellt) ihre Informationen aus den Büchern entnehmen: „Der Handwerksmann, wie er sein Handwerk mit Vorteil angreifen und mit Nutzen betreiben kann, der Bauersmann, wie er sein Feld bestellt und verrichten soll.“ (Deutsche Ausgabe 1646, 962) Aber nicht nur die freie Verfügbarkeit dieser Texte, sondern auch die günstigen Kosten hebt Garzoni hervor, und dass man „vorzeiten, ehe diese wunderbarliche Kunst der Druckerei erfunden, gar wenig gelehrte Leut hat gefunden“, die durch die Bücher Wissen aufnehmen konnten, nun aber seien „alle aufgewacht, und haben alle gute Gelegenheit, etwas zu lernen und zu erfahren“ und jetzt könne, „wer nur Lust und Liebe dazu hat, Bücher genug und wohlfeil durch die Druckerei bekommen“ (Deutsche Ausgabe 1646, 962). Garzoni folgt hiermit natürlich einer bereits vielfältig topisch überlieferten Aussage, dass auch weniger finanziell Bemittelte nun „höherer Bildung teilhaftig werden können“, wie es zum Beispiel schon der Abt Johannes Trithemius von Sponheim (1462–1516) in einem Brief an seinen Bruder Jakob am 24. Juni 1506 geäußert hatte (Trithemius 1601, 505). Eindeutig spricht sich Garzoni für Johannes Gutenberg als Erfinder des Buchdrucks aus und folgt dabei jenen Quellen, die die Erfindung auf das Jahr 1440 datieren. Er thematisiert ferner die zeitgenössische Frage, ob möglicherweise auch andere europäische Länder als Erfindungsländer der Buchdruckerkunst in Betracht kommen und fragt zunächst, ob es Italiener oder Franzosen waren, greift dann aber darüber hinaus und diskutiert erstmalig – soweit dies nach momentanem Forschungsstand zu beurteilen ist – ob die Buchdruckerkunst aus China übernommen worden sei. Der humanistische Gelehrte Johannes Antonius Campanus (1429–1477), der 1470 in Rom beim Drucker Ulrich Hahn die Werke von Livius edierte, hatte die These aufgestellt, dass ein Franzose den Buchdruck erfunden habe. Garzoni kann diese Behauptung jedoch widerlegen, da sich Campanus auf eine Fehlinterpretation des Nachnamens des deutschen Druckers Ulrich aus Ingolstadt ({ um 1478) eingelassen habe. Er habe ihn wegen der lateinischen Form des Nachnamens, nämlich „Gallus“, für einen Franzosen gehalten. Garzoni stellt dann richtig, dass er ein „geborener Teutscher gewesen ist und kein Franzos“ (Deutsche Ausgabe 1646, 964). Hahn arbeitete bereits seit Anfang der 1460er Jahre in Rom und publizierte dort im Jahr 1466 die Meditationes des Kardinals Juan de Torquemada und anschließend klassische römische Autoren und kanonische Werke ebenso wie päpstliche Bullen und Reden. Garzoni erklärt auch, dass „dui fratelli allemani“ den Buchdruck nach Italien gebracht haben, wobei er die deutschen Buchdruckergesellen Konrad Sweynheim ({ 1477) und Arnold Pannartz ({ 1477) meint, die den Buchdruck im Kloster Sancta Scholastica in Subiaco in den Sabiner Bergen westlich von Rom mit Unterstützung der Kurie 1465 einführten. Als erster diskutiert Garzoni, wie bereits erwähnt (Deutsche Ausgabe 1646, 962–963), ob auch die Erfindungen der Chinesen eine Rolle in der Weltmediengeschichte und als Vorläufer von Gutenberg spielen. Er argumentiert streng systematisch und konstatiert zunächst, dass es sich um eine vollständig andere Schrift handelt, die nicht die Praktikabilität von 26 lateinischen Buchstaben besitze, sondern erfordere, dass „zum wenigsten 85.000 Figuren“ beherrscht werden müssen. Darüber hinaus berichtet er,
Buchwissenschaftliche Fragestellungen
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GutenbergFeiern 1640
Frühe Inkunabelbibliografien
dass diese Texte in erster Linie „in Bretter geschnitten“ wurden und kennt neben den Holzschnitten seit dem 8. Jahrhundert offensichtlich nicht die koreanischen Experimente mit einzelnen Metalltypen seit 1344. Schließlich macht er deutlich, dass die Erfindung der Chinesen nicht in dem Maß zur freien Verfügbarkeit des Wissens beigetragen hat wie Gutenbergs Erfindung. Zuletzt geht er der Frage nach, ob Gutenberg und seine Mitstreiter eventuell etwas von den chinesischen Experimenten gewusst haben könnten. Dies verneint er mit dem Hinweis, dass Gutenberg bereits etwa 50 Jahre vor dem „Genueser Christophorum Columbum“ seine Erfindung gemacht hat und es daher gar nicht möglich gewesen sei, über dessen Entdeckungsreisen eventuell eine Informationsbrücke nach Asien zu schlagen. Wenn auch dieses Argument weniger zählt, da Kolumbus den Westweg nach Amerika und nicht das vermeintliche Indien fand, und Überlegungen zu einem möglichen Wissenstransfer über die Seiden- oder die Gewürzstraße unterlassen werden, kommt Garzoni schließlich zu seinem eindeutigen Ergebnis, dass allein „Giovanni Gutenbergo“ (Garzoni, zitiert nach Cherchi/Collina 1966, 1338) den Buchdruck erfunden habe und damit den Deutschen der Erfinderruhm der Buchdruckerkunst gebühre. Er beruft sich dabei wiederum auf Quellen, u. a. auf Polidorius Vergilius (1470–1555) aus der Nähe von Robino, der in der einschlägigen Publikation De inventoribus rerum libri tres (Venezia 1499, Fol. 5) berichtete: „Diese Kunst, Schriften zu drucken, hat Johann Gutenberg, aus deutscher Nation gebürtig, ein Mann von ritterlichen Ehren, in Mainz am Rhein zuerst erfunden.“ Garzoni legt in seiner Betrachtung des noch neuen Berufsstandes der Stampatori ein deutliches Gewicht nicht nur auf die Handwerks- und Technikgeschichte, sondern auch auf die Wirkungsgeschichte dieser Kunst, die einen bedeutenden Schritt in der Bildungs- und Kulturgeschichte der Menschheit darstelle. Ob es bereits 1540 Centenar-Feiern zur Entdeckung des Buchdrucks gegeben hat, ist umstritten (vgl. Estermann 1999, 23). Im Jahr 1640 wurde das Jubiläum aber vielfältig begangen und in zahlreichen wissenschaftlichen Beiträgen thematisiert. Zu nennen ist u. a. der Jurist, Theologe und Münsteraner Domherr Bernhard von Mallinckrodt (1591–1664). Er wandte sich in einer Streitschrift De ortu ac progressu artis typographicae dissertatio historica (Köln 1640), entschieden gegen die These, dass ein de Coster in der niederländischen Stadt Harlem den Buchdruck erfunden habe, wobei er die Theorie der Koelhoffschen Chronik aus Köln von 1499 falsifizierte. Neben seinem eindeutigen Urteil über die Bedeutung Gutenbergs ist Mallinckrodt auch als Stammvater der Inkunabelbibliografie zu würdigen (folgt Corsten 1995, 37–50). Er war ein Bibliophiler der ersten Stunde, der über 5.300 Bücher besaß, darunter zahlreiche Drucke des 15. Jahrhunderts. In einem Kapitel seines Buchs vergleicht er die „primitive“ mit der gegenwärtigen Typografie und zieht eine Grenzlinie mit dem Jahr 1500. Wenn dies in bibliothekarischen Kreisen möglicherweise schon länger der Fall war, ist dies jedoch der erste eindeutige Beleg, dass die von ihm sogenannten „Incunabulae“ (die Werke, die entstanden als der Buchdruck noch in der Wiege oder in den Windeln lag) eindeutig bis zum Jahr 31.12.1500 datiert wurden. Im Stadtarchiv Münster hat sich darüber hinaus ein Manuskript erhalten, in dem Mallinckrodt 3.325 Inkunabeln zusammengetragen hat, die er nach
Buchwissenschaftliche Fragestellungen
dem Erscheinungsjahr ordnete. Da die ersten Drucke noch ohne ein vollständiges Titelblatt erschienen sind und die Angaben im Kolophon unzureichend waren, kann seine Leistung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er machte in seinem Werk nicht nur Angaben zur Typografie, sondern auch zum Einband, zum Buchschmuck, in manchen Fällen sogar zu den einzelnen Exemplaren selbst. Seine Übersicht würde in späteren Jahren eine „räsonierte Bibliografie“ genannt werden. Im Manuskript erhalten ist auch die Inkunabelbibliografie von Johann Saubert (1592–1646) aus dem Jahr 1643. Saubert war in Nürnberg Hauptpastor der Kirche St. Sebald und konnte auf eine eigene Büchersammlung, aber auch die beträchtliche Bibliothek der Stadt Nürnberg selbst zurückgreifen. Er hielt sich ebenso an die Jahresgrenze 1500 und verzeichnete 825 Titel. Eine weitere Inkunabelbibliografie fertigte der Bibliothekar und Jesuit Philippe Labbé (1607–1667) an, der in der Königlichen Bibliothek in Paris die Handschriften katalogisierte und als Ergänzungsband eine Bibliografie der dort vorhandenen Drucke des 15. Jahrhunderts beigab: Breviarium seu catalogus veterum editionum ab anno 1459 ad 1500. Er ordnete seine Bibliografie allerdings nicht chronologisch, sondern nach den Autoren beziehungsweise den Titeln der Werke. Zu erwähnen ist schließlich ein vierter Inkunabelkatalog von dem in Emmerich lebenden Buchhändler Cornelius van Beughen (1639–1716) aus dem Jahr 1688, der seine Incunabula typographiae 1688 bei Johannes Wolters in Amsterdam erscheinen ließ. Der Band erinnert an einen Antiquariatskatalog, ist alphabetisch geordnet und verzeichnet etwa 3.000 Titel (vgl. dazu insgesamt Corsten 1995). Das antiquarische Interesse am einzelnen Buch stand im 17. und frühen 18. Jahrhundert im Vordergrund, daher finden sich neben den Bibliografien gelehrte Nachrichten über seltene Bücher, Beschreibungen, Provenienzgeschichte etc. Im Rahmen einer sogenannten Literärgeschichte, der Historia literaria, einer heute nicht mehr existierenden historischen Disziplin, wurde die Geschichte des Buchwesens als Teil der Res publica literaria neben der Geschichte gelehrter Männer und gelehrter Institutionen behandelt (vgl. Raabe 1976, 16). Etwas verallgemeinernd lässt sich sagen, dass bei dieser historisch orientierten Literaturbetrachtung auch Fragen zum Autor, zum Zeitpunkt der Entstehung der Texte, zur Druck- und Publikationsgeschichte mit berücksichtigt wurden. Neben der bibliografischen Beschäftigung, die alle äußeren Merkmale der Bücher zusammenstellte, setzte sich an den neuen (zum Beispiel Göttingen 1738) oder reformierten Universitäten des 18. Jahrhunderts ein kritischer Umgang mit der Forschungsliteratur, das heißt eine sachkundige Einschätzung und Interpretation des Inhaltes als Grundlage jeder wissenschaftlichen Beschäftigung durch. Diese „gelehrte Bücherkenntnis“ gehörte rasch zu den Propädeutika jedes einzelnen Faches. Die so genannte „Bücherkunde“ wurde zum Wegweiser für eine kritische Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur im 18. Jahrhundert. Diese historische und kritische Auseinandersetzung mit den Fachbüchern hat u. a. der Wiener Buchwissenschaftler Michael Denis (1729–1800) in seiner „Einleitung in die Bücherkunde“ so beschrieben:
Historia literaria
„Gelehrte Bücherkenntnis“
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Man kennt ein Buch historisch, wenn man weis, von wem, wo, wann und aus was für einer Absicht es gemacht worden ist, von wem, wo, wie oft, und wann es gedruckt worden ist, wem es der Verfasser zugeschrieben hat, wer er fortgesetzt, ergänzet, commentiert, in Auszug gebracht, bestritten, vertheidigt, bestohlen hat, ob es in andere Sprachen übersetzet, ob und vom wem es recensiret, gelobt und getadelt worden ist, wie Papier, Format, Druck und Correctur beschaffen ist, ob es Kupfer, Register hat, und dergl. Kritisch kennt man ein Buch, wenn man weis, ob der Autor dem Werke gewachsen war, ob der Stoff nützlich oder unnütz, alt oder neu, schon behandelt oder unbehandelt, ob die Methode gut gewählt, alt oder neu, angenehm oder verdrießlich, die Beweise zureichend, die Allegaten [= Zitate] nöthig und richtig sind, ob die Schreibart rein, deutlich, bündig, der Titel passend ist, ob die beygefügten Noten gelehrt und unentbehrlich, die Kupferstiche gut, die Register fleißig gemacht sind, u. s. w. (Denis 1795, 239) Neben den formalen Angaben zu einem Buch gewann auch die Auseinandersetzung mit den Inhalten an Bedeutung, erlebte doch das Rezensionswesen zum Beispiel mit Friedrich Nicolais Allgemeiner Deutschen Bibliothek oder der Allgemeinen Deutschen Literaturzeitschrift aus Jena um 1800 seinen ersten Höhepunkt (vgl. Schneider 1995). Wissenschaftsgeschichtlich ist im 18. Jahrhundert der Wandel vom Exzerpieren und Tradieren von Wissen zum Weiterdenken und Neuformulieren im Zusammenhang mit den aufklärerischen Bestrebungen zu konstatieren. Die Bücherkunde differenzierte sich daher zunehmend in die gelehrte wissenschaftliche Beschäftigung mit den Inhalten und in die „Bücherkunde“, also den Bereich des formalen Wissens um ein Buch (vgl. Schneider 1997, 54–55).
3. Differenzierung der Wissenschaften im 19. Jahrhundert
Germanistik
Die „gelehrte Bücherkenntnis“ stand am Beginn einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Buch. Inhalt und äußere Form, die geistigen Zusammenhänge von Thema und Stofftradition, die Bedeutung des Autors und die Wirkungsgeschichte waren dem gebildeten Gelehrten vertraut. Im 19. Jahrhundert differenzierte sich das universitäre Angebot. Themen der Buchgeschichte wurden nun in den neu eingerichteten Fächern der Germanistik und der Historischen Hilfswissenschaft mit behandelt. Einer der frühen Germanisten, der in diesem Kontext zu erwähnen ist, war Karl Lachmann (1793–1851), der seit 1818 an der Albertus-Universität in Königsberg lehrte. Sein Name ist bis heute mit der Entwicklung der Editionswissenschaft verbunden, wobei er sich auf die „gelehrte Bücherkenntnis“ und die Methoden der Bibelphilologie der vorausgegangenen Jahrhunderte berief und sich besonders mit den Grundsätzen der Handschriftenklassifikation, ihrer Genealogie und der Textkritik beschäftigte (vgl. Meves 2000, 21).
Zentrale Dokumente zum Selbstverständnis
Innerhalb der Geschichtswissenschaft bildete sich im 19. Jahrhundert die Teildisziplin der Historischen Hilfswissenschaften heraus, die das grundlegende Handwerkszeug des Historikers beim Umgang mit Urkunden und Quellen lehrt, nämlich die Handschriften- und Einbandkunde sowie die Schriftkunde mit allen Unterformen der Kodikologie, die sich mit der Materialität der Kommunikation (siehe dazu unten Kapitel III.1) beschäftigt, also mit den Beschreibstoffen, mit Tinte und Schreibgeräten, mit Buchschmuck, mit der Analyse von Buchstabenformen (Paläografie), aber auch mit Fragen der historischen Geografie und der Genealogie. Gerade im Bereich der Editionswissenschaft gibt es starke Überschneidungen zwischen diesen beiden Disziplinen, die auch unter dem Begriff der „Buchgeschichte“ weiter fortgeführt werden.
Historische Hilfswissenschaften
4. Zentrale Dokumente zum Selbstverständnis des Handels und der Berufsausbildung Nicht nur an den Universitäten wurden die Studiengänge seit 1800 reformiert, auch im Buchhandel, der bis dahin keine normierte Ausbildung kannte (sondern dessen Lehrzeiten in aller Regel durch einen Privatvertrag geregelt waren und daher zwischen drei und sieben Jahren schwankten), legten führende Händlern eigene Reformschriften vor. Zu den zentralen, wegweisenden Schriften gehört Meine Gedanken über den Buchhandel und über dessen Mängel des Leipziger Verlegers Georg Joachim Göschen (1752–1828) aus dem Jahr 1802. Darin fordert er Mindestqualifikationen für Buchhändler und spricht zunächst im hohen Ton davon, dass der Buchhandel mehr sei als ein einfacher Handel mit Waren, sondern ein Handel mit den „edelsten Waren“, die „die Geistesprodukte der vorzüglichsten Männer ihres Zeitalters“ (Göschen Neudruck 1925, 6) enthalten. Neben kaufmännischen Fähigkeiten müsse daher der Buchhändler auch „Bildung und edle Gesinnungen“ besitzen, sein
Georg Joachim Göschen
Betragen muß der Würde seines Berufs gemäß seyn; er muß gebildete Menschen anständig zu behandeln wissen, und von dem Eifer belebt seyn, die Wissenschaften zu befördern, insofern dadurch das Wohl der Menschen befördert wird; sonst ist er nichts weiter als einer aus der Classe derer, die etwas zu Markte bringen – um Geld zu lösen. (Göschen Neudruck 1925, 8) Göschen fordert ganz praktisch „gründliche Kenntnisse beyder Zweige des Buchhandels, des Verlagsgeschäftes sowohl als auch des Sortimentshandels“ sowie „Kenntniß seiner Waren“ und gutes kaufmännisches Betragen (Göschen Neudruck 1925, 7–8). Der Hamburger Sortimenter Friedrich Christoph Perthes (1772–1843) knüpfte 1815 an diesen Gedanken Göschens an und formulierte in seiner Schrift Der deutsche Buchhandel als Begründer des Daseins einer deutschen Literatur: „Der eigentlichste Beruf des deutschen Buchhändlers aber ist: Einheit der deutschen Literatur zu erhalten und zu befördern“ (zitiert nach Schulz 1967, § VII). Allein der deutsche Buchhandel sei in der Lage, das Ein-
Friedrich Christoph Perthes
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Wissenschaftsgeschichte des Faches Buchwissenschaft
kommen und damit die Existenz der Schriftsteller zu sichern und die Verbreitung ihrer Ideen auf allen Gebieten zu gewährleisten: Dadurch ist entstanden, dass wir eine allgemeine deutsche Literatur haben, während Frankreich und England nur noch eine Pariser und Londoner haben. So geschieht, dass während in jenen Ländern außer den Hauptstädten kein großer Schriftsteller mehr gedeiht, in Deutschland in Hunderten von Städten und Örtern die herrlichsten Geistesblüthen und tiefsten Erforschungen entspringen. (zitiert nach Schulz 1967, § V)
Buchhändlerische Ausbildung
Professur für Buchhandelsbetriebslehre
Die vom Handel gewährleistete Herstellung, Honorierung und flächendeckende Distribution der Bücher sei aus eigener Kraft erwachsen, bedürfe nun aber des besonderen staatlichen Rechtsschutzes und der „Ausbildung der Organisation des deutschen Buchhandels“. Diese Sätze entstammten zwar der allgemeinen nationalen Euphorie nach dem Wiener Kongress und der Gründung des Deutschen Bundes im Juni 1815, Göschens und Perthes’ Schriften zusammen zeigen aber exemplarisch, dass sich der Buchhandel des Doppelcharakters seines Metiers bewusst war: Da er mit einem geistigen Gut und einer Handelsware arbeitet, muss der Händler sowohl ein Partner auf Augenhöhe für die Autoren sein, als auch, um über die Inhalte verhandeln zu können, gleichzeitig ein gewiefter Kaufmann, dem es auf einem Markt bei unsicherer Erwartung des Absatzes gelingen muss, nicht nur seinen Arbeitsaufwand und den Wareneinsatz zurückzuerhalten, sondern auch den Schriftstellern ein ihrer Leistung adäquates Honorar zukommen lassen zu können. Nicht zufällig werden die wesentlichen Gedanken zu einer Sicherung des Urheberrechtes (siehe unten Kapitel IV.2) und eines Verlagsrechtes, der Ermöglichung der Existenz eines freien Schriftstellers u. a. von den führenden Buchhandelsvertretern in den nachfolgenden Generationen entwickelt. Für den geistigen Hintergrund buchwissenschaftlicher Fragestellungen sind daher auch die Schriften über die Debatten zur buchhändlerischen Ausbildung von hoher Bedeutung (vgl. Martin 2000, 257–265). Der schon genannte Perthes plädierte zum Beispiel bereits 1840 dafür, dass der Buchhandel eine „Unterrichts-Anstalt für Lehrlinge des Buchhandels“ in Leipzig einrichten sollte, damit dort fundierte theoretische Kenntnisse neben der Praxisausbildung im Handel vermittelt werden sollten und legte so quasi den Grundstein für das bis in die Gegenwart geltende duale System der buchhändlerischen Berufsausbildung (vgl. Adrian 1975, 90). 1853 wurde in Leipzig die „Lehranstalt für Buchhändler-Lehrlinge“ eröffnet, die u. a. Literaturkunde, Sprachenkunde und kaufmännischen Unterricht vorsah. Junge Buchhändler in den 1920er Jahren waren der Ansicht, dass sie sich weiterbilden sollten und gründeten selbst Sommerakademien, die der Verleger Eugen Diederichs ab 1923 nach dem Vorbild der Volkshochschulbewegung organisierte (vgl. Fischer 2012, 351–358). Als erste akademische Ausbildungsstätte ermöglichte der Börsenverein aus Anlass seines 100. Geburtstages 1925 die erste europäische Professur für Buchhandelsbetriebslehre an der Leipziger Handelshochschule. Dort sollten die Lehrer für die Buchhändlerschule akademisch ausgebildet und gleichzeitig die wirtschaftswissenschaftliche Erforschung des Buchhandels,
Wissenschaftliche Gesellschaften
besonders mit den neuen statistischen Methoden gefördert werden. Der erste Lehrstuhlinhaber, Gerhard Menz, kam mit Verbandserfahrung zu dieser Professur. Er war zuvor Redakteur des Börsenblattes und Berufsbildungsreferent des Börsenvereins gewesen (vgl. Jüttemeir/Otto 1984, 3–43). Menz wurde für die Fachgeschichte vor allen Dingen auch dadurch wichtig, dass er die Grundfragen des Buchhandels mit denen der Publizistik und der Zeitungswissenschaft verband und damit de facto für ein Zusammengehen von Kommunikationswissenschaft und Buchwissenschaft plädierte. Erwähnt werden muss die heutige kritische Einschätzung der Persönlichkeit von Gerhard Menz im Dritten Reich und in der frühen DDR (vgl. Altenhein 2006).
5. Wissenschaftliche Gesellschaften: American Antiquarian Society, Historische Kommission des Börsenvereins, Gutenberg-Gesellschaft Im 19. Jahrhundert entstanden mehrere wissenschaftliche Gesellschaften, die sich mit der Rolle und Bedeutung des Buchs im besonderen Maße beschäftigen und damit Aufgaben übernommen haben, die heute den Instituten für Buchwissenschaft eigen sind. Drei unterschiedliche Beispiele sollen deren Wirken und deren Aufgabenstellung beleuchten. Das erste bedeutende Beispiel für eine buchwissenschaftliche Gesellschaft findet sich nicht in Europa, sondern in den Vereinigten Staaten von Amerika (vgl. hierzu auch II.7 unten). In Worcester (Massachusetts) wurde am 24. Oktober 1812 die American Antiquarian Society (AAS) gegründet. Der Gründer Isaiah Thomas (1749–1831) verstand die Society zwar als eine wissenschaftliche Gesellschaft mit nationalem Anspruch, hatte aber auch von vornherein eine internationale Vernetzung eingeplant (vgl. Gura 2012). Thomas stiftete das Grundstück und das notwendige Geld für den Bau eines Ausstellungs- und Bibliotheksgebäudes sowie 8.000 wertvolle Bücher. Der Journalist und Zeitungsverleger hatte das Druckerhandwerk gelernt und gab seit 1770 in Boston die Zeitschrift Massachusetts Spy heraus, die sich durch eine selbstbewusste Profilierung der Kolonien gegenüber ihrem Mutterland England auszeichnete. Kurz vor Ausbruch des Unabhängigkeitskrieges zog sich Thomas in das Landesinnere nach Worcester zurück, nahm den Massachusetts Spy mit und erweiterte dort seine Druckerei um eine Buchbinderei sowie eine Papiermühle. Nachdem er sich 1802 aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen hatte, schrieb er eine zweibändige History of Printing in America, with a Biography of Printers, and an Account of Newspapers (erste Auflage 1808), die bis heute zu den wichtigsten kulturhistorischen Publikationen über die Geschichte der Druckkunst weltweit gehört. Thomas stellte darin u. a. frühe „Inkunabeln“ aus Nordamerika, wie das berühmte Bay Psalm Book, das in den britischen Kolonien 1640 gedruckt wurde oder 1663 eine Bibel in der Indianersprache Algonkin vor. Außerdem wies er nach, dass der erste in den USA erschienene moderne Roman, der
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Bestseller Pamela des Engländers Samuel Richardson, vom Drucker, Verleger (und Staatsmann) Benjamin Franklin (1706–1790) 1842 nachgedruckt wurde. Zu den Gründungsvätern der Society gehörte nicht nur Thomas Jefferson (1743–1826), der dritte Präsident der USA, sondern u. a. auch der südamerikanische Unabhängigkeitskämpfer Simon Bolivar (1783–1830) und die Brüder Alexander (1769–1859) und Wilhelm (1767–1835) von Humboldt, Naturforscher und Universitätsreformer aus Preußen. Ähnlich wie in Europa differenzierten sich auch in Nordamerika die Wissenschaften und so wurde in den USA 1876 erst die American Library Association und dann 1884 die American Historical Association gegründet, die die Entwicklung der Geschichtsforschung als akademische Disziplin betrieb und die Bibliotheken an den Hochschulen zu Forschungseinrichtungen ausbauten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts trennte sich die AAS von ihrem Museum, das u. a. eine anthropologische Sammlung mit Mumien etc. beheimatete, und konzentrierte sich auf die Buchforschung. Seit 1972 fördert die AAS Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller auch durch Stipendien. Im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie bietet die AAS zur Zeit (2014) elektronische Auskünfte kostenpflichtig an. Es ist aber geplant, künftig im Sinne des Open Access die Bestände in der Digital Public Library of America kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Historische Kommission des Börsenvereins
Historismus
Die zweite buchwissenschaftliche Gesellschaft, die für die Wissenschaftsgeschichte des Faches wichtig geworden ist, ist die Historische Kommission des Börsenvereins von 1876. Wieder einmal war es die Branche, die sich ihrer eigenen historischen Rolle und Bedeutung für die Kulturgeschichte bewusst war und die nach der Gründung des Börsenvereins 1825 u. a. für die Rechtsfragen im Buchhandel sowie (vgl. unten Kapitel IV.2) für die bibliografische Versorgung aller Mitglieder durch die Herausgabe eines Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel seit 1834 einsetzte. All dies geschah vor dem Hintergrund eines großen Selbstbewusstseins, dass der Buchhandel Träger der deutschen Kultur sei, wie es der Hamburger Buchhändler Friedrich Perthes bereits 1815 in seiner Schrift „Der deutsche Buchhandel als Begründer des Daseins einer deutschen Literatur“ formuliert hatte (siehe oben II.4). Den zweiten, geistesgeschichtlichen Hintergrund für die Gründung der Historischen Kommission bildete der Historismus, eine weitverbreitete geistige Strömung, die von der Prämisse ausgeht, dass die Natur einer Sache stets in ihrer Geschichte liegt. Nach der symbolträchtigen Reichsgründung von 1870 war auch der kulturhistorisch engagierte Börsenverein daran interessiert, die Geschichte und damit die Herkunft des eigenen Berufsstandes zu erhellen und ihn für die Gegenwart zu legitimieren. Einige gelehrte Buchhändler und Antiquare hatten, wie etwa Albrecht Kirchhoff (1827–1902), schon aus eigenem Antrieb heraus Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels (Leipzig 1851–53) herausgegeben. Derselbe machte im Jahr 1875 schließlich dem Börsenverein seine umfangreiche Fachbibliothek zum Geschenk. Am 8. April 1875, kurz vor der Feier zum 50. Jubiläum des Börsenvereins, stellte der Seniorchef des Verlags F. A. Brockhaus, der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Dr. Eduard Brockhaus (1829–1914), den Antrag zur Gründung einer Historischen Kommission:
Wissenschaftliche Gesellschaften
Ich halte es für eine würdige Aufgabe unseres Vereins, die er neben seinen direkten Aufgaben und unbeschadet derselben erfüllen kann, eine Geschichte des deutschen Buchhandels ins Leben zu rufen. Ich habe ferner die Überzeugung, dass unser Verein zu diesem Unternehmen vorzugsweise berechtigt und verpflichtet ist. (Brauer 1976, 50) Der Vorstand nahm diese Idee auf und beauftragte die Kommission, auch alle weiteren wissenschaftlichen Publikationen zur Geschichte des Buchhandels zu betreuen. 1876 wurde die Kommission endgültig beschlossen und in den Rang eines ständigen Ausschusses erhoben. Eduard Brockhaus blieb 40 Jahre bis zu seinem Tod 1914 der Vorsitzende. Um zunächst Vorarbeiten für eine Buchhandelsgeschichte zu ermöglichen und an einem zentralen Ort buchhandelshistorische Arbeiten zu publizieren, wurde das Archiv für Geschichte des Deutschen Buchhandels (AGDB) eingerichtet, das in 20 Bänden zwischen 1878 und 1898 erschien. Seit 1877 wurde eine Geschichte des deutschen Buchhandels von der Erfindung der Buchdruckerkunst bis in die neueste Zeit geplant, mit dem ausdrücklichen Wunsch einer akademischen Verankerung und einem weiten Begriff von Buchhandelsgeschichte: Das Werk soll auf wissenschaftlicher Forschung beruhen und die Resultate derselben in einer gemeinverständlichen übersichtlichen Darstellung geben. Das Druckereigeschäft ist nur insoweit zu berücksichtigen, als es ursprünglich die Grundlage des buchhändlerischen Geschäfts bildete und als es später durch Blüte oder Verfall irgendeinen wesentlichen Einfluss auf den deutschen Buchhandel ausgeübt hat. In ähnlicher Weise sollen Literatur- und Kulturgeschichte in den Rahmen der Darstellung hineingezogen werden und ist stets Rücksicht darauf zu nehmen, inwieweit dieselben Einfluss auf das buchhändlerische Gewerbe ausgeübt haben und wie der Buchhandel auf die Literatur fördernd oder schädigend zurückgewirkt hat. (Brauer 1976, 55–56) Diese komplexe Aufgabe wurde einem Historiker übertragen, Friedrich Kapp (1824–1884), der seit 1878 quellenorientiert am ersten Band arbeitete. Er unternahm u. a. Archivreisen nach Nürnberg, Augsburg, Ulm, Zürich, Basel und Karlsruhe sowie in das Geheime Staatsarchiv nach Berlin und das Stadtarchiv von Frankfurt am Main. Er verstarb allerdings 1884, so dass erst zwei Jahre später mithilfe weiterer Fachgelehrter der erste Band erscheinen konnte, der bis zum Westfälischen Frieden 1648 ausgearbeitet war. Es wurde dann von den Buchhändlern innerhalb der Historischen Kommission selbst versucht, die Bände zu schreiben, was aber nicht zuletzt an der Belastung im Hauptberuf scheiterte. Seit 1904 übernahm der Historiker Johann Goldfriedrich (1870–1945) die Weiterführung. Der zweite Band (1648–1740) erschien 1908 und der dritte (1740–1806) im Jahre 1909. Der vierte Band (1913) reichte bis zur Krönerschen Reform (1887). So waren die wichtige Einführung eines festen Ladenverkaufspreises und die damit verbundene Idee der Preisbindung als Fundament des modernen Buchhandels in die Buchhandelsgeschichte aufgenommen. Durch die schwierige Lage des Buchhandels im I. Weltkrieg und in der Inflationszeit der Weimarer Republik trat die Arbeit der Historischen Kom-
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Archiv für Geschichte des Buchwesens
Buchhandelsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
GutenbergGesellschaft
mission in den Hintergrund. 1934 wurde die Kommission im Zuge der nationalsozialistischen Gleichschaltung des Börsenvereins aufgelöst. 1953 berief der Börsenverein die Kommission wieder ein. Zunächst wurde 1957 das bis heute erscheinende Archiv für Geschichte des Buchwesens (AGB) begründet, in das dann in den 1950er Jahren auch die ersten buchwissenschaftlichen Dissertationen des Mainzer Instituts (gegründet 1947, siehe unten Kapitel II.6) Eingang fanden. Das AGB erschien anfänglich im Rahmen des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel. Seit dem Band 26 (1986) publizierte die Buchhändlervereinigung, eine damalige Wirtschaftstochter des Börsenvereins, das AGB in jährlich zwei Bänden, heute zeichnet der Verlag de Gruyter (Berlin) hierfür verantwortlich. Auf Initiative des Münchner Buchhandelshistorikers Herbert G. Göpfert wurde seit 1983 geplant, die Buchhandelsgeschichte im Anschluss an Kapp/ Goldfriedrich bis zur Gegenwart fortzusetzen. Mit der Herausgabe des ersten Bandes Kaiserzeit (1871–1918) wurde der Münchner Buchwissenschaftler Georg Jäger beauftragt, mit dem Band Weimarer Republik die Mainzer Ernst Fischer und Stephan Füssel. In fünf Teilbänden sind diese beiden Epochenbände zwischen 2001 und 2012 inzwischen erschienen. Die enge Verflechtung der akademischen Buchwissenschaft mit der Branchengeschichtsschreibung wird darin deutlich. Die Arbeiten an den Bänden zum Dritten Reich, zum Exilbuchhandel, zu „Kontinuität und Neuanfang 1945–1949“ und zur BRD und DDR sind für 2014 bis 2018 geplant. Zu erwähnen ist außerdem, dass der Börsenverein auch ein Archiv und eine Bibliothek unterhält, die sich heute in der Deutschen Nationalbibliothek befinden (vgl. Staub 2012). Sowohl das Archiv als auch die Bibliothek bieten buchwissenschaftlich Forschenden eine gute Hilfestellung. So sind zum Beispiel nicht nur Monografien, sondern einzelne Fachartikel im Bereich Buchgeschichte im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek in der Schlagwortsuche auffindbar. In den Hamburger Nachrichten wurde mit euphorischen Worten Gutenbergs Geburtstagsfeier in Mainz vom 23. bis 26. Juni 1900 gewürdigt: Festtage am Rhein! […] Ein Friedensfest, ein Culturjubiläum lockt an dem Johannistage der Jahrhundertwende Tausende zur Wanderung nach dem Goldenen Mainz. Weit ins Land grüßt wehender Flaggenschmuck und zeugt von dem Festkleide, in das Moguntia heute mit verschwenderischer Macht sich geworfen […]. (Gutenberg-Fest 1901, 17)
GutenbergFestschrift
Es gab einen fulminanten Fest-Umzug, ein Festessen für 800 Geladene, eine Ausstellungseröffnung, aber auch die Grundsteinlegung für das GutenbergMuseum. Bei einem Kongress im Kurfürstlichen Schloss wurde die Gründung der Gutenberg-Gesellschaft beschlossen, die die Gutenberg-Forschung durch die Herausgabe von Schriften unterstützen und das künftige Gutenberg-Museum fördern sollte. Zu diesem Jubiläum ist eine herausragende Festschrift zum 500-jährigen Geburtstag von Johannes Gutenberg im Auftrag der Stadt Mainz vom Bibliothekar Otto Hartwig (1830–1903) herausgegeben worden, ein bis heute unübertroffener Meilenstein der Gutenberg- und Frühdruckforschung der nächsten 100 Jahre. Im Mittelpunkt steht eine Materialsammlung und Quel-
Wissenschaftliche Gesellschaften
leninterpretation des Bibliothekars der Straßburger Universitäts- und Landesbibliothek Karl Schorbach über die „Urkundlichen Nachrichten über Johann Gutenberg“ (Schorbach 1900, 130–256). Die nächste, nun bereits von dem Mentor der Gutenberg-Forschung Aloys Ruppel (1882–1977) herausgegebene Festschrift erschien 1925 aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des Museums. Diese inhaltlich und typografisch anspruchsvolle Festschrift bietet einen Ausweis über den hohen Stand der Gutenberg-Forschung nach 25 Jahren und ist gleichzeitig ein Dokument für die Bereitschaft der Druckindustrie, diese Forschung zu unterstützen. Einband, Titel und Vorsatz entwarf Emil Rudolf Weiß aus Berlin, die typografische Herstellung wurde von Karl Klingspor aus Offenbach übernommen. In einer Sonderbeilage über die Entwicklung der Buchillustration wurden herausragende Beispiele der neuen Möglichkeiten des Vierfarbdruckes geboten, über „zeitgemäße Typographie“ handelte der Meister am Staatlichen Bauhaus in Dessau, Ladislaus Moholy-Nagy, und über „typographische Tatsachen“ schrieb der wohl bedeutendste experimentelle Buchgestalter seiner Zeit, El Lissitzky aus Moskau. So haben die führenden Typografen und Buchgestalter ihrer Zeit Anteil an dieser Festschrift genommen, die in den wegweisenden Aufsätzen sowohl „Buch und Buchdruck in China“ als auch hebräische Inkunabeln in Spanien und Portugal, den Frühdruck in Cambridge oder die GutenbergDrucke selbst thematisiert. Der Direktor des Gutenberg-Museums Aloys Ruppel gründete 1926 das Gutenberg-Jahrbuch, das rasch internationales Ansehen erlangte und Publikationen zum Frühdruck und zum gesamten Druckwesen in fünf Weltsprachen publiziert. Es erscheint in ununterbrochener Folge bis heute. Ruppel ist es mit dem internationalen Jahrbuch gelungen, die anfangs stark personengeschichtlich orientierte Gutenberg-Forschung auf das weitere Feld der Inkunabel- und Frühdruckforschung zu verlagern und in einen internationalen wissenschaftlichen Kontext zu setzen. Er selbst legte 1939 eine Gutenberg-Monografie vor, die erstmals verlässlich Auskunft über Gutenberg und die ihm zugeschriebenen Druckwerke bot (vgl. Ruppel 1939, 2. Auflage 1947). Nach dem Zweiten Weltkrieg ist es Ruppel zu verdanken, dass die wiedergegründete Mainzer Universität mit dem Namen von Johannes Gutenberg geehrt wurde; er selbst erhielt 1947 den von der Stadt Mainz gestifteten Gutenberg-Lehrstuhl. Da er die Leitung des Museums weiterhin innehatte, regte er vor allen Dingen Dissertationen zum Mainzer Frühdruck und zum Frankfurter Verlagswesen an und unternahm verschiedene Weltreisen, u. a. 1964 nach Chicago, Cleveland und New York, um die Mainzer Gutenberg-Forschung international bekannt zu machen (vgl. Schütz 1982). Das Gutenberg-Jahrbuch blieb auch unter seinen Nachfolgern auf dem Mainzer Gutenberg-Lehrstuhl, Hans Widmann, Hans-Joachim Koppitz und Stephan Füssel, in den Händen des Universitätsinstitutes, was eine enge Verzahnung mit der Forschung und der weltweiten Rezeption ermöglicht. Als eine wichtige Zwischenbilanz der Gutenberg-Forschung hat Hans Widmann (1908–1975), der Nachfolger Ruppels auf dem Mainzer Gutenberg-Lehrstuhl, 1972 einen Sammelband zum „gegenwärtigen Stand der Gutenberg-Forschung“ herausgegeben, in dem er selbst einen höchst differenzierten „Versuch eines Umblicks“ beigab (Widmann 1972, 1–47). Die Gutenberg-Forschung hat danach erhebliche Fortschritte in der bibliografi-
Gutenberg-Jahrbuch seit 1926
GutenbergForschung
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Gutenberg-Preis
schen Erfassung der Inkunabeln, der Faksimile-Editionen der GutenbergBibel (B 42) und in einem profunden Verzeichnis der Forschungsbibliografie erbracht. Die umfassende, ebenso gründliche wie verlässliche Bibliografie zum Frühdruck von Severin Corsten (1920–2008) und Reimar W. Fuchs ist zum wichtigsten Arbeitsinstrument des Frühdruckforschers geworden (vgl. Corsten/Fuchs 1978). Zentralpunkte der wissenschaftlichen Erschließung der Gutenberg-Bibeln waren die wertvollen Faksimiles mit ihren Kommentarbänden, am gehaltvollsten ist der Kommentarband zur zweiten FaksimileAusgabe der Berliner Gutenberg-Bibel, die Wieland Schmidt und FriedrichAdolf Schmidt-Künsemüller (1910–1993) 1979 herausgaben. Den Anfang der elektronischen Bereitstellung der Gutenberg-Bibel machte die Göttinger Staats- und Universitätsbibliothek, die zum GutenbergGedenkjahr 2000 eine digitale Edition der vollständige Pergament-Ausgabe kostenfrei mit zahlreichen Begleitdokumenten (Helmaspergersches Notariatsintrument; Musterbuch) im Netz bereitgestellt hat. Das Göttinger Exemplar der Gutenberg-Bibel ist danach zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt worden. Das Beispiel hat viele Nachahmer gefunden, so dass inzwischen 15 digitale Editionen der Gutenberg-Bibel verfügbar sind (vgl. Füssel 2013c, 146/7). Zum Wirkungskreis der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft gehört seit 1968 auch die Verleihung des Gutenberg-Preises für hervorragende künstlerische, technische und wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Druckkunst. Die Auszeichnung wurde anfänglich alle drei Jahre, seit 1994 im jährlichen Wechsel mit dem Gutenberg-Preis der Stadt Leipzig, der buchkünstlerische Leistungen ehrt, vergeben. Zu den Preisträgern gehören führende Typografen und Buchgestalter, Inkunabel- und Frühdruckforscher. Einer der bedeutendsten Preisträger wurde im Jahr 2000 ausgezeichnet: Joseph Jacobson vom MIT in Cambridge/Massachusetts, der Erfinder des E-Ink und E-Papers (vgl. Füssel 2001), ohne dessen wegweisende Innovation die E-Book-Reader der Gegenwart nicht möglich gewesen wären (vgl. zur aktuellen Marktlage auch Kapitel IV.4). Zu den weiteren bedeutenden Preisträgern gehört die Londoner Inkunabelforscherin Lotte Hellinga, der französische Buchhistoriker Henri-Jean Martin sowie der Kulturhistoriker und Bibliothekar Robert Darnton, heute Direktor der Harvard Library in Cambridge/Massachusetts und Initiator der American Digital Library. Die Arbeit der Gutenberg-Gesellschaft steht im engen Verbund mit der internationalen buchwissenschaftlichen Forschung.
