Die Steuerungswirkung des Flächennutzungsplans und seine Bedeutung nach Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes (EAG Bau) [1 ed.] 9783428529933, 9783428129935

Von Gesetzes wegen ist der Flächennutzungsplan eines der beiden zentralen Instrumente zur Gestaltung und Steuerung der g

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German Pages 256 Year 2009

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Die Steuerungswirkung des Flächennutzungsplans und seine Bedeutung nach Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes (EAG Bau) [1 ed.]
 9783428529933, 9783428129935

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Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 196

Die Steuerungswirkung des Flächennutzungsplans und seine Bedeutung nach Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes (EAG Bau) Von

Antje Demske

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ANTJE DEMSKE

Die Steuerungswirkung des Flächennutzungsplans und seine Bedeutung nach Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes (EAG Bau)

Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 196

Die Steuerungswirkung des Flächennutzungsplans und seine Bedeutung nach Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes (EAG Bau)

Von

Antje Demske

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: werksatz · Büro für Typografie und Buchgestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0561-6271 ISBN 978-3-428-12993-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Großmutter, Elisabeth Liese-Lotte Wilhelmine Friedericke Demske

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2007/2008 von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer als Dissertation angenommen. Zur Drucklegung wurde die Arbeit aktualisiert und spiegelt das Schrifttum und die Rechtsprechung zum Stand Ende Juli 2008 wider. Ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Jan Ziekow, der diese Arbeit wohlwollend begleitet und mir jederzeit mit Rat und Tat ermunternd zur Seite stand. Herrn Prof. Dr. Ulrich Stelkens bin ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens ebenfalls zu großem Dank verpflichtet. Den Partnern der Kanzlei Riebschläger, Sieversen, Südhoff, Steiner danke ich für die Schaffung der Rahmenbedingungen, ohne die die Fertigstellung der Promotion neben meiner Tätigkeit als Rechtsanwältin nicht so zeitnah realisierbar gewesen wäre. Herrn Nico Heinemann gebührt ebenfalls großer Dank. Ohne seine unermüdliche Bereitschaft, das Manuskript Korrektur zu lesen, seine Anmerkungen und Ratschläge hätte die Arbeit wohl nicht den nötigen Feinschliff erhalten. Den Mitarbeitern der Hochschulbibliothek – namentlich sei hier insbesondere Frau Ursula Ohliger genannt – sowie Frau Hildegard Grißmer vom Hochschul-Service-Center danke ich für deren freundliche und allzeitige Unterstützung. Mein größter Dank gilt jedoch meiner Familie, die mir mit viel Liebe, stetiger Ermunterung und Unterstützung durch sämtliche Phasen der Promotion geholfen hat, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Meinen Eltern und insbesondere auch meiner Schwester Susanne Demske danke ich insoweit im Besonderen dafür, dass sie in den letzten Jahren den Glauben an mich nicht verloren haben und mir immer wieder aufmunternd zur Seite standen; ohne sie wäre das Projekt Promotionsarbeit nicht zustande gekommen. Ihr Ansporn, an mein Ziel zu glauben, hat die Fertigstellung der Promotion maßgeblich beeinflusst. Ihnen soll diese Arbeit ebenfalls gewidmet sein. Berlin, im November 2008

Antje Demske

Inhaltsübersicht 1. Kapitel Einleitung – Problemstellung und Stand der wissenschaftlichen Diskussion und Planungspraxis

19

2. Kapitel Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument im kommunalen Planungssystem

25

A. Der planungsrechtliche Steuerungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Die Aufgaben- und Funktionszuweisung des Flächennutzungsplans als Bauleitplan im Allgemeinen nach § 1 Abs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

C. Die Aufgaben- und Funktionszuweisung des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan im Speziellen nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB . . . . . . . . . . .

48

D. Verfassungsrechtliche Verankerung der Flächennutzungsplanung als kommunale Planungshoheit und Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

E.

Zwischenergebnis zu „Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument im kommunalen Planungssystem“ . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

3. Kapitel Die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans und deren Auswirkung auf den Rechtsschutz A. Der Flächennutzungsplan als Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO

95 105

B. Auswirkungen auf den Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Kapitel Einordnung des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument in das Gesamtsystem der räumlichen Planungen

116

A. Der Flächennutzungsplan im System der räumlichen Gesamtplanung . . . . . . . 119 B. Der Flächennutzungsplan im System der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . 173 C. Zwischenergebnis zu „Einordnung des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument in das Gesamtsystem der räumlichen Planungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . 221

10

Inhaltsübersicht 5. Kapitel Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse unter besonderer Beachtung der zukünftigen Bedeutung des Flächennutzungsplans für die städtebauliche Entwicklung der Gemeinden 226

A. Sicherung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 232 B. Konkrete Standortzuweisung von Außenbereichsnutzungen . . . . . . . . . . . . . . . 234 C. „Stadtverträgliche“ Steuerung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen . . . . 236 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einleitung – Problemstellung und Stand der wissenschaftlichen Diskussion und Planungspraxis

19

2. Kapitel Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument im kommunalen Planungssystem A. Der planungsrechtliche Steuerungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 25

B. Die Aufgaben- und Funktionszuweisung des Flächennutzungsplans als Bauleitplan im Allgemeinen nach § 1 Abs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Entwicklungs- und Ordnungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung . . . . . . . . 2. Die Planungsaufgabe als Ausdruck des Entwicklungs- und Ordnungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die „Grundstücke“ in der Gemeinde als Regelungsgegenstand der Flächennutzungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung . (1) Vorbereitung und Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Begriffe der baulichen und sonstigen Nutzung . . . . . . . . . II. Der Grundsatz der Planmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zielvorstellungen und Planungsleitlinien als Maßstab der städtebaulichen Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewährleistung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung . b) Gewährleistung einer dem Wohl der Allgemeinheit entsprechenden sozialgerechten Bodennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beitrag zur Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und zum Schutz und zur Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen . . d) Die Planungsleitlinien i. S. d. § 1 Abs. 6 BauGB als abwägungsbeachtliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhaltliche Schranken der erforderlichen Bauleitplanung . . . . . . . . . . III. Das Kodifikationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42 43 48

C. Die Aufgaben- und Funktionszuweisung des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan im Speziellen nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB . . . . . . . . . . . I. Die Flächennutzungsplanung als vorbereitende Bauleitplanung . . . . . . . .

48 48

26 26 27 29 30 30 31 32 35 37 38 40 41

12

Inhaltsverzeichnis

II.

1. Das System der Zweistufigkeit der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Einordnung des Teilflächennutzungsplans in das System der gestuften Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die vorbereitende Funktion des Flächennutzungsplans . . . . . . . . . . . . Funktion und Inhalt der Flächennutzungsplanung nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entwicklungs-, Ordnungs- und Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Inhalt des Flächennutzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellungen des Flächennutzungsplans i. S. d. § 5 Abs. 2 BauGB b) Kennzeichnungen, nachrichtliche Übernahmen, Vermerke . . . . . . c) Rechtliche Anforderungen an den Inhalt des Flächennutzungsplans im Sinne der Planungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Bindung an die Planungsziele und die Anforderungen an das Abwägungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das gemeindenachbarliche Abstimmungsgebot und die verfahrensrechtlichen Bindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Verfassungsrechtliche Verankerung der Flächennutzungsplanung als kommunale Planungshoheit und Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . b) In eigener Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzesvorbehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und seine Schranken . . a) Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie . . . . . b) Verfassungsrechtliche Aufgabenverteilung: Vorrangprinzip . . . . . II. Gemeindliche Planungshoheit als Teil der kommunalen Selbstverwaltungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zugehörigkeit der gemeindlichen Bauleitplanung zum Wesensgehalt der Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einordnung der Flächennutzungsplanung in das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E.

Zwischenergebnis zu „Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument im kommunalen Planungssystem“ . . . . . . . . . . . . . . . . .

48 50 52 54 55 59 59 66 68 69 73 76 76 77 78 80 81 82 83 87 89 90 91

3. Kapitel Die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans und deren Auswirkung auf den Rechtsschutz A. Der Flächennutzungsplan als Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO

95 105

B. Auswirkungen auf den Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Inhaltsverzeichnis

13

4. Kapitel Einordnung des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument in das Gesamtsystem der räumlichen Planungen A. Der Flächennutzungsplan im System der räumlichen Gesamtplanung . . . . . . . I. Verhältnis der Flächennutzungsplanung zur Raumordnungsplanung . . . . 1. Aufstellung und Änderung des Flächennutzungsplans nach den Vorgaben der Raumordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Pflicht zur Beachtung von Zielen der Raumordnung durch öffentliche Stellen nach § 4 Abs. 1 S. 1 ROG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ziele der Raumordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtliche Voraussetzungen der Zielbindung . . . . . . . . . . . . . (a) Verbindliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Räumlich und sachlich bestimmte oder bestimmbare Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Landesplanerische Letztentscheidungen als Ergebnisse eines überörtlichen und überfachlichen Abwägungsprozesses (d) Textliche oder zeichnerische Festlegungen in Raumordnungsplänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes . . (3) Verhaltenspflichten im Rahmen der Beachtenspflicht . . . . . . . (a) Beachtenspflicht als Unterlassenspflicht . . . . . . . . . . . . . . (b) Beachtenspflicht als Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . (c) Beachtenspflicht als Rücksichtnahmepflicht . . . . . . . . . . . (4) Die Umsetzung der Ziele der Raumordnung durch die Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Anpassungsgebot in § 1 Abs. 4 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit der übergeordneten raumordnungsplanerischen Einwirkungsbefugnisse im Lichte des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . 3. Das Gegenstromprinzip als Ausdruck der Wechselbeziehungen zwischen Raumordnungsplanung und Flächennutzungsplanung . . . . . . . II. Der Einfluss der maßnahmenbezogenen Fachplanung auf den Flächennutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Grundlagen der Koordination von Bauleitplanung und Fachplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die wechselseitige Beteiligung der Gemeinde und Fachplanungsträger im Aufstellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Beteiligung der Fachplanungsträger im bauleitplanerischen Aufstellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beteiligung der Gemeinde bei Fachplanungen . . . . . . . . . . . . b) Inhaltliche Koordination von Flächennutzungsplan und Fachplan .

116 119 121 122 123 123 124 124 125 126 127 128 128 129 130 131 131 132 140 147 148 150 151 152 153 154

14

Inhaltsverzeichnis (1) Auswirkungen des vorlaufenden Fachplans auf den nachfolgenden Flächennutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Nachrichtliche Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Privilegierte Planfeststellung und nachfolgende Flächennutzungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auswirkungen des vorlaufenden Flächennutzungsplans auf den nachfolgenden Fachplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Öffentliche Planungsträger als Adressaten der Anpassungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Beteiligung des Fachplanungsträgers gem. § 4 Abs. 1 BauGB bzw. § 13 Abs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Kein wirksamer Widerspruch des Fachplanungsträgers . . (d) Rechtsfolgen der Anpassungspflicht nach § 7 S. 1 BauGB (3) Auswirkungen im Fall der parallelen Aufstellung von Fachplan und Flächennutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kommunale Planungshoheit und privilegierte Fachplanung . . . . . . . .

B. Der Flächennutzungsplan im System der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . I. Das Verhältnis des Flächennutzungsplans im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der gemeinsame Flächennutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Planungsverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Freiwilliger Zusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwangsweiser Zusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Regionale Flächennutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Verhältnis des Flächennutzungsplans zu anderen gemeindeeigenen Planungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Flächennutzungsplan und Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Entwicklungsgebot i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB . . . . . . . . . . b) Ausnahmen vom Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB . (1) Der selbständige Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der vorzeitige Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Der unecht vorzeitige Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Flächennutzungsplan und sonstige formelle Planungen . . . . . . . . . . . a) Innenbereichssatzungen i. S.v. § 34 Abs. 4 und 5 BauGB . . . . . . . (1) Abgrenzungs- bzw. Klarstellungssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Entwicklungssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergänzungs- bzw. Einbeziehungssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Außenbereichs-Bausatzung i. S.v. § 35 Abs. 6 BauGB . . . . . . . . . . 3. Flächennutzungsplan und sog. informelle städtebauliche Planungen . a) Kommunale und städtebauliche Entwicklungsplanung . . . . . . . . . b) Städtebauliche Rahmenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 155 158 159 160 163 164 167 169 170 173 173 175 179 181 182 184 188 188 188 196 196 198 201 202 202 203 206 209 213 217 218 219

Inhaltsverzeichnis

15

c) Städtebauliche Entwicklungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 C. Zwischenergebnis zu „Einordnung des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument in das Gesamtsystem der räumlichen Planungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . 221 5. Kapitel Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse unter besonderer Beachtung der zukünftigen Bedeutung des Flächennutzungsplans für die städtebauliche Entwicklung der Gemeinden 226 A. Sicherung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 232 B. Konkrete Standortzuweisung von Außenbereichsnutzungen . . . . . . . . . . . . . . . 234 C. „Stadtverträgliche“ Steuerung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen . . . . 236 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abs. AEG a. F. AfK ARL Art. BauNVO BauGB BauR BauROG BayVBl. BayVGH BBauG BGBl. BImSchG BNatSchG BRS

BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. d. h. DISP

DÖV DVBl. EAG Bau EnWG ESVGH

anderer Ansicht Absatz Allgemeines Eisenbahngesetz alte Fassung Archiv für Kommunalwissenschaften Akademie für Raumforschung und Landesplanung Artikel Baunutzungsverordnung Baugesetzbuch Baurecht – Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Bau- und Raumordnungsgesetz Bayerische Verwaltungsblätter – Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Bundesbaugesetz Bundesgesetzblatt Bundes-Immissionsschutzgesetz Bundesnaturschutzgesetz Baurechtssammlung – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der Oberverwaltungsgerichte der Länder und anderer Gerichte zum Bauund Bodenrecht Bundestagsdrucksache – Verhandlungen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise das heißt Dokumentations-InformationsstellefürPlanungsfragen(Zeitschrift)–Netzwerk Stadt und Landschaft NSL, Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich / Schweiz (Hrsg.) Die Öffentliche Verwaltung – Zeitschrift für öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft Deutsches Verwaltungsblatt Europarechtsanpassungsgesetz Energiewirtschaftsgesetz Entscheidungssammlung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder

Abkürzungsverzeichnis etc. f. / ff. FlurbG FStrG gem. GG HessVGH Hrsg. HS. i. S. d. i. S.v. i.V. m. JuS JZ KrW- / AbfG LuftVG MBPlG NJW Nr. NuR NVwZ NWVBl. PBefG Pr. OVG ROG Rn. S. sog. u. a. UPR usw. Var. VerwArch VerwRspr VwGO VwVfG WertV WHG z. B. ZfBR ZG

17

et cetera (lat.): und so weiter folgende (Seite) / fort folgende (Seiten) Flurbereinigungsgesetz Bundesfernstraßengesetz gemäß Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Rechtsprechung der Hessischen Verwaltungsgerichte Herausgeber Halbsatz im Sinne der / des im Sinne von in Verbindung mit Juristische Schulung – Zeitschrift für Studium und praktische Ausbildung Juristen Zeitung Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Luftverkehrsgesetz Magnetschwebebahnplanungsgesetz Neue Juristische Wochenschrift Nummer Natur und Recht – Zeitschrift für das gesamte Recht zum Schutze der natürlichen Lebensgrundlagen und der Umwelt Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter – Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung Personenbeförderungsgesetz Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Raumordnungsgesetz Randnummer Seite so genannt unter anderem Umwelt- und Planungsrecht – Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis und so weiter Variante Verwaltungsarchiv – Zeitschrift für Verwaltungslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungspolitik Verwaltungs-Rechtsprechung in Deutschland – Sammlung obergerichtlicher Entscheidungen aus dem Verfassungs- und Verwaltungsrecht Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Wertermittlungsverordnung – Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken Wasserhaushaltsgesetz zum Beispiel Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für Gesetzgebung

1. Kapitel

Einleitung – Problemstellung und Stand der wissenschaftlichen Diskussion und Planungspraxis Der Flächennutzungsplan gilt gemeinhin als das Instrument der Gestaltung und Steuerung der gesamträumlichen städtebaulichen Entwicklung und Ordnung. Gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB hat er für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Als gesamträumliches Bodennutzungskonzept dient er insoweit der Vorbereitung und Leitung der Grundstücksnutzung, deren Festlegungen gem. § 1 Abs. 1 BauGB durch die gesetzlich vorgeschriebene Bauleitplanung zu erfolgen haben. Diesem als Planmäßigkeitsprinzip bezeichneten Grundsatz des Städtebaurechts liegt der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan i. S.v. § 1 Abs. 2 BauGB ausdrücklich zugrunde. Nach der Konstruktion des Baugesetzbuchs ist der Flächennutzungsplan neben dem Bebauungsplan– zumindest aus Sicht des Gesetzgebers – insoweit eines der beiden zentralen Instrumente zur Steuerung der Städtebauplanung. Seine grundlegende Bedeutung für die gesamtgemeindliche städtebauliche Entwicklung kommt insbesondere in seiner Funktion als vorbereitender Bauleitplan zum Ausdruck. Er gibt in groben Zügen die Nutzungsabsichten für sämtliche Grundstücke in der Gemeinde vor und setzt somit den Rahmen, aus dem heraus der Bebauungsplan für ein eng umgrenztes Teilgebiet der Gemeinde rechtsverbindliche Festsetzungen treffen kann. 1 Als städtebauliches Planungsinstrument der Gemeinde, mit dem sie ihre flächenbezogenen Planungen koordinieren, ihre wichtigsten Standortentscheidungen darstellen und gleichzeitig ihr räumliches Gesamtkonzept gegenüber den Gemeindeeinwohnern, den Trägern öffentlicher Belange und den Wirtschaftsunternehmen anschaulich vermitteln kann, soll der Flächennutzungsplan vor allem eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 5 S. 1 BauGB). Er ist verwaltungsinterne Grundlage für die städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebietes und stellt als 1

Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn 1.

20

1. Kap.: Einleitung

solche die raumrelevanten Maßnahmen, Vorhaben und Absichten der Gemeinde in zeichnerischer und textlicher Form dar. 2 Gem. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB sind die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Von Gesetzes wegen ist der vorbereitende Bauleitplan daher grundsätzlich als der dominierende städtebauliche Plan im Rahmen der gemeindlichen Bauleitplanung anzusehen. 3 Obwohl der Flächennutzungsplan in dieser Hinsicht weitgehend eine positivrechtliche Ausgestaltung durch das Baugesetzbuch erfahren hat, ist ihm insbesondere als vorgeordnete Stufe der kommunalen Bauleitplanung trotz seiner grundlegenden Bedeutung für die gesamtgemeindliche städtebauliche Entwicklung und Ordnung weder im Rahmen der gemeindlichen Planungspraxis noch im neueren planungswissenschaftlichen Schrifttum bislang größere Aufmerksamkeit geschenkt worden. 4 Die aktuellen gesellschaftspolitischen, demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Richtung einer verstärkten Individualisierung der Gesellschaft, einer zunehmenden Ausdifferenzierung der Lebensstile und Ökonomisierung vieler gesellschaftlicher Bereiche sowie einer steigenden Ablehnung staatlicher Vorgaben führen nicht zuletzt zu einem wachsenden Rechtfertigungsdruck der Flächennutzungsplanung als raumordnerisches Instrument der Gestaltung und Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung. 5 Die Flächennutzungsplanung als örtliche Gesamtplanung befindet sich auf Grund ihrer Stellung zwischen zunehmend „schlankeren“ Regionalplänen und mehr und mehr vorhaben- und projektbezogenen Bebauungsplänen dabei in einem besonderen Spannungsfeld. Die Bedeutung einer zeitgemäßen städtebaulichen Gesamtplanung als Steuerungsinstrument für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung wird angesichts dieser nicht zu übersehenden gesellschaftlichen Tendenzen zwar immer wichtiger und der Flächennutzungsplan als Instrument in seiner Funktion durch den Gesetzgeber mit den letzen beiden Baurechtsnovellen 6 gestärkt. Dennoch kommt dem Flächennutzungsplan gerade in der Praxis nicht die vom Gesetzgeber vorgesehene strategische Bedeutung zu. 7 Der Flächennutzungsplan ist noch immer ein Stiefkind sowohl der kommunalen Praxis als auch der verwaltungsrechtsdogmatischen Erörterung und ein gutes 2

Runkel, in: Flächennutzungsplanung im Umbruch, S. 103. So Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 1. 4 Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Untersuchungen von: Martens, Die Rechtswirkungen des Flächennutzungsplans (1969); Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung (1977); Mitschang, Der Flächennutzungsplan (2003). 5 Vgl. ARL, Band 213: Regionaler Flächennutzungsplan, S. 2 im Hinblick auf die räumliche Planung insgesamt. 6 Vgl. die Änderungen durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998: BGBl. I (1997), S. 2081ff.; BGBl. I (1997), S. 2141ff.; BGBl. I (1998), S. 137ff.; BT-Drs. 13/6392 sowie die Änderungen durch das Europarechtsanpassungsgesetz 2004: BGBl. I (2004), S. 1359ff. 7 Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 1. 3

1. Kap.: Einleitung

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Beispiel für die Diskrepanz zwischen Normen und Fakten. Nach dem BauGB kommt ihm zwar eine zentrale Bedeutung für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung zu, in der Praxis aber hat er zunehmend an Bedeutung verloren. Sog. informelle, d. h. nicht formalisierte Pläne wie Stadt- oder Stadtteilentwicklungspläne haben dem Flächennutzungsplan vielfach den Rang abgelaufen, weil sie flexibler zu handhaben, umfassender in ihren Aussagemöglichkeiten und weniger verbindlich in ihren Festlegungen für die Gemeinde sind. 8 Zudem ist die Flächennutzungsplanung als vorbereitende Bauleitplanung in ihrer Grundstruktur seit der Schaffung des BBauG im Jahre 1960 nahezu unangetastet geblieben. Lediglich kleinere, die Gesamtstruktur der Flächennutzungsplanung jedoch nicht berührende Veränderungen wurden vorgenommen und haben im Übrigen eher die grundlegende Bedeutung dieses Instrumentes für die städtebauliche Entwicklung hervorgehoben. 9 Dies zeigt auch eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Urbanistik aus den Jahren 1994 und 1995, in der die mangelnde Steuerungsfähigkeit des Flächennutzungsplans bestätigt wird. 10 Ziel der Untersuchung war es, Grunddaten über die Praxis der Flächennutzungsplanung durch schriftliche Befragung von rund 680 Gemeinden in den alten und neuen Bundesländern zu ermitteln. 11 Nach Auswertung der durchgeführten Umfrage zur Situation der Flächennutzungsplanung verfügen die meisten Gemeinden in den westlichen Bundesländern heutzutage zwar über einen Flächennutzungsplan, 12 und auch in den neuen Bundesländern haben mehr als 90% der Gemeinden mit der erstmaligen Aufstellung eines Flächennutzungsplans begonnen oder den Aufstellungsprozess sogar bereits abgeschlossen. 13 Weit mehr als die Hälfte aller antwortenden 388 Gemeinden haben aber seit 1960 lediglich einen einzigen Flächennutzungsplan aufgestellt, der immer noch in Kraft ist. Nur rund 31% der Gemeinden haben inzwischen einen zweiten Flächennutzungsplan und nur 4% der Gemeinden bereits einen dritten und vierten Flächennutzungsplan aufgestellt. Die sich daraus ergebende durchschnittliche Geltungsdauer des ersten Flächennutzungsplans beträgt 12 bis 14 Jahre. 14 Der langen Lebensdauer von Flächennutzungsplänen entsprechen die vielfach durchgeführten Änderungsverfahren. Die meisten Gemeinden streben offensichtlich an, einen einmal bestehenden Flächennutzungsplan kontinuierlich zu ändern, 8

Löhr, in: FS für Schlichter, S. 229 (231); Lüers, in: UPR 1997, 348 (349). Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 13. 10 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 102f. 11 Bunzel / Meyer, Die Flächennuztungsplanung, S. 19. 12 Lediglich drei der sich an der Umfrage beteiligten Gemeinden gaben an, noch keinen Flächennutzungsplan aufgestellt zu haben: Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 68. 13 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 192. 14 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 69; Mitschang, in: Flächennutzungsplanung im Umbruch, S. 11 (20). 9

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1. Kap.: Einleitung

ohne eine komplette Überarbeitung oder Neuaufstellung in Angriff zu nehmen. 15 In diesem Sinne wurde der Flächennutzungsplan bei Städten mit mehr als 100.000 Einwohner durchschnittlich 78mal geändert. In der Größenklasse zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern liegt die durchschnittliche Zahl der Änderungen bei 43 und selbst bei kleineren Gemeinden mit 10.000 bis 50.000 Einwohnern weist der geltende Flächennutzungsplan im Durchschnitt 20 Änderungen auf. Dabei wurden 56% der Änderungsverfahren zum gültigen Flächennutzungsplan im Parallelverfahren durchgeführt, also aus Anlass einer Bebauungsplanung. 16 Obwohl sich die städtebaulichen Rahmenbedingungen aber auch die gesetzlichen Grundlagen in den neunziger Jahren, vor allem im Bereich des Umweltschutzes maßgeblich verändert haben, kommt für die meisten Gemeinden eine Neuaufstellung der Flächennutzungspläne im Sinne einer integrierten Gesamtplanung nicht in Betracht. 17 Der Grund für diese Zurückhaltung bei der Aufstellung neuer Flächennutzungspläne liegt in dem enorm hohen Zeitaufwand für die Neuaufstellung. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für die Aufstellung eines Flächennutzungsplans vom Beginn der ersten Vorarbeiten bis zum Abschluss des Verfahrens beträgt 7 ½ Jahre. Mehr als die Hälfte der Bearbeitungszeit wird für die Vorbereitung und Ausarbeitung des Planentwurfs benötigt. Die sich anschließende Beteiligung der Träger öffentlicher Belange dauert im Durchschnitt 1 ½ Jahre und für den Zeitraum vom Beschluss der öffentlichen Auslegung bis zur abschließenden Beschlussfassung des Gemeinderates wird ein weiterer Zeitraum von über einem Jahr benötigt. Danach dauert es nochmals ein Jahr bis zur Genehmigung und ihrer Bekanntmachung. 18 Offenbar unkomplizierter als die Neuaufstellung eines Flächennutzungsplans ist seine Änderung oder Ergänzung. Die Vielzahl der lediglich im Änderungsverfahren vorgenommenen Anpassungen des Flächennutzungsplans zeigt, dass dem Flächennutzungsplan keine steuernde Funktion mehr zukommt. Der Anstoß zur Änderung wird von außen gesetzt und im Flächennutzungsplan lediglich nachvollzogen, bestenfalls in seinen Auswirkungen gemeindeweit abgeglichen. Dies bedeutet, dass die Kriterien für die Entscheidung über Flächennutzungen kaum auf einer gesamtstädtischen Konzeption und Abschätzung beruhen, sondern von punktuellen, räumlich oder fachlich beschränkten Anlässen ausgehen. Die Änderung des Flächennutzungsplans wird so zur Anpassung an aktuelle Entwicklungen und damit letztlich nur noch ein formaler Akt. 19 Angesichts der hier in ihren wesentlichen Aspekten skizzierten Situation der Flächennutzungsplanung ist festzustellen, dass die Praxis der Flächennutzungs15 16 17 18 19

Lüers, in: UPR 1997, 348 (349). Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 77. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 72. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 88. Löhr, in: FS für Schlichter, S 229 (234).

1. Kap.: Einleitung

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planung faktisch in vielen Städten und Gemeinden auf einem Stand steht, der den rechtlichen Anforderungen der siebziger und frühen achtziger Jahren entspricht und deshalb ein ihr nicht gerecht werdendes „Schattendasein“ führt. 20 Die Flächennutzungsplanung bleibt damit im Ergebnis weit hinter dem zurück, was der Gesetzgeber sich bei der Schaffung des Städtebaurechts und insbesondere der vorbereitenden Bauleitplanung im Sinne einer räumlichen Gesamtplanung auf der örtlichen Ebene vorgestellt hat. Eine wesentliche Verbesserung dieser rechtstatsächlichen Situation konnte auch nicht durch das am 01. 01. 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (BauROG 1998) 21 festgestellt werden. Zwar ist das Bemühen des Gesetzgebers unverkennbar, die Bedeutung der vorbereitenden Bauleitplanung als Instrument der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung insgesamt zu stärken. Eine die Gesamtstruktur der Flächennutzungsplanung berührende Veränderung trat dennoch nicht ein. Der bundesgesetzlich vorgesehene Verzicht auf ein Genehmigungs- oder Anzeigeverfahren, soweit die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan entwickelt sind, wertet die Flächennutzungsplanung nur insoweit auf, wie die Länder von der Abweichungsklausel des § 246 Abs. 1a S. 1 BauGB keinen Gebrauch machen. Nach dieser Klausel können die Länder durch Landesgesetz bestimmen, dass Bebauungspläne, die bundesrechtlich keiner Genehmigung unterliegen, vor Inkrafttreten ein Anzeigeverfahren zu durchlaufen haben. Auch der grundsätzlich nicht zu bestreitende Bedeutungszuwachs, den der Flächennutzungsplan durch die Einführung des Planvorbehalts für Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB und der damit einhergehenden neuen Steuerungsmöglichkeiten gegenüber privilegierten Vorhaben erhalten hat, führt indes nicht zu einer prinzipiellen Funktionsstärkung des Flächennutzungsplans. Denn die hohen inhaltlichen Anforderungen der Flächennutzungsplanung, wie die Vereinbarkeit der Darstellung von Eignungsflächen mit Ausschlusswirkung für die übrigen Gebiete eines Plangebietes mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und dem Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB, haben nach wie vor Priorität bei der Aufstellung der Bauleitpläne. Zudem sind auch die finanziellen Anforderungen nicht zu unterschätzen. In dieser Hinsicht stellt die Neuaufstellung eines Flächennutzungsplans einschließlich der dazu erforderlichen Fachgutachten auf Grund der gegenwärtig mangelhaften und vermutlich in den nächsten Jahren nicht besser werdenden Finanzausstattung der öffentlichen Hand eine erhebliche Belastung dar. Auch wenn in den letzten Jahren bei den Städten und Gemeinden verstärkt eine Tendenz zur Neuaufstellung eines Flächennutzungsplans festzustellen ist, darf nicht unbeachtet gelassen werden, dass es sich hierbei immer noch um einen verschwindend geringen Teil der gesamtdeutschen Städte und Gemeinden 20 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 68ff.; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 14. 21 BGBl. I (1997), S. 2081ff.; BGBl. I (1997), S. 2141ff.; BGBl. I (1998), S. 137ff.; BT-Drs. 13/6392.

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1. Kap.: Einleitung

handelt. Die meisten Gemeinden fühlen sich von der inzwischen notwendigen Komplexität des Flächennutzungsplans überfordert und greifen statt dessen auf die sog. informellen, nicht formalisierten Pläne zur Stadtentwicklung insgesamt oder für räumliche oder sachliche Teilbereiche zurück. 22 Angesichts dieser beispiellosen Diskrepanz zwischen den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Schaffung der Flächennutzungsplanung im Sinne einer räumlichen Gesamtplanung auf örtlicher Ebene und den rechtstatsächlichen und rechtspolitischen Fakten zur vorbereitenden Bauleitplanung besteht Klärungsbedürftigkeit hinsichtlich der Funktion des Flächennutzungsplans als gesetzlich normierter Plantypus und zentrales Steuerungsinstrument der gemeindlichen Bauleitplanung. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht daher die Untersuchung dieses den Kern der Bauleitplanung bildenden Instrumentariums hinsichtlich seiner gesetzlich vorgegebenen Steuerungswirkung einerseits und seiner tatsächlichen gegenwärtigen Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung in den Gemeinden andererseits. In diesem Zusammenhang wird vor allem die Frage geklärt werden, inwieweit die Aufstellung sog. informeller städtebaulicher Pläne an Stelle von Flächennutzungsplänen gerechtfertigt und nach Einführung des Instituts des Teilflächennutzungsplans in § 5 Abs. 2b BauGB durch Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau – EAG Bau 2004) 23 noch notwendig ist.

22 23

Löhr, in: FS für Schlichter, S. 229 (236). BGBl. I (2004), S. 1359ff.

2. Kapitel

Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument im kommunalen Planungssystem Die Aufgabe des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument im kommunalen Planungssystem spiegelt sich insbesondere in seiner durch Gesetz vorgegebenen Multifunktionalität wider. Anhand des Zusammenspiels der einzelnen Funktionen soll dies im Folgenden verdeutlicht werden.

A. Der planungsrechtliche Steuerungsbegriff Vor dem Hintergrund der Hypothese, dass Steuerung durch Planung nur Sinn macht, wenn die Planinhalte die beabsichtigten Wirkungen erzielen und die Adressaten hinsichtlich der beabsichtigten räumlichen Entwicklung gebunden werden, stösst die Gleichsetzung von Steuerung mit Planung nicht sofort auf Verständnis. 1 Unter Planung oder Planen wird im täglichen Sprachgebrauch eine gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns verstanden, das auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet ist. Es hat insoweit vorbereitenden Charakter. Der Begriff der Steuerung hingegen bezieht sich eher auf die konkret umzusetzende Handlung, die der Konkretisierung des Planungsprozesses dient. Für die Flächennutzungsplanung lässt sich „Steuerung“ mit „Planung“ jedoch insofern gleichsetzen, als der Flächennutzungsplan „Ordnungsregeln“ schafft, wie der unvermehrbare Grund und Boden optimal genutzt werden kann. 2 Diese Ordnungsregeln dienen der Verwaltung als maßgebliche Orientierung für ihr Handeln und haben insoweit Wirkungen von erheblicher Reichweite, da sie auf den Planungsprozess konkret Einfluss nehmen. Die flächenplanerische Steuerung ist der Sache nach daher Koordination, weil es darum geht, die unterschiedlichen Raumansprüche zueinander in Beziehung zu setzen und abzugleichen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers kommt dem Flächennutzungsplan – gerade durch die mit der Aufstellung von Ordnungsregeln implizierte Leit- und Lenkungs1 Fürst, Entwicklung und Stand des Steuerungsverständnisses in der Raumplanung, S. 16. 2 Fürst, Entwicklung und Stand des Steuerungsverständnisses in der Raumplanung, S. 16 in Bezug auf die Raumplanung insgesamt.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

bzw. Koordinierungsfunktion – insoweit erhebliche Bedeutung für die Steuerung der räumlichen Entwicklung in der Gemeinde zu. Gem. § 1 Abs. 2 BauGB ist der Flächennutzungsplan – neben dem Bebauungsplan – als gesetzlich normierter Plantypus eines der beiden gestaltenden Instrumente der Bauleitplanung. Er stellt die raumrelevanten Maßnahmen, Vorhaben und Absichten der Gemeinde in zeichnerischer und textlicher Form dar. Als Bauleitplan in diesem Sinne definiert er die Summe der durch Zeichnungen, Farbe, Schrift oder Text getroffenen rechtserheblichen Normativaussagen, die zum Zweck städtebaulicher Entwicklung und Ordnung eines bestimmten Gebietes Bodennutzungsregelungen treffen und durch ihre Zweckbestimmung untereinander in einem notwendigerweise sachlichen Zusammenhang stehen. 3 Die hieraus resultierenden unterschiedlichen Aufgaben und Funktionen der Flächennutzungsplanung ergeben sich aus § 1 Abs. 1 BauGB für den Flächennutzungsplan als Bauleitplan im Allgemeinen (B.) sowie aus § 5 Abs. 1 BauGB für den Flächennutzungsplan als vorbereitenden Bauleitplan im Speziellen (C.).

B. Die Aufgaben- und Funktionszuweisung des Flächennutzungsplans als Bauleitplan im Allgemeinen nach § 1 Abs. 1 BauGB Der Flächennutzungsplan ist als zusammenfassende räumliche Planungsstufe im Gefüge der Bauleitplanung allgemein für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im gesamten Gemeindegebiet zuständig (§ 1 BauGB). In dieser Funktion ist es gem. § 1 Abs. 1 BauGB inhaltlich seine Aufgabe, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten – sog. Entwicklungs- und Ordnungsfunktion (I.). Die Vorbereitung und Leitung der städtebaulichen Entwicklung soll dabei durch die gesetzlichen Plantypen der Bauleitplanung – Grundsatz der Planmäßigkeit (II.) – und „nach Maßgabe dieses Gesetzes“, d. h. nur mittels der gesetzlich vorgesehenen Instrumente und Verfahren – sog. Kodifikationsprinzip (III) – erfolgen. 4 I. Das Entwicklungs- und Ordnungsprinzip Die Aufgabe des Flächennutzungsplans als gesetzlich normierter Bauleitplan i. S. d. § 1 Abs. 2 BauGB ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten. Aus dieser in § 1 Abs. 1 BauGB getroffenen Aufgabenzuweisung leitet sich die Entwicklungs- und Ord3 4

Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 17. Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, S. 99.

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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nungsfunktion der Bauleitplanung ab, welche gem. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB dadurch verdeutlicht wird, dass der Maßstab für die Befugnis wie für die Verpflichtung zur Aufstellung von Bauleitplänen die städtebauliche Entwicklung und Ordnung sind. 5 1. Der Begriff der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung Ursprüngliche und bis heute aktuelle Aufgabe der Bauleitplanung ist es, der städtebaulichen Entwicklung in der Gemeinde einen ordnenden Rahmen zu setzten (Ordnungsfunktion der Bauleitplanung). 6 In der alten Fassung des § 1 Abs. 1 BBauG 1960 ist der Ordnungsauftrag ausdrücklich durch den Wortlaut festgelegt worden. Darin hieß es, dass die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke nach Maßgabe dieses Gesetzes durch Bauleitpläne vorzubereiten und zu leiten sei, um die städtebauliche Entwicklung in Stadt und Land zu ordnen. 7 Im Zuge der BBauG-Novelle von 1976 hat der Gesetzgeber diese Regelung aufgelöst und teilweise in § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB verlagert, wonach die Bauleitpläne eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen sollen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln. Der ursprüngliche Ordnungsauftrag der Bauleitplanung ist insoweit um die entwicklungsplanerische Komponente erweitert und damit insgesamt zum Auftrag „geordneter Entwicklung“ umformuliert worden. Der heutige Entwicklung- und Ordnungsauftrag ergibt sich aus der Gesamtschau aller aktuellen Vorschriften zur Bauleitplanung, insbesondere aus § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB – hiernach sind die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und „Ordnung“ erforderlich ist – und aus § 1 Abs. 1 BauGB, der die Vorbereitungs- und Leitungsfunktion der Bauleitpläne hervorhebt. 8 Es gibt kein Mandat zu unkontrolliertem städtebaulichem Aktivismus. Das widerspräche dem Tatbestandsmerkmal „leiten“; denn leiten setzt schon begrifflich einen eigenständigen Träger von Initiativen voraus und meint in diesem Sinne Anregung, Zielbestimmung, Rahmensetzung, Steuerung. 9 Der Entwicklungs- und Ordnungsauftrag geht insoweit von einem Nebeneinander und Miteinander öffentlicher und privater Tätigkeiten im Städtebau aus, da Objekt der Leitungsaufgabe städtebaulicher Planung vorrangig das private Tätigwerden bleibt. 10

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Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 10. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 39. 7 BGBl. I (1960), S. 341 (345). 8 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 39. 9 So auch Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (100). 10 Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (100). 6

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Das Prinzip der Ordnung beinhaltet vor allem den Ausgleich unterschiedlicher privater und öffentlicher Interessen an der Bodennutzung sowie die Abwehr und Verhinderung städtebaulicher Unzuträglichkeiten. Es ist im Wesentlichen Ausdruck einer Reaktion auf die bauliche Entwicklung. 11 Danach soll die städtebauliche Planung, indem sie sich bemüht, alle gemeindlichen Aktivitäten auf die Zielvorstellungen für das örtliche Gemeinwesen auszurichten und diese Ziele aufeinander abzustimmen, dazu dienen, einer sich im gesellschaftlichen Bereich anbahnenden und vollziehenden „autonomen“ Entwicklung des Baugeschehens den Weg zu ebnen und den Rahmen zu setzen. 12 Voraussetzung hierfür ist ein in die Gesellschaftspolitik integriertes, planerisch ordnendes Konzept für die räumliche Entwicklung. Denn nur auf diese Weise kann den Wechselwirkungen von sozialer, wirtschaftlicher und räumlicher Entwicklung Rechnung getragen werden. 13 Entsprechend ihrem Ordnungsauftrag dient die Bauleitplanung in diesem Zusammenhang mithin dazu, die weitgehend vom Markt und seinen gesellschaftlichen Kräften „autonom“ bestimmte städtebauliche Entwicklung zu kanalisieren. 14 Die Bauleitplanung wird insoweit als eine Auffangplanung verstanden. Hierunter ist der Versuch zu verstehen, die in der Gemeinde und im größeren Raum wirksamen sozialen und wirtschaftlichen Kräfte zu erkennen, ihre räumlichen Bedürfnisse vorausschauend abzuschätzen und mit der darauf bezogenen Planung gleichsam „aufzufangen“. 15 Neben dieser Auffangfunktion hat die Bauleitplanung aber zugleich auch baulenkende Funktion im Sinne einer Angebotsplanung, die sie vor allem durch die Schaffung eines bestimmten „Angebots“, wie beispielsweise durch Bereitstellung neuer Baugebiete, verwirklicht oder indem sie gemäß dem Gebot positiver Planung bestimmte Nutzungen zulässt und andere damit ausschließt. 16 Das Prinzip der städtebaulichen Entwicklung ist ein besonderer Aspekt der Ordnungsfunktion. Es geht insofern über den Ordnungsauftrag der Bauleitung hinaus, als die Planung selbst die bauliche Entwicklung mitbestimmt. Maßgeblich sind die Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde. 17 Die Bauleitplanung reagiert mit ihren Instrumenten auf eine vorgefundene Entwicklung, die zunächst städtebaulich bewertet und gegebenenfalls in eine städtebaulich gewünschte Richtung gelenkt bzw. umgelenkt werden soll. 18 In diesem Sinne war die Bauleitplanung und hier vor allem die Flächennutzungsplanung von Anfang an zugleich Entwicklungsplanung und hatte insoweit die Aufgabe, die Art der Bodennutzung „nach den 11 12 13 14 15 16 17 18

Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 14. BT-Drs. 7/2496, S. 28; Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 14. BT-Drs. 7/2496, S. 28. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 40. BT-Drs. 7/2496, S. 28. Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 10; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 41. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 14; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 42. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 42.

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde“ in den Grundzügen darzustellen (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB). Der Bauleitplanung kommt danach nicht nur die Aufgabe zu, den ordnenden Rahmen für die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde zu setzen, sondern auch die Entwicklung der baulichen und sonstigen Nutzung vorzubereiten und zu leiten, wie sie nach dem städtebaulichen Konzept der Gemeinde angestrebt wird. Entwicklungs- und Ordnungsfunktion der Bauleitplanung stehen damit in einem Wechselspiel zur autonomen Entwicklung, um einer sich selbst überlassen bleibenden unkontrollierten städtebaulichen Ordnung und Entwicklung entgegenzuwirken. 19 Allerdings bedeutet das Entwicklungs- und Ordnungsprinzip nicht, dass die Planung selbst schon über die Durchführung der in ihr vorgesehenen Nutzung entscheidet. Diese wesentliche Einschränkung des Entwicklungs- und Ordnungsauftrags folgt aus der nur vorbereitenden und leitenden Aufgabe der Bauleitplanung. 20 Die Bauleitplanung bleibt trotz ihres Entwicklungsauftrages nur Angebotsplanung (Angebot, die im Bauleitplan vorgesehenen Nutzungen zu verwirklichen); wesentliches Element der Durchführung der Bauleitplanung ist die Privatinitiative. 21 Fehlt diese, stellt das BauGB zur Durchsetzung der gemeindlichen Planung städtebaurechtliche Durchführungsmaßnahmen zur Verfügung. Zu diesen planakzessorischen Instrumenten gehören neben den Sicherungsinstrumenten wie Veränderungssperre, Zurückstellung von Baugesuchen (§§ 14 –18 BauGB) und Vorkaufsrechte (§§ 24 –28 BauGB) insbesondere die bodenordnenden Maßnahmen wie Umlegung (§§ 45 –79 BauGB) und Grenzregelung (§§ 80 –84 BauGB), die Enteignung (§§ 39 –44, 85ff. BauGB), die Plandurchführungsgebote (§§ 175ff. BauGB) und die städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen. 22 2. Die Planungsaufgabe als Ausdruck des Entwicklungs- und Ordnungsprinzips Die Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten (§ 1 Abs. 1 BauGB). Dies geschieht durch die gesetzlich normierten Bauleitpläne i. S. d. § 1 Abs. 2 BauGB, den Flächennutzungsplan als vorbereitenden Bauleitplan und den Bebauungsplan als verbindlichen Bauleitplan. Im vorliegenden Zusammenhang von Interesse ist insbesondere die Erörterung der einzelnen, in § 1 Abs. 1 BauGB festgesetzten Tatbestandsmerkmale in Bezug auf den Flächennutzungsplan.

