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German Pages 315 Year 2011
Knepel Einbringungsgeborene Anteile nach in krafttreten des SESt:EG
Steuerfragen der Wirtschaft
Band 24
Einbringungsgeborene Anteile nach lnkrafttreten des SEStEG von
Dr. jur.lnke Knepel 2011
Verl~
Dr.OftoSchmidt Köln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
VerlagDr. Otto SchmidtKG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221/93738-01, Fax 0221/93738-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64125-2 ©2011 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für V ervielfiiltigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druckund Verarbeitung: Betz, Darmstadt Printed in Germany
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2010 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Sie wurde mit einem Förderpreis der ESC – Esche Schümann Commichau Stiftung, Hamburg, ausgezeichnet. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Herbst 2010 berücksichtigt werden. Die Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Michael Fischer, der mein Interesse an diesem Thema weckte und mich während der Promotion umfassend unterstützte. Prof. Dr. Dietmar Gosch danke ich für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens und wertvolle fachliche Anregungen. Dem gesamten Lehrstuhlteam danke ich für die kameradschaftliche Zusammenarbeit und die angenehme Arbeitsatmosphäre. Ich werde die gemeinsamen Stunden mit meiner „Lehrstuhlfamilie“ sehr vermissen. Für die fröhlichen Gespräche möchte ich mich insbesondere bei meinen Kollegen Dr. Henning Struck, Dr. Constantin Fahl und Alina Hoppe herzlich bedanken. Katharina Siebke danke ich für das Korrekturlesen. Besonderer Dank gilt Dr. Hauke Sattler. Von ganzem Herzen möchte ich ihm für seine wertvollen Anregungen und die fortwährende Unterstützung während meiner Dissertationszeit danken. Den größten Dank schulde ich meinen Eltern Ulla und Claus Knepel. Sie haben mich von Anfang an in jeder nur erdenklichen Weise unterstützt und es mir dadurch erst ermöglicht, diesen Weg zu gehen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Kiel, im November 2010
Inke Knepel
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Inhaltsübersicht Vorwort ................................................................................................. Inhaltsverzeichnis ................................................................................. Abkürzungsverzeichnis ........................................................................ Gesetzgebungsverzeichnis ....................................................................
Seite V IX XV XXIII
Einleitung .............................................................................................
1
A. Einführung und Problemstellung ..................................................... B. Gang der Untersuchung ...................................................................
1 2
1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem ...
5
A. Entstehungsgeschichte und Grundzüge der Besteuerung ................ B. Zivilrechtliche Ausgestaltung .......................................................... C. Einbringungsmotive .........................................................................
5 11 16
2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten .................................................................
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A. Grundzüge der Besteuerung bei Veräußerungen von Kapitalbeteiligungen ........................................................................ 24 B. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. .................. 29 C. Veräußerung .................................................................................... 36 D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge .................................... 67 E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen .......................... 110 F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F. .................................................................................. 126 G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung .......................................... 179
3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ........................................ 195 A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge .................................. 196 B. Von der Fusionsrichtlinie nicht erfasste Vorgänge ......................... 247 C. Auswirkungen auf Inlandsfälle ........................................................ 252 VII
Inhaltsübersicht
4. Kapitel: Ergebnis und Ausblick ................................................. 257 A. Ergebnis ........................................................................................... 257 B. Ausblick ........................................................................................... 263 Literaturverzeichnis ................................................................................ 265 Stichwortverzeichnis .............................................................................. 287
VIII
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort ................................................................................................. V Inhaltsübersicht ..................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................ XV Gesetzgebungsverzeichnis .................................................................... XXIII
Einleitung
1
A. Einführung und Problemstellung
1
B. Gang der Untersuchung
2
1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
5
A. Entstehungsgeschichte und Grundzüge der Besteuerung
5
B. Zivilrechtliche Ausgestaltung
11
C. Einbringungsmotive
16
2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
23
A. Grundzüge der Besteuerung bei Veräußerungen von Kapitalbeteiligungen
24
B. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. I. Vorrang des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. vor § 17 Abs. 6 EStG . II. Anwendungsvoraussetzungen des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. ..
29 29 31
C. Veräußerung I. Begriff der Veräußerung ............................................................. II. Ermittlung des Veräußerungsgewinns ........................................ 1. Veräußerungspreis ................................................................. 2. Veräußerungskosten ............................................................... 3. Anschaffungskosten ............................................................... III. Besteuerungsfolgen ..................................................................... 1. Einkunftsart ............................................................................
36 36 40 40 43 44 44 44 IX
Inhaltsverzeichnis
2. Veräußerung bis zum 31.12.2008 .......................................... a) Durch natürliche Personen ................................................ aa) Betriebseinbringungsgeborene Anteile ...................... bb) Anteilseinbringungsgeborene Anteile ....................... cc) Betriebs- und anteilseinbringungsgeborene Anteile... b) Durch Körperschaften ....................................................... 3. Veräußerung ab dem 1.1.2009 ............................................... IV. Ergebnis ......................................................................................
46 46 49 56 59 61 65 65
D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge I. Besteuerung auf Antrag .............................................................. 1. Antragstellung ........................................................................ a) Bis zum 31.12.2006 .......................................................... b) Ab dem 1.1.2007 und bis zum 31.12.2008 ....................... c) Ab dem 1.1.2009 ............................................................... 2. Besteuerungsfolgen ................................................................ a) Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens ............... b) Steuerstundung ................................................................. 3. Anschließende Veräußerung .................................................. II. Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts ........................... 1. Wegzug in einen EU-Mitgliedstaat oder in den EWR ........... 2. Wegzug in die Schweiz .......................................................... 3. Wegzug in ein Drittland ......................................................... 4. Sonstige Fälle ......................................................................... III. Auflösung und Abwicklung, Kapitalherabsetzung, Einlagenrückzahlung ................................................................................. 1. Auflösung und Abwicklung der Kapitalgesellschaft ............. 2. Kapitalherabsetzung und Rückzahlung an den Anteilseigner 3. Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto .............. IV. Verdeckte Einlage ....................................................................... V. Ergebnis ......................................................................................
67 67 71 71 79 79 85 85 88 88 90 96 101 102 102
E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen I. Effektive Kapitalerhöhung .......................................................... 1. Wertsteigerungen der neuen Anteile ...................................... a) Rechtsprechung des BFH zur Wertabspaltung stiller Reserven ............................................................................ b) Verhaftungsquote .............................................................. c) Anschaffungskosten .......................................................... d) Verfahren .......................................................................... 2. Wertsteigerungen der Altanteile ............................................ X
103 104 106 107 107 108 110 110 110 110 117 118 119 120
Inhaltsverzeichnis
II. Nominelle Kapitalerhöhung ........................................................ III. Gründung einer Kapitalgesellschaft ........................................... IV. Exkurs: Schenkungsteuer ............................................................ V. Ergebnis ...................................................................................... F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F. I. Anteile i. S. v. § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. .......................... 1. Erhaltene Anteile .................................................................... 2. Eingebrachte Anteile .............................................................. 3. Einbringungen zum gemeinen Wert ...................................... 4. Verhaftungsquote ................................................................... 5. Eintritt in die siebenjährige Sperrfrist .................................... II. Steuerliche Entstrickung ............................................................. 1. Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. ................................. a) Zeitpunkt der Einbringung ................................................ aa) Einbringung zu Buchwerten ...................................... bb) Einbringung zu Zwischenwerten ............................... b) Veräußerung der erhaltenen Anteile ................................. aa) Teilanteil, der ausschließlich unter das UmwStG n. F. fällt ..................................................... (1) Steuerliche Folgen für den Einbringenden und veräußernden Anteilseigner ......................... (2) Steuerliche Folgen für die übernehmende Gesellschaft ......................................................... (3) Nachweispflichten ............................................... bb) Teilanteil, der auch unter das UmwStG a. F. fällt ..... c) Veräußerung der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile ............................................................................... d) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG n. F. ................................................................... aa) Unentgeltliche Übertragungen ................................... bb) Entgeltliche Übertragungen ....................................... cc) Auflösung und Abwicklung, Kapitalherabsetzung, Einlagenrückzahlung ................................................. dd) Ketteneinbringung ..................................................... ee) Übertragung der für die Einbringung erhaltenen Anteile ........................................................................ ff) Wegfall der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG n. F. ............................................................ gg) Wertabspaltung ..........................................................
121 121 122 124 126 126 126 126 130 130 132 133 133 133 136 137 138 139 140 146 149 152 153 154 155 156 157 158 160 160 161 XI
Inhaltsverzeichnis
e) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG a. F. ................................................................... 2. Anteilstausch i. S. d. § 21 UmwStG n. F. .............................. a) Zeitpunkt der Einbringung ................................................ aa) Einbringung zu Buchwerten ...................................... bb) Einbringung zu Zwischenwerten ............................... b) Veräußerung der eingebrachten Anteile ........................... aa) Teilanteil, der ausschließlich unter das UmwStG n. F. fällt ..................................................................... (1) Steuerliche Folgen für den Einbringenden .......... (2) Steuerliche Folgen für die übernehmende Gesellschaft ......................................................... (3) Nachweispflichten ............................................... (4) Exkurs: Zusammentreffen Einbringungsgewinn I und II .................................................... bb) Teilanteil, der auch unter das UmwStG a. F. fällt ..... c) Veräußerung der erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile ............................................................................... d) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG n. F. ................................................................... e) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG a. F. ................................................................... f) Exkurs: Anteile des § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG 2005 .... III. Auswirkungen des Besteuerungswechsels ................................. IV. Ergebnis ...................................................................................... G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung I. Veräußerung des Bezugsrechts ................................................... II. Entnahmen und Einlagen ............................................................ 1. Entnahmen ............................................................................. 2. Einlagen ................................................................................. III. Umwandlungen ........................................................................... 1. Umwandlung des Rechtsträgers, an dem einbringungsgeborene Anteile bestehen ..................................................... 2. Umwandlung des Rechtsträgers, der Anteilsinhaber ist ........ IV. Betriebsaufspaltung .................................................................... V. Realteilung .................................................................................. VI. Ergebnis ......................................................................................
XII
161 162 163 166 166 167 167 167 169 170 171 171 172 173 173 174 174 175 179 179 180 180 182 183 183 186 188 190 194
Inhaltsverzeichnis
3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten 195 A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge I. Anteilstausch ............................................................................... 1. Anforderungen der Fusionsrichtlinie ..................................... 2. Umsetzung der Fusionsrichtlinie ........................................... a) Anteilseinbringung i. S. d. § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. .... aa) Doppelte Buchwertfortführung über die Grenze ....... bb) Gewährung neuer Gesellschaftsanteile ...................... cc) Unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte ................... dd) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren ......................................................................... b) Anteilstausch i. S. d. § 21 UmwStG n. F. ......................... aa) Persönlicher Anwendungsbereich ............................. bb) Sachlicher Anwendungsbereich ................................. (1) Keine doppelte Buchwertverknüpfung über die Grenze ................................................................. (2) Gewährung neuer Anteile ................................... (3) Unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte ............ (4) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren .................................................................. 3. Rechtsfolgen der fehlerhaften Umsetzung ............................. a) Unmittelbare Wirkung der Fusionsrichtlinie .................... b) Umfang und Reichweite des Anwendungsvorrangs ......... 4. Exkurs: Einbringung einbringungsgeborener Anteile ........... II. Einbringung von Unternehmensteilen ........................................ 1. Anforderungen der Fusionsrichtlinie ..................................... 2. Umsetzung der Fusionsrichtlinie ........................................... a) Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1–3 UmwStG a. F. ............ aa) Doppelte Buchwertfortführung über die Grenze ....... bb) Definition des Teilbetriebs ........................................ cc) Gewährung neuer Gesellschaftsanteile ...................... dd) Zurechnung der Wirtschaftsgüter zu einer Betriebsstätte .............................................................. ee) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren ......................................................................... b) Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. ........................... aa) Persönlicher Anwendungsbereich ............................. bb) Sachlicher Anwendungsbereich .................................
196 197 198 199 199 200 205 206 206 211 211 213 213 213 213 214 214 215 218 222 222 222 224 224 225 225 227 228 230 231 231 232
XIII
Inhaltsverzeichnis
(1) Kein Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts ............................. (a) Europarechtswidriges Europarecht ............... (b) Abgrenzung Niederlassungs- zur Kapitalverkehrsfreiheit ............................................. (c) Beschränkung ................................................ (d) Rechtfertigung ............................................... (2) Doppelte Buchwertfortführung über die Grenze (3) Gewährung neuer Gesellschaftsanteile ............... (4) Definition des Teilbetriebs .................................. (5) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren .................................................................. 3. Rechtsfolgen der fehlerhaften Umsetzung ............................. III. Sonderfälle .................................................................................. 1. Hybride Gesellschaften .......................................................... a) Anforderungen der Fusionsrichtlinie ................................ aa) Anteilstausch .............................................................. bb) Einbringung von Unternehmensteilen ....................... b) Umsetzung der Fusionsrichtlinie ...................................... c) Europarechtswidriges Europarecht ................................... d) Ergebnis ............................................................................ 2. SE und SCE ............................................................................ B. Von der Fusionsrichtlinie nicht erfasste Vorgänge I. Grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen innerhalb der EU/des EWR ......................................................... 1. Verstoß gegen primäres Europarecht ..................................... 2. Abgrenzung Niederlassungs- zur Kapitalverkehrsfreiheit ..... 3. Eingriff ................................................................................... 4. Rechtfertigung ........................................................................ 5. Ergebnis ................................................................................. II. Drittlandsfälle ............................................................................. C. Auswirkungen auf Inlandsfälle
232 235 236 237 238 239 239 239 240 240 241 241 241 242 243 244 244 245 245 247 247 248 248 250 251 251 251 252
4. Kapitel: Ergebnis und Ausblick 257 A. Ergebnis 257 B. Ausblick 263 Literaturverzeichnis 265 Stichwortverzeichnis 287 XIV
Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. L/C Abs. ÄndRL zur FRL AEUV AG AHGB AktG Anh. Anl. Anm. AntBVBewV-E
AO Art. AStG Aufl. Az. BayVBl. BB Bd. BeckRs Begr. Beih. Beil. Bek. ber. BetrVG BewG BFH BFH/NV BGB
anderer Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften/Europäischen Union, Teil L/Teil C Absatz Änderungsrichtlinie zur Fusionrichtlinie Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeines Handelsgesetzbuch Aktiengesetz Anhang Anlage Anmerkung Entwurf einer Verordnung zur Durchführung des § 11 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes – Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung Abgabenordnung Artikel Gesetz über die Besteuerung bei Auslandbeziehungen Auflage Aktenzeichen Bayerische Verwaltungsblätter Betriebsberater (Zeitschrift) Band Beck-Rechtsprechung Begründer Beihefter Beilage Bekanntmachung berichtigt Betriebsverfassungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch XV
Abkürzungsverzeichnis
BGBl. BGH BGHZ BMF BpO BRAK-Mitt. BR-Drs. Bsp. BStBl. I–III BT BT-Drs. Buchst. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BVW bzw.
Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesminister(ium) der Finanzen Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – Betriebsprüfungsordnung Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrats-Drucksachen Beispiel Bundessteuerblatt (Teile I–III) Bundestag Bundestags-Drucksachen Buchstabe Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung beziehungsweise
CGI CNS
Code Général des Impôts Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates
DB DBA DCF-Verfahren d. h. DM DNotZ Doppelbuchst. DStJG, Bd. DStR DStZ DStZ/A DVBl.
Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen Discounted Cashflow-Verfahren das heißt Deutsche Mark Deutsche Notar-Zeitschrift Doppelbuchstabe Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e. V. (Band) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)
E EC
Entwurf European Community
XVI
Abkürzungsverzeichnis
EFG EFTA
Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) European Free Trade Association (Europäische Freihandelsassoziation) EG Europäische Gemeinschaft(en) EG-AmtshilfeG Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe im Bereich der direkten Steuern, bestimmter Verbrauchsteuern und der Steuern auf Versicherungsprämien EG-Beitreibungsgesetz Gesetz zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie EGGmbHG Einführungsgesetz zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung EGV Vertrag über die Europäische Gemeinschaft Einf. Einführung endg. endgültig ErbStB Der Erbschaft-Steuer-Berater (Zeitschrift) ErbStG Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ErbStRG Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts Erwg. Erwägungsgrund EStG Einkommensteuergesetz EStH Einkommensteuer-Hinweis ESt-Kartei Einkommensteuerkartei EU Europäische Union EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften EuGHE Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Amtliche Sammlung, seit 1990 Teil I) EUV Vertrag über die Europäische Union EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht e. V. eingetragener Verein EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWR Europäischer Wirtschaftsraum f. ff. FG FG BaWü FGG FG Hess FG Nds
folgende (eine Seite) folgende (mehrere Seiten) Finanzgericht Finanzgericht Baden-Württemberg Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgericht Hessen Niedersächsisches Finanzgericht XVII
Abkürzungsverzeichnis
FG RhPf FG SchlHol Fn. FR FRL FS
Finanzgericht Rheinland-Pfalz Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Fußnote Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Fusionsrichtlinie Festschrift (für)
G GewStG GG GmbH GmbHG GmbHR GrEStG GrS Gz.
Gesetz Gewerbesteuergesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Grunderwerbsteuergesetz Großer Senat des Bundesfinanzhofs Geschäftszahl
H. HBglG Hdb. HFA HGB Hrsg. Hs.
Heft; Hinweis Haushaltsbegleitgesetz Handbuch Hauptausschuss des IDW Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz
i. d. F. IDW IDW S1
Intertax i. S. d. IStR i. S. v. i. V. m.
in der Fassung Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen nach dem IDW Standard im engeren Sinne in Höhe von Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) International Tax Review (Zeitschrift) im Sinne der/des Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) im Sinne von in Verbindung mit
JbFfStR JStG juris PR-SteuR
Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Jahressteuergesetz Juris PraxisReport Steuerrecht
i. e. S. i. H. v. INF
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
JZ
Juristenzeitung
Kap. KG KÖSDI KOM KStG
Kapitel Kommanditgesellschaft Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) Dokument der Europäischen Kommission Körperschaftsteuergesetz
LMF
Landesminister(ium) der Finanzen
MittBayNot
Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins (Zeitschrift) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Mutter-Tochter-Richtlinie mit weiteren Nachweisen Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
MoMiG MTRL m. w. N. MwStSystR Nds. NJW Nr. NRW NVwZ NWB NZG
Niedersachsen; niedersächsisches Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
o. OECD
oben Organisation for Economic Cooperation and Development/Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD-Musterabkommen Österreichischer Verfassungsgerichtshof Österreichische Steuer-Zeitung (Zeitschrift) Oberfinanzdirektion oben genannt
OECD-MA ÖstVerfGH ÖStZ OFD o. g. PIStB pr. PrGS PWC
Praxis der internationalen Steuerberatung (Zeitschrift) preußisches Preußische Gesetzessammlung PricewaterhouseCoopers AG
R Rev.
Richtlinie Revision XIX
Abkürzungsverzeichnis
RFH RGBl. RIW rkr. RL Rn. RStBl. RT-Drs.
Reichsfinanzhof Reichsgesetzblatt Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) rechtskräftig Richtlinie(n) Randnummer(n) Reichssteuerblatt Reichstagsdrucksachen
s. S. sächs. SAM SCE Schr. SE SEK
siehe Satz; Seite sächsisches Steueranwaltsmagazin (Zeitschrift) Societas Cooperativa Schreiben Societas Europaea Dokument der Europäischen Kommission (Kabinettsvorlage) Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften Sammlung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Amtliche Sammlung, seit 1990 Teil I) so genannt (-e; -er; -es) Steueränderungsgesetz Die Steuerberatung (Zeitschrift) Steuerberater-Jahrbuch Steuerentlastungsgesetz Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen
SEStEG
Slg.
sog. StÄndG Stbg. StbJb StEntlG StSenkG StuW StVergAbG Tab.
Tabelle
u. a. Ubg UFS UmwG UmwStG
und andere; unter anderem Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift) Unabhängiger Finanzsenat Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz
XX
Abkürzungsverzeichnis
UntStFG Urt. UStG
Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts Urteil Umsatzsteuergesetz
v. Var. vgl. VO VVaG VZ
von; vom Variante vergleiche Verordnung Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Veranlagungszeitraum
WP WPg
Wirtschaftsprüfer Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
z. B. ZESAR ZEV ZfhF ZGR
zum Beispiel Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht zuzüglich
ZHR zzgl.
Im Übrigen wird auf Kirchner/Fiala, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl., Berlin 2008 verwiesen.
XXI
.
Gesetzgebungsverzeichnis AStG
Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) i. d. F. der Bek. v. 8.9.1972, BGBl. I 1972, 1713 zuletzt geändert durch Gesetz v. 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386.
BewG
Bewertungsgesetz (BewG) i. d. F. der Bek. v. 1.2.1991, BGBl. I 1991, 230 zuletzt geändert durch Gesetz v. 24.12. 2008, BGBl. I 2008, 3018.
BewG 2007
Bewertungsgesetz (BewG) i. d. F. der Bek. v. 1.2.1991, BGBl. I 1991, 230 zuletzt geändert durch Gesetz v. 13.12. 2006, BGBl. I 2006, 2878.
BewG 1991
Bewertungsgesetz (BewG) i. d. F. der Bek. v. 1.2.1991, BGBl. I 1991, 230 zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12. 2001, BGBl. I 2001, 3794.
ErbStG
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i. d. F. der Bek. v. 27.2.1997, BGBl. I 1997, 378 zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950.
ErbStG 2003
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i. d. F. der Bek. v. 27.2.1997, BGBl. I 1997, 378 zuletzt geändert durch Gesetz v. 29.12.2003, BGBl. I 2003, 3076 ber. BGBl. I 2004, 69.
EStG
Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. der Bek. v. 8.10. 2009, BGBl. I 2009, 3366 zuletzt geändert durch Gesetz v. 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386.
EStG 2008
Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. der Bek. v. 19.10. 2002, BGBl. I 2002, 4210 ber. BGBl. I 2003, 179 zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150.
EStG 2005
Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. der Bek. v. 19.10. 2002, BGBl. I 2002, 4210 ber. BGBl. I 2003, 179 zuletzt geändert durch Gesetz v. 31.10.2006, BGBl. I 2006, 2098.
KStG
Körperschaftsteuergesetz (KStG) i. d. F. der Bek. v. 15.10. 2002, BGBl. I 2002, 4144 zuletzt geändert durch Gesetz v. 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386.
KStG 2005
Körperschaftsteuergesetz (KStG) i. d. F. der Bek. v. 15.10. 2002, BGBl. I 2002, 4144 zuletzt geändert durch Gesetz v. 15.12.2004, BGBl. I 2004, 3416. XXIII
Gesetzgebungsverzeichnis
UmwStG a. F.
Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) i. d. F. der Bek. v. 15.10.2002, BGBl. I 2002, 4133 ber. BGBl. I 2003, 738 zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660.
UmwStG n. F.
Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) i. d. F. der Bek. v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2791 zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950.
XXIV
Einleitung A. Einführung und Problemstellung Der deutsche Gesetzgeber verfolgt mit dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) das Ziel, steuerliche Hürden für zivilrechtlich zulässige und betriebswirtschaftlich erwünschte Umformungen abzubauen.1 Hierbei standen ursprünglich inländische Sachverhalte im Vordergrund. Hinsichtlich grenzüberschreitender Umstrukturierungen forderte die Europäische Kommission bereits im Jahre 1969, die einschlägigen Normen des nationalen Steuerrechts zu harmonisieren.2 Das Vorhaben scheiterte jedoch zunächst am Widerstand der Mitgliedstaaten, die einen Eingriff in ihre Steuerhoheit, einen Kernbereich staatlicher Souveränität, ablehnten. Zwanzig Jahre später setzte sich hingegen die Erkenntnis durch, dass ein gemeinsamer Binnenmarkt nur verwirklicht werden kann, wenn auch die steuerlichen Hindernisse für grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen abgebaut werden.3 Mit der Fusionsrichtlinie4 aus dem Jahre 1990 wurden erstmals gemeinschaftsweite steuerrechtliche Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Sachverhalte geschaffen. Die Bundesrepublik setzte die Richtlinie mit dem StÄndG 19925 in nationales Recht um. Doch schon wenig später kamen ________________________ 1 Begründung des Gesetzes über Steuererleichterung bei Änderung der Unternehmensform, BT-Drs. V/3186, S. 8. 2 Vorschlag einer Richtlinie des Rates v. 16.1.1969 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen und die Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABl. Nr. C 39 v. 22.3.1969, 4. 3 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament v. 20.4.1990, SEK (90) 601 endg., Rn. 11; Mitteilung der Kommission an den Rat, das Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss v. 23.10.2001, KOM (2001) 582 endg., 1, 11 ff. 4 Richtlinie des Rates 90/434/EWG v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1 zuletzt geändert durch Richtlinie des Rates 2005/19/EG v. 17.2.2005 zur Änderung der Richtlinie 90/434/EWG über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABl. Nr. L 58 v. 4.3.2005, 19. 5 Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze – Steueränderungsgesetz 1992 v. 25.2.1992, BGBl. I 1992, 297.
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Einleitung
erste Zweifel an der Richtlinienkonformität der Umsetzung auf.6 Nachdem der EuGH Teile der französischen Vorschriften über die Wegzugsbesteuerung für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit erklärte, sah sich auch der deutsche Gesetzgeber veranlasst,7 die Umsetzung der Richtlinie nachzubessern. Dies erfolgte mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7.12.2006.8 Für die ertragsteuerrechtliche Behandlung von Einbringungen in Kapitalgesellschaften wurde ein neues Konzept entwickelt, im Zuge dessen man das vorherige Besteuerungssystem für einbringungsgeborene Anteile aufgab. Allerdings wurde das bisherige System der Besteuerung einbringungsgeborener Anteile nicht – wie das Gesetz auf den ersten Blick nahelegen mag – vollumfänglich abgeschafft, sondern es bleibt als Konsequenz der Übergangsregelungen weiterhin bestehen. In der vorliegenden Arbeit soll erörtert werden, welche systematischen, dogmatischen und für die Praxis überaus bedeutenden Probleme und Verwerfungen mit diesem „Parallelsystem“ verbunden sind.
B. Gang der Untersuchung Im 1. Kapitel dieser Arbeit ist auf die rechtlichen Besonderheiten der einbringungsgeborenen Anteile im deutschen Steuersystem einzugehen. Insbesondere sind die Fragen zu beantworten, warum sich ein besonderes Besteuerungskonzept für einbringungsgeborene Anteile entwickeln konnte, wie die Gründzüge der Besteuerung ausgestaltet sind und welche Gründe für Umstrukturierungen in Form von Einbringungen in Kapitalgesellschaften sprechen.
________________________ 6 Begründung des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der FRL 90/ 434/EWG v. 17.10.2003, KOM (2003) 613 endg. 2003/0239 (CNS); FG BaWü v. 17.2.2005, DStR 2005, 1015; BFH v. 7.3.2007 – I R 25/05, BStBl. II 2007, 679; EuGH v. 11.12.2008 Slg. 2008, I-9329 (A.T.); Blumers/Kinzl, BB 2005, 971, 974 f.; Haritz, DStR 2004, 889, 892; Hey, GmbHR 2001, 993, 999 ff.; Schindler, IStR 2005, 551, 555 ff.; vgl. auch 3. Kap. A. 7 EuGH v. 11.3.2004, Slg. 2004, I-2409 (Hughes de Lasteyrie du Saillant). 8 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG) v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782.
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B. Gang der Untersuchung
Das folgende 2. Kapitel widmet sich zunächst § 27 Abs. 2 UmwStG n. F.9, der die Anwendung des alten Rechts für Einbringungen vorschreibt, deren Vermögensübertragungen bis zum 12.12.2006 beim maßgebenden öffentlichen Register beantragt worden sind. Weitergehend ist festzustellen, in welchem Verhältnis § 17 Abs. 6 EStG und § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. zueinander stehen. Im weiteren Verlauf werden die einzelnen Fallkonstellationen näher betrachtet, in denen die in den einbringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven aufgedeckt werden müssen. Zuerst wird der Grundfall der Entstrickung in Form einer Anteilsveräußerung behandelt, nachfolgend die der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge. Anschließend wird aufgezeigt, dass einbringungsgeborene Anteile auch unter dem Besteuerungsregime des neuen UmwStG entstehen können. In diesem Zusammenhang sind Kapitalerhöhungen, Gesellschaftsgründungen, Einbringungen nach neuem Recht sowie weitere Umstrukturierungen von besonderem Interesse. Insbesondere wird auf das Konkurrenzverhältnis zwischen altem und neuem Recht einzugehen sein. Findet das Besteuerungsregime des neuen UmwStG Anwendung, sind aus dem Konkurrenzverhältnis resultierende Schwierigkeiten mit dem Umgang des Gesetzes aufzuzeigen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Aber nicht nur das Verhältnis zwischen altem und neuem Recht wird von Bedeutung sein, sondern auch die Frage, ob die nationalen Vorschriften im Einklang mit den europäischen Vorgaben stehen. Normen des UmwStG können zum einen gegen die Fusionsrichtlinie selbst und zum anderen gegen die Grundfreiheiten des AEU-Vertrages verstoßen. Im 3. Kapitel dieser Arbeit sind die Anforderungen der Fusionsrichtlinie an grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen und deren Umsetzung in nationales Recht darzustellen. Daneben wird zu diskutieren sein, wie die von der Fusionsrichtlinie nicht begünstigten grenzüberschreitenden Einbringungsvorgänge steuerlich zu behandeln sind. Im abschließenden 4. Kapitel werden die Ergebnisse zusammengetragen und der Frage nachgegangen, ob bei der Anwendung des fortgeltenden alten Rechts strukturelle Vollzugsdefizite auftreten.
________________________ 9 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) i. d. F. der Bek. v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2791 zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem A. Entstehungsgeschichte und Grundzüge der Besteuerung Der Reichsfinanzhof (RFH) befasste sich erstmals im Jahre 1933 mit der Frage, ob bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft die stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung aufgedeckt werden müssen.1 Obwohl in der Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein tauschähnlicher Vorgang zu sehen ist und dieser damit unter den Tatbestand der Betriebsveräußerung2 gefasst werden kann, lehnte der RFH eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns ab. Eine Besteuerung sollte seiner Meinung nur erfolgen, wenn die erworbene Beteiligung so gering ist, dass sie dem Erwerber keinen in das Gewicht fallenden Einfluss auf die übernehmende Kapitalgesellschaft einräumt.3 Anders als eine Betriebsveräußerung an einen fremden Dritten ist die rechtliche Umstrukturierung eines Unternehmens kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Erhebung einer auf den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bezogenen Steuer.4 Für den einbringenden Unternehmer hat sich seine wirtschaftliche Position nicht verändert. Ihm sind keinerlei Mittel zugeflossen, von denen er dem Fiskus etwas abgeben könnte.5 Vielmehr führt er seinen Betrieb lediglich in veränderter Form fort.6 Die stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens müssen daher erst aufgedeckt werden, wenn der Einbringende die ihm als Entgelt für das ________________________ 1 RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999; vgl. auch RFH v. 12.4.1934 – A 1559/32, RStBl. 1934, 838. 2 Vgl. § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1925, der dem heutigen § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG entspricht. 3 RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999, 1002; BFH v. 28.7.1960 – VI 265/58 U, BStBl. III 1960, 404. 4 Vgl. Knobbe-Keuk, FS 75 Jahre RFH-BFH, S. 303, 316. 5 Vgl. Flume, DB 1957, 804 f.; Knobbe-Keuk, FS 75 Jahre RFH-BFH, S. 303, 316. 6 RFH v. 12.4.1934 – A 1559/32, RStBl. 1934, 838; vgl. auch BT-Drs. V/3186, S. 8.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
eingebrachte Vermögen gewährten Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft veräußert.7 Bis dahin repräsentieren die Gesellschaftsanteile das eingebrachte Betriebsvermögen. Sie werden fortan als „einbringungsgeborene Anteile“ bezeichnet, um zu verdeutlichen, dass die stillen Reserven des eingebrachten Vermögens auf die neu geschaffenen (geborenen) Anteile übertragen worden sind.8 Die übernehmende Kapitalgesellschaft darf daher die Buchwerte9 des eingebrachten Betriebsvermögens fortführen, sofern vorausgesetzt ist, dass im Gegenzug die Buchwerte als Veräußerungspreis des eingebrachten Vermögens und als Anschaffungskosten der gewährten Anteile an der übernehmenden Gesellschaft angesetzt werden.10 Dies führt zu einem Übergang der stillen Reserven auf das Vermögen der übernehmenden Kapitalgesellschaft und zugleich auf die erhaltenen Anteile. Man spricht insoweit auch von einer „Verdoppelung“ der stillen Reserven. Werden die einbringungsgeborenen Anteile später veräußert, endet das unternehmerische Engagement, und der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile ist wie ein Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs zu versteuern. Dies ermöglicht einerseits eine steuerneutrale Einbringung, andererseits wird die als missbräuchlich angesehene Gestaltung verhindert, stille Reserven eines Betriebs auf eine Gesellschaft zu übertragen und anschließend die Anteile an der Kapitalgesellschaft steuerfrei oder zumindest steuerbegünstigt zu veräußern.11 Die Finanzverwaltung wandte die Rechtsprechung des RFH und später auch die des Bundesfinanzhofes (BFH)12 an. Für einen ins Gewicht fallenden Einfluss auf die Kapitalgesellschaft forderte sie zunächst, dass der Anteilseigner ________________________ 7 Brönner, 3. Teil D. Anm. 1. 8 Das Nds. Finanzministerium gebraucht den Begriff der einbringungsgeborenen Anteile erstmals in einer Verfügung aus dem Jahre 1970, ESt-Kartei Nds. UmwStG Nr. 1.1; Tulloch, in Goutier/Knopf/Tulloch, § 21 UmwStG Rn. 8 weist darauf hin, das derart steuerverstrickte Anteile in der Fachsprache schon immer als einbringungsgeborene Anteile bezeichnet worden sind. Auch der BFH mit Urteil v. 26.1.1977 – VIII R 109/75, BStBl. II 1977, 283 gebraucht den Begriff der einbringungsgeborenen Anteile, ohne auf diesen näher einzugehen. 9 Der Buchwert ist nach § 1 Abs. 5 Nr. 4 UmwStG n. F. der Wert, mit dem der Einbringende das eingebrachte Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Sacheinlage nach den steuerlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung angesetzt hat. 10 RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999, 1002 f. 11 Hey, GmbHR 2001, 993, 998; Knobbe-Keuk, DB 1991, 298, 302. 12 Überblick über die höchstrichterliche Rechtsprechung BFH v. 13.7.1965 – I 167/59 U, BStBl. III 1956, 640.
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A. Entstehungsgeschichte und Grundzüge der Besteuerung
wesentlicher Herr des Betriebs bleiben muss.13 Später setzte sie konkret eine Mindestbeteiligung von 25 % an der übernehmenden Kapitalgesellschaft voraus. Im Jahre 1969 wurde das inzwischen von manchen als Gewohnheitsrecht eingestufte Richterrecht erstmals mit dem Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform14 kodifiziert. Steuerneutrale Einbringungen gegen Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft konnten wie zuvor bei Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben15 oder Mitunternehmeranteilen vollzogen werden.16 Darüber hinaus begünstigte der Gesetzgeber Einbringungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, sofern das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfasst war.17 Die Einbringung einer hundertprozentigen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft wurde mit der eines Teilbetriebs als vergleichbar angesehen. Zudem konnte dem Bedürfnis Rechnung getragen werden, auch kleinere Unternehmen umzustrukturieren,18 indem Einbringungen fortan steuerneutral auch dann durchgeführt werden konnten, wenn im Gegenzug für die eingebrachten Vermögensgegenstände keine wesentliche Beteiligung an der übernehmenden Kapitalgesellschaft gewährt wurde.19 Darüber hinaus erweiterte man das Wahlrecht der übernehmenden Kapitalgesellschaft dahingehend, dass das eingebrachte Vermögen neben dem Buchwert auch mit Zwischenwerten bewertet werden konnte, einem Wert, der höher als der ________________________ 13 LMF NRW v. 16.12.1963, BB 1964, 74. 14 Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform v. 14.8. 1969, BGBl. I 1969, 1163. Das UmwStG i. d. F. der Bek. v. 11.10.1957, BGBl. I 1957, 1713 beinhaltet nur Regelungen für die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft. Der Gesetzgeber war der Ansicht, dass vor allem ein wirtschaftliches Bedürfnis bestand, den vielen aufgrund des hohen Steuertarifs für Einzelunternehmer und Personengesellschaften nach 1945 gegründeten Kapitalgesellschaften die Möglichkeit zu geben, ihr Unternehmen in die Rechtsform eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft zu überführen; eingehend Veith/Börnstein, UmwStG 1957, Einf. vor § 1 UmwStG 1957 sowie BT-Drs. V/3186, S. 8 ff. 15 BFH v. 5.4.1968 – IV R 75/67, BStBl. II 1968, 523 m. w. N. 16 BFH v. 12.1.1953 – IV 365/52 U, BStBl. III 1953, 58. Vgl. auch § 17 Abs. 1 UmwStG 1969 und § 20 Abs. 1 UmwStG i. d. F. des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensreform v. 6.9.1976, BGBl. I 1976, 2641 (UmwStG 1977). 17 Vgl. § 17 Abs. 6 UmwStG 1969 und § 20 Abs. 6 UmwStG 1977 sowie BT-Drs. V/3186, S. 16. 18 BT-Drs. V/3186, S. 14. 19 Glade, in Glade/Steinfeld, Kap. III vor § 20 UmwStG 1977.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
Buchwert, aber niedriger als der Teilwert20 ist.21 Dadurch wird es möglich, die stillen Reserven des eingebrachten Vermögens anteilig im Zeitpunkt der Einbringung und im Falle einer späteren Veräußerung zu versteuern. Neben der Fortführung der Buch- bzw. Zwischenwerte sowohl auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft als auch auf Ebene des Gesellschafters konnte Vermögen steuerneutral nur in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft überführt werden. Zudem setzte man für eine Einbringung unter dem Teilwert voraus, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile weder im Einbringungszeitpunkt noch zu einem späteren Zeitpunkt ausgeschlossen sein durfte. Auch war es beschränkt Steuerpflichtigen verwehrt, eine inländische Betriebsstätte zu Buchwerten einzubringen, selbst wenn das Vermögen in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft überführt werden konnte.22 Steuerneutrale Einbringungen waren vorerst auf rein inländische Unternehmensumstrukturierungen beschränkt. Allerdings geriet mit Verabschiedung der Fusionsrichtlinie im Sommer 1990 das besondere Besteuerungssystem für einbringungsgeborene Anteile ins Wanken. Dennoch hielt der Gesetzgeber an seinem Konzept zunächst fest. Dies tat er vermutlich deshalb, weil sich die Fusionsrichtlinie nur mit einem kleinen Teil von möglichen Unternehmensumstrukturierungen befasst, nämlich nur mit denjenigen, an denen Kapitalgesellschaften aus mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind (Art. 1, 3 FRL). Insoweit spricht man auch von der Umstrukturierung von EU-Kapitalgesellschaften. Die Fusionsrichtlinie fordert die Mitgliedstaaten auf, Fusionen (Art. 2 Buchst. a FRL),23 Spaltungen (Art. 2 Buchst. b FRL), Abspaltungen (Art. 2 Buchst. ba FRL), Einbringungen von Unternehmensteilen (Art. 2 ________________________ 20 Der Begriff des Teilwerts ist in § 10 S. 2 BewG definiert. Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. 21 Das Wahlrecht bezieht sich laut BFH v. 24.5.1984 – I R 166/78, BStBl. II 1984, 747 nicht auf jedes einzelne Wirtschaftsgut, sondern auf einen eingebrachten Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil als Einheit. Das Wahlrecht ist nach Ansicht des BFH v. 28.5.2008 – I R 98/06, BStBl. II 2008, 916 ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Steuererklärung eine den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechende Steuerbilanz beim Finanzamt einreicht und vorbehaltlos erklärt, dass Wahlrecht in bestimmter Weise ausüben zu wollen. 22 Vgl. § 20 Abs. 3 UmwStG 1977. 23 Unter einer Fusion wird die Verschmelzung durch Aufnahme, Verschmelzung durch Neugründung und der klassische Upstream-Merger verstanden.
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A. Entstehungsgeschichte und Grundzüge der Besteuerung
Buchst. c FRL)24 und den Austausch von Anteilen (Art. 2 Buchst. d FRL)25 nicht durch steuerliche Vorschriften zu behindern.26 Der deutsche Steuergesetzgeber setzte die Vorgaben aus der Fusionsrichtlinie hinsichtlich der Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen mit dem StÄndG 1992 rückwirkend27 in nationales Recht um, so dass es EU-Kapitalgesellschaften erstmals Ende 1992 möglich war, bestimmte grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen zu tätigen.28 Zugleich rückte er von der Voraussetzung einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ab. Entscheidend sollte nunmehr die Höhe der Beteiligung der übernehmenden Gesellschaft an der erworbenden Gesellschaft sein. Die letzte vor dem SEStEG maßgebliche Fassung des UmwStG (= UmwStG a. F.29) definiert einbringungsgeborene Anteile daher in § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. als Anteile an Kapitalgesellschaften, die aus einer Sacheinlage i. S. d. §§ 20 Abs. 1, 23 Abs. 1–4 UmwStG a. F. unter dem Teilwert hervorgegangen sind. Unter einer Sacheinlage i. S. d. §§ 20 Abs. 1 S. 1, 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. ist die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gegen Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft zu verstehen. Möglich ist auch eine Einbringung einer Kapitalbeteiligung, sofern die übernehmende Gesellschaft spätestens nach der Einbringung über die unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft verfügt (§§ 20 Abs. 1 S. 2, 23 Abs. 4 UmwStG a. F.). ________________________ 24 Die Einbringung von Unternehmensteilen betrifft einen Vorgang, bei dem eine EUKapitalgesellschaft ohne aufgelöst zu werden ihren Betrieb insgesamt oder einen oder mehrere Teilbetriebe in eine andere EU-Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden Gesellschaft einbringt. 25 Der Austausch von Anteilen ist ein Vorgang, durch den eine EU-Kapitalgesellschaft am Gesellschaftskapital einer anderen Gesellschaft eine Beteiligung, die ihr die Mehrheit der Stimmrechte verleiht, erwirbt oder ausbaut. Im Gegenzug müssen die Gesellschafter der Gesellschaft, an der die Mehrheit der Stimmrechte erworben oder ausgebaut wird, Anteile an der erwerbenden Gesellschaft und gegebenenfalls eine Zuzahlung erhalten. Die Zuzahlung darf dabei 10 % des Nennwerts nicht überschreiten. Eine Mindestquote hinsichtlich der zu erhaltenen Geschäftsanteile ist nicht vorgeschrieben. 26 Vgl. Art. 8 Abs. 1 FRL für die Fusion, Spaltung und den Anteilstausch und Art. 9 i. V. m. Art. 4 Abs. 1 FRL für die Einbringung von Unternehmensteilen. 27 Eingehend zur Problematik der rückwirkenden Umsetzung Herzig/Förster, DB 1992, 911 ff., die sich für eine rechtzeitige Umsetzung der FRL 90/434/EWG aussprechen. 28 Vgl. § 23 UmwStG a. F. 29 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) i. d. F. der Bek. v. 15.10.2002, BGBl. I 2002, 4133 ber. BGBl. I 2003, 738 zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
Das Besteuerungskonzept der einbringungsgeborenen Anteile stellt somit eine Ausnahme vom Grundsatz dar, dass Gewinne versteuert werden müssen, sofern sie aus einer gegenleistungspflichtigen Übertragung herrühren. Der übernehmenden Kapitalgesellschaft wird vielmehr das Recht eingeräumt, frei zu entscheiden, ob und inwieweit der Einbringende im Einbringungszeitpunkt einen steuerpflichtigen Gewinn zu realisieren hat. Führt die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte fort und werden als Anschaffungskosten der neu gewährten Anteile und als Veräußerungspreis der eingebrachten Vermögensgegenstände die Buchwerte angesetzt, muss der Einbringende im Einbringungszeitpunkt keinen Gewinn versteuern. Vielmehr ist die Besteuerung der in den eingebrachten Vermögen ruhenden stillen Reserven grundsätzlich bis zur Veräußerung der im Gegenzug für die Einbringung gewährten Anteile hinausgeschoben. Ohne die Vorschriften der §§ 20 ff. UmwStG a. F. hätte der Einbringende die stillen Reserven der einzelnen Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Einbringung vollständig aufdecken müssen.
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B. Zivilrechtliche Ausgestaltung
B. Zivilrechtliche Ausgestaltung Im Unterschied zu allen anderen Normen des UmwStG knüpfen die Vorschriften über die Einbringung in Kapitalgesellschaften nicht unmittelbar an Umwandlungsvorgänge des Umwandlungsgesetzes (UmwG) an. Was jedoch genau unter einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft zu verstehen ist, legt weder das UmwG noch das UmwStG fest. Immerhin kann § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. entnommen werden, dass eine steuerneutrale Einbringung von einer steuerpflichtigen Veräußerung in der Weise abzugrenzen ist, dass neben der Übertragung eines (Teil-)Betriebs, Mitunternehmeranteils oder einer Kapitalbeteiligung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. als „Gegenleistung“ zumindest auch eine neue Beteiligung an dem übernehmenden Rechtsträger gewährt werden muss. Grundsätzlich fallen daher sämtliche Vermögensübertragungen von (Teil-)Betrieben, Mitunternehmeranteilen oder Kapitalbeteiligungen i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. unter die Vorschriften der §§ 20 ff. UmwStG a. F., sofern die Gegenleistung zumindest auch in einer neuen Beteiligung an der übernehmenden Kapitalgesellschaft besteht. In welcher Form das Vermögen übertragen werden muss, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Denkbar sind sowohl Fälle der Gesamt- als auch der Einzelrechtsnachfolge.30 Während bei einer Einbringung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge die Vermögensgegenstände des einbringenden Rechtsträgers in einem einheitlichen Rechtsakt ohne Abwicklung kraft Gesetzes auf die übernehmende Gesellschaft übergehen, handelt es sich bei einer Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge um einen Veräußerungsvorgang, auf den die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften Anwendung finden. Grundsätzlich müssen sämtliche Wirtschaftsgüter einzeln auf die übernehmende Gesellschaft übertragen werden.31 Wenn eine Vielzahl oder bestimmte für den übernehmenden Rechtsträger günstige Verträge mitübertragen werden sollen, bietet es sich daher an, den Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zu gestalten.32 Hierzu ist eine Form zu wählen, die das UmwG für derartige Vermögensübertragungen bereithält. Neben Verschmelzungen von einer Personengesellschaft oder mehreren Personengesellschaften auf eine bereits beste________________________ 30 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., vor §§ 20–23 UmwStG Rn. 1. 31 K. Schmidt, S. 574; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 205. 32 Fox, in Engl, D. 3 Rn. 3.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
hende33 oder neu gegründete Kapitalgesellschaft (§§ 2 ff. UmwG) kommen insbesondere Auf- und Abspaltungen eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils einer Personenhandelsgesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft nach den Vorschriften der §§ 123 ff. UmwG sowie Ausgliederungen34 von Vermögensteilen eines Einzelkaufmanns, einer Personenhandelsgesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft auf eine bereits bestehende oder neu gegründete Kapitalgesellschaft (§ 123 Abs. 3 UmwG) in Betracht. Denkbar wäre auch ein Formwechsel (§ 190 ff. UmwG). Da die Wirtschaftsgüter bei einem Formwechsel jedoch nicht von einem Rechtsträger auf einen anderen übergehen, sondern beim bisherigen Rechtsträger verbleiben und sich lediglich dessen „Rechtskleid“ ändert, können die §§ 20 ff. UmwStG a. F. nicht unmittelbar anwendbar sein. Erst der Verweis in § 25 UmwStG a. F. eröffnet den Weg zu den Einbringungsvorschriften. Bei kleineren und mittleren Unternehmungen kann es sich hingegen empfehlen, das Vermögen im Wege der Einzelrechtsnachfolge zu übertragen. Dieses kann entweder durch Sacheinlage bei Gründung einer Kapitalgesellschaft (§ 5 Abs. 4 GmbHG, § 27 AktG) oder durch Sachkapitalerhöhung bei einer bereits bestehenden Kapitalgesellschaft (vgl. § 56 GmbHG, §§ 183, 194, 205 AktG) erfolgen. Neben den regelmäßig geringeren Formerfordernissen und der damit einhergehenden einfacheren und mit einem geringeren Zeitaufwand verbundenen Handhabung der Einzelrechtsnachfolge sind vor allem die geringeren Kosten der Umstrukturierung von Vorteil.35 Für die in der Praxis häufig anzutreffende Konstellation der hinsichtlich der Komplementär-GmbH und der KG beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG besteht zudem die Möglichkeit, bei einer Einbringung von Mitunternehmeranteilen die Vorteile der Einzel- und der Gesamtrechtsnachfolge miteinander zu kombinieren. Dieses ist zumindest bei Einbringungen denkbar, die dem Besteuerungsregime des alten UmwStG unterliegen.36 Hierzu muss ________________________ 33 Sollte das Vermögen nicht auf eine neu gegründete Kapitalgesellschaft übertragen werden, ist eine Sachkapitalerhöhung vorzunehmen. 34 Zur Übertragung von Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers im Rahmen einer Ausgliederung ausführlich Carlé, in Carlé/Korn/Stahl/Strahl, Rn. 230 ff., der in Rn. 251 einen Mustertext eines Ausgliederungs- und Übernahmevertrags vorstellt. 35 Fox, in Engl, D. 3 Rn. 5. 36 Vom Gesetzgeber selbst nicht geklärt wurde die dogmatische Einordnung der Anwachsung nach § 738 BGB; vgl. K. Schmidt, S. 473, 1315 sowie die Begründung des Handelsrechtsreformgesetz-Entwurfs, BT-Drs. 13/8444, S. 67. Nach überwiegender Ansicht vollzieht sich diese durch Gesamtrechtsnachfolge, vgl. BGH v. 6.5.1993 – IX ZR 73/92, NJW 1993, 1917, 1918; Orth, DStR 1999, 1011, 1012 f.; K. Schmidt, S. 317, 346, 1300. Dies hätte zur Folge, dass für Einbringungen, auf die das UmwStG n. F.
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B. Zivilrechtliche Ausgestaltung
der Vermögensübergang im Wege der Anwachsung (§ 738 BGB) im Rahmen des sog. erweiterten Anwachsungsmodells vollzogen werden.37 Im Unterschied zum einfachen Anwachsungsmodell38 scheiden die Personengesellschafter durch rechtsgeschäftliche Übertragung ihrer Anteile auf die Komplementär-GmbH als verbleibenden Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Die Übertragung wird im Rahmen einer Sacheinlage durch Sachkapitalerhöhung vollzogen und führt durch die Anteilsvereinigung in einer Hand zum Erlöschen der Personengesellschaft und zum Übergang des Gesamthandsvermögens auf den verbleibenden Gesellschafter. Der Vermögensübergang auf die Kapitalgesellschaft erfolgt kraft Gesetzes ohne Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Sacheinlagen können darüber hinaus auch in Form von Sachübernahmen39 i. S. d. § 5 Abs. 4 S. 1 GmbHG40 eingebracht werden, sofern sie einen Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder eine Kapitalbeteiligung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. umfassen und auf die zu erbringende Sacheinlage angerechnet werden.41 Dagegen lehnt es die höchstrichterliche ________________________
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Anwendung findet, eine Anwachsung nicht mehr in Betracht kommen könnte, da die Anwachsung in § 1 Abs. 3 UmwStG n. F. nicht genannt ist. Hiergegen wendet sich Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 14, der bei einer Übertragung nach dem sog. erweiterten Anwachsungsmodell von einer Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 UmwStG n. F.) ausgeht. Carlé, in Carlé/Korn/Stahl/Strahl, Rn. 252 ff.; Fox, in Engl, D. 4 Rn. 14. Beim einfachen Anwachsungsmodell scheiden die Gesellschafter in der Regel mit keiner oder keiner angemessenen Entschädigung aus der Gesellschaft aus. Steuerrechtlich handelt es sich um eine verdeckte Sacheinlage der Ausscheidenen in die verbleibende Komplementär-GmbH, mit der Folge der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuerpflicht, der in den übertragenden oder untergehenden Mitunternehmeranteilen enthaltenen stillen Reserven; eingehend Fox, in Engl, D. 4 Rn. 13; Mayer, in Widmann/Mayer, Anh. 5 Rn. 467. Gemeint ist eine Bargründung und eine von ihr getrennte Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und einem Gründungsgesellschafter oder einem Dritten, wonach die Gesellschaft einen bestimmten Gegenstand in Anrechnung/Verrechnung auf die Bareinlagepflicht des Gesellschafters entgeltlich erwirbt, Bayer, in Lutter/Hommelhoff, § 5 GmbHG Rn. 38. Die Sachübernahme ist in der Neufassung des § 5 Abs. 4 S. 1 GmbHG durch die Novelle 1980 zwar nicht mehr ausdrücklich erwähnt, wird aber durch den vom Gesetz nunmehr in erweitertem Sinne gebrauchten Sacheinlagebegriff mitumfasst, Winter, in Scholz, § 5 GmbHG Rn. 70; Hueck/Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 5 GmbHG Rn. 16. Daran ist trotz Aufhebung des § 19 Abs. 5 GmbHG festzuhalten, Hueck/ Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 5 GmbHG Rn. 16. Vor Inkrafttreten des MoMiG ordnete § 19 Abs. 5 GmbHG die Gleichstellung ausdrücklich an. Widmann, in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG (SEStEG) Rn. 140.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
Rechtsprechung42 noch ab, verdeckte Sacheinlagen in den Anwendungsbereich der §§ 20 ff. UmwStG a. F. einzubeziehen. Ob diese restriktive Haltung auch nach Inkrafttreten des MoMiG43 bzw. ARUG44 aufrechterhalten werden kann, wird derzeit diskutiert. Um eine verdeckte oder verschleierte Sacheinlage handelt es sich nach den Vorschriften der §§ 19 Abs. 4 S. 1 GmbHG, 27 Abs. 3 S. 1 AktG, wenn eine Geldeinlage bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten ist. Dabei wird vor Gründung oder im engen zeitlichen Zusammenhang mit der formellen Bargründung zwischen der Gesellschaft und deren Gesellschafter vereinbart, dass die Barmittel alsbald im Wege eines Kauf- oder sonstigen Austauschvertrages gegen Wirtschaftsgüter oder Dienstleistungen substituiert werden sollen. Die Gesellschaft verpflichtet sich damit, die Barmittel an den Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person zurückfließen zu lassen.45 Da auch nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen die Gesellschaftsrechte nicht im Gegenzug für die Hingabe der Sacheinlage gewährt werden, nehmen Teile des Schriftums46 entsprechend dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. unverändert an, dass nur offene Sacheinlagen oder Sachkapitalerhöhungen in den Anwendungsbereich der Einbringungsvorschriften einzubeziehen sind. Andere47 fordern dagegen, die geänderte zivilrechtliche Rechtslage auf das Steuerrecht zu übertragen. Sie erkennen zwar an, dass die Gesellschafter durch eine verdeckte Sacheinlage nicht von ihrer Geldeinlagepflicht befreit werden (vgl. § 19 Abs. 4 S. 1 GmbHG, § 27 Abs. 3 S. 1 AktG). Entscheidend sei aber, dass die zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter geschlossenen Verträge wirksam blieben. Wird die Bareinlage später in das Handelsregister eingetragen und ist die Sacheinlage als werthaltig anzusehen, ist der Wert der Vermögensgegenstände auf die Geldeinlagepflicht anzurechnen. Dies bedeutet ihrer Meinung nach zugleich, dass die Gesell________________________ 42 BFH v. 1.7.1992 – I R 5/92, BStBl. II 1993, 131. 43 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 44 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I 2009, 2479; eingehend Bosse, NZG 2009, 807 ff.; Habersack, AG 2009, 557 ff. 45 BGH v. 4.3.1996 – II ZR 89/95, BGHZ 132, 133; Henze, ZHR 154 (1990), 105, 114; Ulmer, ZHR 154 (1990), 128, 141. 46 Hein/Suchan/Geeb, DStR 2008, 2289, 2297; Wälzholz, MittBayNot 2008, 425, 437. 47 Fischer, Ubg 2008, 684, 687; Fuhrmann/Demuth, KÖSDI 2009, 16562, 16566 f.; Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 195 f.
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B. Zivilrechtliche Ausgestaltung
schaftsrechte für die eingebrachten Vermögensgegenstände geleistet werden und demnach auch in den sachlichen Anwendungsbereich der Einbringungsvorschriften einzubeziehen sind. Und dieses soll nicht erst seit Inkrafttreten der Gesetzesänderungen im November 2008 bzw. September 200948 gelten, sondern wegen der in den §§ 3 Abs. 4 EGGmbHG49, 20 Abs. 7 EGAktG angeordneten Rückwirkung schon davor.50 Da nur auf diesem Wege der Gesamtplanrechtsprechung des BFH51 hinreichend Rechnung getragen werden kann, nicht einzelne Teilschritte isoliert zu betrachten, sondern zu einer wirtschaftlichen Einheit zu verbinden,52 wäre es wünschenswert, wenn die Finanzverwaltung ihre bisherige Sichtweise53 aufgeben würde. Zu erwarten ist dies indes nicht.
________________________ 48 Das Gesetz zur Änderung der Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) ist am 4.8.2009 im BGBl. verkündet worden. Das ARUG ist gemäß Art. 16 – mit Ausnahme der Änderungen des GKG, der Aktionärsforumsverordnung und der Prüfungsberichtsverordnung – am 1.9.2009 in Kraft getreten. 49 Einführungsgesetz zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG-Einführungsgesetz – EGGmbHG) v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 50 Fuhrmann/Demuth, KÖSDI 2009, 16562, 16565 ff. 51 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229. 52 Fuhrmann/Demuth, KÖSDI 2009, 16562, 16566 f. 53 BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 20.04.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
C. Einbringungsmotive Die geeignete Rechtsform ist bereits bei der Gründung des Unternehmens zu wählen. Die Entscheidung wird durch eine Vielzahl von außersteuerlichen und steuerlichen Faktoren beeinflusst, wobei insbesondere die Fragen nach der Leitung und Überwachung des Unternehmens, der Haftung, Finanzierung, Rechnungslegung, Mitbestimmung sowie der Unternehmensnachfolge und Besteuerung im Vordergrund stehen.54 Stellt sich die gewählte Rechtsform in der Praxis als ungeeignet heraus oder ändern sich steuer-, arbeits-, gesellschaftsrechtliche oder betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen, muss die einmal getroffene Rechtsformentscheidung überdacht werden.55 Vorschnell sollte das Rechtskleid jedoch nicht gewechselt werden, denn eine Unternehmensumstrukturierung geht mit hohen arbeitsmäßigen und finanziellen Belastungen einher und birgt die latenten Gefahren, stille Reserven aufdecken zu müssen sowie Grunderwerbsteuer auszulösen. Anfang der Neunziger Jahre pries vermehrt das Schriftum56 die Vorzüge von Personengesellschaften an. Insbesondere die GmbH & Co. KG wurde als flexiblere Rechtsform gegenüber der Kapitalgesellschaft angesehen. Da ein Herausgehen aus der Kapitalgesellschaft bis Mitte der Neunziger Jahre stets den Ansatz der Teilwerte zur Folge hatte und damit nur um den Preis erkauft werden konnte, stille Reserven aufzudecken, musste von derartigen Umwandlungsbestrebungen gleichwohl abgeraten werden. Dies änderte sich erst, als das UmwStG 199557 eine Buchwertfortführung zuließ, was in der Folgezeit zu vermehrten Unternehmensumstrukturierungen führte.58 Dessen ungeachtet war und ist die Rechtsform der Kapitalgesellschaft nicht weniger interessant.59 Neben dem Ausschluss der persönlichen unbeschränkten Haftung der Gesellschafter, dem Gang an die Börse, der bekanntlich nur in Form einer AG, KGaA oder SE möglich ist und Gelegenheit bietet, die Eigenkapitalquote zu erhöhen, können vor allem steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Gründe ausschlaggebend sein. ________________________ 54 Förster, Ubg 2008, 185. 55 Ausführlich zur Frage der Rechtsformwahl Herzig/Kessler, GmbHR 1992, 232 ff.; Hueck/Windbichler, § 4; Jacobs, S. 1 ff. 56 Herzig, Stbg 1996, 49 f. 57 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) i. d. F. der Bek. v. 28.10.1994, BGBl. I 1994, 3267. 58 Haritz, FR 2004, 1098. 59 Herzig, Stbg 1996, 49, 62 f.; Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, vor §§ 20–23 UmwStG (SEStEG) Rn. 38.
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C. Einbringungsmotive
Das geltende Unternehmenssteuerrecht betrachtet nicht das Unternehmen als eigenständiges Steuerobjekt, sondern macht die steuerlichen Folgen von der zivilrechtlichen Rechtsform des Unternehmensträgers und ihrer Gesellschafter abhängig. Dabei orientiert sich die Besteuerung von Personengesellschaften ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Verselbständigung am Leitbild des Einzelunternehmens, wohingegen Kapitalgesellschaften von einem eigenen Regelstatut erfasst werden. Während der Gewinn von Einzelunternehmen und Personengesellschaften (= Personenunternehmen) unmittelbar bei den jeweils hinter der Gesellschaft stehenden Personen mit Einkommenbzw. Körperschaftsteuer belastet wird, ist der Gewinn einer Kapitalgesellschaft mit einem einheitlichen Steuersatz von 15 % zu versteuern. Im Unterschied dazu richtet sich die Höhe der tariflichen Einkommensteuer einer hinter einem Personenunternehmen stehenden natürlichen Person nach der Summe ihrer weiteren Einkünfte (§ 32a EStG). Der linear-progressiv verlaufende Einkommensteuertarif kann einen Spitzensteuersatz von bis zu 45 % des zu versteuernden Einkommens erreichen. Um das Ausmaß der rechtsformabhängigen Belastungsunterschiede auszumachen, ist es jedoch keineswegs ausreichend, die Steuertarife der Einkommen- mit der Körperschaftsteuer zu vergleichen. Vielmehr müssen die Ebenen der Gesellschaft und des „Gesellschafters“ einheitlich betrachtet werden.60 Waren Kapitalgesellschaften bei Thesaurierung der Gewinne Personenunternehmen schon seit vielen Jahren nicht nur61 wegen des niedrigeren Steuersatzes überlegen,62 hat sich ihre Position seit der letzten großen ________________________ 60 Eine Zusammenstellung der Unterschiede in der laufenden Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften findet sich bei Montag, in Tipke/Lang, § 18 Rn. 202 ff. 61 Zudem können Leistungsvergütungen der Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter, anders als bei Personenunternehmen, das Einkommen der Gesellschaft mindern. Gleiches gilt für Zuführungen zu Pensionsrückstellungen für Gesellschafter-Geschäftsführer. Einen weiteren Vorteil weist die Kapitalgesellschaft im Zusammenhang mit dem Halten und Veräußern von Kapitalbeteiligungen auf. Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne können nach § 8b Abs. 1 S. 1, Abs. 2 KStG grundsätzlich steuerfrei vereinnahmt werden. Lediglich ein Betrag i. H. v. 5 % wird gemäß § 8b Abs. 3, 5 KStG als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe fingiert. Eine tabellarische Auflistung der Vor- und Nachteile der Besteuerung von Personenunternehmen findet sich bei Rödder, DStR 2007, Beih. zu H. 40, 2, 6. 62 Vgl. Förster, Ubg 2008, 185, 188 f., der die ertragsteuerliche Belastung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften der Jahre 2001–2007 zusammenstellt (vgl. Tab. 4). Danach ergibt sich bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 400 % ein Belastungsvorteil der Kapitalgesellschaft gegenüber Personenunternehmen für thesaurierte Gewinne in den Jahren 2001–2007. In etwa gleicher Höhe entsteht im Jahr 2007 aber für Kapitalgesellschaften gegenüber Personenunternehmen ein Belastungsnachteil,
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
Unternehmenssteuerreform im Jahre 200863 auch im Falle einer Ausschüttung wesentlich verbessert.64 Vergleicht man die Gesamtbelastung für entnommene bzw. ausgeschüttete Gewinne von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften, bestehen seit dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2009 im Bereich des Grenzeinkommensteuersatzes und einem durchschnittlichen Gewerbesteuer-Hebesatz zwischen den Rechtsformen kaum mehr Belastungsunterschiede.65 Kapitalgesellschaften sind Personenunternehmen sogar überlegen, wenn die „Gesellschafter“ ihre Einkünfte in der Nähe des Spitzensteuersatzes versteuern müssen und sich die Gewerbesteuer-Hebesätze im geringen bis moderaten Bereich bewegen.66 Dessen ungeachtet bleibt die Rechtsformwahl aber auch weiterhin eine Einzelfallentscheidung, die nur in Abhängigkeit mit den individuellen Merkmalen des Unternehmens getroffen werden kann. Erwirtschaftet das Unternehmen beispielsweise hohe laufende Verluste oder verfügt es über hohe Verlustvorträge, wird ein Personenunternehmen in aller Regel einer Kapitalgesellschaft überlegen sein, da die im Unternehmen erwirtschafteten Verluste grundsätzlich67 mit anderen positiven Einkünften der „Gesellschafter“ verrechnet werden können und so die Steuerlast senken.68 Neben den regelmäßig wiederkehrenden sind zudem die aperiodischen Steuerbelastungen zu berücksichtigen. Hierzu zählt beispielsweise die Besteuerung des Betriebsübergangs auf nachfolgende Generationen. Steht eine Vermögensübergabe auf die nächste Generation an, fehlen aber aktive Unternehmensnachfolger, kann das Unternehmen nicht mehr in Form eines Personenunternehmens betrieben werden, zumal die Erben oftmals auch nicht bereit sein werden, dass volle unternehmerische Risiko zu übernehmen.69 Wurde in der Vergangenheit von einem Rechtsformwechsel abgeraten, da Kapitalbeteiligungen in aller Regel höher als Betriebsvermögen von Personenunternehmen mit Erbschaftsteuer belastet worden sind,70 hat sich die ________________________
63 64 65 66 67 68 69 70
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sofern die Gewinne ausgeschüttet werden. Förster kommt daher zum Ergebnis, dass die Kapitalgesellschaft nur von Vorteil ist, wenn die Gewinne langfristig thesauriert werden können. Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912; Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. Eingehend Fischer, in Westermann, Rn. II 110 ff.; Förster, Ubg 2008, 185, 189 ff. Vgl. die Übersicht Gegenüberstellung wesentlicher Belastungswirkungen ab 2009 bei Montag, in Tipke/Lang, § 18 Rn. 215. Förster, Ubg 2008, 185, 189 ff. Zu den Grenzen der Verrechenbarkeit vgl. § 15a EStG. Förster, Ubg 2008, 185, 193 f.; Hueck/Windbichler, § 4 Rn. 10. Schwedhelm, in Harzburger Steuerprotokoll 1997, S. 221 ff. Hannes/Onderka, ZEV 2008, 16.
C. Einbringungsmotive
Rechtslage mit dem am 1.1.2009 inkraftgetretenen ErbStRG71 verändert. Seither ist die Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage einheitlich am gemeinen Wert ausgerichtet.72 Die Vielzahl der Argumente, eine einmal getroffene Rechtsformentscheidung zu überdenken, kann jedoch nicht erklären, warum gerade die Einbringungsvorschriften in den §§ 20 ff. UmwStG a. F. eine derart große wirtschaftliche Bedeutung73 erlangt haben. Umstrukturieren ließe sich auch mit Hilfe von Umwandlungsvorgängen, die ausschließlich und unmittelbar an das UmwG anknüpfen. Im Gegensatz zu den Umwandlungsvorgängen des UmwG haben die Einbringungsvorschriften aber einen entscheidenden Vorteil: ihr weiter sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich.74 Zum einen können natürliche Personen, die selbst nicht Kaufleute sind, Vermögen übertragen, während übertragender Rechtsträger einer Verschmelzung gerade keine natürliche Person sein darf und Ausgliederungen Einzelkaufleuten vorbehalten sind. Zum anderen waren grenzüberschreitende Umstrukturierungen steuerneutral lange Zeit nur im Wege einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft möglich. § 1 Abs. 1 UmwStG a. F. sah nämlich vor, dass Umstrukturierungen steuerneutral nur vollzogen werden dürfen, wenn ein Umwandlungsvorgang i. S. d. UmwG vorlag. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen waren dem UmwG bis ins Jahr 2007 hinein nicht bekannt. Daher konnten grenzüberschreitende Umstrukturierungen nur im Wege einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (§ 23 UmwStG a. F.) durch Einzelrechtsnachfolge vollzogen werden, wenngleich die Fusionsrichtlinie den Mitgliedstaaten bereits im Jahre 1990 aufgab, neben dem Austausch von Anteilen und der Einbringung von Unternehmensteilen grenzüberschreitende Fusionen und Spaltungen steuerneutral zu ermöglichen (vgl. Art. 4 Abs. 1 FRL).75 Hieran sah sich der deutsche Steuergesetzgeber jedoch wegen ________________________ 71 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018. Zur möglichen Rückwirkung des ErbStRG vgl. 2. Kap. E. IV. 72 BT-Drs. 16/7918, S. 1 ff. Ausführlich zum alten Recht Ziegenbein, BB 2006, 2500, 2501 f. sowie zu den Änderungen durch das ErbStRG Geck, ZEV 2008, 5 ff.; Hannes/Onderka, ZEV 2008, 173 ff.; Mannek, DB 2008, 423 ff.; Piltz, DStR 2008, 745 ff.; Wiegand, ZEV 2008, 129 ff.; Zipfel, BB 2007, 2651 ff. 73 Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, vor §§ 20, 23 UmwStG Rn. 38. 74 Patt, Der Konzern 2006, 730, 734 zum alten Recht sowie Heß/Schnitger, in PWC, Rn. 1501; Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, vor §§ 20–23 UmwStG (SEStEG) Rn. 38 ff. (mit tabellarischer Auflistung diverser von §§ 20 ff. UmwStG erfassten Vorgängen), § 20 UmwStG Rn. 3 und Winkeljohann/Fuhrmann, S. 828 ff. zum neuen Recht. 75 Vgl. 1. Kap. A.
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1. Kapitel: Einbringungsgeborene Anteile im Steuersystem
einer fehlenden gesellschaftsrechtlichen Grundlage gehindert.76 Dies änderte sich erst, als im April 2007 das Zweite Gesetz zur Änderung des UmwG77 zumindest für grenzüberschreitende Verschmelzungen (Fusionen) in den §§ 122a–l UmwG eine gesetzliche Grundlage schuf. Einbringungen in Kapitalgesellschaften wurden und werden daher häufig als Vorbereitungsmaßnahme oder Zwischenschritt für mehrstufige Umstrukturierungsmaßnahmen genutzt, um eine Konzentration der Unternehmensstruktur zu erreichen,78 d. h. eine auf Dauer ausgerichtete wirtschaftliche und rechtliche Vereinigung mehrerer Unternehmen unter einheitlicher Leitung.79 Bessere Marktinformation und Marktdurchdringung, günstigere Einkaufsbedingungen, Nutzung von Massenproduktionsvorteilen, höhere Risikosicherung durch Diversifikation sowie bessere Möglichkeiten der Selbstund Fremdfinanzierung, die einen breiteren Spielraum für Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb bieten, sind nur einige wenige Argumente für größere Unternehmenseinheiten.80 Holding- bzw. Konzernstruktu________________________ 76 Mit guten Gründen hätte sich der Einbringende auf die unmittelbare Wirkung der FRL berufen können. Vorzugswürdig wäre der Weg allerdings nicht, da der EuGH bislang noch keine Gelegenheit hatte, zur Frage der unmittelbaren Wirkung des Art. 4 Abs. 1 FRL Stellung zu nehmen und das gewünschte Ergebnis mit Hilfe eines Einbringungsvorganges erreicht werden kann. Ausführlich Momen, S. 250 ff., der zum Ergebnis gelangt, dass die FRL unmittelbare Wirkung bei grenzüberschreitenden Spaltungen entfaltet; ebenso Herzig/Förster, DB 1994, 1, 6 f.; Knobbe-Keuk, Intertax 1992, 4 ff.; a. A. Finanzausschuss, BT-Drs. 12/7945, S. 4; Schaumburg, Rn. 17.7; Voß, StuW 1993, 155, 162. 77 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I 2007, 542. 78 Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, vor §§ 20–23 UmwStG (SEStEG) Rn. 40. So konnten grenzüberschreitende Verschmelzungen (und für die Spaltung gilt dies bis heute) nur durch mehrere aufeinander folgende Umstrukturierungsmaßnahmen durch Sacheinlagen im Wege der Einzelrechtsnachfolge erreicht werden. Eine steuerneutrale Einbringung bzw. eine Anteilseinbringung werden zu diesem Zweck mit anschließenden (meist steuerwirksamen) Liquidationsvorgängen mit Sachauskehrungen kombiniert; vgl. Herzig/Dautzenberg, DB 1992, 1 ff.; Herzig/Förster, BB 1992, 1251, 1252; Herzig/Förster, DB 1994, 1, 2 f.; Schmalz, Fn. 51. 79 Sölter/Zimmerer, S. 17. 80 Sölter/Zimmerer, S. 18. Genannt werden sollen auch die bei Sölter und Zimmerer, S. 28 aufgeführten Risiken einer Konzentration, die insbesondere in der Überschreitung des Betriebsoptimums, Komplizierung und Unübersichtlichkeit der Informations-, Kommunikations- und Koordinierungssysteme, Schwerfälligkeit und Inflexibilität der Unternehmensplanung, -leitung und -kontrolle, Beeinträchtigung von Entscheidungsprozessen, Verbürokratisierung, Verringerung des Leistungsinteresses und der Eigeninitiative des Arbeitnehmers, mangelnde Innovationsbereitschaft sowie der Herausbildung von Monopolen gesehen werden.
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C. Einbringungsmotive
ren können aufgebaut oder erweitert werden. Ebenso ist aber auch das gegenläufige Ziel in Form der Verselbständigung von Unternehmensteilen in Tochter-Kapitalgesellschaften mit Hilfe von Einbringungsvorgängen denkbar.81 In der Praxis werden Unternehmensumstrukturierungen häufig in Form einer Anteilseinbringung durch Kapitalerhöhung unter Ausschluss eines Bezugsrechts der Gesellschafter der übernehmenden Kapitalgesellschaft vollzogen. Dies erfolgt meist nicht in Gestalt einer einfachen Anteilseinbringung,82 da ansonsten die Schutzbedürftigkeit der Altgesellschafter der übernehmenden Gesellschaft beachtet werden müsste, die sich aus der Verwässerung ihrer Beteiligungshöhe ergibt.83 Um langwierige und mit einem hohen Prozessrisiko behaftete Anfechtungsklagen der Altgesellschafter über die Höhe ihrer Anteile von vornherein auszuschließen, wird zunächst eine befreundete Bank beauftragt, eine neue Kapitalgesellschaft zu gründen.84 Im Anschluss daran werden in zwei parallelen Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen unter Ausschluss der Bezugsrechte die Gesellschaftsanteile beider Gesellschaften übernommen.85
________________________ 81 82 83 84
Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, §§ 20–23 UmwStG (SEStEG) Rn. 38. Bogenschütz, IStR 2000, 609, 611. Aha, BB 2001, 2225, 2226. Ausführlich Bogenschütz, IStR 2000, 609, 611, der auf den Zusammenschluss Daimler-Chrysler eingeht, der aus steuerlicher (nicht aus betriebswirtschaftlicher) Sicht als Musterbeispiel eines gelungenen grenzüberschreitenden Zusammenschlusses angesehen wird. 85 Bogenschütz, IStR 2000, 609, 611.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten Sowohl dem grundlegenden Urteil des RFH1 zur Entstehung von einbringungsgeborenen Anteilen als auch den amtlichen Erwägungsgründen der Fusionsrichtlinie2 kann entnommen werden, dass eine Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft zwar einerseits steuerneutral möglich sein soll, aber andererseits auch die finanziellen Interessen des Staates an den stillen Reserven des eingebrachten Vermögens gewahrt werden müssen. Wie dies im konkreten Fall zu erfolgen hat, soll im Folgenden aufgezeigt werden. Dabei wird zunächst auf die Entstrickung von einbringungsgeborenen Anteilen eingegangen, die auf rein inländische Einbringungsvorgänge zurückzuführen sind. Erst im 3. Kapitel findet eine Auseinandersetzung mit grenzüberschreitenden Vorgängen statt. Vor allem bei letzteren können die Vorgaben der Fusionsrichtlinie und der Grundfreiheiten auf das nationale Recht einwirken. Zuvor soll jedoch in gebotener Kürze an den Gedanken des Dualismus der Einkunftsarten erinnert werden, um die Rechtsfolgen der Entstrickung von einbringungsgeborenen Anteilen transparenter werden zu lassen.
________________________ 1 RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999, 1002. 2 4. Erwg. der FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
A. Grundzüge der Besteuerung bei Veräußerungen von Kapitalbeteiligungen Seit dem 19. Jahrhundert3 knüpft das deutsche Einkommensteuerrecht an den Gedanken des Dualismus der Einkunftsarten4 (§ 2 Abs. 2 S. 1 EStG) an. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) versteuern den Gewinn, die übrigen vier Einkunftsarten5 den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Dabei sind ab dem VZ 2009 Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 EStG) unterliegen, nicht mehr in die Einkunftsermittlung einzubeziehen (§§ 2 Abs. 2 S. 2, Abs. 5b, 52a Abs. 2 EStG). Realisierte Wertsteigerungen des zur Einkunftserzielung eingesetzten Vermögens sind bei den drei Gewinneinkunftsarten zu versteuern, während bei den Überschusseinkünften nur die Erträge der Vermögensquelle besteuert werden, hingegen nicht die Vermögensquelle selbst (§ 8 EStG).6 Bei den sog. Quelleneinkünften findet damit ein Wertvergleich des Vermögens vom Grunde her nicht statt, was zur Folge hat, dass private Veräußerungsgeschäfte regelmäßig in den Bereich der nicht steuerbaren Vermögensverwaltung fallen. Das derzeit noch geltende deutsche Besteuerungssystem ________________________ 3 § 14 Pr. EStG v. 24.6.1891, S. 175; §§ 17, 22 des Sächs. EStG v. 22.12.1874 Gesetzund Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen 1874, S. 471. Der Regierungsentwurf des Pr. EStG sah für gewerbliche Unternehmen noch vor, eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu erstellen. Vertreter der Handels- und Gewerbetreibenden wirkten auf den Gesetzgeber ein und sorgten dafür, dass gewerbliche Unternehmen nicht mehr zwei verschiedene Jahresrechnungen – eine für die Besteuerung maßgebende Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im Sinne der Quellentheorie und eine zweite nach dem AHGB entsprechend den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung – aufstellen brauchten, sondern nur noch eine; ausführlich Barth, S. 197 ff. m. w. N. 4 Mit den verfassungsrechtlichen Zweifeln am Dualismus der Einkunftsarten hat sich Söhn, DStJG 30 (2007), 13 ff. ausführlich auseinander gesetzt. Er kommt zu dem Schluss, dass der Dualismus der Einkunftsarten gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der steuerlichen Belastungsneutralität verstößt (Art. 3 Abs. 1 GG) und nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden kann. 5 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) sowie die sonstigen Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. 6 Erstmals die amtliche Begründung zum EStG aus dem Jahre 1925, RT-Drs. III/1924/ 25, Nr. 795, S. 19, 40 f. erläutert die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einkunftsarten in der Form, dass bei den Einkunftsarten streng zwischen zwei Hauptgruppen zu unterscheiden ist. Die eine Hauptgruppe umfasst die Einkünfte aus selbständiger Erwerbs- und Berufstätigkeit. Bei diesen Einkünften ist die Erwerbs- und Berufstätigkeit ohne ein dieser Tätigkeit gewidmetes Vermögen regelmäßig nicht möglich, so dass auch Vermögensänderungen berücksichtigt werden müssen.
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A. Grundzüge der Besteuerung bei Veräußerungen von Kapitalbeteiligungen
sieht daher eine bewusste Ungleichbehandlung hinsichtlich der Veräußerung von Betriebsvermögen, also der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen und der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Kapitalbeteiligungen vor. Zwar müssen ab dem VZ 2009 sämtliche Wertzuwächse von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften besteuert werden (§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG).7 Allerdings sind von dieser Neuregelung nur Anteile betroffen, die nach dem 31.12.2008 angeschafft worden sind (§ 52a Abs. 10 S. 1 EStG). Für Wertsteigerungen sog. Altanteile und damit auch für die vor dem 13.12.2006 entstandenen einbringungsgeborenen Anteile (vgl. auch § 20 Abs. 8 EStG 20088) gilt unverändert: Wertsteigerungen von im Privatvermögen gehaltener Anteile sind grundsätzlich von der Besteuerung ausgenommen. Von diesem Grundsatz werden allerdings in den §§ 17 Abs. 1 S. 1 EStG, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 4 EStG und §§ 21 ff. UmwStG a. F. gewichtige Ausnahmen gemacht. Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften sind nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG den gewerblichen Einkünften zuzurechnen, wenn der Veräußernde innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Hiermit soll der Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit berücksichtigt und vor allem eine steuerliche Gleichbehandlung mit Mitunternehmeranteilen erreicht werden.9 Zudem wird auch bei einer niedrigeren Beteiligung eine Nähe zur Gewerblichkeit10 angenommen, wenn zwischen der vor dem VZ 2009 getätigten Anschaffung und späteren Veräußerung der Anteile ein Zeitraum von weniger als einem Jahr liegt und der Gewinn eine bestimmte Freigrenze11 übersteigt.12 Gewinne aus der Veräußerung von sog. privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 4 EStG) zählen zu den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 2 EStG). Wie die Einkünfte aus der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung i. S. d. § 17 EStG unterliegen sie bis zum VZ 2008 dem Halb- bzw. ab dem VZ 2009 ________________________ 7 § 17 EStG ist jedoch weiterhin vorrangig anzuwenden, wenn eine qualifizierte Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 1 bzw. Abs. 6 EStG veräußert wird (§ 20 Abs. 4 EStG). 8 Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. der Bek. v. 19.10.2002, BGBl. I 2002, 4210 ber. BGBl. I 2003, 179 zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. 9 Gosch, in Kirchhof, § 17 EStG Rn. 1; Weber-Grellet, in Schmidt, § 17 EStG Rn. 3. 10 Weber-Grellet, in Schmidt, § 23 EStG Rn. 1. 11 Diese beträgt bis zum VZ 2008 518 Euro. Ab dem VZ 2009 erhöht sich die Freigrenze gemäß § 23 Abs. 3 S. 5 EStG auf 600 Euro. 12 Nach § 23 Abs. 2 S. 2 EStG 2008 ist § 17 EStG vorrangig anzuwenden.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
dem Teileinkünfteverfahren. Danach bleibt die Hälfte bzw. 40 % des Veräußerungspreises steuerfrei (§ 3 Nr. 40 Buchst. c und j EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 3 EStG). Im Gegenzug dürfen aber auch nur die Hälfte bzw. 60 % der Anschaffungs- und Veräußerungskosten in Ansatz gebracht werden (§ 3c Abs. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 4 EStG). Den Gewinn aus der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung nur anteilig in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, ist wie die anteilige Steuerfreistellung von Dividenden mit der Abkehr vom KörperschaftsteuerAnrechnungsverfahren zum Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren verbunden. Seit Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG)13 im Jahre 2001 wird der ausgeschüttete Gewinn einer Kapitalgesellschaft sowohl auf Ebene der Gesellschaft als auch auf Ebene des Gesellschafters besteuert. Der Gefahr einer Doppelbesteuerung begegnet der Gesetzgeber mit einem niedrigeren Körperschaftsteuertarif (§§ 23, 34 Abs. 11a KStG) und einer zumindest teilweisen Steuerfreistellung der Dividende auf Ebene der Gesellschafter. Neben den laufenden Einnahmen werden aber auch Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen anteilig freigestellt. Die Gesellschaft soll sich vor einer anstehenden Anteilsveräußerung nicht genötigt sehen, ihre Gewinne zuvor auszuschütten, um ihre Gesellschafter in den Genuss der Steuerfreistellung zu bringen.14 Veräußerungsgewinne stellen somit nur künftige Dividendenzahlungen in Gestalt von Gewinnrücklagen als bereits realisiertes Dividendenpotential oder in Form von stillen Reserven als noch zu realisierendes Dividendenpotential dar.15 Gleichzeitig drängt die unterschiedliche Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften einschließlich ihrer Gesellschafter aber auch folgende Gestaltung auf: Soll ein Betrieb eines Personenunternehmens veräußert werden, so ist dieser zunächst steuerneutral unter Fortführung der Buchwerte in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. einzubringen. Erst im Anschluss sind die Anteile an der Kapitalgesellschaft steuerfrei oder zumindest steuerbegünstigt zu veräußern.16 Ebenso wäre es denkbar, dass eine natürliche Person die von ihr gehaltene Kapitalbeteiligung nicht selbst veräußert, sondern zuvor in eine Kapitalgesellschaft steuer________________________ 13 Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz – StSenkG) v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433. 14 von Beckerath, in Kirchhof, § 3 EStG Rn. 106; Binnewies, in Streck, § 8b KStG a. F. Rn. 29. 15 Herzig/Dautzenberg, DB 2000, 12, 19; van Lishaut, StuW 2000, 182, 191; Schön, StuW 2000, 151, 154. 16 Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 290; Walzer, DB 2009, 2341.
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A. Grundzüge der Besteuerung bei Veräußerungen von Kapitalbeteiligungen
neutral einlegt und die eingelegten Anteile sodann von der Gesellschaft steuerbegünstigt veräußert werden.17 Aufgabe des Besteuerungssystems der einbringungsgeborenen Anteile ist es, diesen und anderen Gestaltungen entgegenzuwirken, aber gleichzeitig die Steuervergünstigungen zu gewähren, die einer Veräußerung des eingebrachten Vermögens eingeräumt worden wären. Daher schreibt § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. vor, dass den im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen nach den §§ 20 Abs. 1, 23 Abs. 1–4 UmwStG a. F. gewährten Anteilen fortan der Status der Einbringungsgeborenheit anhaftet. Dieses bedeutet, dass sich die Besteuerungsfolgen nicht mehr nach den allgemeinen Vorschriften des EStG oder KStG richten, sondern nach denen des UmwStG. Beispielsweise unterscheidet das UmwStG nicht zwischen Anteilen, die im Privatvermögen und solchen, die im Betriebsvermögen gehalten werden. Die Anteile repäsentieren allein das eingebrachte Vermögen. Zudem leitet man aus diesem Gedanken ab, dass Anteile des Privatvermögens, die weder nach den §§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008, 17 Abs. 1 EStG steuerverstrickt sind, noch selbst einbringungs-, verschmelzungs-18 oder spaltungsgeboren19 sind, selbst dann nicht zu einbringungsgeborenen Anteile werden, wenn die übernehmende Gesellschaft das Vermögen unter dem Teilwert ansetzt.20 Vielmehr zählen die gewährten Anteile auch weiter________________________ 17 Walzer, DB 2009, 2341. 18 Gemäß § 13 Abs. 2 UmwStG n. F. kann eine Verschmelzung auf Ebene der Gesellschafter der übertragenden Körperschaft unter bestimmten Voraussetzungen steuerneutral erfolgen. Befinden sich in dem zu übertragenden Vermögen einbringungsgeborene Anteile, können die erworbenen Anteile nach § 13 Abs. 3 UmwStG n. F. an die Stelle der hingegebenen Anteile treten. Bei der Verschmelzung geht somit den eingebrachten Anteilen der Status der Einbringungsgeborenheit verloren. Dafür haftet fortan aber den erworbenen Anteilen der Status der Einbringungsgeborenheit an. Man spricht insoweit von verschmelzungsgeborenen Anteilen. Vgl. ausführlich unter 2. Kap. G. III. 1. 19 Entsprechendes (vgl. 2. Kap. Fn. 18) gilt gemäß §§ 15 Abs. 1 S. 1, 13 Abs. 2 UmwStG n. F. bei einer Spaltung, wenn sich im Vermögen des übertragenden Rechtsträgers einbringungsgeborene Anteile befinden. Die künftige Besteuerung der stillen Reserven der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile bleibt durch die Qualifikation der erworbenen Anteile an der übernehmenden Körperschaft als einbringungsgeborene erhalten. Man spricht insoweit von spaltungsgeborenen Anteilen i. S. d. §§ 15 Abs. 1 S. 1, 13 Abs. 2 UmwStG n. F. 20 BFH v. 13.10.1992 – VIII R 3/89, BStBl. II 1993, 477; BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 21.04; Haritz, DStR 2000, 1537, 1540; Strahl, KÖSDI 2001, 12728, 12729; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 14; zweifelnd Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 11.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
hin zum nicht steuerverstrickten Privatvermögen. § 21 UmwStG a. F. soll lediglich sicherstellen, dass bei einer Einbringung nicht voll aufgedeckte steuerverstrickte stille Reserven einer Besteuerung zugeführt werden.21 Bei nicht steuerverstrickten Anteilen scheidet eine missbräuchliche Gestaltung von vornherein aus, so dass der Tatbestand des § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. insoweit teleologisch zu reduzieren ist.22 Die stillen Reserven von einbringungsgeborenen Anteilen sind daher grundsätzlich erst aufzudecken, wenn der Einbringende sein unternehmerisches Engagement beendet. Fraglich ist nur, ob dies unter dem Besteuerungsregime des alten oder neuen UmwStG zu erfolgen hat.
________________________ 21 Haritz, DStR 2000, 1537, 1540; Lüdicke/Durchlaub, FR 1995, 577, 578; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 14. 22 Crezelius, Freudesgabe Haas, S. 79, 81; Lüdicke/Durchlaub, FR 1995, 577, 578; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 14.
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B. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F.
B. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. schreibt die letztmalige Anwendung des UmwStG a. F. für Umwandlungen und Einbringungen vor, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register bis zum 12.12.200623 beantragt worden ist. Sollte für einen wirksamen Vermögensübergang eine Eintragung in ein öffentliches Register nicht erforderlich sein, gilt das alte UmwStG a. F. fort, sofern das wirtschaftliche Eigentum an den eingebrachten Wirtschaftsgütern bis zum 12.12.2006 übergegangen ist. Entscheidend kommt es somit auf den Zeitpunkt der Einbringung und nicht auf den der Veräußerung an.