6. Akademische Buchwissenschaft nach 1947 Buchwissenschaft in Mainz
Die Anfänge einer institutionalisierten Buchwissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg basieren auf der Wiederbegründung der Universität Mainz durch die französische Besatzungsregierung im Jahr 1946 und die Benennung der Universität nach Johannes Gutenberg. Die Stadt Mainz stellte eine Stiftungsprofessur für „Buch-, Schrift- und Druckwesen“ als „Gutenberg-Lehrstuhl“ seit dem Sommersemester 1947 zur Verfügung, den der Gutenberg-Forscher Aloys Ruppel erhielt. Zum 1. Mai 1949 wurde der Stiftungslehrstuhl in eine
Akademische Buchwissenschaft nach 1947
ordentliche Professur umgewandelt. Auf der Tradition der Gutenberg-Forschung und der Arbeit der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft aufbauend, lag der Schwerpunkt der Beschäftigung anfangs auf Gutenberg- und Frühdruckforschung. Eine erste Dissertation analysierte den Mainzer Frühdruck mit Buchholzschnitten 1480–1500 (Reimar W. Fuchs). Neben Themen zur Materialität der Kommunikation und zur Inkunabelforschung setzte allerdings auch schon die Analyse von Verlagsprogrammen im historischen Kontext ein, u. a. mit einer Dissertation von Hildegard Starp zum Frankfurter Verlagshaus Schönwetter 1598–1726. Der zweite Lehrstuhlinhaber, der klassische Philologe und Bibliothekar Hans Widmann, weitete ab 1968 das Forschungsfeld aus und beschäftigte sich dezidiert auch mit dem Buchwesen der Antike und der Wechselwirkung von Buch und Bildung in der Renaissance. Mit dem Bibliothekar und Bibliografen Hans-Joachim Koppitz wurden ab 1976 auch sozialgeschichtliche und kommunikationswissenschaftliche Fragestellungen aufgenommen. Der Rückgang des Lehramtsstudiums und das Aufkommen des Magister Artium bescherte dem Fach bis zu 400 Studierende; zu den wissenschaftlichen Mitarbeitern gehörten Alfred S´wierk (1968–1983), der danach bis 1994 die Professur für Buchkunde in Erlangen innehatte, und Gabriele Müller-Oberhäuser, die heute im Rahmen der Anglistik Book Studies an der Universität Münster lehrt. Nach der Übernahme des Lehrstuhls durch Stephan Füssel 1992 und einem massiven Anstieg der Studierendenzahlen auf über 800 wurde das Lehrpersonal mit fünf Professuren und acht wissenschaftlichen Mitarbeitern deutlich ausgeweitet. In den 1990er Jahren orientierte sich die Mainzer Buchwissenschaft an der französischen Schule der Annales und an den anglo-amerikanischen Cultural Studies (vgl. Füssel 1997b, 63–64), die sich als Wissenschaft vom Menschen und der von ihm gestalteten Welt begreifen und eine Integration der zersplitterten Wissenschaftsaspekte anstreben, die Inhaltsanalyse und äußere Form, Biografie und Soziologie, Literatur und Philosophie, Handwerks- und Sozialgeschichte, rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Aspekte synthetisieren. Neben der Methodenreflexion wurde die Internationalisierung (Zusammenarbeit mit der Society for the History of Authorship, Reading and Publishing, siehe dazu unten II.7, seit dem Jahr 2000) und die Zusammenarbeit mit der Praxis, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und zahlreichen Lehrbeauftragten aus Verlag, Redaktion und Sortiment, verstärkt. Seit 2009 bewahrt das Institut wertvolle Verlagsarchive u. a. von Rowohlt, Rotbuch, EVA, Syndikat, Eichborn und Brockhaus (siehe auch III.2). Neben einer Sacherschließung stehen die Archivalien nach Ablauf von Schutzfristen auch den Studierenden in Lehrveranstaltungen zur Anschauung und zur wissenschaftlichen Bearbeitung zur Verfügung. Die Mainzer Universität besitzt im Bereich der Medien ein hohes Potenzial: Neben der Buchwissenschaft wurde 1966 das Institut für Publizistik gegründet und diese beiden komplementären Forschungszweige einer historisch-hermeneutischen Medialitätsforschung und einer empirischen Kommunikationswissenschaft systematisch ausgebaut, u. a. durch das Journalistische Seminar, den Studiengang Medienmanagement, die Theater- und Filmwissenschaft und Querschnittsdisziplinen wie die Medienpädagogik und das Medienrecht. Die durch die Digitalisierung induzierte Konvergenz der
Medienkonvergenz
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Buchwissenschaft in München
Buchwissenschaft in Münster
Buchwissenschaft in Erlangen
Medien im Bereich der Organisation, der Inhalte, der Produktion, der Nutzung und des Publikums legen den einzelnen Fächern nahe, diese relevanten Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Kultur und Gesellschaft gemeinsam zu erörtern. Die Medienfächer haben sich daher 2008 unter Leitung der Buchwissenschaft zu einem Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz zusammengeschlossen, der die gemeinsame Methodenreflexion voran bringt, Tagungen und Workshops veranstaltet und interdisziplinäre Drittmittelanträge und Absprachen in der Lehre (Integration von Methodenseminaren, von Medienrecht und Medienmanagement) organisiert (vgl. Füssel 2012b, 1–6). Nachdem erste Überlegungen, 1948 auch an der Ludwig-MaximiliansUniversität in München ein „Buchwissenschaftliches Seminar“ einzurichten, zunächst im Sande verliefen, erhielt der Lektor und Verleger Herbert G. Göpfert (1907–2007) im Jahre 1964 am Institut für Deutsche Philologie eine Honorarprofessur für Buch- und Verlagswesen. Und nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates für den „Erwerb einer Zusatzqualifikation für bestimmte Berufstätigkeiten“ (Jäger 1994, 269) wurde zum WS 1987/88 von Georg Jäger ein eigener Aufbaustudiengang „Buchwissenschaft“ eingerichtet, der ab 1994 durch einen Diplomstudiengang „Buchhandel“ mit einer starken betriebswirtschaftlichen Komponente und der Einstiegsvoraussetzung einer einschlägigen Lehre, ergänzt wurde. Seit 2011 wird, nun unter Leitung von Christine Haug, ein Bachelorstudiengang Buchwissenschaft, der wirtschaftswissenschaftliche und kulturwissenschaftliche Inhalte mit berufspraktischen Kursen verbindet, angeboten (vgl. Buchwissenschaft! München? 2011, 10–11) und seit dem WS 2012/13 durch einen Masterstudiengang „Buch- und Medienforschung“ und einen praxisorientierten Masterstudiengang „Verlagspraxis“ ergänzt (vgl. Haug/Mayer 2013). In Münster besteht seit den 1950er Jahren ein Institut, das von dem Romanisten Heinrich Lausberg (1912–1992) gegründet wurde und bis 1999 den Namen „Forschungsinstitut für Buchwissenschaft und Bibliographie/Institutum Erasmianum“ trug. Der Fokus lag in dieser Zeit auf der mittelalterlichen Manuskriptkultur sowie auf paläografische Studien, unter Leitung des Historikers Otto Herding (1911–2001) in den 1950er Jahren besonders auf der Edition der Werke von Erasmus von Rotterdam. Seit den 1960er Jahren war das Institut unter Leitung der Anglisten Bernhard Fabian und Marvin Spevack (1927–2013) mit dem Englischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster verbunden. Heute ist es ein eigenständiges Institut für Textforschung und Buchwissenschaft, das aber eng mit dem Englischen Seminar kooperiert. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit standen seit den 1960er Jahren Buch- und Bibliotheksgeschichte und analytische Druckforschung (siehe Methodenwissen Analytische Druckforschung auf S. 50–51); das Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Österreich und Europa unter Herausgabe von Fabian ist als wichtigste Publikation zu nennen (vgl. Fabian 2003). Seit 1998 leitet Gabriele Müller-Oberhäuser das Institut. Eine Besonderheit der Institutsarbeit ist die enge Kooperation mit der Buchwissenschaft der Universität in Leiden (NL). Regelmäßig finden Austausche und gemeinsame Workshops statt. An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wurde 1971 ein Studienschwerpunkt „Buch- und Bibliothekskunde“ eingerichtet, der mit
Akademische Buchwissenschaft nach 1947
Alfred S´wierk eine eigene Professur erhielt, die dem Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters und den Historischen Hilfswissenschaften zugeordnet wurde. Die Erlanger Buchwissenschaft wurde unter der Leitung von Ursula Rautenberg seit 1997 institutionell deutlich erweitert, eine zweite Professur und eine Juniorprofessur eingerichtet und „medien-, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Methoden und Ansätze“ (Titel 2013, 807) gewählt. Der Bachelorstudiengang „Buchwissenschaft“ wird seit dem WS 2007/08 angeboten: „Studiengegenstand ist das Buch als Überlieferungsträger von Texten und Bildern in handschriftlicher, gedruckter und elektronischer Form“ (Titel 2013, 813). Seit dem WS 2013/14 wird ein Masterstudiengang mit den zwei Profilierungsschwerpunkten: „Medienkommunikation Buch“ und „Medienwirtschaft Print & Digital“ angeboten. Die Professur für Buchhandelsbetriebslehre von Gerhard Menz aus den 1920er Jahren stand Pate bei der Überlegung, eine buchwissenschaftliche Professur nach der Wende 1989/90 im Rahmen des neuen Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft in Leipzig einzurichten (vgl. Keiderling/Lokatis 2013, 821–822). Mit einer Anschubfinanzierung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels wurde 1995 mit der Berufung des Praktikers Dietrich Kerlen (1943–2004), der Buchwissenschaft/Buchwirtschaft lehrte, verwirklicht; seit 2007 hat Siegfried Lokatis die Professur inne. Die Buchwissenschaft besitzt keinen eigenen Studiengang, allerdings werden zahlreiche Magister-Abschlussarbeiten für die Studierenden der Kommunikations- und Medienwissenschaft mit betreut, so dass dort eine aktive wechselseitige Bereicherung zwischen den Buch- und den Medienwissenschaften stattfindet (vgl. Keiderling/Lokatis 2013, 824–825). Besonders die Aufarbeitung der Buchhandelsgeschichte in der DDR wird durch zahlreiche Tagungen, Forschungsprojekte und die Betreuung von Verlagsarchiven (Insel, Der Morgen) fundiert betrieben (siehe auch unten III.2). Buchwissenschaft ist heute im Bachelorstudiengang Kultur- und Medienwissenschaft einer von sieben Lehrbereichen (vgl. Keiderling/Lokatis 2013, 826–827). Daneben gibt es buchwissenschaftliche Abteilungen in Fachhochschulen, so u. a. das betriebswirtschaftliche Studium „Buchhandel/Verlagswirtschaft“ an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig (HTWK Leipzig, vgl. Biesalski 2013, 857–867), zumal die neuen BA/MA-Studiengänge die Durchlässigkeit von Universität und Fachhochschule neu geregelt hat. So arbeiten zum Beispiel das Institut für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und die Hochschule der Medien in Stuttgart (HdM Stuttgart) in Forschungsfragen zum Thema der Medienkonvergenz und bei konkreten wissenschaftlichen Fragestellungen, wie der Umwandlung von gedruckten Wörterbüchern in digitale Applications, zusammen und empfehlen Studierenden ein Master-Studium an der jeweils anderen Hochschule. Die Hochschule der Medien in Stuttgart entstand 2001 durch den Zusammenschluss der Hochschule für Druck und Medien mit der Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen in Stuttgart. Der heutige Studiengang „Media Publishing“ unter Leitung von Ulrich Huse ist aus dem Diplomstudiengang „Verlagswirtschaft und Verlagsherstellung“ 2001 entstanden und bietet einen Bachelor of Science und einen Masterstudiengang „Print & Publishing“ an. Mit seinem Schwerpunkt auf konvergenter Medien-
Buchwissenschaft in Leipzig
Buchhandel/Verlagswirtschaft in Leipzig
Media Publishing in Stuttgart
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produktion liefert der Studiengang gute Anschlussmöglichkeiten für grundsätzliche Fragestellungen zum Thema Buch- und Medienwissenschaft (vgl. Huse 2013a).
CORINNA NORRICK-RÜHL 7. Buchforschung im internationalen Kontext
SHARP – eine internationale wissenschaftliche Gesellschaft
Bislang lag der Fokus der Wissenschaftsgeschichte hauptsächlich auf dem deutschsprachigen Raum. Dieses Unterkapitel möchte einige Schlaglichter der Entwicklung im Ausland aufzeigen und zur Auseinandersetzung mit internationaler Buchforschung anregen. International sind Buch- beziehungsweise Druckhistoriker und Buchwissenschaftler in der Society for the History of Authorship, Reading, and Publishing – kurz SHARP – vernetzt, die 1991/1992 gegründet wurde. SHARP erfüllt für die Scientific Community der buchhistorisch und buchwissenschaftlich Forschenden und Lehrenden wichtige Aufgaben. Die zentrale Leistung dieser Gesellschaft ist es, jedes Jahr eine große internationale Tagung auszurichten, in Zusammenarbeit mit Mitgliedern vor Ort in verschiedenen Ländern der Welt. Im Jahr 2000 zum Beispiel wurde aus Anlass des 600. Geburtstages von Johannes Gutenberg die SHARP-Tagung in Mainz mit mehreren hundert Teilnehmern durchgeführt. Die Tagungen sind insofern wichtig, weil sie eine Plattform für den interdisziplinären und vor allem internationalen Austausch bieten. In Vorträgen und Diskussionen werden nicht nur Fallstudien vorgestellt, sondern auch grundlegende theoretische Überlegungen angestoßen; aus der Tagung gehen zumeist zahlreiche Publikationen hervor, häufig in Zusammenarbeit mit anderen Tagungsteilnehmern. Denn auch noch heute, trotz der vielen Möglichkeiten, sich im Social Web als Wissenschaftler zu präsentieren (Academia.edu zum Beispiel), bedarf es für die Wissenschaftskommunikation den persönlichen Austausch auf Tagungen. Nur so können langfristige wissenschaftliche Netzwerke geknüpft und gepflegt werden. Des Weiteren liefert SHARP, abgesehen von den Tagungen, auch dezentrale Kommunikations- und Austauschmöglichkeiten. Neben einem renommierten, peer-reviewten Journal mit dem einfachen Titel Book History, welches jährlich erscheint und im Mitgliedsbeitrag enthalten ist, sind dies der Newsletter SHARPNews, in dem sich vier Mal im Jahr Nachrichten, Rezensionen, Ankündigungen, etc. finden sowie die E-Mail-Liste SHARP-L, die von mehr als 2.000 an „Book History“ interessierten Menschen weltweit abonniert wird. Auf SHARP-L finden zahlreiche Diskussionen statt; jeder (auch Nicht-Mitglieder) kann die Mailingliste abonnieren, Fragen stellen und Antworten finden sowie Veranstaltungen ankündigen etc. Bis heute versammeln sich in SHARP deutlich über 1.000 Mitglieder, die aus vielen Ländern der Welt stammen. Der Großteil der Mitglieder ist anglophon, da die Gründung von SHARP in enger Verbindung zur angloamerikanischen Fachgeschichte von „Book History“ steht. Zur Gründung schrieb Jonathan Rose, der erste Präsident:
Buchforschung im internationalen Kontext
Every field of scholarship has its moment of quickening. It arrives when the discipline is still relatively new, after its first researchers open up the territory. These pioneers must work alone, often unaware of each other’s existence, trying as best they can to locate source material and solve methodological problems. Then, after a few decades, they discover each other and draw together. They organize conferences, journals, and professional societies; they collaborate on bibliographies and other reference works; and, drawing on a growing body of research, they find answers to questions that once seemed unanswerable. Book history has now reached that milestone. (Rose 1991/2, 1) Angesichts der langen Tradition der deutschen Fachentwicklung überrascht es, dass hier erst in den 1990er Jahren von einer Konsolidierung des Fachs „Book History“ die Rede ist. Auch noch 1998 schrieben Jonathan Rose und Ezra Greenspan, Herausgeber des von SHARP neu gegründeten Journals Book History, es handele sich um ein „new journal for a new kind of history“ (Rose/Greenspan 1998, ix). Doch, wie auch Rose und Greenspan verdeutlichen, begann sich im angloamerikanischen Sprachraum die Beschäftigung mit buchgeschichtlichen und buchhistorischen Fragestellungen schon deutlich früher zu verbreiten. Einen maßgeblichen Grundstein bildeten dafür die Beiträge des Buch- und Kulturhistorikers Robert Darnton zur französischen Buchgeschichte in der Aufklärung in den ab den 1970er bis in die 1990er Jahre (etwa The Business of Enlightenment. A Publishing History of the Encyclopédie, 1775–1800 im Jahr 1979 oder Revolution in Print: The Press in France, 1775–1800 im Jahr 1989) sowie Elizabeth L. Eisensteins Untersuchung The Printing Press as an Agent of Change (1979). Auf der Grundlage dieser englischsprachigen Werke, die die europäische Kulturgeschichte in Bezug zur Buchmarktgeschichte beziehungsweise zum Buch und dessen Entwicklungs- und Technikgeschichte beschrieben, breitete sich in den USA unter Historikern, Literaturwissenschaftlern und Medienwissenschaftlern ein Interesse für buchhistorische und buchwissenschaftliche Fragestellungen aus. Im Zuge dieser Ausbreitung und als Folge der Popularisierung buchhistorischer Fragestellungen im US-amerikanischen Wissenschaftsbetrieb entstanden zahlreiche „Book History“-Kursangebote an US-amerikanischen Universitäten (diverse Semesterpläne sind über viele Jahre hinweg in SHARPNews veröffentlicht worden als Inspiration und Quelle; diese sind heute online verfügbar auf den Seiten der University of Massachusetts, wo das Archiv von SHARP aufbewahrt wird). Auch entstanden in der Folgezeit Forschungszentren an zahlreichen englischsprachigen Universitäten und anderen wissenschaftsnahen Einrichtungen. So gründete etwa die US-amerikanische Nationalbibliothek (die Library of Congress in Washington/DC) ihr Center for the Book im Jahr 1977. Ausgehend vom Center for the Book in Washington DC wurden in zahlreichen Bundesstaaten weitere Zentren gegründet. Diese befassen sich zum Teil mit buchwissenschaftlicher/buchhistorischer Forschung, aber vor allem mit Literatur- und Leseförderung. Die Gründungswelle hielt an: In Großbritannien wurde 1985 die Book Trade History Group gegründet, 1990 folgte wiederum in den Vereinigten Staaten die Gründung der Research Society for American Periodicals.
Buchforschung im angloamerikanischen Raum
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Genau wie die Fachgeschichte der Buchwissenschaft nicht erst 1947 mit der Gründung des Lehrstuhls in Mainz beginnt, setzte auch die angloamerikanische buchhistorische Forschung bereits früher ein. Der Begriff „Book History“ sollte sich erst über ein Jahrhundert später dafür etablieren, doch schrieb Isaiah Thomas, der Gründer der American Antiquarian Society (siehe oben, Kapitel II.4 sowie unten), bereits Anfang des 19. Jahrhunderts sein Werk History of Printing in America, with a Biography of Printers, and an Account of Newspapers (Erstauflage 1808; nach seinem Tod erschien 1874 eine zweite, erweiterte Auflage). Hundert Jahre nach der zweiten Auflage von Thomas’ Standardwerk legte John William Tebbel zwischen 1972 und 1981 eine neue, vollständige Geschichte des Buch- und Verlagswesens in den USA vor (inkl. des 20. Jahrhunderts). Aus heutiger Sicht ist das Handbuch von Tebbel zwar nützlich, doch wurde es inzwischen von einer neuen, komplett vorliegenden Verlags- und Buchhandelsgeschichte – A History of the Book in America – abgelöst, das die Geschichte tiefergehend aufarbeitet. Diese fünfbändige, US-amerikanische Buch-, Buchhandels- und Verlagsgeschichte deckt den Zeitraum von 1790 bis etwa 2000 ab und wurde in Auftrag gegeben von der American Antiquarian Society, einer über 200 Jahre alten wissenschaftlich-bibliophilen Gesellschaft, die in den USA zum Teil jene Aufgaben wahrnimmt, die in Deutschland von der Historischen Kommission des Börsenvereins des deutschen Buchhandels ausgeführt werden (siehe oben, Kapitel II.4). In Großbritannien bildete sich ebenfalls relativ spät die „Book History“ als eigenständiger Forschungsbereich heraus. Allerdings spielten für britische Historiker und Literaturwissenschaftler schon viel früher Fragen der Buchgeschichte eine Rolle. Auf der Suche nach den Urtexten von Shakespeare beispielsweise war die Methode der analytischen Druckforschung unabdingbar (siehe Methodenwissen auf S. 50–51). Bei der analytischen Druckforschung werden einzelne Druckwerke im Detail miteinander verglichen, um Unterschiede im Satz oder im Typenmaterial festzustellen, unumgänglich (vgl. hierzu anschaulich Turner 1964). Auf Englisch heißt die Methode „analytical bibliography“ oder einfach „bibliography“. Bereits 1892 wurde in Großbritannien die Bibliographical Society gegründet. Seit 1893 erscheint eine Zeitschrift, die zunächst The Transactions of the Bibliographical Society hieß und dann 1920 mit der Zeitschrift The Library zusammengeführt wurde (1889 gegründet). The Library erscheint bis heute vier Mal im Jahr; außerdem erscheinen jährlich zahlreiche Publikationen, die in Zusammenarbeit mit der Bibliographical Society entstehen. In den 1980er Jahren begannen in Großbritannien die Vorarbeiten und Planungen für eine mehrbändige Cambridge History of the Book in Britain; 1999 erschien der erste Band und in schneller Folge konnten zahlreiche, sorgfältig recherchierte Bände vorgelegt werden: Derzeit liegen sechs ausführliche Bände für den Zeitraum von 400 n. Chr. bis 1914 vor. Die Bedeutung dieser Bände für die Fortentwicklung der Disziplin in Großbritannien, aber auch weltweit, ist beträchtlich. Die deutschen Pendants zum Beispiel widmen sich deutlich kleineren Zeitabschnitten (etwa die neue Buchhandelsgeschichte, die mit dem Kaiserreich beginnt). Herausgeber der Cambridge History of the Book in Britain sind renommierte Historiker und Literaturwissenschaftler, aber auch der neuseeländische Buchwissenschaftler
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Donald F. McKenzie (1931–1999), auf den die Theorie einer „Soziologie des Textes“ zurückgeht (diese entwickelte er am Beispiel der neuseeländischen Treaty of Waitangi, vgl. McKenzie 2006) oder die niederländische Inkunabelforscherin Lotte Hellinga, die für ihre Forschung zum niederländischen wie britischen Frühdruck mehrfach ausgezeichnet worden ist, etwa mit dem Gutenberg-Preis der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft (siehe dazu oben, Kapitel II.4) im Jahr 1989. Dass die Herausgeber und Mitarbeiter dieser maßgeblichen Buchhandelsund Verlagsgeschichten meistens aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen kommen (sie sind Historiker, Medien- und Literaturwissenschaftler oder kommen aus der Praxis) liegt daran, dass es in den USA und in Großbritannien keine traditionelle disziplinäre Buchwissenschaft gibt wie in Deutschland. Die Situation im angloamerikanischen Raum ist jedoch nicht ungewöhnlich, da eine disziplinäre, umfassende Buchwissenschaft, die historische Forschung und aktuelles Marktgeschehen verbindet, weitgehend nur im deutschsprachigen Raum existiert. An den meisten Hochschulen weltweit forschen Wissenschaftler in literaturwissenschaftlichen, historischen, wirtschaftswissenschaftlichen oder auch kunstgeschichtlichen Instituten über Bücher, deren Produktion, Distribution und Rezeption. Allerdings wird seit jeher Publishing Studies als eigenes Fach angeboten, vor allem im Vereinigten Königreich, zum Beispiel an den Universitäten Loughborough, Oxford Brookes oder Stirling. Erst seit recht kurzer Zeit gibt es, wie zum Beispiel an der University of Edinburgh, auch die Möglichkeit, einen Abschluss in „Book History“ zu erwerben. Trotz der späten Entwicklung der „Book History“ im angloamerikanischen Bereich lässt sich dennoch eine rege Publikationstätigkeit nachweisen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass seit der Jahrtausendwende zahlreiche Hilfsmittel für Hochschullehrer publiziert wurden, die die wichtigsten Beiträge für buchhistorischen/buchwissenschaftlichen Unterricht in englischer Sprache (also auch mit Übersetzungen) vereinen und damit die Anforderungen an ein „Textbook“ erfüllen, welches für den universitären Unterricht in Großbritannien und den Vereinigten Staaten ein typisches Lehrmittel darstellt. 2002 schrieben die Herausgeber des handlichen Readers mit Quellensammlung Perspectives on American Book History Over the last two decades, the history of the book […] has emerged as an exciting and dynamic perspective for understanding developments in American history and literature. Some teachers have created undergraduate and graduate courses devoted solely to books history. Many more have incorporated a book history approach into their history and literature courses. […] Perspectives on American Book History […] is designed to fill the void that developed as American book history moved out of the archive and scholarly journal and into the classroom. (Caspar/Chaison/Groves 2002, vii) Dieses hilfreiche Buch, das die US-amerikanische Buchgeschichte porträtiert sowie zahlreiche Originalquellen vorstellt, einordnet und auf CD in hoher Auflösung zur weiteren Analyse bereitstellt, entstand wieder in
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Buchforschung in Frankreich und Québec
Zusammenarbeit mit der American Antiquarian Society. Im gleichen Jahr (2002) erschien die erste Auflage des Book History Reader, herausgegeben von David Finkelstein und Alistair McCleery (2006 in zweiter, aktualisierter Auflage; vgl. Finkelstein/McCleery 2006). 2005 publizierten diese zwei Buchwissenschaftler mit der Introduction to Book History (Finkelstein/ McCleery 2005, Neuauflage 2007) eine knappe Einführung in die angloamerikanische Buchforschung. Zuletzt legte der Verlag Blackwell 2007 den hilfreichen, wenn auch den internationalen Bereich sehr verkürzenden Band A Companion to the History of the Book, herausgegeben von den ehemaligen SHARP-Vorstandsmitgliedern Simon Eliot und Jonathan Rose vor; dieser Band erschien zwei Jahre später als studierendenfreundliche Paperback-Ausgabe (vgl. Eliot/Rose 2009). Vergleichsweise früh setzte die französischsprachige buchhistorische Forschung durch die Übernahme der Methoden der Annales-Schule ein, die seit den 1940er Jahren neue Methoden in der Geschichtswissenschaft einforderte. Sie wollte eine „nouvelle histoire“ etablieren, die vor allem wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen in den Vordergrund historischer Analysen stellte. Auch sollte die Perspektive geweitet werden – anstelle der Epochen- und Personengeschichte rückte eine Orientierung an langfristigen Entwicklungen („l’histoire du longue durée“; eine frühe Würdigung der Leistungen der Schule der Annales findet sich bei Forster 1978). Maureen Quilligan erklärte den „annaliste“ Ansatz in der New York Times auf einfache, aber treffende Weise: Few of us would think that we are making history by going about the daily business of our lives – cooking, reading, gossiping, engaging in local politics […]. A recent school of French historiography has shown us that history is in fact a daily thing, made not by Napoleons but by largely inarticulate, subsocial forces (like the weather and crop yields) that influence human attitudes. (Quilligan 1989) Frühe Vertreter der Schule wie Marc Bloch (1886–1944) und Lucien Febvre (1878–1956) arbeiteten eng mit Wissenschaftlern aus anderen Disziplinen zusammen, zum Beispiel der Wirtschaftswissenschaft und der Soziologie, und konnten so das Methodenrepertoire der Geschichtswissenschaft erweitern. Damit rückten andere, quantifizierbare Quellen in den Blickpunkt der Historiker. Auf der Grundlage der „annaliste“ Überlegungen erarbeitete Lucien Febvre gemeinsam mit dem Konservator der Bibliothèque Nationale de France, Henri-Jean Martin (1924–2007), 1957 das Standardwerk L’apparition du livre, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, jedoch erst 1990 ins Englische (was wiederum mit der Fachgeschichte von „Book History“ in den USA zusammenhängt, siehe oben). 1962 wechselte Martin von der Bibliothèque Nationale de France nach Lyon, wo er „conservateur en chef“ der Bibliothèque municipale de Lyon wurde; er etablierte in Lyon das Musée de l’Imprimerie (vgl. zur Geschichte des Museums sowie der Museumsarbeit heute Marshall 2013). Die exponierte Rolle Lyons für französische Buch- und Verlagsgeschichtsschreibung hängt eng mit Martins Aufenthalt dort zusammen. In Lyon sitzt die zentrale Institution für französische Verlagsarchive, das IMEC (1988 gegründet, siehe
Buchforschung im internationalen Kontext
auch unten, III.3) sowie seit 2001 das Institut d’histoire du livre. Im Institut d’histoire du livre arbeitet das Musée de l’Imprimerie eng mit der Stadtbibliothek Lyons zusammen sowie mit drei Hochschulen, unter anderem der École Nationale des Chartes (Paris). An dieser Hochschule hatte Martin von 1970 bis 1993 einen Lehrstuhl für Buchgeschichte inne, als er nach Paris zurückgekehrt war. In dieser Zeit entstand auch seine große vierbändige Buchhandels- und Verlagsgeschichte Frankreichs, die Histoire de l’édition française (1982–86), die den Zeitraum vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert beschreibt. 1971 gründete Martin außerdem in Zusammenarbeit mit der Bibliophilengesellschaft „Société des Bibliophiles de Guyenne“ die Revue française d’histoire du livre, die bis heute erscheint und von renommierten französischen Buchwissenschaftlern herausgegeben wird, u. a. von Frédéric Barbier. Bis heute hat sich der Ansatz der „Schule der Annales“ für buchwissenschaftliche Fragestellungen – nicht nur in Frankreich, sondern auch im deutschsprachigen Raum und andernorts – bewährt. Ein wichtiger, derzeit noch aktiver Vertreter der „annaliste“ Herangehensweise ist Roger Chartier, dessen ursprünglich auf Italienisch herausgegebener Sammelband Storia della lettura nel mondo occidentale (1998, hrsg. mit Guglielmo Cavallo; 1999 auf Deutsch unter dem Titel Die Welt des Lesens) zum Standardwerk der Lesegeschichte avanciert ist. Chartier beeinflusst bis heute als Buchwissenschaftler und Lesehistoriker die Fachdiskussionen. Auch in anderen französischsprachigen Gebieten wurde „l’histoire du livre“ geschrieben, etwa in Québec. An der Université de Sherbrooke in Québec befindet sich heute einer der größten Forschungszusammenschlüsse für Buchwissenschaft in Nordamerika, die Groupe de recherches et d’études sur le livre au Québec (GRÉLQ), die bereits 1982 gegründet wurde. 1987 wurde die Association québécoise pour l’étude de l’imprimé ins Leben gerufen. Eine mehrbändige Buchhandels- und Verlagsgeschichte Québecs ist noch in Arbeit. Der französischsprachige Raum organisierte sich darüber hinaus international, etwa 1988 mit der sogenannten Association internationale de bibliologie und 1991 mit dem Netzwerk Réseau international sur l’histoire du livre et de l’édition. Eine weitere große Herausforderung für Buchforschung im internationalen Bereich ist die Aufarbeitung der Buchgeschichte entlegenerer Kulturräume, wie zum Beispiel in den ehemaligen Kolonien Großbritanniens, Spaniens, etc. Die Geschichte des Drucks sowie des Lesens sind unter anderem in Südamerika, Südafrika und Indien eng mit der Kolonialgeschichte verknüpft; vor allem rezeptions- und zensurgeschichtlich ergeben sich hier völlig neue und wichtige Forschungskontexte. 2008 erschien die wichtige Monografie des bereits genannten Literaturwissenschaftlers Robert Fraser, die unter dem Titel Book History Through Postcolonial Eyes: Rewriting the Script neben theoretischen Überlegungen zur postkolonialen Buchforschung auch Fallstudien zu Südasien und zu Afrika bietet. Im Vorwort gesteht Fraser: „No one person can – or will soon – write a comprehensive history of the book from a postcolonial point of view. The subject is too protean, the readjustments required too radical for this moment in time.“ Stattdessen wolle er einen Weg aufzeigen, den auch andere für sich entdecken sollten: „What I have attempted to do […] is to set a course by which others
Postkoloniale Buchforschung
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Post- bzw. transnationale Buchforschung
may later choose to steer“ (Fraser 2008, ix). Erfreulicherweise kam gerade in den letzten fünf Jahren Vieles in Bewegung: Die Anzahl von Publikationen über die Entwicklung des südafrikanischen Buchmarkts etwa ist schlagartig angestiegen. Zu nennen wären beispielsweise die Monografie The Hidden History of South Africa’s Book and Reading Cultures des Bibliotheks- und Buchwissenschaftlers Archie L. Dick (2012) oder der wichtige Sammelband Print, Text and Book Cultures in South Africa, herausgegeben von dem Experten für postkoloniale Literaturwissenschaft Andrew van der Vlies (2012), der zum ersten Mal einen umfassenden Überblick über die südafrikanische Buchgeschichte, ihre Verflechtungen mit den niederländischen und britischen Kolonialmächten sowie den Buchmarkt unter Apartheid vorstellte. Aber: auch post-koloniale Buchforschung legt, wie im Falle Südafrikas, häufig national orientierte Fragen zugrunde. Doch schon Robert Darnton, Verfasser des für den angloamerikanischen Sprachraum wegweisenden Beitrags What is the History of Books? (vgl. Darnton 2006) hat frühzeitig auf die Beliebigkeit von nationalen Grenzen für die Analyse von Buchproduktion hingewiesen. Er sagte im Interview 1994: „books […] refuse to respect national boundaries“ (Darnton 1994, 2). Erst seit wenigen Jahren jedoch wird dieser Frage konsequent nachgegangen. Im Jahre 2008 erschien der erste Band von Books Without Borders, einem Sammelband unter Herausgabe der britischen Literatur- und Buchwissenschaftler Robert Fraser und Mary Hammond. Mit diesem prägnanten betitelten Sammelband wollten die Herausgeber die buchwissenschaftliche Scientific Community auf die zwingend „cross-national dimension in print culture“ hinweisen und diese Perspektive im Hinblick auf zukünftige buchwissenschaftliche Forschung forcieren. Das Buch beginnt mit einem Beitrag der neuseeländischen Buch- und Druckwissenschaftlerin Sydney J. Shep, die den „[t]ransnational [t]urn in [b]ook [h]istory“ ausrief (Shep 2008, 13) und Buchwissenschaftler, Historiker sowie Literaturwissenschaftler in aller Welt aufforderte, „to look beyond the national to contemplate the physical, intellectual, and spiritual mobilities and modalities of those material objects we call books“ (Shep 2008, 34). Der Sammelband enthielt zudem zahlreiche Fallstudien, die illustrieren, wie fruchtbar die inter- beziehungsweise transnationale Forschungsperspektive aus Sicht der Buchwissenschaft sein kann. 2010 hinterfragte Shep erneut in ihrem Beitrag Imagining Post-National Book History die seit Jahrzehnten praktizierte nationale Herangehensweise an buchhistorische Forschung: Bookshelves around the globe sag under the weight of multi-volume histories of books, prints, and publishing, whether of France, Germany, Britain, Scotland, Ireland, Wales, the Netherlands, America, Australia, and Japan, to name but a few. And we still need room on the expanding bookshelf for those other histories on the horizon including Africa, India, the Philippines, and New Zealand. […] [W]hat do we make of these national icons, these little worlds of print bound between two covers, these epitomes of book history scholarship? (Shep 2010, 255) Shep mahnte Wissenschaftler und Leser sogleich, die relative Beliebigkeit dieser Herangehensweise im Hinterkopf zu behalten. So hätte der europäi-
Buchforschung im internationalen Kontext
sche Buchmarkt beispielsweise auch jahrhundertweise oder nach Sprachgebieten erforscht werden können und nicht aus nationaler Perspektive (Staat für Staat). Nach Abschluss der zahlreichen national angelegten Projekte zur Buchhandelsgeschichte ist es an der Zeit, Buchforschung im internationalen Kontext, das heißt, transnational und komparativ zu betreiben. Es zeichnet sich heute bereits ab, dass die nächsten größeren Fortschritte auf dem Gebiet der internationalen beziehungsweise komparativen Buchforschung von den sogenannten Digital Humanities Unterstützung erhalten werden. Digital Humanities sind ein Instrument, das die bisherigen Möglichkeiten der geisteswissenschaftlichen Forschung mit digitalen Mitteln erweitern soll (zu dem Gebiet der Digital Humanities, häufig DH abgekürzt, vgl. Svensson 2010; siehe auch auf S. 56–57 Methodenwissen Bibliometrics/Statistische Methoden in der historischen Buchforschung). Dank komplexer Datenbanksysteme, Big Data etc. können nun Projekte in Angriff genommen und realisiert werden, die ohne die Rechenleistung eines Computers nicht möglich wären. In besonderem Maße gilt dies für Forschungsprojekte, die einen komparativen und internationalen Charakter haben, denn hier sind die Datenmengen häufig besonders groß und mit menschlichen Mitteln kaum zu überblicken. Ein sehr anschauliches Beispiel für eine solche Datenbank ist das Projekt The Book Trade in Enlightenment Europe. In einer übersichtlichen und leicht zu bedienenden Datenbank sind Transaktionen von circa 400.000 Exemplaren 4.000 verschiedener Titel auf dem europäischen Buchmarkt zwischen 1769 und 1794 nachzuvollziehen: This project uses database technology to map the French book trade across late-Enlightenment Europe […]. It charts best-selling texts and authors; reading tastes across Europe; changing patterns of demand over time; and networks of exchange in the print-trade. […] It details, where possible, the exact editions of these works, the routes by which they travelled and the locations of the clients that bought or sold them. (vgl. Webauftritt) Das Projekt wurde 2011 auf der Jahrestagung von SHARP vorgestellt und löste in der wissenschaftlichen Community große Begeisterung aus. Das umfangreiche Kartenmaterial, das mit den Datenbanken verknüpft ist, bietet auf einen Blick völlig neue Einsichten in die Bewegung von einzelnen Büchern durch das Europa des 18. Jahrhunderts; all dieses Material ist der Forschung nun allgemein zugänglich. So können Aussagen, die auf der Grundlage von hermeneutischen Analysen getroffen wurden, überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. In einem ersten, bemerkenswerten Beitrag etwa hinterfragt Mark Curran einige von Robert Darntons Schlussfolgerungen auf der Grundlage des neuen Quellenmaterials: Robert Darnton’s acclaimed 1995 work on the late eighteenth-century francophone illegal book trade, The forbidden best-sellers of pre-revolutionary France […] claims to offer readers a picture of what illegal books went into bookshops everywhere in pre-revolutionary France. The first fruits [sic!] of the French Book Trade in Enlightenment Europe project, a digital humanities initiative that has created an on-line data-
Digital Humanities
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base revealing the STN’s entire trade, this article challenges Darnton’s interpretation of the nature and utility of the Neuchâtel archive. It demonstrates that the STN’s order books are an unreliable gauge of general French demand. It goes further. It argues for a nuanced polycentric understanding of the eighteenth-century Francophone book trade, and outlines a bibliometric digital humanities pathway that might lead us there. (Curran 2013, 89) Wie Curran betont, gibt dieser Beitrag einen ersten Hinweis darauf, welchen Zugewinn Digital-Humanities-Projekte der Buchwissenschaft in Zukunft bieten können werden.
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III. Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft mit historischkulturwissenschaftlicher Perspektive Wie bereits ausgeführt, wird die Buchwissenschaft traditionell als historischhermeneutische Kulturwissenschaft verstanden und praktiziert. Dieses Kapitel stellt daher eine Auswahl der buchwissenschaftlichen Arbeitsfelder, die sich aus diesem Verständnis ergeben, im Überblick vor. Einige der für diese Felder programmatischen Fragestellungen haben sich aus Nachbardisziplinen entwickelt, etwa aus der Literärgeschichte als einer Hilfswissenschaft der Literaturwissenschaften (siehe auch oben, Kapitel II.2). Zudem präsentiert sich die Buchwissenschaft durch ihre Praxisnähe als breit gefächerte Disziplin. Die Historikerin und Buchwissenschaftlerin Leslie Howsam beschreibt die Vielseitigkeit des Fachs aus kulturhistorischer Sicht im Band Old Books and New Histories und zeigt in ihrer Definition sowohl auf, wie weitreichend die Arbeitsfelder sein können als auch, wie anschlussfähig diese an andere Bereiche sind: The study of book culture is so wide-ranging as to be inherently disorienting. It has to do with written communication in its diverse forms and processes. Its practitioners think about the reception, the composition, the material existence, and the cultural production of what is called the book for lack of any better collective noun. The book is not limited to print (it includes manuscripts and other written forms), or to the codex format (periodicals and electronic texts come under examination, as do scrolls and book rolls), or to material and literary culture. This vast scope and these blurred boundaries mean that no one can ever be an expert on all its aspects. (Howsam 2006, 3) Gerade diese Bandbreite der Themen und der Methoden ist für Studierende, Lehrende und Forschende besonders reizvoll, daher möchte dieses Kapitel neben einem Überblick möglicher Forschungs- und Arbeitsbereiche Impulse zur intensiveren Beschäftigung mit den Themen geben, indem weiterführende Literaturhinweise integriert werden.
1. Die Materialität der Kommunikation 1988 erschien ein gewichtiger Sammelband unter dem Titel Materialität der Kommunikation in der renommierten Reihe „suhrkamp taschenbuch wissenschaft“ (vgl. Gumbrecht/Pfeiffer 1988). Der Sammelband vereinte Beiträge von führenden kulturwissenschaftlich Forschenden der 1980er Jahre, u. a.
Einleitung
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Grundidee
von Aleida und Jan Assmann, Friedrich Kittler (1943–2011) oder Niklas Luhmann (1927–1998). Schon der programmatische Titel dieses Bandes wurde zu einem Schlagwort, inhaltlich markierte er eine Wende hin zu einer eher mediengeschichtlich orientierten Literaturwissenschaft (vgl. Berensmeyer/ Glaubitz 2009, 13). Ein Text kann auf unterschiedlichste Weise gestaltet werden, er kann auf verschiedenen Beschreibstoffen stehen und in verschiedenen Formaten und Einbänden „verpackt“ sein. Der Text hat zwar jeweils den selben Wortlaut, er wird aber unterschiedlich rezipiert: Jedes Zeichen hat zwei Aspekte, den Aspekt seines Funktionierens in einem Zeichensystem, kraft dessen es sich überhaupt erst auf einen bestimmten Sinn beziehen kann, und den Aspekt seiner sinnlichen Erscheinungsform, kraft deren es diesen Sinn überhaupt erst zur Erscheinung bringen kann. (Assmann 1988, 143)
Semantizität & Materialität
Diese zwei Aspekte müssen bei buchwissenschaftlichen Untersuchungen unbedingt in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung betrachtet werden. Den ersten Aspekt beschreibt Assmann als „Semantizität“ und meint damit alles, was ein Zeichen benötigt, um eine kommunikative Funktion innezuhaben. Für den zweiten Aspekt wählt Assmann den Begriff der „Materialität“, der all das zusammenfasst, was als „sinnliche ,Trägermaterie‘“ für Zeichen dient und aus verschiedensten Materialien sein kann, ohne dass die kommunikative Funktion des Zeichens eingeschränkt wird. Zum Beispiel erklärt Assmann: Ein ,R‘ kann in Stein gemeißelt, auf Papier geschrieben, in Rinde geritzt, in Fraktur, Bodoni, Garamond oder Helvetica gedruckt sein ohne seine Bedeutung, seinen Bezug auf das Phonem [r] im mindesten [sic!] zu affizieren. Ausschlaggebend ist lediglich seine Distinktivität: man darf es nicht mit einem ,P‘ oder ,B‘ verwechseln können. Alles andere gehört zur ,Materialität‘ des Zeichens, die zwar unabdingbar ist, um die Bedeutung überhaupt zur Erscheinung kommen zu lassen, aber deren Spezifizität zur Bedeutung selbst nichts beiträgt. (Assmann 1988, 144)
Von Handschrift zu Buch
Assmann betont hier also die materielle Seite von Zeichen und damit von Texten. Als Ägyptologe wählt er seine Beispiele aus der Antike und schreibt über Hieroglyphen und deren Materialität. Der ebenfalls zum Band beitragende Germanist Jan-Dirk Müller hingegen thematisiert den Körper des Buchs sowie den wichtigen Medienwechsel zwischen Handschrift und Druck (vgl. Müller 1988), der Gegenstand vieler weiterer Studien ist. Dieser Medienwechsel spielt eine zentrale Rolle bei der Geschichtsschreibung Westeuropas, da viele geistesgeschichtliche Strömungen, wie etwa die Reformation oder die Aufklärung, eng mit der massenhaften Verbreitung des gedruckten Worts zusammenhingen. Häufig wird davon gesprochen, dass mit der Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts das „Buchzeitalter“ angebrochen sei (vgl. Neddermeyer 1998, 3–29). Gerade der Medienwechsel der Gegenwart führt zu einer Reflexion des Umbruchs von der Handschrift zum gedruckten Text. Müller argumentiert unter anderem, dass die Vervielfältigung durch den Buchdruck eine entscheidende Veränderung in der Kommunikationssitua-
Die Materialität der Kommunikation
tion hervorgerufen hat. Weil es außerordentlich viel Mühe kostete, Inschriften in Stein zu meißeln oder in mittelalterlichen Schreibwerkstätten (Skriptorien) die wichtigsten religiösen Texte handschriftlich zu reproduzieren, erfolgte eine strenge Selektion. Nur wenige Texte wurden tradiert. Die Erfindung des Buchdrucks erschien daher zunächst „als Chance […], Schrifttradition allenthalben und für immer verfügbar zu halten“ (Müller 1988, 203). Doch die rapide Verbreitung des Buchdrucks in Europa nach Mitte des 15. Jahrhunderts (vgl. Füssel 2013c, 91–101 und 146–147) veränderte auch den Selektionsprozess für Texte, die vervielfältigt wurden. Flugblätter und Flugschriften, frühe Zeitungen und andere ephemere (kurzlebige) Schriftstücke traten an die Stelle des „kostbare[n] Schatz[es], den man mit […] Sorgfalt aufbewahren und von Generation zu Generation vererben mußte“ (Müller 1988, 206). Die Aura des Buches veränderte sich. Eine Ausdifferenzierung von Inhalten in verschiedenen Verbreitungsformen fand statt. Die Materialität der Kommunikation (das heißt hier die gewählten Formate und Materialien) kann wiederum Hinweise auf die Bedeutung von verschiedenen Texten für die Lesenden in der damaligen Zeit geben. Vor 1450 wurden Manuskripte ausschließlich in vielschichtiger und präziser Handarbeit in Skriptorien produziert (vgl. zum Skriptorium zum Beispiel Hauschild 2013, 28–114; vgl. ferner Jakobi-Mirwald 2004). Die Manuskriptherstellung kostete viel Zeit und Kraft und barg einen nicht zu unterschätzenden materiellen Einsatz. Typischer Beschreibstoff war das Pergament, das aus Tierhäuten hergestellt wurde. Die Tinten für Text und Buchmalerei (Illuminierung) waren per Hand gemischt und zubereitet und bestanden zum Teil aus kostbaren Mineralien, Edelsteinen oder Edelmetallen. Nach dem Monate, manchmal Jahre dauernden Schreibprozess wurden die beschriebenen Seiten häufig aufwändig im Text, auf dem Blattrand oder durch ganzseitige Abbildungen und Schmuckseiten verziert. Auch der meist aus Holz oder Leder geschaffene Einband war wiederum zum Beispiel durch Prägung und Vergoldung mittels eines Zierstempels dekoriert. Von der Pergamentherstellung bis zur Dekoration des Einbandes war die Manuskriptherstellung ein teurer und zeitintensiver Prozess, der das Buch zu eben jenem bereits erwähnten kostbaren Schatz macht. Pergament nahm im europäischen Raum zwischen dem Früh- und Spätmittelalter eine „Monopolstellung“ ein (Goerke in RSdB 2003, 396), die Produktion jedoch war teuer und insbesondere in Verbindung mit dem Buchdruck nicht tragbar. Zwar wurden einige Exemplare von Gutenbergs Bibel (B42) auf Pergament hergestellt, doch wurden die meisten der 180 Exemplare auf Papier gedruckt. Da sich die neuartige Massenkommunikation nicht auf der teuren Tierhaut aufbauen ließ, kann die Papierproduktion in Europa somit als wichtigste Grundvoraussetzung für den massenkommunikativen Aspekt des Buchdrucks gesehen werden. Papier war schon seit etwa dem 2. Jahrhundert im asiatischen Raum bekannt, bis sich das Wissen um die Papierherstellung aber über die Seidenstraße nach Europa ausbreiten konnte, vergingen Jahrhunderte. Erst am Beginn des 11. Jahrhunderts wurde in Spanien Papier produziert, und 1389 schließlich eröffnete die erste Papiermühle in Deutschland. So etablierte sich Papier als neuer Beschreibstoff, der günstiger war als das Pergament, weil er bis in das 19. Jahrhundert aus Stofflumpen produziert wurde (Hadernpapier). Gerade dieses Beispiel des Über-
Manuskriptherstellung
Papier statt Pergament
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
gangs von Pergament zu Papier unterstreicht die wichtige Rolle der Materialität für buchwissenschaftliche Fragestellungen. Dass die Entwicklungsgeschichte des Buches in Wechselwirkung mit der Technikgeschichte steht, zeigt sich beispielsweise in den Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Die rasche Ausbreitung des Buchdrucks sowie die Steigerung der Produktionszahlen und Auflagen führte dazu, dass der Papierbedarf nicht mehr durch Hadernpapier gedeckt werden konnte. Deshalb bestand Bedarf nach einem günstigeren Ersatz für Lumpen, der letztlich in Holzfasern (Holz-/Zellstoff) gefunden wurde. Die ihrerseits zunehmende Industrialisierung der Papierproduktion beeinflusste wiederum die Buch- und Zeitungsproduktion und bedingte deren rasanten Anstieg am Ende des 19. Jahrhunderts. Anstelle eines handgeschöpften Bogens trat das mechanisch produzierte Rollenpapier, welches sich als geeigneter für den im Zuge der Industrialisierung mechanisierten Druckprozess erwies. Folgende Statistiken illustrieren die Entwicklung der Papierproduktion innerhalb des Jahrhunderts: Um 1800 wurden in ganz Deutschland circa 20.000 Tonnen Hadernpapier produziert, um 1900 hatte sich das Produktionsvolumen auf eine Million Tonnen verfünfzigfacht. Da allerdings die Mechanisierung bereits weit vorangeschritten war, stieg die Anzahl der Beschäftigten nur um das Vierfache (vgl. Wilkes/Schmidt/Hanebutt-Benz 2010, 413). Etwa zur gleichen Zeit wurde auch der Buchsatz immer weiter mechanisiert. 1886 erfand der deutsche Uhrmacher Ottmar Mergentahler zum Beispiel die Zeilensatzmaschine in den USA, bei der eine Zeile zunächst getippt und dann sofort am Stück gegossen wurde (im Gegensatz zum Handsatzverfahren; vgl. Wilkes/Schmidt/Hanebutt-Benz 2010, 167–171). Diese Maschine erhielt den Namen „Linotype“, da sie eine „line of type“ auf einmal gießt.