19 20 21 22

Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 10. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 14. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 14. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 14.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

a) Die „Grundstücke“ in der Gemeinde als Regelungsgegenstand der Flächennutzungsplanung Nach dem Wortlaut des Gesetzes bezieht sich die Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung auf die Grundstücke in der Gemeinde. Regelungsgegenstand der Flächennutzungsplanung ist damit die Bodennutzung. 23 Die Bestimmung, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf, insbesondere ob er überhaupt bauen darf und in welcher Weise (gewerblicher Bau oder Wohnhaus; Landhausbauweise oder Baublock; ländliche Siedlung usw.), regelt die rechtliche Qualität des Bodens und gehört damit zur Materie des „Bodenrechts“ i. S. d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, das nur solche Vorschriften erfasst, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden regeln. 24 Die Planung bezieht sich aber weniger auf die Grundstücke im grundbuch- oder katasterrechtlichen Sinne als räumlich abgegrenzte Teile der Erdoberfläche, die im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes unter einer besonderen Nummer gebucht sind, als vielmehr auf die Flächen als solche, 25 so dass es auf die Grundstücksgrenzen im Bauplanungsrecht nicht ankommt. 26 Dies folgt auch aus den §§ 5 und 9 BauGB, die die möglichen Inhalte der Bauleitpläne umschreiben und die von zu überplanenden Flächen sprechen. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 BauGB ist in Bezug auf die Formulierung „Grundstücke der Gemeinde“ daher sprachlich nicht korrekt. 27 Überplanen kann die Gemeinde nur die Flächen innerhalb ihres Gemeindegebietes. Die Regelung „in der Gemeinde“ in § 1 Abs. 1 BauGB beinhaltet insoweit eine Begrenzung des räumlichen Wirkungsbereiches der gemeindlichen Planung. Für die Flächennutzungsplanung ist dieser dementsprechend auf das Gebiet der betreffenden Gemeinde begrenzt, wobei die Grenzen der Gemeinde durch Landesrecht festgelegt werden. 28 b) Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung Die Aufgabe der Bauleitplanung als Vorbereitung und Leitung der Grundstücksnutzung bezweckt eine umfassende Planungsbefugnis der gemeindlichen 23

Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 17. Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (424); Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 17. 25 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 18; Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 12. 26 BVerwG, Beschluss v. 28. 09. 1988 – 4 B 175.88, in: BauR 1989, S. 60f. 27 So auch Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 18. 28 Bei den Stadtstaaten sind die Landesgrenzen zugleich die Gemeindegrenzen: Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 31. 24

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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Bauleitung. 29 Was die Termini „vorbereiten“ und „leiten“ in diesem Zusammenhang bedeuten, ist jedoch umstritten. (1) Vorbereitung und Leitung In Anlehnung an das Rechtsgutachten des BVerfG vom 16. 06. 1954 30 wird teilweise vertreten, dass die Begriffe „vorbereiten“ und „leiten“ an die jeweilige Funktion des Flächennutzungsplans bzw. des Bebauungsplans anknüpfen. 31 Das BVerfG versteht unter „leiten“ die Verbindlichkeit der städtebaulichen Nutzungsregelungen gegenüber dem einzelnen Grundstückseigentümer, unter „vorbereiten“ die Vornahme der Flächenaufteilung im Großen und die Festlegung der Bebauung im Allgemeinen, wobei die gesamträumliche Flächenaufteilung auf der Ebene der vorbereitenden Pläne als notwendige Voraussetzung für die Aufstellung der verbindlichen Pläne erfolgen soll. 32 Ausgehend von diesem Verständnis ist dem Flächennutzungsplan als vorbereitendem Bauleitplan i. S. d. § 1 Abs. 2 BauGB die „Vorbereitung“ und dem Bebauungsplan als verbindlichem Bauleitplan i. S. d. § 1 Abs. 2 BauGB die „Leitung“ zuzuordnen. Eine solche Interpretation verkennt jedoch, dass sowohl der Flächennutzungsplan als auch der Bebauungsplan „vorbereitende“ und „leitende“ Elemente aufweisen. Der Bebauungsplan hat in der Richtung auch die Aufgabe, die tatsächliche Grundstücks- bzw. Bodennutzung „vorzubereiten“. Denn mit der verbindlichen Bodennutzungsregelung auf der Ebene des Bebauungsplans muss die bezweckte Ordnung und Entwicklung nicht zwangsläufig hergestellt sein. Hierfür sind oftmals weitere bodenordnende Maßnahmen erforderlich, so dass die Umsetzung der Festsetzungen des Bebauungsplans weiterer sog. Durchführungsmaßnahmen bedarf. 33 Aber auch der Flächennutzungsplan hat nicht nur eine Vorbereitungs-, sondern auch eine Leitungsfunktion. Diese ergibt sich insbesondere aus der Darstellung der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB), aus dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB und aus der Steuerungsfunktion im Außenbereich (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 3 BauGB) 34. Für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „leiten“ als einen eigenständigen Träger von Initiativen 29

Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 13. Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407ff. 31 So z. B.: Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 47; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 9. 32 Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (424). 33 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 13; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 33; Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 13. 34 Zur Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans im Außenbereich siehe ausführlich: 3. Kapitel. 30

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

spricht schließlich auch der Wortlaut des § 1 Abs. 2 BauGB, der bei den gesetzlich normierten Plantypen von „Bauleitplänen“ spricht und somit für beide Plantypen die Aufgabe der Vorbereitung und Leitung der Bodennutzung indiziert. 35 Der Begriff des „Leitens“ ist mithin richtigerweise als Anregung, Zielbestimmung, Rahmensetzung bzw. Steuerung zu definieren. 36 (2) Die Begriffe der baulichen und sonstigen Nutzung Vorbereiten und leiten sollen die Bauleitpläne die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke. Bauliche Nutzung i. S. d. § 1 Abs. 1 BauGB ist die Nutzung durch bauliche Anlagen, 37 wobei Nutzung in diesem Sinne nicht nur die Inanspruchnahme von Flächen für eine andere Nutzung als die bestehende, sondern auch das Belassen des Bodens im bisherigen Zustand ist. 38 Bei den baulichen Anlagen kann es sich um Gebäude, aber auch um sonstige Anlagen – wie Mauern, Masten, Straßen, Brücken – oder ihnen gleichgestellte Anlagen – wie Lagerplätze, Spiel- und Sportplätze, Aufschüttungen und Abgrabungen oder Campingplätze – handeln. 39 Zu den sonstigen Nutzungen gehören hingegen solche, die durch die Darstellungen und Festsetzungen über Grünflächen, Kleingärten, land- und forstwirtschaftliche Flächen oder Verkehrsflächen bestimmt werden. 40 Inwieweit diese nicht im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung stehenden sonstigen Nutzungen von der Aufgabenstellung des § 1 Abs. 1 BauGB erfasst werden, ist im Folgenden zu untersuchen. Überwiegend wird vertreten, dass die Regelung der sonstigen Nutzung in der Bauleitplanung im Grundsatz einen Sachzusammenhang mit der baulichen Nutzung verlangt. 41 Diese Beschränkung ergebe sich bereits aus dem Begriff der Bauleitplanung als städtebaulicher Planung selbst. Der Begriff „Bauleitplanung“ entspreche der Regelungsmaterie des Baugesetzbuches und sei damit in die Gesetzesmaterie des Bodenrechts i. S. d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG einzuordnen. 42 Aufgabenschwerpunkt der städtebaulichen Planung sei nur die Vorbereitung und Leitung der gesamten Bebauung in Stadt und Land, der zu ihr gehörigen baulichen Anlagen und Einrichtungen sowie der mit der Bebauung in Verbindung stehenden Nutzung des Bodens. 43 Dementsprechend sei das Recht der Bauleitplanung in 35

So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde,

S. 33. 36 37 38 39 40 41 42

Vgl. Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (100); Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 13. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 21. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 19. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 21. Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 12; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 23. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 12. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 12.

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Abgrenzung zu anderen Regelungsmaterien – wie die raumbezogenen Regelungsbereiche des Naturschutz- und Landschaftspflegerechts und des Immissionsschutzrechts – entwickelt worden, die ebenfalls einen Bezug zur Bodennutzung haben, jedoch im Kern andere öffentliche Aufgaben als die der städtebaulichen Planung verfolgen. Auch wenn es zutreffe, dass die Bauleitplanung in bestimmtem Umfang in Bezug auf die sonstige Nutzung andere als bloß städtebauliche Sachbereiche mit erfasse – so beispielsweise die Regelungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 Nr. 6, 9 und 10 BauGB sowie § 9 Abs. 1 Nr. 8, 20, 23 –25 BauGB (Darstellung und Festsetzung von Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen; Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft usw.) –, seien diesen Ausweitungstendenzen der Bauleitpläne aber wiederum die Tendenzen in anderen Fachbereichen auf Ausweitung und abschließende Regelung, die der Bauleitung vorgehen oder im Rahmen der Abwägung einer erhöhten Berücksichtigungspflicht unterliegen, entgegengerichtet. 44 Der Aufgabenschwerpunkt der städtebaulichen Planung in Abgrenzung zu den Kernbereichen anderer öffentlicher Sachbereiche dürfe in diesem Zusammenhang nicht aus den Augen gelassen werden. Danach stehe die rechtliche Beziehung des Menschen zu Grund und Boden im Mittelpunkt der städtebaulichen Planung. 45 Dieser Ansicht ist insoweit Recht zu geben, als dass der Gesetzgeber sich auf die vom BVerfG vorgegebene bodenrechtliche Regelungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG beziehen wollte. Hieraus ergibt sich aber keine einschränkende Auslegung des Begriffs der sonstigen Nutzung. Die in dem Rechtsgutachten des BVerfG getroffene Definition des Begriffs „Bodenrecht“ 46 enthält lediglich die Aussage, was unter der Materie des Bodenrechts zu verstehen ist, und nicht inwieweit auch andere nicht im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung stehende sonstige Nutzungen von der Aufgabenstellung des § 1 Abs. 1 BauGB erfasst werden. 47 Weiter erläutert das BVerfG, dass die Bauleitpläne, soweit sie verbindliche Kraft für den einzelnen Grundstückseigentümer haben, bestimmen, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf, insbesondere ob er überhaupt bauen darf und in welcher Weise. 48 Die Verwendung der Formulierung „insbe43 Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (423). 44 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 12. 45 Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (424). 46 Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (424). 47 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 34. 48 Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (424).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

sondere“ macht deutlich, dass nach der Ansicht des BVerfG für den Eigentümer zwar in der Regel die Bebauungsfrage am interessantesten ist und deshalb als Beispiel gesondert erwähnt wird, dass der bodenrechtliche Bauleitplan aber auch sämtliche andere nicht im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung stehende sonstige Nutzungen enthalten kann. 49 Im Gegensatz zu den Anfängen der Stadtplanung, zu der die Planung von öffentlichen Straßen und Plätzen sowie von Gärten, Höfen und Freiflächen auf privaten Grundstücken gehörte, und der im 19. Jahrhundert hinzugekommenen Planung von Grünsystemen geht es heute nicht mehr alleine darum, die Siedlungsflächen durch bestimmte Grünsysteme zu ergänzen oder zu gliedern oder Flächen für Erholungszwecke zu sichern. Vielmehr müssen darüber hinaus auch ökologische Aspekte im gesamten Raum einschließlich des Bedürfnisses nach Erhaltung naturbelassener Flächen berücksichtigt werden. Zu den Zielen eines modernen Städtebaus gehört heute darum auch die Planung und Absicherung von Landschafts-, Grün- und Freiflächen. 50 Ordnung der Bebauung ist zwar ein Schwerpunkt der Bauleitplanung, darin erschöpft sie sich aber nicht. Der Gesetzgeber hat dies bei der Aufnahme des Begriffs „sonstige Nutzung“ in das Städtebaurecht berücksichtigt. In der Begründung zum Gesetzesentwurf des BBauG heißt es insoweit: „Da in den Bauleitplänen nicht nur die bauliche, sondern auch die sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und zu leiten ist, müssen bei ihrer Aufstellung alle für die städtebauliche Entwicklung einer Gemeinde wesentlichen Faktoren, wie die Belange der Wirtschaft, der Landwirtschaft, des Gewerbes, des Verkehrs usw., berücksichtigt werden.“ 51 Die Bauleitplanung ist daher nicht auf die Vorbereitung und Leitung baulicher Nutzung beschränkt, sondern umfasst auch die Vorbereitung und Leitung jeglicher sonstiger Nutzung nichtbaulicher Art. Wäre es dem Gesetzgeber darauf angekommen, die sonstige Nutzung unter den Vorbehalt des Sachzusammenhangs mit der baulichen Nutzung zu stellen, hätte er die sonstige Nutzung nicht mit aufnehmen bzw. den Sachzusammenhang zwischen der baulichen und der sonstigen Nutzung durch Einbeziehung der Formulierung „bauliche und im Sachzusammenhang mit der baulichen Nutzung stehende sonstige Nutzung“ klarstellen müssen. Dies ist indes nicht geschehen, was aus der separaten Aufnahme beider Benutzungsarten in den gesetzlichen Wortlaut hervorgeht; die sonstige Nutzung unterscheidet sich somit bereits begrifflich von der baulichen Nutzung. Beispiel dafür, dass sich die Bauleitplanung auch auf die sonstige nichtbauliche Bodennutzung erstreckt, ist vor allem der Flächennutzungsplan, der die Bodennutzungen flächendeckend für das ganze Gemeindegebiet ordnet (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB). Als ein umfassendes Bodennutzungskonzept, das nicht nur der Zuweisung von Nutzungen für Flächen dient, sondern auch der Sicherung der durch 49 50 51

Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 34. Siehe im Einzelnen: Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 23 m.w. N. BT-Drs. 3/336, S. 61.

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bauliche Nutzungen gefährdeten natürlichen Lebensgrundlagen, 52 ist der Flächennutzungsplan auf den Ausgleich und die Koordination einer Vielzahl von baulichen und sonstigen Raumnutzungsinteressen gerichtet. II. Der Grundsatz der Planmäßigkeit Die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke ist in erster Linie durch die in § 1 Abs. 2 BauGB gesetzlich normierten Bauleitpläne vorzubereiten und zu leiten; sie darf nicht durch andere Mittel als die der Bauleitplanung ersetzt werden (sog. Prinzip der Planmäßigkeit). 53 Der Gesetzgeber ging bereits bei der Einführung des BBauG 1960 davon aus, dass die städtebauliche Entwicklung nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und der isolierten Einzelentscheidungen überlassen bleiben soll, sondern der Lenkung und Ordnung durch Planung bedarf. 54 Insoweit soll durch die Bauleitplanung einer sich selbst überlassen bleibenden unkontrollierten städtebaulichen Entwicklung entgegengewirkt werden. Die städtebauliche Entwicklung soll vielmehr „planmäßig“ im Sinne einer rechtsstaatlichen Disziplinierung der gemeindlichen Planungs- und Plandurchführungstätigkeiten erfolgen, 55 um das Institut der Planung als gesetzlich geordneten Entscheidungsprozess zu gewährleisten. 56 Aus dem Planmäßigkeitsprinzip leiten sich eine Reihe konkreter Gebote für die planende Gemeinde ab: 57 Erstens das Gebot positiver Planung, das sich unmittelbar aus § 1 Abs. 1 BauGB ergibt, wonach für die Gemeinde grundsätzlich die Verpflichtung zur Planung besteht und damit das Verbot, die geordnete städtebauliche Verpflichtung ausschließlich durch fallweise Einzelentscheidungen zu verwirklichen. 58 Vorhaben von einer bestimmten Größenordnung können nur im Wege förmlicher Bauleitplanung durchgeführt werden. 59 Zweitens das Gebot typenkonformer Planung, welches betont, dass die gesetzlich festgeschriebene Plantypik nicht durch sonstige formlose Pläne ersetzt werden darf. Letztere sind zwar neben den gesetzlich normierten Bauleitplänen zulässig, dürfen diese aber nicht von ihrer zentralen Leitungsfunktion verdrängen. 60 Die Ordnung der städ52

Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 10. Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (100); Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 60. 54 BVerfG, Beschluss v. 12. 01. 1967 – 1 BvR 169.63, BVerfGE 21, 73 (82f.). 55 Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101). 56 Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101). 57 Vgl. u. a. Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101); Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 62ff. 58 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 17; Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101). 59 Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101). 60 Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 4. 53

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

tebaulichen Entwicklung soll vorrangig durch die vom Gesetzgeber bestimmten Plantypen (Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan, Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan i. S. d. § 1 Abs. 2 BauGB) erfolgen. 61 Drittens das Gebot konkreter Regelung, das konkret planerische Aussagen für den jeweiligen Planbereich verlangt. Denn Raumplanung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie „im Angesicht einer konkreten Sachlage“ 62 ergeht und infolgedessen selbst konkret ist. 63 Das vierte Gebot schließlich, das Gebot der Einräumigkeit bzw. der äußeren Planeinheit, besagt, dass Regelungen für ein bestimmtes Gebiet auf jeder Planungsstufe stets in einem – eine rechtliche Einheit bildenden – Plan niedergelegt werden müssen. Dies folgt letztlich aus dem Grundsatz übersichtlicher Planung. 64 Das Prinzip der Planmäßigkeit wird durch die Verpflichtung der Gemeinden zur Aufstellung von Bauleitplänen, „sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist“ (§ 1 Abs. 3 S. 1 BauGB), hervorgehoben und zugleich abgesichert. 65 Welche Belange städtebaulich relevant sind und damit einen Planungsanlass und eine städtebauliche Zielsetzung begründen können, wird durch das BauGB nicht abschließend geregelt. Allerdings können die in § 1 Abs. 5 BauGB festgelegten Zielvorstellungen sowie der in § 1 Abs. 6 BauGB enthaltene Katalog von Planungsleitlinien, der die wesentlichen bei einer Planung zu berücksichtigenden Aspekte enthält, als deutliche Anhaltspunkte herangezogen werden. 66 Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist Voraussetzung für eine Bauleitplanung, dass überhaupt (hinreichend gewichtige) städtebauliche Allgemeinbelange für eine bestimmte Planung sprechen. 67 Umgekehrt ist dann kein Raum für eine Bauleitplanung, wenn es ihr von vornherein an den zur Rechtfertigung des Plans geeigneten städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelangen, mithin an städtebaulicher Relevanz, fehlt. 68 Zutreffend wird deshalb darauf hingewiesen, dass trotz des weitreichenden Katalogs potentiell städtebaulich relevanter Aspekte die Bauleitplanung kein Instrument einer umfassenden Regelungskompetenz der Gemeinde ist. Diese darf mit dem Mittel der Bauleitplanung keine 61

Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 63. BVerwG, Urteil v. 30. 01. 1976 – IV C 26.74, BVerwGE 50, 114 (119). 63 Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101); Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 19. 64 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 65; Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 20. 65 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 14. 66 VGH Bad.-Württ., Urteil v. 18. 09. 1968 – III 129/67, ESVGH 19, 220 (222); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 6. 67 BVerwG, Urteil v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66, in: DVBl. 1970, 414 (415). 68 So ausdrücklich BVerwG, Beschluss v. 11. 05. 1999 –4 BN 15/99, in: NVwZ 1999, 1338 (1339): „Nicht erforderlich i. S. des § 1 III BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind.“; vgl. auch BVerwG, Urteil v. 07. 05. 1971 – IV C 76.68, in: BauR 1971, 182 (185); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 6. 62

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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gemeindeeigene Allgemeinpolitik unter dem Deckmantel städtebaulicher Planung für bestimmte Sachbereiche betreiben. Die städtebaulichen Zielsetzungen der Bauleitplanung sind grundsätzlich am Allgemeinwohl zu orientieren. 69 Der Ausfluss der verfassungsrechtlich verankerten kommunalen Planungshoheit ist lediglich ein kommunalpolitisches, nicht jedoch ein allgemein politisches Mandat. 70 Der Gemeinde ist es daher verwehrt, die Bauleitplanung für andere als städtebauliche Zwecke zu verwenden. 71 Welche städtebauliche Zwecke dies sind, liegt zwar grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen; die Gemeinde ist insoweit ermächtigt, eine „Städtebaupolitik“ entsprechend ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen zu betreiben. 72 In den Zielvorstellungen und Planungsleitlinien des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB liegt zugleich aber ihre planungsrechtliche Beschränkung. Ein nicht an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und Ordnung orientierter Bauleitplan wäre danach nicht erforderlich i. S. d. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB. 1. Zielvorstellungen und Planungsleitlinien als Maßstab der städtebaulichen Erforderlichkeit Die in § 1 Abs. 5 BauGB festgelegten Zielvorstellungen sowie der in § 1 Abs. 6 BauGB enthaltene Katalog von Planungsleitlinien entfalten als innere Schranken des Planungsermessens hauptsächlich im Rahmen der Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) ihre Wirkung. 73 Allerdings können zur Gewichtung dessen, was nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, die planungsrechtlichen Leitvorstellungen und Grundsätze nach Rechtsprechung und Literatur zugleich als deutliche Anhaltspunkte herangezogen werden. 74 Hierzu zählen insbesondere die Sicherung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung – hierzu unter a) –, die Gewährleistung einer dem Wohl der Allgemeinheit entsprechenden sozialgerechten Bodennutzung – hierzu unter b) – sowie der Beitrag zur Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und zum Schutz und zur Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen – hierzu unter c).

69 So Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 26 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG, Beschluss v. 22. 05. 1987 –4 N 4.86, BVerwGE 77, 308 (312); Beschluss v. 21. 12. 1992 – 4 B 182.92, in: BRS 55 Nr. 42. 70 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 6. 71 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 45. 72 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 26. 73 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 173. 74 Siehe bereits: 2. Kapitel, A.II.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

a) Gewährleistung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung Nach § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB sollen die Bauleitpläne zunächst eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung gewährleisten. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist mit der Novellierung des BauGB durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 neu verankert worden, und zwar in der Weise, dass die Bauleitpläne an Stelle einer „geordneten“ nunmehr eine „nachhaltige“ städtebauliche Entwicklung sicherstellen sollen. Der Verzicht auf das Wort „geordnete“ hat hierbei lediglich eine redaktionelle, jedoch keine inhaltliche Bedeutung. Das Planungsziel einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ist nach wie vor in § 1 Abs. 3 BauGB enthalten. 75 Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung wurde weltweit geprägt, als 1987 die Brundtland Kommission für Umwelt und Entwicklung ihren Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ vorlegte. Danach stammt der Begriff der Nachhaltigkeit aus der Umweltpolitik und definiert eine Entwicklung, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“ Es bedeutet ein „Wachstum, das die Grenzen der Umweltressourcen respektiert, das also die Luft, die Gewässer, die Wälder und Böden lebendig erhält und das Energie und Rohmaterialien optimal nutzt.“ 76 Mit diesem Inhalt ist der Begriff „nachhaltige Entwicklung“ auch in die „AGENDA 21“ eingegangen. Das so bezeichnete Aktionsprogramm für eine nachhaltige Entwicklung ist von der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro beschlossen 77 und in der Zweiten Konferenz der Vereinten Nationen über menschliche Siedlungen (HABITAT II) 78 1996 vertieft worden. In Kapitel II § 29 der Habitat Agenda heißt es: „Nachhaltige Entwicklung ist für die Siedlungsentwicklung von entscheidender Bedeutung und berücksichtigt voll die mit dem Erzielen von Wirtschaftswachstum, sozialer Entwicklung und dem Umweltschutz verbundenen Erfordernisse und Notwendigkeiten. [...] Eine nachhaltige Siedlungsentwicklung gewährleistet wirtschaftliche Entwicklung, Beschäftigungsmöglichkeiten und sozialen Fortschritt im Einklang mit der Umwelt.“ Diese Auslegung des Begriffs „nachhaltige Entwicklung“ hat der Gesetzgeber in Anlehnung an die Vorstellungen der Zweiten Konferenz der Vereinten Nationen über menschliche Siedlungen in § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB durch Aufnahme des Nachhaltigkeitsgrundsatzes verankert. 79 Nachhaltigkeit als Zielvorgabe verpflichtet die Gemeinden in der Bauleitplanung, die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche 75

Lüers, in: DVBl. 1998, 433 (435). Hauff, in: Hauff, Unsere gemeinsame Zukunft, Vorwort S. XV. 77 Veröffentlicht vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1992). 78 Veröffentlicht vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Februar 1997). 79 BT-Drs. 13/7589, S. 11. 76

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an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang zu bringen und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung des Raumes innerhalb des Gemeinde zu führen (§ 1 Abs. 2 S. 1 ROG). Die ebenfalls im Gesetzgebungsverfahren zum BauROG 1998 getroffene Bestimmung in § 1 Abs. 2 S. 1 ROG konkretisiert den Nachhaltigkeitsbegriff in der Bauleitplanung. 80 Sachlich ist hierdurch das integrative Konzept der Bauleitplanung, bei der nicht ein Belang, sondern alle betroffenen Belange, gleichwohl ob es sich um ökonomische, ökologische oder soziale Belange handelt, zu berücksichtigen sind, deutlicher als bislang zum Ausdruck gebracht worden. 81 Neben dem Ausgleich der betroffenen Belange unter Einbeziehung umweltschutzrechtlicher Aspekte geht es auch um den Gesichtspunkt einer dauerhaft ausgewogenen Entwicklung und Ordnung. Der Begriff der „Dauerhaftigkeit“ als Ausdruck der intergenerativen Verantwortung 82 hebt damit die zeitliche Dimension der Planung hervor. Nicht kurzfristige Investitionsziele sollen wesentlich die Bauleitplanung und ihre Richtung bestimmen; vielmehr sind mit Nachhaltigkeit langfristig angelegte Nutzungsoptionen für den Raum gemeint, die die zur Verfügung stehenden Flächen zugleich auch nach dem Grundsatz der größtmöglichen Schonung für nachfolgende Generationen und ihre Nutzungsansprüche sichern. 83 Die zukunftsorientierte Verpflichtung des Städtebaurechts, die Bedürfnisse künftiger Generationen zu achten, greift somit die Staatszielbestimmung in Art. 20a GG auf, nach der der Staat auch in Verantwortung für künftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen hat. 84 Der Staat soll sich nicht nur selbst umweltschädigender Maßnahmen enthalten, sondern auch positive Anordnungen zum Schutz ergreifen. Dem Umweltschutzziel des Art. 20a GG ist daher das Vorsorgeprinzip immanent, welches eine antizipierende Risikoeinschätzung und -verminderung erfordert. 85 Der dergestalt dem Nachhaltigkeitsgedanken zu Grunde liegende und zeitlich nicht eingeschränkte Zukunftsbezug im Sinne einer dauerhaft ausgewogenen Entwicklung fordert mithin auch für die Bauleitplanung eine Risikovorsorge im Sinne des Vorsorgeprinzips. 86 Dies verlangt vor allem für die im Rahmen der Flächennutzungsplanung zu treffenden Bodennutzungsentscheidungen, durch Bündelung und Vernetzung sowohl soziale, ökonomische als auch ökologische Belange integrativ zu berücksichtigen. 87 Nur durch den Flächen80

Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 45; Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 103. Schink, in: BauR 1998, 1163 (1164). 82 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 133. 83 Schink, in: BauR 1998, 1163 (1165). 84 Krautzberger / Stemmler, in: FS für Hoppe, S. 317 (320); Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 508. 85 Sommermann, in: v. Münch / Kunig, Art. 20a Rn. 11. 86 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 133. 87 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 133. 81

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

nutzungsplan können die städtebaulich relevanten Bodennutzungen im gesamten Gemeindegebiet koordiniert und gesteuert werden. b) Gewährleistung einer dem Wohl der Allgemeinheit entsprechenden sozialgerechten Bodennutzung Nach der zweiten Leitvorstellung des § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB soll die Bauleitplanung eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende, sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Die Gewährleistung der sozialgerechten Bodennutzung konkretisiert den Leitbegriff der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung weiter und verdeutlicht den sozialstaatlichen Auftrag des Städtebaus (Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 GG). 88 In Ausgestaltung der in Art. 14 Abs. 2 GG verankerten Sozialpflichtigkeit des Eigentums gehört es zu den Aufgaben der Bauleitplanung, die vielfältigen Bedürfnisse und Belange breiter Schichten der Bevölkerung insgesamt zu berücksichtigen und diese mit den Rechten und Befugnissen des Eigentümers in Ausgleich zu bringen. 89 Dies entspricht der Bedeutung der Bauleitplanung, die ihr als einem das Eigentum inhaltlich bestimmendes Rechtsinstrument i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und im Hinblick auf die gesteigerte Bedeutung des unvermehrbaren Grund und Bodens für die Allgemeinheit zukommt. 90 Die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen; eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwingt vielmehr dazu, die Interessen der Allgemeinheit beim Boden in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern. 91 Die grundlegende Wertentscheidung der Verfassung im Sinne eines sozial gebundenen Privateigentums – gem. Art. 14 Abs. 2 GG verpflichtet das Eigentum nicht nur, sondern sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen – gebietet es, bei der Regelung des Eigentumsinhalts die Belange der Gemeinschaft und die Individualinteressen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Das Wohl der Allgemeinheit ist dabei Orientierungspunkt, aber auch Grenze für die Beschränkung des Eigentümers. 92

88 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 45; Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 104; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 474. 89 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 514, 515. 90 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 104. 91 So bereits BVerfG, Beschluss v. 12. 01. 1967 –1 BvR 169/63, BVerfGE 21, 74 (82f.). 92 BVerfG, Beschluss v. 15. 01. 1969 –1 BvL 3/66, BVerfGE 25, 112 (118); BVerfG, Beschluss v. 23. 09. 1992 – 1 BvL 15/85, BVerfGE 87, 114 (138f.).

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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c) Beitrag zur Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und zum Schutz und zur Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen Die in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB normierten Leitvorstellungen – wie die Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und der Schutz und die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen – legen insbesondere den Beitrag der Bauleitplanung zu Gunsten des Umweltschutzes fest. 93 Durch die Verpflichtung, einen solchen Beitrag zu leisten, wird der Bauleitplanung eine bestimmte Aufgabe im Rahmen der allgemeinen Aufgaben des Umweltschutzes zugewiesen. In diesem Sinne leistet die Bauleitplanung einen Beitrag zum Umweltschutz vor allem unter Immissionsschutzgesichtspunkten durch eine geeignete Zuordnung der Flächen mit unterschiedlichen schutzbedürftigen und störenden Nutzungen zueinander und im Hinblick auf die Anforderungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durch die Entscheidung über die Inanspruchnahme oder Nichtinanspruchnahme von Flächen für bauliche oder sonstige Zwecke. 94 Die auf diese Weise getroffenen planungsrechtlichen Vorentscheidungen, die für weitere Verfahren, insbesondere Genehmigungsverfahren, mit ihren Auswirkungen auf die Belange des Immissionsschutzes sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege von Bedeutung sind, kennzeichnen die Bauleitplanung als vorsorgend tätig werdende Planung für den Umweltschutz. 95 Trotz dieser vorrangig umweltorientierten Vorentscheidungen kommen die in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB genannten Anforderungen aber nur zur Wirkung, wenn eine primäre bodenrechtliche Aufgabenstellung gegeben ist, wenn die Bauleitplanung also bodenrechtliche Relevanz aufweist. 96 Denn ungeachtet der Tatsache, dass die Bauleitplanung vorsorgend für den Umweltschutz tätig wird, bedeutet diese Aufgabenzuweisung nicht, dass die Bauleitplanung zu einem von den städtebaulichen Aufgaben losgelösten Instrument des Umweltschutzes wird. Die Bauleitpläne können zur Sicherung dieser Leitvorstellungen nur beitragen. Die Beitragsfunktion der Bauleitplanung zu Gunsten des Umweltschutzes geht von der grundsätzlichen Aufgabenstellung der Bauleitplanung zur Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzungen aus, so dass in jedem Falle ein Sachzusammenhang mit der städtebaulichen Entwicklung erforderlich ist. 97 Dies entspricht zugleich dem gesetzgeberischen Willlen, der die Bauleitplanung im Rahmen ihrer Aufgaben als planungsrechtliches Instrument des vorsorgenden Umweltschutzes hervorhebt. 98 Der in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB enthaltene Auftrag zur Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt nimmt Bezug auf den Schutz der Menschenwürde in Art. 1 93 94 95 96 97 98

Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 105. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 105. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 105. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 477; Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 46. Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 105; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 477. BT-Drs. 10/4630, S. 61.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Abs. 1 S. 1 GG und rückt den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Planung. 99 Schutzgut ist der Mensch, dessen menschliche Identität und Integrität sowohl in körperlicher als auch in seelischer Hinsicht bei der planerischen Gestaltung der Umwelt zu wahren ist. 100 Der Begriff Umwelt bezeichnet dabei die gesamte Bodennutzung in ihren Wirkungen auf den Menschen, also auch wirtschaftliche, kulturelle und soziale Bodennutzungen. 101 Der gesamte menschliche Lebensraum, der durch die Bauleitplanung beeinflusst werden kann, soll so gestaltet werden, dass er der Sicherheit, der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Menschen und somit der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft dient. 102 Das Gebot des Schutzes und der Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen soll demgegenüber dazu beitragen, die Natur um ihrer selbst willen zu schützen. Zu den natürlichen Lebensgrundlagen zählt die Gesamtheit der Elemente von Natur und Landschaft. 103 Hierunter sind alle Güter zu verstehen, ohne die ein Leben auf Dauer nicht möglich ist – wie beispielsweise die „Umweltmedien“ Luft, Wasser und Boden, ferner Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen sowie die Beziehungen zwischen diesen Elementen. 104 Der Schutz dieser natürlichen Lebensgrundlagen bezieht sich auf den Staatsauftrag in Art. 20a GG und ist auf das Unterlassen schädigender Eingriffe, die Abwehr aktueller Gefahren, Beeinträchtigungen oder Zerstörungen durch Dritte, das Verbot der Förderung von Umweltschädigungen sowie die Minimierung und den Ausgleich unvermeidbarer Beeinträchtigungen gerichtet. Der Entwicklungsauftrag des § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB zielt hingegen ab auf die Wiederherstellung bereits zerstörter und geschädigter Lebensgrundlagen und auf die Pflege von natürlichen Lebensgrundlagen, die ohne menschliches Handeln nicht erhalten blieben. 105 d) Die Planungsleitlinien i. S. d. § 1 Abs. 6 BauGB als abwägungsbeachtliche Belange § 1 Abs. 6 BauGB enthält einen umfassenden Katalog materiellrechtlicher Grundsätze für die Bauleitplanung in Gestalt von Berücksichtigungsgeboten, die abstrakt formulierte Anforderungen an die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ohne konkreten Orts- bzw. Flächenbezug beinhalten. 106 Die in Form von 99

Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 473; Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 38. 100 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 473. 101 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 520. 102 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 106; Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 38; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 520. 103 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 46. 104 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 523. 105 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 524. 106 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 530, 537.

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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Planungsleitlinien beispielhaft aufgezählten städtebaulichen Belange stellen eine inhaltliche Konkretisierung der in § 1 Abs. 5 BauGB festgesetzten allgemeinen Ziele dar und sind als Vorgaben oder Planungsdirektiven bei der Ausübung des Planungsermessens zu berücksichtigen. 107 Der Katalog enthält grundsätzlich alle wichtigen in Betracht kommenden, vor allem öffentliche Belange. Nicht jeder Belang ist aber für sich genommen ein städtebaulicher Grund, der etwa, wenn er nur genügend gewichtig ist, im Allgemeininteresse eine Enteignung rechtfertigen könnte. 108 Voraussetzung für die Einstellung eines Belangs in die nach § 1 Abs. 7 BauGB vorzunehmende Abwägung ist die bodenrechtliche Relevanz der abwägungsbeachlichen Belange. 109 Nur im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse an der Vorbereitung und Leitung der Bodennutzung erhalten diese Belange eine städtebauliche Qualität, d. h. die Belange sind für die Bauleitplanung nur erheblich, wenn sie zugleich einen städtebaulichen (boden-, raum- und siedlungsstrukturellen) Bezug haben. 110 Dies folgt bereits aus der allgemeinen Aufgabenstellung der Bauleitplanung i. S. d. § 1 Abs. 1 BauGB. 2. Inhaltliche Schranken der erforderlichen Bauleitplanung Liegen städtebaulich relevante Belange vor, die einen Planungsanlass geben und eine bauleitplanerische Zielsetzung begründen können, ist nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB ein Bauleitplan aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB beschränkt damit das grundsätzlich gegebene Planungsermessen der Gemeinde und legt dessen äußere Grenzen fest. Wo diese Grenzen liegen und welche Kriterien für ihre Bestimmung maßgebend sind, ist hierbei zwar einerseits von entscheidender Bedeutung. Andererseits lässt der Terminus „erforderlich“ aber einen hinreichend bestimmten und mithin fassbaren Inhalt vermissen. 111 Erste Eingrenzungen der maßgeblichen Kriterien ergeben sich aus den begrifflichen Zusammenhängen und dem Normzusammenhang mit den weiteren Vorschriften des § 1 BauGB und anderen Bestimmungen des BauGB. 112 So ist § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB systematisch und inhaltlich eng mit Abs. 1, der die allgemeine Aufgabe der Bauleitplanung umschreibt, und mit § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB, der die 107

Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 537; Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 25ff. 108 BVerfG, Urteil v. 24. 03. 1987 –1 BvR 1046/85, in: DVBl. 1987, 466 (469); Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 55. 109 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 110. 110 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 55; Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 110. 111 Weyreuther spricht in diesem Zusammenhang „von geradezu bodenlos relativer Bedeutung“: DVBl. 1981, 369, (370). 112 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 30.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Bauleitplanung den Gemeinden zur eigenen Verantwortung überweist, verbunden. 113 Auszugehen ist daher zunächst von der auf das Bodenrecht bezogenen Aufgabenbeschreibung der Bauleitplanung, nämlich der Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung, die Gegenstand der Bauleitplanung ist, und dem Auftrag der Bauleitplanung, die städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu gewährleisten. Der Bezug der Bauleitplanung auf den örtlichen Gestaltungsraum, der ihr wie jeder anderen Planung innewohnt und der im Rahmen der Abwägungsgrundsätze (§ 1 Abs. 7 BauGB) gewährleistet wird, bedeutet daher eine entsprechende Eingrenzung der die Erforderlichkeit begründenden Gesichtspunkte, 114 als dass sich die Erforderlichkeit i. S. d. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde bestimmt. 115 Obwohl die Gemeinde bei ihrer Planung an § 1 BauGB gebunden ist, obliegt es doch weitgehend ihrer Selbstverwaltung, wie sie ihre Planungshoheit handhabt und welche Konzeption sie ihr zugrunde legt. Die Entscheidung darüber, ob, wo und in welchem Umfang Planungsgebiete ausgewiesen und planerische Zielsetzungen getroffen werden, ist im Grunde eine Frage der Gemeindepolitik und nicht bloße Rechtsanwendung, so dass sich die geordnete städtebauliche Entwicklung im Einzelfall nach dem vorhandenen, hinreichend konkretisierten Planungswillen der Gemeinde bestimmt. 116 Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinde insoweit, bewusst Städtebaupolitik, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht, zu betreiben. 117 Dabei gibt er ihr grobe Zielsetzungen an die Hand, die sich aus der Gesamtheit der insbesondere nach § 1 Abs. 5 und 6 BauGB maßgeblichen planungsrechtlichen Planvorstellungen und Planungsleitlinien ergeben. 118 Allerdings kommen dabei als zur Rechtfertigung geeignete städtebauliche Belange allein öffentliche Belange in Betracht, da die gemeindliche Bauleitplanung stets an bodenrechtlich relevanten Ordnungskriterien ausgerichtet ist. 119 Nicht erforderlich i. S. d. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB sind demnach solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind. Davon 113 BVerwG, Urteil v. 17. 09. 2003 –4 C 14.01, BVerwGE 119, 25 (28); Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 193. 114 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 30. 115 Ständige Rechtsprechung des BVerwG: Urteil v. 07. 05. 1971 – IV C 76.68, in: BauR 1971, 182 (185); Urteil v. 14. 07. 1972 – IV C 8.70, BVerwGE 40, 258 (263); Urteil v. 22. 01. 1993 –8 C 46.91, BVerwGE 92, 8 (15); Urteil v. 07. 06. 2001 –4 CN 1.01, BVerwGE 114, 301 (304); Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 30. 116 So ständige Rechtsprechung seit: BVerwG, Urteil v. 29. 04. 1964 –1 C 30.62, BVerwGE 18, 247 (253f.). 117 BVerwG, Beschluss v. 14. 08. 1995 –4 NB 21.95, in: Buchholz 406.11 § 1 Nr. 86; BVerwG, Beschluss v. 11. 05. 1999 – 4 BN 15.99, in: UPR 1999, S. 352. 118 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 23; Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 31. 119 BVerwG, Beschluss v. 11. 05. 1999 – 4 BN 15.99, in: UPR 1999, 352 (353).

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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ist nach der Rechtsprechung des BVerwG auszugehen, wenn eine planerische Festsetzung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen, oder eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. 120 Bei der Bejahung oder Verneinung eines Planungsbedürfnisses im Hinblick auf die planerische Konzeption ist der Gemeinde allerdings ein erheblicher Entscheidungsspielraum zuzubilligen, 121 mit der Folge, dass das Merkmal der Erforderlichkeit nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen 122 sowie einer völligen Konzeptionslosigkeit 123 zu einer Beschränkung der Planungshoheit führt. Ausreichend und erforderlich ist daher eine Planung, der ein entsprechendes öffentliches Interesse zu Grunde liegt. Dies bedingt, dass das daraus entwickelte Konzept bodenrechtlich begründet ist und nach den Maßstäben des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB von vornherein nicht als undurchführbar erscheint, die Planung also somit „vernünftigerweise geboten“ ist. 124 Vernünftigerweise geboten ist eine bauleitplanerische Regelung in diesem Zusammenhang nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet. 125 Weil es konkurrierende Raumnutzungsansprüche wie auch Erfordernisse der Schonung des Raumes (§ 1 Abs. 5 BauGB) gibt, bedarf die Bodennutzung einer Ordnung durch Planung. Diese darf aber nur so weit gehen, wie Ordnungsbedürfnisse bestehen. 126 In diesem Zusammenhang ist umstritten, ob § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB das Entstehen und die Grenzen sowohl der Planungspflicht als auch der Planungsbefugnis regelt und ob insoweit nicht nur die Planungspflicht, sondern auch die Planungsbefugnis aus dem Prinzip der städtebaulichen Erforderlichkeit herzuleiten ist. Die herrschende Meinung geht jedenfalls davon aus, dass in Bezug sowohl auf die Planungsbefugnis als auch auf die Planungspflicht das in § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB verwendete Merkmal der Erforderlichkeit einschlägig und jeweils mit dem gleichen Ergebnis zu interpretieren sei. Konsequenz dieser Ansicht ist, dass zum einen 120 BVerwG, Urteil v. 14. 07. 1972 – IV C 8.70, BVerwGE 40, 258 (263); BVerwG, Beschluss v. 11. 05. 1999 – 4 BN 15.99, in: UPR 1999, S. 352. 121 BVerwG, Beschluss v. 11. 05. 1999 – 4 BN 15.99, in: UPR 1999, S. 352; Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 196. 122 BVerwG, Urteil v. 03. 06. 1971 – IV C 64.70, BVerwGE 38, 152 (157); BVerwG, Urteil v. 22. 01. 1993 –8 C 46.91, BVerwGE 92, 8 (14f.). 123 BRS 49 Nr. 2. 124 BVerwG, Urteil v. 09. 06. 1978 –4 C 54.75, BVerwGE 56, 71 (76); BVerwG, Urteil v. 22. 01. 1993 – 8 C 46.91, BVerwGE 92, 8 (15). 125 BVerwG, Beschluss v. 11. 05. 1999 –4 BN 15.99, in: UPR 1999, 352 (353); Urteil v. 07. 06. 2001 – 4 CN 1.01, BVerwGE 114, 301 (304). 126 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 17.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

die Erfüllung dieses Merkmals im konkreten Fall sowohl die Planungsbefugnis als auch die Planungspflicht begründet (Gebotsaspekt) und zum anderen die Nichterfüllung dieses Merkmals nicht nur die Planungspflicht, sondern zugleich auch die Planungsbefugnis ausschließt (Verbotsaspekt). 127 So heißt es bei Söfker in der Kommentierung zu § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB: „Planungsbefugnis und Planungspflicht sind an das Erfordernis der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung gebunden. Liegt eine die Erforderlichkeit begründende Situation nicht vor, besteht weder eine Planungspflicht noch eine Befugnis zur Planung.“ 128 Bei Krautzberger heißt es unter der Überschrift „Planungsbefugnis und Planungspflicht (§ 1 Abs. 3)“: „Die Aufstellung von Bauleitplänen ist einerseits verboten, wenn sie nicht i. S. d. Abs. 3 S. 1 erforderlich ist. Sie ist andererseits geboten, sofern sie unter den Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 erforderlich ist.“ 129 Im Ergebnis komme mit dem Planungserfordernis des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB für die Gemeinden daher sowohl eine Begrenzung der Planungsbefugnis als auch eine Verpflichtung zur Planung zum Ausdruck. 130 Rechtfertigung und Grenze für die hoheitliche Planung sei insoweit die Erforderlichkeit der Planung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung in der Gemeinde. 131 Auch nach der Rechtsprechung des BVerwG stellt § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB die Planungsbefugnis der Gemeinden unter den Vorbehalt der städtebaulichen Erforderlichkeit und wirkt damit in zweierlei Weise auf das gemeindliche Planungsermessen ein: In Anlehnung an den Wortlaut des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB könne sich zum einen das planerische Ermessen der Gemeinde aus städtebaulichen Gründen objektivrechtlich zu einer strikten Planungspflicht verdichten. Zum anderen setze der Maßstab der städtebaulichen Erforderlichkeit der Ausübung der Planungsbefugnis zugleich aber auch inhaltliche Grenzen. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB verbinde somit das Gebot erforderlicher Planungen mit dem Verbot nicht erforderlicher Planungen. 132 Dieses Ergebnis ist jedoch problematisch. Verankerte man Planungspflicht und Planungsbefugnis gleichermaßen in dem Prinzip der städtebaulichen Erforderlichkeit, so würde dies bedeuten, dass ein und derselbe Begriff unterschiedlich zu bestimmen ist, je nachdem, ob das Merkmal auf die Planungsbefugnis oder aber auf die Planungspflicht bezogen wird. Folglich würde ein in derselben Norm nur einmal verwendetes Merkmal je nach Bezugsrichtung unterschiedliche Bedeutungsgehalte aufweisen. 133 Eine solche Gesetzestechnik geht mit dem Willen des 127

Weyreuther, in: DVBl. 1981, 369 (371). Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 30. 129 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 25. 130 Grundlegend: Weyreuther, in: DVBl. 1981, 369ff. 131 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 17. 132 BVerwG, Urteil v. 17. 09. 2003 – 4 C 14.01, BVerwGE 119, 25 (29). 133 So auch Bender, in: FS für Weyreuther, S. 125 (127); Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 49f. 128

B. Bauleitplan im Allgemeinen

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Gesetzgebers nicht konform. Aus den Gesetzesmaterialien zur Vorgängernorm des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB 134 ergibt sich insoweit, dass die der Gemeinde in dem Entwurf zuerkannte Planungshoheit zugleich die Verpflichtung zur Planaufstellung beinhaltet, sobald und soweit örtliche oder überörtliche Verhältnisse dies erfordern. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten lediglich unnötige oder undurchführbare Pläne verhindert werden. 135 Geht man also vom Wortlaut des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB aus, dann regelt diese Norm in der Tat ausschließlich die Planungspflicht. Eine das kommunale Planungs- (bzw. Entschließungs-) ermessen auf Null reduzierende Pflicht zu einer durch bestimmte Grundzüge gekennzeichneten, den Kriterien der Planungsbefugnis genügenden Bauleitplanung entsteht (erst) dann, wenn die konkrete Planung der Deckung eines aus einer planerischen Grundvorstellung des Planungsträgers oder aus sonstigen Gegebenheiten folgenden, baldige Befriedigung fordernden Planungsbedarfs dient; die konkrete Planung also vernünftigerweise geboten ist. 136 Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Untätigkeit der Gemeinde wegen ihrer Folgewirkungen – auch gemeindegebietsübergreifend – unvertretbar ist und deshalb qualifizierter Handlungsbedarf besteht. 137 Für die Bestimmung der äußersten Grenzen, insbesondere also der „Auslöseschwelle“ der Planungsbefugnis, ist in erster Linie die Aufgabennorm des § 1 Abs. 1 BauGB maßgebend. 138 Danach ist die Gemeinde zu jeder Planung befugt, die im Sinne einer städtebaulichen Entwicklung und Ordnung die bauliche und sonstige Nutzung der Flächen in der Gemeinde vorbereitet und leitet. Grundsätzlich obliegt es dabei der Gemeinde, einen Bauleitplan aufzustellen, zu ändern oder aufzuheben. 139 Das Planungsermessen verdichtet sich aber zur Planungspflicht, wenn ohne die Planung eine geordnete städtebauliche Entwicklung nicht gewährleistet werden kann, also sobald und soweit sich aus Gründen städtebaulicher Entwicklung und Ordnung ein solcher Planungsbedarf herausstellt, dass seine Befriedigung vernünftigerweise bereits in der Gegenwart geboten ist.