I. Vorrang des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. vor § 17 Abs. 6 EStG Veräußert der Anteilseigner seine im Privatvermögen gehaltenen einbringungsgeborenen Anteile, können neben den Vorschriften des UmwStG zugleich die Tatbestände der §§ 17 Abs. 1 S. 1 EStG, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 4 EStG einschlägig sein. Vor Inkrafttreten des SEStEG nahmen Rechtsprechung24 und Literatur25 übereinstimmend einen Vorrang der umwandlungssteuerrechtlichen Normen an. Das Besteuerungsregime des UmwStG wurde als lex specialis angesehen. Dies könnte sich mit Einführung des § 17 Abs. 6 EStG durch das SEStEG geändert haben. Seither ordnet § 17 Abs. 6 EStG für den Anteilstausch an, dass bei Vermögensübertragungen, bei denen nicht der gemeine Wert zum Ansatz gekommen ist, die Veräußerungsgewinnbesteuerung des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG auch auf solche Anteile zu erstrecken ist, an denen der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft nicht unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war, sofern in den eingebrachten Anteilen eine wesentliche Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG vorgelegen hat. Dies soll im Gegensatz zu Sacheinlagen i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. nach dem Gesetzeswortlaut scheinbar unabhängig davon gelten, ob die Anteile unter dem Besteuerungsregime des alten oder neuen UmwStG entstanden sind. Als zeitlich neueres Gesetz müsste bei einer Ver________________________
23 Am 12.12.2006 wurde das SEStEG im BGBl. veröffentlicht. Die Neufassung des UmwStG wirkt daher nicht rückwirkend. 24 BFH v. 13.10.1992 – VIII R 3/89, BStBl. II 1993, 477. 25 Crezelius, Freudesgabe Haas, S. 79, 81; Haritz, DStR 2000, 1537, 1538; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 2; Strahl, KÖSDI 2001, 12728, 12731; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 12.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
äußerung einbringungsgeborener Anteile, die aus einem Anteilstausch oder einer Anteilseinbringung hervorgegangen sind, § 17 Abs. 6 EStG vorrangig anwendbar sein, denn § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. ordnet nur die Fortgeltung des alten Rechts an. Wenn § 17 Abs. 6 EStG die Umwandlungsvorschriften verdrängt, müsste erneut über das Konkurrenzverhältnis zwischen § 17 Abs. 1 EStG und § 21 UmwStG a. F. nachgedacht werden, zumindest aber zwischen betriebseinbringungsgeborenen26 und anteilseinbringungsgeborenen27 Anteilen unterschieden werden. In der Literatur hat sich ersichtlich nur Haritz28 mit dieser Problematik auseinander gesetzt. Er sieht aufgrund des seiner Meinung nach eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 6 EStG keine andere Möglichkeit, als § 17 Abs. 6 EStG jedenfalls dann den Vorrang zu gewähren, wenn die eingebrachte Beteiligung die 1 %-Schwelle erreichte oder überschritt und die erhaltene Beteiligung diese Schwelle gerade nicht erreicht. Der Wortlaut des Gesetzes ist aber keineswegs so eindeutig, wie Haritz meint. Richtig ist zwar, dass das Gesetz zwischen Sacheinlagen i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG n. F.29 und eingebrachten Anteilen unterscheidet. Erfasst werden damit Anteile, die als Gegenleistung für die Einbringung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach dem 12.12.2006 geleistet worden sind oder solchen, denen eine Anteilseinbringung oder ein Anteilstausch zugrunde lag. Da aber für die Anwendung des § 17 Abs. 6 EStG nicht nur die Voraussetzungen der Nr. 2, sondern auch die der Nr. 1 erfüllt sein müssen, kann von einem eindeutigen Wortlaut nicht die Rede sein. § 17 Abs. 6 Nr. 1 EStG setzt nämlich voraus, dass die Einbringung nicht zum gemeinen Wert erfolgt sein darf. Einbringungen, bei denen der gemeine Wert zum Ansatz gebracht werden kann, sind erst seit dem UmwStG n. F. denkbar. Zuvor konnte die aufnehmende Kapitalgesellschaft entweder die Buchwerte fortführen oder das eingebrachte Vermögen mit Zwischen- oder Teilwerten bewerten. Zudem hält die Gesetzesbegründung des SEStEG30 ________________________ 26 Die Unterscheidung geht zurück auf Blumenberg, in Oppenhoff & Rädler/Linklaters & Alliance, S. 252 ff., der einbringungsgeborene Anteile, die im Gegenzug für die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gewährt werden, als betriebseinbringungsgeborene Anteile bezeichnet. 27 Einbringungsgeborene Anteile, die aus der Einbringung einer der Stimmrechte mehrheitsvermittelnden Beteiligung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. an einer Kapitalgesellschaft hervorgegangen sind. 28 Haritz, GmbHR 2007, 169, 170 f.; Haritz, in Haritz/Menner, § 27 UmwStG Rn. 34 ff. 29 § 20 Abs. 1 UmwStG n. F. bezeichnet anders als das UmwStG a. F. als Sacheinlage einzig die Einbringung von (Teil-)Betrieben und Mitunternehmeranteilen. 30 BT-Drs. 16/2710, S. 29.
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B. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F.
eine weitere Steuerverhaftung der Beteiligungen auch dann nur für erforderlich, wenn andernfalls die Steuerpflicht durch den Einbringungsvorgang umgangen werden könnte. Erforderlich ist eine Steuerverhaftung jedoch nur, wenn die Anteile nicht bereits nach einer anderen Vorschrift steuerverhaftet sind. Genau dieses ist bei einbringungsgeborenen Anteilen nach den §§ 21 UmwStG a. F., 27 Abs. 2 UmwStG n. F. aber der Fall. § 17 Abs. 6 EStG sollte daher so ausgelegt werden, dass nur Anteile erfasst sind, die nach Inkrafttreten des SEStEG unter dem Besteuerungsregime des neuen UmwStG entstanden sind. Um künftige Missverständnisse zu vermeiden, ist der Gesetzgeber aufgefordert, den missglückten Gesetzeswortlaut von § 17 Abs. 6 EStG zu ändern. § 17 Abs. 6 Nr. 1 EStG sollte dahingehend formuliert werden, dass nicht der „gemeine Wert i. S. d. UmwStG vom 7.12.2006“ angesetzt worden sein darf. Im Gegenzug müsste aus der Nr. 2 des § 17 Abs. 6 EStG die Fassung des UmwStG bei der Sacheinlage gestrichen werden. Dadurch erfasst man nur diejenigen Anteile, die auch vor der Einbringung nach § 17 Abs. 1 EStG steuerverstrickt waren, aber nicht bereits nach den §§ 21 ff. UmwStG a. F. i. V. m. § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. steuerverstrickt sind.31 Allein die Übergangsvorschrift des § 27 UmwStG n. F. gibt daher Auskunft über die steuerliche Entstrickung von einbringungsgeborenen Anteilen.
II. Anwendungsvoraussetzungen des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. Dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. lässt sich nicht zweifelsfrei entnehmen, ob die Fortgeltung des alten Rechts nur den Einbringungsvorgang selbst betrifft (§ 20 UmwStG a. F.) oder auch die Vorschriften des alten UmwStG mitumfasst sind, die sich auf Vorgänge nach der Einbringung beziehen (§§ 21, 22, 26 UmwStG a. F.). In § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. wird zum einen allein auf den Vorgang der Umwandlung und Einbringung abgestellt, zum anderen aber auch auf das gesamte UmwStG a. F. Bezug genommen. Darüber hinaus schreibt § 27 Abs. 3 Nr. 3 S. 1 UmwStG n. F. die Fortgeltung des § 21 UmwStG a. F. für einbringungsgeborene Anteile vor, so dass der Schluss nahe liegen könnte, § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. allein auf den Einbringungsvorgang zu beziehen. Eine derart enge Auslegung würde jedoch zu offenkundigen sinnwidrigen Lücken bei der Besteuerung führen.32 Beispielsweise wäre § 26 Abs. 2 ________________________ 31 Im Ergebnis ebenso, aber ohne Begründung Gosch, in Kirchhof, § 17 EStG Rn. 146; Rapp, in Littmann/Bitz/Pust, vor § 17 EStG Rn. 70. 32 Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 12.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
UmwStG a. F. nicht mehr anwendbar, der unter anderem die Steuerneutralität eines grenzüberschreitenden Anteilstausches (§ 23 Abs. 4 UmwStG a. F.) von einer siebenjährigen Behaltensfrist abhängig macht, obwohl auch nach neuem Recht (§ 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.) bei einem grenzüberschreitenden Anteilstausch an der siebenjährigen Frist weiterhin festgehalten wird. Zudem könnte auch das mögliche Argument, einen eigenständigen Regelungsgehalt für § 27 Abs. 3 Nr. 3 S. 1 UmwStG n. F. zu fordern, nicht überzeugen, denn durch § 27 Abs. 3 Nr. 3 S. 2 UmwStG n. F. werden die Rechtfolgen des § 21 UmwStG a. F. modifiziert. Der Begriff der Umwandlung und Einbringung sollte daher in der Weise ausgelegt werden, dass sowohl der Einbringungsvorgang selbst, als auch die Vorschriften erfasst sind, die sich auf Vorgänge nach der Einbringung beziehen.33 Die Regelungen der §§ 20 ff. UmwStG a. F. bleiben somit weiterhin vollumfänglich anwendbar, wenn die Anmeldung zur Eintragung oder das wirtschaftliche Eigentum an den eingebrachten Wirtschaftsgütern bis zum 12.12.2006 erfolgt bzw. übergegangen ist. Dieses gilt unabhängig davon, in welchem Zeitpunkt die Anteile veräußert werden. Von einer Abschaffung des Besteuerungssystems der einbringungsgeborenen Anteile kann keine Rede sein. Vielmehr gilt das Besteuerungssystem der einbringungsgeborenen Anteile auf unbestimmte Zeit fort. Vorrangig ist daher zu prüfen, ob für einen wirksamen Einbringungsvorgang eine Eintragung in ein öffentliches Register erforderlich ist und ggf. wann eine solche beantragt worden ist. Dabei ist zwischen Fällen der Einzel- und der Gesamtrechtsnachfolge zu unterscheiden. Wird das Vermögen auf die übernehmende Kapitalgesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übertragen, ist für einen wirksamen Vermögensübergang im Wege einer Verschmelzung (§§ 16, 17, 19 Abs. 1, 20, 36 Abs. 1 UmwG), Spaltung (§§ 130, 131, 135 Abs. 1 UmwG) oder Ausgliederung (§§ 125, 16, 17, 19 Abs. 1, 20, 36 Abs. 1 UmwG) eine Eintragung in ein öffentliches Register erforderlich. Jeder der an einer Verschmelzung, Spaltung oder Ausgliederung beteiligten Rechtsträger hat die Umwandlung bei dem für ihn zuständigen Handelsregister34 (§ 16 Abs. 1 UmwG) anzumelden. ________________________ 33 Im Ergebnis ebenso Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 27 UmwStG (SEStEG) Rn. 14; Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 12; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 27 UmwStG Rn. 8. 34 Aus Vereinfachungsgründen soll allein auf das öffentliche Register des Handelsregisters abgestellt werden, obwohl auch Eintragungen in das Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister oder Vereinsregister denkbar sind.
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B. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F.
Das alte Recht könnte dementsprechend nur anwendbar sein, wenn beide Anmeldungen dem jeweiligen Registergericht bis zum 12.12.2006 vorlagen. Dies hätte allerdings zur Folge, dass für den Zeitraum zwischen Anmeldung im Register des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers (oder umgekehrt) weder das alte noch das neue Recht anwendbar wäre. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, es als ausreichend anzusehen, wenn die Anmeldung zur Eintragung in ein öffentliches Register erfolgt ist.35 Diese Ansicht kann jedoch mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Einklang gebracht werden. Erforderlich ist „die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register.“ Zudem übersieht sie, dass es nach dem UmwG unbeachtlich ist, wenn die Reihenfolge der Eintragungen nicht eingehalten wird. Einzig die Eintragung im Register des übernehmenden Rechtsträgers hat bei der Verschmelzung konstitutive Bedeutung. Mit ihr treten die Verschmelzungswirkungen, insbesondere die des Vermögensübergangs unwiderruflich ein (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).36 Demzufolge kann es allein auf die Anmeldung der Eintragung beim Register der übernehmenden Gesellschaft entscheidend ankommen.37 Erfolgte sie bis zum 12.12.2006, findet das Besteuerungsregime des alten UmwStG weiterhin vollumfänglich Anwendung. Wurde der Antrag nach dem 12.12.2006 gestellt, treten die Besteuerungsfolgen des UmwStG n. F. ein. Anders ist hingegen bei der Spaltung und Ausgliederung zu verfahren. Hier ist im Unterschied zur Verschmelzung die Übertragung erst mit Eintragung im Register des übertragenden Rechtsträgers wirksam (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UmwG).38 Ein Verstoß gegen die vorherige Pflicht, den Rechtsträgerwechsel beim übernehmenden Rechtsträger (§ 130 Abs. 1 S. 1 UmwG) einzutragen, bleibt rechtlich ohne Auswirkung.39 Somit ist bei einer Spaltung ________________________ 35 Haritz, in Haritz/Menner, § 27 UmwStG Rn. 14; Schaflitzl/Widmayer, BB Spezial 8/2006, 36, 51. 36 Grunewald, in Lutter, § 20 UmwG Rn. 3; Kübler, in Semler/Stengel, § 20 UmwG Rn. 7; Marsch-Barner, in Kallmeyer, § 20 UmwG Rn. 3. 37 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 27 UmwStG (SEStEG) Rn. 2; Schmitt, in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 27 UmwStG Rn. 1. 38 Dieser Zeitpunkt wurde gewählt, weil an Spaltungen immer nur ein übertragender, oftmals aber mehrere übernehmende Rechtsträger beteiligt sind; vgl. Hörtnagl, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 131 UmwG Rn. 3. 39 Hörtnagl, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 130 UmwG Rn. 8; Priester, in Lutter, § 130 UmwG Rn. 11; Schwanna, in Semler/Stengel, § 130 UmwG Rn. 12.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
und einer Ausgliederung allein die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der übertragenden Gesellschaft maßgeblich. Findet der Vermögensübergang durch Einzelrechtsnachfolge statt, ist sowohl bei einer Sachgründung als auch bei einer Sachkapitalerhöhung eine Eintragung in ein öffentliches Register notwendig.40 Zwar ist aus steuerlicher Sicht der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums der eingebrachten Wirtschaftsgüter ausreichend, jedoch wird eine Sachkapitalerhöhung als Satzungsänderung erst mit ihrer Eintragung im Handelsregister wirksam (§ 54 Abs. 3 GmbHG, § 189 AktG). Auch bei einer Neugründung einer Kapitalgesellschaft ist die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister (vgl. § 10 GmbHG, § 36 AktG) konstitutiv und somit für die Entstehung der Gesellschaft (§ 11 Abs. 1 GmbHG, § 41 Abs. 1 AktG) erforderlich.41 Demzufolge ist bei Einbringungen in eine Kapitalgesellschaft eine Anmeldung zur Eintragung in ein öffentliches Register stets notwendig. Der auf die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums abstellende § 27 Abs. 2 S. 2 UmwStG n. F. hat entgegen einer verbreiteren Ansicht42 für Einbringungen in Kapitalgesellschaften keinen Anwendungsbereich. Im Einzelnen ist die Anmeldung des Vermögensübergangs beim zuständigen öffentlichen Register zu erklären. Dadurch ist sichergestellt, dass die Anmeldung bei einem unzuständigen Register nicht als ausreichend angesehen wird, jedoch die unterschiedlich lange Bearbeitungszeit der Registerbeamten nicht zulasten des Steuerpflichtigen geht. Auch müssen der Anmeldung nicht die erforderlichen Unterlagen beigefügt sein. Ebenso wenig ist von Interesse, ob der Vermögensübergang tatsächlich stattgefunden hat. Theoretisch denkbar wäre auch eine Eintragung in ein ausländisches Register. Da grenzüberschreitende Verschmelzungen (Fusionen)43 aber erst seit ________________________ 40 Pung, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, vor § 27 UmwStG (SEStEG) Rn. 4; Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 7; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 27 UmwStG Rn. 5. 41 BFH v. 11.2.2009 – X R 56/06, BFH/NV 2009, 1411. 42 Fox, in Engl, D. 3 Rn. 90; Frotscher, in Internationalisierung des Ertragsteuerrechts, Rn. 444; Schwedhelm, SAM 2007, 167, 168, die in den Fällen der Einzelrechtsnachfolge durch Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach § 27 Abs. 1 S. 2 UmwStG n. F. für maßgeblich halten. Das wirtschaftliche Eigentum geht regelmäßig schon zu einem früheren Zeitpunkt als das zivilrechtliche über: bei beweglichen Wirtschaftsgütern und Grundstücken mit Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten. Dies wird regelmäßig der Zeitpunkt des Abschlusses des Einbringungsvertrages sein. 43 Nach § 122a UmwG ist eine grenzüberschreitende Verschmelzung eine Verschmelzung, bei der mindestens eine der beteiligten Gesellschaften dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines anderen Vertragsstaats des EWR unterliegt.
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B. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F.
April 200744 durchgeführt werden können (vgl. §§ 122a ff. UmwG), kommt eine Anmeldung zur Eintragung in ein ausländisches öffentliches Register zumindest bei Vermögensübertragungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht in Betracht. Ist daher eine Einbringung in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Gesellschaft zu Buch- oder Zwischenwerten vollzogen und der Vermögensübergang bis zum 12.12. 2006 beim zuständigen öffentlichen Register beantragt worden, handelt es sich bei den im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen gewährten Anteile um einbringungsgeborene Anteile i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F.
________________________ 44 Vgl. Art. 1 Nr. 17, Art. 6 des Zweiten ÄndG v. 19.4.2007, BGBl. I 2007, 542.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
C. Veräußerung Wann und vor allem wie die auf die einbringungsgeborenen Anteile übertragenen stillen Reserven des eingebrachten Vermögens einer Besteuerung zuzuführen sind, ist zunächst an dem Grundfall der Entstrickung in Form der Veräußerung der Anteile aufzuzeigen. Nach der Veräußerung haftet den Anteilen der besondere Status der Einbringungsgeborenheit nicht mehr an. Weitere Wertsteigerungen unterliegen wieder den allgemeinen Besteuerungsregeln.
I. Begriff der Veräußerung Das UmwStG a. F. selbst definiert den Begriff der Veräußerung nicht. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. kann aber im Umkehrschluss entnommen werden, dass es sich bei einer Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen um eine entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen Rechtsträger handeln muss.45 Anteile werden entgeltlich übertragen, sofern ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft erfüllt wird, bei dem die Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten nach dem vollen Wert der hingegebenen Anteile bemessen wird.46 Typische Fälle einer Anteilsveräußerung sind Vermögensübertragungen aufgrund eines Kauf- (§ 433 BGB) oder Tauschvertrages (§ 480 BGB).47 ________________________ 45 BFH v. 21.10.1976 – IV R 210/72, BStBl. II 1977, 145, 146; BFH v. 28.2.1990 – I R 43/86, BStBl. II 1990, 615; BFH v. 8.4.1992 – I R 162/90, BStBl. II 1992, 764; BFH v. 8.4.1992 – I R 128/88, BStBl. II 1992, 761. 46 Wacker, in Schmidt, § 16 EStG Rn. 21. 47 BFH v. 7.7.1992 – VIII R 54/88, BStBl. II 1993, 331 zu § 17 EStG. Bis zum Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG) v. 24.3.1999, BGBl. I 1999, 402 konnten Anteile steuerneutral nach den gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsätzen des BFH zum Tauschgutachten (BFH v. 16.12.1958 – I D 1/57 S, BStBl. III 1959, 30) übertragen werden. Stille Reserven der hingegebenen konnten auf die im Gegenzug erhaltenen Anteile übertragen werden, sofern zwischen den Anteilen eine sog. Nämlichkeit bestand. Eine solche lag vor, wenn die eingetauschten Anteile wert-, art- und funktionsgleich waren. Wertgleich sind Anteile, wenn sich die gemeinen Werte der hingegebenen und der erhaltenen Anteile entsprechen. Wird neben den eingetauschten Anteilen eine zusätzliche Leistung gewährt, so sind die Anteile nur dann als wertgleich anzusehen, wenn es sich bei der zusätzlichen Leistung lediglich um einen Spitzenausgleich handelt, der nicht mehr als 10 % des gemeinen Wertes der höherwertigen Beteiligung betragen darf (Friederichs, in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 41). Eine Art- und Funktionsgleichheit ist dagegen anzunehmen, wenn vor und nach dem Tausch eine in etwa gleich große Einflussnahme auf die geschäftlichen Belange des Unternehmens möglich ist. Beim Tausch von Anteilen können Unterschiede in der Stimmrechtsverteilung aufgrund einer unterschiedlich hohen
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C. Veräußerung
Um unentgeltliche Vermögensübertragungen handelt es sich dagegen bei Vermögensübertragungen aufgrund einer Schenkung (§ 516 BGB), Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall (§§ 1922, 1946 BGB) oder Vermächtnis (§§ 1939, 2147 ff. BGB), Beteiligungserwerb unter Nießbrauchsvorbehalt im Wege der unentgeltlich gestalteten vorweggenommenen Erbfolge48 oder einer verdeckten Gewinnausschüttung49. Bei unentgeltlichen Vermögensübertragungen tritt der Rechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ein (vgl. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F.). Die in den einbringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven müssen in der Regel nicht aufgedeckt werden.50 Entspricht der Wert der gewährten Anteile nicht dem Wert des eingebrachten Betriebsvermögens, handelt es sich um einen teilentgeltlichen Vorgang, bei dem das Rechtsgeschäft in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist (sog. Trennungstheorie).51 Soweit die Übertragung als entgeltlich anzusehen ist, wird ein steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang realisiert.52 Die vom BFH53 zu § 16 EStG für teilentgeltliche Übertragungen von Betrieben und Teilbetrieben entwickelte Einheitstheorie findet keine Anwendung. Die Fortführung der Buchwerte ist bereits durch § 20 Abs. 2 und 4 UmwStG a. F. gesichert.54 Veräußert ein Gesellschafter nur einen Teil seiner Anteile, der sowohl über einbringungsgeborene als auch über nicht nach § 21 UmwStG a. F. steuer________________________
48 49 50
51
52 53 54
Beteiligungsquote ausnahmsweise durch andere Umstände ausgeglichen werden (BFH v. 2.11.1965 – I 169/63 U, BStBl. III 1966, 127, 128). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/23, S. 172) ist ein steuerneutraler Tausch von Kapitalgesellschaftsanteilen entsprechend den Vorgaben des Tauschgutachtens nicht mehr möglich. Darüber hinaus wurde § 21 Abs. 1 S. 4 UmwStG a. F. gestrichen, der ausdrücklich die Grundsätze des Tauschgutachtens gebilligt hat; vgl. ausführlich Zeitler, NWB 1990, F. 3, 7351. Zu § 17 EStG BFH v. 14.6.2005 – VIII R 14/04, BStBl. II 2006, 15. BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455. Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 15; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 178. Zu den Ausnahmen vgl. 2. Kap. D. II. 1. und 4. FG Münster v. 18.12.1997 – 6 K 3973/95 E, EFG 1998, 769 unter Hinweis auf BFH v. 17.7.1980 – IV R 15/76, BStBl. II 1981, 11; Haritz, DStR 2000, 1537, 1541; Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 34. Vgl. auch BFH v. 24.4.2007 – I R 35/05, BStBl. II 2008, 253; BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464. Haritz, DStR 2000, 1537, 1541; Nitzschke, in Blümich, § 21 UmwStG 1995 Rn. 27; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 20. BFH v. 10.7.1986 – IV R 12/81, BStBl. II 1986, 811. Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 62.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
verstrickte Anteile verfügt, kann fraglich sein, ob überhaupt einbringungsgeborene Anteile veräußert worden sind. In der Regel wird mit Hilfe der Aktiennummer55 oder der genauen Bezeichnung in der notariellen Urkunde des Abtretungsvertrags (§ 15 GmbHG)56 nachvollzogen werden können, ob es sich bei den veräußerten Anteilen um einbringungsgeborene handelt oder nicht. Schwierigkeiten treten erst auf, wenn eine Aufteilung in der notariellen Urkunde unterbleibt, oder wenn einbringungsgeborene Anteile veräußert werden, die nicht aus einer Sacheinlage oder einer Anteilseinbringung i. S. d. §§ 20 Abs. 1, 23 UmwStG a. F. hervorgegangen sind. Da die als sog. nicht originär erworbene oder als derivativ erworbene bezeichneten einbringungsgeborenen Anteile einzig im Rahmen von Kapitalerhöhungen oder Gesellschaftsgründungen entstehen können, soll erst im weiteren Verlauf auf diese zurückzukommen sein.57 Unterbleibt dagegen in der notariellen Urkunde eine gegenständliche Bezeichnung der GmbH-Anteile oder werden Aktien aus einem Sammeldepot veräußert, lassen es Wortsinn, Systematik und Zweck des § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. nicht zu, vorrangig von einer Veräußerung einbringungsgeborener Anteile auszugehen. Anders als § 20 Abs. 4 S. 7 EStG58 ordnet das UmwStG gerade keine Veräußerungsreihenfolge der Anteile an. Es wäre zwar denkbar, an die Bewertungsvereinfachungsverfahren der lifo- (last-infirst-out) oder fifo-Methode (first-in-first-out) anzuknüpfen, die eine bestimmte Veräußerungsreihenfolge vorschreiben. Der BFH59 hat jedoch bei einer Veräußerung von Aktien aus einem Sammeldepot hinsichtlich privater Veräußerungsgeschäfte festgestellt, dass es keinen Erfahrungssatz gibt, der besagt, dass Wertpapiere überwiegend nach einer feststehenden zeitlichen Regel angeschafft und veräußert werden. Dieses richte sich vielmehr nach der Einschätzung von Kursentwicklungen und den individuellen Bedürfnissen und nicht nach dem Alter der Bestände. Mangels einer gesetzlichen Grundlage spricht sich der BFH aber auch gegen ein Wahlrecht des Anteilseigners aus. Dieser Lösungsansatz soll nach Ansicht der Rechtsprechung ge________________________ 55 Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 172. 56 Winter/Seibt, in Scholz, § 15 GmbHG Rn. 89. Hält der Gesellschafter mehrere Gesellschaftsanteile, muss im notariell zu beurkundenden Abtretungsvertrag der Geschäftsanteil so genau bezeichnet sein, dass kein Zweifel mehr an dem Übertragungsgegenstand besteht, andernfalls ist die Abtretung nichtig. 57 Vgl. 2. Kap. E. 58 § 20 Abs. 4 S. 7 EStG i. V. m. § 52a Abs. 10 S. 10 EStG schreibt ausdrücklich für die Veräußerung von Wertpapieren in der Girosammelverwahrung die fifo-Methode vor. 59 BFH v. 24.11.1993 – X R 49/90, BStBl. II 1994, 591.
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C. Veräußerung
rade den Vorteil haben, von nachträglichen Willensakten des Steuerpflichtigen unabhängig zu sein.60 Doch genau dieser angebliche Vorteil lässt sich mit den rechtsstaatlichen Anforderungen, die an die Eingriffsverwaltung gestellt werden, nicht in Einklang bringen.61 Fehlt eine gesetzliche Grundlage, muss dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit verbleiben, selbst zu bestimmen, welche Anteile als veräußert anzusehen sind.62 Dem Steuerpflichtigen steht ein Wahlrecht zu, von dem er nicht bereits in der notariellen Urkunde63 oder unmittelbar nach der Veräußerung64 Gebrauch machen muss. Vielmehr ist es ausreichend, wenn er bei Abgabe der betreffenden Steuererklärung erklärt, welche Anteile als veräußert gelten.65 Zuzugestehen ist zwar, dass ohne eine zeitnahe Erklärung nach der Veräußerung, die Gefahr nachträglicher Manipulationen besteht. Dem Steuerpflichtigen sollte aber ohne eine gesetzliche Regelung nicht verwehrt sein, weitere Anteilsverkäufe im Veräußerungsjahr in seine Überlegungen einzubeziehen. Nur ein derart weites Verständis stellt ein effektives Mittel dar, den zahlreichen praktischen Problemen zu begegnen, die eine Aufteilung anhand der Nominalbeträge mitsichbrächte.66 Auch sollte es im Interesse der Finanzverwaltung sein, die bestehenden Vollzugsdefizite bei der Besteuerung von einbringungsgeborenen Anteilen nicht noch zu erhöhen. Sollte der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht jedoch keinen Gebrauch machen, ist eine anteilige Aufteilung entsprechend den Nominalbeträgen der Anteile vorzunehmen.67
________________________ 60 BFH v. 24.11.1993 – X R 49/90, BStBl. II 1994, 591. 61 Eingehend Demuth/Strunk, DStR 2001, 57, 61 f. 62 Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 302; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 164; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 176. 63 A. A. Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 176. 64 A. A. Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 302. 65 Noch weitergehend Demuth/Strunk, DStR 2001, 57, 62, die eine Erklärung des Steuerpflichtigen für entbehrlich halten, da es ihrer Meinung nach einen Erfahrungssatz gibt, der besagt, dass ein Anteilseigner gleichartiger Wertpapiere unterschiedlichen Kaufdatums und unterschiedlichen Anschaffungskosten im Depot diejenigen Anteile veräußert, die den geringsten steuerlichen Gewinn auslösen. 66 Demuth/Strunk, DStR 2001, 57, 61. 67 Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 302; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 164; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 177.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
II. Ermittlung des Veräußerungsgewinns Sind einbringungsgeborene Anteile veräußert worden, müssen die Rechtsfolgen ermittelt werden, die sich aus der endgültigen Aufgabe des unternehmerischen Engagements ergeben. Fest steht, dass ein Besteuerungsaufschub nicht mehr gewährt werden kann. Die stillen Reserven des eingebrachten Vermögens müssen vollständig aufgedeckt werden. Dieses trifft auch auf diejenigen Wertsteigerungen zu, die sich erst nach der Einbringung in den Anteilen gebildet haben. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. sieht nämlich vor, dass der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile (§ 20 Abs. 4 UmwStG a. F.) übersteigt, insgesamt als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG anzusehen ist. Dabei steht die Besteuerung auch derjenigen Wertsteigerungen, die sich erst nach der Einbringung in den Anteilen gebildet haben, im krassen Gegensatz zum Grundgedanken der Besteuerung. Es soll zu derjenigen Besteuerung kommen, die eingetreten wäre, wenn die stillen Reserven bereits im Zeitpunkt der Einbringung aufgedeckt worden wären.68 Mit anderen Worten sollte maßgeblich sein, welche steuerrechtlichen Folgen sich ergeben hätten, wenn das eingebrachte Vermögen im Zeitpunkt der Einbringung veräußert worden wäre. Systemkonform hätte daher geprüft werden müssen, ob die Anteile auch nach der Einbringung, die als fiktive Veräußerung hätte gewertet werden müssen, weiterhin steuerverstrickt sind. Eine solche hätte sich nicht mehr aus dem UmwStG, sondern nur noch aus den Vorschriften des EStG oder KStG ergeben dürfen. Bekanntlich werden Wertsteigerungen von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen, die vor dem 1.1.2009 angeschafft worden sind, nur erfasst, sofern in den Anteilen eine qualifizierte Beteiligung i. S. d. § 17 EStG vorlag oder die Anteile innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 3 EStG) veräußert werden. Das UmwStG a. F. trennt hingegen nicht zwischen den Zeiten vor und nach der Einbringung und verlangt zudem, die stillen Reserven der eingebrachten Wirtschaftgüter sowohl auf das Vermögen der übernehmenden Gesellschaft als auch auf die neu gewährten Anteile zu übertragen. 1. Veräußerungspreis Um sämtliche Wertsteigerungen einer Besteuerung zuzuführen, ist der Veräußerungspreis vollumfänglich in die steuerliche Gewinnermittlung einzubeziehen. Unter dem Veräußerungspreis wird der Wert der Gegenleistung
________________________
68 Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 128.
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C. Veräußerung
verstanden, den der Veräußerer der einbringungsgeborenen Anteile durch den Abschluss des Veräußerungsgeschäfts erhält.69 Die Gegenleistung kann in einer Geldzahlung, Übertragung von Sachwerten, Rechten, Forderungen oder in der Freistellung von privaten oder betrieblichen Verbindlichkeiten bestehen.70 Veräußert ein Anteilseigner, der sowohl über einbringungsgeborene als auch über nicht nach § 21 UmwStG a. F. steuerverstrickte Anteile verfügt, seine gesamte oder Teile seiner Beteiligung, ist der Gesamtkaufpreis aufzuteilen. Dabei wird der Veräußernde möglicherweise das Ziel verfolgen, den Anteil des Veräußerungspreises für die einbringungsgeborenen Anteile so gering wie möglich anzusetzen. Da die Höhe der Besteuerung beim veräußernden Anteilseigner aber keinen Einfluss auf den Wert der Anteile hat, wird die Finanzbehörde diesem Begehren in aller Regel nicht entsprechen können. Ausnahmen sind nur denkbar, wenn die Anteile für den Erwerber tatsächlich wirtschaftlich weniger wert sind. In allen anderen Fällen ist der Veräußerungspreis nach den Nominalbeträgen der veräußerten Anteile im Verhältnis zum Gesamtveräußerungspreis aufzuteilen.71 Besteht der Veräußerungspreis in einer Geldforderung, so ist der Nennwert der Forderung im Zeitpunkt der Veräußerung maßgeblich. Bei einer zinslosen Stundung muss entsprechend § 12 Abs. 3 BewG der Nennwert der Forderung abgezinst werden.72 Der Nennwert der Forderung ist nur dann nicht abzuzinsen, wenn es sich um eine kurzfristige Stundung handelt, deren Laufzeit nicht mehr als ein Jahr beträgt oder der Zeitpunkt der Zahlung völlig unbestimmt ist. Ist die Kaufpreisforderung dagegen zu verzinsen, zählen die Zinszahlungen nicht zum Veräußerungspreis.73 Sie führen vielmehr bei Anteilen des Privatvermögens zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, andernfalls zu gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Einkünften. Darüber hinaus ist ein Abschlag vom Nennwert vorzunehmen, wenn die Forderung in einer ausländischen Währung zu begleichen ist und infolge der Gegebenheiten im Veräußerungszeitpunkt mit einer Wechselkursänderung während des Stundungszeitraums zuungunsten des Veräußerers ernsthaft zu ________________________ 69 BFH v. 17.10.1974 – IV R 223/72, BStBl. II 1975, 58; BFH v. 7.3.1995 – VIII R 29/93, BStBl. II 1995, 693. 70 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 171. 71 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 160. 72 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 94. 73 BFH v. 21.10.1980 – VIII R 190/78, BStBl. II 1981, 160, 161; BFH v. 14.2.1984 – VIII R 41/82, BStBl. II 1984, 550, 551.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
rechnen ist.74 Gleiches gilt, sofern ein vollständiger oder teilweiser Forderungsausfall droht oder sich der Veräußerungspreis nachträglich ändert.75 Besonderheiten sind zudem bei Anteilen zu beachten, die gegen wiederkehrende Bezüge (Leibrenten, dauernde Lasten, bestimmte Zeitrenten mit einer ungewöhnlich langen Laufzeit76) veräußert werden. Dem Veräußernden steht in derartigen Fällen ein Wahlrecht zu. Er kann entweder den Gewinn wie bei einer Veräußerung gegen Barzahlung sofort versteuern, was zur Folge hat, sämtliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu dürfen, die einer Veräußerung gewährt worden wären oder die Rentenzahlungen als nachträgliche Einnahmen i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. i. V. m. § 24 Nr. 2 EStG erfassen. Wird sich für eine Sofortversteuerung entschieden, ist der Veräußerungsgewinn aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem nach den Vorschriften des BewG ermittelten Barwert der Rente (§§ 13 ff. BewG), vermindert um etwaige Veräußerungskosten und den Anschaffungskosten zu errechnen. Die in den Rentenzahlungen enthaltenen Ertragsanteile sind als sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu versteuern. Dagegen sind bei der sog. Zuflussbesteuerung die Rentenzahlungen in einen Zins- und Tilgungsteil aufzuteilen. Ein Gewinn entsteht erst, wenn die Summe der zugeflossenen Tilgungsanteile die Anschaffungsund Veräußerungskosten übersteigt. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil unterliegt bereits bei Zufluss der sofortigen Besteuerung. Die stillen Reserven müssen somit nicht auf einen Schlag aufgedeckt werden, so dass auch nicht die steuerlichen Vergünstigungen in Anspruch genommen werden können, die einer Veräußerung gewährt worden wären. Soweit die Gegenleistung für die einbringungsgeborenen Anteile in Sachen oder Rechten besteht, ist der Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts gemäß § 6 Abs. 6 S. 1 EStG zu bewerten.77 Dabei bemisst sich der Veräußerungspreis nach dem gemeinen Wert der hingegebenen einbringungsgeborenen Anteile (§ 9 Abs. 1 BewG). Dieser wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Hierbei sind sämtliche Um________________________ 74 BFH v. 19.1.1978 – IV R 61/73, BStBl. II 1978, 295. 75 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 94. 76 Nach Ansicht der Rechtsprechung (BFH v. 26.7.1984 – IV R 137/82, BStBl. II 1984, 829) handelt es sich um Zeitrenten, wenn deren Laufzeit mindestens 25 Jahre beträgt und mit dem Nebenzweck vereinbart worden ist, dem Veräußerer langfristig eine zusätzliche Versorgung zu schaffen. 77 Zu § 17 EStG FG Schl.-Holst. v. 27.7.2005 – 3 V 147/05, EFG 2005, 1538, rkr. Vgl. auch Weber-Grellet, in Schmidt, § 17 EStG Rn. 138.
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C. Veräußerung
stände des Einzelfalls einzubeziehen, die den Veräußerungspreis beeinflusst hätten. Ausgenommen sind allein ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (vgl. § 9 Abs. 2 BewG). Lässt sich der Wert der Anteile nicht aus dem Kurswert oder aus zeitnahen Verkäufen ableiten (vgl. § 11 Abs. 1 und 2 BewG), ist entsprechend den Vorgaben des BVerfG78 ein Wert zu ermitteln, der dem tatsächlichen Veräußerungspreis nahe kommt. Wie dies im konkreten Fall zu geschehen hat, wird bei der Entstrickung einbringungsgeborener Anteile auf Antrag (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F.)79 aufgezeigt. Bei einer Besteuerung auf Antrag werden die Anteile nicht veräußert. Daher kann auch nicht auf einen Veräußerungspreis zurückgegriffen werden. 2. Veräußerungskosten Vom Veräußerungspreis sind die Veräußerungs- und Anschaffungskosten gewinnmindernd in Ansatz zu bringen. Die Veräußerungskosten müssen durch die Veräußerung der Anteile veranlasst sein.80 Insbesondere ist an Notar- und Beratungskosten zu denken. Zudem können Vorfälligkeitsentschädigungen81 und die Kosten für die Bewertung des übergehenden Vermögens den Veräußerungspreis mindern. Ob auch eine auf den Veräußerungsgewinn entfallende Gewerbesteuer angesetzt werden darf, stellt sich namentlich bei Körperschaften.82 Dabei geht es weniger darum, ob die Gewerbesteuer überhaupt gewinnmindernd zum Ansatz zu bringen ist, sondern vielmehr, ob als laufende Betriebsausgabe83 oder als Veräußerungskosten84. Für den Anteilseigner war in aller Regel der Abzug als laufende Betriebsausgabe steuerlich günstiger. Da aber seit dem VZ 200885 die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abgezogen werden darf (§ 4 Abs. 5b EStG), sollte der Anteilseigner versuchen, die Gewerbesteuer als Veräußerungskosten anzusetzen. Hierbei steht ihm das
________________________ 78 79 80 81 82 83
BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, 192. Vgl. 2. Kap. D. I. 1. BFH v. 25.1.2000 – VIII R 55/97, BStBl. II 2000, 458. BFH v. 25.1.2000 – VIII R 55/97, BStBl. II 2000, 458. Vgl. 2. Kap. C. III. 2. b). Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 106; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 325. 84 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 74; Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 121. 85 Vgl. § 52 Abs. 12 S. 7 EStG.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Argument zur Seite, dass die Gewerbesteuer gerade durch die Veräußerung selbst ausgelöst wird.86 3. Anschaffungskosten Als Anschaffungskosten gilt der Wert, mit dem die übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermögen bewertet hat (§ 20 Abs. 4 UmwStG a. F.).87 Bei einer Buchwerteinbringung sind dies die Buchwerte, bei einer Einbringung zu Zwischenwerten dementsprechend die Zwischenwerte. Darüber hinaus können sich die ursprünglichen Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile durch spätere Kapitaleinlagen (z. B. Barzuzahlungen, Sachleistungen, Forderungsverzichte) erhöhen oder durch Kapitalrückzahlungen (z. B. Entnahmen) mindern.88
III. Besteuerungsfolgen Der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt, gilt gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG. 1. Einkunftsart Den Gewinn als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG zu erfassen, wird von dem Gedanken des RFH89 getragen, dass die Gesellschaftsanteile lediglich das eingebrachte Betriebsvermögen repräsentieren.90 Entgegen dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. ordnen daher auch weite Teile des Schriftums91 den Veräußerungsgewinn den Einkünften aus § 14 bzw. § 18 Abs. 3 EStG zu, sollte es sich bei den eingebrachten Wirtschaftsgütern um ein land- und forstwirtschaftliches oder ein der selbständigen Arbeit dienendes Vermögen gehandelt haben. Der Verweis in § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. sei lediglich dahingehend zu verstehen, dass allein die Ge________________________ 86 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 74; a. A. Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 83 zum neuen Recht, die die Gewerbesteuer wegen § 4 Abs. 5b EStG generell für keine abzugsfähige Betriebsausgabe hält und daher auch nicht den Abzug als Einbringungskosten für zulässig erachtet. 87 Strahl, KÖSDI 2001, 12728, 12731. 88 BFH v. 29.3.2000 – I R 22/99, BStBl. II 2000, 508; weitere Bsp. Haritz, in Haritz/ Benkert, § 21 UmwStG Rn. 174 ff.; vgl. auch 2. Kap. D. III. 2. u. 3. 89 RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999. 90 BT-Drs. V/3186, S. 14. 91 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 241; Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 103; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 314 ff. m. w. N.
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C. Veräußerung
winnermittlung nach dem in § 16 EStG niedergelegten Berechnungsschema zu erfolgen habe. Im Gegensatz dazu hält sich die im Vordringen befindliche Gegenansicht92 streng an den Wortlaut des § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. und ordnet den Veräußerungsgewinn stets den gewerblichen Einkünften zu. Für den Fall der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen, die aufgrund einer im Privatvermögen gehaltenen Kapitalbeteiligung gewährt wurden, wird hingegen einvernehmlich – wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen93 – angenommen, dass es sich bei einem solchen Veräußerungsgewinn um gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 16 EStG handelt.94 Die §§ 17, 23 EStG werden vollumfänglich verdrängt und somit auch der von § 16 Abs. 4 EStG abweichende Freibetrag des § 17 Abs. 3 EStG und der nur eingeschränkte Verlustausgleich des § 23 Abs. 3 S. 7–10 EStG. Da schließlich auch die Frage der Gewerbesteuerpflicht des Veräußerungsgewinns losgelöst von der Einkunftsart beantwortet wird,95 entpuppt sich der Streit um die zutreffende Einkunftsart als ein eher theoretischer.96 Der Veräußerungsgewinn ist zumindest im Ergebnis wie ein Gewinn aus § 16 EStG steuerlich zu erfassen. Veräußert eine körperschaftsteuerpflichtige Person ihre einbringungsgeborenen Anteile, ist der Veräußerungsgewinn den Einkünften der Gesellschaft hinzuzurechnen. Besonderheiten sind für juristische Personen des öffentlichen Rechts und steuerbefreite Körperschaften zu beachten. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts muss nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG a. F. den Veräußerungsgewinn von einbringungsgeborenen Anteilen so behandeln, als ob er im Betrieb gewerblicher Art entstanden sei. Ohne eine spezielle Regelung hätten die Anteile steuerfrei veräußert werden können, da das Halten und Veräußern von Beteiligungen in den Bereich der nicht steuerbaren Vermögensverwaltung fällt. Entsprechend ist bei steuerbefreiten ________________________ 92 Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 128 f.; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 123 f. 93 Vgl. die unterschiedlichen Begründungen bei Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 129 sowie Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 316. 94 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 240; Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 104; Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 128; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 119; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 314. 95 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa). 96 Vgl. §§ 14, 18 Abs. 3 EStG.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Körperschaften zu verfahren. Der Veräußerungsgewinn gilt nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG a. F. als im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden. Der Verweis in § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. hat demnach zur Folge, dass der Veräußerungsgewinn stets den gewerblichen Einkünften des § 16 EStG zuzurechnen ist, was wiederum zu zweierlei Konsequenzen führt: Die Einbringenden können nicht nur in den Genuss des Freibetrags des § 16 Abs. 4 EStG kommen, sondern auch in den der Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG. Im Einzelnen ist jedoch nach der Person des Einbringenden und den eingebrachten Wirtschaftsgütern zu unterscheiden. 2. Veräußerung bis zum 31.12.2008 Bevor jedoch auf die o. g. Vergünstigungen näher eingegangen werden kann, ist die für den Anteilseigner oftmals entscheidendere Frage zu beantworten, ob auch Anteilsveräußerungen von einbringungsgeborenen Anteilen dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren unterliegen. Hierbei ist zwischen Veräußerungen von einbringungsgeborenen Anteilen bis zum 31.12.2008 und ab dem 1.1.2009 zu differenzieren, da ab dem VZ 2009 das Halbeinkünfteverfahren durch das sog. Teileinkünfteverfahren abgelöst wird. a) Durch natürliche Personen Ob der Veräußerungsgewinn oder genauer gesagt der Veräußerungspreis sowie die Anschaffungs- und Veräußerungskosten vom Halbeinkünfteverfahren erfasst werden, hätte der Gesetzgeber systemkonform mit Hilfe des Repräsentationsgedankens entscheiden müssen. Das Halbeinkünfteverfahren hätte den Veräußerungspreis nur mindern dürfen, wenn die veräußerten einbringungsgeborenen Anteile Vermögen repräsentieren, das vom Halbeinkünfteverfahren begünstigt ist. Dementsprechend hätte es sich bei den veräußerten einbringungsgeborenen Anteilen um solche handeln müssen, die im Gegenzug für eine Anteilseinbringung gewährt worden sind. Bei allen anderen eingebrachten Vermögensgegenständen hätten natürliche Personen einschließlich natürlicher Personen als Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft97 den Gewinn in voller Höhe der Einkommensteuer unterwerfen müssen. ________________________ 97 Sind an der Mitunternehmerschaft sowohl natürliche als auch juristische Personen beteiligt, sind die Rechtsfolgen des EStG insoweit anwendbar, als an der veräußernden Mitunternehmerschaft natürliche Personen beteiligt sind. § 8b Abs. 6 KStG erstreckt die Anwendung der Vorschriften der steuerlichen Behandlung eines Veräußerungsgewinns (§ 8b Abs. 2–5 KStG) auch auf Mitunternehmerschaften, soweit an ihr juristische Personen beteiligt sind. Der Veräußerungsgewinn ist daher in einen dem EStG und in einen dem KStG zu unterwerfenden Gewinn aufzuteilen.
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C. Veräußerung
Der Gesetzgeber sieht sich jedoch an den Gedanken der Repräsentation nicht gebunden und nimmt stattdessen nach den §§ 3 Nr. 40 S. 3 EStG 2005,98 52 Abs. 4b S. 2 EStG 200899 „vorsichtshalber“100 sämtliche Einnahmen aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen aus dem Anwendungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens aus. Auf Seiten der Anschaffungs- und Veräußerungskosten wird hingegen gegenteilig verfahren. Anschaffungsund Veräußerungskosten werden nach den §§ 3c Abs. 2 S. 1–3 EStG 2005, 52 Abs. 8a S. 2 EStG grundsätzlich nur zur Hälfte zum Abzug zugelassen. Die vollumfängliche Einbeziehung des Veräußerungspreises in die steuerliche Bemessungsgrundlage macht jedoch nur Sinn, wenn die Veräußerung der Anteile an sich dem Halbeinkünfteverfahren des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a oder b EStG 2008 unterlegen hätte. Auf den ersten Blick scheint § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 einschlägig zu sein. § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 schreibt die hälftige Steuerbefreiung des Veräußerungspreises i. S. d. § 16 Abs. 2 EStG vor, soweit dieser auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen zurückzuführen ist, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Bei genauerer Betrachtung stimmt die Formulierung, nach der ein Veräußerungspreis i. S. d. § 16 Abs. 2 EStG begünstigt wird, jedoch nicht genau mit der des § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. überein. Nach § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. gilt nur der Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile als Gewinn i. S. d. § 16 EStG, nicht aber der Veräußerungspreis. Die Gewinnermittlung erfolgt nach den Grundsätzen des § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. Diesen Unterschied nehmen einige Stimmen im Schriftum101 zum Anlass, eine Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen nicht unter die Begünstigungsvorschrift des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 zu subsumieren. Welche Norm stattdessen anwendbar sein soll, wird uneinheitlich beantwortet. Sowohl § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a EStG 2008102 als auch § 3 ________________________
98 Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. der Bek. v. 19.10.2002, BGBl. I 2002, 4210 ber. BGBl. I 2003, 179 zuletzt geändert durch Gesetz v. 31.10.2006, BGBl. I 2006, 2098. 99 Entspricht § 52 Abs. 4d S. 2 EStG. 100 Die grundsätzliche Ausklammerung der einbringungsgeborenen Anteile von der hälftigen Steuerbefreiung kam erst auf Veranlassung des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 14/3760) ins Gesetz. Die Begründung des Vermittlungsausschusses ist nachzulesen bei Schaumburg/Rödder, S. 206 ff. In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drs. 14/3366) war der Ausschluss von der Steuerbefreiung noch nicht vorgesehen. 101 Dieterlen/Schaden, BB 2000, 2492, 2493; Patt/Rasche, FR 2001, 175, 182. 102 Patt/Rasche, FR 2001, 175, 182.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Nr. 40 S. 1 Buchst. c EStG 2008103 werden für einschlägig gehalten. Gegen letztere spricht jedoch, dass ein Veräußerungspreis i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG gerade nicht erzielt wird. Einer weitergehenden Unterscheidung hätte es an sich nicht bedurft. Der Ausschluss vom Halbeinkünftverfahren findet nach § 3 Nr. 40 S. 3 EStG 2005 sowohl auf die Fälle des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a EStG 2008 als auch auf die des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 Anwendung. Allerdings darf eine weitere mögliche Privilegierung des Veräußerungsgewinns (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) nur in Anspruch genommen werden, wenn der Veräußerungspreis nicht bereits durch das Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 begünstigt worden ist. Beide in Betracht kommenden Normen haben die Steuerfreistellung von Einnahmen aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften zum Gegenstand. Dennoch scheint § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 die speziellere Vorschrift zu sein, weil gerade von einem Veräußerungspreis i. S. d. § 16 Abs. 2 EStG die Rede ist. Hiervon ging zumindest auch der Steuergesetzgeber aus. Das Halbeinkünfteverfahren ging aus den Brühler Empfehlungen104 hervor, die für die hälftige Besteuerung nicht den Veräußerungspreis, sondern den Veräußerungsgewinn als maßgebliche Berechnungsgröße vorsahen. Im Ergebnis sollten Veräußerungsgewinne von Kapitalbeteiligungen im Rahmen einer Betriebsveräußerung nur zur Hälfte besteuert werden, da die andere Hälfte bereits durch die Gesellschaft versteuert worden ist. Hieran sollte die spätere Aufteilung des Veräußerungsgewinns in die Einnahmen- und Ausgabenseite nichts mehr ändern.105 Vielmehr sollte gerade dadurch die hälftige Steuerfreistellung sichergestellt sein.106 Die mit der Abkehr von den Brühler Empfehlungen einhergehenden Folgen wurden vom Gesetzgeber schlichtweg übersehen. Der unterschiedliche Wortlaut sollte daher als sprachliche Ungenauigkeit gewertet werden und der Begriff des Veräußerungsgewinns den des Veräußerungspreises mitumfassen.107 Demgemäß wäre der Veräußerungspreis nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 an sich zur Hälfte von der Einkommensteuer freigestellt. Da es sich jedoch bei den veräußerten Anteilen um einbringungsgeborene handelt, ________________________ 103 Dieterlen/Schaden, BB 2000, 2492, 2493. 104 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung v. 30.4.1999, FR 1999, 580. 105 Nacke/Intemann, DB 2002, 756, 758. 106 Nacke/Intemann, DB 2002, 756, 758. 107 Ausführlich zum Meinungsstreit Kellner, S. 196 ff. m. w. N.
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C. Veräußerung
ist der Veräußerungspreis nach § 3 Nr. 40 S. 3 EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 4b S. 2 EStG 2008 wiederum vollumfänglich in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Der Gesetzgeber hält einen endgültigen Ausschluss vom Halbeinkünfteverfahren aber dann nicht mehr für geboten, wenn er in dem Einbringungsvorgang und der anschließenden Veräußerung keine missbräuchliche Gestaltung sieht. Liegt eine missbräuchliche Gestaltung nicht vor, kommt somit das Halbeinkünfteverfahren wieder zur Anwendung. Dabei trägt die Finanzverwaltung die Feststellungslast, dass es sich bei den veräußerten Anteilen um einbringungsgeborene handelt und der Steuerpflichtige darlegen und beweisen muss, dass es sich bei der Einbringung und anschließenden Veräußerung der Anteile gerade nicht um eine missbräuchliche Gestaltung gehandelt hat.108 § 3 Nr. 40 S. 4 EStG 2005, der über § 52 Abs. 4b S. 2 EStG 2008109 weiterhin anwendbar bleibt, zählt die Fälle auf, bei denen der Gesetzgeber eine missbräuchliche Gestaltung nicht mehr annimmt. Es werden also Ausnahmen vom Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens beschrieben. Dabei bezieht sich die erste Rückausnahme (§ 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. a EStG 2005) auf einbringungsgeborene Anteile, die aus der Einbringung einer Sacheinlage i. S. d. §§ 20 Abs. 1 S. 1, 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. hervorgegangen sind (sog. betriebseinbringungsgeborene Anteile), während die zweite (§ 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. b EStG 2005) solche Anteile betrifft, denen eine Anteilseinbringung i. S. d. §§ 20 Abs. 1 S. 2, 23 Abs. 4 UmwStG a. F. zugrunde lag, es sich demzufolge bei den veräußerten Anteilen um anteilseinbringungsgeborene Anteile handelt. aa) Betriebseinbringungsgeborene Anteile Nach § 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. a EStG 2005 kommt das Halbeinkünfteverfahren wieder zur Anwendung, wenn die Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile später als sieben Jahre nach dem Zeitpunkt der Einbringung i. S. d. §§ 20 Abs. 1 S. 1, 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. erfolgt. Liegt also zwischen der Einbringung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils und der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile ein Zeitraum von mehr als sieben Jahren, ist der Veräußerungspreis zur Hälfte von der Einkommensteuer freigestellt. Damit wird unwiderlegbar vermutet, dass es sich bei Veräußerungen bis zu sieben Jahre nach der Einbringung um eine missbräuchliche Gestaltung handelt, danach aber nicht mehr. ________________________ 108 Zu den entsprechenden Regelungen in § 8b Abs. 4 KStG Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 303. 109 Entspricht § 52 Abs. 4d S. 2 EStG.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Die Grenze genau bei sieben Jahren festzulegen, scheint den nicht amtlich veröffentlichten Ratsprotokollen der Fusionsrichtlinie geschuldet zu sein. Darin ist zu lesen, dass der Rat mit Einführung der allgemeinen Missbrauchsklausel in Art. 11 FRL verhindern wollte, dass Vermögen steuerfrei in EU-Kapitalgesellschaften eingebracht und in „schneller Zeitfolge“110 an Dritte weiterveräußert wird. Der deutsche Steuergesetzgeber nahm nicht nur bei grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüssen (vgl. § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F.) eine schnelle Zeitfolge und somit eine missbräuchliche Gestaltung an, wenn die Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden, sondern übertrug die Grenze auch auf rein inländische Vorgänge. Die siebenjährige Frist beginnt im Zeitpunkt der Einbringung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 bzw. des § 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. zu laufen (§ 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. a EStG 2005). Dieser Zeitpunkt ist für die Fälle der Einbringung in § 20 Abs. 8 UmwStG a. F. legal definiert. Hiernach ist der Einbringungszeitpunkt der steuerliche Übertragungsstichtag.111 Der steuerliche Übertragunsgstichtag ist gemäß § 20 Abs. 7 UmwStG a. F. der Tag, mit dessen Ablauf das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers für Zwecke der Besteuerung als auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen gilt. Dieser kann bis zu acht Monate vor dem zivilrechtlichen Vermögensübergang liegen (§ 20 Abs. 8 UmwStG a. F.). Die Frist endet nach Ablauf der sieben Jahre. Veräußert der Anteilseigner seine Anteile sieben Jahre und einen Tag nach der Einbringung, ist der Veräußerungspreis nur zur Hälfte in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Folgerichtig können laut § 3c Abs. 2 S. 1, 3 EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 8a S. 2 EStG auch nur die Hälfte der Anschaffungs- und Veräußerungskosten geltend gemacht werden. Ist der Veräußerungspreis dagegen vollumfänglich in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, werden die Anschaffungs- und Veräußerungskosten nur zur Hälfte zum Abzug zugelassen (§ 3c Abs. 2 S. 3 EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 8a S. 2 EStG). Um eine Übermaßbesteuerung zu vermeiden, sieht das Gesetz in § 3c Abs. 2 S. 4 EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 8a S. 2 EStG zwar vor, die Anschaffungs- und Veräußerungskosten dem Ver-
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110 Vgl. die Kritik an der Umsetzung der FRL unter 3. Kap. A. I. 2. a) ee) sowie 3. Kap. A. II. 2. a) ee). 111 BMF-Schr. v. 28.4.2003, BStBl. I 2003, 292 Rn. 41; Haritz, DStR 2000, 1537, 1543; Rödder, in Schaumburg/Rödder, S. 557; Schild/Eisele, DStZ 2003, 443, 447; Strahl, KÖSDI 2001, 12728, 12737; Töben, FR 2000, 905; Widmann, in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG (StSenkG/UntStFG) Rn. 10; a. A. Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 377, die den zivilrechtlichen Vermögensübergang für maßgeblich halten.
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C. Veräußerung
äußerungspreis in voller Höhe gegenüberzustellen. Dies soll jedoch nur für die Fälle gelten, in denen die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile einschließlich der Veräußerungskosten über den Veräußerungspreis der Anteile hinausgehen.112 Die Aufwendungen dürfen somit nur zur Hälfte abgezogen werden, sofern die Anschaffungs- und Veräußerungskosten den Veräußerungspreis übersteigen. Die volle Gegenrechnung der Anschaffungs- und Veräußerungskosten kann damit nur erfolgen, soweit sie nicht über den Veräußerungspreis hinausgehen. Ein Verlust aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen innerhalb der ersten sieben Jahre nach der Einbringung soll nach Ansicht des Gesetzgebers nicht zu einer größeren steuerlichen Entlastung führen als der Verlust aus der Veräußerung nichteinbringungsgeborener Anteile.113 Nach dem Gedanken des objektiven Nettoprinzips (Art. 3 Abs. 1 GG) wäre es hingegen notwendig, in den Fällen, in denen ein Gewinn ungekürzt zum Ansatz kommt, auch den Verlust in voller Höhe zu berücksichtigen. Strahl114 weist daher zutreffend darauf hin, dass er die Vorschrift für systematisch verfehlt halte. Neben dem Halbeinkünfteverfahren kann der Veräußerungsgewinn durch weitere Vorschriften begünstigt sein, die einem Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs gewährt werden. Hierbei ist vor allem an den Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG und an die ermäßigte Besteuerung des § 34 EStG zu denken. Erfüllt der veräußernde Anteilseigner die an ihn in § 16 Abs. 4 EStG gestellten persönlichen115 und sachlichen116 Anforderungen, kann beantragt
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112 § 3c Abs. 2 S. 3, 4 EStG 2005 wurde durch Art. 2 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.2002, BGBl. I 2002, 2715 in das EStG aufgenommen. Zuvor war der Veräußerungspreis ungemildert in voller Höhe zu versteuern, die Anschaffungs- und Veräußerungskosten konnten aber stets nur zur Hälfte angesetzt werden. Ein Berechnungsbeispiel findet sich bei Strahl, KÖSDI 2002, 13382, 13383 f. Mit der vor dem Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen geltenden Rechtslage setzen sich Haritz, DStR 2000, 1537, 1544 und Jakobs/Wittmann, GmbHR 2000, 910, 918 kritisch auseinander. 113 Desens, FR 2002, 247, 251. 114 Strahl, KÖSDI 2002, 13382, 13384. 115 Der veräußernde Anteilseigner muss entweder im Zeitpunkt der Veräußerung das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne als dauernd berufsunfähig angesehen werden. 116 Der Freibetrag darf nicht bereits bei einem vorherigen Veräußerungsvorgang in Anspruch genommen worden sein. Zudem ermäßigt sich der Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 S. 3 EStG um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000 Euro übersteigt und entfällt somit, wenn der Gewinn die Freibetragsgrenze von 181.000 Euro erreicht.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
werden, den Freibetrag i. H. v. 45.000 Euro in Anspruch zu nehmen. Dieser ist selbst dann vollumfänglich zu gewähren, wenn die Anteile innerhalb der siebenjährigen Frist veräußert werden, nur Teile der einbringungsgeborenen Anteile veräußert werden und bzw. oder die veräußerten Anteile aus einer Einbringung eines Teilanteils eines Mitunternehmeranteils stammen.117 Bei einbringungsgeborenen Anteilen, die aus einer Einbringung vor dem 1.1.1996 hervorgegangen sind, findet ausschließlich die alte Freibetragsregelung des § 21 Abs. 1 S. 3 UmwStG 1995118 Anwendung. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Zeitpunkt die Anteile veräußert werden (§ 27 Abs. 5 UmwStG a. F. i. V. m. § 27 Abs. 2 UmwStG n. F.).119 Streit besteht indes über die Reihenfolge der steuerlichen Begünstigungen. Einige Stimmen im Schriftum120 wollen den Freibetrag anwenden, bevor das Halbeinkünfteverfahren den Veräußerungsgewinn mindern konnte. Andere121 halten dagegen die umgekehrte Reihenfolge für die richtige. Nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2008 wird der Veräußerungspreis zur Hälfte von der Steuer freigestellt, während § 3c Abs. 2 S. 1 EStG 2008 nur die Hälfte der Anschaffungs- und der Veräußerungskosten zum Abzug zulässt, so dass der Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 Abs. 4 EStG nur der verbleibende steuerpflichtige Anteil sein kann.122 Der Freibetrag ist daher erst abzuziehen, nachdem das Halbeinkünfteverfahren den Gewinn mindern konnte. Im Ergebnis verdoppelt sich damit der Frei________________________ 117 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 107. Anders als § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG a. F. sieht § 21 UmwStG a. F. eine entsprechende Regelung im Zeitpunkt der Veräußerung nicht vor. 118 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) i. d. F. der Bek. v. 28.10.1994, BGBl. I 1994, 3267. 119 § 21 Abs. 1 S. 3 UmwStG 1995 selbst sieht ein zweistufiges Verfahren zur Berechnung des maßgebenden Freibetrags vor. Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob das eingebrachte Vermögen einen ganzen Betrieb, einen Teilbetrieb oder sämtliche Unternehmensanteile umfasst hat. Sollte dies nicht der Fall sein, ist der Freibetrag im Verhältnis des geschätzten Gewinns der tatsächlich erbrachten Einlage zum geschätzten Gesamtgewinn bei hypothetischer Einbringung des Gesamtunternehmens zu mindern. Auf der zweiten Stufe ist der Freibetrag nochmals zu kürzen, wenn nicht die gesamten einbringungsgeborenen Anteile, sondern nur ein Teil der Anteile veräußert werden. Dabei ist das Verhältnis der veräußerten Anteile zu den gesamten durch Sacheinlage erworbenen Anteilen zugrunde zu legen. 120 Desens, S. 169; Hagen/Schynol, DB 2001, 397, 398; Paus, DStZ 2003, 523, 525; Prinz/Hinck, FR 2006, 168, 169 f.; Schoor, DStZ 2004, 627, 630; Strahl, KÖSDI 2001, 12728, 12740. 121 von Beckerath, in Kirchhof, § 3 EStG Rn. 102; Grotherr, BB 2000, 849, 857. 122 Hagen/Schynol, DB 2001, 397, 398; Wacker, in Schmidt, § 16 EStG Rn. 578.
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C. Veräußerung
betrag.123 Gleiches trifft auf die Freibetragsgrenze des § 16 Abs. 4 S. 3 EStG zu. Eine andere Reihenfolge wäre für den Steuerpflichtigen stets nachteilig und lässt sich ohne eine gesetzliche Grundlage nicht begründen. Veräußerungsgewinne i. S. d. § 16 EStG (§ 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG) unterliegen grundsätzlich der ermäßigten Besteuerung des § 34 Abs. 1 EStG. Liegen darüber hinaus die in § 34 Abs. 3 EStG124 genannten Voraussetzungen vor, kann alternativ die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG zur Anwendung kommen. Um eine doppelte Begünstigung des Veräußerungsgewinns aber zu vermeiden,125 wird die Besteuerung nach dem begünstigten Steuertarif von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht. Der Gewinn darf nicht durch das Halbeinkünfteverfahren nach §§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b, 3c Abs. 2 EStG 2008 teilweise steuerbefreit sein (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) und auch nicht auf begünstigte Wirtschaftsgüter des § 6b Abs. 1 EStG übertragen oder in eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG eingestellt worden sein (§ 34 Abs. 1 S. 4 EStG). Weiterhin wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung126 gefordert, dass sämtliche einbringungsgeborene Anteile veräußert sein müssen. Systemkonform hätte der Gesetzgeber allerdings prüfen müssen, ob das eingebrachte Vermögen im Zeitpunkt der Einbringung begünstigtes Vermögen i. S. d. § 34 EStG gewesen wäre.127 Der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zwar insoweit Recht zu geben, dass sich die Voraussetzung einer vollumfänglichen Anteilsveräußerung aus dem Repräsentationsgedanken ableiten lässt. Ohne eine gesetzliche Grundlage sollte dieser Umstand dem Steuerpflichtigen jedoch nicht zum Nachteil gereicht werden.128 ________________________
123 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 126. 124 Hierfür ist wiederum vorausgesetzt, dass der veräußernde Anteilseigner die persönlichen Voraussetzungen des Freibetrags aus § 16 Abs. 4 EStG erfüllt. Zusätzlich darf der Veräußerungsgewinn die Grenze von 5 Mio. Euro nicht übersteigen. 125 BT-Drs. 14/2683, S. 116. 126 BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123, 127 ff. Eine Tarifbegünstigung kommt nach Ansicht des Gr. Senats des BFH entsprechend den Grundsätzen des § 16 EStG nur in Betracht, wenn sämtliche stille Reserven auf einen Schlag veräußert werden müssen. 127 Rödder, FS Flick, S. 543, 548 f. 128 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 246. Eine Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist nach den §§ 34 Abs. 2 Nr. 1, 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG nur begünstigt, wenn die Beteiligung das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfasst hat. Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG werden hingegen nicht berücksichtigt. Der BFH hat in seinem Urteil v. 19.6.2006 – VIII B 129/05, BFH/NV 2006, 1830 ausdrücklich klargestellt, dass er hierin keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz sieht.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Kommt eine ermäßigte Besteuerung nicht in Betracht, verbleibt Personenunternehmen, soweit an diesen natürliche Personen beteiligt sind (§ 6b Abs. 10 S. 10 EStG), die Möglichkeit nach § 6b Abs. 10 EStG, die aufgedeckten stillen Reserven auf begünstigte Vermögensgegenstände im Jahr der Veräußerung zu übertragen oder eine Rücklage entsprechend den Anforderungen des § 6b Abs. 3 EStG zu bilden. Neben den Voraussetzungen, die an die Reinvestitionsobjekte (§ 6b Abs. 10 S. 1 EStG), die Vorbesitzzeiten der einbringungsgeborenen Anteile im Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte (§ 6b Abs. 10 S. 4, Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG) und an den Veräußerungsgewinn gestellt werden (§ 6b Abs. 10 S. 1 EStG129), sollte vor allem § 6b Abs. 10 S. 11 EStG 2005 in Erinnerung bleiben, der über § 52 Abs. 18b S. 3 EStG weiterhin anwendbar bleibt. Danach darf der Veräußerungsgewinn von einbringungsgeborenen Anteilen nur reinvestiert oder in eine Rücklage eingestellt werden, wenn einer der Rückausnahmen des § 3 Nr. 40 S. 4 EStG 2005 einschlägig ist. Der Veräußerungspreis darf nur zur Hälfte in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sein. Andernfalls könnte, so die Befürchtung des Gesetzgebers, der Grundgedanke der vollen Besteuerung der Wertsteigerungen von einbringungsgeborenen Anteilen bei missbräuchlicher Gestaltung unterlaufen werden.130 Gehörten die veräußerten Anteile einem Betriebsvermögen an, ist zudem zu prüfen, ob der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Da der steuerpflichtige Gewerbeertrag grundsätzlich den nach den Vorschriften des EStG bzw. KStG zu ermittelnden Gewinn des Gewerbebetriebs entspricht (§ 7 S. 1 GewStG), müsste auch ein Veräußerungsgewinn einbringungsgeborener Anteile zum steuerpflichtigen Gewerbeertrag zählen. Bei der Frage nach der Gewerbesteuerpflicht des Veräußerungsgewinns löst sich die höchstrichterliche Rechtsprechung131 jedoch zu Recht vom Gesetzeswortlaut und knüpft systemkonform an den Gedanken der Repräsentation an.132 Da die Gewerbesteuer ihrem Wesen nach eine auf den tätigen Betrieb bezogene Steuer133 ist, solle diese auch nur Gewinne des laufenden Betriebs erfassen. Der Gewinn aus der Veräußerung von betriebseinbringungsgeborenen Anteilen ist daher nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen, weil auch die Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nicht der Gewerbesteuer unterlegen hätte (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ________________________ 129 130 131 132 133
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Jachmann, in Kirchhof, § 6b EStG Rn. 36 m. w. N. BT-Drs. 14/6882, S. 33. BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738. Vgl. auch R 38 Abs. 3 S. 3, 39 Abs. 1 Nr. 1 S. 17 GewStR. RFH v. 15.12.1932 – VI A 323, 324/32, RStBl. 1933, 225; BFH v. 17.1.1969 – VI 367/65, BStBl. II 1969, 540.
C. Veräußerung
GewStG). Im Gegenzug dürfen Veräußerungsverluste den Gewerbeertrag nicht mindern. Der IV. Senat des BFH ließ es dabei ausdrücklich offen, ob er sein Ergebnis bereits aus § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. folgern konnte, nachdem die Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG anzusehen sind.134 Für ihn kam es entscheidend auf die Zielsetzung der betreffenden Normen des UmwStG an, die darin besteht, Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen in Kapitalgesellschaften steuerneutral zu ermöglichen, indem die Besteuerung der in dem eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven auf die Ebene des Anteilseigners verlagert werden kann.135 Eine Verlagerung der Besteuerung mache seiner Meinung nach aber nur Sinn, wenn die Veräußerung des eingebrachten Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils überhaupt Gewerbesteuer ausgelöst hätte und zwar unabhängig davon, ob die gesamten Anteile oder nur Teile veräußert worden seien.136 Wie bei § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. ist daher nicht zwischen den Zeiten vor und nach der Einbringung zu unterscheiden. Dies gilt selbst dann, wenn die einbringungsgeborenen Anteile im Betriebsvermögen stehen.137 Die Rechtsprechung sieht hierin einen Ausgleich für die Nachteile, die dem Anteilseigner durch die gesetzliche Anordnung in § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. widerfahren, die Anteile stets über den Zeitpunkt der Einbringung hinaus zu verstricken.138 Gehörten dem eingebrachten Vermögen ein oder mehrere inländische Grundstücke (§ 2 GrEStG) an, unterliegt der Eigentumserwerb im Zeitpunkt der Einbringung der Grunderwerbsteuer (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1139, Nr. 3 S. 1140 GrEStG). Die Steuer bemisst sich für die übernehmende Gesellschaft nach den nach § 138 Abs. 2–4 BewG zu ermittelnden Grundbesitzwerten (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GrEStG). Im Zeitpunkt der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile wird hingegen in der Regel keine erneute Steuerpflicht ________________________ 134 BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738¸ 740. 135 BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738¸ 740. 136 BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738¸ 740; vgl. auch Roser, in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rn. 260 f.; von Twickel, in Blümich, § 7 GewStG Rn. 165 „Einbringungsgeborene Anteile“. 137 BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738¸ 740. 138 Vgl. BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738¸ 740. 139 Bei Einbringungen eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils im Wege der Einzelrechtsnachfolge. 140 Bei Einbringungen eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils im Wege der Verschmelzung, Spaltung oder Ausgliederung.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
ausgelöst. Rechtsinhaber bleibt weiterhin die übernehmende Kapitalgesellschaft, sofern das Grundstück noch im Vermögen der Gesellschaft steht. Ein Erwerbsvorgang findet nicht statt. Anders liegt es nur, wenn durch den Anteilsverkauf unmittelbar oder mittelbar 95 % der Gesellschaftsanteile an der übernehmenden Gesellschaft wechseln. In derartigen Fällen hält es der Gesetzgeber für notwendig, eine Veräußerung zu fingieren, um zu verhindern, dass anstelle des Grundstücks die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft veräußert werden (§ 1 Abs. 3 GrEStG).141 Im Zeitpunkt der Einbringung werden zudem Leistungen im Rahmen eines Leistungsaustausches getätigt. Die Umsätze sind jedoch nicht steuerbar, weil sie im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ausgeführt werden (§ 1 Abs. 1a UStG).142 Zwar sind die ertragsteuerlichen Begriffe des „Betriebs“ und „Teilbetriebs“ mit denen des Umsatzsteuerrechts nicht deckungsgleich, die Finanzverwaltung lässt es jedoch aus Vereinfachungsgründen zu, die ertragsteuerrechtliche Sichtweise zu übernehmen.143 Ein steuerpflichtiger Umsatz kann sich daher vorbehaltlich etwaiger Steuerbefreiungen nur ergeben, wenn die übernehmende Gesellschaft dem Einbringenden neben den Gesellschaftsanteilen noch andere Wirtschaftsgüter gewährt (§ 20 Abs. 2 S. 5 UmwStG a. F.).144 Auch stellt der Erwerb und die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach der MwStSystR145 keine wirtschaftliche Betätigung dar. Wiederum werden lediglich nicht steuerbare Umsätze ausgeführt.146 bb) Anteilseinbringungsgeborene Anteile Werden einbringungsgeborene Anteile veräußert, die aus einer Einbringung einer Kapitalbeteiligung hervorgegangen sind, hätte der Veräußerungs________________________ 141 Ausführlich Rasche, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Anh. 8 Rn. 8 ff. 142 Werden Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens in die Kapitalgesellschaft eingebracht, die zum Unternehmensvermögen des Gesellschafters gehören, handelt es sich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen durch den Gesellschafter, Rasche, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Anh. 9 Rn. 50. 143 R 5 Abs. 3 S. 4 UStR. Die übernehmende Kapitalgesellschaft tritt nach § 1 Abs. 1a S. 3 UStG in dessen Rechtsposition ein. Wird der Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vollzogen, liegt ohnehin ein vollständiger Eintritt in die steuerverfahrens- und materiellrechtliche Position gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 AO vor. 144 Rasche, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Anh. 9 Rn. 51. 145 Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. Nr. L 347 v. 11.12.2006, 1. 146 EuGH v. 26.6.2003, Slg. 2003, I-6851 Rn. 38 ff. (KapHag Renditefonds 35 Spreecenter Berlin-Hellersdorf 3 Tranche GbR); BFH v. 18.11.2004 – V R 16/03, BStBl. II 2005, 503; BMF-Schr. v. 26.1.2007, BStBl. I 2007, 211.
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C. Veräußerung
gewinn in aller Regel dem Halbeinkünfteverfahren unterlegen. § 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. b EStG 2005 sieht daher vor, dass der Veräußerungspreis grundsätzlich nur zur Hälfte in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Dieses soll nur dann nicht gelten, wenn die eingebrachten Anteile unmittelbar oder mittelbar selbst aus einer Einbringung einer Sacheinlage stammen. Dadurch soll verhindert werden, dass über den Umweg einer Anteilseinbringung der Veräußerungspreis zur Hälfte von der Steuer freigestellt wird.147 Entsprechend der Rückausnahme zur Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. findet das Halbeinkünfteverfahren aber dann wieder Anwendung, wenn zwischen der Einbringung und Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile ein Zeitraum von mehr als sieben Jahre vergangen ist. Im Gegenzug sind die Anschaffungs- und Veräußerungskosten nach § 3c Abs. 2 EStG 2008 grundsätzlich auch nur zur Hälfte abzugsfähig. Etwas anderes kann sich jedoch ergeben, wenn der Veräußerungspreis vollumfänglich in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Wird in derartigen Fällen ein Veräußerungsgewinn erzielt, dürfen gemäß § 3c Abs. 2 S. 4 EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 8a S. 2 EStG 2008 die Anschaffungs- und Veräußerungskosten dem Veräußerungspreis in vollem Umfang gegenübergestellt werden. Soweit die Anschaffungs- und Veräußerungskosten aber den Veräußerungspreis übersteigen, sind diese nur zur Hälfte des übersteigenden Betrags abzugsfähig. Auf den damit einhergehenden systematischen Fehler wurde bereits hingewiesen.148 Entsprechend dem Repräsentationsgedanken149 kann der Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG – sofern die weiteren persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt sind – nur gewährt werden, wenn eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung eingebracht worden ist (vgl. § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F.). Der Steuertarif des § 34 EStG kann dagegen in der Regel nicht gewährt werden, da der Veräußerungspreis bereits durch das Halbeinkünfteverfahren begünstigt ist (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Denkbar ist eine Übertragung der stillen Reserven auf begünstigte Vermögensgegenstände oder die Bildung einer Rücklage unter den in § 6b Abs. 10 EStG genannten Vorgaben.150 Hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht ist wiederum an den Gedanken der Repräsentation anzuknüpfen, wobei eine Gewerbesteuerpflicht nur entstehen ________________________
147 Vgl. Begründung des Vermittlungsausschusses, abgedruckt bei Schaumburg/Rödder, S. 207, Bsp. 3. 148 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa). 149 Vgl. auch § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. 150 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
kann, wenn der Einbringende selbst über gewerbesteuerpflichtige Einkünfte verfügt. Fraglich ist daher, ob ein Gewinn zum Gewerbeertrag des § 7 GewStG gezählt hätte, wenn die eingebrachten Anteile im Zeitpunkt der Einbringung veräußert worden wären. Zu versteuern hätte der Anteilseigner den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile, die im Betriebsvermögen gestanden haben. Dies wäre nach Ansicht der Rechtsprechung151 auch dann der Fall, wenn eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung „veräußert“ worden wäre und demnach ein privilegierter Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vorgelegen hätte. Anders als bei der Veräußerung eines Teilbetriebs sieht die Rechtsprechung den wohl entscheidenden Grund für eine Besteuerung darin, dass der Gewinn in einem stehenden Betrieb angefallen ist.152 Der Veräußerungsgewinn zählt zu den laufenden Einkünften des Gewerbebetriebs und somit zum Gewerbeertrag i. S. d. § 7 S. 1 GewStG. Dies gilt nur dann nicht, wenn mit der Veräußerung der Anteile die Einstellung des Gewerbebetriebs einhergeht.153 In solchen Fällen handelt es sich nicht mehr um einen tätigen Gewerbebetrieb, an den die Gewerbesteuer anknüpfen kann (§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG). Unterliegt die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile der Gewerbesteuer, erfasst der nach § 7 GewStG maßgebende Gewerbeertrag allerdings nicht den von der Einkommensteuer freigestellten Teil des Veräußerungsgewinns. Steuerfreie Einnahmen und Ausgaben, wie die der §§ 3 Nr. 40 S. 4, 3c Abs. 2 EStG 2005 gehen in den nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnden Gewinn nicht ein.154 Hinsichtlich der grunderwerb- und umsatzsteuerrechtlichen Folgen ist auf die Ausführungen zur Veräußerung von betriebseinbringungsgeborenen Anteilen zu verweisen,155 wobei eine Grunderwerbsteuerpflicht grundsätzlich nur bei einem 95 %-igen Anteilseignerwechsel ausgelöst werden kann. ________________________ 151 BFH v. 7.12.1971 – VIII R 3/70, BStBl. II 1972, 468; BFH v. 6.11.1980 – IV R 182/77, BStBl. II 1981, 220; BFH v. 7.9.2005 – VIII R 99/03, BFH/NV 2006, 608. 152 Ebenso Roser, in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rn. 330. 153 BFH v. 2.2.1972 – I R 217/69, BStBl. II 1972, 470; Roser, in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rn. 331; Töben, FR 2002, 361, 364 f. 154 BFH v. 12.1.1978 – IV R 84/74, BStBl. II 1978, 267; BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279; von Twickel, in Blümich, § 7 GewStG Rn. 165 „Steuerfreie Einnahmen“. Steuerfreie Einnahmen aus § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG sind nur dann in den Gewinn nach § 7 S. 4 GewStG einzubeziehen, soweit die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG eingreift. Dies ist aber nur bei Dividenden und den Dividenden gleichgestellten Bezügen und nicht bei einer Anteilsveräußerung der Fall; ausführlich von Twickel, in Blümich, § 7 GewStG Rn. 112. 155 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa).
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C. Veräußerung
cc) Betriebs- und anteilseinbringungsgeborene Anteile Des Weiteren sind diejenigen Fälle gesondert zu behandeln, bei denen sich in dem eingebrachten Vermögen eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften befinden. Werden die aus derartigen Einbringungen hervorgegangenen einbringungsgeborenen Anteile veräußert, wollen Teile des Schriftums156 allein die Rechtsfolgen einer Veräußerung von betriebseinbringungsgeborenen Anteilen anwenden. Sie sehen in der Beteiligung nur einen Teil des eingebrachten Betriebsvermögens. Die überwiegenden Stimmen in der Literatur157 ziehen es hingegen zu Recht vor, den Einbringungsvorgang in einen anteilseinbringungsgeborenen und betriebseinbringungsgeborenen Vorgang aufzuspalten, sofern die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung über die unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft verfügt. Mittlerweile ist hiervon auch die Finanzverwaltung158 überzeugt. Neben dem Erfordernis einer mehrheitsvermittelnden Beteiligung159 lässt sie eine Aufspaltung allerdings nur zu, wenn es sich bei der Beteiligung um keine wesentliche Betriebsgrundlage des eingebrachten Betriebsvermögens gehandelt hat, die für die übertragenen Anteile gewährten Anteile genau identifizierbar160 sind und das Verhältnis des Nennwertes der miteingebrachten Anteile zum Nennwert der insgesamt gewährten Anteile dem Verhältnis der miteingebrachten Anteile zum Verkehrswert des insgesamt übertragenen Betriebsvermögens entspricht. Dazu müssen die Teilwerte im steuerlichen Übertragungszeitpunkt bestimmt werden.161 ________________________ 156 Kessler/Schmalz/Schmidt, DStR 2001, 1865, 1870; Patt, FR 2004, 561 ff.; Widmann, in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rn. 171. 157 Behrens/Tauser, BB 2001, 1879, 1882; Beinert/van Lishaut, FR 2001, 1137, 1153; Eilers/Teske, DStR 2003, 1195, 1196; Friederichs, in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 127; Haritz, DStR 2000, 1537, 1540; Haritz/Wisniewski, GmbHR 2004, 267 f.; Rogall, WPg 2005, 152 ff. sowie zur Parallelvorschrift des § 8b Abs. 4 KStG 2005 Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 403. 158 Zu § 8b Abs. 4 KStG 2005 BMF-Schr. v. 5.1.2004, BStBl. I 2004, 44; zu § 3 Nr. 40 S. 4 EStG 2005 OFD Berlin v. 21.4.2004, DB 2004, 1291. 159 Vgl. Füger/Rieger, BB 2005, 517, 519; Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 405, die zu Recht darauf hinweisen, dass es nicht auf eine mehrheitsvermittelnde Beteiligung ankommt, vielmehr muss spätestens nach der Einbringung die übernehmende Kapitalgesellschaft über die unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft verfügen. 160 Die Identifikation sollte im Einbringungsvertrag erfolgen. Entweder wird eine quotale Verteilung vorgenommen oder ein bestimmter Teilanteil wird vollumfänglich als im Gegenzug für die gewährten Anteile klassifiziert. 161 BMF-Schr. v. 5.1.2004, BStBl. I 2004, 44; krit. Füger/Rieger, BB 2005, 517 ff.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Hält die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung die unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen einer steuerneutralen Anteilseinbringung vor. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der Beteiligung um eine oder keine wesentliche Betriebsgrundlage gehandelt hat. Der Gesetzeswortlaut von § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. setzt nicht voraus, dass es sich um keine wesentliche Betriebsgrundlage des eingebrachten Betriebsvermögens handeln darf.162 Nach der Einbringung verfügt die übernehmende Gesellschaft über sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen. Eine missbräuchliche Gestaltung oder ein schädlicher Gesamtplan i. S. d. Gesamtplanrechtsprechung163 liegen nicht vor, da die Anteile bereits vor der Einbringung steuerbegünstigt veräußert werden konnten.164 Sind die veräußerten Anteile daher auf Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zurückzuführen und handelt es sich um eine mehrheitsvermittelnde Beteiligung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F., treten bei einer Veräußerung der auf diese Anteile entfallenden einbringungsgeborenen Anteile die Rechtsfolgen einer Veräußerung anteilseinbringungsgeborener Anteile ein. Dabei ist der Veräußerungspreis verhältnismäßig nach den Teilwerten der miteingebrachten Anteile im Verhältnis zu den Teilwerten der übrigen Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung aufzuteilen.165 Die Anschaffungskosten sind auf den Zeitpunkt der Einbringung zu berechnen. Für die übrigen einbringungsgeborenen Anteile treten bei einer Veräußerung die Rechtsfolgen einer Veräußerung von betriebseinbringungsgeborenen Anteilen ein. Die Ansicht der Finanzverwaltung wird daher aller Voraussicht nach nicht einer gerichtlichen Überprüfung standhalten können. Um mögliche abschlägige Entscheidungen der Gerichte von vornherein auszuschließen, bietet es sich hingegen an, die Anteile entweder vorab an die übernehmende Gesell________________________ 162 Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 405. 163 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229. Im Rahmen der steuerlichen Gestaltungsberatung ist seit dem Urteil des BFH zu berücksichtigen, dass Steuerpflichtige nicht nach einem schädlichen Gesamtplan handeln dürfen. In welchen Fällen ein schädlicher Gesamtplan anzunehmen ist, ist weitgehend ungeklärt, zumal keine festen Grenzen für den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den Teilschritten erkennbar sind; eingehend Strahl, FR 2004, 929 ff. 164 Im Ergebnis ebenso Füger/Rieger, BB 2005, 517, 520 f. 165 A. A. Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 418, der aus Praktikabilitätsgründen eine Aufteilung anhand der leichter zu bestimmenden Buchwerte vornehmen möchte. Eilers/Teske, DStR 2003, 1195, 1197 wollen sogar eine „gewillkürte“ vertragliche Zuordnung zulassen.
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C. Veräußerung
schaft steuerfrei (§ 8b Abs. 2 KStG) zu veräußern166 oder verdeckt in dieselbe nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG i. V. m. § 8b Abs. 2 S. 5 KStG einzulegen.167 Für die Anteile, die dem Besteuerungsregime des UmwStG n. F. unterliegen, sind derartige Gestaltungen indes nicht mehr notwendig. Nunmehr ist in § 22 Abs. 2 UmwStG n. F. ausdrücklich normiert, dass bei einer Einbringung einer Kapitalbeteiligung, die sich im Betriebsvermögen eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils befindet, insoweit ausschließlich die Rechtsfolgen einer Veräußerung von Anteilen eintreten, die aus einem Anteilstausch hervorgegangen sind.168 Hinsichtlich einer möglichen Gewerbesteuerpflicht sind nur die Gewinne aus der Veräußerung anteilseinbringungsgeborener Anteile zu erfassen.169 Da die einbringungsgeborenen Anteile einem Betriebsvermögen angehörten, zählt auch der Veräußerungsgewinn nur insoweit zum Gewerbeertrag.170 Anders ist nur zu verfahren, wenn mit der Veräußerung die Einstellung des Gewerbebetriebs einhergeht. b) Durch Körperschaften Werden einbringungsgeborene Anteile veräußert, die zum Vermögen einer Körperschaft oder einer Mitunternehmerschaft gehören, soweit an dieser juristische Personen beteiligt sind,171 unterliegt der Gewinn vollumfänglich der Körperschaftsteuer. § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 1 KStG 2005172 nimmt ebenso wie § 3 Nr. 40 S. 3 EStG 2005 einbringungsgeborene Anteile aus dem Anwendungsbereich der Steuerfreistellung grundsätzlich aus (vgl. § 8b Abs. 2, 6 KStG). Der Hintergrund ist derselbe wie bei § 3 Nr. 40 S. 3 EStG 2005. Der Gesetzgeber will verhindern, dass Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile steuerfrei oder nahezu steuerfrei veräußert werden können, indem sie zunächst gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. steuerneutral in eine Kapitalgesellschaft eingebracht und im Anschluss die Anteile steuerfrei ________________________ 166 Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 405; Haritz, DStR 2000, 1537, 1540; Haun/Winkler, GmbHR 2002, 192, 198; Widmann, in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG (StSenkG/UntStFG) Rn. 14. 167 Eilers/Teske, DStR 2003, 1195, 1197; Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 405. 168 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. b) aa). 169 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa) und bb). 170 BFH v. 1.7.1992 – I R 5/92, BStBl. II 1993, 131 hinsichtlich einer 100 %-igen GmbH-Beteiligung im Betriebsvermögen. 171 Vgl. 2. Kap. Fn. 97. 172 Körperschaftsteuergesetz (KStG) i. d. F. der Bek. v. 15.10.2002, BGBl. I 2002, 4144 zuletzt geändert durch Gesetz v. 15.12.2004, BGBl. I 2004, 3416.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
veräußert werden. Zudem sollen natürliche Personen über den Umweg einer Anteilseinbringung nicht in den Genuss einer nahezu vollumfänglichen Steuerfreistellung kommen, obwohl ihnen an sich nur der Vorteil der hälftigen Steuerfreistellung zur Seite gestanden hätte.173 Dabei bleibt der generelle Ausschluss von der Steuerbefreiung auch nach Inkrafttreten des SEStEG bestehen (§ 34 Abs. 7a KStG). Wie bei einer Anteilsveräußerung durch natürliche Personen werden von der vollumfänglichen Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns zwei Rückausnahmen gemacht, d. h. Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile werden von der Steuer nahezu vollständig freigestellt, sofern in dem Einbringungsvorgang und der anschließenden Veräußerung keine missbräuchliche Gestaltung gesehen wird. Eine solche missbräuchliche Gestaltung liegt nach Ansicht des Gesetzgebers nicht vor, wenn einbringungsgeborene Anteile später als sieben Jahre nach der Einbringung veräußert werden (§ 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 1 KStG 2005). Der Gewinn aus einer derartigen Anteilsveräußerung ist nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG vollständig von der Steuer freigestellt. Wirtschaftlich gesehen kommt es hingegen nur zu einer Steuerfreistellung von 95 % des Gewinns. § 8b Abs. 3 S. 1 KStG schreibt vor, dass 5 % des Gewinns pauschal als Betriebsausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.174 Entsteht dagegen ein Veräußerungsverlust, darf dieser nicht in Ansatz gebracht werden (§ 8b Abs. 3 S. 3 KStG). Während es vom Grunde her richtig ist, Aufwendungen nur steuerlich zu berücksichtigen, wenn die korrespondierenden Einnahmen zu versteuern sind,175 ergibt sich bei der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen ein diffizileres Bild. Das Gesetz erkennt Verluste aus der Veräußerung generell nicht an, unabhängig davon, ob die Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2 KStG tatsächlich zur Anwendung kommt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll es vielmehr ausreichend sein, wenn die Anteile nach § 8b Abs. 2 KStG als „potenziell“ steuerbefreit anzusehen sind.176 Auch bei einbringungsgeborenen Anteilen handelt es sich um „potenziell“ steuerbefreite Anteile i. S. d. § 8b Abs. 2 KStG, so dass Verluste steuerlich auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn die An________________________ 173 Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 430. 174 Eingehend setzt sich Kaminski/Strunk, BB 2004, 689, 693 mit den Problemen eines pauschalen Betriebsausgabenabzugs auseinander. Insbesondere bestehen Schwierigkeiten, wenn die tatsächlichen Betriebsausgaben unter der 5 %-Schwelle liegen. 175 Gosch, in Gosch, § 8b KStG Rn. 261. 176 Gosch, in Gosch, § 8b KStG Rn. 272.