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Methodenwissen: Analytical Bibliography/Analytische Druckforschung
Grundidee Kein Druck aus der vorindustriellen Inkunabel- und Frühdruckzeit gleicht dem anderen. Ausgehend von diesem Tatbestand wird im Rahmen der analytischen Druckforschung das Buch selbst, das heißt der einzelne Druck, einerseits mit der Quelle und andererseits mit anderen Ausgaben des selben Drucks bis ins kleinste Detail verglichen. So können Erkenntnisse über den Entstehungs- und Produktionsprozess gewonnen werden. Um den exakten Vergleich zu vereinfachen, gibt es besondere Hilfsgeräte und inzwischen auch entsprechende Software. Vorgehensweise Analytical bibliography wird definiert als „the study of books as physical objects; the details of their production, the effects of the method of manufacture on the text“ (Belanger 1977); Boghardt spricht im Deutschen davon, dass es sich um eine „Indizienforschung, eine Archäologie des gedruckten Buchs“ (Needham/Boghardt 2008, 104) handelt.
Die Materialität der Kommunikation
Boghardt zeigt die genaue Vorgehensweise sowie Methoden der Ermittlung detailliert auf (vgl. Needham/Boghardt 2008, 104–129). Die Grundidee ist es, möglichst viele Exemplare eines Druckwerks, die satzidentisch sind oder satzidentisch wirken, zu vergleichen. Der Vergleich erfolgt je nach Fragestellung anhand von verschiedenen Kriterien, zum Beispiel kann eine Analyse des verwendeten Typenmaterials vorgenommen werden. Es lassen sich verschiedene Ziele erreichen: – Unterschiedliche Ausgaben eines Druckwerks aus einer bestimmten Druckerei können differenziert werden. – Fehlt ein Kolophon (alte Form des Druckvermerks am Ende eines Buches) oder Impressum, ist es möglich, Drucke mit Hilfe der analytischen Druckforschung zu datieren und einer Druckwerkstatt zuzuordnen. – Wenn es keine Originaltexte oder Manuskripte gibt, kann die analytische Druckforschung Hinweise auf die älteste Ausgabe und auf kleinste textliche Veränderungen geben. Für die frühe ShakespeareForschung im 18. Jahrhundert beispielsweise war diese Methode besonders wichtig. – Bei einer umfassenderen Analyse können auch ganze Arbeitsabläufe in einer Druckwerkstatt anhand der Methode nachvollzogen werden. Zum Beispiel ist fast alles, was wir über die Herstellung der B42 von Gutenberg wissen, durch analytische Druckforschung eruiert worden. Auch zur sogenannten Schedelschen Weltchronik liegt eine umfassende Studie vor, in der Christoph Reske den Herstellungsprozess anhand der überlieferten Drucke rekonstruiert hat (vgl. Reske 2000). Geschichte Für die Entwicklung dieser Methode, die sich für originär buchwissenschaftliche Fragestellungen bestens eignet, spielte die bereits erwähnte Shakespeare-Forschung eine besondere Rolle. 1892 schließlich wurde in England die Bibliographical Society gegründet und die Methode breitete sich zunehmend aus. So existiert etwa in den USA seit 1904 eine eigene Bibliographical Society of America. Auch in Deutschland wurde die Methode Ende des 19. Jahrhunderts und im frühen 20. Jahrhunderts populärer, ihre wichtigsten Vertreter sind unter anderem Konrad Haebler oder der schon zitierte Martin Boghardt. Weiterlesen Der oben genannte Text von Belanger (vgl. Belanger 1977) ist online verfügbar und bietet eine gute Übersicht; zudem ist Boghardts Standardwerk unbedingt empfehlenswert (vgl. Needham/Boghardt 2008). 2008 ist außerdem an der Universität Mainz ein hilfreicher Blog zur Druckforschung entstanden (vgl. Fischer 2008), der die Methode vorstellt und mit Beispielen veranschaulicht.
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft Typografie
Antiqua vs. Fraktur
Erneuerungsbewegung der Buchkunst
Neben einigen möglichen Beschreibstoffen (Stein, Papier, Rinde) benennt Assmann in seinem oben zitierten Aufsatz einen weiteren Bereich, der zur Materialität der Kommunikation zählt: die Typografie. Er schreibt, dass ein „,R‘ […] in Fraktur, Bodoni, Garamond oder Helvetica gedruckt sein“ könne (Assmann 1988, 144). Im engeren Sinn versteht man unter Typografie die technischen Grundlagen der Vervielfältigung von Schrift, im weiteren Sinn alle Formen visueller Kommunikation durch Schrift. In jedem Fall lohnt also bei buchwissenschaftlichen Fragestellungen ein genauer Blick auf die Typografie, denn sie „beeinflusst […] die Rezeption entscheidend, indem Form und Inhalt eine untrennbare Beziehung miteinander eingehen“ (Ernst 2005, 5). Mit der sogenannten „Analytical Bibliography“ oder auf Deutsch „analytische Druckforschung“ gibt es sogar eine besondere Methode, die ausgehend von typografischen Merkmalen Rückschlüsse auf Buchgeschichte und die Entwicklungsgeschichte von Texten ermöglicht (siehe Methodenwissen auf S. 50–51). Diese genuin buchwissenschaftliche Methode wird meistens in Zusammenhang mit frühen Drucken verwendet. Neben der Rolle von Typografie und Gestaltung im Rezeptionsprozess sind diese häufig auch als Indikatoren für generelle Strömungen und den Kunstgeschmack einer Epoche zu werten. Etwa in der Klassik gab es einen Wettstreit zwischen den prominentesten Typografen der Zeit wie Bodoni, der Familie Didot und Baskerville, deren Namen heute noch mit klassizistischen Schriften in Verbindung gebracht werden. Bodonis klassizistischer Ansatz betonte klare Linien und vermied übermäßige Dekoration; die tiefschwarz gedruckten Texte sollten in Zusammenspiel mit dem leuchtend weißen Raum wirken (vgl. im Detail Füssel 2010). Im deutschsprachigen Raum war die Entscheidung zwischen Fraktur und Antiqua mehr als eine Geschmacksfrage, sondern eher ein Bekenntnis zu einer bestimmten Haltung oder Tradition, gerade in der Klassik oder in der Romantik. Während im 17. Jahrhundert die Fraktur in Deutschland eine Blütezeit erlebte, begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine regelrechte Antiqua-Fraktur-Debatte. Verschiedene Verleger und Typografen beteiligten sich aktiv am sogenannten „Schriftstreit“: So wählte beispielsweise der Verleger Georg Joachim Göschen in der Goethe-Zeit für bestimmte Texte eine Antiqua, um ihre überzeitliche Bedeutung (zum Beispiel von Wieland) zu betonen. Gleichzeitig verwendete er für Tagesschrifttum die geläufigere Fraktur-Schrift (vgl. Füssel 1999, 247–263, oder Killius 1999, 384–406); in der Romantik wurde die Fraktur zu einem nationalen Bekenntnis. Man spricht für diese Zeit im 19. Jahrhundert von einer „Zweischriftigkeit“: Parallel wurden beide Schriften im alltäglichen Gebrauch verwendet, je nach Textart und Kontext. Die Gründung des Bundes für deutsche Schrift nach dem ersten Weltkrieg sowie die nationalsozialistische Schriftpolitik (zunächst Betonung der Fraktur, dann Kehrtwende 1941) verdeutlichen die Brisanz des Schriftstreits aus soziokultureller und historischer Sicht (vgl. Hartmann 1998, 83–306). Ein weiteres Beispiel für die enge Verbindung zwischen Typografie und Zeitgeschehen sind die Arts-and-Crafts- und die Privatpressenbewegung um 1900. Aufgrund der stark mechanisierten Buchherstellung, die auf die massenhafte Produktion günstiger Ware abzielte, war die Qualität von Büchern eklatant gesunken. Das holzhaltige Papier erwies sich nicht nur als weniger
Die Materialität der Kommunikation
haltbar, sondern konnte darüber hinaus keinen derart guten Kontrast ermöglichen, wie ihn die Hadernpapiere boten. Die industrialisierten Verfahren zur Buchbindung ließen wenig Raum für schöne Einbände und ausgefallene Dekoration. Gegen diese Tendenzen wandte sich in Großbritannien die sogenannte Arts-and-Crafts-Bewegung mit ihrem berühmtesten Vertreter William Morris (1834–1896) und seiner Kelmscott Press (1891–1898). Auf der Suche nach dem idealen Buch verwendete Morris zum Beispiel nur Büttenpapiere und stellte so in Zusammenarbeit mit Schriftschneidern und Künstlern in mühevoller handwerklicher Arbeit – und im Rückgriff auf die Buch- und Schriftgestaltung der Frühdruckzeit – herausragende gedruckte Werke her, bei denen kein Gestaltungsmerkmal dem Zufall überlassen wurde (vgl. Burdick 2006). Die Bewegung griff auch auf Deutschland über, hier wird sie allerdings als Privatpressebewegung bezeichnet. Ein herausragendes Beispiel für diese deutsche Bewegung ist die Bremer Presse unter der künstlerischen Leitung von Willy Wiegand (1884–1961). Zu der Materialität eines Buches gehört auch das Format, für dessen Klassen es ein besonderes Fachvokabular gibt, das bis heute verwendet wird. Die Formatklassen beziehen sich nicht auf tatsächliche Maße, sondern ergeben sich aus dem Falzprozess. Ausgegangen wird von einem Druckbogen (üblicherweise ca. 50 × 70 cm groß); die Buchhöhe bezieht sich auf die Anzahl der Falzvorgänge. Diese Tabelle zeigt die Einteilung (vgl. Goerke in RSdB 2003, 92–94).
Buchformat
Buchformate Benennung
Abkürzung
Anzahl der Blätter pro Falzbogen
Buchhöhe bis etwa
Folio
2°
2
50 cm
Quart
4°
4
35 cm
Oktav
8°
8
25 cm
Sedez
16°
16
17,5 cm
Duodez
12°
12
17,5 cm
Das Format entschied und entscheidet auch heute noch maßgeblich über die Buchnutzung mit: Eine Bibel im Oktavformat konnte beispielsweise leicht mitgeführt werden, während ein religiöser Text im Folio-Format sich eher für den stationären Gebrauch in Kirchen oder Bibliotheken eignete. Grundsätzlich kann zwischen Büchern mit festem Einband (Hardcover) und mit flexiblem Umschlag (Broschur, Paperback, Taschenbuch) unterschieden werden. In der Frühdruckzeit wurden Bücher üblicherweise ungebunden verkauft, damit die Käufer selbst in Rücksprache mit einem Buchbinder entscheiden konnten, wie aufwändig der Bucheinband sein sollte. Wohlhabende Leser ließen ihre Bücher nicht selten im gleichen Stil einbinden, um ein einheitliches Erscheinungsbild ihrer Privatbibliothek zu gewährleisten. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert wurden Bücher jedoch bereits vor dem Verkauf (industriell) gebunden (vgl. zu Buchbindereimaschinen Wilkes/
Bucheinband
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Anschlussfähigkeit des Arbeitsfelds
Schmidt/Hanebutt-Benz 2010, 515–535). Auch in der industriellen Buchfertigung kommt eine Vielfalt an Materialien zum Einsatz. Bei Büchern mit festem Einband können die Buchdeckel mit Gewebe (beispielsweise Leinen), Leder oder Papier bezogen werden, entweder komplett in einem Material (Ganzband) oder aus zwei Bezugsmaterialien (Halbband). Bei Büchern mit flexiblem Einband wird meistens Papier verwendet. Die Wahl der Einbandart und der Materialien hängt häufig eng mit den Inhalten und der anvisierten Zielgruppe zusammen – hier greift die Materialität der Kommunikation als Prinzip also ebenfalls. Eine mehrbändige Werkausgabe kann somit entweder in einer aufwändigen Lederausgabe oder als einfache Taschenbuchausgabe produziert werden. Obwohl der Inhalt identisch ist, unterscheiden sich die Zielgruppen und die Nutzungssituation für beide Produkte grundlegend. Das günstigere Taschenbuch wird zum Beispiel häufig im Vorübergehen, etwa im Bahnhofsbuchhandel oder im Flughafen, gekauft, ein Hardcover hingegen ist durchschnittlich teurer und schwerer, sodass die Buchnutzung von der Kaufentscheidung bis zum Leseerlebnis anders geartet ist. Der Analyse von Einbänden sowie Einbandschmuck wie Buchbeschlägen und Buchschließen widmet sich ein eigenständiger Arbeitsbereich: die Einbandforschung. Zwar stehen hierbei häufig die bereits erwähnten aufwändigen Einbände aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit im Mittelpunkt (vgl. Needham 1979, der den Zeitraum 400–1600 abdeckt), allerdings gehört auch die Entwicklung des Einbands (Einbanddesign und Einbandmaterialien) in jüngerer Zeit bis heute zum Arbeitsbereich (vgl. etwa den Ausstellungskatalog Wagner 2006, der Einbände bis Mitte des 20. Jahrhunderts betrachtet oder Drew/Sternberger 2005 für den US-amerikanischen Raum). Gerade für das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert gibt es Prachteinbände im Jugendstil und im Art-Déco-Stil, die wiederum illustrieren, wie eng der Zusammenhang zwischen Kunst- und Architektur- sowie Buchgeschichte sein kann (vgl. Duncan/ De Bartha 1989). Darüber hinaus kann das Design von Schutzumschlägen in diesem Kontext ein interessanter Forschungsgegenstand sein. K. Ludwig Pfeiffer skizzierte die theoretischen Rahmenbedingungen für eine Materialität der Kommunikation, stellte aber gleichzeitig den Begriff als Schlagwort kritisch in Frage. Pfeiffer fragte, ob von einem „epochale[n] Schlüsselbegriff“ die Rede sein könne (Pfeiffer 1988, 17), oder ob nicht „Formen kognitiver Dissonanz zwischen der Materialität, der Gegenwärtigkeit von Dingen, Situation und ihrer Interpretation“ entstünden (Pfeiffer 1988, 27). Sicherlich ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Begriffen vonnöten, das 1988 vorgebrachte Verständnis für die Materialität der Kommunikation unterstützte aber die grundlegende Beschäftigung mit der materiellen Seite des Buches innerhalb der Buchwissenschaft. Daraus ergeben sich Forschungsfragen wie beispielsweise Provenienzforschung (siehe unten, III.4 Bibliophilie und Provenienzforschung) und der Materialität des Buches. Aber auch die Verlagsgeschichtsschreibung muss die Materialität der Verlagsproduktion in den Blick nehmen. So ist etwa bei einer verlagshistorischen Untersuchung der Kinder- und Jugendbuchreihe rororo rotfuchs aus dem Rowohlt Verlag das Taschenbuchformat und die Dekoration der Umschläge mit Comics zu berücksichtigen, da diese materiellen Aspekte wiederum Rückschlüsse auf Herstellungskosten, Buchpreis und Zielgruppe zulassen (vgl. Norrick-Rühl 2014).
Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung
2. Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung Eine weitere zentrale Aufgabe der buchwissenschaftlichen Forschung ist die Buchhandelsgeschichtsschreibung. Da ihre Tradition eng mit der Entwicklungsgeschichte des Börsenvereins des deutschen Buchhandels zusammenhängt, markiert die Gründung der Historischen Kommission (siehe Kapitel II.5 oben) im Jahr 1876 den Beginn ihrer systematischen Organisation. Buchhandelsgeschichtsschreibung kann als Überbegriff gelten, unter den viele Bereiche des Buchhandels wie Sortiment, Zwischenbuchhandel, Verlag, etc. fallen. Buchwissenschaftlich Forschende beschäftigen sich allerdings vor allen Dingen mit der Verlagsgeschichtsschreibung, weswegen hier eine Vielzahl an Forschungsergebnissen existiert. Methodisch wird in der Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung zumeist von einem kulturhistorischen Ansatz ausgegangen und hermeneutisch gearbeitet. Besonders wichtig sind dabei die Quellenkritik (siehe Methodenwissen: Quellenkritik, s. unten) und statistische Methoden (siehe Methodenwissen: Bibliometrics/ Statistische Methoden in der historischen Buchforschung, S. 56).
Methodenwissen: Quellenkritik ¤ Grundidee Ursula Rautenberg stellt im Handbuch Buchwissenschaft in Deutschland fest, dass in der Buchwissenschaft „der Anteil historisch-hermeneutischer Forschung mit seinen entsprechenden methodischen Werkzeugen“ dominiere (Rautenberg 2013b, 47). Das wichtigste dieser methodischen Werkzeuge aus der historisch-hermeneutischen Tradition ist die Quellenkritik. Da in den Geisteswissenschaften Erkenntnisse hauptsächlich auf der Auswertung und Interpretation von Quellen basieren, ist die Quellenkritik sozusagen eine „empirische“ Überprüfung der Ergebnisse der geisteswissenschaftlichen Forschung. Damit ist Quellenkritik an sich keine Methode zur Generierung neuer Erkenntnisse, sondern eine Methode zur wissenschaftlichen Qualitätssicherung. Sie ist insofern Bestandteil jeder geisteswissenschaftlichen Arbeit, als dass auch wissenschaftliche Texte und wissenschaftlich edierte Quellen nicht unkritisch verwendet werden können. Vorgehensweise Quellen sind Artefakte verschiedenster Art, die Geschehenes dokumentieren. Dabei stellt sich die Frage, welche Quellen für buchwissenschaftliche Forschung geeignet sind, denn prinzipiell können alle Hervorbringungen des Menschen Quellen sein – Schriften, Bilder, Fotografien, Keramiken, audiovisuelles Material, Internetquellen wie Websites, etc. Hier kristallisiert sich ein wichtiger Punkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung im Rahmen der Quellenkritik heraus: Einerseits grenzt die Fragestellung zwar die möglichen Quellen ein, andererseits jedoch entscheidet die Quellenlage genau über diese Fragestellung! Wenn zum Beispiel eine verlagshistorische Arbeit über einen be-
Anfänge und Methoden
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
stimmten Verlag verfasst werden soll, sind die Bücher, Verlagsarchivalien und Rezensionen der Verlagsproduktion wichtige Quellen. Lassen sich allerdings keine Verlagsarchivalien, sondern nur die Buchproduktion und Rezensionen auffinden, wird die Fragestellung der Arbeit anders ausfallen müssen, als wenn umfangreiche Verlagskorrespondenzen zur Verfügung stehen. Quellenkritik beginnt mit dem Urteil darüber, wie wertvoll eine Quelle für eine bestimmte Fragestellung ist. Zunächst muss die Aussage der Quelle herausgearbeitet und deren generelle Glaubwürdigkeit überprüft werden. Diese Überprüfung findet in einem zweistufigen Verfahren („äußere“ und „innere“ Quellenkritik) statt, bei dem zunächst die materiellen („äußeren“) Charakteristika zu prüfen sind. Bei der folgenden „inneren“ Quellenkritik stehen dann die Aussage und die Glaubwürdigkeit des vorhandenen Materials im Mittelpunkt der Betrachtung. Eine Quellenkritik ist jedoch nur der erste Schritt, ihr folgt eine Interpretation und Deutung der Ergebnisse im Rahmen der Fragestellung. Weiterlesen Anschaulich wird das Thema auf historicum.net („Arbeiten mit Quellen“) vorgestellt und an Beispielen durchgearbeitet. Außerdem empfehlen sich zahlreiche einführende Werke zu historischen Methoden, etwa von Martha Howell und Walter Prevenier das Buch Werkstatt des Historikers (Howell/Prevenier 2004).
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Methodenwissen: Bibliometrics/Statistische Methoden in der historischen Buchforschung
Grundidee Zumeist wird in der Buchhandelsgeschichtsschreibung methodisch von einem kulturhistorischen Ansatz ausgegangen und hermeneutisch gearbeitet. Jedoch haben auch quantitative statistische Methoden ihren Platz in der historischen Buchforschung, weil sich mit ihrer Hilfe „Grundfragen der allgemeinen Buchhandelsgeschichte bzw. der Buchwirtschaftsgeschichte“ gut nachvollziehen lassen (Rautenberg 2013b, 476). Darüber hinaus kann bei der Verlagsgeschichtsschreibung die Produktion in Bezug zum damaligen Durchschnitt (sei es beim Preisniveau, die den Auflagenhöhen, beim Seitenumfang etc.) gesetzt und so wiederum besser objektiviert werden. Vorgehensweise Vorhandenen Statistiken, die durch Archivarbeit oder anhand von existierenden Studien erhoben werden können, werden im Rahmen der historischen Buchforschung meistens durch ein „einfache[s] Analyseverfahren deskriptiver Statistik“ ausgewertet (Rautenberg 2013b, 477). Geeignete Quellen für solche statistische Analysen sind Gesamttitelkataloge und Gesamtbibliografien, die mittlerweile für viele Regionen
Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung
und Länder alle Publikationen seit dem Beginn des Drucks verzeichnen. Als unersetzliche Quelle für die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts hat sich die jährlich erscheinende Publikation des Börsenvereins Buch und Buchhandel in Zahlen (BuBiZ) erwiesen. Aus buchwissenschaftlicher Sicht kann für diese Vorgehensweise der Begriff „bibliometrics“ verwendet werden, den die englische Medienwissenschaftlerin Alexis Weedon in ihrem Artikel „The Uses of Quantification“ definiert (Weedon 2009). Sie gibt zu bedenken: This historical information [das historische Zahlenmaterial] is usually patchy, but, even so, the data available are rich enough […] to be treated seriously. This is where the quantitative history of the book, or bibliometrics, comes in. It does not answer all the questions, and often its answers need careful interpretation, but it does give us access to parts of book history that would otherwise be wholly inaccessible. (Weedon 2009, 33) Den Vorteil einer quantitativ inspirierten Buchforschung sieht Weedon vor allem darin, dass Zahlenmaterial eine vergleichweise große Überzeugungskraft besitzt, da Zahlen einen höheren Grad von Gewissheit als viele andere Formen der historischen Analyse bieten (vgl. Weedon 2009, 47). Bei einer entsprechenden, quellenkritischen Analyse kann die Aufarbeitung etwa von Buchproduktionszahlen (Exemplare oder Auflagen), Buchverkaufszahlen (Exemplare oder Umsatz) oder Einträgen von Buchhändlern im Firmenregistern vor allem im Langzeitvergleich wertvolle Ergebnisse für die Buchhandelsgeschichtsschreibung liefern. Geschichte Weedon schreibt: Unlike social or economic history, book history does not have a long tradition of using quantitative methods. It must learn to borrow methods from economic and business historians, statisticians, and accountants to broaden the scope and definition of the subject. Each method, however, must be tailored to the peculiar needs of booktrade research. (Weedon 2009, 39) Wie von Rautenberg (2013b, 477) dargestellt, bildeten Initiativen zur Erstellung und Publikation der bereits erwähnten Gesamttitelkataloge (im frühen 20. Jahrhundert bis heute) die Voraussetzung für eine statistische Auseinandersetzung mit der Buchproduktion einer Region oder eines Landes. Besonders seit Beginn des neuen Jahrtausends spielen rechnergestützte statistische Analysen in den sogenannten „Digital Humanities“ eine immer wichtigere Rolle. Diese Analysen können zum Beispiel in Bezug auf „Geographical Information Systems“ (GIS) verwendet werden, um die Bewegung von Büchern im internationalen Raum statistisch nachzuvollziehen und auszuwerten. Weiterlesen Empfehlenswert: Rautenberg (2013c, 476–479) und Weedon (2009).
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft AGB
Wittmanns Buchhandelsgeschichte
Aktuelle Projekte
Ein zentrales deutschsprachiges Publikationsorgan, das sich vornehmlich der Buchhandelsgeschichtsschreibung widmet, ist das Archiv für Geschichte des Buchwesens (AGB). Seit 1958 erscheint es kontinuierlich im Auftrag der Historischen Kommission und bietet insbesondere im Bereich der Buchhandelsgeschichte eine große Themenvielfalt. Doch trotz dieser und anderer Initiativen der Historischen Kommission sowie deren Anbindung an den Börsenverein wurde die Buchhandelsgeschichtsschreibung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend als Teil der Germanistik gesehen. Erst in den 1980er Jahren entstand ein breiteres akademisches Bewusstsein für die Bedeutung der Buchhandelsgeschichte im Zuge der zunehmenden Loslösung der Buchwissenschaft von ihren hauptsächlich literaturwissenschaftlichen Anfängen. So erschien erst 1991 – 100 Jahre nach dem bereits erwähnten Standardwerk von Kapp/Goldfriedrich (siehe oben Kapitel II.5) – ein handliches Überblickswerk der deutschen Buchhandelsgeschichte. In einem Band stellte der Literatur- und Buchwissenschaftler Reinhard Wittmann auf der Basis seiner Vorlesungen an der Ludwig-Maximilians-Universität in München die wichtigsten Entwicklungen und Daten für ein gemischtes Publikum aus interessierten Laien, Studierenden wie für die Wissenschaft zusammen. Wittmann bringt darin „die Bedeutung des Buchhandels für die deutsche Kulturgeschichte deutlicher als bisher ins Bewußtsein“ (Wittmann 1999, Vorwort [o. S.]). Der hilfreiche Überblick (3. Aufl. 2011) darf bis heute in keiner buchwissenschaftlichen Handbibliothek fehlen, da in ihm konzis auf knapp 500 Seiten die Buchhandelsgeschichte von der Antike bis ins 20. Jahrhundert vorgestellt wird. Seit den 1980er Jahren hatte jedoch auch die Historische Kommission Planungen für eine neue, ausführliche Buchhandelsgeschichte für das 19. und 20. Jahrhundert in Angriff genommen – ein Mammutprojekt, eine „monumentale[ ] Verbandspublikation“ (Altenhein 2012, 265), das bislang nicht abgeschlossen ist. Bisher sind drei detaillierte Teile zum Buchhandel des Kaiserreichs erschienen (1871–1918; herausgegeben von Georg Jäger) sowie zwei Teile zur Weimarer Republik (1918–1933; herausgegeben von Ernst Fischer und Stephan Füssel). Für die Epochen Kaiserreich und Weimarer Republik liegen nun also geschlossene und umfangreiche Darstellungen vor, die eine hervorragende Grundlage für weitere buchwissenschaftliche Forschung bieten. Die einzelnen Bände sind nicht zwingend zur durchgängigen Lektüre, sondern ebenso als Nachschlagewerke mit Handbuchcharakter konzipiert worden. In den zahlreichen umfangreichen Kapiteln, die jeweils für sich stehen können, sind die verschiedenen Bereiche des Buchhandels abgedeckt, wobei darüber hinaus Verlags- und Lese(r)geschichte Berücksichtigung finden. Hieran wird deutlich, dass den Ausführungen ein breites Verständnis der Buchhandelsgeschichte zugrunde liegt. Weitere Bände zum Dritten Reich, zur Exilliteratur, zum Buchmarkt 1945–49 sowie zur Bundesrepublik bis 1990 und zur DDR sind in Vorbereitung. Diese Bände können eine wichtige Lücke in der Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung schließen, da sie mit ihrem breiten Verständnis der Buchhandelsgeschichte viele Bereiche thematisieren, die bislang von der Forschung ignoriert wurden. Dies trifft insbesondere auf die Kapitel zum verbreitenden Buchhandel zu, der in der buchwissenschaftlichen Forschung
Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung
bislang eher stiefmütterlich behandelt wurde (vgl. Estermann 2013, 304). Im Gegensatz dazu steht die Verlagsgeschichtsschreibung als Aushängeschild der Buchhandelsgeschichtsschreibung. Unter der Verlagsgeschichtsschreibung wird im Allgemeinen in der Buchwissenschaft zweierlei verstanden: Erstens steht die Aufarbeitung der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte einzelner Verlage im Mittelpunkt, zweitens die Beantwortung übergreifender Fragestellungen zur allgemeinen Geschichte der Verlagsbranche (in einer bestimmten Epoche oder im Bereich verschiedener Verlagstypen wie dem literarischen Verlag, dem Sachbuchverlag, dem Wissenschaftsverlag usw.). Traditionell verbindet sich mit der ersten Art der Verlagsgeschichtsschreibung das Ziel, eine Gesamtbibliografie der Verlagsproduktion zu liefern, die, wenn möglich, autoptisch nachgewiesen worden sein sollte. Häufig werden diese Gesamtbibliografien aus Praktikabilitätsgründen dabei auf einen Zeitraum begrenzt. Generell – auch wenn bereits eine Bibliografie vorliegt – muss jede Verlagsgeschichtsschreibung mit der Sichtung der Produktion beginnen. Ein Großteil der Verlagsgeschichten, die heute vorliegen, sind nicht von buchwissenschaftlich Forschenden als unabhängige wissenschaftliche Analysen verfasst, sondern als Verlagschroniken oder Festschriften zur Begehung von Firmenjubiläen, Verlegergeburtstagen und anderen Festanlässen veröffentlicht worden. Gerade für publizistisch arbeitende Unternehmen wie Verlage bietet sich diese Art von Selbstmarketing an, dessen Umsetzung eng mit der Unternehmenskultur zusammenhängt. Manche Verlage, wie zum Beispiel der Verlag Herder in den 1970er Jahren, bereiten auch jährliche Gaben oder Almanache für ihre Freunde und Förderer vor. Unabhängig davon, ob es sich wie bei Herder um kleine, broschierte Bücher oder um eine große, bebilderte Chronik handelt, sind diese selbstdarstellenden Publikationen überaus wertvolle Quellen für weitere verlagsgeschichtliche Projekte. Die Annahme, dass die Schnelllebigkeit der globalisierten Welt sowie die online leicht verfügbaren Hintergrundinformationen zu Firmen solche größeren verlagshistorischen Projekte überflüssig machen, ist ein Trugschluss: Gerade vor dem Hintergrund „veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen wie etwa der Globalisierung, dem Verschwimmen von Konturen von Organisationen durch Fusionen und Übernahmen“ (Oels/ Vogel 2012, 94) wird die Darstellung der eigenen Firmengeschichte immer wichtiger. Daher hat der Bertelsmann-Konzern sogar eine eigene Abteilung „Corporate History“, die sich mit dem historischen Erbe des Konzerns und der Familie Bertelsmann befasst und für den restlichen Konzern Informationen, Pressemeldungen, etc. zur Verfügung stellt. Die großen verlagshistorischen Projekte des letzten Jahrzehnts zeigen deutlich einen Trend zur repräsentativen Verlagschronik. So sind in jüngster Zeit etwa die reich bebilderte, rund 1000-seitige Diogenes-Chronik zum 50jährigen Jubiläum (vgl. Kampa 2004) oder die ebenfalls großzügig illustrierte Rowohlt-Chronik 100 Jahre Rowohlt erschienen (vgl. Gieselbusch u. a. 2008). Gleichzeitig wurde jedoch ein sehr erfreulicher Trend hin zur wissenschaftlich fundierten und unabhängigen Aufarbeitung sichtbar, etwa 2010 mit der Chronik zum 175-jährigen Firmenjubiläum des Medienkonzerns Bertelsmann, bei der zahlreiche renommierte Wissenschaftler beteiligt
Verlagsgeschichtsschreibung
Verlagschroniken und Festschriften
History Marketing
Trends
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Aktuelle Diskussionen
Verlags- und Wirtschaftsgeschichte
waren (vgl. 175 Jahre Bertelsmann 2010) oder der 2011 erschienenen Ullstein-Chronik (vgl. Enderlein 2011). Auch unabhängig von Firmenjubiläen gibt es im deutschsprachigen Raum eine lange Tradition der buchwissenschaftlichen Aufarbeitung von Verlagsgeschichten. Einen Überblick über einen Großteil der bislang erfolgten deutschsprachigen Forschung im Bereich Verlagsgeschichte bietet das Handbuch Buchwissenschaft (vgl. Estermann 2013). Wiederholt wurde schon bemängelt, dass die Buchwissenschaft als Disziplin „untertheoretisiert“ sei (vgl. etwa bei Keiderling 2007, 253). Seit den 1990er Jahren, spätestens aber seit Anfang des neuen Jahrtausends lässt sich deshalb eine immer reger werdende Diskussion der deutschsprachigen buchwissenschaftlichen Scientific Community um die komplexen Ziele und Inhalte sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Verlagsgeschichtsschreibung nachweisen. Im internationalen Vergleich ist diese Diskussion bereits weit vorangeschritten, da eine solche aktive methodische und theoretische Auseinandersetzung beispielsweise in den USA bislang völlig fehlt (siehe auch Kapitel II.7). Insbesondere in den letzten zehn Jahren sind die Aufgaben der Verlagsgeschichtsschreibung reflektiert und diskutiert worden, etwa 2005 von Georg Jäger, der eine systemtheoretische Perspektivierung des Buchverlags vorschlug (vgl. Jäger 2005) und damit einen Austausch anstieß, der bis heute im Online-Forum IASLonline des Internationalen Archivs für Sozialgeschichte der Literatur (IASL) fortgeführt wird (vgl. hierzu auch die laufende Diskussion im Bereich „Geschichtsschreibung des Buchhandels“ bei IASLonline). Weitere wichtige Beiträge in diesem Forum, die die Diskussion um die Aufgaben und Herangehensweisen der Verlagsgeschichtsschreibung vorangetrieben haben, sind sowohl die Gesamtschau von Korinna Trinckauf auf Basis ihrer Magisterarbeit am Mainzer Institut für Buchwissenschaft (vgl. Trinckauf 2007) als auch die Thesen von Florian Triebel, der die wirtschaftlichen Aspekte der Verlagsgeschichtsschreibung in den Vordergrund rückte (vgl. Triebel 2004). 2012 legten zahlreiche Mitarbeiter des Mainzer Instituts für Buchwissenschaft einen Sammelband zum Thema der Verlagsgeschichtsschreibung vor, der diese Ansätze aufnimmt (vgl. Norrick/ Schneider 2012) und unter anderem mit Bezug zur Systemtheorie, aber auch zur Feldtheorie Pierre Bourdieus (1930–2002; siehe dazu unten) weiterdenkt. In der Tat lassen sich gute Gründe finden, die Verlagsgeschichtsschreibung wie von Triebel gefordert als einen Teil der Wirtschaftsgeschichte aufzufassen. Vor allem die Doppelcodierung des Buches als Kultur- und Wirtschaftsgut erzwingt dies geradezu. Dennoch ist immer wieder zu beobachten, dass Verlagsgeschichten sich an der Biografie von Verlegerpersönlichkeiten sowie an dem kulturellen Output (den Büchern) und nicht an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens orientieren. Ute Schneider lieferte 2012 Impulse zur Auffassung von Verlagsgeschichtsschreibung als Spezialgebiet der Unternehmensgeschichtsschreibung. Diese Perspektivierung eignet sich ihres Erachtens insbesondere für große Verlage und Medienkonzerne, für kleine, hoch ambitionierte Verlage mit sehr wenigen Mitarbeitern müsse der Verlagshistoriker aber weiterhin die Verlegerpersönlichkeit ins Visier nehmen (vgl. Schneider 2012).
Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung
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Methodenwissen: Sozialgeschichte der Literatur
Grundidee Der Germanist Jörg Schönert definiert Sozialgeschichte der Literatur als „[g]esellschaftsbezogene Perspektive in der historiographischen Darstellung von Literatur“. Kernidee einer solchen Herangehensweise ist nach Schönert im engeren Sinne, „literarische und gesellschaftliche Konstellationen und Prozesse in wechselseitige Beziehungen [zu setzen], um literarische Strukturen und literaturgeschichtliche Entwicklungen beschreiben und – gegebenenfalls – erklären zu können“. Im weiteren Sinne analysiert die sozialgeschichtliche Methode „literarische Texte […] in Hinblick auf wechselseitige Beziehungen mit gesellschaftlichen Verhältnissen und Prozessen“ (Schönert 2010, 454–455). Vorgehensweise Mittels eines historisch-hermeneutischen Vorgehens ist das „Spannungsfeld zwischen Literatur und Gesellschaft […] zu beschreiben“; im Hinblick auf die Inhalte heißt das, „die Lebenswirklichkeit des Lesers im Erfahrungsstreit zwischen literarischer Utopie und gesellschaftlicher Bedingtheit festzuhalten“ (Füssel 1987, B154). Literatur wird also in einem größeren Zusammenhang begriffen, ihre Analyse kann nur unter Berücksichtigung des historischen, ökonomischen und sozialen Entstehungskontexts erfolgen. Geschichte Ende der 1960er Jahre wurde zunehmend Kritik an der herkömmlichen Literaturgeschichtsschreibung geübt, die in der Literaturwissenschaft eine Methodenreflexion nach sich zog und zum Beispiel auch populären Lesestoffen mehr Platz in der Forschung einräumte. Letztendlich führten die Diskussionen zu einer Betrachtung von Literatur aus eben jener sozialgeschichtlichen Perspektive, die, wie bereits erwähnt, den sozialen, ökonomischen und historischen Kontext mit einbezieht (vgl. dazu zum Beispiel Briegleb/Weigel 1992, 14). Nach 1970 breitete sich die Sozialgeschichte der Literatur als Forschungsfeld aus und fand breite Anerkennung. So wurde 1976 das Internationale Archiv für Sozialgeschichte der Literatur (IASL) gegründet, eine Zeitschrift, die bis heute als wichtiges Forum, unter anderem für buchwissenschaftliche Forschung, besteht. Darüber hinaus analysierten zahlreiche große Verlagsprojekte ab 1980 die deutschsprachige Literatur seit dem Mittelalter aus einer sozialhistorischen Perspektive. Die prominentesten Beispiele dieser Strömung sind sicherlich Rowohlts Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte, herausgegeben von Horst Albert Glaser (vgl. Glaser 1980–1991; Glaser 1997) und das mehrbändige Werk Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart unter Herausgabe von Rolf Grimminger (vgl. Grimminger 1980–2009). Letztere erfuhr vor allem als Taschenbuchausgabe im Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) eine große Verbreitung.
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Weiterlesen Christine Haug und Franziska Mayer zeigen im Handbuch Buchwissenschaft in Deutschland explizit einige Anschlussstellen zwischen der Buchwissenschaft und der Sozialgeschichte der Literatur auf. (Haug/Mayer 2013, 844–845)
Quellenlage und Perspektivierung
Systemtheorie
Verlagsgeschichte kann und muss jedoch auch auf andere Art und Weise analysiert werden, etwa aus Sicht der Sozialgeschichte (siehe auch Methodenwissen: Sozialgeschichte der Literatur, S. 61), der Ideengeschichte oder der Kulturgeschichte. Meistens ist die Analyse und Vorlage einer Verlagsgeschichte abhängig von den vorhandenen Quellen, und nicht jede Quellenlage macht eine wirtschaftliche Perspektivierung möglich: Häufig werden wirtschaftliche Unterlagen des Verlags unter Verschluss gehalten oder vernichtet, während die kulturgeschichtlich interessanten Quellen noch zur Verfügung stehen beziehungsweise in Bibliotheken und Archiven ausfindig gemacht werden können (die Bücher selbst, die Rezensionen aus den einschlägigen Feuilletons, Autorenkorrespondenzen, etc.). In solchen Fällen kann eine Geschichtsschreibung in strikter Trennung differenzierter Analyseebenen (Ökonomie, Organisation, Programm, Corporate Design u. a.) helfen, dem komplexen Gefüge Verlag sozusagen stückweise gerecht zu werden. Ein weiterer Weg, der Herausforderung der Verlagsgeschichtsschreibung zu begegnen, ist der Rückbezug auf bestehende Literatur-, Medien-, Gesellschafts- und Kulturtheorien. Im folgenden Überblick werden die wichtigsten theoretischen Ansätze genannt, die für die Verlagsgeschichte relevant sein können. Die bereits kurz erwähnte Systemtheorie ist eine sehr komplexe, interdisziplinär anwendbare Theorie mit hohem Abstraktionsgrad. Die Gesellschaft wird dabei in soziale Systeme wie zum Beispiel Religion, Wissenschaft oder Wirtschaft geteilt, die jeweils verschiedene Elemente enthalten. Die Wechselbeziehungen (Kommunikation) zwischen den systeminternen Elementen sind zentral für die Aufteilung dieser Systeme, wobei jedes System eigenständig sowie im Zusammenhang mit den anderen Systemen betrachtet werden muss. Die Systemtheorie ist also sehr flexibel auf verschiedene Gesellschaftsbereiche anwendbar und besitzt daher „eine große Erklärungskraft“ (Keiderling 2007, 292). Gerade für Analysen der gesellschaftlichen Funktionen des Buchs kann sie hilfreich sein (vgl. Rautenberg 2013b, 49), allerdings verlangt sie durch ihre Komplexität eine intensive Auseinandersetzung mit der vielseitigen Begriffs- und Definitionswelt, die Luhmann geschaffen hat. Besonders empfehlenswert sind dazu neben Luhmanns Originalschriften einführende Bände wie Luhmann leicht gemacht (Berghaus 2011). Vorreiter im Bereich der Anwendung der Systemtheorie auf die Verlagsgeschichtsschreibung ist Georg Jäger mit seinen Arbeiten (vgl. grundlegend dazu Jäger 2005). Aufbauend auf Jägers Überlegungen gibt es weitere Schriften, die sich dem Verlag als Organisation im Sinne Luhmanns widmen; zu nennen sind hier beispielsweise Thomas Keiderlings anschaulicher Beitrag „Wie viel Systemtheorie braucht die Buchwissenschaft?“ oder Axel
Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung
Kuhns „Überlegungen zu einer systemtheoretischen Perspektive des Kulturbegriffs in der Verlagshistoriographie“ (vgl. Kuhn 2012). Obwohl die „Systemtheorie in der Lage sein [kann][…], offene buchwissenschaftliche Fragestellungen zu klären“ (Keiderling 2007, 291), ist dies bisher noch nicht allzu häufig gelungen. Weitere Theorien, die sich für die Anwendung in der Buchwissenschaft eignen, sind die Feld- und die Kapitaltheorie des französischen Soziologen Pierre Bourdieu. Nach Bourdieu kann die Gesellschaft in verschiedene Felder eingeteilt werden, unter denen es sowohl ein kulturelles als auch ein literarisches Feld gibt, innerhalb derer verschiedene Kräfte wirken. Die Kräfte beschreibt Bourdieu unter anderem mit Hilfe seiner Kapitaltheorie. Diese wiederum besagt, dass es neben dem allgemein bekannten ökonomischen Kapital auch andere Kapitalformen gibt (vgl. hierzu etwa Bourdieu in Jurt 2007, 95–101). Neben dem ökonomischen Kapital (Geld, Vermögen) sind das das soziale Kapital (Netzwerke, Status) und das kulturelle Kapital (Bildung in objektivierter Form – eine Bücherwand –, in institutionalisierter Form – akademische Abschlüsse – sowie Bildung in inkorporierter Form – mit Zeit und Mühe erworbenes Wissen). Nach Bourdieu ist ein Verlag somit nicht nur anhand seines ökonomischen Kapitals, sondern auch seines kulturellen Kapitals zu bewerten. Ein Beispiel für institutionalisiertes kulturelles Kapital könnte etwa ein Literaturpreis sein, den ein Hausautor erhalten hat (wie der Hanser Verlag mit seinen verschiedenen Literaturnobelpreisträgern). Allgemein gilt, dass Bourdieus Theorien für die Verlagsgeschichtsschreibung eine gute Basis für die anschauliche Darstellung von Tendenzen, Strukturen und Mechanismen liefern. Bourdieus klare Begriffe und die Vorstellung des literarischen Markts als Feld können hilfreich sein, um beispielsweise zu verstehen, wie es Independent-Verlage schaffen, sich gegenüber größeren Konzernverlagen zu behaupten oder wie junge Avantgarde-Autoren die etablierten Autoren im literarischen Feld ablösen. Der Interpretation von Bourdieus Theorien für die Literaturwissenschaft hat sich insbesondere Joseph Jurt verschrieben (vgl. zum Beispiel Jurt 1995, 71–107, und Jurt 2007); neben den Originalschriften von Bourdieu und den Schriften Jurts sind auch allgemeine einführende Werke wie das von Werner Fuchs-Heinritz und Alexandra König (vgl. Fuchs-Heinritz/König 2011) oder das von Boike Rehbein (vgl. Rehbein 2011) zu empfehlen. Noch konkreter und anschaulicher als Bourdieus Theorien sind die theoretischen Überlegungen des französischen Literaturwissenschaftlers Gérard Genette zum „Beiwerk“ des Buches. Genette hat dafür den Begriff der Paratexte geprägt und meint damit „jenes Beiwerk, durch das ein Text zum Buch wird und als solches vor die Leser und, allgemeiner, vor die Öffentlichkeit tritt“ (Genette 2001, 10). Genette gliedert die Paratexte in verschiedene Kategorien, die größten dieser Kategorien sind Peritexte (Beiwerk im direkten Zusammenhang mit der Publikation, zum Beispiel ein Vorwort) und Epitexte (Beiwerk außerhalb des Textes, etwa Interviews des Autors in den Medien oder Kommentare des Autors in privater Kommunikation über das Buch). Aus Sicht der Verlagsgeschichte ist besonders die Unterscheidung Genettes in auktoriale und verlegerische Paratexte wichtig. Verlegerische Paratexte sind nach Genette alle Beigaben zum literarischen Text, für die der Verlag (Lektorat, Presseabteilung, Marketingabteilung, vgl. zu den einzelnen
Bourdieus Theorien
Genettes Paratexte
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Verlagsarchive
Verlagsarchive weltweit
Abteilungen und Prozessen im Verlag Röhring 2011) verantwortlich zeichnet: Formatwahl, Umschlagdesign, Klappentexte, etc. Auktoriale Paratexte hingegen werden vom Autor bestimmt (Widmung, Nachwort, etc.). Genettes Begriffe erweisen sich vor allem dann als nützlich, wenn Vorgänge und Entscheidungen in verschiedenen Verlagsabteilungen beschrieben werden sollen. Außerdem sind manche Paratexte (Logos, Umschlagdesign, etc.) Teil des Corporate Designs eines Verlags und somit für eine umfassende Verlagsgeschichtsschreibung unbedingt beachtenswert. Natürlich können nicht nur die vorgestellten Theorien hilfreich für buchwissenschaftliche Fragestellungen sein. Je nach Fragestellung lohnt es sich, weitere theoretische Modelle aus der Medienwissenschaft, der Literaturwissenschaft, den (historischen) Kulturwissenschaften oder der Soziologie zu Rate zu ziehen. Genau wie die Quellenlage die Fragestellung bestimmt, bestimmt die Fragestellung über geeignete theoretische Ansätze. Es ist bereits deutlich geworden, wie wichtig die Quellenlage für die inhaltliche Ausrichtung der Verlagsgeschichte ist. Der Erhalt gerade auch alltäglicher Verlags- und buchbezogener Materialien erweist sich für die Verlagsgeschichtsschreibung als zentral. Im Vergleich zu anderen Ländern, wo nationale Institutionen existieren, die als Anlaufstelle beziehungsweise Auffangbecken für Verlagsarchive konzipiert worden sind (etwa in Großbritannien in Reading das sogenannte Archive of British Publishing and Printing, in Frankreich in Saint-Germain-la-Blanche-Herbe das sogenannte Institut Mémoires de l’édition contemporaine [IMEC], oder in Italien in Mailand die sogenannte Archivi della Parola, dell’Immagine e della Communicazione Editoriale [APICE]), gibt es in Deutschland seit 1955/56 lediglich das Deutsche Literaturarchiv (DLA) in Marbach (vgl. dazu ausführlich Meyer 2009, 145–148), das jedoch keinen expliziten Sammelauftrag für verlagsbezogene Archivalien innehat. In den dort vorhandenen Autorenkorrespondenzen finden sich allerdings auch die Korrespondenzen von Verlagen, sodass das DLA ein wichtiger Anlaufpunkt für verlagshistorische Fragestellungen ist. Darüber hinaus werden hier einige komplette Verlagsarchive verwahrt, wie etwa das umfangreiche Cotta Archiv, das das DLA schon 1961 als Stiftung der Stuttgarter Zeitung übernahm. Das Cotta Archiv ist das größte und bedeutendste Verlagsarchiv für die Zeit um 1800 im deutschsprachigen Raum. Mit dieser Übernahme legte das DLA einen Grundstein für die weitere Annahme von Archiven selbstständiger kultureller und literarischer Institutionen und von Verlagsarchiven. So finden sich in Marbach außerdem die Nachlässe von S. Fischer, Luchterhand, Reinhard Piper und Eugen Diederichs (u. a.) (vgl. hierzu auch Estermann 2013, 263). Seit 2009 werden Teile des Rowohlt-Verlagsarchivs ins DLA überführt, das im selben Jahr das Suhrkamp-Archiv angekauft und 2011 das internationale Suhrkamp-Forschungskolleg gegründet hat, welches sich literaturwissenschaftlicher, verlags- und kulturhistorischer Fragestellungen annimmt. Die Herausforderungen rund um die Zuständigkeiten für verlagshistorisches Material sind kein rein deutsches Problem, sondern vielmehr ein universelles, für das unterschiedliche Lösungen gefunden werden. Deshalb bedeutet beispielsweise die Existenz eines ausdrücklichen Archivs für Verlags- und Druckwesen in Großbritannien nicht, dass alle Materialien automatisch in Reading zu finden sind. So wurde 1967 das Archiv des in London
Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung
ansässigen Macmillan Verlags vorsortiert und an die British Library übergeben, das unter anderem Korrespondenzen der namhaftesten MacmillanAutoren enthielt. 1990 und 2004 übergab Macmillan weitere Unterlagen nach einer Sortierung an die British Library. Allerdings findet sich auch in Reading relativ viel Material, das hauptsächlich aus circa 60.000 eingehenden Briefen angeblich weniger wichtiger Schriftsteller der Jahre 1897 bis 1967 besteht. Die Sortierung ist allerdings inkonsequent und bisweilen erstaunlich: So lagern die Unterlagen von Rudyard Kipling und W. B. Yeats in Reading und nicht etwa in der British Library. Häufig ergeben sich solche Übernahmen eher zufällig und spontan, so dass sich Institutionen (wie in diesem Beispiel des Macmillan Verlags) offensichtlich gezwungen sehen, eine Auswahl zu treffen. Dabei ist die Gefahr groß, dass aussortiertes Verlagsmaterial vernichtet wird und damit für immer für die Forschung verloren geht. Manchmal finden Verlagsarchivalien und Wissenschaftler jedoch auf anderem Weg zusammen. Gibt es kein Verlagsarchiv, müssen nach der Erstellung einer Bibliografie durch die Suche im Nachlass involvierter Personen Informationen ergänzt werden, um wenigstens einseitig Korrespondenzen mit dem Verlag nachzuvollziehen: „Autor-Verleger-Briefe haben in der Hierarchie der Verlagsquellen […] einen höheren Stellenwert als die Verlagsbibliographie, die nur das endgültig fertig Gewordene festhält“ (Estermann 2013, 265). Daniela Gastell unterstreicht zudem die Rolle der Wissenschaft im Prozess der Rekonstruktion von Verlagsarchiven. Wenn die Korrespondenzen nicht an einem Ort auffindbar sind, wie in Gastells Beispiel des Propyläen-Verlags, müsse die Verlagshistorikerin nicht nur die Geschichte des Verlags oder Imprints aufarbeiten, sondern auch aktiv zur Entstehung eines virtuellen Verlagsarchivs beitragen, indem sie Informationen wie Dokumente verknüpft (zum Beispiel in Online-Datenbanken) und für Folgeuntersuchungen zur Verfügung stellt (vgl. Gastell 2012). Ein weiterer Weg, Verlagsarchive langfristig zu sichern, ist sie in die Obhut universitärer Institute zu geben, wo sie im Rahmen von Lehrveranstaltungen sowie Seminar- und Abschlussarbeiten systematisch aufgearbeitet werden können. Gegenwärtig geschieht dies an den Instituten für Buchwissenschaft in Leipzig und Mainz. Bereits seit 2007 werden in der Buch- und Druckstadt Leipzig Archive Leipziger und ostdeutscher Verlage aufbewahrt, unter anderem des Leipziger Reclam-Verlags (temporär), des Buchverlags der Morgen sowie des Insel-Verlags. Seit 2009 existiert das Mainzer Verlagsarchiv des Instituts für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, das mehrere bundesdeutsche Verlagsarchive umfasst. Zusammen mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach bewahrt das Mainzer Verlagsarchiv das Material des Rowohlt Verlags auf. Außerdem lagern in Mainz die Unterlagen der Verlage Rotbuch, Syndikat und Europäische Verlagsanstalt (EVA) sowie neuerdings Teile der Archive von Eichborn und Brockhaus, zwei Verlage, die in den letzten Jahren Insolvenz angemeldet hatten. Der noch recht junge, in Frankfurt ansässige Independent-Verlag Weissbooks gibt seit der Gründung sein Archiv direkt in die Obhut der Mainzer Universität. Die Gründung des Mainzer Verlagsarchivs gab im Januar 2011 den Anlass, auf dem XVI. Mainzer Kolloquium Chancen und Nutzen von Verlagsarchiven zu beleuchten (vgl. Füssel 2013d).