134

In der Vorgängernorm § 2 Abs. 1 BBauG 1960 (BGBl. I 1960, S. 341ff.) hieß es: „Die Bauleitpläne sind von den Gemeinden in eigener Verantwortung aufzustellen, sobald und soweit es erforderlich ist.“ 135 BT-Drs. 3/336, S 62. 136 So Bender, in: FS für Weyreuther, S. 125 (130); BVerwG, Urteil v. 09. 06. 1978 –4 C 54.75, BVerwGE 56, 71 (76); BVerwG, Urteil v. 22. 01. 1993 –8 C 46.91, BVerwGE 92, 8 (15). 137 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, S. 83. 138 Bender, in: FS für Weyreuther, S. 125 (129). 139 BVerwG, Urteil v. 17. 09. 2003 – 4 C 14.01, BVerwGE 119, 25 (28).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

III. Das Kodifikationsprinzip Die Vorbereitung und Leitung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung hat nach Maßgabe des BauGB zu erfolgen (§ 1 Abs. 1 BauGB). Das damit formulierte Kodifikationsprinzip sichert die speziellen gesetzlichen Ausprägungen der in den anderen beiden Prinzipien angelegten Instrumente ab. 140 Die Bauleitplanung soll mittels der im BauGB vorgesehenen Instrumente und Verfahren erfolgen. Es bezeichnet die Vorrangstellung der Bauleitplanung innerhalb des Städtebaurechts und die Unzulässigkeit anderer als der im BauGB geregelten Formen der Bauleitplanung, soweit hierdurch die der Bauleitplanung vorbehaltenen Aufgaben ersetzt werden oder gar auf die Bauleitplanung ganz oder teilweise verzichtet wird. 141 Ersatzinstrumente zur Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung sind die planersetzenden (§ 34 BauGB) oder ersatzplanerischen (§ 35 BauGB) Regelungen über die Zulässigkeit von Vorhaben im Innen- und Außenbereich, in denen die Grundstücksnutzung einer Bauleitplanung grundsätzlich nicht bedarf.

C. Die Aufgaben- und Funktionszuweisung des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan im Speziellen nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB Gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB besteht die Aufgabe des Flächennutzungsplans darin, für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB konkretisiert damit die in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB enthaltende Aufgabenstellung des Flächennutzungsplans als vorbereitenden Bauleitplan, indem insbesondere in § 5 Abs. 1 BauGB eine allgemeine Verpflichtung zum Inhalt des Flächennutzungsplans und in § 5 Abs. 2 BauGB die (wichtigsten) Darstellungsmöglichkeiten des Flächennutzungsplans geregelt sind und auf diese Weise eine Konkretisierung der erforderlichen Inhalte des Flächennutzungsplans erfolgt. 142 I. Die Flächennutzungsplanung als vorbereitende Bauleitplanung 1. Das System der Zweistufigkeit der Bauleitplanung „Unter Umständen zwingen die Erfordernisse des modernen Städtebaus dazu, die Aufstellung eines verbindlichen Bebauungsplans in der dafür zuständigen Ortstufe durch 140 141 142

Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101). Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 23; Schmidt-Aßmann, in: BauR 1978, 99 (101). Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 6.

C. Vorbereitender Bauleitplan im Speziellen

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Pläne vorzubereiten, die zunächst einmal die Flächenaufteilung im großen vornehmen und die Bebauung im allgemeinen festlegen. Die Aufstellung der vorbereitenden Pläne kann also eine notwendige Voraussetzung für die richtige Erfüllung der der Ortstufe gestellten Verwaltungsaufgabe sein, die Bebauung planvoll zu leiten.“ 143

Mit dieser rechtsgutachterlichen Kernaussage legte das BVerfG im Jahre 1954 den Grundstein für ein bundeseinheitliches System der Zweistufigkeit der Bauleitplanung, das mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1960 144 zum ersten Mal in der deutschen Rechtsgeschichte ausdrücklich normiert worden ist. Obwohl die Zweistufigkeit der Bauleitplanung nach dem BBauG bereits vor dessen Erlass – als die Materie noch landesgesetzlicher Regelung unterlag – praktiziert worden war 145, schaffte der Gesetzgeber erst jetzt eine einheitliche Städtebauordnung mit rechtlichen Rahmenbedingungen für die Handhabung der städtebaulichen Entwicklungs- und Flächennutzungsplanung. 146 Dieses System der zweistufigen Bauleitplanung und die hierfür maßgebenden Plantypen, nämlich der als vorbereitender Bauleitplan bezeichnete Flächennutzungsplan und der als verbindlicher Bauleitplan bezeichnete Bebauungsplan, hat das BauGB, welches am 01. 07. 1987 in Kraft getreten ist, 147 aus dem BBauG übernommen. 148 § 1 Abs. 2 BauGB besagt insoweit, dass die Bauleitplanung, deren Aufgabe der unmittelbar vorausgehende Abs. 1 als die Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde umschreibt, prinzipiell mittels zweier Pläne, des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans zu erfolgen hat, und dass das Verhältnis dieser beiden Pläne zueinander dadurch charakterisiert ist, dass jener ein „vorbereitender“ und dieser ein „verbindlicher“ Bauleitplan ist oder – im Sinne der Aufgabenstellung in § 1 Abs. 1 BauGB –, dass jener dazu bestimmt ist, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten, während dieser sie leitet. 149 Nur in den gesetzlich geregelten Fällen des selbständigen (§ 8 Abs. 2 S. 2 BauGB), des vorzeitigen (§ 8 Abs. 4 BauGB) und des parallel entwickelten und vorzeitig angezeigten und bekannt gemachten (§ 8 Abs. 3 BauGB) Bebauungsplans, auf die noch einzugehen sein wird, 150 kann 143 Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 –1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (424). 144 BGBl. I (1960), S. 341ff. 145 Das in § 8 BBauG normierte Prinzip, wonach die zweite Stufe aus der ersten zu entwickeln ist, war bereits in den Aufbaugesetzen der Länder verankert – vgl. § 18 AufbauG Rhl.-Pf. i. d. F. vom 01. 08. 1949, Gesetz- und Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz, Teil I, S. 317; Pathe, in: DVBl. 1950, 33 (35); Martens, Die Rechtswirkungen des Flächennutzungsplans, S. 5. 146 Baldauf, Gerd, Zum Wechselverhältnis städtebauliche Entwicklungsplanung – Flächennutzungsplan, S. 1. 147 Bekanntmachung des BauGB vom 08. 12. 1986, BGBl. I S. 2253. 148 Gierke in: Brügelmann, § 1 Rn. 134. 149 Finkelnburg, in: FS für Weyreuther, S. 111f. 150 Siehe unten: 4. Kapitel, B.I. 1.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

die Gemeinde das Gebot der Zweistufigkeit außer Acht lassen und die Bauleitplanung auf eine einstufige Bebauungsplanung reduzieren. Inwieweit nunmehr mit der Einführung des Instituts des Teilflächennutzungsplans in § 5 Abs. 2b BauGB durch das am 20.07. 2004 in Kraft getretene Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG-Bau) 151 das System der zweistufigen Bauleitplanung durchbrochen wird, ist im Folgenden zu untersuchen. 2. Die Einordnung des Teilflächennutzungsplans in das System der gestuften Planung Mit dem durch das EAG Bau 2004 auf Vorschlag des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen neu in das BauGB eingefügten § 5 Abs. 2b BauGB wird den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, für Darstellungen des Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sachliche Teilflächennutzungspläne aufzustellen. 152 Der sachliche Teilflächennutzungsplan ist insoweit auf die mit diesen Rechtswirkungen zusammenhängenden Darstellungen beschränkt und daher abzugrenzen von dem allgemeinen Flächennutzungsplan i. S. d. § 5 Abs. 1 BauGB (auch Gesamtflächennutzungsplan genannt). Dieser kennt einen Teilflächennutzungsplan grundsätzlich nicht, sondern nur den prinzipiell das gesamte Gemeindegebiet umfassenden Flächennutzungsplan, der die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung der Gemeinde in den Grundzügen darstellt (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB) und begrifflich als Flächennutzungsplan bezeichnet wird. 153 § 5 Abs. 2b BauGB stellt demgegenüber eine Besonderheit dar, indem für bestimmte Vorhaben der in § 35 Abs. 1 Nr. 2 –6 BauGB bezeichneten Art ein sachlicher Teilflächennutzungsplan ermöglicht wird. Der Gesetzgeber durchbricht damit das nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB geltende Prinzip, wonach der Flächennutzungsplan grundsätzlich für das gesamte Gemeindegebiet aufzustellen ist. Diese Abweichung vom Prinzip der Einheitlichkeit des Flächennutzungsplans gilt aber nicht nur in sachlicher, sondern auch in räumlicher Hinsicht: Das Gesetz verlangt nicht, dass der Teilflächennutzungsplan hinsichtlich der ausschließenden Wirkung gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sich stets auf den gesamten Außenbereich einer Gemeinde beziehen muss. Auch die Aufstellung räumlich begrenzter Pläne, deren ausschließende Wirkungen nur für einen räumlichen Teilbereich einer Gemeinde gelten sollen, ist zulässig. 154 Ein derart räumlich begrenzter Teilflächennutzungsplan hat den Vorteil, dass die Gemeinde das planerische Konzept zur Nutzung des Außenbereichs auch schrittweise durch Aufstellung weiterer Teilflä151

BGBl. I (2004), S. 1359. BT-Drs. 15/2996, S. 64f. 153 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 62a. 154 So auch Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 62g; Gierke, in: Brügelmann, § 5 Rn. 68ff., der insoweit auf Nr. 3.5.1.1 EAG-Mustererlass der Fachkommission Städtebau der ARGEBAU verweist; a. A.: Reidt, in: Gelzer / Bracher / Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 108. 152

C. Vorbereitender Bauleitplan im Speziellen

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chennutzungspläne verwirklichen kann. 155 Diese Vorgehensweise lässt § 5 Abs. 2b BauGB ausdrücklich zu, weil die Vorschrift nicht nur den Erlass eines einzelnen Teilflächennutzungsplans, sondern auch von mehreren Teilflächennutzungsplänen erlaubt. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob die Aufnahme des Teilflächennutzungsplans in § 5 Abs. 2b BauGB der Einführung einer neuen Planungsstufe als Zwischenebene zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan gleichkommt 156 und ob hierdurch der Grundtypus zweistufiger Bauleitplanung in Frage gestellt wird. Die Vorbereitung und Leitung der Grundstücksnutzung soll gem. § 1 Abs. 1 BauGB durch die Bauleitplanung erfolgen. Das Institut der Bauleitplanung selbst ist durch das BauGB abschließend geregelt. Dies gilt insbesondere für die gesetzlichen Typen der Bauleitpläne, zu denen gem. § 1 Abs. 2 BauGB der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan und der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan gehören. Es besteht insoweit ein gesetzlicher Typenzwang, der den Grundsatz typenkonformer Planung in § 1 Abs. 1 BauGB konkretisiert. 157 Mit der Bestimmung des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan und des Bebauungsplans als verbindlicher Bauleitplan wird gleichzeitig die Zweistufigkeit der Bauleitplanung zum Ausdruck gebracht. Aus dem in § 1 Abs. 2 BauGB normierten Prinzip der zweistufigen Bauleitplanung folgt demnach zum einen, dass die Bauleitplanung, deren Aufgabe der unmittelbar vorausgehende Abs. 1 als die Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde umschreibt, prinzipiell mittels zweier Pläne, des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans, zu erfolgen hat. Zum anderen besagt das Prinzip der Zweistufigkeit, dass die Bauleitplanung umgekehrt aus nicht mehr als zwei Stufen bestehen darf. Es begrenzt mithin das gemeindliche Planungsverhalten auf die beiden Planungsstufen des vorbereitenden und verbindlichen Bauleitplans und schließt aus, dass die Gemeinde zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan andere verbindliche Planungsebenen einschiebt. 158 Im Umkehrschluss aus § 1 Abs. 2 BauGB bedeutet dies daher für den Teilflächennutzungsplan, dass er keine eigene Planungsstufe im System der abgestuften Bauleitplanung als Zwischenebene zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan darstellt. Der Teilflächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 2b BauGB zwar ein eigenständiger Plan, der rechtlich unabhängig ist von einem (allgemeinen) Flächennutzungsplan i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB und daher aufgestellt werden kann, ohne dass ein solcher (allgemeiner) Flächennutzungsplan vorliegt. 159 Die Pflicht zur Aufstellung eines vollständigen Flächennutzungsplans für das gesamte Gemeinde wird hierdurch 155 156 157 158 159

Gierke, in: Brügelmann, § 5 Rn. 66. So jedenfalls Lüers, in: UPR 1997, 348 (353). Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 20; Gierke in: Brügelmann, § 1 Rn. 128. Finkelnburg, in: FS für Weyreuther, S. 112. Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 62d; Gierke, in: Brügelmann, § 5 Rn. 67.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

aber nicht berührt. Die zentrale Funktion des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan besteht nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB darin, die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung in den Grundzügen für das gesamte Gemeindegebiet darzustellen. Eine (lediglich) weitergehende Funktion kommt dem Flächennutzungsplan im Hinblick auf die Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 –6 BauGB zu, sofern Darstellungen mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB getroffen werden. 160 Zum Zwecke der Erleichterung der Praxis für solche Darstellungen sind die Gemeinden ermächtigt, für die Ausweisung von Standorten der betreffenden Vorhaben im Außenbereich anstelle einer Ergänzung des das gesamte Gemeindegebiet umfassenden Flächennutzungsplans i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB sachliche Teilflächennutzungspläne gem. § 5 Abs. 2b BauGB aufzustellen. Mit der Einführung des sachlichen Teilflächennutzungsplans ist insoweit erstmals ein eigenständiges Instrument geschaffen worden, mit dem in bestimmter Weise die gesetzlich normierte Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich in der Weise modifiziert werden kann, dass diese Vorhaben nicht generell allein nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung zulässig sind, sondern auf Grund planerischer Entscheidung der Gemeinde auf bestimmte Standorte verwiesen werden können. 161 Aus der rechtlichen Selbständigkeit des sachlichen Teilflächennutzungsplans folgt daher auch, dass das Bestehen eines (allgemeinen) Flächennutzungsplans nicht die Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplans hindert und der Teilflächennutzungsplan neben einen bereits bestehenden (allgemeinen) Flächennutzungsplan treten kann. 162 Die Aufstellung eines Teilflächennutzungsplans bezieht sich nur auf solche Darstellungen, mit denen die Rechtswirkungen für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 –6 BauGB erreicht werden sollen. Ein das gesamte Gemeindegebiet abdeckendes Entwicklungskonzept für die sich aus den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde ergebende Art der Bodennutzung kann der Teilflächennutzungsplan i. S.v. § 5 Abs. 2b BauGB hingegen nicht ersetzen. Ihm kommt allein eine weitergehende Funktion zur Steuerung von Außenbereichsvorhaben zu. Mithin wird der Grundtypus zweistufiger Bauleitplanung auch nicht durch das neu eingeführte Institut des Teilflächennutzungsplans in Frage gestellt, sondern bestätigt. 163 3. Die vorbereitende Funktion des Flächennutzungsplans Nach § 1 Abs. 2 BauGB handelt es sich bei dem Flächennutzungsplan in Anlehnung an das BBauG um den „vorbereitenden“ Bauleitplan, der bereits im Hinblick 160

BT-Drs. 15/2996, S. 64f. Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 62a. 162 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 62d; Gierke, in: Brügelmann, § 5 Rn. 67. 163 So auch Finkelnburg, in: FS für Weyreuther, S. 114 bezogen auf die Möglichkeit der Aufstellung von Teilflächennutzungsplänen nach § 246a Abs. 1 Nr. 1 S. 3 BauGB 1990, der für das Beitrittsgebiet galt. 161

C. Vorbereitender Bauleitplan im Speziellen

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auf die in der Vorschrift verwendete Terminologie noch der konkreten Umsetzung durch den verbindlichen Bebauungsplan bedarf. 164 Diese Differenzierung zeigt sich an mehreren Stellen des BauGB. So trägt der Bundesgesetzgeber dem Unterschied zwischen dem vorbereitenden Charakter des Flächennutzungsplans und dem verbindliches Recht schaffenden Bebauungsplan zunächst durch eine unterschiedliche Formulierung in den jeweiligen Vorschriften Rechnung. 165 Gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB ist im Flächennutzungsplan die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung „darzustellen“, während der Bebauungsplan gem. § 8 Abs. 1 S. 1 BauGB rechtsverbindlich „festsetzt“, welche städtebaurelevanten Maßnahmen auf einem Grundstück zulässig sind. Tatsächlich bilden daher erst die rechtsverbindlichen Festsetzungen des Bebauungsplans die rechtliche Grundlage für die Bebauung der Grundstücke, für städtebauliche Gebote, die Enteignung, gemeindliche Vorkaufsrechte oder bodenordnende Maßnahmen. 166 Der Bebauungsplan ist deshalb das eigentliche, auf Vollzug angelegte städtebauliche Instrument. Er bestimmt unmittelbar die rechtliche Qualität des Bodens und ist Anknüpfungspunkt für die planakzessorischen städtebaulichen Instrumente des Baugesetzbuches (§§ 14, 30 BauGB). 167 Auf Grund dieser rechtlichen Verbindlichkeit und seiner Vollzugseignung kann der Bebauungsplan jedoch nur auf eine kleinräumige Ordnung angelegt sein. 168 Als einzelnes bauplanungsrechtliches Instrument vermag er die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des gesamten Gemeindegebietes nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB nicht zu lenken und sicherzustellen. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB sieht daher zwingend vor, dass für das gesamte Gemeindegebiet ein Flächennutzungsplan aufzustellen ist. Dieser ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers ein umfassendes gesamtgemeindliches Entwicklungskonzept. 169 Gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB ist im Flächennutzungsplan für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Ein weiteres Merkmal für den vorbereitenden Charakter des Flächennutzungsplans kommt in diesem Zusammenhang in dem mit seinen Darstellungen verbundenen weiten Gestaltungsspielraum zum Ausdruck. In Abgrenzung zu den Festsetzungen des Bebauungsplans zieht der Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB der planerischen Freiheit der Gemeinde keine inhaltliche Grenze, sondern ist lediglich beispielhaft. Die Gemeinde ist insoweit befugt, auf andere als die in § 5 Abs. 2 BauGB genannten Darstellungen zurückzugreifen, um ihren Planungsabsichten Ausdruck zu verleihen. 170 Sie ist in ihren Entscheidungen über Darstellungen des 164 165 166 167 168 169 170

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 23. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 23. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 23. Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 1. Gaentzsch in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 5. Lüers, in: UPR 1997, S. 348. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 23f.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Flächennutzungsplans freier. Dem entspricht es, dass die Flächennutzungspläne beispielsweise nicht das schon im Einzelnen bestimmte „Bauland“ oder die – genauen – Verkehrsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 11 BauGB), sondern nur die weniger genau bestimmten „Bauflächen“ und „Baugebiete“ bzw. „die Flächen für den überörtlichen Verkehr und für die örtlichen Hauptverkehrszüge“ darstellen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 BauGB). Angesichts des nur allgemeinen Aussagegehaltes und der damit gegebenen Ausfüllungsbedürftigkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans ist dieser insoweit „grobmaschiger“ als der Bebauungsplan. 171 Aus der Grobmaschigkeit der Planung folgt eine dem Gegenstand und der räumlichen Ausdehnung nach geringere Schärfe des Flächennutzungsplans. Das Fehlen der Parzellenschärfe und die Tatsache, dass der Flächennutzungsplan in einem stärkeren Maße als der Bebauungsplan auf Prognosen aufbaut (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB), verleihen den Darstellungen schon in räumlicher Hinsicht einen geringeren Grad an Verlässlichkeit bezüglich der künftigen tatsächlichen Gestaltung. 172 Schließlich ist der Flächennutzungsplan seinem Wesen nach insoweit „vorbereitender“ Bauleitplan, als aus ihm die Bebauungspläne zu entwickeln sind (§ 8 Abs. 2 S. 1 BauGB). 173 Der Flächennutzungsplan als das räumliche Entwicklungskonzept der Gemeinde, mit dem sie ihre flächenbezogenen Planungen koordinieren, ihre wichtigsten Standortentscheidungen darstellen und damit in groben Zügen die Nutzungsabsichten für sämtliche Flächen im Gemeindegebiet vorgeben, ist letztendlich der Bauleitplan, mit dem die Gemeinde auf allen Beteiligungs- und Planungsebenen ihr räumliches Gesamtkonzept in kompakter Form vorab darstellt. Dieses bildet die Grundlage und setzt den Rahmen für die Bebauungspläne. Darüber hinaus gibt es die Vorgaben für die zukünftige Inanspruchnahme von Flächen und ordnet diese im Sinne einer sozialgerechten, dem Wohl der Allgemeinheit dienenden städtebaulichen Gesamtkonzeption, die im Rahmen einer ausgeglichenen Bodennutzung Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung bietet und zugleich eine menschenwürdige Umwelt und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gewährleistet. II. Funktion und Inhalt der Flächennutzungsplanung nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB weist dem Flächennutzungsplan die Aufgabe zu, für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwick171 BVerwG, Urteil v. 15. 03. 1967 – IV C 205.65, BVerwGE 26, 287 (292); BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74). 172 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74); Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 137. 173 Hierzu im Einzelnen: 4. Kapitel, B.II. 1. a).

C. Vorbereitender Bauleitplan im Speziellen

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lung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Der Gesetzgeber schafft damit ein Bodennutzungskonzept, das den planerischen Willen der Gemeinde in Bezug auf die künftige Inanspruchnahme der gemeindlichen Flächen – und zwar sowohl für eine bauliche als auch für eine sonstige Nutzung – zum Ausdruck bringt und als Grundlage für ein sozial ausgewogenes Bodenmanagement der gemeindlichen Raumplanung dient. Die hieraus abzuleitende Ordnungs- (oder Koordinierungs-) und Entwicklungsfunktion sowie die Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans stellen die beiden herausragenden Aspekte der Flächennutzungsplanung dar, 174 auf die im Folgenden genauer eingegangen werden soll (1.). Im Anschluss daran wird der Inhalt des Flächennutzungsplans näher erläutert (2.). 1. Die Entwicklungs-, Ordnungs- und Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans Der Flächennutzungsplan einer Großstadt, für eine bestimmte Einwohnerzahl ausgelegt, hatte ursprünglich die Aufgabe, die maximale Aufnahmekapazität des Gemeindegebietes abzuklären. 175 Er stellte in aller Regel nicht eigentlich ein Entwicklungsziel der Stadt dar, sondern war nur als Nachweis gemeint, dass diese Zahl tatsächlich untergebracht werden könne, sollte dies notwendig werden. Die Darstellung von Straßen, Schulen und anderen Einrichtungen der öffentlichen Hand im Plan bedeutete zudem noch keineswegs die Zusage, entsprechende öffentliche Investitionen vorzunehmen. 176 Aussagen über die Verwirklichung der Planziele waren dem Flächennutzungsplan insoweit nicht zu entnehmen. Aus diesem Grund sowie wegen der sehr großzügig dimensionierten Darstellungen und des fehlenden Finanzbezuges konnte ihm eine Steuerungsfunktion für das nachfolgende Verwaltungshandeln nicht zukommen. 177 Die städtebauliche Flächennutzungsplanung war vielmehr von technischhygienischen Gesichtspunkten bestimmt, die dem baupolizeilichen Streben nach Sicherheit und Ordnung entsprachen. Das Stadtwachstum und die zum Teil stürmische Ausbreitung der Wohnviertel der Städte wurden als gegeben und nicht grundsätzlich beeinflussbar hingenommen. 178 Die Flächennutzungsplanung fungierte deshalb im allgemeinen als Auffangplanung, die nicht dem Steuerungs-, sondern dem Wettbewerbsprinzip unterlag, das die Realisierung der aufgestellten Ziele weitgehend den Kräften des Marktes überließ, denen nur ein grober Rahmen gesteckt wurde. 179 Ob, wann, wieweit und mit welchen Mitteln sie ausgeführt wurde, lag nicht in der Hand des Planers. 180 174 175 176 177 178 179

So auch Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 27. Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 49. Wagener, in: DVBl. 1970, 93 (94). Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 49. Wagener, in: DVBl. 1970, 93 (94). Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 49.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Nachdem die Vorstellung, die Entwicklung der Städte und Gemeinden werde vom Marktprozess zum allgemeinen Besten gelenkt, als Illusion erkannt worden und die Einsicht gewachsen war, dass die technische Welt sich heute so tiefgreifenden und schnellen Wandlungen gegenübersieht, dass dieser Wandel in seinem Fortgang nicht sich selbst überlassen werden kann, wurde gefordert, das Wettbewerbsprinzip durch das Steuerungsprinzip zu ergänzen und die Ordnungsfunktion der baupolizeilichen Fluchtlinienplanung teilweise durch ein an bestimmten Inhalten städtebaulicher Planung orientiertes Bauplanungsrecht abzulösen, in dessen Fortsetzung die Aufbaugesetze sowie das BBauG von 1960 und das heutige BauGB stehen. 181 Dieses Bauplanungsrecht schreibt vor, in welcher Weise die Bodennutzung eines bestimmten Gebiets zu erfolgen hat, mit räumlichen wie inhaltlichen Festlegungen, die sowohl bestimmtes Verhalten untersagen (Ordnungsfunktion) als auch Verhalten vorschreiben (Gestaltungsfunktion). 182 Die Entwicklung der Stadt, wie sie von den autonomen Kräften der Gesellschaft verursacht wurde, sollte nicht länger als „Naturereignis“ hingenommen, sondern in sie sollte zielsetzend und lenkend eingegriffen werden. 183 Nicht Auffangplanung, sondern Entwicklungsplanung stand von nun an im Vordergrund. Die Verlagerung des Schwergewichts von der Ordnungsfunktion zur Gestaltungs- und Entwicklungsfunktion zog gleichzeitig einen Funktionswandel des Flächennutzungsplans nach sich. Dieser ist nicht mehr nur ein Plan „zur Kanalisierung quasi naturwüchsiger Entwicklungspläne“ 184, sondern bildet die Grundlage und setzt den Rahmen für das weitere Handeln politischadministrativer wie privater Entscheidungseinheiten in Bezug auf die Bodennutzung und damit auf die städtebauliche Entwicklung. 185 Der Flächennutzungsplan beinhaltet nicht nur die zum Ausgleich gebrachten Zielvorstellungen sowohl der Bürger, der Träger öffentlicher Belange als auch der Gemeinde selbst in Bezug auf die Bebauung, sondern setzt – über eine einseitige Bezugnahme auf die Bebauung hinaus – im Sinne eines das gesamte Gemeindegebiet umfassenden Bodennutzungskonzeptes, das alle an die künftige Raumnutzung gestellten Ansprüche zum Ausgleich bringt, den Rahmen für die nach den bestehenden städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen künftige Bodennutzung auf den Flächen in der Gemeinde. 186 Durch den umfassenden Anspruch dieses Bodennutzungskonzeptes soll verhindert werden, dass durch kleinteilige, isolierte Planungen ungewollte und für die räumliche Entwicklung abträgliche Situationen entstehen, die einer dem Wohl der All180

Wagener, in: DVBl. 1970, 93 (94). Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 49f.; Schimanke, in: DVBl. 1979, S. 617; Wagener, in: DVBl. 1970, 93 (94). 182 Schimanke, in: DVBl. 1979, S. 617. 183 Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 49f. 184 Wagener, in: DVBl. 1970, 93 (94), Fn. 8. 185 Schimanke, in: DVBl. 1979, S. 617. 186 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 27. 181

C. Vorbereitender Bauleitplan im Speziellen

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gemeinheit entsprechenden sozialgerechten Bodennutzung zuwiderlaufen. Dies erfordert, großräumige Nutzungskonflikte auszuräumen und Wechselbeziehungen zwischen der baulichen und sonstigen Nutzung zu berücksichtigen und so zu steuern und zu ordnen, dass sie einer planerischen Lösung durch die nachgeordnete Bebauungsplanung zugeführt werden können. 187 Dem Flächennutzungsplan kommen innerhalb des Systems von Bauleitplanung und Bauordnung nunmehr im wesentlichen zwei Funktionen zu: Zum einen setzt er den Rahmen für die künftige Bodennutzung in der Gemeinde, indem er Aussagen für das gesamte Gemeindegebiet über die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung entsprechend den in § 5 Abs. 2 Nr. 1 –10 BauGB näher bezeichneten Inhalten trifft und damit Entscheidungsprämissen für das weitere Verwaltungshandeln festlegt. 188 Insoweit kommt dem Flächennutzungsplan eine eindeutige Programmierung- bzw. Steuerungsfunktion zu. Auf diese Weise vermag der Flächennutzungsplan andere Planungen, die sich nur auf Teile des Gemeindegebiets oder auf einzelne Fragen der Bodennutzung beziehen, in einen konzeptionellen Gesamtzusammenhang einzubinden. Dies gilt in erster Linie für den aus dem Flächennutzungsplan zu entwickelnden Bebauungsplan (§ 8 Abs. 2 S. 1 BauGB). 189 Mit der damit einhergehenden lokalen Verantwortung für eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung kommt dem Flächennutzungsplan auch eine Schlüsselstellung für die Umsetzung einer dem Planungsgrundsatz der Nachhaltigkeit des § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB genügenden kommunalen Städtebaupolitik zu. 190 Flächennutzungsplanung kann sich daher nicht mehr auf traditionelle städtebauliche Ansätze beschränken, sondern muss soziale, ökonomische und ökologische Belange in einem gleichgewichtigen, integrierten Leitbild verfolgen. 191 Die Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans ist durch den Wegfall des Anzeige- und Genehmigungsverfahrens für Bebauungspläne, die aus einem rechtswirksamen Flächennutzungsplan entwickelt wurden, deutlich gestärkt worden. Der bundesgesetzlich vorgesehene Verzicht auf die präventive Kontrolle von Bebauungsplänen soll nur stattfinden, soweit dem Entwicklungsgebot nicht Rechnung getragen wird. 192 Die Einschränkung der staatlichen Kontrolle bedingt insoweit eine Beschleunigung des Bebauungsplanverfahrens und führt zu einer gesteigerten kommunalen Eigenverantwortlichkeit für die geordnete und nachhaltige Siedlungs187 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn 4; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 27. 188 Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 1; Schrödter, in: Schrödter, § 5 Rn. 2; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 4; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 4. 189 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 4; Graf, in: BauR 2004, 1552 (1553). 190 Krautzberger / Stemmler, in: FS für Hoppe, S. 317 (325); Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 1a. 191 Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 1a. 192 So der Umkehrschluss aus § 10 Abs. 2 BauGB.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

entwicklung. Neben der politisch gewollten Rücknahme staatlicher Kontrolle und der damit verbundenen zeitlichen Verkürzung des Bebauungsplanverfahrens ist hiermit auch eine deutliche Aufwertung des Flächennutzungsplans verbunden, da nunmehr auf dieser Ebene die planerischen Grundentscheidungen abschließend getroffen werden müssen. 193 Allerdings wertet der bundesgesetzlich vorgesehene Verzicht auf ein Anzeige- und Genehmigungsverfahren die Flächennutzungsplanung nur soweit auf, wie die Länder von der Abweichungsklausel des § 246 Abs. 1a S. 1 BauGB keinen Gebrauch machen. Dies erscheint in der Praxis äußerst problematisch. Denn nach überwiegender Auffassung der Länder erfordern die ohnehin große Fehlerhaftigkeit von Bebauungsplänen, die durch fachgesetzliche Vorgaben gestiegenen Anforderungen an Bebauungspläne und die Genehmigungsfreistellung von Bauvorhaben im Geltungsbereich qualifizierter Bebauungspläne durch die novellierten Bauordnungen der Länder weiterhin eine staatliche Rechtsaufsicht über die Bebauungsplanung. 194 Das Anzeigeverfahren sei insbesondere bei der großen Vielzahl kleinerer und mittlerer Gemeinden ein Garant für rechtskonformes und -beständiges, aber auch qualitätvolles Planen. 195 Insoweit weist auch die Unabhängige Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs auf die Gefahr eines Verlustes an rechtlicher Qualität der Bebauungspläne und damit an Rechtssicherheit für die Planbetroffenen hin. 196 Setzt der Flächennutzungsplan auf der einen Seite den Rahmen für die weitergehenden Planungen in der Gemeinde, so ist er auf der anderen Seite die Planung der Ortsstufe, in der die überörtlichen Vorgaben durch die Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB), aber auch durch überörtliche Fachplanungen (§ 5 Abs. 4 BauGB) aufgenommen, umgesetzt und weiter konkretisiert werden. 197 Die an den unvermehrbaren Grund und Boden gestellten vielfältigen, sich alle auf dasselbe Gemeindegebiet beziehenden Nutzungsansprüche müssen zusammengeführt und gegebenenfalls miteinander in Einklang gebracht werden. 198 Indem der Flächennutzungsplan die überörtlichen Planungen koordiniert, integriert und vor allem die landesplanerischen Ziele und Aktivitäten in den örtlichen Bereich transformiert, obliegt ihm die Aufgabe der Konfliktregelung und Konsensbildung. Er bildet insoweit die Schnittstelle zwischen der überörtlichen Raum- und Landesplanung und der örtlichen Bebauungsplanung. 199 Die Darstellungen des 193

BT-Drs. 13/6392, S. 36; Löhr, in: B / K/L, § 10 Rn. 26; Lüers, in: UPR 1997, 348

(351). 194

Löhr, in: B / K/L, § 10 Rn. 28. Lüers, in: UPR 1997, 348 (351). 196 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Berlin 2002, Rn. 155ff. (162). 197 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 5. 198 Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 6; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 446. 199 Graf, in: BauR 2004, 1552 (1553); Stollmann, Öffentliches Baurecht, S. 28. 195

C. Vorbereitender Bauleitplan im Speziellen

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Flächennutzungsplans und die darin enthaltene Umsetzung der verschiedenen konfligierenden Raumnutzungsansprüche sind an die voraussehbaren Bedürfnisse der Gemeinde gebunden (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB). Die Gemeinde muss die gegenwärtigen Bedürfnisse analysieren und eine Prognose über die künftigen Nutzungsansprüche auf dem Gemeindegebiet erstellen. Als gemeindegebietumfassendes Bodennutzungskonzept stellt der Flächennutzungsplan für die künftige städtebauliche Entwicklung insoweit auf prognostische Entscheidungen ab. 200 Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Rahmen der Flächennutzungsplanung einerseits kommunale Zielvorstellungen erfasst, koordiniert und transformiert und andererseits auf einer derart geordneten Grundlage nachfolgende Planungen gesteuert werden. 201 2. Der Inhalt des Flächennutzungsplans Nachdem § 5 Abs. 1 BauGB Stellung und Aufgabe des Flächennutzungsplans im Planungssystem des Baugesetzbuchs bestimmt, regeln die Absätze 2 bis 4 den zulässigen Inhalt dieses vorbereitenden Bauleitplans. 202 Kernstück sind die Darstellungen i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 1 –10 BauGB – siehe unter a). In ihnen verwirklicht sich neben der Ordnungs- vor allem die Gestaltungsfunktion des Flächennutzungsplans. Der Gemeinde ist deshalb allein durch die Darstellungen die Möglichkeit gegeben, ihre Entwicklungsabsichten planerisch zum Ausdruck zu bringen. 203 Daneben kann der Flächennutzungsplan auch Zuordnungen (§ 5 Abs. 2a BauGB), Kennzeichnungen (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 –3 BauGB), nachrichtliche Übernahmen (§ 5 Abs. 4 S. 1 BauGB) und Vermerke (§ 5 Abs. 4 S. 2 BauGB) enthalten – siehe unter b). a) Darstellungen des Flächennutzungsplans i. S. d. § 5 Abs. 2 BauGB Die Darstellungen des Flächennutzungsplans, die gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung wiedergeben, sind der eigentliche, das gesamträumliche Entwicklungskonzept ausmachende, vom Planungswillen und der abwägenden Entscheidung der Gemeinde getragene und im einzelnen bestimmte Inhalt des Flächennutzungsplans. 204 Sie bekunden den planerischen Willen der Gemeinde, welche Flächen 200 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 10; Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 13. 201 So auch Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 28. 202 Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 10. 203 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 14; Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 10. 204 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 18.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

mit welchen baulichen Nutzungen und in welcher Ordnung zueinander zu belegen sind, welche zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft von Bebauung freigehalten werden sollen und wie diese Flächen sich insgesamt in das Netz des überörtlichen Verkehrs und der örtlichen Hauptverkehrszüge einfügen. Im Rahmen dieser Zweckbestimmung besteht für den Planinhalt ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum. 205 Der Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB zieht der planerischen Freiheit der Gemeinde hinsichtlich des Umfangs und der Art der Darstellungen keine inhaltliche Grenze. Dies impliziert die Verwendung des Wortes „insbesondere“ in der einleitenden Formulierung. Die Gemeinde kann daher weitere Darstellungen als im Katalog vorgesehen treffen, sie kann vor allem auch die Darstellungen weitergehend differenzieren. 206 Die Baunutzungsverordnung eröffnet der Gemeinde hier zahlreiche Möglichkeiten hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung, aber auch eigenständige Differenzierungen sind je nach den spezifischen örtlichen Erfordernissen möglich. Insoweit gewinnen Umweltschutz und -vorsorge angesichts der wachsenden Problematik unserer Siedlungsweise, wie beispielsweise der Flächenverbrauch, Verkehrsentwicklung und Immissionsbelastung, zunehmend an Bedeutung. 207 Die Darstellungen des Flächennutzungsplans geben die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen wieder (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB). Darstellungen, die nicht diesen Zwecken dienen oder sie verfehlen, die keine Aussage über die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung enthalten, sind unzulässig. 208 § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB legt somit mit unbestimmten Rechtsbegriffen fest, welche Kriterien der Flächennutzungsplan zu beachten hat. Die „beabsichtigte städtebauliche Entwicklung“ bezieht sich dabei auf die Planungshoheit der Gemeinde, die in eigener Verantwortung darüber entscheidet, wie sie sich städtebaulich fortentwickeln will. Die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Bodennutzung werden im Flächennutzungsplan dargestellt. 209 Der Begriff „Art der Bodennutzung“ kennzeichnet die rechtliche Grenze der Darstellungsmöglichkeiten. Zur Begriffsbestimmung ist Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG heranzuziehen. 210 Die „voraussehbaren Bedürfnisse“ nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB verlangen eine Prognose der Gemeinde über ihr städtebauliches Entwicklungspotential, beispielsweise hinsichtlich des Wohnbedarfs, der Arbeitsplätze oder der 205

Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 11; Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 12. Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 11. 207 Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 11. 208 So wie die Darstellung einer Sonderbaufläche ohne weitere Zweckbestimmung: BVerwG, Urteil v. 18. 02. 1994 – 4 C 4.92, BVerwGE 95, 123 (125f.). 209 Graf, in: BauR 2004, 1552 (1554); Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 66. 210 Vgl. grundlegend: Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 – 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407ff. 206

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kommunalen Infrastruktur, welche geeignet ist, ein Urteil über den wahrscheinlichen Eintritt künftiger Begebenheiten hervorzubringen. 211 Die in dieser Form von Wahrscheinlichkeitsurteilen abzugebenden Prognosen sind gekennzeichnet durch ihre Zukunftsgerichtetheit, die Projizierung von Fakten, Gesetzlichkeiten sowie Erfahrungswerten nach Maßgabe bloßer Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe. 212 Was danach objektiv notwendig ist, um die Bedürfnisse der Gemeinde zu erfüllen, muss hinsichtlich der daraus folgenden Art der Bodennutzung im Flächennutzungsplan dargestellt werden. Hierin liegt zugleich die Begrenzung der städtebaulichen Planung: Was nach der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung und den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde objektiv nicht notwendig ist, ist nicht „erforderlich“ i. S.v. § 1 Abs. 3 BauGB. Ein Flächennutzungsplan, der an den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde vorbeiplant, verletzt § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB und ist insoweit fehlerhaft. 213 Die Art der Bodennutzung, die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung und den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde ergibt, ist – wie § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB ausdrücklich bestimmt – in den „Grundzügen“ darzustellen. Die Beschränkung auf die Grundzüge bringt eine planungssystematisch notwendige Einschränkung für die Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung zum Ausdruck und knüpft an die Konzeption des Flächennutzungsplans als grobmaschiges Grundkonzept an. 214 Nicht ausreichend sind allerdings Darstellungen, die nicht einmal die Grundzüge der künftigen Nutzung erkennen lassen. 215 Der Flächennutzungsplan ist ein gemeindegebietsumfassendes Gesamtkonzept, das hinreichend aussagefähige Darstellungen für die städtebauliche Entwicklung enthalten muss. 216 Die Grundzüge der Bodennutzung werden dabei wesentlich mitbestimmt durch die übergeordneten, die Gemeinde bindenden Ziele der Raumordnung, aus denen sich die Funktion der Gemeinde im größeren Raum ergibt (z. B. Ort bestimmter Zen211

Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 66; Graf, in: BauR 2004, 1552 (1554). 212 Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, Art. 19 Rn. 198; Tettinger, in: DVBl. 1982, 421 (423); Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7 Rn. 56. 213 Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 66; Erforderlich im Sinne objektiver Notwendigkeit ist das konkrete Planvorhaben dabei nicht erst bei Unausweichlichkeit, sondern wenn sie vernünftigerweise geboten ist: BVerwG, Urteil v. 07. 07. 1978 –4 C 79.76, BVerwGE 56, 110 (119); Zum Begriffsmerkmal „vernünftigerweise geboten“ siehe unter: A.II.2. 214 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 11; BVerwG, Urteil v. 15. 03. 1967 – IV C 205.65, BVerwGE 26, 287 (292); BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74). 215 So für die Darstellung einer Sonderbaufläche nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 BauNVO, BVerwG, Urteil v. 18. 02. 1994 –4 C 4.92, BVerwGE 95, 123 (125f.); BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1584); Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 12. 216 BVerwG, Beschluss v. 12. 02. 2003 –4 BN 9.03, in: BauR 2003, 838 (839); BVerwG, Urteil v. 22. 05. 1987 –4 C 57.84, BVerwGE 77, 300 (304); Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 1.