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C. Veräußerung
teile entsprechend den Vorgaben des § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 1 KStG 2005 nicht steuerfrei veräußert werden können. § 8b Abs. 4 S. 3 KStG 2005 i. V. m. § 34 Abs. 7a KStG stellt dies ausdrücklich klar.177 Die Regelung des § 8b Abs. 3 S. 3 KStG sieht sich daher denselben Einwänden ausgesetzt wie § 3c Abs. 2 S. 4 EStG 2005.178 Ist ein Veräußerungsgewinn in voller Höhe zu versteuern, wäre es nach dem objektiven Nettoprinzip erforderlich, auch einen entsprechenden Veräußerungsverlust in voller Höhe geltend machen zu können. Der Gesetzgeber sieht auch nicht in jeder Veräußerung innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung eine missbräuchliche Gestaltung, um in den Genuss der 95 %-igen Steuerfreistellung zu kommen. Wie bei einer Anteilsveräußerung durch natürliche Personen kann eine Veräußerung nur dann als missbräuchlich angesehen werden, wenn die betreffenden Anteile letztendlich auf die Einbringung einer Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. zurückzuführen sind. Eine Veräußerung einer Anteilsbeteiligung wäre ohnehin vom Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 KStG 2005 mitumfasst. Allein die Veräußerung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils wäre voll steuerpflichtig gewesen. Handelt es sich demnach um Anteile, die aufgrund einer Anteilseinbringung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 bzw. § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. erworben wurden, sieht § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 Hs. 1 KStG 2005 vor, dass die Anteile nur steuerfrei veräußert werden können, wenn die veräußerten Anteile innerhalb der letzten sieben Jahre nicht unmittelbar oder mittelbar auf einer Einbringung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 bzw. § 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. (§ 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 Hs. 1 KStG 2005) beruhen. Zudem darf der Anteilserwerb nicht innerhalb der letzten sieben Jahre unmittelbar oder mittelbar auf eine Einbringung eines Steuerpflichtigen zurückzuführen sein, der nicht von § 8b Abs. 2 KStG 2005 begünstigt ist (§ 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 Hs. 2 KStG 2005). Erst wenn beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, kann der Veräußerungsgewinn zu 95 % steuerfrei vereinnahmt werden. Dies soll nach Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung179 selbst für diejenigen Anteile gelten, die vor Inkrafttreten des Korb II-Gesetzes180 veräußert wurden, ob________________________ 177 BT-Drs. 15/1518, S. 15. 178 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa) sowie zu § 8b Abs. 3 KStG Desens, FR 2002, 247, 255 ff.; Rödder, in Schaumburg/Rödder, S. 552 f. 179 BFH v. 18.3.2009 – I R 37/08, BFH/NV 2009, 1712 f. 180 Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2840.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
wohl die Halbsätze des § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG 2005 in der damals geltenden Gesetzesfassung noch mit einem „oder“ verbunden waren.181 Um zu verhindern, dass natürliche Personen Anteile steuerneutral in eine Kapitalgesellschaft einbringen und die eingebrachten Anteile sodann von der Gesellschaft steuerfrei veräußert werden,182 kann es nach Ansicht des Gesetzgebers erforderlich sein, nicht nur die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile aus dem Anwendungsbereich der 95 %-igen Steuerfreistellung auszunehmen, sondern auch die Veräußerung eingebrachter Anteile. Das Regelungen des § 8b Abs. 4 KStG 2005 finden nach den §§ 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG 2005, 34 Abs. 7a KStG daher auch auf diejenigen Anteile Anwendung, die unmittelbar oder mittelbar von einer natürlichen Person bzw. mittelbar über eine Mitunternehmerschaft von einer nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Person unter dem Teilwert liegenden Wert erworben wurden.183 Weitere Steuervergünstigungen sind dem veräußernden Anteilseigner nicht zu gewähren. Der Veräußerungsgewinn ist als laufender Gewinn der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Allerdings schlagen auch hier die Steuerfreistellungen des KStG auf Ebene der Gewerbesteuer durch.184 Bei Mitunternehmerschaften, an denen auch juristische Personen beteiligt sind, ergeben sich wegen der unterschiedlich hohen Besteuerung der Veräußerungsgewinne für die Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) Besonderheiten. Unterliegt der Veräußerungsgewinn bei natürlichen Personen dem Halbeinkünfteverfahren und kommt bei juristischen Personen die 95 %ige Steuerfreistellung zur Anwendung, kann der Gewerbeertrag auf Ebene der persönlich gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft nicht unabhängig von der Höhe der Steuerfreistellung des Gewinns ihrer Mitunternehmer ermittelt werden. Vielmehr wirken sich die unterschiedlich hohen Freistellungen auch auf den Gewerbeertrag der Personengesellschaft aus.185 Im Verfahren über ________________________ 181 Vgl. BFH v. 18.3.2009 – I R 37/08, BFH/NV 2009, 1712 nach der es entscheidend auf das „vorlegislatorische Bekanntsein der gesetzgeberische Zielsetzung“ ankommt. 182 Schild/Eisele, DStZ 2003, 443, 446; vgl. auch Bsp. bei Walzer, DB 2009, 2341, 2344 unter V. 1. b). 183 Vgl. Bsp. bei Gosch/Bauschatz, in Gosch, § 8b KStG Rn. 353 ff. 184 BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279. 185 Selder, in Glanegger/Güroff, § 7 GewStG Rn. 3. Erzielt beispielsweise eine Mitunternehmerschaft, an der eine natürliche und eine juristische Person je zur Hälfte beteiligt ist, einen Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile, der bei natürlichen Personen zur Hälfte nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b i. V. m. S. 4 EStG 2005 von der Einkommensteuer bzw. bei körperschaftsteuerpflichtigen Personen
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C. Veräußerung
die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 AO) sind daher die Gewinnanteile unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Steuerbefreiungen den einzelnen Beteiligten zuzuordnen. Hinsichtlich der Grunderwerbsteuer und der Umsatzsteuer ist auf die Ausführungen zur Veräußerung von betriebseinbringungsgeborenen Anteilen zu verweisen.186 3. Veräußerung ab dem 1.1.2009 Werden einbringungsgeborene Anteile nach dem 31.12.2008 veräußert, kann sich für natürliche Personen der Besteuerungswechsel vom Halb- zum Teileinkünfteverfahren negativ auswirken.187 Sofern das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung kommt, ist der Veräußerungspreis nur noch zu 40 % von der Einkommensteuer freigestellt (§§ 3 Nr. 40 S. 1, 52a Abs. 3 S. 1 EStG), wohingegen die Anschaffungs- und Veräußerungskosten zu 60 % in Ansatz zu bringen sind (§§ 3c Abs. 2 S. 1, 52a Abs. 4 EStG). Ansonsten ergeben sich zu den Veräußerungen bis zum 31.12.2008 keinerlei Änderungen. Bei den Übergangsvorschriften ist zu beachten, dass an die Stelle des § 52 Abs. 4b S. 2 EStG 2008 der § 52 Abs. 4d S. 2 EStG getreten ist. Im KStG eröffnet weiterhin § 34 Abs. 7a KStG die Anwendung von § 8b Abs. 4 KStG 2005. Sollte der Veräußerungspreis die Anschaffungs- und Veräußerungskosten übersteigen, hätte es sich daher angeboten, die einbringungsgeborenen Anteile noch im Kalenderjahr 2008 zu veräußern.
IV. Ergebnis Auch nach Inkrafttreten des SEStEG sind für Einbringungen in Kapitalgesellschaften ausschließlich die Regelungen des alten UmwStG anwendbar, sofern die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebliche Register bis zum 12.12.2006 beantragt worden ist (§ 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.). Die Besteuerung der auf die einbringungsgeborenen Anteile übergegangenen stillen Reserven richtet sich weiterhin nach den Vorschriften der §§ 21 ff. UmwStG a. F. Dies gilt un________________________ (oder Mitunternehmern i. S. d. § 8b Abs. 6 KStG) nach § 8b Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 S. 2 KStG 2005 zu 95 % von der Körperschaftsteuer freigestellt ist, ergibt sich auf Ebene der Mitunternehmerschaft ein zu versteuernder Ertrag von 55 %. 186 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa). 187 Vgl. Art. 1 Nr. 4 des Unternehmensteuerreformgesetzes v. 14.8.2007, BStBl. I 2007, 1912 und zur Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG die §§ 52 Abs. 4b, Abs. 8b, 52a Abs. 3, 4 EStG.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
abhängig davon, in welchem Zeitpunkt die Anteile später veräußert werden. Von einer Abschaffung des Besteuerungssystems der einbringungsgeborenen Anteile kann keine Rede sein. Vielmehr werden die alten Rechtsprobleme auf unbestimmte Zeit fortgeschrieben. Nach wie vor wird die für den Anteilseigner entscheidende Frage, ob der Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile vom Halbbzw. Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG) erfasst oder sogar zu 95 % von der Steuer freigestellt ist (§ 8b Abs. 2 KStG), nicht mit Hilfe des Repräsentationsgedankens beantwortet. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt es entscheidend darauf an, ob in der Einbringung und anschließenden Veräußerung eine missbräuchliche Gestaltung zu sehen ist, um in den Genuss einer zumindest anteiligen Steuerfreistellung zu kommen. Um dieses herauszufinden, hält der Gesetzgeber weiterhin an einem System fest, dass mit Ausnahmen, Rückausnahmen und Rückrückausnahmen arbeiten muss (vgl. §§ 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005, 8b Abs. 4 KStG 2005) und in Teilen sogar gegen das objektive Nettoprinzip verstößt (vgl. §§ 3c Abs. 2 S. 2–4 EStG 2005, 8b Abs. 8b Abs. 3 S. 3 KStG). Das Verständnis wird durch die versteckte Weitergeltung der Normen in den Übergangsvorschriften (§§ 52 Abs. 4d S. 2 EStG, 34 Abs. 7a KStG) noch erschwert. Sieben Jahre nach Inkrafttreten des SEStEG ist es zumindest nicht mehr möglich, Einbringungen und anschließende Veräußerungen als missbräuchlich zu qualifizieren. Bis dahin wird zu ermitteln sein, ob es sich bei den veräußerten Anteilen um betriebs- oder anteilseinbringungsgeborene Anteile gehandelt hat, wer die Anteile veräußert hat und ein wie großer Zeitraum zwischen Einbringung und Veräußerung bestanden hat. Zudem wendet der Gesetzgeber auch bei weiteren möglichen Vergünstigungen des Veräußerungsgewinns (§§ 34, 6b EStG) den Repäsentationsgedanken nicht konsequent an. Wiederum lässt er sich zu sehr von der Gefahr einer missbräuchlichen Gestaltung leiten.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge Auch nach Inkrafttreten des SEStEG müssen die in den einbringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven nicht nur aufgedeckt werden, wenn die Anteile veräußert werden, sondern auch wenn einer der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge verwirklicht wird (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–4 UmwStG a. F. i. V. m. § 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.).
I. Besteuerung auf Antrag § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F. stellt zunächst den Antrag des Anteilseigners auf Besteuerung der stillen Reserven mit der einer Veräußerung gleich. Erinnert man sich an den Zeitpunkt der Einbringung zurück, konnte ein Besteuerungsaufschub nur gewährt werden, weil das unternehmerische Engagement nach der Einbringung nicht endet, sondern lediglich in veränderter Form fortgeführt wird. Der Gesetzgeber sieht es daher auch als gerechtfertigt an, nicht nur die in den Anteilen bis zur Einbringung ruhenden stillen Reserven zu versteuern, sondern auch diejenigen Wertsteigerungen, die sich erst nach der Einbringung gebildet haben.188 Die Steuerverhaftung soll erst enden, wenn der Anteilseigner sein unternehmerisches Engagement endgültig aufgibt. Eine über den Einbringungszeitpunkt hinausgehende Steuerverhaftung wird sich für den Einbringenden insbesondere dann als nachteilig erweisen, wenn die Anteile nach den allgemeinen Besteuerungsregeln nicht steuerverstrickt sind. Bekanntlich wurden Wertsteigerungen von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zum VZ 2008 steuerlich nur erfasst, sofern eine qualifizierte Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG 2008 vorlag oder die Anteile innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008 veräußert werden. Zwar müssen ab dem VZ 2009 Wertzuwächse sämtlicher im Privatvermögen gehaltener Anteile an Kapitalgesellschaften versteuert werden. Jedoch gilt dies nur, wenn die Anteile nach dem 31.12.2008 erworben werden (§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 52a Abs. 10 S. 1 EStG). Der Antrag selbst löst keinen Erwerbsvorgang aus, so dass eine weitere Verstrickung durch eine Antragstellung auch über den VZ 2008 verhindert werden kann. Einzig bei privaten Veräußerungsgeschäften gilt die Antragstellung als Anschaffung (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 9 EStG). Wertzuwächse von Kapitalbeteiligungen werden daher unverändert nur besteuert, wenn einer der in den §§ 17 ________________________ 188 Zur Kritik vgl. 2. Kap. C. II.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Abs. 1 EStG, 23 Abs. 1 S. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 9 EStG genannten Vorgänge verwirklicht wird. Möchte der Anteilseigner hingegen eine Besteuerung künftiger Wertsteigerungen von vornherein verhindern, bietet es sich an, bereits im Zeitpunkt der Einbringung über den Ansatz zu Teil- oder Zwischenwerten nachzudenken. Denn anders als bei der Einbringung oberhalb der Buchwerte darf bei der Besteuerung auf Antrag die übernehmende Kapitalgesellschaft nicht die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter erhöhen. Der Anteilseigner muss die stillen Reserven versteuern, ohne dass die übernehmende Kapitalgesellschaft im Gegenzug ein höheres Abschreibungsvolumen erhält. Das Interesse, einen Antrag auf Besteuerung zu stellen, wird somit auf Fälle beschränkt sein, in denen der Anteilseigner die Möglichkeit hat, Verluste zu verrechnen oder in denen eine Veräußerung der Anteile ansteht und zu erwarten ist, dass der Veräußerungspreis den gemeinen Wert der Anteile übersteigt. Um eine weitere Steuerverhaftung auszuschließen, ist der Anteilseigner189 oder sein Rechtsnachfolger daher jederzeit nach der Einbringung berechtigt, ________________________ 189 Bei Einbringungen von Mitunternehmeranteilen ist umstritten, ob der einzelne Mitunternehmer oder die Mitunternehmerschaft antragsberechtigt ist. Die Entscheidung hängt von der wiederum streitigen Frage ab, wer Anteilseigner der einbringungsgeborenen Anteile ist. § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. geht auf die Person des Einbringenden nicht näher ein. Lediglich wird vorausgesetzt, dass ein Mitunternehmeranteil eingebracht worden sein muss. Auch die weiteren Vorschriften des UmwStG geben keinen Aufschluss darüber, ob Einbringender die Mitunternehmerschaft oder der einzelne Mitunternehmer ist. Beispielsweise stellt § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG a. F. auf den Ansatz des Betriebsvermögens in der Steuerbilanz des eingebrachten Betriebsvermögens ab, also auf die Mitunternehmerschaft, während der Einbringungsgewinn des § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG a. F. ausschließlich die Mitunternehmer selbst betrifft. Zudem lassen sich auch aus der zivilrechtlichen Gestaltung keine Rückschlüsse auf die Person des Einbringenden ziehen. Soll der Betrieb einer Mitunternehmerschaft im Ganzen eingebracht werden, kann entweder die Personengesellschaft unmittelbar das Vermögen auf die Kapitalgesellschaft oder die einzelnen Mitunternehmer ihre Anteile übertragen (Friederichs, in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 12). Werden die einbringungsgeborenen Anteile im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gehalten, sollte jedoch im Einklang mit den bilanziellen Vorgaben von einer Einbringung der Mitunternehmerschaft ausgegangen werden. Auch die Finanzverwaltung, die den einzelnen Mitunternehmer für den Einbringenden hält, muss eingestehen, dass im Falle einer Ausgliederung von Vermögensteilen einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft die Anteile dem Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft zugeordnet werden müssen (BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 20.05). Erst wenn die Gesellschaft nach der Einbringung aufgelöst wird und somit die einbringungsgeborenen Anteile nicht im Vermögen der Mitunter-
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
die in den Anteilen ruhenden stillen Reserven einer Besteuerung zuzuführen. Wird der Antrag gestellt, ist der Anteilseigner so zu stellen, als ob er die Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung veräußert hätte. Hält der Anteilseigner mehrere einbringungsgeborene Anteile derselben Gesellschaft, kann der Antrag auf Besteuerung der Wertsteigerungen einzelner Anteile beschränkt sein.190 Ebenso ist es denkbar, die stillen Reserven eines Anteils nur zum Teil aufzudecken.191 Der Antrag ist an das Wohnsitzfinanzamt des Anteilseigners zu richten. Bereits mit Eingang des Antrags entsteht der Steueranspruch.192 Aus diesem Grund halten es Finanzverwaltung193 und Rechtsprechung194 für unzulässig, Anträge mit steuerlicher Rückwirkung zu stellen. Zudem wird dem Antragsteller verwehrt, einen einmal gestellten Antrag wieder zurückzunehmen.195 Eine Rücknahme soll nur dann statthaft sein, wenn der Antrag mit Wirkung für die Zukunft gestellt wird und die Rücknahme des Antrags vor dem beantragten Vermögensübergang erfolgt.196 Der fiktive Gewinn berechnet sich wie ein Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile (§ 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F.). Dabei tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung und an die Stelle der Veräußerungskosten die Kosten der Antragstellung (§ 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F.). Wie der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt der Einbringung zu ermitteln ist, schreibt das UmwStG a. F. nicht vor. § 1 Abs. 1, 2 BewG lässt aber ________________________
190 191
192 193 194 195 196
nehmerschaft verbleiben, sollte davon ausgegangen werden, dass der einzelne Mitunternehmer als Einbringender anzusehen ist, BFH v. 16.2.1996 – I R 183/94, BStBl. II 1996, 342, 344; Kellner, S. 73; Schaumburg, FR 1995, 211, 221; Schulze zur Wiesche, DStZ 1998, 824, 825; Widmann, in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rn. 427. Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 195; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 207. FG München v. 30.9.1997 – 2 K 2259/94, EFG 1998, 216; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 197; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 208; a. A. Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 42. BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 21.08. BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 21.08. BFH v. 5.3.1986 – I R 203/82, BStBl. II 1986, 625. BFH v. 31.5.2005 – I R 28/04, BStBl. II 2005, 643. Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 197; Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 149; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 42; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 208.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§§ 1–16 BewG) zu. § 9 Abs. 1 BewG legt den allgemeinen Bewertungsmaßstab fest, wonach alle Vermögensgegenstände grundsätzlich mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind. Dabei wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 BewG). Der gemeine Wert nach § 9 Abs. 2 BewG kommt aber dann nicht zur Anwendung, wenn das BewG einen spezielleren Bewertungsmaßstab bereithält (§ 9 Abs. 1 BewG). Ein solcher ist für Wertpapiere und Anteile an Kapitalgesellschaften in § 11 BewG zu finden. Nach § 11 Abs. 1 BewG sind börsennotierte Wertpapiere und Schuldverschreibungen mit dem im amtlichen Handel notierten Kurs anzusetzen. Wenn am Stichtag keine Notierung vorliegt, ist der Wert aus der nächsten 30 Tage zurückliegende Notierung abzuleiten. Ist auch dies nicht möglich oder handelt es sich um Anteile, die nicht an der Börse notiert sind, ist der gemeine Wert entsprechend den Vorgaben des § 11 Abs. 2 S. 2 BewG zu berechnen. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG selbst sieht zwei Methoden der Wertermittlung vor. Vorrangig ist der gemeine Wert aus Anteilsverkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag zurückliegen, abzuleiten. Erst wenn keine Verkäufe unter fremden Dritten innerhalb des zurückliegenden Jahres getätigt worden sind, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln. Im BewG 1991197, das gemäß § 158 Abs. 1 BewG 2007198 für Vermögensübertragungen bis zum 31.12.2006 weiterhin anwendbar bleibt, heißt es hingegen in § 11 Abs. 2 S. 2 BewG 1991, dass der gemeine Wert, sofern sich der Wert nicht aus Verkäufen ableiten lässt, die weniger als ein Jahr zurückliegen, unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen ist. Als Schätzmethode entwickelte die Finanzverwaltung für vermögensteuerliche Zwecke das sog. Stuttgarter Verfahren und wandte dieses später auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sowie bei der Wertermittlung für ertragsteuerliche Zwecke an. ________________________ 197 Bewertungsgesetz (BewG) i. d. F. der Bek. v. 1.2.1991, BGBl. I 1991, 230 zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3794. 198 Bewertungsgesetz (BewG) i. d. F. der Bek. v. 1.2.1991, BGBl. I 1991, 230 zuletzt geändert durch Gesetz v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Das Stuttgarter Verfahren selbst stellt ein Mittelwertverfahren dar, bei dem sich der Wert des Unternehmens aus einem Substanz- und Ertragswert zusammensetzt. Aus dem Wert des Unternehmens folgert man den Wert der Beteiligung. Erst wenn das so gefundene Ergebnis im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu untragbaren Ergebnissen führt, darf die Wertermittlung nicht mehr mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens vorgenommen werden.199 Mit Wirkung ab dem 1.1.2007 schreibt das Gesetz in § 11 Abs. 2 S. 3 BewG 2007 vor, dass der gemeine Wert für ertragsteuerliche Zwecke nicht mehr auf Grundlage des § 11 Abs. 2 S. 2 BewG 1991 ermittelt werden darf. In der Gesetzesbegründung zum SEStEG200 heißt es, § 11 Abs. 2 S. 3 BewG 2007 solle lediglich „klarstellen“, dass Anteile an Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke nicht mehr nach dem Stuttgarter Verfahren zu bewerten seien. Unklar bleibt dreierlei: Erstens ob die in der Gesetzesbegründung aufgestellte Behauptung, das Stuttgarter Verfahren für ertragsteuerliche Zwecke unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr anzuwenden richtig ist, zweitens wie die Anteile ab dem 1.1.2007 zu bewerten sind und drittens welche Auswirkungen der Beschluss des BVerfG vom 7.12.2006, der das Erbschaftsteuerrecht in seiner damaligen Ausgestaltung für verfassungswidrig erklärte und die zum 1.1.2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreform 2008 auf die Ermittlung des gemeinen Werts für einbringungsgeborene Anteile haben. 1. Antragstellung Hierzu ist zwischen den Zeiten der Antragstellung zu unterscheiden. a) Bis zum 31.12.2006 Wird der Antrag auf Besteuerung bis zum 31.12.2006 gestellt, ist der gemeine Wert der einbringungsgeborenen Anteile nach dem BewG 1991 zu ermitteln. Anders als das BewG 2007 sieht das BewG 1991 keine besondere Regelung für ertragsteuerliche Zwecke vor. Dennoch wollen Finanzverwaltung201 und Teile des Schriftums202 das Stuttgarter Verfahren zumindest ab dem 1.1.1993 für ertragsteuerliche Zwecke ________________________
199 BFH v. 17.5.1974 – III R 156/72, BStBl. II 1974, 626; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 228 f. m. w. N. 200 BT-Drs. 16/2710, S. 56. 201 BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 21.06. 202 Hübner, DStR 1995, 1, 5 f.; Wacker, BB 1996, 2224, 2225; Wacker, BB 1998, Beil. 8, 1, 10; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 334.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
nicht mehr anwenden und begründen ihre Ansicht mit einer veränderten Gesetzeslage seit Inkrafttreten des StÄndG 1992. Seither würden die Buchwerte der Vermögensgegenstände aus der Bilanz als Bewertungsmaßstab herangezogen werden, was zu einer signifikanten Unterbewertung der Anteile führe, die im krassen Gegensatz zu der Intention des Gesetzgebers stehe, sämtliche stille Reserven bei einer ertragsteuerlichen Schlussbesteuerung aufdecken zu müssen.203 Diese Erkenntnis kam der Finanzverwaltung allerdings erst drei Jahre nach Inkrafttreten des StÄndG 1992. Dennoch verständigten sich die Steuer-Abteilungsleiter, den gemeinen Wert der Anteile für ertragsteuerliche Zwecke rückwirkend ab dem 1.1.1993 nicht mehr nach § 11 BewG 1991, sondern ausschließlich nach § 9 Abs. 2 BewG zu bewerten. Auch der drei Jahre später ergangene Umwandlungssteuererlass aus dem Jahre 1998 verweist für die Wertermittlung ausschließlich auf § 9 Abs. 2 BewG.204 Da § 9 Abs. 2 BewG für sich gesehen eine Leerformel ist, die nicht beantworten kann, wie Kapitalgesellschaftsanteile konkret zu bewerten sind, stützt sich die Finanzverwaltung auf einen von der OFD Münster in Abstimmung mit der OFD Rheinland erarbeiteten Bewertungsleitfaden. Der mittlerweile in der vierten Fassung vorliegende Leitfaden205 lehnt sich an die vom Hauptausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) entwickelten Grundsätze der Unternehmensbewertung an, dem sog. IDW Standard (IDW S 1 2008).206 Die überwiegenden Stimmen im Schriftum207 halten dagegen die Verwaltung auch für ertragsteuerliche Zwecke an das Stuttgarter Verfahren gebunden. Sie argumentieren zum einen mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen aus Art. 3 Abs. 1 GG und zum anderen mit der Bindungswirkung normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften. ________________________ 203 Das Stuttgarter Verfahren führt zu einer durchschnittlichen Erfassungsquote von rund 65 % des Verkehrswertes, Eisele, in Rössler/Troll, § 11 BewG Rn. 37. 204 BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 21.06. 205 OFD Münster, Bewertung von (Anteilen) an Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke v. 15.11.2007, S 2242-84-St 11-33, ESt-Kartei SH, § 6 EStG Karte 14.1, abrufbar unter: http://www.ofd-muenster.de/die_ofd_ms/aktuelles/pdf/2007 _kapitalgesellschaften_ leitfaden.pdf. 206 IDW Standard Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i. d. F. 2008). 207 Blumers, BB 1998, H. 18, Die erste Seite; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 229; Kusterer, DStR 1998, 319 ff.; Uelner, FS Flick, S. 601 ff.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Neben der Rechtsetzungsgleichheit schreibe Art. 3 Abs. 1 GG die Rechtsanwendungsgleichheit vor, d. h. die gleichmäßige Anwendung der Steuergesetze durch die Finanzbehörden. Wesentlich Gleiches müsse gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden.208 Daraus folge zum einen, dass die vom Gesetzgeber und der Finanzverwaltung getroffenen Regeln für sich der Steuergerechtigkeit im Sinne der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen entsprechen müssen und zum anderen, dass diese Regeln auch einheitlich angewandt werden müssen, um die Gleichheit des Belastungserfolgs zu gewährleisten. Genau letzteres soll aber nicht gewahrt sein, wenn die Finanzverwaltung das in den Erbschaftsteuerrichtlinien (R 96 ff. ErbStR 2003209) abgedruckte Stuttgarter Verfahren für Zwecke der Erbschafts- und Schenkungsteuer anwendet, nicht hingegen für ertragsteuerliche. Darüber hinaus soll sich eine Bindungswirkung auch aus den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts ableiten lassen.210 In der sog. WyhlEntscheidung hat das BVerwG211 für Recht erkannt, dass Verwaltungsvorschriften, die nicht-juristische Inhalte konkretisieren und für eine Vielzahl von Anwendungsfällen konzipiert sind, im Unterschied zu lediglich norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften die Gerichte binden. Unter nichtjuristischen Inhalten versteht das BVerwG technische oder naturwissenschaftliche Kenntnisse, die dazu bestimmt sind, Grenzwerte im Rahmen von Genehmigungsverfahren festzulegen.212 Den Gerichten verbleibt lediglich eine Willkürkontrolle. Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften legen, anders als bloß norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, den materiellen Gehalt der anzuwendenden Norm fest. Um eine solche normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift soll es sich auch beim Stuttgarter Verfahren handeln.213 Der Gesetzeswortlaut in § 11 Abs. 2 S. 2 BewG 1991 schreibt nämlich vor, dass die Exekutive bestimmen soll, wie der gemeine Wert im konkreten Fall zu ermitteln ist. Gesetzlich festgelegt sind lediglich die Grundzüge der Wertermittlung. Der gemeine Wert ist unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen. Da sich die Finanzverwaltung aufgrund gewonnener betriebwirtschaftlicher Erkennt________________________ 208 Birk, Rn. 186. 209 Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 (ErbStR 2003) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts v. 17.3.2003, BStBl. I 2003, Sondernummer 1, 2. 210 Uelner, FS Flick, S. 601, 608 ff. 211 BVerwG v. 19.12.1985 – 7 C 65/82, BVerwGE 72, 300. 212 BVerwG v. 19.12.1985 – 7 C 65/82, BVerwGE 72, 300, 320 ff. 213 Uelner, FS Flick, S. 601, 608 ff.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
nisse entschieden hat, das Stuttgarter Verfahren für die Ermittlung des gemeinen Werts heranzuziehen ohne den Anwendungsbereich einzuschränken, soll sie sich an ihrer einmal getroffenen Entscheidung festhalten lassen müssen. An der Auffassung der Finanzverwaltung ist zunächst zu kritisieren, dass sie gegen den Grundsatz des spezielleren Gesetzes verstößt. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG 1991 ist gegenüber § 9 BewG für die Bewertung nicht notierter Anteile das speziellere Gesetz. Die Anwendung eines Gesetzes kann zudem nicht durch eine Verwaltungsvorschrift ausgeschlossen werden. Trotzdem darf daraus nicht voreilig der Schluss gezogen werden, eine Gleichbehandlung der Anteile habe bei der Erbschaftsteuer und den Ertragsteuern zu erfolgen. Vielmehr ist zu fragen, ob das Vorgehen der Verwaltung mit § 11 Abs. 2 S. 2 BewG 1991 in Einklang zu bringen ist, den gemeinen Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu ermitteln. Die Verletzung des Gleichheitssatzes kann mit Erfolg nur rügen, wer nach der für ihn maßgeblichen Rechtslage einen Anspruch auf die für ihn begehrte Gleichbehandlung hat. Wie bei Gesetzen kann ein solcher Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot überhaupt nur angenommen werden, wenn feststeht, dass die begünstigende Norm für sich genommen rechtmäßig ist und deshalb eine Ausweitung der begünstigten Regelung überhaupt in Betracht kommt. Einen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis vermittelt hingegen der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht. Auf eine Gleichheit im Unrecht darf sich nicht berufen werden,214 weil der Bürger keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung hat.215 Mit Beschluss vom 7.11.2006 hat das BVerfG216 festgestellt, dass die durch § 19 Abs. 1 ErbStG 2003217 angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, da sie an Werte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht genügen. Nach Auffassung des BVerfG verstößt insbesondere die Besteuerung nicht notierter Anteile nach dem Stuttgarter Verfahren gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da sich durch die Übernahme der Steuerwerte ein Wert ergibt, der im Durchschnitt weit unter ________________________ 214 BVerfG v. 17.1.1979 – 1 BvL 25/77, BVerfGE 50, 142, 166; BVerfG v. 28.6.1993 – 1 BvR 390/89, NVwZ 1994, 475. 215 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 437. 216 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1. 217 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i. d. F. der Bek. v. 27.2.1997, BGBl. I 1997, 378 zuletzt geändert durch Gesetz v. 29.12.2003, BGBl. I 2003, 3076 ber. BGBl. I 2004, 69.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
dem Verkehrswert liegt. Die Ungleichbehandlung wird durch die verschiedenen Bilanzierungsmöglichkeiten noch verstärkt. Folglich könnte man sich lediglich auf eine rechtlich unbeachtliche Gleichheit im Unrecht berufen. Auch das weitere Argument der Literatur, die Verwaltung habe ihren Gestaltungsspielraum durch das Stuttgarter Verfahren konkretisiert und dieses auch angewandt, so dass sie sich an dem einmal gewählten Verfahren festhalten lassen müsse, kann nicht überzeugen. Nach dem Stand der Wissenschaft ist der Wert eines Unternehmens nicht (mehr) vorrangig aus den Substanzwerten, wie es überwiegend noch das Stuttgarter Verfahren vorsieht, zu ermitteln. Das Substanzwertverfahren berücksichtigt zu wenig, dass ein Unternehmen eines erfolgreichen Inhabers mehr wert ist als das eines erfolglosen. Der Zweck normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften besteht jedoch gerade darin, die Verwaltung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu binden. Dieser Zweck kann nicht erreicht werden, wenn man bedingungslos an einer einmal getroffenen Entscheidung festhalten muss. Auch kann sich allein die Finanzverwaltung auf das Argument der Einheit der Rechtsordnung berufen. Der II. Senat des BGH hat sich in seiner grundlegenden Entscheidung „Kali & Salz“218 aus dem Jahre 1978 den Überlegungen der Betriebswirtschaftslehre angeschlossen und allein das Ertragswertverfahren zur Feststellung von Unternehmenswerten herangezogen. Zwanzig Jahre später hat derselbe Senat entschieden, dass der Unternehmenswert, der durch den Barwert der zukünftigen Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben gebildet wird, den „theoretisch richtigen Wert“ des Unternehmens darstellt.219 Der gemeine Wert einer Anteilsbeteiligung darf dementsprechend nicht mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens bewertet werden. Im Ausgangspunkt ist sich die Finanzverwaltung220 mit dem IDW221 einig. Der gemeine Wert ist, sofern er nicht aus Verkäufen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr abgeleitet werden kann, nach dem Ertragswertverfahren und nicht aus einer Kombination von Ertragswert und Substanzwert zu ermitteln. Trotzdem bildet der Substanzwert den Mindestwert, so dass eine Bewertung unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten, wie es das Gesetz in § 11 Abs. 2 S. 2 BewG 1991 fordert, noch erfolgt.
________________________ 218 219 220 221
BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, NJW 1978, 1316, 1318. BGH v. 9.11.1998 – II ZR 190/97, NJW 1999, 283. OFD Münster v. 15.11.2007 (2. Kap. Fn. 205), S. 1. WP Handbuch 2008, Bd. II, Abschnitt A Rn. 397.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Schmalenbach222 hat bereits im Jahre 1918 festgestellt: „Alle, die eine Wirtschaftsanlage kaufen oder sich in irgendeiner Form an ihr beteiligen wollen, und alle, die eine Wirtschaftsanlage verkaufen möchten, werden, wenn sie wirtschaftlich denken, von dem Gedanken beherrscht sein: Was kann diese Anlage in Zukunft an Geld bringen?“ Der Entwurf des IDW S 1 ermittelt daher den Wert eines Unternehmens unverändert aus seiner Fähigkeit, zukünftige finanzielle Überschüsse für die Unternehmenseigner zu erwirtschaften. Es wird also prognostiziert, was das Unternehmen in den kommenden Jahren verdient und anhand der Renditeerwartungen der Kapitalgeber wird der Gegenwartswert der zukünftigen Erfolge kalkuliert. Favorisiert wird damit ein barwertorientiertes Bewertungsverfahren. Grundlage der barwertorientierten Verfahren ist die Ermittlung des Unternehmenswerts als auf den Bewertungsstichtag diskontierten Wert der erwarteten zukünftigen finanziellen Überschüsse. Dabei wird von einer unbegrenzten Lebensdauer des Unternehmens ausgegangen. Mathematisch ist der Durchschnittsertrag mit dem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren, wobei der Kapitalisierungsfaktor den Vergleichszins einer Alternativanlage berücksichtigt. Die Finanzverwaltung konnte die Vorgaben des IDW nicht eins zu eins übernehmen, da das Ziel der „richtigen“ Wertfindung mit dem Ziel eines effektiven Gesetzesvollzugs kollidiert. Die Vorgaben mussten mit Hilfe von Pauschalierungen und Typisierungen stark vereinfacht werden. Der Leitfaden der OFD Münster sieht daher vor, den gemeinen Wert mit Hilfe eines sog. vereinfachten Ertragswertverfahrens zu berstimmen. Dem Steuerpflichtigen bleibt es aber unbenommen, diesen Wert mit Hilfe eines wirtschaftswissenschaftlichen Gutachtens zu widerlegen. Auf der ersten Stufe sind die zukünftigen Erträge aus den in der Vergangenheit erzielten Erträgen zu ermitteln. Dem liegt der Gedanke zu grunde, dass die Gegenwart sich aus der Vergangenheit erklärt und die Gegenwart die Basis der Zukunft ist. Anders ist hingegen bei Großbetrieben i. S. v. § 3 BPO 2000 zu verfahren.223 Hier wird vom Steuerpflichtigen eine detaillierte Prognoserechnung erwartet. ________________________ 222 Schmalenbach, ZfhF 1918, 1. 223 Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung, Betriebsprüfungsordnung (BPO) v. 15.3.2000, BStBl. I 2000, 368. Die derzeitigen Größenklassen hat das BMF im Schr. v. 21.9.2006, BStBl. I 2006, 530 veröffentlicht. Ein Handelsbetrieb ist als Großbetrieb einzustufen, wenn Umsatzerlöse von mindestens 6.500.000 Euro oder ein steuerlicher Gewinn von mindestens 250.000 Euro erzielt werden.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Ausgangspunkt für die Ermittlung der zukünftigen Erträge ist das zu versteuernde Einkommen der Gesellschaft der letzten drei bis maximal fünf Jahre. Wie beim Stuttgarter Verfahren sind außerordentliche Aufwendungen und Erträge ebenso wie betriebs- und periodenfremde Elemente zu eliminieren. Nur diejenigen Erträge und Aufwendungen sollen erfasst sein, die zukünftig auch den Erfolg des Unternehmens beeinflussen können, so dass das zu versteuernde Einkommen mit Hilfe von Hinzurechnungen und Kürzungen zu bereinigen ist. Beispielsweise sind Aufwendungen für Sonderabschreibungen dem Ertrag hinzuzurechnen, während einmalige Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen abzuziehen sind. Zudem sind sämtliche Aufwendungen und Erträge aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen zu neutralisieren. Im Anschluss ist der Wert um eine pauschale Steuer bis zum VZ 2007 von 25 % Körperschaftsteuer zzgl. 5,5 % SolZ zu kürzen. Die Summe der Betriebsergebnisse ist im Anschluss durch die Anzahl der einbezogenen Wirtschaftsjahre zu dividieren. Auf der zweiten Stufe der Wertermittlung ist der Durchschnittsertrag zu kapitalisieren. Der Leitfaden bedient sich dabei eines sog. Kapitalisierungsfaktors, dem reziproken Wert224 des Kapitalisierungszinses. Der Kapitalisierungszinssatz repräsentiert die Rendite aus einer zur Investition in das zu bewertende Unternehmen adäquaten Alternativanlage. Er hat stets einem solchen Zins zu entsprechen, den ein Investor bei einer vergleichbaren alternativen Anlageform erzielen könnte. Ausgangspunkt ist der quasi-risikolose Zins, den die Finanzverwaltung für die Wirtschaftsjahre 2005 und 2006 mit 4,6 % ansetzt. Der so genannte (risikolose) Basiszins entspricht dem Zinsniveau für mittel- bis langfristige Kapitalanlagen der öffentlichen Hand. Da der Anteilseigner daneben noch ein unternehmerisches Risiko trägt, ist der Basiszins um einen Risikozuschlag zu erhöhen. Die Finanzverwaltung nimmt für mittlere und kleinere Unternehmen pauschal einen Risikozuschlag von 3,85 % an. Bei Großbetrieben wird vom Steuerpflichtigen eine detaillierte Aufstellung gefordert. Anschließend wird die Ertragsteuerbelastung der ausgeschütteten Erträge pauschal mit 35 % berücksichtigt, was zu einer Erhöhung des Basiszinses um 1,6 % führt. Nachfolgend sind die Liquidationswerte der nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände, wozu insbesondere Beteiligungen an anderen Unternehmen oder nicht für den Betrieb genutzte Grundstücke gehören, dem Wert ________________________ 224 Reziprok bedeutet Kehrwende eines Bruchs. Aus einem Zinssatz von 8 folgt ein Faktor von 12,5. Aus einem Zinssatz von 10 ein Faktor von 10, aus einem Zinssatz von 12,5 ein Faktor von 8 und aus einem Zinssatz von 20 entsprechend ein Faktor von 5.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
wieder hinzuzurechnen. Der so ermittelte Ertragswert ist mit dem Substanzwert zu vergleichen, der die Untergrenze der Wertermittlung festlegt. Der Substanzwert errechnet sich aus dem Eigenkapital laut Handels- bzw. Steuerbilanz zzgl. der in den Wirtschaftsgütern enthaltenden stillen Reserven, wobei oftmals auf die Buchwerte der Steuerbilanz zurückgegriffen wird. Der so errechnete Unternehmenswert stellt für die Verwaltung lediglich eine Hilfe dar, den gemeinen Wert der Beteiligung zu bestimmen. Er sollte vom steuerlichen Berater keinesfalls als Dogma der „richtigen“ Wertermittlung angesehen werden. Vielmehr ist es seine Aufgabe, den im Leitfaden vorhandenen Spielraum zugunsten seines Mandanten voll auszuschöpfen. Der Berater sollte auf die Besonderheiten des Unternehmens hinweisen und beispielsweise erklären können, warum sich der zukünftige Ertrag nicht aus den Erträgen der Vergangenheit ableiten lässt oder ein höherer Risikozuschlag im Rahmen des Kapitalisierungsfaktors gerechtfertigt erscheint. Ein pauschaler Risikozuschlag bedeutet nämlich, dass bei sämtlichen kleinen und mittelgroßen Betrieben das Unternehmensrisiko als gleich hoch angesehen wird. Zweifelsohne sind Unternehmen unterschiedlicher Branchen unterschiedlich hohen Risiken ausgesetzt, und das individuelle Risiko lässt sich nur anhand individueller Kriterien wie der Standortwahl, der Kapitalstruktur oder der Produktpalette ermitteln. Im Einzelfall, so heißt es aber in dem Bewertungsleitfaden, kann ein höherer oder ein niedrigerer Risikozuschlag gerechtfertigt sein. Um einen solchen zu begründen, sollte der Berater weitere Verfahren der Unternehmensbewertung zumindest überschlagsartig heranziehen. Dabei bietet sich bei der Bewertung von freiberuflichen Unternehmungen ein Rückgriff auf die sog. Multiplikatorenmethode an.225 Die in der Gesetzesbegründung zum SEStEG aufgestellte Behauptung, den gemeinen Wert für ertragsteuerliche Zwecke nicht mehr anhand des Stuttgarter Verfahrens bewerten zu müssen, unabhängig davon, in welchem Zeit________________________ 225 Der Wert einer Rechtsanwaltskanzlei errechnet sich nach der Multiplikatorenmethode vereinfacht ausgedrückt um das 0 bis 1,3-fache des Jahresumsatzes zuzüglich eines etwaigen Substanzwerts, Lenzen/Ettmann, BRAK-Mitt. 2005, H. 1, 13. Ausgehend von einem Multiplikator von eins, der ausdrückt, dass sich werterhöhende und wertsenkende Einflussgrößen gleichrangig gegenüberstehen und der good will einem durchschnittlichen Jahresumsatz entspricht, werden qualitative Kriterien in Form von subjektiv gewichteten Zu- und Abschlägen quantifiziert. Beispielsweise wirkt es sich als werterhöhend aus, wenn die Kanzlei mehr als 30 Jahre besteht, die Kanzlei einen breit gestreuten Klientenkreis betreut und für die Mandantenbindung wichtige Mitarbeiter der Kanzlei erhalten bleiben. Wertmindernd wirkt sich hingegen aus, wenn hohe Konkurrenz sich in nächster Umgebung befindet oder die persönliche Beziehung des Rechtsanwalts zu seinen Mandanten als sehr hoch angesehen wird.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
punkt die Besteuerung beantragt wird, stellt sich somit als zutreffend heraus. Sofern kein wirtschaftswissenschaftliches Gutachten vorliegt, ist die Finanzverwaltung berechtigt, den gemeinen Wert mit Hilfe des Leitfadens der OFD Münster zu bestimmen. b) Ab dem 1.1.2007 und bis zum 31.12.2008 Für Anträge, die zwischen dem 1.1.2007 und dem 31.12.2008 gestellt werden, gilt das für die bis zum 31.12.2006 gestellten Anträge Gesagte entsprechend. Änderungen hätten sich nur ergeben, wenn die Finanzverwaltung an das Stuttgarter Verfahren gebunden gewesen wäre. Für Bewertungsstichtage in den Kalenderjahren 2007 und 2008 ergibt sich dabei ein Basiszins von 4,02 % bzw. 4,58 %. Die Körperschaftsteuer ist im VZ 2008 mit 15 % zu bemessen. Dem Anteilseigner ist es verwehrt, den gemeinen Wert nach dem BewG i. d. F. der ErbStRG226 (BewG) bestimmen zu lassen. Anders als bei Erwerben von Todes wegen227 gilt für Anteilseigner, die ihren Antrag zwischen dem 1.1.2007 und dem Inkrafttreten der Neuregelung stellen, lediglich das alte Recht fort. Der Berater muss daher prüfen, ob es für seinen Mandanten günstiger ist, die Besteuerung vor oder nach Inkrafttreten der Neuregelung zu beantragen. c) Ab dem 1.1.2009 War die bisherige steuerliche Unternehmensbewertung von der Wahl der Rechtsform und vom Grundsatz der Einzelbewertung geprägt, wird ab dem 1.1.2009 die Höhe des Unternehmenswerts unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens ermittelt (vgl. §§ 109, 11 BewG). Es wird nicht mehr an Werte der einzelnen Vermögensgegenstände, sondern ausschließlich an die Ertragsaussichten des Unternehmens angeknüpft. Zudem gibt das ErbStRG die Idee auf, den gemeinen Wert für ertragsteuerliche und erbschaftsteuerliche Zwecke auf unterschiedliche Weise zu bestimmen (vgl. § 11 Abs. 2 BewG). Sofern in den Einzelsteuergesetzen nicht vorgeschrieben ist, wie der gemeine Wert im konkreten Fall zu ermitteln ist, sind allein die Grundsätze des § 11 BewG maßgeblich. Dagegen hält es der Gesetzgeber weiterhin für notwendig, zwischen börsennotierten Anteilen und Anteilen, die nicht an einer deutschen Börse gehandelt werden, zu unterscheiden. Börsennotierte Anteile werden unverändert mit dem niedrigsten am Stichtag notierten Kurs bewertet. Liegt am Stichtag ________________________ 226 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018. 227 Vgl. Art. 3 ErbStRG.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
keine Notierung vor, ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag notierte Kurs heranzuziehen (vgl. § 11 Abs. 1 BewG). Für die restlichen Anteile schreibt § 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BewG vor, dass als Bewertungsmaßstab der gemeine Wert zugrunde zu legen ist, der sich in erster Linie aus Verkäufen unter fremden Dritten ableitet, die weniger als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag zurückliegen. Sind solche zeitnahen Verkäufe nicht getätigt worden, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder mittels einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu bestimmen. Als Mindestwert ist ein nach dem Grundsatz der Einzelbewertung ermittelter Substanzwert anzusetzen. Dem Anteilseigner steht somit ein Wahlrecht zu. Dabei muss er sich jedoch für diejenige Methode entscheiden, die ein fiktiver Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde (§ 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BewG). Im Grundsatz bedeutet dies, dass sich der Anteilseigner auf seine Kosten ein Gutachten eines Sachverständigen einholen muss. Da der Gesetzestext und die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Sicht eines fiktiven Erwerbers abstellen, müsste ein Wirtschaftsprüfer beauftragt werden, die Anteile aus Sicht eines Beraters zu bewerten.228 Was vermutlich als Wohltat gemeint war, wird in der Praxis zu erheblichen Problemen führen. Zwar wird ein Erwerber ein Interesse daran haben, einen möglichst geringen Kaufpreis anzusetzen. Wie aber die Sicht eines fiktiven Erwerbers ermittelt werden soll, wird nicht beantwortet. Dies erscheint umso bedenklicher, als dass der subjektive Unternehmenswert im Unterschied zum objektiven Wert individuelle Konzepte wie die Berücksichtigung von Synergieeffekten gerade mitberücksichtigt. Wie individuelle Faktoren erfasst werden sollen, wenn es dieses Individuum gar nicht gibt, bleibt der Phantasie des Wirtschaftsprüfers überlassen. Auch die Frage, welches Verfahren ein fiktiver Erwerber wählen würde, kann nur anhand objektiver Kriterien bestimmt werden. Ausschlaggebend sollte allein sein, welches Verfahren sich in der Praxis der Unternehmensbewertung in der betreffenden Branche tatsächlich durchgesetzt hat. Aber auch diese Frage wird ein Sachverständiger nicht zweifelsfrei beantworten ________________________ 228 Neben der beratenden Funktion kann der Wirtschaftsprüfer alternativ als neutraler Gutachter oder als Schiedsgutachter beauftragt werden. Die Aufgabe eines neutralen Gutachters ist es, einen objektiven Unternehmenswert zu ermitteln. Als Schiedsgutachter hat der Wirtschaftsprüfer einen Schiedswert im Rahmen seiner Vermittlungsfunktion festzulegen. Nähere Einzelheiten finden sich im WP Handbuch 2002, Bd. II, Abschnitt A, Rn. 31 ff.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
können, zumal die moderne Unternehmensbewertung verschiedene Verfahren miteinander kombiniert, um Nachteile eines einzelnen Verfahrens auszugleichen. Für welches Verfahren sich der Anteilseigner letztendlich entscheiden sollte, hängt von der Frage ab, ob die Finanzbehörde oder der Anteilseigner darlegen und beweisen muss, dass sich ein bestimmtes Verfahren in der Praxis der Unternehmensbewertung tatsächlich durchgesetzt hat. Laut Gesetzesbegründung229 trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der eine andere als die Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren zugrunde legt. Entscheidet sich der Anteilseigner daher dafür, den gemeinen Wert nach dem Ertragswertverfahren zu berechnen, muss die Finanzverwaltung darlegen und beweisen, dass eine andere für nicht-steuerliche Zwecke übliche Methode im konkreten Fall anerkannt und üblich gewesen wäre. Diesen Beweis wird sie in aller Regel nicht erbringen können. Nicht nur das IDW und die ordentliche Gerichtsbarkeit räumen dem Ertragswertverfahren eine herausragende Stellung ein, auch der Steuergesetzgeber dürfte die Wertermittlung nach diesem Verfahren favorisieren.230 Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass üblicherweise zumindest bei Beteiligungen an großen Gesellschaften das Ertragswertverfahren anzuwenden ist.231 Führt eine andere Methode als das Ertragswertverfahren zu einem niedrigeren Wert, wird der Anteilseigner ein Interesse haben, diese zur Wertermittlung heranzuziehen. Der Anteilseigner trägt demgemäß die Darlegungs- und Beweislast. Diese wird ihm insbesondere bei der Bewertung freiberuflicher Unternehmungen nach der Multiplikatorenmethode gelingen können. Auf die in der Gesetzesbegründung erwähnten vergleichswertorientierten Bewertungsverfahren sollte hingegen nicht zurückgriffen werden. Die relativ geringe Anzahl von Transaktionen und der nicht ausreichend große Kapitalmarkt in Deutschland können nur vereinzelt vergleichbare Werte liefern.232 Zudem bleibt gesetzlich ungeklärt, ob das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) auch unter ein Verfahren fällt, das die Ertragsaussichten berücksichtigt, oder ob es als ein anderes anerkanntes Verfahren angesehen werden muss, was den Nachteil der Beweislast mit sich brächte. Da die Wertermittlung nach dem DCF-Verfahren auch auf Grundlage der Ertragsaussichten der Gesellschaft erfolgt, sollte hiervon ausgegangen werden. ________________________ 229 BT-Drs. 16/7918, S. 38. 230 Die Ertragswertmethode ist in § 11 Abs. 2 S. 2 BewG mit den anderen nichtsteuerlichen Methoden mit einem „oder“ verbunden. 231 BT-Drs. 16/7918, S. 38. 232 Barthel, DB 1996, 149, 154.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Darüber hinaus unterscheidet auch der weitere Gesetzeswortlaut in § 11 Abs. 2 BewG zwischen Bewertungsverfahren, die sich auf Ertragaussichten stützen und der Ertragswertermittlung. Auch wird der Unternehmenswert bei Transaktionen mit internationalem Bezug vorrangig nach dem DCFVerfahren bewertet.233 Die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren kann auf zweierlei Wegen erfolgen: durch ein wirtschaftswissenschaftliches Gutachten oder nach dem sog. vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 11 Abs. 2 S. 4, 199 ff. BewG). Das vereinfachte Ertragswertverfahren darf jedoch nur herangezogen werden, wenn der so gefundene Wert nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (§ 199 Abs. 1 BewG). Auf die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Beschränkung des vereinfachten Ertragswertverfahrens auf Klein- und Mittelbetriebe i. S. d. BPO (vgl. § 1 Abs. 3 AntBVBewV-E) wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren verzichtet. Die Frage, wann das vereinfachte Ertragswertverfahren zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt, beantwortet der Gesetzgeber nicht. Die Gesetzesbegründung234 umschreibt vage, dass ein solches Ereignis vorliegen kann, wenn sich aus späteren Erbauseinandersetzungen oder zeitnahen Verkäufen Erkenntnisse über den tatsächlichen Wert des Unternehmens oder der Beteiligung ableiten lassen. Näher konkretisiert wird dies allerdings nicht. Dem Anteilseigner droht damit über Jahre hinweg die Gefahr einer Nachversteuerung, die der Gesetzgeber hätte verhindern können, wenn er festlegt hätte, wann ein solches offensichtlich unzutreffendes Ergebnis besteht. Entscheidet sich der Anteilseigner, seine Anteile nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren bewerten zu lassen, erspart er sich die Aufwendungen für ein mitunter sehr kostspieliges Gutachten. Gleichwohl sollte die Entscheidung nicht voreilig zugunsten des vereinfachten Ertragswertverfahrens getroffen werden, da der Anteilseigner an sich erst feststellen kann, ob sich die Kosten für den Gutachter gelohnt haben, nachdem der Gutachter den Unternehmenswert festgestellt hat. Der Wirtschaftsprüfer sollte daher überschlägig die individuellen Risiken des Unternehmens ermitteln und diese mit dem pauschalen Risikozuschlag des vereinfachten Ertragswertverfahrens vergleichen. Ein Vertreter der Finanzverwaltung235 will hingegen den Gesetzesbefehl dahingehend verstehen, nicht nur dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einzu-
________________________
233 Kußmaul/Pfirmann/Hell/Meyering, BB 2008, 472, 476. 234 BT-Drs. 16/7918, S. 38 f. 235 Mannek, DB 2008, 423, 428.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
räumen, sondern auch der Finanzverwaltung. Gestützt auf den Wortlaut des § 199 Abs. 1 BewG „kann angewendet werden“ soll die Finanzverwaltung den nicht nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Wert nur anerkennen müssen, wenn das vereinfachte Ertragswertverfahren zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Damit stünde einem Finanzbeamten ohne wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung das Recht zu, ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers zu verwerfen. Die fehlenden Kriterien, nach denen der Finanzbeamte seine Entscheidung treffen könnte, zeigen bereits, dass ein Wahlrecht allein dem Steuerpflichtigen zustehen kann. Auch kann das vom BVerfG angeordnete Ziel, den tatsächlichen Wert der Anteile festzustellen, ein Gutachten eines Sachverständigen sicherlich eher gerecht werden als ein Bewertungsverfahren, das mit etlichen Pauschalierungen und Typisierungen arbeiten muss.236 Bei der Frage, ob das vereinfachte Verfahren auch angewendet werden kann, wenn sich für das zu bewertende Unternehmen ein anderes für nichtsteuerliche Zwecke übliches Verfahren durchgesetzt hat, widerspricht sich die Gesetzesbegründung des § 11 Abs. 2 BewG mit § 199 BewG. Nach § 199 BewG ist das vereinfachte Ertragswertverfahren nur anzuwenden, wenn der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft ermittelt wurde. Dagegen heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 2 BewG, dass das vereinfachte Verfahren anstelle der nichtsteuerlichen Verfahren angewendet werden kann, wenn dies im Einzelfall nicht zu unangemessenen Ergebnissen führt.237 Zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung sollte von einem umfassenden Wahlrecht ausgegangen werden.238 Inhaltlich entspricht das vereinfachte Ertragswertverfahren in seiner Grundstruktur dem Ertragswertverfahren des IDW S 1 und lehnt sich stark an den von der OFD Münster erarbeiteten Bewertungsleitfaden an. Die Berechnung des Unternehmenswerts ist von zwei Faktoren abhängig: dem durchschnittlichen Jahresertrag und dem Kapitalisierungszins. Der zukünftig nachhaltig zu erzielende Jahresertrag wird aus den letzten drei vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren ermittelt (§ 201 Abs. 2 S. 1 BewG). § 202 BewG weist in diesem Zusammenhang lediglich auf den Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG hin. Für Kapitalgesellschaften muss hingegen das zu versteuernde Einkommen des § 8 Abs. 1 ________________________ 236 Im Ergebnis ebenso Hannes/Onderka, ZEV 2008, 173, 174; Piltz, DStR 2008, 745, 748. 237 BT-Drs. 16/7918, S. 38 f. 238 A. A. Piltz, DStR 2008, 745, 748.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
KStG maßgeblich sein. Im Einzelfall kann das Wirtschaftsjahr des Bewertungsstichtages mitberücksichtigt werden. Möglich ist nach § 201 Abs. 2, 3 BewG aber auch ein verkürzter Ermittlungszeitraum. Anschließend ist das zu versteuernde Einkommen durch Hinzurechnungen und Kürzungen (§ 202 BewG) von betriebsfremden Aufwendungen oder Erträgen zu bereinigen. Dabei ist im Unterschied zum Bewertungsleitfaden insbesondere zu beachten, dass einerseits die geleisteten betrieblichen Steuern einschließlich der Gewerbesteuer dem Betriebsergebnis hinzuzurechnen sind und andererseits die ertragsteuerliche Belastung des Anteilseigners mit pauschal 30 % (§ 202 Abs. 3 BewG) in Ansatz zu bringen ist. Im Unterschied zum Bewertungsleitfaden schreibt das Gesetz zudem vor, nur einen angemessenen Unternehmenslohn als Aufwand geltend machen zu dürfen. Die Diskussion um die Fremdüblichkeit des Geschäftsführergehalts, wie man sie aus dem Recht der verdeckten Gewinnausschüttungen kennt, wird somit auch im Bewertungsrecht Einzug erhalten.239 Das nicht betriebsnotwendige Vermögen sowie die auf dieses Vermögen entfallenden Erträge und Aufwendungen, sind aus dem Vermögen zu neutralisieren (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f und Nr. 2 Buchst. f BewG). Für die betreffenden Vermögensgegenstände ist ein gesonderter Wert festzustellen. Eine besondere Bewertung ist ebenso für Beteiligungen an anderen Gesellschaften durchzuführen. Die Beteiligung der Obergesellschaft wird wiederum nach denselben Kriterien bewertet wie die Beteiligung des Anteilseigners an der Obergesellschaft bewertet worden wäre. In diesem Punkt weicht das vereinfachte Ertragswertverfahren vom IDW S 1 ab. Während das vereinfachte Ertragswertverfahren bei einer Verlustgesellschaft zumindest den Substanzwert ansetzen würde, zieht das Verfahren des IDW eine konsolidierende Betrachtungsweise vor, die im Ergebnis regelmäßig zu einem niedrigeren Wert führt. Hält der Anteilseigner Verlustbeteiligungen, sollte geprüft werden, ob eine Bewertung nach den herkömmlichen betriebswirtschaftlichen Methoden für seinen Mandanten günstiger wäre. Nach Ermittlung des Durchschnittsertrags ist der Kapitalisierungszinssatz zu berechnen. Dieser ergibt sich zum einen aus dem sog. risikolosen Basiszins, den das BMF jährlich veröffentlicht und einem in § 203 Abs. 1 BewG genannten Zuschlag von 4,5 %. Für die Bewertungsstichtage im Kalenderjahr 2009 ergibt sich dabei ein Basiszins in Höhe von 4,58 %.240 Der reziproke ________________________
239 Hannes/Onderka, ZEV 2008, 173, 175. 240 BMF-Schr. v. 17.3.2009, IV C 2 – S 3102/07/0001, abrufbar unter: http://www. bundesfinanzministerium.de/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/BMF__Schreiben/Verof fentlichungen__zu__Steuerarten/erbschaft__schenkungsteuerrecht/003__a,templateId =raw,property=publicationFile.pdf.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Wert des Kapitalisierungszinses ist mit dem durchschnittlich nachhaltig zu erzielenden Jahresertrag zu multiplizieren. Ebenso wie die Wertermittlung nach dem Bewertungsleitfaden der OFD Münster stellt auch das vereinfachte Bewertungsverfahren bei der Berechnung des Risikozuschlags nicht auf die individuellen Merkmale des Unternehmens oder der Branche ab, sondern ermittelt den Risikozuschlag pauschal. Das unternehmerische Risiko jedes Gesellschafters und jedes Betriebsinhabers wird als gleich hoch angesehen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen forderte der Gesetzesentwurf sogar noch, diese Fehlerquelle auf sämtliche Ertragswertverfahren (vgl. § 11 Abs. 2 S. 4 BewG-E241) zu übertragen. Dagegen hat das Schriftum242 erfolgreich interveniert. Ansonsten wäre die betriebswirtschaftliche Unternehmensbewertung ad absurdum geführt worden. 2. Besteuerungsfolgen Ist der fiktive Veräußerungsgewinn aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert der Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung und den Anschaffungskosten und den Kosten der Antragstellung ermittelt worden, treten nach § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. die Rechtsfolgen ein, die bei einer Veräußerung der Anteile eingetreten wären. a) Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens Wie bei der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen führt die unklare Formulierung des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG zu Problemen, wenn beurteilt werden soll, ob die Einnahmen aus der fiktiven Veräußerung unter das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren zu subsumieren sind. Nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG wird nur der Veräußerungspreis i. S. d. § 16 Abs. 2 EStG zur Hälfte bzw. ab dem VZ 2009 zu 40 % von der Steuer freigestellt, hingegen nicht der Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG. § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. schreibt für die der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge vor, dass die Rechtsfolgen des § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. auch ohne Veräußerung der Anteile eintreten. Gemäß § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der gemeine Wert der Anteile, so dass im Gegensatz zur Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile nicht damit argumentiert werden kann, dass der Veräußerungsgewinn den Veräußerungspreis mitumfasst, da es einen solchen gar nicht ________________________ 241 BT-Drs. 16/7918, S. 13. 242 Geck, DNotZ 2008, 347, 349; Hannes/Onderka, ZEV 2008, 173, 176; Kühnold/ Mannweiler, DStZ 2008, 167, 172; Piltz, DStR 2008, 745, 751.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
gibt.243 Aus diesem Grund lehnen einige Stimmen im Schriftum244 die Anwendung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens ab, vergessen aber mitunter zu prüfen, ob eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG zugunsten der Steuerpflichtigen in Betracht kommt. Eine analoge Anwendung setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Zudem muss zwischen der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen und der Verwirklichung eines Ersatztatbestandes eine vergleichbare Interessenslage bestehen.245 Während man einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung von Veräußerungen einbringungsgeborener Anteile und die der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge vergeblich sucht,246 wird die Planwidrigkeit einer Regelungslücke von Teilen des Schriftums247 abgelehnt. Mit dem StSenkG wurde der Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren vollzogen. Nach dem Grundgedanken des neuen Verfahrens soll eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung des Veräußerungsgewinns dadurch vermieden werden, dass die Erträge aus der Veräußerung der Anteile bei natürlichen Personen nur zur Hälfte besteuert werden. Der Gesetzesentwurf des StSenkG248 sah für einbringungsgeborene Anteile keine spezielle Regelung vor. Erst die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses249 erkannte, dass man durch eine Einbringung eines (Teil-) Betriebs oder Mitunternehmeranteils in den Genuss der hälftigen Steuerbefreiung kommen kann. Näher begründet wurden die eingefügten Regelungen des § 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005 nicht. Demzufolge kann aus den Gesetzesmaterialien zum StSenkG nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber annahm, die Ersatztatbestände des § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. seien vom Anwendungsbereich des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG mitumfasst. Genau dieses lässt sich aber der Gesetzesbegründung des nur ein Jahr später in Kraft getretenen Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG)250 entnehmen. Darin heißt es, dass der neu eingefügte Halbsatz in § 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. a EStG 2005 lediglich klarstellen soll, dass eine volle ________________________
243 A. A. Nacke/Intemann, DB 2002, 756, 759. 244 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 120; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG (StSenkG/UntStFG) Rn. 11.1. 245 Vgl. Larenz/Canaris, S. 198 ff. 246 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 128 m. w. N. 247 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 128 m. w. N. 248 BT-Drs. 14/2683. 249 BT-Drs. 14/3760, S. 2. 250 Entwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz – UntStFG) v. 10.9.2001, BT-Drs. 14/6682, S. 31.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Besteuerungspflicht aus der Veräußerung der Sieben-Jahres-Frist nicht dadurch umgangen werden kann, dass nach der Buchwerteinbringung der Antrag auf Besteuerung (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG a. F.) gestellt wird. Wenn der Gesetzgeber aber nur klarstellen wollte, dass eine volle Besteuerungspflicht besteht, wenn der Antrag vor Ablauf von sieben Jahren gestellt wird, ging er davon aus, dass der Antrag auf Besteuerung bereits nach bisherigem Recht unter die hälftige Steuerbefreiung des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2005 fällt. Die Gegenansicht, die eine planwidrige Regelungslücke verneint, argumentiert mit § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2005. Diese Norm schreibt ausdrücklich vor, dass der Gewinn aus der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung oder eines der Veräußerung gleichgestellten Tatbestandes i. S. d. § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. außer Ansatz bleibt. Da eine ausdrückliche Regelung im KStG vorliege, nicht jedoch im EStG, könne die Lücke ihrer Ansicht nach nicht planwidrig sein.251 Die Aufnahme der Ersatztatbestände im KStG belegt jedoch vielmehr, dass der Gesetzgeber diese im EStG übersehen hat. Er hat sie übersehen, weil die Brühler Empfehlungen ebenso wie das KStG noch auf den Gewinn abstellten und beim EStG nur aus Gründen der besseren Lesbarkeit zwischen dem Veräußerungspreis und den Anschaffungs- und Veräußerungskosten unterschieden wurde. Inhaltlich sollte es jedoch zu keinerlei Änderungen kommen. Darüber hinaus lässt sich den Gesetzesmaterialien auch nicht entnehmen, dass die Ersatztatbestände bei natürlichen und juristischen Personen unterschiedlich behandelt werden sollten. Der Gesetzgeber ging daher irrigerweise davon aus, dass die gleichgestellten Tatbestände vom Anwendungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens mitumfasst waren oder erkannte erst gar nicht, dass vom Halbeinkünfteverfahren auch der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge betroffen sein könnten. Von einer planwidrigen Regelungslücke sollte daher ausgegangen werden. Ein anderes Ergebnis steht im Gegensatz zu rechtsstaatlichen Gedanken. Die schlechte Arbeit des Gesetzgebers darf dem Steuerpflichtigen nicht zur Last gelegt werden. Auf die dem Veräußerungsfall gleichgestellten Vorgänge des § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. finden somit die Regelungen des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG sowie des § 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005 über § 52 Abs. 4d S. 2 EStG entsprechende Anwendung.252 Im Gegenzug entscheidet § 3c Abs. 2 S. 1–4 ________________________ 251 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 128. 252 Nacke/Intemann, DB 2002, 756, 759 sprechen sich sogar für eine direkte Anwendung des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG 2005 aus.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 8a EStG über die Höhe der abzugsfähigen Anschaffungs- und Veräußerungskosten. b) Steuerstundung Die auf den fiktiven Veräußerungsgewinn entfallende Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer kann gemäß § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. zinslos gestundet werden. Die Steuer darf in jährlichen Teilbeträgen von mindestens je einem Fünftel entrichtet werden, sofern die Entrichtung der Steuer sichergestellt (§§ 222 ff. AO) ist. Die Höhe der gestundeten Steuer beläuft sich höchstens auf 80 % der zu zahlenden Steuer. Die erste Teilzahlung ist bereits mit der Fälligkeit der Steuer für das Jahr der Verwirklichung des der Veräußerung gleichgestellten Vorgangs zu entrichten.253 Die Stundung endet kraft Gesetzes, wenn vor Ablauf des Stundungszeitraums die Anteile veräußert werden, die Kapitalgesellschaft, an der die einbringungsgeborenen Anteile bestehen, aufgelöst und abgewickelt oder das Kapital der Gesellschaft herabgesetzt und an den Anteilseigner zurückgezahlt wird (§ 21 Abs. 2 S. 5, 6 UmwStG a. F.). Gleiches gilt, wenn eine inländische Kapitalgesellschaft, an der einbringungsgeborene Anteile bestehen, auf eine Personengesellschaft verschmolzen, formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt oder aber auf ihren Alleingesellschafter als natürliche Person verschmolzen wird (§ 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG a. F.). 3. Anschließende Veräußerung Nach der Antragstellung verlieren die Anteile ihren Status der Einbringungsgeborenheit. Anteile des Betriebsvermögens sind jedoch weiterhin im vollen Umfang steuerverstrickt. Für Anteile, die im Privatvermögen gehalten werden, werden Wertzuwächse, die in den Anteilen nach der Antragstellung entstanden sind, nur besteuert, wenn entweder die Anteile innerhalb eines Jahres nach Antragstellung veräußert werden (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 3 EStG) oder es sich bei den veräußerten Anteilen um eine qualifizierte Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG handelt. Für eine Besteuerung nach § 17 Abs. 1 EStG ist es ausreichend, wenn der Anteilseigner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % unmittelbar oder mittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt war.254 Maßgeblich ist der nominelle Anteil am Grund- oder Stammkapital, der um eigene Anteile der Gesellschaft zu kürzen ist und nicht wie ________________________ 253 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 261. 254 Gosch, in Kirchhof, § 17 EStG Rn. 30.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
im UmwStG die Höhe der Stimmrechte.255 Darüber hinaus sind dem Veräußerer diejenigen Anteile zuzurechnen, deren wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs. 2 AO) er ist.256 Wirtschaftliches Eigentum kann auch an einer Beteiligung bestehen, an der der betreffende Steuerpflichtige nur eine Unterbeteiligung hält. Die Beteiligung wird zugerechnet, wenn der Unterbeteiligte nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung der Kapitalgesellschaft verbundenen wesentlichen Vermögens- und Verwaltungsrechte ausüben und diese im Konfliktfall auch effektiv durchsetzen kann.257 Bei der Frage, ob eine besteuerungsrelevante Beteiligung vorliegt, werden zum einen die Zeiten mitgerechnet, in denen der Veräußerer noch Anteilseigner der einbringungsgeborenen Anteile gewesen ist258 und zum anderen sämtliche weitere Beteiligungen an der betreffenden Gesellschaft.259 Andernfalls ließe sich die Beteiligungshöhe umgehen, indem man die Anteile aufteilt: Einige Anteile werden im Privatvermögen gehalten, andere im Betriebsvermögen, wieder andere sind einbringungsgeboren, sperrfristbehaftet (§ 22 Abs. 2 UmwStG n. F.) oder verschmelzungsgeboren (§ 13 Abs. 2 UmwStG a. F.). Die bis zum Zeitpunkt der Antragstellung versteuerten Wertsteigerungen erhöhen die Buchwerte bzw. die Anschaffungskosten der nunmehr nach dem UmwStG entstrickten Anteile.260 Dagegen darf die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte der betreffenden Wirtschaftsgüter nicht erhöhen. Der Betrag, um den der Veräußerungspreis die ursprünglichen Veräußerungskosten und den nach § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. anzusetzenden gemeinen Wert der Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung übersteigt, weist den Gewinn (Verlust) aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung aus. Ab dem VZ 1999 wird der Antrag auf Besteuerung hinsichtlich privater Veräußerungsgeschäfte als Anschaffung fingiert (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52 Nr. 39 S. 6 EStG). Im Zeitpunkt der Antragstellung beginnt somit die für private Veräußerungsgeschäfte relevante Frist von einem Jahr erneut zu laufen. Ansonsten werden Wertsteigerungen von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen auch über das Kalenderjahr 2008 von der Einkommensteuer nicht ________________________ 255 256 257 258 259 260
Weber-Grellet, in Schmidt, § 17 EStG Rn. 71. BFH v. 17.2.2004 – VIII R 26/01, BStBl. II 2004, 651. BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004. Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 495. Gosch, in Kirchhof, § 17 EStG Rn. 26. Crezelius, DB 1997, 195 ff.; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 41.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
erfasst. Ein Erwerb der Anteile findet nicht statt, so dass die Neuregelung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 52a Abs. 10 S. 1 EStG nicht zum Zuge kommen kann.
II. Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts Einbringungen können nach § 20 Abs. 3 UmwStG a. F. zu Buch- oder Zwischenwerten vollzogen werden, sofern das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der dem Anteilseigner gewährten (einbringungsgeborenen) Anteilen im Zeitpunkt der Einbringung nicht ausgeschlossen ist. Dementsprechend schreibt § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG a. F. für Vorgänge nach der Einbringung vor, dass ein veräußerungsgleicher Vorgang auch ohne Antrag auf Besteuerung realisiert wird, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland an den stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile zu einem späteren Zeitpunkt entfällt. Wird das Recht der Bundesrepublik, die Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile nach der Einbringung zu besteuern ausgeschlossen, muss der Anteilseigner die stillen Reserven aufdecken, so als ob er die Anteile veräußert hätte. Da dem Anteilseigner tatsächlich aber kein Veräußerungspreis zufließt, ist wiederum der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt des Ausschlusses maßgeblich.261 Das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile wird nach der Einbringung ausgeschlossen, wenn der Bundesrepublik durch zwischenstaatliche Abkommen oder höherrangiges Recht untersagt ist, den Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile zu besteuern.262 Ein solcher Ausschluss liegt vor, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) das Besteuerungsrecht am Veräußerungsgewinn nicht der Bundesrepublik zuweist. Dabei führt die Qualifikation als einbringungsgeborene Anteile nicht automatisch zur Annahme beweglichen Betriebsvermögens. Entscheidend kommt es darauf an, ob die Beteiligung im Privatoder Betriebsvermögen gehalten wurde. Wurde sie im Privatvermögen gehalten, kommt eine Besteuerung nach Art. 13 Abs. 5 OECD-MA in Betracht. Stand sie dagegen im Betriebsvermögen, kann Art. 7 Abs. 2, 13 Abs. 5 OECD-MA einschlägig sein. In der Vergangenheit nahmen Rechtsprechung263 und Finanzverwaltung264 einen Ausschluss des Besteuerungsrechts übereinstimmend an, wenn ein ________________________ 261 262 263 264
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Vgl. 2. Kap. D. I. 1. Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 202. BFH v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630. BMF-Schr. v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076 Rn. 2.6.1 – Betriebsstättenerlass.
D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Anteilseigner, der seine Anteile im Privatvermögen hält, in ein Land verzieht, mit dem Deutschland durch ein DBA vereinbart hat, dass der Sitzstaat der Kapitalgesellschaft (Deutschland) die Veräußerungsgewinne von der Steuer freizustellen hat (vgl. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA265). Gleiches galt bei einbringungsgeborenen Anteilen, die im Betriebsvermögen einer inlandischen Betriebsstätte standen und fortan einer ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen waren (vgl. Art. 7 Abs. 2, 13 Abs. 2 OECD-MA).266 Ob an dieser Auffassung noch festgehalten werden kann, wird gegenwärtig diskutiert.267 Ausgelöst wurde die Diskussion durch zwei Entscheidungen des I. Senat des BFH. Dieser gab mit Urteil vom 28.10.2009268 die Theorie der finalen Betriebsaufgabe auf, nachdem er sich wenige Monate zuvor bereits der parallel laufenden Theorie der finalen Entnahme entledigt hatte269. Die Theorie der finalen Betriebsaufgabe sah vor, dass gewerbliche oder freiberufliche Unternehmer, die ihren bisher im Inland ansässigen Betrieb in einen ausländischen Staat verlegen und von dort aus fortführen, die im Betriebsvermögen angesammelten stillen Reserven – wie bei einer echten Betriebsaufgabe – sofort aufdecken und versteuern müssen.270 Eine Betriebsaufgabe wurde fingiert und zwar unabhängig davon, ob der Unternehmer tatsächlich bekundete, seinen Betrieb aufgeben zu wollen. Der I. Senat des BFH begründete die Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung mit einer zum streitentscheidenden Zeitpunkt271 nicht vorhandenen Rechtsgrundlage für eine Sofortbesteuerung. Zudem nahm er an, dass auch keine Notwendigkeit für eine Sofortbesteuerung besteht, weil der Bundesrepublik auch nach dem Wegzug das Besteuerungsrecht an den bis zum Wegzug erwirtschafteten stillen Reserven erhalten bleibt. Seiner Ansicht ________________________ 265 Beispielsweise weichen die von Deutschland mit Argentinien, Bulgarien, Indien, Korea, Sri Lanka und Uruguay abgeschlossenen DBA von Art. 13 Abs. 5 OECDMA ab. Eine ausführliche Übersicht der einzelnen Abkommensländer findet sich bei Reimer, in Vogel/Lehner, Art. 13 OECD-MA Rn. 225. 266 BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175. 267 Benecke, IStR 2010, 101; Ditz, IStR 2009, 115; Gosch, BFH/PR 2010, 116 ff.; Köhler, IStR 2010, 337, 339 ff.; Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 265 ff.; Mitschke, DB 2009, 1376 ff.; Prinz, DB 2009, 807 ff.; Schneider/Oepen, FR 2009, 22 ff.; Wassermeyer, IStR 2010, 461 ff. 268 BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08, BFH/NV 2010, 346. 269 BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464; Nichtanwendungserlass durch BMF v. 20.5.2009, BStBl. I 2009, 671. 270 BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175. 271 Seit Einführung des SEStEG besteht auch im EStG eine Entstrickungsklausel in § 4 Abs. 1 S. 3 EStG.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
nach müssen die abkommensrechtlichen Regelungen bei einer Veräußerung der Anteile so ausgelegt werden, dass der Gewinn nach Verursacherbeiträgen und dem Veranlassungsprinzip zwischen der alten und der neuen Betriebsstätte aufzuteilen ist. Auch nach Verlegung der Betriebsstätte bleibt die Möglichkeit des nachwirkenden Besteuerungszugriffs auf die im Inland erwirtschafteten stillen Reserven dem deutschem Fiskus über § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bzw. Nr. 3 EStG erhalten. Anders als in dem vom BFH zu entscheidenden Fall, verfügt das alte UmwStG über eine Rechtsgrundlage für eine sofortige Besteuerung. Ob die Entstrickungsklausel des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG a. F. aber auch die Aufdeckung der stillen Reserven zur Folge hat, ist damit nicht entschieden. Überträgt man die Gedanken der Rechtsprechung zur Aufgabe der Theorie der finalen Betriebsaufgabe auf die Vorschriften des UmwStG, müsste § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG a. F. im Ergebnis faktisch leer laufen, denn ein Besteuerungsausschluss wird durch eine Verlegung der Betriebsstätte in das Ausland gerade nicht begründet. Sollte der Unternehmer seinen Betrieb später verkaufen oder aufgeben, unterliegen die bis zur Betriebsverlegung im Inland erwirtschafteten stillen Rerserven aufgrund des Veranlassungszusammenhangs weiterhin dem inländischen Besteuerungszugriff. Der Vorsitzende des I. Senats des BFH lässt daher auch keinen Zweifel daran, dass er die Rechtsprechung zur Aufgabe der finalen Betriebsaufgabe auch auf Fälle für übertragbar hält, in der eine Entstrickungsnorm kodifiziert ist.272 Ein solches Ergebnis lässt sich nicht nur auf Betriebsverlegungen in das Ausland übertragen, sondern auch auf natürliche Personen als Anteilseigner einbringungsgeborener Anteile, die in das Ausland verziehen. Im Inland bleibt eine beschränkte Steuerpflicht bestehen, durch die der Besteuerungszugriff gesichert ist. Die Finanzverwaltung sieht dagegen die abkommensrechtliche Reichweite der rückwirkenden Besteuerungsmöglichkeit als nicht bestehend an. Weil ihr darüber hinaus auch die Mittel fehlen, die endgültige spätere Entstrickung der Anteile im Ausland zu erkennen, wird sie das Urteil zur Aufgabe der Theorie der finalen Betriebsaufgabe vermutlich auch273 mit einem Nichtanwendungserlass belegen. Ob ein Ausschluss des Besteuerungsrechts in den Fällen einer Betriebsverlegung in das Ausland tatsächlich besteht, hängt von der Frage ab, ob das ________________________ 272 Gosch, BFH/PR 2010, 116 ff. 273 Vgl. den Nichtanwendungserlass zur Aufgabe der Theorie der finalen Entnahme, BMF-Schr. v. 20.5.2009, BStBl. I 2009, 464.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Abkommensrecht der Bundesrepublik verwehrt, die im Inland erwirtschafteten stillen Reserven zu besteuern. Dies ist nach dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA nicht der Fall, denn der (neuen) Betriebsstätte werden nur die Gewinne zugerechnet, die diese auch erwirtschaftet hat. Erwirtschaftet hat die stillen Reserven, die sich bis zur Verlegung im Betriebvermögen gebildet haben, aber noch die alte Betriebsstätte. Daher bleibt der Besteuerungszugriff auf diese der Bundesrepublik unverändert erhalten. Der neuen Betriebsstätte wird nur ein entsprechend geminderter Gewinnanteil zur Besteuerung freigegeben.274 Folglich teilt auch das Abkommensrecht den Gedanken, dass die stillen Reserven nach ihren Verursacherbeiträgen zwischen den Staaten aufzuteilen sind. Dies gilt zumindest bei einer Verlegung einer Betriebsstätte in das Ausland. Anders kann hingegen der Wegzug einer natürlichen Personen in das Ausland beurteilt werden,275 denn eine dem Art. 7 Abs. 2 OECD-MA entsprechende Vorschrift ist dem Musterabkommen nicht zu entnehmen. Ungeachtet der bestehenden Meinungsverschiedenheiten ist zu beachten, dass die Auswirkungen der neuen Rechtsprechung keineswegs als gefestigt angesehen werden können. Sie sollte daher nur mit Vorbehalt in die praktische Arbeit einfließen.276 Sollte sich die Rechtsprechung des BFH „stabilisieren“, so ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber reagieren und versuchen wird, die Rechtsprechungsänderung mit Hilfe eines neuen Gesetzes „aus den Angeln zu heben“. Geplant ist § 4 Abs. 1 EStG dahingehend zu ändern, dass ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräißerug eines Wirtschaftsgutes insbesondere dann vorliegen kann, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuvor dienendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile bleibt dagegen unstreitig erhalten, wenn die Anteile weiterhin einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet werden können (vgl. Art. 7 Abs. 1 i. V. m. Art. 13 Abs. 2 OECD-MA) oder die Doppelbesteuerung nach Maßgabe der einschlägigen DBA durch Anrechnung der ausländischen Steuer vermieden wird.277
________________________ 274 275 276 277
Becker, DB 1990, 392 mit Hinweis aus Debatin, DB 1989, 1692 ff. Reimer, in Kraft, Art. 13 OECD-MA Rn. 201 ff. Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 266. BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 20.24.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Auch bei einem Wegzug in ein Land, mit dem Deutschland kein DBA abgeschlossen hat, soll es nach ganz überwiegender Ansicht278 zu einem Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts kommen können. Das Besteuerungsrecht am Gewinn aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen soll ausgeschlossen sein, wenn der Veräußerungsgewinn eines nunmehr beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters (vgl. § 1 Abs. 4 EStG, § 2 KStG) nicht mehr zu den steuerpflichtigen inländischen Einkünften des § 49 EStG zählt. Werden Anteile veräußert, die dem Vermögen einer im Inland belegenen Betriebsstätte zugeordnet sind, ist eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns über § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG weiterhin möglich. Anders verhält es sich hingegen, wenn sich die Anteile eines beschränkt Steuerpflichtigen im Privatvermögen befinden. In solchen Fällen darf die Bundesrepublik nicht mehr auf die stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile zugreifen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei den Anteilen um eine qualifizierte Beteiligung i. S. d. § 17 EStG handelt. Ein nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn wird bei der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen gerade nicht erzielt.279 Vielmehr entsteht ein nach § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG, der nicht zu den inländischen Einkünften des § 49 Abs. 1 EStG zählt, denn die spezielleren Normen des UmwStG verdrängen § 17 EStG.280 Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht mit der in § 49 Abs. 2 EStG niedergelegten isolierenden Betrachtungsweise begründen. Diese besagt lediglich, dass im Ausland verwirklichte Besteuerungsmerkmale nicht zu berücksichtigen sind, wenn im Falle ihrer Berücksichtigung keine inländischen Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 EStG mehr angenommen werden können.281 Die Subsumtion unter die Tatbestände des § 49 Abs. 1 EStG muss sonach ausschließlich anhand der im Inland verwirklichten Besteuerungsmerkmale erfolgen.282 Da die Eigenschaft der Einbringungsgeborenheit ein inländi________________________ 278 BT-Drs. 12/4487, S. 44; BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 20.24; Schaumburg, GmbHR 1996, 414, 422 f.; Statzkowski, DB 1996, 399, 400; a. A. Friederichs, in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 167; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 202. 279 BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 20.24; Gosch, in Kirchhof, § 49 EStG Rn. 35; Statzkowski, DB 1996, 399, 400; a. A. Schaumburg, GmbHR 1996, 414, 423; Widmann, FS Wassermeyer, S. 581 f., die beschränkt Steuerpflichtige, die über einen Anteil i. S. d. § 17 EStG verfügen, in den Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG einbeziehen wollen. 280 Vgl. 2. Kap. Fn. 24, 25 sowie 2. Kap. B. I. 281 Haase, Rn. 392. 282 Gosch, in Kirchhof, § 49 EStG Rn. 103.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
sches Besteuerungsmerkmal darstellt, scheidet die Anwendung der isolierenden Betrachtungsweise von vornherein aus.283 Darüber hinaus kann eine Steuerpflicht auch nicht auf den durch das SEStEG neu eingefügten § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. b EStG gestützt werden. Von der Neuregelung sind nur Anteile betroffen, die unter dem Besteuerungsregime des neuen UmwStG entstanden sind.284 Friedrichs und Haritz285 gehen hingegen davon aus, dass das Besteuerungsrecht bei beschränkt Steuerpflichtigen generell nicht ausgeschlossen werden kann. Gewinne aus der Veräußerung sind lediglich vom Katalog des § 49 EStG nicht mitumfasst. Der Bundesrepublik wäre es möglich gewesen, den Gewinn aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen zu besteuern. Eine Einbeziehung der Einkünfte hätte nicht gegen das Willkürverbot verstoßen, das es verbietet, Einkünfte als inländische zu qualifizieren, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt über einen Inlandsbezug verfügen.286 Solange eine Besteuerung möglich ist, könne ihrer Meinung nach begrifflich nicht von einem Ausschluss die Rede sein. Eine Einbeziehung derartiger Fälle in den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG a. F. würde zu einer nicht unbedenklichen Gleichstellung der Formulierungen „ist das Besteuerungsrecht ausgeschlossen“ mit „ist die Anteilsveräußerung steuerpflichtig“ führen. Nur in den Fällen, in den es zu einem Ausschluss des Besteuerungsrechts tatsächlich kommt, ist die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Hughes de Lasteyrie du Saillant“287 noch von Bedeutung. Im März 2004 entschied der EuGH hinsichtlich der französischen Wegzugsbesteuerung, dass der in Art. 43 EGV [Art. 49 AEUV] verankerte Grundsatz der Niederlassungsfreiheit dahingehend auszulegen ist, dass dieser es den Mitgliedstaaten verwehrt, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung einzuführen, wonach noch nicht realisierte Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten zu besteuern sind, wenn eine natürliche Person ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt. Die französische Regelung besteuerte wie § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG a. F. latente Wertsteigerungen von Anteilen bei einer Verlegung des Wohnsitzes in das Ausland. Die Regelung benachteiligt nach Überzeugung des Gerichts einen wegziehenden im Vergleich zu einem ________________________ 283 Statzkowski, DB 1996, 399, 400 f. 284 Gosch, in Kirchhof, § 49 EStG Rn. 35; Kumpf, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rn. 583. 285 Friederichs, in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 167; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 202. 286 Koblenzer, BB 1996, 933. 287 EuGH v. 11.3.2004, Slg. 2004, I-2409 (Hughes de Lasteyrie du Saillant).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
weiterhin im Inland lebenden Steuerpflichtigen, weil bei Ersterem auch Gewinne versteuert werden müssen, die nicht realisiert worden sind. Die französische Regelung stundete zwar die angefallene Steuer, allerdings geschah dies nicht automatisch und nur gegen Sicherheitsleistung. Nach Ansicht des EuGH kommt allein der Pflicht, Sicherheit leisten zu müssen, eine beschränkende Wirkung zu. Der Steuerpflichtige werde gehindert, die als Sicherheit geleisteten Vermögenswerte zu nutzen.288 Eine derartige Maßnahme sei daher geeignet, von einem Wegzug in einen anderen Mitgliedstaat abzuhalten.289 Auch könne das Ziel, der Steuerflucht vorzubeugen, die unterschiedliche Behandlung nicht rechtfertigen, da eine allgemeine Vermutung von Steuerflucht oder Steuerhinterziehung nicht auf den Umstand gestützt werden könne, dass eine natürliche Person ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlege.290 Zudem wären nach Ansicht des EuGH weniger einschneidende Maßnahmen denkbar gewesen. Eine solche hätte beispielsweise in der Vornahme der Besteuerung der Wertsteigerungen nur für die Fälle bestanden, in denen die Steuerpflichtigen ihre Anteile nach dem Wegzug innerhalb einer kurzen Zeit tatsächlich veräußern und anschließend wieder in den Wegzugsstaat zurückkehren.291 Da die deutsche Regelung das Schicksal der ausländischen Vorschrift teilt, wenn die Ähnlichkeit der Vorschriften hinreichend groß ist,292 musste auch der deutsche Steuergesetzgeber spätestens seit März 2004 annehmen, dass die Besteuerung fiktiver stiller Reserven beim Wegzug einer natürlichen Person in einen anderen Mitgliedstaat gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Zwei Jahre nachdem das Urteil „Hughes de Lasteyrie du Saillant“ gefällt worden war, passte daher der deutsche Gesetzgeber die Stundungsregelungen den europäischen Vorgaben an. 1. Wegzug in einen EU-Mitgliedstaat oder in den EWR § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG n. F. verweist für Fälle, in denen Deutschland das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile verliert, auf die Vorschrift des § 6 Abs. 5 AStG und erklärt § 6 Abs. 6 und Abs. 7 AStG für entsprechend anwendbar. Liegen die in § 6 Abs. 5 AStG aufgestellten Voraussetzungen vor und wurde die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt, ist die Einkommensteuer zinslos und ohne Sicherheitsleistung zu stunden. ________________________ 288 289 290 291 292
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EuGH v. 11.3.2004, Slg. 2004, I-2409 Rn. 47 (Hughes de Lasteyrie du Saillant). EuGH v. 11.3.2004, Slg. 2004, I-2409 Rn. 48 (Hughes de Lasteyrie du Saillant). EuGH v. 11.3.2004, Slg. 2004, I-2409 Rn. 51 (Hughes de Lasteyrie du Saillant). EuGH v. 11.3.2004, Slg. 2004, I-2409 Rn. 54 (Hughes de Lasteyrie du Saillant). Sedemund, Rn. 144.