Autorkorrespondenzen
Verlagsarchive an Universitäten
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Verlagsarchive im digitalen Zeitalter
Obwohl der Börsenverein des deutschen Buchhandels mit einer Veranstaltung unter dem Titel Ungeöffnete Königsgräber schon 1985 einen Impuls für die Diskussion über die Bedeutung von Archiven im deutschen Buchhandel geliefert hatte, scheint das Bewusstsein in der Branche über den außerordentlichen kulturellen Wert dieser Archive nicht fest verankert worden zu sein. Im Rahmen des Tags der Verlage im Deutschen Literaturarchiv Marbach, der ebenfalls die Archivthematik aufnahm, erging daher im Mai 2009 erneut der eindringliche Appell, Verlagsarchivalien zu erhalten, zu sammeln und der Forschung zu öffnen. Besonders anschaulich präsentierte Christoph Links die Problematik, als er das verheerende Schicksal der Archive der ehemaligen DDR-Verlage vorstellte, das ausführlich in Links Dissertation mit dem Titel Das Schicksal der DDR-Verlage diskutiert wird (vgl. Links 2009). Bei jener Tagung wurde ferner angeregt, eine (Online-)Plattform zur Dokumentation der Standorte verschiedener Verlagsarchive zu erstellen, um einerseits Verlagshistorikern mehr Transparenz zu bieten und andererseits Verlagen vor Augen zu führen, wie wichtig Aufbewahrung und Überlieferung für die Forschung sind (vgl. Bodemer 2009). Archive als Ausgangsbasis verlagshistorischer Forschungen geben in hohem Maß vor, was Wissenschaftler über die Geschichte einzelner Verlage in Erfahrung bringen können. Gemeinsam mit den jeweiligen Verlagsprodukten liefern Archivalien unterschiedliche Ansatzpunkte geistes-, ideen-, kultur-, wissenschafts- und nicht zuletzt wirtschaftshistorischer Untersuchungen. Aus den materiellen, konservatorischen und geordneten oder nichtgeordneten Zuständen der Archive sowie den gegebenen Möglichkeiten, auf die Archivalien zuzugreifen, leiten sich nicht nur die einzuschlagenden Wege der Verlagsgeschichtsschreibung, sondern auch die Ausführlichkeit der Beantwortung theoretischer und methodischer Fragestellungen der Historiografie ab. Begründet ist dies durch die enge Verknüpfung mit der klassischen Methode der Quellenkritik aus der Geschichtswissenschaft zusammen (siehe auch Methodenwissen: Quellenkritik, S. 55). Während die Suche nach passenden Quellen zur Rekonstruktion einer Verlagsgeschichte schon immer Schwierigkeiten barg und weiterhin birgt, sehen sich Verlagshistoriker in Zukunft mit noch größeren Problemen konfrontiert, um an das nötige Quellenmaterial zu gelangen. Dies trifft keineswegs nur auf digitale Bücher (E-Books) oder buchähnliche Produkte (Buchinhalte auf Floppy-Discs oder CD-Roms, wie zum Beispiel Lexika, Wörterbücher, Nachschlagewerke, etc.) zu, die in den letzten zwei Jahrzehnten immer mehr Verbreitung gefunden haben. Bezüglich solcher Produkte stehen schon heute Wissenschaftler vor etlichen Herausforderungen (vgl. beispielsweise Bläsi 2012). Neben den Endprodukten verändern sich nämlich auch die Arbeitswege zunehmend von Print zu digital. Die Digitalisierung der Arbeitsprozesse und Kommunikationswege im Verlagswesen ist nahezu vollständig abgeschlossen: Vom klassischen unverlangt eingesendeten Manuskript bis zur Kommunikation mit Buchhändlern und Lizenznehmern und -gebern, werden alle Angelegenheiten inzwischen weitestgehend über E-Mail abgewickelt. Da Briefkommunikation, wie bereits erwähnt, zentral für die Rekonstruktion von Prozessen im Verlag ist, erweist sich der Zugriff auf diese digitalen Korrespondenzen als besonders wichtig. Wie jedoch die gesamte E-Mail-Kor-
Buchhandels- und Verlagsgeschichtsschreibung
respondenz eines Verlags aufbewahrt und Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt werden kann, ist ungewiss. Durch die meist wenig systematische Ablage von Ausdrucken subjektiv als wichtig empfundener E-Mails, die in der Regel die einzige Antwort auf die Aufbewahrungsproblematik ist, klaffen Lücken in der Entstehungsgeschichte von Buchprojekten, Marketingkampagnen, usw. Noch problematischer allerdings ist die üblich gewordene Vermischung von privaten und dienstlichen Angelegenheiten über E-Mail-Postfächer. Nicht zuletzt deshalb ist die Bereitschaft, E-Mail-Korrespondenz vollständig, in digitaler Form an ein Verlagsarchiv zu übergeben, bisher kaum vorhanden. Somit ist heute nicht abzusehen, wie die verlagshistorische Forschung von morgen arbeiten wird. Im Social Web entsteht andererseits eine Vielzahl neuartiger Quellen und über Leser und von Lesern generiertes Datenmaterial (siehe auch unten Kapitel IV.4 zu Social Reading): „Verlage nutzen heute selbstverständlich Instrumente des Web 2.0 wie Blogs, Soziale Netzwerke, Communities“ zur Selbstdarstellung (Pleimling 2012b, 136), Gleiches gilt für Autoren, die so darüber hinaus direkt mit ihrer (potenziellen) Zielgruppe kommunizieren können. Da das Social Web den Verlagen vielfältige Möglichkeiten bietet, hat sich die nach außen gerichtete Kommunikation des Verlags dadurch „nicht nur beträchtlich erhöht, sondern auch substantiell verändert“ (Pleimling 2012b, 136). Unter den neuartigen Quellen hebt Dominique Pleimling besonders den sogenannten Corporate Blog, wie beispielsweise den überaus beliebten Penguin Blog, hervor, der tiefe Einblicke in das Verlagsgeschäft geben kann. Andere neue Quellen rund um Verlagsprodukte entstehen auf Videoplattformen wie Youtube, auf denen die populär gewordenen sogenannten Buchtrailer ein Buch mit visuellen Effekten bewerben, als sei es ein Film. Der Produktionsaufwand der Trailer variiert zum Teil sehr stark: manche dieser Videos sind statisch und zeigen nur das Buch sowie typografische Effekte, für andere, aufwändigere Produktionen werden hingegen sogar Schauspieler engagiert (vgl. Ebenau 2011). Bei aller Begeisterung für die neue digitale Vielfalt und den Möglichkeiten, die für Verlage und Zielgruppe nur noch einen Klick entfernt liegen, gibt es aus Sicht der Verlagsgeschichtsschreibung jedoch dringenden Handlungsbedarf. Denn wie bereits angedeutet, ist unklar, ob und wie diese online entstandenen digitalen Verlagsdokumente zukünftig für die buchwissenschaftliche Forschung zugänglich sein können. So gibt es bislang beispielsweise keine Möglichkeiten, ältere Webangebote einzusehen. Zwar speichert die Deutsche Nationalbibliothek sporadisch und nach Zufallsprinzip Webseiten mit deutschen Domains, eine Garantie, dass sich darunter die Verlagshomepages befinden, gibt es aber nicht. Auch die Verlage selbst speichern diese älteren Versionen nicht zwangsläufig, sondern verwerfen die alten Website-Unterlagen und -Inhalte nach dem Re-Launch häufig. Gleiches gilt für viele andere Arten digitaler Dokumente, die im Verlagsalltag entstehen – vom Manuskript bis zur E-Mail. Der Herausforderung der im Vergleich zu Papierdokumenten deutlich schwierigeren und unsichereren Archivierung wird sich die Forschung in Zukunft stellen müssen.
Verlage im Social Web
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3. Literaturvermittlung Leser- und Leseforschung beschäftigen sich unter anderem mit dem Rezeptionsprozess von Büchern und Texten. Geschieht dies aus einer geschichtlich orientierten Perspektive, wird von historischer Leserforschung gesprochen (siehe unten Kapitel IV.2). Damit aber die Bücher ihre Zielgruppe „finden“ und gelesen werden, muss Literaturvermittlung stattfinden. Literaturvermittlung kann ganz konkret durch Rezensionen in Tageszeitungen und Literaturevents wie Autorenlesungen oder auf abstraktere Weise durch Leseförderung geschehen. Weil Literaturvermittlung eng mit dem Rezeptionsprozess verbunden ist, hat die Buchwissenschaft ebenfalls Interesse daran, die Entwicklungsgeschichte von Literaturvermittlungsinstanzen zu erforschen sowie die Wechselwirkungen zwischen Markt, Literatur und Vermittlung aufzuzeigen. Dieses Forschungsfeld teilt sich die Buchwissenschaft mit der angewandten Literaturwissenschaft.
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Berufsperspektiven für Studierende der Buchwissenschaft
Als breitgefächertes akademisches Fach mit hybrider Methodik bereitet die Buchwissenschaft ihre Studierenden auf einschlägige Berufe im buchaffinen Bereich vor. Unter diesem buchaffinen Bereich sind im engeren Sinne die Buchbranche (Verlage, Buchhandlungen, Zwischenbuchhandel), im weiteren die Medienbranche sowie Kulturinstitutionen und Stiftungen zu verstehen. Eine Stärke des primär geistes- und sozialwissenschaftlich ausgerichteten Studiums der Buchwissenschaft ist es, dass Absolventen vielseitig eingesetzt werden können, wodurch viele unterschiedliche Karrierewege denkbar sind. Typischerweise haben Studierende der Buchwissenschaft einen Berufswunsch im Bereich der Buchbranche, je nach Interessenslage und Fächerkombination können sich jedoch weitere Berufsperspektiven ergeben. An den Universitäten Mainz und Erlangen wird Buchwissenschaft beispielsweise in einem Zwei-FächerBachelorstudiengang angeboten, so dass durch das zweite Fach der Grundstein für eine spätere Spezialisierung gelegt werden kann (beispielsweise eignet sich eine Kombination mit einer Literaturwissenschaft besonders gut für eine Anstellung im Lektorat, während eine Kombination mit BWL eher ins Marketing führen könnte). Nicht selten haben Studierende vor dem Hochschulstudium bereits eine Ausbildung im Buchhandel oder im Verlag absolviert und damit erste praktische Erfahrungen gesammelt. Verlag und verlagsnaher Bereich – Lektorat – Rechte- und Lizenzabteilung – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Vertrieb – Marketing
Literaturvermittlung
– Herstellung – Tätigkeiten in einer Literaturagentur – Tätigkeit als Verlagsvertreter Auch wenn traditionell häufig der Wunsch besteht, Lektor in einem belletristischen Verlag zu werden: Insbesondere in wissenschaftlichen Verlagen, Sachbuch- und Zeitschriftenverlagen gibt es für Absolventen der Buchwissenschaft interessante Berufsperspektiven Buchhandel – Management-Aufgaben im klassischen Sortimentsbuchhandel, Zwischenbuchhandel, Internetbuchhandel – Selbstständigkeit im klassischen Sortimentsbuchhandel – Selbstständigkeit im Bereich Beratung – Aufgaben in Branchenorganisationen, zum Beispiel beim Börsenverein des deutschen Buchhandels Medienbranche – Diverse redaktionelle Tätigkeiten – Literaturkritik – Allgemeine Pressearbeit Kulturinstitutionen und Stiftungen – Organisation und Durchführung von Literaturevents (Lesungen, Literaturpreisvergabe, Literaturfestivals, etc.) – Tätigkeiten in Literaturhäusern (Pressearbeit, Programmarbeit, Konzeption von Ausstellungen, Projektmanagement, etc.) – Tätigkeiten in Leseförderungsinstitutionen (Projektmanagement, Lese(r)forschung, Pressearbeit etc.) – Tätigkeiten in Museen, besonders in Buch-, Schrift- und Druckmuseen (Pressearbeit, Konzeption von Ausstellungen, etc.) – Tätigkeiten in wissenschaftlichen Bibliotheken – Tätigkeiten in öffentlichen und privaten Archiven Weiterlesen Es gibt viele Ratgeber zum Thema Berufseinstieg und Bewerbung. Für Studierende der Buchwissenschaft sind Der optimale Berufseinstieg. Perspektiven für Geisteswissenschaftler (Janson 2007) sowie Jobs für Bücherwürmer und Leseratten (Glaubitz 2001) besonders empfehlenswert.
Zu Literaturvermittlung im weiteren Sinne gehört nach Stefan Neuhaus und Oliver Ruf „jede Vermittlung von Literatur durch professionelle Leser (also solche, die beruflich mit Literatur befasst sind) wie durch nicht-professionelle Leser (zum Beispiel Verfasser so genannter Laienrezensionen)“ (Neuhaus/ Ruf 2011, 10). Die engere Definition bezieht sich auf die in der Regel mit dem Begriff in Verbindung gebrachten Berufsfelder, d. h. vor allem auf Literaturkritik, Buchbetrieb, Literaturarchive und Literaturhäuser, literarisches Übersetzen und jed-
Definition
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
wede ,Aufbereitung‘ von Texten für Leserinnen und Leser – auch auf die Bühne. Hinzu kommt das lehrende Vermitteln von Literatur […]. (Neuhaus/Ruf 2011, 10) Instanzen der Literaturvermittlung
Verlage und Buchhandel werden üblicherweise zu den Vermittlungsinstanzen gezählt (vgl. Kapitel IV.II). In diesem Unterkapitel sollen folgende weitere Literaturvermittlungsinstanzen kurz vorgestellt sowie bestehende Forschung und Forschungsperspektiven aufgezeigt werden: – Unabhängige Literaturkritik – Corporate Publishing (Endkundenmagazine von Verlagen, etwa die Rowohlt Revue) – Literaturpreise – Literaturevents (zum Beispiel in Literaturhäusern und auf Literaturfestivals) – Literaturarchive – Literaturmuseen – Bibliotheken
Literaturkritik
All diese genannten Instanzen können Gegenstand von buchwissenschaftlichen Studien werden, die sowohl einen historischen als auch einen aktuellen Bezug haben können. Während also die 1992 in der Deutschen Bücherei in Leipzig stattfindende Ausstellung die Literaturvermittlung durch „Zeugnisse aus der Sammlung zur Geschichte des Buchwesens“ vergangeheitsbezogen vorstellte (vgl. Göpfert/Lehmstedt 1992), greifen andere Studien wie etwa von Franziska Mayer „Kulturförderung als Event. Literaturpreise und Bestsellereffekte seit der Jahrtausendwende“ Fragen zu aktuellen Ereignissen, zum Beispiel zum 2008 gegründeten Deutschen Buchpreis auf (vgl. Mayer 2012 oder Auguscik 2013). Ein wichtiges, gemeinsames Forschungsfeld der angewandten Literaturwissenschaft und der Buchwissenschaft ist die Literaturkritik. Aus Sicht der angewandten Literaturwissenschaft liegt in Hinblick auf die Literaturkritik die Untersuchung von Kanonisierungsprozessen nahe, das heißt: Wie wird ein Buch zum „Klassiker“? Welche Rolle spielt dabei die zeitgenössische wie spätere Rezeption durch das Feuilleton? Für die Buchwissenschaft wiederum steht bei der Frage nach der Kanonisierung insbesondere die Rolle des Verlags im Vordergrund. Der Reclam Verlag wird zum Beispiel üblicherweise mit günstigen, handlichen Studienausgaben der wichtigsten deutschund fremdsprachigen Klassiker assoziiert. Daneben gibt es jedoch auch Belletristik-Verlage, die die „Klassiker von morgen“ verlegen – qualitativ hochwertige Belletristik, die bereits zeitgenössisch viel positive Kritik bekommt, etwa Schöffling & Co. oder der Suhrkamp Verlag. Aus buchwissenschaftlicher Sicht ist darüber hinaus zu berücksichtigen, was Wendy Kerstan 2007 in ihrem Beitrag „Verrissen und trotzdem verkauft? Der Einfluss von Literaturkritik auf den Absatz von Belletristik“ erklärte: „Literaturkritik will ihrem Wesen nach die Diskussion um das Buch anregen. Sie regt aber auch den Absatz an“ (Kerstan 2007, 129). Das heißt, dass das Buch als Kulturgut und Ware durch die Literaturkritik eine besondere Inszenierung erfährt. Neuhaus konstatierte 2011 außerdem, dass die „Verlagspolitik,
Literaturvermittlung
AutorInnen zu Marken aufzubauen […] von der Literaturkritik gestützt“ werde (Neuhaus 2011, 153). Dem großen Bereich der Literaturkritik sind auch Literaturempfehlungen mit „emotional gefärbten Urteilen“ zuzurechnen, die sich im Fernsehen oder in Zeitschriften und Magazinen gegen eine traditionelle Literaturkritik durchgesetzt haben. Zum Teil ist hier die Rede von einem „Ende der Kritik“ (Basting 2013, 49), für das Kerstan die ehemalige TV-Sendung „Lesen!“ der Meinungsführerin Elke Heidenreich nannte (vgl. Kerstan 2007, 148). In diesem Zusammenhang erwähnte Kerstan auch die Zeitungseditionen großer deutscher Tages- und Wochenzeitungen, wie etwa die Süddeutsche Zeitungsedition (vgl. Kerstan 2007, 149–150, sowie Wilke 2007). Zu Literaturkritik empfiehlt sich als Überblick das Kapitel in Der Literaturbetrieb von Steffen Richter (vgl. Richter 2011, 57–76). Der Empfehlungspraxis folgen im weiteren Sinne auch Endkundenmagazine wie die Corporate-Publishing-Projekte von Verlagen und Buchhandlungen. Unter Corporate Publishing werden „journalistisch aufgemachte Medien, die als Instrumente der Unternehmenskommunikation fungieren“ (Reichwein 2011, 135) verstanden. Ziel ist es, das Firmenimage zu verbessern, Kunden an das Unternehmen zu binden und den Absatz zu erhöhen. Ein Beispiel von Verlagsseite ist die halbjährlich erscheinende Rowohlt Revue, in der der Rowohlt Verlag die eigenen Produkte vorstellt und Kurzzusammenfassungen bietet, wobei er natürlich nur empfiehlt, nicht aber kritisiert. Auch der renommierte Schweizer Literaturverlag Diogenes veröffentlicht drei Mal im Jahr das sogenannte Diogenes Magazin, das auf Buchmessen verteilt wird, im Internet als Download kostenlos zur Verfügung steht und als Druckausgabe abonniert werden kann. Zwar spielt bei solchen Endkundenmagazinen von Verlagsseite die Inszenierung von Autoren und Büchern eine besondere Rolle, die Selbstdarstellung des Verlags steht aber im Mittelpunkt. Daher erstaunt es wenig, dass Reichwein feststellt, dass das Diogenes Magazin „ganze Verlagsprogramme als Erlebniswelten“ inszeniert (Reichwein 2011, 242). Zu den Corporate-Publishing-Projekten des Buchhandels gehören die Endkundenmagazine Buchjournal und Thalia Magazin. Während das Thalia Magazin auf eine Buchhandelskette zugeschnitten ist, kann das Buchjournal von Sortimentsbuchhandlungen aller Art bestellt und in der Buchhandlung ausgelegt werden. Auch hier ist das Ziel – Werbung für Lesen und Bücher (kauf) – klar auf Kundenbindung und Absatzförderung gerichtet, im Fall des Thalia Magazins kommt noch der Imageaufbau hinzu. Wie Reichwein aufzeigt, hat die vorhandene Forschung zur Literaturvermittlung den vielseitigen Corporate-Publishing-Produkten in der Buchbranche bislang kaum Beachtung geschenkt (vgl. Reichwein 2011, 247). Angesichts der Beliebtheit und der großen Verbreitung dieser Magazine handelt es sich jedoch um ein wichtiges und in Zukunft stärker zu beachtendes Forschungsfeld. Eine besondere Form der Literaturvermittlung sind die Literaturpreise. Kaum ein anderes Land der Welt hat so viele Literaturpreise wie Deutschland, derzeit existieren über 500 verschiedene literaturbezogene Preise und Auszeichnungen (vgl. Dahnke 2009, 334). In den letzten Jahren ist die Bedeutung von Literaturpreisen als Kraft im literarischen Feld zunehmend wahrgenom-
Corporate Publishing – Ziele
Literaturpreise
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Literaturevents
men und erforscht worden. Besonders empfehlenswert ist in diesem Kontext James F. English mit seinem Artikel „Winning the Culture Game: Prizes, Awards, and the Rules of Art“, der einen starken Bezug zu Pierre Bourdieus soziologischen Theorien aufweist (vgl. English 2002, zu Bourdieu siehe oben Kapitel III.2). Zudem hat sich ein größerer Forschungsverbund um Burckhard Dücker Mitte des letzten Jahrzehnts mit Literaturpreisen im deutschsprachigen Raum auseinandergesetzt und unter anderem eine nützliche Typologie der Literaturpreise entworfen (vgl. Dücker u. a. 2005 und Dücker/Neumann 2005). Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass viele Autoren sich nur mit Hilfe von solchen dotierten Auszeichnungen (vom Stadtschreiber über ein Fellowship bis hin zum Deutschen Buchpreis) finanzieren und die Gesamtfördersumme für Autoren in Deutschland 2009 bei knapp 7 Millionen Euro lag (Dahnke 2009, 334), wird die Relevanz der Thematik Literaturpreise für buchwissenschaftliche Forschung deutlich. Literaturpreise beeinflussen den Markt, da sie die Literaturproduktion ankurbeln und mitfinanzieren, und gehören unabdingbar zu einer Sozialgeschichte des Autors. Eine ebenfalls nicht zu unterschätzende Rolle bei der Literaturvermittlung spielen Literaturevents, wie vor allem Lesungen, aber auch Aufführungen oder Poetry Slams. Sie sind insofern besonders, als dass sie öffentlich zugängliche Literaturangebote sind. Die literatur- und buchwissenschaftliche Forschung interessieren sich gleichermaßen für die Geschichte und Entwicklung der Dichter- und Autorenlesung als Inszenierungsstrategie von Autoren und Verlagen (vgl. vor allem Künzel/Schönert 2007; sowie Grimm 2008; vgl. auch Esmann 2007, die die Autorenlesung in Annäherung an den Paratext nach Gérard Genette betrachtet, vgl. dazu oben Kapitel III.2). Lesungen finden in Deutschland im Vergleich zu den USA oder Frankreich sehr häufig (vgl. Moritz 2009, 123) auf Literaturfestivals oder in Literaturhäusern statt. Da gerade Literaturhäuser als Aushängeschilder für die Literatur wirken, gibt es in Deutschland seit den 1980er Jahren in vielen Großstädten solche Häuser, die meist an prominenter Stelle platziert sind (etwa in Berlin in unmittelbarer Nähe des Kurfürstendamms oder in Frankfurt direkt an der „Schönen Aussicht“ mit Blick auf den Main). Im Gegensatz zu Literaturfestivals, die jährlich oder auch nur einmalig stattfinden, können Literaturhäuser eine kontinuierliche Literaturvermittlung leisten. Viele Häuser versuchen dabei ihr Programm derart breit zu gestalten, dass verschiedene Lesertypen angesprochen werden. Rund um die großen Buchmessen, die für die Branche Dreh- und Angelpunkt sind und auf denen viele Geschäfte (vor allem das Lizenzgeschäft) gemacht werden, finden auch unzählige Literaturevents und Lesungen statt. Die wichtigste Buchmesse weltweit ist die Frankfurter Buchmesse, die jährlich im Oktober stattfindet; das Lesungsprogramm rund um die Frankfurter Messe heißt „Open Books“ – binnen weniger Tage finden rund 100 Lesungen statt. Die Leipziger Buchmesse wird im Frühjahr (März) veranstaltet und spielt ebenfalls im Literaturbetrieb eine zentrale Rolle. Europas größtes Lesefest „Leipzig liest“ läuft parallel zur Messe und gilt als Publikumsmagnet. Seit 1992 haben über 2.800 Lesungen und Literaturevents im Rahmen von „Leipzig liest“ stattgefunden. Die Forschung zur Rolle von Literaturevents, Literaturfestivals und Literaturhäusern steht bislang noch am Anfang. Studien wie zum Beispiel Reading Beyond the Book: The Social Practices of Contemporary Literary Culture von
Bibliophilie und Provenienzforschung
Danielle Fuller und DeNel Rehberg Sedo, in der Literaturevents wie „Eine Stadt liest ein Buch“ analysiert und international (Großbritannien, Kanada und USA) verglichen werden, wie ertragreich das Forschungsfeld sein kann (vgl. Fuller/Rehberg Sedo 2013). Dem großen Bereich der Literaturvermittlung sind außerdem Institutionen wie Literaturarchive (vgl. Meyer 2009 sowie oben Kapitel III.2 zu Verlagsgeschichtsschreibung und Verlagsarchiven), Bibliotheken und Literaturmuseen zuzurechnen (vgl. Kussin 2009). Literaturmuseen werden in der offiziellen Nomenklatur der Statistik als kulturhistorische Museen geführt, unterscheiden sich allerdings durch ihre spezifische Themenwahl. So muss also auch bei Museen, die sich hauptsächlich um einen Autor drehen, wie beispielsweise das Goethehaus in Frankfurt am Main oder das Hans-Fallada-Museum in Carwitz, von Literaturmuseen gesprochen werden. Diese sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert (wie die meisten Buch- und Schriftmuseen), dass sie meist nur Flachware ausstellen können. Wie ein zeitgemäßes Ausstellungskonzept aussehen kann, wird im Literaturmuseum der Moderne in Marbach deutlich: Hier werden Objekte aus dem Archiv in Vitrinen ausgestellt, durch die der Besucher sich seinen eigenen Weg der Literaturgeschichte bahnt. Die kurze Charakterisierung verschiedener Vermittlungsinstanzen hat gezeigt, wie vielseitig dieses Forschungsfeld ist. Die zahlreichen Wechselwirkungen zwischen den literaturvermittelnden Instanzen und dem Buchverlag beziehungsweise dem Buchmarkt sind wichtige Gegenstände gegenwärtiger aber auch zukünftiger buchwissenschaftlicher Forschung. Die wegweisende Studie von Ute Schneider Der unsichtbare Zweite. Die Berufsgeschichte des Lektors im literarischen Verlag illustriert unter anderem, wie eng diese Verbindungen zwischen professioneller Literaturvermittlung im Verlag und anderen gesellschaftlichen Instanzen sind. Nicht zuletzt besticht das Forschungsfeld durch einen klaren Praxisbezug, da viele Studierende der Buchwissenschaft später in literaturvermittelnden Instanzen eine Anstellung anstreben (siehe auch Berufsperspektiven für Studierende der Buchwissenschaft, S. 68–69).
Weitere Vermittlungsinstanzen
4. Bibliophilie und Provenienzforschung Dem Buch wird in der deutschen Gesellschaft ein hoher Wert zugesprochen. So erhält es nicht nur politische Förderung in Form der Buchpreisbindung und des verminderten Mehrwertsteuersatzes (siehe unten, besonders Kapitel IV.2), sondern ist auch, wie Umfragen zu Weihnachten Jahr für Jahr belegen, als hochwertiges Geschenk nach wie vor beliebt. Für viele Menschen strahlt das Buch eine besondere Aura aus. Daher ist schon der bloße Buchbesitz für manche dieser Menschen besonders wichtig, was sich an repräsentativen Bücherwänden oder auch daran zeigt, dass sich viele Intellektuelle vor Bücherwänden fotografieren lassen. Jene Menschen mit einer sehr innigen Beziehung zum Buch bezeichnen sich als „bibliophil“, was der Etymologie nach „bücherliebend“ oder „Freund des Buches“ heißt. Unter Bibliophilie wird normalerweise eine Affinität zu Büchern in Verbindung mit einer Sammelleidenschaft verstanden.
Definition
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Forschungsfeld
Meistens entsteht durch diese Sammelleidenschaft eine Privatbibliothek, die nach bestimmten Kriterien zusammengestellt und organisiert ist. Dass die Erforschung der Bibliophilie Antworten auf zentrale kulturgeschichtliche Fragen liefern kann, unterstrich Joseph Rosenblum in der Einleitung zum zweiten Band über American Book Collectors and Bibliographers, der als Teil des großen amerikanischen Standardwerks Dictionary of Literary Biography erschienen ist: „The emergence of America as a world power in the early twentieth century may be measured in many ways; one of those ways is through books. […] The kinds of books collected and sold also reveal cultural transformations“ (Rosenblum1997, xviii). Diese verschiedenen Definitions- und Erklärungsversuche geben erste Hinweise auf Bereiche, die zum Arbeitsfeld Bibliophilie gehören können: – Büchersammler (ihre Biografien, Motive und Sammelstrategien) – Buchkunst, das heißt besondere, kunsthandwerklich hergestellte Bücher (vgl. allgemein zu Buchkunst auch die Stiftung Buchkunst und ihren jährlichen Preis der „Schönsten deutschen Bücher“) – Netzwerke von Sammlern, Antiquaren, Auktionshäusern sowie bibliophile Gesellschaften – Privatbibliotheken und ihr Erhalt/Verbleib/Weiterverkauf (Philanthropie- und Provenienzforschung, Exlibris-Forschung)
Motive
Büchersammler stehen mit ihren Biografien häufig im Mittelpunkt der Bibliophilieforschung, da sie spannende, oft auch bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sein können, die ihre Sammelmotive, -schwerpunkte und -strategien im Laufe eines Lebens weiterentwickeln. Ein frühes Beispiel für einen solchen Büchersammler ist der US-Präsident Thomas Jefferson (1743–1826), der mehrere verschiedene Privatbibliotheken in seinem Leben aufbaute und stets verkündete, dass er sich ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen könne (Ladenson 1978, 624). Die Motive für das Sammeln von Büchern können sehr unterschiedlich sein. Viele Sammlungen beruhen auf inhaltlichen Kriterien, das heißt es werden etwa Erstausgaben eines bestimmten, geliebten Autors oder auch Bücher aus verschiedenen Epochen mit einem thematischen Schwerpunkt (Kochbücher, medizinische Bücher, etc.) gesammelt. Für andere Sammlungen wiederum sind ästhetische Kriterien ausschlaggebend. Solche Sammlungen beziehen sich eher auf den Zeitpunkt der Publikation oder einen Aspekt der Buchherstellung wie die Buchillumination oder den Frühdruck. Ein mögliches Interessengebiet können beispielsweise Inkunabeln (Bücher, die vor 1500 gedruckt worden sind) oder auch Bücher mit einem bestimmten Einband bilden. Die nachfolgende Liste benennt einige Motive/Sammelkriterien, wobei ein Anspruch auf Vollständigkeit nicht bestehen kann, da jede Sammlung auch ein Spiegel der individuellen Interessen, des Geschmacks und nicht zuletzt der finanziellen Möglichkeiten des Bibliophilen ist, der sie zusammenstellt: – Alter, zum Beispiel Inkunabeln oder mittelalterliche Handschriften – Seltenheitswert, dazu gehören u. a. Manuskripte, Autografen, Erstausgaben sowie bibliophile Editionen mit limitierter Auflage; generell
Bibliophilie und Provenienzforschung
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hängt der Seltenheitswert eng damit zusammen, wie viele Exemplare nachweisbar sind Kuriosität, etwa Druckfehler in einem Buch, oder auch Miniaturbücher sowie zweckentfremdete Bücher wie ausgehöhlte Bücher als Geldschatulle Provenienz, das heißt beispielsweise Vorbesitz und Kommentierung durch bekannte Personen (siehe auch unten) kunsthandwerklicher Wert – das betrifft bibliophile Editionen mit besonderen Einbänden, auffälliger Buchdekoration aber auch Künstlerbücher und Malerbücher sowie Kunst aus Büchern exemplarspezifische Besonderheiten wie ein Originaleinband (in Zusammenhang mit dem Alter oder mit der Provenienz verstärkt sich dieser Faktor), Vorzugsausgaben und Pressendrucke (vgl. von Lucius 2000, 78–86) inhaltliche Kriterien (autorbezogen, epochenbezogen, zensurgeschichtlich etc., siehe auch oben) Rettung und Bewahrung, also Sammeln als „Akt der memoria und pietas“ (vgl. von Lucius 2000, 11) soziale Sammlermotive (Besitz einer Privatbibliothek als Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, vgl. von Lucius 2000, 15–16)
Zahlreiche praktische Leitfaden zum Büchersammeln nehmen diese Kriterien auf und beschrieben sie jeweils (vgl. Kersting 1999 oder Liebing 2008). Ein weiteres – pragmatischeres – Kriterium kann ferner sein, dass Personen nicht der Bibliophilie wegen, sondern als Investition Bücher sammeln. Der Werterhalt bei entsprechenden Exemplaren ist vergleichbar mit Kunstwerken, in bestimmten Fällen ist sogar eine Wertsteigerung möglich. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten lässt sich eine Flucht in Sachwerte beobachten, die auch den antiquarischen Buchmarkt beeinflusst. Die verschiedenen, von Bibliophilen entwickelten Sammelstrategien können nützliche Informationen zur Buchmarktgeschichte, etwa zum Gebrauchtbuchmarkt offenbaren. In Notizen, Briefen und Tagebüchern sind bisweilen Details zum Sammelvorgang wie Buchpreise, der Zustand von Exemplaren oder Ähnliches enthalten. Von manchen Sammlern ist überliefert, dass sie vor allem mit Agenten zusammenarbeiteten, die die Suche nach bestimmten Objekten übernommen oder gleich ganze Bibliotheken zusammengestellt haben. Ein renommierter US-amerikanischer Antiquar, der für viele der berühmtesten Bibliophilen des „Goldenen Zeitalters der Bibliophilie“ (Ende 19./Anfang 20. Jahrhundert; vgl. ausführlich etwa bei Basbanes 1999) gearbeitet hat, war Abraham Simon Wolf Rosenbach (1876–1952). Er reiste, kaufte und bot bei Auktionen im Auftrag von, unter anderen, dem Universalsammler Henry E. Huntington (1850–1927) und dem Shakespeare-Aficionado Henry Clay Folger (1857–1930) (vgl. Morris 1994, 223). Der Großindustrielle und Bankier John Pierpont Morgan (1837–1913) gab nicht nur das Sammeln in Auftrag, sondern stellte gleich eine Vollzeit-Bibliothekarin, Belle da Costa Greene (1883–1950), ein, die für ihn sowohl Bücher erwarb als auch die Sammlung strukturierte und verzeichnete (Rosenberg 1994, 168).
Sammelstrategien
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft Netzwerke
Gesellschaftlicher Mehrwert
Diese genannten Beispiele lassen bereits erkennen, wie aufschlussreich eine Analyse von Netzwerken der Sammler und Antiquare sein kann, bei denen auch die bibliophilen Gesellschaften eine wichtige Rolle spielen. Weltweit gibt es verschiedene Formen bibliophiler Gesellschaften, die meistens zunächst kleine, elitär strukturierte Vereine waren, die die gesellschaftliche Profilierung durch das Buch als wertvolles Sammelobjekt vorantrieben. Die erste deutsche bibliophile Gesellschaft, die Gesellschaft der Bibliophilen, wurde 1899 gegründet (vgl. zur Gesellschaft der Bibliophilen im Detail Neumann 1999). Innerhalb weniger Jahre folgten viele andere, von denen heute unter anderem noch die Maximilian-Gesellschaft (1911) existiert (vgl. zur Maximilian-Gesellschaft von Lucius 2011). Auch die Gesellschaft der Bibliophilen ist weiter aktiv und gibt alle zwei Jahre die wissenschaftliche Zeitschrift Imprimatur heraus, in der viele Beiträge rund um das Sammeln und das wertvolle oder seltene Buch zu finden sind. Mittlerweile haben sich die meisten bibliophilen Vereinigungen geöffnet und sind weniger exklusiv ausgerichtet. Einen hilfreichen und aktuellen – wenn auch für die bibliophilen Vereinigungen pessimistisch ausfallenden – Überblick über die Vereinigungen in Deutschland gibt Wulf D. von Lucius (vgl. Lucius 2013b). 2008 legte Kristina Acker die einzige bislang existierende vergleichende FragebogenStudie zu den deutschen bibliophilen Gesellschaften vor (vgl. Acker 2008). „Für einen echten Bibliophilen ist es eine besondere Freude, zu erleben, daß die Früchte seiner Tätigkeit nicht nur ihm zugute kommen, sondern auch weiteren Zwecken dienstbar gemacht werden“ (Bielschowsky 1972, 21). Für Bibliophile gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten, dass dieser Wunsch Realität wird. Erstens sind viele Bibliophile gleichzeitig sammelnd und forschend tätig und finden den gesellschaftlichen Mehrwert darin, dass sie wichtige Bibliografien zu Spezialthemen erstellen, die wiederum erst eine weitere Beschäftigung mit dem Thema erlauben. Ein hervorragendes Beispiel ist hier der 1912 in San Francisco gegründete Book Club of California. In Zusammenarbeit mit dem Club legte dessen Mitglied Robert Cowen (1862–1942) bereits 1914 mit der Bibliography of the History of California and the Pacific West, 1510–1906 (Lewis 1976/77, 365) die erste umfassende Bibliografie aller im Bereich Kaliforniens und des pazifischen Küstengebiets erschienenen Drucke vor. Der zweite Weg, durch den die Bemühungen von Bibliophilen weiteren Zwecken dienstbar gemacht werden können, ist durch die eigene Sammlung, da private Sammlungen Schwerpunkte setzen können, die für öffentliche Sammlung häufig nicht finanzierbar sind. So bleibt wichtiges Kulturgut für die Nachwelt erhalten und kann einen hochspezialisierten Kontext bieten, der von vielen öffentlichen Bibliotheken nicht realisierbar ist (vgl. Acker 2008, 113). Voraussetzung dafür, dass dies anderen zugute kommt, ist selbstverständlich, dass die Bibliothek komplett bleibt und gegebenenfalls an kulturelle Institutionen (Museen, Bibliotheken) gespendet wird. Prominente Beispiele für diese Art der Vermischung von Bibliophilie und Philanthropie sind zum Beispiel Morgans Sammlung, die heute als Museum und Bibliothek Besuchern aus aller Welt in New York offensteht oder auch Isaiah Thomas’ Privatbibliothek, die den Grundstock für die Gründung der American Antiquarian Society bildete (siehe oben, Kapitel II.3 und II.7). Auch die weltweit über 2.500, durch Andrew Carnegie (1835–1919) mitfinanzierten
Bibliophilie und Provenienzforschung
Carnegie Libraries sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Da solche philanthropischen Initiativen die bibliothekarische Infrastruktur weltweit beeinflussen, sind die Vorgänge sowohl für die Buchwissenschaft als auch für die Philanthropieforschung relevant. Bleibt eine (private) Bibliothek nicht erhalten, wird die Provenienzforschung wichtig. Unter Provenienz versteht man die Herkunft eines Buches, häufig sind hiermit Vorbesitzer gemeint. Welchen Weg ein Buch über Jahrzehnte und Jahrhunderte seit der Herstellung genommen hat, kann anhand verschiedener Merkmale identifiziert werden: Besitzer- beziehungsweise Besitzvermerken wie handschriftlichen Einträgen, Stempel oder individuell gefertigten Bucheinbänden (siehe auch oben III.1 Materialität der Kommunikation). Auch Auktions- oder Antiquariatskataloge sowie Inventarlisten können über die Geschichte eines Buches Aufschluss geben. Eine weitere wichtige Rolle in der Provenienzforschung spielen Exlibris, ursprünglich handschriftliche Besitzvermerke in Büchern. Heute versteht man darunter üblicherweise aus Papier gefertigte, kleinformatige Besitznachweise, die in Bücher (in der Regel auf die Innenseite des vorderen Buchdeckels) eingeklebt werden. „Ex libris“ bedeutet im Lateinischen „aus den Büchern“, in Verbindung mit dem Namen (manchmal im Genitiv) des Besitzers bedeutet der Spruch also so viel wie „aus der Büchersammlung von/des …“ (vgl. Herr 2012, 120). Unter den Bibliophilen gibt es einige, die sich auf Exlibris spezialisieren und nicht zuletzt dank derer sich eine hochspezialisierte Exlibris-Forschung ausgebildet hat. Die größte deutsche Exlibris-Sammlung in öffentlicher Hand gehört dem Gutenberg-Museum in Mainz mit über 100.000 verschiedenen Exemplaren. An dem Beispiel des hochspezialisierten Bereichs der Exlibris wird deutlich, wie viele Möglichkeiten für Sammelnde und Forschende bestehen, individuellen Interessen zu folgen. Auch hier können Merkmale wie Materialität und Herstellungsverfahren ebenso wie Inhalte der Exlibris ausschlaggebend für die Beschäftigung mit den Besitzvermerken sein. Bibliophile Gesellschaften haben seit einigen Jahrzehnten – wie andere Vereine auch – mit Mitgliederschwund und Überalterung zu kämpfen. Vielleicht kann aber gerade das Zeitalter der Digitalisierung der Bibliophilie einen Aufschwung geben, da gedrucktes Material und das wertvolle, schöne Buch einen zunehmenden Seltenheitswert erlangen. Für die Buchwissenschaft bleibt es wichtig, die Geschichte der Bibliophilie analytisch zu begleiten. Dies geschieht natürlich in allen wichtigen buchwissenschaftlichen Fachorganen, besonders aber in dem bereits genannten Organ Imprimatur und in Aus dem Antiquariat: Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler, die vom Börsenverein des deutschen Buchhandels herausgegeben und kostenfrei an die Mitglieder der Maximilian-Gesellschaft verteilt wird. Rosenblum fordert, die Geschichte der Bibliophilie, des Sammelns und der bibliophilen Gesellschaften in Bezug zum sozialen, historischen und ökonomischen Kontext zu setzen. Anhand der Geschichte der Bibliophilie lässt sich nicht nur viel über das schöne und seltene Buch, sondern auch über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des kulturellen Lebens erfahren. Insgesamt kann die Geschichte der Bibliophilie, wie es Susan M. Pearce 1999 in ihrem Standardwerk zum Sammeln, On Collecting, getan hat, in
Provenienzforschung
Exlibris
Fachpublikationen
Kulturgeschichte des Sammelns
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Traditionelle Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
eine Kulturgeschichte des Sammelns integriert werden (vgl. Pearce 1999). Aber auch Teilbereiche haben viel Anschlusspotenzial: So können beispielsweise die Strukturen der bibliophilen Gesellschaften in England und Frankreich im 19. Jahrhundert Aufschluss über das Selbstverständnis des Adels geben. Die rege – häufig federführende – Beteiligung jüdischer Antiquare und Sammler an deutschen bibliophilen Gesellschaften vor 1933 veranschaulicht einmal mehr die zentrale Rolle jüdischer Intellektueller für das kulturelle Leben in der Weimarer Republik (siehe hierzu auch Fischer 2002; zur Emigration jüdischer Antiquare siehe auch Fischer 2011). Die Sammeltrends der letzten Jahrzehnte, wie der Trend zur Individualisierung und zur Diversifikation der Sammelgebiete geben Auskunft über das Selbstverständnis der „middle class“ sowie der Verteilung des Reichtums in den USA (vgl. DeMaria Jr. 2009, 478–479). Diese vier Beispiele liefern einen Hinweis auf die vielfältigen Anschlussmöglichkeiten einer Bibliophilieforschung an kultur- und sozialgeschichtliche Fragestellungen, denn wie Rosenblum konstatiert: „What is collected and sold, and where these activities occur, serve as signs of political and cultural trends. Economics also affects the tides of taste and the techniques of collecting“ (Rosenblum1997, xviii).