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tralität i. S.v. § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 1b ROG). Hierdurch findet eine „Vorbestimmung“ der Art der Bodennutzung statt. 217 Im Übrigen ist das planerische Konzept der Gemeinde maßgebend. In diesem Rahmen ist sie nicht gehindert, sich auf solche Darstellungen zu beschränken, die in erster Linie die städtebauliche Struktur des Gemeindegebiets aufzeigen. Der Flächennutzungsplan muss nicht eine lückenlose und vollständige Flächendarstellung enthalten, wohl aber die Abgrenzung der unterschiedlich zu nutzenden Flächen in den Grundzügen, also die Zuordnung der Hauptbauflächen zueinander und zu den von der Bebauung freizuhaltenden Flächen, sowie die wesentliche Infrastruktur. 218 Darüber hinaus können sich aus der Umsetzung des planerischen Konzepts der Gemeinde und den städtebaulich relevanten Verhältnissen in der Gemeinde im Hinblick auf die Pflicht zur Berücksichtigung der Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB sowie § 1a BauGB und den Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB Verpflichtungen zu bestimmten Darstellungen ergeben, beispielsweise zur Berücksichtigung von Anforderungen des Immissionsschutzes hinsichtlich der Zuordnung sich beeinträchtigender Nutzungen und zur Berücksichtigung von Eingriffen in Natur und Landschaft im Hinblick auf die Frage der Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Zwecke und der Darstellung von Flächen für den Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft. 219 Ein notwendiger Inhalt im Sinne eines explizit gesetzlich vorgegebenen Mindestinhalts für die Darstellungen im Flächennutzungsplan ergibt sich daraus aber nicht. 220 Zutreffend ist lediglich, dass im Flächennutzungsplan nur „Planungsgrundzüge“ dargestellt werden können (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB). Die Darstellungen dürfen also einerseits hinter den Grundzügen der Bodennutzung nicht zurückbleiben und andererseits nicht über eine Darstellung der Art der Bodennutzung in den Grundzügen hinausgehen. 221 Die Problematik der Bestimmung der Anforderungen an die Regelungstiefe der Darstellungen im Flächennutzungsplan wird an der schwierigen Aufgabe des Flächennutzungsplans, einen bestimmbaren Rahmen für den Bebauungsplan zu geben, aber gleichzeitig ausreichenden Gestaltungsspielraum zu belassen, deutlich. Zum einen soll der Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB nur die „Grundzüge“ der Planung enthalten und aufgrund seiner Programmierungsfunktion nicht den Bebauungsplan ersetzen oder vorwegnehmen, da erst der Bebauungsplan von Gesetzes wegen parzellenscharfe Festsetzungen trifft (§ 8 Abs. 1 S. 1 BauGB) und der Flächennutzungsplan gem. § 1 Abs. 2 BauGB nur eine vorbereitende Funktion innehat. 222 Andererseits muss der 217

Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 12. BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (75); Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 12. 219 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 12. 220 Graf, in: BauR 2004, 1552 (1555). 221 BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1584). 222 Gronemeyer, in: Gronemeyer, § 5 Rn. 14; Graf, in: BauR 2004, 1552 (1555). 218

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Flächennutzungsplan die Grundzüge der Bodennutzung aufweisen und solche Aussagen enthalten, die dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB Rechnung tragen und ermöglichen, dass öffentliche Planungsträger ihrer Anpassungspflicht nach § 7 BauGB nachkommen können. Auch wenn der Flächennutzungsplan seinem Wesen nach nur ein vorbereitender Bauleitplan und insofern „grobmaschiger“ ist als ein Bebauungsplan, müssen seine Darstellungen aber so bestimmt und eindeutig sein, dass sie einen ausreichenden Rahmen für Konkretisierungen in einem Bebauungsplan und für Planungen anderer Planungsträger bilden können, 223 was beispielsweise bei der Darstellung einer Sonderbaufläche nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 BauNVO ohne nähere Zweckbestimmung nicht der Fall ist. Bei rein formaler Betrachtung könnten aus einer Sonderbaufläche Baugebiete jeglicher Nutzungsart als Sondergebiete entwickelt werden, sofern sie sich nur von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 BauNVO wesentlich unterscheiden. Ein Flächennutzungsplan, der offen lässt, ob in einem bestimmten Bereich ein Sondergebiet beispielsweise für Wochenendhäuser, für Kliniken oder für den großflächigen Einzelhandel geplant werden soll, verfehlt seine Aufgabe, die Bauleitplanung der Gemeinde vorzubereiten, und stellt keine hinreichende Grundlage für das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB dar. 224 Gleiches gilt für die Darstellung von Grünflächen nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB. Auch hier ist ein Mindestmaß an Konkretisierung des Begriffs „Grünfläche“ erforderlich. Zumindest die Grundrichtung der angestrebten Nutzung der Grünfläche muss deutlich werden, ähnlich der Konkretisierungen, die das Baugesetzbuch selbst in § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB vorgibt. 225 Fraglich ist, wo die Grenze des unbestimmten Rechtsbegriffs „Grundzüge der Bodennutzung“ verläuft. Weder Rechtsprechung noch Literatur haben hierzu bislang eindeutig Stellung bezogen. Nach Ansicht des Niedersächsischen Oberwaltungsgerichts 226 sei sie jedenfalls mit der Aufnahme detaillierter Einzelregelungen wie beispielsweise die explizite Festlegung von Grenzwerten für Geruchsimmissionen in einem Flächennutzungsplan überschritten. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans seien insoweit unwirksam, weil es bereits aus Rechtsgründen nicht möglich sei, derart detaillierte Einzelregelungen in einen Flächennutzungsplan aufzunehmen. Der Flächennutzungsplan stelle dann inhaltlich sowie hinsichtlich seiner Regelungstiefe und Parzellenschärfe eine so weitgehende Regelung dar, dass diese nicht mehr als Darstellung eines Flächennutzungsplans, sondern allenfalls als Festsetzung eines Bebauungsplans hätte ergehen dürfen. Die Darstellungen seien nicht mehr entwicklungsfähig und -bedürftig. Sie hätten eine Konkretheit, wie sie fast eine Baugenehmigung auszeichneten. Von bloßen Planungsvorstellungen oder -grundzügen, welche noch ausgefüllt und mit dem 223 224 225 226

BVerwG, Urteil v. 18. 02. 1994 – 4 C 4.92, BVerwGE 95, 123 (125f.). BVerwG, Urteil v. 18. 02. 1994 – 4 C 4.92, BVerwGE 95, 123 (126). Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 43; Graf, in: BauR 2004, 1552 (1555f.). Niedersächsisches OVG, Urteil v. 18. 06. 2003 –1 LB 143/02, in: BauR 2004, 459ff.

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Privilegierungszweck abgewogen werden können, seien sie weit entfernt. Sie stellen vielmehr eine Regelung dar, die für sich absolute Verbindlichkeit in Anspruch nehme und den Bereich des bloßen Planungsgrundzuges verlassen habe. 227 Diese Argumentation ist jedoch nicht stichhaltig. Wie das BVerwG in seiner Entscheidung vom 18. 08. 2005 228 zutreffend feststellt, ergeben sich aus dem Begriff der „Grundzüge“ entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gerade keine starren, von der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde unabhängigen Grenzen für Inhalt, Regelungstiefe und Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans. So können parzellenscharfe Darstellungen, z. B. von Flächenbegrenzungen oder Trassenverläufen, gerade erforderlich sein, um die Grundzüge der Planung überhaupt mit der gebotenen Bestimmtheit darzustellen. 229 Anhaltspunkte für die Befugnis der Gemeinde, detaillierte Einzelregelungen in den Flächennutzungsplan aufzunehmen, ergeben sich insoweit auch aus dem Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB. Zulässig sind hiernach auch Planaussagen, die nicht oder jedenfalls nicht wesentlich weniger detailliert und konkret als Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind. Die Gemeinde ist beispielsweise gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB bei der Darstellung der für die Bebauung vorgesehenen Flächen nicht auf die Ausweisung von Bauflächen (§ 1 Abs. 1 BauNVO) und Baugebieten (§ 1 Abs. 2 BauNVO) beschränkt; dargestellt werden kann auch das allgemeine Maß der baulichen Nutzung. Im Flächennutzungsplan können so bereits die Grundund Geschossflächenzahl, die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen festgelegt werden. Auch § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB, der die Gemeinde befugt, „Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes“ darzustellen, sowie der mit § 9 Abs. 1 Nr. 17 BauGB wortgleiche § 5 Abs. 2 Nr. 8 BauGB zeigen, dass sogar ins einzelne gehende Darstellungen möglich sind. Die Zulässigkeit der expliziten Festlegung von Grenzwerten für Geruchsmmissionen in einen Flächennutzungsplan folgt hieraus hingegen noch nicht. Emissions- und Immissionsgrenzwerte sind nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG keine Vorkehrungen, weder i. S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB noch i. S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB. Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen können nur bauliche oder sonstige technische Maßnahmen sein, nicht aber Grenzwerte für Geruchsimmissionen. 230 Sie sind nicht für sich geeignet, schädliche Umwelteinwirkungen abzuwehren, wie dies beispielsweise bei einer Lärmschutzwand oder Schallschutzfenstern der Fall ist. Sie selbst leisten keinen Beitrag zum Immissi227

Niedersächsisches OVG, Urteil v. 18. 06. 2003 –1 LB 143/02, in: BauR 2004, 459

(461). 228

BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583ff. BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1585). 230 BVerwG, Beschluss v. 02. 03. 1994 –4 NB 3.94, Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 70; BVerwG, Beschluss v. 10. 08. 1993 –4 NB 2.93, in: DVBl. 1993, S. 1098; BVerwG, Beschluss v. 18. 12. 1990 – 4 N 6.88, in: UPR 1991, S. 151. 229

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onsschutz, indem sie etwa Immissionen vermeiden oder verhindern. Vielmehr legen sie nur das Ziel des Immissionsschutzes fest, enthalten aber keine Aussage über die konkret zu treffenden Maßnahmen. 231 Aus der Unzulässigkeit von Emissions- und Immissionsgrenzwertfestsetzungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB folgt aber nicht, dass derartige Darstellungen generell ausgeschlossen sind. Zum einen hat das BVerwG schon in seinem Beschluss vom 08. 08. 1989 232 ausdrücklich offengelassen, ob zur Konkretisierung baulicher oder technischer Maßnahmen bestimmte Emissions- oder Immissionsgrenzwerte festgelegt werden können. Zum anderen können Flächen, auf denen die Emissionen von Betrieben bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen, als „Flächen für Nutzungsbeschränkungen“, d. h. als Flächen, auf denen Nutzungsbeschränkungen notwendig sind, dargestellt werden. 233 Macht die Gemeinde von ihrer Möglichkeit Gebrauch, in den Flächennutzungsplan auch über den nicht abschließenden Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB hinausgehende Darstellungen aufzunehmen, werden ihre Darstellungsmöglichkeiten allerdings durch § 9 Abs. 1 BauGB begrenzt; Aussagen, die nicht Gegenstand einer zulässigen Festsetzung in einem Bebauungsplan sein können, können auch nicht Gegenstand einer Darstellung werden und sind im Flächennutzungsplan unzulässig. 234 Inwieweit § 9 Abs. 1 BauGB auch die sich aus § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB ergebenden Darstellungsmöglichkeiten begrenzt, kann offen bleiben. Denn in einem Bebauungsplan können ebenfalls Flächen, auf denen Betriebe bestimmte Emissionsgrenzwerte einzuhalten haben, festgesetzt werden. 235 Welche Darstellungen noch zu den entwicklungsfähigen und -bedürftigen Grundzügen der Art der Bodennutzung gehören, hängt mithin nicht von dem Grad ihrer Bestimmtheit, sondern davon ab, ob sie den Bezug zur jeweiligen städtebaulichen Konzeption „für das ganze Gemeindegebiet“ (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB) wahren. 236 So gehören Darstellungen ungeachtet ihres Bestimmtheitsgrades zu den Grundzügen der Art der Bodennutzungen, wenn sie der Bewältigung eines Nutzungskonflikts dienen, der eine über die unmittelbar betroffenen Flächen hinausgehende Bedeutung für das dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende gesamträumliche Entwicklungskonzept der Gemeinde hat. Die Gemeinde kann somit nicht jeden beliebigen Nutzungskonflikt zum Gegenstand ihres Entwicklungskonzepts machen 231

Menke, in: NuR 1985, 137 (138). BVerwG, Beschluss v. 08. 08. 1989 – 4 NB 2.89, in: UPR 1989, S. 451. 233 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 34; BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 –4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1585); BVerwG, Beschluss v. 18. 12. 1990 – 4 N 6.88, in: UPR 1991, S. 151. 234 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 20; BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1587). 235 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 2002 – 4 CN 5.01, in: BauR 2002, 1348 (1349); BVerwG, Beschluss v. 18. 12. 1990 – 4 N 6.88, in: UPR 1991, S. 151. 236 BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1585). 232

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und dadurch ins Einzelne gehende Darstellungen auf der Ebene des Flächennutzungsplans rechtfertigen. Sind jedoch detaillierte und konkrete Darstellungen erforderlich, um einen Nutzungskonflikt von grundlegender Bedeutung für ihre gesamträumliche Entwicklung planerisch zu bewältigen, kann der Flächennutzungsplan seiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn auch derartige Darstellungen zulässig sind. 237 Voraussetzung ist allerdings, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans entwicklungsfähig und -bedürftig bleiben. Denn das für diese Planungsebene besondere Merkmal ist das gemeindegebietsumfassende Gesamtkonzept, woraus die Bebauungspläne nach § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB zu entwickeln sind. Aus diesem gesetzlich vorgegebenen Ableitungszusammenhang folgt, dass den Darstellungen des Flächennutzungsplans als Entwicklungsgrundlage noch nicht der Bestimmtheitsgrad eignet, der für Festsetzungen eines Bebauungsplans typisch ist. Der Flächennutzungsplan weist ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung angelegt ist. 238 Er darf daher nicht auf Grund des Bestimmtheitsgrades seiner Darstellungen faktisch an die Stelle des Bebauungsplans treten. Er muss sich sowohl für die mit Bebauungsplänen überplanten als auch für die nicht mit Bebauungsplänen überplanten und auch nicht für eine Überplanung vorgesehenen Teile des Gemeindegebiets darauf beschränken, die Art der Bodennutzung in den Grundzügen darzustellen. Dies schließt jedoch detaillierte und nicht weiter konkretisierungsbedürftige Darstellungen nicht aus. Der Flächennutzungsplan darf die Art der Bodennutzung aber nicht insgesamt mit einer Detailliert- und Konkretheit, wie sie für einen Bebauungsplan typisch ist, darstellen. Solche Darstellungen dürfen nur einzelne Aspekte der Art der Bodennutzung betreffen. Im Übrigen muss sich der Flächennutzungsplan darauf beschränken, einen Rahmen für die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets zu setzen. 239 b) Kennzeichnungen, nachrichtliche Übernahmen, Vermerke Im Gegensatz zu den richtungsweisenden Darstellungen des § 5 Abs. 2 BauGB, die eigene planerische Festlegungen der Gemeinde zum Inhalt des Flächennutzungsplans haben, entzieht sich der übrige Inhalt nach den Absätzen 3 und 4 des § 5 BauGB der direkten Einflussmöglichkeit der Gemeinde und ist nicht Ausdruck ihres autonomen planerischen Willens. 240 Gem. § 5 Abs. 3 BauGB sind Flächen zu kennzeichnen, bei deren Bebauung besondere Probleme zu beachten sind und deren Nutzung nur unter Berücksichti237

BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1585). BVerwG, Beschluss v. 12. 02. 2003 –4 BN 9.03, in: BauR 2003, 838 (839); BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 –4 C 74.72, BVerwGE 48, 70 (73). 239 BVerwG, Urteil v. 18. 08. 2005 – 4 C 13/04, in: DVBl. 2005, 1583 (1586). 240 Graf, in: BauR 2004, 1552 (1554). 238

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gung besonderer Umstände möglich ist. Nicht die Planungsabsicht der Gemeinde, mit welcher Nutzungsart bestimmte Gemeindeflächen belegt werden sollen, ist Regelungsgegenstand der Kennzeichnung, sondern die Erfüllung einer Hinweisund Warnfunktion, indem sie darauf aufmerksam macht, dass die besondere Beschaffenheit einer Fläche und damit bestimmte tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte Einfluss auf deren Nutzung hat. 241 Der Hinweis bzw. die Warnung richtet sich zum einen an den potentiellen Nutzer der Fläche, indem die Kennzeichnung auf mögliche Gefährdungen oder Nutzungseinschränkungen und somit auf die Erforderlichkeit entsprechender Vorkehrungen hinweist und zum anderen an die Genehmigungsbehörden und die Träger öffentlicher Belange, die die Kennzeichnung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben entsprechend zu berücksichtigen haben. Dies gilt auch für die planende Gemeinde selbst, wenn sie aus dem Flächennutzungsplan Bebauungspläne entwickelt. 242 Nach § 5 Abs. 4 S. 1 BauGB sollen rechtsverbindliche Bodennutzungen, deren Regelungen nicht im Bauleitplanverfahren getroffen, sondern auf Grund anderweitiger gesetzlicher Vorschriften festgesetzt wurden, in den Flächennutzungsplan nachrichtlich übernommen werden. Sind derartige Festsetzungen erst in Aussicht genommen, so sind sie im Flächennutzungsplan gem. § 5 Abs. 4 S. 2 BauGB zu vermerken. Mit der Aufnahme der nachrichtlichen Übernahmen und Vermerke in den Flächennutzungsplan wird dessen Aufgabe, für das gesamte Gemeindegebiet die geplante Bodennutzung darzustellen unabhängig davon, auf welchen Gesetzen sie beruht, umfassend erfüllt. 243 Die nachrichtlichen Übernahmen und Vermerke sollen Hinweise geben auf Fachplanungen, die sich auf die städtebauliche Entwicklung der Gemeinde auswirken oder deren Kenntnis zum Verständnis der Darstellungen des Flächennutzungsplans beitragen. Hierzu zählen die in § 38 BauGB aufgeführten bundes- und landesrechtlichen Fachplanungsgesetze, deren Planungen durch Planfeststellungsbeschluss festgestellt werden (z. B. FStrG, WaStrG, LStrG) sowie Nutzungsregelungen nach dem Natur- und Landschaftsschutzrecht und dem WHG. 244 Die Festsetzungen dieser Fachplanungen werden nicht Bestandteil des Flächennutzungsplans; ihre Aufnahme dient nur dazu, die Nutzungsregelung im Plangebiet lückenlos darstellen zu können. 245 Die Verpflichtung der Gemeinde zur Kennzeichnung, nachrichtlichen Übernahme und zum Vermerk ist als „Soll“-Vorschrift formuliert und bedeutet in der 241

Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 63; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 28. 242 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 28; Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 63. 243 Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 44; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 30. 244 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 30. 245 Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 10; Graf, in: BauR 2004, 1552 (1554).

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Regel strikte Bindung für den Regelfall, gestattet aber Abweichungen in atypischen Einzelfällen, in denen besondere, nicht von der Behörde selbst zu vertretende überwiegende Gründe für das Abgehen von der Norm sprechen. 246 Ein Unterlassen und somit eine Verletzung der „Soll“-Vorschrift stellt die Gültigkeit des Flächennutzungsplans daher nicht in Frage; die höhere Verwaltungsbehörde kann jedoch im Genehmigungsverfahren die Pflicht zur Kennzeichnung, nachrichtlichen Übernahme und zum Vermerk im Wege einer Auflage durchsetzen. 247 c) Rechtliche Anforderungen an den Inhalt des Flächennutzungsplans im Sinne der Planungsschranken Die Gemeinden sind bei der Erarbeitung des Flächennutzungsplans nicht frei. In Bezug auf die ihnen im Zusammenhang mit der Bauleitplanung zustehende kommunale Planungshoheit 248 haben sie zwar weitreichende Freiräume bei der Festlegung ihrer Planungsziele und beim Einsatz der planerischen Instrumente zur Erreichung dieser Ziele. Gleichzeitig ist die Flächennutzungsplanung aber auch in ein Geflecht von räumlichen Planungen 249 eingebunden, dessen Bindungen bei der Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit zu berücksichtigen sind. 250 Diese spezifischen im BauGB selbst angelegten materiellen Planungsschranken wie die Erforderlichkeit einer Planung nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB, die Anpassungspflicht an die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB, die Bindung an die Planungsziele und die Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 5 und 7 BauGB, das gemeindenachbarliche Abstimmungsgebot nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB sowie die Vorgaben der Fachplanung nach § 38 BauGB und die verfahrensrechtlichen Bindungen führen zu inhaltlichen Einschränkungen bei der Ausgestaltung der Flächennutzungsplanung. 251 Auf den Grundsatz der Erforderlichkeit, 252 das Anpassungsgebot 253 und die Vorgaben der Fachplanung 254 wird insoweit im Kontext mit den Verfahrensanforderungen an die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung des Flächennutzungsplans im Rahmen der räumlichen Gesamtplanung näher eingegangen. Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen vorerst die übrigen Planungsschranken. 246 Kopp / Schenke, § 114 Rn. 21; Zur Kennzeichnung: Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 63; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 43. Zur nachrichtlichen Übernahme und zum Vermerk: Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 70; Löhr, in: B / K/L, § 5 Rn. 44; Schrödter, in: Schrödter, § 5 Rn. 48. 247 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 43. 248 Vgl. unten: 2. Kapitel, C. 249 Vgl. unten:4. Kapitel, A. und B. 250 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 78. 251 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 78. 252 Vgl. oben: 2. Kapitel, A.II. 1. 253 Siehe unten: 4. Kapitel, A.I. 1.b). 254 Vgl. unten: 4. Kapitel, A.II.

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(1) Die Bindung an die Planungsziele und die Anforderungen an das Abwägungsgebot Die Bindung an die bauleitplanerischen Zielvorgaben sowie das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot stellen erhöhte Anforderungen an die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Flächennutzungsplänen. Insbesondere die gesetzlichen Zielvorgaben in § 1 Abs. 5 BauGB sowie die ergänzenden Vorschriften zum Umweltschutz in § 1a BauGB sind typische final programmierende Planungsvorschriften, die mit der Vorgabe bestimmter Ziele Zweck und Richtung des Planungsvorgangs anzeigen. 255 Sie bilden Leitlinien und Richtpunkte für die Planungsträger, die die Planungsvorgänge in ihren einzelnen Phasen in ganz spezifischer Weise dirigieren, indem sie angeben, welche Ziele mit der Planung angesteuert und realisiert bzw. berücksichtigt werden dürfen. 256 In dieser Weise stellen sie gewissermaßen eine Art „Checkliste“ zu beachtender Planungsvorgaben im Rahmen des konkreten Planungsvorgangs dar. 257 Sie sind dementsprechend nicht als subsumtionsfähige Tatbestände, sondern als gesetzliche Planungsdirektiven anzusehen, 258 die in der Abwägung zwar nicht von vornherein unüberwindbar sind, denen nach der programmatischen Wertung des Gesetzgebers jedoch erkennbar ein erhöhtes inneres Gewicht zukommt. 259 Der Gesetzgeber hat mit § 1 Abs. 5 BauGB von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch gewichtende Vorgaben auf den Abwägungsprozess steuernden Einfluss zu nehmen. 260 Die in diesem Sinne bauleitplanerischen Zielvorgaben – wie die Gewährleistung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung sowie einer dem Wohl der Allgemeinheit dienenden sozialgerechten Bodennutzung, die Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und der Schutz und die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen – enthalten die eine erforderliche städtebauliche Entwicklung und Ordnung bedingenden Leitsätze für die Zusammenstellung der abwägungserheblichen Belange. Diese Leitsätze werden durch die nicht abschließend aufgelisteten Planungsleitlinien in § 1 Abs. 6 BauGB konkretisiert. Neben der bauleitplanerischen Bindung an die Planungsziele des § 1 Abs. 5 BauGB ist die Gemeinde nach § 1 Abs. 7 BauGB verpflichtet, bei der Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Flächennutzungsplänen, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Abwägung ist Kennzeichen jeder rechtmäßigen Planung. Sie ist einerseits 255 Funke, in: DVBl. 1987, 511 (516); Dreier, Die normative Steuerung der planerischen Abwägung, S. 101f. 256 Hoppe, in: DVBl. 1977, 136 (141). 257 So auch: Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 94. 258 Hoppe, in: DVBl. 1977, 136 (141); Schrödter, in: Schrödter, § 1 Rn. 76; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 470. 259 BVerwG, Beschluss v. 31. 01. 1997 – 4 NB 27.96, BVerwGE 104, 68 (77). 260 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 102.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Ausdruck der dem Abwägungsgebot innewohnenden Ermächtigungsfunktion, da es die im Planungsauftrag liegende Planungs- und Gestaltungsfreiheit bestätigt, andererseits Ausdruck dessen Verpflichtungsfunktion, da es die Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit an die gerechte Abwägung aller Belange bindet. 261 Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip und den in ihm enthaltenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. 262 Das Abwägungsgebot bildet damit eine der wichtigsten rechtsstaatlichen Planungsschranken. Die sich insoweit ergebenden rechtlichen Anforderungen an die Abwägung sind in der Rechtsprechung des BVerwG seit dessen Grundsatzentscheidung vom 12. 12. 1969 263 geklärt. Danach verlangt das Gebot gerechter Abwägung, dass erstens eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss und drittens weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. 264 Die neuere Rechtsprechung 265 fügt klarstellend hinzu, dass die sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden rechtlichen Anforderungen an die Abwägung grundsätzlich sowohl an den Abwägungsvorgang als auch an das Abwägungsergebnis richten. Diese in ständiger Rechtsprechung des BVerwG vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Abwägungsvorgang und dem Abwägungsergebnis hat der Gesetzgeber im Rahmen der BBauG-Novelle von 1976 aufgegriffen und die Regelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB eingeführt, nach der Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Maßgebliche Kriterien zur Unterscheidung von Vorgangsund Ergebniskontrolle planerischer Abwägung sind insoweit die Kontrollgegenstände. Wo die Ergebniskontrolle die Prüfung der Abwägung anhand beschränkter Prüfungsgegenstände wie der im Plan selbst ausgewiesenen Festlegungen ist, ist die Vorgangskontrolle die aus rechtsstaatlichen Gründen notwendige weitere Prüfung der Abwägung anhand zusätzlicher Kontrollgegenstände (Begründung, Planakten etc.), wenn die Ergebniskontrolle Abwägungsfehler noch nicht zuverlässig aufgedeckt hat. 266 Auch die Vorgangskontrolle ist – durch das Erfordernis einer Auswirkung von Vorgangsfehlern auf das Abwägungsergebnis – letztlich auf die Prüfung des Abwägungsergebnisses ausgerichtet, die zur Ermittlung solcher Fehler des Abwägungsergebnisses führt, die anhand der Festlegungen des Plans

261

BVerwG, Urteil v. 30. 04. 1969 – 4 C 6.68, in: DVBl. 1969, 697 (699). Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 183; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 98; Dreier, Die normative Steuerung der planerischen Abwägung, S. 42. 263 BVerwG, Urteil v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66, BVerwGE 34, 301ff. 264 BVerwG, Urteil v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66, BVerwGE 34, 301 (309). 265 BVerwG, Urteil v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 (314f.). 266 Ausführlich hierzu: Ibler, in: DVBl. 1988, 469ff. 262

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allein durch Ergebniskontrolle noch nicht feststellbar, in diesem Sinne also nicht offensichtlich waren. 267 Die methodischen Grundlagen der bauleitplanerischen Abwägung als eine allgemeine Denk- und Entscheidungsweise werden grundsätzlich in drei Phasen untergliedert: das Auffinden der einschlägigen Gesichtspunkte, ihre Bewertung und ihre Abwägung. 268 Dies entspricht auch der ansonsten im Bereich von Planungen vorherrschenden Entscheidungsmethodik, bei der nach einer umfassenden Bestandsaufnahme und einer sich darauf beziehenden Analyse schließlich in eine konzeptionelle Phase eingetreten wird und dann die notwendigen Planungsentscheidungen getroffen werden. 269 In der ersten Abwägungsphase erfolgt auf Grund einer sorgfältigen Erforschung des Sachverhalts nach einer vorangehenden Grobselektion der abwägungsbeachtlich erkennbaren, mehr als geringwertigen und schutzwürdigen, d. h. abwägungsrelevanten gegenwärtigen und zukünftigen öffentlichen und privaten Belange mit bodenrechtlichem Bezug, die für die beabsichtigte Planung überhaupt eine Rolle spielen, eine bewertende Entscheidung dahingehend, welche dieser abwägungsrelevanten Belange in die Abwägung eingestellt werden müssen. 270 Einstellen heißt die Einbeziehung dieser Belange in die Entscheidung und ihre Berücksichtigung bei der Entscheidung. 271 Die Einstellung erfolgt im Wege der Feinselektion. Sie unterliegt weiteren Selektionskriterien der konkreten Abwägungsbeachtlichkeit „nach Lage der Dinge“. Kriterium hierfür ist die Betroffenheit, die mehr als geringfügig, eintrittswahrscheinlich und erkennbar sein muss. 272 Nach Abschluss des Ermittlungs- und Einstellungsvorgangs sind in der zweiten Phase die einzelnen in die Abwägung gestellten Belange zu gewichten, d. h. jedem Belang ist das ihm nach den rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zukommende objektive Gewicht beizumessen. 273 Die objektive Gewichtigkeit 267

Ibler, in: DVBl. 1988, 469 (474). Hubmann, in: FS für Schnorr von Carolsfeld, S. 177; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 99; Mit Inkrafttreten des EAG Bau 2004 wurde in § 2 Abs. 3 BauGB eine neue Verfahrensgrundnorm für die Abwägung eingeführt. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs mit Stand vom 17. 12. 2003 (BT-Drs. 15/2250, S. 42) soll die Vorschrift gegenüber der bisherigen sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden Rechtslage nichts ändern: „Der Hinweis auf die Bedeutung für die Abwägungsentscheidung soll klarstellen, dass sich aus der Verpflichtung zur Ermittlung der Belange in Abs. 3 keine Änderung zum geltenden Recht ergibt, es sich also insbesondere nicht um ein über das bisherige Recht hinausgehende „Suchverfahren“ handelt.“ 269 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 99. 270 Hubmann, in: FS für Schnorr von Carolsfeld, S. 177; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 100; Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 37, der die Ermittlung und die Einstellung der Belange in die Abwägung allerdings in zwei Phasen unterteilt und nicht wie hier sowohl die Grob- als auch die Feinselektion unter dem Begriff „Zusammenstellung des Abwägungsmaterials“ in einer Phase zusammenfasst. 271 Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 38. 272 Hoppe, in: DVBl. 1994, 1033 (1034). 273 Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 39. 268

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eines Belangs zu bestimmen heißt, sein Gewicht sachlich, unvoreingenommen und unparteiisch zu ermitteln. 274 Auf Grund des Fehlens abstrakter Gewichtungsvorgaben, ist die konkrete Betroffenheit des jeweiligen Belangs im Rahmen der planerischen Konzeption maßgebend. Die Durchsetzungskraft des im Einzelnen betroffenen Belangs ergibt sich insoweit aus den Umständen des Einzelfalls, also ob ein Interesse in der konkreten Plansituation schutzwürdig ist oder nicht, ob ein Gesichtspunkt für oder gegen die Parteien oder die zu entscheidende Frage spricht bzw. welches Verhältnis unter den einzelnen Interessen und Gesichtpunkten besteht, welche Vorzugstendenzen ihnen anhaften und ob ein Argument einem Gegenargument vorzuziehen ist. 275 Dem Wesen jeder Planung entspricht es, diese für und gegen ihr Zustandekommen sprechenden Belange einem vertretbaren Kompromiss zuzuführen. Denn Ziel der Abwägung ist, dass die planerischen Darstellungen im Flächennutzungsplan als Ergebnis des Abwägungsvorgangs der konkreten planerischen Situation gerecht werden. 276 In der dritten und letzten Phase der Abwägung geht es daher um den gerechten Ausgleich von konfligierenden und konkurrierenden öffentlichen und privaten Belangen. Bei diesem Ausgleich der abwägungsrelevanten Belange handelt die Gemeinde eigenverantwortlich im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit. Diese erstreckt sich umfassend auf alle planerischen Gesichtspunkte, die zur bestmöglichen Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe und zugleich auch zur Bewältigung der von dem Vorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind. 277 Die Gemeinde kann daher angesichts ihrer städtebaulichen Vorstellungen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Falle der Kollision zwischen verschiedenen Belangen sich für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen entscheiden. Hierin liegt nach der Rechtsprechung die eigentliche planerische Entscheidung, in der die Gemeinde autonom ist. 278 Es handelt sich insoweit um das schöpferischgestaltende Element der Planung, das es jeder Gemeinde ermöglichen soll, sich ihre eigene Individualität, ihr unverwechselbares Stadtbild zu geben. 279 Zwar steht den Gemeinden dabei ein weiter Spielraum zur Verfügung, doch verlangt das Planungsgebot, dass die mit dem Planungsakt verbundene Entscheidung über das Vorziehen und Zurückstellen von konkurrierenden Belangen ein sachgerechtes Verhältnis zwischen den objektiven Gewichten dieser gegenläufigen Belange her274

Ibler, Die Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit im Planfeststellungsrecht, S. 250. 275 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 101; Hubmann, in: FS für Schnorr von Carolsfeld, S. 178. 276 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 102. 277 BVerwG, Urteil v. 12. 07. 1985 – 4 C 40.83, BVerwGE 72, 15 (20). 278 Schmidt-Eichstaedt, Städtebaurecht, S. 137; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 102. 279 Schmidt-Eichstaedt, Städtebaurecht, S. 137; Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 40.

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stellt; die Abwägung darf nicht in einer Weise vorgenommen worden sein, die zu der objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. 280 Je stärker ein abwägungserheblicher Belang tatsächlich betroffen ist, desto gewichtiger müssen die Gründe sein, die für seine Zurückstellung sprechen. 281 Im Ergebnis geht es bei der bauleitplanerischen Abwägung darum, die von den letztendlich im Flächennutzungsplan vorgenommenen Darstellungen positiv wie negativ berührten Belange in einen gerechten Ausgleich zu bringen. (2) Das gemeindenachbarliche Abstimmungsgebot und die verfahrensrechtlichen Bindungen Nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB sind sie Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Das hierin zum Ausdruck kommende Gebot der gegenseitigen Rücksichtsnahme auf die Planungshoheit der jeweils anderen Gemeinde berücksichtigt, dass die Planungshoheit der einzelnen Gemeinde zwar an ihrer Gemeindegrenze endet, die Bauleitplanung der Gemeinde sich aber in vielfältiger Weise auf benachbarte Gemeinden auswirken oder auch in ihren Wirkungen für die Gemeinde und die Nachbargemeinde in Wechselbeziehung zueinander stehen können. 282 Die Regelung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB ist insoweit auf interkommunale Zusammenarbeit angelegt; sie verpflichtet zur Beteiligung der Nachbargemeinde und Berücksichtigung ihrer Belange bei der planerischen Entscheidung. 283 Ein solcher Anspruch auf Abstimmung, der auf Rücksichtnahme und Vermeidung unzumutbarer Auswirkungen auf die Nachbargemeinde gerichtet ist, kann vor dem Hintergrund der gemeindlichen Planungshoheit dabei nicht nur auf solche Fälle beschränkt werden, in denen bei der Nachbargemeinde Bauleitpläne bereits vorhanden sind bzw. sich dort solche im Aufstellungsverfahren befinden. Die Schutzwürdigkeit der gemeindlichen Planungshoheit steigert sich zwar, wenn sie durch den Erlass von Bauleitplänen ausgeübt wurde; ihre Schutzwürdigkeit überhaupt ist davon aber unabhängig. 284 Ausreichend ist, dass die Gemeinde auf Grund der Bauleitplanung im Nachbargebiet durch unmittelbare Auswirkungen gewich280 Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 40; SchmidtEichstaedt, Städtebaurecht, S. 136. 281 BVerwG, Beschluss v. 31. 01. 1997 –4 NB 27.96, BVerwGE 104, 68 (78); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 102. 282 Söfker, in: EZB, § 2 Rn. 96; Das interkommunale Abstimmungsgebot gilt für alle Bauleitpläne, insbesondere auch für den Flächennutzungsplan der Gemeinde, da auf dieser Planungsebene bereits die grundlegenden Bodennutzungsentscheidungen getroffen werden, Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 111. 283 BT-Drs. 15/2250, S. 41; Gierke, in: Brügelmann, § 2 S. 4; Löhr, in: B / K/L, § 2 Rn. 22; Schrödter, in: Schrödter, § 2 Rn. 41. 284 BVerwG, Urteil v. 08. 09. 1972 – IV C 17.71, BVerwGE 40, 323 (330f.) unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerwG, Urteil v. 19. 11. 1965 – IV C 184.65, BVerwGE 22, 342 (347).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

tiger Art auf ihre städtebauliche Ordnung und Entwicklung betroffen wird. 285 Insofern können die o. g. allgemeinen Grundsätze zur Abwägungsbeachtlichkeit von Belangen hinsichtlich des Abwägungsvorgangs und des Abwägungsergebnisses uneingeschränkt herangezogen werden. 286 Besonderheiten ergeben sich allein für die zu berücksichtigenden Belange der betroffenen Gemeinde, die zum Teil andere sind, als sie sich aus dem Bereich betroffener Bürger und Behörden herleiten. 287 Hierzu zählen beispielsweise gemeindeübergreifende städtebauliche Fragen des Verkehrs, der Wasserwirtschaft, der Abwasserbeseitigung, der Erschließung benachbarter Baugebiete, der Erholung sowie der Versorgung. 288 Da sich hier insoweit gleichberechtigte Belange aus dem Bereich der Planungshoheit gegenüberstehen, kann sich diese Gleichberechtigung auch im Rahmen der Abwägung auswirken. Benachbarte Gemeinden, die sich in einer solchen Konkurrenzsituation befinden, dürfen von ihrer Planungshoheit deshalb nicht rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen; das Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, hat besonderes Gewicht. 289 So kann ein Bauleitplan gegen das interkommunale Abstimmungsgebot verstoßen, wenn er in dem Sinne rücksichtslos ist, dass er zwar den Bedürfnissen der Bevölkerung im eigenen Gemeindegebiet entspricht, jedoch die Sicherheit und Gesundheit der Bewohner einer benachbarten Gemeinde, vornehmlich im Grenzbereich, durch Immissionsund Verkehrsbelastungen beeinträchtigt. 290 Je größer die Einflussnahme der Planung auf das benachbarte Gebiet ist, desto mehr greift sie in die Planungshoheit der benachbarten Gemeinde ein und desto höher ist das Interesse der benachbarten Gemeinde, von dieser Planung verschont zu werden. 291 Die Notwendigkeit der Abstimmung von Bauleitplänen benachbarter Gemeinden unterliegt sowohl formellen (verfahrensmäßigen) als auch materiellen Gesichtspunkten: Dem Abstimmen als Tätigkeit – dem Beteiligen, Anhören etc. – steht das Abgestimmtsein als Zustand gegenüber. 292 Beide Seiten des gemeindenachbarlichen Abstimmungsvorgangs unterliegen getrennten Regelungen, die sich einerseits aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB und andererseits aus den §§ 4, 4a BauGB 285 BVerwG, Beschluss v. 05. 05. 1970 – IV B 158.69, in: DÖV 1971, S. 241ff.; BVerwG, Urteil v. 08. 09. 1972 – IV C 17.71, BVerwGE 40, 323 (331). 286 Söfker, in: EZB, § 2 Rn. 100; so auch BVerwG, Urteil v. 01. 08. 2002 –4 C 5.01, BVerwGE 117, 25 (32), wonach sich das interkommunale Abstimmungsgebot als eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB darstellt. 287 Söfker, in: EZB, § 2 Rn. 99. 288 Söfker, in: EZB, § 2 Rn. 111. 289 BVerwG, Urteil v. 01. 08. 2002 – 4 C 5.01, BVerwGE 117, 25 (32). 290 Söfker, in: EZB, § 2 Rn. 111 unter Hinweis auf BayVGH, Urteil v. 04. 09. 1984 –1 B 82 A. 439, in: NVwZ 1985, 837 (838). 291 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 139; Uechtritz, in: BauR 1999, 572 (575). 292 BVerwG, Urteil v. 08. 09. 1972 – IV C 17.71, BVerwGE 40, 323 (328).