D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
Die Steuer ist gemäß § 6 Abs. 5 AStG zinslos und ohne Sicherheitsleistung zu stunden, wenn der Anteilseigner Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder eines EWR-Staates293 ist, im Zuzugsstaat einer der deutschen unbeschränkten Einkommensteuer vergleichbaren Steuerpflicht unterliegt und die Amtshilfe und die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung der geschuldeten Steuer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zuzugsstaat gewährleistet ist. Letzteres ist durch die Amtshilferichtlinie294 und die Beitreibungsrichtlinie295 in allen Ländern der EU und in den meisten EWR-Staaten der Fall. Die Stundung ist nach § 6 Abs. 5 S. 4 AStG zu widerrufen, soweit die Anteile veräußert oder verdeckt in eine Gesellschaft i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG eingelegt werden oder einer der in § 17 Abs. 4 EStG aufgezählten Tatbestände verwirklicht wird. Entsprechend ist zu verfahren, wenn die Anteile auf eine im Drittland ansässige Person unentgeltlich übergehen oder ein Vorgang eintritt, der nach innerstaatlichem Recht zur Gewinnrealisie________________________ 293 Am 2.5.1992 wurde zwischen der EG und der European Free Trade Association (EFTA) der Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) abgeschlossen. Art. 6 des EWR-Abkommens sieht vor, die Regelungen des Abkommens, die substantiell identisch mit den Regelungen des EG-Vertrags [AEUV] sind, konform mit der Rechtsprechung des EuGH auszulegen, die vor Unterzeichnung des EWR-Abkommens ergangen ist. Mit Blick auf nachfolgende Rechtsprechung des EuGH sieht Art. 106 des EWR-Abkommens ein gemeinsames Komitee vor, dass die Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH beobachten soll. Sollte das Komitee nicht in der Lage sein, eine einheitliche Auslegung zu gewährleisten, sind weitere Verfahrensschritte mit dem Ziel der einheitlichen Vertragsauslegung einzuleiten (vgl. Art. 105 des EWR-Abkommens). Im Ergebnis werden daher aufgrund der einheitlichen Interpretation der Grundfreiheiten des AEU-Vertrags durch das EWR-Abkommen auf die EFTA-Staaten ausgedehnt, die das Abkommen ratifiziert haben. Das EWR-Abkommen ratifiziert haben Island, Norwegen und Liechtenstein, nicht dagegen die Schweiz. 294 Richtlinie des Rates 77/799/EWG v. 19.12.1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Mehrwertsteuer, ABl. L 336 v. 27.12.1977, 15. Umgesetzt durch das Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe im Bereich der direkten Steuern, bestimmter Verbrauchsteuern und der Steuern auf Versicherungsprämien – EG-AmtshilfeG, BGBl. I 1985, 2436 zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. 295 Richtlinie des Rates 76/308/EWG v. 15.3.1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen, ABl. L 306 v. 30.11.1977, 34. Umgesetzt durch das Gesetz zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie – EG-Beitreibungsgesetz v. 10.8.1979 neugefasst durch Bekanntgabe am 3.5.2003, BGBl. I 2003, 659.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
rung führt, wobei insbesondere an die Entnahme der Anteile aus dem ausländischen Betriebsvermögen zu denken ist. Ferner ist die Stundung zu widerrufen, wenn der Anteilseigner oder sein Rechtsnachfolger in ein Drittland verzieht, da durch Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes innerhalb der EU oder des EWR eine der deutschen unbeschränkten Einkommensteuer vergleichbare Steuerpflicht nicht mehr besteht. Die Stundung kann ferner widerrufen werden, wenn der Anteilseigner die ihm durch § 6 Abs. 7 S. 4, 5 AStG auferlegten Mitwirkungspflichten verletzt. So ist der Anteilseigner beispielsweise verpflichtet, dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck eine Veräußerung der Anteile anzuzeigen. Allein der Festsetzung der Einkommensteuer könnte jedoch eine die Freizügigkeit behindernde Wirkung beizumessen sein. Beispielsweise könnte sich durch die Steuerfestsetzung die Kreditwürdigkeit des Steuerpflichtigen mindern.296 Da die Fusionsrichtlinie selbst keine Regelungen über den Zeitpunkt der Umstrukturierung hinaus trifft, kommt wiederum nur ein Verstoß gegen primäres Europarecht und insbesondere gegen die in Art. 49 AEUV normierte Niederlassungsfreiheit in Betracht. Eine solche Einschränkung der Grundfreiheiten scheint jedoch gerechtfertigt zu sein, da der EuGH in der Rechtssache „N“297 unter Hinweis auf das Urteil „Marks & Spencer“298 entschieden hat, dass die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten ein legitimes Ziel darstellt, wenn der Wegzugsstaat lediglich die Besteuerungsgrundlagen feststellt und die Stundung nicht von weiteren Voraussetzungen, insbesondere nicht von einer Sicherheitsleistung, abhängig gemacht wird.299 Auch der BFH300 äußerte sich jüngst dahingehend, dass er § 6 AStG in seinen wesentlichen Grundzügen mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts für vereinbar hält.301 Verlegt eine natürliche Person ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat oder in den EWR, ist die auf den fiktiven Veräußerungsgewinn entfallende Steuer zwar festzusetzen, aber zinslos und ohne Sicherheitsleistung zu ________________________ 296 297 298 299
Lausterer, BB Special 8/2006, 80, 86. EuGH v. 7.9.2006, Slg. 2006, I-7409 (N). EuGH v. 12.12.2005, Slg. 2005, I-10837 (Marks & Spencer). Ausführlich Richter/Escher, FR 2007, 674 ff. Im Ergebnis ebenso Haritz, GmbHR 2007, 169, 171. 300 BFH v. 23.9.2008 – I B 92/08, BFH/NV 2008, 2085; vgl. auch BFH v. 25.8.2009 – I R 88/07 I R 89/07, DStR 2009, 2295. 301 Zu den verbleibenden europarechtlichen Problembereichen, Kraft in Kraft, § 6 AStG Rn. 190 ff.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
stunden. Gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG n. F. darf die Einkommensteuer allerdings noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden sein. Dabei lässt der Wortlaut des § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG n. F. offen, ob eine Stundung von Amts wegen zu erfolgen hat, wenn die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist oder ob der Steuerpflichtige sich durch Einlegung eines Rechtsbehelfs aktiv wehren muss, um die Bestandskraft zu verhindern. Angesichts des eklatanten Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit sollte die Bestimmung so ausgelegt werden, dass die Stundung von Amts wegen zu erfolgen hat.302 Entsteht die Einkommensteuer nach Inkrafttreten des SEStEG, ist die Einkommensteuer von Amts wegen zu stunden. Gleiches gilt, wenn die Steuer am 13.12.2006 noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Die Finanzbehörde muss die Steuer auf den Veräußerungsgewinn nach den Vorgaben des § 6 Abs. 5–7 AStG zinslos und ohne Sicherheitsleistung stunden. Daneben sind die Fälle zu betrachten, in denen ein bestandskräftiger Steuerbescheid am 13.12.2006 vorlag und somit das alte Recht (§ 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F.) – Stundung der Einkommensteuer gegen Sicherheitsleistung und Entrichtung der Steuer in fünf jährlichen Teilbeträgen – anwendbar bleibt. Unstreitig dürfte sein, dass die alte Stundungsregelung gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass die Finanzbehörden bestandskräftige Einkommensteuerbescheide ändern müssen. Entgegen früherer Äußerungen303 erkennt die jüngere Rechtsprechung des EuGH304 die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Rechts- bzw. Bestandskraft auch im Gemeinschaftsrecht als allgemeine Rechtsgrundsätze an. Stets muss zwischen der Bestandskraft des nationalen Verwaltungsaktes und dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts abgewogen werden, wobei grundsätzlich der Bestandskraft Vorrang einzuräumen ist. Nur im Ausnahmefall wiegt der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts schwerer. Dieses ist auch nur in den Fällen denkbar, in denen der Steuerbescheid mit Hilfe von staatlichem Rechtsschutz angefochten worden ist. Weiterhin wird vorausgesetzt, dass bestandskräftige Steuerbescheide nur zu ändern sind, wenn die nationale Behörde überhaupt die Befugnis hat, bestandskräftige Verwaltungsakte zurückzunehmen, das zur Rechtskraft füh________________________
302 Vgl. auch Haritz, GmbHR 2007, 169, 171. 303 EuGH v. 29.4.1999, Slg. 1999, I-2517 (Ciola). 304 EuGH v. 13.1.2004, Slg. 2004, I-837 (Kühne & Heitz).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
rende Urteil des nationalen Gerichts auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht und das letztinstanzliche Gericht es rechtswidrig unterlassen hat, die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen.305 Wird nur eine der Anforderungen nicht erfüllt, darf der bestandskräftige Steuerbescheid nicht mehr geändert werden. Vielmehr bleibt es bei der alten Rechtslage. Die Steuer ist in fünf jährlichen Beträgen zinslos gegen Sicherheitsleistung zu stunden. Der Steuerpflichtige sollte jedoch versuchen, sich auf das von der Europäischen Kommission gegen Deutschland eingeleitete306 Vertragsverletzungsverfahren zu berufen. Aufgrund dieses Verfahrens haben die Leiter der Außensteuerreferate des Bundes und der obersten Finanzbehörden beschlossen, die nach § 6 Abs. 1 AStG seit dem 8.6.2005 entstandene Einkommensteuer zinslos und ohne Sicherheitsleistung von Amts wegen zu stunden. Aufgrund der identischen Interessenlage sollte beantragt werden, die Verwaltungsanweisung auf Fälle des § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG a. F. zu erstrecken. Dabei steht den Steuerpflichtigen das Argument zur Seite, dass die Vorschriften des AStG nur aufgrund der spezielleren Normen307 des UmwStG verdrängt werden. Hinsichtlich des Wegzugs von Gesellschaften (Personen- und Kapitalgesellschaften) entschied der EuGH in der Rechtssache „Daily Mail“308 und bestätigte dies jüngst309, dass die Wegzugsfreiheit kein Bestandteil der Niederlassungsfreiheit ist. Der Gesetzgeber wendet daher zu Recht die Stundungsregelungen des AStG auch nur bei natürlichen Personen an. Verlegt eine Gesellschaft ihren Sitz oder Geschäftsleitung in das Ausland, bleibt daher weiterhin die Stundungsregelungen des § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG a. F. anwendbar.310
________________________ 305 EuGH v. 13.1.2004, Slg. 2004, I-837 (Kühne & Heitz). 306 Mittlerweile ist das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland aufgrund der Gesetzesänderungen eingestellt. In der Statistik der Europäischen Kommission über derzeit (Stand 25.1.2008) anhängige Vertragsverletzungsverfahren ist das betreffende Verfahren nicht mehr verzeichnet (vgl. BT-Drs. 16/8086, Anl. 1). Über eingestellte Vertragsverletzungsverfahren führt die Europäische Kommission keine Statistik. 307 Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 231. 308 EuGH v. 27.9.1988, Slg. 1988, 5483 (Daily Mail). 309 EuGH v. 16.12.2008, Slg. 2008, I-9641 (Cartesio); krit. Schlussantrag des Generalanwalts Maduro v. 22.5.2008 in der Rs. Cartesio, abgedruckt in BeckRs 2008, 70582; Behme/Nohlen, NZG 2008, 496 ff.; Leible/Hoffmann BB 2009, 58 ff. 310 Vgl. hingegen bei Verlegung des Verwaltungssitzes 2. Kap. D. III. 1.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
2. Wegzug in die Schweiz Bei einem Wegzug in die Schweiz gestaltet sich die Rechtslage indes komplizierter, da die Schweiz weder Mitglied der EU ist noch das EWRAbkommen ratifiziert hat. Bei einer Volksbefragung entschied sich die Schweizer Bevölkerung im Jahre 1992 gegen einen Beitritt zum EWR und somit auch gegen die Ausdehnung des Schutzbereichs der Grundfreiheiten. Demzufolge können die Stundungsregelungen des § 27 Abs. 3 Nr. 3 S. 2 UmwStG n. F. i. V. m. § 6 Abs. 5 AStG nicht unmittelbar angewendet werden. Aufgrund bilateraler Abkommen, die die EU mit der Schweiz über die Freizügigkeit der natürlichen Personen geschlossen hat, den sog. Bilateralen I zu denen auch das Freizügigkeitsabkommen gehört,311 halten jedoch gewichtige Stimmen in der Literatur312 die durch das SEStEG neu eingefügten Stundungsregelungen gleichwohl für anwendbar. Die Niederlassungsfreiheit des AEU-Vertrags und das Recht auf Freizügigkeit zur Niederlassung im Sinne der bilateralen Abkommen mit der Schweiz stimmen hinsichtlich der Freizügigkeit natürlicher Personen weitgehend überein, so dass das Vorliegen gleicher Rechte auch beinhalte, dass steuerliche Vorschriften, die gegen die Niederlassungsfreiheit des AEU-Vertrags verstoßen, auch im Hinblick auf das Abkommen mit der Schweiz diskriminierende Wirkung entfalten.313 Art. 16 Abs. 2 S. 1 des Freizügigkeitsabkommens (FZA)314 erklärt hingegen ausdrücklich nur die bis zur Unterzeichnung des Abkommens am 21.6.1999 ergangene Rechtsprechung des EuGH für verbindlich. Die Entscheidung in der Rechtssache „Hughes de Lasteyrie du Saillant“ erging dagegen erst am 11.3.2004 und somit nach Unterzeichnung des Abkommens. Art. 16 Abs. 2 S. 3 FZA erlaubt es dem sog. gemischten Ausschuss, die Auswirkungen der später ergangenen Rechtsprechung durch verbindlichen Beschluss festzustellen. Dies soll jedoch nur bei einer Weiterentwicklung der Rechsprechung des EuGH und nicht bei einer Präzisierung alter Rechtsprechungen erfor________________________ 311 Die Bilateralen I wurden nach langwierigen Verhandlungen im Jahre 1999 unterzeichnet, im Mai 2000 in der Volksabstimmung angenommen und sind am 1.6.2002 in Kraft getreten. Abgedruckt ist das Abkommen hinsichtlich der Freizügigkeit des Personenverkehrs in der Amtlichen Sammlung des Schweizerischen Bundesrechts Nr. 26 v. 2.7.2002, S. 1529. 312 Imhof, ZESAR 2007, 217, 219 ff.; Sedemund, S. 54 ff.; Weigell, IStR 2006, 190 ff. 313 Vertiefend Sedemund, S. 54 ff.; Weigell, IStR 2006, 190 ff. 314 „Soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird hierfür die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt.“
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
derlich sein.315 Entgegen der Ansicht des Baden-Württembergischen Finanzgerichts316 ist es daher durchaus denkbar, dass ein nach Unterzeichnung des Abkommens gefälltes Urteil auch ohne eine ausdrückliche Feststellung des gemischten Ausschusses Anwendung findet. 3. Wegzug in ein Drittland Bei einem Wegzug in ein Drittland bleibt es hingegen bei der alten Rechtslage. Die geschuldete Steuer kann – wie bei der Besteuerung auf Antrag – gemäß § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. in fünf jährlichen Teilbeträgen entrichtet werden. Hierfür muss Sicherheit geleistet werden. Im Vergleich zu den EU-/EWR-Fällen kann damit die Stundung nur unter erschwerten Bedingungen erfolgen. Schraufl317 hält eine solche Vorgehensweise im Einzelfall mit der auch auf Drittlandsachverhalte anwendbaren Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) für unvereinbar. Dies kann jedoch nicht überzeugen, denn Art. 63 Abs. 1 AEUV lässt eine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit bei Drittlandsfällen zu, wenn der Freiheitsbereich aufgrund einer bereits am 31.12.1993 bestehenden einzelstaatlichen oder gemeinschaftlichen Rechtsvorschrift für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern bestanden hat. Die Stundungsregelung des § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG kannte bereits das UmwStG 1969318. Ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit scheidet somit von vornherein aus. Darüber hinaus hat der EuGH die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse als anerkanntes legitimes Ziel und die Amtshilfe- und Beitreibungsrichtlinie als milderes Mittel gegenüber der Stundung gegen Sicherheitsleistung angesehen. Da Deutschland mit vielen Drittstaaten keine mit der Amtshilfe- und Beitreibungsrichtlinie vergleichbaren Regelungen getroffen hat, wäre die Beschränkung daher möglicherweise auch gerechtfertigt. 4. Sonstige Fälle Neben dem Wegzug des Anteilseigners kann das Besteuerungsrecht bekanntlich auch entfallen, wenn ein DBA geändert oder neu abgeschlossen wird, das das Besteuerungsrecht für die Veräußerung der Anteile dem ausländischen Staat zuordnet.319 Zudem ist zu beachten, dass nicht nur ein Wegzug ________________________ 315 316 317 318 319
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Kahil-Wolff/Mosters, EuZW 2001, 5, 7. FG BaWü v. 21.7.2010 – 14 K 1469/10, abrufbar unter juris. Schraufl, PIStB 2007, 122, 126 unter Hinweis auf Art. 26 Abs. 1 und 4 DBA-USA. Vgl. § 18 Abs. 2 S. 3 UmwStG 1969. Vgl. 2. Kap. D. II.
D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
des Anteilseigners eine Besteuerung auslösen kann, sondern auch Erbschaften, Vermächtnisse oder Schenkungen, wenn der Rechtsnachfolger eine im Ausland ansässige Person ist und für den Veräußerungsgewinn kein inländisches Besteuerungsrecht besteht. Ist Rechtsnachfolger eine natürliche Person mit Staatsangehörigkeit eines EU- oder EWR-Staates, wird die Steuer entsprechend den Vorgaben der §§ 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG n. F., 6 Abs. 5 S. 1, S. 3 Nr. 1 AStG zinslos und ohne Sicherheitsleistung gestundet.
III. Auflösung und Abwicklung, Kapitalherabsetzung, Einlagenrückzahlung Eine Besteuerung hat auch in den Fällen zu erfolgen, in denen die Kapitalgesellschaft, an der die einbringungsgeborenen Anteile bestehen, aufgelöst und abgewickelt, ihr Kapital herabgesetzt und an ihre Anteilseigner zurückgezahlt wird oder Einlagen aus dem steuerlichen Einlagenkonto i. S. d. § 27 KStG ausgeschüttet oder zurückgewährt werden (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG a. F.). Wie bei einer Veräußerung stellt auch die Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft die letzte Möglichkeit für den Fiskus dar, auf die stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile zuzugreifen. Wird eine Kapitalgesellschaft aufgelöst (vgl. § 262 AktG, §§ 60 ff. GmbHG) und abgewickelt (§ 264 AktG, §§ 66 ff. GmbHG) gehen mit der Gesellschaft die an ihr bestehenden Anteile unter und damit auch die stillen Reserven, die sich beispielsweise infolge nicht ausgeschütteter Gewinne gebildet haben. Das UmwStG will jedoch nicht sämtliche Ausschüttungen an den Anteilseigner als fiktiven Veräußerungspreis der Anteile ansehen, sondern nur die eigentliche Kapitalrückzahlung einer Veräußerung gleichstellen. Daher schreibt § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG a. F. vor, dass nur derjenige Teil der Ausschüttung steuerlich zu erfassen ist, der nicht zu Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG 2005 führt. Das an den Anteilseigner ausgekehrte Vermögen ist aufzuteilen. Soweit die Ausschüttungen aus Rücklagen der Gesellschaft stammen und es sich nicht um Nennkapitalrückzahlungen oder Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto (§ 27 KStG) handelt, sind die Einnahmen den Kapitaleinkünften zuzurechnen. Alle anderen Ausschüttungen erhöhen den Veräußerungspreis. Ursprünglich war diese Vorgehensweise mit dem körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren begründet.320 Der Anteilseigner sollte im Falle einer Liquidation der Gesellschaft nicht doppelt begünstigt werden: Das Körper________________________ 320 Zu § 17 Abs. 4 EStG Gosch, in Kirchhof, § 17 EStG Rn. 121.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
schaftsteuerguthaben bei Auskehrung thesaurierter Gewinne anrechnen können und zugleich steuerliche Begünstigungen einer Anteilsveräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen in Anspruch nehmen dürfen.321 Daran hielt man auch nach Ablösung des Anrechnungsverfahrens durch das Halbbzw. Teileinkünfteverfahren fest. Nur die eigentliche Kapitalrückzahlung soll einer Veräußerung gleichgestellt sein. 1. Auflösung und Abwicklung der Kapitalgesellschaft Die Rechtsfolgen einer Veräußerung treten demzufolge auch dann ein, wenn die Kapitalgesellschaft, an der die einbringungsgeborenen Anteile bestehen, aufgelöst und abgewickelt wird (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Var. 1 UmwStG a. F.). Im Unterschied zur Parallelvorschrift des § 17 Abs. 4 EStG erfolgt die Besteuerung erst mit der Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft. Da bei Umwandlungen von Kapitalgesellschaften in Form von Verschmelzungen, Spaltungen oder eines Formwechsels der übertragende Vermögensträger nicht abgewickelt wird, scheiden derartige Umstrukturierungen aus dem Anwendungsbereich von vornherein aus.322 Formal wird eine Kapitalgesellschaft durch Beschluss und Eintragung im Handelsregister aufgelöst (§§ 263 AktG, § 65 GmbHG) und nicht durch deren tatsächliche Beendigung.323 Gründe für die Auflösung einer AG können § 262 AktG entnommen werden. Entsprechendes ist in den §§ 60–62 GmbHG für die GmbH zu finden. Zu den wichtigsten Auflösungsgründen zählt, neben der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft, der rechtskräftige Beschluss, mit dem die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, erfolgt die weitere Abwicklung im Wege eines Insolvenzverfahrens. In den übrigen Fällen wird, sofern die Gesellschaft noch über Vermögen verfügt, ein Liquidationsverfahren (vgl. §§ 263 ff. AktG) eingeleitet, an dessen Ende die Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister eingetragen wird (vgl. § 263 AktG). Kommt es zur Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft, ist als fiktiver Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten Vermögens anzusetzen.324 Der Auflösungsgewinn oder -verlust ergibt sich aus der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des ausgekehrten Vermögens und den auf den Anteilseigner anteilig entfallenden Auflösungs________________________
321 Zu § 17 Abs. 4 EStG Gosch, in Kirchhof, § 17 EStG Rn. 121. 322 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 170; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 50. 323 BFH v. 3.6.1993 – VIII R 81/91, BStBl. II 1994, 162. 324 Zu § 17 Abs. 4 EStG Gosch, in Kirchhof, § 17 EStG Rn. 129.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
sowie den Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile. Maßgeblicher Besteuerungszeitpunkt ist der Veranlagungszeitraum, in dem die Auskehrung des Vermögens stattgefunden hat.325 Vor Inkrafttreten des MoMiG326 wurde überwiegend angenommen, dass bei einer Verlegung des Verwaltungssitzes einer inländischen Kapitalgesellschaft in das Ausland (oder umgekehrt bei einer Sitzverlegung einer ausländischen Gesellschaft in das Inland) die Gesellschaft zwingend aufzulösen und abzuwickeln ist.327 Wurde die betriebliche Tätigkeit oder die Verwaltung in das Ausland verlegt, fielen Satzungs- und Verwaltungssitz auseinander, worin ein Satzungsmangel zu sehen war, der zur Löschung der Gesellschaft nach § 144a Abs. 4 FGG [§ 399 FamFG]328 i. V. m. § 60 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG bzw. § 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG führte. Der EuGH brachte jedoch in den Urteilen „Centros“, „Überseering“ und „Inspire Art“ unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich jede rechtliche Behandlung von Gesellschaften durch den Zuzugsstaat am Maßstab der Niederlassungsfreiheit messen lassen muss.329 Fortan war es Deutschland daher nicht mehr gestattet, eine in einem anderen Mitgliedstaat gegründeten Gesellschaft bei Verlegung ihres Verwaltungssitzes nach Deutschland aufzulösen und abzuwickeln.330 Nach der jahrzehntelang herrschenden Sitztheorie wäre hingegen mit der Verlegung des Verwaltungssitzes der Verlust der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft einhergegangen. Um inländische nicht schlechter als ausländische Gesellschaften zu stellen, aber auch um einer möglichen331 Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Cartesio“332 zuvorzukommen, nach der sich möglicherweise auch die rechtliche Behandlung von Gesellschaften durch den Wegzugsstaat an der Niederlassungsfreiheit hätte messen lassen müssen, eröffnet das MoMiG ________________________
325 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 48. 326 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 327 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 48. 328 Das FGG wurde durch das am 1.9.2009 inkraftgetretene Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG, BGBl. I 2008, 2586 ersetzt. Die Regelung des § 144a Abs. 4 FGG findet sich nunmehr in § 399 Abs. 4 FamFG. 329 EuGH v. 9.3.1999, Slg. 1999, I-1459 (Centros); EuGH v. 5.11.2002, Slg. 2002, I-9919 (Überseering); EuGH v. 30.9.2003, Slg. 2003, I-10155 (Inspire Art). 330 BGH v. 13.3.2003 – VII ZR 370/98, BGHZ, 154, 185. 331 Anders aber der EuGH v. 16.12.2008, Slg. 2008, I-9641 ff. (Cartesio) der den Wegzug von Kapitalgesellschaften nicht von der Niederlassungsfreiheit geschützt ansieht. 332 Vgl. den Schlussantrag des GA Maduro v. 22.5.2008 und das Urteil des EuGH v. 16.12.2008, Slg. 2008, I-9641 (Cartesio).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
erstmals inländischen Gesellschaften die Möglichkeit, ihre Rechtsform beizubehalten, wenn diese ihre faktische Tätigkeit in das Ausland verlegt. Zugleich wird ausländischen Unternehmen das Recht eingeräumt, sich unter Beibehaltung ihres ausländischen Verwaltungssitzes als deutsche GmbH zu organisieren. Allerdings setzen die §§ 4a GmbHG, 5 AktG voraus, dass ein deutscher Satzungssitz bestimmt werden muss, der unabhängig vom faktischen Verwaltungssitz belegen sein kann.333 In Erinnerung sollte jedoch bleiben, dass auch nach Verlegung des Verwaltungssitzes die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht einer inländischen Gesellschaft bestehen bleibt. Hierfür ist es ausreichend, wenn entweder der Ort der Geschäftsleitung (Verwaltungssitz) oder der Satzungssitz (§ 11 AO) im Inland verbleibt. 2. Kapitalherabsetzung und Rückzahlung an den Anteilseigner Ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang tritt nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Var. 2 UmwStG a. F. auch dann ein, wenn Nennkapital herabgesetzt und an die Anteilseigner zurückgezahlt wird (§§ 222–236 AktG, §§ 58, 58a GmbHG). Die stillen Reserven müssen aufgedeckt werden, wenn die Kapitalherabsetzung aufgrund eines entsprechenden handelsrechtlich wirksamen Beschlusses und nicht lediglich zum Ausgleich von Verlusten erfolgt ist.334 Eine Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen an die eigene Kapitalgesellschaft, an der die einbringungsgeborenen Anteile bestehen, wird einer Kapitalherabsetzung gleichgestellt, soweit die Kapitalgesellschaft den für die Anteile geleisteten Kaufpreis vom Eigenkapital absetzt.335 Die Rückzahlung eines eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehens wird dagegen nicht als Herabsetzung des Nennkapitals bewertet.336 Ein steuerpflichtiger Herabsetzungsgewinn entsteht, sofern der Rückzahlungsbetrag (gemeiner Wert des zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft) die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile und die Herabsetzungskosten übersteigt. Maßgeblicher Zeitpunkt soll nicht die Zahlung, sondern das Wirksamwerden des Herabsetzungsbeschlusses sein.337 Erreicht der Rückzahlungsbetrag nicht die Höhe der Anschaffungs________________________ 333 334 335 336 337
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Eingehend Hein/Suchan/Geeb, DStR 2008, 2289, 2293 f. BFH v. 29.7.1992 – I R 31/91, BStBl. II 1993, 369. Ausführlich Thiel, DB 1998, 1583. Zu § 17 Abs. 4 EStG Weber-Grellet, in Schmidt, § 17 EStG Rn. 233 f. Zu § 17 EStG BFH v. 29.6.1995 – VIII R 69/93, BStBl. II 1995, 725; BFH v. 26.6.1996 – VIII B 121/95, BFH/NV 1996, 898; a. A. Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 214, der den Besteuerungstatbestand erst mit der Rückzahlung endgültig als verwirklicht ansieht.
D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
kosten, mindern sich lediglich die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile.338 3. Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto Zu einer Gewinnrealisierung kann es nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Var. 3 UmwStG a. F. auch kommen, wenn Eigenkapital aus dem steuerlichen Einlagenkonto (§ 27 KStG) ausgeschüttet wird. Nach der Legaldefinition des § 27 Abs. 1 KStG weist das steuerliche Einlagenkonto alle Einlagen aus, die nicht in das Nennkapital der Gesellschaft geleistet worden sind. Mit der Umstellung des Anrechnungsverfahrens auf das Halbeinkünfteverfahren wurde der positive Endbestand des Einlagenkontos EK 04 zum 31.12.2000 zum Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos erklärt. Soweit der Bestand des steuerlichen Einlagekontos für Ausschüttungen als verwendet gilt, stellt eine derartige Ausschüttung für die Gesellschafter eine Kapitalrückzahlung und somit eine nichtsteuerbare Einnahme dar. Soweit Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Liquidationsverfahren oder im Zusammenhang mit einer Kapitalherabsetzung erfolgen, sind diese bereits durch die ersten beiden Varianten des § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. erfasst. Ein eigenständiger Anwendungsbereich kommt der dritten Variante des § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. demnach nur zu, wenn außerhalb der Liquidation oder einer Kapitalherabsetzung aus dem steuerlichen Einlagekonto ausgeschüttet wird. Sofern Einlagen zurückgezahlt werden, verringern sich die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile. Die Anschaffungskosten mindern sich, weil eine Einlage in das Vermögen der Gesellschaft die Anschaffungskosten des Gesellschafters auf dessen Kapitalanteil auslöst und umgekehrt die Rückgewähr der Einlage die Anschaffungskosten mindert.339 Zu einer Versteuerung kommt es somit auch erst, wenn die Höhe der Ausschüttung die Anschaffungskosten übersteigt.
IV. Verdeckte Einlage Die Rechtsfolgen einer Veräußerung treten schlussendlich nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 UmwStG a. F. auch in den Fällen ein, in denen einbringungsgeborene Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden. Um eine verdeckte Einlage handelt es sich, wenn die Übertragung der einbringungsgeborenen Anteile in das Vermögen der empfangenden Kapitalgesellschaft ________________________ 338 Zu § 17 Abs. 4 EStG BFH v. 29.6.1995 – VIII R 69/93, BStBl. II 1995, 725; vgl. auch 2. Kap. C. II. 3. 339 BFH v. 16.3.1994 – I R 70/92, BStBl. II 1994, 527, 529; BFH v. 19.7.1994 – VIII R 58/92, BStBl. II 1995, 362, 366 f.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
ohne adäquate Gegenleistung erfolgt und die Einlage ihren Grund allein im Gesellschaftsverhältnis des Anteilseigners zu der die verdeckte Einlage empfangende Kapitalgesellschaft hat.340 Wiederum ist eine Stundung entsprechend den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 S. 5, 6 UmwStG a. F. möglich.341 § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 UmwStG a. F. selbst kam erst mit dem StÄndG 1992 in das Gesetz und schloss ein zuvor bestehendes Steuerschlupfloch. Der BFH342 hatte zuvor entschieden, dass in einer verdeckten Einlage mangels Gegenleistung ein unentgeltlicher Vorgang zu sehen ist. Die in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven konnten auf die Kapitalgesellschaft als Rechtsnachfolgerin übergehen. Daher konnte die Versteuerung der stillen Reserven einbringungsgeborener Anteile vor der Gesetzesänderung auf folgende Weise umgangen werden: Die einbringungsgeborenen Anteile wurden in eine Kapitalgesellschaft verdeckt eingelegt, an der der (frühere) Anteilseigner der einbringungsgeborenen Anteile beteiligt ist. Im Anschluss wurde in Höhe des Wertes der verdeckten Sacheinlage eine Ausschüttung an den Anteilseigner vorgenommen, ohne dass aus dem Einlagekonto ausgekehrt werden musste.
V. Ergebnis Auch nach Inkrafttreten des SEStEG müssen die in den einbringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven nicht nur aufgedeckt werden, wenn die Anteile veräußert werden, sondern auch wenn einer der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–4 UmwStG a. F.) verwirklicht wird. Anstelle des Veräußerungspreises tritt der gemeine Wert der Anteile. Die Finanzverwaltung ermittelt diesen bis zum 31.12.2008 mit Hilfe des Bewertungsleitfadens der OFD Münster. Der Anteilseigner hat jedoch die Möglichkeit, den so gefundenen Wert mit Hilfe eines wirtschaftswissenschaftlichens Gutachtens zu widerlegen. Eine Berufung auf die Wertermittlung nach dem Stuttgarter Verfahren ist hingegen ausgeschlossen. Ab dem 1.1.2009 richtet sich die Wertermittlung nach den Vorgaben des ErbStRG. Lässt sich der Wert nicht aus dem Kurswert oder zeitnahen Verkäufen ableiten, ist der Anteilseigner grundsätzlich verpflichtet, den Wert ________________________ 340 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 220. 341 Vgl. 2. Kap. D. I. 2. b). 342 BFH v. 27.7.1988 – I R 147/83, BStBl. II 1989, 271; BFH v. 28.2.1990 – I R 43/86, BStBl. II 1990, 615.
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D. Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge
seiner Beteiligung mit Hilfe eines wirtschaftswissenschaftlichen Gutachtens bestimmen zu lassen (§ 11 Abs. 2 BewG). Der gemeine Wert kann jedoch nach dem sog. vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 11 Abs. 2 S. 4, 199 ff. BewG) ermittelt werden, wenn der so gefundene Wert nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Wann ein solches offensichtlich unzutreffendes Ergebnis vorliegt, verrät das Gesetzgeber nicht. Dem Anteilseigner droht damit über Jahre hinweg die Gefahr einer Nachversteuerung, die der Gesetzgeber hätte verhindern können, wenn er festgelegt hätte, wann ein solches offensichtlich unzutreffendes Ergebnis vorliegt. Zudem bleibt gesetzlich unbeantwortet, ob bei der Gewinnermittlung die Vorschriften des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens Anwendung finden. Gute Argumente sprechen dafür, die im EStG bestehende Gesetzeslücke mit Hilfe einer Analogie zu schließen. Nur auf diesem Wege kann eine vollständige Gleichstellung der Ersatztatbestände mit der Veräußerung der Anteile erreicht werden. Eine gesetzliche Klarstellung wäre hier wünschenswert. Seit der Entscheidung des BFH zur Aufgabe der Theorie der finalen Betriebsaufgabe besteht zwischen der Rechtsprechung und Finanzverwaltung Streit, ob es bei Anwendung der Freistellungsmethode im Falle einer Betriebsverlegung in das Ausland zu einem Ausschluss des Besteuerungsrechts an den im Inland erwirtschafteten stillen Reserven kommt. Nach Ansicht der neueren Rechtsprechung ist dies nicht der Fall, weil für den deutschen Fiskus ein nachträglicher Besteuerungszugriff auf die in der inländischen Betriebsstätte erwirtschafteten stillen Reserven weiterhin möglich ist. Da für den deutschen Fiskus diese Möglichkeit aber faktisch nicht besteht, wird der Gesetzgeber wohl künftig eine gesetzliche Beschränkung oder einen Ausschluss des Besteuerungsrechts fingieren. Bei einem Wegzug natürlicher Personen in das Gemeinschaftsgebiet, den EWR oder die Schweiz ist darüber hinaus zu beachten, dass anstelle der in § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. niedergelegten Stundungsregelung § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG n. F. zur Anwendung kommt. Danach ist die Steuer im Einklang mit den europäischen Vorgaben entsprechend § 6 Abs. 5 AStG zinslos und ohne Sicherheitsleistung zu stunden, sofern die auf den fiktiven Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Hingegen verbleibt es bei einem Wegzug in ein Drittland oder den Wegzug von Gesellschaften bei der alten Rechtslage (§ 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F.). Ebenso ist bei bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden zu verfahren. In der Regel wird der Bestandskraft Vorrang vor der materiellen Rechtslage einzuräumen sein.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen Benötigt eine Gesellschaft neue Geldmittel, beispielsweise weil sie expandieren will, so hat sie verschiedene Möglichkeiten, um an liquide Mittel zu gelangen. Sie kann die in der Gesellschaft entstandenen Gewinne einbehalten, einen Kredit aufnehmen, die Gesellschafter durch Gewährung von Vorrechten zu freiwilligen Zahlungen veranlassen, Dritten stille Beteiligungen einräumen oder ihr Stamm- bzw. Grundkapital erhöhen.
I. Effektive Kapitalerhöhung Die effektive ordentliche343 Kapitalerhöhung erfolgt gegen Einlage durch Ausgabe neuer Anteile. Sie dient dem Zweck, der Gesellschaft einen genau bezeichneten Betrag zusätzlicher Betriebsmittel als Eigenkapital unmittelbar zuzuführen (§§ 182 ff. AktG, § 55 GmbHG). Die alten Gesellschaftsanteile (vgl. z. B. § 15 Abs. 2 GmbHG) behalten ihre Selbständigkeit bei. Hieraus folgt, dass eine Kapitalerhöhung auf das Schicksal der einbringungsgeborenen Anteile grundsätzlich keinen Einfluss hat. Ein anderes Ergebnis ergäbe sich jedoch, wenn stille Reserven von einbringungsgeborenen auf andere Gesellschaftsanteile übersprängen. 1. Wertsteigerungen der neuen Anteile Ist eine Kapitalgesellschaft durch Sacheinlage zu Buch- oder Zwischenwerten gegründet worden, führen spätere Kapitalerhöhungen mit Bareinlagen ohne Zahlung eines hinreichenden Aufgelds zu einer Wertsteigerung der neuen Anteile, da nach der Kapitalerhöhung alle Anteile die stillen und offenen Reserven in gleicher Weise repräsentieren. Aus Sicht des Fiskus besteht somit die Gefahr, dass stille Reserven aus der steuerlichen Verhaftung ausscheiden, ohne dass die Wertsteigerungen der neuen Anteile erfasst werden können. a) Rechtsprechung des BFH zur Wertabspaltung stiller Reserven In der Vergangenheit vertrat daher die Finanzverwaltung die Ansicht, dass der Übergang stiller Reserven, die durch Sacheinlagen i. S. v. § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. entstanden sind, im Rahmen einer Kapitalerhöhung auf neue, nicht durch eine Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. erworbene ________________________ 343 Daneben bestehen bei der AG zwei weitere Möglichkeiten der effektiven Kapitalerhöhung: die bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192–201 AktG) und die Einführung des genehmigten Kapitals (§§ 202–206 AktG).
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
Anteile übergehen, eine Gewinnrealisierung nach § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. auslöst.344 Unter einer Veräußerung i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. ist jedoch eine entgeltliche Übertragung der Gesellschaftsanteile auf einen anderen Rechtsträger zu verstehen.345 Soweit stille Reserven auf neue Anteile desselben Gesellschafters überspringen, findet kein Rechtsträgerwechsel statt, und soweit stille Reserven auf Anteile Dritter übertragen werden, mangelt es an der Entgeltlichkeit, so dass von einer Veräußerung der Anteile nicht die Rede sein kann. Folgerichtig verwarf der I. Senat des BFH346 – auch wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage – die Jahrzehnte alte Auffassung der Finanzverwaltung, war jedoch um einen Ausgleich der gegenläufigen Interessen bemüht. Für ihn stand einerseits fest, dass der Anteilseigner im Zeitpunkt des Überspringens die stillen Reserven nicht versteuern muss, da ihm keinerlei liquide Mittel zugeflossen sind, mit denen er die anfallende Steuer begleichen könnte. Andererseits sollten die beim Einbringungsvorgang nicht aufgedeckten stillen Reserven weiterhin steuerverhaftet bleiben. Das gewünschte Ergebnis wurde über die Annahme einer Wertabspaltung stiller Reserven erzielt. Nach einer Kapitalerhöhung sind auch die neuen Anteile gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. steuerverstrickt, soweit stille Reserven der einbringungsgeborenen Anteile auf sie übergegangen sind. Diese sind erst aufzudecken, wenn die betreffenden Anteile veräußert werden oder ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang eintritt. Der BFH begründet seine Rechtsauffassung mit dem Übergang eines Bezugsrechts. Da das Bezugsrecht von einem Geschäftsanteil abgespalten wird, welcher durch Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. entstanden ist, befindet sich auch das Bezugsrecht im Status der Einbringungsgeborenheit.347 Am Bezugsrecht „kleben“ die auf die neuen Anteile übertragenen stillen Reserven. Auch dem übertragenden Vermögen haftet daher der Status der Einbringungsgeborenheit an. Sofern kein Entgelt für die übergegangenen stillen Reserven entrichtet wird und soweit die übergegangenen stillen Reserven mittelbar auf die einbringungsgeborenen Anteile zurückzuführen ________________________ 344 BMF-Schr. v. 16.6.1978, BStBl. I 1978, 235 Rn. 66. 345 BFH v. 27.7.1988 – I R 147/83, BStBl. II 1989, 271. 346 BFH v. 8.4.1992 – I R 128/88, BStBl. II 1992, 761; BFH v. 8.4.1992 – I R 160/90, BStBl. II 1992, 763; BFH v. 8.4.1992 – I R 162/90, BStBl. II 1992, 764; BFH v. 8.4.1992 – I R 164/90, BFH/NV 1992, 778; BFH v. 8.4.1992 – I R 29/91, BFH/ NV 1993, 137. 347 BFH v. 8.4.1992 – I R 128/88, BStBl. II 1992, 761 762 f.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
sind, werden die neuen Anteile infiziert. Insoweit tritt der Erwerber in die Rechtsposition des Gesellschafters der Altanteile ein (§ 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F.). Die neuen Anteile werden nunmehr als derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile bezeichnet, da sie ihre Existenz von originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen ableiten. Von den originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen wandern stille Reserven auf andere Anteile ab.348 Von weiten Teilen des Schriftums349 wird die höchstrichterliche Rechtsprechung als ergebnisorientierte Kompromisslösung angesehen, die einer systematischen Betrachtung der §§ 20, 21 UmwStG a. F. nicht gerecht werde.350 Vor allem wird darauf hingewiesen, dass auch für die Theorie der Wertabspaltung eine gesetzliche Grundlage fehle.351 Stille Reserven könnten nach § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. nur aufgedeckt werden, sofern Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden würden, die durch Sacheinlage unter dem Teilwert erworben worden seien. Die zu veräußernden derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile sind jedoch gerade nicht durch eine Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. erworben. Zudem könne auch nicht an die Veräußerung der übertragenden stillen Reserven angeknüpft werden, da nach den Grundsätzen der Bilanzierung die stillen Reserven kein losgelöstes eigenständiges Wirtschaftsgut bilden würden, sondern wesentlicher Bestandteil der zu veräußernden Anteile seien.352 Vermutlich knüpft der BFH daher auch nicht an die Veräußerung der Anteile, sondern an die Veräußerung des Bezugsrechts an. Ob ein Bezugsrecht überhaupt als losgelöstes, eigenständiges Wirtschaftsgut i. S. d. § 21 UmwStG a. F. angesehen und somit veräußert werden kann, wird aber bezweifelt.353 Jedenfalls dürfte das Bezugsrecht im Zeitpunkt der Realisierung der stillen Reserven durch Veräußerung der neuen Anteile regelmäßig bereits durch Erfüllung erloschen sein.354 Die Konstruktion des BFH sieht sich daher zu Recht dogmatischen Bedenken ausgesetzt. Darüber hinaus kann auch der Ausgleich der gegenläufigen Interessen nicht vollends überzeugen. Die frühere Auffassung der Finanz________________________ 348 Herzig/Rieck, DStR 1998, 97, 99. 349 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 50; Patt, DStR 1993, 600, 602; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 66. 350 Patt, DStR 1993, 600, 602. 351 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 50; Patt, DStR 1993, 600, 602; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 66. 352 Patt, DStR 1993, 600, 602. 353 Vgl. 2. Kap. G. I. 354 Patt, DStR 1993, 600, 602.
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
verwaltung erfasste nur diejenigen Wertsteigerungen, die sich bis zur Kapitalerhöhung gebildet haben. Nach Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung unterliegen aber auch zukünftige Wertsteigerungen der Besteuerung.355 Schlussendlich wird zu Recht die komplizierte Umsetzung der Rechtsprechung bemängelt.356 Mit Inkrafttreten des SEStEG büßten die Kritiker scheinbar ihr Hauptargument ein. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist nunmehr gesetzlich in § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. kodifiziert. Gleichwohl könnte § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. auch als Argument gegen diese gewertet werden, denn nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. „gelten“357 die betreffenden Anteile insoweit auch als steuerverhaftet, sie „sind“ es aber nicht. Ohne eine spezielle Regelung läge keine Steuerverstrickung vor.358 Bekanntlich werden von der Gesetzesänderung einbringungsgeborene Anteile alten Rechts auch nicht erfasst, so dass der Streit für das Schicksal der einbringungsgeborenen Anteile unverändert Bedeutung hat. Als Zwischenergebnis bleibt somit festzuhalten: § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. kann aufgrund seines eindeutigen Wortlauts nicht in der Weise ausgelegt werden, dass auch derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile steuerverstrickt sind. Werden derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile veräußert, können die stillen Reserven zumindest nicht aufgrund einer unmittelbaren Anwendung des § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. aufgedeckt werden. Anschließend hätte der BFH prüfen müssen, ob eine unbewusst entstandene Gesetzeslücke vorliegt, die durch Gesetzesergänzung zu schließen wäre. Als Instrument der Lückenfüllung wäre eine Analogie in Betracht gekommen. Diese hätte das Ziel haben müssen, § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. auch anzuwenden, wenn die Anteile nicht durch Sacheinlage unter dem Teilwert i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG a. F. bzw. § 23 Abs. 1–4 UmwStG a. F. erworben worden sind, aber stille Reserven von einbringungsgeborenen Anteilen unentgeltlich, d. h. unmittelbar und willentlich im erkennbaren Interesse des ________________________ 355 Vgl. die Beispielsrechnung bei Fratz, DStR 1993, 47 f. Ein Antrag auf Besteuerung der stillen Reserven gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG a. F. sollte seiner Ansicht nach unmittelbar nach der Kapitalerhöhung gestellt werden, sofern mit einem weiteren Anwachsen der stillen Reserven zu rechnen ist. 356 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 51. 357 Genauer gesagt führt die Veräußerung der erhaltenen Anteile innerhalb einer siebenjährigen Frist ab der Einbringung zu einer nachträglichen Besteuerung des Einbringungsgewinns nach § 22 Abs. 1, 2 UmwStG n. F. § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. bestimmt, dass im Falle einer Verlagerung von stillen Reserven sog. „sperrfristbehafteter“ Anteile auf andere Anteile diese insoweit auch als sperrfristbehaftete Anteile gelten. 358 Wüllenkemper, EFG 2007, 1207, 1211.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Gesellschafters, der die Einbringung bewirkt hat, auf die zu veräußernden Anteile übertragen werden. Da sich die Verstrickung der Anteile für den Steuerpflichtigen als belastend erweist, hätte man sich mit der innerhalb der Senate des BFH umstrittenen Frage auseinandersetzen müssen, ob Analogien zu Lasten des Steuerpflichtigen überhaupt zulässig sind. Der I.359 und VIII.360 Senat des BFH nehmen ein Analogieverbot an, während der II.361 und der IV.362 Senat des BFH es vehement ablehnen. Ebenso gegensätzliche Positionen finden sich in den Entscheidungen der Finanzgerichte.363 Dabei verwundert es, dass keiner der Senate den Versuch unternommen hat, den Großen Senat des BFH anzurufen, um die gegenwärtig bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen.364 Vielmehr bekommt der Rechtsanwender das Gefühl, dass die Richter oftmals geneigt waren, einer klaren Positionierung aus dem Weg zu gehen, um eine Vorlage an den Großen Senat des BFH zu vermeiden. Ein ähnlich uneinheitliches und wohl auch unversöhnliches Bild zeichnet sich im Schriftum ab. Auf der einen Seite steht die traditionelle, freiheitswahrende, steuerpositivistische Sichtweise, die entweder das Steuerrecht an sich schon für nicht analogiefähig hält, da normative Erwartungen, die nicht unmittelbar im Gesetzestext ihren Ausdruck gefunden haben, keine Legitimation für einen Eingriff in die Freiheiten und Rechte des Bürgers begründen können365 oder eine Analogie zulasten des Steuerpflichtigen deshalb ablehnen, weil ein derart massiver Eingriff in die Freiheiten und Rechte des ________________________
359 BFH v. 21.7.1999 – I R 141/97, BStBl. II 1999, 832; BFH v. 8.8.2001 – I R 25/00, BStBl. II 2003, 923. 360 BFH v. 8.12.1981 – VIII R 125/79, BStBl. II 1982, 618, 619. 361 BFH v. 14.2.2007 – II R 66/05, BStBl. II 2007, 621. 362 BFH v. 20.10.1983 – IV R 175/79, BStBl. II 1984, 221. 363 FG Köln v. 29.9.2000 – 7 K 4746/99, EFG 2001, 272; FG Hamburg v. 27.10.2004 – VII 247/01, EFG 2005, 359; FG Hess. v. 9.12.2004 – 4 K 3876/01, EFG 2006, 1206; FG Münster v. 10.5.2006 – 1 K 6891/03 Kg, EFG 2006, 1598 halten eine steuerverschärfende Analogie für zulässig. Dagegen lehnt das FG Köln in einer späteren Entscheidung ausdrücklich die Ansicht des FG Köln v. 29.9.2009 in der Entscheidung v. 31.7.2001 – 8 K 5236/99, EFG 2002, 809 ab. Ebenso spricht sich gegen eine steuerverschärfende Analogie das FG RhPf in der Entscheidung v. 19.1.2005 – 1 K 2976/01, EFG 2005, 1707 aus. 364 Crezelius, BB 1984, 1377, 1379 f. weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei der Frage, ob eine Analogie auch zulasten des Steuerpflichtigen möglich ist, um keine Rechtsfrage i. e. S. handelt, da es nicht um die Subsumtion eines Rechtssatzes geht, sondern um die Methode der Rechtsfindung. Doch wenn, wie in unserem Fall die Vorschrift auch der Rechtssicherheit dient, muss eine Anfrage an den Gr. Senat des BFH nach § 11 Abs. 3, 4 FGO aus teleologischen Gründen möglich sein. 365 Flume, StbJb 1964/65, S. 55, 68 f.; Kruse, DStJG 5 (1982), 71, 74 f.
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
Bürgers, wie ihn sonst nur das Strafrecht kennt, voraussetzt, dass der Tatbestand hinreichend klar und deutlich im Gesetz formuliert sein muss (Art. 20 Abs. 3 GG).366 Zudem schwebe, wie Crezelius367 anschaulich formuliert, über jeder Sachverhaltsgestaltung, die versuche, die Besteuerung zu minimieren oder gar zu vermeiden, dass Damoklesschwert der §§ 369 ff. AO. Werde auf einen Sachverhalt ein steuerlicher Tatbestand angewandt, der vom Wortlaut nicht mehr erfasst sei, so werde mittelbar auch das strafrechtliche Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG unterlaufen. Sollte das Gesetz über seinen Wortlaut hinaus durch eine Analogie auf eine Vielzahl von Fällen anzuwenden sein, würde sich die Judikative zudem eine Aufgabe anmaßen, die allein dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Die Gegenansicht, die verstärkt seit der Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e. V. im Jahre 1981 im Schriftum368 und von Teilen der Finanzgerichte369 vertreten wird, hält eine Analogie zulasten des Steuerpflichtigen für möglich, da nur auf diesem Wege dem Willen des Gesetzgebers hinreichend Rechnung getragen werden könne. Dabei greife die Rechtsprechung ihrer Meinung nach keineswegs in die Kompetenz des Steuergesetzgebers ein, sondern handele lediglich nachbessernd im Sinne der gesetzgeberischen Intention und trage somit einen Beitrag zur Verbesserung der steuerrechtlichen Dogmatik und zur Rechtssicherheit bei, den der tagespolitisch geprägte Steuergesetzgeber nicht leisten könne. Zudem sei ihrer Ansicht nach auch keine Norm ersichtlich, die ein Analogieverbot ausdrücklich an das Steuerrecht adressiere. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG lasse sich auch so interpretieren, dass Regelungsabsichten des Gesetzgebers mitumfasst seien. Über die Grenzen der Rechtsfortbildung zu entscheiden, ist allein Aufgabe des BVerfG. Seit der grundlegenden Arbeit von Canaris über „Die Feststellung von Lücken im Gesetz“ besteht über die abstrakten Voraussetzungen des Analogieschlusses weitgehend Einigkeit. Neben der Regelungslücke als einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes muss eine gleich________________________ 366 Crezelius, BB 1984, 1377, 1380; Felix, DStJG 5 (1981), 99 ff.; Friauf, DStJG 5 (1982), 53 ff.; Knobbe-Keuk, FS 75 Jahre RFH-BFH, 303 ff.; Kruse, DStJG 5 (1981), 71 ff.; Pelka, DStJG 5 (1981), 209 ff. 367 Crezelius, BB 1984, 1377, 1380. 368 Schenke, S. 342 ff.; Stolterfoht, DStJG 5 (1981), 271, 273 f.; Tanzer, StuW 1981, 201 ff.; Tipke, StuW 1981, 189 ff.; Tipke, DStJG 5 (1981), 1 ff.; Tipke, in Tipke/ Lang, § 5 Rn. 58 ff.; Walz, DStJG 5 (1981), 381 ff.; Woerner, DStJG 5 (1981), 23 ff. 369 FG Köln v. 29.9.2000 – 7 K 4746/99, EFG 2001, 272; FG Hamburg v. 27.10.2004 – VII 247/01, EFG 2005, 359; FG Hess. v. 9.12.2004 – 4 K 3876/01, EFG 2006, 1206; FG Münster v. 10.5.2006 – 1 K 6891/03 Kg, EFG 2006, 1598.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
gelagerte Interessenlage vorliegen und – als negatives Merkmal – darf ein Analogieverbot nicht bestehen.370 Das BVerfG hat zu beantworten, inwieweit das aus dem Grundsatz nullum crimen sine lege (Art. 103 Abs. 2 GG) gefolgerte strafbegründende oder strafverschärfende Analogieverbot auch auf das Steuerrecht einwirkt. Sollte von diesem Verbot allein das Steuerstrafrecht und nicht das materielle Steuerrecht betroffen sein, müsste zudem die Frage beantwortet werden, wie eng oder weit der in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegte Gesetzesvorbehalt für das Steuerrecht zu verstehen ist. Aus dem Rechtsstaatsgebot folgt nach einhelliger Ansicht nur, dass ein belastender Eingriff in die Sphäre des Bürgers einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Diese Ermächtigung muss nach Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sein, so dass die Eingriffe messbar und in gewissem Umfang für den Bürger voraussehbar und berechenbar sind. Das BVerfG371 konkretisiert in einer Entscheidung aus dem Jahre 1965 die Reichweite des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit. Dieser sei Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips und erfordere im Bereich des Abgabenwesens, dass steuerbegründende Tatbestände so bestimmt seien, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast vorausberechnen könne. Weiterhin könne es bedenklich sein, wenn der Steuertatbestand vom Richter neu geschaffen oder ausgeweitet werde.372 Denn das Steuerrecht werde von der Idee der primären Entscheidung des Gesetzgebers über die Steuerwürdigkeit bestimmter generell bezeichneter Sachverhalte getragen und lebe aus dem Diktum des Gesetzgebers.373 Zudem führt das BVerfG374 in seinem Beschluss vom 14.2.1973 aus, dass die Grenzen der Rechtsfortbildung nicht für alle Rechtsgebiete und für alle von ihnen geschaffenen oder beherrschten Rechtsverhältnisse gleichermaßen gelten, was auf ein Verbot einer den Steuerpflichtigen belastenden Analogie hindeutet. Nichtsdestoweniger wird in den Entscheidungen des BVerfG immer wieder die Notwendigkeit betont, dass die Judikative Lücken ausfüllt, um den objektiven Willen des Gesetzgebers zu verwirklichen. ________________________ 370 Canaris, S. 30; Langenbucher, S. 48 ff.; Rüthers/Fischer, Rn. 832; Vogel, S. 133; exemplarisch aus der Rechtsprechung zu einbringungsgeborenen Anteilen BFH v. 7.8.2002 – I R 84/01, BFH/NV 2003, 277. 371 BVerfG v. 14.12.1965 – 1 BvR 571/60, BVerfGE 19, 253, 267. 372 So auch Bühler/Strickroldt, S. 658. 373 BVerfG v. 24.1.1962 – 1 BvR 232/60, BVerfGE 13, 318, 328. 374 BVerfG v. 14.2.1973 – 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269, 286 ff.
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
Im Ergebnis bleiben viele Fragen offen. Es bleibt etwa unklar, was unter der „primären“ Entscheidung des Gesetzgebers zu verstehen ist oder wann von einer Vorausberechnung der Steuer gesprochen werden kann. Der Anteilseigner derivativ erworbener einbringungsgeborener Anteile, der sich gegen die Steuerverstrickung zur Wehr setzen will, muss sich bewusst sein, dass er sein Ziel nur über den Weg nach Karlsruhe erreichen kann. Für die Steuerrechtswissenschaft würde ein Urteilsspruch des BVerfG zweifelsohne das zumindest vorläufige Ende eines jahrzehntelang schwelenden Streits bedeuten und damit in hohem Maße zur Rechtssicherheit beitragen. b) Verhaftungsquote Folgt man der Ansicht des BFH, ist eine Verhaftungsquote derivativ erworbener einbringungsgeborener Anteile zu berechnen. Da nach der Kapitalerhöhung alle Anteile die stillen und offen Reserven der Kapitalgesellschaft in gleicher Weise repräsentieren, wird zu ermitteln sein, ob und in welchem Ausmaß stille Reserven der originär einbringungsgeborenen Anteile auf die durch die Kapitalerhöhung neu entstandenen Anteile übertragen worden sind. Die Rechtsprechung375 berechnet den Nominalbetrag einbringungsgeborener Anteile nach folgender Formel: Der Nominalbetrag einbringungsgeborener Anteile ergibt sich aus dem Nominalbetrag aller Anteile, multipliziert mit dem Wert der Anteile vor der Kapitalerhöhung, dividiert durch den Wert der Anteile nach der Kapitalerhöhung. Zum mathematisch selben Ergebnis gelangt man, wenn allein der Anteil der derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile festgestellt werden soll. Dabei ist zunächst zu fragen, in welcher Höhe stille Reserven der originär einbringungsgeborenen Anteile auf andere Anteile übergehen. Dazu ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert der einbringungsgeborenen Anteile vor und nach der Kapitalerhöhung zu ermitteln. Der Unterschiedsbetrag stellt den Wert der abgespaltenen stillen Reserven von den originär einbringungsgeborenen Anteilen dar. Der Anteil derivativ entstandener einbringungsgeborener Anteile eines Gesellschafters ergibt sich schließlich aus dem Nominalbetrag des nicht originär einbringungsgeborenen Anteils, der mit den übergegangenen stillen Reserven multipliziert und dann durch den Gesamtwert des betreffenden Anteils nach der Kapitalerhöhung dividiert wird.376 ________________________ 375 BFH v. 8.4.1992 – I R 162/90, BStBl. II 1992, 764. 376 Vgl. Berechnungsschema bei Herzig/Rieck, DStR 1998, 97, 101.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Im Schriftum war lange Zeit umstritten, ob sich der Status der Einbringungsgeborenheit auf alle Anteile quotal erstreckt, die durch die Kapitalerhöhung infiziert werden,377 oder ob dem Anteilseigner das Recht verbleibt, selbst zu bestimmen, welche Anteile in vollem Umfang als einbringungsgeborene Anteile zu qualifizieren sind.378 Mittlerweile hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung379 dahingehend geäußert, dass derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile in dem Verhältnis, in dem die übergesprungenen stillen Reserven zum Wert der Anteile stehen, nach § 21 UmwStG a. F. steuerverhaftet sind. Die Steuerverstrickung verteilt sich dabei gleichmäßig auf alle Geschäftsanteile. Werden nur Teile der derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile veräußert, folgt daher zwingend, dass jeder Teilanteil eine gleich hohe Verhaftungsquote aufweist. Somit ist es dem Anteilseigner nicht mehr möglich, selbst zu bestimmen, in welchem Umfang – abweichend von der Verhaftungsquote – derivative bzw. nicht nach § 21 UmwStG a. F. steuerverstrickte Anteile entstehen. Gezielte Zuordnungen von Anteilen, wie sie beispielsweise im Rahmen der Gestaltung der Erbnachfolge bei Familiengesellschaften üblich waren, können demzufolge nicht mehr vorgenommen werden. Der I. Senat des BFH begründet seine Rechtsauffassung mit einer fehlenden gesetzlichen Grundlage für ein derartiges Wahlrecht. An die fehlende gesetzliche Grundlage anzuknüpfen, ist aus Sicht des BFH nur konsequent. Da die Steuerverhaftung selbst aber auch keine gesetzliche Grundlage hat, hätte zusätzlich auf die unentgeltliche Übertragung des Bezugsrechts verwiesen werden können. Danach werden die stillen Reserven auf alle Anteile in gleichem Maße übertragen. c) Anschaffungskosten Veräußert der Anteilseigner seine gesamten oder Teile seiner einbringungsgeborenen Anteile oder tritt ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang ein, stellt sich zudem die Frage, in welcher Höhe die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile angesetzt werden können. Die Anschaffungskosten originär erworbener einbringungsgeborener Anteile leiten sich aus dem Ansatz der Sacheinlage bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG a. F.) ab. Werden originär einbringungsgeborene Anteile unentgeltlich übertragen, wird übereinstimmend angenommen, dass der Rechts________________________ 377 Probst, BB 1992, 1395, 1396. 378 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 45; Herzig/Rieck, DStR 1998, 97, 102. 379 BFH v. 28.11.2007 – I R 34/07, BStBl. II 2008, 533; zustimmend Schmitt/ Schloßmacher, DStR 2009, 828, 830.
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
nachfolger als Anschaffungskosten die ursprünglichen Anschaffungskosten des Rechtsnachfolgers geltend machen kann. Bei derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen ist indes umstritten und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend entschieden, ob der Übergang der stillen Reserven auch zu einer gleichzeitigen anteiligen Übertragung von Anschaffungskosten führt. Ein Teil des Schriftums380 lehnt eine Neuverteilung der Anschaffungskosten ab, da auch der BFH in seinem Urteil aus dem Jahr 1992 ein Rechenbeispiel anführt, bei dem die Anschaffungskosten nicht neu verteilt werden. Hierbei handelt es sich allerdings nur um ein obiter dictum. Andere wollen hingegen die Anschaffungskosten nur dann neu verteilen, wenn das Bezugsrecht unentgeltlich auf Dritte übergeht.381 Schließlich wird noch vertreten, dass eine Neuverteilung der Anschaffungskosten nach einer Kapitalmaßnahme stets zu erfolgen habe.382 Weshalb zwischen einem Übergang auf Dritte und einem auf den Anteilseigner differenziert werden soll, will nicht recht einleuchten. Zuzugeben ist der differenzierenden Ansicht hingegen, dass sich steuerliche Auswirkungen nicht ergeben, wenn der Anteilseigner seine gesamten einbringungsgeborenen Anteile und nicht Teile seiner einbringungsgeborenen Anteile veräußert. Streng nach dem Gedanken des unentgeltlichen Bezugsrechtsübergangs gehen die Anschaffungskosten zunächst auf das Bezugsrecht über und sodann auf die jungen Anteile, so dass auch die Anschaffungskosten nach der Kapitalerhöhung neu zu verteilen sind. Ein Teil der Anschaffungskosten der originär einbringungsgeborenen Anteile geht auf die derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile über. Von den ursprünglichen Anschaffungskosten werden im Verhältnis des angesetzten zum tatsächlichen Wert der Sacheinlage die abgespaltenen stillen Reserven abgezogen und auf die neuen derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile verteilt.383 d) Verfahren Einbringungsgeborene Anteile können somit nicht nur originär durch Sacheinlage unter dem Teilwert entstehen, sondern auch derivativ durch die Abspaltung und den Übergang stiller Reserven von einbringungsgeborenen ________________________ 380 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 46. 381 Probst, BB 1992, 1395, 1396; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 30. 382 Herzig/Rieck, DStR 1998, 97, 103; Wacker, BB 1998, Beil. 8, 1, 10 f. Vgl. auch Stellungnahme des BR zum UmwStG 1995, BT-Drs 12/7263, S. 8 f. Zu § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. Schmitt/Schloßmacher, DStR 2009, 828, 830. 383 Ausführliches Berechnungsschema bei Herzig/Rieck, DStR 1998, 97, 103 (Bsp. 4).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Anteilen auf andere Anteile der Kapitalgesellschaft. Das führt dazu, dass nicht nur die sich bis zur Abspaltung gebildeten stillen Reserven besteuert werden müssen, sondern auch diejenigen Wertsteigerungen, die sich erst nach der Kapitalerhöhung in den Anteilen gebildet haben. Ob es sich bei den Anteilen um derivativ oder originär erworbene einbringungsgeborene Anteile handelt, ist ohne Belang. Die stillen Reserven der derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile sind daher auch erst aufzudecken, wenn die Anteile veräußert werden oder ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang eintritt. Anteilseigner derivativ erworbener einbringungsgeborener Anteile sollten daher die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung umfangreich dokumentieren und langfristig aufbewahren, um einen Streit mit der Finanzverwaltung viele Jahre nach der Kapitalerhöhung zu vermeiden. Die gemeinen Werte der Anteile vor und nach der Kapitalerhöhung können mit Hilfe des Leitfadens der OFD Münster384 ermittelt werden. Ab dem 1.1.2009 sind die Rechtsgrundsätze des ErbStRG385 maßgeblich.386 Unverändert besteht für die Finanzverwaltung nach § 10 der VO zu § 180 Abs. 2 AO die Möglichkeit, Feststellungen über den Grad der Mitverstrickung anderer Anteile und die Höhe der Anschaffungskosten der Anteile zu treffen.387 Im Zeitpunkt der Kapitalmaßnahme sollte von der Finanzverwaltung festgehalten werden, ob und in welchem Umfang im Rahmen der Kapitalerhöhung stille Reserven verlagert worden sind, in welchem Umfang die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile auf andere Anteile übergegangen und in welcher Höhe die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile zu bemessen sind. 2. Wertsteigerungen der Altanteile Während spätere Kapitalerhöhungen gegen Bareinlage ohne Zahlung eines hinreichenden Aufgeldes eine Wertsteigerung der neuen Anteile auslösen können, können umgekehrt Kapitalerhöhungen durch Sacheinlage, die nicht zum Teilwert bewertet werden, bei einer bestehenden Kapitalgesellschaft, die über keine den übertragenden stillen Reserven entsprechenden Reserven verfügt, zu einer Wertsteigerung der alten Anteile an der bestehenden Kapitalgesellschaft führen. Die bei einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlage ohne ________________________ 384 Vgl. 2. Kap. D. I. 1. a). 385 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018. 386 Vgl. 2. Kap. D. I. 1. c). 387 Vgl. zur Anwendbarkeit der VO § 11 S. 3 VO zu § 180 Abs. 2 AO.
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
Zahlung eines hinreichenden Aufgelds geschilderte Problematik ist bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlage eins zu eins übertragbar. Bei der Berechnung der Verhaftungsquote sind die Werte der Anteile vor und nach der Kapitalerhöhung festzustellen. Aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der Sacheinlage und dem Wert der für die Sacheinlage erhaltenen Anteile ergibt sich der Wert der insgesamt abgespaltenen stillen Reserven. Der Anteil derivativ erworbener einbringungsgeborener Anteile berechnet sich daher wie folgt: Aus dem Nominalbetrag der betreffenden Anteile sind die auf den Anteil entfallenden stillen Reserven zu multiplizieren und durch den Gesamtwert des betreffenden Anteils nach der Einbringung zu dividieren.388
II. Nominelle Kapitalerhöhung Wird der Kapitalgesellschaft kein neues Betriebskapital zugeführt, sondern Kapital- oder Gewinnrücklagen in Grundkapital umgewandelt (vgl. §§ 207– 220 AktG), bezeichnet man diesen Vorgang als nominelle Kapitalerhöhung oder auch als Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Bei Kapitalerhöhungen durch Gesellschaftsmittel liegt der tatsächliche Wert der neuen Anteile im Allgemeinen über deren Nennwert, da die vorhandenen stillen Reserven anteilig auch auf die neuen Anteile übertragen werden. Die neuen Anteile sind nach § 21 UmwStG a. F. steuerverstrickt, soweit das Bezugsrecht auf die einbringungsgeborenen Anteile zurückgeht. Im Übrigen ist auf die Ausführungen zur Wertsteigerung der neuen Anteile durch Kapitalerhöhung im Wege einer Bareinlage ohne Zahlung eines hinreichenden Aufgelds zu verweisen.389
III. Gründung einer Kapitalgesellschaft Auch bei Gründungen von Kapitalgesellschaften kann ein Teil der stillen Reserven von originär einbringungsgeborenen Anteile auf andere Anteile überspringen. Dies ist der Fall, wenn ein Teil des Kapitals durch eine Sacheinlage unter dem Teilwert eingebracht wird und ein anderer Teil durch Barmittel, ohne dass ein hinreichendes Aufgeld i. S. d. § 272 Abs. 2 HGB gezahlt wird. Auf die Anteile, die durch Barmittel erworben wurden, werden Teile der einbringungsgeborenen Anteile übertragen. Wiederum ist auf die Ausführungen zur Kapitalerhöhung mit Bareinlage ohne Zahlung eines hinreichenden Aufgelds zu verweisen.390 ________________________
388 Ausführliches Berechnungsbeispiel bei Herzig/Rieck, DStR 1998, 97, 101 (Bsp. 1). 389 Vgl. 2. Kap. E. I. 1. 390 Vgl. 2. Kap. E. I. 1.
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IV. Exkurs: Schenkungsteuer Neben den ertragsteuerlichen sind die schenkungsteuerlichen Folgen von Kapitalmaßnahmen zu beachten. Hierbei ist weniger der Status der Anteile in Form der Einbringungsgeborenheit von Interesse, sondern vielmehr, ob stille Reserven der Altanteile auf Anteile eines anderen Gesellschafters tatsächlich übertragen werden. Der II. Senat des BFH setzte sich im Jahre 2001 mit der Frage auseinander, ob die Übernahme einer Stammeinlage zu einem Preis weit unter dem wirklichen Wert eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG391 des Alt- an den Neugesellschafters darstellt. Nach dem Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.392 Der Gesellschafter der neuen derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile muss daher objektiv durch die freigebige Zuwendung auf Kosten des Anteilseigners der originär einbringungsgeborenen Anteile bereichert worden sein und subjektiv muss sich der Altgesellschafter der Unentgeltlichkeit seiner Leistung bewusst gewesen sein. Der BFH bejaht die Bereicherung des Neugesellschafters auf Kosten des Altgesellschafters, da der Neugesellschafter Geschäftsanteile erworben hat, deren tatsächlicher Wert von Anfang an den Nennwert überstiegen haben und die „Vermögensteile“ von den Anteilen des Altgesellschafters abgespalten worden seien. Die von den Altanteilen abgespaltene Substanz wird dem Anteilseigner der jungen Anteile unmittelbar zugewandt, sofern das Bezugsrecht vom Altgesellschafter auf den Neugesellschafter unentgeltlich übertragen wird. Haben die Altgesellschafter ihr gesetzliches Bezugsrecht393 nicht ausgeübt oder einvernehmlich im Rahmen des Kapitalerhöhungsbeschlusses vereinbart, das Bezugsrecht auszuschließen, ermöglichen sie hiermit, dass die neuen Gesellschafter Anteile zum Nennwert erwerben können, worin eine mittelbare Zuwendung zu sehen ist.394 ________________________
391 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i. d. F. der Bek. v. 27.2.1997, BGBl. I 1997, 378 zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950. 392 BFH v. 20.12.2000 – II R 42/99, BStBl. II 2001, 454; BFH v. 30.5.2001 – II R 6/98, BFH/NV 2002, 26; Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rn. 6, 16. 393 Ehlke, GmbHR 1985, 284, 285; Lutter/Hommelhoff, in Lutter/Hommelhoff, § 55 GmbHG Rn. 17; Priester, in Scholz, § 55 GmbHG Rn. 40; Zöllner, in Baumbach/ Hueck, § 55 GmbHG Rn. 20. 394 Im Ergebnis ebenso Fischer, ErbStB 2004, 159, 160 f.; Gebel, DStR 2003, 622, 625 f. Gottschalk, DStR 2002, 377, 381 f. stellt ausdrücklich klar, dass der Zuwendungsgegenstand im Bezugsrecht und nicht in den Anteilen zu sehen ist. Sofern das
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
Beteiligte der Zuwendung sind daher der Anteilseigner der originär und der derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteile, wobei es sich auch um juristische Personen handeln kann. Sind an dieser natürliche Personen beteiligt, führt die Wertabspaltung nicht zu einer Schenkung an die hinter der Gesellschaft stehenden natürlichen Personen.395 In subjektiver Hinsicht wird von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gefordert, dass die bereichernde Zuwendung von dem Willen des Zuwendenden getragen sein muss, dem neuen Gesellschafter die Anteile unter dem tatsächlichen Preis zu überlassen. Die Zuwendung muss sich aus der Sicht des Altgesellschafters als freigebige Zuwendung darstellen, die Förderung des Neugesellschafters gerade beabsichtigt sein.396 Die Finanzverwaltung397 geht von einer derartigen Absicht aus, wenn Anteilseigner der jungen Anteile Angehörige des Leistenden i. S. v. § 15 AO sind, sonst verwandtschaftliche Beziehungen unter ihnen bestehen oder es sich um Lebenspartner oder Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft handelt. Dem leistenden Gesellschafter bleibt es jedoch unbenommen, Umstände glaubhaft zu machen, nach denen die Leistung ausschließlich zur Förderung des Gesellschaftszwecks erfolgt ist und die Werterhöhung der Anteile anderer Gesellschafter nur in Kauf genommen wurde.398 Der Wille zur unentgeltlichen Leistung fehlt beispielsweise, wenn der Altgesellschafter mit der Zustimmung zur Kapitalerhöhung nicht in erster Linie die Förderung der Mitgesellschafter, sondern eigene geschäftliche Interessen verfolgt.399 Die Wertermittlung bis zum 31.12.2008 ist mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens vorzunehmen. Bei späteren Bewertungsstichtagen sind die Grundsätze des ErbStRG maßgeblich.400 Eine rückwirkende Anwendung des neuen Rechts ist bei Schenkungen unter Lebenden ausgeschlossen (vgl. Art. 3 ________________________
395 396 397 398 399 400
Bezugsrecht nicht unmittelbar auf den neuen Gesellschafter übertragen wird, stellt Gottschalk bei der GmbH auf den Beschluss der Kapitalgesellschaft ab, auf das Bezugsrecht zu verzichten oder es nicht ausüben zu wollen (vgl. § 55 Abs. 2 GmbHG). BFH v. 9.7.2009 – II R 47/07, BStBl. II 2010, 74. Vgl. Meincke, § 7 ErbStG Rn. 11 f.; Moench, in Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rn. 109. R 18 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 S. 1 ErbStR 2003. R 18 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 S. 2 ErbStR 2003. BFH v. 29.10.1997 – II R 60/94, BStBl. II 1997, 832; FG Nds. v. 21.1.1998 – III 120/92, EFG 1998, 828. Vgl. 2. Kap. D. I. 1. c) sowie zu den Begünstigungen für Betriebsvermögen Scholten/ Korezkij, DStR 2009, 73 ff., 147 ff.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Abs. 1 ErbStRG).401 Der Wert der abgespaltenen Substanz ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Wert der originär einbringungsgeborenen Anteile vor und nach der Kapitalerhöhung. Fließen bereits bei der Gründung der Kapitalgesellschaft stille Reserven auf Anteile eines anderen Mitgesellschafters ab, so liegt unter denselben Voraussetzungen ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) vor wie bei einer Kapitalerhöhung gegen zu geringes Aufgeld. Allerdings kann in derartigen Konstellationen unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag als Zuwendungsgegenstand abgestellt werden.402
V. Ergebnis Einbringungsgeborene Anteile können nach der vom BFH entwickelten Theorie der Wertabspaltung auch nach Inkrafttreten des SEStEG entstehen. Der Status der Einbringungsgeborenheit leitet sich aus originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen ab. Im Ergebnis macht es jedoch keinen Unterschied, ob es sich bei den Anteilen um originär oder derivativ erworbene Anteile handelt. Beide unterliegen den Besteuerungsregeln der §§ 21 ff. UmwStG a. F. Derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile treten in die Sperrfrist der originär erworbenen Anteile ein. Bei der Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens bzw. der 95 %-igen Freistellung von der Körperschaft ist zurückzuverfolgen, ob es sich bei den originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen um betriebs- oder anteilseinbringungsgeborene gehandelt hat. Nach wie vor muss sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Recht den Vorwurf gefallen lassen, dass die Theorie der Wertabspaltung nur eine ergebnisorientierte Kompromisslösung sei, die auf keiner hinreichenden gesetz________________________ 401 Nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG kann nur ein Erwerber im Fall eines Erwerbs von Todes wegen, für den die Steuer gemäß § 9 ErbStG nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 entstanden ist, beantragen, dass alle durch das ErbStRG geänderten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes angewendet werden. Die Höhe des persönlichen Freibetrags richtet sich jedoch auch in diesem Fall nach § 16 ErbStG in der bis zum 31.12.2008 anzuwendenden Fassung. Für die Besteuerung bleiben im Übrigen die tatsächlichen Verhältnisse vom Stichtag der Steuerentstehung maßgebend. Damit soll verhindert werden, dass die Erwerber von lebzeitigen Zuwendungen, die vor dem 1.1.2009 ausgeführt werden, von einem Wahlrecht Gebrauch machen, um die günstigeren neueren Bestimmungen auszunutzen, mit der Folge, dass die bereits entrichtete Steuer zu erstatten ist. Insoweit kann nach Ansicht des Gesetzgebers nicht von einem missbräuchlichen Vorgehen ausgegangen werden, BT-Drs. 16/7918, S. 47. 402 Vgl. BFH v. 12.7.2005 – II R 8/04, BStBl. II 2005, 845.
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E. Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen
lichen Grundlage beruhe. Zwar normiert das SEStEG die Rechtsprechungsgrundsätze in § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. Von dieser Regelung sind aber nur Anteile betroffen, auf die stille Reserven von Anteilen übertragen werden, die unter dem Besteuerungsregime des UmwStG n. F. entstanden sind. Ob die im alten UmwStG bestehende Gesetzeslücke mit Hilfe einer Analogie geschlossen werden kann, ist mit der in der Steuerrechtswissenschaft ungelösten Frage verbunden, ob Analogien zu Lasten des Steuerpflichtigen überhaupt zulässig sind. Gesetzlich ungeklärt ist weiterhin, ob die Anschaffungskosten nach der Wertabspaltung neu zu verteilen sind. Hiervon sollte jedoch aufgrund der Konstruktion über die Wertabspaltung ausgegangen werden.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F. Wird ein (Teil-)Betrieb, Mitunternehmeranteil oder eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eingebracht und erfolgt die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register nach dem 12.12.2006, findet gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. das Besteuerungsregime des neuen UmwStG vollumfänglich Anwendung.
I. Anteile i. S. v. § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. Für den Fall, dass das eingebrachte Betriebsvermögen auch einbringungsgeborene Anteile i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. enthält, ist in den §§ 20 Abs. 3 S. 4, 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG n. F. eine besondere Regelung in das Gesetz aufgenommen worden. 1. Erhaltene Anteile Danach gelten die im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen erhaltenen Anteile insoweit auch als einbringungsgeborene Anteile i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F., was zur Folge hat, dass nicht nur unter dem Besteuerungsregime des alten UmwStG, sondern auch unter dem des neuen UmwStG auf Seiten der erhaltenen Anteile einbringungsgeborene Anteile neu entstehen können. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass bei einer späteren Veräußerung der erhaltenen Anteile die Sperrfrist der eingebrachten Anteile (§§ 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005, 8b Abs. 4 KStG 2005) nicht durch eine erneute Einbringung unterlaufen werden kann.403 2. Eingebrachte Anteile Nach einer Regelung für die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile sucht man im neuen Recht indes vergebens. Insbesondere wird die Frage, ob die eingebrachten Anteile ihre Eigenschaft der Einbringungsgeborenheit durch eine erneute Einbringung verlieren, nicht ausdrücklich beantwortet. Möglicherweise kann aber dem Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F., wonach „auch die erhaltenen Anteile als einbringungsgeborene Anteile gelten“, entnommen werden, dass sich nach der Einbringung sowohl die erhaltenen als auch die eingebrachten Anteile im Status der Ein________________________ 403 BT-Drs. 16/3369, S. 11.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
bringungsgeborenheit befinden sollen. Hiervon ging zumindest der Gesetzgeber aus, der in der Gesetzesbegründung zum SEStEG404 einerseits betont, dass in solchen Fällen auch die erhaltenen Anteile als einbringungsgeborene anzusehen sind und andererseits in der Übergangsregelung des § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. einzig auf den Fall der Einbringung von einbringungsgeborenen Anteilen verweist und zum Ergebnis gelangt, dass die Vorschriften der §§ 3 Nr. 40 S. 3 und 4 EStG 2005, 8b Abs. 4 KStG 2005 für alteinbringungsgeborene Anteile weiterhin anzuwenden sind. Dies können sie aber nur, wenn die eingebrachten Anteile ihren Status der Einbringungsgeborenheit durch eine erneute Einbringung nicht verlieren.405 Gegen diese Überzeugung hat sich im Schriftum406 Widerstand formiert. Danach sollen die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile ihre besondere Eigenschaft jedenfalls dann verlieren, wenn die erneute Einbringung in einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die ursprüngliche siebenjährige Sperrfrist der ersten Einbringung (§ 3 Nr. 40 S. 3 und 4 EStG 2005, § 8b Abs. 4 KStG 2005) noch nicht abgelaufen ist. Die Steuerenthaftung könnte ihrer Meinung nach aus der Rechtsnatur der Einbringung abgeleitet werden, bei der es sich gerade nicht um eine unentgeltliche Rechtsnachfolge407 handele und ein Eintritt in die Rechtstellung des Rechtsvorgängers daher auch nicht möglich sei.408 Vielmehr werde ein tauschähnlicher Veräußerungsvorgang realisiert, der es der übernehmenden Gesellschaft verwehre, in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers einzutreten.409 § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. schreibe lediglich vor, dass auf Anteile bei denen die siebenjährige Sperrfrist der §§ 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005, 8b Abs. 4 KStG 2005 noch nicht abgelaufen sei, § 23 Abs. 1 UmwStG n. F. keine Anwendung finde.410 Einzig § 23 Abs. 1 UmwStG n. F. hätte durch den Verweis auf § 12 Abs. 3 Hs. 1
________________________ 404 BT-Drs. 16/3369, S. 11. 405 BT-Drs. 16/2710, S. 51 f. 406 Behrens, in Haritz/Menner, § 21 UmwStG Rn. 326; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2243 f.; Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 531; zweifelnd Förster/Wendland, BB 2007, 631, 634; ablehnend Walzer, DB 2009, 2341, 2342 mit bezug auf die Gesetzesbegründung. 407 A. A. Schulze zur Wiesche, GmbHR 1998, 625. 408 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 225 f.; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2243 f. 409 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 225 f.; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2243 f. 410 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 225 f.; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2243 f.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
UmwStG n. F. den Eintritt in die Rechtsstellung des Vorgängers begründen können.411 Die vom Schriftum vorgebrachten systematischen Argumente sind überzeugend, wenn man den Einbringungsvorgang ausschließlich aus dem Blickwinkel des neuen Rechts betrachtet. Unberücksichtigt lässt sie hingegen, dass es sich bei den eingebrachten Anteilen um einbringungsgeborene Anteile handelt, die weiterhin gemäß § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. dem Besteuerungsregime des alten UmwStG verhaftet sind. Richtig ist zwar, dass es bei einer Einbringung von Anteilen gegen Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft zu einem tauschähnlichen Veräußerungsvorgang kommt. Somit treten aber auch sämtliche Rechtsfolgen einer Veräußerung i. S. d. § 21 UmwStG a. F. ein. Einzig ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn wird nicht realisert, da nach § 20 Abs. 2, 4 UmwStG a. F. der Veräußerungspreis mit dem Wert anzusetzen ist, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Vermögen angesetzt hat. Die übernehmende Gesellschaft führt die Buchwerte des eingebrachten Vermögens fort, womit gemäß § 22 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG a. F. die Folge verbunden ist, dass die übernehmende Gesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden eintritt. Entsprechend ist nach § 22 Abs. 2 UmwStG a. F. bei einer Einbringung zu Zwischenwerten zu verfahren. Daher unterschied die Mehrheit der im Schriftum412 zum alten Recht vertretenen Auffassungen danach, ob das Vermögen zu Buch-, Zwischen- oder Teilwerten eingebracht worden ist. Bei einer Teilwerteinbringung (nach neuem Recht einer Einbringung zum gemeinen Wert) war man sich insoweit einig,413 dass aufgrund des vollentgeltlichen Vorgangs sämtliche stillen Reserven aufgedeckt werden müssen und eine weitere Steuerverhaftung nach dem UmwStG nicht mehr gerechtfertigt erschien. Auch einbringungsgeborene Anteile können nach § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. nur entstehen, wenn tatsächlich stille Reserven auf die erhaltenen Anteile übertragen werden. ________________________
411 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 225 f.; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2243 f.; a. A. Ley, FR 2007, 109, 117. Ihrer Meinung nach tritt die übernehmende Gesellschaft in die Rechtsstellung des Übertragenden nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG n. F. ein. Die übernehmende Gesellschaft erhält daher selbst einbringungsgeborene Anteile. 412 Nitzschke, in Blümich, § 21 UmwStG 1995 Rn. 30; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 80; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 101, 181; a. A. Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 22 UmwStG Rn. 26. 413 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 80; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 22 UmwStG Rn. 26; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 101.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
Bei Einbringungen zu Buch- oder Zwischenwerten konnte auf § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG a. F. verwiesen werden, der seinerseits § 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG a. F. für entsprechend anwendbar erklärt.414 Danach tritt die übernehmende Gesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft ein, wobei der Begriff der steuerlichen Rechtsstellung weit ausgelegt wurde, so dass auch der Status der Einbringungsgeborenheit mitumfasst ist. Die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile behalten daher den Status der Einbringungsgeborenheit bei, sofern die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Vermögen mit Buch- oder Zwischenwerten bewertet hat. Warum an dieser Unterscheidung nicht auch nach Inkrafttreten des SEStEG weiterhin festgehalten werden kann, ist nicht ersichtlich.415 Daneben sind die erhaltenen Anteile auch dem Besteuerungsregime des neuen UmwStG n. F. verhaftet. Dies gilt unabhängig davon, ob sich im eingebrachten Vermögen einbringungsgeborene Anteile befinden oder nicht. Die sich daraus ergebende Gefahr, sowohl nach altem als auch nach neuem Recht in Anspruch genommen zu werden, hat den Gesetzgeber zur Einführung des § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. veranlasst. Danach sind die Vorschriften des neuen UmwStG (§§ 22, 23 und 24 Abs. 5 UmwStG n. F.) nicht anzuwenden, sofern der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile (oder einem gleichgestellten Ereignis i. S. v. § 22 Abs. 1 UmwStG n. F.) auch nach den Vorschriften des alten Rechts vollumfänglich zu versteuern ist (§ 21 UmwStG a. F. i. V. m. § 8b Abs. 4 KStG 2005 bzw. § 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005). Der Gesetzgeber ordnet damit die Fortgeltung des alten Rechts an, obwohl er sich laut Gesetzesbegründung vom Besteuerungssystem der einbringungsgeborenen Anteile endgültig trennen wollte. Näher hätte es gelegen, dem neuen Recht uneingeschränkt Vorrang zu gewähren. Gleichwohl ist damit die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme noch nicht vollumfänglich gebannt. Sie bleibt insbesondere dann bestehen, wenn sich im eingebrachten Vermögen nicht nur einbringungsgeborene Anteile, sondern auch andere Vermögensgegenstände befinden. Deshalb soll zunächst auf die gesetzliche Fiktion des § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. näher eingegangen werden. ________________________ 414 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 80; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 101. 415 Im Ergebnis ebenso Frotscher, Internationalisierung des Ertragsteuerrechts, Rn. 448; Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 197; Ley, FR 2007, 109, 117; Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, vor § 27 UmwStG Rn. 21; Rabback, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 27 UmwStG Rn. 242; Widmann, in Widmann/ Mayer, § 20 UmwStG (SEStEG) Rn. 1130; a. A. Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2243 f.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
3. Einbringungen zum gemeinen Wert § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. ordnet an, dass die im Gegenzug für die einbringungsgeborenen Anteile erhaltenen Anteile als einbringungsgeborene Anteile i. S. v. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. anzusehen sind. Der Wortlaut unterscheidet nicht zwischen einer Einbringung zu Buch- oder Zwischenwerten bzw. zum gemeinen Wert, obwohl einbringungsgeborene Anteile nach § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. bekanntlich nur entstehen können, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermögen mit Buch- oder Zwischenwerten bewertet hat. Stille Reserven müssen tatsächlich auf die neuen Anteile übertragen worden sein. Ist das eingebrachte Vermögen mit dem gemeinen Wert bewertet worden, werden die stillen Reserven im Einbringungszeitpunkt vollständig aufgedeckt. Eine weitere Steuerverstrickung der erhaltenen Anteile nach altem Recht ist nicht mehr geboten. § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. sollte daher auf Fälle einer Einbringung zu Buch- oder Zwischenwerten beschränkt sein.416 Der Tatbestand des § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Setzt die übernehmende Gesellschaft die gemeinen Werte an, gelten die einbringungsgeborenen Anteile als veräußert. Die steuerlichen Folgen einer Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen richten sich allein nach dem Besteuerungsregime des alten UmwStG (§ 27 Abs. 2 UmwStG n. F. i. V. m. §§ 21 Abs. 1 ff. UmwStG a. F.).417 Das eingebrachte Vermögen wird zwar auch nach neuen Recht (§§ 20, 21 UmwStG n. F.) verhaftet sein. Zu einer Besteuerung nach neuem Recht kann es dennoch nicht kommen, da die stillen Reserven im Zeitpunkt der Einbringung vollständig aufgedeckt worden sind (vgl. § 22 Abs. 2 UmwStG n. F.). 4. Verhaftungsquote Weiterhin gelten die erhaltenen Anteile nach § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. auch nur „insoweit“ als einbringungsgeboren, als ihr Erwerb auf eine Einbringung der bisherigen einbringungsgeborenen Anteile zurückzuführen ist. Aus dieser Formulierung geht nicht hervor, ob sich der Status der Einbrin________________________ 416 Behrens, in Haritz/Menner, § 21 UmwStG Rn. 325; Benz/Rosenberg, BB-Special 8/2006, 51, 61; Förster/Wendland, BB 2007, 631, 634; Haritz, GmbHR 2007, 169, 172; Ley, FR 2007, 109, 117; Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 527; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 223; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2244 f.; Widmann, in Widmann/ Mayer, § 20 UmwStG (SEStEG) Rn. 1128. 417 Vgl. 2. Kap. C. III.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
gungsgeborenheit auf alle Anteile quotal erstreckt oder ob die Qualifikation „einbringungsgeboren“ einzelnen Anteilen in vollem Umfang vorbehalten werden kann. Gegen letzteres spricht, dass dem Gesetz ein derartiges Wahlrecht nicht entnommen werden kann.418 Insbesondere ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, wem gegenüber und nach welchen Regeln ein solches Wahlrecht auszuüben wäre.419 Eine Zuordnung wäre auch nur denkbar, wenn die im Gegenzug für die eingebrachten Anteile gewährten Anteile identifiziert werden könnten. Im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Wertabspaltung stiller Reserven von originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen420 sollte daher von einer quotalen Verstrickung sämtlicher Anteile ausgegangen werden.421 Jeder neue Anteil ist gedanklich in einen nicht einbringungsgeborenen und einen einbringungsgeborenen Anteil aufzuteilen. Der Nennwert der erhaltenen Anteile gilt insoweit als einbringungsgeboren, als er dem Verhältnis des gemeinen Werts der zur Sacheinlage gehörenden einbringungsgeborenen Anteile zum gemeinen Wert der gesamten Sacheinlage entspicht. Die Verstrickungsquote ermittelt sich daher aus dem Verhältnis der gemeinen Werte der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile zum gemeinen Wert der gesamten Sacheinlage.422 Dagegen kommt es auf das Verhältnis der in den eingebrachten einbringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven zu den stillen Reserven der insgesamt eingebrachten Anteile nicht an.423 ________________________ 418 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 229 f.; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2245 f. jeweils mit Beispielsrechnungen. 419 Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 530; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 229 f.; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2246. 420 BFH v. 28.11.2007 – I R 34/07, BStBl. II 2008, 533; vgl. auch 2. Kap. E. I. 1. a). 421 Frotscher, Internationalisierung des Ertragsteuerrechts, Rn. 358; Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 199; Heß/Schnitger, in PWC, Rn. 1571; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2245; Widmann, in Widmann/ Mayer, § 20 UmwStG (SEStEG) Rn. 1127. Vgl. auch Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/3369, S. 26. 422 Behrens, in Haritz/Menner, § 21 UmwStG Rn. 324; Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 199; Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 530; Mutscher, in Frotscher/Maas, § 20 UmwStG Rn. 331; Patt, in Dötsch/Jost/ Pung/Witt, § 20 UmwStG (SEStEG) Rn. 147; Widmann, in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rn. 1127 mit Beispielsrechnung. 423 A. A. Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2246 mit Beispielrechnung.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Dem Gesetz ist ein derartiger Aufteilungsmaßstab hingegen nicht zu entnehmen. Auch wird weder dem Einbringenden noch der übernehmenden Gesellschaft vorgeschrieben, die gemeinen Werte des eingebrachten Vermögens im Zeitpunkt der Einbringung festzuhalten. Doch selbst wenn die Finanzverwaltung eine Wertaufteilung anhand der leichter zu ermittelnden Buchwerte zuließe, sollten die gemeinen Werte im Zeitpunkt der Einbringung festgestellt werden. Genau wie bei den Kapitalmaßnahmen424 kann es erst Jahre nach der Einbringung zum Streit mit der Finanzverwaltung über die Höhe der gemeinen Werte des eingebrachten Vermögens kommen. Entsprechend den Vorgaben des § 10 der VO zu § 180 Abs. 2 AO zur Wertabspaltung stiller Reserven originär erworbener einbringungsgeborener Anteile sollte im Zeitpunkt der Einbringung festgehalten werden, in welchem Umfang die neuen Anteile dem alten bzw. neuem Recht unterliegen. Ebenso sollte ermittelt werden, in welcher Höhe die Anschaffungskosten auf die jeweiligen Anteile zu verteilen sind. Die derzeitige Gesetzeslage stellt sich nicht nur für die Finanzverwaltung sondern vor allem für die Anteilseigner einbringungsgeborener Anteile als völlig unzulänglich heraus. Der Gesetzgeber ist dringend aufgefordert, ein Feststellungsverfahren entsprechend den genannten Kriterien einzuführen. Darüber hinaus sollte in Erinnerung bleiben, dass die gemeinen Werte der eingebrachten Anteile nicht mehr auf Grundlage des Stuttgarter Verfahrens ermittelt werden dürfen (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG 2007). Die Wertermittlung bis zum 31.12.2008 wird von Seiten der Finanzverwaltung nach dem von der OFD Münster entwickelten Bewertungsleitfaden vorgenommen.425 Bei Einbringungen ab dem 1.1.2009 sind die Bewertungsgrundsätze des ErbStRG426 maßgeblich.427 5. Eintritt in die siebenjährige Sperrfrist Zudem lässt der Gesetzeswortlaut offen, ob mit der Einbringung für die erhaltenen (neu) erworbenen einbringungsgeborenen Anteile eine neue siebenjährige Sperrfrist zu laufen beginnt oder ob die neuen einbringungsgeborenen Anteile in die laufende Sperrfrist der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile (§ 3 Nr. 40 S. 3 und 4 EStG 2005, § 8b Abs. 4 KStG 2005) eintreten. Aufschluss kann diesesmal aber die Gesetzesbegründung ________________________ 424 Vgl. 2. Kap. E. 425 Vgl. 2. Kap. D. I. 1. a). 426 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018. 427 Vgl. 2. Kap. D. I. 1. c).