ANKE VOGEL/STEPHAN FÜSSEL/DOMINIQUE PLEIMLING
IV. Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft mit sozialwissenschaftlicher, ökonomischer oder juristischer Perspektive Wie bereits in der Hinführung zu diesem Band dargestellt, befindet sich der Buchmarkt derzeit in einem tiefgreifenden Wandlungsprozess, der sich auf alle Bereiche der Produktion, Distribution und Rezeption auswirkt. Um diesem auch in Forschung und Lehre adäquat begegnen zu können, müssen traditionelle theoretische und methodische Ansätze der Buchwissenschaft überprüft, an die aktuellen Gegebenheiten angepasst und ergänzt werden. In diesem Kapitel werden daher neuere Arbeitsfelder mit sozialwissenschaftlicher, ökonomischer und juristischer Perspektive vorgestellt. Wo es möglich ist, wird die Entwicklung des jeweiligen Arbeitsfeldes miteinbezogen. Insbesondere die diachrone Betrachtung ermöglicht es durch die Analyse vergleichbarer Umbruchsituationen, momentanen Aufgeregtheiten ihre Schärfe zu nehmen: So kann etwa kulturpessimistischen Äußerungen dahingehend, dass die Lesekultur und damit die kulturelle Bildung des Abendlandes durch neue, digitale Medien bedroht sei, mit den Erkenntnissen der empirischen Lese-, Leser- und Buchmarktforschung begegnet werden. Neue Medien haben sich schon verschiedentlich entwickelt und wurden im Zuge sozialer Aneignungsprozesse in die Medienrepertoires der Menschen übernommen. Die Nutzung des Fernsehens trat beispielsweise zur Radionutzung hinzu. Eine wirkliche Neuerung, der sich die Medienforschung derzeit stellen muss, ist der aktuell zu beobachtende Prozess der Medienkonvergenz (Zusammenwachsen bisher getrennter Medienbereiche), der sich auf das Rezeptionsverhalten auswirkt. Um diesen wissenschaftlich fassbar machen zu können, ist es wichtig, einen Überblick über die Erkenntnisse und Methoden der einschlägigen empirisch-sozialwissenschaftlichen Forschung zu erlangen. Eng verbunden mit der Rezeption sind auch juristische Fragestellungen, denn eine angemessene Vergütung von urheberrechtlichen Leistungen ist die Grundlage für verlegerisches Handeln und somit auch für die Bereitstellung von Medieninhalten. Bei der Betrachtung der historischen Entwicklung urheberrechtlicher oder auch grundsätzlich medienrechtlicher Fragestellungen fällt auf, dass sich manche Diskussionen schon verschiedentlich wiederholt haben und noch immer wiederholen. Durch digitale Technologien, die verlustfreie Kopien ermöglichen, und auch das Internet, das eine rasche weltweite Verbreitung ermöglicht, haben einige Problembereiche jedoch neue Brisanz gewonnen und müssen heute unter einem erweiterten Blickwinkel betrachtet werden. Die internationale Durchlässigkeit des Internets, wie sie etwa beim Vertrieb digitaler Buchprodukte zu beobachten ist (zum Beispiel können englischsprachige E-Books heute mit einem entsprechenden Benutzerkonto sehr leicht auch in Deutschland auf
Einleitung
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
E-Reader geladen und gelesen werden) und das Agieren multinationaler Konzerne, die zunehmend den Buchmarkt dominieren, stellen nicht zuletzt auch die Buchpreisbindung zur Diskussion. Es ist zu prüfen, ob die Argumente für einen lenkenden Eingriff in den Markt heute noch tragfähig sind oder ob es neue Argumente gibt, die für ein Beibehalten sprechen. Urheberrecht und Buchpreisbindung, die im Folgenden exemplarisch für juristische Fragestellungen herangezogen und betrachtet werden, bilden eine Schnittstelle zu medienökonomischen Betrachtungen. Auch wenn grundsätzliche ökonomische Einsichten heute noch Gültigkeit besitzen, so sind doch auch Wertschöpfungsprozesse und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft vielfach neu zu hinterfragen, weshalb dieses Kapitel mit einer Betrachtung des Status quo im Bereich E-Books schließt.
1. Lese-, Leser- und Buchmarktforschung Definition
Lese- und Leserforschung
Buchmarkt- und Lese(r)forschung fokussieren die Rezeption von Büchern (und weiteren Medien), deren Wirkung und die daran beteiligten Akteure, wobei jeweils unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Die Leseforschung nimmt den Prozess des Lesens (die Rezeption) und als Ergebnis dieser Rezeption die Wirkung in den Blick, während sich die Leserforschung mit dem lesenden Individuum oder Gruppen von Lesern beschäftigt. Die Buchmarktforschung schließlich befasst sich mit den ökonomischen Aspekten von Lesen und Lesern. Zwischen den drei Gebieten ergeben sich vielfältige Schnittmengen und wechselseitige Abhängigkeiten. Ferner werden einschlägige Fragestellungen (besonders der Lese- und Leserforschung) in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen diskutiert und es wird vielfach auf Methoden benachbarter Disziplinen zurückgegriffen. Als zentrale Forschungsfragen der Lese- und Leserforschung nennen Kuhn und Rühr: Wie funktioniert Lesen als Aneignungsprozess von Information? Welchen Einfluss besitzen persönliche und soziale Kontexte auf den Prozess des Lesens? Welchen Einfluss hat Lesen auf Bildung und Entwicklung von Individuen und wieso? Wie lassen sich Unterschiede in der Lesekompetenz von Individuen erklären? (Kuhn/Rühr 2013, 539) Der im Rahmen der Leserforschung betrachtete Prozess des Lesens kann in unterschiedliche Phasen gegliedert werden: die präkommunikative, die kommunikative und die postkommunikative Phase. Die präkommunikative Phase liegt vor der eigentlichen Medienzuwendung. Probleme der Selektion, also der Auswahl aus dem Medienangebot (Medium und Medienprodukt), und der Motivation, also der Bedürfnisse, die zur Zuwendung zu Medien führen, sind für sie charakteristisch (vgl. Vogel 2011, 105). Die Lesemotivation als grundlegende Bedingung für den Medienkonsum, definiert sich „allgemein als Ausmaß des Wunsches eines Individuums in einer spezifischen Situation einen spezifischen Text zu lesen“ (Kuhn/Rühr 2013, 547). In der Mediennutzungs- beziehungsweise Medienwirkungsforschung wurde in einer funktionalen Perspektive der Uses-and-Gratifications-Ansatz entwickelt (erste Veröffentlichung 1962 von Elihu Katz und David Foulkes, seither
Lese-, Leser- und Buchmarktforschung
Methodenwissen: Empirische Sozialforschung ¤ Grundidee Knapp zusammengefasst kann man sagen, dass empirische Sozialforschung „die systematische Erfassung und Deutung sozialer Tatbestände“ (Atteslander 2003, 4) ist. Was bedeutet nun aber empirisch? Im Griechischen bedeutet Empirie „die Erfahrung/das Erfahrungswissen“. Empirisch heißt also: auf Erfahrung beruhend. Unter sozialen Tatbeständen werden zum Beispiel menschliches Verhalten, Handeln, aber auch Meinungen, Einstellungen etc. verstanden. Um diese systematisch untersuchen zu können, ist es im Rahmen der empirischen Sozialforschung nötig, dass Erfahrungswissen nach bestimmten Regeln gesammelt wird, damit die Forschungsergebnisse intersubjektiv nachvollziehbar werden (also nicht an die Person des Forschers gebunden sind). Für den Forschungsverlauf müssen also, entsprechend den jeweiligen Voraussetzungen, Regeln aufgestellt werden, die für jede Phase des Forschungsprojekts transparent sein sollen. Derart gewonnene Daten müssen, um einen Erkenntnisgewinn erzielen zu können, analysiert und interpretiert werden. Vorgehensweise Im Rahmen der empirischen Sozialforschung kommen unterschiedliche Methoden oder Methodenkombinationen zum Einsatz. Grob lassen sich zunächst quantitative und qualitative Methoden unterscheiden. Während Erstere sich mit zahlenmäßig erfassbaren Tatbeständen beschäftigen, an die mathematisch-statistische Verfahren angelegt werden können (zum Beispiel standardisierte Befragungen oder Beobachtungen mit großer Stichprobe), geht es bei Letzteren um solche Erhebungen, deren Ergebnisse sich auf den ersten Blick nur schwer quantifizieren lassen (zum Beispiel Gruppendiskussionen oder Expertenbefragungen). Während quantitative Methoden eher dafür verwendet werden, Hypothesen zu überprüfen, haben qualitative Methoden einen stärker explorativen (entdeckenden) Charakter und eignen sich daher zur Generierung von Hypothesen. Bei der Durchführung empirischer Forschungsprojekte ist es wichtig, sich zu vergewissern, dass die verwendeten Messinstrumente valide (also gültig) sind und auch tatsächlich das gemessen wird, was gemessen werden soll (das Konsumklima kann zum Beispiel nicht mit einem Fieberthermometer gemessen werden). Ferner muss sichergestellt werden, dass die Messung zuverlässig ist, dass also bei wiederholten Messungen auch jeweils das gleiche Ergebnis erzielt werden kann, dass es also reproduzierbar ist (das wäre zum Beispiel bei der Verwendung eines geeichten und eines nicht geeichten Thermometers nicht der Fall). Aus der Vielfalt der Methoden seien an dieser Stelle nur drei herausgegriffen, die sich bereits im Rahmen buchwissenschaftlicher Forschungen bewährt haben: Befragung, Beobachtung und Experiment. Bei der Befragung, der am weitaus häufigsten angewendeten Methode, wer-
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
den Informationen durch Auskünfte von Befragten gewonnen. Dies kann auf ganz verschiedene Weise geschehen. Befragungstypen lassen sich anhand des Standardisierungsgrads (vollkommen standardisiert, teilstandardisiert/mit Leitfaden, unstrukturiert), des Befragungsmodus (persönlich-mündlich, schriftlich, telefonisch, computergestützt etc.) oder anhand der Teilnehmerzahl (Einzel- oder Gruppenbefragung) unterscheiden. Bei der Beobachtung, als weiterer Methode, werden Informationen ohne das Wissen der Teilnehmer erhoben. Ein Beispiel aus der Buchbranche stellen etwa Laufwege-Beobachtungen in stationären Buchhandlungen dar, die zur Optimierung der Warenpräsentation beitragen sollen. In jüngerer Zeit hat das Experiment als künstlich geschaffene Versuchsanordnung, bei der Störfaktoren weitestgehend ausgeschlossen werden sollen, wieder an Bedeutung gewonnen. Mit Hilfe eines Laborexperiments wurde etwa die Informationsaufnahme beim Lesen von digitalen Endgeräten im Vergleich zu gedruckten Seiten untersucht (vgl. Kretzschmar u. a. 2013). Empirische Studien können grundsätzlich als Längsschnitt- (zu mehreren Zeitpunkten durchgeführt) oder Querschnittstudien (einmalig durchgeführt) angelegt sein. Weiterlesen Zur empirischen Sozialforschung gibt es viele hilfreiche Hand- und Lehrbücher (vgl. Bortz/Döring 2009, Brosius/Koschel/Haas 2012, Diekmann 2012).
stetig weiterentwickelt), der auch für die Lesemotivationsforschung grundlegend ist. In diesem Ansatz wird die grundsätzliche Frage gestellt, warum sich Menschen den Medien zuwenden. Als mögliche Antwort werden verschiedene Motivtypen vorgeschlagen, die vielfach empirisch (vgl. Methodenwissen: Empirische Sozialforschung, S. 81–82) überprüft wurden: kognitive Motive (Vermehrung von Wissen und Fähigkeiten, Orientierung in der Umwelt), affektive Motive (emotionale oder ästhetische Erfahrungen) und soziale Motive (zum Beispiel medienvermittelte Kommunikation, Anschlusskommunikation, parasoziale Interaktion). Dem Leser wird dabei stets eine aktive Rolle zugeschrieben, er steht „als gesellschaftlich handelndes Subjekt im Mittelpunkt“ (Rautenberg in RSdB 2003, 329–330) der Analyse. Exemplarisch sei an dieser Stelle die Studie Bücher – „Medienklassiker“ mit hoher Erlebnisqualität von Dehm u. a. genannt, welche auf dem Uses-and-Gratifications-Ansatz aufbaut und einen Vergleich zwischen dem Buch und anderen Medien- und Freizeitoptionen anstellt. Einen guten Überblick über die Publikums- und Gratifikationsforschung und deren handlungstheoretische Fundierung bietet Michael Schenk in seinem Standardwerk Medienwirkungsforschung (vgl. Schenk 2007). Hat ein Rezipient die Entscheidung für ein Buch getroffen, kann sich der eigentliche Leseprozess in der kommunikativen Phase anschließen. Bei dessen Untersuchung können zunächst physiologische Grundlagen in den Blick genommen werden. Über den Aufbau und die Funktion des Auges sowie die Verarbeitung von Seheindrücken über Nerven und schließlich durch das
Lese-, Leser- und Buchmarktforschung
Gehirn, liefern die Biologie und die Neurowissenschaften wichtige Erkenntnisse. Stanislas Dehaene und Maryanne Wolf haben mit Lesen beziehungsweise Das lesende Gehirn zu diesem Themenkomplex durchaus lesenswerte populärwissenschaftliche Abhandlungen vorgelegt (vgl. Dehaene 2009 sowie Wolf 2009). Die kognitive Verarbeitung des Gelesenen (also die Umsetzung der aufgenommenen Informationen) wird u. a. von der (Medien-) psychologie untersucht. „Aus psychologischer Perspektive erscheint das Lesen als ein Sprachverstehensprozess, dessen Abläufe zumeist hoch automatisiert sind“ (Garbe/Holle/Jesch 2009, 104). Daran anknüpfend ergeben sich Fragen nach den Voraussetzungen, die einen derart automatisierten Ablauf ermöglichen. Der Begriff Lesekompetenz wird in verschiedenen Studien aufgegriffen, wobei jedoch ein uneinheitliches Verständnis zugrunde gelegt wird. Im Rahmen von Large-ScaleSurveys, wie etwa der viel diskutierten und weltweit durchgeführten PISAStudie (Programme for International Student Assessment) der OECD, werden bei der Messung von Lesekompetenz verschiedene Kompetenzstufen unterschieden (Stufe I: Oberflächliches Verständnis einfacher Texte, Stufe II: Herstellen einfacher Verknüpfungen, Stufe III: Integration von Textelementen und Schlussfolgerungen, Stufe IV: Detailliertes Verständnis komplexer Texte, Stufe V: Flexible Nutzung unvertrauter, komplexer Texte). Berücksichtigung finden dabei sowohl kontinuierliche Texte, darunter verschiedene Prosaformen wie Erzählung, Darlegung und Argumentation, als auch nichtkontinuierliche Texte, wie zum Beispiel Grafiken, Formulare und Listen. Das Lesekompetenzkonzept von PISA ist folglich eng, funktional und kompetenzorientiert. Etwa gleichzeitig zur Durchführung der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 wurde eine alternative Konzeptualisierung von Norbert Groeben, Bettina Hurrelmann und anderen im Rahmen der Lesesozialisationsforschung erarbeitet. Dieses Modell von Lesekompetenz berücksichtigt, „dass zu einer ausgebildeten kulturellen Literalität auch lesebezogene motivational-emotionale und kommunikativ-interaktive Fähigkeiten gehören“ (Hurrelmann 2009, 30). Ähnlich stellen auch Rosebrock und Nix Lesekompetenz als Mehrebenenkonstrukt dar. Auf der Prozessebene sind die Wort- und Satzidentifikation, die lokale und globale Kohärenzbildung (Bildung logischer Zusammenhänge) sowie das Erkennen von Superstrukturen und die Identifikation von Darstellungsstrategien angesiedelt. Auf der Subjektebene wird das Selbstkonzept als Leser beziehungsweise Nicht-Leser angesprochen, wobei Wissen, Beteiligung, Motivation und Reflexion im Vordergrund stehen. Auf der sozialen Ebene kommt die Anschlusskommunikation zum Tragen, die mit der Familie, in der Schule, mit Peers (Bezugsgruppen) oder sonst im kulturellen Leben realisiert werden kann (Rosebrock 2009, 62). Dieses Konzept bietet reichhaltige Anknüpfungspunkte für die Beschreibung lesesozialisatorischer Prozesse, ist jedoch empirisch erheblich schwieriger zu überprüfen. Der Begriff Literalität wiederum geht deutlich über die bloße Textverstehensleistung hinaus und bezeichnet ein voraussetzungsreiches Merkmal moderner Gesellschaften: Deren öffentliches Leben ist durch Formen schriftlicher Kommunikation wesentlich bestimmt. Das Lesen- und Schreibenkönnen ist für Individuen deshalb in aller Regel unabdingbar, um Anschluss an solche
Lesekompetenz/ Literalität
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Informations- und Austauschprozesse zu erhalten. […] Über die Bildungsnorm Lesen und die damit zusammenhängenden Kompetenzanforderungen hinaus interessiert Literalität deshalb als kommunikative und sozial situierte Praxis, die sich mit den räumlichen und den medialen Bedingungen, den Konventionen und den individuellen Gestaltungen konturiert und alle schriftbezogenen Handlungen einschließt. (Bertschi-Kaufmann/Rosebrock 2009, 7)
Lesesozialisation
Jungen als Problemgruppe
Leseknick
Als Fortführung des Konzepts der Literalität sind die New Literacies zu sehen. Diese heben darauf ab, dass sich die literale Kultur durch elektronische Medien hin zu mehr Partizipation (Netzaktivitäten), also zum Beispiel kollektive und kooperative Produktion und Rezeption von schriftbasierter Kommunikation, verändert. Dennoch eröffnen „erst basale Lese- und Schreibkompetenzen, wie die Schulen sie vermitteln […] die Zugänge zu einer partizipatorischen Kultur“ (Bertschi-Kaufmann/Rosebrock 2009, 12). Wie bereits kurz angerissen, stellt die Lesesozialisationsforschung einen wichtigen Teil der Lese- und Leserforschung dar. „Die Sozialisationstheorie geht von der generellen Annahme aus, dass sich die menschliche Persönlichkeit in konstitutiver Wechselwirkung mit der gesellschaftlich bestimmten sozialen und kulturellen Umwelt entwickelt“ (Hurrelmann 2009, 28). Bezogen auf das Lesen wird danach gefragt, welche Faktoren beeinflussen, ob sich ein Mensch zum Leser entwickelt oder nicht. Die besondere Bedeutung der Familie als Einflussfaktor wurde in verschiedenen Studien immer wieder bestätigt. Neben prä- und paraliterarischer Kommunikation wirkt sich auch das Leseverhalten der Eltern (Vorbildfunktion) auf Kinder aus. Die Einflussmöglichkeiten von Kindergarten und Schule erscheinen dagegen deutlich schwächer ausgeprägt. In der Phase der Pubertät gewinnt die Peergroup an Einfluss auf das Leseverhalten. Ferner zeigt sich, dass Kinder aus formal höher gebildeten und einkommensstärkeren Haushalten deutlich größere Chancen haben, einen hohen Grad an Lesekompetenz zu erreichen. Im Rahmen der Lesesozialisationsforschung konnten Jungen als Problemgruppe identifiziert werden: „Lesen wird immer mehr zu einer weiblichen Tätigkeit, bei Jungen tritt die Beschäftigung mit dem Buch zu Gunsten anderer Medien zunehmend in den Hintergrund“ (Weißenburger 2009, 1). Betrachtet man die Einflussfaktoren im Lesesozialisationsprozess beziehungsweise die daran beteiligten Instanzen, fällt auf, dass Lesevorbilder mehrheitlich weiblich sind: Neben der vorlesenden Mutter (vgl. Vorlesestudie) ist auch das Lehrpersonal in den Schulen überwiegend weiblich, so dass männliche Lesevorbilder fehlen. Darüber hinaus konstatiert Weißenburger, dass auch die Textauswahl in Schulen vornehmlich weiblich geprägt ist (eher Problem- als Abenteuer-Bücher), was bei den Jungen in der Tendenz auf negative Resonanz stößt. Bei beiden Geschlechtern zeigen sich sogenannte Leseknicks, die jedoch bei Jungen häufiger festzustellen sind als bei Mädchen. Ein erster Knick tritt auf, wenn das Lesenlernen in der Grundschule abgeschlossen ist und Eltern davon ausgehen, dass ihre Kinder nun selbstständig lesen und daraufhin die gemeinsame Lektüre einstellen. Ein zweiter Knick zeigt sich zwischen dem 12. und dem 16. Lebensjahr, einer Phase, in der „die Leseintensität bei vielen Jugendlichen, die als Kinder intensiv gelesen haben, steil [abbricht]“
Lese-, Leser- und Buchmarktforschung
(Köcher 1993, 217). Zurückgeführt wird dieser Abbruch auf die Tatsache, dass in dieser Lebensphase die Kommunikation mit Gleichaltrigen an Bedeutung gewinnt, neue Bezugspersonen wichtig und neue Hobbies entdeckt werden sowie andere Medien in den Fokus rücken, deren Nutzung das Zeitbudget für das Lesen verringern. Lesekompetenz und Lesesozialisationsprozesse werden im Rahmen der Lese(r)forschung jedoch nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen untersucht. Das Thema Analphabetismus fand in Deutschland über viele Jahre hinweg allerdings keine Beachtung in der Forschung, da die Überzeugung herrschte, dass es in einem Land mit allgemeiner Schulpflicht kaum Menschen geben könne, die des Lesens und Schreibens nicht (in ausreichendem Maße) mächtig sind. Erst in den 1970er und 1980er Jahren wurde das Thema wieder diskutiert, eine Erhebung belastbarer Daten erfolgte allerdings nach wie vor nicht (vgl. Nuissl 2006, 550). Dies änderte sich mit der leo. – Level-OneStudie, deren Ergebnisse 2011 veröffentlich wurden. Aus dieser Studie ging hervor, dass 7,5 Mio. Menschen in Deutschland (14 % der erwerbstätigen Bevölkerung) sogenannte funktionale Analphabeten (Analphabeten im weiteren Sinne) sind. Das bedeutet, dass diese Personen die „gesellschaftlichen Mindestanforderungen an die Beherrschung der Schriftsprache [unterschreiten], deren Erfüllung Voraussetzung ist zur sozial streng kontrollierten Teilnahme an schriftlicher Kommunikation in allen Arbeits- und Lebensbereichen“ (Drecoll u. a. 1981, 31). Anders als primäre Analphabeten (Analphabeten im engeren Sinne), die keine Lese- und Schreibfähigkeiten erworben haben, haben funktionale Analphabeten durchaus ein gewisses Maß dieser Fähigkeiten erworben, das allerdings nicht zur gesellschaftlichen Teilhabe ausreicht. Als problematisch im Bereich der Leseförderung bei Erwachsenen erweist sich die Erreichbarkeit der Zielgruppe, da über Alphabetisierungskurse an Volkshochschulen nur ein kleiner Teil der funktionalen Analphabeten erreicht werden kann. Kurskosten stellen für viele funktionale Analphabeten, die häufig nur schlecht bezahlten beruflichen Tätigkeiten nachgehen, eine zusätzliche Hürde dar. Der Bundesverband Alphabetisierung bietet mittlerweile multimedial aufbereitete Webangebote an, die die Zielgruppe erreichen sollen. Eine Evaluation zu deren Erfolg liegt bisher aber noch nicht vor. Zentrale Ergebnisse der Lese- und Leserforschung beziehen sich auf den Anteil der Leser beziehungsweise Nicht-Leser in der Bevölkerung. Die Stiftung Lesen weist etwa in der Studie Lesen in Deutschland 2008 aus, dass 25 Prozent der deutschen Bevölkerung nie ein Buch zur Hand nehmen. Über verschiedene Studien hinweg zeigt sich außerdem, dass das Buch-Leseverhalten einerseits stark mit der Bildung korreliert (je höher die formale Bildung, desto mehr wird gelesen), andererseits lassen sich unter GenderAspekten starke Unterschiede feststellen: Frauen lesen deutlich mehr und präferieren andere Genres als Männer. Während der Rezeption sind die persönliche Verbundenheit eines Rezipienten mit dem jeweiligen Medieninhalt (persönliche Relevanz oder EgoInvolvement) und der „Grad seiner psychischen Interaktion mit dem Medium oder dem präsentierten Inhalt“ (Schweiger 2007, 164) von besonderer Bedeutung. Der Leser wird als Bedeutungsgeber von Texten verstanden (vgl. Jäger 1987, 486), was darauf verweist, dass unterschiedliche Rezipienten
Analphabetismus/ Illiteralität
Zentrale Befunde der Lese- und Leserforschung
Buchwirkungsforschung
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Historische Leserforschung
Forschungsbeispiele
basierend auf ihrem Vorwissen und anderen individuellen Faktoren Texte jeweils unterschiedlich lesen. Ein Austausch über das Gelesene kann in der postkommunikativen Phase, die sich an den Leseprozess anschließt, erfolgen. In dieser Phase werden Inhalte affektiv und kognitiv weiterverarbeitet, bewertet und mit dem individuellen kognitiven System des Menschen, seinem sozialen Kontext sowie seiner individuellen Biographie verbunden. „Die aus unterschiedlichen Forschungsansätzen resultierende Buchwirkungsforschung schließlich beschreibt den Grenzbereich zwischen Buchmarktforschung und literaturwissenschaftlichen Fragestellungen“ (Schneider 1999, 1). Der Leipziger Buchwissenschaftler Dietrich Kerlen stellt Überlegungen zu einem Ausbau des Forschungsfeldes Buchwirkungsforschung an (vgl. Kerlen/Kirste 2004), seit seinem plötzlichen Tod im Jahr 2004 sind diese jedoch nicht wesentlich weitergeführt worden. Leserforschung kann sowohl in historischer als auch in aktueller Perspektive betrieben werden. Ute Schneider konstatiert, dass die historische Leserforschung wichtige Impulse aus einem Paradigmenwechsel in der Literaturwissenschaft erhalten hat, als diese den „werkimmanenten Ansatz wirkungsgeschichtlicher Fragestellungen“ überwand „und sich unter rezeptionsästhetischen Gesichtspunkten am realen Leser und nachweisbaren Leseerlebnissen“ orientierte (Schneider 1999, 1). Eine Geschichte des Lesens muss sich nach Schön „auf die Menschen konzentrieren, die gelesen haben. Sie kann sich nur verstehen als Sozialgeschichte des Lesens. Sie ist zudem zwar auch, aber nicht nur eine historische Soziologie (das wäre ,Lesergeschichte‘)“ (Schön 2006, 1). Diese Geschichte des Lesens als „Geschichte einer kulturellen Praxis“ bildet den Bezugsrahmen für die historische Lese(r)forschung (vgl. Jäger 1987, 487). Von besonderem Interesse für diese Forschung ist es, reale und potenzielle Leser zu untersuchen. Unter potenziellen Lesern werden Personen verstanden, bei denen aufgrund ihres formalen Bildungsgrades eine Rezeptionsfähigkeit angenommen werden kann, die das Lesen eines Werkes überhaupt ermöglicht. Die Verifizierung von Forschungshypothesen ist in diesem Zusammenhang bedingt durch die Quellenlage jedoch häufig problematisch (vgl. Schneider 1999, 584). Eine grundlegende Auseinandersetzung mit den Auswirkungen von Schrift und Schriftlichkeit auf die menschliche Gesellschaft und Kultur nahm Walter J. Ong vor (vgl. Ong 1987). Auch die Mediävistik hat sich in den zurückliegenden Jahren verstärkt den Veränderungen der Lesefähigkeit, der Sozialgeschichte des Lesens und dem Übergang von der Handschrift zum Buchdruck gewidmet. Im Grenzbereich von Literatur- und Buchwissenschaft arbeitet u. a. Gabriele Müller-Oberhäuser, die sich im angelsächsischen Bereich mit der Lesekultur des 12. bis 15. Jahrhunderts beschäftigt (vgl. Müller-Oberhäuser 1997 und 2009). Durch die hohe Zahl an volkssprachigen Drucken, die Bereitstellung von Kleindrucken wie Flugblättern und Flugschriften (vgl. Burkhardt 2002) und die Zunahme der Lesefähigkeit durch die reformatorische Schulbildung (vgl. Würgler 2009) erweist sich das Jahrhundert der Reformation als besonders interessant. Die frühe Lesergeschichte seit der Mitte des 15. Jahrhunderts kann hauptsächlich auf literarische Zeugnisse zurückgreifen, insbesondere für das 17. Jahrhundert lassen sich nur schwer Aussagen zur Verbreitung der Lesefähigkeit treffen (vgl. Schneider 1999, 586). Für das 18. Jahrhundert beschreiben
Lese-, Leser- und Buchmarktforschung
Kiesel und Münch eine Ausweitung der Lesefähigkeit, die zunächst jedoch wenig über die Fähigkeit zur Rezeption literarischer Werke aussagt. Den Kern der damaligen Leserschaft stellte das gehobene städtische Bürgertum dar (vgl. Kiesel/Münch 1977). Über diese Ausweitung hinaus diagnostiziert Rolf Engelsing einen Wandel im Leseverhalten: Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war der typische Gewohnheitsleser ein intensiver Leser, der eine kleine Auswahl von Büchern oder ein einziges Buch immer wieder las, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ein extensiver Leser, der zahlreiche Bücher las und ein einzelnes selten oder überhaupt nicht wieder vornahm. (Engelsing 1978, 132) Während nach Engelsing bei der intensiven Lektüre überwiegend religiöse Texte gelesen wurden, nahm mit der extensiven Lektüre die Nachfrage nach populären Lesestoffen zu. Verschiedentlich ist Kritik an dieser Diagnose geübt worden, da sie einerseits auf einer recht schmalen und lokal stark begrenzten Datenbasis fußt und andererseits verschleiert, dass es Überlagerungen und Mischformen bei den Lesetechniken gegeben hat (vgl. Messerli 2013, 70). Dennoch lässt sich faktisch eine gesteigerte Nachfrage nach Lektürestoffen zu dieser Zeit nachweisen. Durch die hohen Preise für eben diese kam es zur Gründung von Lesezirkeln, da über Gruppenabonnements Bücher und Periodika günstig erworben und dann im Rundlauf in einer festgelegten Reihenfolge von Mitglied zu Mitglied weitergereicht werden konnten. Rasch bildeten sich weitere Formen von Lesegesellschaften aus, so etwa Lesebibliotheken, die eigene Bibliotheksräume unterhielten, in denen die Mitglieder diejenigen Titel, die sie auch tatsächlich lesen wollten, ausleihen konnten. Den Lesekabinetten waren dabei neben der Bibliothek oftmals noch weitere Gesellschaftsräume angegliedert. Anzumerken ist, dass Frauen und Studierenden üblicherweise die Mitgliedschaft in Lesegesellschaften aufgrund der entsprechenden Satzungen verwehrt blieb und die Gesellschaftsschichten unterhalb des Bürgertums de facto durch die Höhe der Mitgliedsbeiträge ausgeschlossen wurden (vgl. Prüsener 1972). Parallel zu den Lesegesellschaften breiteten sich kommerzielle Leihbibliotheken aus, die von verschiedenen Gesellschaftsschichten benutzt wurden (vgl. Martino 1990). Die populären Lesestoffe in der Zeit von 1770 bis 1910 analysierte Rudolf Schenda in Volk ohne Buch (vgl. Schenda 1977), wobei er darauf hinweist, dass sich die Leser hauptsächlich aus einer dünnen Oberschicht städtischer Bürger generierte. Mit der Vergünstigung der Lesestoffe durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert veränderte sich die Versorgungslage erheblich, so dass verschiedentlich von einer Überversorgung mit Büchern (Überproduktion) gesprochen wurde. So gewann die Frage danach, wer (potenzielle) Leser sind, in ökonomischer Hinsicht ein neues Gewicht. Wie eingangs bereits erwähnt, stellt die Buchmarktforschung die wirtschaftlichen Fragestellungen rund um das Lesen und die Leser in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen: Genaue Beobachtung des Marktes ist Voraussetzung für die erfolgreiche Ansprache der Zielgruppen und für rechtzeitiges Reagieren auf aktuelle Trends – eine wirtschaftliche Grundeinsicht, die auch für Verleger und Buchhändler gilt. Betriebliche Marktforschung im Sinne auf-
Buchmarktforschung
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
wendiger Erhebungen zur Ermittlung der Absatzchancen von Produkten kommt aber nur für größere Unternehmen in Frage; für kleine und mittelgroße Betriebe, wie sie für die Firmenstruktur im deutschen Buchhandel immer noch charakteristisch sind, wäre der Kostenaufwand zu hoch. (Fischer 2000b, 216) Die Anfänge der empirisch-sozialwissenschaftlichen Buchmarktforschung in Deutschland lassen sich in den 1950er Jahren verorten: 1958 wurde eine erste Repräsentativstudie zum deutschen Buchmarkt vom Verlag C. Bertelsmann beim Bielefelder Meinungsforschungsinstitut EMNID in Auftrag gegeben. 1961 wurden die Ergebnisse von Rolf Fröhner unter dem Titel Das Buch in der Gegenwart veröffentlicht. Zwischenzeitlich kündigte Reinhard Mohn 1960 anlässlich des 125-jährigen Verlagsjubiläums die Einrichtung einer Stiftung an. In der entsprechenden Urkunde heißt es, dass der Buchhandel seiner zukünftigen Aufgabe als Wissensvermittler nur dann gerecht werden könne, wenn er die Möglichkeit nutzt, die ihm Wissenschaft und Technik heute bieten. Wir Buchhändler sollen bestrebt sein, das Feld unsere Arbeit mit Hilfe der Wissenschaft, vor allem der Soziologie, Literaturwissenschaft, Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft, besser zu erkennen und unser berufliches Handwerkszeug diesen Anforderungen anzupassen. (Hinze 2008, 11)
Aktuelle Studien
Die Stiftung machte es möglich, dass am 1. Mai 1961 das Institut für Buchmarktforschung in Hamburg unter der Leitung von Wolfgang Strauß eingerichtet wurde. Von 1963 bis 1974 erfolgte die Publikation von 25 Bänden der Reihe Schriften zur Buchmarktforschung (Band 1–12 im C. Bertelsmann Verlag, Band 13–25 im Verlag für Buchmarkt-Forschung), in denen zum Teil Forschungsergebnisse aus dem Institut für Buchmarktforschung dokumentiert sind. Daneben erschienen die Berichte des Instituts für Buchmarkt-Forschung von 1962 bis 1971 im Verlag für Buchmarkt-Forschung. Obwohl die Arbeit des Instituts für Buchmarktforschung ab 1969 auslief, wurde die Buchmarktforschung in Deutschland dennoch kontinuierlich weiterentwickelt. Bereits 1966 hatte der Börsenverein einen Ausschuss für Buchmarktforschung berufen, der in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie in Allensbach (IfD) ab 1967 „11 Studien, die einander in Zwei- und Dreijahresschritten folgten“ (Fischer 2000b, 219) durchführte. Ein Überblick über diese Forschung des IfD im Auftrag des Börsenvereins ist in Ludwig Muths (1930–2005) Der befragte Leser (vgl. Muth 1993) zu finden. Die Besonderheit dieser gemeinsamen Forschung ist zum Einen, dass sie öffentlich zugängliche Studien hervorbrachte, deren Ergebnisse in der Regel im Archiv für Soziologie und Wirtschaftsfragen (einer Beilage zum Börsenblatt) publiziert wurden, zum Anderen sollten Erkenntnisse erarbeitet werden, die für alle Mitglieder des Börsenvereins (folglich also alle Sparten) relevant waren, weshalb sie durchgängig eher den Charakter von Grundlagenforschung hatte. Im deutschsprachigen Raum gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Institutionen, die Lese-, Leser- und Buchmarktforschung betreiben. Neben den einschlägigen Hochschul-Instituten sind dies exemplarisch:
Rechtsfragen des Buchhandels
– die Abteilung Marktforschung des Börsenvereins, die die beiden Grundlagenstudien Buchkäufer und Leser – Profile, Motive, Wünsche 2005 und 2008 in Auftrag gegeben hat und zahlreiche weitere Untersuchungen anstößt, – das Institut für Lese- und Medienforschung der 1977 als Deutsche Lesegesellschaft gegründeten Stiftung Lesen in Mainz (1987 umbenannt), das die Grundlagen-Studie Lesen in Deutschland (zuletzt durchgeführt 2008) durchgeführt hat und u. a. regelmäßig die Vorlesestudie erstellen lässt sowie – der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs), der regelmäßig die KIM-Studie (zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger) und die JIM-Studie (zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger) durchführt und die Ergebnisse veröffentlicht. Des Weiteren lohnt sich ein Blick in die monatlich erscheinende Fachzeitschrift Media Perspektiven, in der regelmäßig Daten zur aktuellen Situation und zur Entwicklung der (Massen-)Medien in Deutschland und anderen Ländern publiziert werden. Dort wird jeweils auch eine knappe Zusammenfassung der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation veröffentlicht, aus der zum Beispiel Daten über Medienpräferenzen und Medienzeitbudgets entnommen werden. Ferner bietet auch die seit 1997 durchgeführte ARD/ZDF-Onlinestudie (jeweils in der August-Ausgabe von Media Perspektiven dokumentiert) interessante Befunde zur Internetnutzung, die bei der Abschätzung von Trends auch für den Buchmarkt hilfreich sein können. Gerade im Bereich digitaler Buchprodukte verläuft die Entwicklung in Deutschland vergleichsweise langsam, so dass der Blick ins Ausland einen großen prognostischen Wert haben kann. Zu diesem Zweck empfiehlt sich die Lektüre ausländischer Fachzeitschriften wie etwa Publishing Research Quarterly, in denen vielfach auch Ergebnisse empirischer Studien zum Konsumentenverhalten publiziert werden.
2. Rechtsfragen des Buchhandels Vielfältige Rechtsfragen des Buchhandels sind buchwissenschaftlich gut aufgearbeitet worden, darunter die Fragen des frühen Privilegienschutzes (vgl. Koppitz 2008) und die virulente Frage der Zensur durch Kirchen und weltlichen Obrigkeiten (vgl. zum Beispiel Darnton 1988; Fischer 2000a; Haefs/ Mix 2007). Hier sollen zwei exponierte Rechtsthemen der deutschen Buchbranche exemplarisch von ihren historischen Anfängen bis hin zu ihrer aktuellen Diskussion vorgestellt werden, nämlich die Frage nach dem Schutz des geistigen Eigentums und nach der Preisbindung für Bücher. Die Anfänge gesetzlicher Regelungen zum Urheberrecht führen direkt in die Nachdruckproblematik des 18. Jahrhunderts und in die Rechtsdebatten der Aufklärung über das geistige Eigentum des Autors an seinem Werk und zur neuen Sichtweise des Doppelcharakters eines Buchs als einer Ware und eines geistigen Wertes.