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ergeben. § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB betrifft dabei nur das materielle Verhältnis der Bauleitpläne benachbarter Gemeinden zueinander, das Abgestimmtsein des Plans. 293 Die materielle Abstimmungspflicht ist vor dem Hintergrund der Planungshoheit der Gemeinden nach § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB zu sehen, die ihrerseits verfassungsrechtlich auf die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zurückgeht. Sowohl die planende Gemeinde als auch die Nachbargemeinde haben nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG das Recht zur Bauleitplanung. Keine der Gemeinden kann insoweit ein höherrangiges Planungsrecht beanspruchen. Vielmehr hat jede Gemeinde einen Anspruch darauf, dass die Nachbargemeinde ihre eigenen Planungsvorstellungen und -möglichkeiten, die letztlich verfassungsrechtlich gesichert sind, in der Abwägung berücksichtigt. 294 Unmittelbar aus dieser Planungshoheit ergeben sich klagefähige eigene Rechte der Gemeinde, die nicht nur im (fiskalischen) Kosteninteresse oder in privaten Rechten der Gemeinde begründet sind, sondern die „Planungshoheit“, das „Planungsrecht“ der Gemeinde an sich meinen. 295 Rechte also in dem Sinne, dass die Gemeinden Eingriffe in ihre Planungshoheit unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes abwehren können. 296 Als Bestandteil der kommunalen Planungshoheit bezieht sich das gemeindenachbarliche Abstimmungsgebot zwar auf städtebauliche Belange, wird aber durch § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB auf raumordnerische Belange erweitert. Soweit Ziele der Raumordnung einer Gemeinde eine bestimmte, den Standortwettbewerb mit anderen Gemeinden begünstigende Funktion zuweisen, wird diese Funktion nunmehr der gemeindlichen Planungshoheit zugerechnet; sie ist damit verteidigungsfähig. Aus der Bindung der Bauleitplanung an ein zentralörtliches Ziel der Raumordnung folgt gleichzeitig die Berechtigung der Gemeinde, ihre so ausgerichtete Planung gegen eine die zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer anderen Gemeinde zu verteidigen. 297 Die formelle Abstimmungspflicht sichert den Trägern öffentlicher Belange, die durch die Bauleitplanung berührt werden, insoweit eine frühzeitige Beteiligung im Aufstellungsverfahren gem. §§ 4 Abs. 1 S. 1, 4a BauGB zu. 298 Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung, aber auch der effektiven Einflussnahme der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange sowie der umfassenden und rechtzeitigen Unterrichtung der Gemeinde hat die Beteiligung möglichst frühzeitig stattzufinden. Das Beteiligungsverfahren darf nicht erst einsetzen, wenn die Planung so verfestigt ist, dass die Belange der von 293

BVerwG, Urteil v. 08. 09. 1972 – IV C 17.71, BVerwGE 40, 323 (328); BVerwG, Urteil v. 15. 12. 1989 –4 C 36.86, BVerwGE 84, 209 (216). 294 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 137. 295 BVerwG, Urteil v. 14. 02. 1969 – IV C 82.66, in: DVBl. 1969, 362 (363). 296 BVerwG, Urteil v. 08. 09. 1972 – IV C 17.71, BVerwGE 40, 323 (329). 297 BT-Drs. 15/2250, S. 41. 298 Träger öffentlicher Belange sind Behörden und sonstige Stellen, denen durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes öffentliche Aufgaben mit Bezug zur Bauleitplanung zugewiesen sind: Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 4 Rn. 4.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

der Planung berührten Träger nicht mehr in einer dem Abwägungsgebot i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB genügenden Weise berücksichtigt werden können. 299 Neben dem gemeindenachbarlichen Abstimmungsgebot bestehen zudem noch verfahrensrechtliche Schranken des kommunalen Planungsermessens, die das Verfahren für die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Flächennutzungsplänen nach den Vorschriften der §§ 2 bis 4, 6 und 13 BauGB genau festlegen. 300

D. Verfassungsrechtliche Verankerung der Flächennutzungsplanung als kommunale Planungshoheit und Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB sind die Bauleitpläne von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Dies impliziert das Recht der Gemeinden auf eigenverantwortliche Planung und Regelung der Bodennutzung in ihrem Gebiet (sog. Planungshoheit). 301 Die Gemeinde entscheidet im Rahmen ihrer eigenen planerischen Vorstellungen über die künftige städtebauliche Entwicklung und gestaltet ihre Bauleitpläne danach aus. Nach dem inhaltlich und maßstäblich vertikalhierarchisch aufgebauten System der rechtsstaatlichen Planung als einem Entscheidungsprozess unter Abwägung aller relevanten, planungsbezogenen Interessen ist damit die kommunale Planungshoheit in außergemeindlichen Planungen zumindest ein berücksichtigungsfähiger Belang. 302 Um die Stellung der Flächennutzungsplanung in diesem Zusammenhang und später im Verhältnis zu Planungen anderer Planungsträger herausarbeiten zu können, ist im Folgenden zu untersuchen, ob die kommunale Planungshoheit Teil der kommunalen Selbstverwaltungshoheit ist und damit an der Garantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG teilnimmt. Hierfür ist zunächst entscheidend, was unter dem Recht der Selbstverwaltung i. S. d. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zu verstehen ist (I.). In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, inwieweit die gemeindliche Planungshoheit selbst einen Teil der kommunalen Selbstverwaltungshoheit darstellt (II.). I. Das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eige299

Battis, in: B / K/L, § 4 Rn. 4. Ausführlich zum sog. „Regelverfahren nach den §§ 2 –4 BauGB“ und zum „vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB“: Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 701ff. 301 BVerwG, Urteil v. 15. 12. 1989 – 4 C 36.86, BVerwGE 84, 209 (214). 302 Birk, in: NVwZ 1989, 905 (908). 300

D. Verfassungsrechtliche Verankerung

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ner Verantwortung zu regeln. Das in dieser Weise substantiell garantierte Recht auf Selbstverwaltung, indem Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Kompetenz der Gemeinde für „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ reklamiert und deren Ausübung „in eigener Verantwortung“, also autonom, vorsieht, macht deutlich, dass die Gemeinden als eigenständige, demokratisch legitimierte Verwaltungseinheiten in den Staat integriert sind. 303 Die örtliche Gemeinschaft soll nach dem Leitbild des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und in eigener Verantwortung solidarisch gestalten. Intention der kommunalen Selbstverwaltung ist die Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten, die die in der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat mit dem Ziel zusammenschließt, das Wohl der Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu wahren. 304 Die dezentrale Aufgabenwahrnehmung und die Verbesserung der Bürgermitwirkung an den Angelegenheiten des Gemeinwesens und der politischen Gestaltung liegen dem Wesen der kommunalen Selbstverwaltung als Funktionsbestimmung zugrunde. Die Selbstverwaltung als staatsorganisatorisches Aufbauprinzip hat eine große Bedeutung für den Aufbau der Demokratie von unten nach oben. 305 1. Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Das Recht auf Selbstverwaltung wird gemeinhin als eine institutionelle Garantie im Sinne einer verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine dezentrale Organisation der Verwaltung bezeichnet. 306 Die Verfassungsbestimmung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist von ihrer Grundstruktur her kein Grundrecht; sie normiert kein „Recht“ im Sinne eines subjektiven öffentlichen Rechts. Dies ergibt sich aus ihrer systematischen Stellung außerhalb des Grundrechtekatalogs (Art. 1 –19 GG) im Zweiten Abschnitt des Grundgesetzes über die Staatsorganisation. 307 Geschützt ist die gemeindliche Selbstverwaltung als solche mit ihren wesentlichen und typusbildenden Merkmalen. Die so verfassungsrechtlich gesicherte Einrichtungsgarantie gewährt einen Schutz gegen Beseitigung und substantielle Aushöhlung. Der Gesetzgeber darf die garantierte Institution zwar rechtlich formen, aber nur in Grenzen. Die weithin übliche Grenzziehung erfolgt durch die Begriffe „Wesensgehalt“ oder „Kernbereich“. Inwieweit die Planungshoheit der Gemeinden zum 303 304

Brohm, in: DÖV 1989, 429 (431). BVerfG, Beschluss v. 12. 07. 1960 –2 BvR 373, 442/60, BVerfGE 11, 266 (275,

276). 305

Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, § 28 Rn. 32; Brohm, in: DÖV 1989, 429

(431). 306

Vgl. BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 –2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (119); Stern, Staatsrecht I, § 12 II 4, S. 408; Löwer, in: v. Münch / Kunig, Art. 28 Rn. 33. 307 Clemens, in: NVwZ 1990, 834 (835).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Kernbereich der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verankerten Selbstverwaltungsgarantie gehört, wird noch zu klären sein. 308 Die institutionelle Garantie der kommunalen Selbstverwaltung entfaltet sich in drei Richtungen: 309 Zunächst gewährleistet sie die Institution „Gemeinde“ als solche. Daraus folgt, dass die Gemeinde zwar individuell, nicht aber institutionell beseitigt werden darf, d. h. als solche geschützt ist nur die Rechts- und Organisationsform. Diese sogenannte institutionelle Rechtssubjektsgarantie bedeutet mithin eine existenzerhaltende Garantie der Institution Gemeinde. 310 Den Gemeinden ist weiterhin gewährleistet, die kommunalen Aufgaben unter kommunaler Eigenverantwortung wahrzunehmen (sog. objektive Rechtsinstitutsgarantie). Schließlich kommt den Gemeinden im Falle der Verletzung der gewährten Rechte aus der Rechtssubjekts- und Rechtsinstitutionsgarantie eine subjektive Rechtstellungsgarantie zu. In diesem Sinne eröffnet Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG den Gemeinden Rechtsschutz über die kommunale Verfassungsbeschwerde. Für die spätere Einordnung der Flächennutzungsplanung 311 in das gemeindliche Recht auf Selbstverwaltung ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere die objektive Rechtsinstitutsgarantie von Bedeutung. Sie besteht aus zwei Elementen: die Garantie für die lokale Aufgabenwahrnehmung örtlicher Angelegenheiten – unter Vorbehalt gesetzlicher Rahmensetzung – und die Garantie der Eigenverantwortlichkeit. Im Mittelpunkt der Ausführungen steht daher die Frage, welche Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft die Gemeinde regeln darf – hierzu unter a) – und was unter Eigenverantwortlichkeit zu verstehen ist – hierzu unter b). a) Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Die Formulierung „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geht vor allem auf den Grundsatz der Universalität oder Allzuständigkeit des gemeindlichen Wirkungskreises zurück, der bereits die Gemeindeedikte des 19. Jahrhunderts beherrschte. 312 Schon in der preußischen Städteordnung von 1808 ist den Gemeinden Allzuständigkeit zuerkannt worden. Mit diesem Begriff wurde vor allem die Vorstellung verbunden, dass eine Gemeinde all das in ihren Wirkungskreis einbeziehen durfte, „was die Wohlfahrt des Ganzen, die materiellen Interessen und die geistige Entwicklung der Einzelnen fördert“, ohne hierfür eines speziellen Kompetenztitels zu bedürfen. 313 Damit wurde die 308

Siehe unten: 2. Kapitel, C.II. 1. Stern, Staatsrecht I, § 12 II 4, S. 409; Just, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 2 Rn. 18; Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Art. 28 Rn. 78. 310 Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Art. 28 Rn. 78. 311 Siehe hierzu: 2. Kapitel, C.II. 2. 312 Stern, Staatsrecht I, § 12 II 4, S. 412; Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Art. 28 Rn. 86. 309

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„Universalität“ des gemeindlichen Wirkungskreises schon frühzeitig als identitätsbestimmendes Merkmal der kommunalen Selbstverwaltung angesehen. 314 Der Grundsatz der Allzuständigkeit – die Befugnis, bislang unbesetzte Aufgaben in ihrem Bereich an sich zu ziehen – galt unter der Weimarer Reichsverfassung als übereinstimmendes Landesrecht fort. Durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG wurde er zu Bundesverfassungsrecht erhoben und auch vom Parlamentarischen Rat als Essentiale der gemeindlichen Selbstverwaltung angesehen. 315 Gleichwohl wird das gemeindliche Zugriffsrecht durch das Grundgesetz auf die Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises beschränkt. Der Begriff „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ beinhaltet zwar eine funktionelle Beschränkung – denn den Gemeinden wird so verwehrt, unter Berufung auf ihre Allzuständigkeit auch allgemeinpolitische Fragen zum Gegenstand ihrer Tätigkeit zu machen –, verdeutlicht aber gleichzeitig die beim vorliegenden Thema besonders relevante räumliche Komponente. 316 Was zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört, ist daher nach der doppelten Funktion dieses Begriffes zu bestimmen: Einerseits ist die gemeindliche Allzuständigkeit gegen den Zuständigkeitsbereich der allgemeinen Politik abzugrenzen, andererseits der grundgesetzlich gewollten Teilnahme der Bürger an der öffentlichen Verwaltung ihr Betätigungsfeld zuzuordnen. 317 Hiernach sind Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, 318 die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen. 319 Die in früheren Entscheidungen des BVerfG enthaltene Einschränkung, dass die Angelegenheiten von der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können müssen, 320 hat das BVerfG seit seiner Rastede-Entscheidung aufgegeben. Es betont nunmehr ausdrücklich, dass es künftig für die verfassungsunmittelbare Aufgabenqualifikation auf die Verwaltungskraft der Gemeinde bei der Abgrenzung der örtlichen Angelegenheiten nicht ankomme. Vielmehr sei der Kreis der 313 Pr. OVG, Urteil v. 30. 06. 1877 – Rep. C. 146/77, Pr. OVGE 2, 186 (189f.); Pr. OVG, Urteil v. 25. 02. 1885 – Rep. I C. 176/84, Pr. OVGE 12, 155 (158). 314 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619/83, 1628/83, in: NVwZ 1989, 347 (349). 315 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619/83, 1628/83, in: NVwZ 1989, 347 (349). 316 Stern, Staatsrecht I, § 12 II 4, S. 412; Birk, in: NVwZ 1989, 905 (908f.). 317 BVerfG, Beschluss vom 23. 11. 1988 –2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (151) – sog. Rastede-Entscheidung. 318 BVerfG, Urteil v. 30. 07. 1958 – 2 BvG 1/58, BVerfGE 8, 122 (134). 319 BVerfG, Beschluss vom 23. 11. 1988 –2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (151f.) – sog. Rastede-Entscheidung. 320 BVerfG, Urteil v. 30. 07. 1958 –2 BvG 1/58, BVerfGE 8, 122 (134); BVerfG, Beschluss v. 17. 01. 1979 – 2 BvL 6/76, BVerfGE 50, 195 (201); 52, 95 (120).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Angelegenheiten so zu bestimmen, dass in ihm das bürgerschaftliche Engagement wirksam werden kann. Aufgaben mit relevantem örtlichen Charakter seien daher solche, die den Gemeindeneinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen in der (politischen) Gemeinde betreffen. 321 Ob der Verzicht auf das Merkmal der Leistungsfähigkeit als Bestimmungsfaktor gerechtfertigt ist, ist in der Literatur hingegen nicht unumstritten. Die Aufgaben, die den Gemeinden zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen sind, können nicht überall gleich sein, sondern unterscheiden sich je nach Lage, Größe, Infra- und Wirtschaftsstruktur erheblich voneinander. Die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie wäre weitgehend ihres Inhalts entleert, wenn zum verfassungsrechtlich gewährleisteten Aufgabenbereich nur ein Mindestmaß gehörte, nämlich die Aufgaben, die noch von der kleinsten kommunalen Einheit wahrgenommen werden können. 322 Dennoch sind Verwaltungskraft und Leistungsfähigkeit keine zulässige Kriterien. Denn würde es auf die Verwaltungskraft der Gemeinden zur Bestimmung der örtlichen Angelegenheiten ankommen, könnte der Staat durch Finanzzuweisungen die Verwaltungskraft und damit den Umfang der gemeindlichen Angelegenheiten manipulieren. 323 b) In eigener Verantwortung Gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist den Gemeinden die Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten – unter Vorbehalt gesetzlicher Rahmensetzung – „in eigener Verantwortung“ garantiert. Mit dieser Formulierung wird das Recht gewährleistet, die Aufgaben ohne Weisung und Vormundschaft des Staates so zu erfüllen, wie dies nach Maßgabe der Rechtsordnung zweckmäßig erscheint. 324 Die Gemeinde ist hierdurch als eigene politische Individualität von Verfassungs wegen anerkannt, die sich nach eigenen, demokratisch gebildeten, kommunalpolitischen Zielen durch ihre Organe entfalten kann. 325 Den Gemeinden bleibt es danach prinzipiell überlassen, ob, wann und wie sie die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wahrnehmen wollen. 326 Herkömmlich umfasst diese Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung die Gebietshoheit, die Organisation, das Personalwesen, das Finanzwesen, die gebietsbezogene Planung sowie die Rechtsetzung. 321 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (151f.); Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 28 Rn. 47; Schmidt-Aßmann, in: FS für Sendler, S. 121 (128f.). 322 Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (405). 323 Maurer, in: DVBl. 1995, 1037 (1043). 324 Becker, in: Bettermann / Nipperdey, S. 673 (718f.). 325 Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Art. 28 Rn. 94. 326 Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (393); Just, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 2 Rn. 20.

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Die Gebietshoheit als Befugnis, im Gemeindegebiet Hoheitsgewalt im Sinne eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung auszuüben, 327 knüpft dabei an die räumliche Komponente des gemeindlichen Rechts auf Selbstverwaltung an. Die Organisationshoheit ist die Kompetenz der Gemeinden, für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten festzulegen; 328 die Personalhoheit ist die Befugnis, das Personal, insbesondere die Gemeindebeamten auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen. 329 Unter Finanzhoheit wird die Kompetenz zu einer eigenverantwortlichen Einnahme- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens verstanden. 330 Die gebietsbezogene Planung beinhaltet das Recht der Gemeinde zur eigenverantwortlichen Ordnung und Gestaltung des Gemeindegebietes. 331 Die Rechtsetzungshoheit umfasst die Ermächtigung zum Erlass kommunaler Satzungen. 332 Diese Ausprägungen der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung werden üblicherweise als „Gemeindehoheiten“ gekennzeichnet. 333 2. Gesetzesvorbehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und seine Schranken Das Recht der Gemeinden, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, wird ihnen nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet. Es steht unter dem Vorbehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, der Eingriffe in die Selbstverwaltungsgarantie zugunsten des Gesetzgebers rechtfertigt. Denn als institutionelle Garantie ist Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in besonderer Weise auf die Ausgestaltung und Formung durch den Gesetzgeber angewiesen. 334 Der Gesetzesvorbehalt bezieht sich sowohl auf die Allzuständigkeit der Gemeinde als auch auf ihre Eigenverantwortlichkeit. 335 Eingriffe der staatlichen Exekutive in das Selbstverwaltungsrecht sind nur auf Grund eines Gesetzes zulässig. Der Terminus „im Rahmen der Gesetze“ umfasst in diesem Zusammenhang nicht nur Gesetze im förmlichen Sinne, sondern auch Rechtsverordnungen, Satzungen, Gewohnheitsrecht und andere untergesetzlichen Normen, wie beispielsweise Raumordnungsprogramme. 336 Die Frage ist aber, inwieweit dem Gesetzgeber trotz 327 BVerfG, Urteil v. 24. 07. 1979 –2 BvK 1/78, BVerfGE 52, 95 (118); Stern, Staatsrecht I, § 12 II 4, S. 413. 328 BVerfG, Beschluss v. 26. 10. 1994 – 2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (236ff.). 329 BVerfG, Beschluss v. 26. 11. 1963 – 2 BvL 12/62, BVerGE 17, 172 (182). 330 BVerfG, Beschluss v. 24. 06. 1969 – 2 BvR 446/64, BVerfGE 26, 228 (244). 331 BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (310, 317f.). 332 Badura, in: DÖV 1963, 561 (562). 333 Stern, Staatsrecht I, § 12 II 4, S. 412ff.; Lissack, Bayerisches Kommunalrecht, § 1 Rn. 77ff. 334 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (143). 335 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (143).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

des Regelungsvorbehaltes Grenzen gesetzt sind. In Literatur und Rechtsprechung hat sich im Laufe der Zeit bis zum sog. Rastede-Beschluss des BVerfG vom 23. 11. 1988 337 insoweit die Auffassung durchgesetzt, dass der Gesetzgeber in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung eingreifen dürfe, aber nur bis zur Grenze des Kernbereichs und auch insoweit nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. 338 Die Rastede-Entscheidung des Verfassungsgerichts behält im Ansatz zwar das duale Schrankensystem bei, löst es jedoch – zumindest rein formal – vom Verhältnismäßigkeitsprinzip und ersetzt es durch das verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip. a) Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie Unantastbar ist zunächst der Wesensgehalt (inhaltlich übereinstimmend: Kernbereich) der Selbstverwaltungsgarantie. Aufgaben, die in den Kernbereich gemeindlicher Selbstverwaltung gehören, können der Gemeinde nicht entzogen werden und sind gegen jede gesetzliche Schmälerung geschützt. Dieses aus dem Wesen einer institutionellen Garantie abgeleitete Prinzip ist unbestritten und vor allem in der Rechtsprechung des BVerfG anerkannt. 339 Bei der Bestimmung dessen, was zum Wesen der Selbstverwaltung und damit zu dem Bereich gehört, der durch die Verfassung gegen jede gesetzliche Schmälerung gesichert ist, muss neben der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung auch nach der effektiven Bedeutung und dem aktuellen Integrationswert eines jeden zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zählenden Kompetenzbereichs in der Gegenwart gefragt werden. 340 Der Wesensgehalt der Selbstverwaltung lässt sich weder durch Enumeration einzelner unentziehbarer gemeindlicher Aufgaben 341 noch in negativquantitativer Weise danach bestimmen, wie viel nach einem Eingriff an gemeindlicher Restsubstanz übrig bleibt. 342 Solche Deutungen verkennen gerade das Wesen der institutionellen Garantie der Selbstverwaltung, die aus sich heraus bestimmt werden muss. 343 Welche einzelnen Kriterien konkret zur Bestimmung des Kernbereichs der Selbst336 Pieroth, in: Jarass / Pieroth, Art. 28 Rn. 20; Just, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 2 Rn. 21. 337 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127ff. 338 Schoch, in: VerwArch 81, 18 (32) Anm. 90 –92; Schmidt-Aßmann, in: FS für Sendler, S. 121 (134); Maurer, in: DVBl. 1995, 1037 (1044). 339 BVerfG, Urteil v. 20. 03. 1952 –1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (175f.); BVerfG, Urteil v. 10. 12. 1974 –2 BvK 1/73; 2 BvR 902/73, BVerfGE 38, 258 (278); BVerfG, Urteil v. 24. 07. 1979 –2 BvK 1/78, BVerfGE 52, 95 (116f.); Stern, Staatsrecht I, § 12 II 4, S. 416. 340 Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit, S. 75. 341 So BVerfG, Urteil v. 20. 03. 1952 – 1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (178). 342 So die frühere Rechtsprechung: vgl. Denninger, in: DÖV 1960, 812 (813). 343 Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Art. 28 Rn. 122.

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verwaltung aufzustellen sind, kann letztlich nicht durch eine allgemeingültige Formel festgelegt werden. Auch der Versuch des Schrifttums, den Wesensgehalt als das Essential, das man aus einer Institution nicht entfernen kann, ohne deren Struktur und Typus zu verändern, zu definieren, scheiterte. Weder Judikatur noch Literatur wussten positiv und vor allem konkret zu bestimmen, was denn dieses „Essential“ sein sollte. Letztendlich würde dieser Ansatz wiederum auf einen Katalog typusbestimmender Agenden hinauslaufen. 344 Da ein solcher geschützter Aufgabenkatalog nicht benennbar ist, geht das BVerfG einen neuen Weg und unternimmt nunmehr den Versuch, einer klareren Begriffsbestimmung einen Schritt näher zu kommen, indem es dezidierter als jemals zuvor auf die Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises eingeht. 345 Hiernach gehört zum Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung kein gegenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog, wohl aber – mit Blick auf die Allzuständigkeit der Gemeinde – die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen. 346 Hierfür spricht zumindest der Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, der keine Anhaltspunkte für besonders schützenswerte Aufgaben gibt. 347 Daneben hält das BVerfG nach wie vor an seiner älteren Rechtsprechung fest, wonach der Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung als Grenze des gesetzgeberischen Regelungsvorbehaltes nicht ausgehöhlt werden darf. 348 b) Verfassungsrechtliche Aufgabenverteilung: Vorrangprinzip Zweite – neben dem Wesensgehalt – beachtliche Schranke der Gesetzgebung ist den grundlegend neuen Ausführungen des Rastede-Beschlusses des BVerfG zufolge das gemeindebegünstigende Aufgabenverteilungsprinzip. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG enthält danach auch außerhalb des Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie ein verfassungsrechtliches Aufgabenprinzip hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinde, das der zuständigkeitsverteilende Gesetzgeber zu berücksichtigen hat. Auf diese Weise sichert Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Gemeinden einen Aufgabenbereich, der grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfasst. 349 Der Gesetzgeber darf den Gemeinden eine Aufgabe mit relevantem örtlichen Charakter lediglich aus 344 Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, S. 100. 345 Schoch, in: VerwArch 81, 18 (29). 346 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (146). 347 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 81. 348 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (146). 349 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (150).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

Gründen des Gemeininteresses entziehen, vor allem also nur dann, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre und wenn die den Aufgabenentzug tragenden Gründe gegenüber dem verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilungsprinzip des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG überwiegen. 350 Dem Gesetzgeber obliegt insoweit eine Argumentationslast; er muss begründen, warum eine Ausnahme vom Aufgabenverteilungsprinzip zu machen ist. 351 Die Zubilligung des Einschätzungsspielraums an den Gesetzgeber im Hinblick darauf, ob eine Aufgabe relevanten örtlichen Charakter hat und zu den den Gemeinden zuzuweisenden Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört, 352 unterliegt der gerichtlichen Vertretbarkeitskontrolle, wobei die gerichtliche Kontrolle um so intensiver ist, je mehr die gemeindliche Selbstverwaltung als Folge der gesetzlichen Regelung an Substanz verliert. 353 Aus diesen Ausführungen des BVerfG wird vielfach geschlossen, dass das bisher außerhalb des Kernbereichs als Schranke für den Gesetzgeber herangezogene Verhältnismäßigkeitsprinzip zurückgedrängt werden sollte. 354 Dies wird u. a. auch damit begründet, dass bei abstraktgenerellen Aufgabenveränderungen i. S. d. Gesetzesvorbehalts des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG der Schutz des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts nicht der eines Grundrechts sei, sondern der einer institutionellen Garantie. Hier habe der Gesetzgeber eine Ausgestaltungsbefugnis, die nicht am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen sei. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei ein Essential des Grundrechtsschutzes, nicht des staatlichen Funktionsschutzes. Soweit nicht Rechtseingriffe sondern Ausgestaltungsregelungen zu beurteilen sind, habe es in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keinen Raum. 355 Denn nur dort, wo der Staat in die Sphäre anderer Rechtssubjekte – also konkretindividuell in Rechte anderer – eingreife, sei Raum für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, nicht aber dort, wo der Staat institutionelle Garantien ausgestaltet. 356 Richtigerweise ist das Übermaßverbot aber sowohl Grenze der gesetzgeberischen Regelung bei konkretindividuellen Eingriffen als auch bei abstraktgenerellen Aufgabenveränderungen. 357 Entscheidend ist, dass dem Gesetzgeber durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Befugnis erteilt worden ist, die Garantie der Einrichtung „gemeindliche Selbstverwaltung“ – ähnlich wie das Eigentum (Art. 14 350 So Leitsatz 3.b) des sog. Rastede-Beschlusses v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (153). 351 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (154). 352 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (153). 353 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (154). 354 Schoch, in: VerwArch 81, 18 (32f.). 355 Schmidt-Aßmann, in: FS für Sendler, S. 121 (136); Clemens, in: NVwZ 1990, 834 (835f.). 356 Clemens, in: NVwZ 1990, 834 (836). 357 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 83; Ipsen, in: ZG 1994, 194 (207ff.); Maurer, in: DVBl. 1995, 1037 (1044).

D. Verfassungsrechtliche Verankerung

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Abs. 1 S. 2 GG) oder die Berufsausübung (Art. 12 GG) – im Rahmen der Gesetze auszugestalten und zu formen. 358 Allgemeine Schranke einer – wie auch immer ausgestalteten – Regelungsbefugnis des Gesetzgebers ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, das sich als übergreifende Leitregel allen staatlichen Handelns zwingend aus dem Rechtstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt und deshalb Verfassungsrang besitzt. 359 Auf bestimmte Rechtsgebiete ist seine Geltung nicht beschränkt. 360 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird zwar im Rastede-Beschluss des BVerfG nicht ausdrücklich erwähnt – zumindest ist die Zubilligung einer Einschätzungsprärogative an den Gesetzgeber bislang so nicht formuliert worden –, dennoch spielt er eine maßgebliche Rolle bei der Anwendung des Gesetzesvorbehalts i. S. d. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Dies ergibt sich schon aus den Leitsätzen der Rastede-Entscheidung des BVerfG: 361 1. „Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG enthält auch außerhalb des Kernbereichs der Garantie ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden, das der zuständigkeitsverteilende Gesetzgeber zu berücksichtigen hat.“ 362 2. „Der Gesetzgeber darf den Gemeinden danach eine Aufgabe mit relevantem örtlichen Charakter nur aus Gründen des Gemeininteresses, vor allem also etwa dann entziehen, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre, und wenn die den Aufgabenentzug tragenden Gründe gegenüber dem verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilungsprinzip des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG überwiegen. 363 Eine gesetzliche Beschränkung des durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG umschriebenen Schutzbereichs des kommunalen Selbstverwaltungsrechts setzt somit voraus, dass erstens hierfür überhaupt ausreichende Gründe des öffentlichen Interesses bestehen und zweitens diese Gründe gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung überwiegen. Die Feststellung, dass überwiegende Gründe des Gemeininteresses vorliegen, erfordert insoweit eine Abwägung. 364 Diese Abwägung impliziert zugleich die Prüfung, ob die Beschränkung geeignet, erforderlich und angemessen, 358

Vgl. BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127

(143). 359 BVerfG, Urteil v. 08. 02. 1977 –1 BvR 79, 278, 282/70, BVerfGE 43, 242 (288); BVerfG, Beschluss v. 19. 10. 1982 –1 BvL 34, 55/80, BVerfGE 61, 126 (134); BVerwG, Urteil v. 22. 04. 1971 – VIII C 186.70, BVerwGE 38, 68 (70); Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (402). 360 BVerfG, Urteil v. 08. 02. 1977 – 1 BvR 79, 278, 282/70, BerfGE 43, 242 (288). 361 So auch Maurer, in: DVBl. 1995, 1037 (1044). 362 Siehe BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, S. 127. 363 Siehe BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, S. 127. 364 Maurer, in: DVBl. 1995, 1037 (1044).

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

d. h. ob sie verhältnismäßig ist. Der Sache nach nimmt das BVerfG dabei eine an den Kriterien des Übermaßverbotes orientierte Prüfung vor. 365 Das BVerfG betont, dass der Gesetzgeber den Gemeinden Aufgaben mit relevantem örtlichen Bezug nur entziehen darf, wenn dies aus Gründen des Gemeinwohls geboten ist, etwa weil anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen ist. Diese Prüfung stellt nichts anderes als eine am Maßstab der Erforderlichkeit des Eingriffs orientierte Bewertung des gesetzlichen Eingriffs in die gemeindliche Autonomie und damit eine Anwendung des Übermaßverbotes dar. 366 Mit dem Hinweis des BVerfG, dass allein Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung insgesamt eine „Hochzonung“ 367 nicht schon aus sich heraus, sondern erst dann rechtfertigen, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde, 368 impliziert es gleichzeitig eine am Prinzip der Angemessenheit staatlicher Eingriffe orientierte Bewertung. 369 Die gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen Staat und Kommunen steht stets im Spannungsverhältnis zwischen Verwaltungseffizienz und Bürgernähe. Das Ziel optimaler Verwaltungseffizienz trägt die Tendenz zur immer großräumigeren Organisation und stetigen Hochzonung von Aufgaben in sich, während das Ziel möglichster Bürgernähe und Bürgerbeteiligung dem widerstreitet und dezentrale Aufgabenansiedlung anempfiehlt. 370 Bei der in diesem Zusammenhang zu prüfenden Frage der Angemessenheit wird der gemeindlichen Selbstverwaltung jedoch wegen ihrer besonderen politischdemokratischen Funktion und mit Rücksicht auf die Stärkung der gemeindlichen Verwaltungskraft in der Gebietsreform ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt. 371 Eine am Prinzip der Verhältnismäßigkeit orientierte Bewertung staatlicher Eingriffe ergibt sich ferner aus der Zuständigkeitsregelung zugunsten der kommunalen gegenüber der staatlichen (föderativen) Zuständigkeit. Da die Ausnahmen von der Regel-Zuständigkeit der Gemeinden bei der Wahrnehmung ihrer örtlichen 365

Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (401). Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (401). 367 Die wachsenden Anforderungen, welche an die Art und Weise des Aufgabenvollzugs im Hinblick auf die Notwendigkeiten des modernen Sozial- und Leistungsstaates, der ökonomischen Entwicklung und der ökologischen Vorsorge gestellt werden müssen, führten seit der Gemeindegebietsreform der 70er Jahre zu einem „Entörtlichungsprozess“ und begünstigten eine stille Aufgabenwanderung „von unten nach oben“ (So: BVerwG, Urteil v. 04. 08. 1983 –7 C 2.81, BVerwGE 67, 321 (323)) und damit eine sog. Hochzonung der kommunalen Aufgaben, BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (148). 368 Siehe BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (153). 369 Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (401). 370 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (148). 371 BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619,1628/83, BVerfGE 79, 127 (153); Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (401). 366

D. Verfassungsrechtliche Verankerung

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Verwaltungsaufgaben nicht vom Grundgesetz selbst bestimmt werden, wie dies im Verhältnis der Länder zum Bund der Fall ist, 372 sondern dem Gesetzgeber anheim gegeben werden, muss dieser nicht nur prüfen, ob gewichtige Gründe vorliegen, sondern auch, ob so gewichtige Gründe vorliegen, dass eine Einschränkung des Selbstverwaltungsrecht – ausnahmsweise – vertretbar ist. 373 Dies entspricht im Wesentlichen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Zur Konfliktlösung bei kommunalbezogenen Regelungen ist dieses Instrument überdies besonders geeignet, da es nicht nur eine flexible, sach- und interessengerechte Ausbalancierung unterschiedlicher Belange ermöglicht, sondern auch ein besonders wirksames Ausgleichsinstrument darstellt, denn die Eingriffsschranken für den Gesetzgeber sind danach um so höher, je substantieller er in das Selbstverwaltungsrecht eingreift. 374 Als Ergebnis lässt sich somit zusammenfassen: Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht zur eigenverantwortlichen Verwaltung ihrer örtlichen Angelegenheiten. Gesetzliche Eingriffe in den Wesensbereich dieses verfassungsrechtlich geschützten Rechts sind unzulässig; gesetzliche Eingriffe in den Randbereich 375 sind hingegen zulässig, wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. II. Gemeindliche Planungshoheit als Teil der kommunalen Selbstverwaltungshoheit Das BVerfG hat bislang offengelassen, ob die Planungshoheit der Gemeinden Teil des unantastbaren Kernbereichs der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verankerten Selbstverwaltungsgarantie ist. 376 Jedenfalls zählt die Planungshoheit als Ausprägung der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung zu den verfassungsrechtlich garantierten Gemeindehoheiten, 377 die als elementare Voraussetzungen eigenverantwortlichen Verwaltens kern- und randbereichsweise geschützt sind. 378 Die Planungshoheit reicht von der Planung des Personaleinsatzes über den Haushalt bis hin zur planerischen Wirtschaftsförderung und der Umweltschutzplanung im Gemeindegebiet. 379 Im engen Zusammenhang mit diesen Befugnissen steht 372

Vgl. Art. 30, 83ff. GG. Maurer, in: DVBl. 1995, 1037 (1045). 374 Schink, in: VerwArch 1990 (81), S. 385 (402). 375 Der Ausdruck „Randbereich“ wird zwar vom BVerfG nicht verwendet. In BVerfG, Beschluss v. 26. 10. 1994 –2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (239) ist aber vom „Vorfeld der Sicherung des Kernbereichs“ die Rede. Sachlich ist jedoch mit den „Rechtswirkungen außerhalb des Kernbereichs“ bzw. dem „Vorfeld“ das gemeint, was in der Literatur als „Randbereich“ bezeichnet wird. 376 BVerfG, Beschluss, v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (312f.). 377 Siehe oben: 2. Kapitel, C.I. 1. b). 378 Löwer, in: v. Münch / Kunig, Art. 28 Rn. 65. 373

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

die eigenverantwortliche gemeindliche Entscheidung über die Art und Weise der Bodennutzung in der Gemeinde. 380 Das in diesem Gefüge bestehende Recht der Gemeinde zur örtlichen Gesamtplanung (Bauleitplanung) unterfällt als Bestandteil der kommunalen Planungshoheit dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, unabhängig davon, ob und inwieweit es auch zum unantastbaren Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung gehört. 381 Als Teil der Selbstverwaltungsautonomie beinhaltet es die Befugnis, die städtebauliche Entwicklung zu ordnen sowie die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke durch Bauleitpläne nach dem BauGB vorzubereiten und verbindlich festzulegen. 382 Das Recht der örtlichen Gesamtplanung hat in § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB seine einfachgesetzliche Grundlage gefunden. Danach sind die Bauleitpläne von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Mit der Formulierung „in eigener Verantwortung“ kennzeichnet der Bundesgesetzgeber die Bauleitplanung als Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden und konkretisiert das von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Recht der Gemeinde zur örtlichen Planung. Die Bauleitplanung ist eine „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft“ i. S. d. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. 383 Denn das Interesse, über die Flächennutzungen im Gemeindegebiet zu entscheiden, wurzelt in der örtlichen Gemeinschaft und hat auf diese einen spezifischen Bezug. 384 Dies ergibt sich schon daraus, dass die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung als Bauflächen sowie nach der besonderen Art und dem allgemeinen Maß ihrer baulichen Nutzung als Baugebiete ausgewiesen werden. Sämtliche Planinhalte sind deshalb entweder selbst unmittelbar Bestandteil der Daseinsvorsorge – so die Bebauung der einzelnen Grundstücke, um diese für das private Bedürfnis nach Wohnen und Arbeiten (Gewerbe, Industrie) nutzbar zu machen – oder dienen ihr mittelbar, indem sie geeignete Maßnahmen der Daseinsvorsorge wie der Abwasser und Müllbeseitigung bzw. -verwertung ermöglichen. 385 Als zentrales Gestaltungsmittel der kommunalen Planungshoheit verschafft die Bauleitplanung als Bestandteil, Vorbereitung und Sicherung der gemeindlichen Daseinsvorsorge und damit als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft den Gemeinden mit ihren spezifischen Ausprägungen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan so das entscheidende Instrumentarium, die städtebauliche Entwicklung des jeweiligen Gemeindegebietes zu steuern. 386 379

Vgl. BVerwG, Urteil v. 15. 12. 1989 – 7 C 6.88, BVerwGE 84, 236 (239ff.). Löwer, in: v. Münch / Kunig, Art. 28 Rn. 74. 381 BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 –2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (117); Krautzberger in: B / K/L, § 1 Rn. 3. 382 Löwer, in: v. Münch / Kunig, Art. 28 Rn. 74. 383 Siehe bereits oben: 2. Kapitel, C.I. 1. a). 384 Koch, in: FS für Schlichter, S. 461 (463). 385 Schultze, Raumordnungspläne und gemeindliche Selbsteverwaltung, S. 75f. 386 Funke / Schroer, in: ZG 1986/I, 256 (260); Hoppe, in: FG von Unruh, S. 555 (567). 380

D. Verfassungsrechtliche Verankerung

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1. Zugehörigkeit der gemeindlichen Bauleitplanung zum Wesensgehalt der Selbstverwaltung Mit der Feststellung der kompetenzbegründenden Zugehörigkeit der Bauleitplanung zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft i. S. d. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist noch keine Aussage über Umfang und Grenzen gesetzgeberischer Einwirkungen auf die gemeindliche Planungshoheit getroffen. Denn das Recht zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung steht unter dem Vorbehalt des Gesetzes, das den Gesetzgeber ermächtigt, auf den Umfang der gemeindlichen Funktionen und auf die Art und Weise der Aufgabenerfüllung Einfluss zu nehmen. Überörtliche, regionale oder gesamtstaatliche Interessen können durch gesetzliche Regelung gegenüber der eigenverantwortlichen Bauleitplanung der Gemeinden durchgesetzt werden. 387 Die staatliche Dispositionsfreiheit und damit einhergehende Eingriffe in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht finden jedoch ihre Grenze in der Wesensgehaltsgarantie, die den Entzug sowie substantielle Beschränkungen der dem Kernbereich zuzurechnenden Selbstverwaltungsrechte verbietet. 388 Dieser Kernbereich örtlicher Aufgabenerfüllung ist unantastbar, d. h. der Gesetzgeber darf die Selbstverwaltung nicht derart einschränken, dass sie innerlich ausgehöhlt wird. 389 Ob und in welchem Umfang die Planungshoheit der Gemeinden zu dem unantastbaren Kernbereich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts gehört, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Während einerseits darauf verwiesen wird, dass die Bauleitplanung nicht immer zum historischen Bild der Selbstverwaltung gehört hat, sondern erst um die Jahrhundertwende entstanden ist und zunächst als polizeiliche Aufgabe des Staates angesehen wurde, 390 zählt die Gegenmeinung die Bauleitplanung zu den unverzichtbaren und die Selbstverwaltung wesentlich prägenden gemeindlichen Agenden. 391 Das BVerfG hat das Problem der Zugehörigkeit der Bauleitplanung zu den von der Kernbereichsgarantie geschützten Agenden zwar kurz angerissen, im Ergebnis aber offengelassen, ob die Planungshoheit Teil des unantastbaren Kernbereichs der verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungshoheit ist. 392 In seinen Entscheidungen vom 387

Funke / Schroer, in: ZG 1986/I, 256 (261); Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit, S. 88. 388 Funke / Schroer, in: ZG 1986/I, 256 (261); Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit, S. 88. 389 BVerfG, BVerfG, Urteil v. 20. 03. 1952 –1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (175); BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (312). 390 Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 125ff.; Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit, S. 89; BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (312). 391 Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit, S. 89 m.w. N.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

23. 06. 1987 und 23. 11. 1988 hat es, in Anlehnung an Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und ohne die kommunale Planungshoheit ausdrücklich zum unantastbaren Kernbereich zu erklären, allerdings festgestellt, dass die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie eine Einschränkung der Planungshoheit einzelner Gemeinden nur erlaube, wenn und soweit diese durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht erfordert würden. 393 Die kommunale Planungshoheit stellt demnach eine vor- und höherrangige Abwägungsposition dar, die nur durch besonders schutzwürdige überörtliche Interessen in der Abwägung überwunden werden kann. 394 Als Instrument zur aktiven Steuerung und Gestaltung der kommunalen Ebene gehört die gebietsbezogene Planung zum typischen und charakteristischen Erscheinungsbild der Selbstverwaltung. 395 Auf Grund dieser zentralen Bedeutung und wegen des untrennbaren Zusammenhangs von Flächennutzungsplanung und Bestimmungsmacht über die Gemeindestruktur, wegen ihrer determinierenden Wirkung auf die Bebauungsplanung sowie wegen ihrer Relevanz für die Stellung der Gemeinden im demokratischen Staatsaufbau muss die kommunale Bauleitplanung letztendlich zu denjenigen integralen gemeindlichen Aufgaben gezählt werden, die den Wesensgehalt der Selbstverwaltung konstituieren. 396 2. Einordnung der Flächennutzungsplanung in das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung Die Flächennutzungsplanung als Teil der kommunalen Bauleitplanung ist unter Anwendung der oben ermittelten Kriterien und unter Zugrundelegung von § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB zu Recht den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zuzuordnen. Sie dient der Darstellung der sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der jeweils konkret planenden Gemeinde. Die Aufstellung der Flächennutzungspläne erfolgt für das gesamte Gemeindegebiet und hat sich an den Erfordernissen der ortsansässigen Gemeindeeinwohner zu orientieren, in deren Interesse die Bauleitpläne primär aufgestellt werden und zu deren Lasten und Gunsten sich die wirtschaftlichen, verkehrsmäßigen, versorgungstechnischen und sonstigen Folgen der städtebaulichen Planung überwiegend auswirken. Die vorbereitende Bauleitplanung ist insoweit geprägt durch die Wahrung und Gestaltung der konkreten örtlichen, naturräumlichen Gegebenheiten und der vorgefundenen, 392 BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (312f.). 393 BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (314). 394 Birk, in: NVwZ 1989, S. 905 (909). 395 Funke / Schroer, in: ZG 1986/I, 256 (261f.). 396 Ausführlich hierzu: Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit, S. 88ff. (123).

E. Zwischenergebnis

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gewachsenen Siedlungsstrukturen sowie durch die Darstellung der beabsichtigten Entwicklung der gemeindlichen Ortstypik. 397 Inhalt und Aussagen des Flächennutzungsplans sind somit raum- und sozialspezifisch auf die jeweils planende Gemeinde zugeschnitten. Auf Grund dieses individuellen Zuschnitts ist die Flächennutzungsplanung in der örtlichen Gemeinschaft verwurzelt und hat auf diese einen spezifischen Bezug. Das Argument des überörtlichen Bezugs der Flächennutzungsplanung als entscheidender Gesichtspunkt gegen die Zuordnung der vorbereitenden Bauleitplanung zum Kernbereich der Selbstverwaltung überzeugt nicht. Zwar hat der Flächennutzungsplan zahlreiche überörtliche Belange und fungiert daher als Bindeglied zwischen der übergeordneten und überörtlichen Raumordnungsplanung, den Fachplanungen und der gemeindlichen Bebauungsplanung, indem er die überörtlichen Planungen koordiniert, integriert und vor allem die landesplanerischen Ziele und Aktivitäten in den örtlichen Bereich transformiert. 398 Dennoch liegt der Schwerpunkt der Aufgabe der Flächennutzungsplanung – trotz Anerkennung des in ihr angelegten überörtlichen Bezugs – ganz überwiegend im Bereich der Gestaltung des Gemeindegebiets und ist daher primär als örtliche Angelegenheit einzustufen. Die vorbereitende Bauleitplanung ist insoweit vornehmlich durch die Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten und Interessen geprägt und daher als umfassende gesamtgemeindliche Raumplanung zu jenen Aufgaben mit tendenziell örtlichem Bezug zu zählen, deren eigenverantwortliche Wahrnehmung den Gemeinden im Grundsatz verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet ist. 399

E. Zwischenergebnis zu „Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument im kommunalen Planungssystem“ Die Aufstellung des Flächennutzungsplans ist grundsätzlich geboten. Gerade die Verantwortung der Gemeinde für eine sachlich richtige, inhaltlich ausgewogene und organisatorisch abgestimmte städtebauliche Entwicklung macht eine planerische Koordination der vielfältigen an die Nutzung von Grund und Boden gestellten Anforderungen notwendig. Nicht nur die Nutzungsinteressen des Einzelnen, sondern auch jene der Allgemeinheit müssen im Rahmen einer dem Wohl der Allgemeinheit dienenden, sozialgerechten Bodennutzung Berücksichtigung 397

Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit,

S. 86. 398 399

S. 87.

Siehe dazu: 4. Kapitel, A. Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit,

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

finden können. Dies ist Aufgabe der Flächennutzungsplanung. Als ein in die Gesellschaftspolitik integriertes, planerisch ordnendes Konzept für die gesamträumliche Entwicklung des Gemeindegebietes zielt der Flächennutzungsplan auf den Ausgleich unterschiedlicher privater und öffentlicher Interessen an der Bodennutzung ab und nimmt so eine wichtige Koordinationsaufgabe wahr, bei der die Schaffung einer räumlichen Struktur mit gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie ausgewogenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen im Vordergrund steht. Es gilt, die Rahmenbedingungen der Gemeinde insoweit zu analysieren und gemäß den aktuellen und voraussehbaren Entwicklungstendenzen in die Zukunft zu projizieren, Entwicklungskonzepte zu entwerfen und die sich daraus ergebende Art der Bodennutzung für das gesamte Gemeindegebiet abzuleiten. 400 Der Flächennutzungsplan konkretisiert somit die von der Gemeinde beabsichtigte städtebauliche Entwicklung und Ordnung, die kein aus sich heraus feststehendes Nutzungskonzept der Gemeinde ist, sondern letztlich erst durch den gemeindlichen Flächennutzungsplan geschaffen wird. 401 Ihm obliegt die Aufgabe, alle gemeindlichen Aktivitäten auf die planerischen Zielvorstellungen für das örtliche Gemeinwesen auszurichten und aufeinander abzustimmen. Durch entsprechende Flächenkoordination und Flächenvorhaltung leistet er insoweit einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung lokaler und regionaler Standorte; er greift ordnungsrechtlich in das Bodenmarktgeschehen ein, indem er mittels der im Flächennutzungsplan getroffenen Darstellungen Flächen für bestimmte Nutzungen sichert sowie in der Zuordnung dieser Flächen zueinander Beeinträchtigungen ausschließt oder minimiert bzw. sich ergänzende Nutzungsarten in räumlicher Nähe plant. 402 Als elementares Handlungsinstrument kommunaler Selbstverwaltung ebnet er so den Weg für eine sich im gesellschaftlichen Bereich anbahnende und vollziehende „autonome“ Entwicklung des Baugeschehens und setzt zugleich den Rahmen. 403 Die im Flächennutzungsplan getroffenen Darstellungen, mit denen die Gemeinde ihre Planungs- und Entwicklungsvorstellungen und die daraus resultierende Art der Bodennutzung dokumentiert, sind der eigentliche, das gesamträumliche Entwicklungskonzept ausmachende, vom Planungswillen und der abwägenden Entscheidung der Gemeinde getragene und im Einzelnen bestimmte Inhalt des Flächennutzungsplans. 404 Sie bekunden den planerischen Willen der Gemeinde, 400 Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 41. 401 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 73f. 402 Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 4, 10. 403 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 14. 404 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 18.

E. Zwischenergebnis

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welche Flächen mit welchen baulichen oder sonstigen Nutzungen und in welcher Ordnung zueinander zu belegen sind, welche zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft von Bebauung freigehalten werden sollen und wie diese Flächen sich insgesamt in das Netz des überörtlichen Verkehrs und der örtlichen Hauptverkehrszüge einfügen. Der Flächennutzungsplan wirkt somit gezielt auf eine ausgewogene räumliche Entwicklung der Gesellschaft hin, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt. Er erweist sich insoweit als unverzichtbare Ordnungsgarantie für die Gewährleistung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, einer dem Wohl der Allgemeinheit entsprechenden sozialgerechten Bodennutzung sowie der Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt. Mittels der Darstellungen im Flächennutzungsplan werden folglich die Weichen für die zukünftige städtebauliche Entwicklung gestellt. Die hieraus abzuleitende Leit- und Lenkungsfunktion des Flächennutzungsplans ist insoweit Ausdruck seiner weitreichenden Steuerungskraft. Neben den Darstellungen im Flächennutzungsplan als dem eigentlichen „Planwerk“ (Flächenangebot, Flächenkoordination, störungsfreie Zuordnung von Nutzungen) entfaltet auch der Planungsprozess durch das ihm zu Grunde liegende Beteiligungsverfahren und dem immanenten Abwägungsvorgang Wirkungen hinsichtlich eines „steuernden Eingriffs“. 405 Zu Recht weist Mangels darauf hin, dass gerade im Rahmen des Planungsprozesses bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplans politisch formulierte Zielsetzungen der künftigen gemeindlichen Bodennutzung kommuniziert und zur Diskussion gestellt sowie öffentliche und private Belange gerecht abgewogen und begründet werden. Bei der Kommunikation gehe es insbesondere darum, die verschiedenen Interessengruppen in einem gemeinsamen Prozess der Gestaltung und Entscheidungsfindung zur städtebaulichen Entwicklung der Gemeinde einzubeziehen. Abwägung bedeutet, die Stellungnahmen und Anregungen auf inhaltliche Berechtigung, Richtigkeit, Zweckmäßigkeit und Umsetzbarkeit zu prüfen sowie festzustellen, ob sie Vorschläge zur Änderung oder eine Ablehnung der Planung enthalten. 406 Im Hinblick auf den Abwägungsvorgang, innerhalb dessen die Gemeinde nur solche Belange berücksichtigen kann und muss, die ihr detailliert bekannt sind oder – weil sie sich ihr aufdrängen mussten – bekannt sein mussten, erfordern komplexe Entscheidungsfindungen im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik ein Höchstmaß an Transparenz, um sicherstellen zu können, 405 So ausdrücklich auch Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 105. 406 Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 14, 74, 77.