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
des SEStEG geben.428 Danach soll durch § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. allein sichergestellt sein, dass es bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Veräußerung von Anteilen innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile weiterhin zur vollen Besteuerung des Veräußerungsgewinns kommt. Dieser Zweck wird erreicht, wenn die neuen einbringungsgeborenen Anteile in die Sperrfrist der alteinbringungsgeborenen Anteile eintreten. Zudem verweist auch die Gesetzesbegründung ausschließlich auf die Sperrfrist der alteinbringungsgeborenen Anteile.429 Ein erneutes Anlaufen der Sperrfrist würde zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Steuerverschärfung führen.430
II. Steuerliche Entstrickung Folglich sind die erhaltenen Anteile quotal aufzuteilen, und zwar in solche, die dem Besteuerungsregime des alten, und solche, die dem des neuen UmwStG unterliegen. Bei dem Teilanteil, der unter das Besteuerungsregime des neuen UmwStG fällt, ist des Weiteren zwischen den Anteilen zu unterscheiden, die im Gegenzug für eine Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG n. F. (Teilbetrieb, Betrieb, Mitunternehmeranteil)431 gewährt werden und solchen, denen ein Anteilstausch i. S. d. § 22 UmwStG n. F. zugrunde lag. 1. Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. Befinden sich in dem einzubringenden Vermögen eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils auch einbringungsgeborene Anteile, so hat die übernehmende Gesellschaft das Vermögen mit Buchwerten zu bewerten, wenn sie verhindern will, dass im Zeitpunkt der Einbringung stille Rerseven des eingebrachten Vermögens aufgedeckt werden müssen. a) Zeitpunkt der Einbringung § 20 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. verpflichtet hingegen die übernehmende Gesellschaft, das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem ge________________________ 428 BT-Drs. 16/3369, S. 11. 429 Vgl. Förster/Wendland, BB 2007, 631, 634; Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 198; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 228; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2245; Widmann, in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG (SEStEG) Rn. 1130; Winkeljohann/Fuhrmann, S. 855. 430 Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 198. 431 Zum persönlichen Anwendungsbereich vgl. 3. Kap. A. II. 2. b) aa).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
meinen Wert432 zu bewerten. In der Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten wird lediglich ein tauschähnlicher Veräußerungsvorgang gesehen, der zur Aufdeckung der stillen Reserven des eingebrachten Vermögens führt.433 Nur wenn die in § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG n. F. genannten Anforderungen kumulativ erfüllt sind, hat die übernehmende Gesellschaft434 die Möglichkeit, das Vermögen mit einem Wertansatz unter dem gemeinen Wert zu bewerten. Hierfür muss sichergestellt sein, dass ein etwaiger späterer Gewinn aus der Veräußerung der eingebrachten Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Gesellschaft auch der Körperschaftsteuer unterliegt. Das Vermögen darf daher nicht in eine steuerbefreite Körperschaft eingebracht werden, wobei insbesondere an Einbringungen in eine von der Körperschaftsteuer befreite ________________________ 432 Der gemeine Wert eines Wirtschaftsgutes entspricht seinem Verkehrswert oder Einzelveräußerungspreis (§ 9 Abs. 2 BewG). Im Gegensatz dazu umfasst der dem alten Recht zugrunde liegende Teilwert (§ 10 BewG) den Betrag, den ein Erwerber des gesamten Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Der wesentliche Unterschied zwischen den Wertansätzen besteht daher darin, dass der Mehrwert an produktiver Leistung, der sich aus dem Zusammenspiel der Einzelelemente ergibt und sich in aller Regel werterhöhend auswirkt, nur beim Teilwert und nicht beim gemeinen Wert erfasst wird. Hiervon abweichend sind Pensionsrückstellungen stets mit dem nach § 6a EStG ermittelten Wert anzusetzen (§ 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 UmwStG n. F.), weil der tatsächliche Wert der Pensionsverpflichtung höher ist als jener nach § 6a EStG, so dass der Ansatz des gemeinen Wertes insofern zu Aufwand führt; eingehend Damas, DStZ 2007, 129, 130; Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15446. Kritik an diesem Sonderbewertungsmaßstab üben Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1527, da ein gedachter Erwerber die Belastung kaum nach dem nach § 6a EStG ermittelten Wert ermitteln würde. Des Weiteren ist zu entscheiden, ob ein selbst geschaffener Firmenwert, der grundsätzlich nicht einzeln veräußert werden kann, zu aktivieren ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2710, S. 43) soll auch ein selbst geschaffener (originärer) Firmenwert umfasst sein. Ein diesbezügliches Aktivierungsverbot für einen nicht entgeltlich erworbenen Firmenwert besteht nicht, da es sich bei der Einbringung um einen Tausch und somit um ein entgeltliches Rechtsgeschäft handelt; ausführlich Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1537; Schumacher, WPg 2006, 518, 519. Ley, FR 2007, 109, 113 weist darauf hin, dass eine gesetzliche Klarstellung wünschenswert wäre. 433 Damas, DStZ 2007, 129, 135; Frotscher, Internationalisierung des Ertragsteuerrechts, Rn. 355. 434 Der Gesetzeswortlaut lässt offen, wer den Antrag auf abweichende Bewertung zu stellen hat. Aus dem systematischen Zusammenhang geht jedoch hervor, dass die übernehmende Gesellschaft antragsberechtigt ist, Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 149 m. w. N.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
Reit-AG435 zu denken ist.436 Der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile muss aber weder der deutschen Körperschaftsteuer unterliegen noch tatsächlich Körperschaftsteuer auslösen. Einzelne Steuerbefreiungen wie die des § 8b Abs. 2 KStG schränken die Antragsbefugnis daher nicht ein. Weiterhin437 dürfen die Passivposten des eingebrachten Vermögens die Aktivposten nicht übersteigen, was im Ergebnis zu einer Wertaufstockung des steuerlichen Eigenkapitals auf Null führt. Zudem darf das Besteuerungsrecht am Gewinn aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt sein.438 Ein Ausschluss oder eine Beschränkung liegen nach der Gesetzesbegründung439 vor, wenn vor der Einbringung das Besteuerungsrecht ohne Anrechnungsverpflichtung bestand und nach der Einbringung kein oder nur ein Besteuerungsrecht mit Anrechnungsverpflichtung besteht oder wenn vor der Einbringung ein Besteuerungsrecht mit Anrechnungsverpflichtung bestand und nachher kein Besteuerungsrecht mehr besteht. Folglich kommt es nicht mehr auf die Sicherstellung der Besteuerung der in den eingebrachten Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven auf Ebene des Gesellschafters, sondern auf die Ebene der Gesellschaft an.440 Der Antrag auf Ansatz eines Wertes unter dem gemeinen Wert kann für jeden Einbringungsvorgang nur einheitlich gestellt werden.441 Die übernehmende Gesellschaft hat den Antrag spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz an das für sie für die Steuern vom Einkommen und Ertrag zuständige Finanzamt zu richten (§ 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F.).442 Gemeint sein dürfte die Bilanz zum Schluss des Wirtschaftsjahres, in das der steuerliche Übertragungsstichtag fällt. Der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Vermögen ansetzt, gilt unverändert für den Einbringenden als Veräußerungspreis des eingebrachten Vermögens und als Anschaffungskosten der neuen Gesellschaftsanteile (§ 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG n. F.). Damit bleiben die stillen Reserven des einge________________________
435 Vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen v. 28.5.2007, BGBl. I 2007, 914. 436 Benecke/Schnitger, IStR 2007, 22, 27; Heß/Schnitger, in PWC, Rn. 1547; zum ReitGesetz Dettmeier/Gemmel/Kaiser, BB 2007, 1191 ff. 437 Vgl. § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG a. F. 438 Zu den europarechtlichen Bedenken der Vorschrift vgl. 3. Kap. A. II. 2. b) bb) (1). 439 BT-Drs. 16/2710, S. 43. Zu den einzelnen Fallgestaltungen Herlinghaus, in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 168. 440 Vgl. zum alten Recht § 20 Abs. 3 UmwStG a. F., der die Steuerverhaftung der im Gegenzug erhaltenen Anteile für einen Buch- oder Zwischenwertansatz vorschreibt. 441 BT-Drs. 16/2710, S. 43. 442 Mutscher, in Frotscher/Maas, § 20 UmwStG Rn. 238.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
brachten Vermögens weiterhin sowohl auf Ebene der Gesellschaft als auch auf Ebene des Gesellschafters verhaftet. Wiederum entscheidet die übernehmende Gesellschaft, ob der Einbringende einen Gewinn im Zeitpunkt der Einbringung zu versteuern hat. Auch die zum alten Recht ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung443 bestätigte jüngst, dass der Wertansatz der übernehmenden Gesellschaft von dem Einbringenden bei der Ermittlung des Einbringungsgewinns grundsätzlich ohne weitere Prüfung zu übernehmen ist. Damit für den Einbringenden sichergestellt ist, dass die übernehmende Gesellschaft die Buchwerte auch tatsächlich fortführt, sollte eine entsprechende Verpflichtung im Einbringungsvertrag aufgenommen werden.444 Werden dem Einbringenden neben den Gesellschaftsanteilen noch weitere Wirtschaftsgüter gewährt und übersteigen deren gemeine Werte den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens, ist die übernehmende Gesellschaft verpflichtet, mindestens den gemeinen Wert der anderen Wirtschaftgüter anzusetzen. Im Gegenzug vermindern sich die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile um den gemeinen Wert der neben den Anteilen gewährten Wirtschaftsgüter (§ 20 Abs. 3 S. 3 UmwStG n. F.). Bei Einbringungen, bei denen auch sog. neutrales Vermögen übergeht, also bei Wirtschaftsgütern, für die vor der Einbringung kein deutsches Besteuerungsrecht bestand und für die ein solches auch nicht durch die Einbringung bei der übernehmenden Gesellschaft begründet wird,445 ist insoweit der gemeine Wert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung als Anschaffungskosten der Anteile anzusetzen (§ 20 Abs. 3 S. 2 UmwStG n. F.). Der Ansatz auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft bleibt hingegen unberührt. Hiervon ist beispielsweise das Vermögen einer ausländischen Betriebsstätte betroffen, auf das nach dem OECD-MA die Freistellungsmethode Anwendung findet.446 aa) Einbringung zu Buchwerten Führt die übernehmende Gesellschaft die Buchwerte fort, entsteht im Zeitpunkt der Einbringung kein Gewinn. Die Besteuerung der stillen Reserven ________________________ 443 BFH v. 19.12.2007 – I R 111/05, BFH/NV 2008, 686. Zum alten Recht entschied das FG Köln mit Urteil v. 11.12.2008 – 15 K 4965/01, EFG 2009, 448, dass das Wahlrecht ausgeübt ist, sofern im Bilanzbericht zum Jahresabschluss der übernehmenden Gesellschaft und im Gutachten zum Einbringungsgsvorgang ausdrücklich festgestellt wird, dass die Einbringung zum Teilwert [nach neuem Recht gemeiner Wert] erfolgt ist. Die Annahme eines geringeren Wertansatzes scheidet demnach aus. 444 Carlé/Demuth, KÖSDI 2008, 15979, 15987; Ott, DStZ 2009, 90, 93. 445 Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 195. 446 Ley, FR 2007, 109, 114.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile oder der der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge hinausgeschoben. Zu bedenken sind allein grunderwerbsteuerrechtliche Folgen, die unabhängig davon eintreten, ob das Vermögen zu Buch- oder Zwischenwerten oder zum gemeinen Wert eingebracht wird.447 bb) Einbringung zu Zwischenwerten Werden dagegen von der übernehmenden Gesellschaft die eingebrachten Vermögensgegenstände mit Zwischenwerten448 bewertet, ist der Gewinn aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis (Zwischenwert), den Einbringungskosten und dem Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter zu errechnen. Der Gewinn (Verlust) unterliegt den allgemeinen Besteuerungsregeln des EStG bzw. KStG, die nach § 20 Abs. 4–6 UmwStG n. F. modifiziert werden. Dieser ist derjenigen Einkunftsart zuzurechnen, dem das Vermögen vor der Einbringung angehörte.449 Befinden sich in dem eingebrachten Betriebsvermögen einer natürlichen Person oder Mitunternehmerschaft, soweit an dieser keine juristischen Personen beteiligt sind, neben einbringungsgeborenen Anteile auch andere Anteile an Kapitalgesellschaften, ist entsprechend § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG der auf diese Anteile entfallende Veräußerungspreis zur Hälfte (bis zum VZ 2008) bzw. zu 40 % (ab dem VZ 2009) von der Einkommensteuer freigestellt. Im Gegenzug dürfen aber auch nur die Hälfte bzw. 60 % der Anschaffungs- und Einbringungskosten geltend gemacht werden (§ 3c Abs. 2 S. 1 EStG). Bei Körperschaften als einbringende Person oder Mitunternehmerschaften i. S. d. § 8b Abs. 6 S. 1 KStG bleibt der auf diese Anteile entfallende Gewinn sogar vollumfänglich von der Körperschaftsteuer freigestellt (§ 8b Abs. 2 KStG). Lediglich ein Betrag von 5 % wird nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe fingiert. Entsprechend darf ein auf diese Anteile entfallender Einbringungsverlust den Gewinn nicht mindern (vgl. § 8b Abs. 3 S. 2 KStG). ________________________ 447 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. a) aa). 448 Dabei müssen die in den einzelnen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven gleichmäßig und einheitlich aufgestockt werden. Die stillen Reserven dürfen daher nicht wahlweise auf bestimmte Wirtschaftsgüter verteilt werden; vgl. BFH v. 24.5. 1984 – I R 166/78, BStBl. II 1984, 747; BFH v. 10.7.2002 – I R 79/01, BStBl. II 2002, 784. 449 Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 208; Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 258.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Der auf die einbringungsgeborenen Anteile entfallende Anteil ist nach den Regeln der §§ 3 Nr. 40 S. 3 und 4, 3c Abs. 2 S. 1–4 EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 4b S. 2, Abs. 8a S. 2 EStG bzw. § 8b Abs. 4, Abs. 3 EStG 2005 i. V. m. § 34 Abs. 7a KStG zu versteuern.450 Weitere Vergünstigungen sind dem Einbringenden nicht zu gewähren. Weder der Freibetrag aus § 16 Abs. 4 EStG noch die ermäßigte Besteuerung des § 34 EStG dürfen in Anspruch genommen werden. Der Einbringende soll in den Genuss der Vergünstigungen einer Betriebsveräußerung nur kommen können, wenn sämtliche stille Reserven auf einen Schlag aufgedeckt werden. Darüber hinaus besteht auch nicht die Möglichkeit der Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer.451 Soll dennoch eine sofortige oder zumindest teilweise Versteuerung des Einbringungsgewinns vermieden werden, kann unter den in § 6b Abs. 3 und 10 EStG genannten Voraussetzungen eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden.452 Hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns ist an den Grundgedanken der Gewerbesteuer anzuknüpfen, nur den Gewinn eines stehenden Gewerbes zu besteuern. Daher wird der Gewinn bei natürlichen Personen in aller Regel453 keine Gewerbesteuer auslösen. Im Gegensatz dazu wird die gewerbliche Tätigkeit einer Körperschaften stets und in vollem Umfang von der Gewerbesteuer erfasst (§ 2 Abs. 2 S. 1 GewStG).454 b) Veräußerung der erhaltenen Anteile Werden die im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen erhaltenen und zu Buch- oder Zwischenwerten angeschafften Anteile später veräußert, sind die steuerlichen Folgen für den einbringenden und veräußernden Anteilseigner und die übernehmende Gesellschaft voneinander zu unterscheiden. ________________________ 450 Vgl. 2. Kap. C. III. 451 Bei dem Sonderfall der Einbringung einer ausländischen Betriebsstätte (§ 20 Abs. 7 UmwStG n. F.) ist für die Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer vorausgesetzt, dass das deutsche Besteuerungsrecht an der betreffenden Betriebsstätte durch die Einbringung ausgeschlossen oder beschränkt wird. Wird das deutsche Besteuerungsrecht an dieser Betriebsstätte durch die Einbringung ausgeschlossen oder beschränkt, muss nach § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 UmwStG n. F. zwingend der gemeine Wert für das eingebrachte Vermögen angesetzt werden. Gleiches gilt beim Sonderfall der Einbringung einer steuerlich transparenten ausländischen Gesellschaft nach § 20 Abs. 8 UmwStG. Vgl. dazu ausführlich die Beispiele in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/2710, S. 44 f. sowie Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 338 f. 452 Vgl. zu den einzelnen Voraussetzungen 2. Kap. C. III. 2. a) aa). 453 Zu den Ausnahmen Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 285. 454 Eingehend Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 286 ff.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
Weiterhin ist für den einbringenden und veräußernden Anteilseigner von Bedeutung, ob es sich bei den veräußerten Anteilen um den Teilanteil handelt, der nach den §§ 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F., 21 Abs. 1 UmwStG a. F. als einbringungsgeborener Anteil anzusehen ist, oder ob sich die Entstrickung des Teilanteils allein nach den Vorschriften des SEStEG richtet. aa) Teilanteil, der ausschließlich unter das UmwStG n. F. fällt Hinsichtlich des Teilanteils, deren Entstrickung sich ausschließlich nach den Vorschriften des SEStEG richtet, ist ferner zu differenzieren, ob das eingebrachte Vermögen neben den einbringungsgeborenen Anteilen noch weitere nach den allgemeinen Regeln zu versteuernde Kapitalbeteiligungen umfasst hat. Sollte dies der Fall sein, muss wiederum zwischen dem Zeitpunkt der Einbringung und der Veräußerung der Anteile unterschieden werden. Vor Inkrafttreten des SEStEG war weitgehend ungeklärt, unter welchen Voraussetzungen Kapitalbeteiligungen isoliert vom restlichen Betriebsvermögen eingebracht werden können.455 Nunmehr ist durch die §§ 20 Abs. 3 S. 4, 22 Abs. 1 S. 5, 23 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F. gesetzlich vorgeschrieben, dass es sich bei einer Einbringung von Betriebsvermögen, in dem sich auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften befinden, um die Einbringung einer Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. handelt. Eine Aufspaltung des Einbringungsvorgangs ist nicht möglich. Dies gilt selbst dann, wenn eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung eingebracht wird.456 Gleichwohl braucht sich der Einbringende bei den sog. gemischten Einbringungen nicht genötigt sehen, auf die Gestaltung einer zeitlich gestreckten Einbringung zurückzugreifen. Die stillen Reserven, die in den eingebrachten Anteilen ruhen, werden anders als noch im UmwStG a. F. gemäß § 22 Abs. 1 S. 5 UmwStG n. F. ausschließlich nach den Vorschriften über den Anteilstausch (§ 22 Abs. 2 UmwStG n. F.) besteuert.457 Im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile ist daher nicht nur der Teilanteil, der auf die einbringungsgeborenen Anteile entfällt, aus dem fiktiven Einbringungsgewinn aus________________________ 455 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 159 m. w. N.; vgl. auch 2. Kap. C. III. 2. a) cc). 456 BT-Drs. 16/2710, S. 47; Ley, FR 2007, 109, 110. 457 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 17; Stangl, in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 98; a. A. Ley, FR 2007, 109, 115, die alle gewährten Anteile als erhaltene Anteile unter § 22 Abs. 1 UmwStG n. F. subsumiert. Allerdings soll ihrer Meinung nach zur Vermeidung einer doppelten Erfassung der eingebrachten stillen Reserven bei der Ermittlung des Einbringungsgewinns I der gemeine Wert des eingebrachten Betriebsvermögens ohne den gemeinen Wert der eingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile angesetzt werden.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
zuscheiden, sondern auch derjenige, der auf nicht-einbringungsgeborene Kapitalbeteiligungen zurückzuführen ist. Dies ist jedoch nur möglich, wenn im Zeitpunkt der Einbringung und der Veräußerung die gemeinen Werte der Beteiligungen festgestellt werden. Auf die Entstrickung des Teilanteils, der auf nicht-einbringungsgeborene Kapitalbeteiligungen entfällt, wird im weiteren Verlauf zurückzukommen sein.458 (1) Steuerliche Folgen für den Einbringenden und veräußernden Anteilseigner Veräußert der Anteilseigner die im Gegenzug für die Einbringung des Betriebsvermögens (ohne Kapitalgesellschaftsbeteiligungen) erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung, unterscheidet das Besteuerungssystem des neuen UmwStG zwischen den stillen Reserven, die sich bis zur Einbringung gebildet haben und solchen Wertsteigerungen, die sich erst nach der Einbringung gebildet haben. Der Veräußerungsgewinn wird in zwei Bestandteile zerlegt. Werden die Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert, nimmt der Gesetzgeber des UmwStG unwiderlegbar an, dass in der Einbringung und anschließenden Veräußerung eine missbräuchliche Gestaltung zu sehen ist, die zur Folge hat, dass die Einbringung rückwirkend nicht mehr zu Buch- bzw. Zwischenwerten vollzogen werden darf. Werden dagegen die Anteile erst nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist veräußert, bleibt die Einbringung unverändert zu Buch- oder Zwischenwerten möglich. Eine Besteuerung nach dem UmwStG findet insoweit nicht statt. Bei einer Veräußerung innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist ist der Einbringende und veräußernde Anteilseigner verpflichtet, die stillen Reserven, die sich bis zum Zeitpunkt der Einbringung in dem eingebrachten Vermögen gebildet haben, rückwirkend (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO) im Wirtschaftsjahr der Einbringung zu versteuern (§ 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.). Dabei setzt der Zinslauf für diese Steuerforderung erst fünfzehn Monate nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem das rückwirkende Ereignis der Veräußerung eingetreten ist und nicht bereits fünfzehn Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Vermögen eingebracht worden ist (vgl. § 233a AO).459 ________________________
458 Auf die steuerliche Entstrickung der in den eingebrachten Anteilen einer Kapitalbeteiligung ruhenden stillen Reserven unter 2. Kap. F. II. 2. b) aa) und auf die steuerliche Entstrickung der in den einbringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven bei einer Veräußerung der eingebrachten Anteile unter 2. Kap. F. II. 2. b) bb). 459 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 115; Förster/Wendland, BB 2007, 631, 635.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
Der als sog. Einbringungsgewinn I in § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. bezeichnete Gewinn ermittelt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den tatsächlichen Werten der Anteile am steuerlichen Übertragungsstichtag (gemeiner Wert des eingebrachten Betriebsvermögens abzüglich der gemeinen Werte der einbringungsgeborenen Anteile und der sonstigen Kapitalbeteiligungen) und den um die Kosten der Einbringung geminderten Wertansatz der übernehmenden Kapitalgesellschaft (Buch- oder Zwischenwert abzüglich der Buchwerte der einbringungsgeborenen Anteile und der sonstigen Kapitalbeteiligungen). Um diesen ermitteln zu können, müssen nicht nur die gemeinen Werte des eingebrachten Betriebsvermögens (ohne Kapitalbeteiligungen) festgestellt werden, sondern auch die gemeinen Werte der nicht-einbringungsgeborenen und einbringungsgeborenen Kapitalbeteiligungen.460 Der Gesetzgeber gesteht jedoch ein – oder besser gesagt: sieht sich aufgrund europarechtlicher Vorgaben veranlasst – mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Einbringungszeitpunkt die Wahrscheinlichkeit einer missbräuchlichen Gestaltung nicht mehr uneingeschränkt annehmen zu können. Je mehr Zeit seit der Einbringung verstrichen ist, desto unwahrscheinlicher soll es sein, dass der ursprüngliche Einbringungsvorgang allein dazu dienen sollte, eine nachfolgende Veräußerung vorzubereiten und somit eine volle Besteuerung der stillen Reserven zu umgehen.461 Aus diesem Grund mindert sich der Einbringungsgewinn I für jedes abgelaufene Zeitjahr linear um ein Siebtel. Der Gesetzgeber unternimmt damit den Versuch, den Missbrauchstatbestand zu öffnen, verhindert aber nicht, dass über den Missbrauch weiterhin eine starre Fristenregelung entscheidet, die mit der Rechtsprechung des EuGH nicht in Einklang zu bringen ist. Der EuGH kam in der Rechtssache Leur Bloem462 überein, dass missbräuchliche Gestaltungen nicht durch starre Fristen unwiderleglich vermutet werden dürfen. Eine Veräußerung innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung, wobei Wirtschaftskreise niemals bei sieben Jahren von einem überschaubaren Zeitraum sprechen würden, hätte bei grenzüberschreitenden Einbringungen höchstens als Indiz für eine missbräuchliche Gestaltung gewertet werden dürfen. Dem Einbringenden muss jedoch die Möglichkeit bleiben, zu beweisen, dass wirtschaftliche
________________________ 460 Vgl. Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 66. 461 BT-Drs. 16/2710, S. 46. 462 EuGH v. 17.7.1997, Slg. 1997, I-4161 (Leur Bloem).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Gründe den Verkauf der Anteile erfordert haben und nicht allein steuerrechtliche Gründe ausschlaggebend waren.463 Auch das von Dötsch und Pung464 aufgezeigte Dilemma, indem sich der Gesetzgeber seit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Leur-Bloem befinden soll, besteht in Wirklichkeit nicht. Richtig ist zwar, dass dem Gesetzgeber einerseits verboten ist, Missbrauchstatbestände anhand von schematisierten Fristenplänen zu bestimmen und andererseits von der EU-Kommission auch keine anderweitigen praktischen Alternativen aufgezeigt werden. Der Gesetzgeber muss dem Einbringenden lediglich die Möglichkeit eröffnen, einen Gegenbeweis zu erbringen. Im Anschluss daran muss sich die Finanzverwaltung mit der Frage auseinandersetzen, ob tatsächlich wirtschaftliche Gründe für eine Veräußerung der Anteile vorgelegen haben. Nach der derzeitigen Gesetzeslage bleibt es hingegen bei der Besteuerung der stillen Reserven, die das eingebrachte Vermögen im Zeitpunkt der Einbringung aufwies, wobei sich der Gewinn für jedes abgelaufene volle Zeitjahr um ein Siebtel mindert. Der Einbringungsgewinn I stellt einen Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG dar (§ 22 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 UmwStG n. F.) auf den weder die Privilegierungen des § 16 Abs. 4 EStG noch die des § 34 EStG Anwendung finden (§ 22 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwStG n. F.). Zudem können natürliche Personen auch nicht in den Genuss des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens kommen, da nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. nicht von der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, sondern vom Gewinn aus der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils die Rede ist.465 Veräußert eine körperschaftsteuerpflichtige Person die Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung, ist der Einbringungsgewinn in voller Höhe zu besteuern.466 Während der Ausschluss des Freibetrags und die ermäßigte Besteuerung mit Abnahme des Einbringungsgewinns I pro abgelaufenem Zeitjahr oder mit der Veräußerung nur eines Teilanteils damit begründet werden können,467 dass die stillen Reserven nicht auf einen Schlag aufgedeckt werden müssen, stellen Strahl468 und Bilitewski469 zutreffend fest, dass der Gesetzgeber sys________________________ 463 Im Ergebnis ebenso Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 50 ff.; Gille, IStR 2007, 194, 197; Heß/Schnitger, in PWC, Rn. 1652; Körner, IStR 2006, 469, 471; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1537. 464 Dötsch/Pung, DB 2006, 2704, 2707. 465 BT-Drs. 16/2710, S. 47; Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15449. 466 BT-Drs. 16/2710, S. 47. 467 Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 84. 468 Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15450. 469 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 90.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
temkonform die Vergünstigungen einer Betriebsveräußerung hätte gewähren müssen, wenn sämtliche eingebrachten Anteile im ersten Jahr nach der Einbringung veräußert werden. Gehörten die veräußerten Anteile einem Betriebsvermögen an, kann der Gewinn bei Körperschaften der Gewerbesteuer unterliegen. Die vom BFH470 für die Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen aufgestellten Rechtsgrundsätze471 bleiben unverändert anwendbar. Wechseln mindestens 95 % der Anteilseigner an der übernehmenden Gesellschaft, löst die Veräußerung zudem Grunderwerbsteuer aus (vgl. § 1 Abs. 3 GrEStG). Während also die Wertsteigerungen, die sich bis zu der Einbringung in dem eingebrachten Vermögen gebildet haben, dem besonderen Besteuerungsregime des UmwStG unterliegen können, ist der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile zugleich den allgemeinen Regeln des EStG bzw. KStG zu unterwerfen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anteile innerhalb oder außerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden. Um eine Doppelbesteuerung bei Veräußerungen innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist zu vermeiden, werden die ursprünglichen Anschaffungskosten (Buchwert oder Zwischenwert des eingebrachten Vermögens) nachträglich im VZ der Einbringung472 um den Einbringungsgewinn I erhöht (§ 22 Abs. 1 S. 4 UmwStG n. F.). Hierfür braucht der Einbringende die Steuer auf den Einbringungsgewinn I nicht entrichtet haben.473 Wird nur ein Teil der Anteile veräußert, entsteht nur ein anteiliger Einbringungsgewinn I. Ob dieser nur die Anschaffungskosten der tatsächlich veräußerten Anteile erhöht474 oder ob die nachträglichen Anschaffungskosten ________________________ 470 BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738. 471 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. 472 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 109 f.; Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 93; a. A. Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 22 UmwStG Rn. 61, nachdem die Anschaffungskosten erst im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung entstehen. Die Auffassungen führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, wenn zwischen Einbringung und Veräußerung eine Teilwertabschreibung vorgenommen worden ist; vgl. Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 109. 473 Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2766; Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 100. 474 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 105; Herlinghaus, in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 95; Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 22 UmwStG Rn. 61; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1538; Ritzer/ Rogall/Stangl, WPg 2006, 1210, 1215; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, 5. Aufl., § 22 UmwStG Rn. 59; Widmann, in Widmann/Mayer, § 22 UmwStG Rn. 186.
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auf sämtliche Anteile gleichmäßig zu verteilen sind,475 kann dem Gesetzeswortlaut nicht unmittelbar entnommen werden. Im erstgenannten Fall würde sich der neben dem Einbringungsgewinn I nach den allgemeinen Regeln zu versteuernde Veräußerungsgewinn der tatsächlich veräußerten Anteile erhöhen – weiterhin von Bedeutung, wenn im weiteren Verlauf wiederum nur Teile der Anteile veräußert werden sollen. Zwar spricht der Gesetzeswortlaut in § 22 Abs. 1 S. 4 UmwStG n. F. von einer Erhöhung der nachträglichen Anschaffungskosten der „erhaltenen Anteile“, was insoweit für eine gleichmäßige Erhöhung der Anschaffungskosten sämtlicher Anteile sprechen könnte. Jedoch werden vom Einbringungsgewinn I des § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. nur solche Anteile erfasst, die auch tatsächlich veräußert worden sind („soweit in den Fällen“). Einbringungen zum Buchwert sollen nur zulässig sein, sofern die Anteile nicht innerhalb von sieben Jahren veräußert werden. Andernfalls sind die gemeinen Werte anzusetzen. Richtigerweise müssen daher die Anteile, die nicht innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden, auch ihre Eigenständigkeit beibehalten. Die anteilige Versteuerung des Einbringungsgewinns ist gedanklich in zwei Teile aufzuteilen.476 Soweit die Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden, muss die Einbringung zum gemeinen Wert erfolgen, bei einer Veräußerung erst nach sieben Jahren kann ein unter dem gemeinen Wert liegender Wertansatz gewählt werden. Dabei ergibt sich der nach den allgemeinen Regeln zu besteuernde Veräußerungsgewinn aus der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und den Veräußerungs- und Anschaffungskosten der Anteile im Zeitpunkt der Veräußerung. Dieser ist derjenigen Einkunftsart zuzurechnen, dem die Anteile nach der Einbringung angehörten. Bei Anteilen des Privatvermögens kommt die Neuregelung des § 17 Abs. 6 Nr. 1 EStG zum Tragen, nach der die Wertsteigerungen unabhängig von der Höhe der Beteiligung nach § 17 EStG besteuert werden, sofern die Anteile aufgrund eines Einbringungsvorgangs i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG n. F. erworben wurden. Der Veräußerungsgewinn ist daher stets durch das Halbeinkünfte- bzw. Teileinkünfteverfahren begünstigt (§§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a und c, 3c Abs. 2 S. 1 EStG). Bei körperschaftsteuerpflichtigen Anteilseignern ist der Gewinn zu 95 % von der Steuer freigestellt (§ 8b Abs. 2, 3 KStG). Auch für den nach den allgemeinen Regeln zu besteuernden Teil des Veräußerungsgewinns stellt sich die Frage einer Gewerbesteuerpflicht. Bekannt________________________ 475 Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15451. 476 Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 95.
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lich ist seit dem Grundsatzurteil des BFH477 aus dem Jahre 1982 der Gewinn aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteile vollumfänglich von der Gewerbesteuer freigestellt, sofern die gedachte Veräußerung im Einbringungszeitpunkt nicht der Gewerbesteuer unterlegen hätte. Dabei unterscheidet die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht zwischen den stillen Reserven, die sich bis zur Veräußerung gebildet haben und denen, die sich erst nach der Einbringung gebildet haben, da die vollumfängliche Steuerfreistellung als Gegengewicht für die Nachteile angesehen wird, die sich aus der Fortführung der Buchwerte sowohl auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft als auch auf Seiten des Anteilseigners ergeben. Patt478 weist nunmehr darauf hin, dass diese Erwägungen zumindest bei Veräußerungen der Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist nicht mehr Bestand haben können, da durch die nachträgliche Erhöhung der Anschaffungskosten in Höhe des Einbringungsgewinns I nur diejenigen stillen Reserven von den allgemeinen Besteuerungsregeln erfasst werden, die sich erst nach der Einbringung in den Anteilen gebildet haben. Patt hält daher an der Grundregel des § 7 S. 1 GewStG fest, nach der ein Gewinn aus einer Veräußerung einer zum gewerblichen Betriebsvermögen gehörenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als laufender Gewinn dem Gewerbeertrag des § 7 S. 1 GewStG hinzuzurechnen ist. Zugestehen muss Patt allerdings, dass eine exakte Aufsplittung des Veräußerungsgewinns in einen vor und nach der Einbringung entstandenen Gewinn gar nicht möglich ist, weil sich der Einbringungsgewinn für jedes abgelaufene Zeitjahr linear um ein Siebtel mindert. Ob dieser Gedanke, wie Patt meint, tatsächlich vernachlässigt werden kann, erscheint zumindest zweifelhaft. Allerdings schlagen auch seiner Meinung nach die Steuerfreistellungen des § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 4 KStG auf Ebene der Gewerbesteuer durch. Hält man dagegen an der höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, ergeben sich zur Besteuerung des Einbringungsgewinns I keine Unterschiede. Das Zusammenspiel von rückwirkender Nachversteuerung des Einbringungsgewinns I und der Entstehung von nachträglichen Anschaffungskosten bewirkt somit, dass nur die im Einbringungszeitpunkt vorhandenen stillen Reserven dem Besteuerungsregime des UmwStG zugeführt werden, während die nach der Einbringung entstandenen stillen Reserven den allgemeinen Besteuerungregeln unterliegen. Der Veräußerungsvorgang spaltet sich dem________________________ 477 BFH v. 29.4.1982 – IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738. 478 Patt, EStB 2007, 413 ff.
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zufolge in einen im Zeitablauf abschmelzenden zu versteuernden Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.) und einen begünstigt besteuerten Veräußerungsgewinn auf.479 (2) Steuerliche Folgen für die übernehmende Gesellschaft Die übernehmende Gesellschaft kann, den versteuerten Einbringungsgewinn I im Wirtschaftsjahr der Veräußerung der sperrfristbehafteten Anteile als Erhöhungsbetrag anzusetzen (§ 23 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.). Ziel ist es, die übernehmende Gesellschaft so zu stellen, als ob der Einbringende das übertragene Vermögen von vornherein zu einem um den Einbringungsgewinn I höheren Wert eingebracht hätte,480 um eine doppelte Besteuerung der stillen Reserven zu vermeiden.481 Dabei darf sich der Erhöhungsbetrag im Jahr der Aufstockung nicht auf den Gewinn auswirken. Die Aufstockung führt daher zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos.482 Die Buchwertaufstockung wird von mehreren Voraussetzungen abhängig gemacht. Sie ist nur zu gewähren, soweit der Einbringende die auf den Einbringungsgewinn I entfallende Steuer483 nachweislich entrichtet hat und dieses auch durch eine entsprechende Bescheinigung dem zuständigen Finanzamt nachgewiesen hat (§§ 22 Abs. 5, 23 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 UmwStG n. F.). Ist die Steuer nur zum Teil entrichtet wurden, mindert sich der Erhöhungsbetrag entsprechend. Sofern die Steuer auf den Einbringungsgewinn gestundet, niedergeschlagen oder die Vollziehung ausgesetzt ist, gilt die Steuer als nicht entrichtet.484
________________________ 479 Ausführliches Berechnungsschema Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15450. Weitere Berechnungsbeispiele Förster/Wendland, BB 2007, 631, 636; Ley, FR 2007, 109, 115. 480 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 77. 481 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 77. 482 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 117; Förster/Wendland, BB 2007, 631, 636; Ley, FR 2007, 109, 116; Widmann, in Widmann/Mayer § 23 UmwStG Rn. 631. 483 Der Begriff der „Steuer auf den Einbringungsgewinn“ wird im Schriftum unterschiedlich weit ausgelegt. Nach Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 23 UmwStG (SEStEG) Rn. 112 und Ritzer, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 97 sollen nur die auf den Einbringungsgewinn I entfallende Einkommen- und Körperschaftsteuer maßgeblich sein. Dagegen fordern Widmann, in Widmann/ Mayer, § 22 UmwStG Rn. 414 und Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 84 zu Recht, die Gewerbesteuer einzubeziehen. 484 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 23 UmwStG (SEStEG) Rn. 11; Ritzer, in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 99.
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Zudem setzt eine Buchwertaufstockung voraus, dass die eingebrachten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung485 noch im Vermögen der übernehmenden Kapitalgesellschaft standen. Gehörte ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung nicht mehr an, ist wie folgt zu verfahren. Ist das Wirtschaftsgut zum gemeinen Wert übertragen worden, kann der auf das Wirtschaftsgut entfallende Aufstockungsbetrag sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden (§ 23 Abs. 2 S. 2 UmwStG n. F.).486 Wurde das betreffende Wirtschaftsgut dagegen unter dem gemeinen Wert übertragen, ist weder eine Buchwertaufstockung noch ein Abzug als Aufwand zulässig.487 Hiervon dürften auch zufällig untergegangene Wirtschaftsgüter betroffen sein.488 Neben der Schwierigkeit die gemeinen Werte im Zeitpunkt der Veräußerung zu ermitteln, kann sich für die übernehmende Gesellschaft das Problem stellen, dass sie von einer Veräußerung der Anteile keine Kenntnis erlangt. Dieses ist vor allem in den Fällen denkbar, in denen an der übernehmenden Gesellschaft fremde Dritte beteiligt sind und es sich bei den veräußerten Anteilen um nicht vinkulierte handelt. Im Einbringungsvertrag sollte daher eine weitere Steuerklausel aufgenommen werden, nach der der Einbringende verpflichtet ist, jegliche Verfügungen über den Geschäftsanteil der Gesellschaft innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung unverzüglich der übernehmenden Gesellschaft anzuzeigen.489 Des Weiteren sollte vereinbart werden, dass der Einbringende verpflichtet ist der übernehmenden Gesellschaft zu erklären, in welchem Umfang die stillen Reserven auf die einzelnen eingebrachten Gegenstände entfallen.490 Nur so kann eine anteilige Zuordnung auf die einzelnen Wirtschaftgüter erfolgen.
________________________ 485 Widmann, in Widmann/Mayer, § 23 UmwStG Rn. 632. Die überwiegenden Stimmen im Schriftum (Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 93; Patt, in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, § 23 UmwStG (SEStEG) Rn. 134; Ritzer, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 77, 125) halten dagegen den Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem das die Besteuerung des Einbringungsgewinns I auslösende Ereignis fällt, für maßgeblich. 486 Vgl. Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 103 f. 487 BT-Drs. 16/2710, S. 50. 488 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 115; a. A. Ritzer, in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 123. 489 Carlé/Demuth, KÖSDI 2008, 15979, 15986 f.; Ott, DStZ 2009, 90, 96. 490 Vgl. Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 97.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Nach welcher Methode die Aufstockung der Wertansätze der Wirtschaftsgüter vorzunehmen ist,491 bleibt ebenso unbeantwortet wie deren verfahrenstechnische Umsetzung. Denkbar wäre die Steuererklärungen der übernehmenden Gesellschaft in den sieben Jahren nach der Veräußerung vorläufig (§ 165 AO) festzusetzen oder aber die Steuer zunächst ohne Berücksichtigung der Wertaufstockung festzusetzen und später im Rahmen der allgemeinen verfahrensrechtlichen Korrekturvorschriften zu ändern. Entscheidet sich die Finanzverwaltung für letzteres, ist weiterhin zu beachten, dass die Veräußerung der Anteile nach § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG n. F. nur „insoweit“ als rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO) anzusehen ist, als dass sich die Veräußerung auf die Festsetzung des Einbringungsgewinns bezieht.492 Die Berücksichtigung des Erhöhungsbetrags ist auch keine zwingende Folge der Veräußerung. Ein solcher Betrag wird nur auf Antrag der übernehmenden Gesellschaft gewährt, wenn die Steuer tatsächlich entrichtet und dies durch eine entsprechende Bescheinigung nachgewiesen worden ist. Die Steuerbescheide dürfen daher nicht nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geändert werden.493 Widmann494 weist jedoch zu Recht darauf hin, dass in der Bescheinigung über die Höhe des zu versteuernden Einbringungsgewinns die entfallende festgesetzte Steuer und den hierauf entrichteten Betrag (§ 22 Abs. 5 UmwStG n. F.) ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) zu sehen ist. Dementsprechend kann bei Vorlage der entsprechenden Bescheinigung der Steuerbescheid der übernehmenden Gesellschaft nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO korrigiert werden.
________________________ 491 Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2766. Auf die Frage der Aktivierung eines originären Firmenwerts gehen Bilitewski, in Haritz/Menner, § 23 UmwStG Rn. 97 und Ritzer, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 89 ein. Nach der sog. EinStufen-Theorie ist der originäre Firmenwert den anderen Wirtschaftsgütern gleichgestellt und demnach auch im gleichen Umfang aufzustocken. Nach der überwiegend vertretenen Zwei-Stufen-Theorie sind dagegen die materiellen und immateriellen Einzelwirtschaftsgüter zunächst aufzustocken und ein originärer Firmenwert erst nachrangig zu aktivieren. 492 Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 23 UmwStG (SEStEG) Rn. 135; Ritzer, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 73; a. A. Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15452. 493 Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 23 UmwStG (SEStEG) Rn. 135; Ritzer, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 73. 494 Widmann, in Widmann/Mayer, § 22 UmwStG Rn. 429; zustimmend Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 249 f.; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 23 UmwStG Rn. 44; a. A. Patt, in Dötsch/Patt/Pung/ Möhlenbrock, § 23 UmwStG (SEStEG) Rn. 135.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
(3) Nachweispflichten Von Seiten der Finanzverwaltung wurde und wird der Status der Einbringungsgeborenheit häufig nicht erkannt. Um die für den Fiskus äußerst missliche Situation nicht noch auf die nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F. sperrfristbehafteten Anteile zu erstrecken, entschloss sich der Gesetzgeber, in § 22 Abs. 3 UmwStG n. F. eine Nachweispflicht einzuführen. Bei einer Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. hat der Einbringende in den dem Einbringungszeitpunkt folgenden sieben Jahren jährlich spätestens bis zum 31.5. eines Jahres den Nachweis darüber zu erbringen, wem die erhaltenen Anteile und die auf diesen Anteilen beruhenden Anteile zuzurechnen sind (§ 22 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 UmwStG n. F.).495 Erbringt er den Nachweis nicht oder nicht fristgerecht, gelten die erhaltenen Anteile (oder die auf diesen Anteilen beruhenden Anteile) an dem Tag, der dem Einbringungszeitpunkt folgt oder der in den Folgejahren diesem Kalendertag entspricht, als veräußert. Umfasst das eingebrachte Betriebsvermögen auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, wobei es sich gerade nicht um einbringungsgeborene Anteile handeln darf, kommt darüber hinaus § 22 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 UmwStG n. F. zur Anwendung. Danach ist der Einbringende verpflichtet, den Nachweis darüber zu erbringen, wem die eingebrachten Anteile und die auf diesen Anteilen beruhenden Anteile zuzurechnen sind. Ist der Nachweis nicht oder nicht fristgerecht erbracht, wird eine Veräußerung der eingebrachten Anteile (oder die auf diesen Anteilen beruhenden Anteile) rückwirkend unwiderlegbar vermutet (§ 22 Abs. 3 S. 2 UmwStG n. F.). Gleichwohl ist in der Gesetzesbegründung496 zu lesen, dass es sich gerade nicht um eine Ausschlussfrist handeln soll und damit auch keine Veräußerung unwiderlegbar vermutet werden dürfte. Die Finanzverwaltung497 entscheidet sich indes für einen dritten Weg. Sie weist ihre Beschäftigten an, vom Einbringendem Angaben über den gemeinen Wert im Einbringungszeitpunkt und etwaige Einbringungskosten einzuholen, sofern die Nachweisfrist versäumt worden ist. Wird der Nachweis nicht erbracht, nimmt die Verwaltung eine Veräußerung der Anteile an und setzt einen Veräußerungsgewinn fest. Der Einbringende erhält jedoch die Möglichkeit, gegen die betreffende Bescheide Einspruch und ggf. Klage zu erheben und den geforderten Nachweis über die betreffenden Anteile nachträglich zu erbringen. Ob der an sich verspätete Nachweis allerdings die un________________________
495 Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 220. 496 BT-Drs. 16/2710, S. 49. 497 BMF-Schr. v. 4.9.2007, BStBl. I 2007, 698.
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widerlegbare zu einer widerlegbaren Vermutung werden lässt, steht im Ermessen der Finanzverwaltung. Der Einbringende sieht sich demnach mit einer unklaren Rechtslage konfrontiert. Sollte er die Frist versäumt haben, kann er nur auf eine für ihn günstige Entscheidung der Finanzverwaltung hoffen. Der Gesetzgeber ist daher eindringlich aufgefordert,498 die von ihm geäußerten Vorstellungen, wonach es sich bei der Frist um keine Ausschlussfrist handeln soll, in Gesetzesform zu gießen. Gesetzlich vorgeschrieben ist dem Einbringenden nicht, in welcher Form der Nachweis zu erbringen ist. Denkbar ist, die Gesellschafterstellung durch Vorlage eines Auszugs aus dem Aktienregister (§ 67 AktG), einer Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) oder einer Mitgliederliste (§ 15 Abs. 2 GenG) nachzuweisen. Möglich ist aber auch, eine schriftliche Erklärung abzugeben, in der die Gesellschafterstellung sowohl von Seiten der Gesellschaft als auch von Seiten des Gesellschafters bestätigt wird.499 Maßgeblich kommt es auf das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 AO) an den Anteilen an. Wirtschaftlicher Eigentümer ist derjenige, dem die Stimmrechte und das Gewinnbezugsrecht zustehen, der eine auf den Erwerb bzw. das Halten der Anteile geschützte Rechtsposition innehat und den das Risiko einer Wertminderung und die Chancen einer Wertsteigerung treffen.500 Finanzverwaltung501 und weite Teile des Schriftums502 wollen den Nachweis an das Finanzamt gerichtet sehen, welches für die Besteuerung des Einbringenden zuständig ist. Andere503 halten dagegen das Finanzamt der übernehmenden Gesellschaft für zuständig, da nur das für die übernehmende Gesellschaft zuständige Finanzamt jegliche Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur zentral überwachen kann. Ungeachtet etwaiger Zweckmäßigkeitserwägungen sollte jedoch einzig und allein entscheidend sein, wen die ________________________ 498 Funk, BB 2007, H. 26, Die erste Seite; Söffing/Lange, DStR 2007, 1607, 1610; Stümper/Walter, GmbHR 2008, 31, 34 f. 499 BMF-Schr. v. 4.9.2007, BStBl. I 2007, 698. 500 BFH v. 11.7.2006 – VIII R 32/04, BStBl. II 2007, 296; Brockmeyer, in Klein, § 39 AO Rn. 26. 501 BMF-Schr. v. 4.9.2007, BStBl. I 2007, 698 f. 502 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 225; Ley, FR 2007, 109, 117; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 22 UmwStG Rn. 158; Söffing/Lange, DStR 2007, 1607, 1609 f.; Stangl, in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 190; Widmann, in Widmann/Mayer, § 22 UmwStG (SEStEG) Rn. 378. 503 Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2767.
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steuerlichen Folgen eines fehlenden Nachweises treffen. Diese treffen allein den Einbringenden. Der Einbringende ist damit nach § 22 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 UmwStG n. F. aufgefordert, in den dem Einbringungszeitpunkt folgenden sieben Jahren jährlich spätestens bis zum 31.5. zu erklären, wem die Anteile mit Ablauf des Tages, der dem maßgeblichen Einbringungszeitpunkt entspricht, zuzurechnen sind. Der erste Nachweis ist mit Ablauf des ersten Jahrestages nach der Einbringung zu erbringen, spätestens bis zum nächstfolgenden 31.5. Sollten die erhaltenen Anteile zwischenzeitlich in das Vermögen einer Kapitalgesellschaft eingebracht worden sein (§ 21 UmwStG n. F.), ist der Nachweis gemäß § 22 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 UmwStG n. F. zusätzlich noch auf solche Anteile zu erstrecken, die auf den erhaltenen Anteilen der Sacheinlage beruhen. Entsprechend ist im Rahmen der Gründung einer Kapitalgesellschaft oder bei einer späteren Kapitalerhöhung zu einer Abspaltung von stillen Reserven (vgl. § 22 Abs. 7 UmwStG n. F.) zu verfahren. Auch die mitverstrickten Anteile unterliegen der Nachweispflicht des § 22 Abs. 3 UmwStG n. F. Kommt der Einbringende seiner Nachweispflicht nicht oder nicht fristgerecht nach, gelten die betreffenden Anteile als veräußert (§ 22 Abs. 3 S. 2 UmwStG n. F.). Die Finanzverwaltung504 sieht hierin eine Fiktion, die über das UmwStG hinausreichen soll. Neben der rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns will sie den Gewinn zusätzlich dem EStG bzw. KStG unterwerfen. Daher müssen ihrer Ansicht nach die vor und nach der Einbringung entstandenen stillen Reserven besteuert werden. Welchen Veräußerungspreis sie mangels einer gesetzlichen Grundlage zugrunde legen will, wird allerdings nicht verraten. Demgegenüber hält das Schriftum505 die Fiktion auf den Anwendungsbereich des UmwStG beschränkt. Allein der Einbringungsgewinn I ist zu besteuern. In Höhe des Einbringungsgewinns I erhöhen sich die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (§ 22 Abs. 1 S. 4 UmwStG n. F.). Sofern die Steuer auf den Einbringungsgewinn entrichtet ist, kann die übernehmende Gesellschaft die Wertansätze der eingebrachten Wirtschaftsgüter entsprechend den in § 23 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. niedergelegten Grundsätzen erhöhen. ________________________ 504 BMF-Schr. v. 4.9.2007, BStBl. I 2007, 698. 505 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 231; Förster/Wendland, BB 2007, 631, 638; Funk, BB 2007, H. 26, Die erste Seite; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 22 UmwStG Rn. 163; Söffing/Lange, DStR 2007, 1607, 1611; Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 193; Rödder/ Schumacher, DStR 2007, 369, 375; Widmann, in Widmann/Mayer, § 22 UmwStG (SEStEG) Rn. 373.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Hierfür sprechen neben dem Wortlaut von § 22 Abs. 3 S. 2 UmwStG n. F., bei dem allein von einer Veräußerung i. S. d. § 21 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UmwStG n. F. die Rede ist und der systematischen Stellung der Nachweisregelung innerhalb des § 22 UmwStG n. F.506 vor allem teleologische Argumente. Die §§ 20 ff. UmwStG n. F. sollen steuerneutrale Umstrukturierungen ermöglichen. Sofern allerdings das spätere Besteuerungsrecht im Hinblick auf die im eingebrachten Vermögen ruhenden stillen Reserven nicht mehr sichergestellt ist, muss die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Vermögen zwingend mit den gemeinen Werten bewerten. Werden die gemeinen Werte angesetzt, so sind die Anteile nicht mehr dem Besteuerungsregime des UmwStG verhaftet. Allein eine Veräußerung der Anteile kann eine Besteuerung auslösen. Warum bei Anteilen, bei denen die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist und nur die Finanzverwaltung aufgrund einer unwiderlegbaren Vermutung eine Besteuerung des Einbringungsgewinns fordert, diejenigen stillen Reserven besteuert werden müssen, die bei einer Einbringung zum gemeinen Wert nicht besteuert worden wären, bleibt von der Finanzverwaltung unbeantwortet. Sofern die Steuer für den Einbringungsgewinn I entrichtet worden ist, bleibt es damit allein bei der Besteuerung des Einbringungsgewinns I (§ 22 Abs. 1 UmwStG n. F.). Der Einbringungsgewinn erhöht die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile und führt auf Antrag zu einer rückwirkenden Erhöhung der Wertansätze bei der übernehmenden Gesellschaft. bb) Teilanteil, der auch unter das UmwStG a. F. fällt Hinsichtlich des Teilanteils, bei dem es sich um einbringungsgeborene Anteile i. S. d. §§ 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F., 21 Abs. 1 UmwStG a. F. handelt, richten sich die Besteuerungsfolgen bei einer Veräußerung der erhaltenen Anteile gemäß §§ 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F., 21 ff. UmwStG a. F. nach dem Besteuerungsregime des alten UmwStG. Insoweit kann auf die Ausführungen hinsichtlich der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen verwiesen werden.507 Für die Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens bzw. die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2–4 KStG 2005 ist wiederum zu beantworten, ob die erhaltenen Anteile innerhalb oder außerhalb der siebenjährigen Behaltensfrist veräußert worden sind und die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile und somit auch die erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile auf eine Einbringung einer Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. oder einer Anteilseinbringung i. S. d. § 20 ________________________ 506 Söffing/Lange, DStR 2007, 1607, 1611. 507 Vgl. 2. Kap. C. III.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. zurückzuführen sind. Nochmals sei daran erinnert, dass die Einbringung nach neuem Recht keine neue siebenjährige Sperrfrist auslöst, sondern die erhaltenen Anteile in die siebenjährige Sperrfrist der eingebrachten Anteile eintreten. Darüber hinaus wird der betreffende Teilanteil auch durch das Besteuerungsregime des neuen UmwStG verstrickt. Zu einer Besteuerung kann es dennoch nicht kommen, da nicht die eingebrachten, sondern die erhaltenen Anteile veräußert werden (vgl. § 22 Abs. 2 UmwStG n. F.). Die Vorschriften der §§ 15, 17, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 52 a Abs. 11 S. 4 EStG werden durch die spezielleren Regelungen des UmwStG verdrängt. c) Veräußerung der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile Veräußert die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile, ergeben sich keinerlei Besonderheiten. Entsprechend den Vorschriften der §§ 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F., 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. i. V. m. § 8b Abs. 4 KStG 2005 ist zu entscheiden, ob der Veräußerungsgewinn hinsichtlich der einbringungsgeborenen Anteile zu 95 % steuerbefreit ist oder vollumfänglich der Körperschaft- und der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist. Dabei ist zu bedenken, dass die übernehmende Gesellschaft als Rechtsnachfolgerin des Einbringenden in die siebenjährige Sperrfrist des Einbringenden eintritt und keine erneute Sperrfrist durch die erneute Einbringung ausgelöst wird. Zugleich unterliegen die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile aber auch dem Besteuerungsregime des neuen UmwStG. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. schreibt für den Einbringenden die Besteuerung des sog. Einbringungsgewinns II vor, soweit die eingebrachten Anteile innerhalb eines Zeitraumes von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft veräußert werden, beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre und die erhaltenen Anteile nicht zuvor veräußert worden sind (§ 22 Abs. 2 S. 5 Hs. 1 UmwStG n. F.). Darüber hinaus dürfen die Vorschriften des § 6 AStG nicht zur Anwendung gekommen sein (§ 22 Abs. 2 S. 5 Hs. 2 UmwStG n. F.). § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. ordnet an, dass insoweit das alte Recht ausschließlich zur Anwendung kommt, sofern der Veräußerungsgewinn vollumfänglich zu besteuern ist. Der Veräußerungsgewinn darf daher weder durch das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren noch durch die 95 %-ige Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2, 4 KStG 2005 begünstigt sein. Somit ist zu beantworten, ob der Veräußerungsgewinn der übernehmenden Gesellschaft vollumfänglich der Körperschaftsteuer zu unterwerfen ist oder ob die 153
2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
95 %-ige Steuerfreistellung zur Anwendung kommt. Dabei sind einzig Veräußerungen innerhalb der siebenjährigen „originären“ Sperrfrist von Bedeutung, denn nur solange kann es auch zu einer Besteuerung des Einbringungsgewinns II kommen. Die übernehmende Gesellschaft muss den Veräußerungsgewinn nach altem Recht vollumfänglich der Besteuerung unterwerfen, wenn die Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden und auf betriebseinbringungsgeborene Anteile zurückzuführen sind oder es sich um anteilseinbringungsgeborene Anteile handelt, die durch eine nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person eingebracht worden sind.508 Sollte dies der Fall sein, ist der Veräußerungsgewinn ausschließlich dem Besteuerungsregime des alten UmwStG zu unterwerfen. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. findet insoweit keine Anwendung. Kommt die übernehmende Gesellschaft in den Genuss der 95 %igen Steuerfreistellung, so könnte die Gefahr einer Doppelbesteuerung hinsichtlich des fingierten Betriebsausgabenabzugsverbots i. H. v. 5 % des Veräußerungsgewinns bestehen. Eine Steuerfreistellung nach altem Recht ist bei einer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung jedoch nur möglich, wenn anteilseinbringungsgeborene Anteile von einer nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Person eingebracht werden. In derartigen Fällen ist § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. nicht anwendbar, da die Einbringung durch eine nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person vorgenommen worden sein muss. Somit unterliegen auch die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile einzig dem Besteuerungsregime des alten UmwStG. Eine Doppelbesteuerung findet mithin nicht statt. d) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG n. F. Hinsichtlich des Teilanteils, der ausschließlich unter das Besteuerungsregime des neuen UmwStG fällt, hat der Gesetzgeber, um weitere missbräuchliche Gestaltungen zu verhindern, in § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1–6 UmwStG n. F. eine Reihe von Tatbeständen einer Veräußerung gleichgestellt. Diese Ersatzrealisationstatbestände wurden nach dem Vorbild des § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. gefasst, gehen aber über dessen Anwendungsbereich weit hinaus. Auf eine Antragsbesteuerung konnte hingegen verzichtet werden, da der Einbringungsgewinn I nur die stillen Reserven erfasst, die sich in den Anteilen bis zum Einbringungszeitpunkt gebildet haben. Eine darüber hinausgehende Steuerverstrickung können allein die Vorschriften des EStG bzw. KStG begründen. Die Rechtsfolgen einer Veräußerung treten demzu________________________ 508 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. b).
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
folge auch ein, wenn einer der in § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1–6 UmwStG n. F. genannten Vorgänge innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist verwirklicht wird. aa) Unentgeltliche Übertragungen § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 UmwStG n. F. stellt einer Veräußerung der Anteile gleich, wenn der Einbringende die sperrfristbehafteten Anteile unmittelbar oder mittelbar unentgeltlich auf eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft überträgt. Unentgeltliche Übertragungen auf andere Rechtsträger wie Stiftungen oder Personengesellschaften werden dagegen nicht erfasst. Hauptanwendungsfall soll laut Gesetzesbegründung509 die verdeckte Einlage sein, die unentgeltlich ist, weil keine Gegenleistung gewährt wird und die Zuwendung allein im Gesellschaftsverhältnis begründet ist. Nach dem Wortlaut werden jedoch sämtliche unentgeltliche Übertragungen auf eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft einer Veräußerung gleichgestellt. Die wortlautgetreue Auslegung gerät dabei zwangsläufig in Konflikt mit § 22 Abs. 6 UmwStG n. F. Letztere besagt, dass in den Fällen der unentgeltlichen Rechtsnachfolge der Rechtsnachfolger des Einbringenden als Einbringender i. S. d. § 22 Abs. 1 bis 5 UmwStG n. F. anzusehen ist. Hinsichtlich der alten Rechtslage war man sich insoweit einig, dass die speziellen Entstrickungsnormen das allgemeine Rechtsnachfolgeprinzip verdrängen.510 Daher könnte man auf die Idee kommen, diesen Gedanken auch auf das neue Recht zu übertragen.511 Auch in der Gesetzesbegründung512 ist zu lesen, dass nunmehr alle Fälle der unmittelbaren und mittelbaren Übertragung der erhaltenen Anteile erfasst sein sollen. Ob der Gesetzgeber tatsächlich beabsichtigt hat, die unentgeltliche Übertragung derart weit zu fassen, ist jedoch zweifelhaft. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf ging es allein um die verdeckte Sacheinlage. Erst im Anschluss an die Beratungen im Finanzausschuss wurde der Anwendungsbereich der Norm erweitert. Insbesondere wies man auf den Fall der Realteilung hin, bei der die sperrfristbehafteten Anteile auf die Mitunternehmerkapitalgesellschaft übertragen werden.513 Ein Fall der Realteilung kann aber keineswegs als Musterbeispiel einer unentgeltlichen Übertragung angesehen werden. ________________________ 509 510 511 512 513
BT-Drs. 16/3369, S. 12; vgl. auch Heß/Schnitger, in PWC, Rn. 1666. Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 31. Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 204. BT-Drs. 16/3369, S. 12. BT-Drs. 16/3369, S. 12. Mit den Fällen einer Realteilung setzt sich eingehend Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 22 UmwStG Rn. 40 auseinander.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Eine Besteuerung des Einbringungsgewinns kann auch nur in den Fällen gerechtfertigt sein, in denen dem Fiskus tatsächlich droht, Besteuerungssubstrat zu verlieren. Zumindest bei Schenkungen unter Lebenden oder Erwerben von Todes wegen, bei denen das Besteuerungsrecht an den sperrfristbehafteten Anteilen weiterhin im Inland verbleibt, sollte ein Eintritt in die Rechtsposition des Einbringenden möglich sein. Dagegen ist von der Verwirklichung eines der Veräußerung gleichgestellten Vorgangs auszugehen, wenn die erhaltenen Anteile im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung oder einer Sachdividende an eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ausgeschüttet oder an eine steuerbefreite Kapitalgesellschaft gespendet werden.514 Mittelbar unentgeltlich werden die erhaltenen Anteile übertragen, wenn die erhaltenen Anteile aus der ersten Einbringung in eine (zweite) Kapitalgesellschaft im Wege eines Anteilstausches eingebracht werden und die erhaltenen Anteile an dieser zweiten Kapitalgesellschaft verdeckt in eine dritte Kapitalgesellschaft eingelegt werden.515 bb) Entgeltliche Übertragungen Eine Einbringung kann nach § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. auch dann nicht mehr zu Buch- oder Zwischenwerten vollzogen werden, wenn die erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung entgeltlich übertragen werden. Da es sich bei Veräußerungen regelmäßig um entgeltliche Übertragungen handelt und diese somit bereits unter den Grundtatbestand des § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. fallen, muss der Sinn der Vorschrift in den Ausnahmen begründet sein, wonach die Besteuerung des Einbringungsgewinns I nicht durchgeführt werden darf, wenn die Übertragung aufgrund einer Einbringung einer Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG n. F.), eines Anteilstauschs (§ 21 Abs. 1 UmwStG n. F.) oder eines vergleichbaren ausländischen Vorganges zu Buchwerten erfolgt ist. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. ergänzt damit nicht den Grundtatbestand der Veräußerung (§ 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.), sondern schränkt ihn ein.516 Bei einer Einbringung nach altem Recht wurde zwischen Buch-, Zwischenund Teilwerteinbringungen unterschieden, wobei letztere übereinstimmend wegen der vollentgeltlichen Gegenleistung als steuerpflichtiger Veräuße________________________ 514 Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 103. Weitere Fallgestaltungen vgl. Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 22 UmwStG Rn. 40. 515 Vgl. Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 120. 516 Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1539.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
rungsvorgang angesehen wurden.517 Bei Einbringungen, die unter das neue Recht fallen, ist dagegen stets von einem entgeltlichen Vorgang auszugehen. Ein Einbringungsgewinn ist nur dann nicht zu versteuern, wenn bei einer Einbringung einer Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG n. F.) oder einem Anteilstausch (§ 21 Abs. 1 UmwStG n. F.) die Buchwerte von der übernehmenden Gesellschaft fortgeführt werden. Dem Einbringenden verbleibt jedoch nach § 20 III S. 3 UmwStG n. F. die Möglichkeit, sich neben den Gesellschaftsrechten noch andere Wirtschaftgüter gewähren zu lassen, sofern die gemeinen Werte dieser Wirtschaftsgüter nicht den Buchwert des eingebrachten Vermögens übersteigen. Überträgt die übernehmende Gesellschaft neben Gesellschaftsrechten beispielsweise auch eine Forderung, kommt es wirtschaftlich gesehen zu einer Teilveräußerung der Anteile. Hierdurch wird jedoch kein steuerschädlicher Vorgang i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. ausgelöst.518 Bei Einbringungen zu Zwischenwerten müssen die stillen Reserven vollumfänglich aufgedeckt werden.519 Gleiches gilt bei Einbringungen in Personengesellschaften gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.520 cc) Auflösung und Abwicklung, Kapitalherabsetzung, Einlagenrückzahlung Eine Besteuerung des Einbringungsgewinns I wird zudem ausgelöst, wenn die Kapitalgesellschaft, an der die erhaltenen521 Anteile bestehen, aufgelöst und abgewickelt, das Kapital herabgesetzt und an die Anteilseigner zurückgezahlt wird oder soweit Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden. Der Regelungsbereich entspricht weitgehend dem des § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG a. F.522 Nach dem Gesetzeswortlaut soll es aber nicht mehr darauf ankommen, dass kein Fall des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG 2005 vor________________________
517 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 70; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 181. 518 Eingehend Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 126. 519 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 33. 520 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 34; a. A. Benz/Rosenberg, BBSpecial 8/2006, 51, 62, die entgegen dem Gesetzeswortlaut bei Buchwertübertragungen stets § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. anwenden wollen. 521 § 21 Abs. 1 S. 6 Nr. 3 UmwStG n. F. spricht nicht von den „erhaltenen Anteilen“, sondern von der Kapitalgesellschaft, an der die Anteile bestehen. Aus dem systematischen Zusammenhang mit § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1, 2, 4 und 5 UmwStG n. F. ergibt sich jedoch, dass nur die erhaltenen Anteile gemeint sein können, Widmann, in Widmann/Mayer, § 22 UmwStG Rn. 59. 522 Vgl. 2. Kap. D. III.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
gelegen haben darf. Nach alter Rechtslage wurden nur diejenigen Teile der Ausschüttung dem Veräußerungspreis gleichgestellt, die nicht den Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG 2005 unterfielen. Auf diesem Wege sollten Gewinnausschüttungen als laufende Einnahmen vom steuerlich begünstigten Veräußerungsgewinn abgegrenzt werden.523 Da das neue UmwStG nur diejenigen Wertsteigerungen erfasst, die sich bis zur Einbringung in dem eingebrachten Vermögen gebildet haben, war eine Regelung im UmwStG entbehrlich. Gleichwohl sollte an diesem Gedanken auch ohne eine gesetzliche Regelung bei der Besteuerung derjenigen Wertsteigerungen festgehalten werden, die den allgemeinen Besteuerungsregeln unterliegen.524 Obwohl die Regelungen schon das alte UmwStG kannte, werden vor allem die Kapitalrückzahlung und die Rückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagekonto als systemfremd empfunden.525 Während nach altem Recht eine vor der Veräußerung durchgeführte Einlagenrückgewähr den voll steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn mindern konnte, besteuert das neue Recht nur die stillen Reserven, die im Zeitpunkt der Einbringung in den eingebrachten Vermögen ruhten. Wertänderungen können den Einbringungsgewinn I nicht mehr verändern. Zu Recht wird daher die Streichung der letzten beiden Alternativen des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 3 UmwStG n. F. gefordert. Zudem ist zu beachten, dass Rückzahlungen und Ausschüttungen von Einlagen auch nur zu einer Gewinnrealisierung führen, „soweit“ (vgl. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.) sie einer Veräußerung gleichgestellt sind. Eine Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto kann demzufolge nur schädlich sein, sofern die Buchwerte der erhaltenen Anteile überschritten werden.526 dd) Ketteneinbringung Ferner kann auch eine sog. Ketteneinbringung eine Besteuerung des Einbringungsgewinns I auslösen. Dabei knüpft § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG n. F. im Ausgangspunkt an die Situation des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. an. Im Anschluss an die ursprüngliche Sacheinlage zu Buchwerten werden die aus der ersten Einbringung erhaltenen Anteile erneut entspre________________________ 523 Vgl. 2. Kap. D. III. 524 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 132; Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 112. 525 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 133 m. w. N.; vgl. insbesondere Rödder/Stangl, Ubg 2008, 39 ff. 526 Oesterwinter/Pellmann, BB 2008, 2769, 2770; Schumacher/Neumann, DStR 2008, 325, 332 f.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
chend den Vorgaben der §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 2 UmwStG n. F. oder aufgrund vergleichbarer ausländischer Vorgänge zum Buchwert in eine Gesellschaft eingelegt. Es findet demnach eine zweite Einbringung statt, nunmehr mit den erhaltenen Anteilen aus der ersten Einbringung. Da die erneute Einbringung zu Buchwerten vollzogen wird, würde die Einbringung der erhaltenen Anteile nach der Grundregel des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. an sich keine Besteuerung auslösen. Dies soll jedoch nach der 1. Alternative des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG n. F. dann nicht möglich sein, wenn die aus der ersten Einbringung erhaltenen sperrfristbehafteten Anteile unmittelbar oder mittelbar von der übernehmenden Gesellschaft der zweiten Einbringung innerhalb der (ursprünglichen) siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden.527 Während der Begriff der unmittelbaren Veräußerung keinerlei Schwierigkeiten aufwirft, wäre es im diesem Zusammenhang hilfreich gewesen, den Begriff der mittelbaren Veräußerung zu definieren. Um eine mittelbare Veräußerung der erhaltenen Anteile handelt es sich jedenfalls, wenn nicht die übernehmende Gesellschaft der zweiten Einbringung die erhaltenen Anteile veräußert, sondern der Einbringende der zweiten Einbringung seine Anteile veräußert, die dieser im Gegenzug für die eingebrachten Anteile an der übernehmenden Gesellschaft aus der zweiten Einbringung erhalten hat.528 Ob von einer mittelbaren Veräußerung der erhaltenen Anteile auch Vorgänge betroffen sind, bei denen unmittelbare oder mittelbare Anteilseigner der Gesellschaft ihre Anteile veräußern, die aus der ersten Einbringung die erhaltenen Anteile erworben haben, bleibt gesetzlich ungeklärt. Ein vergleichbares Problem stellte sich bereits bei § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. Hierbei nahm die Finanzverwaltung529 eine Veräußerung nur an, wenn die Anteile durch eine am Einbringungsvorgang unmittelbar beteiligte Person übertragen wurden. Ob die Finanzverwaltung ihre zum alten Recht geäußerte Ansicht beibehalten wird, bleibt abzuwarten.530 Zudem löst nach der 2. Alternative des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. auch eine erneute Einbringung der erhaltenen Anteile zu Buchwerten eine Besteuerung aus, wenn die erhaltenen Anteile aus der ersten Einbringung von der übernehmenden Gesellschaft der zweiten Einbringung wiederrum unmittelbar oder mittelbar unentgeltlich i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 ________________________ 527 Vgl. Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 158. 528 Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 119; Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15451. 529 BMF-Schr. v. 16.12.2003, BStBl. I 2003, 786 Rn. 22. 530 Ausführlich Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 115.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
UmwStG n. F. oder entgeltlich i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F. übertragen werden (dritte Einbringung). Auf diesem Wege wird der Anwendungsbereich der Missbrauchsvorschrift auf jede weitere Einbringung ausgeweitet. Eine Besteuerung des Einbringungsgewinns hat nur dann nicht zu erfolgen, wenn die erhaltenen Anteile zu Buchwerten übertragen werden (§ 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG n. F.). ee) Übertragung der für die Einbringung erhaltenen Anteile § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 5 UmwStG n. F. behandelt eine ähnliche Konstellation wie § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG n. F. Auch hier werden die aus einer Sacheinlage erhaltenen sperrfristbehafteten Anteile im Wege eines Anteilstausches oder einer erneuten Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eingebracht. Die aus dieser (zweiten) Einbringung erhaltenen Anteile werden entweder von dem Einbringenden selbst veräußert oder mittelbar dadurch, dass der Einbringende eine erneute Sacheinlage oder einen Anteilstausch tätigt. Folglich geht es um die erhaltenen Anteile aus der zweiten Einbringung und anschließenden Veräußerung der durch die dritte Einbringung erhaltenen Anteile durch die übernehmende Gesellschaft.531 Dagegen führen unmittelbare oder mittelbare Änderungen in der Beteiligungsstruktur entsprechend den Ausführungen zu § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG n. F. nicht zu einer Ersatzrealisation.532 ff) Wegfall der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG n. F. Schlussendlich kommt es auch dann zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I, wenn nach § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 Nr. 4 UmwStG n. F. die übernehmende Gesellschaft aus der ursprünglichen Einbringung oder die übernehmende Gesellschaft aus Folgeeinbringungen die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG n. F. innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist nicht mehr erfüllen. Auf die Person des ursprünglichen Einbringenden kommt es hingegen nicht an.533 § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 UmwStG n. F. erfasst in erster Linie den Wegzug der übernehmenden Gesellschaft aus der ersten bzw. aus Folgeeinbringungen. Dabei ist es ausreichend, wenn die übernehmende Gesellschaft den Ort ihrer Geschäftsleitung oder ihren Sitz in ein Drittland verlegt. § 1 Abs. 4 UmwStG n. F. fordert, dass sowohl der Ort der Geschäftsleitung als auch der Sitz im EU-/EWR-Gebiet liegen müssen. Bei einer unentgeltlichen Rechtsnachfolge ________________________
531 Vgl. Bsp. bei Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 163; Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 125. 532 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. d) dd). 533 Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 175.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
nach § 22 Abs. 6 UmwStG n. F. kommt es dabei auf die Person des Rechtsnachfolgers an. gg) Wertabspaltung Unverändert kann sich das Problem der Wertabspaltung stiller Reserven von einbringungsgeborenen Anteile bei Kapitalerhöhungen oder Gesellschaftsgründungen stellen. Hiervon sind nicht nur die eingebrachten alteinbringungsgeborenen Anteile, sondern auch neueinbringungsgeborene Anteile i. S. d. § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. betroffen. Insoweit ist auf die Ausführung zur Wertabspaltung von stillen Reserven originär erworbener einbringungsgeborener Anteile auf derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile zu verweisen.534 Hinsichtlich der Anteile, die unter dem Besteuerungsregime des UmwStG n. F. entstanden sind, findet sich nunmehr eine gesetzliche Regelung in § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. Hierdurch sollen die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Wertabspaltung von originär erworbenen Anteilen gesetzlich normiert werden.535 Ohne eine gesetzliche Regelung bleiben die Fragen nach der Berechnung der Verhaftungsquote und Ermittlung der Anschaffungskosten sowohl für originär als auch für derivativ erworbene Anteile.536 e) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG a. F. Des Weiteren ist gesetzlich nicht geregelt, ob die nach neuem Recht entstandenen einbringungsgeborenen Anteile nur nach dem altem Recht zu entstricken sind, wenn die Anteile veräußert werden, oder die Rechtsfolgen einer Veräußerung auch eintreten, wenn einer der in § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. genannten Ersatzrealisationstatbestände verwirklicht wird. Schmitt und Schloßmacher537 lehnen dies ab und begründen ihre Auffassung mit dem Wortlaut des § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG n. F. Im Unterschied zu § 27 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG n. F. spreche die Regelung nicht von einbringungsgeborenen Anteilen i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F., sondern beziehe sich allein auf solche Anteile, die auf einem Einbringungsvorgang beruhen, auf den gemäß § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. das alte UmwStG anwendbar sei. Da die neuen einbringungsgeborenen Anteile aber nicht unter dem Besteuerungsregime des alten UmwStG entstanden seien, dürften die Vorschriften ________________________ 534 Vgl. 2. Kap. E. 535 BT-Drs. 16/3369, S. 13. Dazu eingehend Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 26 ff.; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2009, 828 ff. 536 Vgl. 2. Kap. E. I. 1. b) c). 537 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 224; Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2245.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
über die der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge auch nicht einschlägig sein. Patt538 leitet die vollumfängliche Anwendung des alten Rechts und damit auch die Entstrickung der Anteile nach der der Veräußerung gleichgestellten Tatbestände aus der Fiktion des § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. ab. Diese Anteile gelten als einbringungsgeborene Anteile und sind daher so zu behandeln, als ob sie ihre besondere Eigenschaft schon vor Inkrafttreten des SEStEG erlangt hätten. Daher sollen auch die unter dem neuen Recht entstandenen einbringungsgeborenen Anteile vom Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. erfasst sein. In der Tat hängt die Entscheidung von der Reichweite der gesetzlichen Fiktion in § 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. ab. Ob der Gesetzgeber diesen Fall – ebenso wie den der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens bei der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge539 – überhaupt gesehen hat, darf bezweifelt werden. Jedenfalls ist dies den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Es ist nur von einer Veräußerung der Anteile die Rede, was als Indiz für die erstgenannte Auffassung gewertet werden könnte. Gleichwohl lässt sich dies aber auch dahingehend deuten, dass der Gesetzgeber die Ersatztatbestände in § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. ausdrücklich erwähnt hat und daher davon ausging, dass die der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge des alten UmwStG mitumfasst sind. Auch ist kein Grund ersichtlich, die der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge von der Verweisung auszunehmen. Würde man die Ersatztatbestände ausklammern, nähme man dem Anteilseigner zudem die Möglichkeit, die Besteuerung der stillen Reserven nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG a. F. zu beantragen. Aus diesem Grund sollten die einbringungsgeborenen Anteile auch dann besteuert werden, wenn einer der in § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. genannten Vorgänge verwirklicht wird. 2. Anteilstausch i. S. d. § 21 UmwStG n. F. Werden einbringungsgeborene Anteile i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. zusammen mit weiteren Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (erworbene Gesellschaft) in eine andere Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (übernehmende Gesellschaft) gegen Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Körperschaft eingebracht, handelt es sich um einen Anteilstausch i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. Dieser zuvor als Anteilseinbringung bezeichnete Vorgang ist nunmehr in einem eigenständigen Tatbestand kodifiziert. Dabei greift der Gesetzgeber zum Teil auf die ________________________ 538 Patt, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 146. 539 Vgl. 2. Kap. D. I. 2. a).
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aus der Fusionsrichtlinie bekannten Begriffe zurück. So handelt es sich beispielsweise bei der erworbenen Gesellschaft um diejenige Gesellschaft, deren Anteile eingebracht werden, und anstelle der Anteilseinbringung ist nunmehr von einem Anteilstausch die Rede. Hingegen hält man am Begriff der übernehmenden Gesellschaft weiterhin fest. Von der Fusionsrichtlinie wird die übernehmende als erwerbende Gesellschaft bezeichnet. Im Unterschied zur Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. findet sich eine Norm, die wie § 20 Abs. 6 UmwStG n. F. eine steuerliche Rückwirkung der Einbringung vorsieht, in den Vorschriften über den Anteilstausch nicht. Zu Recht weist jedoch das Schriftum540 auf § 2 Abs. 1 UmwStG n. F. hin, wonach sämtliche Umstrukturierungen mit steuerlicher Rückwirkung vollzogen werden können. a) Zeitpunkt der Einbringung Wie bei einer Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten i. S. d. § 20 UmwStG n. F. handelt es sich auch beim Anteilstausch um einen tauschähnlichen Veräußerungsvorgang, bei dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen hat (§ 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.) und somit im Zeitpunkt der Einbringung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn realisiert. Nur wenn die übernehmende Gesellschaft nach dem Anteilstausch nachweisbar die unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hält, sei es durch den Anteilstausch selbst oder durch die Aufstockung einer bereits bestehenden oder sich entwickelnden (Mehrheits-) Beteiligung, kann eine Einbringung steuerneutral vollzogen werden. Die übernehmende Gesellschaft hat bei einem sog. qualifizierten Anteilstausch das Recht zu beantragen, die erworbenen Anteile mit Buch- oder Zwischenwerten (§ 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG n. F.) zu bewerten. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Besteuerungsrecht durch die Einbringung hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der eingebrachten Anteile ausgeschlossen oder beschränkt wird. Allein der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft entscheidet jedoch nicht, ob ein Anteilstausch auch tatsächlich steuerneutral verwirklicht werden kann. Dies wird vielmehr durch die Wertansätze beim Einbringenden festgelegt. Grundsätzlich hat der Einbringende den Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile bewertet hat, als Veräußerungspreis ________________________ 540 Dötsch/Pung, DB 2006, 2769; a. A. Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 188.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
der eingebrachten und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (§ 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.) anzusetzen. Eine derartige Wertverknüpfung besteht nach § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG n. F. aber dann nicht mehr, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschlands hinsichtlich eines Gewinns aus der Veräußerung der eingebrachten (§ 21 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 UmwStG n. F.) oder erhaltenen Anteile (§ 21 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 UmwStG n. F.) nach der Einbringung ausgeschlossen oder beschränkt wird. Dann gilt der gemeine Wert der eingebrachten Anteile als Anschaffungskosten der erhaltenen und als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile. Es kommt somit zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn im Zeitpunkt der Einbringung. Von dieser Ausnahmeregelung sieht die Vorschrift des § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F. für den qualifizierten Anteilstausch wiederum zwei Rückausnahmen vor. Vorausgesetzt wird nicht mehr eine Wertverknüpfung zwischen der Bewertung auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft und der des Anteilseigners. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile einheitlich bewertet werden.541 Der Einbringende kann sowohl den Veräußerungspreis als auch die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile in Höhe der Buch- bzw. Zwischenwerte bewerten, wenn entweder das Recht der Bundesrepublik hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist,542 oder wenn es der Bundesrepublik nach Art. 8 FRL543 verwehrt ist, den Gewinn aus dem Anteilstausch zu besteuern. Bei letztgenannten Vorgängen hat sich der Gesetzgeber jedoch das Recht vorbehalten, ungeachtet bestehender Vereinbarungen in einem DBA, den Gewinn bei einer tatsächlichen Veräußerung der erhaltenen Anteile in gleicher Weise zu besteuern, wie die Veräußerung der Anteile an der erworbenen Gesellschaft zu besteuern gewesen wären. Im Ergebnis wird damit der Bundesrepublik ein Besteuerungsvorbehalt eingeräumt, obwohl
________________________ 541 Winkeljohann/Fuhrmann, S. 870. 542 Vgl. zum alten Recht § 20 Abs. 3 UmwStG a. F., nach dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermögen mit den Teilwerten zu bewerten hat, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus einer Veräußerung der dem Einbringenden gewährten Gesellschaftsanteilen im Zeitpunkt der Einbringung ausgeschlossen ist. 543 Vgl. 3. Kap. A. I. 1.
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sie mit anderen Staaten544 gegenteilige völkerrechtliche Vereinbarungen getroffen haben kann.545 Der Gesetzgeber begündet sein Vorgehen im Rahmen eines Treaty Overrides546 mit Art. 8 Abs. 6 FRL. Dieser erlaubt es den Mitgliedstaaten, den Gewinn aus einer späteren Veräußerung der im Gegenzug für die eingebrachten Anteile erhaltenen Anteile (die Fusionsrichtlinie spricht insoweit von dem Gewinn aus der Veräußerung der erworbenen Anteile) in gleicher Weise zu besteuern wie den Gewinn aus einer Veräußerung der vor dem Erwerb eingebrachten Anteile. Hat der Einbringende neben den Anteilen noch andere Wirtschaftgüter als Gegenleistung erhalten und übersteigt der gemeine Wert dieser sonstigen Gegenleistung den angesetzten Buch- oder Zwischenwert, muss die übernehmende Gesellschaft nach § 22 Abs. 2 S. 6 UmwStG n. F. die eingebrachten Anteile mindestens mit dem gemeinen Wert der anderen als Gegenleistung gewährten Wirtschaftsgüter bewerten. Wenn die eingebrachten Anteile nicht einem Betriebsvermögen angehörten, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungskosten der Anteile (§ 21 Abs. 2 S. 5 UmwStG n. F.). Entsprechend der Regelungen zur Sacheinlage hat die übernehmende Gesellschaft den Antrag auf Fortführung der Buch- bzw. Zwischenwerte bis zur erstmaligen Abgabe der Steuerbilanz bei dem für sie zuständigen Finanzamt zu erklären. Eine nachträgliche Änderung des Antrags sieht der Gesetzeswortlaut nicht vor.547 Auch bei einem Anteilstausch sollte daher im Einbringungsvertrag eine Regelung aufgenommen werden, in der die übernehmende Gesellschaft verpflichtet wird, die Buchwerte fortzuführen, andernfalls macht sie sich schadensersatzpflichtig.548 ________________________ 544 Abweichend vom OECD-MA finden sich in den DBA mit Tschechien, der Slowakei (Art. 13 Abs. 3 und 4 DBA – Tschechoslowakei) und Zypern (Art. 13 Abs. 3 und 4 DBA – Zypern) Regelungen, wonach Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer im Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft in diesem Staat besteuert werden dürfen. 545 Gosch, IStR 2008, 413 ff. setzt sich kritisch mit der noch herrschenden Auffassung auseinander, die Treaty Overrides uneingeschränkt für zulässig hält und erhebt schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die derzeitige Gesetzgebungspraxis. 546 Der OECD-Steuerausschusses v. 2.10.1989, OECD Commitee on Fiscal Affaires, Report on Tax Treaty Overrides, Tax Notes International (TNI) 1990, 25 geht von einem Treaty Override aus, wenn der nationale Gesetzgeber mit Wissen und Wollen eine Bestimmung erlassen hat, die in klarem Widerspruch zu der vom gleichen Staat in einem DBA eingegangenen Verpflichtung steht. 547 Zu Fällen der Bilanzberichtigung Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 156. 548 Carlé/Demuth, KÖSDI 2008, 15979, 15987; Ott, DStZ 2009, 90, 93.
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aa) Einbringung zu Buchwerten Führt die übernehmende Gesellschaft die Buchwerte fort, entsteht im Zeitpunkt des Anteilstauschs kein Gewinn. Die Besteuerung ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung der eingebrachten Anteile hinausgeschoben. Hinsichtlich der Grunderwerbsteuerpflicht ist wiederum an den Fall eines 95 %-igen Anteilseignerwechsels der erworbenen Gesellschaft zu denken.549 bb) Einbringung zu Zwischenwerten Wird dagegen das eingebrachte Vermögen von der übernehmenden Gesellschaft mit Zwischenwerten bewertet, ist ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis (Zwischenwert) und den Einbringungs- und Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile zu ermitteln. Dieser unterliegt den allgemeinen Besteuerungsregeln des EStG bzw. KStG und ist weder von den §§ 17 Abs. 3, 16 Abs. 4 EStG noch von § 34 EStG begünstigt. Bei Anteilen aus dem Privatvermögen, die vor dem 1.1.2009 erworben wurden, kann es demzufolge zu Einkünften aus § 17 EStG bzw. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 2008 i. V. m. § 52a Abs. 11 S. 4 EStG kommen. Dabei ist die Hälfte (bis zum VZ 2008) bzw. 40 % (ab dem VZ 2009) des Veräußerungspreises nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c, j EStG steuerfrei, während im Gegenzug auch nur die Hälfte bzw. 60 % der Anschaffungskosten und der Einbringungskosten (§ 3 c Abs. 2 S. 1 EStG) zum Abzug zugelassen sind. Entsprechend ist gemäß § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a, b EStG bei Anteilen aus dem Betriebsvermögen zu verfahren. Kapitalgesellschaften kommen regelmäßig in den Genuss der 95 %-igen Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2, 3 KStG. Sofern die eingebrachten Anteile von der einbringenden natürlichen Person nach dem 31.12.2008 erworben wurden, im Privatvermögen gehalten und nicht die Voraussetzungen des § 17 EStG erfüllen, sind die aufgedeckten stillen Reserven gemäß §§ 20 Abs. 2 Nr. 1, 32d Abs. 1 S. 1 EStG der Abgeltungsteuer (zzgl. SolZ) zu unterwerfen. Weitere Abweichungen zur alten Rechtslage ergeben sich hingegen nicht. Hinsichtlich der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile kommt es für die Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens bzw. der 95 %-igen Körperschaftsteuerfreistellung entscheidend darauf an, ob die erneute Einbringung innerhalb oder außerhalb der originären siebenjährigen Sperrfrist vollzogen wird. Weiterhin ist zu beachten, ob die einbringungsgeborenen Anteile ________________________ 549 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. a) aa).