Anfänge des Urheberrechts
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht
Nachdruckzeitalter
Die rechtliche Situation von Autoren war in der Mitte des 18. Jahrhunderts weitgehend ungesichert. Erst die rechtsphilosophischen Debatten von Immanuel Kant (1724–1804), Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) oder Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) in den letzten drei Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts schufen überhaupt ein Bewusstsein für ein Urheberrecht, für das Recht des Autors an seiner geistigen Produktion und für sein Recht an der Vermarktung. Damit schufen sie die Grundlage, das Urheberrecht als ein unveräußerliches Persönlichkeitsrecht zu verstehen (vgl. Ungern-Sternberg 1982, 55–128). Friedrich Gottlieb Klopstocks (1724–1803) spektakulärer Aufruf zur Subskription seiner Gelehrtenrepublik 1773 und die dadurch öffentlich einsetzende Debatte für die Rechte der Autoren und über die mangelnde Leistungsfähigkeit des Buchhandels, Christoph Martin Wielands (1733–1813) Selbstverlagsexperimente mit seinem Teutschen Merkur und die öffentliche Reaktion des Buchhändlers Philipp Erasmus Reich (1717–1787) Zufällige Gedanken eines Buchhändlers über Herrn Klopstocks Anzeige einer Gelehrtenrepublik (1773) bildeten den Hintergrund für die Entstehung des Berufsstandes eines freien Schriftstellers, der von den Erträgen seiner Schriften leben konnte. Bislang hatte er als Hofangestellter oder Universitätslehrer seinen Lebensunterhalt verdient und seine Manuskripte „in den Nebenstunden“ erstellt und wurde dafür nicht oder nur minimal honoriert. Ab 1750 veränderte sich parallel zu diesen Debatten die Art der Honorierung: von einigen Belegstücken des eigenen Buchs über Freiexemplare aus dem Verlagsprogramm, von der Teilhonorierung in Geld zu einem einmaligen Pauschalhonorar (nur für die erste Ausgabe), schließlich zu einem erfolgsabhängigen Honorar, in Relation zum Umfang (Bogenhonorierung), der Auflagenhöhe und von Nachauflagen (vgl. Steiner 1998). Die Koryphäen der Dichter waren hier gesellschaftliche Vorreiter, u. a. haben Wieland, Schiller (1759–1805) und Goethe (1749–1832) mit ihren Verlagsverhandlungen neue Maßstäbe gesetzt, die in der Folge allen Schriftstellern zugutekamen (vgl. Füssel 2012a). Konnten nach und nach durch spektakuläre Prozesse die Rechtsfragen zwischen Autoren und Verlegern geklärt werden, blieb das größte Übel der Zeit noch lange juristisch ungelöst, nämlich der Nachdruck in den unterschiedlichen Fürstentümern. Der Buchhandelshistoriker Johann Goldfriedrich überschrieb das betreffende Kapitel in seiner Geschichte des Deutschen Buchhandels als das „Nachdruckzeitalter“ (Goldfriedrich 1909, 1–49). Ein neues Autoren- und Urheberrechtsbewusstsein führte dann dazu, dass sich immer mehr Schriftsteller vom traditionellen Buchhandel abwandten und versuchten, mit Selbstverlagsprojekten rascher zu Gewinn zu kommen. Darunter eben zum Beispiel Klopstock mit seiner Gelehrtenrepublik oder Lessing bei der Herausgabe seiner Hamburgischen Dramaturgie (1767–1769) oder Wielands Teutscher Merkur (1773–1785). Es waren die Leipziger Buchhändler, die sich anfänglich für die Rechte der Autoren und die Verwertungsrechte der Verleger einsetzten. Philipp Erasmus Reich und Immanuel Breitkopf (1719–1794) hatten durch ihre Beratungen in der Leipziger Buchhandelsgesellschaft das Kursächsische Mandat vom 18. Dezember 1773 mit beeinflusst, das zumindest den sächsischen Buchhandel gegen den Nachdruck des auswärtigen Buchhandels schützte. Ein weiterer wichtiger Schritt waren
Rechtsfragen des Buchhandels
dann die Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten von 1794, das zwar noch nicht das Urheberrecht des Autors, immerhin aber das Verlagsrecht und den Schutz gewerblicher Interessen gegen den Nachdruck gewährleistete. Die Delegierten des Buchhandels beim Wiener Kongress zur Neuordnung Europas 1815 hatten erreichen können, dass sich die künftige Bundesversammlung „bei ihrer ersten Zusammenkunft mit der Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Pressefreiheit und die Sicherstellung der Rechte der Schriftsteller und Verleger gegen den Nachdruck beschäftigen werde“ (Füssel 2000, 205). Die politischen Ereignisse mit den Karlsbader Beschlüssen zur Vorzensur 1819 verhinderten zwar eine positive Diskussion in der Bundesversammlung, ließen aber den Börsenverein der Deutschen Buchhändler (Gründung 1825) nicht müde werden, sich für das Urheberrecht einzusetzen. Mit den vom Börsenverein erarbeiteten Vorschlägen kam es schließlich am 11. Juni 1837 zu einem Gesetz, nach dem allen „im Bundesgebiete erscheinenden literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst ein Schutz von zehn Jahren vom Tag des Erscheinens ab“ (Dreyer 2009, 234) eingeräumt wurde. 1845 wurde diese Schutzfrist auf 30 Jahre für das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet. In dem Gesetz von 1837 war erstmalig nicht nur der gewerbliche Schutz, sondern auch der Schutz des Autorenrechts eingeführt. Diese Regelung führte dann 1867 zum sogenannten „Klassikerjahr“, da in dem Jahr die wichtigsten Autoren der Spätaufklärung und der Klassik rechtefrei wurden und damit eine neue Gründungswelle von Klassikerverlagen hervorriefen, die, wie beispielsweise Reclam, mit innovativen Buchformen und Vertriebswegen den bisherigen Rechteinhabern den Rang abliefen. 1871 wurde mit der Gründung des Deutschen Reiches das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken“ umgesetzt, das dann die Grundlage für bilaterale Verträge mit den Nachbarstaaten bot, u. a. 1883 mit Frankreich. Bei der Berner Übereinkunft 1886 gelang es, mit weiteren Ländern eine internationale Urheberrechtsvereinbarung zu schließen, die vom Gedanken einer Inländerbehandlung ausging, das heißt der Urheber eines fremden Mitgliedslandes wird wie ein staatsangehöriger Urheber geschützt. Die Schutzfrist post mortem auctoris wurde seit 1934 auf 50 Jahre festgelegt, 1965 bei der Urheberrechtsreform in der Bundesrepublik Deutschland auf 70 Jahre verlängert. Das Urheberrecht als ein Persönlichkeitsrecht schützt die kreative Leistung eines Schöpfers, es soll ihn zugleich in die Lage versetzen, sein Werk materiell zu verwerten und eine „angemessene Vergütung“ zu sichern (§ 11 UrhG). Aus diesem Grunde erhält der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk zu verwerten. Dass Recht soll den Kreativen auch einen Anreiz für weiteres Schaffen geben, um im Interesse der Allgemeinheit das kulturelle und wissenschaftliche Leben zu befördern. Gleichzeitig soll das Urheberrecht dazu dienen, das Recht der Allgemeinheit zum ungehinderten Zugang zu urheberrechtlich geschützten Gütern auch zu gewährleisten und im Interesse der Allgemeinheit einen unkomplizierten Zugang zu vorhandenen Informationen und Dokumentationen sicherzustellen. Das Urheberrecht dient also den Interessen der Kreativen und der Verwerter, aber auch den In-
Klassikerjahr
Berner Übereinkunft
Funktion des Urheberrechts
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Fragen der Gegenwart
Urheberrechtsnovelle
teressen der Nutzer. Das Urheberrecht wird beschränkt, damit es zu künstlerischen, wissenschaftlichen oder pädagogischen Zwecken genutzt werden kann, so wurde ja schon erwähnt, dass das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt (§ 64 UrhG). Daneben wird ein Zitatrecht eingeräumt, § 51 UrhG, und ein Privileg zur Vervielfältigung für private Zwecke, § 53 Abs. 1 UrhG, das die Nutzung von Werken ohne Lizenz regelt, aber teilweise mit direkten oder indirekten (Verwertungsgesellschaft) Zahlungen einer Vergütung an den Rechteinhaber verbunden ist. Die technischen Veränderungen durch die digitale Bereitstellung von Informationen, u. a. das leichte Duplizieren und Weiterreichen von Texten und ein verändertes Nutzerverhalten bringen Diskussionen um eine sinnvolle Novellierung des Urheberrechtes mit sich. Auch werfen die Fragen von Downloadangeboten, E-Books und Onlinedatenbanken neue Fragen auf (folgt hier Lauber-Rönsberg 2012, 32–38). Die juristische Debatte hinkt der aktuellen Situation im Netz hinterher. Auch die Urheberrechtsnovelle vom Jahr 2003 mit der Umsetzung der EU-Richtlinie „Zur Harmonierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“ konnte nur einen Teil der Fragen klären. Es wird deutlich, dass auf der einen Seite die Schutzbedürftigkeit der Urheber gestiegen ist, da die Möglichkeiten des Zugriffs auf ihre Inhalte technisch erleichtert wurden. Gleichzeitig ermöglicht der technische Fortschritt aber auch neue Formen der Werkverwertung und des Selbstverlags. Zur Rechtssicherheit der Nutzer muss geregelt werden, inwieweit eine Privatkopie erlaubt sein kann, zumal von der Seite der Urheber den Nutzern häufig ein mangelndes Unrechtsbewusstsein vorgeworfen wird. Komplex wird die Fragestellung zusätzlich dadurch, dass neue Verwerter im Markt auftreten, so zum Beispiel die Betreiber von Suchmaschinen oder Internetserviceprovider beziehungsweise Webhoster. Auch im Bereich der Wissenschaftsorganisationen, wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, wird eine Neuregelung des Urheberrechts gefordert, da u. a. „durch die deutlich gestiegenen Preise für wissenschaftliche Zeitschriften in den technischen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Fachbereichen, der sogenannten Journal Crisis, der Zugang zu wissenschaftlicher Fachliteratur zunehmend schwierig wird“ (Lauber-Rönsberg 2012, 35). Im Bereich der Wissenschaft wird über ein Zweitverwertungsrecht, namentlich von Aufsätzen, diskutiert, das zum Zweck von Forschung und Lehre eingerichtet werden soll. Zugespitzt wurde diese Fragestellung durch Googles Plan, mit Google Book Search im Prinzip den gesamten Buchbestand der Welt zu digitalisieren und frei zugänglich zu machen, wobei auch nichtrechtefreie Bücher mit digitalisiert wurden, da zum Teil die Rechteinhaber (Erben) nicht ermittelt werden konnten. Dies hat u. a. eine Debatte über eine zeitliche Verkürzung des Urheberrechtsschutzes angestoßen. Der Buchhandel ist von diesen Debatten direkt betroffen, da er zurzeit seine Geschäftsmodelle in Bezug auf E-Books überprüft und auch das Raubkopierunwesen inzwischen den Buchmarkt erreicht hat. Eine fällige Urheberrechtsnovelle, die sich sicherlich nur im internationalen Kontext sinnvoll wird durchsetzen lassen, muss grundsätzlich das wertvolle Gut des Individualrechts der Urheber auch in Zeiten des Internets schützen:
Rechtsfragen des Buchhandels
Nach wie vor muss der Urheber im Mittelpunkt stehen, auch um zu verhindern, dass seine Werke für Dritte zu einem Steinbruch werden, aus denen sie sich beliebig bedienen können. Denn es ist immer noch der Urheber, der etwas Eigenes, Individuelles und letztendlich Neues schafft. Er muss entscheiden können, ob, wie und wo sein Werk veröffentlicht wird. Niemand hindert einen Urheber im heutigen System daran, sein Werk im Internet allen frei zur Verfügung zu stellen, indem er entsprechende vertragliche Abreden mit seinem Verlag trifft oder von vornherein selbst open access oder unter einer Creative CommonsLizenz publiziert. Es muss aber auch im digitalen Zeitalter das verfassungsmäßige Recht des Urhebers sein und bleiben, sich gegen eine solche Öffnung zu entscheiden. Wenn man das geistige Eigentum schützen will, können nicht nur die technischen Möglichkeiten darüber entscheiden, was im digitalen Zeitalter den Nutzern erlaubt ist und was nicht. (Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2010, 3) Auf der anderen Seite muss es Veränderungen bei der Rolle und der Bedeutung der jetzt neu hinzukommenden Verwerter geben, und dem Nutzer müssen seine Nutzungsrechte klar verdeutlicht werden, damit er nicht in Bagatellfällen – wie es bei der unsicheren Rechtslage zum Teil geschieht – kriminalisiert wird. Gegebenenfalls kommt den wissenschaftlichen Autoren eine Vorreiterrolle zu, die u. a. Creative Commons-Lizenzen erarbeiten, die es Urhebern ermöglichen, durch einen Lizenz-Baukasten selbst zu bestimmen, welchen Urheberrechtsschutz ihr Werk genießen soll. Die komplexe Diskussion der Sicherung von Rechten aller Kreativen im Zeitalter des Zusammenwachsens von textlicher, Audio- und Videoinformation im Zeitalter der Medienkonvergenz ist noch längst nicht abgeschlossen. Zu den staatlichen unterstützenden Maßnahmen für den Buchhandel in Deutschland gehört (Stand: 2014) ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 % und eine eigene, günstige postalische Versendungsform, die Büchersendung. Daneben gibt es in Deutschland seit 2002 ein „Gesetz für die Preisbindung für Bücher“. Zur Begründung der Preisbindung werden wirtschaftliche, juristische und kulturpolitische Gründe herangezogen (vgl. Everling/Füssel/Rürup 1997), deren historische Entwicklung hier im Überblick vorgestellt wird. Der Leipziger Buchhandel des 18. Jahrhunderts mit seinen Hauptvertretern Philipp Erasmus Reich und Georg Joachim Göschen (siehe auch oben, Kapitel II.4) war nicht nur Vorreiter in Fragen eines Urheberrechts, sondern auch bei den Überlegungen und Forderungen zu einer einheitlichen Preisbindung. Göschen hatte in seiner grundlegenden Reformschrift Meine Gedanken über den Buchhandel (vgl. Göschen Neudruck 1925) beklagt, dass die Sortimenter in den Großstädten ihre Standortvorteile ausnutzen und die Sortimenter in weniger günstigen Lagen damit das Nachsehen hatten. Er hielt fest, dass das übliche Rabattgeben „die Erniedrigung der deutschen Literatur befördert; denn um den Verlag zum Heben zu bekommen, werden so viele elende Dinge gedruckt“ (Göschen Neudruck 1925, 13). Nicht um die Verbilligung einzelner Bestseller könne es dem gesamten Markt gehen, sondern um eine gesunde Kostenpolitik, die insgesamt einen lebhaften Buchhandel
Staatliche Förderung des Buchs
Diskussionen um 1800
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Vorteile der Buchpreisbindung
ermögliche. Auch das Publikum würde letztendlich durch den Kundenrabatt nur verlieren, denn „wer Rabatt nur an seine Kunden giebt, [kann] kein Lager unterhalten“ (Göschen Neudruck 1925, 13). In der Folge davon würde es zu einer massiven Ausdünnung von „wohlversorgten Buchhandlungen“ im Lande kommen (Göschen Neudruck 1925, 13). Die Verleger wären nicht mehr in der Lage, neue Originalausgaben anerkannter Schriftsteller und Gelehrter zu einem vernünftigen Preis und zu ordentlichen Honorarbedingungen für die Autoren auf den Markt zu bringen. Diese Begründung macht deutlich, dass es nicht nur um das Recht der Einkommenssicherung von Sortimentern, sondern auch der Verleger und damit der Autoren und schließlich um einen Schutz für den Käufer geht. Göschen zeigte vor über 200 Jahren die Gefahren auf, die das Fehlen einer festen Preisstruktur mit sich bringen kann: – Mangelnder Innovationsschutz für neue Autoren und neue Themen. – Fehlender Mut und Bereitschaft der Verleger, durch Mischkalkulationen auch Minderheitenliteratur anzubieten. – Verbilligung einzelner, gutgängiger Titel bei genereller Verteuerung des allgemeinen Markts. – Rückgang von wohl sortierten Buchhandlungen, insbesondere fern von Ballungsgebieten. – Durch die mangelnde Bereitschaft der Händler, ein großes Sortiment vorzuhalten, entstehen erhebliche Zusatzkosten für die Kunden, die einzelne Titel nur mit Mühe von weit entfernten Händlern unter beträchtlichem Zeitaufwand beziehen können.
Schleuderei
1825 schuf der Börsenverein die organisatorische Basis, um verbindliche Regelungen bei der Frage eines festen Ladenverkaufspreises zu erreichen. Bereits in der Reformdiskussion zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde neben dem Problem des Nachdrucks auch das der „Schleuderei“, das heißt das Einräumen von hohen Kundenrabatten kritisch gesehen. Seit den 1830er Jahren kam es vom Börsenverein zur Einrichtung von Kreisverbänden und Ortsvereinen, die jeweils für ihren Einflussbereich eine Art Preisbindung festschrieben. Am aktivsten waren die Länder Rheinland und Westfalen, die bereits 1843 eine „Vereinbarung der deutschen Buchhändler zu gänzlicher Abstellung des als missbräuchlich aufgekommenen Rabattgebens an Privatkunden“ beschloss. Die Buchhandlungen in Deutschland und in der Schweiz verpflichteten sich zum 4. Januar 1848, jede Rabattierung einzustellen und die Preisbindung zu gewährleisten. Genauso wie beim Urheberrecht kam es erst durch die Gründung des Deutschen Reiches 1871 zu einem homogenen Wirtschafts- und Währungsgebiet, das die Grundlage für eine einheitliche Preisgestaltung bot. Nicht unwesentlich war dabei auch die Einführung des pauschalen, entfernungsunabhängigen Portos für Pakete im Jahre 1873, das eine Gleichbehandlung aller Buchhandlungen bei den Versandkosten bedeutete. Die Gefahren für die Preisbindung kamen zunächst allerdings von innen vom Buchhandel selbst, durch sogenannte „Fernschleuderer“, Firmen an Zentralplätzen, die mittels eines eigenen Filialnetzes oder per Postversand massiv in die Provinzmärkte eindrangen. Sie hielten ein relativ beschränktes Angebot vor, hatten sich aber aufgrund hoher Absatzzahlen Sonderkonditio-
Rechtsfragen des Buchhandels
nen der Verlage erhandelt, die sie wiederum an die Kunden weitergaben (folgt Füssel 2000, 209–211) Die Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Haupthandelsorten und der Provinz führte zu Reformbestrebungen im Buchhandel, die ab 1878 nach dem Eintritt des Stuttgarter Buchhändlers Adolf Kröner (1836–1911) in den Vorstand des Börsenvereins mit Vehemenz betrieben wurden. Diese sogenannte „Krönersche Reform“ ist zum Großteil bis heute noch Bestandteil der Börsenvereinspolitik. Kröner argumentierte sowohl wirtschaftspolitisch, mit der Erhaltung eines soliden mittelständischen Gewerbes, als auch kulturpolitisch, da nämlich Bücher keine Ware seien wie eine andere. Bei der Hauptversammlung des Börsenvereins am 11. Mai 1884 zeigte Kröner die Gefahren auf, die durch eine Schleuderei entstehen: – Eine gleichmäßige Versorgung mit Buchhandlungen in allen Teilen des Landes wäre nicht mehr gewährleistet. Dies würde in einem zweiten Schritt zu eklatanten Nachteilen für alle am Marktgeschehen Beteiligten führen, für die Verleger, die Käufer und die Schriftsteller. – Einzelne Verleger könnten durch Sonderauflagen, die die Schleuderer bei ihnen ordern, kurzfristig höhere Umsätze erzielen; da der Buchmarkt dadurch aber nicht wachse, verringerten sich die Bestellungen der anderen Sortimenter. Damit schade sich der Verleger langfristig aber auch selbst, wenn er ein gleichmäßig starkes Sortiment unterhöhle. – Der Buchkäufer beziehe zwar möglicherweise einzelne Titel preiswerter, müsse aber mit der Verteuerung anderer Titel rechnen und langfristig auf ein gut sortiertes Buchhandelsangebot verzichten. – Da die Schleuderer in der Hauptsache Werke prominenter Autoren vermarkteten, bestünde für neue und unbekannte Autoren kaum noch eine Chance. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 25. September 1887 in Frankfurt am Main wurde die Preisbindung in der Börsenvereinssatzung verankert. Bei Verstößen wurden Sanktionen festgeschrieben, die von der Entziehung des Branchenorgans Börsenblatt (und damit der wichtigsten bibliografischen Information über Neuerscheinungen) bis zur Einstellung der Sortimentsbelieferung reichten. Die Vereinbarung hatte auch Auswirkungen für Nichtmitglieder, denen die Nutzung der Einrichtungen des Börsenvereins untersagt war. Diese „Krönersche Reform“ ist als Meilenstein in der Entwicklung des Börsenvereins zu sehen. Es folgten zwei weitere Regelungen, die im Prinzip auch bis heute Bestand haben, 1891 die „Buchhändlerische Verkehrsordnung“ und 1909 die „Verkaufsordnung“ für den Verkehr des deutschen Buchhandels mit dem Publikum. Darin wurden einige Sonderbestimmungen eingeführt, wie etwa der Rabatt von 5 % für Behörden und Bibliotheken sowie eine mögliche Skontogewährung bei Barzahlung von 2 %. Die Verkehrsordnung bezog sich auf die Mitglieder des Börsenvereins, die Verkaufsordnung auf alle Buchhändler. Der Börsenverein wurde damit zum Kontrollorgan für die Einhaltung der Preisbindung, da diese Bestimmungen in seine Satzung aufgenommen waren. Einzelne Klagen dagegen bis hin zum Reichsgericht gingen
Krönersche Reform
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Bücher-Streit
InflationszeitSchlüsselzahlen
Besatzungszeit
zugunsten des Börsenvereins aus, sodass diese Prozesse die rechtliche Verbindlichkeit der Preisbindung legitimierten. Gleich zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zu einer Debatte über den Sinn der Preisbindung, vor allen Dingen der bekannte Leipziger Nationalökonom Karl Bücher (1847–1930) hatte Bedenken in seiner Denkschrift Der deutsche Buchhandel und die Wissenschaft (1903) aufgeführt. Er war ein Sprecher eines akademischen Schutzvereins, der einen Modellversuch entwickelte. Im Rahmen des Modellversuchs richteten 30 Professoren eine Beteiligungsbuchhandlung ein, agierten dort als Kommanditisten und sollten damit Rückvergütungen erhalten. Dieses später mehrfach kopierte Modell zur Untergrabung der Preisbindung wurde damals zwar nicht praktiziert, bildete aber den Hintergrund der Debatte um den angestrebten Direktvertrieb von wissenschaftlicher Literatur zwischen Verlagen und Gelehrten. Karl Bücher behauptete, dass der Buchhandel unnötig sei, weil er Bücher nur verteuere; Karl Bücher setzte sich daher für den direkten Vertrieb zwischen Verlag und wissenschaftlichen Lesern ein. Die Debatte zog sich über 20 Jahre bis weit in die Weimarer Republik hin, hatte allerdings keine konkreten Auswirkungen auf die Buchpreisbindung, die aufgrund der kriegsund dadurch inflationsbedingten Notlage andere Schwierigkeiten zu bewältigen hatte. In der Inflationszeit nach dem Ersten Weltkrieg schützte der Börsenverein den Buchhandel mit einem prozentualen Teuerungszuschlag bei der Aufrechterhaltung einheitlicher Ladenpreise. In der Hyperinflation im Jahr 1923 behalf man sich mit einer Schlüsselzahl, mit der der Grundpreis multipliziert wurde. Am 22. November 1923 lag diese Schlüsselzahl zum Beispiel bei 1,3 Milliarden. Von rein praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Schlüsselzahlenregelung abgesehen, führte dieser notwendige Eingriff zu einer weitgehenden Beibehaltung des gebundenen Ladenverkaufspreises, auch in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Am Ende der 1920er Jahre wurden sogenannte „Verpflichtungsscheine“ eingeführt, generelle Satzungsbestimmungen wurden auf diese Weise durch individuelle Verpflichtungen gestützt. Diesem individualisierten Reverssystem schlossen sich 1.200 Verleger und 9.000 Sortimenter an, das heißt jeder Sortimenter musste mit einem Verleger, von dem er etwas bezog, ein eigenes Revers unterzeichnen. Auf dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise wurde 1931 der Buchhandel vor die Wahl gestellt, die Preisbindung aufzugeben oder eine allgemeine Preisbindung von 10 % zu verfügen. Die Verlage entschieden sich für die Beibehaltung und sicherten somit die Preisbindung indirekt auch über das Dritte Reich und bis in die Nachkriegszeit, in der wieder auf die gewonnenen Erfahrungen der Weimarer Republik aufgebaut wurde. Nach dem wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruch bei Kriegsende 1945 wurden die bisherigen buchhändlerischen Ordnungen alle rechtsunwirksam. Durch das Fehlen überregionaler Strukturen in den vier Besatzungszonen konnte auch das Prinzip des festen Ladenverkaufspreises zunächst nicht aufrechterhalten werden. In der Praxis verhielten sich jedoch die meisten Buchhändler so, als ob es die Verkehrs- und Verkaufsordnung noch gäbe. Während in der amerikanischen und britischen Zone das Verbot der Preisbindung bestand, konnte durch die zentralistischen Tendenzen in der französischen
Rechtsfragen des Buchhandels
Zone bereits im Oktober 1946 ein Zonenverband des deutschen Börsenvereins gebildet und eine eigene Verkehrsordnung in Kraft gesetzt werden. Die französische Militärregierung erklärte sich am 17. September 1947 mit dem Grundsatz eines festen Ladenpreises einverstanden. Eine allgemeine Übergangsregelung brachten aber erst die sogenannten Willner-Briefe vom November 1952, in denen der Leiter der Dekartellisierungsabteilung im Office of the United States High Commissioner for Germany, Willner, zusagte, dass für Verlagserzeugnisse eine vertikale Bindung der Verkaufspreise nicht verboten werde. In einer Übergangsphase gingen viele Verlage dazu über, mit den Buchhändlern über Einzelreverse individuelle Preisbindungsverträge abzuschließen, wie in der Weimarer Republik. Als das „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ am 1. Januar 1958 in Kraft trat, wurden alle Vereinbarungen über Preisgestaltungen untersagt, aber für Bücher eine Ausnahme in § 16 eingeräumt. Zu diesem Zeitpunkt waren wirtschaftliche und vor allen Dingen kulturelle Argumente ausschlaggebend: „Das System der festen Ladenpreise ist mit dem Gesamtsystem des buchhändlerischen Vertriebs- und Abrechnungsvorganges, mit der Erhaltung eines gut ausgebildeten Sortimenterstandes fest verknüpft, sodass Eingriffe nicht ohne Schädigung für Autor, Verleger und Sortimenter bleiben würden“ (Bundestagsdrucksache 1158/1957, zitiert nach Füssel 2000, 212). In der Folge entstand ein System verlagsübergreifender sogenannter „Sammelreverse“, die verschiedentlich modifiziert ab 1964 als „Sammelrevers Franzen“, verfasst von dem Rechtsanwalt Hans Franzen, eingeführt wurden. Insofern war jetzt das Reverssystem die Grundlage der Preisbindung und nicht mehr allein das Verbandsrecht. Nach der deutschen Wiedervereinigung und mit dem Aufkommen elektronischer Medien entstand erneut eine virulente Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Preisbindung. 1994 erkannte die EU-Kommission die grenzüberschreitende Preisbindung zwischen Deutschland und Österreich zunächst an und erklärte sie als vereinbar mit den europäischen Wettbewerbsvorschriften. Dabei wurde in erster Linie kulturpolitisch argumentiert. Es wurde davon ausgegangen, dass die Sammelreverse verschiedene positive Wirkungen haben, nämlich
Sammelreverse
– die Titelvielfalt fördern und erhalten, – ein flächendeckendes Netz von Verkaufsstellen und eine angemessene Lagerhaltung gefördert wird und – eine umfassende Versorgung der Bevölkerung mit Verlagserzeugnissen aller Art erst möglich ist. 1997 hat der Bundesgerichtshof die Preisbindung für CD-ROMs als zulässig erklärt, allerdings nur dann, wenn sie Substitute für Bücher sind, also keine eigenen zusätzlichen Elemente enthalten (Musik, Videos etc.). Der BGH hält als Grundsatzentscheidung fest, dass die Inhalte unabhängig von ihrer materialisierten Form das zu schützende Kulturgut darstellen (Füssel 2000, 213). Gleichzeitig hat sich der Bundesgerichtshof dafür ausgesprochen, den Begriff von „Verlagserzeugnissen“ einzuführen, um für neue technische Entwicklungen gewappnet zu sein. Er ging davon aus, dass die Inhalte unabhängig von ihrer materialisierten Form das entscheidende, weiterhin zu schützende Kulturgut seien. Die wenigsten Verlage nutzten allerdings die
Preisbindung für CD-ROMs
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Preisbindung im internationalen Vergleich
EU-Recht
Gesetz über die Preisbindung für Bücher
Möglichkeit, den Markt der CD-ROMs durch die Preisbindung zu regulieren. In zahlreichen europäischen Ländern gilt die Buchpreisbindung: 1979 war sie in Frankreich kurzzeitig außer Kraft gesetzt worden, aber nach einem massiven Handelssterben, einer Verlagskonzentration und einer Verteuerung der Buchpreise 1982 bereits wieder durch den Kultusminister Jacques Lang erneut eingeführt worden. Die Preisbindung gilt heute (2014) u. a. auch in Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. In Schweden dagegen ist die Preisbindung bereits 1970 gefallen und hat eine erhebliche Konzentration bei den Verlagen, aber auch im Sortiment mit sich gebracht (vgl. Richter 1995). In Großbritannien kündigten drei große Verlage 1997 das dortige Net Book Agreement. In der Folge davon wurden einige Bücher, nämlich die Bestseller, zu Spottpreisen über Supermärkte vertrieben, generell verteuerten sich aber die Bücher im Schnitt von 7 bis 10 %. In der Schweiz hat sich 2012 eine Volksabstimmung gegen die Wiedereinführung der Buchpreisbindung ausgesprochen. 1996 wurde die grenzüberschreitende Preisbindung zwischen Deutschland und Österreich in Frage gestellt, weil sie doch nicht mit EU-Recht vereinbar sei. An ihre Stelle traten zwei nationale Preisbindungssysteme. Durch diese Veränderung ist Rechtssicherheit hergestellt worden, wie sie vorher durch die satzungsmäßige oder durch die Revershaftung nicht gegeben war. In Österreich wird die Preisbindung durch ein Gesetz nach französischem Vorbild geregelt, in Deutschland blieb es kurzfristig noch bei der privatrechtlichen Vereinbarung des Reverssystems. Der damalige Kulturstaatsminister (und ehemaliger Rowohlt-Verleger) Michael Naumann hatte sich mit der Bundesregierung bemüht, das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung so zu ergänzen, dass Re-Importe zur Umgehung der Preisbindung nicht zulässig sind. Der Börsenverein selbst schrieb 2000, dass ein „fast sieben Jahre währender Kampf […] um den Erhalt der Preisbindung“ (Europäische Kommission billigt die Preisbindung 11.2.2000, 5) nun beendet sei. In Deutschland wurde das „Gesetz über die Preisbindung für Bücher“ am 2. September 2002 mit Wirkung vom 1. Oktober 2002 in Kraft gesetzt. Um die europäische Unbedenklichkeit zu schaffen, wird in § 4 Absatz 1 der grenzüberschreitende Buchhandel von der Preisbindung ausgenommen. Die Buchpreisbindung verpflichtet nun die Verlage und Importeure, einen festen Buchpreis festzulegen. Das Gesetz legt fest, dass – der Verleger die Preise so bestimmen kann, wie sie den Marktgepflogenheiten entsprechen. – die Sortimenter gehalten sind, den einmal festgelegten Ladenverkaufspreis (bis er aufgehoben wird) zu fordern. – die Verleger die Preisbindung nicht dadurch unterlaufen können, in dem sie einigen Händlern erheblich höhere Rabatte geben als anderen, vor allen Dingen dürfen die Rabatte nicht eine angemessene Höhe überschreiten (in der Regel 45 bis 50 %). – der Kunde immer und überall denselben Preis zahlt, ganz gleich, ob er in einer Sortimentsbuchhandlung, in einem Kaufhaus, beim Verlag direkt oder über das Internet (in Deutschland) kauft.
Medienökonomie und Verlagswirtschaft
Die Verlage sind in Deutschland nun aufgrund des Buchpreisbindungsgesetzes rechtlich verpflichtet, den Preis einschließlich der Umsatzsteuer, also den Endpreis, für die Ausgabe eines Buchs für den Verkauf an Letztabnehmer festzusetzen (da Österreich einen anderen Mehrwertsteuersatz kennt, differieren die Preise). Durch eine öffentliche Erklärung, in der Regel im Börsenblatt, kann der Verlag die Buchpreisbindung nach Ablauf von 18 Monaten für einzelne Titel aufheben. Von der Preisbindung ausgenommen sind gekennzeichnete Mängelexemplare mit tatsächlichen Mängeln, gebrauchte Bücher und Altauflagen, die länger als 18 Monate am Markt sind und für die der Verlag die Preisbindung offiziell aufgehoben hat. Buchgemeinschaften wie der Club Bertelsmann, die Büchergilde Gutenberg oder die Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG), die Bücher nur an Mitglieder verkaufen, sind von der Buchpreisbindung nur eingeschränkt betroffen. Sie fungieren meist als Lizenznehmer der Originalverlage. Ihre Produktion umfasst vor allem Sonderausgaben, die einen deutlichen Ausstattungsunterschied zum Originalwerk aufweisen müssen und meistens mit circa sechsmonatiger Verzögerung erscheinen. Dadurch können die Buchgemeinschaften ihre Titel günstiger anbieten, da sie ganz andere Auflagen kalkulieren können. Das Modell der Buchgemeinschaft war nach dem Zweiten Weltkrieg sehr beliebt; Mitglieder schätzten die Vorauswahl der Gemeinschaft und den ermäßigten Preis sehr. Doch derzeit verzeichnen weltweit viele Buchgemeinschaften sinkende Mitgliederzahlen; das Modell scheint nur noch für spezielle Zielgruppen (Wissenschaft, Buchkunst u. a.) attraktiv. E-Books sind in Deutschland preisgebunden, wenn sie Bücher „reproduzieren oder substituieren“, also PDFs vom Text, da das E-Book dabei nur eine andere Erscheinungsform ist. Dies hat „einerseits den Preisverfall verhindert, anderseits aber auch das Wachstum im Vergleich zu den USA verlangsamt“ (Roesler-Graichen 2012, 11). Enhanced oder enriched E-Books, die zusätzliche Informationen, Audio- und Videodateien etc. enthalten, sind dagegen nicht preisgeschützt. Der Markt testet im Moment weltweit, welche Preisstruktur sich für E-books anbietet. Auch setzen sich originäre Enhanced E-Books im Moment gerade erst durch (siehe auch unten, Kapitel IV.4). Inwieweit diese Marktveränderungen zu einer neuen Preisbindungsdebatte führen, ist noch nicht abzusehen. Möglich ist auch, dass durch das geplante Investitions- und Freihandelsabkommen der EU mit den USA (2014) diese Ausnahmeregelung wieder auf den Prüfstand gestellt wird.
3. Medienökonomie und Verlagswirtschaft Dass das Buch einen Doppelcharakter als Wirtschafts- und Kulturgut aufweist, ist bereits thematisiert worden. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass in modernen Mediensystemen nach marktwirtschaftlichem Muster Medien einerseits soziale Institutionen sind, die der Allgemeinheit dienen sollen, „andererseits sind sie eine Industrie und dienen somit (wirtschaftlichen) Einzelinteressen“ (Kiefer 2001, 19). Die moderne Medienökonomik, basierend
Buchgemeinschaften
E-Books
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Makroökonomische Perspektive
Buch und Buchhandel in Zahlen
Meritorische Güter
auf den Ansätzen der Neuen Politischen Ökonomie, integriert – anders als die (neo-)klassische Wirtschaftstheorie – gesellschaftliche und politische Zusammenhänge. Grundsätzlich ist die ökonomische Analyse der Bedingungen der Produktion, Distribution und des Konsums von Medieninhalten, Trägermedien und Dienstleistungen Gegenstand der Medienökonomik. Diese kann entweder aus einer makroökonomischen Perspektive betrachtet werden, wobei das Hauptaugenmerk auf Strukturen und volkswirtschaftlichen Prozessen der Medienbranche (zum Beispiel Konzentrationsgrad in Medienmärkten, Diskussionen um Marktversagen und damit zusammenhängende Regulierungsbedarfe wie Buchpreisbindung, verminderter Mehrwertsteuersatz und Fusionskontrolle) liegt oder aus einer mikroökonomischen, bei der nicht die Branche, sondern die wirtschaftlichen Entscheidungen einzelner Unternehmen oder Konsumenten im Fokus stehen (vgl. Sjurts in Gabler Wirtschaftslexikon [GWL]). Einen Überblick über die Marktstruktur liefert die jährlich erscheinende Börsenvereins-Publikation Buch und Buchhandel in Zahlen (BuBiZ), aus der unter anderem hervorgeht, dass die Buchbranche hinsichtlich ihres gesamten Jahresumsatzes vergleichsweise klein ist (zum Vergleich: im Jahr 2012 erwirtschaftete die gesamte Buchbranche einen Umsatz von rund 9,5 Mrd. Euro bei 79.860 Neuerscheinungen; diese Summe entspricht allein dem der Dr. August Oetker AG 2011). Ferner zeigt sich eine seit 1999 rückläufige Zahl der Akteure, für die Konzentrationsprozesse und Strukturwandel verantwortlich gemacht werden. Die jährlich von der Zeitschrift buchreport publizierten Rankings der 100 größten Verlage im deutschsprachigen Raum sowie der 50 größten Buchhandlungen bieten wichtige Informationen zur Akteursstruktur innerhalb der Branche. So lässt sich im Hinblick auf Verlage festhalten, dass Fachinformations- und Schulbuchverlage beziehungsweise -verlagsgruppen den größten Umsatz erwirtschaften. Random House kann sich als einzige Verlagsgruppe in den „Top Ten“ mit den Schwerpunkten Belletristik, Kinder- und Jugendbuch sowie Sachbuch behaupten. Im stationären beziehungsweise verbreitenden Buchhandel sind zwei grundsätzliche Entwicklungen zu beobachten: zum einen konnten der Versand- und Onlinebuchhandel sowie der Direktvertrieb durch die Verlage zulasten des Sortiments zunehmen, zum Anderen befinden sich die seit den 1990er Jahren eine massive Expansionsstrategie betreibenden Filialisten wie DBH und Thalia inzwischen auf dem Rückzug. Bedingt durch einen harten Wettbewerb und die Digitalisierung (u. a. Einführung des E-Books) kam es zum Teil zu einer Überversorgung mit Buchhandelsflächen, die nun abgebaut wird. Viele Filialen werden geschlossen und Mitarbeiter entlassen (Stichwort: „Krise der Filialisten“). Regulierende Eingriffe in den Markt werden u. a. damit gerechtfertigt, dass Bücher als meritorische (verdienstvolle) Güter klassifiziert werden. Eng mit dieser Güterart verknüpft sind externe Effekte, die entstehen, wenn durch ökonomische Aktivitäten Auswirkungen positiver oder negativer Art auf unbeteiligte Dritte hervorgerufen werden, „die nicht über den Marktmechanismus abgegolten werden, weil sie in die privaten Kosten-Nutzen-Kalküle und damit auch in das Preissystem nicht eingehen“ (Kiefer 2001, 81). Externe Effekte können im Marktprozess „dazu führen, daß von einigen Gütern zuviel und von anderen zuwenig hergestellt wird“ (Stiglitz 1999, 173). „Als positive
Medienökonomie und Verlagswirtschaft
externe Effekte, die Bücher als meritorische Güter erscheinen lassen, werden in der Regel Bildung, Meinungsvielfalt oder Schaffung bzw. Erhalt von Frieden durch Verständnis und Empathie angeführt“ (Vogel 2011, 121). Indirekt kommt dies auch in § 1 des Gesetzes über die Preisbindung für Bücher zum Ausdruck, das einen wichtigen Teil der rechtlichen Rahmenbedingungen für das Wirtschaften in der Buchbranche bildet. Selbstverständlich müssen sich Verlage, Buchhändler und sonstige Akteure an die gültigen Gesetze, allen voran das Grundgesetz, halten. Für Medienunternehmen ist darin Artikel 5 besonders wichtig, in dem das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit verankert ist, welches heute als Kennzeichen demokratischer Rechtsstaaten gilt. Ferner ist auch das Urheberrechtsgesetz, das das Recht auf den Schutz geistigen Eigentums regelt, von enormer Bedeutung (vgl. Kapitel IV.2). Das Urheberrecht entsteht automatisch, wenn der Urheber ein Werk geschaffen hat; es muss nicht beantragt werden. Grundsätzlich ist es an die Person des Urhebers gebunden und nicht übertragbar, Dritten können aber Nutzungsrechte eingeräumt werden. Geschützt sind Werke über den Zeitraum von der Entstehung bis 70 Jahre nach dem Tod des Autors (post mortem auctoris). Die Rechte gehen für die Dauer der Gültigkeit des Schutzes auf die Erben über. Üblicherweise wird die Genehmigung zur Verwertung eines Werkes durch den Verlag mittels eines Verlagsvertrages erteilt. Gibt es einen solchen nicht, greift das Verlagsgesetz. Während das Urheberrecht den Autor eines Werkes schützt, soll das Strafrecht die Allgemeinheit schützen. Im Strafgesetzbuch (StGB) finden sich Einschränkungen der Pressefreiheit, die greifen, wenn die Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt werden. Unterschieden wird zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (zum Beispiel Schutz der Ehre, der Privatsphäre, Recht am eigenen Bild, Recht auf informelle Selbstbestimmung) und den besonderen Persönlichkeitsrechten (zum Beispiel Urheberrecht oder Namensrecht). Besonders relevant für die Verlagspraxis sind § 130 Volksverhetzung, § 131 Gewaltdarstellung, § 184 Verbreitung pornographischer Schriften, § 185 Beleidigung, § 186 Üble Nachrede, § 187 Verleumdung (nachzulesen zum Beispiel bei Gesetze im Internet). Damit Verlage und Buchhandlungen keine rechtlichen Konsequenzen befürchten müssen, die gravierende wirtschaftliche Folgen haben können, muss darauf geachtet werden, dass keines der veröffentlichten beziehungsweise angebotenen Bücher einen Tatbestand des StGB erfüllt. Das Presserecht als Teil des Medienrechts gibt den juristischen Rahmen für Verlags- und Presseunternehmen vor. „Presse“ wird in diesem Zusammenhang nicht auf periodische Druckerzeugnisse (Zeitungen und Zeitschriften) eingeschränkt, sondern gilt grundsätzlich für verschiedene Arten von Publikationen (beispielsweise Bücher). Von den vielfältigen Regelungen in den Landespressegesetzen sind besonders wichtig: die Pressefreiheit, die Zulassungsfreiheit (jeder kann, ohne eine Genehmigung einholen zu müssen, einen Verlag gründen), die Öffentliche Aufgabe der Presse (durch Information der Bevölkerung beziehungsweise Äußerung von Kritik), die Impressumspflicht (Name und Anschrift des Druckers und Verlegers beziehungsweise bei Selbstverlagen des Autors oder Herausgebers müssen genannt werden) sowie die allein Richtern vorbehaltene Anordnungen zur Beschlagnahme.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Strafgesetzbuch
Presserecht
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft Wettbewerbsrecht
Brancheninterne Regelungen
Mikroökonomische Perspektive
Wie bereits erwähnt, soll, im Hinblick auf die der Allgemeinheit dienenden Funktionen der Medien, verhindert werden, dass einzelne Akteure eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Das für diese Thematik einschlägige Rechtsgebiet ist das Wettbewerbsrecht. Von besonderer Bedeutung sind das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Letzteres enthält Regelungen, die die Bildung von Kartellen verhindern sollen, um eine vielfältige Verlagsund Buchhandelslandschaft zu erhalten. Zusätzlich zu den gesetzlichen Regelungen hat sich die Buchbranche weitere Wettbewerbsregeln auferlegt: die Verkehrsordnung für den Buchhandel, die Wettbewerbsregeln des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und die Verhaltensgrundsätze des Buchhandels (das sogenannte Spartenpapier). Bei der Verkehrsordnung handelt es sich um eine Empfehlung gemäß dem GWB, in der Bedingungen für den Geschäftsverkehr der drei buchhändlerischen Sparten enthalten sind. Dies betrifft zum Beispiel die Bezugsbedingungen (Rabatte etc.), die Ausführung von Bestellungen und Remissionen sowie die Versandwege und -bedingungen. Im Einzelfall können abweichende Vereinbarungen getroffen werden, fehlen diese, gehen die Mitglieder des Börsenvereins davon aus, dass die Empfehlungen der Verkehrsordnung in Verbindung mit weiteren Branchenregelungen als Handelsbrauch anzusehen sind. Die Wettbewerbsregeln, die 1986 vom Börsenverein in einer vom Kartellamt genehmigten Fassung herausgegeben worden sind (aktuell: 2011 genehmigte Fassung von 2006), stellen eine Besonderheit dar, da hier das Kartellamt erstmals gemeinsame Wettbewerbsregeln für mehrere Wirtschaftsstufen anerkannte. Der Börsenverein verlangt von seinen Mitgliedern deren Einhaltung und ahndet Verstöße mit Verwarnungen, Geldbußen oder dem Ausschluss aus dem Branchenverband. Gerichte sind nicht an die Regelungen gebunden, können sie aber als Konkretisierung der Generalklauseln des UWG heranziehen. Beim Spartenpapier handelt es sich um ein knapp gehaltenes Papier, in dem dazu aufgerufen wird, dass sich die Sparten des Buchhandels einander gegenüber fair verhalten. Inhaltlich ist es zum Teil durch die Regelungen des Buchpreisbindungsgesetzes überholt. In makroökonomischer Perspektive können auch Prozesse der Medienkonvergenz, also des Zusammenwachsens bisher getrennter Medienbereiche auf institutioneller, technischer und/oder inhaltlicher Ebene und ein damit einhergehend verändertes Nutzungsverhalten mit den jeweiligen Auswirkungen auf die Branche diskutiert werden (siehe dazu auch Kapitel IV.4). In einer mikroökonomischen Perspektive steht nicht die Branche in ihrer Gesamtheit im Fokus, sondern die wirtschaftlichen Entscheidungen einzelner Medienunternehmen oder auch Konsumenten (vgl. Sjurts in GWL). Liegt das Hauptaugenmerk der Betrachtungen auf Buchverlagen, wird der Begriff „Verlagswirtschaft“ verwendet. Einen guten Überblick hierüber gibt das bereits mehrfach aktualisierte gleichnamige Lehrbuch von Wulf D. von Lucius (vgl. von Lucius 2013a). Im Rahmen einer verlagswirtschaftlichen Betrachtung wird der Verlag u. a. in seinen Beziehungen zu anderen Akteuren, mit denen er wirtschaftliche Beziehungen unterhält, analysiert. Medien als Wirtschaftsunternehmen sind […] Nachfrager nach Produkten und Dienstleistungen aus anderen medialen und nichtmedialen Be-
Medienökonomie und Verlagswirtschaft
reichen […]. Für andere Wirtschaftsbereiche wiederum sind sie Voraussetzung der wirtschaftlichen Existenz. […] Und sie sind Arbeitgeber von nicht unerheblichem Gewicht. (Kiefer 2001, 17) Auf der Seite des Beschaffungsmarkts kann analysiert werden, welche Ressourcen der Verlag zu welchen Konditionen und unter welchen Bedingungen von außen einholen muss, um seine Produkte und Dienstleistungen erstellen zu können. Es handelt sich um einen „der eigenen Produktions- oder Handelsstufe vorgelagerte[n] Markt, auf dem Güter für eigene Produktionsoder Handelsprozesse beschafft werden können“ (Schneider in GWL). Heruntergebrochen auf einen Buchverlag heißt das: Will der Verlag das Manuskript eines Autors als Buch veröffentlichen, muss er vorher die Rechte dafür einkaufen. In vielen Fällen verhandeln dabei nicht mehr Autoren und Verlage direkt, sondern mittels Literaturagenturen, die einerseits bestrebt sind, für ihre Autoren gute Vertragskonditionen zu erhalten und andererseits den Verlagen durch eine adäquate Vorauswahl von Autoren und Manuskripten Arbeit abzunehmen. Die durch den Rechteeinkauf entstehenden produktbezogenen Kosten fallen darüber hinaus auch für Zuarbeiten von freien Lektoren, Korrektoren und Satzbüros an. Dagegen lassen sich sogenannte erlösbezogene Kosten abgrenzen, die etwa durch Vertrieb, Werbung und PR/ Öffentlichkeitsarbeit verursacht werden. Hierbei handelt es sich beim Verlag um Kosten für Logistik-Dienstleistungen (zum Beispiel Verlagsauslieferungen, Barsortimente), um Handelsdienstleistungen (Sortimentsbuchhandel, digitale Distributoren etc.) oder auch Agenturleistungen (Werbe- oder PRAgenturen) (vgl. von Lucius 2007, 92) usw. Diese Kosten werden dem Absatzmarkt zugerechnet. Dieser kann beschrieben werden, als der „der Produktion nachgelagerte Markt, auf dem die Produkte einer Firma verkauft (abgesetzt) werden. […] Der Absatzmarkt des Verkäufers (Anbieters) ist für den Käufer (Nachfrager) Beschaffungsmarkt“ (Kirchgeorg in GWL). Verlagstypen lassen sich anhand unterschiedlicher Kriterien bilden. Zunächst kann eine Unterscheidung nach Produktformen, also zum Beispiel nach der Art des Trägermediums, vorgenommen werden (etwa Buch-, Zeitschriften-, Hörbuch- und Kalenderverlage). Weitere Differenzierungsmöglichkeiten sind die Abgrenzung anhand des Verlagsprogramms, also der Themen, mit denen sich ein Verlag schwerpunktmäßig beschäftigt (etwa Bild- und Kunstbuchverlage, Fachbuch- und Wissenschaftsverlage, Kinderund Jugendbuchverlage, Publikumsverlage [Belletristik, Sachbuch], Ratgeber- oder Touristikverlage) oder anhand der Zielgruppe, die angesprochen werden soll. Bei einer Unterscheidung nach den Organisationsformen können etwa Autoren- und Lektoratsverlage differenziert werden, die einen unterschiedlich hohen Grad der Abhängigkeit von den Autoren aufweisen. Während Erstere stark darauf angewiesen sind, Manuskripte geliefert zu bekommen, werden bei Letzteren die Buchprodukte zum großen Teil im Verlag erstellt (beispielsweise bei Schulbuch- oder Wörterbuchverlagen). Ferner ist zu unterscheiden, ob es sich bei einem Verlag um einen Original-, einen Lizenz- oder einen Kommissionsverlag handelt. Der Originalverlag veröffentlicht maßgeblich Titel, für die er die Rechte direkt beim Autor erworben hat, der Lizenzverlag erwirbt seine Rechte von anderen Verlagen (meist für Übersetzungen) und Kommissionsverlage schließlich erwerben
Beschaffungs-/ Absatzmarkt
Verlagstypen
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Marketing
Produktpolitik
Kontrahierungspolitik