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2. Kap.: Aufgabe und Funktion des Flächennutzungsplans

dass die Öffentlichkeit umfassend unterrichtet wird. Dies erfolgt in ihrem eigenen Interesse, nämlich zur Stärkung der Sachkompetenz der Beteiligten und damit ihrer Urteilskraft und Kritikfähigkeit. Größtmögliche Transparenz aller Vorgänge erzeugt bei den interessierten Bürgern Sachkompetenz. Das weckt nicht nur Akzeptanz für das politische Verfahren, sondern ist auch verantwortlich für die Akzeptanz des anschließenden Sachergebnisses. 407 Aus der frühzeitigen Beteiligung (§ 3 Abs. 1 BauGB) und der oft parallel stattfindenen Abstimmung mit benachbarten Gemeinden (2 Abs. 2 BauGB) können als materielles Ergebnis so Anregungen im Hinblick auf die Planung folgen, die als Abwägungsmaterial in das weitere Verfahren einfließen und somit unmittelbaren Einfluss auf den Abwägungsvorgang nehmen. Der Abwägungsvorgang ist der eigentliche Kern des Planungsprozesses und Grundlage für die endgültige Fassung des Flächennutzungsplans. Bereits im frühen Stadium des Aufstellungsprozesses wirkt der Flächennutzungsplan somit – unter Berücksichtigung des Beteiligungsverfahrens und der anschließenden planerischen Abwägung – gezielt auf die nachfolgende Städtebauplanung hin und steuert diese richtungsweisend. Im Ergebnis wird deutlich, dass dem Flächennutzungsplan für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung eine zentrale Bedeutung zukommt. Vor allem von den Darstellungen des Flächennutzungsplans geht insoweit eine steuernde Wirkung im Hinblick auf die Vorbereitung nachfolgender Planungen aus. Dabei geht es nicht nur um die Frage der zukünftigen baulichen Inanspruchnahme von Flächen bzw. die Zuordnung der Bauflächen und Freiflächen zueinander, sondern gleichermaßen auch um die Steuerung der sonstigen Grundstücksnutzungen. Infolgedessen enthält der Darstellungskatalog für die Flächennutzungsplanung neben den Möglichkeiten der baulichen Bodennutzung zahlreiche, nicht mit dem Bauen verbundene sonstige Bodennutzungen wie die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, die Nutzung als öffentliche und private Grünflächen sowie als Wasserflächen. 408

407 Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 74. 408 So auch Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 193f.

3. Kapitel

Die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans und deren Auswirkung auf den Rechtsschutz Die Frage nach der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans schien seit längerer Zeit geklärt zu sein. Die überwiegende Auffassung sieht in dem Flächenutzungsplan ein nach außen hin unverbindliches Planwerk, das aus sich heraus keine unmittelbaren Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfaltet; 1 es handele sich vielmehr um eine hoheitliche Maßnahme eigener Art bzw. um eine besonders ausgestaltete Planstufe. 2 Der Flächennutzungsplan sei weder Rechtsnorm noch Verwaltungsakt und könne in der Folge nicht zum Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle gemacht werden. 3 Aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung, Planungspraxis, Fachliteratur und Rechtsprechung geben jedoch Anlass, die ablehnende Haltung hinsichtlich der Außenwirkung des Flächennutzungsplans zu hinterfragen und dem Rechtsschutz des Flächennutzungsplans erneute Aufmerksamkeit zu widmen. Durch eine Reihe von neuen Weichenstellungen sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Gesetzgebung ist nicht nur die praktische Bedeutung des Rechtsschutzes gegen Flächennutzungspläne erhöht worden, sondern erscheint die Rechtsschutzproblematik auch rechtsdogmatisch in einem neuen Licht und macht damit zusammenhängend neue Lösungen nötig. 4 Von Bedeutung ist insoweit vor allem die Neuinterpretation des § 1 Abs. 7 BauGB. Die Rechtsprechung des BVerwG 5 geht unter Aufgabe der früher vertretenen gegenteiligen Ansicht 6 nunmehr im Einklang mit der herrschenden Meinung 7 davon aus, dass abwägungsrelevante private Belange im Rahmen der 1 BVerwG, Urteil v. 15. 03. 1967 – IV C 205.65, BVerwGE 26, 287 (290); BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 43.81, in: BayVBl. 1984, 471 (472); Schidlowski, in: NVwZ 2001, 388 (389). 2 BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 –4 N 3/88, in NVwZ 1991, 262 (263); Löhr, in B / K/L, § 5 Rn. 45; Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 72. 3 BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 –4 N 3/88, in NVwZ 1991, 262 (263); Schidlowski, in: NVwZ 2001, 388 (389). 4 Schenke, in: NVwZ 2007, S. 134; Guckelberger, in: DÖV 2006, S. 973ff. 5 BVerwG, Urteil v. 24. 09. 1998 – 4 CN 2.98, in: DVBl. 1999, 100 (102). 6 Nach dem früheren Verständnis des Abwägungsgebotes wurde den Trägern privater Belange i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB nicht allein wegen der Abwägungsrelevanz ihrer Belange ein subjektives Recht auf deren Berücksichtigung eingeräumt, so dass private Belange viel-

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3. Kap.: Rechtsnatur und Auswirkung auf den Rechtsschutz

Bauleitplanung subjektiviert werden. Das Gebot der Abwägung ist insoweit nicht nur im Interesse der Allgemeinheit – beispielsweise für eine geordnete städtebauliche Entwicklung – von Bedeutung, sondern vermittelt zu Gunsten des Einzelnen auch ein subjektivöffentliches Recht, weil der betroffene Bürger vom Staat zur Verfolgung eigener Interessen ein bestimmtes Verhalten verlangen kann. 8 Zwar ist dieses subjektive öffentliche Recht inhaltlich soweit beschränkt, als es keinen absoluten Bestandsschutz genießt, sondern nur bei der Abwägung zu berücksichtigen ist; an der (allerdings inhaltlich begrenzten) Begründung subjektiver öffentlicher Rechte ändert sich dadurch aber nichts. 9 Subjektive Rechte von Privaten werden nach § 1 Abs. 7 BauGB durch deren schutzwürdige Interessen, die bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplans nicht nur geringfügig betroffen sind, begründet, wenn diese im Rahmen der Bürgerbeteiligung (§ 3 BauGB) geltend gemacht werden oder ihre Betroffenheit – auch ohne ihre Geltendmachung – offensichtlich ist. 10 Dies hat zur Konsequenz, dass durch Darstellungen eines Flächennutzungsplans Rechte Privater dann verletzt werden, wenn die Gemeinde bei der Ausübung des Planungsermessens diesen privaten Belangen nicht in ausreichender Weise Rechnung trägt. 11 Eine Verletzung solcher Rechte liegt vor, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss bzw. die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird. 12 Der Umstand, dass Flächennutzungspläne jedenfalls außerhalb des § 35 BauGB keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit besitzen, sondern nur der Vorbereitung eines Bebauungsplans dienen (§ 8 Abs. 2 BauGB) sowie Anpassungspflichten öffentlicher Planungsträger nach Maßgabe des § 7 BauGB begründen, steht der subjektivrechtlichen Relevanz von Flächennutzungsplänen insoweit nicht im Wege. § 1 Abs. 7 BauGB erstreckt das Abwägungsgebot nicht nur auf Bebauungspläne, sondern allgemein auf Bauleitpläne und damit auch auf Flächennutzungspläne. Dem steht nicht entgegen, dass die in Flächennutzungsplänen enthaltenen Darstellungen noch nicht dieselbe Regelungsdichte 13 aufweisen wie Bebauungspläne und damit typischerweise abwägungsrelevante private Belange nicht im selben Umfang betreffen wie ein Bebauungsplan. 14 Der Flächennutzungsplan dient nach fach nur objektivrechtlich geschützt wurden: BVerwG, Urteil v. 29. 07. 1977 – IV C 51.75, BVerwGE 54, S. 211ff.; BVerwG, Beschluss v. 16. 12. 1992 –4 B 202.92, in: Buchholz 406.11 § 3 BauGB Nr. 4. 7 Schenke, in: DVBl. 1997, 852 (854f.); Hüttenbrink, in: DVBl. 1997, 1253 (1257); Dürr, DÖV 2001, 625 (642); a. A.: Schütz, in: NVwZ 1999, 929ff. 8 Hüttenbrink, in: DVBl. 1997, 1253 (1256). 9 Schenke, in: DVBl. 1997, 852 (854). 10 Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (135); Dürr, in: DÖV 2001, 625 (642). 11 Schenke, in: NVwZ 2007, S. 134. 12 BVerwG, Urteil v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66, BVerwGE 34, 301 (309). 13 Siehe hierzu: 2. Kapitel, B.II. 2. a). 14 Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (135).

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der ausdrücklichen Regelung des § 1 Abs. 7 BauGB dem Schutz der hier genannten, durch den Gesetzgeber anerkannten privaten Interessen. § 1 Abs. 7 BauGB erfüllt insoweit die Voraussetzungen, deren es für die Annahme eines subjektiven öffentlichen Rechts bedarf. 15 Angesichts dieser, von der herrschenden Meinung befürworteten subjektivrechtlichen Relevanz von Flächennutzungsplänen weist Schenke zu Recht darauf hin, dass dies zwangsläufig auch zu einer Ausweitung des gegenüber Flächennutzungsplänen bestehenden Rechtsschutzes führen muss. 16 Nicht nur die Frage des „Ob“, sondern auch die Frage des „Wie“ des Rechtsschutzes sollte im Hinblick auf die neuen gesetzlichen Regelungen überdacht werden. Im Zuge der Novellierung des Städtebaurechts und der damit einhergehenden Änderungen des BauGB und der Neuregelung des Rechts der Raumordnung durch das am 01. 01. 1998 in Kraft getretene BauROG 17 sind die Vorschriften des § 35 BauGB über das Bauen im Außenbereich bereits in vielerlei Hinsicht modifiziert worden. Insbesondere die Erweiterung der öffentlichen Belange in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB auf nahezu alle privilegierten Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB stellt ein die Privilegierung flankierendes Instrument dar, durch das die Gemeinde in die Lage versetzt wird, die bauliche Entwicklung im Außenbereich planerisch zu steuern. 18 Der Gesetzgeber hält bei § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zwar grundsätzlich an der Privilegierung fest, gibt der Gemeinde aber ein Mittel an die Hand, das es ihr ermöglicht, die Ausführung der in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB bezeichneten Bauvorhaben im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu kanalisieren und an bestimmten Stellen im Plangebiet zu konzentrieren. 19 Auf diese Weise erhalten die Darstellungen des Flächennutzungsplans – über die in Abs. 3 S. 1 Nr. 1 getroffene Regelung hinaus – bauplanungsrechtliche Bedeutung. 20 Dies wirft die Frage auf, ob dadurch die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans und damit auch der hiergegen eröffnete Rechtsschutz nicht zumindest partiell verändert wurde. Den durch § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erfassten Darstellungen kommt möglicherweise nunmehr unmittelbare normative Außenwirkung zu, was ihre Einbeziehung in die oberverwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gem. § 47 VwGO nahelegt. 15

Schenke, in: DVBl. 1997, 852 (854). Schenke, in: NVwZ 2007, S. 134: Eine Ausdehnung des gegenüber Flächennutzungsplänen bestehenden Rechtsschutzes erfolgt auch in Bezug auf die Nachbargemeinden und die damit einhergehende Novellierung des § 2 Abs. 2 BauGB. 17 BT-Drs. 13/6392, S. 10ff. 18 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (292); = DVBl. 2003, 797 (798). 19 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (293f.); = DVBl. 2003, 797 (803). 20 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (293); = DVBl. 2003, 797 (798f.); Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 123. 16

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Nach früherer ganz herrschender Meinung wurde der Flächennutzungsplan generell nicht als materielles Gesetz und damit auch nicht als Rechtsnorm angesehen. Als Begründung hierfür diente vor allem der Hinweis auf § 1 Abs. 2 BauGB, nach dem der Flächennutzungsplan nur ein vorbereitender und kein verbindlicher Bauleitplan sei. Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans seien weder für die Gemeinde beim Erlass eines Bebauungsplans strikt bindend noch entfalten sie normative Verbindlichkeit gegenüber öffentlichen Planungsträgern, die nach § 4 oder § 13 BauGB an der Aufstellung des Flächennutzungsplans beteiligt sind und ihre Planungen dem Flächennutzungsplan – soweit sie diesem nicht widersprochen haben – anzupassen haben. Auch § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB, nach dem eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, wenn ein Vorhaben den Darstellungen eines Flächennutzungsplans widerspricht, begründe keine normative Verbindlichkeit eines Flächennutzungsplans. Vielmehr enthalte diese Vorschrift nur eine Aussage dahingehend, dass ein Flächennutzungsplan wesentliche Anhaltspunkte für die Bestimmung öffentlicher Belange bildet. 21 Kann man aus den oben genannten Gründen auch heute noch grundsätzlich davon ausgehen, dass die Darstellungen eines Flächennutzungsplans keinen Rechtsnormcharakter besitzen, so ist damit aber noch keine Aussage darüber getroffen, ob dies nicht zumindest für einzelne Darstellungen eines Flächennutzungsplans gilt. 22 Dies dürfte zumindest für solche Darstellungen eines Flächennutzungsplans zutreffen, die in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB angesprochen sind. Gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Zweck dieser Vorschrift ist es, den Gemeinden ein Steuerungselement gegenüber den nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB grundsätzlich in den Außenbereich gehörenden, privilegierten Vorhaben zu vermitteln und durch positive Standortzuweisungen privilegierter Nutzungen an einer oder mehreren Stellen im Plangebiet den übrigen Planungsraum von den durch den Gesetzgeber privilegierten Anlagen freizuhalten. 23 Die Regelung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB geht damit auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des BVerwG zum Kiesabbau vom 22. 05. 1987 24 zurück und verlangt vom Planungsträger ein Planungskonzept über die Standorte der betreffenden Anlagen in der Gemeinde: Ist der Kiesabbau im Außenbereich einer Gemeinde überwiegend möglich und hat die Gemeinde zur räumlichen Konzentration Kiesabbauflächen im Flächennutzungsplan dargestellt, kann dies – auch als „negative“ Aussage – als öffentlicher Belang einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegierten Kiesabbau auf einer anderen Ge21 22 23 24

Im Einzelnen siehe: Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (135f.). Hierauf weist Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (136) zu Recht hin. BT-Drs. 13/4978, S. 7. BVerwG, Urteil v. 22. 05. 1987 – 4 C 57.84, BVerwGE 77, 300ff.

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meindefläche entgegenstehen, die im Flächennutzungsplan beispielsweise als Landwirtschaftsfläche dargestellt ist. 25 Die Gemeinde muss in Wahrnehmung ihrer Steuerungsfunktion mithin über ein schlüssiges Planungskonzept verfügen, in welchem sie einerseits durch Darstellungen im Flächennutzungsplan positiv geeignete Standorte festlegt, um damit andererseits ungeeignete Standorte im übrigen Planungsgebiet auszuschließen. 26 Eine ausschließlich negativ wirkende „Verhinderungsplanung“ der Gemeinde ohne gleichzeitige positive Ausweisung geeigneter Standorte im Plangebiet ist grundsätzlich nicht ausreichend. 27 Die negative und die positive Komponente der Darstellung bedingen einander. 28 Das Zurücktreten der Privilegierung in Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur dann rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Der Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ermöglicht es der Gemeinde, die in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben durch Darstellung im Flächennutzungsplan auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Er erlaubt es ihr aber nicht, das gesamte Gemeindegebiet für diese Vorhaben zu sperren. 29 Kommt die Gemeinde jedoch nach sachgerechter Prüfung zu dem Ergebnis, dass im Gemeindegebiet für privilegierte Vorhaben geeignete Flächen nicht zur Verfügung stehen, kann sie dem Antrag auf Zulässigkeit einer Anlage das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen (bei Darlegung der speziellen Gründe, die das Gebiet besonders schutzwürdig erscheinen lassen) versagen und somit das Gemeindegebiet von jeglicher privilegierter Planung freihalten. 30 Dies weicht vom Normalfall ab, in dem Darstellungen in einem Flächennutzungsplan regelmäßig erst der Umsetzung durch einen Bebauungsplan bedürfen. 31 Der nunmehr gesetzlich bestimmte Planvorbehalt bewirkt einen deutlichen Zuwachs zugunsten der Bedeutung von Konzentrationsdarstellungen in Flächennutzungsplänen. Den in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB vorausgesetzten Planinhalten soll eine regelmäßig dem privilegierten Vorhaben entgegenstehende Bedeutung als öffentlicher Belang zukommen. 32 Infolge dieser gesetzlichen Regelung spricht nunmehr – bei entsprechenden Darstellungen in Flächennutzungsplänen – eine 25

Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 74. BT-Drs. 13/4978, S. 7; Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 75. 27 BT-Drs. 13/4978, S. 7. 28 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (294); = DVBl. 2003, 797 (799). 29 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (294); = DVBl. 2003, 797 (799). 30 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (296); = DVBl. 2003, 797 (799). 31 So im Ergebnis auch Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (136). 32 So bereits OVG Nordrh.-Westf., Urteil v. 28. 10. 1997 –10 A 4574/94, in: ZfBR 1998, 160 (163) hinsichtlich der alten Fassung des § 35 Abs. 3 BauGB. 26

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Regelvermutung dafür, dass die planerische Darstellung oder Aussage zugleich mit einem Ausschlussziel für andere Standorte verbunden ist. 33 Diese Regelvermutung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB greift jedoch nicht in jedem Fall. Nach der Rechtsprechung des BVerwG stellt § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB daher kein absolutes Zulassungshindernis auf. 34 In Anlehnung an die Senatsrechtsprechung zu Konzentrationsflächen für den Kiesabbau besteht die Ausschlusswirkung des Flächennutzungsplans bei Ausweisung von (positiven) Standortflächen „in der Regel“ (§ 35 Abs. 3 S. 3 BauGB). Das Gesetz stellt damit eine widerlegliche Vermutung auf, die auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls, die bei der gesamträumlichen und daher naturgemäß weniger fein ausdifferenzierten Abwägung auf der Stufe der Flächennutzungsplanung keine Berücksichtigung gefunden haben, entkräftet werden kann. 35 Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „entgegenstehen“ die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell zu Gunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit der RegelAusnahme-Formel in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen dem Freihalteinteresse grundsätzlich der Vorrang gebührt. 36 Diese Wertung darf nicht im Zulassungsverfahren konterkariert werden. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, sie steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird. Das mit der Ausweisung an anderer Stelle verfolgte Steuerungsziel darf insoweit nicht unterlaufen werden. 37 Durch § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB kommt dem Flächennutzungsplan mithin eine Steuerungsfunktion zu, die über die in den §§ 5, 8 Abs. 2 BauGB vorgesehene hinausgeht. Der Flächennutzungsplan dient nicht mehr nur der Steuerung nachfolgender Planungen, sondern erlangt durch die Festsetzung von Konzentrationsflächen grundsätzlich Ausschlusswirkung. 38 § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB stellt insoweit das Beispiel einer unmittelbaren rechtlichen Wirkung von Flächennutzungsplänen auf Zulassungsentscheidungen dar. 39 Denn durch die Konzentration auf bestimmte Standorte hat die Gemeinde die Möglichkeit, über die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit privilegierter Anlagen unmittelbar zu entscheiden. Der Flächennutzungsplan ist folglich mit der Regelungskraft ausgestattet, privilegierte Vorhaben ausschließen zu können. 40 Die zur ausdrücklichen Regelung der 33

OVG Nordrh.-Westf., Urteil v. 28. 10. 1997 –10 A 4574/94, in: ZfBR 1998, 160 (163). BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (294); = DVBl. 2003, 797 (802); Guckelberger, in: DÖV 2006, 973 (976). 35 Holz, in: NWVBl. 1998, 81 (83); Schidlowski, in: NVwZ 2001, 388 (389). 36 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (302); = DVBl. 2003, 797 (803). 37 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (302); = DVBl. 2003, 797 (803); BVerwG, Urteil v. 21. 10. 2004 – 4 C 2/04, in: NVwZ 2005, 211 (212). 38 Schidlowski, in: NVwZ 2001, 388 (389). 39 Kment, Rechtsschutz im Hinblick auf Raumordnungspläne, S. 83ff. 34

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planerischen Steuerungsmöglichkeit an § 35 Abs. 3 BauGB angefügte Formulierung erstreckt sich dabei auf alle privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB, da diese in Fällen besonderen Planungsdrucks einer planerischen Steuerungsmöglichkeit im Außenbereich bedürfen. Gesetzgeberische Überlegung hierfür war, dass eine Anwendung des „Planvorbehaltes“ auf land- oder forstwirtschaftliche Betriebe i. S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und auf die Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB in aller Regel nicht in Betracht kommt, so dass der Gesetzgeber dies vorsorglich ausschloss. 41 Wenn der Flächennutzungsplan aber Darstellungen enthält, die unmittelbar für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines konkreten Vorhabens bindend sind, handelt es sich nicht mehr um Darstellungen im materiellrechtlichen Sinn, sondern um Ausweisungen, 42 die gewissermaßen die Wirkung von Festsetzungen eines Bebauungsplans beinhalten. 43 Der Gesetzgeber hat mit § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB daher eine Regelung geschaffen, die zur Folge hat, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans unter den dort genannten Voraussetzungen unmittelbar auf die Vorhabenzulassung durchschlagen. Im Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfüllt der Flächennutzungsplan mithin eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion. 44 Dies hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 17. 12. 2002 45 höchstrichterlich bestätigt. Der erkennende Senat stellt darin fest, dass der Flächennutzungsplan – soweit die Gemeinde von dem Darstellungsprivileg Gebrauch macht – nicht mehr nur der Steuerung nachfolgender Planungen diene, sondern über die mittelbaren Wirkungen des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB hinaus unmittelbare Außenwirkung entfalte. Der Flächennutzungsplan halte diesbezüglich auch einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des Art. 14 GG stand, da er insoweit die Merkmale einer Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG aufweise, die den Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG zu wahren sowie dem Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu genügen habe. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB halte sich innerhalb der Schranken, die durch das Verfassungsrecht gezogen werden. Denn aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG lasse sich nicht das Recht herleiten, alle nur irgend erdenklichen Nutzungsmöglichkeiten auszuschöpfen, zu denen ein Grundstück Gelegenheit bietet. Die Baufreiheit als 40 OVG Nordrh.-Westf., Urteil v. 28. 10. 1997 –10 A 4574/94, in: ZfBR 1998, 160 (163); Kment, in: NVwZ 2003, 1047 (1055). 41 So bereits BT-Drs. 13/4978, S. 7 hinsichtlich der Nr. 1; Durch das BauROG 1998 (BTDrs. 13/6392) wurde der Planvorbehalt auch auf Betriebe der gartenbaulichen Erzeugung erweitert, weil in § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB die bei diesen Betrieben bei Anwendung von Abs. 1 Nr. 1 enthaltene Beschränkung: „untergeordneter Teil der Betriebsfläche“) entfallen ist, Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 76. 42 Redeker, in: FS für Hoppe, S. 329 (340). 43 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 13. 44 BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 – 4 CN 6.03, in: NuR 2004, 362 (364). 45 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287ff.; vgl. auch BVerwG, Urteil v. 26. 04. 2007 –4 CN 3/06 – Rn. 14, zitiert nach juris.

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das Recht, ein Grundstück baulich oder in sonstiger Weise zu nutzen, werde zwar vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts umfasst, sie sei aber nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet. 46 Diese Rechtsprechung hat das BVerwG mit Urteil vom 13. 03. 2003 47 bestätigt und abermals die rechtliche Außenwirkung der Flächennutzungspläne im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB gegenüber dem Bauantragsteller bekräftigt. Nach den obigen Ausführungen des BVerwG ist das bisherige Verständnis von Flächennutzungsplänen als „Unterstützung und einleuchtende Fortschreibungen bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten“ 48 nunmehr auf Grund der Besonderheiten des § 35 Abs. 3 S. 3 GG obsolet. Insbesondere kann man dem Flächenutzungsplan die Regelungsqualität nicht mehr absprechen. Denn durch die Darstellungen im Flächennutzungsplan wird über den Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Zulässigkeit der betreffenden privilegierten Vorhaben weitgehend festgelegt. 49 Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um eine abstraktgenerelle Regelung, da hier regelmäßig eine Vielzahl von Sachverhalten für eine unbestimmte Zahl von Personen erfasst wird. Die Rechtsprechung akzeptiert – im Gegensatz zu ihren früheren Entscheidungen –, dass der Flächennutzungsplan eine Regelung mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit ist und nicht mehr länger nur eine faktische Gegebenheit. 50 Dies stellt das BVerwG mit seiner aktuellen Entscheidung jetzt ausdrücklich klar: „Durch § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erhalten bestimmte Darstellungen des Flächennutzungsplans über die in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB getroffene Regelung hinaus bauplanerische Bedeutung. Die Gemeinde bekommt ein Instrument an die Hand, das es ihr ermöglicht, durch die Kanalisierung der in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB aufgeführten Vorhaben die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet in geordnete Bahnen zu lenken“. 51 Dagegen spricht nicht, dass die Darstellungen bzw. Ausweisungen des Flächennutzungsplans grobmaschiger als Festsetzungen eines Bebauungsplans sind. Der Flächennutzungsplan bleibt gleichwohl in der Lage, verlässliche Aussagen über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zu treffen. Anderenfalls könnte er kaum die Ablehnung eines Baugesuchs rechtfertigen. 52 So ist auch der früheren Entschei46 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 – 4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (303) = DVBl. 2003, 797 (803). 47 BVerwG, Urteil v. 13. 03. 2003 –4 C 4.02, BVerwGE 118, 33 (37) = DVBl. 2003, 1064 (1065). 48 BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 43.81, BVerwGE 68, 311 (314); BVerwG, Urteil v. 22. 05. 1987 – 4 C 57.84, BVerwGE 77, 300 (304). 49 Zu den Rechtswirkungen des Planvorbehalts vgl. BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (292ff.) = DVBl. 2003, 797ff.; BVerwG, Urteil v. 13. 03. 2003 – 4 C 4.02, in: DVBl. 2003, 1064 (1065). 50 So aber noch BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 –4 N 3/88, in: NVwZ 1991, 262 (263). 51 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (293f.) = DVBl. 2003, 797 (799).

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dung des BVerwG vom 20. 07. 1990, 53 das in der Grobmaschigkeit zugleich einen geringeren Grad an Verlässlichkeit sieht, anzumerken, dass ein geringerer Grad an Verlässlichkeit die Verlässlichkeit insgesamt nicht ausschließt. 54 Ausreichend ist, dass hinreichend konkrete Darstellungen im Flächennutzungsplan vorhanden sind, die mit einer gewissen Parzellenschärfe erkennen lassen, in welchen räumlichen Bereichen eine bestimmte Nutzung zulässig sein soll. 55 Ungeachtet dessen zeigt die rechtstatsächliche Entwicklung der Flächennutzungsplanung im Zusammenhang mit der stetigen Novellierung des Städtebaurechts, dass die Darstellungen in den Flächennutzungsplänen über die Jahrzehnte hinweg räumlich und sachlich konkreter geworden sind. Die Grobmaschigkeit der Planung ist fachlich immer dezidierteren Darstellungen gewichen, so dass der parzellenscharfe Flächennutzungsplan nicht mehr die Ausnahme, sondern zunehmend die Regel ist. 56 An der Verbindlichkeit des Flächennutzungsplans kann insoweit nicht mehr gezweifelt werden, da allein seine Ausweisung zur Unzulässigkeit eines privilegierten Außenbereichsvorhabens führen kann. 57 Diese Sonderstellung von Flächennutzungsplänen, die Darstellungen der in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bezeichneten Art beinhalten, wird auch an der im Rahmen des EAG Bau 2004 neu geschaffenen Regelung des § 5 Abs. 2b BauGB deutlich, wonach für Darstellungen des Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden können. 58 Bestätigt wird die enge Verwandtschaft mit einem Bebauungsplan vor allem aber durch die gleichfalls durch das EAG Bau 2004 erfolgte Novellierung des § 15 Abs. 3 S. 1 BauGB, nach dem die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen hat, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Zusammenfassend entfaltet der Flächennutzungsplan bei Darstellungen der in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bezeichneten Art somit unmittelbare rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger. 59 Fraglich ist, ob mit der veränderten rechtlichen Qualifizierung des Flächennutzungsplans zwangsläufig auch die Anerkennung der unmittelbaren Rechts52 53 54 55 56 57 58 59

Kment, in: NVwZ 2004, S. 314. BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 – 4 N 3/88, in: NVwZ 1991, 262 (263). Kment, in: NVwZ 2003, S. 1047 (1055), Fn. 97. Loibl, in: UPR 2004, 419 (422). Runkel, in: Flächennutzungsplanung im Umbruch, S. 111. Kment, in: NVwZ 2003, 1047 (1055); Loibl, in: UPR 2004, 419 (422). Vgl. im Einzelnen hierzu: 2. Kapitel, B.I. 2. So auch Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (136).

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3. Kap.: Rechtsnatur und Auswirkung auf den Rechtsschutz

schutzmöglichkeiten der Bürger gegen Flächennutzungspläne gemäß § 47 VwGO einhergeht. Die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dem Wortlaut nach nur gegen Satzungen und Rechtsverordnungen nach den Vorschriften des BauGB sowie nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt, statthaft. Zu der in diesem Zusammenhang bestehenden Frage der Einordnung des Flächennutzungsplans hat das BVerwG 60 mehrfach Stellung genommen und eine solche unter § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO bislang mit der Begründung verneint, dass der Bundesgesetzgeber hier eindeutig von „Satzungen“ spricht, zu denen der Flächennutzungsplan nach der Terminologie des BauGB nicht gehört. Auch einer Einordnung unter § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist das BVerwG stets entgegengetreten: Die Auslegung des Flächennutzungsplans als Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens i. S.v. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sei mit dem Sinn und Zweck der im Jahre 1976 vorgenommenen Änderung 61 des § 47 Abs. 1 VwGO, angesichts der unbefriedigenden früheren, vom jeweiligen Landesrecht bestimmten Rechtslage ein bundeseinheitliches Normenkontrollverfahren für das Städtebaurecht zu schaffen, nicht vereinbar. Indem die Vorschrift des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nur Satzungen (bzw. Rechtsvorschriften in den Stadtstaaten) erwähne, folge sie der schon im Zeitpunkt der Novellierung des § 47 VwGO nahezu einhelligen und durch die Rechtsprechung 62 bestätigten Auffassung, dass ein Normenkontrollverfahren im Städtebaurecht gegen andere Regelungen als Satzungen, insbesondere gegen den Flächennutzungsplan, nicht möglich sei. Würde man nunmehr dem Landesgesetzgeber über § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO die Möglichkeit zugestehen, den Flächennutzungsplan einer Normenkontrolle zuführen zu können, wäre das Ziel einer bundeseinheitlichen Regelung verfehlt; aus diesem Grund sei – so das BVerwG in seinem Beschluss vom 20. 07. 1990 – von vornherein eine landesrechtliche Erweiterung der Normenkontrolle auf den Flächennutzungsplan kraft Bundesrechts ausgeschlossen. 63 Abgesehen davon, dass es nicht unproblematisch erscheint, dem Prozessrecht eine Aussage über die materielle Rechtsnatur von Hoheitsakten wie einem Flächennutzungsplan zu entnehmen, 64 ist den Ausführungen des BVerwG gerade im Hinblick auf § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich die Möglichkeit offen gelassen hat, über § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO hinaus weitere landesrechtliche Vorschriften der Normenkontrolle zu unterwerfen, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Gerade dies spricht eindeutig gegen das Argument, der Gesetzgeber habe hier eine abschließende Regelung 60 61 62 63 64

BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 – 4 N 3/88, in: NVwZ 1991, S. 262ff. Vgl. BGBl. I (1976), S. 2437. HessVGH, Beschluss v. 26. 02. 1969 – IV N 8/67, in: BRS 22 Nr. 14. BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 – 4 N 3/88, in: NVwZ 1991, S. 262f. So auch Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (137).

A. Rechtsvorschrift

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treffen wollen. 65 Der Qualifikation der in einem Flächennutzungsplan enthaltenen Darstellungen gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB als Rechtsnorm kann damit nicht entgegengehalten werden, dass hierduch die gesetzgeberische Absicht durchkreuzt werde, für städtebauliche Regelungen grundsätzlich eine bundeseinheitliche Normenkontrolle vorzuschreiben und damit landesrechtliche Differenzierungen des Rechtsschutzes zu vermeiden. 66 Unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer landesrechtlichen Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist aber das Vorliegen einer Rechtsvorschrift in diesem Sinne. Dies ist dann unproblematisch, wenn der Flächennutzungsplan nach Bundesrecht als eine solche zu qualifizieren ist.

A. Der Flächennutzungsplan als Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Der Begriff der Rechtsvorschrift ist in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht näher definiert. Im Schrifttum wird er teilweise ohne eingehendere Erläuterung mit den Termini wie „Rechtsnorm“ oder „Rechtssatz“ gleichgesetzt, wobei selbst hinsichtlich des Inhalts dieser Begriffe keine einheitliche Auffassung besteht. In der Rechtsprechung des BVerwG ist die Frage, wonach sich die Qualifizierung als Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO beurteilt, ausdrücklich offen gelassen worden. Eine Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO liege jedenfalls dann nicht vor, wenn es sich weder um eine förmlich als Norm erlassene noch um eine sachlich verbindliche Regelung handele, 67 wobei der Flächennutzungsplan bei rein formaler Betrachtungsweise bereits als Gegenstand der landesrechtlichen Normenkontrolle ausscheide. 68 Denn für das Erfordernis des förmlichen Normcharakters reiche es nicht, dass der Flächennutzungsplan in einem förmlichen Verfahren ergeht, an dessen Ende die Bekanntmachung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung steht. Der Flächennutzungsplan werde nicht im Rahmen eines förmlichen Rechtsetzungsverfahrens als Satzung erlassen; einer Beschlussfassung in dieser Form stehe der eindeutige Regelungswille des Gesetzgebers entgegen, der die Satzungsform in § 10 Abs. 1 BauGB ausdrücklich nur für den Bebauungsplan vorgesehen habe. Dieser Regelungswille des Gesetzgebers komme auch in den Vorschriften über die Bekanntmachung des Flächennutzungsplans (§ 6 Abs. 5 BauGB) zum Ausdruck, die dem Verkündungserfordernis, das für die Entstehung förmlich gesetzter Rechtsnormen unerlässlich ist, 69 nicht entsprächen. 65

So auch Loibl, in: UPR 2004, 419 (422). Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (136f.). 67 BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 – 4 N 3/88, in: NVwZ 1991, 262 (263). 68 So auch OVG Lüneburg, Beschluss v. 28. 10. 1983 – 8 C 2/83, in: NJW 1984, S. 627; Quaas / Müller, Normenkontrolle und Bebauungsplan, Rn. 86ff. 69 Vgl. BVerfG, Beschluss v. 22. 11. 1983 – 2 BvL 25/81, BVerfGE 65, 283 (291). 66

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3. Kap.: Rechtsnatur und Auswirkung auf den Rechtsschutz

Denn anders als § 10 Abs. 3 S. 3 BauGB für den Bebauungsplan sieht § 6 Abs. 5 BauGB für den Flächennutzungsplan nicht vor, dass in der Bekanntmachung der Genehmigung darauf hinzuweisen ist, wo der Flächennutzungsplan eingesehen werden kann. Wird eine Rechtsnorm jedoch selbst nicht veröffentlicht, so ist dem Verkündungserfordernis nur dann Genüge getan, wenn sich die Betroffenen auf andere Weise verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Dies erfordere nicht nur, dass jedermann Einsicht nehmen kann, sondern auch, dass in der Bekanntmachung auf die Einsichtsmöglichkeit hingewiesen und angegeben wird, wo die Einsicht erfolgen kann. 70 Die Darstellungen des Flächennutzungsplans unterliegen bei Zugrundelegung einer rein formalen Betrachtungsweise mithin nicht der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle. Etwas anderes könnte aber gelten, wenn man allein auf den materiellrechtlichen Normcharakter abstellt. Nach der überwiegenden Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und der Literatur, 71 die lediglich materielle Kriterien für das Vorliegen einer Rechtsvorschrift für maßgeblich erachten, sei ausschließlich der Inhalt, nicht die äußere Form des Hoheitsaktes ausschlaggebend. Rechtsvorschriften i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO seien alle materiellen Rechtssätze, also alle abstrakten und generellen Anordnungen, die auf unbestimmte Dauer gelten und sich an alle richten, die es angeht. Entscheidendes Kriterium hierbei sei insbesondere das Vorliegen einer abstrakten, nach außen verbindlichen Regelung, die die Rechtssphäre der von ihr Betroffenen berühre. 72 Entgegen der früheren Rechtsprechung des BVerwG, wonach der Flächennutzungsplan keine verbindlichen Regelungen enthält und deshalb weder Normcharakter hat noch wie ein Rechtssatz gehandhabt werden darf, 73 erkennt das BVerwG im Hinblick auf die Wirkungen des Flächennutzungsplans im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die unmittelbare Außenwirkung des vorbereitenden Bauleitplans nunmehr an. Es akzeptiert den Flächennutzungsplan als eine Regelung mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit, die bezogen auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Rechtssphäre des Bürgers unmittelbar ausgestaltet. 74 Nach der auf rein materielle Kriterien abstellenden Ansicht ist der Flächennutzungsplan somit im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB mittels indirekter gesetzlicher Regelung trotz fehlenden förmlichen Normcharakters zu 70

BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 –4 N 3/88, in: NVwZ 1991, 262 (263) unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 22. 11. 1983 – 2 BvL 25/81, BVerfGE 65, 283 (292). 71 VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 31. 01. 1962 – II 454/61, in: BaWüVBl. 1962, 89 (90); VGH Mannheim, Beschluss v. 29. 11. 1985 –9 S 658/84, in: NVwZ 1986, S. 855; Ronellenfitsch, in: DÖV 1981, 933 (940); Schenke, in: VerwArch 1981, 185ff.; Schenke, in: NVwZ 1990, 1009ff.; Schenke, in: JZ 1996, 1103 (1117); Kopp / Schenke, § 47 Rn. 27. 72 VGH Bad.-Württ.; Beschluss v. 07. 07. 1975 – I 884/74, ESVGH 25, 203 (206); VGH Bad. Württ.; Beschluss v. 30. 07. 1960 – 1 S 11/58, ESVGH 9, 203 (206). 73 BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 – 4 N 3/88, in: NVwZ 1991, 262 (263). 74 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (303); BVerwG, Urteil v. 13. 03. 2003 – 4 C 4.02, in: DVBl. 2003, 1064 (1065).