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auf eine Anteilseinbringung (§ 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F.) oder auf eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F.) zurückzuführen sind.550 b) Veräußerung der eingebrachten Anteile Werden die im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen erhaltenen und zu Buch- oder Zwischenwerten angeschafften Anteile später veräußert, sind die steuerlichen Folgen für den Einbringenden und veräußernden Anteilseigner auf der einen und die übernehmende Gesellschaft auf der anderen Seite voneinander zu unterscheiden. Weiterhin ist für den Einbringenden und veräußernden Anteilseigner von Bedeutung, ob es sich bei den veräußerten Anteilen um den Teilanteil handelt, der nach den §§ 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F., 21 Abs. 1 UmwStG a. F. als einbringungsgeborener Anteil anzusehen ist, oder ob sich die Entstrickung des Teilanteils allein nach den Vorschriften des SEStEG richtet. aa) Teilanteil, der ausschließlich unter das UmwStG n. F. fällt Hinsichtlich des Teilanteils, dessen Entstrickung sich ausschließlich nach den Vorschriften des SEStEG beurteilt, kann es sich entweder um Anteile handeln, die im Rahmen einer Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG n. F.) oder eines Anteilstausches (§ 21 Abs. 1 UmwStG n. F.) unter dem gemeinen Wert hervorgegangen sind.551 Erforderlich ist nur, dass den Anteilen nicht der Status der Einbringungsgeborenheit anhaftet. (1) Steuerliche Folgen für den Einbringenden Werden die eingebrachten Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung durch die übernehmende Gesellschaft veräußert, sieht der Gesetzgeber in der Einbringung und anschließenden Veräußerung eine missbräuchliche Gestaltung mit dem Ziel, in den Genuss der 95 %-igen Steuerfreistellung zu kommen. Eine missbräuchliche Gestaltung kommt nur dann nicht in Betracht, wenn der Einbringende keinen Vorteil aus dem mit der Einbringung verbundenen Statuswechsel ziehen kann. Einen solchen Vorteil kann der Einbringende nicht ziehen, wenn er selbst einen Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nach § 8b Abs. 2 KStG hätte steuerfrei veräußern können (§ 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.),552
________________________
550 Vgl. 2. Kap. C. III. 551 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. b) aa). 552 In der bis zur Einführung des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 geltenden Fassung des UmwStG war § 22 Abs. 2 UmwStG n. F. nach dem Gesetzeswortlaut nur einschlägig, wenn es sich bei dem Einbringenden nicht um eine durch § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person gehandelt hat. Da auch
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vor der Veräußerung der eingebrachten Anteile die erhaltenen Anteile veräußert wurden (§ 22 Abs. 2 S. 5 Hs. 1 UmwStG n. F.) oder die Vorschriften der Wegzugsbesteuerung des § 6 AStG einschlägig sind. Bei letztgenannten ist jedoch vorausgesetzt, dass die Steuer tatsächlich nicht gestundet worden sein darf (§ 22 Abs. 2 S. 5 Hs. 1 UmwStG n. F.). Wird in der Einbringung und anschließenden Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Gesellschaft hingegen eine missbräuchliche Gestaltung gesehen, muss der Einbringende (und nicht die übernehmende Gesellschaft) die stillen Reserven versteuern, die sich bis zum Zeitpunkt der Einbringung in den Anteilen gebildet haben. Die Veräußerung der eingebrachten Anteile führt dazu, dass der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern ist. Es entsteht ein sog. Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 2 UmwStG n. F.). Dieser umfasst den Betrag, um den der gemeine Wert der eingebrachten Anteile im Zeitpunkt der Einbringung nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang den Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die erhaltenen Anteile bewertet hat, übersteigt. Wie bei der Sacheinlage vermindert sich der Einbringungsgewinn für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr um ein Siebtel. Auf die sich daraus ergebenden europarechtlichen Bedenken wurde bereits bei der Einbringung einer Sacheinlage hingewiesen.553 Der Einbringungsgewinn II stellt einen Gewinn aus der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung dar (§ 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 UmwStG n. F.). Wiederum ist zu fragen, ob es sich bei den eingebrachten Anteilen um Privat- oder Betriebsvermögen gehandelt hat. Entsprechend den Regelungen über Einbringungen zu Zwischenwerten, kann der Gewinn bei natürlichen Personen dem Halb-/Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c, 3c Abs. 2 EStG), aber auch der Abgeltungsteuer (§§ 20 Abs. 2 Nr. 1, 32d Abs. 1 S. 1 EStG) ________________________ Banken, Finanzdienstleister, Lebens- oder Krankenversicherungen Beteiligungen, deren unmittelbare Veräußerung nach § 8b Abs. 7 bzw. Abs. 8 KStG voll steuerpflichtig gewesen wäre, Einbringungen zu Buchwerten tätigen können, hätte möglicherweise die vollumfängliche Steuerpflicht mit Hilfe einer Einbringung und anschließenden Veräußerung umgangen werden können; vertiefend Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 177 f. m. w. N. Der Gesetzgeber sieht die Änderungen des Wortlauts lediglich als klarstellend an, BT-Drs. 16/10189, 74; Widmann, in Widmann/Mayer, § 22 UmwStG Rn. 196 kommt dagegen zum Schluss, dass es sich bei den Änderungen um Rechtsänderungen handelt und es somit zu einer verfassungswidrigen Rückwirkung kommt. 553 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. b) aa) (1).
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unterliegen. Sollte es sich um einen Gewinn i. S. d. § 17 EStG handeln, darf der Freibetrag des § 17 Abs. 3 EStG beansprucht werden. § 16 Abs. 4 EStG kommt dagegen nicht zur Anwendung (§ 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 UmwStG n. F.). Hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht ist auf die Ausführungen zum Einbringungsgewinn I zu verweisen.554 In Höhe des Einbringungsgewinns erhöhen sich die Anschaffungskosten der für die als Gegenleistung für die Sacheinlage bzw. den Anteilstausch erhaltenen Anteile (§ 22 Abs. 2 S. 4 UmwStG n. F.). Werden die erhaltenen Anteile später veräußert, ergibt sich demzufolge ein entsprechend niedriger Veräußerungsgewinn. Werden nur Teile der eingebrachten Anteile veräußert, stellt sich erneut die Frage, wie die nachträglichen Anschaffungskosten auf die Anteile zu verteilen sind. Dieses ist weniger interessant für den Veräußerungsgewinn des Einbringenden im Zeitpunkt der Veräußerung der eingebrachten Anteile, als für die Fälle, in denen im weiteren Verlauf nur Teile der erhaltenen Anteile veräußert werden sollen. Aus den bereits beim Einbringungsgewinn I genannten Gründen erhöhen die nachträglichen Anschaffungskosten nur die mit den veräußerten Anteilen korrespondierenden erhaltenen Anteile. Es empfiehlt sich daher dringend, im Einbringungsvertrag festzuhalten, welche Anteile für die eingebrachten Anteile gewährt werden, damit die betreffenden erhaltenen Anteile identifiziert werden können. (2) Steuerliche Folgen für die übernehmende Gesellschaft Soweit der Einbringende die auf den Einbringungsgewinn II entfallende Steuer entrichtet und dieses auch durch eine entsprechende Bescheinigung i. S. d. § 22 Abs. 5 UmwStG n. F. nachgewiesen hat, darf die übernehmende Gesellschaft nach § 23 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F. beantragen, die Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile in Höhe des Einbringungsgewinns II aufzustocken. Hierbei ist wiederum zu beachten, dass im Einbringungsvertrag dem Einbringenden die Pflicht auferlegt werden sollte, eine Bescheinigung entsprechend den Vorgaben des § 22 Abs. 5 UmwStG 2005 vorzulegen. Im Unterschied zu der Regelung des § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG 2005 treffen die negativen Folgen einer Veräußerung während der siebenjährigen Sperrfrist nicht die übernehmende Gesellschaft, sondern den Einbringenden, womit der das schädigende Ereignis Auslösende und der hiervon Betroffene auseinanderfallen. Daher sollte im Anteilseinbringungsvertrag auch eine Steuerklausel aufgenommen werden, die den Einbringenden bei einer Ver________________________ 554 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. b) aa) (1).
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äußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Gesellschaft absichert. So könnte beispielsweise für eine Veräußerung innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist vorgesehen werden, dass die auf den Einbringungsgewinn II entfallende Steuer allein die übernehmende Gesellschaft zu tragen hat.555 Zudem muss die übernehmende Gesellschaft den Veräußerungsgewinn nach den allgemeinen Besteuerungsregeln unterwerfen. Der Gewinn unterliegt grundsätzlich der Gewerbesteuer. Aber auch hier schlagen die Steuerbefreiungen des KStG (§ 8b Abs. 2 KStG) auf die Ebene der Gewerbesteuer durch. Grunderwerbsteuer wird dagegen nur anfallen, wenn mindestens 95 % der Anteilseigner an der erworbenen Gesellschaft wechseln.556 (3) Nachweispflichten Der Einbringende ist entsprechend den Vorgaben in § 22 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 UmwStG n. F. verpflichtet, die nächsten sieben Jahre darzulegen und zu beweisen, wem die eingebrachten Anteile und die auf diesen Anteilen ruhenden Anteile zuzurechnen sind. Wann und in welcher Form der Nachweis zu erbringen ist, kann den Ausführungen zur Sacheinlage entnommen werden.557 Dem Einbringenden wird dieser Nachweis allerdings ungleich schwerer fallen, da er nicht mehr Anteilseigner der eingebrachten Anteile ist. Aus diesem Grund wird gefordert, als Nachweisverpflichtete die übernehmende Gesellschaft anzusehen.558 Der Gesetzeswortlaut lässt jedoch keinerlei Auslegungsspielraum zu, wenn er von der Nachweispflicht des Einbringenden spricht. Zudem richten sich auch die Besteuerungsfolgen vorrangig an den Einbringenden. Wenn dem Einbringenden im Einbringungsvertrag kein Auskunftsanspruch gegen die übernehmende Gesellschaft eingeräumt worden sein sollte, kann ein solcher aus § 242 BGB abgeleitet werden.559 Wiederum stellt sich für die Praxis das Problem, bei welchem Finanzamt der Nachweis zu erbringen ist. Da der Einbringende den Nachweis führen muss und diesen auch die steuerlichen Folgen treffen, sollte davon ausgegangen ________________________ 555 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 172; Ott, DStZ 2009, 90, 93 f.; Stümper/Walter, GmbHR 2008, 31, 34. Schwetlik, NZG 2008, 41, 43 ff. formuliert Steuerklauseln bei einseitiger Interessenwahrung des Einbringenden, der übernehmenden Gesellschaft und bei einem Ausgleich der Interessen. 556 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. b) aa) (1). 557 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. b) aa) (3). 558 Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2771. 559 Vgl. zur Markenverletzungsklage BGH v. 19.7.2007 – ZR 93/04, BGHZ 173, 269.
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werden, dass der Nachweis an das für den Einbringenden zuständige Finanzamt zu richten ist. Eine solche Zuständigkeit wirft über die bei der Sacheinlage aufgeworfene hinausgehende Probleme auf.560 So besteht beim Anteilstausch die erhöhte Gefahr, dass das zuständige Finanzamt seine eigene Zuständigkeit nicht erkennt, da der Einbringende nicht mehr Anteilseigner der eingebrachten Anteile ist. Kommt der Einbringende seiner Nachweispflicht nicht oder nicht fristgerecht nach, wird lediglich eine Besteuerung des Einbringungsgewinns II ausgelöst.561 (4) Exkurs: Zusammentreffen Einbringungsgewinn I und II Wird unter dem Besteuerungsregime des neuen UmwStG ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft zu Buch- oder Zwischenwerten eingebracht, im Anschluss die erhaltenen Anteile in eine andere Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zu Buchwerten eingelegt und veräußert diese die eingelegten Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der ersten Einbringung, kommt es regelmäßig zu einem Zusammentreffen von Einbringungsgewinn I und II. Der Einbringende hat einen Einbringungsgewinn I nach § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG n. F. und einen Einbringungsgewinn II nach § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. zu versteuern. Ob in einem solchen Fall der Einbringungsgewinn I oder II vorrangig zu berechnen ist, geht aus dem Gesetz nicht hervor. Da sich der Einbringungsgewinn I aber auf die Höhe der Anschaffungskosten des eingebrachten Vermögens auswirkt, sollte von einer vorrangigen Anwendung des Einbringungsgewinns I ausgegangen werden.562 bb) Teilanteil, der auch unter das UmwStG a. F. fällt Hinsichtlich des Teilanteils, bei dem es sich um einbringungsgeborene Anteile handelt, ist zunächst festzuhalten, dass sich die Entstrickung dieses Teilanteils sowohl nach dem Besteuerungsregime des alten als auch des neuen UmwStG richtet. Ob der Einbringende den nach neuen Recht entstehenden Einbringungsgewinn II in voller Höhe, zum Teil oder gar nicht zu versteuern hat, hängt entscheidend von § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. ab. Danach ist die Anwendung der §§ 22, 23 und 24 Abs. 5 UmwStG n. F. ausge________________________ 560 Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2771. 561 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. b) aa) (3). 562 Dötsch, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 22 UmwStG Rn. 83; Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2771; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 22 UmwStG Rn. 150; Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rn. 179.
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schlossen, soweit hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung die 95 %ige bzw. hälftige (ab VZ 2009 40 %-ige) Steuerfreistellung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 4 KStG 2005 bzw. § 3 Nr. 40 S. 3 und 4 EStG 2005 nicht zur Anwendung kommt. Werden die einbringungsgeborenen Anteile von der übernehmenden Gesellschaft innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert, muss die übernehmende und veräußernde Gesellschaft den Veräußerungsgewinn voll der Körperschaftsteuer unterwerfen, sofern die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile durch eine nicht nach § 8b Abs. 2 KStG 2005 begünstigte Person eingebracht worden sind (§ 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 1 KStG 2005) oder die einbringungsgeborenen Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist unmittelbar oder mittelbar auf eine Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. zurückzuführen sind. Die siebenjährige Sperrfrist beginnt mit der neuerlichen Einbringung nicht erneut zu laufen. Vielmehr ist in die bereits laufende siebenjährige Haltefrist der eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile einzutreten.563 Für diese Fälle schreibt § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. vor, dass der Gewinn insoweit allein nach den Regeln des UmwStG a. F. zu versteuern ist. § 22 UmwStG n. F. wird für unanwendbar erklärt und die Entstehung eines Einbringungsgewinns II insoweit ausgeschlossen.564 Sind die einbringungsgeborenen Anteile dagegen auf eine Anteilseinbringung zurückzuführen und wurden durch eine nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person eingebracht, ist der Gewinn zu 95 % von der Steuer freigestellt. Der Einbringende wäre demnach verpflichtet, den Einbringungsgewinn II nach § 22 Abs. 2 UmwStG n. F. zu versteuern. Jedoch kann der Einbringende durch die Einbringung seinen steuerlichen Status nicht verbessern. Aus diesem Grund setzt § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. für die Besteuerung eines Einbringungsgewinn II voraus, dass die Anteile von einer nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Person eingebracht worden sein dürfen. Da dies in einer derartigen Konstellation regelmäßig der Fall ist, richten sich die Besteuerungsfolgen ausschließlich nach dem UmwStG a. F. Gleiches gilt bei einer Veräußerung außerhalb der siebenjährigen Sperrfrist. c) Veräußerung der erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile Sollten die erhaltenen Anteile vor den eingebrachten einbringungsgeborenen Anteilen veräußert werden, muss der Einbringende gemäß § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG n. F. keinen Einbringungsgewinn II versteuern. Allein der Ver-
________________________
563 Vgl. 2. Kap. F. I. 1. b) bb). 564 Vgl. Bsp. bei Pung, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 27 UmwStG Rn. 20.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
äußernde hat den Veräußerungsgewinn den Regeln des alten UmwStG a. F. zu unterwerfen, soweit dieser auf die Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen entfällt. Die allgemeinen Regeln des EStG bzw. KStG müssen insoweit verdrängt sein, um eine Doppelbesteuerung des Veräußerungsgewinns zu verhindern. Der Teil des Veräußerungsgewinns, der auf nichteinbringungsgeborene Anteile entfällt, ist nach den allgemeinen Regeln zu besteuern. Nochmals sei daran zu erinnern, dass durch die Einbringung die siebenjährige Sperrfrist des § 3 Nr. 40 S. 3 und 4 EStG 2005 bzw. § 8b Abs. 4 KStG 2005 nicht erneut in Gang gesetzt wird. Die Besteuerung ist abhängig von der Person des Anteilsinhabers und davon, ob die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile auf eine Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. oder auf eine Anteilseinbringung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. zurückzuführen ist. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Veräußerung einbringungsgeborener Anteile nach altem Recht verwiesen werden.565 d) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG n. F. Eine Besteuerung des Einbringungsgewinns II wird auch ausgelöst, wenn die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ihrerseits durch einen in § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1–5 UmwStG n. F. genannten Vorgang überträgt oder die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG n. F. nicht mehr erfüllt. Entscheidend kommt es somit auf die Anteile der übernehmenden Gesellschaft an und nicht auf die im Gegenzug für die Einbringung erhaltenen Anteile. Wird die Gesellschaft, an der die übernehmende Gesellschaft sperrfristbehaftete Anteile hält, aufgelöst, das Kapital herabgesetzt oder aus dem steuerlichen Einlagekonto ausgeschüttet, stellt sich die Frage, ob § 22 Abs. 2 S. 6 Nr. 3 UmwStG n. F. zur Anwendung kommen kann. Der Wortlaut von § 22 Abs. 2 S. 6 UmwStG n. F. setzt eine Übertragung der Anteile voraus. Eine solche findet in den Fällen des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 3 UmwStG n. F. gerade nicht statt.566 e) Der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge i. S. d. UmwStG a. F. Hinsichtlich der einbringungsgeborenen Anteile sind die der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge des § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. zu beachten.567 ________________________ 565 Vgl. 2. Kap. C. III. 566 Eingehend Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 193 f. 567 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. e).
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Auch bei der Wertabspaltung stiller Reserven von einbringungsgeborenen Anteilen kann auf Bekanntes verwiesen werden.568 f) Exkurs: Anteile des § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG 2005 In diesem Zusammenhang sei noch auf ein von Walzer569 entdecktes Steuersparmodell hinzuweisen. Sofern bei einem Anteilstausch nach § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG 2005.570 steuerverhaftete Anteile eingebracht werden, kann die siebenjährige Sperrfrist des § 8b Abs. 4 S. 2 KStG 2005 unterlaufen werden. Dazu muss der Einbringende seine im Gegenzug für die Einbringung erhaltene Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft (in deren Vermögen sich die stillen Reserven des eingebrachten Vermögens befinden) veräußern. Der Veräußerungsgewinn ist unabhängig vom Veräußerungszeitpunkt nach § 8b Abs. 2, 5 KStG zu 95 % von der Körperschaftsteuer freigestellt. Da keine einbringungsgeborenen Anteile i. S. d. §§ 21 Abs. 2 S. 6, 20 Abs. 3 S. 4 UmwStG n. F. eingebracht wurden, sind ausschließlich die Regelungen des neuen Rechts anwendbar. Vom Gesetzgeber wurde eine derartige Konstellation wohl übersehen. Eine analoge Anwendung des § 34 Abs. 7a KStG sollte jedoch schon deshalb ausscheiden, weil eine Steuerverhaftung nach altem Recht stets zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen würde.571
III. Auswirkungen des Besteuerungswechsels Der Wechsel vom alten zum neuen Besteuerungsregime wird sich in den allermeisten Fällen für die Steuerpflichtigen positiv auswirken. Die volle Besteuerung der Wertzuwächse, die sich bereits im Zeitpunkt der Einbringung in dem Vermögen befunden haben, nimmt innerhalb der siebenjährigen Veräußerungssperre ratierlich ab. Die Wertzuwächse nach der Einbringung unterliegen dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren oder sind sogar zu 95 % von der Steuer freigestellt (§ 8b Abs. 2 und 3 KStG).572 Als nachteilig kann sich hingegen der Besteuerungswechsel erweisen, wenn die Anteile innerhalb der sieben Jahre zu einem Preis veräußert werden müssen, der dem zum Veräußerungszeitpunkt maßgebenden Einbringungsgewinn I nicht ________________________ 568 569 570 571 572
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Vgl. 2. Kap. F. II. 1. d) gg). Ausführlich Walzer, DB 2009, 2341, 2344 f. Vgl. 2. Kap. C. III. 2. b). Vgl. auch 2. Kap. E. I. 1. a). Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15451.
F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
mehr entspricht.573 Ferner kann auch die Idee überzeugen, zwischen stillen Reserven vor und nach der Einbringung zu unterscheiden. Der Gesetzgeber löst sich damit von dem Gedanken, dass das Unternehmen nur in anderer Form bis zur Veräußerung fortgeführt wird und macht im Zeitpunkt der Einbringung eine gedankliche Zäsur. In der Praxis wird der Besteuerungswechsel hingegen zu einem erhöhten Konfliktpotential zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen beitragen. Weder die Finanzverwaltung noch der Einbringende können sieben Jahre nach der Einbringung die tatsächlichen Wertverhältnisse am steuerlichen Übertragungsstichtag sicher feststellen. So attestieren Dötsch und Pung, dass die rückwärts gerichtete Unternehmensbewertung die Praxis vor kaum lösbare Probleme stellen werde, zumal der Veräußerungspreis für die Anteile mit wachsendem zeitlichen Abstand zum Einbringungszeitpunkt keine verlässliche Grundlage für die erforderliche Unternehmensbewertung mehr bilden könne.574 Allein jede weitere Umstrukturierung verändert den Wert einer Beteiligung. Weiterhin ist der Grad der quotalen Verstrickung der Anteile nach altem und neuem Recht festzuhalten. Es ist daher dringend anzuraten – unabhängig, ob im Zeitpunkt der Einbringung tatsächlich eine konkrete Veräußerungsabsicht besteht oder ob sich im Vermögen einbringungsgeborene Anteile oder andere Kapitalgesellschaftsbeteiligungen befinden – eine Unternehmensbewertung durchführen zu lassen. Einen solch langen Zeitraum wird weder die übernehmende Gesellschaft noch der Einbringende sicher überblicken können.575 Sollte die Finanzverwaltung zum Zeitpunkt einer schädlichen Anteilsveräußerung den gemeinen Wert des übergegangenen Vermögens für zu gering halten, trägt jedoch sie die Darlegungs- und Beweislast.576
IV. Ergebnis Einbringungsgeborene Anteile können nach Inkrafttreten des SEStEG zwar nicht mehr originär jedoch derivativ entstehen. Derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile leiten ihren besonderen Status von originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen ab. Schon zum alten Recht war ________________________ 573 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 70 sowie das Bsp. Variante b) in Rn. 100; Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15451. 574 Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2766. 575 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 14, 77; Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2766; Nagel, EStB 2007, 105, 110; Strahl, KÖSDI 2007, 15442, 15449. 576 Bilitewski, in Haritz/Menner, § 22 UmwStG Rn. 78; Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 22 UmwStG (SEStEG) Rn. 55.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
dieses Phänomen bei Kapitalerhöhungen und Gesellschaftsgründungen bekannt.577 Rechtlich macht es hingegen keinen Unterschied, ob es sich um derivativ oder originär erworbene einbringungsgeborene Anteile handelt. Beide unterliegen dem Besteuerungsregime des alten UmwStG. Erst das SEStEG schuf eine weitere Möglichkeit, derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile über den 12.12.2006 hinaus entstehen zu lassen. Hiervon sind Einbringungen in Kapitalgesellschaften betroffen, bei denen sich in dem eingebrachten Vermögen auch einbringungsgeborene Anteile befinden. Nach den §§ 20 Abs. 3 S. 4, 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG n. F. gelten die im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen erhaltenen Anteile insoweit auch als einbringungsgeboren i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. Der Status der Einbringungsgeborenheit setzt sich an den als Gegenleistung für die Einbringung erhaltenen Anteilen fort. Entgegen dem Gesetzeswortlaut sollten hiervon jedoch nur Anteile betroffen sein, die auf eine Einbringung zu Buch- oder Zwischenwerten zurückzuführen sind. Bei Einbringungen zum gemeinen Wert ist der Tatbestand insoweit teleologisch zu reduzieren. Da die erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile nur als einbringungsgeboren gelten, soweit das eingebrachte Vermögen einbringungsgeborene Anteile umfasst hat, wird in aller Regel eine anteilige Verhaftungsquote zu errechnen sein. Der Nennwert der erhaltenen Anteile gilt insoweit als einbringungsgeboren, als er dem Verhältnis des gemeinen Werts der zur Sacheinlage gehörenden einbringungsgeborenen Anteile zum gemeinen Wert der gesamten Sacheinlage entspricht. Eine vollumfängliche Verhaftung nur einzelner Anteile ist entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Wertabspaltung stiller Reserven bei Kapitalerhöhungen nicht möglich. Während der Einbringungsvorgang weiterhin steuerneutral vollzogen werden kann, müssen die stillen Reserven aufgedeckt werden, wenn die erhaltenen und bzw. oder die eingebrachten Anteile veräußert werden. Dabei ist nicht nur zwischen den nach neuem und altem Recht verhafteten Teilanteilen zu unterscheiden, sondern auch zwischen den Fällen einer Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. und eines Anteilstauschs i. S. d. § 21 UmwStG n. F. Weiterhin sind (nicht einbringungsgeborene) Anteile zu separieren, die sich im Vermögen eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils befinden. Die auf diese Anteile entfallenden stillen Rerserven sind nach den Regeln eines Anteilstauschs zu entstricken. Bei dem erhaltenen Teilanteil, der auf eine Sacheinlage unter dem gemeinen Wert i. S. d. § 20 UmwStG n. F zurückzuführen ist und bei dem es sich gera________________________ 577 Vgl. 2. Kap. E.
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F. Einbringung einbringungsgeborener Anteile nach den §§ 20 ff. UmwStG n. F.
de nicht um einbringungsgeborene Anteile handelt, ist wie folgt zu verfahren. Werden die erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert, wird dem Einbringenden rückwirkend verwehrt, die Einbringung zu Buch- oder Zwischenwerten zu vollziehen. Im Wirtschaftsjahr der Einbringung entsteht ein sog. Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG n. F.), der sich für jedes abgelaufene Zeitjahr nach der Einbringung um ein Siebtel mindert und vollumfänglich zu versteuern ist. Die Wertsteigerungen, die sich erst nach der Einbringung in den Anteilen gebildet haben, unterliegen dagegen ausschließlich den allgemeinen Besteuerungsregeln. Der Gewinn natürlicher Personen ist gemäß §§ 17 Abs. 6, 3 Nr. 40 Buchst. c EStG durch das Halb- bzw. Teileinkünftverfahren begünstigt. Veräußern Körperschaften ihre Beteiligung, greift die 95 %-ige Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2, 3 KStG ein. Werden die Anteile dagegen erst sieben Jahre nach der Einbringung veräußert, unterliegen die Wertsteigerungen vollumfänglich den allgemeinen Besteuerungsregeln. Bei einem qualifizierten Anteilstausch unter dem gemeinen Wert wird im Gegensatz zum alten Recht nicht die Veräußerung der erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung sanktioniert, sondern die Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Gesellschaft. Eine Besteuerung hat auch nur zu erfolgen, wenn der Einbringende einen Vorteil aus dem mit der Einbringung verbundenen Statuswechsel tatsächlich ziehen kann (§ 22 Abs. 2 S. 1, 5 UmwStG n. F.). Sollte dies der Fall sein, ist es vor allem einbringenden natürlichen Personen nicht mehr möglich, den Anteilstausch im Zeitpunkt der Einbringung steuerneutral zu vollziehen. Der Einbringende muss im Wirtschaftsjahr der Einbringung einen sog. Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 2 UmwStG n. F.) versteuern, der sich für jedes abgelaufene Zeitjahr nach der Einbringung um ein Siebtel mindert. Der Einbringungsgewinn II gilt beim Einbringenden als Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen, der nach den für den Einbringenden geltenden steuerlichen Vorschriften zu erfassen ist. Bei einbringenden natürlichen Personen wird dieser in der Regel durch das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren begünstigt sein. Bei im Privatvermögen gehaltenen Anteilen ist es hingegen auch denkbar, dass der Gewinn der Abgeltungsteuer unterliegt. Werden anstelle der eingebrachten die erhaltenen Anteile veräußert, ist im Gegensatz zum alten Recht der Gewinn nach den allgemeinen Regeln zu besteuern. Nach Inkrafttreten des SEStEG ist daher zwischen folgenden Anteilen zu differenzieren: den Anteilen, die der Einbringende für das eingebrachte Betriebsvermögen erhalten hat (Einbringungsgewinn I, § 22 Abs. 1 UmwStG n. F.), den Anteilen, die als Teil einer Sacheinlage oder eines Anteilstausches eingebracht worden sind (Einbringungsgewinn II, § 22 Abs. 1 UmwStG 177
2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
n. F.), den eingebrachten einbringungsgeborenen Anteilen (§ 21 UmwStG a. F., § 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005 bzw. § 8b Abs. 4 KStG 2005 i. V. m. § 27 Abs. 2 UmwStG n. F., § 52 Abs. 4d S. 2 EStG, 34 Abs. 7a KStG) und den erhaltenen derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen (§§ 20 Abs. 3 S. 4, 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG n. F.). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die steuerrechtlichen Folgen nicht nur bei einer Veräußerung der Anteile eintreten können, sondern auch bei einer der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge. Dass eine derartige Vorgehensweise vor allem die Finanzverwaltung vor kaum überwindbare Schwierigkeiten stellen wird, dürfte auf der Hand liegen. Umso bedenklicher erscheint es, dass die Wertermittlung der betreffenden Anteile auf den Zeitpunkt der Einbringung erst bis zu sieben Jahre nach der Einbringung erfolgt und der Gesetzgeber bis heute kein den Vorgaben des § 10 der VO zu § 180 Abs. 2 AO entsprechendes Feststellungsverfahren eingeführt hat. Die Gesetzesbegündung des SEStEG578 geht hingegen davon aus, dass die Neukonzeption der steuerlichen Regelungen für die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Anteilen wesentlich zur Steuervereinfachung beitragen werde.
________________________ 578 BT-Drs. 16/2710, S. 1.
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G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung
G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung Daneben können weitere Maßnahmen auf das Schicksal der einbringungsgeborenen Anteile Einfluss nehmen.
I. Veräußerung des Bezugsrechts Entscheidet sich der Anteilseigner, nicht seine Anteile, sondern allein sein Bezugsrecht (§ 55 GmbHG, § 186 Abs. 1 AktG) entgeltlich zu veräußern,579 liegt nach Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung580 und Teilen des Schriftums581 eine Teilveräußerung vor. Bei einer unentgeltlichen Übertragung des Bezugsrechts sind die Anteile wie bei einer unentgeltlichen Übertragung des Vollrechts weiterhin beim Erwerber steuerverstrickt. Die Rechtsprechung582 begründet ihre Auffassung mit dem Zweck des Bezugsrechts, der darin besteht, junge Anteile zu einem niedrigeren als dem tatsächlichen Wert zu erwerben. Übt der Erwerber sein Bezugsrecht aus, verlieren die alten Anteile an Wert, während sich der Wert der jungen Anteile erhöht. Der Bezugsrechtsberechtigte erhält einen Ausgleich für seinen entstandenen Wertverlust und verwirklicht damit einen entgeltlichen Vorgang. Aus wirtschaftlicher Sicht kann dies überzeugen. Jedoch sei angemerkt, dass bei einer Veräußerung einer qualifizierten Beteiligung ausdrücklich in § 17 Abs. 1 S. 3 EStG vorgeschrieben ist, unter eine Veräußerung falle auch die Veräußerung von Anwartschaften. Anwartschaften sind alle schuldrechtlichen oder dinglichen Rechte, die auf den Erwerb eines Anteils gerichtet sind, zu denen auch ein konkretes Bezugsrecht zählt.583 Indes fehlt ein derartiger Hinweis in § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. Daraus hätte auch der Schluss gezogen werden können, eine Veräußerung eines Anwartschaftsrechts sei gerade nicht ausreichend für die Annahme einer Teilveräußerung.
________________________ 579 Das mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss entstehende konkrete Bezugsrecht (Bezugsrechtsanspruch) kann nach §§ 413, 398 BGB abgetreten werden, Hüffer, § 186 AktG Rn. 6 ff.; Priester, in Scholz, § 55 GmbHG Rn. 51. Die Abtretung von GmbHAnteilen bedarf nach § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Beurkundung, Priester, in Scholz, § 55 GmbHG Rn. 51; Zöllner, in Baumbach/Hueck, § 55 GmbHG Rn. 17. 580 BFH v. 21.8.1996 – I R 75/95, BFH/NV 1997, 314; zu § 17 EStG BFH v. 13.10.1992 – VIII R 3/89, BStBl. II 1993, 477. Das Bezugsrecht ist eine Anwartschaft auf eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. 581 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 17. 582 BFH v. 21.8.1996 – I R 75/95, BFH/NV 1997, 314, 316. 583 Weber-Grellet, in Schmidt, § 17 EStG Rn. 27.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
II. Entnahmen und Einlagen 1. Entnahmen Werden einbringungsgeborene Anteile aus dem Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder eines Einzelunternehmens entnommen, schreibt die Finanzverwaltung584 entgegen ihrer früheren Überzeugung585 vor, einen Entnahmegewinn in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Buchwert der Anteile und dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu besteuern. Dabei behalten die Anteile auch nach der Entnahme ihren Status der Einbringungsgeborenheit bei,586 so dass ein Gewinn nach § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. auch im Falle einer späteren Veräußerung oder beim Eintreten eines gleichgestellten Vorganges entstehen kann. An die Stelle der Anschaffungskosten soll der Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme treten, so dass letztlich auch nur diejenigen stillen Reserven besteuert werden, die nicht bereits durch die Entnahme aufgedeckt worden sind. Die geänderte Verwaltungsauffassung ist zum Teil auf Zustimmung,587 überwiegend jedoch zu Recht auf Ablehnung588 gestoßen. Für den Fall einer Entnahme einbringungsgeborener Anteile aus dem Betriebsvermögen enthält das UmwStG keine speziellere Regelung gegenüber den allgemeinen Normen, so dass man die Ansicht der Finanzverwaltung zunächst für gerechtfertigt halten könnte, einen Entnahmegewinn in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Teilwert und Anschaffungskosten i. S. d. § 20 Abs. 4 UmwStG a. F. zu besteuern. Allerdings sind nach dem UmwStG die stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile nur aufzudecken, wenn entweder die Anteile veräußert worden sind oder ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang realisiert wird. Detailliert wird in § 21 Abs. 1 und 2 UmwStG a. F. umschrieben, welche Vorgänge unter die Ersatzrealisationstatbestände fallen. Eine Entnahmehandlung wird nicht genannt. Weder stellt eine solche eine Veräußerung dar, da lediglich eine nicht betrieblich veranlasste Wertabgabe für betriebsfremde Zwecke vollzogen wird,589 noch wird einer der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge i. S. d. § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. realisiert. ________________________ 584 585 586 587 588
BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 21.12. BMF-Schr. v. 16.6.1978, BStBl. I 1978, 235 Rn. 57. BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 21.12. Wacker, BB 1998, Beil. 8, 1, 9 f. Günkel, DStR 1998, Beil. zu H. 17, 44, 46; Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 85 f.; Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 526. 589 BFH v. 23.5.2006 – VI R 56/02, BFH/NV 2006, 1651.
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G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung
In Betracht käme lediglich eine analoge Anwendung,590 die bekanntlich eine planwidrige Gesetzeslücke und eine vergleichbare Interessenslage voraussetzt. Zumindest an letzterer scheitert es, da nach der Gesetzesbegründung zum UmwStG 1969591 veräußerungsgleiche Vorgänge592 nur verwirklicht werden sollen, wenn nicht sichergestellt ist, dass die stillen Reserven im Falle einer Veräußerung der Anteile besteuert werden. Durch die Entnahmehandlung verlieren die Anteile ihren Status der Einbringungsgeborenheit nicht. Diese unterliegen weiterhin dem Besteuerungsregime des UmwStG. Auch der Grundgedanke der §§ 20 ff. UmwStG a. F. sieht vor, eine Gewinnrealisierung erst eintreten zu lassen, wenn die Anteile tatsächlich veräußert worden sind oder die Anteile aus der deutschen Steuerverhaftung ausscheiden. Darüber hinaus kann auch die Konstruktion der Finanzverwaltung nicht überzeugen. Entweder stellt eine Entnahme einen Realisationstatbestand i. S. d. § 21 UmwStG a. F. dar, bei dem die Bewertung einer Veräußerungsgewinnbesteuerung entspricht, was zur Folge hat, dass die Anteile nunmehr nicht mehr als einbringungsgeboren zu behandeln sind. Oder man bewertet die Anteile im Zeitpunkt der Entnahme weiterhin mit dem Buchwert, da die Anteile unverändert nach § 21 UmwStG a. F. steuerverhaftet sind.593 Folglich sollte die Entnahmehandlung der einbringungsgeborenen Anteile stets zum Buchwert (= Anschaffungskosten i. S. d. § 20 Abs. 4 UmwStG a. F.) erfolgen. Ein Entnahmegewinn entsteht nicht. Eine Ausnahme muss allerdings für Entnahmen gelten, bei denen zuvor eine Teilwertabschreibung vorgenommen worden ist und die Anschaffungskosten den Buchwert übersteigen. Von § 21 UmwStG a. F. werden nur die stillen Reserven erfasst, die über die Anschaffungskosten hinaus verstrickt sind, so dass ein Entnahmegewinn in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Anschaffungskosten und Teilwert entsteht.594 Dabei stehen die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung und das Verbot des Teilwertansat________________________
590 Der BFH hat bereits in dem Urteil v. 21.8.1996 – I R 75/95, BFH/NV 1997, 314, 315 f. zur Frage einer abschließenden Regelung des § 21 UmwStG a. F. bei Kapitalerhöhungsmaßnahmen Stellung bezogen. § 21 UmwStG a. F. ist nicht durch Analogien oder durch allgemeine steuerliche Erwägungen erweiterbar. 591 BR-Drs. 292/68 zu § 18 Abs. 2 UmwStG 1969, der § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. entspricht. 592 Mit Ausnahme der Antragsbesteuerung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG a. F., die aber den Einbringenden nur eine weitere Möglichkeit schafft, die stillen Reserven aufzudecken, um nicht zu verhindern, dass Wertsteigerungen in der Zeit nach der Einbringung erfasst werden. 593 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 86. 594 Ausführlich Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 528 f.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
zes nicht im Widerspruch zueinander.595 Über Abschreibungsmöglichkeiten hat sich das UmwStG im Gegensatz zu den Veräußerung gleichgestellten Vorgängen nicht ausgelassen. 2. Einlagen Werden einbringungsgeborene Anteile in ein Betriebsvermögen eingelegt, so ordnet § 21 Abs. 4 S. 1 UmwStG a. F. an, dass die Anteile im Einbringungszeitpunkt mit den Anschaffungskosten der eingelegten einbringungsgeborenen Anteile (§ 20 Abs. 4 UmwStG a. F.) zu bewerten sind. Ist der Teilwert im Zeitpunkt der Einlage niedriger als die Anschaffungskosten nach § 20 Abs. 4 UmwStG a. F., ist der niedrigere Teilwert maßgeblich, wobei der Differenzbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem niedrigeren Teilwert außerhalb der Bilanz vom Ergebnis des übernehmenden Betriebs im Zeitpunkt der Einlage abgezogen wird (§ 21 Abs. 4 S. 2 UmwStG a. F.). Nach der Grundregel des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Hs. 1 EStG hätte die Einlage mit dem Teilwert bewertet werden müssen.596 Da die Besteuerung der stillen Reserven durch den Ansatz der Anschaffungskosten der alten einbringungsgeborenen Anteile aber sicher gestellt ist, hält es der Gesetzgeber nicht für erforderlich, die stillen Reserven im Zeitpunkt der Einlage aufdecken zu müssen. Unter einer Einlage wird die Überführung eines Wirtschaftsgutes aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen verstanden.597 Unstreitig ist daher von einer Einlage i. S. d. § 20 Abs. 4 UmwStG a. F. auszugehen, wenn ein Steuerpflichtiger einbringungsgeborene Anteile aus seinem Privatvermögen in sein Einzelunternehmen oder sein Sonderbetriebsvermögen überführt, an der er als Mitunternehmer beteiligt ist.598 Dagegen sieht der BFH599 in einer Einlage in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten einen tauschähnlichen Vorgang, bei dem der einbringende Gesellschafter einen entgeltlichen Veräußerungsvorgang realisiert.600 Dies gilt nach Ansicht ________________________ 595 A. A. Wacker, BB 1998, Beil. 8, 1, 9. 596 Zu den Ausnahmen vom Teilwertansatz s. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Hs. 2 EStG. 597 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 156. 598 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 21 UmwStG Rn. 156. 599 BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230. 600 Vertiefend Märkle, DStR 2000, 797, 805 ff.
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der höchstrichterlichen Rechtsprechung selbst dann, wenn der Gegenwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter des Privatvermögens neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten auch im Rahmen des Kapitalkontos II oder der gesamthänderisch gebundenen Rücklage ausgewiesen wird.601 Einlagen können auch nicht in Kapitalgesellschaften erfolgen, weil es sich bei der Kapitalgesellschaft um eine eigenständige Rechtspersönlichkeit handelt. Vielmehr wird entweder eine offene Einlage in Form einer Einbringung i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. oder eine verdeckte Einlage i. S. d. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 UmwStG a. F.602 getätigt. Werden einbringungsgeborene Anteile von einem Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt, liegt weder eine Entnahme noch eine Einlage vor.603 Vielmehr sind die allgemeinen Vorschriften zum Verbringen einer Beteiligung nach § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG anwendbar, wonach die Buchwerte fortzuführen sind.604 Die Besteuerung der stillen Reserven ist durch den Status der Anteile als einbringungsgeborene weiterhin sichergestellt.
III. Umwandlungen Neben Einbringungen können auch Umwandlungen, die ausschließlich an das UmwG anknüpfen, die Aufdeckung stiller Reserven von einbringungsgeborenen Anteilen zur Folge haben. Dabei ist zwischen Umwandlungsvorgängen zu unterscheiden, bei dem der Rechtsträger, an dem einbringungsgeborene Anteile bestehen, umgewandelt wird und Umwandlungen des Rechtsträgers, der Anteilsinhaber der einbringungsgeborenen Anteile ist. 1. Umwandlung des Rechtsträgers, an dem einbringungsgeborene Anteile bestehen Bei einer Verschmelzung, Spaltung oder einem Formwechsel wird der übertragende Rechtsträger nicht abgewickelt. Daher müssen die in den ein________________________
601 BFH v. 24.1.2008 – IV R 37/06, BFH/NV 2008, 854; BFH v. 24.1.2008 – IV R 66/05, BFH/NV 2008, 1302. 602 Vgl. 1. Kap. B. und 2. Kap. D. IV. 603 A. A. Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 21 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 238, der eine Einlage in ein Betriebsvermögen nach § 21 Abs. 4 UmwStG a. F. annimmt, weil die Realisierungstatbestände im Falle der Entnahme die allgemeinen Bewertungsgrundsätze verdrängt haben und es daher seiner Meinung nach nur konsequent ist, auch die allgemeinen Bewertungsvorschriften im Falle einer Sacheinlage nicht anzuwenden. 604 Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 21 UmwStG Rn. 503. A. A. Reiß, in Kirchhof, § 15 EStG Rn. 293, der in der Überführung eine Entnahme und eine Einlage zum Buchwert sieht.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
bringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven jedenfalls nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG a. F. einer Besteuerung zugeführt werden.605 Vielmehr unterliegt der Umstrukturierungsvorgang dem neuen UmwStG, sofern die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register nach dem 12.12.2006 beantragt worden ist (vgl. § 27 Abs. 1 UmwStG n. F.). Bei Verschmelzungen einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft sowie bei Auf- und Abspaltungen von Vermögen einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.) gelten nach der in § 13 Abs. 1 UmwStG n. F. niedergelegten Grundregel die Anteile an der übertragenden Körperschaft als zum gemeinen Wert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile an der übernehmenden Körperschaft als mit diesem Wert angeschafft. Im Ergebnis wird damit eine Veräußerung der Anteile fingiert.606 Den sich daraus ergebenden Gewinn (Verlust) hat der Anteilseigner nach den allgemeinen Grundsätzen zu versteuern.607 Soweit es sich bei den Anteilen um einbringungsgeborene handelt und die siebenjährige Haltefrist noch nicht abgelaufen ist, ist der fiktive Veräußerungspreis vollumfänglich in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Im Übrigen kann auf die Ausführungen zur Anteilsveräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen verwiesen werden.608 Dementsprechend geht im Zeitpunkt des Vermögensübergangs der Status der Einbringungsgeborenheit regelmäßig unter. § 13 Abs. 2 UmwStG n. F. eröffnet jedoch die Möglichkeit, auf Antrag die Buchwerte bzw. Anschaffungskosten der Anteile am übertragenden Rechtsträger fortzuführen. Ein derartiger Antrag kann entsprechend den Regelungen zum Anteilstausch (§ 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F.)609 gestellt werden, wenn entweder das Recht der Bundesrepublik hinsichtlich der Besteuerung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird oder Art. 8 der FRL zur Anwendung kommt. Wird die Fortführung der Buchwerte beantragt, so treten nach § 13 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. die Anteile an der übernehmenden Körperschaft an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft. Der Status der Einbringungs________________________ 605 Vgl. 2. Kap. D. III. 1. 606 Dötsch, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 13 Rn. 17; Ley/Bodden, FR 2007, 265, 277; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 13 UmwStG Rn. 5; a. A. Trossen, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 13 UmwStG Rn. 8. 607 Ley/Bodden, FR 2007, 265, 277; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, 5. Aufl., § 13 UmwStG Rn. 21. 608 Vgl. 2. Kap. C. III. 2. 609 Vgl. 2. Kap. F. II. 2. a).
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geborenheit haftet den Anteilen weiterhin an.610 Eine neue siebenjährige Sperrfrist wird nicht ausgelöst. Vielmehr werden die Besitzzeiten der Anteile am übertragenden Rechtsträger angerechnet. Die Anteile am übertragenden Rechtsträger gelten somit als zum Buchwert veräußert und die Anteile an der übernehmenden Körperschaft als mit dem Buchwert angeschafft. Folglich kommt es beim Vermögensübergang auch nicht zur Aufdeckung von stillen Reserven. Handelte es sich bei den Anteilen an dem übertragenden Rechtsträger um solche, die im Privatvermögen gehalten worden sind, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungskosten der Anteile (§ 13 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F.). Ein Wechsel der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft bleibt dagegen stets ohne Auswirkungen auf den Status der Anteile.611 Anders ist hingegen zu verfahren, wenn der übernehmende Rechtsträger eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person ist, wie es beispielsweise bei Verschmelzungen auf Personengesellschaften oder natürliche Personen (§§ 3 ff. UmwStG n. F.), bei Auf- und Abspaltungen auf Personengesellschaften (§§ 16, 3 ff. UmwStG n. F.) oder beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (§§ 9, 3 ff. UmwStG n. F.) der Fall sein kann. Da einbringungsgeborene Anteile laut Legaldefinition (vgl. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F.) nur an Kapitalgesellschaften bestehen können, ordnet § 5 Abs. 4 UmwStG a. F. an, dass die einbringungsgeborenen Anteile an der übertragenden bzw. formwechselnden Kapitalgesellschaft als an dem steuerlichen Übertragungsstichtag in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft mit deren Anschaffungskosten (§ 20 Abs. 4 UmwStG a. F.) eingelegt gelten. Diese Einlagefiktion findet sich im neuen UmwStG zwar nicht mehr in § 5 Abs. 4 UmwStG n. F., gilt über § 27 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG n. F. aber fort. Dabei ist die Besonderheit zu beachten, dass nunmehr der Wert i. S. d. § 5 Abs. 2, 3 UmwStG n. F. ausschlaggebend sein soll. Damit dürfte gemeint sein, dass die fiktive Einlage im Privatvermögen gehaltener einbringungsgeborener Anteile zu Anschaffungskosten und bei zum Betriebsvermögen gehörenden Anteilen der Buchwert, erhöht um Teilwertabschreibungen sowie um steuerwirksame Übertragungen von Rücklagen nach § 6b EStG als maßgeblich anzusehen ist. Dadurch wird einerseits vermieden, dass die in den Anteilen ruhenden stillen Reserven aufgrund der Umwandlung auf Ebene des Anteilseigners sofort ________________________ 610 Trossen, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 13 UmwStG Rn. 46. 611 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 77.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
nach § 21 UmwStG a. F. einer Besteuerung zugeführt werden müssen.612 Da jedoch mit der Verschmelzung der Körperschaft ein Wechsel des Steuersystems einhergeht, behandelt der Gesetzgeber die Verschmelzung einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person (sowie die anderen genannten Umwandlungsvorgänge) andererseits im Ergebnis wie eine Vollausschüttung. Sofern der Anteilseigner an der Ermittlung des Übernahmeergebnisses teilnimmt, muss dieser neben die auf ihn entfallende Gewinnrücklage (§ 7 UmwStG n. F.), die den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen ist, auch einen Übernahmegewinn (Übernahmeverlust) entsprechend den Vorschriften der §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 2, 3 UmwStG n. F. versteuern. Der Übernahmegewinn (Übernahmeverlust) berechnet sich vereinfacht ausgedrückt aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen Wert des übertragenden Vermögens und den Anschaffungskosten bzw. dem Buchwert der Beteiligung (§ 4 Abs. 4 S. 1 UmwStG n. F.) abzüglich der bereits nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG besteuerten offenen Rücklagen (§ 4 Abs. 5 S. 2 UmwStG n. F.). Natürliche Personen können diesen laut § 4 Abs. 7 S. 2 UmwStG n. F. dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren unterwerfen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einbringungsgeborene Anteile handelt oder nicht,613 § 4 Abs. 7 S. 2 UmwStG n. F. verweist lediglich auf die Anwendung der § 3 Nr. 40 S. 1 und 2 sowie auf § 3c EStG. Daher sollte auch der Übernahmegewinn von Körperschaften gemäß § 4 Abs. 7 S. 1 UmwStG n. F. i. V. m. § 8b Abs. 2 KStG zu 95 % von der Körperschaftsteuer freigestellt sein. Zwar verweist der Gesetzeswortlaut von § 4 Abs. 7 S. 1 UmwStG auf den gesamten § 8b KStG und somit über § 34 Abs. 7a KStG auch auf § 8b Abs. 4 KStG 2005. Jedoch sollte die Rechtslage mit der für natürliche Personen vergleichbar sein, zumal ein Sicherungsbedürfnis durch die Rückumwandlung in eine Personengesellschaft nicht besteht.614 Mit der Übertragung auf die Personengesellschaft gehen die Anteile an der Kapitalgesellschaft unter und somit auch der Status der Einbringungsgeborenheit. 2. Umwandlung des Rechtsträgers, der Anteilsinhaber ist Wenn der Rechtsträger, der Anteilsinhaber der einbringungsgeborenen Anteile ist, umgewandelt wird, kommen ungleich mehrere Umwandlungsvorgänge in Betracht. Anders als bei der übernehmenden Gesellschaft kann es ________________________ 612 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 77. 613 Vertiefend Schwetlik, GmbHR 2007, 574 ff. 614 van Lishaut, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 UmwStG Rn. 137.
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G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung
sich um natürliche Personen, juristische Personen oder Personengesellschaften handeln. Der Anwendungsbereich ist nicht auf unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG oder EU-Kapitalgesellschaften beschränkt. Gleichwohl kann auch bei derartig verschiedenen Umwandlungsvorgängen auf Bekanntes zurückgegriffen werden. Wiederum ist nach der alten Rechtslage zu differenzieren, ob eine Verschmelzung, Spaltung oder ein Formwechsel zu Buch-, Zwischen- oder zum gemeinen Wert vollzogen worden ist. Das UmwStG n. F. behandelt grundsätzlich jede Umwandlung als entgeltlichen Vermögensübergang (vgl. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG n. F.) und fordert daher den Ansatz der gemeinen Werte für die übertragenden Wirtschaftsgüter.615 Der voll entgeltliche Vorgang führt gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. zu einer steuerpflichtigen Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile und lässt damit den Status der Einbringungsgeborenheit untergehen. Der auf die einbringungsgeborenen Anteile entfallende Veräußerungsgewinn (-verlust) ist entsprechend den in den §§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b, 3c Abs. 2 S. 1 EStG, § 3 Nr. 40 S. 3, 4 und § 3c S. 3, 4 EStG 2005 i. V. m. § 52 Abs. 4d S. 2, Abs. 8a S. 2 EStG bzw. § 8b Abs. 2, 3 KStG, § 8b Abs. 4 i. V. m. § 34 Abs. 7a KStG niedergelegten Grundsätzen zu versteuern.616 Auf Antrag können die übergehenden Wirtschaftsgüter oftmals mit Buchoder Zwischenwerten bewertet werden. Hierfür ist allerdings vorausgesetzt, dass die einbringungsgeborenen Anteile dem Betriebsvermögen zugerechnet werden und ihre spätere Besteuerung mit Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer sichergestellt ist. Weiterhin darf das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übergehenden Wirtschaftsgüter bei den Gesellschaftern des übernehmenden Rechtsträgers nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Die Buchwerte müssen zudem aufgestockt werden, soweit eine oder eine in Gesellschaftsrechten bestehende Gegenleistung gewährt wird.617 Werden die Buch________________________ 615 Vgl. beispielsweise die Wertansätze bei der übertragenden Körperschaft bei einer Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person nach § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. 616 Birkemeier, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 Rn. 65 „Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft“; Dötsch/Pung, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG (SEStEG) Rn. 57; Widmann, in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG (SEStEG) Rn. 549; vgl. auch 2. Kap. C. 617 Vgl. für Verschmelzungen einer Körperschaft auf Personengesellschaften oder natürliche Personen § 3 Abs. 2 UmwStG n. F.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
werte übernommen, entsteht kein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn. Der Status der Einbringungsgeborenheit setzt sich an den Anteilen fort. Gleiches gilt bei einem Ansatz zu Zwischenwerten. Dabei ist im Unterschied zu beachten, dass der Veräußerunsgsgewinn, soweit er auf einbringungsgeborene Anteile entfällt, nach den bei der Einbringung zum gemeinen Wert genannten Vorschriften zu besteuern ist.618 Gleichwohl sind die Anteile weiterhin nach § 21 UmwStG a. F. steuerverstrickt.
IV. Betriebsaufspaltung Zu den beliebtesten Organisationsformen mittelständisch gewerblich tätiger Unternehmen zählt neben der GmbH & Co. KG die Betriebsaufspaltung.619 Weder im Handelsrecht noch im Steuerrecht ist der Begriff der Betriebsaufspaltung legal definiert. Das Rechtsinsitut wird hingegen unstreitig als bestehend vorausgesetzt.620 Es umschreibt einen Vorgang, bei dem ein wirtschaftlich gesehen einheitliches Unternehmen in zwei oder mehrere rechtlich selbständige Einheiten „aufgespalten“ wird, wobei die beteiligten rechtlich selbständigen Einheiten personell und wirtschaftlich miteinander verbunden bleiben.621 Klassischer Fall einer sog. echten Betriebsaufspaltung ist die Aufspaltung eines Unternehmens eines Einzelgewerbetreibenden oder einer Personengesellschaft in ein Besitzpersonenunternehmen und in eine Betriebskapitalgesellschaft. Die Gesellschafter des bisherigen Personenunternehmens gründen eine Kapitalgesellschaft. Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft sind regelmäßig der bisherigen Gesellschafter des Personenunternehmens, wobei die Beteiligungsverhältnisse in der Betriebskapitalgesellschaft ähnlich wie im Personenunternehmen ausgestaltet sind. Fortan führt die Betriebskapitalgesellschaft den laufenden Betrieb, während das Besitzpersonenunternehmen Pacht- oder Mietverträge über wesentliche Betriebsgrundlagen mit der Betriebskapitalgesellschaft abschließt.622 Das Besitzunternehmen verpflichtet sich, zumindest einer der wesentlichen Betriebsgrundlagen der Betriebskapitalgesellschaft zur Nutzung zu überlassen.623 ________________________ 618 Birkemeier, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 Rn. 65; Dötsch/Pung, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG (SEStEG) Rn. 57; Widmann, in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG (SEStEG) Rn. 549. 619 Patt, in Klingebiel/Patt/Rasche/Krause, Teil D 3.1. 620 Eingehend Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. m. w. N. 621 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 1. a) m. w. N. 622 Eingehend Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 1. a). 623 BFH v. 21.5.1974 – VIII R 57/70, BStBl. II 1974, 613.
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G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung
Als Vorteil einer solchen Organisationsform werden neben der Haftungsbeschränkung und der Verringerung von Rechnungs- und Publizitätspflichten die Minderung von Pflichten aus dem Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmungsgesetz genannt.624 Weiterhin ist von Bedeutung, dass die steuerlichen Vorteile, die einem Gewerbebetrieb eines Personenunternehmens gewährt werden, mit den steuermindernden Möglichkeiten des Körperschaftsteuerrechts (hinsichtlich der von dem Besitzunternehmen beherrschren Betriebskapitalgesellschaft) kombiniert werden können.625 Zudem konnte nach einhelliger Auffassung626 eine echte Betriebsaufspaltung bis zum 31.12.1998 steuerneutral errichtet werden, indem einzelne Wirtschaftsgüter unentgeltlich im Wege der Buchwertfortführung auf die Betriebskapitalgesellschaft übertragen werden konnten. Für seit dem 1.1.1999 getätigte Vermögensübertragungen ist dies zumindest nicht mehr für die Fälle denkbar, bei denen Teile des Anlagevermögens mitübertragen werden sollen. Die stillen Reserven der eingebrachten Wirtschaftsgüter müssen aufgedeckt werden. Bei offenen Einlagen im Rahmen eines tauschähnlichen Vorgangs627 wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert und dem Buchwert besteuert (§ 6 Abs. 6 S. 1 EStG). Bei verdeckten Einlagen werden die Anschaffungskosten der Beteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft durch den Teilwert der eingelegten Wirtschaftsgüter bestimmt (§ 6 Abs. 6 S. 2 EStG). Fortan versuchte man Wege und Möglichkeiten einer steuerneutralen Einbringung in die Betriebskapitalgesellschaft zu finden und wurde für einen kleinen Anwendungsbereich bei den Einbringungsvorschriften der §§ 20 ff. UmwStG a. F. fündig. Vom Grundsatz her schließen sich echte Betriebsaufspaltungen und Einbringungsvorgänge aus, da in dem Besitzpersonenunternehmen mindestens ein Wirtschaftsgut verbleiben muss, dass eine wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens darstellt und somit ein Betrieb nicht im Wege der § 20 UmwStG a. F. übertragen werden kann. Die einzig denkbare Sachverhaltskonstellation ist die Einbringung eines Teilbetriebs in die Betriebskapitalgesellschaft. In dem zurückbehaltenen Teilbetrieb muss der ________________________
624 Eingehend Patt, in Klingebiel/Patt/Rasche/Krause, Teil D 3.4. Beispielweise kann in dem kapitalstarken Besitzunternehmen regelmäßig auf die Einrichtung eines Betriebsrates (vgl. § 1 BetrVG, bei mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern) und eines Wirtschaftsausschusses (§ 106 BetrVG) verzichtet werden. 625 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 1. a); Lederle, GmbHR 2004, 985; Patt, in Klingebiel/Patt/Rasche/Krause, Teil D 3.3. 626 Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 4. m. w. N. 627 Übertragende Wirtschaftsgüter gegen Einlageverpflichtung bzw. Gesellschaftsrechte.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
Betriebskapitalgesellschaft mindestens ein Wirtschaftsgut überlassen werden, das für diese eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, um weiterhin eine Betriebsaufspaltung annehmen zu können. Wird diese Konstruktion gewählt, so richtet sich die Entstrickung der einbringungsgeborenen Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft nach den bekannten Vorschriften. Darüber hinaus ist ein weiterer Vorteil für den Steuerpflichtigen bei der Beendigung der Betriebsaufspaltung zu beachten. Während bei der Beendigung der Betriebsaufspaltung die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft in das Privatvermögen zu überführen sind und damit die stillen Reserven aufgedeckt werden müssen, führt die Entnahme von einbringungsgeborenen Anteile gerade nicht zur Aufdeckung von stillen Reserven. Die Entnahme ist in dem Katalog der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge in § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. und § 22 Abs. 1 S. 6 UmwStG n. F. nicht enthalten.628 Ist vor Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit eine Aufspaltung in ein Besitzpersonenunternehmen und eine Betriebskapitalgesellschaft von vornherein geplant, spricht man insoweit von einer unechten Betriebsaufspaltung. Wie bei einer echten Betriebsaufspaltung können einbringungsgeborene Anteile bei unechten Betriebsaufspaltungen zwar entstehen, jedoch können diese nicht auf eine Betriebsaufspaltung zurückzuführen sein. Die Betriebskapitalgesellschaft wird unabhängig von dem Personenunternehmen gegründet, auf das kein Vermögen zu übertragen ist.629
V. Realteilung Wird eine gewerblich, freiberuflich oder land- und forstwirtschaftlich630 tätige Mitunternehmerschaft beendet, ist hierin regelmäßig eine Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 1 Var. 1 EStG zu sehen. Der Betrieb hört als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen auf.631 Die stillen Reserven des mitunternehmerischen Vermögens und damit auch die Wert________________________
628 Vgl. 2. Kap. G. II. 1. 629 Bsp. bei Pollmann, NWB 1990, F. 3, 9601, 9608. 630 Die Grundsätze der Realteilung gelten neben den gewerblich geprägten Mitunternehmerschaften auch für land- und forstwirtschaftliche (BFH v. 23.3.1995 – IV R 93/93, BStBl. II 1995, 700) und für freiberufliche (BFH v. 28.1.1993 – IV R 131/91, BStBl. II 1993, 509) Mitunternehmerschaften. 631 BFH v. 29.10.1981 – IV R 138/78, BStBl. II 1982, 381; BFH v. 19.1.1982 – VIII R 21/77, BStBl. II 1982, 456; BFH v. 9.9.1993 – IV R 30/92, BStBl. II 1994, 105; BFH v. 5.12.1996 – IV R 65/95, BFH/NV 1997, 226. Unerheblich ist nach Ansicht des BFH v. 28.5.1991 – IV B 28/90, BStBl. II 1991, 801, ob der Betrieb freiwillig oder zwangsweise eingestellt wird.
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G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung
steigerungen der einbringungsgeborenen Anteile müssen vollständig aufgedeckt werden. Diese für die Mitunternehmer oftmals nicht gewollte Rechtsfolge kann verhindert werden, wenn die Auflösung der Gesellschaft im Rahmen einer Realteilung vollzogen wird. Das EStG definiert den Begriff der Realteilung nicht, setzt diesen aber wiederum in § 16 Abs. 3 S. 2 EStG als bestehend voraus. Der BFH632 spricht von einer Realteilung als Unterfall der zivilrechtlichen Naturalteilung einer Personengesellschaft, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer die ihm zugewiesenen Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführen muss. Weitergehend müssen die Gesellschafter der Mitunternehmerschaft ihr gemeinsames Engagement beenden und die Mitunternehmerschaft gänzlich auflösen.633 Rechtlich kann dies entweder in Form eines von den Regelungen der §§ 145 HGB, 730 ff. BGB abweichenden Auseinandersetzungsverfahrens oder durch Aufspaltung vollzogen werden.634 Werden im Zuge der Realteilung Wirtschaftsgüter der Mitunternehmerschaft in ein andereres Betriebsvermögen eines Mitunternehmers (Realteiler) übertragen, können grundsätzlich die Buchwerte fortgeführt werden, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (§ 16 Abs. 3 S. 2 EStG). Der Status der Einbringungsgeborenheit haftet den Anteilen unverändert an.635 Ein Aufgabegewinn entsteht insoweit nicht.636 Vielmehr tritt der Realteiler in die siebenjährige Veräußerungssperre des § 3 Nr. 40 S. 4 EStG 2005 ein. Im Umkehrschluss sind bei der Überführung in das Privatvermögen und dann, wenn die Besteuerung der stillen Reserven nicht sichergestellt ist, zwingend die gemeinen Werte anzusetzen und somit auch die stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile einer Besteuerung zuzuführen. Sollte der betreffende Mitunternehmer sämtliche stille Reserven seines Anteils aufdecken, kann er die Begünstigungen eines Aufgabegewinns i. S. d. ________________________ 632 BFH v. 29.4.2004 – IV B 124/02, BFH/NV 2004, 1395. 633 Vgl. die Gesetzesbegründung des StEntlG 1999/2000/2002, BT-Drs. 14/23, S. 179. Ob auch Fälle erfasst sind, in denen die Mitunternehmerschaft zwar bestehen bleibt, jedoch Teile des Betriebsvermögens dem ausscheidenen Gesellschafter als Abfindung überlassen werden, soll nicht näher erörtert werden; eingehend Schell, BB 2006, 1026 f. Für eine derartige Ausweitung des Begriffs tritt Birkemeier, in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, § 3 Rn. 65 ein; ablehend hingegen BMF-Schr. 28.2.2006, BStBl. I 2006, 228; Schell, BB 2006, 1026; Schulze zur Wiesche, DB 2006, 921 f. 634 Nagel/Thies, GmbHR 2008, 479. 635 Pung, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8b KStG Rn. 162. 636 Sollte ein Spitzenausgleich gezahlt werden, ist dieser zu versteuern; vgl. ausführlich Rasche, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Anh. 4 Rn. 125 ff.
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2. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei inländischen Sachverhalten
§§ 16 Abs. 4, 34 EStG in Anspruch nehmen.637 Dies gilt unabhängig davon, ob die anderen Mitunternehmer die Buchwerte fortführen.638 Eine Gewerbesteuerpflicht entsteht nicht.639 Werden die Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt, sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen die gemeinen Werte zwingend anzusetzen sind. Ihnen ist gemein, dass im Rahmen der Realteilung stets einzelne Wirtschaftsgüter und nicht ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil auf den Realteiler übertragen werden. Zum einen ist der Ansatz der gemeinen Werte gemäß § 16 Abs. 3 S. 3 EStG vorgeschrieben, wenn bei einer Realteilung einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden und innerhalb einer bestimmten Sperrfrist zum Buchwert übertragene(r) Grund und Boden, Gebäude oder andere wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert oder entnommen werden. Die Sperrfrist beträgt drei Jahre und beginnt zu laufen, wenn die Mitunternehmerschaft ihre Steuererklärung abgegeben hat, in deren Veranlagungszeitraum die Realteilung fällt. Zum anderen sind die Wertsteigerungen gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 EStG vollumfänglich einer Besteuerung zuzuführen, sofern einzelne Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen übertragen werden (sog. Körperschaftsteuerklausel). Dadurch soll verhindert werden, dass die Vorteile des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens durch eine Anteilsveräußerung nach einer gewinnneutralen Übertragung der Wirtschaftsgüter auf eine Kapitalgesellschaft genutzt werden können.640 Rückwirkend ist auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert der einbringungsgeborenen Anteile anzusetzen. Dies gilt nur dann nicht, wenn eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung und somit ein Teilbetrieb auf den Reateiler übertragen worden ist.641 Die Finanzverwaltung642 will den sich daraus ergebenden Gewinn bei Wirtschaftsgütern, die zum Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft gehörten, grundsätzlich allen Realteilern nach dem allgemeinen Gewinn________________________ 637 638 639 640 641
Wacker, in Schmidt, § 16 EStG Rn. 551. BFH v. 1.12.1992 – VIII R 57/90, BStBl. II 1994, 607. Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rn. 444. BT-Drs. 14/7343, BT-Drs. 14/7344, S. 7. BMF-Schr. v. 28.2.2006, BStBl. I 2006, 228, 229; Kulosa, in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 16 EStG Rn. 461. 642 BMF-Schr. v. 28.2.2006, BStBl. I 2006, 228, 230 f.
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G. Weitere Fälle steuerlicher Entstrickung
verteilungsschlüssel zurechnen. Im Realvereinbarungsvertrag sollte daher eine entsprechende Klausel aufgenommen werden, nach der eine Zurechnung auf den Veräußernden oder Entnehmenden vorzunehmen ist. Dies sollte schon deshalb erfolgen, weil der Veräußernde oder Entnehmende grundsätzlich berechtigt ist, die Vergünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG in Anspruch zu nehmen.643 Zudem sollte beachtet werden, dass neben einer Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile auch eine Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft zu einer rückwirkenden Besteuerung führt.644 Die Finanzverwaltung hält sogar eine erneute Einbringung nach den §§ 20 ff. UmwStG645 für schädlich. Dies soll fälschlicherweise sogar unabhängig davon eintreten, ob die Buchwerte fortgeführt werden.646 Bei übernehmenden Kapitalgesellschaften oder anderen körperschaftsteuerpflichtigen Personen kommt eine Buchwertfortführung nur in Betracht, wenn die einbringungsgeborenen Anteile entweder einen Teilbetrieb ausmachen oder die Anteile im Zuge einer (Teil-)Betriebsübertragung übergehen. Andernfalls müssen die gemeinen Werte im Zeitpunkt der Realteilung angesetzt und damit auch die stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile aufgedeckt werden. Dabei können weder die Vergünstigungen des § 34 EStG noch die des § 16 EStG in Anspruch genommen werden. Der Gewinn zählt zum laufenden Gewerbeertrag. Sofern die Buchwerte fortgeführt werden, tritt die übernehmende Körperschaft in die siebenjährige Sperrfrist des § 8b Abs. 4 KStG 2005 ein. Werden die Anteile innerhalb der dreijährigen Sperrfrist des § 16 Abs. 3 S. 3 EStG entnommen und handelt es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage, so müssen entsprechend den genannten Kriterien die stillen Reserven rückwirkend versteuert werden. Hinzuweisen ist noch auf die durch das SEStEG neu eingefügte Regelung des § 16 Abs. 5 EStG. Diese befasst sich speziell mit der Zuweisung von Anteilen an Körperschaften.647 Gemäß § 52 Abs. 34 S. 7 EStG muss die „ursprüngliche“ Übertragung der Anteile nach dem 12.12.2006 auf die real zu teilende Gesellschaft erfolgt sein.648 Mit der ursprünglichen Übertragung ________________________ 643 644 645 646 647
Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rn. 462. Wacker, in Schmidt, § 16 EStG Rn. 553. BMF-Schr. v. 28.2.2006, BStBl. I 2006, 228, 230. A. A. Rogall/Stangl, FR 2006, 345, 356; Schell, BB 2006, 1026, 1029. Eingehend Intemann, in Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2007, § 16 EStG Anm. J. 06-2; Nagel/Thies, GmbHR 2008, 479, 481 f. 648 BT-Drs. 16/3369, S. 6.
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ist der ursprüngliche Erwerb der Anteile gemeint. Die Vorschrift findet daher auf einbringungsgeborene Anteile keine Anwendung.
VI. Ergebnis Bei allen weiteren Maßnahmen ist im Zeitpunkt der Umstrukturierung zu prüfen, ob die auf die einbringungsgeborenen Anteile übertragenen stillen Reserven einer Besteuerung zugeführt werden müssen. Sind die Wertsteigerungen vollumfänglich zu besteuern, geht den Anteilen der Status der Einbringungsgeborenheit verloren. Oftmals wird aber auch die Möglichkeit bestehen, den besonderen Status auf andere Anteile steuerneutral zu übertragen.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Vor dem Inkrafttreten der Fusionsrichtlinie konnten Einbringungen in Kapitalgesellschaften steuerneutral nur vollzogen werden, wenn Vermögen in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft übertragen wurde.1 Auch war es beschränkt Steuerpflichtigen regelmäßig verwehrt, eine inländische Betriebsstätte zu Buchwerten einzubringen, selbst wenn das Vermögen in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft überführt werden konnte.2 Damit wurden grenzüberschreitende gegenüber inländischen Umstrukturierungen diskriminiert. Ausweislich ihrer Erwägungsgründe bezweckt die Fusionsrichtlinie diese Ungleichbehandlung zu beseitigen.3 Der deutsche Steuergesetzgeber setzte die Vorgaben der Fusionsrichtlinie hinsichtlich der Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen mit dem StÄndG 19924 rückwirkend zum 31.12.19915 in nationales Recht um. Ob diese Umsetzung allerdings auch gemeinschaftsrechtskonform gelang, ist Gegenstand der weiteren Untersuchungen. Wie jede andere nationale Regelung müssen sich auch die Normen des Umwandlungssteuerrechts am primären und sekundären Gemeinschaftsrecht messen lassen. Dabei kommt den primären und sekundären Normen des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich ein Anwendungsvorrang vor dem natio-
________________________ 1 Vgl. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1977. 2 Vgl. § 20 Abs. 3 UmwStG 1977. 3 Richtlinie des Rates 90/434/EWG v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1 zuletzt geändert durch Richtlinie des Rates 2005/19/EG v. 17.2.2005 zur Änderung der Richtlinie 90/434/EWG über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABl. Nr. L 58 v. 4.3.2005, 19. 4 Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze – Steueränderungsgesetz 1992 v. 25.2.1992, BGBl. I 1992, 297. 5 Vgl. Art. 12 Abs. 1 FRL.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
nalen Recht zuteil,6 d. h. im Falle einer Kollision wird das nationale Recht in seinem Anwendungsbereich vom Gemeinschaftsrecht verdrängt, die Gültigkeit des entgegenstehenden nationalen Rechts bleibt hingegen unberührt.7 Hierfür ist allerdings vorausgesetzt, dass sowohl die Normen des Europarechts als auch des nationalen Rechts wirksam und anwendbar sind, zwischen dem Europarecht und dem nationalen Recht ein tatsächlicher Konflikt besteht und die europarechtliche Norm unmittelbar zur Anwendung kommt.8
A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge Die unter den Vorgaben des Art. 94 EGV [Art. 115 AEUV]9 formell wirksam zustande gekommene Fusionsrichtlinie fordert die Mitgliedstaaten auf, seit dem 31.12.1991 die von ihr begünstigten grenzüberschreitenden Umstrukturierungen nicht durch steuerliche Vorschriften zu beschränken oder zu behindern, um binnenmarktähnliche Verhältnisse in der Gemeinschaft herzustellen und damit die Errichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu gewährleisten.10 Begünstigt werden neben grenzüberschreitenden Fusionen, Spaltungen und Abspaltungen auch Einbringungen von Unternehmensteilen und der Austausch von Anteilen.11 Konkret schreibt ________________________
6 EuGH v. 6.3.1964, Slg. 1964, 1251, 1269 f. (Costa/ENEL); BVerfG v. 9.6.1971 – 2 BvR 225/69, BVerfGE 31, 145, 174; BFH v. 20.4.1988 – I R 219/82, BStBl. II 1990, 701. Umstritten ist allerdings die Begründung des Anwendungsvorrangs. Der EuGH leitet ihn schon früh aus dem autonomen Geltungsgrund der europäischen Vorschriften, der zeitlich unbegrenzten Beschränkung mitgliedschaftlicher Hoheitsrechte in den Verträgen sowie aus der Notwendigkeit ab, die Verwirklichung der Vertragsziele nicht zu gefährden. Dagegen begründet das BVerfG v. 22.10.1986, BVerfG v. 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339, 37 (Solange II) den Anwendungsvorrang mit der nationalen Verfassungsvorschrift des Art. 23 GG. 7 EuGH v. 22.6.1989, Slg. 1989, 1839, 1870 f. (Fratelli Costanzo); Lutter, JZ 1992, 593, 596. 8 Beljin, JuS 2002, 987; Ruffert, in Calliess/Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 26; Schroeder, in Streinz, Art. 249 EGV Rn. 44. Zu möglichen Grenzen bei Richtlinien Masing, NJW 2006, 264 ff.; Weidemann, NVwZ 2006, 623 ff. 9 Die Befugnis zur Vornahme von Harmonisierungsbestrebungen auf dem Gebiet der direkten Steuern wird auf Art. 115 AEUV gestützt. Art. 115 AEUV sieht eine Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vor, die sich unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken. Laut dem 1. Erwg. der FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1 bezweckt die FRL steuerliche Voraussetzungen für EG-weite Umstrukturierungen zu schaffen, um einen Gemeinsamen Markt auch auf dem Gebiet der direkten Steuern zu verwirklichen. 10 Vgl. 1. Erwg. der FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1. 11 Zudem werden seit der ÄndRL zur FRL 2005/19/EG, ABl. Nr. L 58 v. 4.3.2005, 19 auch Sitzverlegungen einer SE oder SCE erfasst.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
sie den Mitgliedstaaten vor, die an sich fällige Schlussbesteuerung im Zeitpunkt der Umstrukturierung aufzuschieben. Dieses soll unter gleichzeitiger Wahrung der finanziellen Interessen des Staates der einbringenden bzw. erworbenen Gesellschaft erfolgen. Da grenzüberschreitende Fusionen – gleichbedeutend mit grenzüberschreitenden Verschmelzungen des UmwG – bis ins Jahr 2007 hinein wegen einer fehlenden gesellschaftsrechtlichen Grundlage nicht möglich waren und grenzüberschreitende Spaltungen dies bis dato nicht sind, musste bei grenzüberschreitenden Unternehmensumstrukturierungen auf den Anteilstausch oder die Einbringung von Unternehmensteilen zurückgegriffen werden. Beiden nach nationalem Recht möglichen Umstrukturierungen ist gemein, dass an diesen Gesellschaften aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten beteiligt sein müssen (Art. 1 FRL). Von der Fusionsrichtlinie begünstigte Gesellschaften sind allein solche, die im Anhang der Fusionsrichtlinie genannt sind,12 für steuerliche Zwecke in einem Mitgliedstaat der EU als ansässig gelten und der deutschen Körperschaftsteuer oder einer vergleichbaren ausländischen Steuer unterliegen (Art. 3 FRL). Erstmals seit dem 1.1.200713 werden auch sog. steuerlich hybride Gesellschaften in den Anwendungsbereich einbezogen.14 Der Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie bleibt aber weiterhin auf Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften beschränkt. Im Einzelnen ist zwischen dem Anteilstausch und der Einbringung von Unternehmensteilen zu unterscheiden.
I. Anteilstausch Unter dem Tausch von Anteilen ist nach der Fusionsrichtlinie ein Vorgang zu verstehen, durch den eine Gesellschaft am Gesellschaftskapital einer anderen Gesellschaft eine Beteiligung erwirbt, die ihr die Mehrheit der Stimmrechte verleiht und zwar gegen Gewährung von Anteilen an der erwerben________________________ 12 Als begünstigte Gesellschaften deutschen Rechts werden genannt: AG, KGaA, GmbH, VVaG, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Betrieb gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und andere nach deutschem Recht gegründete Gesellschaften, die der deutschen Körperschaftsteuer unterliegen. 13 Vgl. Art. 2 Abs. 2 der ÄndRL zur FRL 2005/19/EG, ABl. L 58 v. 4.3.2005, 19. 14 Als hybride Gesellschaften werden diejenigen Gesellschaften bezeichnet, die für steuerliche Zwecke in ihrem jeweiligen Ansässigkeitsstaat als eigenes Steuersubjekt selbständig körperschaftsteuerpflichtig sind, demgegenüber im Ansässigkeitsstaat ihrer Gesellschafter als steuerlich transparent behandelt werden mit der Konsequenz, dass das Einkommen der Gesellschaft unmittelbar deren Gesellschaft zugerechnet wird und grundsätzlich ausschließlich auf Gesellschafterebene der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer unterliegt; eingehend Winkeljohann/Fuhrmann, S. 580.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
den Gesellschaft. Möglich ist auch eine bare Zuzahlung, wobei diese 10 % des Nennwertes oder bei Fehlen eines solchen des rechnerischen Werts der gewährten Anteile nicht übersteigen darf (Art. 2 Buchst. d FRL). Der Austausch von Anteilen wird oftmals auch als unechte Fusion bezeichnet. Im Gegensatz zur echten Fusion (Verschmelzung) behält die erworbene Gesellschaft ihre Rechtspersönlichkeit bei.15 Sie ist die in vielen europäischen Ländern übliche Form einer Unternehmensübernahme, um die Kontrolle über ein anderes Unternehmen zu erhalten und es in die Konzernstruktur einzugliedern. Als Vorteile gegenüber der echten Fusion werden insbesondere die Haftungssegmentierung im Konzern, die Möglichkeit der Fortführung des Firmennamens sowie der Aufbau einer flexibleren Konzernstruktur genannt.16 Beteiligte Rechtsträger eines Anteilstausches sind neben dem einbringenden Gesellschafter die erworbene und die erwerbende Gesellschaft. Dabei müssen sowohl die erworbene als auch die erwerbende Gesellschaft aus zwei verschiedenen Mitgliedstaaten der EU (Art. 1 Buchst. a FRL) stammen. An die Person des Einbringenden werden dagegen keine Anforderungen gestellt. 1. Anforderungen der Fusionsrichtlinie In Art. 8 Abs. 1 der FRL heißt es wörtlich, dass die Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden oder erwerbenden Gesellschaft an einen Gesellschafter der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft gegen Anteile an deren Gesellschaftskapital aufgrund des Austausches von Anteilen für sich allein keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen darf. Ein Anteilstausch kann demzufolge steuerneutral nur vollzogen werden, wenn die übernehmende (= erwerbende17) Gesellschaft eine Beteiligung erwirbt, die ihr die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft18 verleiht.19 Im Gegenzug muss der Einbringende die Anteile an der ________________________ 15 Saß, DB 1990, 2340, 2342. 16 Eingehend Grotherr, BB 1992, 2259 f. 17 Nach Art. 2 Buchst. h FRL die Gesellschaft, die beim Austausch von Anteilen eine Beteiligung erwirbt. Im Schrifttum (z. B. Widmann, in Widmann/Mayer, Anh. 15 § 23 UmwStG Rn. 183) wird auch der Begriff der aufnehmenden Gesellschaft verwendet. 18 Nach Art. 2 Buchst. g FRL die Gesellschaft, an der beim Austausch von Anteilen eine Beteiligung erworben wurde. Es ist daher von der Gesellschaft die Rede, deren Anteile eingebracht worden sind. 19 Beim Anteilstausch war die Höhe der qualifizierten Beteiligung von besonderer Bedeutung, die die übernehmende Gesellschaft durch den Anteilstausch erhält. Einige
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
erwerbenden Gesellschaft erhalten und den erworbenen Anteilen nach Art. 8 Abs. 4 FRL keinen höheren steuerlichen Wert beimessen, als den in Tausch gegebenen Anteilen unmittelbar vor dem Austausch der Anteile beigemessen worden war. Liegt ein von der Fusionsrichtlinie begünstigter Anteilstausch vor, sind die stillen Reserven der Beteiligung an der erworbenen Gesellschaft auf die Beteiligung an der erwerbenden Gesellschaft zu übertragen. Der Richtliniengeber gesteht den Mitgliedstaaten jedoch gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL zu, die Steuerneutralität ganz oder teilweise zu versagen bzw. rückgängig zu machen, wenn der hauptsächliche Beweggrund der Umstrukturierung oder einer der hauptsächlichen Beweggründe in einer Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu sehen ist. 2. Umsetzung der Fusionsrichtlinie Die Umsetzung der Richtlinie gestaltete sich für den deutschen Steuergesetzgeber als schwierig,20 befürchtete dieser doch, bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen Besteuerungsrechte an den in den Wirtschaftsgütern des übertragenden Betriebsvermögens enthaltenen stillen Reserven zu verlieren.21 a) Anteilseinbringung i. S. d. § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. Mit Inkrafttreten des StÄndG 199222 ließ aber auch der deutsche Steuergesetzgeber erstmals einen steuerneutralen Anteilstausch über die Grenze zu.23 Ein solcher kann entsprechend den Vorgaben in § 23 Abs. 4 S. 1 UmwStG a. F., die über § 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. weiterhin für Ver________________________
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23
Mitgliedstaaten sprachen sich dafür aus, aufgrund der Vergleichbarkeit mit der Fusion die Schwelle möglichst hoch anzusetzen, während die britische Delegation sich für eine geringere Beteiligungshöhe aussprach, um einen möglichst großen Anwendungsbereich der Richtlinie zu gewährleisten. Schließlich einigte man sich im Vorschlag der Richtlinie des Rates über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen und die Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen v. 16.1.1969, ABl. Nr. C 39 v. 22.3.1969, 1 auf die Mehrheit der Stimmrechte; ausführlich Saß, FR 1985, 344, 345. Thömmes, ZGR 1994, 75, 76 betont die Schwierigkeit der Umsetzung gerade bei Staaten, die wie die Bundesrepublik Deutschland über eine technisch sehr weit entwickelte Steuerrechtsordnung verfügen. Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 23 UmwStG Rn. 2. Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 v. 25.2. 1992, BGBl. I 1992, 297. Thömmes, WPg 1990, 473, 478.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
mögensübergänge anwendbar bleiben, die bis zum 12.12.2006 beim zuständigen Register beantragt worden sind, steuerneutral vollzogen werden, sofern die in der Fusionsrichtlinie aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Für eine erfolgsneutrale Anteilseinbringung über die Grenze ist es daher nicht mehr erforderlich, dass die übernehmende Kapitalgesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ausreichend ist es nach der Fusionsrichtlinie, wenn die erwerbende EU-Kapitalgesellschaft nach der Einbringung aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der übernommenen Anteile unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen EU-Kapitalgesellschaft hält.24 Zur Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts übernahm der deutsche Steuergesetzgeber allerdings nicht die allgemeine Missbrauchsklausel des Art. 11 Buchst. a FRL,25 sondern fügte anstelle dieser vier weitere Voraussetzungen für einen steuerneutralen grenzüberschreitenden Anteilstausch ein. aa) Doppelte Buchwertfortführung über die Grenze Die erste Maßnahme zur Sicherung des deutschen Besteuerungsrechts besteht wie im Inlandsfall in der doppelten Buchwertverknüpfung. Man spricht von der sog. „doppelten Buchwertverknüpfung über die Grenze“.26 Zum einen sind die Buchwerte, mit denen der Einbringende die eingebrachten Anteile bisher für steuerliche Zwecke bewertet hat, auf die im Gegenzug für ________________________ 24 Während die FRL auf einen Erwerb einer Beteiligung abstellt, die die Mehrheit der Stimmrechte verleiht, begünstigt das deutsche Recht zweifelsfrei auch die Aufstockung einer bereits vorhandenen Mehrheitsbeteiligung oder eine Aufstockung einer vorhandenen Minderheits- zur Mehrheitsbeteiligung. Erst in der ÄndRL zur FRL 2005/19/EG, ABl. Nr. L 58 v. 4.3.2005, 19 wurde klargestellt, dass ein Anteilstausch auch beim Hinzuerwerb von Anteilen vorliegt, wenn die erwerbende Gesellschaft bereits über die Mehrheit der Stimmrechte an der eingebrachten Gesellschaft verfügt. Zur Kritik am engen Wortlaut der FRL bereits Herzig/Dautzenberg/Heyers, DB 1991, Beil. 12, 1, 12; Saß, DB 1990, 2340, 2343; Thiel, StbJb 1991/1992, S. 43, 56 f.; Thömmes, WPg 1990, 473, 476. 25 Art. 11 Buchst. b FRL sieht eine weitere Missbrauchsklausel vor, wenn der Anteilstausch dazu führt, dass eine an dem Vorgang beteiligte oder nicht beteiligte Gesellschaft nicht mehr die Voraussetzungen für die zuvor bestehende Vertretung der Arbeitnehmer in den Organen der Gesellschaft erfüllt. Die Klausel wurde auf Veranlassung Deutschlands in die FRL aufgenommen. Unternehmen sollten sich nicht durch eine Umstrukturierung der deutschen Mitbestimmung entziehen können. Verwundert nimmt der Rechtsanwender jedoch zur Kenntnis, dass das deutsche Transformationsgesetz keinen Gebrauch von dieser Missbrauchsklausel gemacht hat; eingehend Knobbe-Keuk, DStZ 1992, 675, 678. 26 BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 23.10.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
die Einbringung gewährten (erworbenen) Anteile zu übertragen und zum anderen schreibt § 23 Abs. 4 S. 1 UmwStG a. F. i. V. m. § 20 Abs. 4 S. 1 und Abs. 2 UmwStG a. F. vor, dass die übernehmende (erwerbende) Gesellschaft die Anteile mit dem Buchwert zu bewerten hat. Ein steuerneutraler Anteilstausch ist demnach nur möglich, wenn die stillen Reserven auch auf Ebene der erwerbenden Gesellschaft verhaftet bleiben. Der deutsche Gesetzgeber entschied damit, das bislang nur auf rein nationale Fälle beschränkte Prinzip der doppelten Buchwertfortführung auch auf grenzüberschreitende Vorgänge zu übertragen. Hierin sah das FG Baden-Württemberg einen klaren Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 FRL i. d. F. des Rates vom 23.7.199027 und erklärte mit Urteil vom 17.2.2005 die in § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. i. V. m. § 20 Abs. 4 S. 1 und Abs. 2 UmwStG a. F. angeordnete doppelte Buchwertfortführung über die Grenze für gemeinschaftsrechtswidrig.28 Ein Ersuchen an den EuGH mit der Bitte um Vorabentscheidung nach Art. 234 Abs. 2 EGV [Art 267 Abs. 2 AEUV] wurde nicht gestellt. Vielmehr war es der Ansicht, den Rechtsstreit in der Sache selbst entscheiden zu können.29 Auch der I. Senat des BFH äußerte mit Urteil vom 7.3.200730 schwerwiegende Bedenken an der Gemeinschaftsrechtskonformität der doppelten Buchwertverknüpfung über die Grenze, konnte seinerseits aber nicht zweifelsfrei feststellen, ob die doppelte Buchwertverknüpfung bei grenzüberschreitenden Einbringungen tatsächlich gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt. Insbesondere hielt er es aufgrund des Wortlautes von Art. 8 Abs. 2 der FRL i. d. F. des Rates vom 23.7.1990, der sich ausschließlich an den Einbringenden richtet, für möglich, dass der nationale Gesetzgeber weitere Anforderungen an einen steuerneutralen Anteilstausch stellen darf. Folgerichtig legte er gemäß Art. 234 Abs. 3 EGV [Art. 267 Abs. 3 AEUV] dem EuGH die folgenden Fragen vor: Ob Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 der FRL des Rates vom 23.7.1990 der Steuerregelung eines Mitgliedstaates entgegensteht, nach welcher bei Einbringungen der Anteile an einer EU-Kapitalgesellschaft in eine andere EU-Kapitalgesellschaft dem Einbringenden nur dann die Fortführung der Buchwerte der eingebrachten Anteile ermöglicht wird, wenn die übernehmende (erwerbende) Kapitalgesellschaft die ein________________________ 27 FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1. Art. 8 Abs. 1 und 2 S. 1 FRL i. d. F. des Rates v. 23.7.1990 entspricht Art. 8 Abs. 1 und Abs. 4 i. d. F. der ÄndRL zur FRL 2005/19/EG. 28 FG BaWü v. 17.2.2005 – 6 K 209/02, EFG 2005, 994. 29 FG BaWü v. 17.2.2005 – 6 K 209/02, EFG 2005, 994, Rn. 73 ff.; vgl. auch EuGH v. 6.10.1982, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 (CILFIT). 30 BFH v. 7.3.2007 – I R 25/05, BStBl. II 2007, 679.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
gebrachten Anteile ihrerseits mit den Buchwerten angesetzt hat (sog. doppelte Buchwertverknüpfung). Falls dies zu verneinen sein sollte, ob eine doppelte Buchwertverknüpfung der Kapitalverkehrsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit widerspricht. Der EuGH31 antwortete dem BFH im Dezember 2008, indem er erklärte, dass Art. 8 Abs. 1 und 2 der FRL i. d. F. des Rates vom 23.7.1990 einer Regelung eines Mitgliedstaates entgegenstehe, nach der ein Anteilstausch steuerneutral nur vollzogen werden könne, wenn die erwerbende Gesellschaft die Buchwerte des eingebrachten Vermögens fortführe. Inhaltlich setzte sich der EuGH zunächst mit der Frage auseinander, ob das Schweigen der Fusionsrichtlinie hinsichtlich der Fortführung der Buchwerte auf Ebene der erwerbenden (übernehmenden) Gesellschaft dahingehend zu verstehen ist, dass die Regelungen des Anteilstauschs abschließend sind und somit von Seiten des nationalen Gesetzgebers keine weiteren Anforderungen an einen steuerneutralen Anteilstausch gestellt werden dürfen, oder ob ein Umsetzungsspielraum verbleibt, der es dem nationalen Gesetzgeber erlaubt, den steuerneutralen Anteilstausch von weiteren Bedingungen abhängig zu machen. Der EuGH entschied sich gegen einen Umsetzungsspielraum des nationalen Gesetzgebers. Seiner Meinung nach war vor allem aus dem dritten Erwägungsgrund der Fusionsrichtlinie der Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers erkennbar, einen steuerneutralen Anteilstausch ausschließlich von den in der Fusionsrichtlinie genannten Voraussetzungen abhängig zu machen.32 Das Ziel der Fusionsrichtlinie bestehe gerade darin, ein gemeinsames Steuersystem einzuführen, den Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten einen steuerneutralen Anteilstausch zu ermöglichen, um binnenmarktähnliche Verhältnisse in der Gemeinschaft zu schaffen und dadurch die Errichtung und das Funktionieren des gemeinsamen Marktes zu gewährleisten.33 Dieses Ziel könne nicht erreicht werden, wenn man die in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden nationalen Besteuerungssysteme auf Gemeinschaftsebene ausdehne, da die Unterschiede zwischen den Systemen Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen könnten.34 Die Ansicht des EuGH ist überzeugend. Ergänzend hätte der EuGH ausführen können, dass der vom deutschen Recht geforderte Buchwertansatz und die doppelte Buchwertverknüpfung über die Grenze nur in sehr wenigen ________________________ 31 32 33 34
EuGH v. 11.12.2008, Slg. 2008, I-9329 (A.T.). EuGH v. 11.12.2008, Slg. 2008, I-9329 Rn. 26 (A.T.). Vgl. auch den 1. Erwg. der FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1. Vgl. den 3. Erwg. der FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
Mitgliedstaaten bekannt sind.35 Ein steuerneutraler Anteilstausch wäre daher nur sehr eingeschränkt möglich,36 was im Zweifel nicht die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers gewesen sein dürfte. Denn im Ergebnis würden die Vorschriften der Fusionsrichtlinie faktisch leer laufen.37 Verbliebe dem nationalen Gesetzgeber ein Umsetzungsspielraum, könnte jedenfalls das Ziel, grenzüberschreitende Umstrukturierungen steuerneutral zu ermöglichen, nicht vollumfänglich erreicht werden. Dies wäre umso bedenklicher, als Umstrukturierungen von fremden Rechtsordnungen angeordnet sein können.38 Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht mit Hilfe des 4. Erwägungsgrunds der Fusionsrichtlinie begründen, der die Wahrung der finanziellen Interessen des Staates der einbringenden und erworbenen Gesellschaft vorsieht. Die finanziellen Interessen des Staates der einbringenden Gesellschaft sind vollumfänglich gewahrt, wenn – wie es die Fusionsrichtlinie anordnet – dem Staat die Möglichkeit eröffnet wird, den Gewinn aus einer späteren Ver________________________ 35 Grotherr, BB 1992, 2259, 2261; Grotherr, DB 1993, 807, 809; Knobbe-Keuk, DStZ 1992, 675, 678; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 24 III 2 c bb; Thömmes, IWB 1992, F. 3 Gr. 1, 1327, 1332; Thömmes, Grenzen der Gestaltung im Internationalen Steuerrecht, S. 27, 45; Thömmes, JbFfStR 2005/2006, S. 62, 65. 36 Großbritannien oder die Republik Irland gebrauchen einen solchen Wertansatz nicht und knüpfen bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns nicht an die handelsrechtliche Rechnungslegung an, Bogenschütz, IStR 2000, 609, 613; Knobbe-Keuk, DStZ 1992, 675, 678; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 24 III 2 c bb; Rehm/Nagler, GmbHR 2007, 830; Thömmes, IWB 1992, F. 3 Gr. 1, 1327, 1332; Thömmes, JbFfStR 1993/1994, S. 67, 76; Thömmes, Grenzen der Gestaltung im Internationalen Steuerrecht, S. 27, 45. Der deutsche Gesetzgeber verlangt somit im Zeitpunkt der Einbringung etwas, was es nach britischem Recht gar nicht gibt. Daher konnte den deutschen Aktionären der Mannesmann AG auch keine steuerneutrale Übertragung ihrer Anteile auf die Vodafone Plc. angeboten werden. Für andere Staaten, wie Belgien, Niederlande, Luxemburg, Portugal, Schweden, Spanien, Dänemark oder Griechenland ist der Wertansatz belanglos, da eine Veräußerung keine Steuerpflicht auslöst. Nur Frankreich und Österreich verlangen eine Buchwertfortführung, wobei sich in Österreich der Ansatz bei der übernehmenden Gesellschaft nicht auf die Besteuerung des Einbringenden auswirkt; vgl. eingehend FG BaWü v. 17.2.2005 – 6 K 209/02, EFG 2005, 994 ff.; Förster/Dautzenberg, DB 1993, 645, 646 f.; KnobbeKeuk, DStZ 1992, 675, 678; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 24 III 2 c bb; Thömmes, DStR 1998, Beih. zu H. 17, 47, 51 f.; Thömmes, IWB 1992, F. 3 Gr. 1, 1327, 1332; Thömmes, JbFfStR 1993/1994, S. 67, 75. 37 Förster/Dautzenberg, DB 1993, 645, 647; Fuhrmann, DStZ 2007, 111, 112; Gosch, DStR 2007, 1553, 1556; Heger, jurisPR-SteuerR 31/2007 Anm. 6; Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB 1991, Beil. 12, 1, 13; Saß, DB 2004, 2231 f. 38 EuGH v. 11.12.2008, Slg. 2008, I-9329 Rn. 33 (A.T.).