keine eigenen Verlagsrechte, sondern sind ausschließlich für den Vertrieb eines Buchs zuständig. Für die Kosten, die durch Werbemaßnahmen und den Vertrieb entstehen, erhalten Letztere eine Provision. In jüngerer Zeit hat die Zahl an Selbst- oder Eigenverlagen aufgrund des vereinfachten Zugangs zu Produktionsmitteln stark zugenommen: Autoren publizieren ihre Bücher selbst und tragen somit das vollständige wirtschaftliche Risiko. Bei der Betrachtung der einzelnen Funktionsbereiche innerhalb eines Verlags ist heute zuerst das Marketing in den Fokus zu nehmen. Begründen lässt sich dies durch die Tatsache, dass in den westlichen Wohlstandsgesellschaften in den 1960er Jahren ein Wandel von einem Verkäufer- hin zu einem Käufermarkt stattgefunden hat: nicht mehr die Nachfrage übersteigt das Angebot, sondern das Angebot die Nachfrage (das heißt, nicht mehr jedes Produkt findet mühelos Käufer). Um dem entgegen zu wirken, haben sich Unternehmen zunehmend an ihren Kunden orientiert. „Das Grundprinzip allen Marketings, das unternehmerische Denken an den Wünschen der Kunden auszurichten, wurde zum neuen Leitbild wirtschaftlichen Handelns“ (Huse 2013, 14). So wurden zum Beispiel Produkte stärker ausdifferenziert, um den Bedürfnissen der Konsumenten in ebenfalls ausdifferenzierten Gesellschaften entsprechen zu können. Marketing als „systematisch geplante marktorientierte Unternehmenspolitik“ (von Lucius 2007, 179) hat stark an Bedeutung gewonnen und ist eine zentrale Aufgabe des Unternehmens geworden. Die Ansatzpunkte des Marketings werden im sogenannten Marketing-Mix deutlich: Es stehen die vier Instrumente Produktpolitik, Kontrahierungspolitik, Distributionspolitik und Kommunikationspolitik zur Verfügung. In Bezug auf Verlage kann die Produktpolitik weitestgehend mit der Programmpolitik gleichgesetzt werden. Gemeinsam mit dem Verleger entscheidet der (Chef-)Lektor, welche Titel in das Programm des Verlags aufgenommen und welche Programmbereiche generell geführt werden sollen. Da der Absatz am Markt nur schwer vorhersehbar ist, gestaltet sich die Planung oft schwierig. Grundsätzlich sollte sich ein Verlag entscheiden, welche Strategie er mit seinem Programm verfolgen möchte. So kann er zum Beispiel ein innovatives oder aber auch ein nachahmendes Programm mit Me-Too-Produkten etablieren. Sind diese Entscheidungen gefallen, müssen Programmmacher gleichzeitig in drei Buchzyklen denken: Sie müssen beobachten, welchen Weg die von ihnen gemachten und bereits erschienenen Bücher auf dem Markt nehmen, um daraus Rückschlüsse für ihr künftige Planung zu ziehen. Parallel dazu werden die Manuskripte der Titel bearbeitet, die im nächsten Jahr erscheinen sollen, zukünftige Trends beobachtet und auf Basis dessen potenzielle neue Manuskripte gesucht (vgl. Breyer-Mayländer 2005, 54). Damit der Verlag insgesamt kein zu hohes wirtschaftliches Risiko eingeht, muss stets die Programmstruktur, also das Produktportfolio in seiner Gesamtheit in die Überlegungen einbezogen werden. In diesem Zusammenhang ist zu klären, welchen Anteil Backlisttitel gegenüber Neuerscheinungen einnehmen oder in welchem Verhältnis sehr erfolgreiche Titel zu wenig erfolgreichen stehen (Stichwort: „Mischkalkulation“). Unter dem Begriff Kontrahierungspolitik werden verschiedene Instrumente zusammengefasst: die Preispolitik, die Rabattpolitik sowie die Lieferungsund Zahlungsbedingungen. Obwohl die Preispolitik im Buchmarkt durch die
Medienökonomie und Verlagswirtschaft
Buchpreisbindung eine deutliche Einschränkung erfährt, ist die Kalkulation beziehungsweise Preisfindung für ein Buch dennoch nicht trivial: „Ein Produkt kalkulieren heißt, den ,richtigen‘ Preis dafür zu finden. Er muss die Kosten decken und für den Verlag einen Gewinn abwerfen. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, welchen Preis der Markt akzeptiert“ (Heinold 2009, 136). Um sich dem „richtigen“ Preis sinnvoll annähern zu können, ist es wichtig, die Elemente eines Buchpreises zu kennen: Wenn der Verlag beim Autor die Rechte für sein Werk einholt, wird in der Regel ein Honorar vereinbart. Wonach sich diese bemisst, ist letztlich von den Verhandlungen zwischen Autor und Verlag beziehungsweise Agent und Verlag abhängig. „10 Prozent vom Nettoverkaufspreis sind heute für eine Originalausgabe im Hardcover die Orientierungsmarke, aber keineswegs mehr die Regel; bei einem Taschenbuch muss sich der Autor mit deutlich weniger (meist 5 bis 7 Prozent) begnügen“ (Breyer-Mayländer 2010, 529). Auch die Leistung von Herausgebern, Übersetzern, Illustratoren und Bildlieferanten wird häufig mit einem Honorar vergütet. Grundsätzlich lassen sich Pauschal- beziehungsweise Festhonorare (ein fester Betrag wird für eine bestimmte Leistung vereinbart) und Absatzhonorare (anteilig vom Umsatz) unterscheiden. Das Staffelhonorar (Honoraranpassung) stellt eine Sonderform des Absatzhonorars dar, bei der sich das Honorar ab einer bestimmten Anzahl verkaufter Exemplare erhöht. Für Honorare von Autoren und Übersetzern ist seit 2002 im Urhebervertragsrecht festgelegt, dass eine „angemessene Vergütung“ erfolgen muss. Wie diese jedoch aussieht, war und ist Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen: „Die Autoren […] haben sich nach langen, zähen Verhandlungen 2005 mit den deutschen Belletristikverlagen auf gemeinsame Vergütungsregelungen geeinigt“ (Breyer-Mayländer 2010, 535). Um einem Autor die Sicherheit zu geben, dass er für seine Arbeit eine Entlohnung erhält oder ihn für den Verlag zu „ködern“, kann ein Vorschuss (garantiertes Mindesthonorar) vereinbart werden. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen der Autor kein Honorar bekommt oder sogar einen Zuschuss leisten muss, damit sein Buch überhaupt publiziert wird. Dies ist häufig der Fall, wenn der Autor ein großes Interesse daran hat, dass sein Buch erscheint (zum Beispiel bei wissenschaftlichen Qualifikationsschriften). Bei der Preisfindung wird versucht, alle Kosten und Erlöse in einer Kalkulation gegenüber zu stellen. Meistens verläuft diese Kalkulation in mehreren Stufen (Vor-, Schluss- und Nachkalkulation), da nicht alle Kosten und Erlöse im Voraus genau zu beziffern sind. Durch eine Deckungsbeitragsrechnung wird der Betrag errechnet, der nach Abzug direkt zurechenbarer Kosten (Einzelkosten) von den Erlösen eines Produktes übrig bleibt. Dieser Überschuss sollte ausreichen, um alle Gemeinkosten (sogenannte Verbundkosten, die nur indirekt auf die einzelnen Produkte umgerechnet werden können; etwa Mietkosten für Büros, Stromkosten, Kosten für Sekretärinnen) zu decken. Ergänzt wird der Deckungsbeitrag durch die Deckungsauflagenrechnung. Diese „ermittelt Teilmengen, die verkauft werden müssen, um bestimmte Ziele zu erreichen“ (Wantzen 2002, 84). In die Kalkulation fließt immer auch die (geplante) Auflagenhöhe mit ein. Diese ist bei Verlagen besonders wichtig, weil sie einer Fixkostendegression unterliegen, das heißt, bei größeren Auflagen sinken die fixen Stückkosten pro Exemplar (zum Beispiel der Anteil an den Kosten für Lektorat, Satz und Werbung). Wenn mit dem Verkauf einer größeren Auf-
Kalkulation
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Distributionspolitik
Kommunikationspolitik und Werbung
lage gerechnet werden kann, kann der Preis insgesamt günstiger ausfallen (vgl. Papies 2009, 130), bei der Auflagenplanung ist jedoch zu bedenken, dass für gedruckte Exemplare bis zum Verkauf Lagerkosten entstehen. Durch die Einführung von Digitaldruck und Printing on Demand (auch Print on Demand, POD) ist es möglich, bereits sehr kleine Auflagen kosteneffizient herzustellen, beziehungsweise Bücher erst auf explizite Nachfrage hin zu produzieren. Die Distributionspolitik (auch Vertriebs- oder Absatzpolitik) „sorgt dafür, dass das Produkt vom produzierenden Unternehmen in die Verfügungsmacht des Verbrauchers bzw. Verwenders übergeht. Ziel ist es, dass das Produkt zur richtigen Zeit im richtigen Zustand und in der erforderlichen Menge zur Verfügung steht“ (Gläser 2010, 482). Stellt man sich den Weg eines Buchs vom Verlag bis zum Endkunden vor, sind grundsätzlich drei Varianten denkbar: vom Verlag direkt zum Endkunden (direkte Distribution), vom Verlag zur Buchhandlung und von dort zum Endkunden (einstufige indirekte Distribution), vom Verlag über den Zwischenbuchhandel (Verlagsauslieferung und/oder Barsortiment) zur Buchhandlung und dann zum Endkunden (mehrstufige indirekte Distribution). Sofern es sich um gedruckte Bücher handelt, sind Fragen der Logistik zu klären, damit das Produkt zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, für den richtigen Kunden, zu den richtigen Kosten bereitsteht. Die Auswahl der Absatzkanäle muss daher auf das angebotene Produkt abgestimmt sein. So ist es zum Beispiel wenig sinnvoll, Nischenprodukte, für die es nur wenige Käufer gibt, über Discounter anzubieten. Sofern die Zielgruppe gut bekannt ist (beispielsweise bei hochspezialisierten Publikationen), können im Rahmen des Direktmarketings potenzielle Kunden direkt angesprochen werden (per Brief, Telefon, E-Mail o. Ä.). Erzeugt der Verlag mit dieser Direktansprache einen Nachfragesog, spricht man von Pull-Marketing. Das Pendant hierzu ist das Push-Marketing, bei dem Bücher zum Beispiel in Buchhandlungen „gedrückt“ werden, um am Point of Sale (POS) den Kunden zum (Spontan-) Kauf zu bewegen. Während Verlage früher in aller Regel ihre Verlagsvertreter zum Verkaufen der Titel in die Buchhandlungen schickten, ist es heute (mindestens bei großen Filialisten) üblich, dass der Einkauf zentral organisiert und in Zusammenarbeit mit Key-Account-Managern (Schlüsselkundenbetreuern) des Verlags abgewickelt wird. Dem Vertreter kommt häufig nur noch eine beratende Funktion zu, weshalb die Zahl der auf Provisionsbasis arbeitenden freien Handelsvertreter ab- und die der fest angestellten Verlagsvertreter zugenommen hat. Ein weiteres Instrument im Marketing-Mix ist die Kommunikationspolitik, zu der Werbung, Verkaufsförderung, die kommunikative Seite des persönlichen Verkaufs sowie die Öffentlichkeitsarbeit gehören. Ziel der Werbung ist es, möglichst viele potenzielle Käufer zu erreichen. Dabei kann es entweder darum gehen, auf ein neues Produkt aufmerksam zu machen oder neue Kundenkreise für ein bestehendes Produkt zu erschließen. Da das Werbebudget in Verlagen häufig nicht sehr groß ist und nur „zwischen 5 und 10 Prozent des Planumsatzes [liegt], wobei eine gleichmäßige Verteilung des Werbeetats nach dem Gießkannenprinzip über alle Titel hinweg schon lange der Vergangenheit angehört“ (Heinold 2009, 115), muss ein Werbeplan erstellt werden. Dieser dokumentiert, welche Produkte oder Dienstleistungen
Medienökonomie und Verlagswirtschaft
beworben werden sollen, wer die Zielgruppe ist, auf welche Weise und wann beziehungsweise wie lange geworben werden soll. Spitzentitel (Titel, die den größten Erfolg versprechen) werden dabei mit einem höheren Werbebudget ausgestattet als weniger erfolgversprechende Werke. Wenn klar ist, welche Zielgruppe angesprochen werden soll, muss eine Entscheidung über die Werbemittel, die zum Einsatz kommen sollen, fallen. Ein Werbe-/ Kommunikationsmittel „ist die reale, sinnlich wahrnehmbare Erscheinungsform der Kommunikationsbotschaft. Sie ersetzt die ursprünglich von Mensch zu Mensch verlaufende Kommunikation und macht sie reproduzierbar“ (Bruhn 2009, 4). Prinzipiell lassen sich gedruckte (zum Beispiel Anzeigen, Poster, Flyer), elektronische (Internetwerbeformen, Buchtrailer etc.) und sonstige Werbemittel (etwa Kugelschreiber oder Taschen) unterscheiden. Neben geeigneten Werbemitteln müssen darüber hinaus anhand der anvisierten Zielgruppe geeignete Werbeträger ausgewählt werden. Dabei stehen Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften) ebenso zur Auswahl wie elektronische Medien (Fernsehen, Hörfunk, Kino, Onlinedienste), Medien der Außenwerbung (zum Beispiel Plakatwerbung) oder Medien der Direktwerbung (etwa Werbebriefe, Kataloge, Telefon, Fax oder E-Mail). Welche Medien welche Zielgruppe erreichen, lässt sich aus den Mediadaten ablesen. „Ergebnis der Mediaplanung ist der Mediaplan, in dem die Belegung einzelner Mediagattungen und Werbeträger in bestimmten Zeitintervallen […] schriftlich festgehalten wird“ (Bruhn 2009, 333). Ein weiteres zentrales Element der Kommunikationspolitik ist die Öffentlichkeitsarbeit, im Zuge derer der Verlag und seine Produkte in der (medialen) Öffentlichkeit positioniert werden sollen. Dafür ist der Kontakt zu Angehörigen der Medien wichtig, damit zum Beispiel Rezensionen oder Buchbesprechungen in Zeitungen und Zeitschriften erscheinen oder Bücher in Radio- oder Fernsehsendungen vorgestellt werden. Üblicherweise werden von den Verlagen Rezensionsexemplare mit einem sogenannten Waschzettel (mit bibliografischen Angaben, kurzer Inhaltsangabe und Informationen zum Autor) an Redakteure verschickt (häufig vor dem Erscheinungstermin), so dass diese zeitnah auf das Buch aufmerksam machen können. Zur Öffentlichkeitsarbeit gehören ferner Auftritte eines Verlags bei (Buch-)Messen, Ausstellungen und Kongressen oder die Organisation von Lesereisen. Das Internet hat als Medium für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit stark an Bedeutung gewonnen, daher gibt es heute kaum noch einen Verlag, der nicht über eine eigene Internetpräsenz verfügt. Eine eigene Webseite ist mittlerweile Standard und nicht selten werden zusätzliche Microsites für einzelne Titel, Reihen oder Autoren angelegt und gepflegt. Etwa seit 2002 haben Social Media stetig an Bedeutung gewonnen und werden von vielen Verlagen gezielt für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt. Dabei sind besonders virale Marketingeffekte, die sich etwa über Empfehlungen von Kunden für Kunden (beispielsweise in sozialen Netzwerken) realisieren lassen, interessant (zunehmend wird von „Social Commerce“ gesprochen). Allerdings haben Social Media nicht nur Vorteile: Verlage, die dort aktiv sind, geben ein Stück weit die Hoheit über die Kommunikation auf, so dass es im schlechtesten Fall zu einem Shitstorm (massenhafte öffentliche Entrüstung) kommen kann, dem dann mit entsprechendem Fingerspitzengefühl begegnet werden muss (vgl. Kapitel IV.4).
Öffentlichkeitsarbeit
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft Organisation
Fünf Kernaufgaben des Verlags
Outsourcing/ Kooperationen
Damit ein Verlag langfristig funktionieren und wirtschaftlich erfolgreich sein kann, muss er eine durchdachte Organisation aufweisen. Die „Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen sowie [die] Koordination von Aufgaben und Aufgabenträgern“ (von Lucius 2007, 90) werden in der Aufbauorganisation formal festgeschrieben. Um die Unternehmensaufgabe arbeitsteilig erfüllen zu können, werden Stellen und Abteilungen als organisatorische Einheiten gebildet und entsprechend ihrer Kompetenzen abgegrenzt. Die Ablauforganisation hingegen ist tätigkeitsbezogen und dient der „raum-zeitliche[n] Strukturierung von Prozessen“ (von Lucius 2007, 90). Sie soll sicherstellen, dass alle Arbeitsgänge lückenlos aufeinander abgestimmt sind, ist jedoch nur bei sich regelmäßig wiederholenden Vorgängen sinnvoll. Für Verlage lassen sich fünf Kernaufgaben identifizieren: Erarbeitung der Programmrichtlinien beziehungsweise der Verlagsphilosophie, Produktentwicklung, Produkterstellung, Marketing und Vertrieb sowie kaufmännische Steuerung und Kontrolle. Während Ersteres dem Verleger oder der Geschäftsleitung obliegt, sind für die Produktentwicklung Lektoren und Produktmanager sowie die Verlagskonferenz und/oder Teilbereichsleiter zuständig. Die Produkterstellung wird von der Herstellung in Zusammenarbeit mit dem Lektorat bewältigt. Für die Bereiche Marketing und Vertrieb sind (sofern vorhanden) Vertriebs- und Marketingleiter verantwortlich, oftmals werden jedoch auch Lektoren und die Geschäftsleitung in Entscheidungsprozesse eingebunden. Die darüber hinaus anfallenden Aufgaben in den Bereichen Personal und Rechnungswesen sowie die Unternehmenssteuerung, gehören zum Tätigkeitsbereich der kaufmännische Geschäftsführer und Controller. Der Begriff „Controlling“ sollte hierbei nicht als Kontrolle missverstanden werden, sondern ist, da er aus dem Angelsächsischen kommt, „im Sinne von ,steuern/lenken‘ zu verstehen“ und meint damit „die vorausschauende Planung des wirtschaftlichen Geschehens und die Überwachung der eingeleiteten Maßnahmen“ (Heinold 2009, 130). Mitunter fallen im Verlag Aufgaben an, für die entweder momentan nicht genug Personal zur Verfügung steht oder für die nötige Kenntnisse fehlen Solche Aufgaben können dann im Rahmen von Outsourcing und/oder Kooperationen an Zulieferer beziehungsweise Partner ausgelagert werden. In der Regel geht damit ein hoher Kommunikations- und Abstimmungsaufwand einher. Der Verlag muss sich darüber im Klaren sein, dass er möglicherweise auch zukünftig wichtiges Know-how nicht im eigenen Unternehmen aufbaut – in einer Phase, in der die Digitalisierung eine große Herausforderung für die Verlagsbranche darstellt und neue digitale Produkte entwickelt werden müssen, eine strategisch wichtige Entscheidung.
4. Der E-Book-Markt der Gegenwart und Social Reading Die Digitalisierung des Buchs sowie die zunehmende Medienkonvergenz, bei der ehemals unabhängig fungierende Medienformate nun in einem Zusammenhang auftreten, stellen die Buchwissenschaft vor neue Fragen.
Der E-Book-Markt der Gegenwart und Social Reading
Neue, digitale Formen des Buchs und der expandierende E-Book-Markt sowie Veränderungen im Leseverhalten, die aufgrund von neuen Buchformaten und Lesegeräten möglich werden, bilden zusammen ein wichtiges, zukunftsweisendes Arbeitsfeld. Gerade weil bei Analysen der heutigen Entwicklungen eine diachrone Perspektive hinzugezogen werden muss, ist die Buchwissenschaft an vorderster Front bei der Erforschung dieser neuen Phänomene aktiv. Das elektronische Publizieren bringt seit Mitte der 1980er Jahre einen Wandel aller Stufen der Buchherstellung und -verbreitung mit sich. Dieser reicht von den neuen Formen der (oft von den Autoren geleisteten) Texterfassung über die veränderte Arbeit in Lektorat und Herstellung, die Zusammenarbeit zwischen Verlagen und Druckereien, den Sortimentsbuchhandel als möglichen Vertriebspartner für elektronische Produkte bis hin zur Arbeit innerhalb der Verlagsabteilungen Marketing/Presse und Vertrieb und zur Rezeption der Texte. Sehr früh griff das elektronische Publizieren schon im wissenschaftlichen Bereich ein und veränderte die Zusammenarbeit von Verlagen und Bibliotheken, denen eine neue Rolle zuwuchs (vgl. Müller 1998). Ein besonderes Phänomen stellen die Planungen für eigene Reader von elektronischen Büchern dar, deren erste marktreife Vorstufen in den frühen 1990er Jahren entwickelt wurden, so zum Beispiel der Data Discman von Sony aus dem Jahr 1992. Da dessen Bildschirm allerdings winzig, die Auflösung gering, die Tastatur überdimensioniert und das Aufspielen der Bücher mittels CD umständlich war, erfuhr er keinen nennenswerten Absatz. Erste Bewegung und Fantasie kamen in den Markt, als Joseph M. Jacobson vom Massachusetts Institute of Technology 1999 die E-Ink-Technologie vorstellte. Diese Erfindung, die es möglich macht, Texte ohne Hintergrundbeleuchtung sehr gut lesbar auf einer (theoretisch auch flexiblen) Leseoberfläche darzustellen, wurde frühzeitig als so wegweisend erkannt, dass dem jungen Physiker Jacobson im Jahr 2000 der Gutenberg-Preis der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft und der Stadt Mainz verliehen wurde (vgl. Füssel 2001, 12–16). Gut zehn Jahre danach scheint der Siegeszug von E-Books und elektronischen Lesegeräten unaufhaltsam, vom Spielzeug für Technik-Begeisterte sind sie ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Vor allem die Zahlen aus den USA zeigen dies in aller Deutlichkeit: Seit Einführung des Amazon Kindle 2007 haben sich die Verkaufszahlen von E-Books jedes Jahr mindestens verdoppelt; 2012 erreichten digitale Bücher einen Marktanteil von ca. 20 Prozent (vgl. Wischenbart 2013, 8). Einen ähnlichen Erfolg verzeichnen E-Books auch in Großbritannien, wo sie in der ersten Jahreshälfte 2012 auf einen Marktanteil von 12,9 Prozent kamen (vgl. Wischenbart 2013, 12). In Deutschland vollzieht sich der Wandel zum digitalen Lesen, ähnlich wie in den meisten anderen europäischen Ländern, langsamer; hier lag der Anteil 2012 bei 2,4 Prozent (vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2013b, 74). Die Gründe für diese langsame Adaption sind nicht vollständig geklärt, ein wichtiger Faktor in Deutschland ist allerdings der stationäre Buchhandel. So sorgen die äußerst hohe Versorgungsdichte nicht nur in Metropolregionen, sondern auch im ländlichen Raum, der einzigartige Service in Form von Übernachtlieferungen (über den Zwischenbuchhandel kann so gut wie
Vorläufer des E-Books
Aktuelle Marktlage
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Formate
Proprietäre Formate und Enhanced E-Books
jedes Buch unmittelbar am Tag nach der Bestellung beim Buchhändler abgeholt werden) und die gut ausgebildeten Buchhändler für eine weltweit herausragende Stellung des stationären Sortiments. Darüber hinaus sind die Preisbindung sowie eine kulturell geprägte Affinität für das gedruckte Buch entscheidende Determinanten für die Entwicklung des E-Book-Markts in Deutschland. In den nächsten Jahren werden EBooks jedoch auch hierzulande weiter an Bedeutung gewinnen. Im Jahr 2012 hatten erst gut 50 Prozent der Verlage elektronische Bücher im Angebot (vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2013b, 44), hier besteht also großes Wachstumspotenzial. Gerade bei den Bestsellern größerer Verlage liegen die E-Book-Anteile mitunter schon recht hoch: Aufbau meldete im November 2012 bei einigen Titeln 10 Prozent, Bastei Lübbe sogar 30 Prozent (buchreport.de 19.11.2012). Da beim elektronischen Buch Inhalt und Form getrennt sind, stellt sich zunächst die Frage nach der Aufbereitung des Textes. Hier haben sich mittlerweile zwei Standards herauskristallisiert: Zum einen PDF (Portable Document Format), zum anderen EPUB (Electronic Publication). Das Öffnen eines PDF ist etwa mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader von jedem Gerät aus möglich, der Text (sowie eventuelle Bilder, Grafiken, Tabellen usw.) erscheint dabei immer in der vom Autor/Verlag festgelegten Form, das heißt, „layoutstabil“. Problematisch ist diese statische Form vor allem bei Ausgabegeräten mit kleineren Displays, da sie nur einen Teilausschnitt der jeweiligen PDF-Seite anzeigen und ein ständiges manuelles Nachjustieren nötig machen. EPUBs hingegen sind „reflowable“, so dass sich der Text der Displaygröße flexibel anpasst und dementsprechend automatisch skaliert wird. Dies erleichtert nicht nur den Lesefluss auf Smartphones und E-Readern erheblich, der Leser kann zudem Schrift, Seitenrand, Durchschuss und Weiteres selbst bestimmen. EPUB basiert auf der Auszeichnungssprache XML (Extensible Markup Language) und ist ebenfalls ein kostenloser und offener Standard, der zudem ständig weiterentwickelt wird. Fachbücher und -zeitschriften erscheinen aufgrund ihrer komplexen Inhalte, Abbildungen und wegen der Zitierbarkeit (feste Seitenzahlen) häufig immer noch als PDF, Belletristik oder Sachbücher hingegen bevorzugt als EPUB. Mit Amazon und Apple haben sich allerdings zwei große E-Book-Distributoren entschlossen, eigene Wege zu gehen: Amazon nutzt für seine Kindle-Geräte die proprietäre Software Mobipocket (mobi-Format) beziehungsweise AZW. 2012 wurde KF8 (Kindle Format 8) eingeführt, ein Format, das zahlreiche neue Funktionen wie etwa ein optional festgelegtes Seitenlayout (vgl. PDF) oder eingebettete Schriften bietet. Die Amazon-Formate bilden ein geschlossenes Ökosystem, sie können nur auf Amazon-Geräten oder aber mittels Amazon-Apps gelesen werden. Apple verwendet zwar EPUB, ergänzt dieses aber mit einem eigenen Kopierschutzsystem (FairPlay), was zur Folge hat, dass die im iBookstore erworbenen Bücher nur auf AppleiPads und -iPhones gelesen werden können. Sogenannte Enhanced E-Books gehen über eine reine Wiedergabe des Textes hinaus und verbinden das Buch mit multimedialen Elementen, wie etwas Spielen, Filmsequenzen, Musik oder auch Möglichkeiten der Nutzerinteraktion. Enhanced E-Books werden eigens programmiert und als App (von engl. „application“ – Anwendungssoftware) angeboten. Bisher be-
Der E-Book-Markt der Gegenwart und Social Reading
schränkt sich das noch überschaubare Angebot vor allem auf den Bereich der Kinderliteratur. Wie bereits angesichts der Formate erkennbar wurde, wird digital auf einer Vielzahl von Geräten gelesen. Am häufigsten sind dies Computer, EInk-Reader, Smartphone und Tablet-PC. Lediglich der E-Ink-Reader (zum Beispiel Amazon Kindle, Sony Reader, Tolino) ist dabei speziell zum Lesen konzipiert, die anderen sind Multifunktionsgeräte. E-Ink-Reader bestechen durch ihre lange Akkulaufzeit (ca. vier Wochen), das geringe Gewicht und das von vielen als angenehm „buchähnlich“ empfundene Display, welches zudem nicht reflektiert. Allerdings können mit der aktuellen Technik weder schnelle Animationen noch Farben angezeigt werden. Demgegenüber dienen Tablets als Multifunktionsgeräte, die viele Anwendungen eines Desktop-PCs/Laptops übernehmen können. Speziell für das Lesen digitaler Bücher sind dabei das klassische 10-Zoll-iPad und seine Konkurrenten interessant, vor allem aber die 7-Zoll-Geräte von Amazon (KindleFire), Google (Nexus 7) oder Kobo (Arc). Sie bieten einen Kompromiss aus Größe, Gewicht und Preis, mit dem sie den E-Ink-Readern starke Konkurrenz machen und bei Letzteren 2012 zu einem Einbruch von 36 Prozent der weltweiten Verkäufe führten (vgl. Selburn 2012). Jenseits dieser technischen Ebene hat die Erfindung und Ausbreitung des E-Books weitreichende Folgen. E-Books sind nicht nur ein neuer Produkttyp, so wie in den 1950er etwa das Taschenbuch, sondern stellen den Buchmarkt und alle beteiligten Akteure vor neue Herausforderungen. Aus Sicht des Lesers liegen die positiven Aspekte des E-Books auf der Hand: Er kann zwischen noch mehr verschiedenen Produkttypen auswählen, die Bücher von jedem Ort aus und zu jeder Zeit erwerben und es gibt keine vergriffenen Titel mehr. Auch der große Bestand der Klassiker, deren Urheberrechtsschutz erloschen ist (70 Jahre nach dem Tod des Autors also; siehe Kapitel IV.2), steht dem Leser nun zur kostenlosen Lektüre zur Verfügung (etwa über Project Gutenberg). Die freie Konfigurierbarkeit von EBooks erlaubt ihm zudem das individuelle Anpassen von Schriftgröße, Font (Schriftart) und anderen Layoutelementen. Andererseits erwirbt der Leser mit dem E-Book lediglich ein Nutzungsbeziehungsweise Leserecht, nicht das Eigentum am digitalen Produkt. Er darf es also nicht weiterverkaufen oder verleihen. Dies hängt mit dem sogenannten Erschöpfungsgrundsatz zusammen: Sobald ein materielles oder auch körperliches Gut (also zum Beispiel ein Print-Buch) vom Verlag veröffentlicht wurde, ist damit das Verbreitungsrecht der Urhebers/des Verlags erschöpft – er hat nach § 17, Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes keinen Einfluss mehr darauf, wie das Werk weiter verbreitet wird (zum Beispiel durch Verleihen, Verkaufen, Verschenken, Vererben). Bei E-Books handelt es sich aber gerade nicht um materielle, sondern um immaterielle beziehungsweise unkörperliche Güter, weshalb der Erschöpfungsgrundsatz hier nicht greift (nach Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 5.3.2013, vgl. dejure.org). Im Unterschied zu Print-Büchern können E-Books mit einfachsten Mitteln in kürzester Zeit, beliebig oft und ohne Qualitätsverlust vervielfältigt werden – alles Gründe, welche die Rechteinhaber gegen den Erschöpfungsgrundsatz ins Feld führen. Absolute Rechtssicherheit gibt es in diesem Punkt allerdings noch nicht, juristisch gesehen besteht damit auf EU-Ebene weiterhin Klärungsbedarf.
Gerätevielfalt
Vorteile des E-Books
Herausforderungen
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft Neue Lesegewohnheiten
Nachteile aus Sicht des Buchhandels
Auch die Kulturtechnik Lesen verändert sich durch die Digitalisierung. In einer interdisziplinären Studie der Universität Mainz konnten die beteiligten Buchwissenschaftler und Neurolinguisten zeigen, dass die Rezeption von Büchern am Bildschirm keine negativen Auswirkungen etwa auf die Merkfähigkeit und die Lesegeschwindigkeit hat. Darüber hinaus legten die Ergebnisse der Studie nahe, dass das Lesen von einem hintergrundbeleuchteten Display bei Senioren sogar Vorteile für die Lesegeschwindigkeit sowie die neuronale Verarbeitung haben kann. Dies liegt laut der Studie vor allem am guten Kontrast, den diese Bildschirme ermöglichen (vgl. Kretzschmar u. a. 2013). Mittlerweile bieten verschiedene Hersteller E-Ink-Reader mit Displaybeleuchtug an, um unter anderem diese vorteilhafte Kontraststärke zu erreichen. Andere Studien wiederum legen nahe, dass E-Book-Leser in einigen Fällen durchaus dazu neigen, bestimmte Textabschnitte zu überfliegen und insgesamt eher in kleineren Zeiteinheiten, also „Häppchen“, zu lesen (vgl. Bläsi/Kuhn 2011, Stiftung Lesen 2008). Insgesamt ergeben sich für die Lese(r)forschung neue Fragestellungen (siehe unten Social Reading) und zugleich ein neues Instrumentarium zur Erforschung der Textrezeption durch die Auswertung großer Datensätze, die beim Lesen von E-Books generiert werden. Im Unterschied zur Leserperspektive überwiegen beim stationären Buchhandel die durch das E-Book entstehenden Nachteile und Probleme. Diese ergeben sich unter anderem aufgrund spezifischer Eigenschaften des EBooks: Während das traditionelle Buch ein sekundäres Medium ist (zur Rezeption werden keine Geräte benötigt), handelt es sich bei einem E-Book um ein tertiäres Medium, das heißt, ein E-Book kann nicht ohne ein entsprechendes Lesegerät konsumiert werden. Dieses Lesegerät dient dabei gleichzeitig auch als Verkaufsplattform für neue Bücher und ist direkt mit der entsprechenden Handelsplattform verbunden, so dass der Buchhändler bei dieser Vertriebsform zunächst gänzlich außen vor bleibt. Ideen, etwa ein Download-Terminal in der Buchhandlung aufzustellen oder E-Book-Karten mit entsprechenden Links zu den E-Books zu verkaufen, war in der Breite bisher kein Erfolg beschieden. Das Angebot einiger Verlage, Print-Bücher und E-Books im Bundle zu verkaufen (im Buch findet man einen Gutschein für das digitale Pendant), scheint hier erfolgversprechender. Die größte Chance für das Sortiment besteht im E-Book-Bereich in einer Multi-Channel-Strategie beziehungsweise im Angebot eines eigenen E-Readers. Die Multi-Channel-Strategie hat in den letzten Jahren größere Verbreitung gefunden und meint im Buchhandel die Kombination von stationärem Handel und Online-Shop. Selbst für kleinere Buchhandlungen ist die Implementierung eines E-Book-Portals inzwischen leicht möglich, da der Zwischenbuchhandel die technische Infrastruktur zur Verfügung stellt. In Form von sogenannten White-Label-Shops, welche die Buchhändler optisch nahtlos in ihre Homepage integrieren können, werden die Kataloge von libri/ ebook.de, KNV oder Umbreit zur Verfügung gestellt. Damit findet zwar eher keine Erweiterung der Zielgruppe statt, für die Stammkundschaft der Buchhandlung ist hier aber ein grundlegendes Angebot geschaffen. Wesentlich aufwändiger ist es für die Sortimenter, mit einem eigenen Reader zu reüssieren. Vor allem die großen Filialisten wie Hugendubel oder
Der E-Book-Markt der Gegenwart und Social Reading
Thalia haben in den letzten Jahren E-Ink-Reader und Tablets (meist günstig und von mäßiger Qualität) angeboten. Da diese Geräte direkt mit dem Shop der jeweiligen Kette verbunden sind, dienen sie unmittelbar zum Aufbau und zur Bindung eines festen Kundenstamms. Angesichts der Marktmacht von Amazon (und der wenig erfolgreichen Versuche des Börsenvereins mit dem Liro Color einen E-Reader für den ganzen Buchhandel zu schaffen) schlossen sich die Branchengrößen Libri, Hugendubel, Weltbild und Club Bertelsmann mit der Deutschen Telekom zusammen und stellten im Juni 2013 den E-Ink-Reader Tolino vor. Das technisch durchaus auf Augenhöhe mit der Konkurrenz liegende Gerät bietet den beteiligten Unternehmen die Chance, Amazon die Stirn zu bieten und den E-Book-Anteil an den Buchverkäufen zu steigern. Auf der Seite der Buchproduzenten sind die Fachverlage am besten auf den digitalen Wandel vorbereitet. Bereits seit Jahren erscheinen vor allem wissenschaftliche Periodika als E-Only-Versionen und können günstig und schnell distribuiert werden. Da die Kunden von Fachverlagen wie etwa Springer und Elsevier vor allem Bibliotheken sind, welche die Zeitschriften und Bücher wiederum einem größeren Personenkreis zur Verfügung stellen, haben sich hier auf die Bedarfe der jeweiligen Institutionen zugeschnittene Erwerbsmodelle entwickelt. Neben der Kaufoption ist dabei vor allem die Lizenzoption zu nennen. Die Bibliothek erhält gegen Zahlung einer jährlichen Gebühr Zugriff auf E-Books und Zeitschriften, die häufig in Sammlungen oder Paketen gebündelt werden und auf dem Server des Providers (etwa SpringerLink) verbleiben. Ein recht neues Modell ist die Patron Driven Acquisition (nutzergetriebene Erwerbung): Zu einem niedrigen Mietpreis lizenziert der Verlag Publikationen an die Bibliothek, die dann nach Ablauf eines definierten Zeitraums zum Beispiel anhand der Nutzungshäufigkeit entscheiden kann, welche Titel in das Eigentum der Institution aufgenommen werden sollen. Dies soll das Risiko für die Bibliotheken minimieren, Bücher anzuschaffen, die kaum nachgefragt werden. Für Belletristik- und Sachbuchverlage ist das E-Book verhältnismäßig neu. Die Herausforderungen liegen für sie vor allem bei der Produktion und Aufbereitung der Bücher sowie bei der Preisfindung. Mittlerweile haben viele Verlage auf eine medienneutrale Datenhaltung umgestellt, die Buchinhalte werden also als XML-Dateien gespeichert und sind so vollkommen flexibel, unter anderem für E-Books, nutzbar. Während große Verlage die Digitalisierung „in house“ leisten können, setzen viele kleine und mittelständische auf neu entstandene Intermediäre (Vermittler zwischen verschiedenen Akteuren), die zu einer Reduktion von Transaktionskosten beitragen (vgl. Vogel 2011, 335). Anbieter wie Bookwire oder Readbox offerieren ein Komplettpaket, das Herstellung, Vermarktung und Vertrieb von E-Books umfasst. Diese Form des Outsourcings spart potenziell Kosten und erlaubt auch kleineren Marktteilnehmern, im digitalen Bereich vertreten zu sein. Die Ausgaben, die ein Verlag durch wegfallende Papier-, Lager- und Distributionskosten spart, werden allerdings durch diese Prozesse teilweise wieder verschlungen. Hinzu kommt der bei E-Books nicht reduzierte Mehrwertsteuersatz von 19 %. Die hohen Fixkosten beim Buch (first-copy-costs), etwa die Personal- und Marketingkosten, bleiben auch beim E-Book unverändert. Dennoch wird auf Kundenseite der durchschnittlich um 20 bis 30 %
Die Verlagsperspektive
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Neue Intermediäre
Die Autorenperspektive
unter der Print-Ausgabe liegende E-Book-Preis als zu teuer angesehen – ein Problem, das sich angesichts der häufig bei 99 Cent liegenden Self-Publishing-Bücher (siehe unten) sowie der eingeschränkten Nutzerrechte (siehe oben) weiter verschärft. Aufgrund der als überzogen empfundenen E-BookPreise und der leichten Kopierbarkeit digitaler Inhalte ist das illegale Filesharing auch auf dem Buchmarkt angekommen. Verlage reagieren auf diese Entwicklung mit Digital Rights Management (DRM), Kopierschutzmaßnahmen, die eine gesetzeswidrige Weiterverbreitung verhindern sollen. Ob diese Schutzvorkehrungen wirklich helfen oder die Nutzung von E-Books vor allem unnötig erschweren, ist nicht endgültig geklärt. Kurzfristige Preisaktionen durch Verlage oder Buchhändler sind durch das ebenso für E-Books geltende Preisbindungsgesetz ausgeschlossen, seit einiger Zeit hat sich aber das E-Book-Angebot diversifiziert. Vor allem neu entstandene Intermediäre wie Skoobe (Random House/Holtzbrinck) oder PaperC (ein Berliner Start-Up) suchen neue Möglichkeiten, E-Books zu vertreiben und setzen dabei beispielsweise auf sogenannte Flatrate-Modelle. Diese erlauben etwa im Fall von Skoobe das Lesen einer unbegrenzten Anzahl von Büchern pro Monat für einen Pauschalbetrag und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Auch Amazon und Google bieten die Möglichkeit, E-Books auszuleihen. Noch wird dieses Modell durch die beschränkte Zahl an erhältlichen Titeln und die nur partielle Marktdurchdringung mit kompatiblen Tablets eingeschränkt; Zugangsangebote wie sie mittlerweile im Bereich von Musik und Video üblich sind, könnten sich aber auch in der Buchbranche weiter ausbreiten. Öffentliche Bibliotheken bieten gemeinsam mit divibib (ein Tochterunternehmen des Wiesbadener ekz.bibliotheksservice) mit der „Onleihe“ ebenfalls E-Books an, die allerdings denselben Bedingungen wie Print-Bücher unterliegen, so dass ein Titel deshalb nicht gleichzeitig an mehrere Bibliotheksnutzer verliehen werden darf. Erst wenn ein Nutzer ihn nach den obligatorischen zwei Wochen „zurückgibt“ (geschieht automatisiert), kann der nächste das Buch entleihen. In diesem Modell greifen also starke Einschränkungen, da die Verlage eine mögliche Konkurrenz zu anderen Vertriebswegen komplett unterbinden wollen. Da es sich wie oben beschrieben bei EBooks um Immaterialgüter handelt, müssen Öffentliche Bibliotheken und Verlage hier einen Ausgleich finden und vertragliche Bindungen eingehen. So hat die Bibliothek nicht das Recht, die E-Books auf eigene Faust zu kaufen und zu verleihen. Der Aufstieg des E-Books hat auch zu einer neuen Dynamik bei den Autoren geführt. Nie zuvor war es möglich, ohne einen Verlag ein derart großes Publikum zu erreichen. Mit Angeboten wie Amazon Direct Publishing kann jeder Autor seine Werke ohne großen Aufwand auf der Seite des amerikanischen Unternehmens verkaufen und so – potenziell – Millionen Leser ansprechen. Die Digitalisierung hat hier zu einer Demokratisierung der Produktionsmittel geführt (vgl. Anderson 2009, 63). Bestsellerautoren und Kindle-Millionäre wie E. L. James (Shades of Grey), Hugh Howey (Wool) oder Amanda Hocking (My Blood Approves, Trylle Trilogy) bilden zwar absolute Ausnahmen, zeigen aber die neuen Möglichkeiten für Autoren auf. Gerade Verlage versuchen verstärkt ihre eigenen Qualitäten in den Vordergrund zu rücken, um den neuen Self-Publishern die Stirn zu bieten beziehungsweise
Der E-Book-Markt der Gegenwart und Social Reading
von einem Buchvertrag zu überzeugen. Mit einem Angebot wie neobooks will der Verlag Droemer Knaur darüber hinaus erfolgversprechende SelfPublisher und Nachwuchsautoren früh identifizieren und ans eigene Haus binden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das E-Book nicht nur eine technische Innovation ist, die das traditionelle Buch weiterentwickelt, sondern vielmehr das Potenzial besitzt, die Buchbranche von Grund auf zu verändern. Buchwissenschaftliche Forschungen begleiten das E-Book daher seit geraumer Zeit und beschäftigen sich unter anderem mit ökonomischen, kulturellen, juristischen und rezeptionsspezifischen Aspekten der digitalen Buchprodukte. Aufgrund der sprunghaften Entwicklung neuer Angebote müssen diese Forschungen aber stetig aktualisiert und kritisch reflektiert werden. Darüber hinaus erfordert die Bandbreite an Veränderungen auch zunehmend interdisziplinär angelegte Forschungsprojekte. Die Digitalisierung verändert nicht nur das Medium Buch, sondern auch die Art des Lesens. Zusammen mit der seit einigen Jahren stark voranschreitenden Ausweitung des Social Web, das es allen Internet-Nutzern ermöglicht, Content zu schaffen und diesen mit anderen zu teilen, zusammenzuarbeiten sowie in Netzwerken zu kommunizieren, wird das ganze Potenzial dieses Wandels deutlich: Digitale Texte können öffentlich gelesen, kommentiert und diskutiert werden. Das Lesen von Büchern wird somit zu einem sozialen Prozess, einem online geführten, intensiven und dauerhaften Austausch über Texte, für den sich mittlerweile der Begriff Social Reading durchgesetzt hat. Dieses Phänomen ist allerdings alles andere als neu – schon immer wurden Geschichten in Gesellschaft rezipiert. Dies reicht von der mündlichen Tradierung von Homers Ilias über 1000 Jahre, das Vorlesen von Texten für die überwiegend nicht alphabetisierte Bevölkerung im Mittelalter bis hin zu den Lesekreisen unserer Gegenwart. Das stille Lesen hingegen gibt es erst seit einigen Jahrhunderten. Im Zeitalter von Internet, mobilen Endgeräten und E-Books hat sich dieses gemeinschaftliche Lesen eigene Räume auf Plattformen wie Goodreads oder LovelyBooks erobert, wo ausschließlich über Bücher gesprochen, diskutiert und gestritten wird. In diesen speziellen Leser-Communities können die Nutzer darüber hinaus ihr individuelles Leseverhalten dokumentieren, ihre Markierungen, Annotationen und Zitate teilen und das Gelesene bewerten. Mit über 20 Millionen Mitgliedern und circa 600 Millionen katalogisierten Büchern ist die amerikanische Seite Goodreads die größte Plattform für Social Reading und wird zugleich intensiv für Gespräche über Bücher genutzt. So finden sich etwa zu Umberto Ecos Der Name der Rose elf verschiedene Themen, die Lesende zur Diskussion stellen, und knapp 700 Topics, in denen auf besagtes Buch Bezug genommen wird. Die User haben diesen Roman über 100.000 Mal bewertet (4,05 von 5 Sternen) und gut 3.000 Rezensionen verfasst. Im deutschsprachigen Raum bietet die Community LovelyBooks vergleichbare Funktionen an und bringt Buchliebhaber miteinander ins Gespräch. Neben der Möglichkeit, sich Diskussionen zu einzelnen Büchern anzuschließen, können die Nutzer auf Plattformen wie LovelyBooks oder Buchgesichter auch selbst Gruppen erstellen, die sich entweder einem bestimmten Genre/Thema widmen oder auch Wohnort, Geschlecht
Social Reading
Online-Plattformen
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Geschäftsmodell Social Reading
Weitere Geschäftsmodelle
oder Alter als verbindendes Element wählen. Durch die intuitive Benutzerführung sind für diese Aktivitäten keine tiefer gehenden Computerkenntnisse erforderlich. Social Reading in den genannten Formen ist für den Nutzer zwar kostenlos, dahinter stecken jedoch ausgefeilte Geschäftsmodelle: Verlage können Anzeigen schalten, um für ihre Novitäten zu werben, und im Falle von LovelyBooks zusätzlich Aktionen buchen, die zumeist mit dem gemeinsamen Lesen und Diskutieren eines bestimmten Buchs verbunden sind. In sogenannten Testleserunden tauschen sich Mitglieder der Community, die ausgewählt beziehungsweise ausgelost wurden und ein Gratisexemplar des Buchs durch den Verlag erhalten haben, über das Werk aus und schreiben abschließend eine Rezension. Der Verlag erhofft sich dadurch ein gewisses mediales Grundrauschen, einen sogenannten Buzz, und bestenfalls die virale Verbreitung möglichst positiver Äußerungen über sein Buch. Die simple Kopierbarkeit von Inhalten ermöglicht es den Lesern, ihre Meinungen auf verschiedenen Portalen zu veröffentlichen und auf Amazon, Facebook, Twitter, in ihren Blogs und andernorts zu posten. Diese Netzwerkeffekte macht sich der Verlag zunutze, wobei die Community sozusagen als Katalysator dient. Auch der stark wachsende Markt der Self-Publisher findet hier interessante Vermarktungsmöglichkeiten. Im Idealfall bringt dies für alle Beteiligten Vorteile mit sich, indem der Leser Gleichgesinnte findet und sich mit diesen austauscht, der Verlag einen kommunikativen Raum für das zu bewerbende Buch öffnet und der Betreiber der Community (im Falle von LovelyBooks die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, zu der unter anderem der Rowohlt und der S. Fischer Verlag gehören) für das Vermitteln der Leser, die Bereitstellung der Plattform und die Moderation der Testleserunden durch einen Community-Manager entlohnt wird. Weitere Formen der Monetarisierung sind denkbar: E-Books können mit unterschiedlichen Preismodellen verkauft werden, zum Beispiel als ganz normale Textvariante, mit einer eingebauten „Standleitung“ zum Autor, der Fragen beantwortet (vgl. Weiss 2010) oder mit exklusiven Leserunden, bei denen der Autor mittels eines Videostreams zu einem bestimmten Termin sozusagen aus dem E-Book heraus mit dem Leser oder einem Lesekreis kommuniziert. Wie groß das wirtschaftliche Potenzial von Social Reading ist, wurde im März 2013 durch einen spektakulären Coup offenbar, als Amazon für geschätzt 150 Millionen Dollar Goodreads kaufte. Die Integration der Plattform in die hauseigenen Kindle-Geräte erfolgte im November 2013 und dürfte Social Reading innerhalb kürzester Zeit massentauglich machen. Neben diesen kommerziell orientierten Angeboten gibt es vor allem im englischsprachigen Raum auch ein breite Fülle von öffentlichen Einrichtungen, die mit Social Reading arbeiten. Interessant ist hier besonders das Praxisbeispiel der Toronto Public Library, die online ausführlich über den Start einer eigenen Leseplattform berichtete und Tipps für andere Einrichtungen gab (vgl. AuYeung 2007). Die beschriebenen Netzwerke übertragen das analoge Phänomen der Lesekreise in die digitale Welt mit ihren sämtlichen Möglichkeiten, allen
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voran die Unabhängigkeit von zeitlichen und räumlichen Begrenzungen, ein wirklich neuartiges Lesen und Sprechen über das Gelesene stellen sie allerdings nicht dar. Spannender sind innovative Formen des Social Reading, die den Lesevorgang mit der Diskussion über Literatur verschmelzen. Das Berliner Start-upUnternehmen Readmill antwortet auf die Frage „Why make a book digital and not make it shareable?“ mit einer interaktiven Leseoberfläche als App, die das einfache Markieren von bestimmten Textpassagen erlaubt. Diese Markierungen sind für alle anderen Nutzer der Plattform sichtbar, sie können wahlweise ein- und ausgeblendet und darüber hinaus in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter geteilt werden. Im Unterschied zu den oben genannten Communities ist hier also ein synchroner Austausch über das Gelesene möglich – direkt nach dem Lesen eines Satzes oder eines bestimmten Abschnitts können Anmerkungen verfasst oder die Notizen anderer Leser kommentiert werden. Theoretisch ermöglicht Readmill somit Diskussionen anhand konkreter Textstellen, das gemeinsame diskursive Durchdringen von Literatur auf Wort- und Satzebene. In der Praxis sind diese intensiven Gespräche allerdings noch die Ausnahme. Wie ein Ausschöpfen der aus den technischen Gegebenheiten resultierenden kommunikativen Möglichkeiten aussehen könnte, hat Bob Stein (Gründer des New Yorker Institute for the Future of the Book, vgl. auch Stein 2010) anhand des Buchs The Golden Notebook der Literaturnobelpreisträgerin Doris Lessing demonstriert: Der komplette Text ist im Browser abrufbar und wurde von November 2008 bis Februar 2009 von sieben Journalistinnen, Kritikerinnen und Autorinnen gemeinsam gelesen. Die Anmerkungen der Lesenden wurden dabei neben den einzelnen Seiten angezeigt und beziehen sich direkt auf diese. Die so entstandenen Diskussionen zum Gelesenen umfassen bis zu 20 Kommentare pro Seite und thematisieren beispielsweise Lessings Darstellung von Männer-Stereotypen. Konkrete Textstellen werden diskursiv erfahrbar und die neu entstehenden Texte, sogenannte Paratexte (vgl. Genette 2001, siehe oben Kapitel III.2), treten mit dem eigentlichen literarischen Text in eine dauerhafte Verbindung – sie sind auch heute noch online. Für den geneigten Leser verändern sie die Rezeption, regen zum weiteren Nachdenken, zur Zustimmung oder zur Ablehnung an, kurzum, sie erweitern, um mit dem Philosophen Paul Ricœur zu sprechen, die Welt des Textes und die des Lesers gleichermaßen (vgl. Ricœur 1983). Auch der Autor des diskutierten Werkes kann sich über die Reaktionen auf seinen Text informieren oder sich sogar aktiv an dem Gespräch beteiligen, so dass Social Reading letztlich eine direkte Verbindung zwischen Verfasser und Leser eröffnet. All diese neu entstehenden Paratexte bereichern das Buch, sie zeigen vielfältige Interpretationen auf, dokumentieren seine individuell-subjektive Rezeption und geben dem Autor (oder dem Lektor) auch nach Erscheinen des Buchs eine Stimme. Doch nicht alles ist schön in dieser neuen Bücherwelt. Große Verlage und Buchhändler beobachten die Leser ebenfalls mit Interesse und verstehen Social Reading auf eine etwas andere Weise. Während der Nutzer gemütlich mit dem E-Book-Reader ein Buch liest, schauen ihm diese Unternehmen über die Schulter – und zeichnen alles auf. „Your E-Book Is Reading You“, schrieb das Wall Street Journal hier treffenderweise (vgl. Alter 2012).