A. Rechtsvorschrift

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einem Rechtssatz erhoben worden, 75 der unmittelbaren Rechtsschutz über die landesrechtliche Normenkontrolle i. S.v. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO eröffnet. Inwieweit eine solche Auslegung des Begriffs der Rechtsvorschrift in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu rechtfertigen ist, wird im Folgenden zu untersuchen sein. Konkret stellt sich die Frage, ob bei der vorliegenden Variante der Form-Inhalt-Divergenz, bei der für eine bestimmte Maßnahme nicht das Handeln in der Form einer Rechtsvorschrift gesetzlich vorgeschrieben ist, ein derartiger, formal nicht normativer Hoheitsakt anhand rein inhaltlicher Maßstäbe als Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO qualifiziert werden darf. 76 Anhaltspunkte für die Zulässigkeit einer solchen materiellrechtlichen Auslegung des Begriffs der Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ergeben sich zunächst aus dem Wortlaut der zugrunde liegenden Verfahrensvorschrift selbst. § 47 Abs. 5 S. 2, 2. HS. VwGO, der mit der Formulierung „wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre“ auch den Fall einer Rechtsvorschrift erfasst, die gerade nicht den formalen Kriterien einer Rechtsvorschrift genügt und deshalb nur inhaltlich als solche identifiziert werden kann, impliziert insoweit die Zulässigkeit einer derartigen materiellen Qualifikation. 77 Für die Qualifizierung als Rechtsvorschrift anhand inhaltlicher Maßstäbe spricht desweiteren der Sinn und Zweck des Normenkontrollverfahrens. Nach dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung dient die Normenkontrolle vor allem der Rechtsklarheit und der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts, da sie zahlreichen Einzelprozessen durch Bündelung von Einzelklagen vorbeugt. 78 Durch die Möglichkeit einer frühzeitigen und allgemeinverbindlichen gerichtlichen Entscheidung über die Gültigkeit einer im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift wird nicht nur eine mögliche Rechtsunsicherheit durch divergierende Einzelentscheidungen vermieden, sondern insoweit auch der Rechtsschutz des Bürgers verbessert und beschleunigt, da der Betroffene nicht gezwungen ist, eine Entscheidung über die Gültigkeit der Rechtsnorm inzidenter in einem Klageverfahren gegen eine auf die Norm gestützte konkrete Verwaltungsentscheidung herbeizuführen. 79 Um dieser Bündelungsfunktion gerecht werden zu können, muss das Normenkontrollverfahren alle Hoheitsakte erfassen, die wegen ihres materiell normativen Inhalts eine Vielzahl von Einzelstreitigkeiten hervorbringen können (sog. Rechtsvorschrift per Inhalt). 80 75

Redeker, in: FS für Hoppe, S. 329 (340); Kment, in: NVwZ 2003, 1047 (1055). In Anlehnung an Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 101. 77 Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 101. 78 BT-Drs. 3/1094, S. 6 (zu § 46). 79 BVerwG, Beschluss v. 14. 07. 1978 –7 N 1.78, BVerwGE 56, 172 (178); BVerwG, Beschluss v. 20. 12. 1988 – 7 NB 2.88, BVerwGE 81, 128 (137). 80 So Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 101; im Ergebnis auch Achterberg, in: VerwArch 72 (1981), 163 (171). 76

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3. Kap.: Rechtsnatur und Auswirkung auf den Rechtsschutz

Zu Recht wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass allein mit der Zulassung einer Rechtsvorschrift per Inhalt noch nicht darüber entschieden ist, welchen materiellen Anforderungen ein Hoheitsakt genügen muss, um Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu sein. 81 Zieht man wiederum die Bündelungsfunktion der Normenkontrolle heran, so ergibt sich, dass eine Mehrzahl von Einzelstreitigkeiten nur auf der Grundlage einer abstraktgenerellen Regelung entstehen kann, 82 da hier regelmäßig eine Vielzahl von Sachverhalten für eine unbestimmte Zahl von Personen erfasst wird. 83 Zusätzlich zum Erfordernis der abstraktgenerellen Handlungsform verlangt der Begriff der Rechtsvorschrift jedenfalls in materieller Hinsicht, dass der Hoheitsakt für sich den Anspruch auf Verbindlichkeit erhebt. 84 Nach richtiger Ansicht kann eine sich selbst erkennbar keine Verbindlichkeit beilegende Maßnahme kaum eine Vielzahl von Streitigkeiten hervorrufen. 85 Entscheidend ist also, ob es sich bei dem Flächennutzungsplan um eine abstraktgenerelle Regelung mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit handelt, die zu einer Vielzahl von Einzelstreitigkeiten führen kann. Der Flächennutzungsplan stellt für eine Vielzahl von Nutzungsansprüchen, welche an den unvermehrbaren Grund und Boden gestellt werden, ein einheitliches flächendeckendes Gesamtkonzept für die Gemeinde auf. Er fasst eine Vielzahl von Sachverhalten zusammen, deren Darstellungen in bestimmten Fällen unmittelbare materiellrechtliche Wirkungen entfalten. Insoweit ist hinsichtlich der einzelnen Wirkungen der Darstellungen des Flächennutzungsplans zu differenzieren. Gegen eine sich hieraus möglicherweise ergebende Aufspaltung der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans in Darstellungen mit und solche ohne Rechtssatzcharakter bestehen aber grundsätzlich keine Bedenken. 86 Dem Rechtsnormcharakter von Standortdarstellungen in einem Flächennutzungsplan steht insoweit nicht entgegen, dass erst § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Verbindlichkeit entsprechender Darstellungen statuiert und nur diese als tatbestandliche Anknüpfungspunkte für die gesetzliche Regelung fungieren. 87 Im Hinblick auf die vergleichbare Situation bei Regionalplänen heißt es in der Entscheidung des BVerwG vom 20. 11. 2003: „§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO setzt nicht voraus, dass alle in einem Plan oder sonstigen Rechtsakt enthaltenen Einzelregelungen ein und dieselbe rechtliche Qualität aufweisen. Vielmehr ist für jede Regelung gesondert zu prüfen, ob sie den Kriterien genügt, die für eine Rechtsvorschrift unabdingbar sind. Insoweit unterscheiden 81

Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 102. Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 102. 83 Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 305; Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 102; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 4. 84 So bereits BVerwG, Beschluss v. 20. 07. 1990 –4 N 3/88, in: NVwZ 1991, 262 (263); Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 102. 85 So Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 102. 86 So auch Gierke, in: Brügelmann, § 5 Rn. 38. 87 Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (136). 82

A. Rechtsvorschrift

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sich Raumordnungspläne nicht von sonstigen Normzusammenhängen, bei denen es ebenfalls Regelungen mit unterschiedlichem Rechtscharakter geben kann.“ 88 „Die Normenkontrolle dient der Rechtsklarheit und der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts [...]. Ihr Zweck liegt darin, durch eine einzige Entscheidung eine Reihe von Einzelklagen zu vermeiden und dadurch die Verwaltungsgerichte zu entlasten [...]. Durch sie wird gegebenenfalls einer Vielzahl von Prozessen vorgebeugt, in denen die Gültigkeit einer bestimmten Rechtsvorschrift als Vorfrage zu prüfen wäre. Überdies ist sie geeignet, den individuellen Rechtsschutz zu verbessern.“ 89 Das BVerwG 90 trägt der in § 47 Abs. 1 VwGO zum Ausdruck kommenden Grundtendenz dadurch Rechnung trägt, dass es auch Regelungen, die anhand formeller Kriterien nicht oder nicht eindeutig als Rechtsnorm zu qualifizieren sind, vom Kreis der Rechtsvorschriften nicht von vornherein ausschließt. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist es für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags unschädlich, wenn der entsprechende Landesgesetzgeber für die Regionalpläne keine bestimmte Rechtsform vorsieht. Dieser Umstand allein schließt nicht aus, dass der Regionalplan zumindest in Teilen Elemente enthält, die von ihrem materiellen Gehalt und ihrem Regelungsanspruch her als Rechtsvorschriften i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu qualifizieren sind. 91 Auf Grund der vergleichbaren rechtlichen Qualifikation von Standortdarstellungen i. S.v. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB und inhaltsgleichen Zielsetzungen in einem Raumordnungsplan wird die Einordnung dieser Darstellungen lediglich als Tatbestandsmerkmal einer vom parlamentarischen Gesetzgeber getroffenen Regelung ihrem Charakter ebenso wenig gerecht, wie dies in Bezug auf inhaltsgleiche Zielsetzungen in einem Raumordnungsplan zutrifft. Deshalb spricht der Umstand, dass der Flächennutzungsplan auch im Fall des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht als Satzung erlassen wird, auch hier nicht gegen den Rechtsnormcharakter. Die Darstellungen der in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bezeichneten Art sind zudem als abtraktgenerelle Regelungen einzustufen. Zielförmige Planaussagen erschöpfen sich nicht in punktuellen Regelungen. Sie mögen jeweils isoliert betrachtet, die Annahme einer konkretindividuellen Maßnahme nahe legen. Indes dürfen sie nicht aus dem Gesamtzusammenhang herausgelöst und in ein Bündel scheinbar selbständiger Einzelregelungen auseinander dividiert werden. Auch wenn sich das Planwerk als Ganzes nicht auf einen gemeinsamen rechtsnormativen Nenner bringen lässt, ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die einzelnen Planaussa88

BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 – 4 CN 6.03, in: DVBl. 2004, 629 (631). BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 – 4 CN 6.03, in: DVBl. 2004, 629 (630). 90 BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 –4 CN 6.03, in: DVBl. 2004, 629 (630); BVerwG, Beschluss v. 25. 11. 1993 –5 N 1.92, BVerwGE 94, S. 335ff.; BVerwG, Urteil v. 18. 09. 1985 –2 C 48.84, BVerwGE 72, S. 119ff. 91 BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 – 4 CN 6.03, in: DVBl. 2004, 629 (630). 89

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3. Kap.: Rechtsnatur und Auswirkung auf den Rechtsschutz

gen Teil eines vielfältig aufeinander bezogenen und untereinander abgestimmten Planungsgeflechts sind. 92 Dies trifft auch auf die Darstellungen eines Flächennutzungsplans zu. Die Flächennutzungsplanung ist als Gesamtplanung mehr als die Summe projektbezogener, planfeststellungsersetzender Planungsakte. Ihr Sinn ist es gerade, im Interesse der Gesamtentwicklung die unterschiedlichen Raumansprüche zu koordinieren und mögliche Konflikte auszugleichen. Ihr generellabstrakter Charakter äußert sich gerade darin, dass der Adressatenkreis entsprechender Darstellungen nicht von vorneherein bestimmt ist und diese überdies für eine unbestimmte Zahl von Bauvorhaben gelten. Sie unterscheiden sich damit auch insoweit in nichts von entsprechenden generellabstrakten Festsetzungen in einem Bebauungsplan, was zusätzlich ihren Rechtsnormcharakter indiziert und es damit nahelegt, sie als tauglichen Gegenstand einer oberverwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle zu sehen. Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass das BVerwG 93 in seiner neueren Rechtsprechung eine Änderung eines Flächennutzungsplans im Anwendungsbereich von § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB als eine im Revisionsverfahren zu beachtende Rechtsänderung ansieht. Im Ergebnis hat der Gesetzgeber mit § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nunmehr eine Regelung geschaffen, die zur Folge hat, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans unter den dort genannten Voraussetzungen unmittelbar auf die Vorhabenzulassung durchschlagen. 94 Insoweit ergeben sich aus einem Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die maßgeblichen Entscheidungsparameter für die (Un-) Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens. 95 Der Flächennutzungsplan ist somit im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB mittels indirekter gesetzlicher Regelung zu einem Rechtssatz erhoben worden. 96

B. Auswirkungen auf den Rechtsschutz Im Ergebnis dürfte die Entwicklung der veränderten rechtlichen Qualifikation des Flächennutzungsplans zu Gunsten des Bürgers auf die Gewährung direkten Rechtsschutzes gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in den Ländern hinauslaufen, in denen von der Ermächtigung der Nr. 2 Gebrauch gemacht wurde. Die Frage, die sich insoweit aufdrängt, ist jedoch, ob sich hieraus möglicherweise schwerwiegende Rechtsschutzeinbußen für diejenigen Betroffenen ergeben, in deren Bundesländern von der Ermächtigung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO kein Gebrauch gemacht 92 BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 – 4 CN 6.03, in: DVBl. 2004, 629 (632) in Bezug auf die Raumordnungspläne. 93 BVerwG, Urteil v. 21. 10. 2004 – 4 C 2/04, in: NVwZ 2005, S. 211ff. 94 BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 – 4 CN 6.03, in: NuR 2004, 362 (364). 95 Guckelberger, in: DÖV 2006, 973 (980). 96 Redeker, in: FS für Hoppe, S. 329 (340); Kment, in: NVwZ 2003, 1047 (1055); im Ergebnis auch Gierke, in: Brügelmann, § 5 Rn. 38.

B. Auswirkungen auf den Rechtsschutz

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wurde. Schwerwiegende Rechtsschutzeinbußen wären jedenfalls dann zu bejahen, wenn ein gleichwertiger effektiver Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne bundeseinheitlich nicht gewährleistet werden kann. Mit der Qualifikation der in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bezeichneten Darstellungen als Rechtsnormen ist dies der Fall. In den Bundesländern, die nicht von der Ermächtigung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gebrauch gemacht haben – wie beispielsweise in Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen –, wird den Betoffenen hierdurch die sonst eröffnete Möglichkeit genommen, im Wege einer allgemeinen Leistungsklage auf die Beseitigung nicht abgestimmter Standortdarstellungen hinzuwirken. Auch die Verweisung auf die Möglichkeit des inzidenten Rechtsschutzes, der immer nur punktueller Art sein könnte, wäre nicht in der Lage, diese Rechtsschutzeinbußen in den Bundesländern, voll zu kompensieren. Ein punktueller Rechtsschutz würde dem besonderen Charakter solcher für den Bürger unmittelbar relevanter städtebaulicher Regelungen nicht in derselben Weise gerecht wie eine oberverwaltungsgerichtliche Normenkontrolle. Es fragt sich daher, ob bei diesem Ergebnis stehen geblieben werden kann oder ob nicht eine analoge Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO befürwortet werden muss. 97 Unter dem Gesichtspunkt des gleichwertigen effektiven Rechtsschutzes ist dies im Ergebnis zu bejahen. Die Darstellung von Konzentrationsflächen in einem Flächennutzungsplan, mit denen die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erreicht werden sollen, können in äußerst einschneidender Weise in die Rechtsstellung der Planbetroffenen eingreifen. Die Wirkungen eines Flächennutzungsplans gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB unterscheiden sich insoweit in nichts von denen eines Bebauungsplans. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, einen effektiven Rechtsschutz auch gegen Flächennutzungspläne bundeseinheitlich zur Verfügung zu stellen. Zwar hat der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ausdrücklich die Möglichkeit offen gelassen, über § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO hinaus weitere landesrechtliche Vorschriften der Normenkontrolle zu unterwerfen und damit landesrechtlichen Differenzierungen des Rechtsschutzes grundsätzlich zugelassen. Der Grund, warum nicht bereits in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Flächennutzungspläne als taugliche Gegenstände eines Normenkontrollverfahrens aufgenommen wurden, beruht aber letztlich darauf, dass bei der Schaffung dieser Regelung den Darstellungen in Flächennutzungsplänen generell der Charakter von Rechtsnormen abgesprochen wurde. Durch den Erlass des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB hat sich die Rechtslage nunmehr grundlegend geändert und insoweit nachträglich eine planwidrige Regelungslücke entstehen lassen, die im Wege der Analogie zu schließen ist. 98 Das von § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verfolgte Ziel, mit der Einführung eines bundesweiten Normenkontrollverfahrens insbesondere den Rechtsschutz gegenüber Bebauungsplänen im Hinblick auf private Belange Plan97 98

So insbesondere auch Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (140f.). Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (141).

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3. Kap.: Rechtsnatur und Auswirkung auf den Rechtsschutz

betroffener möglichst einheitlich auszugestalten, rechtfertigt es daher, § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf die Darstellung von Konzentrationsflächen in einem Flächennutzungsplan zu erstrecken, mit denen die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erreicht werden sollen. 99 Im Ergebnis hat die Frage des Rechtsschutzes gegen Flächennutzungspläne insbesondere durch die von der heute herrschenden Meinung befürwortete Subjektivierung der privaten Belange i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB erheblich an Bedeutung gewonnen. 100 Die traditionelle Auffassung, Flächennutzungspläne könnten von Privaten wegen der fehlenden „unmittelbaren Außenwirkung“ derartiger Pläne nicht mittels Normenkontrolle angegriffen werden, lässt sich im Hinblick auf die gesetzlichen Neuregelungen insbesondere in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht weiter aufrecht erhalten. Das Steuerungspotential des Flächennutzungsplans hat durch die Ergänzung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB und die damit einhergehende unmittelbare vorhabensteuernde Wirkung eine wesentlich Aufwertung erfahren. 101 Zwar folgt aus der zutreffenden Feststellung des BVerwG, wonach die Darstellungen des Flächennutzungsplans unter den dort genannten Voraussetzungen unmittelbar auf die Vorhabenzulassung durch schlagen, nicht zwingend, dass gegen die Ausweisung von Konzentrationsflächen die Normenkontrolle eröffnet sein müsste. 102 Wegen des Vorbehalts des Entgegenstehens nur „in der Regel“ eröffne § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB insoweit eine Abwägung, die der Einordnung des Flächennutzungsplans als Anspruch auf Verbindlichkeit erhebende Rechtsvorschrift entgegenstehen könnte. 103 Allerdings ist zu beachten, dass gerade im Hinblick auf den Anspruch der Verbindlichkeit das Steuerungspotentials des Flächennutzungsplans durch die Neuregelung des Rechts der Flächennutzungsplanung durch das Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-Richtlinien vom 24. 06. 2004 104 erheblich gestärkt worden ist. Dies gilt erst recht angesichts der Einführung des Teilflächennutzungsplans in § 5 Abs. 2b BauGB. Dieser bezieht sich nicht mehr wie der tradierte Flächennutzungsplan auf das gesamte Gemeindegebiet, sondern nur auf einen Teil davon. Sein Zweck besteht darin, die Zulässigkeit bestimmter privilegierter Außenbereichsvorhaben an bestimmten Stellen des Gemeindegebietes auszuschließen. 105 Es handelt sich der Sache nach um eine vorhabenbezogene Negativplanung. 106 99 So ausdrücklich nunmehr auch das BVerwG in seinem aktuellen Urteil vom 26. 04. 2007 – 4 CN 3/06, in: BauR 2007, S. 1455. 100 So auch Schenke, in: NVwZ 2007, 134 (144). 101 Guckelberger, in: DÖV 2006, 973 (977); Loibl, in: UPR 2004, 419 (422). 102 So der berechtigte Einwand von Ziekow, in: Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 118. 103 Stüer / Stüer, in: NuR 2004, 341 (347). 104 BGBl. I (2004), S. 1359 – EAG Bau 2004). 105 Siehe oben: 2. Kapitel, B. I. 2. 106 Ziekow, in Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 118.

B. Auswirkungen auf den Rechtsschutz

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Hintergrund dieser Regelung ist, dass das in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB geregelte traditionelle Modell des Darstellungsprivilegs prinzipiell auf eine Kombination von Zulassung und Ausschluss und damit auf eine das gesamte Plangebiet erfassende Planungskonzeption angelegt ist; es lebt von seiner den Planungsraum grundsätzlich insgesamt umfassenden Darstellung. 107 Der Flächennutzungsplan enthält in einigen Teilen des Plangebietes durch Vorrang- oder Eignungsflächen positive Ausweisungen, während die übrigen Teile des Gemeindegebiets als Ausschlussflächen dargestellt werden, die im Ergebnis von einer nachvollziehbaren Abwägung im Einzelfall abhängig sind. 108 Die gesamträumliche Planung birgt jedoch weitreichende Konsequenzen, die sich auf die Steuerungsfähigkeit der Gemeinde auswirken. Denn mit zunehmender Größe des Planungsgebiets steigen auch die räumlichen Anforderungen an ein derartiges Gesamtkonzept, bei dem die Träger der Bauleitplanung ebenso wie die Baugenehmigungsbehörden nach der bisherigen Rechtsprechung das Risiko für den Bestand einer den gesamten Planungsraum umfassenden Planungskonzeption tragen. 109 Erweist sie sich auch nur in einzelnen Teilräumen als nicht ausreichend abgewogen, steht damit die Wirksamkeit des gesamten Plans zur Disposition, und zwar auch in Bereichen, in denen das Konzept nachvollziehbar und für sich betrachtet ausgewogen erscheint. Diese Umkehr der Planungsgewichte hat beispielsweise allein im Zuständigkeitsbereich des kommunalen Schadensausgleichs Hannover bereits zu Entschädigungsforderungen in einer Gesamthöhe von 870 Mio. Euro geführt, von denen etwa 150 Mio. Euro mit Amtshaftungsansprüchen und ca. 720 Mio. Euro mit Entschädigungsansprüchen nach § 42 BauGB oder § 80 NSOG begründet werden. 110 Um diesen aus der Sicht der Kommunen und des Steuerzahlers nicht hinzunehmenden Entwicklungen entgegenzuwirken und gleichzeitig die planerische Steuerung von privilegierten Vorhaben im Außenbereich gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB als öffentlichen Belang zu gewährleisten, können nunmehr nach § 5 Abs. 2b BauGB im Bereich des Darstellungsprivileg sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden. Die Gemeinden sind insoweit nicht mehr zu einer lückenlosen Abwägung im gesamten Gemeindegebiet verpflichtet, sondern können sich auf Teilräume begrenzen, für die ein regelmäßiger Ausschluss bestimmter privilegierter Vorhaben angeordnet wird. 111 Hieraus folgt zu Recht: Ergeben sich im Gesamtraum Abwägungslücken, muss dies nicht automatisch die Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans insgesamt bewirken. Fehler in der Ab107 Stüer / Stüer, Planerische Steuerung von privilegierten Vorhaben im Außenbereich, in: NuR 2004, 341 (342, 343) unter Hinweis auf BVerwG, Urteil v. 13. 03. 2003 –4 C 4.02, BVerwGE 118, 33 (37); BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (298). 108 Stüer / Stüer, in: NuR 2004, 341 (342). 109 Stüer / Stüer, in: NuR 2004, 341 (344). 110 Stüer / Stüer, in: NuR 2004, 341 (344). 111 Stüer / Stüer, in: NuR 2004, 341 (344).

114

3. Kap.: Rechtsnatur und Auswirkung auf den Rechtsschutz

wägung führen zur Unwirksamkeit von Darstellungen und Festlegungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nur in dem Umfang, wie sie sich auf das Planungskonzept der Gemeinde auswirken. Die übrigen Planaussagen, in denen ein vernünftiges und nachvollziehbares Planungskonzept zum Ausdruck kommt, bleiben von einzelnen Abwägungsfehlern unberührt und bewirken nur eine Teilnichtigkeit des Plans. 112 Die Zulassung der Teilnichtigkeit bei Flächennutzungsplänen macht die Gesamtgemeinde somit nicht „planlos“, sondern vermeidet insbesondere die aus der Sicht der den Flächennutzungsplan aufstellenden Gemeinde unerträgliche Rechtsunsicherheit in Zeiten der Auseinandersetzung um einen rechtswirksamen Flächennutzungsplan. 113 Fehler in der Abwägung führen nur dann zu einer Gesamtnichtigkeit des Plans, wenn sie sich auf das Gesamtkonzept der Planung auswirken und die übrigen Darstellungen oder Festlegungen des Plans isoliert betrachtet nicht mehr aussagekräftig sind. Im Übrigen können Fehler in der Abwägung nach § 214 Abs. 4 BauGB auch rückwirkend geheilt werden, wodurch etwaigen Amtshaftungsansprüchen in der Reichweite dieser Reparaturmöglichkeiten im Nachhinein die Grundlage entzogen werden kann. 114 Das ergänzende Verfahren zur Behebung von Fehlern erfasst nunmehr ausdrücklich auch den Flächennutzungsplan, während das bisherige Recht (§ 215a Abs. 1 BauGB) lediglich satzungsbezogen war und nur hinsichtlich der – eingeschränkten – Rückwirkungsmöglichkeit bei der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern nach § 215a Abs. 2 BauGB eine Gleichstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplan erfolgte. Das EAG Bau 2004 hat die Regelung des § 215a BauGB gestrichen und inhaltlich erweitert als Abs. 4 in § 214 BauGB eingefügt. Die jetzige Zulassung des ergänzenden Verfahrens bei sämtlichen, auch materiellen, insbesondere in der Abwägung liegenden Fehlern bestärkt die Flächennutzungsplanung in ihren Planerhaltungsbestimmungen und schützt diese insoweit in ihrer Eigenschaft als eine die städtebauliche Entwicklung längerfristig steuernde Gesamtkonzeption der Gemeinde. Neben dieser planerischen Steuerung privilegierter Außenbereichsvorhaben hat der Flächennutzungplan eine beträchtliche Aufwertung auch durch die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen i. S.v. § 15 Abs. 3 S. 1 BauGB erfahren. Grundsätzlich entfaltet die Steuerungsmöglichkeit nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ihre Wirkung erst mit dem Inkrafttreten des Flächennutzungsplans. Im Hinblick darauf wird den Gemeinden mit § 15 Abs. 3 S. 1 BauGB nunmehr das Recht eingeräumt, die beabsichtigte Planung durch eine befristete Zurückstellung von Baugesuchen für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB zu sichern. 115 Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung 112 Nieders. OVG, Urteil v. 28. 01. 2004 –9 LB 10/02, in: ZfBR 2004, 466 (469); Stüer / Stüer, in: NuR 2004, 341 (344). 113 Nieders. OVG, Urteil v. 28. 01. 2004 – 9 LB 10/02, in: ZfBR 2004, 466 (469). 114 Stüer / Stüer, in: NuR 2004, 341 (344). 115 BT-Drs. 15/2250, S. 52.

B. Auswirkungen auf den Rechtsschutz

115

über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Mit diesem durch das EAG Bau 2004 eingeführten Instrument zur Stärkung der planerischen Steuerung von privilegierten Vorhaben im Außenbereich hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen auf Flächennutzungspläne ausgedehnt. Insoweit wird die Sicherung einer begonnenen Bauleitplanung nicht mehr nur durch einen Bebauungsplan, sondern bereits durch einen vorbereitenden Flächennutzungsplan gewährleistet. 116 Diese der Erhöhung der Steuerungsmöglichkeiten durch Flächennutzungsplanung geschuldete Außenwendung rechtfertigt es im Ergebnis durchaus, den Flächennutzungsplan in seiner Gesamtbetrachtung als Rechtsnorm anzusehen, gegen die die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle statthaft ist. 117

116

Lemmel, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 15 Rn. 1. So im Ergebnis auch Ziekow, in Sodan / Ziekow, § 47 Rn. 118; „Bei einem Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ergeben sich insoweit die maßgeblichen Entscheidungsparameter für die (Un-) Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens. 117

4. Kapitel

Einordnung des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument in das Gesamtsystem der räumlichen Planungen Planungssystematisch betrachtet ist der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan und zusammenfassende räumliche Planungsstufe auf der örtlichen Ebene angesiedelt. Um die Anforderungen der übergeordneten Planungen bei den Entscheidungen über die Darstellungen des Flächennutzungsplans zu berücksichtigen und die vielfältigen Interessen, die die Nutzung von Grund und Boden bestimmen und die an die Inanspruchnahme des unvermehrbaren Grund und Boden gestellt werden, zum Ausgleich zu bringen, ist eine planerische Koordination und Integration nicht nur der einzelnen Nutzungswünsche, sondern auch der Anforderungen der Allgemeinheit an die Nutzung von Grund und Boden erforderlich. Die soll einerseits zu verhindern, dass sich nicht gänzlich untragbare Situationen entwickeln, wie sie beispielsweise durch die direkte Nachbarschaft von Wohnund Industriegebieten entstehen können, und andererseits sicherstellen, dass die Ziele der Allgemeinheit, beispielsweise im Hinblick auf den Freiraumschutz und die Erholungsvorsorge, auch künftig weiterhin gewährleistet sind. 1 Dies erfordert die Einbindung des Flächennutzungsplans in das vertikal ausgerichtete System der räumlichen Planungen. Denn dieser stellt als Bindeglied zwischen der übergeordneten und überörtlichen Raumordnungsplanung, den Fachplanungen und der gemeindlichen Bebauungsplanung ein zentrales Steuerungselement im Gesamtsystem der räumlichen Planungen dar. Das System der räumlichen Planungen ist bestimmt durch vorausschauende Zielsetzung und gedanklicher Vorwegnahme der zu ihrer Verwirklichung erforderlichen Verhaltensweisen. 2 Planen in diesem Sinne erfordert die systematische Vorbereitung und Festlegung rationalen Verhaltens, um unter Umständen ein Ziel auf bestmögliche Weise zu erreichen. Als steuerndes Instrument für die Zusammenführung aller Raumnutzungsansprüche zielt die Planung auf den Ausgleich miteinander kollidierender Interessen und deren Koordination und Integration zu einem ziel- und zweckgerichteten Konzept, dass einen verbindlichen Handlungs1

Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 177,

178. 2

Wolff / Bachof / Stober, VerwR II, § 56 Rn. 6.

4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

117

und Entscheidungsrahmen für plangebundene Instanzen festlegt. 3 Ergebnis der Planung, die in der analysierenden Erfassung gegenwärtiger Lagen, in der Prognose künftiger Entwicklungen und im Vorentwurf einer normativen Ordnung besteht, ist der Plan. 4 Das Rechtsinstitut Planung ist durch vier typusbestimmende Merkmale gekennzeichnet: Erstens kommt der planenden Stelle ein planerischer Gestaltungsspielraum zu. 5 Diese gestalterische Kreativität beinhaltet die Überführung des schöpferischen Elements in eine rechtlich greifbare Form. 6 Besondere Ausprägung dessen ist das sog. Planungsermessen, das auf die Koordination und Integration einer Vielzahl von Interessen gerichtet ist. Mittel hierfür ist die planerische Abwägung. Sie hat grundsätzlich von einem abstrakten Gleichrang der Interessen auszugehen. 7 Zweites plantypisches Merkmal ist die Situationsbezogenheit. Der Plan als Ergebnis des Planungsvorgangs ergeht angesichts einer konkreten Lage, die er analysierend erfassen und auf die er normativ antworten soll. 8 Drittens ist die Planung auf den Ausgleich einer Vielzahl von kollidierenden Interessen ausgerichtet. Die Komplexität der Interessenlage steht dabei im Mittelpunkt des Interesseordnens. Bei der Planung geht es durchweg um einen Ausgleich mehr oder weniger zahlreicher, in ihrem Verhältnis zueinander komplexer Interessen, die überdies meist in eigentümlicher Weise miteinander verschränkt sind. Dem einen Interesse kann nichts zugestanden werden, ohne in einer Art Kettenreaktion zahlreiche andere Interessen zu berühren. 9 Viertens beruhen der Ausgleich von Interessen und die Koordinierung von Aktivitäten in einem Gefüge abgestimmter, miteinander zu einem Konzept verflochtener Maßnahmen auf einer prognostischen Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. 10 Es sind insoweit die voraussehbaren Bedürfnisse des jeweiligen Plangebietes aus den Zielvorstellungen der städtebaulichen Entwicklung und einer sozialgerechten Bodennutzung zu ermitteln (§ 1 Abs. 5 BauGB).

3 Wolff / Bachof / Stober, VerwR II, § 56 Rn. 4; Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (4); Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 15. 4 BVerwG, Urteil v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 (313); Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (4); Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 15. 5 Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (11); Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 27. 6 Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (11). 7 Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, § 31 Rn. 59; Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (12). 8 BVerwG, Urteil v. 30. 01. 1976 – IV C 26.74, BVerwGE 50, 114 (119); SchmidtAßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (15). 9 BVerwG, Urteil v. 30. 04. 1969 – IV C 6.68, in: BauR 1970, 35 (36). 10 Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (4); Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 27.

118

4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

Die deutsche Rechtsordnung hat ein ausdifferenziertes System an Planungen entwickelt, die die Grund- und Bodeninanspruchnahme regeln. Als Oberbegriff für alle raumbedeutsamen Planungen wird heute der Terminus „Raumplanung“ verwendet. Er umfasst die räumliche Planung der öffentlichen Hand auf allen Ebenen und Sachgebieten. 11 Die Raumplanung bezieht zwar auch soziale, kulturelle, wirtschaftliche und finanzielle Gegebenheiten mit ein, ausgerichtet ist sie aber auf den Grund und Boden als den unvermehrbaren Ausschnitt der Erdoberfläche. Sie soll einen angemessenen Ausgleich aller privaten und öffentlichen Interessen an Grund und Boden schaffen. 12 Diese planerische Koordination und vorausschauende Lenkung wird auf örtlicher Ebene durch die Bauleitplanung auf der Grundlage des Städtebaurechts, auf überörtlicher Ebene durch die Raumordnungsplanung auf der Grundlage des Raumordnungs- und Landesplanungsrechts wahrgenommen. 13 So ist es Aufgabe der Raumordnungsplanung, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. 14 Dabei sind unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen; weiter ist Vorsorge für einzelne Raumfunktionen und Raumnutzungen zu treffen. 15 Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt. 16 Auf örtlicher Ebene entspricht dem das bauleitplanerische Ziel, eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende, sozialgerechte Bodennutzung zu gewährleisten und dazu beizutragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln. 17 Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind Bauleitplanung sowie Raumordnungs- und Landesplanung in ein System räumlicher Planung eingebunden, das sich in Gesamtplanung und Fachplanung unterteilen lässt: 18

11 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 2 Rn. 23; Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 13. 12 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 13. 13 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 2 Rn. 23; Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 178. 14 Vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 ROG. 15 Vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 ROG. 16 Vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 ROG. 17 Vgl. § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB. 18 In Anlehnung an: Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 178.

A. System der räumlichen Gesamtplanung

119

System der räumlichen Planungen ↓



Gesamtplanung (raumbezogen)

Fachplanung (maßnahmenbezogen)





Überörtliche Örtliche Gesamtplanung Gesamtplanung (Raumordnungsplanung) (Bauleitplanung) ↓

↓ – Planfeststellungen – Nutzungsregelungen – Sonstige räumliche Fachplanungen



– Bundesplanung – Landesplanung – Regionalplanung

– Flächennutzungsplanung – Bebauungsplanung

Die Raumordnungsplanung in der Form der Bundes-, Landes- und Regionalplanung als auch die Bauleitplanung werden der räumlichen Gesamtplanung zugeordnet, die ihrerseits wiederum von der räumlichen Fachplanung zu unterscheiden ist. 19 Während die Gesamtplanung die Koordination und Integration aller Raumnutzungsansprüche zum Gegenstand hat, ist es Aufgabe der Fachplanung, 20 die Raumordnung primär unter einem besonderen Sachgesichtspunkt zu gestalten, etwa dem der Verkehrsinfrastruktur, der Wasserwirtschaft oder des Naturschutzes und der Landschaftspflege (sog. fachlich sektorale Raumgestaltung). 21 Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen steht die raumbezogene Gesamtplanung, die sich aus der überörtlichen Raumordnungsplanung und der gemeindlichen Bauleitplanung zusammensetzt.

A. Der Flächennutzungsplan im System der räumlichen Gesamtplanung Raumbezogene Gesamtplanungen sind Planungen, die für ein bestimmtes Plangebiet flächendeckend mehr oder weniger umfassende Nutzungsbestimmungen 19

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 35. Zur Bedeutung der Fachplanung für die Flächennutzungsplanung vgl. unten: 4. Kapitel, A. II. 21 Koch / Hendler, Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, § 1 Rn. 7, 17. 20

120

4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

treffen. 22 Aufgabe der Gesamtplanung ist die Gestaltung der strukturellen Gesamtverhältnisse des Raumes und in diesem Interesse die Koordination aller in einem Raum auftretenden konfligierenden Raumansprüche und Belange. 23 Sie ist als Raumplanung daher zum einen überfachlich – also nicht Handlungsinstrument der fachlich sektoralen Raumgestaltung wie Straßen-, Kanal- oder Flughafenbau – und zum anderen gebietsbezogen. Die Gesamtplanung setzt sich zusammen aus der Raumordnungsplanung auf überörtlicher Ebene und der Bauleitplanung auf örtlicher Ebene. Erstere wiederum gliedert sich in Bundes-, Landes- sowie die Regionalplanung; letztere in Flächennutzungs- und Bebauungsplanung. Die Raumordnungsplanung ist im Verhältnis zur Bauleitplanung übergeordnete Planung, die den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume betrifft. 24 Dies ergibt sich bereits aus der Aufgabenstellung in § 1 Abs. 1 S. 1 ROG. Die Bezeichnung als übergeordnete Planung deutet auf die hierarchische Struktur der Gesamtplanung hin, infolge derer die Raumordnungspläne über den Bauleitplänen stehen. 25 Sie ist die förmlichsystematische Gestaltung des Raumes jenseits der Ortsebene, bei der die überörtlichen Gesichtspunkte im Vordergrund stehen. 26 Sowohl die Raumordnung als auch die Bauleitplanung haben neben dem Raumbezug eine spezifische Koordinations- und Integrationsfunktion. Das Raumordnungsrecht soll überörtlich und überfachlich die raumbedeutsamen Maßnahmen der verschiedenen Träger öffentlicher Gewalt aufeinander abstimmen. Dem entspricht die Aufgabe der Bauleitplanung, die gesamte städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets zu regeln sowie die verschiedenen, das Gemeindegebiet betreffenden Planungen anderer Planträger zu koordinieren und zu ordnen (§§ 1 und 2 BauGB). 27 Die Bauleitplanung ist im Gegensatz zur Raumordnungsplanung, bei der die förmlichsystematische Gestaltung des Raumes jenseits der Ortsebene erfolgt, somit auf den lokalen Bereich begrenzt. Sie konkretisiert und integriert die überfachlichraumgestaltenden Pläne unter örtlichen Gesichtspunkten und ist auf den Ausgleich der verschiedenen Nutzungsinteressen im Gemeindegebiet gerichtet. 28 Bauleitplanung und Raumordnungsplanung werden wegen der ihnen 22

Brohm, in: JuS 1986, 776 (777); Kilian / Müllers, in: VerwArch 89 (1998), 25 (29). Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 1 Rn. 5; Kilian / Müllers, in: VerwArch 89 (1998), 25 (29). 24 Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 1 Rn. 10; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 28. 25 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 1 Rn. 38; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 28. 26 Hendler, in: JuS 1979, 618 (619). 27 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 14; Kilian / Müllers, in: VerwArch 89 (1998), 25 (29). 28 Hendler, in: JuS 1979, S. 618 (619); Kilian / Müllers, in: VerwArch 89 (1998), 25 (29). 23

A. System der räumlichen Gesamtplanung

121

gemeinsamen Koordinations- und Integrationsfunktion unter dem Begriff „Gesamtplanung“ zusammengefasst. Die Gesamtplanung erfolgt kraft Gesetzes dem politischen Aufbau der Bundesrepublik entsprechend auf vier Ebenen: − − − −

Raumordnung des Bundes, Raumordnung der Länder, Regionalplanung, Bauleitplanung.

Die den Bund betreffende Raumordnungsplanung ist im Raumordnungsgesetz (ROG) geregelt, soweit der Bund von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht hat. Die Landesplanung ist sowohl im ROG als auch in den Landesplanungsgesetzen normiert, während die Regionalplanung nahezu ausschließlich in den Landesplanungsgesetzen enthalten ist. Die Bauleitplanung wird im BauGB geregelt. 29 I. Verhältnis der Flächennutzungsplanung zur Raumordnungsplanung Das Gemeindegebiet ist nicht nur Gegenstand der Bauleitplanung und sonstiger gemeindlicher Planungen, sondern es ist auch durch überörtliche Planungen erfasst. 30 „Überörtlich“ im hier verstandenen Sinn ist jede Planung, die als Planungs- und Entscheidungsträger nicht die Gemeinde nennt, ihrerseits aber den räumlichen Bereich einer Gemeinde in Anspruch nimmt oder in diesen Bereich hineinwirkt – z. B. durch Lärmeinwirkungen, die von einer Straße, einer Bundesbahnanlage oder vom Flughafen ausgehen, bzw. durch Infrastruktureinrichtungen aller Art, wie die Auswirkungen eines großflächigen Handelsbetriebes auf das Zentrum einer Nachbargemeinde oder Stadt. 31 „Überörtlich“ im so verstandenen Sinne sind damit die Landes- und Regionalplanung, 32 die Gebietsfestlegungen, 33 die Fachplanungen 34 und die baulichen Maßnahmen des Bundes und der Länder i. S.v. § 37 BauGB. Durch sie wird somit derselbe Raum beplant. Daraus entsteht das Bedürfnis, gegenläufige Nutzungsinteressen, die an der Inanspruchnahme des 29 Battis, Öffentliches Baurecht und Bauordnungsrecht, S. 14; Kilian / Müllers, in: VerwArch 89 (1998), 25 (29). 30 Krautzberger in: B / K/L, § 1 Rn. 4. 31 Birk, in: NVwZ 1989, 905 (906). 32 Die Landesplanung ist die Raumplanung in den Ländern (§ 8 ROG); die Regionalplanung (§ 9 ROG) ist Landesplanung, bezogen auf eine Teilfläche eines Landes,die größer ist als eine der Bauleitplanung unterliegende Einheit: Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Band 1, S. 18. 33 z. B. Gebiete nach der Natur- und Landschaftsschutzverordnung, Wasserschutzgebiete bzw. Schutzbereiche für militärische Anlagen. 34 Insbesondere die privilegierten Fachplanungen i. S. d. § 38 BauGB: hierzu ausführlich unter Punkt II.

122

4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

unvermehrbaren Grund und Boden bestehen, auszugleichen. Wie bei der Bauleitplanung handelt es sich dabei um räumliche Gesamtplanungen, die jedoch ein überörtliches Gesamtkonzept verfolgen. Die Umsetzung und Konkretisierung dieser überörtlichen Planungen erfolgt über die in § 1 Abs. 4 BauGB geregelte Anpassungspflicht der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung. Hintergrund des bauleitplanerischen Anpassungsgebots ist § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB, wonach die Bauleitpläne von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen sind. Das BauGB weist hiermit die Aufgabe der städtebaulichen Planung den Gemeinden als Selbstverwaltungsaufgabe zu. 35 Diese Regelung bewirkt, dass die Planung ortsnah und unter Mitwirkung der Betroffenen erfolgen kann. Sie birgt jedoch die Gefahr in sich, dass dabei nur die örtlichen Gestaltungsinteressen der jeweiligen Gemeinde wahrgenommen und die übergreifenden Bedürfnisse der staatlichen Gemeinschaft vernachlässigt werden. 36 Die Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung soll in diesem Zusammenhang gewährleisten, dass die örtliche Planung über das gemeindenachbarliche Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB) hinaus einer überörtlichen Koordination unterworfen und dem allgemeinen und öffentlichen Interesse an einer großräumigen Steuerung der Entwicklung, an einem großräumigen Ausgleich von Interessen und an einer großräumigen Verteilung unterschiedlicher Funktionen Rechnung getragen wird. 37 Der Flächennutzungsplan als vorbereitendes Instrument der Bauleitplanung koordiniert, integriert und transformiert die überörtliche Planung in den örtlichen Bereich und fungiert somit als Bindeglied zwischen überörtlicher Planung und gemeindlicher Bauleitplanung. 38 1. Aufstellung und Änderung des Flächennutzungsplans nach den Vorgaben der Raumordnung Um funktionieren zu können, setzt das vertikalhierarchisch ausgerichtete System der räumlichen Gesamtplanung voraus, dass im Interesse der überörtlichen Gesamtplanung der nachgeordneten gemeindlichen Bauleitplanung Vorgaben gemacht werden. § 4 ROG enthält zusammengefasst für das Raumordnungsrecht die materiellen Bindungsvorschriften, die von den Erfordernissen der Raumordnung ausgehen. Hierbei handelt es sich um die sog. allgemeinen Raumordnungsklauseln, die durch besondere Raumordnungsklauseln in den Fachgesetzen ergänzt werden. 39 Das Verhältnis der Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung nach den allgemeinen Vorschriften in § 4 ROG zu den Bin35

Söfker, in: EZB, § 2 Rn. 5. Brohm, Öffentliches Baurecht, § 2 Rn. 1. 37 Gaentzsch in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 26; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 81. 38 Graf, in: BauR 2004, 1552 (1553); Stollmann, Öffentliches Baurecht, S. 28 Rn. 7. 39 Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 45. 36

A. System der räumlichen Gesamtplanung

123

dungswirkungen auf Grund fachgesetzlicher Raumordnungsklauseln bestimmt die Kollisionsklausel des § 4 Abs. 5 ROG, die weitergehende Bindungswirkungen in Fachgesetzen für zulässig erklärt. Das Raumordnungsgesetz unterscheidet hinsichtlich der Bindungswirkungen überörtlicher Raumplanungen zwischen Zielen der Raumordnung einerseits und Grundsätzen sowie sonstigen Erfordernissen der Raumordnung andererseits (§ 3 Nr. 1 ROG). Prinzipiell gilt: Nur Ziele der Raumordnung können eine strikte Beachtenspflicht auslösen. Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung sind in die Abwägung einzustellen oder bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Die Begrifflichkeiten des Beachtens und des Berücksichtigens sind strikt zu unterscheiden. Beachten fordert eine stärkere Bindung als Berücksichtigen. 40 Die Ziele der Raumordnung enthalten Festlegungen, die in der Bauleitplanung als verbindliche Vorgaben hinzunehmen sind (§ 3 Nr. 2 ROG). Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. 41 a) Die Pflicht zur Beachtung von Zielen der Raumordnung durch öffentliche Stellen nach § 4 Abs. 1 S. 1 ROG Die Pflicht zur Umsetzung von Erfordernissen der Raumordnung durch den gemeindlichen Flächennutzungsplan als Teil des vertikalen und horizontalen Geflechts raumbezogener Planungen folgt aus § 4 Abs. 1 S. 1 ROG. Danach sind die Ziele der Raumordnung von der Gemeinde als öffentliche Stelle i. S.v. § 3 Nr. 5 ROG bei der Flächennutzungsplanung als raumbedeutsame Planung i. S.v. § 3 Nr. 6 ROG zu beachten. (1) Ziele der Raumordnung § 3 Nr. 2 ROG enthält die wichtigsten Anforderungen an die Ziele der Raumordnung in Form einer Begriffsbestimmung. Danach sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes. Die Anforderungen des Zielbegriffs werden geprägt durch den Rechtscharakter dieser Festlegungen. 42 So entfalten die Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 S. 1 ROG Bindungswirkungen, die zum Teil verwaltungsinterne Wirkung, zum Teil aber Außenwirkung gegenüber Trägern eigener Rechte haben: 43 Bindungswirkungen verwaltungsin40 41 42 43

Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 45. BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (333). Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 8. Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 61.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

terner Art bestehen gegenüber einer Fachplanung des Landes, da das Produkt eines zur Landesverwaltung gehörenden Planungsträgers die Planungen und Maßnahmen anderer Träger bindet, die gleichfalls Teil der Landesverwaltung sind. Ziele der Raumordnung sind insoweit interne Verwaltungsrichtlinien. Außenwirkung entfalten sie hingegen gegenüber den Gemeinden als Trägerinnen der Bauleitplanung, da sie als verbindliche Vorgaben in das durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte kommunale Selbstverwaltungsrecht eingreifen, dem die gemeindliche Bauleitplanung als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft (§ 2 Abs. 1 S. 1 BauGB) unterliegt. Trotz ihres Standortbezuges sind die Ziele der Raumordnung dennoch abstraktgenerell, weil sie keine konkreten Fallregelungen, sondern abstrakte, umsetzungsbedürftige Vorgaben zum Gegenstand haben. 44 Sie sind nach ihrem materiellen Gehalt insoweit außenwirksame, abstraktgenerelle Regelungen und mithin materielle Rechtsnormen. 45 (2) Rechtliche Voraussetzungen der Zielbindung Raumordnungsziele müssen als verbindliche Vorgaben in Raumordnungsplänen so bestimmt sein, dass für die Adressaten erkennbar ist, was im Einzelnen Gegenstand der sie betreffenden Beachtenspflicht ist. Der Katalog der Anforderungen an die Ziele der Raumordnung i. S.v. § 3 Nr. 2 ROG enthält die wichtigsten Begriffsbestimmungen, die sich maßgeblich an den vom BVerwG entwickelten Merkmalen orientieren. Er ist jedoch nicht abschließender Natur, sondern wird ergänzt durch Vorschriften auf Grund des Gesetzes und außerhalb des Gesetzes. 46 (a) Verbindliche Vorgaben Erforderlich ist zunächst, dass es sich um ein Ziel im eigentlichen Sinne handelt, d. h. die jeweilige Aussage im Raumordnungsplan muss sowohl formell als auch materiell ein Ziel der Raumordnung sein. In formeller Hinsicht muss sie 44 BVerwG, Urteil v. 20. 11. 2003 –4 CN 6.03, BVerwGE 119, 217 (227): „Zielfestlegungen dienen hierbei als geeeignetes Mittel, um für die Planungsträger, die es angeht, einen an den Erfordernissen der Raumordnung ausgrichteten Handlungsrahmen für zukünftige Planungsfälle zu schaffen. Ihr generellabstrakter Charakter äußert sich in diesem Planungssystem sinnfällig darin, dass der lediglich nach Gattungsmerkmalen bezeichnete Adressatenkreis für eine unbestimmte Vielzahl eigener Planungsentscheidungen Bindungen unterworfen wird.“; NRWVerfGH, Urteil v. 15. 12. 1989 –5/88, in: NVwZ 1990, S. 456; Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 8; Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 26. 45 BVerwG, Beschluss v. 07. 03. 2002 –4 BN 60/01, in: NVwZ 2002, 869 (870); BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 –2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (114), Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 61 m.w. N. 46 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 –4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329ff.; Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 23.

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vom Plangeber erklärtermaßen als Ziel gewollt sein. In materieller Hinsicht hat sie die Voraussetzungen eines Zieles der Raumordnung zu erfüllen, die sich aus dem Zielbegriff des § 3 Nr. 2 ROG ergeben. 47 Aus Gründen der Rechtsklarheit muss die Vorgabe verbindlich formuliert sein. Die von ihr ausgehende Bindungswirkung ordnet das Gesetz in § 4 Abs. 1 S. 1 ROG an. Sie braucht daher nicht Bestandteil der Festlegung selbst zu sein. Gebräuchlich sind „Ist“- oder „Sind“Formulierungen“. 48 (b) Räumlich und sachlich bestimmte oder bestimmbare Vorgaben Die Qualifizierung der Festlegungen in den Raumordnungsplänen als Ziele der Raumordnung erfordern eine räumliche und sachliche Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit. Damit wird dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Normenklarheit Ausdruck verliehen, welches grundsätzlich in zweifacher Hinsicht zu beachten ist: Die Raumordnungsziele müssen sich geographisch auf einen ganz bestimmten Raum beziehen und für diesen sachlich eine konkrete raumordnerische Entscheidung treffen. Typische Beispiele solchermaßen den begrifflichen und rechtsstaatlichen Anforderungen an ein Ziel der Raumordnung genügenden Planaussagen stellen Nutzungszuweisungen für bestimmte Gebiete oder Flächen dar. Eine geographische und sachliche Konkretisierung ist lediglich dann nicht erforderlich, wenn der in Bezug genommene Raum räumlich und sachlich zumindest bestimmbar ist. 49 Bestimmbar ist eine Festlegung dann, wenn sie allein oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Regeln und Standards so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Unschädlich dabei ist, wenn zur Bestimmung weitere Erhebungen oder Untersuchungen tatsächlicher Art erforderlich sind. 50 In geographischer Hinsicht genügt es, wenn die planerische Aussage einen häufig auftretenden Nutzungskonflikt bei bestimmten Flächenkategorien generell regelt und sich diese abstrakte Regelung im Anwendungsfall durch die örtlichen Gegebenheiten zu einer bestimmten Planausführung konkretisiert. 51 In sachlicher Hinsicht muss erkennbar sein, für welchen konkreten Nutzungszweck eine landesplanerische Festlegung in einem 47 Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 12; Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 48. 48 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 24f.; Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 111. 49 BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 70.79, BVerwGE 68, 319 (323); Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 115. 50 BVerwG, Urteil v. 19. 07. 2001 –4 C 4.00, BVerwGE 115, 17 (21); Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 50; Gierke, in Brügelmann, § 1 Rn. 393. 51 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 115; Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 50a.