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
äußerung der erworbenen Anteile in gleicher Weise zu besteuern wie den Gewinn aus der Veräußerung der vor dem Erwerb eingebrachten Anteile.39 Zudem verwunderte nicht nur den EuGH40, warum der deutsche Fiskus eine Buchwertfortführung auf Ebene der erwerbenden Gesellschaft fordert, obwohl diesem am Veräußerungsgewinn der eingebrachten Anteile gar kein Besteuerungsrecht zusteht.41 Ein solches ist allein dem Mitgliedstaat der erwerbenden Gesellschaft vorbehalten. Warum sich der deutsche Gesetzgeber um das Steueraufkommen anderer Mitgliedstaaten sorgt, bleibt ungeklärt. Möglicherweise hatte er mit einer solchen Regelung die Hoffnung verbunden, dass auch andere Mitgliedstaaten eine doppelte Buchwertverknüpfung fordern und so im Gegenzug stille Reserven dem deutschen Fiskus zufließen könnten.42 Anschließend setzte sich der EuGH mit der Frage auseinander, ob als Rechtsgrundlage für eine doppelte Buchwertverknüpfung die allgemeine Missbrauchsklausel des Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL herangezogen werden konnte.43 Mitgliedstaaten ist es bekanntlich gestattet, die Steuerneutralität ganz oder teilweise zu versagen bzw. rückgängig zu machen, wenn der hauptsächliche oder einer der hauptsächlichen Beweggründe der Umstrukturierung in einer Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu sehen ist. Auch die doppelte Buchwertverknüpfung soll nach dem Willen des deutschen Steuergesetzgebers missbräuchliche Gestaltungen in Form von Steuerumgehungen verhindern. Würde man jedoch die Missbrauchsklausel als Rechtsgrundlage für die doppelte Buchwertverknüpfung über die Grenze heranziehen können, hätte dies zur Folge, dass bei fehlender Fortführung der Buchwerte durch die erwerbende Gesellschaft stets eine Steuerumgehung oder Steuerhinterziehung angenommen werden müsste. Hingegen hat der EuGH in der Rechtssache „Leur-Bloem“44 entschieden, dass eine generelle Vorschrift, mit der bestimmte Gruppen von Vorgängen auf der Grundlage abstrakter Kriterien automatisch und unabhängig davon, ob tatsächlich eine Steuerhinterziehung oder -umgehung vorliegt, vom Steuervorteil ausgeschlossen werden, gegen Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL verstößt. Vielmehr fordert der EuGH, im Ein________________________ 39 EuGH v. 11.12.2008, Slg. 2008, I-9329 Rn. 35 (A.T.). 40 EuGH v. 11.12.2008, Slg. 2008, I-9329 Rn. 37 (A.T.). 41 So bereits Grotherr, DB 1993, 807, 809; Thömmes, DStR 1998, Beih. zu H. 17, 47, 51; Thömmes, IWB 1992, F. 3 Gr. 1, 1327, 1332. 42 Bogenschütz, FS Debatin, S. 35, 43. 43 EuGH v. 11.12.2008, Slg. 2008, I-9329 Rn. 30 ff. (A.T.). 44 EuGH v. 17.7.1997, Slg. 1997, I-4161 (Leur-Bloem).
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
zelfall zu prüfen, ob eine missbräuchliche Gestaltung tatsächlich vorliegt.45 Eine solche sieht das Gesetz in § 23 Abs. 4 i. V. m. § 20 Abs. 4 S. 1 und Abs. 2 UmwStG a. F. nicht vor. Der EuGH hat daher zu Recht entschieden,46 dass die Fusionsrichtlinie der Regelung einer doppelten Buchwertverknüpfung über die Grenze entgegensteht. bb) Gewährung neuer Gesellschaftsanteile Als zweite Maßnahme fordert § 23 Abs. 4 S. 1 UmwStG a. F. i. V. m. § 20 Abs. 1 UmwStG a. F., als Gegenleistung „neue“ Anteile an der übernehmenden Gesellschaft zu gewähren. Als neu werden diejenigen Anteile bezeichnet, die erstmals bei einer Sachgründung oder Kapitalerhöhung der übernehmenden Gesellschaft entstanden sind.47 In der Gesetzesbegründung zum UmwStG 196948 ist zu lesen, dass nur durch die Gewährung neuer Anteile die in dem eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven repräsentiert werden können. Nur soweit neue Anteile gewährt werden, liegt bei der übernehmenden Gesellschaft ein ertragsteuerlich neutraler Vorgang vor. Eigene alte Anteile werden dagegen nicht anders als andere Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens behandelt, bei denen ein steuerpflichtiger Tauschvorgang realisiert wird. Hierzu soll es jedoch ausreichend sein, wenn dem Einbringenden zumindest auch neue Anteile gewährt werden.49 In Art. 2 Buchst. d der FRL ist dagegen nur von den „Anteilen am Gesellschaftskapital der erwerbenden Gesellschaft“ die Rede. Demzufolge können auch eigene Anteile gewährt werden, die sich bereits im Verkehr befunden haben und die von der übernehmenden Gesellschaft erworben wurden. Aus diesem Grund spricht sich die Mehrheit der im Schriftum vertretenen Stimmen50 dafür aus, dass im Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie die Gewährung neuer Anteile von Seiten der Finanzverwaltung nicht gefordert werden dürfe. Der deutsche Steuergesetzgeber würde möglicherweise argumentieren, dass die Richtlinie lediglich von der Gewährung von Anteilen spreche und damit dem nationalen Gesetzgeber ein gesetzgeberischer Umsetzungsspielraum ________________________ 45 EuGH v. 17.7.1997, Slg. 1997, I-4161 Rn. 38 ff. (Leur-Bloem); vgl. auch Gille, IStR 2007, 194, 195. 46 Gosch, BFH-PR 2009, 75 f.; Thömmes IWB 2009, F. 11a, 1213 ff. 47 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 206 m. w. N. 48 BT-Drs. V/3186, S. 14. 49 Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 20 UmwStG Rn. 206. 50 Grotherr, BB 1992, 2259, 2268; Herzig/Förster, DB 1992, 959, 960; Wassermeyer, DStR 1992, 57, 59 ff.; Albrecht, in Haritz/Benkert, § 23 UmwStG Rn. 111 m. w. N.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
verbliebe, den Begriff der Anteile näher zu konkretisieren. Gegen einen solchen Umsetzungssspielraum lässt sich jedoch der Zweck der Fusionsrichtlinie einwenden, der grenzüberschreitende Umstrukturierungen nach dem ersten und dritten Erwägungsgrund der Fusionsrichtlinie gerade ermöglichen und nicht durch weitere Belastungen erschweren will. Wie bei der doppelten Buchwertfortführung über die Grenze ist es daher wenig wahrscheinlich, dass der EuGH den effet-uttile-Grundsatz (Art. 4 Abs. 3 AEUV) derart vernachlässigen würde. Mithin ist davon auszugehen, dass das Erfordernis der Ausgabe neuer Anteile gegen die Fusionsrichtlinie verstößt. cc) Unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte Drittens wird entgegen Art. 2 Buchst. d FRL gefordert, dass die übernehmende Gesellschaft spätestens nach der Einbringung über die unmittelbare Mehrheitsbeteiligung an der erworbenen Gesellschaft verfügen muss. Mittelbare Beteiligungen werden als nicht ausreichend angesehen. Die Fusionsrichtlinie spricht hingegen lediglich von der Mehrheit der Stimmrechte. Richtlinienkonform müssen daher auch mittelbare Mehrheitsbeteiligungen in den Anwendungsbereich einbezogen werden. dd) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren Die vierte Maßnahme zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen wurde durch § 25 Abs. 4 UmwStG 1992 in das UmwStG aufgenommen. Seit dem Gesetz zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts51 findet sich die Norm, lediglich durch redaktionelle Veränderungen angepasst, in § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. wieder, die über § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. weiterhin anwendbar bleibt. Danach ist eine steuerneutrale Umstrukturierung bei grenzüberschreitenden Fällen zu versagen, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft die erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn der Einbringende und veräußernde Anteilseigner nachweisen kann, dass die erhaltenen Anteile Gegenstand einer weiteren Sacheinlage zu Buchwerten waren, bei dem die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates angewendet wurden, die § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. entsprechen. Die allgemeine Missbrauchsklausel der Fusionsrichtlinie sieht hingegen in Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL vor, die Steuerneutralität eines Anteilstausches ________________________ 51 Gesetz zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts v. 28.10.1994, BGBl. I 1994, 3267.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
nur zu versagen, wenn hauptsächlicher Beweggrund oder einer der hauptsächlichen Beweggründe der Umstrukturierung eine Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung ist. Vom Vorliegen eines solchen Beweggrundes kann ausgegangen werden, wenn der Anteilstausch nicht auf vernünftigen wirtschaftlichen Gründen beruht. Vernünftige wirtschaftliche Gründe können vor allem erneute Umstrukturierungen aufgrund von Rationalisierungen sein. Während der Begriff der Steuerhinterziehung52 in den meisten EU-Mitgliedstaaten eine gesetzliche Normierung erfahren hat (vgl. z. B. § 370 AO), entzieht sich der Begriff der Steuerumgehung weitestgehend einer solchen.53 Nach dem Wortlaut handelt es sich bei einer Steuerumgehung um eine aus wertender Sicht zu missbilligende Verhaltensweise des Steuerpflichtigen, die jedoch im Gegensatz zur Steuerhinterziehung unterhalb der Schwelle zur Verwirklichung eines Steuerstraftatbestandes liegt.54 Die Schwierigkeit besteht nunmehr darin, eine zulässige Steuergestaltung zur Steuerersparnis von einer unzulässigen Steuerumgehung abzugrenzen.55 Der deutsche Gesetzgeber nahm sich dieser schwierigen Aufgabe nicht an, sondern vertraute bei der Bestimmung einer Steuerumgehung auf die nicht amtlich veröffentlichten Ratsprotokolle. Daraus geht hervor, dass der Rat durch die Einführung der allgemeinen Missbrauchsklausel verhindern wollte, dass Vermögen steuerfrei in EU-Gesellschaften eingebracht und in „schneller Zeitfolge“ an Dritte weiterveräußert wird.56 Eine schnelle zeitliche Folge sollte zunächst im Einklang mit den Vorgaben zum Tauschgutachten des BFH bei einer Veräußerung der Anteile innerhalb von zehn Jahren nach der Einbringung angenommen werden.57 Im weiteren Verlauf konnte man sich auf einen Zeitraum zwischen Einbringung und Veräußerung von sieben Jahren verständigen.
________________________ 52 Der Steuerpflichtige spiegelt der Finanzverwaltung vorsätzlich falsche Tatsachen vor oder verschweigt pflichtwidrig einen steuerlich relevanten Sachverhalt, Schön, S. 19. 53 Thömmes, FS Wassermeyer, S. 207, 224. 54 Thömmes, FS Wassermeyer, S. 207, 224. Ähnlich Schön, IStR 1996, Beil. zu H. 2, 1, 5, der eine Steuerumgehung annimmt, wenn der Sachverhalt einen Bereich unangemessener, aber nicht betrügerischer Gestaltung betrifft, der sich jenseits der geschickten Sachverhaltsgestaltung befindet. 55 Umfassend zur Abgrenzung Schön, S. 19 ff. 56 Vgl. Wassermeyer, DStR 1992, 57, 61. 57 Vgl. Begründung des StÄndG 1992, BT-Drs. 12/1108, S. 80. Bei einer zehnjährigen Frist würden alle Fälle, die unter das Tauschgutachten fallen, mit denen des UmwStG gleich behandelt werden.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Ob nach dem Wortlaut mit einer schnellen Zeitfolge eine siebenjährige Frist gemeint sein kann, ist mehr als zu bezweifeln.58 Als Orientierungsmaßstab hätte die Mutter-Tochter-Richtlinie (MTRL) herangezogen werden können,59 die im Gegensatz zur Fusionsrichtlinie konkrete Angaben zu etwaigen Haltefristen enthält.60 Danach ist es Mitgliedstaaten gestattet, eine zweijährige Haltefrist anzuordnen (Art. 3 Abs. 2 MTRL). Selbst wenn eine schnelle Zeitfolge vorgelegen hätte, hätte geprüft werden müssen, ob die Protokollerklärungen bei der Auslegung der Missbrauchsklausel überhaupt herangezogen werden dürfen. In den Protokollerklärungen könnte der Wille des Richtliniengebers zum Ausdruck gekommen worden sein, einen Missbrauch bei einer raschen Veräußerung der Anteile stets annehmen zu wollen. Auch wenn bei der Auslegung der Richtlinie der Wille des Richtliniengebers angemessen zu berücksichtigen ist, ermittelt sich dieser primär aus den der Richtlinie vorangestellten Erwägungsgründen, die Teil des amtlichen Richtlinienwortlauts sind.61 Protokollerklärungen haben dagegen nur eine untergeordnete Bedeutung.62 Keinesfalls darf es zulässig sein, aus den
________________________
58 IDW v. 7.8.1991, WPg 1991, 516; IDW v. 7.10.1991, WPg 1991, 714; Förster/ Dautzenberg, DB 1993, 645, 650; Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB 1991, Beil. 12, 1, 13; Saß, DB 1993, 1892, 1894; Thömmes, DStR 1998, Beih. zu H. 17, 47, 50; Wassermeyer, DStR 1992, 57, 61; a. A. Sarrazin, ZGR 1994, 66, 72; Thiel, StbJb 1991/92, S. 43, 59; Thiel, GmbHR 1994, 277, 282, für die eine siebenjährige Veräußerungsfrist als angemessen erscheint. Sarrazin spricht sogar von einem überschaubaren Zeitraum für einen Unternehmer. 59 Richtlinie Nr. 90/435 des Rates v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1999, 6 zuletzt geändert durch Richtlinie 2003/123/EG v. 22.12.2003, ABl. Nr. L 7 v. 13.1.2004, 41. 60 Körner, IStR 2006, 109, 113. 61 Bleckmann, NJW 1982, 1177; Everling, S. 417, 427 f.; Herdegen, ZHR 155 (1991), 52, 62 f.; Lutter, JZ 1992, 593, 600; Wegener, in Calliess/Ruffert, Art. 220 EGV Rn. 12. 62 Bleckmann, NJW 1982, 1177; Everling, S. 417, 427 f.; Herdegen, ZHR 155 (1991), 52, 62; Karl, JZ 1991, 593, 596; Lutter, JZ 1992, 593, 600; Thömmes, Grenzen der Gestaltung im Internationalen Steuerrecht, S. 27, 43; Wegener, in Calliess/Ruffert, Art. 220 EGV Rn. 12. Vgl. auch das Urteil des EuGH v. 10.4.1984, Slg. 1984, 1861 bei dem es um die Auslegung einer Ausnahmebestimmung der 6. EG-Richtlinie geht. Die belgische Regierung berief sich auf eine gemeinsame Erklärung im Ratsprotokoll. Der EuGH wies das mit der lapidaren Feststellung zurück, dass die Erklärung keinen Hinweis enthalte, der die Auffassung der belgischen Regierung rechtfertige. Der Generalanwalt forderte hingegen weitergehend, dass Protokollerklärungen stets außer Betracht bleiben müssen; vgl. zudem den Schlussantrag des Generalanwalts VerLoren van Themaat, Slg. 1984, 1885, 1887.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
Protokollerklärungen eine dem Wortlaut der betreffenden Richtlinienbestimmung selbst widersprechende Auslegung abzuleiten.63 Vermutet wird eine Steuerumgehung nach der Fusionsrichtlinie, sofern sie nicht auf vernünftigen wirtschaftlichen Gründen beruht. Im Umkehrschluss kann gefolgert werden, dass es durchaus wirtschaftliche Gründe für eine unmittelbar anschließende Veräußerung der Anteile geben kann. Stets ist zu prüfen, ob wirtschaftliche Gründe für die Veräußerung vorlagen. Keinesfalls kann eine, wenn auch rasche Veräußerung der Anteile stets als Steuerumgehung angesehen werden.64 Typisierende Missbrauchklauseln, so sehr sie aus Gründen der Rechtssicherheit gegenüber allgemeinen Missbrauchsklauseln den Vorzug verdienen mögen, können immer auch solche Fälle treffen, in denen eine Steuerumgehung als Motiv nicht vorherrschend war, sondern wirtschaftliche Gründe die Umstrukturierung erforderten.65 Auch der EuGH hat bekanntlich in der Rechtssache „Leur-Bloem“66 entschieden, dass eine generelle Vorschrift, mit der bestimmte Gruppen von Vorgängen auf Grundlage abstrakter Kriterien automatisch und unabhängig davon, ob tatsächlich eine Steuerhinterziehung oder -umgehung vorliegt, vom Steuervorteil ausgeschlossen werden, gegen Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL verstößt. Vielmehr muss das mit der Richtlinie verfolgte Ziel beeinträchtigt sein.67 Ziel der Fusionsrichtlinie ist die Schaffung binnenmarktähnlicher Rechtsverhältnisse für grenzüberschreitende Umstrukturierungsvorgänge. Daher dürfen innergemeinschaftliche Umstrukturierungsmaßnahmen grundsätzlich auch nicht durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen durch steuerliche Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert werden.68 Bei jedem Einzelfall ist daher zu prüfen, ob die Umstrukturierungsmaßnahme auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen beruht. Eine solche Maßnahme stellt stets ein milderes Mittel dar. Hingegen könnte der EuGH von der Betrachtung des Einzelfalles in der Rechtssache „Cadbury Schweppes“69 möglicherweise abgewichen sein. In dieser hat er es grundsätzlich für zulässig erachtet, eine Steuerumgehung in pauschaler Weise anhand eines sog. Motivtests zu bestimmen.70 Eine rasche ________________________ 63 Everling, S. 417, 427 f.; Thömmes, Grenzen der Gestaltung im Internationalen Steuerrecht, S. 27, 43. 64 Förster/Dautzenberg, DB 1993, 645, 649; a. A. Sarrazin, ZGR 1994, 66, 72. 65 Saß, DB 2004, 2231, 2232; Thömmes, DStR 1998, Beih. zu H. 17, 47, 50. 66 EuGH v. 17.7.1997, Slg. 1997, I-4161 (Leur-Bloem). 67 EuGH v. 17.7.1997, Slg. 1997, I-4161 Rn. 38 ff. (Leur-Bloem). 68 Vgl. 1. Erwg. der FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1. 69 EuGH v. 12.9.2006, Slg. 2006, I-7995 Rn. 62 (Cadbury Schweppes). 70 Schwenke, DStZ 2007, 235, 247.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Veräußerung, beispielsweise eine solche bis zu zwei Jahre nach der Einbringung,71 könnte eine missbräuchliche Gestaltung vermuten lassen. Dem Steuerpflichtigen muss aber die Möglichkeit verbleiben, die Vermutung zu widerlegen, wenn betriebliche Gründe für die Umstrukturierung ursächlich gewesen sind. Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL sieht eine missbräuchliche Gestaltung nur vor, wenn die Umstrukturierungsmaßnahme nicht auf vernünftigen wirtschaftlichen Gründen beruht. Daher ist die deutsche Regelung, die ausnahmslos eine Steuerumgehung annimmt, nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zu bringen.72 Auch der nach § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. zugelassene Gegenbeweis ändert hieran nichts, da die nachfolgende Veräußerung wiederum die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anteilstausches nach § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. erfüllen muss.73 Darüber hinaus ist die Anwendung der nationalen Missbrauchsklausel auch in Fällen abzulehnen, in denen ein beschränkt steuerpflichtiger Gesellschafter eine Beteiligung an einer Gesellschaft eines Mitgliedstaates in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft einbringt.74 Die spätere Veräußerung der eingebrachten Beteiligung unterliegt dem deutschen Besteuerungsrecht, so dass die Missbrauchsregelung teleologisch ohnehin auf Fälle einer Einbringung in ausländische Kapitalgesellschaften zu reduzieren wäre. Nur in derartigen Konstellationen droht der Bundesrepublik überhaupt der Verlust von Besteuerungsrechten. Selbst wenn man sich aufgrund der Protokollerklärungen auf den historischen Gesetzgeber berufen könnte, bliebe das Problem, dass die Protokollerklärungen nicht amtlich veröffentlicht wurden. Als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens können Protokollerklärungen nur herangezogen werden, wenn sie amtlich veröffentlicht sind.75 Da nahezu die gesamten Beratungen im Rat gemäß Art. 18 der Geschäftsordnung des Rates der Geheimhaltung unterliegen und eine Veröffentlichung nur im Ausnahmefall bei ausdrücklicher Zustimmung des Rates erfolgt und in der Praxis hiervon kaum ________________________ 71 Wassermeyer, DStR 1992, 57, 61. 72 Im Ergebnis ebenso zum UmwStG a. F. Suchowerskyj, S. 49; Thömmes, FS Wassermeyer, 207, 229 ff.; Thömmes, Grenzen der Gestaltung im Internationalen Steuerrecht, S. 27, 43. Die gleiche Problematik stellt sich beim UmwStG n. F. Für eine nicht richtlinienkonforme Umsetzung sprechen sich Gille, IStR 2007, 194, 195 f.; Heß/ Schnitger, in PWC, Rn. 1652 aus. 73 Thömmes, FS Wassermeyer, S. 207, 230. 74 Herzig/Förster, DB 1992, 959, 960. 75 Everling, S. 417, 427 f.; Herdegen, ZHR 155 (1991), 52, 63 f.; Karl, JZ 1991, 593, 597 f.; Lutter, JZ 1992, 593, 600.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
Gebrauch gemacht wird,76 wird vorgeschlagen,77 auch unveröffentlichte Protokollerklärungen des Rates in die Auslegung einzubeziehen. Dies soll jedoch nur gelten, wenn sich auf die Richtlinienbestimmung nicht unmittelbar berufen kann. Eine unmittelbare Wirkung von Art. 11 FRL scheidet aus, da eine solche nur zu Gunsten des Bürgers eintreten kann.78 Das Gebot der Rechtssicherheit erfordert hingegen, dass jedem Bürger, auch derjenige, der nur mittelbar von der Richtlinie betroffen ist, die Möglichkeit verbleiben muss, sich Zugang zu den entscheidungserheblichen Dokumenten zu verschaffen.79 Indem der Rat von einer Veröffentlichung absieht, gibt er zu erkennen, seine Überlegungen bewusst nicht zur Grundlage der Auslegung der Richtlinie gemacht zu haben.80 Die nationale Regelung des § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F., die über § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. weiterhin in Kraft bleibt, verstößt damit gegen Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der FRL. b) Anteilstausch i. S. d. § 21 UmwStG n. F. Wird der Antrag auf Eintragung des Vermögensübergangs nach dem 12.12.2006 beim zuständigen öffentlichen Register gestellt, findet gemäß § 27 Abs. 1 UmwStG n. F. das Besteuerungsregime des neuen UmwStG vollumfänglich Anwendung. aa) Persönlicher Anwendungsbereich Im Unterschied zum UmwStG a. F. weist das neue UmwStG einen erweiterten persönlichen Anwendungsbereich auf. Übernehmender bzw. erwerbender Rechtsträger eines Anteilstausches kann nach § 1 Abs. 3 Nr. 5, Abs. 4 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG n. F. jede nach den Vorschriften eines Mitgliedstaates der EU (Art. 48 EGV [Art. 54 AEUV]) bzw. des EWR (Art. 34 EWR) gegründete Gesellschaft sein, die ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung innerhalb des Hoheitsgebiets der EU oder des
________________________ 76 Lutter, JZ 1992, 593, 600. 77 Everling, S. 417, 427 f.; Herdegen, ZHR 155 (1991), 52, 63 f.; Karl, JZ 1991, 593, 597 f. 78 Eine unmittelbare Wirkung zu Lasten des Bürgers ist ausgeschlossen, EuGH v. 8.10.1987, Slg. 1987, 3969 Rn. 8 (Kolpinghuis Nijmegen). Zu weiteren Einzelheiten insbesondere bei EG-Richtlinien mit Doppelwirkung Classen, EuZW 1993, 83 ff. 79 Pechstein, EuR 1990, 249, 253 ff. 80 Lutter, JZ 1992, 593, 600; Wegener, in Calliess/Ruffert, Art. 220 EGV Rn. 12.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
EWR hat.81 Dabei kann es sich neben inländischen Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften auch um eine SE, SCE (§ 1 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.) oder um eine ausländische Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft handeln. Bei letztgenannten ist allerdings vorausgesetzt, dass eine solche nach dem sog. Typenvergleich einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gleichgestellt sein muss.82 Gemeinschaftsrechtlich ist dieser Vergleich schon deshalb bedenklich, weil nach nationalem Recht die Abgrenzung nicht nach dem Typenvergleich, sondern anhand der zivilrechtlichen Unterscheidung zwischen Gesamthand und juristischer Person erfolgt.83 Als Beispiel hierfür lässt sich die (Publikums-)GmbH & Co KG anführen, die trotz ihrer körperschaftsteuerlichen Struktur steuerrechtlich nicht als Körperschaft angesehen wird.84 Im Gegensatz dazu wird die KGaA als juristische Person behandelt, obwohl diese über einen persönlich hafteten Gesellschafter verfügt.85 In der unterschiedlichen Behandlung inländischer und ausländischer Gesellschaften ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Niederlassungs- (Art. 49 AEUV) bzw. Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) zu sehen.86 Die Rechtsform einer ausländischen Gesellschaft darf daher nicht mit Hilfe des Typenvergleichs bestimmt werden. Vielmehr hat die Entscheidung anhand der zivilrechtlichen Unterscheidung zwischen Gesamthand und juristischer Person zu erfolgen.87 Sollte einer ausländischen Rechtsordnung eine solche Unterscheidung fremd sein, ist der nationale Gesetzgeber verpflichtet, die ausländische Gesellschaft als Kapitalgesellschaft anzuerkennen, um eine Diskriminierung von vornherein auszuschließen.88 ________________________ 81 Von Art. 54 AEUV bzw. Art. 34 EWR werden neben den Genossenschaften, den sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts (mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen) auch die Gesellschaften des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts erfasst. Da jedoch beim Anteilstausch die Anteile in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zu überführen sind (vgl. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.), scheiden die in dem AEUV bzw. dem EWR-Abkommen genannten weiteren Gesellschaften als übernehmender Rechtsträger aus. 82 Hörtnagl, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 1 UmwStG Rn. 17; Trossen, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 Rn. 35. Kriterien für die Vergleichbarkeit mit einer Kapitalgesellschaft finden sich bei Hörtnagl, in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 1 UmwStG Rn. 17 sowie bei Winkeljohann/ Fuhrmann, S. 717. 83 Fischer, in Westermann, Rn. II 110 ff.; Voß, BB 2006, 469 Fn. 1. 84 Fischer, DStR 2006, 2281, 2284. 85 Fischer, DStR 2006, 2281, 2284. 86 Fischer, DStR 2006, 2281, 2284. 87 Fischer, DStR 2006, 2281, 2284. 88 Fischer, DStR 2006, 2281, 2284.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
Entsprechend den Vorgaben der Fusionsrichtlinie werden an die Person des Einbringenden keinerlei Anforderungen gestellt. Jede beliebige in einem Staat der EU, des EWR oder in einem Drittstaat ansässige natürliche oder juristische Person kann auf Seiten des Einbringenden an einem Anteilstausch teilnehmen. Dies gilt über den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie hinaus sogar für die Fälle, in denen Anteile von einer im Drittland ansässigen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eingebracht werden. bb) Sachlicher Anwendungsbereich Auf Ebene des sachlichen Anwendungsbereichs werden einige Verstöße gegen die Fusionsrichtlinie abgestellt, andere Vorschriften dagegen trotz der schwerwiegenden europarechtlichen Bedenken unverändert beibehalten. (1) Keine doppelte Buchwertverknüpfung über die Grenze Während das Besteuerungsregime des neuen UmwStG bei rein inländischen Umstrukturierungen am Grundsatz der doppelten Buchwertverknüpfung festhält, löst sich das Gesetz bei den von der Fusionsrichtlinie begünstigten Umstrukturierungen von diesem. Im Unterschied zum alten Recht wird nur noch eine einfache Wertverknüpfung zwischen dem Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und den erhaltenen Anteilen vorausgesetzt (vgl. § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F.).89 Eine Bindung an die Wertansätze der übernehmenden Gesellschaft besteht indes nicht mehr.90 (2) Gewährung neuer Anteile Dagegen hält es der Gesetzgeber weiterhin für erforderlich, die Steuerneutralität entgegen der Fusionsrichtlinie von der Gewährung neuer Anteile abhängig zu machen.91 (3) Unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte Weiterhin wird für einen qualifizierten Anteilstausch gefordert, dass die übernehmende Gesellschaft spätestens nach der Einbringung über die unmittelbare Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft verfügen muss.92 ________________________ 89 Vgl. ausführlich 2. Kap. F. II. 2. a) sowie Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2246 f.; Winkeljohann/Fuhrmann, S. 870. 90 Vgl. auch BT-Drs. 16/2710, S. 45; a. A. Burwitz, NZG 2007, 581. 91 Vgl. 3. Kap. A. I. 2. a) bb). 92 Vgl. 3. Kap. A. I. 2. a) cc).
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
(4) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren Auch eine missbräuchliche Gestaltung wird unverändert angenommen, wenn die Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden. Bekanntlich darf eine missbräuchliche Gestaltung nicht anhand schematisierter Fristenpläne bestimmt werden.93 Dabei ist zu beachten, dass im Unterschied zur alten Rechtslage die Veräußerung der eingebrachten Anteile sanktioniert wird.94 3. Rechtsfolgen der fehlerhaften Umsetzung Die vom deutschen Gesetzgeber zur Sicherstellung des Besteuerungsrechts an einen grenzüberschreitenden Anteilstausch gestellten Anforderungen verstoßen allesamt gegen die Fusionsrichtlinie. Zu fragen ist nach den Rechtsfolgen derartiger Verstöße. Zunächst ist an eine richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Normen zu denken. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, ihre gesamte Rechtsordnung soweit dies erforderlich und methodisch möglich ist, richtlinienkonform auszulegen.95 Dabei heißt „soweit wie möglich“ bekanntlich, „soweit wie irgend möglich“.96 Die Möglichkeit der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung endet jedoch dort, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers entgegensteht.97 Der Wortlaut der betreffenden Normen sieht zweifelsfrei vor, dass an einen steuerneutralen Anteilstausch über die in der Fusionsrichtlinie genannten hinausgehende Anforderungen gestellt werden. Zwar hat sich der BGH98 jüngst dahingehend geäußert, dass der Wortlaut keine zwingende Grenze der richtlinienkonformen Auslegung bildet, sofern seine Überschreitung nach allgemeinen methodischen Grundsätzen (teleologische Reduktion, Analogie) zu rechtfertigen ist. Ob eine Rechtsfortbildung im Wege einer teleogischen Reduktion oder Analogie jedoch überhaupt zulässig ist, hängt entscheidend von der Reichweite des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts ab.
________________________ 93 94 95 96 97 98
Vgl. 3. Kap. A. I. 2. a) ee); 2. Kap. F. II. 2. b) aa). Vgl. ausführlich 2. Kap. F. II. 2. b). EuGH v. 5.10.2004, Slg. 2004, I-8835 Rn. 118 (Pfeiffer). Pfeiffer, NJW 2009, 412. BGH v. 16.8.2006 – VIII ZR 200/05, NJW 2006, 3200 Rn. 15. BGH v. 26.11.2008 – VIII ZR 200/05, NJW 2009, 427 Rn. 21 f.; vgl. auch Pfeiffer, NJW 2009, 412 ff.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
a) Unmittelbare Wirkung der Fusionsrichtlinie Grundsätzlich wird auf Ebene des sekundären Gemeinschaftsrechts allein der Verordnung unmittelbare Wirkung zugestanden (Art. 288 Abs. 2 AEUV). Aus der Bestimmung des Art. 288 Abs. 2 AEUV darf aber keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass andere in diesem Artikel genannte Rechtsakte eine derartige Wirkung nicht entfalten können.99 Der EuGH100 und mit ihm weite Teile des Schriftums101 halten es vielmehr für geboten, auch Richtlinien in eng umgrenzten Ausnahmefällen eine unmittelbare Wirkung zuzuschreiben, um den Unionsbürgern ein Mindestmaß an Rechtsschutz zu gewähren und der Gemeinschaft ein wirksames Mittel an die Hand zu geben, gegen Mitgliedstaaten vorzugehen, die eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt haben. Im Ausnahmefall muss es möglich sein, sich unmittelbar auf eine Richtlinienbestimmung berufen zu können.102 Eine solche wird zu Gunsten103 der Unionsbürger angenommen, sofern die Umsetzungsfrist der Richtlinie abgelaufen ist, ohne dass die Bestimmung in der Richtlinie vollständig und fehlerfrei in nationales Recht umgesetzt worden ist und die Bestimmung als inhaltlich unbedingt und hinreichend genau
________________________ 99 EuGH v. 5.4.1979, Slg. 1979, 1621 (Ratti). 100 EuGH v. 4.12.1974, Slg. 1974, 1337, 1348 (van Duyn). 101 Bogenschütz, FS Debatin, S. 35, 37; Ruffert, in Calliess/Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 73. 102 EuGH v. 14.5.1975, Slg. 1975, 533, 544 f. (CNTA); EuGH v. 8.10.1987, Slg. 1987, 3969, 3985 (Kolpinghuis Nijmegen); EuGH v. 4.12.1986, Slg. 1986, 3855 Rn. 13 (Federatic Nederlanse Vakbewging). Der ehemalige GA Mischo stellt in seinem Schlussantrag in der Rechtssache Kolpinghuis Nijmegen (v. 17.3.1987, Slg. 1987, 3976 Rn. 7 ff.) mit Verweis auf P. Pescatore fest, dass letztlich die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dieser Frage nur eine Ausprägung des Grundsatzes sei, der mit dem englischen Rechtsbegriff ’estoppel‘ in einem weiteren Sinne verstanden bezeichnet zu werden pflege und den Juristen mit lateinischer Tradition mit dem Rechtsspruch ’venire contra factum proprium‘ oder auch ’nemo auditur‘ umschreibe. GA Mischo stellt weiter fest, dass im Hintergrund das Anliegen stehe, dass Richtlinien zum Zwecke einer fortschreitenden Integration in der Gemeinschaft auch und gerade dann innerstaatliche Rechtswirkungen entfalten müssten, wenn die Mitgliedstaaten ihrer Umsetzung nicht nachkämen. Diese Zielsetzung spiegele sich in dem Begriff des „effet utile“. Vgl auch BVerfG v. 8.4.1987 – 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223, 241. 103 Eine unmittelbare Wirkung zu Lasten des Bürgers ist ausgeschlossen, EuGH v. 8.10.1987, Slg. 1987, 3969 (Kolpinghuis Nijmegen). Zu weiteren Einzelheiten insbesondere bei EG-Richtlinien mit Doppelwirkung Classen, EuZW 1993, 83 ff.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
anzusehen ist.104 Ob darüber hinaus die Regelung den Einzelnen begünstigen oder ein subjektives Recht verleihen muss, wird von Teilen der Literatur105 gefordert, ohne dass sich der EuGH106 hierzu abschließend geäußert hätte. Die Fusionsrichtlinie hätte nach Art. 12 Abs. 1 FRL bis zum 31.12.1991 fehlerfrei in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Dies erfolgte bekanntlich nicht. Von einer inhaltlich unbedingten Bestimmung ist auszugehen, wenn sie weder mit einem Vorbehalt noch mit einer Bedingung versehen ist und keiner weiteren Maßnahme der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf.107 Verbleibt den Mitgliedstaaten dagegen ein gewisser Gestaltungs-, Ermessens- oder Beurteilungsspielraum, wird es sich in aller Regel nicht um eine inhaltlich unbedingte Bestimmung handeln.108 Die Fusionsrichtlinie fordert die Mitgliedstaaten auf, einen grenzüberschreitenden Anteilstausch einer EU-Kapitalgesellschaft steuerneutral zu ermöglichen (vgl. Art. 8 abs. 1 FRL), sofern der einbringende Gesellschafter dem erworbenen Anteilen keinen höheren steuerlichen Wert beimisst, als den in Tausch gegebenen Anteilen vor dem Austausch der Anteile beigemessen war (Art. 8 Abs. 3 FRL). Die Fusionsrichtlinie setzt für die Steuerneutralität weder die Gewährung neuer Anteile voraus noch die Buchwertfortführung auf Ebene der erwerbenden (übernehmenden) Gesellschaft. Auch werden an ________________________ 104 EuGH v. 19.1.1982, Slg. 1982, 53 (Becker); EuGH v. 22.2.1984, Slg. 1984, 1075 (Kloppenburg); EuGH v. 25.5.1993, Slg. 1993, I-2615 (Finanzamt München III). Begründet wird die vertikale Drittwirkung, d. h. die unmittelbare Wirkung gegenüber dem Staat und seinen Untergliederungen vor nationalen Gerichten und Behörden damit, dass dem Mitgliedstaat aus seiner Säumnis gegenüber den von einer Richtlinie Begünstigten kein Vorteil erwachsen soll. Darüber hinaus kann das Gemeinschaftsrecht nur optimale Wirkungskraft (effet utile) entfalten, wenn sich der Einzelne unter besonderen Voraussetzungen unmittelbar auf die Richtlinie berufen kann; vgl. Hobe, Rn. 286 ff. 105 Vgl. die zusammenfassende Darstellung bei Schroeder, in Streinz, Art. 249 EGV Rn. 110 f.; Ruffert, in Calliess/Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 94 ff. 106 A. A. Pernice, NVwZ 1990, 424 ff., der aus der Entscheidung des EuGH in der Rs. Becker (EuGH v. 19.1.1982, Slg. 1982, 5) einen Beleg für das Erfordernis der Geltendmachung eines subjektiven Rechts sieht durch die Verwendung der Konjunktion „auch“. Wörtlich heißt es in der Entscheidung, dass der Einzelne sich auf diese Bestimmungen auch berufen kann, soweit diese Rechte festlegen, die dem Staat gegenüber geltend gemacht werden könnten. 107 EuGH v. 4.12.1974, Slg. 1974, 1337 Rn. 13 f. (van Duyn); EuGH v. 20.9.1988, Slg. 1988, 4635 Rn. 43 (Beentjes); EuGH v. 23.2.1994, Slg. 1994, I-3325 Rn. 9 (Comitato di coordinamento); Engert, DStR 2004, 664, 666. 108 Eisenkolb, GRUR 2007, 387, 388.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
die Person des Einbringenden keine Anforderungen gestellt. Vielmehr konnte durch Auslegung ermittelt werden, dass die Anforderungen der Fusionsrichtlinie als abschließend anzusehen sind. Die Steuerneutralität darf daher nicht von weiteren Bedingungen oder Maßnahmen der Organe abhängig gemacht werden. Ein Umsetzungsspielraum verbleibt für den nationalen Gesetzgeber insoweit nicht. Mithin liegen inhaltlich unbedingte Bestimmungen vor. Hinreichend bestimmt ist eine Regelung, wenn sie unzweideutige Äußerungen enthält. Die Bestimmung muss so gestaltet sein, dass ihre Umsetzung sich mehr oder weniger in einem Abschreiben des Inhalts der Richtlinie erschöpft.109 Dabei kommt es wesentlich darauf an, ob die Bestimmung justiziabel ist, d. h. die nationalen Gerichte in der Lage sind, aus der Richtlinie konkrete Verpflichtungen abzuleiten.110 Hierfür ist es ausreichend, wenn eine Auslegung durch den EuGH erfolgen kann.111 Im Umkehrschluss fehlt eine hinreichende Genauigkeit, sofern die Bestimmung nur allgemeine Ziele vorgibt.112 Teile des Schriftums113 halten die Fusionsrichtlinie insgesamt für zu unbestimmt, da diese den Mitgliedstaaten weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Berechnung von Abschreibungen, Wertsteigerungen, Rückstellungen oder Rücklagen sowie der Übernahme von Verlusten oder der Ausgestaltung der Missbrauchsklausel eröffnet.114 Übersehen wird hingegen, dass die Frage der unmittelbaren Anwendung für jede einzelne Bestimmung der Richtlinie gesondert zu prüfen ist und keineswegs für die gesamte Richtlinie einheitlich beantwortet werden kann.115 In der Fusionsrichtlinie werden detailliert der Tatbestand (Einbringungsgegenstand, beteiligte Rechtsträger, Fortführung der Buchwerte auf Ebene ________________________ 109 EuGH v. 22.9.1983, Slg. 1983, 2727 Rn. 16 (Auer); EuGH v. 23.2.1994, Slg. 1994, I-3325 Rn. 10 (Comitato di coordinamento); vgl. auch Eisenkolb, GRUR 2007, 387, 388. 110 Ruffert, in Calliess/Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 80; Schroeder, in Streinz, Art. 249 EGV Rn. 108. 111 EuGH v. 4.12.1974, Slg. 1974, 1337 Rn. 13 f. (van Duyn); EuGH v. 24.3.1987, Slg. 1987, 1453 Rn. 15 (McDermott); EuGH v. 20.10.1993, Slg. 1993, I-5105 Rn. 34 (Balocchi); Jarass/Beljin, JZ 2003, 768, 770. 112 EuGH v. 23.2.1994, Slg. 1994, I-3325 Rn. 10 (Comitato di coordinamento); Lange, S. 56. 113 Schaumburg, Rn. 3.68. 114 Patt, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 23 UmwStG (vor SEStEG) Rn. 114; Schaumburg, Rn. 3.68. 115 Jarass, NJW 1990, 2420 f.; Weymüller, RIW 1991, 501, 502.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
des Einbringenden) und die Rechtsfolge eines grenzüberschreitenden Anteilstausches (Steuerneutralität) umschrieben. Keinesfalls geben diese Bestimmungen lediglich allgemeine Ziele vor. Mithin ist von einer hinreichenden Bestimmtheit auszugehen. Darüber hinaus verleiht sie dem Einbringenden das subjektive Recht, den Anteilstausch steuerneutral zu vollziehen, so dass sich der Steuerpflichtige unmittelbar auf die Bestimmungen der Fusionsrichtlinie berufen kann. b) Umfang und Reichweite des Anwendungsvorrangs Den Bestimmungen der Fusionsrichtlinie zum Anteilstausch kommt insoweit ein Anwendungsvorrang gegenüber den nationalen Normen zu. Verwaltung und Rechtsprechung sind verpflichtet, die gegen die Fusionsrichtlinie verstoßenden Regelungen des UmwStG nicht anzuwenden.116 Ein grenzüberschreitender Anteilstausch kann daher auch nach alter Rechtslage ohne Fortführung der Buchwerte auf Ebene der übernehmenden (erwerbenden) Gesellschaft vollzogen werden. Weiterhin müssen auch keine neuen Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden und an der erworbenen Gesellschaft können auch mittelbare Beteiligungen zur Mehrheit der Stimmrechte beitragen. Hinsichtlich der Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung bei einer Veräußerung der erhaltenen bzw. eingebrachten Anteile innerhalb von sieben Jahren gestaltet sich die Rechtslage indes komplizierter. Der EuGH könnte die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der nationalen Regelungen sowohl des alten als auch des neuen Rechts auf zweierlei Weise feststellen. Zum einen könnte er die nationalen Steuerregelungen per se als mit dem Gemeinschaftsrecht für nicht vereinbar erklären. In einem derartigen Fall dürften die Regelungen des § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. bzw. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. nicht angewendet werden. Dies hätte zur Folge, dass die Steuerneutralität nicht rückwirkend versagt werden darf, wenn die gewährten bzw. eingebrachten Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der der Einbringung veräußert werden. Denkbar wäre zum anderen, dass der EuGH die nationale Regelung nicht insgesamt für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt, sondern nur deren konkrete Ausgestaltung. Der EuGH ließe es beispielsweise zu, anhand einer Veräußerung von bis zu zwei Jahren eine missbräuchliche Gestaltung zu vermuten. Dem Steuerpflichtigen muss aber die Möglichkeit verbleiben, darzulegen und zu beweisen, dass wirtschaftliche Gründe die Veräußerung erfordert ________________________ 116 Ruffert, in Calliess/Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 103 f.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
haben. Antwortet der EuGH dem vorlegenden Gericht so oder in einer ähnlichen Weise, stellt sich die Frage, ob die Normen des nationalen Rechts entsprechend den Vorgaben des EuGH geltungserhaltend reduziert werden können. Für eine derartige Befugnis der Judikative spicht sich der I. Senat des BFH117 aus. Der EuGH hält sich dagegen noch118 bedeckt. Ob eine geltungserhaltende Reduktion der nationalen Normen im Einklang mit den europäischen Vorgaben steht, hängt entscheidend vom Umfang und der Reichweite des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts ab.119 Der EuGH verlangt von den Mitgliedstaaten, alles zu tun, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.120 Dies täte er, wenn er bei einer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung eine missbräuchliche Gestaltung stets ablehnen würde. Zum selben Ergebnis gelangt man aber auch, wenn die genannte 2-Jahres-Frist als widerlegbare Vermutung ausgestalten werden würde. Fraglich ist daher, was der EuGH gemeint hat, wenn er von der vollen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts spricht. Die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts kann nur erreicht werden, wenn die nationalen Gesetzgeber die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts konsequent umsetzen. ________________________ 117 BFH v. 9.8.2006 – I R 31/01, BStBl. II 2007, 838. In der Rs. „CLT-UFA“ entschied der EuGH (v. 23.2.2006, Slg. 2006, I-1837), dass auch Kapitalgesellschaften, die in Deutschland nur über eine unselbständige Betriebsstätte und nicht über eine selbständige Tochterkapitalgesellschaft verfügen, in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes kommen müssen. Der auf ausgeschüttete Gewinne einer Tochterkapitalgesellschaft anwendbare ermäßigte Steuersatz muss auch von unselbständigen Betriebsstätten in Anspruch genommen werden dürfen. Da es im deutschen Steuerrecht im Gegensatz zur Gewinnabführung von Tochterkapitalgesellschaften an die Muttergesellschaft keine Regelung gab, Gewinne einer unselbständigen Betriebsstätte zu besteuern, was dazu geführt hätte, dass die Gewinne nicht versteuert werden hätten können, schuf der BFH einen eigenen Gewinnabführungssteuersatz. Ähnlich wurde in der Rs. „Gerritse“ verfahren. Der EuGH v. 12.6.2003, Slg. 2003, I-5933 hielt es nach dem objektiven Nettoprinzip für erforderlich, Aufwendungen, die einem Künster in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Inlandsauftritt entstanden sind, zum Abzug zuzulassen. Der BFH v. 10.1.2007 – I R 87/03, BStBl. II 2008, 22 passte daraufhin § 50 Abs. 3 EStG entsprechend den Vorgaben des EuGH an; dem BFH zustimmend Englisch, IStR 2006, 19, 23; Gosch, DStR 2007, 1553, 1555 f. 118 Dies könnte sich jedoch ändern, wenn der EuGH dem UFS Linz auf dessen Vorlagebeschluss antwortet; vgl. UFS Linz v. 29.9.2008, Gz. RV/0611-L05 und RV/0493L/08, abrufbar unter: https://findok.bmf.gv.at, anhängig beim EuGH unter dem Az. C-436/08 (Haribo) und C-437/08 (Österreichische Salinen), ABl. 2009, Nr. C 19, 11. 119 Gosch, Ubg 2009, 73, 77. 120 EuGH v. 4.7.2006, Slg 2006, I-6057 (Adeneler).
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Stünde der Rechtsprechung das Instrument der geltungserhaltenden Reduktion zur Seite, bestünde die Gefahr, dass sich der nationale Gesetzgeber auf dieses Prinzip verlässt und sich gar nicht erst bemüht, Bestimmungen gemeinschaftsrechtskonform umzusetzen oder zu gestalten.121 Der Kern der noch zulässigen Regelung könnte ohnehin weiter angewendet werden. Dies erschiene umso bedenklicher, als dass es sich beim Steuerrecht um klassisches Eingriffsrecht handelt. Darüber hinaus wird angezweifelt, ob eine derart weite Befugnis der Judikative mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gewaltenteilung in Einklang steht. Dem Gericht dürfe es keineswegs möglich sein, sich als „Quasigesetzgeber“122 zu generieren und neue Tatbestände nach Belieben zu kreieren. In der Sache, so wird befürchtet, werden die Gerichte dies dennoch tun müssen, denn bei Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht handelt es sich keineswegs nur um eng umgrenzte Ausnahmefälle. Hierfür reiche bereits ein Blick in die „Giftliste“ der einschlägig verdächtigen gemeinschaftsrechtswidrigen Normen, die alljährlich von Kessler und Spengel123 veröffentlicht wird. So sehr der Wunsch bestehen mag, die Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung den nationalen Gerichten zu überlassen, um den tagespolitisch geprägten Gesetzgeber zu entlasten, trage eine solche Aufgabenteilung zu einer erhöhten Rechtsunsicherheit bei.124 Auch die Gegenansicht knüpft im Ausgangspunkt an die vom EuGH gestellte Aufgabe an, die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Das wirksam zustande gekommene nationale Recht könne aber nur insoweit verdrängt sein, als es tatächlich gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Damit werde kein belastendes Recht qua Richterrecht geschaffen, sondern das nationale Recht entsprechend den europäischen Vorgaben angepasst.125 In der Tat führt die Auslegung der nationalen Bestimmung dazu, dass bei einer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren eine missbräuchliche Gestaltung angenommen werden muss. Eine Rechtsfortbildung im Rahmen einer teleologischen Reduktion des Wortlauts ist jedoch in solchen Fällen geboten, bei denen die buchstabengetreue Anwendung der Norm dazu führt, dass der vom Gesetz verfolgte Zweck in sein Gegenteil verkehrt werden würde.126 Dabei handelt es sich nicht um eine Berichtigung des Normzwecks, sondern um dessen Verwirklichung. Eine teleologische Reduktion ________________________ 121 122 123 124 125 126
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Jochum, IStR 2006, 621, 623; Schönfeld/Lieber, FR 2005, 927, 930. Fischer, DStR 2006, 2281, 2284. Kessler/Spengel, DB 2009, Beil. 1, 1 ff. Schönfeld/Lieber, FR 2005, 927, 930. Gosch, DStR 2007, 1553, 1556. Larenz/Canaris, S. 210 f.; Rüthers/Fischer, Rn. 902.
A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
ist geboten, wenn der wirkliche Wille des Gesetzgebers im Gegensatz zum missglückten Wortlaut steht. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn ermittelt werden kann, dass der Gesetzgeber die Norm europarechtskonform gestalten wollte, dieses ihm aber misslang. Wie bereits ausgeführt, ließ sich der nationale Gesetzgeber bei der Festellung einer missbräuchlichen Gestaltung von den nicht amtlich veröffentlichten Ratsprotokollen verleiten und nahm eine Veräußerung innerhalb von sieben Jahren fälschlicherweise als rasche zeitliche Folge an.127 Der nationale Gesetzgeber wollte die Bestimmung in § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. richtlinienkonform gestalten. Die Gerichte sind daher befugt, den Tatbestand des § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. entsprechend den genannten Kriterien teleologisch zu reduzieren.128 Hinsichtlich der neuen Rechtslage könnte man an diesem Ergebnis zweifeln, weil der Gesetzgeber zumindest hätte wissen müssen, dass die Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung bei einer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren womöglich nicht gemeinschaftsrechtskonform ist. Aus dem Schriftum wurden schon seit geraumer Zeit Zweifel an der richtlinienkonformen Umsetzung geäußert.129 Gleichwohl war der Gesetzgeber des SEStEG laut Gesetzesbegründung130 um eine gemeinschaftsrechtskonforme Umsetzung der Missbrauchsklausel ausdrücklich bemüht. Ihm darf daher keineswegs der böse Wille unterstellt werden, er hätte gar keine gemeinschaftsrechtskonforme Regelung schaffen wollen. Nach der geltenden Rechtslage ist daher eine geltungserhaltende Reduktion der Vorschriften des nationalen Rechts nicht per se ausgeschlossen. Sollte der EuGH die Bestimmungen des § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. bzw. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. nicht insgesamt, sondern nur in seiner konkreten Ausgestaltung, für nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar erklären, dürfte die Rechtsprechung die betreffenden Vorschriften entsprechend den Vorgaben des EuGH teleologisch reduzieren. Die Steuerneutralität könnte in einem derartigen Fall beispielsweise rückwirkend nur versagt werden, wenn die gewährten bzw. eingebrachten Anteile innerhalb von zwei Jahren nach der Einbringung veräußert werden und nicht dargelegt und bewiesen werden kann, dass eine Veräußerung der Anteile aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich gewesen ist. Die darüber hinaus gehenden Vorschriften des § 26 ________________________ 127 128 129 130
Vgl. 3. Kap. A. I. 2. b) dd). Im Ergebnis ebenso BGH v. 26.11.2008 – VIII ZR 200/05, NJW 2009, 427. Vgl. 3. Kap. A. I. 2. b) dd). BT-Drs. 16/2710, S. 42.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Abs. 2 S. 1 UmwStG a. F. bzw. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. sind insoweit unanwendbar. 4. Exkurs: Einbringung einbringungsgeborener Anteile Werden bei einem grenzüberschreitenden Anteilstausch i. S. v. § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F. auch einbringungsgeborene Anteile eingebracht und geht durch den Anteilstausch das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der eingebrachten (einbringungsgeborenen) Anteile verloren, besteht gemäß § 22 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F. die Möglichkeit, die erhaltenen Anteile und den Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile in Höhe des Buchwerts zu bewerten. Gleichzeitig sieht jedoch § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG a. F., der über § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. weiterhin anwendbar bleibt, vor, dass in derartigen Fällen die Wertsteigerungen der Anteile zu besteuern sind. Schmitt und Schlossmacher schlagen daher vor, die Gesetzeskonkurrenz in der Weise zu lösen, dass dem neueren Recht uneingeschränkt Vorrang zu gewähren ist. Den Verfassern des SEStEG sei es allein darauf angekommen, die Steuerneutralität eines Anteilstausches nur zu versagen, wenn die erhaltenen Anteile nicht weiterhin im Inland steuerverhaftet seien.131 Zwar sieht der Gesetzgeber in § 27 Abs. 4 UmwStG n. F. eine gegenteilige Anwendungsregel für einbringungsgeborene Anteile vor. Jedoch sollte im Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Ansicht Schmitt/Schlossmachers gefolgt werden.
II. Einbringung von Unternehmensteilen Neben dem Anteilstausch gibt die Fusionsrichtlinie den von ihr begünstigten Körperschaften eine weitere Möglichkeit einer steuerneutralen Umstrukturierung: die sog. Einbringung von Unternehmensteilen nach den Vorschriften der Art. 9 und 10 der FRL. 1. Anforderungen der Fusionsrichtlinie Die Einbringung von Unternehmensteilen bezeichnet laut Art. 2 Buchst. c FRL einen Vorgang, durch den eine Gesellschaft, ohne aufgelöst zu werden, ihren Betrieb insgesamt oder einen oder mehrere Teilbetriebe in eine andere Gesellschaft gegen Gewährung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden Gesellschaft einbringt. Wird der gesamte Betrieb eingebracht, so wandelt sich die einbringende Gesellschaft in eine Holdinggesell________________________ 131 Schmitt/Schloßmacher, DStR 2008, 2242, 2247.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
schaft, deren einziges Vermögen in der Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft besteht. Dabei wird eine Mindestbeteiligung an der übernehmenden Gesellschaft nicht vorausgesetzt. Nicht begünstigt sind hingegen Einbringungen von Mitunternehmeranteilen. Grund hierfür dürfte sein, dass die Personengesellschaft in den anderen Mitgliedstaaten nicht derart bedeutsam ist.132 Während sich Art. 9 der FRL mit dem Grundfall einer grenzüberschreitenden Einbringung von Unternehmensteilen befasst, behandelt Art. 10 FRL einen Sonderfall, bei dem sich unter den eingebrachten Wirtschaftsgütern auch eine in einem anderen Mitgliedstaat als dem der einbringenden Gesellschaft belegene Betriebsstätte befindet. Art. 10 Abs. 1 FRL fordert die Mitgliedstaaten der einbringenden Gesellschaft auf, im Falle einer Einbringung auf ihre Besteuerungsrechte an dieser Betriebsstätte zu verzichten. Da Deutschland die Gewinne einer im EU-Ausland belegenden Betriebsstätte entsprechend den Vorgaben aus dem OECD-MA (Art. 7 Abs. 1) ohnehin von der Besteuerung grundsätzlich freistellt,133 kommt Art. 10 FRL nur ein sehr eingeschränkter Anwendungsbereich zu. Auf Einzelheiten soll erst im weiteren Verlauf zurückzukommen sein.134 Für die übrigen Fälle verweist Art. 9 FRL auf die Regeln für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen und den Austausch von Anteilen der Art. 4, 5 und 6 der FRL. Hingegen wird Art. 8 FRL aus der Verweisungskette ausgenommen, da sich die Rechtsstellung des Gesellschafters der einbringenden Gesellschaft nicht ändert. Dieser hält weiterhin eine Beteiligung an der einbringenden Gesellschaft. Art. 4 Abs. 1 FRL untersagt den Mitgliedstaaten, die Einbringung von Unternehmensteilen zum Anlass zu nehmen, die stillen Reserven des eingebrachten Vermögens – oder wie es die Fusionsrichtlinie umschreibt – den Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens und dessen steuerlichen Wert zu besteuern. Der steuerliche Wert (Art. 4 Abs. 1 Buchst. a FRL) entspricht dem Buchwert der übertragenden Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz der einbringenden Gesellschaft.135 Der Staat der einbringenden Gesellschaft verzichtet somit im ________________________ 132 133 134 135
Thömmes, DStR 1998, Beih. zu H. 17, 47, 48. Hemmelrath, in Vogel/Lehner, Art. 7 OECD-MA Rn. 48. Vgl. 3. Kap. II. 2. b) bb) (1). Nach der Legaldefinition in Art. 4 Abs. 1 Buchst. 1 FRL ist der steuerliche Wert der Wert, auf dessen Grundlage ein etwaiger Gewinn oder Verlust für die Zwecke der Besteuerung des Veräußerungsgewinns der einbringenden Gesellschaft ermittelt worden wäre, wenn das Aktiv- und Passivvermögen gleichzeitig mit der Einbringung aber unabhängig davon veräußert worden wäre.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Zeitpunkt der Einbringung auf eine Besteuerung der in den Wirtschaftsgütern des übertragenden Vermögens enthaltenen stillen Reserven. Dieses ist denkbar, weil dem Staat als Zugriffsobjekt für eine spätere Besteuerung weiterhin die inländische Betriebsstätte der übernehmenden Gesellschaft verbleibt. Eine Einbringung von Unternehmensteilen soll nach den Vorgaben der Fusionsrichtlinie aber nur dann steuerneutral vollzogen werden können, wenn an der Einbringung zwei Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten der EU beteiligt sind (Art. 1 Buchst. a, Art. 3 i. V. m. dem Anhang der FRL), die übernehmende Gesellschaft die Buchwerte136 der einbringenden Gesellschaft fortführt (Art. 9, Art. 4 Abs. 3 FRL) und das eingebrachte Vermögen einer Betriebsstätte der übernehmenden Gesellschaft im bisherigen Belegenheitsstaat zuzurechnen ist und zur Erzielung des steuerpflichtigen Ergebnisses der Betriebsstätte beiträgt (Art. 9, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b FRL). Zudem darf keine missbräuchliche Gestaltung i. S. d. Art. 11 Abs. 1 FRL vorliegen. 2. Umsetzung der Fusionsrichtlinie Die Vorgaben wurden durch das StÄndG 1992 in nationales Recht umgesetzt. a) Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1–3 UmwStG a. F. Für Einbringungen von Unternehmensteilen bis zum 12.12.2006 gelten nach § 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. die Vorschriften des § 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. unverändert fort. Im Einzelnen sieht § 23 Abs. 1 UmwStG a. F. die Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs durch eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft in eine inländische Betriebsstätte einer beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen EU-Kapitalgesellschaft vor. § 23 Abs. 2 UmwStG a. F. begünstigt die Einbringung einer inländischen Betriebsstätte im Rahmen durch eine beschränkt körperschaftsteuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft in eine unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft, während § 23 Abs. 3 UmwStG a. F. die Einbringung einer in einem anderen EU-Staat belegene Betriebsstätte zum Gegenstand hat. ________________________ 136 Die FRL verwendet den Begriff des Buchwerts indes nicht. Art. 4 Abs. 3 FRL setzt jedoch voraus, dass die übernehmende Gesellschaft neue Abschreibungen und spätere Wertsteigerungen oder Wertminderungen des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens so berechnet, wie die einbringende Gesellschaft sie ohne die Einbringung berechnet hätte.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
Zur Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts übernahm der deutsche Steuergesetzgeber wiederum nicht die allgemeine Missbrauchsklausel der Fusionsrichtlinie (Art. 11 FRL), sondern schuf eigene Maßnahmen gegen missbräuchliche Gestaltungen. Zudem treten Unklarheiten über die Reichweite der in der Fusionsrichtlinie verwendeten Begriffe „Teilbetrieb“ und „Zugehörigkeit zu einer Betriebsstätte“ auf. aa) Doppelte Buchwertfortführung über die Grenze Entsprechend den Vorgaben zum Anteilstausch fordert der Gesetzgeber durch den Verweis in § 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. auf § 20 Abs. 2, S. 1, Abs. 4 S. 1 UmwStG a. F. auch bei grenzüberschreitenden Unternehmenseinbringungen die Fortführung der Buchwerte sowohl auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft als auch auf Ebene des Gesellschafters. Soll eine Aufdeckung der stillen Reserven verhindert werden, ist die einbringende Gesellschaft verpflichtet, die Anschaffungskosten der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft in Höhe der Buchwerte zu bewerten. Art. 4 Abs. 3 FRL schreibt hingegen lediglich die Fortführung der Buchwerte auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft vor. Über die Höhe der Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile schweigt sie. Wie dieses Schweigen zu verstehen ist, wurde bereits beim Anteilstausch aufgezeigt.137 Grundsätzlich ergeben sich keinerlei Unterschiede. Zu beachten ist jedoch, dass bei der Einbringung von Unternehmensteilen die Fortführung der Buchwerte auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft richtlinienkonform ist, nicht aber die auf Ebene des Gesellschafters.138 Als Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile sind die Teilwerte anzusetzen. Als Zugriffsobjekt für eine spätere Besteuerung bleibt die inländische Betriebsstätte. bb) Definition des Teilbetriebs Eingebracht werden können neben Betrieben auch Teilbetriebe. Während der Betrieb unstreitig die Gesamtheit eines Unternehmens umfasst, sind sich Verwaltung und Literatur uneinig, was genau unter dem Begriff des Teilbetriebs zu verstehen ist. Die Finanzverwaltung139 und mit ihr ein kleiner Teil des Schriftums140 halten die von der Rechtsprechung zu § 16 EStG entwickelte Definition des Teil________________________ 137 Vgl. 3. Kap. A. I. 2. a) aa). 138 Benecke/Schnitger, IStR 2005, 641, 643; Thömmes, DStR 1998, Beih. zu H. 17, 47, 50. 139 BMF-Schr. v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rn. 23.01. 140 Dötsch/Pung, DB 2006, 2763, 2764.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
betriebs für maßgeblich. Sie fordern einen mit gewisser Selbständigkeit ausgestatteten, organisatorisch geschlossenen Teil eines Gesamtbetriebs, der alle Merkmale eines Betriebs aufweist und für sich allein lebensfähig ist.141 Dagegen legen die überwiegenden Stimmen in der Literatur142 die Legaldefinition des Teilbetriebs der Fusionsrichtlinie zugrunde. Ein Teilbetrieb ist gemäß Art. 2 Buchst. i FRL die Gesamtheit der in einem Unternehmensteil einer Gesellschaft vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter, die in organisatorischer Hinsicht einen selbständigen Betrieb, d. h. einen aus eigenen Mitteln funktionsfähige Einheit bildet. Auf den ersten Blick scheinen die Definitionen nur geringfügig voneinander abzuweichen. In der Legaldefinition der Fusionsrichtlinie stehen die Merkmale der „Selbständigkeit“ und der „eigenständigen Funktionsfähigkeit“ jedoch nicht mehr nebeneinander, wie dies bei der dem § 16 EStG zugrunde gelegten Definition der Fall ist. Vielmehr wird der Begriff der Selbständigkeit in Art. 2 Buchst. i FRL durch eine eigene Funktionsfähigkeit umschrieben. Nach der Fusionsrichtlinie kann das Vorliegen einer gewissen Selbständigkeit nicht gefordert werden.143 Ein Teilbetrieb liegt demnach auch vor, wenn der Unternehmensteil sich weder in räumlicher Hinsicht noch in der Produktpalette deutlich vom Rest des Unternehmens unterscheidet.144 Im Gegensatz dazu kann es sich nach Ansicht der Finanzverwaltung nur um einen Teilbetrieb handeln, wenn die dem abgeteilten Unternehmenszweig gewidmeten Wirtschaftsgüter in ihrer Zusammenfassung einer Betätigung dienen, die sich von der übrigen gewerblichen Tätigkeit des Unternehmens deutlich unterscheidet.145 Als Abgrenzungskriterien werden die örtliche Trennung vom Hauptbetrieb,146 der Einsatz von eigenem Personal,147 die ________________________ 141 BFH v. 27.10.1994 – I R 107/93, BStBl. II 1995, 403. 142 Blumers, DB 2001, 722, 726; Esterer, FS Solms, S. 233, 234 ff.; Haarmann, FS Widmann, S. 375, 385 ff.; Herzig, IStR 1994, 1; Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB 1991, Beil. 12, 1, 6; Herzig/Förster, DB 1992, 911, 912 f.; Scherer, S. 126; Thömmes, DStR 1998, Beih. zu H. 17, 47 f.; Thömmes, FS Widmann, S. 583 ff.; Thömmes/Schulz/Eismayr/Müller, IWB 2006, F. 11 Gr. 2, 747, 756. 143 Albrecht, in Haritz/Benkert, § 23 UmwStG Rn. 114; Blumers/Kramer, DB 1993, 852, 856; Friederichs, in Haritz/Benkert, § 20 UmwStG Rn. 53; Herzig/Förster, DB 1992, 911, 913. 144 Blumers/Kramer, DB 1993, 852, 856. 145 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 4.7.1973 – I R 154/71, BStBl. II 1973, 838, 839; BFH v. 15.3.1984 – IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486; BFH v. 13.2.1996 – VIII R 39/92, BStBl. II 1996, 409, 410. 146 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 2.8.1978 – I R 78/76, BStBl. II 1979, 15, 16; BFH v. 15.3.1984 – IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486. 147 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 24.11.1982 – I R 123/78, BStBl. II 1983, 113.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
Verwendung eigener Räumlichkeiten148 und Betriebsmittel (insbesondere des Anlagevermögens) sowie das Vorhandensein eines eigenen Kundenstamms149 genannt. Für die Finanzverwaltung ist weiterhin von Bedeutung, ob die Möglichkeit besteht, die Preise unabhängig vom Gesamtunternehmen zu bestimmen.150 Aus der Gesamtschau der Kriterien muss sich eine gewisse Selbständigkeit des Teilbetriebs ergeben.151 Eine solche soll auch dann bestehen können, wenn es sich um einen selbständigen Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens handelt.152 Die Definition des Teilbetriebs der Rechtsprechung zu § 16 EStG vor Inkrafttreten der Fusionsrichtlinie heranzuziehen, war mit dem Verweis in § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1977 auf § 16 EStG durchaus nachvollziehbar. Auch waren vor Inkrafttreten der Fusionsrichtlinie ausschließlich inländische Umstrukturierungen betroffen.153 Seit Inkrafttreten der Fusionsrichtlinie ist jedoch dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung hinreichend Rechnung zu tragen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, unter Ausschöpfung ihres gesamten Beurteilungsspielraums, soweit dies irgendwie möglich ist, die nationalen Normen gemeinschaftsrechtskonform auszulegen.154 Auch wenn die Finanzverwaltung diese Ansicht nicht teilen mag, ist es rechtlich weniger interessant, ob die Definition der Fusionsrichtlinie bei § 23 UmwStG a. F. zur Anwendung kommt, sondern ob dies auch bei § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. und vor allem bei § 20 UmwStG n. F. für inländische und grenzüberschreitende Umstrukturierungen gleichermaßen gilt. Dies soll erst an späterer Stelle diskutiert werden.155 cc) Gewährung neuer Gesellschaftsanteile Zudem müssen dem Einbringenden nach § 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. als Gegenleistung neue Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden. Das nationale Recht verlangt auch hier richtlinienwidrig mehr als ________________________ 148 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 13.2.1996 – VIII R 39/92, BStBl. II 1996, 409, 410. 149 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 15.3.1984 – IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486. 150 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 15.3.1984 – IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486; BFH v. 23.11.1988 – X R 1/86, BStBl. II 1989, 376, 378. 151 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 15.3.1984 – IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486; BFH v. 10.3.1998 – VIII R 31/95, BFH/NV 1998, 1209 mit Anm. Tiedtke/Wälzholz, DStZ 2000, 127 ff. 152 Vgl. zu § 16 EStG BFH v. 4.7.1973 – I R 154/71, BStBl. II 1973, 838; BFH v. 13.2.1996 – VIII R 39/92, BStBl. II 1996, 409, 410. 153 Patt, Der Konzern 2006, 730, 735. 154 EuGH v. 5.10.2004, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 (Pfeiffer). 155 Vgl. 3. Kap. A. II. 2. b) bb) (3).
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
die Fusionsrichtlinie (vgl. Art. 2 Buchst. c FRL), die zwar eine Gewährung von Anteilen vorsieht, nicht aber die Gewährung neuer Anteile fordert. dd) Zurechnung der Wirtschaftsgüter zu einer Betriebsstätte Des Weiteren können grenzüberschreitende Einbringungen von Unternehmensteilen steuerneutral entsprechend den Vorgaben des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b FRL nur vollzogen werden, wenn die eingebrachten Wirtschaftsgüter auch nach der Einbringung der Betriebsstätte zugerechnet werden können. Dadurch soll verhindert werden, dass dem Staat der einbringenden Gesellschaft Besteuerungsrechte durch die Einbringung verloren gehen.156 Die Fusionsrichtlinie selbst definiert nicht, unter welchen Voraussetzungen eine Zugehörigkeit zu einer Betriebsstätte angenommen werden kann. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b FRL erwähnt lediglich, dass das übertragene Vermögen auch nach der Einbringung einer Betriebsstätte tatsächlich zugerechnet werden muss. Außerhalb der Fusionsrichtlinie findet sich eine Definition der Betriebsstättenzugehörigkeit weder im primären noch im sekundären Gemeinschaftsrecht.157 Es stellt sich daher die Frage, welcher Betriebsstättenbegriff der Fusionsrichtlinie zugrunde liegt. Denkbar wäre es, an den jeweiligen nationalen Betriebsstättenbegriff (vgl. Art. 12 AO), den Begriff des OECD-MA oder an den jeweils einschlägigen Abkommensbegriff anzuknüpfen. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der FRL, der bekanntlich zur Aufgabe hat, die finanziellen Interessen des einbringenden Staates zu wahren,158 gewährt dem Staat der einbringenden Gesellschaft das Recht, seine Besteuerungsrechte auch nach der Einbringung unverändert beizubehalten. Dabei wird die Besteuerung der in der Betriebsstätte ruhenden stillen Reserven nicht mehr durch die unbeschränkte Steuerpflicht der übertragenden Gesellschaft, sondern durch die beschränkte Steuerpflicht der übernehmenden Gesellschaft gewährleistet.159 Denknotwendig kann der Staat der einbringenden Gesellschaft sein Besteuerungsrecht durch die Einbringung nur verlieren, wenn ein solches überhaupt bestanden hat. Ob der Staat die Gewinne einer Betriebsstätte bei einem grenzüberschreitenden Vorgang besteuern darf, bestimmt
________________________ 156 157 158 159
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Frotscher, IStR 2006, 65, 66. Blumers, DB 2006, 856; Winkeljohann/Fuhrmann, S. 585. Vgl. den 1. Erwg. der FRL 90/434/EWG, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 1. Frotscher, IStR 2006, 65, 66.
A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
das jeweils einschlägige DBA.160 Als lex specialis gegenüber den mitgliedstaatlichen Steuerrechtsnormen161 ist der Begriff der Betriebsstätte des jeweiligen DBA zugrunde zu legen. Dieser unterscheidet sich jedoch nur marginal von dem des OECD-MA.162 Während Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA nur die Zurechnung der Gewinne zur Betriebsstätte fordert, über die Zurechnung der Wirtschaftsgüter selbst aber keine Aussage trifft, zeigen die Rückverweisungsnormen für Dividenden (Art. 10 Abs. 4 OECD-MA), Zinsen (Art. 11 Abs. 4 OECD-MA) und Lizenzen (Art. 12 Abs. 3 OECD-MA), nach denen das Besteuerungsrecht bei Betriebsstättenzugehörigkeit auf den Betriebsstättenstaat übergeht, dass die die Zahlung auslösenden Vermögenswerte tatsächlich der Betriebsstätte zugerechnet werden müssen.163 Gefordert wird ein funktionaler Zusammenhang. Eine Zurechnung kann nur erfolgen, wenn die betreffenden Wirtschaftsgüter nach ihrer Zweckbestimmung der Betriebsstätte unmittelbar dienen.164 Maßgeblich kommt es nach Ansicht der Rechtsprechung darauf an, ob ein selbständiger Gewerbebetrieb am gleichen Ort und unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen diese Wirtschaftsgüter zur Erzielung eines vergleichbaren Wirtschaftserfolgs benötigt hätte.165 Zum Betriebsvermögen der Betriebsstätte zählen daher alle Wirtschaftgüter, die ausschließlich oder unmittelbar zur betrieblichen Nutzung in der Betriebsstätte bestimmt sind. Dies entspricht dem Begriff des sog. „notwendigen Betriebsvermögens“.166 Das sog. gewillkürtes Betriebsvermögen ist dagegen regelmäßig dem Stammhaus167 zuzurechnen. Dies hat zur Folge, dass Anteile an Kapitalgesellschaften der Betriebsstätte nur zuzuordnen sind, wenn diese der Wirtschaftstätigkeit der Betriebsstätte unmittelbar dienen. Dies wird in der Regel nicht der Fall sein. Eine Zurechnung ist hingegen möglich, wenn zwischen der Be________________________
160 Blumers, DB 2006, 856; Frotscher, IStR 2006, 65, 66; Kessler/Huck, IStR 2006, 433, 435; Kessler/Jehl, IWB 2007, F. 10 Gr. 2, 1977, 1978. Deutschland hat mit sämtlichen Mitgliedstaaten der EU, die in den Anwendungsbereich der FRL fallen, DBA abgeschlossen. Die anschließende Frage, die sich bei Fehlen eines DBA stellt, hat daher keinerlei praktische Bedeutung. In einem solchem Falle würden die nationale Regelung (§ 12 AO) anwendbar sein, Frotscher, IStR 2006, Fn. 14. 161 Winkeljohann/Fuhrmann, S. 585. 162 Blumers, DB 2006, 856. 163 Blumers, DB 2006, 856; Winkeljohann/Fuhrmann, S. 586. 164 BFH v. 29.7.1992 – II R 39/89, BStBl. II 1993, 63; Blumers, DB 2006, 856; Roth, Zurechnung von Wirtschaftgütern im Internationalen Steuerrecht, S. 87, 99. 165 BFH v. 29.7.1992 – II R 39/89, BStBl. II 1993, 63. 166 Frotscher, Intern. Steuerrecht, Rn. 288. 167 Mit dem Stammhaus ist der Unternehmensteil gemeint, welcher all jene Funktionen erfüllt, die dem Gesamtunternehmen und nicht einer einzelnen Betriebsstätte dienen und somit eine „Geschäftsleitungsbetriebsstätte“ darstellt.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
triebsstätte und der Kapitalgesellschaft, an der die Beteiligung besteht, ein regelmäßiger Lieferungs- und Leistungsaustausch vorhanden ist.168 Die von Teilen der Literatur169 geforderte Zuordnung auch des gewillkürten Betriebsvermögens zur Betriebsstätte sollte nicht gefolgt werden, weil das unions- und damit auch das richtlinienspezifische Verständis seine vornehmliche Verankerung im Abkommensrecht findet. Eine anteilige Zuordnung zwischen Betriebsstätte und Stammhaus ist hingegen denkbar.170 Darüber hinaus fordert die Fusionsrichtlinie, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter zur Erzielung des steuerlich zu berücksichtigenden Ergebnisses der Betriebsstätte beitragen müssen. Dies tun sie, wenn die Gewinne der betreffenden Wirtschaftsgüter oder der gesamten Betriebsstätte nicht vollkommen von der Steuer freigestellt sind.171 ee) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren Wird ein (Teil-)Betrieb in eine beschränkt körperschaftsteuerpflichtige EUKapitalgesellschaft (§ 23 Abs. 2 UmwStG a. F.) eingebracht, schreibt § 26 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. i. V. m. § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. vor, dass die Einbringung nur zu Buch- oder Zwischenwerten vollzogen werden kann, wenn die erhaltenen Anteile nicht innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden. Um die Aufdeckung der stillen Reserven zu verhindern, verbleibt dem Steuerpflichtigen lediglich die Möglichkeit nachzuweisen, dass die erhaltenen Anteile Gegenstand einer erneuten Sacheinlage zu Buchwerten i. S. d. § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. gewesen sind. Diese Bestimmung verstößt wiederum gegen die Fusionsrichtlinie. Die Steuerneutralität darf nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL bekanntlich nur versagt werden, wenn hauptsächlicher Beweggrund oder einer der hauptsächlichen Beweggründe der Umstrukturierung in einer Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu sehen ist. Anstelle einer individuellen Missbrauchsprüfung wird eine missbräuchliche Gestaltung bei einer Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren unwiderlegbar vermutet. Hieran kann ________________________
168 Frotscher, Intern. Steuerrecht, Rn. 289. 169 Blumers, DB 2006, 856, 857; Kessler/Jehl, IWB 2007, F. 10 Gr. 2, 1977, 1982; Roth, Zurechnung von Wirtschaftgütern im Internationalen Steuerrecht, S. 99 f. 170 BFH v. 15.9.2004 – I R 5/04, BStBl. II 2009, 100. 171 Herzig/Dautzenberg/Heyers, DB 1991, Beil. 12, 1, 9; Winkeljohann/Fuhrmann, S. 587. Als ausreichend wird in der Literatur angesehen, wenn das übergegangene Vermögen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben einen mittelbaren steuerlichen Beitrag für das Betriebsstättenergebnis leistet; vgl. ausführlich Kessler/Huck, IStR 2006, 433, 440.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
auch der zweite Halbsatz von § 26 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. nichts ändern. Danach wird eine missbräuchliche Gestaltung lediglich dann nicht angenommen, wenn die erhaltenen Anteile durch die einbringende Gesellschaft im Rahmen eines steuerneutralen Anteilstausches übertragen werden. Diese Regelung nimmt lediglich einen speziellen Fall aus dem Anwendungsbereich der Missbrausklausel heraus.172 b) Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. Wenn der Antrag auf Eintragung des Vermögensübergangs nach dem 12.12.2006 beim zuständigen öffentlichen Register gestellt wird, findet gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F. das Besteuerungsregime des neuen UmwStG vollumfänglich Anwendung. aa) Persönlicher Anwendungsbereich Konnten nach altem Recht Sacheinlagen nur in unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG überführt werden und musste es sich bei der Einbringung um eine inländische Betriebsstätte handeln (§ 23 Abs. 1 und 2 UmwStG a. F.) oder ein Fall des § 23 Abs. 3 UmwStG a. F. vorliegen, ist es nunmehr nach § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 UmwStG n. F. jeder nach den Vorschriften eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR gegründeten Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung innerhalb der EU oder des EWR möglich, als übernehmende Gesellschaft an einer steuerneutralen Einbringung teilzunehmen. Auch sind nunmehr Einbringungen in eine SCE, SE oder in eine ausländische Gesellschaft denkbar. Bei letzterem wird jedoch gemeinschaftsrechtswidrig gefordert, dass ausländische nach dem sog. Typenvergleich einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gleichgestellt sein müssen.173 Während sich somit der Anwendungsbereich auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft erweitert hat, wird dieser auf Seiten des Einbringenden eingeschränkt. Waren nach altem Recht an die Person des Einbringenden keine Bedingungen geknüpft, muss nunmehr der Einbringende dieselben Anforderungen erfüllen, die auch an die übernehmende Gesellschaft gestellt werden. Einbringende Kapitalgesellschaften müssen nach dem Recht eines Staates der EU oder des EWR gegründet sein und ihren Sitz und Geschäftsleitung innerhalb der EU oder des EWR haben (§ 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG n. F.). Entsprechend ________________________ 172 Vgl. 3 Kap. A. I. 2. a) ee). 173 Vgl. 3. Kap. A. I. 2. b) aa).
231
3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
wird bei einbringenden natürlichen Personen ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt innerhalb der EU oder im EWR gefordert (§ 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb, § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG n. F.). Für einbringende Personengesellschaften ist zusätzlich vorausgesetzt, dass sowohl die Gesellschaft als auch ihre unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter die genannten Anforderungen erfüllen müssen (§ 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG n. F.). Ausnahmen sind nur denkbar, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland durch die Einbringung nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG n. F.). Regelmäßig fallen daher in einem Drittstaat ansässige natürliche Personen oder Gesellschaften aus dem Kreis der Begünstigten heraus.174 bb) Sachlicher Anwendungsbereich Hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs werden an grenzüberschreitende und inländische Umstrukturierungen grundsätzlich dieselben Anforderungen gestellt. (1) Kein Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts Entsprechend den Regelungen zum Anteilstausch handelt es sich auch bei einer Sacheinlage gegen Gewährung von Anteilen um einen tauschähnlichen Vorgang. Aus diesem Grund fordert § 20 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. von der übernehmenden Gesellschaft, das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Hiervon abweichend kann auf Antrag ein Ansatz zu Buch- oder Zwischenwerten gewählt werden, sofern die in § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG n. F. genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind.175 Hierfür muss unter anderem sichergestellt sein, dass durch die Einbringung das Recht der Bundesrepublik Deutschland zur Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 UmwStG n. F.). Das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven des eingebrachten Vermögens wird ausgeschlossen, wenn der Bundesrepublik durch zwischenstaatliche Abkommen oder höherrangiges Recht untersagt ist, den Gewinn aus der Veräußerung des eingebrachten Vermögens zu besteuern.176 Von einer Beschränkung geht die Gesetzesbegrün________________________ 174 Ley, FR 2007, 109, 110. 175 Vgl. 2. Kap. F. II. 1. 176 Haritz, in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rn. 202.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
dung177 aus, wenn entweder vor der Einbringung das Besteuerungsrecht ohne Anrechnungsverpflichtung bestand und nach der Einbringung kein bzw. ein Besteuerungsrecht mit Anrechnungsverpflichtung besteht oder vor der Einbringung ein Besteuerungsrecht mit Anrechnungsverpflichtung bestand und nachher kein Besteuerungsrecht mehr besteht. Wie bereits bei der Entstrickung von originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen aufgezeigt, besteht zwischen der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung Streit, wann von einem Ausschluss des Besteuerungsrechts tatsächlich auszugehen ist.178 Die Rechtsprechung sieht das Veranlasser- und Verursacherprinzip im Abkommensrecht verwurzelt. Für den Fiskus besteht daher die Möglichkeit eines rückwirkenden Besteuerungszugriffs auf im Inland erwirtschafteten stillen Reserven. Dies soll selbst in den Fällen möglich sein, in denen im Zeitpunkt der Entstrickung im Inland keine Betriebsstätte mehr besteht. Das Besteuerungsrecht an den bis zur Einbringung im Inland erwirtschafteten stillen Reserven bleibt damit nicht nur bestehen, wenn bei Anwendung der Freistellungsmethode die Betriebsstätte und deren Vermögen im Inland verbleiben. Vielmehr besteht das Besteuerungsrecht auch fort, wenn das Betriebsvermögen infolge einer Betriebsverlegung in das Ausland verbracht und künftig dort eingesetzt wird.179 Ein Teil der Literatur180 will bei einer Betriebsverlegung in das Ausland das deutsche Besteuerungsrecht zumindest als eingeschränkt ansehen, weil zukünftig im Ausland erwirtschaftete stille Reserven nicht dem inländischen Besteuerungszugriff unterfielen. Dieser Gedanke führt jedoch in die Irre, weil eine Aufdeckung der stillen Reserven nur erfolgen muss, wenn die zum Zeitpunkt der Einbringung im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven nicht mehr dem inländischen Besteuerungszugriff unterliegen. Es geht dem Gesetzgeber nicht um die Sicherung künftiger Wertsteigerungen, sondern ausschließlich um die Sicherung der bis zur Einbringung im Inland erwirtschafteten stillen Reserven.181 Wird dagegen das inländische Betriebsvermögen (eines inländischen oder ausländischen Rechtsträgers) auf eine (inländische oder ausländische) Gesellschaft übertragen und im Ausland eingesetzt, geht das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik verloren, wenn wie üblich die Freistellungsmethode Anwendung findet. ________________________ 177 178 179 180 181
BT-Drs. 16/2710, S. 43. Vgl. 2. Kap. D. II. Ebenso Körner, IStR 2009, 1, 11. Mitschke, DB 2009, 1376, 1377. Schneider/Oepen, FR 2009, 22 ff.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Bei der Einbringung einer ausländischen Betriebsstätte durch eine im Inland ansässige Person gestaltet sich die Rechtslage indes komplizierter. Das Besteuerungsrecht an einer ausländischen Betriebsstätte kann verloren gehen, wenn mit dem ausländischen Staat ein DBA mit Anrechnungsmethode oder ein DBA mit Freistellungsmethode und Aktivitätsvorbehalt besteht, gegen den verstoßen wird. Die meisten neueren DBA machen die Freistellung von der deutschen Steuer davon abhängig, ob die Einnahmen der Betriebsstätte ausschließlich, fast ausschließlich oder zu einem festen Anteil aus sog. aktiver bzw. produktiver Tätigkeit182 hervorgehen.183 Stammen die Einkünfte nicht in dem vorgesehenen Umfang aus aktiver Tätigkeit, tritt an die Stelle der Freistellung (Art. 23 A OECD-MA) die Anrechnung (Art. 23 B OECDMA). Die Gesetzesbegründung184 weist in diesem Zusammenhang auf den Fall einer inländischen Kapitalgesellschaft hin, die ihre in Portugal belegene Betriebsstätte, die passive Einkünfte erzielt, in eine französische SA einbringt. Nach dem DBA mit Portugal185 ist für passive Einkünfte einer in Portugal belegenen Betriebsstätte die Anrechnungsmethode anzuwenden. Nach der Einbringung der Betriebsstätte in die französische SA verliert die Bundesrepublik das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven des ausländischen Betriebsvermögens. Somit müssen nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG a. F. zwingend die gemeinen Werte im Zeitpunkt der Einbringung angesetzt werden, was zur Aufdeckung von stillen Reserven führt. Der auf Art. 10 Abs. 2 FRL zurückzuführende § 20 Abs. 7 UmwStG n. F. verweist in diesem Zusammenhang auf § 3 Abs. 3 UmwStG n. F., der für solche Fälle vorschreibt, dass die ausländische (portugiesische) Steuer aus dem fiktiven Veräußerungsgewinn der Betriebsstätte auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen ist. Hätte hingegen die deutsche Kapitalgesellschaft ihre in Portugal belegene Betriebsstätte in eine inländische Kapitalgesellschaft eingebracht, hätten die stillen Reserven nicht aufgedeckt werden müssen. Fraglich ist daher, ob ________________________ 182 Der Kreis der aktiven Tätigkeit ist nicht in allen DBA einheitlich umschrieben. Die meisten neueren DBA verwenden jedoch eine übereinstimmende Formulierung, nach der als aktive Tätigkeiten aufgeführt werden: Herstellung und Verkauf von Gütern und Waren, technische Beratung oder Dienstleistung sowie Bank- oder Versicherungsgeschäfte. Verglichen mit den aktiven Tätigkeiten des § 8 Abs. 1 AStG ist der Kreis der von den DBA als aktiv anerkannten Tätigkeiten tendenziell geringer; eingehend Vogel, in Vogel/Lehner, Art. 23 OECD-MA Rn. 75 f. 183 Vgl. Abkommensübersicht bei Vogel, in Vogel/Lehner, Art. 23 OECD-MA Rn. 16. 184 BT-Drs. 16/2710, S. 44 f. 185 Art. 24 Abs. 2 DBA Portugal i. V. m. Zif. 8a des Protokolls.