Innovatives Social Reading
Gläserner Leser
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Neuere Arbeitsfelder der Buchwissenschaft
Wissenschaftliche Perspektiven
Die Daten liefern ein genaues Abbild des individuellen Leseverhaltens und lassen in der Summe bestimmte Trends und Tendenzen erkennen: Wie lange braucht der durchschnittliche Leser für ein bestimmtes Buch, welche Kapitel überspringt er, welche Begriffe sucht er besonders häufig? Mit diesen und weiteren Informationen entstehen ganze Leserbiografien, Landkarten literarischer Vorlieben und Abneigungen, die alle einem Zweck dienen: der besseren Kenntnis des Kunden, einer genaueren Vorstellung der anvisierten Zielgruppen und damit schlussendlich passgenaueren Angeboten und Werbung, die den Umsatz maximieren sollen. Zusammengefasst wird dieses Phänomen unter dem Schlagwort Big Data beziehungsweise Business Intelligence, für das der gläserne Leser die Voraussetzung ist. Die Erkenntnis, dass lange Sachbücher selten zu Ende gelesen werden, hat bereits zu neuen Produkten wie etwa den nooksnaps geführt – kurze Bücher unterschiedlicher Genres, die die amerikanische Buchhandelskette Barnes & Noble für ihre Nook-E-Reader anbietet. In Deutschland verlegen unter anderem Suhrkamp (Edition Suhrkamp Digital) oder Campus (Keynote) Mini-E-Books zu verschiedenen aktuellen Themen wie der Umweltkatastrophe in Fukushima, der Occupy-Bewegung oder der Euro-Krise. Seien es Communities wie LovelyBooks und Goodreads oder Plattformen und dazugehörende Lese-Apps wie Readmill sowie die eher subkutan verlaufende Protokollierung von Millionen weltweiter Lesevorgänge, ganz gleich, wie Social Reading auch immer ausgestaltet ist, sowohl die freiwillig veröffentlichten als auch die von Unternehmen aufgezeichneten Daten bieten Wissenschaftlern reiches Material. Aus kommunikationssoziologischer Perspektive kann das Rezeptionsverhalten einer großen Anzahl von Lesern untersucht werden, Literaturwissenschaftlern bieten sich neue Einblicke in Leser-Leser- und Autor-Leser-Interaktionen, und – eine langfristige Archivierung und Kompatibilität der Daten vorausgesetzt – auch für Historiker und Kulturwissenschaftler eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten. Ähnlich den mittelalterlichen Marginalien und den mit Bleistift an den Rand geschriebenen Notizen können in der Rückschau intellektuelle Biografien einzelner Personen oder Personengruppen gezeichnet werden. Insgesamt gesehen erlaubt Social Reading nie dagewesene Einblicke in Leseprozesse und das sogar unter Umgehung von bisherigen methodischen Schwierigkeiten. Klassischerweise wird das Leseverhalten in Befragungen ermittelt, wobei aber neben den oft kleinen Stichprobengrößen auch das Problem der sozialen Erwünschtheit auftritt, die Antworten also verfälscht werden, um sich als Befragter in möglichst positivem Licht zu präsentieren (vgl. Brosius/Haas/Koschel 2012, 100–101). Vor allem bei den mehr oder weniger kontinuierlich und zumeist unbemerkten Datensammlungen durch Amazon und Mitbewerber sind beide Probleme der empirischen Forschung weitestgehend ausgeschlossen, wobei die Anonymisierung der Daten unter allen Umständen gewährt sein muss. Darüber hinaus müssen die Unternehmen natürlich bereit sein, diese Daten überhaupt mit Wissenschaftlern zu teilen. Auch im Bildungsbereich besitzt Social Reading großes Potenzial, da Schulkinder sowie Studierende Texte jenseits von Klassen- und Seminarräumen diskutieren können, wahlweise mit oder ohne Einbindung des Lehrers/ Dozenten. Diese Möglichkeit, bestimmte Textstellen in den Marginalien zu
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diskutieren und die Markierungen und Notizen der Lerngruppe anzeigen zu lassen, führt unter Umständen zu fokussierterem Arbeiten (vgl. Pearson 2012). Der interkulturelle Austausch kann durch geeignete Plattformen mit mehrsprachigen Texten von Social Reading profitieren und neue Einblicke in die unterschiedlichen Rezeptionstraditionen ermöglichen. Eine Plattform im deutschsprachigen Raum, die erste Schritte zum gemeinsamen Lesen unternimmt, ist Antolin. Sie richtet sich vor allem an Schüler und wird vom Schulbuchverlag Schroedel betrieben. Durch Fragen zu den gelesenen Büchern können die Schüler Punkte sammeln: Dies soll einerseits einen gewissen spielerischen Charakter erzeugen und die Lesemotivation fördern, andererseits erhalten die Lehrer so einen guten Überblick über das individuelle Lektüreverhalten der Schüler. Der Erfolg von Social Reading legt eine optimistische Zukunftsperspektive für das Lesen nahe, schließlich müssen die Bücher, über die gerade in Chats, Foren, Sozialen Netzwerken oder Plattformen gesprochen wird, auch irgendwann gelesen worden sein (Bücher übrigens, die – wie ein Blick auf die Bestsellerliste verrät – nicht unbedingt immer dünner werden). Im Zeitalter der Digitalisierung wird Lesen wieder sozialer, Social Reading greift in die Vergangenheit zurück und verbindet sie mit dem noch recht jungen Phänomen des stillen Lesens. So finden die individuelle Lektüre von Büchern und die reichen Interaktionsmöglichkeiten des Internets zusammen und schaffen kommunikative Räume für den Text. Diese wirken wiederum zurück auf den Leser, den Autor und vielleicht auch auf die Gespräche in Lesekreisen.
Die Zukunft des Lesens
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Anhang 1. Literaturverzeichnis * Bücher, die hier mit einem Sternchen markiert sind, gehören unbedingt in die Handbibliothek für Studierende der Buchwissenschaft. Zur weiteren Orientierung empfehlen wir die thematisch gegliederte Bibliografie im Wörterbuch des Buches (Hiller/Füssel 2006, 373–379) sowie die Online-Datei „Wichtige Hilfsmittel für Buchwissenschaftler“ der Buchwissenschaft München (http://www.buchwis senschaft.uni-muenchen.de/docs/bibliographie_ buwi.pdf). N. B. Alle Internetquellen sowie Forschungsliteratur im Internet ist am 16. August 2013 zuletzt eingesehen worden. Quellen und Forschungsliteratur Acker, Kristina: Bücherlust und -nutz. Begriff, Geschichte und Bedeutung von Bibliophilie – Eine Befragung bibliophiler Gesellschaften und ihrer Mitglieder. Saarbrücken 2008. Adrian, Werner: Berufsbildung im Buchhandel. Ein Rückblick auf 150 Jahre. In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe. Sonderausgabe: 150 Jahre Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1975, S. 89–104. Altenhein, Hans: Bücherkrise? Buchhandelsgeschichte der Weimarer Republik. In: Aus dem Antiquariat N. F. 10 (2012) 6, S. 265–271. Altenhein, Hans: Gerhard Menz und die Leipziger Buchwissenschaft 1925–1945. Eine Nachprüfung. In: Keiderling, Thomas/Weyrauch, Erdmann (Hrsg.): Buch-Stätte. Geschichte und Perspektiven der Leipziger Buchwissenschaft. Erlangen 2006, S. 9–28. Alter, Alexandra: Your E-Book Is Reading You. In: Wall Street Journal (19. Juli 2012). URL: http://onli ne.wsj.com/article/SB1000142405270230487030 45774909500514 38304.html# [16.08.2013]. Amelung, Peter: Humanisten als Mitarbeiter der Drucker (am Beispiel des Ulmer Frühdrucks). In: Krafft, Fritz/Wuttke, Dieter (Hrsg.): Das Verhältnis der Humanisten zum Buch. Boppard 1977, S. 129–144. Anderson, Chris: The Long Tail. Nischenprodukte statt Massenmarkt. München 2009.
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Anhang Leipziger Buchmesse: www.leipziger-buchmesse.de Leipzig liest: http://www.leipzig-liest.de/ Mainzer Verlagsarchiv: http://www.buchwissen schaft.uni-mainz.de/verlagsarchiv.html Maximilian-Gesellschaft: www.maximilian-gesell schaft.de Morgan Library and Museum: http://www.themorgan .org/ Open Books Frankfurt: http://www.openbooks-frank furt.de/ Penguin Blog: http://thepenguinblog.typepad.com/ Pilotprojekt Leipziger Verlagsarchive: http://www. uni-leipzig.de/~buchwiss/pilotprojekte.html „Reading Beyond the Book“: http://www.beyondthe book.bham.ac.uk/ Rosenbach Museum and Library: http://www.rosen bach.org/ Suhrkamp-Forschungskolleg: http://www.suhrkampforschungskolleg.de/ Kapitel IV: Neue Arbeitsfelder der Buchwissenschaft mit sozialwissenschaftlicher, ökonomischer oder juristischer Perspektive Antolin: www.antolin.de Barnes & Noble: www.barnesandnoble.com Buchmarkt: www.buchmarkt.de Buchpreisbindung: http://www.preisbindungsgesetz .de/ Buchreport: www.buchreport.de Buch und Buchhandel in Zahlen (BuBiZ): http:// www.mvb-online.de/buchhaendler/so-bestellensie-unsere-publikationen/buch-und-buchhandelin-zahlen.html The Golden Notebook von Doris Lessing: http://the goldennotebook.org Goodreads: www.goodreads.com Institut für Demoskopie Allensbach: www.ifd-allens bach.de/ LovelyBooks: www.lovelybooks.de Media Perspektiven: www.media-perspektiven.de Project Gutenberg: http://www.gutenberg.org/ Publishing Research Quarterly: http://www.springer. com/social+sciences/journal/12109 „Social Reading“. Forschungsfilm: http://www.youtu be.com/watch?v=4a-V7liBtHA Stiftung Lesen: http://www.stitfunglesen.de Toronto Public Library: http://www.torontopublicli brary.ca/
3. Nützliche Anschriften V.3.1 Einschlägige Studiengänge an öffentlichen Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich Deutschland Erlangen/Nürnberg Studiengänge B. A. Buchwissenschaft M. A. Buchwissenschaft mit den zwei Profilierungsschwerpunkten „Medienkommunikation Buch“ und „Medienwirtschaft Print & Digital“ Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Lehrstuhl für Buchwissenschaft Katholischer Kirchenplatz 9 D – 91054 Erlangen Tel: 0049 / 9131 / 8524700 E-Mail: buchwissenschaft@buchwiss. uni-erlangen.de Website: www.buchwiss.uni-erlangen.de Frankfurt am Main Studiengang Fortbildungsprogramm Buch- und Medienpraxis Goethe-Universität Frankfurt am Main Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik Grüneburgplatz 1 (Fach 140) D – 60629 Frankfurt am Main Tel: 0049 / 69 / 79823626 E-Mail: [email protected] Website: www.buchundmedienpraxis.de Leipzig Studiengänge B. A. Buchhandel/Verlagswirtschaft B.Eng. Buch- und Medienproduktion M. A. Verlags- und Handelsmanagement Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Fakultät Medien Besucheranschrift: Karl-Liebknecht-Straße 145 D – 04277 Leipzig Postanschrift: Postfach 30 11 66 D – 04251 Leipzig Tel.: 0049 / 341 / 3076 5428 E-Mail: [email protected] (Dekanat: Martina Friedrich) Website: www.fbm.htwk-leipzig.de/index. php?id=fakultaet-medien
Nützliche Anschriften Studiengänge B. A. und M. A. Kommunikations- und Medienwissenschaft Universität Leipzig Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft Abteilung Buchwissenschaft und Buchwirtschaft Besucheranschrift: Burgstraße 21 D – 04109 Leipzig Postanschrift: Augustusplatz D – 04109 Leipzig Tel: 0049 / 341 / 9735720 E-Mail: [email protected] (Sekretariat: Dörte Sander) Website: www.uni-leipzig.de/~buchwiss
D – 48143 Münster Tel: 0049 / 251 / 8326141 E-Mail: [email protected] Website: www.uni-muenster.de/Buchwiss/
Mainz Studiengänge B. A. und M. A. Buchwissenschaft Johannes Gutenberg-Universität Institut für Buchwissenschaft D – 55099 Mainz Tel: 0049 / 6131 / 3922580 E-Mail: sekretariat-buchwissenschaft@ uni-mainz.de Website: www.buchwissenschaft.uni-mainz.de
Österreich
München Studiengänge B. A. Buchwissenschaft M. A. Verlagspraxis M. A. Buch- und Medienforschung Ludwig-Maximilians-Universität Department I – Germanistik, Komparatistik, Nordistik, Deutsch als Fremdsprache/Buchwissenschaft Schellingstraße 3 / RG D – 80799 München Tel: 0049 / 89 / 2180 2395 E-Mail: buchwissenschaft@germanistik. uni-muenchen.de Website: www.buchwissenschaft. uni-muenchen.de Münster Studiengang M. A. British, American and Postcolonial Studies/Teilbereich „Book Studies“ Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Buchwissenschaft und Textforschung Aegidiistraße 5
Stuttgart Studiengänge B.Sc. MediaPublishing M.Sc. Print & Publishing Hochschule der Medien Nobelstraße 10 D – 70569 Stuttgart Tel: 0049 / 711 / 892310 E-Mail:[email protected] (Studienbüro: Elly Calvelli) Websites: www.hdm-stuttgart.de/mp; www.hdm-stuttgart.de/ppm
Klagenfurt Studiengang Mag.phil Germanistik, Schwerpunkt Angewandte Germanistik Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Institut für Germanistik Universitätsstraße 65–67 A –- 9020 Klagenfurt Tel: 0043 / 463 / 2700 2799 E-Mail: [email protected] (Sekretariat: Bettina Karpf) Website: www.uni-klu.ac.at/germ/inhalt/1.htm Schweiz St. Gallen Studiengang Lehrprogramm Buch- und Medienwirtschaft (LBW; Zusatzabschluss auf Bachelor-Stufe) Universität St. Gallen Dufourstrasse 50 CH-9000 St. Gallen Tel.: 0041 / 71 / 2242111 E-Mail: [email protected] Website: www.unisg.ch/Studium/Bachelor/ Zusatzabschluesse/LehrprogrammBuchUndMedienwirtschaft.aspx
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Anhang V.3.2 Einschlägige wissenschaftliche beziehungsweise buchaffine Gesellschaften Deutsche Schillergesellschaft e. V. Postfach 1162 D – 71666 Marbach am Neckar Tel: 0049 / 7144 / 848202 E-Mail: [email protected] Website: www.dla-marbach.de Gesellschaft der Bibliophilen e. V. c/o RA Michael Then Rindermarkt 17 D – 80331 München Tel: 0049 / 89 / 5450 4210 E-Mail: [email protected] Website: www.bibliophilie.de Gesellschaft für Buchforschung in Österreich Kulmgasse 30/12 A – 1170 Wien E-Mail: [email protected] Website: www.buchforschung.at Historische Kommission des Börsenvereins des deutschen Buchhandels Dr. Björn Biester Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V. Braubachstraße 16 D – 60311 Frankfurt am Main Tel: 0049 / 69 / 1306469 E-Mail: [email protected] Website: http://www.boersenverein.de/de/ 457760 Internationale Buchwissenschaftliche Gesellschaft e. V. Geschäftsstelle: Dr. Slávka Rude-Porubská c/o Ludwig-Maximilians-Universität München Studiengänge Buchwissenschaft Deutsche Philologie Schellingstraße 3 / RG D – 80779 München E-Mail: [email protected] Website: www.buchwiss.de Internationale Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e. V. Liebfrauenplatz 5 D – 55116 Mainz Telefon: 0049 / 6131 / 226420 E-Mail: [email protected] Website: www.gutenberg-gesellschaft.de
Maximilian-Gesellschaft Traubenstraße 59 D – 70176 Stuttgart E-Mail: [email protected] Website: www.maximilian-gesellschaft.de SHARP (Society for the History of Authorship, Reading, and Publishing) E-Mail: [email protected] (Prof. Dr. Eleanor F. Shevlin, Membership Secretary) Website: www.sharpweb.org V.3.3 Wichtige Bibliotheken und andere einschlägige Institutionen Archiv und Bibliothek des Börsenvereins des deutschen Buchhandels e. V. Dr. Hermann Staub Adickesallee 1 D – 60322 Frankfurt am Main E-Mail: [email protected] Website: http://www.dnb.de/DE/Wir/ Sondersammlungen/boersenverein/ boersenverein_node.html BSB München Bayerische Staatsbibliothek Ludwigstraße 16 D – 80539 München Tel: 0049 / 89 / 28638-0 E-Mail: [email protected] Website: www.bsb-muenchen.de Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V. Braubachstraße 16 D – 60311 Frankfurt am Main Tel: 0049 / 69 / 1306-0 Website: www.boersenverein.de Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig Deutscher Platz 1 D – 04103 Leipzig Tel: 0049 / 341 / 2271453 E-Mail: [email protected] Website: www.dnb.de Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt am Main Adickesallee 1 D – 60322 Frankfurt am Main Tel: 0049 / 69 / 15252500 E-Mail: [email protected] Website: www.dnb.de
Nützliche Anschriften DLA Marbach Deutsches Literaturarchiv Marbach Bibliothek Postfach 1162 D – 71666 Marbach am Neckar Tel: 0049 / 7144 / 848-301 E-Mail:[email protected] Website: www.dla-marbach.de HAAB Weimar Herzogin Anna Amalia Bibliothek Klassik Stiftung Weimar Stiftung des öffentlichen Rechts Burgplatz 4 D – 99423 Weimar Tel: 0049 / 3643 / 545-0 E-Mail: [email protected] Website: www.klassik-stiftung.de HAB Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek Lessingplatz 1 D – 38304 Wolfenbüttel Tel: 0049 / 5331 / 808-0 E-Mail: [email protected] Website: www.hab.de Internationale Jugendbibliothek Schloss Blutenburg D – 81247 München Tel: 0049 / 89 / 891211-0 E-Mail: [email protected] Website: www.ijb.de Mainzer Verlagsarchiv Binger Straße 14–16 D – 55122 Mainz Tel: 0049 / 6131 / 3939197 E-Mail: [email protected] Website: http://www.buchwissenschaft. uni-mainz.de/verlagsarchiv.html SBB-PK Berlin Haus Unter den Linden Staatsbibliothek zu Berlin Unter den Linden 8 D – 10117 Berlin (Mitte) Tel: 0049 / 30 / 266-0 Website: www.staatsbibliothek-berlin.de Literaturhäuser im deutschsprachigen Raum E-Mail: [email protected] Website: www.literaturhaus.net
V.3.4 Wichtige Buch-, Druck- und Schriftmuseen im deutschsprachigen Raum Bilderbuchmuseum Troisdorf Burg Wissem Burgallee 1 D – 53840 Troisdorf Tel: 0049 / 02241 / 8841427 E-Mail: [email protected], Website: www.bilderbuchmuseum.de Buch & Schrift Museum Leipzig Deutscher Platz 1 D – 04103 Leipzig Tel: 0049 / 341 / 2271453 E-Mail: [email protected] Website: www.dnb.de Deutsches Zeitungsmuseum Wadgassen Am Abteihof 1 D – 66787 Wadgassen Tel: 0049 / 6834 / 9423 0 E-Mail: [email protected] Website: www.deutsches-zeitungsmuseum.de Gutenberg-Museum Museum für Buch-, Druck- und Schriftgeschichte Liebfrauenplatz 5 D – 55116 Mainz Tel: 0049 / 6131 / 122503 E-Mail: [email protected] Website: www.gutenberg-museum.de Internationales Zeitungsmuseum Aachen Pontstraße 13 D – 52062 Aachen Tel.: 0049 / 241 / 4324910 E-Mail: [email protected] Website: http://izm.de Klingspor Museum Offenbach für internationale Buch- und Schriftkunst Herrnstraße 80 D – 63065 Offenbach Tel: 0049 / 69 / 8065-2954 E-Mail: [email protected] Website: http://www.klingspor-museum.de/ Papiermuseum Basel Basler Papiermühle St. Alban-Tal 37 CH – 4052 Basel Tel: 0041 / 6122 / 59090 E-Mail: [email protected] Website: www.papiermuseum.ch
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Sachregister A Absatz 70, 71, 87, 94, 103, 105–106, 109 Amazon 109–111, 113–114, 116, 118 Analphabetismus 85 Antiquariat 25, 77 Archiv für Geschichte des Buchwesens (AGB) 9, 32, 58 Auflage 17–18, 21, 29, 33, 40, 42, 50, 56–57, 74, 90, 95, 99, 105–106 Auflagenhöhe 17, 56, 90 Aura (des Buches) 49, 73 Autor 62–65, 67, 69, 71–75, 89–95, 97, 101, 103–105, 107, 110–111, 114–119 B Backlist 104 Barsortiment 103, 106 Befragung 81–82, 118 Belletristik 11, 70, 100, 103, 105, 110, 113 Beobachtung 81–82, 87 Berufsperspektiven 68–69, 73 Berner Übereinkunft 91 Bertelsmann 8, 59–60, 88, 99, 113 Bibliothek 7, 9, 12, 14, 24–25, 29–30, 32–37, 44, 53, 58, 62, 67, 69–70, 73–77, 87, 95, 109, 113–114 Big Data 45 Blog 51, 67, 116 Börsenverein des deutschen Buchhandels 55, 58, 66, 77, 88–89, 91, 93–96, 100, 102, 109–110, 113 Börsenblatt 29, 30, 32, 88, 95 Book History 38–44, 57 Buchbranche 7, 68, 71, 81, 100–102, 114–115 Bucheinband 25, 27, 33, 49, 53–54, 75 Buchgemeinschaft 99 Buchhandel 100, 102–103, 106, 109–110, 112–113 Buchkäufer 89, 95 Buchkunde 9, 35 Buchkunst 34, 52, 74, 99 Buchmarktforschung 79–80, 87–88 Buchmesse 12, 72 Buch und Buchhandel in Zahlen (BuBiZ) 100 Buchwirkungsforschung 85–86 Buchpreisbindung 96, 98–100, 102, 105 buchreport 100, 110 Buchtrailer 107 C CD-ROM 66, 97–98
Controlling 108 Corporate Design 62, 64 Corporate History 59 Corporate Publishing 70–71 D Deckungsauflagenrechnung 105 Deckungsbeitragsrechnung 105 Demoskopie 88 Digitale Buchprodukte 79, 89, 108–109, 111, 115 Digitaldruck 106 Digital Humanities 45–46, 57 Digitalisierung 77, 100, 108, 112, 114–115, 119 Diogenes Verlag 59, 71 Direktvertrieb 100 Distribution 16, 28, 41, 79, 100, 104, 106, 113 Distributionspolitik 104, 106 Doppelcharakter (des Buches) 11, 28, 89, 99 E E-Book 34, 66, 79–80, 92, 99–100, 108–119, E-Book-Reader siehe E-Reader Edition 15, 34, 36, 71, 74–75 E-Ink 34, 109, 111–113 E-Ink-Reader siehe E-Reader Einband 25, 27, 33, 49, 53–54, 75 Empirie 81 Empirische Sozialforschung 11, 81–82 Endgerät 82, 115 Enhanced E-Books 99, 110, E-Reader 7, 11, 34, 111–113, 117–118 Experiment 24, 81–82 F Fachbuch 25, 103, 110, 113 Feldtheorie 60 Filialisten 100, 106, 112 Flugblatt 11, 49, 86 Flugschrift 11, 49, 86 G Geistiges Eigentum 89, 93 Globalisierung 49 Google 92, 111, 114 Gutenberg-Jahrbuch 9, 33 H Hanser Verlag 10, 61, 63
Sachregister Historische Kommission 29–30, 55, 58 Honorar, Honorierung 28, 90, 94, 105 I IASLonline 60 Illiteralität 85 Illustration 33 Illustrator 105 Impressum, Impressumspflicht 51, 101 Imprimatur 76–77 Independent-Verlag 63, 65 Internationales Archiv für Sozialgeschichte der Literatur (IASL) 60–61 Internet 55, 68, 71, 79, 89, 92–93, 98, 101, 107, 115, 119 K Kalkulation 104–105 Kartell 97, 102 Kinder- und Jugendbuch 54, 100, 103, 111 Klassiker 70, 91, 111 Kolophon 13–14, 20, 25, 51 Kommunikation 27, 29, 35, 47–54, 62–63, 76–77, 71–72, 82–85, 89, 104, 106–108, 118 Kommunikationspolitik 106–107 Kontrahierungspolitik 105 Konzentration 98, 100 Krönersche Reform 31, 95 Kulturgut 70, 76, 97, 99 Kulturwissenschaft 7, 9–11, 36, 47, 64, 118 L Leihbibliothek 87 Lektorat 7–8, 12, 36, 63, 68, 73, 103–105, 108–109, 117 Lesefähigkeit 11, 18, 86–87 Leseförderung 39, 68, 85 Leseforschung 69, 79–80, 84–88 Leser 53, 61, 63, 67, 69–70, 72, 82–88, 110–111, 114–119 Leserforschung 68, 79, 82, 84–88 Lesegesellschaft 87, 98 Lesegewohnheit 112 Leseintensität 84 Leseknick 84 Lesekompetenz 80, 83–85 Leseprozess 82, 86 Lesesozialisation 83–85 Leseverhalten 84, 87, 109, 115, 118 Lesevorbild 84 Linotype 50 Literalität 83–85 Literaturagent, Literaturagentur 68, 103 Literaturpreis 63, 69–72 Lizenz 66, 68, 72, 92–93, 99, 103, 113
M Makroökonomie 100, 102 Manuskript 24–25, 36, 49, 51, 66–67, 74, 103–104 Marketing 59, 63, 67–68, 104, 106–109, 114 Materialität 9, 11, 35, 47–54 Media Perspektiven 89 Medienbranche 68–69, 100 Medienkonvergenz 11, 36–37, 79, 93, 108 Medienökonomie, Medienökonomik 88, 99–107 Mediennutzungsforschung 82 Medienpädagogik 35, 89 Medienpsychologie 83 Medienrecht 35–36, 79, 101 Medienwirkungsforschung 82 Me-Too-Produkt 104 Mehrwertsteuer 73, 93, 99 Meinungsforschung 88 Meritorische Güter 100–101 Methode Mikroökonomie 100, 102 Mischkalkulation 104 N Nachauflage 90 Nachdruck 89–91, 94 Nachfrage, Nachfrager 87, 102–103, 104, 106 Nutzungsrecht 93, 101 O Öffentlichkeitsarbeit 12, 68, 103, 106–107 Onlinebuchhandel 7, 92, 107, 112 P Paperback, siehe Taschenbuch Papier 16, 21, 26, 29, 48–50, 52–54, 67, 77, 102, 113 Paratext 63–64, 72, 117 Pergament 34, 49–50 PISA-Studie 83 POD (Print on Demand, Printing on Demand) 106 Populäre Lesestoffe 61, 87 PR (Public Relations), siehe Öffentlichkeitsarbeit Preisbindung, siehe Buchpreisbindung Pressefreiheit 91, 101 Presserecht 101 Privatpressenbewegung 52–53 Produktion 11, 18, 36, 38, 41, 44, 50, 52, 54, 56–57, 59, 67, 72, 79, 84, 87, 99, 100, 103–104, 113 Produktpolitik 104 Provenienz 21, 24, 54, 73–77
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Sachregister Provision 104, 106 Publishing Research Quarterly 89 Q Qualitative Methoden 81 Quantitative Methoden 11, 56–57, 81 Quelle 16, 20, 23–24, 27, 31, 39, 41–42, 45, 50, 55–57, 59, 62, 64–67, 86 R Rabatt 93–95, 98, 102, 104 Rechte, Rechteeinkauf 28, 68, 90–93, 101, 103–105, 111, 114 Reformation 18, 48, 86 Regulierung 100 Remission 102 Rezeption 11, 16, 33, 41, 43, 52, 68–70, 79–80, 84–87, 109, 112, 115, 117–119 Rowohlt Verlag 10, 59, 61, 64–65, 70–71, 94, 98, 116 S Sachbuch 59, 68, 100, 103, 113 Sammelreverse 97 Schleuderei 94–95 Schlüsselzahlen 96 Schutzfrist 35, 91 Semantizität 48 Skriptorium 49 Smartphone 110–111 Social Media 107 Social Web 38, 67, 115 Sortiment, Sortimentsbuchhandel 7, 12, 27, 35, 55, 68, 71, 94–98, 103, 106, 109–110, 113 Sozialgeschichte 10, 35, 60–62, 72, 78, 86 Sozialwissenschaft 68, 79, 88 Spartenpapier 102 Spitzentitel 107 Stiftung Lesen 89, 112 Strukturwandel 100 Suhrkamp Verlag 47, 64, 70, 118 Systemtheorie 60, 62
T Tablet 11, 111, 113–114 Taschenbuch 47, 53–54, 61, 105, 111 Typografie 16, 24–25, 52 U Überproduktion 87 Übersetzer, Übersetzung 18, 21, 41–42, 70, 103, 105 Urheberrecht 28, 79, 89–93, 111 Uses-and-Gratifications 82 V Verlag 7–9, 12, 17, 27–28, 30, 32–33, 35–37, 40–43, 54–68, 70–73, 88–119 Verlagsarchiv 35, 37, 52, 64–67, 73 Verlagsgesetz 101 Verlagsprogramm 17, 35, 71, 90, 103 Verlagsrecht 28, 91, 104 Verlasgtypen 59, 103 Verlagsvertrag 101 Verlagswirtschaft 8, 37, 99, 102 Versandbuchhandel 100 Vertrieb 7–8, 12, 68, 79, 91, 96–97, 100, 103–104, 106, 108–109, 112–114 W Weissbooks Verlag 65 Werbung 12, 71, 103, 105–107, 118 Wettbewerb 95, 97–98, 100, 102 Wirtschaftsgut 60, 99 Wirtschaftstheorie 100 Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) 99 Z Zeitschrift 7, 11, 26, 29, 40, 61, 68, 71, 76–77, 89, 92, 100–101, 107, 110, 113 Zeitung 11, 29, 49–50, 69, 71, 101, 107 Zensur 43, 75, 89, 91 Zielgruppe 8, 54, 67–68, 85, 87, 99, 103, 106–107, 112, 118 Zwischenbuchhandel 55, 68, 106, 109
Namensregister A Acker, Kristina 76 Adrian, Werner 28 Altenhein, Hans 29, 58 Alter, Alexandra 117 Amelung, Peter 17 Anderson, Chris 114 Assmann, Aleida 48 Assmann, Jan 48, 52 Atteslander, Peter 81 Auguscik, Anna 70 Aurifaber, Johannes 18 AuYeung, Catherine 116 Aventinus, Johannes 17 B Barbier, Frédéric 43 Barzizius, Gasparinus 14 Basbanes, Nicholas A. 75 Basting, Barbara 71 Belanger, Terry 50–51 Berensmeyer, Ingo 48 Berghaus, Margot 62 Bertschi-Kaufmann, Andrea 84 Beughen, Cornelius van 25 Bielschowsky, Ludwig 76 Biesalski, Ernst-Peter 37 Bläsi, Christoph 66, 112 Bloch, Marc 42 Bodemer, Saskia 66 Boghardt, Martin 50–51 Bolivar, Simon 30 Bortz, Jürgen 82 Botzheim, Johannes 16 Bourdieu, Pierre 60, 63, 72 Brant, Sebastian 17 Brauer, Adalbert 31 Brecht, Bertolt 18 Breitkopf, Immanuel 90 Breyer-Mayländer, Thomas 104–105 Briegleb, Klaus 61 Brockhaus, Eduard 30–31 Brosius, Hans-Bernd 82, 118 Bruhn, Manfred 107 Bücher, Karl 96 Bussi, Giovanni Andrea 14 Burdick, John 53 Burkhardt, Johannes 86
C Carnegie, Andrew 76–77 Caspar, Scott E. 41 Cavallo, Guglielmo 43 Celtis, Conrad 15–18 Chaison, Joanne D. 41 Chartier, Roger 43 Cherchi, Paolo 24 Collina, Beatrice 24 Corsten, Severin 24–25, 34 Costa Greene, Belle da 75 Crantz, Martin 14 Curran, Mark 45–46 D Dahnke, Michael 71, 72 Darnton, Robert 9, 34, 39, 44–46, 89 De Bartha, Georges 54 Dehaene, Stanislaus 83 Dehm, Ursula 82 DeMaria, Robert, Jr. 78 Denis, Michael 25–26 Dick, Archie L. 44 Diederichs, Eugen 28, 64 Diekmann, Andreas 82 Döring, Nicola 82 Drecoll, Frank 85 Drew, Ned 54 Dreyer, Gunda 91 Dücker, Burckhard 72 Duncan, Alastair 54 E Ebenau, Katharina 67 Eisenstein, Elizabeth L. 39 Eliot, Simon 42 Enderlein, Anne 60 Engelsing, Rolf 87 English, James F. 72 Ernst, Albert 52 Esmann, Susan 72 Estermann, Monika 24, 59–60, 64–65 Everling, Ulrich 93 F Fabian, Bernhard 36 Febvre, Lucien 42
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Namensregister Fichet, Guillaume 14–15 Fichte, Johann Gottlieb 90 Finkelstein, David 42 Fischer, Ernst 28, 32, 51, 58, 78, 88–89 Folger, Henry Clay 75 Forster, Robert 42 Foulkes, David 82 Franklin, Benjamin 30 Fraser, Robert 43–44 Friburger, Michael 14 Fröhner, Rolf 88 Fuchs, Reimar W. 34–35 Fuchs-Heinritz, Werner 63 Fuller, Danielle 73 Füssel, Stephan 8, 11–12, 14–15, 18–19, 21, 32–36, 49, 52, 58, 61, 65, 90, 91, 93, 95, 97, 109 Fust, Johannes 20 G Garbe, Christine 83 Garzoni, Tomaso 22–24 Gastell, Daniela 65 Genette, Gérard 63–64, 72, 117 Gering, Ulrich 14 Gieselbusch, Herrmann 59 Glaser, Horst Albert 10, 61 Gläser, Martin 106 Glaubitz, Nicola 69 Glaubitz, Uta 48 Goethe, Johann Wolfgang von 18, 52, 90 Goldfriedrich, Johann 31–32, 58, 90 Göpfert, Herbert G. 32, 36, 70, Göschen, Georg Joachim 27, 28, 52, 93–94 Greenspan, Ezra 39 Grimm, Gunter E. 72 Grimminger, Rolf 61 Groeben, Norbert 83 Groves, Jeffrey D. 41 Gumbrecht, Hans Ulrich 47 Gura, Philip F. 29 H Haas, Alexander 82, 118 Haefs, Wilhelm 89 Hahn, Ulrich 22 Hammond, Mary 44 Hanebutt-Benz, Eva-Maria 50, 54 Hartmann, Silvia 52 Hartwig, Otto 32 Haug, Christine 35–36, 62 Hauschild, Stephanie 49 Heckeroth, Ansgar 15 Heinold, Wolfgang Ehrhardt 105–106, 108
Hellinga, Lotte 34, 41 Herding, Otto 36 Herr, Wiebke 77 Hinze, Franz 88 Hoffmann, Nicolaus 21 Hölderlin, Friedrich 18 Holle, Karl 83 Howell, Martha 56 Howsam, Leslie 47 Humboldt, Alexander und Wilhelm von 30 Huntington, Henry E. 75 Hurrelmann, Bettina 83–84 Huse, Ulrich 37–38, 104 J Jacobson, Joseph 34, 109 Jäger, Georg 10, 32, 60, 62 Jakobi-Mirwald, Christine 49 Janson, Simone 69 Jefferson, Thomas 30, 74 Jenkins, Henry 11 Jesch, Tatjana 83 Johnson, Uwe 18 Jurt, Joseph 63 Jüttemeir, Birgit 29 K Kampa, Daniel 59 Kant, Immanuel 90 Kapp, Friedrich 31–32, 58 Katz, Elihu 82 Keiderling, Thomas 37, 60, 62, 63 Kerlen, Dietrich 37, 86 Kerstan, Wendy 70–71 Kersting, Martin 75 Kiefer, Marie Luise 99, 100, 103 Kiesel, Helmuth 87 Killius, Christina 52 Kirchgeorg, Manfred 103 Kirchhoff, Albrecht 30 Kirste, Inka 86 Kittler, Friedrich 48 Klingspor, Karl 33 Klopstock, Friedrich Gottlieb 90 Kolumbus, Christoph 24 Koppitz, Hans-Joachim 33, 35, 89 Koschel, Friederike 82, 118 Kretzschmar, Franziska 82, 112 Kröner, Adolf 31, 95 Kuhn, Axel 63, 80, 82, 112 Kussin, Christiane 73 L Labbé, Philippe 25 Lachmann, Karl 26
Namensregister Ladenson, Alex 74 Lang, Jacques 98 Lauber-Rönsberg, Anne 92 Lausberg, Heinrich 36 Lehmstedt, Mark 70 Lessing, Doris 117 Lessing, Gotthold Ephraim 90 Lewis, Oscar 76 Liebing, Arnulf 75 Links, Christoph 66 Lissitzky, El 33 Lokatis, Siegfried 37 Lucius, Wulf D. von 75–76, 102–103, 108 Luhmann, Niklas 62 Luther, Martin 18 M Mallinckrodt, Bernhard von 24–25 Mann, Thomas 18 Marshall, Alan 42 Martin, Eva 28 Martin, Henri-Jean 34, 42–43 Martino, Alberto 87 Mayer, Franziska 36, 62, 60 McCleery, Alistair 42 McKenzie, Donald F. 41 Mentelin, Johannes 18 Menz, Gerhard 29, 37 Messerli, Alfred 87 Meves, Uwe 26 Meyer, Jochen 64, 73 Migon, Krzysztof 10 Mix, York-Gothart 89 Moholy-Nagy, Ladislaus 33 Mohn, Reinhard 88 Morgan´, John Pierpont 75–76 Moritz, Rainer 72 Morris, Leslie A. 75 Morris, William 53 Müller, Jan-Dirk 48–49 Müller-Oberhäuser, Gabriele 35–36, 86 Murray, Padmini Ray 9 Muth, Ludwig 88 N Naumann, Michael 98 Neddermeyer, Uwe 48 Needham, Paul 50–51, 54 Neuhaus, Stefan 69–71 Neumann, Peter 76 Neumann, Verena 72 Nicolai, Friedrich 26 Nix, Daniel 83 Norrick-Rühl, Corinna 54, 60 Nuissl, Ekkehard 85
O Oels, David 59 Ong, Walter J. 86 Otto, Dorothee 29 P Pannartz, Arnold 14, 22 Papies, Dominik 106 Pearce, Susan 77–78 Pearson, Jennifer 119 Perthes, Friedrich Christoph 27–28, 30 Pfeiffer, K. Ludwig 47, 54 Pleimling, Dominique 67 Prevenier, Walter 56 Prüsener, Marlies 87 Q Quilligan, Maureen 42 R Raabe, Paul 9, 25 Rautenberg, Ursula 8, 37, 55–57, 62, 82 Rehbein, Boike 63 Reich, Philipp Erasmus 90, 93 Reichwein, Marc 71 Reske, Christioph 51 Richardson, Samuel 30 Richter, Steffen 71 Richter, Thomas 98 Ricœur, Paul 117 Roesler-Graichen, Michael 99 Röhring, Hans-Helmut 64 Rose, Jonathan 38–39, 42 Rosebrock, Cornelia 83–84 Rosenbach, Abraham Simon Wolf 75 Rosenberg, Ruth 75 Rosenblum, Joseph 74, 77–78 Rotterdam, Erasmus von 16, 36 Rühr, Sandra 80, 82 Ruppel, Aloys 33, 34 S Saubert, Johann 25 Schenda, Rolf 87 Schenk, Michael 82 Schmidt, Frieder 50, 54 Schmidt, Wieland 34 Schmidt-Künsemüller, Friedrich Adolf 34 Schneider, Ute 21, 26, 60, 73, 86 Schneider, Willy 103 Schnur, Harry C. 17 Schöffer, Peter 20 Schönert, Jörg 61
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Namensregister Schorbach, Karl 33 Schüller-Zwierlein, André 9 Schulz, Gerd 27–28 Schweiger, Wolfgang 85 Sedo, DeNel Rehberg 73 Selburn, Jordan 111 Shakespeare, William 40, 51, 75 Shep, Sydney J. 44 Sjurts, Insa 100, 102 Skipis, Alexander 7 Spevack, Marvin 36 Squires, Claire 10 Starp, Hildegard 35 Staub, Hermann 32 Stein, Bob 117 Steiner, Harald 90 Stiglitz, Joseph E. 100 Stork, Hans-Walter 15 Strauß, Wolfgang 88 Svensson, Patrick 45 S´wierk, Alfred G. 10, 35, 37 T Tebbel, John William 40 Thomas, Isaiah 29, 40 Titel, Volker 37 Triebel, Florian 60 Trinckauf, Korinna 60 Trithemius von Sponheim, Johannes 22 Turner, Robert K. Jr. 40
U Ungern-Sternberg von, Wolfgang 90 V Vlies, Andrew van der 44 Vogel, Anke 59, 82, 113 Vogel, Martin 101 W Wagner, Bettina 54 Wantzen, Stephan 105 Weedon, Alexis 57 Weel, Adriaan van der 10 Weigel, Sigrid 61 Weiss, Marcel 116 Weiß, Emil Rudolf 33 Weißenburger, Christian 84 Widmann, Hans 14, 17, 20, 33, 35 Wiegand, Willy 53 Wieland, Christoph Martin 52, 90 Wilke, Jürgen 71 Wilkes, Walter 50, 53 Wischenbart, Rüdiger 109 Wittmann, Reinhard 58 Wolf, Maryanne 83 Wolters, Johannes 25 Würgler, Andres 86 Z Zell, Ulrich 20