234
A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
hierin ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht zu sehen ist. Ein Verstoß gegen die Fusionsrichtlinie scheidet aus, da Art. 10 Abs. 2 FRL eine derartige Regelung gerade ermöglicht. Somit kommt nur ein Verstoß gegen primäres Gemeinschaftsrecht in Betracht. Dazu müsste nicht nur das nationale Recht gegen die Grundfreiheiten verstoßen, sondern auch das sekundäre Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang mit den Vorgaben des primären Gemeinschaftsrechts stehen. (a) Europarechtswidriges Europarecht Dies setzt wiederum voraus, dass sekundäres Gemeinschaftsrecht überhaupt gegen primäres Gemeinschaftsrecht verstoßen kann. Demnach dürfte es nicht in der Macht der Mitgliedstaaten stehen, durch Verabschiedung von Richtlinien, die Durchschlagskraft der Grundfreiheiten einzuschränken. Der EuGH186 und mit ihm weite Teile der Literatur187 gehen von einem uneingeschränkten Vorrang des primären Gemeinschaftsrechts aus. Ausdrücklich ordnete dies noch die alte Regelung in § 249 Abs. 1 des EGV an, nach der Richtlinien nach Maßgabe des EG-Vertrags erlassen werden müssen. Damit wurde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das primäre Gemeinschaftsrecht den Maßstab festlegt, an dem sich das sekundäre Gemeinschaftsrecht messen lassen muss. Gleichwohl spricht sich im Schriftum eine Stimme188 vehement gegen einen Vorrang des Primärrechts aus, da ein solcher nicht mit der eigentlichen Intention der „Herren der Verträge“ einhergeht. Die Harmonisierung auf dem Gebiet der direkten Steuern sollte nur unter den strengen Voraussetzungen der Art. 114, 115 AEUV zulässig sein. Dieser Ansicht steht jedoch im klaren Widerspruch zum Gesetzeswortlaut des EG-Vertrags. Die Regelungskompetenz des sekundären leitet sich aus dem primären Gemeinschaftsrecht ab. Darüber hinaus bilden die Grundfreiheiten die grundlegenden Freiheits- und Gleichheitsrechte und haben – wie die Grundrechte auf nationaler Ebene – für das Gemeinschaftsrecht eine schlechthin konstituierende Bedeutung.189 Sie dürfen daher keinesfalls durch
________________________
186 Vgl. EuGH v. 23.4.1986, Slg. 1986, 1339 Rn. 23 (Les Verts), wonach der EG-Vertrag praktisch den Rang einer Verfassung einnimmt. Zudem wird das Gebot der primärrechtskonformen Auslegung des Sekundärrechts als Ausfluss dieses Vorrangs angesehen; vgl. EuGH v. 13.12.1983, Slg. 1983, 4063 Rn. 15 (Kommission/Rat); EuGH v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3219 Rn. 30 (Borgmann); EuGH v. 23.2.2006, Slg. 2006, I-2107 Rn. 45 f. (Keller Holding). 187 Opperman, § 6 Rn. 116; Ruffert, in Calliess/Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 14 m. w. N. 188 Schwenke, S. 43 ff.; Schwenke, DStZ 2007, 235, 246. 189 Frotscher, IStR 2006, 65, 68.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
einzelne Akte des Rates oder der Kommission „ausgehebelt“ werden können.190 (b) Abgrenzung Niederlassungs- zur Kapitalverkehrsfreiheit Nach dem traditionellen Verständnis beinhaltet die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) das Gebot der Inländergleichbehandlung. Selbständigen und Unternehmern ist eine freie Standortwahl im Gebiet des europäischen Binnenmarktes zu den Bedingungen zu gewähren, welche für die in den Aufnahmestaaten ansässigen Wirtschaftsunternehmen gelten.191 Geschützt werden natürliche und juristische Personen, die sich im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaates niederlassen, um eine selbständige Tätigkeit auszuüben (primäre Niederlassungsfreiheit), aber auch um Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften zu gründen (sekundäre Niederlassungsfreiheit). Auch wird der Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat geschützt, sofern die Beteiligung einen solchen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verleiht, dass der Erwerber deren Tätigkeit bestimmen kann.192 Der Erwerb der Beteiligung muss zum Kontrollerwerb über das Unternehmen führen.193 Der Kontrollerwerb über das Unternehmen soll nach Ansicht des EuGH zwar nicht an einer konkreten Beteiligungshöhe festgemacht werden, jedoch wird eine Beteiligung von 25 % als ausreichende Einflussmöglichkeit angesehen,194 nicht hingegen eine 10 %-ige Beteiligung.195 Seit der Rechtssache „Klopp“196 tritt neben das Gebot der Inländergleichbehandlung ein auf natürliche Personen und Gesellschaften gleichermaßen anwendbares Beschränkungsverbot. Jede nationale Maßnahme, welche die Ausübung einer Grundfreiheit auch in einem anderen Mitgliedstaat behindert ________________________ 190 191 192 193 194 195
Frotscher, IStR 2006, 65, 68; Schön, IStR 2004, 289, 297. Hatje, JURA 2003, 160; Oppermann, § 26 Rn. 17. Bröhmer, in Calliess/Ruffert, Art. 43 EGV Rn. 9; Oppermann, § 26 Rn. 17. Haslehner, IStR 2008, 565, 567. EuGH v. 18.9.2003, Slg. 2003, I-9409 Rn. 25 (Bosal). EuGH v. 12.12.2007, Slg. 2006, I-11753 Rn. 58 (Test Claimants in the FII Group Litigation). 196 Beginnend mit der Entscheidung in der Rs. Klopp (EuGH v. 12.7.1984, Slg. 1984, 2971), die ein Verbot der Zweitniederlassung für Rechtsanwälte betrifft, wird die Reichweite des unmittelbar anwendbaren Freiheitsrechts ausgedehnt. Obwohl für im Inland wie im EU-Ausland ansässige Anwälte gleichermaßen geltend, fällt ein Niederlassungsverbot in den Anwendungsbereich des Art. 43 EGV [Art. 49 AEUV].
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
oder weniger attraktiv macht, wird vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit mitumfasst.197 Der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) beinhaltet hingegen den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen Mitgliedstaaten und dritten Staaten. Zwar hält der AEU-Vertrag keine Definition des Kapitalverkehrs bereit, jedoch kann auf die ständige Rechtsprechung des EuGH198 zurückgegriffen werden, die den Schutzbereich in Anlehnung an die Aufzählung der Kapitalvorgänge im Anhang der Kapitalverkehrsrichtlinie199 definiert. Nach der Kapitalverkehrsrichtlinie sind vor allem Direktinvestitionen betroffen, zu denen auch Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften zählen.200 Ob der Erwerb der Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft unter den Schutzbereich der sekundären Niederlassungs- und oder in den der Kapitalverkehrsfreiheit fällt, kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist der Schutzbereich einer Grundfreiheit eröffnet. (c) Beschränkung Für eine Beschränkung einer Grundfreiheit ist jegliche Behinderung ausreichend, die geeignet ist, eine Umstrukturierung in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu unterbinden.201 Eine solche ist zumindest dann gegeben, wenn es zu einer Aufdeckung von stillen Reserven und damit zu einer Besteuerung beim Einbringenden kommt. Der Einbringende kann die Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft nur erwerben, wenn die in der Betriebsstätte ruhenden stillen Reserven einer Besteuerung zugeführt werden. Trotzdem darf daraus nicht voreilig der Schluss gezogen werden, dass eine Beschränkung einer Grundfreiheit vorgelegen habe, denn diese leitet sich primär aus den Bestimmungen eines DBA ab. Nach der noch im EG-Vertrag ausdrücklich erwähnten Bestimmung sind Mitgliedstaaten gemäß Art. 293 2. Spiegelstrich EGV berechtigt, Verhandlungen zur Beseitigung der Doppelbesteueurung innerhalb der Gemeinschaft einzuleiten. Aus diesem Grund wird von Teilen des Schrifttums202 angenommen, dass positive wie ________________________ 197 Vgl. Cordewener, S. 843 ff. m. w. N. 198 EuGH v. 16.3.1999, Slg. 1999, I-1661 Rn. 21 (Trummer); EuGH v. 12.12.2007, Slg. 2006, I-11753 Rn. 178 ff. (Test Claimants in the FII Group Litigation) m. w. N. 199 Vgl. Anh. I der Richtlinie 361/88/EWG des Rates v. 24.6.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages, ABl. L 178 v. 8.7.1988, 5. 200 Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, Art. 56 Rn. 155 ff.; Sedemund, Rn. 208. 201 Körner, IStR 2004, 424. 202 Weber, Intertax 2006, 585 ff.; a. A. Scherer, S. 111.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
negative Regelungen zur Verteilung von Doppelbesteuerungsbefugnissen im DBA nicht justiziabel seien. Auch der EuGH scheint einer Beschränkung äußerst zurückhaltend gegenüberzustehen.203 Gleichwohl hat er sich im Jahre 1986 in der sog. „avoir-fiscal-Entscheidung“204 dahingehend geäußert, dass sich die Rechte, die sich für den Begünstigten aus der Niederlassungsfreiheit ergeben, unbedingt seien und ein Mitgliedstaat ihre Beachtung nicht vom Inhalt eines mit einem anderen Mitgliedstaat geschlossenen DBA abhängig machen können. Von einer Beschränkung sollte daher zugunsten des Einbringenden ausgegangen werden, wenn wie im Beispielsfall die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nur erworben werden kann, wenn die gemeinen Werte angesetzt werden und die einbringende inländische Gesellschaft damit einen körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn versteuern muss. (d) Rechtfertigung Die Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Kapitalverkehrsfreiheit ist hingegen gerechtfertigt, wenn mit ihr ein berechtigtes und dem AEU-Vertrag zu vereinbarendes Ziel verfolgt wird und die Beinträchtigung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses geboten ist.205 Die einschränkende Vorschrift muss zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sein und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist.206 Dabei kann allein die Erzielung von Einnahmen eine Beschränkung der Grundfreiheiten nicht rechtfertigen. Vielmehr erkennt der EuGH in ständiger Rechtsprechung als zwingende Gründe des Allgemeinwohls an: die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle,207 die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Steuerumgehung208 sowie die Kohärenz des Steuersystems209. In der Rechtssache „Hughes de Lasteyrie du Saillant“ erkannte der EuGH an, dass die Sicherung der Besteuerung jener stillen Reserven, die während der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland angesammelt wurden, für sich ________________________ 203 Vgl. Zusammenstellung der EuGH-Rechtsprechung bei Altvater, DB 2009, 1201 ff. 204 EuGH v. 28.1.1986, Slg. 1986, 273 Rn. 26 (avoir fiscal); bestätigt durch EuGH v. 1.1.1999, Slg. 1999, I-6161 (Saint Gobain). 205 EuGH v. 20.2.1979, Slg. 1979, 649 Rn. 8 (Cassis de Dijon), sog. Cassis-Formel. 206 EuGH v. 8.5.1990, Slg. 1990, I-1779 (Biehl); EuGH v. 12.12.2002, Slg. 2002, I-11779 (Lankhorst-Hohorst); EuGH v. 13.12.2005, Slg. 2005, I-10805 (Sevic). 207 EuGH v. 15.5.1997, Slg. 1997, I-2471 Rn. 31 (Futura Participations und Singer); EuGH v. 8.7.1999, Slg. 1999, I-4809 Rn. 18 (Baxter). 208 EuGH v. 6.7.1998, Slg. 1998, I-4695, Rn. 26 (ICI); EuGH v. 8.3.2001, Slg. 2001, I-1727 Rn. 57 (Metallgesellschaft). 209 EuGH v. 28.1.1992, Slg. 1992, I-249 (Bachmann); EuGH v. 28.1.1992, Slg. 1992, I-305 (Kommission/Belgien); EuGH v. 7.9.2004, Slg. 2004, I-7477 (Manninen); EuGH v. 10.3.2005, Slg. 2005, 2057 (Laboratoires Fournier SA).
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
gesehen ein legitimes Allgemeininteresse darstellt, welches die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit grundsätzlich rechtfertigen kann.210 Das bedeutet, dass die unter dem Besteuerungsregime eines Mitgliedstaates angesammelten stillen Reserven, grundsätzlich auch von diesem besteuert werden dürfen. Darüber hinaus muss die Vorschrift aber auch zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sein und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist. Zwar wird einerseits die ausländische Steuer, die nicht geschuldet ist, dem Einbringungsgewinn angerechnet. Jedoch löst die Besteuerung einen Liquiditätsabfluss aus, der zur Minderung der Kreditwürdigkeit führen und von einem Erwerb der Beteilgung abhalten kann. Als milderes Mittel hätte die Möglichkeit bestanden, den Einbringungsgewinn entsprechend den Vorgaben des § 6 Abs. 5 AStG zinslos und ohne Sicherheitsleistung zu stunden. Die Aufdeckung der stillen Reserven verbunden mit der Anrechnung der fiktiven ausländischen Steuer stellt somit nicht das mildeste Mittel dar. Mithin verstoßen die Regeln der Art. 10 Abs. 2 FRL, §§ 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 7 UmwStG n. F. gegen primäres Gemeinschaftsrecht. Sie sind insoweit nicht anwendbar. Der nationale Gesetzgeber ist aufgefordert, die Stundungsregelung des § 6 Abs. 5 AStG auch auf Fälle der Einbringung einer ausländischen Betriebsstätte zu erstrecken. (2) Doppelte Buchwertfortführung über die Grenze Zudem wird bei grenzüberschreitenden Einbringungen weiterhin richtlinienwidrig an der doppelten Buchwertverknüpfung festgehalten.211 (3) Gewährung neuer Gesellschaftsanteile Richtlinienwidrig müssen dem Einbringenden nach § 20 Abs. 1 UmwStG n. F. als Gegenleistung auch neue Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden. (4) Definition des Teilbetriebs Darüber hinaus sollte der Begriff des Teilbetriebs der Fusionsrichtlinie auch bei den nicht von der Fusionsrichtlinie erfassten Fällen zugrunde gelegt werden. Zwar gilt eine richtlinienkonforme Auslegung primär für den Anwendungsbereich der Richtlinie und somit nach Art. 2 Buchst. c i. V. m. Art. 1 Buchst. a FRL nur für Einbringungen von Unternehmensteilen, an ________________________ 210 EuGH v. 11.3.2004, Slg. 2004, I-2409 Rn. 65 und 67 (Hughes de Lasteyrie du Saillant). 211 Vgl. 3. Kap. II. 2. a) aa); 3. Kap. I. 2. a) aa).
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
denen Gesellschaften aus zwei oder mehreren Mitgliedstaaten beteiligt sind. Doch auch bei Sachverhalten, die von der Richtlinie nicht erfasst werden, die der Gesetzgeber aber unterschiedslos behandelt, tritt bei der richtlinienkonformen Auslegung eine sog. überschießende Umsetzung des angeglichen Rechts hinzu.212 Andernfalls würde dem effet-uttile-Grundsatz nicht hinreichend Rechnung getragen werden.213 Der Begriff des Teilbetriebs sollte innerhalb derselben Norm einheitlich ausgelegt werden.214 (5) Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren Schließlich wird auch bei einer Veräußerung der im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen gewährten Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung (§ 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.) richtlinienwidrig stets eine missbräuchliche Gestaltung angenommen.215 3. Rechtsfolgen der fehlerhaften Umsetzung Im Ergebnis verstoßen damit sämtliche Maßnahmen zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen gegen Gemeinschaftsrecht. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts sind die Bestimmungen des UmwStG einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung nicht zugänglich. Dem Einbringenden verbleibt wie beim Anteilstausch die Möglichkeit, sich unmittelbar auf die betreffenden Bestimmungen der Fusionsrichtlinie bzw. der Grundfreiheiten zu berufen. Folglich kann die Einbringung eines Unternehmensteils, an der Gesellschaften aus zwei oder mehreren Mitgliedstaaten beteiligt sind, steuerneutral auch dann vollzogen werden, wenn die Buchwerte auf Ebene des Einbringenden nicht fortgeführt werden und keine neuen Anteile gewährt werden. Die entgegenstehenden Normen des alten (§§ 23 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 3 i. V. m. 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG a. F. bzw. § 23 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 UmwStG a. F.) und des neuen (§ 20 Abs. 1 und 3 UmwStG n. F. bzw. § 20 Abs. 1 UmwStG n. F.) Rechts sind insoweit nicht anwendbar. Weiterhin ist zu beachten, dass die Rechtsform ausländischer Gesellschaften nicht mit Hilfe des Typenvergleichs bestimmt werden darf. Zudem ist an den Sonderfall der Einbringung einer ausländischen Betriebsstätte in eine EU-Kapitalgesellschaft zu denken. Obwohl Deutschland möglicherweise droht, an dem Vermögen der betreffenden Betriebsstätte Besteuerungsrechte ________________________ 212 Brandner, FS 50 Jahre BGH, S. 299, 311; Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 915; krit. Schnorbus, RabelsZ 65(2001), 654, 686. 213 Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 915. 214 Vgl. eingehend Menner, in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rn. 104; Scherer, S. 126 f. m. w. N.; Thömmes, FS Widmann, S. 583, 605 f. 215 Vgl. 3. Kap. A. II. 2. a) ee); 3. Kap. A. I. 2. a) ee).
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
zu verlieren, kann entgegen der Regelung in der Fusionsrichtlinie die Aufdeckung der stillen Reserven verbunden mit der Anrechnung der ausländischen fiktiven Steuer nicht gefordert werden (§ 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 i. V. m. § 20 Abs. 7 UmwStG n. F.). Die Steuerneutralität ist auch nicht rückwirkend zu versagen, wenn die erhaltenen Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden (§ 26 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. bzw. § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.). Insofern ist auf die Rechtsfolgen beim Anteilstausch zu verweisen.216 Zudem ist sämtlichen Einbringungsvorgängen die Definition des Teilbetriebs der Fusionsrichtlinie zugrunde zu legen.
III. Sonderfälle Besonderheiten sind zudem bei hybriden Gesellschaften, der SE und der SCE zu beachten. 1. Hybride Gesellschaften Seit dem 1.1.2007 werden sog. steuerlich hybride Gesellschaften vom Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie mitumfasst. a) Anforderungen der Fusionsrichtlinie Als hybride Gesellschaften werden entsprechend der in Art. 4 Abs. 1a Mutter-Tochter-Richtlinie217 niedergelegten Definition diejenigen Gesellschaften bezeichnet, die für steuerliche Zwecke in ihrem jeweiligen Ansässigkeitsstaat als eigenes Steuersubjekt selbständig körperschaftsteuerpflichtig sind, somit als steuerlich intransparent gelten, dagegen im Ansässigkeitsstaat ihrer Gesellschafter als steuerlich transparent behandelt werden.218 ________________________ 216 Vgl. 3. Kap. A. I. 3. b). 217 Richtlinie 90/435/EWG des Rates v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 225 v. 20.8.1990, 6 ber. ABl. L 266 v. 28.9.1990, 20 zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/98/EG des Rates v. 20.11.2006, ABl. L 363 v. 20.12.2006, 129. 218 Ursache hierfür ist, dass sich die deutsche Finanzverwaltung nicht an die Einordnung des Rechtsträgers im Ansässigkeitsstaat gebunden sieht, sondern eigene Bewertungsmaßstäbe für die Typisierung der Gesellschaft aufstellt, Sedemund, Rn. 527. Diese Bewertungsmaßstäbe beruhen auf dem sog. Typenvergleich, der von der Finanzrechtsprechung seit der „Venezuela“-Entscheidung des RFH v. 12.2.1930 – VI A 899/27, RStBl. 1930, 444 zur Einordnung ausländischer Rechtsformen als Körperschaftsteuersubjekt oder steuerlich transparente Personengesellschaft herangezogen werden. Der Typenvergleich hat anhand einer allgemeinen typisierenden Sichtweise zu erfolgen. Dabei ist zu klären, ob die betreffende ausländische Rechtsform der
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Nach dem Grundgedanken der Fusionsrichtlinie sollen hybride Gesellschaften den gleichen Rechtsgrundsätzen unterliegen, die für alle anderen Rechtsformen gelten, die in den Regelungsbereich der Fusionsrichtlinie fallen.219 Da jedoch aus der Sicht eines Mitgliedstaates nicht die Gesellschaft, sondern ihre Gesellschafter Steuersubjekt sind, war es notwendig, für hybride Gesellschaften spezielle Regeln sowohl für den Anteilstausch als auch die Einbringung von Unternehmensteilen in die Fusionsrichtlinie aufzunehmen. aa) Anteilstausch Für den Anteilstausch schreibt Art. 8 Abs. 3 FRL vor, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich verwehrt ist, den Veräußerungsgewinn (Einbringungsgewinn) bei dem an der hybriden Gesellschaft beteiligten Gesellschafter zu besteuern. Die Besteuerung darf erst erfolgen, wenn die dem Einbringenden gewährten Anteile tatsächlich veräußert werden. Ohne eine solche Regelung hätte der Veräußerungsgewinn dem Gesellschafter in dessen Ansässigkeitsstaat zugerechnet werden können. An den Gedanken der steuerlichen Gleichbehandlung sieht man sich jedoch nicht uneingeschränkt gebunden. Vielmehr wird den Mitgliedstaaten in Art. 10a FRL die Möglichkeit eines sog. „opting-outs“ eröffnet oder wie Blumers und Kinzl anschaulich formulieren: „Die Furcht der EU-Finanzminister vor Steuerschlupflöchern aufgezeigt.“220 Ohne die ergänzenden Bestimmungen hätten Mitgliedstaaten wie Deutschland, die das Welteinkommensprinzip zugrunde legen und die Doppelbesteuerung im Wege der Anrechnung vermeiden, ihr Besteuerungsrecht für Einkünfte einer transparenten ausländischen Gesellschaft verlieren können.221 Dies könnte bei der Besteuerung eines in Deutschland ansässigen Gesellschafters einer ausländischen hybriden Gesellschaft der Fall sein. Wird beispielsweise eine französische Société Civile (SC) in eine spanische Sociedad anónima (SA) ________________________ deutschen Körperschaft- oder Einkommensteuer unterliegen würde. Im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH v. 25.2.2004 – I R 42/02, BStBl. II 2005, 14) sieht sich die Finanzverwaltung an ihre so gefundene Entscheidung selbst dann gebunden, wenn das entsprechende DBA eine entgegenstehende Regelung vorsieht; vgl. BMF-Schr. v. 19.3.2004, BStBl. I 2004, 411 zur steuerlichen Einordnung der nach dem Recht der Bundesstaaten der USA gegründeten Limited Liability Company (LLC); vgl. auch Frotscher, Int. Steuerrecht, Rn. 330 ff. Kriterien für den Typenvergleich sind bei Hörtnagl, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 5. Aufl., § 1 UmwStG Rn. 17 sowie Winkeljohann/Fuhrmann, S. 717 zu finden. 219 Sedemund, Rn. 659. 220 Blumers/Kinzl, BB 2005, 971, 973. 221 Benecke/Schnitger, IStR 2005, 606, 610.
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A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, hat Deutschland keine Möglichkeit, den Gewinn der in Frankreich verbleibenen Betriebsstätte zu besteuern. Anders als die SC222 gilt die SA als steuerlich nicht transparent.223 Art. 10a Abs. 1 der FRL eröffnet daher dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Vorgaben der Fusionsrichtlinie auf eine aus seiner Sicht transparente gebietsfremde erworbene Gesellschaft bei der Besteuerung der Veräußerungsgewinne eines unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafters dieser Gesellschaft (gemeint ist der Einbringende) nicht anzuwenden. Wird von diesem Recht Gebrauch gemacht, ist der Mitgliedstaat jedoch gemäß Art. 10a Abs. 2 FRL verpflichtet, die fiktive Steuer anzurechnen, die ohne die Bestimmungen der Fusionsrichtlinie auf die Veräußerungsgewinne der steuerlich transparenten Gesellschaft erhoben worden wäre. Die Anrechnung hat in gleicher Weise und mit dem gleichen Betrag zu erfolgen, als wenn diese Steuer tatsächlich erhoben worden wäre. Damit bleibt dem Ansässigkeitsstaat (der Gesellschafter) die Möglichkeit, den Veräußerungsgewinn zu besteuern.224 Betrachtet ein Mitgliedstaat hingegen die erwerbende Gesellschaft als steuerlich transparent, ist er gemäß Art. 10a Abs. 3 FRL berechtigt, den Anteilstausch entgegen der Regelungen in Art. 8 Abs. 1 bis 3 FRL beim Gesellschafter zu besteuern. Anders als bei Art. 10a Abs. 1 und 2 FRL besteht aber keine Pflicht zur Steueranrechnung.225 bb) Einbringung von Unternehmensteilen Auch bei Einbringungen von Unternehmensteilen wird vom Grunde her eine vollständige Gleichstellung angestrebt. Der Ansässigkeitsstaat der Gesellschafter ist daher verpflichtet, auch den Gesellschaftern der einbringenden Gesellschaft den Aufschub der Besteuerung der in dem übertragenden Vermögen enthaltenen stillen Reserven zu gewähren (vgl. Art. 4 Abs. 2 FRL). Auch bei der Einbringung von Unternehmensteilen wird das Ziel der steuerlichen Gleichstellung aber nicht uneingeschränkt verfolgt (vgl. Art. 10a FRL). Im Unterschied zum Anteilstausch ist bei der Regelung des Art. 10a ________________________ 222 Die SC wird nach deutschen Recht als Personengesellschaft betrachtet (vgl. BMFSchr. v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, geändert durch BMF-Schr. v. 20.11.2000, BStBl. I 2000, 1509 Anh. I Tab. 1), nach französischen Recht hingegen als Körperschaft, wenn sie eine gewerbliche Tätigkeit ausübt (vgl. Art. 206 CGI). 223 Bsp. in Anlehnung an Benecke/Schnitger, IStR 2005, 606, 610 (Bsp. 4), 644 f. 224 Winkeljohann/Fuhrmann, S. 603. 225 Eingehend Benecke/Schnitger, IStR 2005, 641, 645 f.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Abs. 1 FRL anstelle der erworbenen Gesellschaft von der einbringenden Gesellschaft die Rede. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei einer Einbringung von Unternehmensteilen auch Art. 10a Abs. 4 FRL zur Anwendung kommt. Betrachtet ein Mitgliedstaat die gebietsfremde übernehmende Gesellschaft als transparent, besteht die zusätzliche Möglichkeit, dass jeder unmittelbare oder mittelbare Gesellschafter steuerlich so zu behandeln ist, als ob die übernehmende Gesellschaft im Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaates ansässig wäre. b) Umsetzung der Fusionsrichtlinie Der deutsche Steuergesetzgeber macht von der Möglichkeit des opting-outs bei der Einbringung einer Sacheinlage Gebrauch. Wird das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland am Gewinn aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft durch die Einbringung ausgeschlossen oder beschränkt, sieht § 20 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG n. F. vor, dass das eingebrachte Vermögen zwingend mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist. Bringt eine in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässige Gesellschaft, die in der Bundesrepublik für steuerliche Zwecke als transparent anzusehen ist und deren Gesellschafter in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, eine ausländische Betriebsstätte in eine EU-Kapitalgesellschaft ein, verliert die Bundesrepublik ihr Besteuerungsrecht, sofern die Doppelbesteuerung durch Anrechnung der ausländischen Steuer vermieden wird. Entsprechend der Ausnahmeregelung in Art. 10a Abs. 2 FRL sieht § 20 Abs. 8 UmwStG n. F. vor, die ausländische Steuer anzurechnen, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedstaates erhoben worden wäre, wenn die einer in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte zuzurechenden Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert veräußert worden wären. Dabei ist die auf den Einbringungsgewinn entfallende Körperschaft- bzw. Einkommensteuer unter entsprechender Anwendung von § 26 Abs. 6 KStG bzw. §§ 34c, 50 Abs. 6 EStG anzurechnen. Fraglich ist aber, ob die Vorgaben der Fusionsrichtlinie selbst den Anforderungen des primären Gemeinschaftsrechts gerecht werden. c) Europarechtswidriges Europarecht Träger der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit sind neben natürlichen Personen alle Gesellschaftsformen, die nach den Vorschriften eines Mitgliedstaates gegründet sind. Geschützt werden neben Personen- und Kapitalgesellschaften auch alle anderen denkbaren Gesellschaftsformen, wie beispielweise Stiftungen oder die Reederei. Die Grundfreiheiten differenzie244
A. Von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge
ren nicht zwischen den einzelnen Rechtsformen (Art. 54 AEUV). Personengesellschaften und damit auch hybride Gesellschaften genießen denselben Schutz wie Kapitalgesellschaften. Wieso die Fusionsrichtlinie zwischen hybriden und nicht hybriden Gesellschaften unterscheidet, will nicht recht einleuchten. Als möglicher Differenzierungsgrund könnte an den Rechtfertigungsgrund der Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen gedacht werden.226 Da eine pauschale, undifferenzierte Versagung eines steuerlichen Privilegs aber niemals eine verhältnismäßige Einschränkung begründen kann,227 kann die steuerliche Behandlung der hybriden Rechtsformen nicht in Einklang mit den Grundfreiheiten gebracht werden.228 d) Ergebnis Das opting-out des Art. 10 a der FRL sowie deren Umsetzung im nationalen Recht (§ 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 i. V. m. § 20 Abs. 8 UmwStG n. F.) verstoßen gegen die Grundfreiheiten des AEU-Vertrags. Die nationalen Vorschriften sind insoweit unanwendbar. 2. SE und SCE Die Fusionsrichtlinie findet nur auf diejenigen Rechtsformen Anwendung (Art. 3 Buchst. a FRL), die im Anhang der Fusionsrichtlinie aufgeführt sind. Da vor Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie zur Fusionsrichtlinie die Rechtsformen der SE und SCE nicht im Anhang aufgenommen waren, sah sich die Finanzverwaltung gehindert, die SE und SCE in den Anwendungsbereich eines Anteilstauschs oder der Einbringung von Unternehmensteilen einzubeziehen. Weite Teile der Literatur229 sahen dies mit guten Gründen anders. Nach der seit dem 8.10.2004 in Kraft getretenen SE-VO230 (Art. 70 SE-VO), steht die SE einer nationalen AG gleich (Art. 10 SE-VO). Da die AG als eine im Anhang der Fusionsrichtlinie begünstigte Rechtsform schon seit jeher zu finden ist, leitet sich hieraus die Anwendbarkeit der Bestimmungen ab. Die Finanzverwaltung wäre daher gut beraten, die SE seit dem 8.10.2004 als von der Fusionsrichtlinie begünstigte Rechtsform anzuerkennen. Die ________________________ 226 227 228 229
Sedemund, Rn. 676. Vgl. EuGH v. 13.12.2005, Slg. 2005, I-10837 Rn. 53 ff. (Marks & Spencer). Im Ergebnis ebenso Blumers/Kinzl, BB 2005, 971, 973 f.; Sedemund, Rn. 677. Blumers/Kinzl, AG 2005, 196 f.; Casper, in Spindler/Stilz, Art. 10 SE-VO Rn. 2; Förster/Lange, DB 2002, 288, 290 f.; Haritz, in Haritz/Menner, § 27 UmwStG Rn. 8; Haritz/Wisniewski, GmbHR 2004, 28 f.; Köhler, DStR 2005, 227, 231; Schindler, IStR 2005, 551, 552; Schindler, in Kalss/Hügel, Teil III Rn. 15. 230 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. L 294 v. 10.11.2001, 1.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Aufnahme in den Anhang der Fusionsrichtlinie sollte als lediglich klarstellend verstanden werden.231 Mit Erlass der Änderungsrichtlinie zur Fusionsrichtlinie hat dieser Streit zwar an Bedeutung verloren, weil seither sowohl die Rechtsform der SE als auch die der SCE in den Anhang der Fusionsrichtlinie als begünstigte Rechtsformen aufgenommen sind.232 Die Mitgliedstaaten müssen den erweiterten persönlichen Anwendungsbereich seit dem 1.1.2006 beachten (Art. 2 der Änderungsrichtlinie zur FRL). Dies tat der nationale Gesetzgeber bekanntlich nicht. Die Vorschriften über die Einbringung von Unternehmensteilen und dem Anteilstausch im UmwStG n. F. sind erst auf Fälle anwendbar, deren Vermögensübertragungen beim zuständigen öffentlichen Register nach dem 12.12.2006 beantragt worden sind. Der Gesetzesbegründung zum SEStEG233 kann lediglich entnommen werden, dass die Verwaltung per Erlass die steuerliche Behandlung der Gründung und Sitzverlegung einer SCE und SE regeln wollte, unerwähnt lässt sie hingegen die Fälle einer Einbringung und eines Anteilstauschs. Dagegen braucht die SCE erst seit dem 1.1.2006 in den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie einbezogen werden. Zwar sieht auch Art. 9 der SCEVO234 die Gleichstellung der SCE mit einer nach nationalem Recht gegründeten Genossenschaft vor, jedoch sind Genossenschaften erst seit der Änderungsrichtlinie zur Fusionsrichtlinie in den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie einzubeziehen.
________________________ 231 Schindler, in Kalss/Hügel, Teil III Rn. 15. 232 Vgl. die im Anh. der FRL i. d. F. der ÄndRL 2005/19/EG, ABl. L 58 v. 4.3.2005, 19, 26 zu findende Liste der Gesellschaften i. S. v. Art. 3 Buchst. a der FRL unter Buchst. a. 233 BT-Drs. 16/2710, S. 51. 234 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. L 207 v. 18.8.2003, 1.
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B. Von der Fusionsrichtlinie nicht erfasste Vorgänge
B. Von der Fusionsrichtlinie nicht erfasste Vorgänge Die Fusionsrichtlinie ermöglicht steuerneutrale grenzüberschreitende Umstrukturierungen, indem sie die an sich fällige Schlussbesteuerung auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Realisierung der stillen Reserven hinausschiebt. Dabei beschränkt sich die Richtlinie auf Unternehmensumstrukturierungen, an denen EU-Kapitalgesellschaften aus mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind. Die Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis fordert die Frage heraus, wie die von der Fusionsrichtlinie nicht begünstigten grenzüberschreitenden Einbringungsvorgänge steuerlich zu behandeln sind. Selbst die Kommission räumt ein, dass von Umstrukturierungsvorgängen oftmals kleine und mittlere Personenunternehmen betroffen sind.235 Daher ist zu beantworten, ob die Fusionsrichtlinie selbst gegen primäres Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn sie Personenunternehmen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausnimmt. Dies ist vor allem bei der Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben nach altem Recht von Interesse, weil derartige Umstrukturierungen steuerneutral nur von EU-Kapitalgesellschaften vollzogen werden können (§ 23 Abs. 1 bis 3 UmwStG a. F.). Dies ist aber auch für das neue Recht von Bedeutung, sollte sich der Anwendungsbereich steuerneutraler Umstrukturierungen auch auf Drittlandsfälle erstrecken.
I. Grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen innerhalb der EU/des EWR Objektive Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften sind nicht erkennbar, so dass es nahe liegen könnte, die Fusionsrichtlinie selbst in einem Verfahren nach Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV für ungültig erklären zu lassen. Der EuGH hat jedoch hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit einer Verordnung entschieden, dass ein Vorabentscheidungsverfahren nicht durchzuführen ist, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Verordnung nicht aus einem Teil ihres Wortlauts ergibt, sondern daraus, dass die Verordnung einen bestimmten Fall gerade nicht regelt.236 Das streitige Sekundärrecht insgesamt für ungültig zu erklären, würde ein unangemessenes Mittel zur Beseitigung der Rechtswidrigkeit dar________________________ 235 Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über Leitlinien zur Unternehmensbesteuerung v. 18.5.1990, Ratsdokument 6128/90, abgedruckt in BRDrs. 360/90, S. 4 Rn. 11. 236 EuGH v. 19.10.1977, Slg. 1977, 1753 Rn. 13 (Ruckdeschel).
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
stellen. Darüber hinaus hätten Personenunternehmen und Nicht-EU-Kapitalgesellschaften durch eine derartige Entscheidung des Gerichtshofs auch nichts gewonnen. Vielmehr ist es Sache der rechtsetzenden Organe, die erforderlichen Maßnahmen für die Beseitigung der Ungleichbehandlung zu veranlassen. 1. Verstoß gegen primäres Europarecht Diese Erkenntnis bedeutet gleichwohl nicht, dass den betreffenden Unternehmen keine andere Möglichkeit verbleibt, als eine neue Richtlinienbestimmung abzuwarten. Fehlt eine spezifische Regelung im sekundären Gemeinschaftsrecht, gelten unverändert die primären Regelungen des AEUVertrags. Auf die im AEU-Vertrag verbrieften Grundfreiheiten und Diskriminierungsverbote kann sich unmittelbar berufen werden.237 Auch das sekundäre Recht muss sich am primären Gemeinschaftsrecht messen lassen.238 2. Abgrenzung Niederlassungs- zur Kapitalverkehrsfreiheit Nach alter Rechtslage ist es Personenunternehmen im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften nicht möglich, eine Beteiligung an einer (beschränkt steuerpflichtigen) EU-Kapitalgesellschaft steuerneutral im Wege der Einbringung einer Unternehmensbeteiligung zu erwerben (vgl. § 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F.). Das Gleiche gilt für Nicht-EU-Kapitalgesellschaften unabhängig davon, ob das alte oder neue Recht zur Anwendung kommt. Hierin könnte ein Verstoß gegen die sekundäre Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und/ oder gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) zu sehen sein. Von der Niederlassungsfreiheit wird bekanntlich nicht nur das Recht natürlicher oder juristischer Personen geschützt, sich im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaates niederzulassen, um eine selbständige Tätigkeit auszuüben (primäre Niederlassungsfreiheit), sondern auch die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften (sekundäre Niederlassungsfreiheit), worunter auch der Erwerb einer Beteiligung an einer Gesellschaft fällt, die in einem anderen Mitgliedstaat ihren Sitz hat. Da der Wortlaut von der Gründung und Leitung eines Unternehmens spricht, findet die Niederlassungsfreiheit jedoch nur auf Beteiligungen an Gesellschaften Anwendung, welche dem Steuerpflichtigen einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verleihen und es ihm ermöglichen, deren ________________________ 237 EuGH v. 15.7.1964, Slg. 1964, 1251 (Costa/ENEL). 238 Vgl. 3. Kap. II. 2. b) bb) (1) (a).
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B. Von der Fusionsrichtlinie nicht erfasste Vorgänge
Tätigkeit zu bestimmen.239 Mithin muss die Beteiligung zum Kontrollerwerb über das Unternehmen führen.240 Der EuGH will eine solche Kontrollbeteiligung zwar nicht von einer konkreten Beteiligungshöhe abhängig machen, gleichwohl erkannte er eine Beteiligung von 25 % als ausreichend an,241 wohingegen eine 10 %-ige Beteiligung regelmäßig keine ausreichenden Einflussmöglichkeiten bieten soll242. Neben dem Gebot der Inländergleichbehandlung sendet die Niederlassungsfreiheit das Verbot an den Heimatstaat (des Gesellschafters), die Niederlassung in anderen Mitgliedstaaten nicht ungerechtfertigt zu beschränken.243 Der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) umfasst nicht nur den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten sondern grundsätzlich auch den zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten. Eine Definition des geschützten Kapitalverkehrs hält der AEU-Vertrag zwar nicht bereit. Die ständige Rechtsprechung des EuGH244 greift jedoch bekanntlich auf die Aufzählung der Kapitalvorgänge im Anhang der Kapitalverkehrsrichtlinie zurück. Danach sollen insbesondere Direktinvestitionen geschützt werden,245 zu denen auch Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften zählen.246 Während der Frage nach der im konkreten Fall einschlägigen Grundfreiheit oftmals keinerlei Bedeutung zukommt, zeigt sich gerade bei der Abgrenzung der Niederlassungs- von der Kapitalverkehrsfreiheit im Drittlandsfall deren Relevanz,247 da sich der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit im Gegensatz zu den übrigen Grundfreiheiten grundsätzlich auch auf in Drittstaaten ansässige Personen erstreckt. Die Ausdehnung der Kapitalverkehrsfreiheit auf Drittstaaten wird jedoch durch Art. 64 AEUV stark relativiert. Art. 64 Abs. 1 AEUV erlaubt die Beibehaltung der am 31.12.1993 bestehenden mitgliedstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs mit Drittstaaten, die im Zusammenhang mit Direktinvestitionen getätigt worden sind. ________________________ 239 240 241 242 243 244 245 246 247
EuGH v. 12.9.2006, Slg. 2006, I-7995 Rn. 31 (Cadburry Schweppes). Haslehner, IStR 2008, 565, 567. EuGH v. 18.9.2003, Slg. 2003, I-9409 Rn. 25 (Bosal). EuGH v. 12.2.2007, Slg. 2006, I-11753 Rn. 58 (Test Claimants in the FII Group Litigation). EuGH v. 27.9.1988, Slg. 1988, 5483 (Daily Mail). EuGH v. 16.3.1999, Slg. 1999, I-1661 Rn. 21 (Trummer); EuGH v. 12.12.2007, Slg. 2006, I-11753 Rn. 178 ff. (Test Claimants in the FII Group Litigation) m. w. N. Vgl. Anh. I der Richtlinie 361/88/EWG des Rates v. 24.6.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages, ABl. L 178 v. 8.7.1988, 5. Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, Art. 56 Rn. 155 ff.; Sedemund, Rn. 208. Haslehner, IStR 2008, 565, 569.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Die Fusionsrichtlinie, die bis zum 1.1.1992 in nationales Recht umzusetzen war (§ 12 Abs. 1 FRL), schließt bei einer Einbringung von Unternehmensteilen die Beteiligungen von Nicht-EU-Kapitalgesellschaften aus. Gleiches gilt beim Anteilstausch für die erwerbende (übernehmende) und erworbene Gesellschaft (vgl. Art. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 3 FRL). Folglich konnten schon vor dem 31.12.1993 Beteiligungen an einer im EU-Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft im Wege der Einbringung oder des Anteilstausches nicht steuerneutral erworben werden, so dass sich Drittländer auf die Kapitalverkehrsfreiheit nicht berufen können und somit eine Stellungnahme zur streitigen Frage248 der Gesetzeskonkurrenz zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit unterbleiben kann. 3. Eingriff Personenunternehmen im Gegensatz zu EU-Kapitalgesellschaften nicht die Möglichkeit zu eröffnen, Beteiligungen an EU-Kapitalgesellschaften steuerneutral zu erwerben, schränkt deren Niederlassungs- bzw. Kapitalverkehrs________________________ 248 Während die h. L. (Sedemund, Rn. 386 ff. m. w. N.) bis vor kurzen aufgrund der Entscheidungen des EuGH in den Rs. „Lankhorst-Hohorst“ (EuGH v. 12.12.2002, Slg. 2002, I-11779), „Gerritse“ (EuGH v. 12.6.2003, Slg. 2003, I-5933 Rn. 23) „X AB und Y AB“ (EuGH v. 18.11.1999, Slg. 1999, I-8261 Rn. 30) sowie „Barbier“ (EuGH v. 11.12.2003, Slg. 2003, I-15013 Rn. 75) annehmen konnte, dass der EuGH von einer generellen parallelen Anwendbarkeit beider Grundfreiheiten ausgeht, lässt sich in den jüngeren Entscheidungen des EuGH eine Tendenz zur Exklusivität erkennen. Ein Vorrang einer bestimmten Grundfreiheit gegenüber einer anderen liege vor, wenn unter den Umständen des Einzelfalls diese andere Grundfreiheit von vornherein als zweitrangig angesehen werden könne (EuGH v. 3.10.2006, Slg. 2006, I-9521 Rn. 34 (Fidium Finanz AG)). Ist dies nicht der Fall, komme es zu einer parallenen Anwendung der einschlägigen Grundfreiheiten. Seit der Entscheidung in der Rs. „Cadburry Schweppes“ (EuGH v. 12.9.2006, Slg. 2006, I-7995 Rn. 31 f.) wird angenommen, dass das Kriterium anhand derer eine Grundfreiheit von vornherein als zweitrangig betrachtete werden kann, mit Hilfe des Gegenstands der geprüften Norm zu bestimmen ist. Die Niederlassungsfreiheit kommt daher gegenüber der Kapitalverkehrfreiheit als speziellere Norm zur Anwendung, wenn die nationale Vorschrift auf beherrschende Beteiligungsverhältnisse abstellt. In der Rs. „Stahlwerk Ergste Westig“ (EuGH v. 6.11.2007, Slg. 2007, I-151 Rn. 12 ff.) wird ein Hinweis auf die gefestigte Rechtsprechung seit der Rs. „Cadburry Schweppes“ und „Fidium Finanz AG“ gegeben. In der Rs. „Thin Cap Group Litigation“ (EuGH v. 13.3.2007, Slg. 2007, I-2107 Rn. 33, 101) prüft der EuGH ausschließlich die Niederlassungsfreiheit bei Beziehungen innerhalb einer Unternehmensgruppe. In der Rs. „Burda“ (EuGH v. 26.6.2008, Slg. 2008, I-4571) scheint der Vorrang der Niederlassungsfreiheit gegenüber der Kapitalverkehrsfreiheit sogar noch ausgeweitet worden zu sein. Eine umfassende Entwicklung der Rspr. des EuGH zeigen Haslehner, IStR 2008, 565 ff.; Köhler/Tippelhofer, IStR 2007, 645 ff. und Sedemund, Rn. 385 ff. auf.
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B. Von der Fusionsrichtlinie nicht erfasste Vorgänge
freiheit hingegen ein. Der aus den Verfassungen der Mitgliedstaaten übernommene allgemeine Gleichheitssatz fordert auch auf europäischer Ebene, vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich zu behandeln. 4. Rechtfertigung Nur beim Vorliegen von objektiven Gründen kann eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sein. Ein Grund, Personenunternehmen aus dem Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie auszuschließen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hebt die Kommission gerade hervor, dass von Umstrukturierungen oftmals kleine und mittlere Unternehmen betroffen sind, die regelmäßig in Form eines Personenunternehmens betrieben werden. Das Ziel der Fusionsrichtlinie, grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen von steuerlichen Belastungen zu befreien, kann nur erreicht werden, wenn die Rechtsform der Unternehmen keine Rolle spielt. Auch der AEU-Vertrag unterscheidet in Art. 54 nicht zwischen verschiedenen Rechtsformen. Den Wirtschaftsteilnehmern muss die Möglichkeit verbleiben, die geeignete Rechtsform für die Ausübung ihrer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat frei zu bestimmen. 5. Ergebnis Mithin verstößt die Fusionsrichtlinie selbst gegen primäres Gemeinschaftsrecht, wenn sie Personenunternehmen bei Einbringungen von Unternehmensteilen aus dem Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie ausnimmt. Hiervon betroffen sind jedoch nur die Vorschriften des alten Umwandlungssteuerrechts.
II. Drittlandsfälle Die einschlägige Ausnahmebestimmung des Art. 64 AEUV schließt Drittländer aus dem Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit aus.249 Mithin liegt kein Verstoß gegen primäres Gemeinschaftsrecht vor, Nicht-EUKapitalgesellschaften vom Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie auszunehmen.
________________________ 249 Vgl. 3. Kap. B. I. 2.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
C. Auswirkungen auf Inlandsfälle Der Einfluss des Europarechts auf das nationale Recht hat zur Folge, dass grenzüberschreitende Unternehmsumstrukturierungen gegenüber rein inländischen besser gestellt werden. Beispielsweise sind bei einem grenzüberschreitenden Anteilstausch keine neuen Anteile an der übernehmenden (erwerbenden) Gesellschaft zu gewähren, und die Veräußerung der erworbenen bzw. eingebrachten Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung darf nicht ausnahmslos als missbräuchliche Gestaltung gewertet werden. Auch können Umstrukturierungen steuerneutral vollzogen werden, wenn die Buchwerte nicht auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft fortgeführt werden. Bei reinen Inlandsfällen wird jedoch genau dieses erwartet. Die EU-Ausländer können sich somit auf die begünstigenden Regelungen der Fusionsrichtlinie und der Grundfreiheiten des AEU-Vertrags berufen, ohne dass ihnen aufgrund des Anwendungsvorrangs die nationalen Bestimmungen entgegengehalten werden könnten. Aus Sicht des Inländers liegt darin eine sog. Inländerdiskriminierung oder umgekehrte Diskriminierung. Die Antwort des EuGH auf das Problem der Inländerdiskriminierung fällt knapp, aber unmissverständlich aus. Seiner Ansicht nach ist die Inländerdiskriminierung kein Problem des Gemeinschaftsrechts, da es zu den Charakteristika eines Staatenverbundes zählt, dass seine Vorgaben die Mitgliedstaaten nicht in allen Bereichen erfassen, sondern nur im Anwendungsbereich des AEU-Vertrags.250 Die Fusionsrichtlinie und die Grundfreiheiten setzen hingegen jeweils einen grenzüberschreitenden Sachverhalt voraus. Gegen diese Ansicht wird von Teilen des Schriftums251 und sogar aus den Reihen der Generalanwälte252 eingewandt, dass die diskriminierende Wirkung der Inländer gerade Folge des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts sei. Generalanwalt Tesauro253 führt aus, dass die Lösung des Problems, so wie sie nach dem Vertrag und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes geboten sei, in der Tat etwas paradox erscheine. Auch dem streng methodisch vorgehenden Juristen entgehe nämlich nicht die Widersinnigkeit eines einheitlichen Marktes, auf dem die Handelshemmnisse zwi________________________ 250 EuGH v. 10.3.1994, Slg. 1994, I-2715 (Stehen II). 251 Fastenrath, JZ 1987, 170, 172; Gosch, DStR 2007, 1553, 1557; Hammerl, S. 151 ff.; Lackhoff/Raczinski, EWS 1997, 109, 112. 252 GA Maduro, Schlussantrag v. 6.5.2004, Slg. 2004, I-8027 Rn. 44 ff. (Carbonati Apuani); GA Tesauro, Schlussantrag v. 28.6.1994, Slg. 1994, I-3957 Rn. 28 (Lancry). 253 GA Tesauro, Schlussantrag v. 28.6.1994, Slg. 1994, I-3957 Rn. 28 (Lancry).
252
C. Auswirkungen auf Inlandsfälle
schen Portugal und Dänemark verboten seien, während die Handelshemmnisse zwischen Neapel und Capri außer Acht blieben. Auch wenn dem Generalanwalt in der Sache uneingeschränkt beizupflichten ist, ist die Beachtung der Zuständigkeitsgrenzen nach dem Wortlaut der Fusionsrichtlinie und des AEU-Vertrags dennoch konsequent. Rein inländische Vorgänge sollen dem Regelungsbereich des nationalen Gesetzgebers überlassen bleiben. Kann sich der nationale Steuergesetzgeber nicht zu einer überschießenden Umsetzung der Richtlinie entschließen, stellt sich die Frage, ob eine überschießende Umsetzung nach dem Verfassungsrecht geboten wäre. Während der Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 GG unstreitig eröffnet ist, wenn der nationale Gesetzgeber In- und EU-Ausländer unterschiedlich behandelt,254 ohne dass ihm das Gemeinschaftsrecht für die Behandlung der EUAusländer Vorgaben macht, ist dieses in den Fällen einer Inländerdiskriminierung umstritten. Die höchsten deutschen Gerichte255 lehnen die Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes nahezu geschlossen ab. Begründet werden sollte dies jedoch nicht mit der Rechtsprechung des BVerfG256 zur Anwendung des Gleichheitssatzes im föderalen Bundesstaat werden, nach der verschiedene Hoheitsträger für die Ungleichbehandlung verantwortlich sind und dementsprechend gar keine wesensgemäße Gleichheit vorliegen kann.257 Diese Argumentation greift zu kurz, wenn man bedenkt, dass sich Deutschland durch den Beitritt zur EG bzw. durch den Abschluss des AEU-Vertrags einschließlich der Transformationsgesetze und der Fusionsrichtlinie dazu bekannt hat, sämtliche Vor- und Nachteile des Gemeinschaftsrecht zu tragen und damit die EG-rechtlichen Bestimmungen Bestandteil der nationalen Ordnung geworden sind.258 Anders als beim Lan________________________
254 Epiney, S. 432 Fn. 61. 255 BGH v. 24.10.1995 – KVR 17/94, NJW 1996, 595, 599; BFH v. 15.7.2005 – I R 21/04, BStBl. II 2005, 716; a. A. BVerwG v. 10.2.1972 – II C 9/72, BVerwGE 39, 307 jedoch ohne nähere Erörterung. Das BVerfG geht in seinen Entscheidungen auf den allgemeinen Gleichheitssatz nicht näher ein und versucht, sein Ergebnis bei den Freiheitsrechten zu finden, vgl. BVerfG v. 5.12.2005 – 1 BvR 1730/02, DVBl 2006, 244; BVerfG v. 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01, NJW 2006, 1261, 1267. 256 BVerfG v. 2.4.1963 – 2 BvL 22/60, BVerfGE 16, 6, 24; BVerfG v. 21.12.1966 – 1 BvR 33/64, BVerfGE 21, 54, 68; BVerfG v. 11.6.1974 – 1 BvR 82/71, BVerfGE 37, 314, 323; BVerfG v. 18.7.1979 – 2 BvR 488/76, BVerfGE 52, 42, 57 f. 257 A. A. BGH v. 24.10.1995 – KVR 17/94, NJW 1996, 595, 599; OLG Hamm v. 8.10.1991 – 4 U 6/91, EuZW 1992, 157, 159; Fastenrath, JZ 1987, 170, 175 f.; Papier, JZ 1990, 253, 260. 258 Bullinger, IStR 2005, 370, 373; Gosch, DStR 2007, 1553, 1557; Gundel, DVBl. 2007, 269, 272; Riese/Noll, NVwZ 2007, 516, 521.
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3. Kapitel: Steuerliche Entstrickung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
desrecht hat die Bundesrepublik die Möglichkeit, das Gemeinschaftsrecht mitzubestimmen.259 Die Rechtsprechung fürchtete wohl eher die Rechtspraxis anderer Mitgliedstaaten, nach der mit der Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes die Vermutung der Unzulässigkeit einhergeht.260 Beispielsweise ist der ÖstVerfGH davon überzeugt, dass Rechtsakte zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht doppelt bedingt sind. Der Gesetzgeber unterliegt einer Bindung sowohl an das Gemeinschaftsrecht als auch an den verfassungsrechtlich gezogenen Rahmen.261 Dies hätte zur Folge, dass der nationale Gesetzgeber stets verpflichtet wäre, die Ungleichbehandlung zu beseitigen. Eine solche Pflicht würde den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum in erheblicher Weise einschränken. Zudem bestünde die Gefahr, dass mit einem derartigen Rechtsverständnis die Pflicht verbunden wäre, dem EuGH die Rechtssache bei bestehenden Auslegungszweifeln vorzulegen, denn ein fiktiver grenzüberschreitender Sachverhalt müsste wie ein inländischer Fall entschieden werden.262 Das BVerfG ist daher der Meinung, dass sich die Problematik der Inländerdiskriminierung flexibler lösen lässt, wenn man sie nicht statisch auf der Ebene des Gleichheitssatzes sucht, sondern auf Ebene der Freiheitsrechte. Die Grundregel sollte lauten, dass die Sachgesichtspunkte, die der EuGH für seine Lösung vorbringt, die nationale Regelung ins Wanken bringen können. Gleichwohl kann das Gewicht der rechtfertigenden Argumente im rein innerstaatlichen Fall aber auch schwächer wiegen, weil der Kontext des grenzüberschreitenden Moments fehlt.263 Beispielsweise ist eine inländische Umstrukturierung grundsätzlich auch möglich, wenn die Buchwerte sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der des Gesellschafters fortgeführt werden. Dies gilt bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen bekanntlich nicht. So kann die Fortführung der Buchwerte nur auf Ebene der Gesellschaft bzw. des Gesellschafters im grenzüberschreitenden Fall damit gerechtfertigt werden, dass es dem Einzelnen nicht zum Nachteil gereicht werden sollte, wenn die heimische Steuerrechtsordnung eine doppelte Buchwertfortführung nicht kennt. Dieser Sachgesichtspunkt entfällt indes bei inländischen Umstrukturierungen. Eine ________________________ 259 Gundel, DVBl. 2007, 269, 272; Kokott, in Grundfreiheiten im Steuerrecht der EUStaaten, S. 1, 16. 260 Gundel, DVBl. 2007, 269, 275; Riese/Noll, NVwZ 2007, 516, 521. 261 ÖstVerfGH v. 9.12.1999, EuZW 2001, 219. 262 EuGH v. 13.1.2000, Slg. 2000, I-151 (TK-Heimdienst Sass GmbH). 263 Gundel, DVBl. 2007, 269, 275.
254
C. Auswirkungen auf Inlandsfälle
Maßnahme, die auf Ebene des Gemeinschaftsrechts als unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundfreiheiten oder als Verstoß gegen die Fusionsrichtlinie gewertet wird, kann aufgrund der unterschiedlichen Eingriffsintensität gerechtfertigt sein.264 Unabhängig davon sollte sich der Gesetzgeber jedoch fragen, ob er an einem Besteuerungskonzept festhalten will, bei dem inländische und grenzüberschreitende Sachverhalte unterschiedlich behandelt werden. Einfacher und konsequenter wäre es, im Zeitpunkt der Einbringung stets einen fiktiven Veräußerungsgewinn zu ermitteln und festzusetzen und diesen dann zinslos und ohne Gestellung einer Sicherheit bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile zu stunden. In Höhe des fiktiven Veräußerungsgewinns erhöhen sich die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile. Alle weiteren Besteuerungsfolgen könnten dem EStG bzw. KStG entnommen werden.
________________________ 264 Gundel, DVBl. 2007, 269, 276.
255
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4. Kapitel: Ergebnis und Ausblick A. Ergebnis Mit dem am 13.12.2006 in Kraft getretenen SEStEG hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, das deutsche Steuerrecht an die aktuellen europäischen Vorgaben auf dem Gebiet des Gesellschafts- und Steuerrechts anzupassen. Endgültig wollte man sich vom Besteuerungskonzept für einbringungsgeborene Anteile trennen, um im Interesse der Erleichterung von Unternehmensumstrukturierungen ein einheitliches und gemeinschaftsrechtskonformes System für die steuerliche Behandlung von Einbringungsfällen zu schaffen. Dabei schwebte über allen Gesetzesänderungen – wie so oft – der Gedanke der Steuervereinfachung. Tatsächlich ordnet das SEStEG in § 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. die Fortgeltung des alten UmwStG für alle Einbringungsvorgänge an, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register bis zum 12.12.2006 beantragt worden sind. Entscheidend kommt es somit auf den Zeitpunkt der Einbringung und nicht auf den der Veräußerung an. Sind einbringungsgeborene Anteile entstanden, richtet sich deren Entstrickung weiterhin nach den Besteuerungsregeln des alten UmwStG. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anteile in einem, zehn oder gar hundert Jahren veräußert werden. Von einer Abschaffung des Besteuerungssystems für einbringungsgeborene Anteile kann keine Rede sein. Richtig ist allein, dass einbringungsgeborene Anteile nach dem 12.12.2006 nicht mehr originär enstehen können. § 27 Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F. sollte daher auch nicht als Übergangsvorschrift angesehen werden, die beim Erlass neuer Gesetze die Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand regelt, sondern als eine Norm, die die Fortgeltung des alten Rechts auf unbestimmte Zeit festschreibt und damit die ungelösten Rechtsfragen der Besteuerung einbringungsgeborener Anteile bis in alle Ewigkeit perpetuiert. Nach wie vor wird die für den Anteilseigner entscheidende Frage, ob der Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile vom Halbbzw. Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. b EStG) erfasst oder sogar zu 95 % von der Steuer freigestellt ist (§ 8b Abs. 2 KStG), nicht mit Hilfe des Repräsentationsgedankens beantwortet. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt es entscheidend darauf an, ob in der Einbringung und anschließenden Veräußerung eine missbräuchliche Gestaltung zu sehen ist, um 257
4. Kapitel: Ergebnis und Ausblick
in den Genuss einer zumindest anteiligen Steuerfreistellung zu kommen. Um dieses herauszufinden, hält der Gesetzgeber weiterhin an einem System fest, dass mit Ausnahmen, Rückausnahmen und Rückrückausnahmen arbeiten muss (vgl. §§ 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005, 8b Abs. 4 KStG 2005) und in Teilen sogar gegen das objektive Nettoprinzip verstößt (vgl. §§ 3c Abs. 2 S. 2–4 EStG 2005, 8b Abs. 8b Abs. 3 S. 3 KStG). Das Verständnis wird durch die versteckte Weitergeltung der Normen in den Übergangsvorschriften der §§ 52 Abs. 4d S. 2 EStG, 34 Abs. 7a KStG noch erschwert. Sieben Jahre nach Inkrafttreten des SEStEG ist es zumindest nicht mehr möglich, Einbringungen und anschließende Veräußerungen als missbräuchlich zu qualifizieren. Bis dahin wird zu ermitteln sein, ob es sich bei den veräußerten Anteilen um betriebs- oder anteilseinbringungsgeborene Anteile gehandelt hat, wer die Anteile veräußert hat und ein wie großer Zeitraum zwischen Einbringung und Veräußerung bestanden hat. Auch nach Inkrafttreten des SEStEG müssen die in den einbringungsgeborenen Anteilen ruhenden stillen Reserven nicht nur bei einer Anteilsveräußerung aufgedeckt werden, sondern auch wenn einer der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge verwirklicht wird (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–4 UmwStG a. F.). Anstelle des Veräußerungspreises tritt der gemeine Wert der Anteile. Unverändert besteht die Schwierigkeit, den gemeinen Wert der Anteile abhängig vom fiktiven Veräußerungszeitpunkt zu bestimmen. Wenn die Wertermittlung nach dem 31.12.2008 zu erfolgen hat, finden die Maßstäbe des ErbStRG Anwendung. Lässt sich der Wert nicht aus dem Kurswert oder zeitnahen Verkäufen ableiten, ist der Anteilseigner grundsätzlich verpflichtet, den Wert seiner Beteiligung mit Hilfe eines wirtschaftswissenschaftlichen Gutachtens bestimmen zu lassen (§ 11 Abs. 2 BewG). Der gemeine Wert kann nach dem sog. vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 11 Abs. 2 S. 4, 199 ff. BewG) ermittelt werden, wenn der so gefundene Wert nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Wann ein solches offensichtlich unzutreffendes Ergebnis vorliegt, wird vom Gesetzgeber nicht verraten. Dem Anteilseigner droht damit über Jahre hinweg die Gefahr einer Nachversteuerung. Ebenso bleibt es gesetzlich ungeklärt, ob bei der fiktiven Gewinnermittlung die Vorschriften des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens Anwendung finden. Vorzugswürdig wäre eine analoge Anwendung der betreffenden Normen des EStG. Seit der Entscheidung des BFH zur Aufgabe der Theorie der finalen Betriebsaufgabe besteht zwischen der Rechtsprechung und Finanzverwaltung Streit, ob es bei Anwendung der Freistellungsmethode im Falle einer Betriebsverlegung in das Ausland zu einem Ausschluss des Besteuerungsrechts an den im Inland erwirtschafteten stillen Reserven kommt. Nach Ansicht der 258
A. Ergebnis
neueren Rechtsprechung ist dies nicht der Fall, weil für den deutschen Fiskus ein nachträglicher Besteuerungszugriff auf die in der inländischen Betriebsstätte erwirtschafteten stillen Reserven weiterhin möglich ist. Da für den deutschen Fiskus diese Möglichkeit aber faktisch nicht besteht, wird der Gesetzgeber wohl zukünftig eine gesetzliche Beschränkung oder einen Ausschluss des Besteuerungsrechts gesetzlich fingieren. Bei einem Wegzug natürlicher Personen in das Gemeinschaftsgebiet, den EWR oder die Schweiz kommt, unabhängig von der Frage, ob das Besteuerungsrecht ausgeschlossen oder beschränkt wird, anstelle der in § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F. niedergelegten Stundungsregelung § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG n. F. zur Anwendung. Danach ist die Steuer im Einklang mit den europäischen Vorgaben entsprechend § 6 Abs. 5 AStG zinslos und ohne Sicherheitsleistung zu stunden, sofern die auf den fiktiven Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Bei einem Wegzug in ein Drittland oder den Wegzug von Gesellschaften bleibt es hingegen bei der alten Rechtslage (§ 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG a. F.). Außerdem hätte ein endgültiger Abschied vom Besteuerungssystem der einbringungsgeborenen Anteile erfordert, dass einbringungsgeborene Anteile über den 12.12.2006 hinaus nicht mehr neu entstehen können. Doch genau dieses ist auch nach Inkrafttreten des SEStEG möglich. Weiterhin können einbringungsgeborene Anteile bei Kapitalerhöhungen oder Gesellschaftsgründungen derivativ entstehen, wenn stille Reserven von einbringungsgeborenen Anteilen unentgeltlich und willentlich auf andere Anteile übergehen. Der Status der Einbringungsgeborenheit leitet sich nach der vom BFH begründeten Theorie der Wertabspaltung aus originär erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen ab. Im Ergebnis macht es jedoch keinen Unterschied, ob es sich bei den Anteilen um originär oder derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile handelt. Nach wie vor sieht sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Recht mit dem Vorwurf konfrontiert, dass die Theorie der Wertabspaltung nur eine ergebnisorientierte Kompromisslösung ist, die auf keiner hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht. Zwar werden durch das SEStEG die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung in § 22 Abs. 7 UmwStG n. F. gesetzlich normiert. Jedoch sind von dieser Regelung nur Anteile betroffen, auf die stille Reserven von Anteilen übertragen werden, die unter dem Besteuerungsregime des UmwStG n. F. entstanden sind. Ob die im alten Recht bestehende Gesetzeslücke mit Hilfe einer Analogie geschlossen werden darf, ist mit der in der Steuerrechtswissenschaft ungelösten Frage verbunden,
259
4. Kapitel: Ergebnis und Ausblick
ob Analogien zu Lasten des Steuerpflichtigen überhaupt zulässig sind. Der Gesetzgeber beantwortet ferner nicht, ob die Anschaffungskosten nach der Wertabspaltung neu zu verteilen sind. Hiervon sollte jedoch aufgrund der Konstruktion der Wertabspaltung ausgegangen werden. Erst durch das SEStEG wurde eine weitere Möglichkeit geschaffen, derivativ erworbene einbringungsgeborene Anteile über den 12.12.2006 hinaus entstehen zu lassen. Hiervon sind Einbringungen in Kapitalgesellschaften betroffen, bei denen sich in dem eingebrachten Vermögen auch einbringungsgeborene Anteile befinden. Nach den §§ 20 Abs. 3 S. 4, 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG n. F. gelten die im Gegenzug für das eingebrachte Vermögen erhaltenen Anteile insoweit auch als einbringungsgeboren i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. Der Status der Einbringungsgeborenheit setzt sich an den als Gegenleistung für die Einbringung erhaltenen Anteilen fort. Entgegen dem Gesetzeswortlaut sollten hiervon jedoch nur Anteile betroffen sein, die auf eine Einbringung zu Buch- oder Zwischenwerten zurückzuführen sind. Bei Einbringungen zum gemeinen Wert ist der Tatbestand insoweit teleologisch zu reduzieren. Da die erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile nur als einbringungsgeboren gelten, soweit das eingebrachte Vermögen einbringungsgeborene Anteile umfasst hat, wird in aller Regel eine anteilige Verhaftungsquote zu errechnen sein. Der Nennwert der erhaltenen Anteile gilt insoweit als einbringungsgeboren, als er dem Verhältnis des gemeinen Werts der zur Sacheinlage gehörenden einbringungsgeborenen Anteile zum gemeinen Wert der gesamten Sacheinlage entspricht. Eine vollumfängliche Verhaftung nur einzelner Anteile ist entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Wertabspaltung stiller Reserven bei Kapitalerhöhungen nicht möglich. Während der Einbringungsvorgang weiterhin steuerneutral vollzogen werden kann, müssen die stillen Reserven aufgedeckt werden, wenn die erhaltenen und/oder die eingebrachten Anteile veräußert werden. Dabei ist nicht nur zwischen den nach neuem und altem Recht verhafteten Teilanteilen zu unterscheiden, sondern auch zwischen den Fällen einer Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. und eines Anteilstauschs i. S. d. § 21 UmwStG n. F. Weiterhin sind diejenigen (nicht einbringungsgeborene) Anteile zu separieren, die sich im Vermögen eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils befinden. Die auf diese Anteile entfallenden stillen Rerserven sind nach den Regeln eines Anteilstauschs zu entstricken. Bei dem erhaltenen Teilanteil, der auf eine Sacheinlage unter dem gemeinen Wert i. S. d. § 20 UmwStG n. F zurückzuführen ist und bei dem es sich nicht um einbringungsgeborene Anteile handelt, ist wie folgt zu verfahren. Wer-
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A. Ergebnis
den die erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert, wird dem Einbringenden rückwirkend verwehrt, die Einbringung zu Buch- oder Zwischenwerten zu vollziehen. Im Wirtschaftsjahr der Einbringung entsteht ein sog. Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG n. F.), der sich für jedes abgelaufene Zeitjahr nach der Einbringung um ein Siebtel mindert und vollumfänglich zu versteuern ist. Die Wertsteigerungen, die sich erst nach der Einbringung in den Anteilen gebildet haben, unterliegen dagegen ausschließlich den allgemeinen Besteuerungsregeln. Der Gewinn natürlicher Personen ist gemäß §§ 17 Abs. 6, 3 Nr. 40 Buchst. c EStG stets durch das Halb- bzw. Teileinkünftverfahren begünstigt. Veräußern Körperschaften ihre Beteiligung, greift die 95 %-ige Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2, 3 KStG ein. Werden die Anteile dagegen erst sieben Jahre nach der Einbringung veräußert, unterliegen die Wertsteigerungen vollumfänglich den allgemeinen Besteuerungsregeln. Bei einem qualifizierten Anteilstausch unter dem gemeinen Wert wird im Gegensatz zum alten Recht nicht die Veräußerung der erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung sanktioniert, sondern die Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Gesellschaft. Eine Besteuerung hat auch nur zu erfolgen, wenn der Einbringende einen Vorteil aus dem mit der Einbringung verbundenen Statuswechsel tatsächlich ziehen kann (§ 22 Abs. 2 S. 1, 5 UmwStG n. F.). Sollte dies der Fall sein, ist es vor allem einbringenden natürlichen Personen nicht mehr möglich, den Anteilstausch im Zeitpunkt der Einbringung steuerneutral zu vollziehen. Der Einbringende muss im Wirtschaftsjahr der Einbringung einen sog. Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 2 UmwStG n. F.) versteuern, der sich für jedes abgelaufene Zeitjahr nach der Einbringung um ein Siebtel mindert. Der Einbringungsgewinn II gilt beim Einbringenden als Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen, der nach den für den Einbringenden geltenden steuerlichen Vorschriften zu erfassen ist. Bei einbringenden natürlichen Personen wird dieser in der Regel durch das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren begünstigt sein. Bei im Privatvermögen gehaltenen Anteilen kann der Gewinn der Abgeltungsteuer unterliegen. Werden anstelle der eingebrachten die erhaltenen Anteile veräußert, ist im Gegensatz zum alten Recht der Gewinn nach den allgemeinen Regeln zu besteuern. Nach Inkrafttreten des SEStEG ist daher zwischen folgenden Anteilen zu differenzieren: den Anteilen, die der Einbringende für das eingebrachte Betriebsvermögen erhalten hat (Einbringungsgewinn I, § 22 Abs. 1 UmwStG n. F.), den Anteilen, die als Teil einer Sacheinlage oder eines Anteilstausches eingebracht worden sind (Einbringungsgewinn II, § 22 Abs. 1 UmwStG n. F.), den eingebrachten einbringungsgeborenen Anteilen (§ 21 UmwStG 261
4. Kapitel: Ergebnis und Ausblick
a. F., § 3 Nr. 40 S. 3, 4 EStG 2005 bzw. § 8b Abs. 4 KStG 2005 i. V. m. § 27 Abs. 2 UmwStG n. F., § 52 Abs. 4d S. 2 EStG, 34 Abs. 7a KStG) und den erhaltenen derivativ erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen (§§ 20 Abs. 3 S. 4, 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG n. F.). Dabei sind die Anteile nicht nur steuerlich zu entstricken wenn die Anteile veräußert werden, sondern auch bei einer der Veräußerung gleichgestellten Vorgänge. Dass eine derartige Vorgehensweise vor allem die Finanzverwaltung vor kaum überwindbare Schwierigkeiten stellen wird, dürfte auf der Hand liegen. Umso bedenklicher erscheint es, dass die Wertermittlung der betreffenden Anteile auf den Zeitpunkt der Einbringung erst bis zu sieben Jahre nach der Einbringung erfolgt und der Gesetzgeber bis heute kein den Vorgaben des § 10 der VO zu § 180 Abs. 2 AO entsprechendes Feststellungsverfahren eingeführt hat. Die Gesetzesbegündung des SEStEG1 geht hingegen davon aus, die Neukonzeption der steuerlichen Regelungen für die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Anteilen werde wesentlich zur Steuervereinfachung beitragen. Schlussendlich wird auch das Ziel einer gemeinschaftsrechtskonformen Umsetzung nicht vollumfänglich erreicht. Zwar werden einige Verstöße abgestellt, wie die Forderung einer doppelten Buchwertfortführung bei einem grenzüberschreitenden Anteilstausch (§ 22 Abs. 2 S. 3 UmwStG n. F.) oder die Stundung in fünf jährliche Teilbeträge nur gegen Sicherheitsleistung bei Wegzug in einen anderen EU-Mitgliedstaat oder in den EWR (§ 27 Abs. 3 Nr. 3 S. 2 UmwStG n. F.). Jedoch wird unverändert sowohl im alten als auch im neuen Recht an gemeinschaftsrechtswidrigen Regelungen festgehalten. Beispielsweise wird bei einem grenzüberschreitenden Anteilstausch bzw. einer Einbringung von Unternehmensteilen weiterhin angenommen, dass es erforderlich ist, sich neue Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewähren zu lassen (§§ 20 Abs. 1 S. 1, 23 UmwStG a. F., §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG n. F.), mittelbare Beteiligungen an der erworbenen Gesellschaft nicht zur Mehrheit der Stimmrechte beitragen können (§§ 20 Abs. 1 S. 2, 23 Abs. 4 UmwStG a. F., § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG n. F.) und eine Veräußerung innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung stets als missbräuchlich anzusehen ist (§ 26 Abs. 2 S. 1–2 UmwStG a. F., § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 UmwStG n. F.). Darüber hinaus kommt es zur Diskriminierung von hybriden Gesellschaften. Auch die Umsetzung der SE-VO gelingt nicht fristgemäß.
________________________ 1 BT-Drs. 16/2710, S. 1.
262
B. Ausblick
B. Ausblick Das alte Recht gilt somit auf unbestimmte Zeit fort. Die Klassifizierung der Anteile als einbringungsgeboren kann hingegen schon viele Jahrzehnte zurückliegen. Es ist daher auch wenig verwunderlich, dass der besondere Status der Anteile oftmals weder von Seiten der Steuerpflichtigen noch von der Finanzverwaltung erkannt wird. Und selbst wenn er bemerkt wird, fehlen nicht selten die Kenntnisse über dessen Bedeutung. Da die fehlende Kenntnis vor einer Besteuerung nicht schützt und sich das Steuer- und Haftungsrisiko durch die versteckte Weitergeltung des alten Rechts sogar noch erhöht hat, könnte bei der Anwendung des fortgeltenden alten Rechts strukturelle Vollzugsdefizite auftreten. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordert, alle Steuerpflichtigen rechtlich und tatsächlich gleich zu behandeln. Das BVerfG konkretisierte diesen Grundsatz in den Jahren 1991 und 2004 dahingehend, dass sich die Gleichheit auch im tatsächlichen Belastungserfolg niederschlagen muss. In dem sog. „Zinsurteil“2 und in dem auf den Steuerrechtler Tipke zurückgehende Urteil zur Besteuerung von Spekulationseinkünften3 konnten sich die Beschwerdeführer nicht auf eine Regelungsnorm berufen, die selbst eine Ungleichbehandlung vorsah, sondern lediglich den mangelhaften Vollzug der betreffenden Gesetze beanstanden. Die Verfassungsrichter hielten es gleichwohl für geboten, den Gleichheitsverstoß auf Vollzugsebene auf die Ebene des Gesetzes zu transformieren, sofern ein sog. strukturelles Vollzugsdefizit vorlag. Außer Streit dürfte stehen, dass ein tatsächliches Vollzugsdefizit bei der Besteuerung von einbringungsgeborenen Anteilen besteht. Die ständig komplizierter werdende Steuergesetzgebung wird von der Finanzverwaltung nur unzureichend umgesetzt, woraus sich erhebliche Vollzugsdefizite ergeben.4 Geradezu als Musterbeispiel einer komplizierter werdenden Steuergesetzgebung kann die Einbringung einbringungsgeborener Anteile unter dem Besteuerungsregime des neuen UmwStG angeführt werden.
________________________ 2 BVerfG v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 = BStBl. II 1991, 654. 3 BVerfG v. 9.3.2004 – 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94 = BStBl. II 2005, 56. 4 BWV Gutachten „Probleme beim Vollzug der Steuergesetze“ v. 3.8.2006, abrufbar unter: http://bundesrechnungshof.de/bundesbeauftragter-bwv/bwv-baende/steuervollzugzusammenfassung.pdf.
263
4. Kapitel: Ergebnis und Ausblick
Gleichwohl wird das empirisch bestehende Vollzugsdefizit nicht zu einem strukturellen, denn das BVerfG5 hat sich jüngst dahingehend geäußert, dass ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht bereits aus der empirischen Ineffizienz abgeleitet werden kann. Vielmehr muss eine gegenläufige Erhebungsregel hinzutreten, die im Widerspruch zur Normstruktur steht. Eine solche gegenläufige Erhebungsregel lässt sich in dem Recht der Besteuerung einbringungsgeborener Anteile nicht finden. Auch wenn dem Einbringenden in § 22 Abs. 3 UmwStG n. F. die Pflicht auferlegt wird, darzulegen und zu beweisen, wem die sperrfristbehafteten Anteile zuzurechnen sind, liegt hierin bloß das Eingeständnis des Gesetzgebers, dass ein Vollzugsdefizit bei den einbringungsgeborenen Anteilen bestanden hat und tatsächlich noch besteht. Eine gegenläufige Erhebungsregel besteht indes nicht. Der Rechtsanwender sollte daher vor jeder Anteilsveräußerung und gleichgestellten Vorgängen, bei Kapitalerhöhungen sowie bei allen weiteren Umstrukturierungsmaßnahmen die Entstehungsgeschichte der Anteile zurückverfolgen. Die Finanzverwaltung darf nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO Steuerbescheide selbst dann ändern, wenn sich der Status der Einbringungsgeborenheit aus älteren, bereits archivierten Akten ergibt und bei der erstmaligen Bearbeitung der Steuererklärung kein Anhaltspunkt für eine Nachforschung bestanden hat.6
________________________ 5 BVerfG v. 10.1.2008 – 2 BvR 294/06, DStR 2008, 197; BVerfG v. 25.2.2008 – 2 BvL 14/05, BFH/NV 2008, Beil. 3, 247; dazu eingehend Birk, DStR 2009, 877, 878 f.; Kühn, FR 2008, 506 ff. 6 BFH v. 11.2.1998 – I R 82/97, BStBl. II 1998, 552.
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Stichwortverzeichnis Anteilstausch 162 ff., 197 ff., 211 f. – Definition des UmwStG n. F. 211 f. – i. S. d. FRL 197 ff. – i. S. d. § 21 UmwStG n. F. 162 ff. – Legaldefinition der FRL 197 f. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. 29 ff. – Tatbestandsvoraussetzungen 31 – Vermögensübergang im Wege der Einzelrechtsnachfolge 34 – Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge 32 Auflösung und Abwicklung 103 ff., 157 Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts 90 ff. – Aufgabe der Theorie der finalen Betriebsaufgabe 91 ff. – sonstige Fälle 102 f. – Wegzug in die Schweiz 101 – Wegzug in ein Drittland 102 – Wegzug in einen EU-Mitgliedstaat oder in den EWR 96 ff. Beschränkte Steuerpflicht 95 Besteuerung auf Antrag 67 ff. Betriebsaufspaltung 188 ff. Betriebseinbringungsgeborene Anteile 49 ff. Betriebsstätte 228 ff. Betriebs- und anteilseinbringungsgeborene Anteile 59 ff. Bewertungsmaßstab 69 ff. – Gemeiner Wert 69 ff. – Kurswert 70, 79 – Verkaufspreis 70, 80 Bewertungsverfahren 69 ff.
– Discounted-Cash-Flow-Verfahren 81 f. – Ertragswertverfahren 75 f., 81 ff. – IDW S 1 72, 75 f., 81, 83 f. – Leitfaden der OFD Münster 72 ff. – Multiplikatorenmethode 78, 81 – Stuttgarter Verfahren 70 ff. – vereinfachtes Ertragswertverfahren 82 ff. – vergleichswertorientierte Bewertungsverfahren 81 Bezugsrechtsveräußerung 179 Doppelte Buchwertfortführung 6, 200 ff., 225, 239 – im Inland 6 – über die Grenze 200 ff., 225, 239 Einbringender bei einer Sacheinlage i. S. d. § 20 UmwStG n. F. 224 f. Einbringender beim Anteilstausch i. S. d. § 21 UmwStG n. F. 211 ff. Einbringungsgeborene Anteile nach altem Recht 5 ff. – Grundgedanke der nachträglichen Besteuerung 5 ff. – Entstrickung s. u. a. Veräußerung, veräußerungsgleiche Vorgänge – Legaldefinition 9 Einbringungsgeborene Anteile nach neuem Recht 126 ff. – Verhaftungsquote 130 ff. – Verstrickung der eingebrachten Anteile 126 ff. – Verstrickung der erhaltenen Anteile 126 287
Stichwortverzeichnis
Einbringungsgegenstand 5 ff., 195 ff., 222 f., 225 – Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft 7 ff., 217 – Betrieb 5 ff. – Mitunternehmeranteil 7 – Teilbetrieb 7, 225 – Unternehmensteil 195 ff., 222 f. Einbringungsgewinn I 140 ff. Einbringungsgewinn II 167 ff. Einbringungsmotive 16 ff. Einbringung von Unternehmensteilen 222 ff. – Anforderungen der FRL 222 ff. – Legaldefinition der FRL 222 – Umsetzung der FRL UmwStG a. F. 224 ff. – Umsetzung der FRL UmwStG n. F. 231 ff. Einbringung zu Buchwerten 136 f., 166 Einbringung zu Zwischenwerten 137 f., 166 f. Einkunftsart 44 ff. Einlage 182 f. Entnahme 180 ff., 190 Erbschaftsteuer 18 f., 71, 74 ff. EuGH-Rechtsprechung – Avoir Fiscal 238 – Cadbury Schweppes 209 – Cartesio 105 f. – Centros 105 – Hughes de Lasteyrie du Saillant 95 f., 102, 238 f. – Inspire Art 105 – Leur Bloem 141 f., 204, 209 – Marks & Spencer 98 – N 98 – Überseering 105 Europarechtswidriges Europarecht 235 f., 244 f. 288
Fusionsrichtlinie 1 ff., 23, 50, 98, 198 ff. – Anforderungen an einen steuerneutralen Anteilstausch 198 f. – Drittlandsfälle 251 – Rechtsfolgen der fehlerhaften Umsetzung 214 ff., 240 f. – Umfang und Reichweite des Anwendungsvorrangs 218 ff. – Umsetzungsfehler UmwStG a. F. 199 ff., 224 ff. – Umsetzungsfehler UmwStG n. F. 213 f.,232 ff., 244 – Umsetzung UmwStG a. F. 199 ff., 224 ff. – Umsetzung UmwStG n. F. 206 ff., 231 ff. – unmittelbare Wirkung 215 ff. – von der FRL nicht erfasste Vorgänge 247 ff. Gewerbesteuer 18, 43 f., 54 ff., 138, 144 f., 170 – Einbringungsgewinn I 138 – Einbringungsgewinn II 170 – Körperschaften 64 – Mitunternehmerschaften 64 f. – nach den allg. Regeln zu besteuernder Veräußerungsgewinn 144 f. – natürliche Personen 54 f., 57 f., 61 – Veräußerungskosten 43 f. Gewinnermittlung s. Veräußerungsgewinn Grunderwerbsteuer 16, 55, 58, 65, 143, 166, 170 Halb-/Teileinkünfteverfahren 25 ff., 46 ff., 56 ff., 142 – Anschaffungs- und Veräußerungskosten 50
Stichwortverzeichnis
– anteilseinbringungsgeborene Anteile 56 ff. – betriebseinbringungsgeborene Anteile 49 ff. – der Veräußerung gleichgestellte Vorgänge 85 ff. – Grundgedanke 26 – Veräußerungspreis 46 ff. Hybride Gesellschaften 197, 241 ff. Inländerdiskriminierung 252 ff. Kapitalerhöhung 12 f., 21, 34, 38, 110 ff. – Anschaffungskosten 118 f. – effektive Kapitalerhöhung 110 ff. – Gründung einer Kapitalgesellschaft 121 – nominelle Kapitalerhöhung 121 – Schenkungsteuer 122 ff. – Verfahren 119 f. – Verhaftungsquote 117 f. – Wertabspaltungstheorie 110 ff. – Wertsteigerungen der Altanteile 120 – Wertsteigerungen der neuen Anteile 110 Kapitalverkehrsfreiheit 102, 202, 212, 236 ff., 244, 248 ff. Ketteneinbringung 158 ff. Mutter-Tochter-Richtlinie 208, 241 Nachweispflichten 149 ff., 170 ff. Nicht-einbringungsgeborene Kapitalbeteiligung 24 ff. – Besteuerung der laufenden Einnahmen 26 – Besteuerung des Veräußerungsgewinns 24 ff.
Niederlassungsfreiheit 236 ff. – Abgrenzung zur Kapitalverkehrsfreiheit 236 ff., 248 ff. – Beschränkung 237 – Rechtfertigung 238 f. Realteilung 190 ff. Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto 107 Sacheinlage i. S. d. UmwStG a. F. 12 ff. Sacheinlage i. S. d. UmwStG n. F. 231 ff. Sachübernahme 13 f. Schenkung 37, 70, 73, 103, 110 ff., 155 f. – Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts 103 – gemischte Schenkung 37 – Gründung einer Kapitalgesellschaft 121 – Kapitalerhöhung 110 ff. – Unentgeltliche Übertragung nach dem UmwStG n. F. 155 Schenkungsteuer 70, 73, 122 ff. Siebenjährige Sperrfrist 132 ff., 141 f., 173 Societas Cooperative 212, 245 f. Societas Europaea 212, 245 f. Steuerbegünstigungen 45 f., 51 ff., 138, 142, 166, 192 – ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG 53, 142 – Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG 45 f., 51 ff., 57, 138, 142, 169, 192 f. – Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG 45 f., 166, 169 – Halb-/Teileinkünfteverfahren s. Halb-/Teileinkünfteverfahren 289
Stichwortverzeichnis
– Rücklage nach § 6b EStG 53 f., 57, 138, 185 – Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 4 KStG 2005 61 ff., 145, 152 ff., 187, 193 Steuerlicher Übertragungsstichtag 50, 135, 141, 175, 185 Steuerstundung bei 88 ff. – Antragsbesteuerung 88 – Wegzug in die Schweiz 102 – Wegzug in ein Drittland 102 – Wegzug in einen EU-Mitgliedstaat oder in den EWR 96 ff. Strukturelles Vollzugsdefizit 263 f. Teilbetrieb 225 ff., 239 f. Teileinkünfteverfahren 46, 65 Theorie der finalen Betriebsaufgabe 91 ff. Typenvergleich 212 f., 231, 240 f. Übergangsvorschrift s. Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 2 UmwStG n. F. Umgekehrte Diskriminierung s. Inländerdiskriminierung Umsatzsteuer 56, 58, 65 Umwandlung 183 ff. – des Rechtsträgers, an dem einbringungsgeborene Anteile bestehen 183 ff. – des Rechtsträgers, der Anteilsinhaber ist 186 ff. Veräußerung 36 ff., 40 ff. – Abgrenzung zu teil- bzw. unentgeltlichen Vorgängen 37 – anteilige Veräußerung 37 f. – Begriff 36 f. – einbringungs- und nicht einbringungsgeborene Anteile 41 290
– gegen wiederkehrende Bezüge 42 – nach dem 31.12.2008 65 – Sammeldepot 38 f. – vor dem 1.1.2009 46 ff. Veräußerungsgleiche Vorgänge UmwStG a. F 67 ff., 173 f. – Auflösung und Abwicklung, Kapitalherabsetzung, Einlagenrückzahlung 103 ff. – Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts 90 ff. – Besteuerung auf Antrag 67 ff. – verdeckte Einlage 107 f. Veräußerungsgleiche Vorgänge UmwStG n. F. 155 ff. – Auflösung und Abwicklung, Kapitalherabsetzung, Einlagenrückzahlung 157 – entgeltliche Übertragungen 156 f. – Ketteneinbringung 158 ff. – Übertragung der für die Einbringung erhaltenen Anteile 160 – unentgeltliche Übertragungen 155 f. – Wegfall der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG n. F. Veräußerungsgewinn 40 ff. – Anschaffungskosten 44, 50 f. – Veräußerungskosten 43, 50 f. – Veräußerungspreis 40 ff. Veräußerungsverluste Verdeckte Einlage 107 f. Verdeckte/verschleierte Sacheinlage 14 Vermögensübergang – im Wege der Einzelrechtsnachfolge 12, 34 – im Wege der Gesamtrechtsnachfolge 11 f., 32
Stichwortverzeichnis
– Kombination von Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge 12 Wertabspaltung 110 ff., 161
Wirtschaftliches Eigentum 150 Zurechnung von Wirtschaftsgütern zu einer Betriebsstätte 228 ff.
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