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bestimmten räumlich abgegrenzten Bereich erfolgt. 52 Hierfür genügt es, wenn durch die Ziele der Raumordnung Funktionen und Nutzungen von bestimmten Plangebietsteilen festgesetzt werden, die auslegungsbedürftig sind und weiteren Konkretisierungsspielraum enthalten. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist dabei solange unschädlich, wie der normative Inhalt des Ziels anhand der allgemeingültigen Auslegungsmethoden zumindest bestimmbar bleibt. 53 (c) Landesplanerische Letztentscheidungen als Ergebnisse eines überörtlichen und überfachlichen Abwägungsprozesses Die verbindlichen Vorgaben mit räumlich und sachlich bestimmbarem Inhalt müssen auf einer vom Träger der Landes- oder Regionalplanung vorgenommenen Abwägung beruhen (§ 3 Nr. 2 ROG). Durch die Abwägung nimmt die Landesplanung ihre eigentliche Funktion der gesamtplanerischen Koordinierung und des Ausgleichs der zahlreichen, in ihrem Verhältnis zueinander komplexen Interessen wahr. 54 Nach § 7 Abs. 7 ROG, der die raumordnerische Abwägung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen regelt, ist für die Aufstellung der Raumordnungspläne vorzusehen, dass zum einen die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen und zum anderen sonstige öffentliche sowie private Belange bei der Abwägung zu berücksichtigen sind, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind (§ 7 Abs. 7 S. 1 und 3 ROG). Das Gebot gerechter Abwägung hat nach der Rechtsprechung des BVerwG als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Verfassungsrang. 55 Daraus folgt für ein gestuftes Planungssystem wie das der räumlichen Planung, dass auf irgend einer Stufe dieses Systems überhaupt eine umfassende Abwägung stattgefunden haben muss. Nicht notwendig ist, dass zu allen Punkten auf allen Planungsebenen erneut eine umfassende Abwägung durchgeführt wird. Möglich ist auch, dass eine übergeordnete Planung hinsichtlich bestimmbarer räumlicher und sachlicher Festlegungen die Abwägung mit Bindungswirkung für nachfolgende Planungen durchführt. Für nachfolgende Planungen sind solche Festlegungen Vorgaben räumlicher und sachlicher Art, die nicht mehr zur Abwägungsdisposition stehen. 56 Planungssystematische Rechtfertigung findet die qualifizierte Bindungs52 Grooterhorst, in: NuR 1986, 276 (283); Gierke, in Brügelmann, § 1 Rn. 393; Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 32. 53 Spiecker, Raumordnung und Private, S. 76f.; Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 116f. 54 BVerwG, Urteil v. 30. 04. 1969 – IV C 6.68, in: BRS 22 Nr. 3; Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 134. 55 BVerwG, Urteil v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74, BVerwGE 48, 56 (63); Urteil v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 (310); Urteil v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66, BVerwGE 34, 301 (307). 56 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 51a.

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wirkung eben in dieser im Zielaufstellungsverfahren zu leistenden Abwägung der vielfältigen konfligierenden Raumansprüche, die allein die Gewähr für eine sachgerechte Planung bietet. 57 Da die Ziele der Raumordnung das Ergebnis eines überörtlichen und überfachlichen Abwägungsprozesses wiedergeben, ist mit ihnen eine wertende Entscheidung für einen bestimmten Raum getroffen. 58 Mithin ist ihnen ein bestimmter Entscheidungsgehalt eigen, mit dem sie rechtswirksame Prioritäten für die Ordnung und Entwicklung bestimmter Plangebiete setzen. 59 Angesichts ihrer Eigenschaft als abschließende Entscheidungen im Sinne eines Abwägungsergebnisses sind die Ziele der Raumordnung einer weiteren Abwägung nicht mehr zugänglich, sondern auf Vollzug angelegt, und sie verlangen dementsprechend Befolgung. 60 Auf Grund dieser wesensmäßigen Eigenschaft werden die Raumordnungsziele auch als landesplanerische Letztentscheidungen 61 bezeichnet, deren Vorgaben nicht mehr zur Abwägungsdisposition stehen, wohl aber regelmäßig weiter konkretisiert werden können. Die Bauleitplanung kann – und dazu ist sie sogar gehalten – weitere Konkretisierungen – beispielsweise derjenigen Nutzungen, die mit der Vorrangnutzung vereinbar sind – vornehmen. Durch die Ziele der Raumordnung abschließend entschieden sind daher regelmäßig nur (wichtige) Teilaspekte eines räumlich komplexen Sachverhalts, und zwar soweit, wie dies aus raumordnerischer Sicht ebenenspezifisch erforderlich ist. 62 (d) Textliche oder zeichnerische Festlegungen in Raumordnungsplänen Ziele der Raumordnung können nur in Raumordnungsplänen enthalten sein. Sie sind Bestandteil der Raumordnungspläne. Außerhalb von Raumordnungsplänen ist die Aufstellung der Raumordnungsziele unzulässig. 63 Die planerischen Aussagen weisen Plangebietsteilen entweder zeichnerisch in den Kartenwerken der Pläne oder durch eine textliche Planaussage eine Nutzung oder Funktion zu. 64

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Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 132. Schultze, Raumordnungspläne und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 14. 59 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 23. 60 Hendler, in: UPR 2003, 256 (257); Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 23; Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 51a. 61 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 23; zur näheren Bedeutung dieser Kennzeichnung: Hendler, in: UPR 2003, 256ff. 62 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 78. 63 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 85. 64 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 180; Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 38. 58

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

(e) Zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes Gem. § 3 Nr. 2 ROG dienen die Ziele der Raumordnung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes. Dieses Kriterium knüpft an die Aufgabenstellung der Raumordnung i. S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 ROG an. Danach sind der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne, deren stringentester Inhalt Ziele der Raumordnung sind, zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. 65 Der notwendige Bezug zum Raum ist Voraussetzung für die Festlegungen in den Raumordnungsplänen, um Zielqualität zu erreichen. Dies ist dann der Fall, wenn sie konkrete oder konkretisierbare Raumnutzungen oder Raumfunktionen zum Gegenstand haben. Raumnutzungen betreffen dabei beispielsweise die Art der Nutzung von Grund und Boden, wie für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Siedlungszwecke, Verkehr, Gewinnung standortgebundener Bodenschätze oder raumbedeutsame Vorhaben der Windenergienutzung. Raumfunktionen betreffen unter anderem Festlegungen als zentralen Ort, als ländlichen oder verdichteten Raum, als Entlastungsort, als Sanierungs- oder Entwicklungsbereich oder für Natur und Landschaft sowie Grundwasserschutz. 66 Ziele der Raumordnung sind aber nicht nur solche, die den Ist-Zustand in einen Soll-Zustand entwickeln wollen. Auch die Festschreibung eines Ist-Zustandes der Raumnutzung oder von Raumfunktionen kann ein Ziel der Raumordnung sein. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Sicherungsauftrag der Raumordnung. Ordnende Festlegungen können Festschreibungen des Ist-Zustandes sein, aber auch Soll-Bestandteile haben. 67 Die Aufzählung der Begriffsdefinition verdeutlicht, dass Festsetzungen in Raumordnungsplänen vielfältige Intentionen verfolgen können. Die Raumordnungsplanung ist weder reine Entwicklungsplanung noch eine Sicherungs- oder Schutzplanung. Sie ist zusammenfassende Planung mit Entwicklungs-, Schutz- und Ordnungselementen. Die Ziele der Raumordnung können in dieser gesamten Spannbreite möglicher Festsetzungen in Raumordnungsplänen angesiedelt sein. 68 (3) Verhaltenspflichten im Rahmen der Beachtenspflicht Die Ziele der Raumordnung sind zu beachten (§ 4 Abs. 1 S. 1 ROG). Das heißt, die Gemeinde kann die Ziele nicht im Wege der Abwägung überwinden, sondern ist an deren Inhalte gebunden. 69 Der Gesetzgeber verlangt hiermit eine Verhal65 Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 13; Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 98. 66 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 99, 100. 67 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 103. 68 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 103.

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tenspflicht, die – abhängig vom Aufgabenbereich der jeweiligen öffentlichen Stelle als Adressat der Beachtenspflicht und der konkret anstehenden raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme – unterschiedlich ausfallen kann. 70 Je umfangreicher der gesetzliche Auftrag der öffentlichen Stelle und der Gestaltungsraum der Planung oder Maßnahme ist, desto umfassender kann sich auch die Beachtenspflicht von Zielen der Raumordnung entfalten. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern nur im Rahmen der jeweiligen Aufgaben-, Zuständigkeits- und Regelungsbefugnis, die der öffentlichen Stelle bei der konkreten Planung oder Maßnahme zukommt. Beispielsweise kann die gemeindliche Bauleitplanung als räumlich integrierende Gesamtplanung regelmäßig in weit größerem Umfang zur Verwirklichung von Zielen der Raumordnung durch deren Beachtung beitragen als eine raumbedeutsame Fachplanung, die dieses nur im Rahmen ihres fachlichen Auftrages leisten kann und daher auch nur insoweit dazu verpflichtet ist. 71 Die Beachtenspflicht lässt sich grob unterteilen in drei verschiedene Verhaltenspflichten: in eine generelle Unterlassenspflicht, eine spezielle Handlungspflicht und eine allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme. Dabei richten sich die Unterlassens- und Rücksichtnahmepflichten grundsätzlich an alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen. Die Handlungspflicht im Sinne einer positiven Umsetzung eines Ziels der Raumordnung besteht dagegen nur gegenüber derjenigen Planung oder Maßnahme, zu deren Aufgabenbereich die Zielaussage zählt. 72 Allen Formen der Beachtenspflicht ist aber gemeinsam, dass es sich um strikte, vor die Abwägung gezogene Pflichten handelt, die zwar Konkretisierungsmöglichkeiten eröffnen können, nicht aber durch Abwägung überwindbar sind. 73 Dies kommt auch im Wortlaut des § 4 Abs. 1 ROG zum Ausdruck, der keinen Raum für Elemente des Abwägens lässt, sondern vorschreibt, dass die Ziele der Raumordnung von den öffentliche Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten sind. (a) Beachtenspflicht als Unterlassenspflicht Ziele der Raumordnung sind insoweit zu beachten, als innerhalb ihres räumlichen und sachlichen Geltungsbereichs keine raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, die dieses Ziel unmöglich machen oder beinträchtigen könnten, die Zielerreichung also insgesamt gefährden oder erschweren würden. 74 Hinsichtlich des notwendigen Grades einer Beeinträchtigung, die zu 69 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 –4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (337); Dyong, in: Cholewa / Dyong / von der Heide / Arenz, § 4 Rn. 11. 70 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 76. 71 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 76. 72 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 77. 73 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (332). 74 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 79.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

erwarten sein muss, um Unterlassenspflichten auszulösen, ist zu bedenken, dass es sich um raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen handeln muss. Dieser Umstand ist bei dem zu fordernden Grad an Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Gerade weil nur raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen Beachtenspflichten auslösen, die begrifflich dadurch gekennzeichnet sind, dass sie entweder raumbeanspruchend oder raumbeeinflussend sind, kann beim Grad der erforderlichen Beeinträchtigung nicht nochmals eine besondere Erheblichkeitsschwelle gefordert werden. Vielmehr reicht es regelmäßig aus, wenn die zweckentsprechende Verwirklichung des Ziels durch die raumbedeutsame Planung oder Maßnahme nicht nur unerheblich beeinträchtigt würde. 75 Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn durch ein Vorranggebiet „Natur und Landschaft“ eine Straße geplant werden soll oder wenn in dem Gebiet durch Darstellungen in einem gemeindlichen Flächennutzungsplan einzelnen vorhandenen raumbedeutsamen Nutzungen Erweiterungsmöglichkeiten eröffnet werden sollen, die über den Bestandsschutz hinausgehen. 76 Der Durchsetzung der hieraus resultierenden Unterlassenspflicht dient die rahmenrechtliche Regelung zur Untersagung raumordnungswidriger Planungen und Maßnahmen nach § 12 ROG. Danach sind die Landesgesetzgeber verpflichtet, die Unterlassungspflicht mindestens in drei Fällen durchsetzungsfähig zu machen. Zum einen ist in den Landesplanungsgesetzen vorzusehen, dass raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen zeitlich unbefristet untersagt werden können, wenn ihnen Ziele der Raumordnung entgegenstehen (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 ROG). Zudem besteht die Möglichkeit der zeitlich befristeten Untersagung, wenn die Verwirklichung in Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung befindlicher Ziele durch raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen gefährdet wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 ROG), und darüber hinaus die der befristeten Untersagung, wenn bei einer Genehmigungsentscheidung über raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen von Privatpersonen die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung in Frage steht (§ 12 Abs. 2 ROG). Diese rahmenrechtlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Instrumentierung der Unterlassenspflicht enthalten keinerlei Verfahrensvorgaben. Als Konsequenz der Ausgestaltungspflicht der Rahmenregelung des Bundes durch die Länder (Art. 75 Abs. 3 GG) ist die Regelung des Verfahrens somit Ländersache. 77 (b) Beachtenspflicht als Handlungspflicht Ziele der Raumordnung entfalten grundsätzlich nicht aus eigener Kompetenz Bindungswirkungen gegenüber raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen Privater. Sie sind im Regelfall auf die positive Umsetzung durch andere Planungen 75 76 77

Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 80. Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 80. Schmitz, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 12 Rn. 52.

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mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber dem Einzelnen angewiesen. Folglich ergeben sich aus der Beachtenspflicht auch Handlungspflichten für andere Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen. 78 Diese Handlungspflicht gegenüber raumbedeutsamen Planungen besteht regelmäßig darin, das Ziel der Raumordnung mit den Instrumenten der räumlichen Gesamtplanung (Bauleitplanung) oder der Fachplanung positiv zielkonform im Sinne einer sachlich und räumlich vom Ziel umfassten Art umzusetzen. 79 Eine solche positive Umsetzungspflicht besteht aber nur gegenüber denjenigen raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen, zu deren Aufgabenbereich die Zielaussage gehört; gegenüber anderen Planungen und Maßnahmen bleibt es bei der Unterlassens- und Rücksichtnahmepflicht. So kann beispielsweise ein Vorranggebiet „Natur und Landschaft“ von einer Straßenplanung nicht positiv umgesetzt werden, sondern nur von einer naturschutzfachlichen Planung. 80 (c) Beachtenspflicht als Rücksichtnahmepflicht Ziele der Raumordnung können als eine besondere Form der Unterlassenspflichten auch Rücksichtnahmepflichten auslösen. Dies bedeutet, dass die Gemeinde auch außerhalb des räumlichen und sachlichen Zielgeltungsbereichs keine Darstellungen in den Flächennutzungsplan aufnehmen darf, die sich negativ auf die Umsetzung des Ziels auswirken. Zu denken ist hierbei vor allem an raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die unmittelbar an einen bestimmten Zielgeltungsbereich angrenzen, wie beispielsweise eine Wasserskistrecke auf einer Wasserstraße, die an ein Vorranggebiet „Natur und Landschaft“ im unmittelbaren Uferbereich angrenzt. 81 In einem solchen Fall kann die Verwirklichung der Wasserskistrecke den mit dem Ziel bezweckten Funktionsschutz im Vorranggebiet erheblich durch Lärm gefährden, was dazu führt, dass aus der Zielbeachtenspflicht auch eine Rücksichtnahmepflicht auf dieses Ziel abgeleitet werden kann. 82 (4) Die Umsetzung der Ziele der Raumordnung durch die Gemeinde § 4 Abs. 1 S. 1 ROG legt fest, dass öffentliche Stellen die Ziele der Raumordnung bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten haben. Die Vorschrift bestimmt damit die Ziele der Raumordnung nach § 3 Nr. 2 ROG als Auslöser von Bindungswirkungen, raumbedeutsame Planungen und Maßnah78

Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 84. BVerwG, Urteil v. 12. 07. 1985 –4 C 40.83, BVerwGE 72, 15 (18f.); Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 84, 85. 80 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 84. 81 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 102. 82 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 102. 79

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men öffentlicher Stellen als Objekte der Bindungswirkung, öffentliche Stellen als die Adressaten der Bindungswirkung und die Beachtenspflicht als den Grad der Bindung. 83 Die Beachtenspflicht schließt es aus, Ziele der Raumordnung im Wege von Abwägung und (oder) Ermessensentscheidungen zu überwinden. Hingegen ist es stets zulässig und sogar geboten, die Ziele der Raumordnung weiter zu konkretisieren. 84 Die Ziele der Raumordnung sind daher regelmäßig verbindliche und bestimmbare Rahmenvorgaben für nachgeordnete raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen. Sie wirken insoweit partiell regelnd, als sie den Gegenstand ihrer Entscheidung und damit die Problemstellung auf der nachgeordneten Systemebene determinieren; zugleich lassen sie Gestaltungsspielräume offen, die der Ausfüllung, d. h. der Entscheidungskonkretisierung durch nachfolgende Planungen und Maßnahmen bedürfen. 85 So werden die Ziele der Raumordnung durch die Darstellungen in einem gemeindlichen Flächennutzungsplan unter Beibehaltung der Zielqualität planerisch fortentwickelt. Im Falle einer positiven Darstellung und Konkretisierung bleiben die Festlegungen des Raumordnungsplans weiterhin mit Zielqualität bestehen, allerdings in der räumlichen und sachlichen Konkretisierung, die sie durch den gemeindlichen Flächennutzungsplan erfahren haben. 86 b) Das Anpassungsgebot in § 1 Abs. 4 BauGB Gem. § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die baurechtliche Anpassungspflicht ist insoweit als eine Konkretisierung der raumordnerischen Beachtenspflicht auszulegen, als sie die Handlungspflicht bezogen auf die gemeindliche Bauleitplanung als eine Pflicht zur Anpassung der gemeindlichen Planung an die einschlägigen Ziele der Raumordnung verdeutlicht. 87 Sie bezieht sich auf den materiellen Gehalt der planerischen Entscheidung bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen, so dass diese auch an zeitlich nachfolgende Ziele der Raumordnung anzupassen sind. 88 § 1 Abs. 4 BauGB ist damit Ausdruck eines umfassenden Gebots zu dauerhafter materieller Übereinstimmung der kommunalen Planung mit den Rahmenvorgaben der Raumordnungsplanung (sog. Grundsatz der materiellen Plankonkordanz), 89 wobei allerdings – unter Berücksichtigung der zusätzlichen Belastungen, die für den kommunalen Bereich durch eine Änderung des Er83

Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 64. BT-Drs. 13/6392, S. 81. 85 Appold, in: DVBl. 1989, 178 (183); Wahl, in: DÖV 1981, 597 (603); Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 3 Rn. 48. 86 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 4 Rn. 49. 87 Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 67. 88 OVG Lüneburg, Urteil v. 09. 06. 1976 – I A 10/76, in: BRS 30 Nr. 10; VGH BadenWürttemberg, Urteil v. 28. 03. 1980 – VIII 1272/79, in: BRS 36 Nr. 1. 89 Schmidt-Aßmann, in: VerwArch 71 (1980), S. 117 (134). 84

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scheinungsbildes der Raumplanung (mit-)bedingt sind – eine quasi automatische Anpassungspflicht nicht besteht. 90 Entwicklungsplanerische Elemente der Raumordnungsplanung haben entwicklungsplanerische Konsequenzen auf kommunaler Ebene, die dort mit unter Umständen hohen Folgelasten verbunden sind, 91 etwa dort, wo die Gemeinde ihre Infrastruktur auf bestimmte entwicklungsplanerische Vorgaben der Raumordnungsplanung umzustellen hat, oder aber dort, wo sie die aus solchen Vorgaben resultierenden erheblichen Umweltbelastungen im örtlichen Raum sachlichtechnisch und politisch verarbeiten muss. Die Raumordnungsplanung hat daher, wenn sie anpassungspflichtige entwicklungsplanerische Vorgaben gibt, die Folgen für den kommunalen Bereich sehr genau mit zu bedenken und mit zu tragen, um den „Eingriff“ zu minimieren. 92 Die Pflicht, dass Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen sind, wirkt sich primär auf die Flächennutzungsplanung als vorbereitende Bauleitplanung aus, 93 und bedeutet konkret, dass die Ziele der Raumordnung verbindliche Festlegungen als Mindestanforderungen an die Bauleitplanung enthalten, die der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB entzogen sind und in diese praktisch als Planungsvorgaben hineinwirken. 94 Dies folgt bereits aus der rechtlich vorgelagerten Stellung des Anpassungsgebots in § 1 Abs. 4 BauGB gegenüber der bauleitplanerischen Abwägung in § 1 Abs. 7 BauGB. Die Bindungen, die sich aus den Zielen der Raumordnung ergeben, sind gleichsam vor die Klammer des Abwägungsprozesses gezogen. Das kommt auch im Wortlaut des § 1 Abs. 4 BauGB zum Ausdruck, der keinen Raum für Elemente des Abwägens lässt, sondern vorschreibt, dass die Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen sind. 95 Ein Beurteilungsspielraum bei der Anwendung des Begriffs „anpassen“ wird auch nicht dadurch eröffnet, dass die Ziele der Raumordnung sich grundsätzlich darauf beschränken, der im hierarchisch gegliederten System aufeinander folgender Planstufen nachgeordneten Bauleitplanung einen grobmaschigen Rahmen zu setzen, der ausfüllungsfähig und ausfüllungsbedürftig ist und auf diese Weise Planungsspielräume offen lässt. 96 Diese relative Offenheit der zielförmigen Vorgaben ändert nichts daran, dass die örtlichen Planungsträger an die Ziele als landesplanerische Letztentscheidungen strikt gebunden sind. Die planerischen Intentionen, die den 90

Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 67. Schmidt-Aßmann, Der Ausgleich landesplanerischer Planungsschäden, S. 11ff. 92 Schmidt-Aßmann, in: VerwArch 71 (1980), S. 117 (135). 93 Denn die Flächennutzungsplanung ist der Bebauungsplanung insoweit vorgelagert, als die Bebauungspläne grundsätzlich aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind (§ 8 Abs. 2 S. 1 BauGB). 94 VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 28. 03. 1980 – VIII 1272/79, in: BRS 36 Nr. 1 unter Hinweis auf: VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 21. 12. 1976 – III 415/76, in: BRS 30 Nr. 24. 95 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (332). 96 So auch Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 417. 91

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Zielen zugrunde liegen, müssen in das bauleitplanerische Konzept der Gemeinde eingehen. 97 Die Gemeinden dürfen den ihnen gesetzten Rahmen zwar ausfüllen und die ihnen eröffneten Freiräume für eigene planerische Aktivitäten nutzen. Wie groß dieser Freiraum aber ist, hängt vom jeweiligen Konkretisierungsgrad der Zielaussage ab. Je nachdem, ob ein Ziel eine eher geringe inhaltliche Dichte aufweist, die Raum für eine Mehrzahl von Handlungsalternativen lässt, oder durch eine hohe Aussageschärfe gekennzeichnet ist, die der Bauleitplanung enge Grenzen setzt, entfaltet es schwächere oder stärkere Rechtswirkungen. 98 Nur innerhalb des durch Ziele der Raumordnung abgesteckten Rahmens ist eine bauleitplanerische Abwägung daher zulässig. 99 Die Konkretisierung des raumordnerischen Ziels erfolgt insoweit nicht willkürlich, sondern muss sich im Rahmen der raumordnerischen Vorgaben halten, in der die Gemeinde die ihr zu Gebote stehenden Wahlmöglichkeiten aber voll ausschöpfen kann. 100 Wenn nun in § 1 Abs. 4 BauGB gefordert wird, die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen, so ergibt sich nach Sprachgebrauch und Bedeutung des Begriffs „anpassen“ zwar unzweifelhaft, dass diesem Gebot bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen entsprochen werden muss. 101 Die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, ob darüber hinaus die Anpassungspflicht auch die Pflicht der Gemeinden zur Erstaufstellung eines Bauleitplans umfasst, sobald die Ziele der Raumordnung auf die Umsetzung durch die Bauleitplanung angelegt sind – auch wenn die Gemeinde gar keine Planungsabsichten verfolgt –, wird aber zumindest in der Literatur kontrovers diskutiert. Die der Erstplanungspflicht negativ gegenüberstehende Ansicht interpretiert die Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB im Sinne eines Minimalprogramms, das nicht die Verpflichtung der Gemeinde umfasse, planerisch aktiv zu werden und Bauleitplanung zu betreiben. 102 Die Ableitung einer Erstplanungspflicht aus § 1 Abs. 4 BauGB sei schon mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 4 BauGB unvereinbar, da nicht die „Bauleitplanung“, sondern die „Bauleitpläne“ anzupassen seien, was zur Voraussetzung habe, dass erst einmal Pläne der Gemeinde vorhanden sein müssen. 103 Diese zur Passivität tendierende Auslegung des § 1 Abs. 4 BauGB werde durch die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 ROG bekräftigt, wonach die Zie97

BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (334). BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (334). 99 Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 418. 100 Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 68; BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 –4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (335). 101 Stich, in: Spannowsky / Mitschang, Flächennutzungsplanung im Umbruch, S. 61. 102 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 17 unter Hinweis auf: Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 435; Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), § 5 III 2; Brocke, in: DVBl. 1979, 184 (185f.); Brohm, in: DÖV 1989, 429 (434). 103 Brohm, in: DÖV 1989, 429 (434). 98

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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le der Raumordnung nur bei „Planungen“ zu beachten seien. Insoweit soll § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB als lex posterior § 1 Abs. 4 BauGB zwar nicht obsolet gemacht, wohl aber in dem Sinne interpretiert haben, dass eine Anpassungspflicht nur im Planungsprozess („bei Planungen“), nicht aber eine Pflicht zur Planung gemeint sei. 104 Die Befürworter einer Erstplanungspflicht stellen hingegen zu Recht auf die Funktion des § 1 Abs. 4 BauGB als die Gewährleistung umfassender materieller Plankonkordanz ab. 105 „Anpassen“ als erstmaliges Abstimmen bei der Aufstellung der gemeindlichen Bauleitpläne sowie „Anpassen“ als fortdauernde Übereinstimmung von Bauleitplanung und Raumordnungsplanung im Sinne einer sachgerechten Verknüpfung beider Planungsebenen stand von Anfang an im Vordergrund des gesetzgeberischen Anliegens. Die in § 1 Abs. 4 BauGB angelegte Pflicht, die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen, ist insoweit grundsätzlich umfassend zu betrachten. Es geht nicht um punktuelle Kooperation, sondern um dauerhafte Übereinstimmung. 106 Der Terminus der „fortdauernden Anpassung“, das Angepasstsein der kommunalen Bauleitplanung an die überörtliche Raumordnungsplanung umfasst daher nicht nur Anpassungsprozesse bei gemeindeinitiierten Planungen, sondern auch Anpassungen, die durch die Änderungen raumordnerischer Ziele verursacht werden und damit positive Anpassungspflichten bedingen. Von welcher Seite die causa für die Anpassung gesetzt wird, ist für die Anpassungsnotwendigkeit dabei uninteressant. 107 Zielt § 1 Abs. 4 BauGB aber auch auf positive Anpassungspflichten, so ist es nicht gerechtfertigt, seine Bedeutung auf die aktive Anpassung vorhandener Bauleitpläne zu beschränken und eine Pflicht zu erstmaliger Aufstellung auszuschließen. 108 Gerade auch Anpassungen, deren causae durch die Änderungen raumordnerischer Ziele verursacht werden und eine aus § 1 Abs. 4 BauGB abzuleitende positive Verpflichtung der Gemeinden zur erstmaligen Aufstellung eines Bauleitplans erfordern, sind notwendig, um eine vollständige Umsetzung der raumordnerischen Ziele sicherzustellen und somit die dauerhafte Übereinstimmung von Bauleitplanung und Raumordnungsplanung im Sinne umfassender materieller Plankonkordanz gewährleisten zu können. Der Grundsatz der materiellen Plankonkordanz beinhaltet 104 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 17 unter Hinweis auf: Grauvogel, in: Brügelmann – BBauG (in der Bearbeitung von 1972). 105 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 20f.; Runkel, in: EZB, § 1 Rn. 67; Krautzberger in: B / K/L, § 1 Rn. 32; Halama, in: FS für Schlichter, S. 201 (210). 106 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 21. 107 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 21. 108 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 21.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

daher raumordnerisch bedingte positive Planungspflichten mindestens als Pflichten zur Anpassung vorhandener Bauleitpläne an geänderte Ziele der Raumordnung und darüber hinaus auch Pflichten zu erstmaliger Planung entsprechend raumordnerischer Zielsetzungen. 109 Eine Beschränkung des § 1 Abs. 4 BauGB auf die Anpassung vorhandener Bauleitpläne würde gerade auch in der Planungspraxis zu willkürlichen Ergebnissen und zur Verwirrung der Rechtslage führen. So ergäbe sich für eine Gemeinde geradezu ein Anreiz, möglichst planlos zu arbeiten, um sich raumordnungsplanerischen Anpassungspflichten mangels Masse an eigener Planungssubstanz zu entziehen. 110 Dies entspricht letztendlich auch dem Willen des Gesetzgebers. Zwar hat der Vorschlag des Bundesrats hinsichtlich einer Erstplanungspflicht der Gemeinden im Zuge der BBauG-Novelle von 1976 111 im weiteren Gesetzgebungsverfahren vorerst keine Mehrheit gefunden, da der Bundestag eine Aushöhlung der gemeindlichen Planungshoheit befürchtete. 112 Von dieser Meinung rückte der Bundestag aber bereits im 16. Ausschussbericht für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau beim Erlass des BauGB im Jahre 1986 ab, indem er einvernehmlich oder mehrheitlich die im Regierungsentwurf enthaltenen Änderungen der Vorschriften über die Bauleitplanung übernommen hat. 113 In der Begründung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs zum BauGB hieß es insoweit: 114 „Ebenso soll die Pflicht zur Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4) erhalten bleiben. Da diese Verpflichtung auch die Pflicht zur erstmaligen Aufstellung oder Änderung von Bauleitplänen einschließt, wird eine entsprechende Klarstellung im Gesetz nicht für erforderlich gehalten.“ Auch wenn die ausdrückliche Zustimmung des Gesetzgebers zur Meinung der Bundesregierung hinsichtlich der Erstplanungspflicht der Gemeinden insoweit nicht erfolgt, so ist diese zumindest konkludent erteilt worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Annahme aus Gründen der Rechts- und Verwaltungsvereinfachung und zum 109 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 18. 110 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 21; Halama, in: FS für Schlichter, S. 201 (210f.). 111 BT-Drs. 7/2496, S. 65: Art. 1 Nr. 3 „Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung oder sobald es zur Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung erforderlich ist.“ 112 Im 15. Ausschussbericht für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau heißt es: „Nach Auffassung des Ausschusses wäre diese Regelung, die in der Praxis einem Planungsgebot gleichgekommen wäre, geeignet, auf Dauer die gemeindliche Planungshoheit und ihr Selbstverwaltungsrecht auszuhöhlen. Die Anpassungsverpflichtung der gemeindlichen Bauleitplanung an die Raumordnung und Landesplanung ist ausreichend, um die notwendige Abstimmung der Bauleitplanung mit der Landesplanung sicherzustellen.“ (BT-Drs. 7/4793, S. 9). 113 BT-Drs. 10/6166, S. 128; a. A.: Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 435. 114 BT-Drs. 10/4630, S. 60.

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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Zwecke der Rechtsfortbildung erfolgt ist. Gerade im Hinblick auf die eindeutige Haltung des Gesetzgebers bei der BBauG-Novelle 1976 hätte es hier seinerseits einer klaren Aussage bedurft. Zumindest hätte der Gesetzgeber den zugrundeliegenden Gesetzesentwurf zum BauGB insoweit nicht annehmen dürfen, zumal er sich laut Ausschussbericht der teilweisen Änderung seiner Entwurfsfassung ausdrücklich bewusst war. 115 Die Auffassung der Bundesregierung, dass § 1 Abs. 4 BauGB auch die Pflicht zur erstmaligen Aufstellung eines Bauleitplans enthalte, ist im Rahmen des BauROG 1998 bekräftigt worden. Bereits im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (BauROG 1998) 116 war für die Neufassung des Raumordnungsgesetzes in § 13 Abs. 1 bis 3 ROG nunmehr ein Planungsgebot mit folgendem Inhalt vorgesehen: – Abs. 1: „Die Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen kann verlangt werden, wenn zu befürchten ist, dass die Verwirklichung von Zielen der Raumordnung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.“ – Abs. 2: „Die Aufstellung von Bauleitplänen kann verlangt werden, wenn dies zur alsbaldigen Verwirklichung von Zielen der Raumordnung aus besonderen Gründen erforderlich ist.“ – Abs. 3: „Das Verlangen ist vorher mit der betroffenen Gemeinde zu erörtern.“ Nach dem Bericht der von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission vom 16. 10. 1994 117 besteht ein solches Bedürfnis für die Aufstellung von Bauleitplänen im Sinne des Abs. 2 beispielsweise für Umlandgemeinden eines Ballungsgebietes, die zur ausgewogenen Strukturierung dieser Ballungsgebiete in den Landesentwicklungsprogrammen der Länder als Entwicklungszentren ausgewiesen sind. Damit die betroffenen Gemeinden ihre Rechte wahren können, ist nach Abs. 3 das beabsichtigte Planungsgebot mit ihnen zu erörtern. Vergleichbare Anpassungs- und Planungsgebote enthalten insoweit bereits die Planungsgesetze der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. 118 Dieser Regelungsvorschlag ist nach den Beratungen in den Ausschüssen zwar nicht in die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 119 übernommen worden. Aus der Nichtaufnahme von Bestimmungen über das 115 Siehe BT-Drs. 10/6166, S. 128; Hinsichtlich der Vereinbarkeit der kommunalen Planungshoheit mit der Erstplanungsverpflichtung der Gemeinden siehe: 4. Kapitel, A. I. 2. 116 BT-Drs. 13/6392, S. 25. 117 BT-Drs. 13/159, S. 84f. (Textziffer: 4223). 118 BT-Drs. 13/6392, S. 86. 119 BT-Drs. 13/7588.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

Planungsgebot in das Bundesrahmenrecht kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die zuvor grundsätzlich anerkannte und aus diesem Grunde einer näheren Klarstellung nicht bedurfte Erstplanungspflicht der Gemeinden im Rahmen des § 1 Abs. 4 BauGB nunmehr verworfen werden sollte, zumal die Länder diesbezügliche Vorschriften erlassen können. Darauf wies bereits der Berichterstatter im Zuge der BBauG-Novelle von 1976 in der anschließenden Beratung im Bundesrat unwidersprochen hin. 120 Inzwischen hat sich auch das BVerwG zu einer Erstplanungspflicht der Gemeinden im Rahmen des § 1 Abs. 4 BauGB bekannt. 121 § 1 Abs. 4 BauGB begründet danach eine gemeindliche Erstplanungspflicht, wenn die Verwirklichung von Zielen der Raumordnung bei Fortschreiten einer „planlosen“ städtebaulichen Entwicklung auf unüberwindbare tatsächliche oder rechtliche Hindernisse stoßen oder wesentlich erschwert würde. Diese Planungspflicht folgt aus der Grundstruktur des mehrstufigen und auf Kooperation angelegten Systems der räumlichen Gesamtplanung. Die vielfältigen Raumnutzungsansprüche bedürfen der Abstimmung auf verschiedenen Planungsebenen. Das Raumplanungsrecht umfasst eine Abfolge von Planungsentscheidungen auf Bundes- und Landesebene mit fortschreitender Verdichtung auf Landes- und Regionalebene bis hin zu konkreten Festsetzungen auf Gemeindeebene. In diesem mehrstufigen System ist die gemeindliche Bauleitplanung der Landes- und Regionalplanung nachgeordnet; sie stellt die unterste Stufe in der Planungshierarchie dar. Der Raumordnung obliegt die übergeordnete, überörtliche, überfachliche und zusammenfassende Planung und Ordnung des Raumes. Sie hat im Interesse der räumlichen Gesamtentwicklung alle auftretenden Nutzungsansprüche an den Raum und alle raumbedeutsamen Belange zu koordinieren und in diesem Zusammenhang u. a. verbindliche Vorgaben für nachgeordnete Planungsstufen zu schaffen. Die Ziele der Raumordnung bedürfen regelmäßig der planerischen Umsetzung (und Konkretisierung) durch nachgeordnete Planungsträger, um ihren Ordnungs- und Entwicklungsauftrag auch gegenüber dem einzelnen Raumnutzer erfüllen zu können. Das arbeitsteilige System der räumlichen Gesamtplanung funktioniert daher nur, wenn die Entwicklung des gemeindlichen Planungsraums mit der des größeren Raums in Einklang gebracht wird. Die raumordnerisch bedingte Erstplanungs- und Änderungspflicht der Gemeinde rechtfertigt sich daraus, dass die Ziele der Raumordnung grundsätzlich keine unmittelbare bodenrechtliche Wirkung entfalten. 122 Vor diesem Hintergrund liegt der Regelungszweck des § 1 Abs. 4 BauGB in der Gewährleistung umfassender materieller Plankonkordanz zwischen übergeordneter Raumordnungsplanung und kommunaler Bauleitplanung. Nach Ansicht des BVerwG ist es daher zutreffend, dass die Gemeinde (unter dem Vorbehalt der 120 121 122

Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 435 unter Hinweis auf BT-Drs. 10/6166, S. 128. BVerwG, Urteil v. 17. 09. 2003 – 4 C 14.01, BVerwGE 119, 25 (38). BVerwG, Urteil v. 17. 09. 2003 – 4 C 14.01, BVerwGE 119, 25 (38f.).

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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materiellrechtlichen und zeitlichen Erforderlichkeit im Einzelfall) nicht nur zur Anpassung an die Ziele der Raumordnung verpflichtet ist, wenn sie Bauleitpläne aus eigenem Entschluss und allein aus städtebaulichen Gründen aufstellt oder ändert, sondern dass sie auch dann planerisch aktiv werden muss, wenn allein geänderte oder neue Ziele der Raumordnung eine Anpassung der Bauleitpläne erfordern. Die insoweit aus § 1 Abs. 4 BauGB abzuleitende Pflicht zum Tätigwerden aus raumordnerischen Gründen umfasst nicht nur die aktive Anpassung vorhandener Bauleitpläne, sondern auch eine Pflicht zur erstmaligen Aufstellung eines Bauleitplans. 123 Die in diesem Sinne umfassende Pflicht zu materieller Konkordanz der Bauleitplanung mit den raumordnerischen Zielen ist im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht nur verfassungsrechtlich unbedenklich, sondern nach Maßgabe ausgewogener Organisation der öffentlichen Verwaltungsträger geradezu notwendig. 124 Angesichts des auf Integration und Kooperation angelegten mehrstufigen Systems der räumlichen Gesamtplanung und der daraus resultierenden, durch Sachzwänge immer mehr gebotenen Einbindung der örtlichen Planung in die Erfordernisse der überörtlichen Planung 125 sowie der damit einhergehenden leistungsstaatlich begründeten infrastrukturellen Verflechtung der Versorgungs-, Verkehrs- und Bildungseinrichtungen 126 ist Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht mehr als statische Gewährleistung ausschließlicher Eigenverantwortlichkeit für einen exakt abgegrenzten Kreis örtlicher Belange, sondern als Gewährleistung sachgerechter Interessenwahrnehmung anzusehen. 127 Nicht Eigenwüchsigkeit, Individualität, korporative Selbstverantwortlichkeit sind die Rechtfertigung der kommunalen Selbstverwaltung unter den Bedingungen des fortschreitenden Sozialstaates und der Raumordnungsplanung, sondern die Fähigkeit der Gemeinden, Zentren dezentraler Initiative und Entscheidung zu sein. 128 Die Selbstverwaltung erfüllt damit eine Rolle der Auflockerung und Gliederung der Verwaltung mit dem Ziel der Belebung und Indienstnahme örtlichregionaler Kräfte. Diese Kennzeichnung bedeutet insoweit nicht eine Neigung zur Betrachtung der Gemeinde als mittelbare Staatsverwaltung, sondern vielmehr ihre Anerkennung als einen selbständigen Verwaltungskörper, der sich allerdings in die politische Gesamtkonzeption der Verwaltung eingliedert, aber durch seine Autonomie und seine Fundierung auf eine eigene politische Legitimierung eine gesonderte Stellung gegenüber der hierarchisch aufgebauten Staatsorganisation besitzt. 129 Mit 123

BVerwG, Urteil v. 17. 09. 2003 – 4 C 14.01, BVerwGE 119, 25 (39). Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 21 m.w. N. 125 BVerwG, Urteil v. 14. 02. 1969 – IV C 82.66, VerwRspr. 20 (1969), S. 605 (607). 126 Badura, in: FS für Weber, S. 911 (930f.). 127 Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 133. 128 Badura, in: FS für Weber, S. 911 (930f.). 129 Scheuner, in: AfK 1973, 1 (9). 124

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

dem Eindringen moderner städtischer Lebensformen wie die zunehmende Mobilität der Bevölkerung, die dazu geführt hat, dass die elementaren Lebensbereiche Wohnen, Arbeit, Ausbildung und Erholung nicht mehr unter einem einheitlichen „kommunalen Dach“ angesiedelt sind, sondern sich auf die Gebiete benachbarter Gemeinden verteilen sowie des sich aus der Knappheit der Ressourcen ergebenden Interessenverbundes der Kommunalkörperschaften untereinander und zur staatlichen Verwaltung zeigt sich, dass die Bestimmung dessen, was die Gesetze als örtliche Angelegenheiten den Gemeinden zu eigener Verantwortung zuweisen, kein sicher feststehender Kreis von Angelegenheiten ist, der sich aus der Tradition ergibt, sondern ein Aufgabenkreis, der jeweils den sich fortentwickelnden Verhältnissen angepasst werden muss. Dieser Bereich muss entsprechend den Bedürfnissen und der Leistungsfähigkeit der Gemeinde bestimmt werden, was über bloße Bestandsgarantien hinaus zu einer gewissen Beweglichkeit bei zwei Grundelementen der Gemeinde führt: bei ihrem Gebietsumfang (Initiativbereich) und bei ihrem Aufgabenkreis (Entscheidungsbereich). 130 Die Pflicht materieller Plankonkordanz einschließlich der Verpflichtung der Gemeinden zur erstmaligen Aufstellung eines Bauleitplans gehört insoweit schon zum historischen Bilde der kommunalen Selbstverwaltung. Die Fragen nach verfassungsrechtlichen Grenzen stellen sich erst dort, wo es die Intensität raumordnungsplanerischer Feststellungen oder die Instrumente der Pflichtverwirklichung zu beurteilen gilt. 131 2. Vereinbarkeit der übergeordneten raumordnungsplanerischen Einwirkungsbefugnisse im Lichte des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Die Bindung der Gemeinden an die Ziele der Raumordnung führt grundsätzlich zu einem Spannungsverhältnis zwischen gemeindlicher Bauleitplanung und überörtlicher Raumordnungsplanung. Die Gemeinde, ausgestattet mit einer durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG prinzipiell bestehenden Allzuständigkeit, ist der primär zuständige örtliche Planungsträger. 132 Sie hat die Befugnis, die Raumnutzungsansprüche und -interessen in ihrem Gebiet nach ihren individuellen kommunalpolitischen Vorstellungen eigenverantwortlich zu ordnen und zu entwickeln (§ 2 Abs. 1 S. 1 BauGB). Der Gemeinde gegenüber stehen die überörtlichen Planungsträger, die mit ihrer Planung eben diese gemeindliche Allzuständigkeit einschränken und damit – im konkreten Fall – sachlich, funktionell und räumlich verringern. 133 Hintergrund ist der in § 1 Abs. 1 S. 1 ROG normierte Anspruch des Staates auf 130 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 61; Scheuner, in: AfK 1973, 1 (15). 131 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 21. 132 „Recht des ersten Zugriffs“: vgl. BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 –2 BvR 1619/83, 1628/83, in: NVwZ 1989, 347 (349). 133 Birk, in: NVwZ 1989, S. 905.

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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übergemeindliche Planung, der in der demokratischen Verantwortung für den Gesamtstaat und damit ebenfalls im Verfassungsrecht verankert ist (Art. 20 Abs. 1 GG). Die notwendige Ordnung des Gesamtraumes kann insoweit nicht durch Addition gemeindlicher Pläne gewährleistet werden. Es besteht vielmehr ein übergeordnetes öffentliches Interesse an großräumiger Steuerung der räumlichen Planung. 134 In einem Staatsgebilde mit föderativer Verfassungsstruktur und verfassungsverbürgter kommunaler Eigenzuständigkeit, in dem die Kompetenzen zur Entwicklung und Durchführung raumbezogener Planungen auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt sind, ist „totale Planungsautonomie“ einer Planungsebene selbst bei möglichst überschneidungsloser Abstufung der Planungsfunktionen jeweils im Verhältnis zwischen höherer und darunter stehender Planungsinstanz schlechterdings unmöglich. 135 Denn der zu beplanende Raum der Gemeinde ist nicht nur der örtlichkommunale, sondern zugleich auch der des Landes und des Bundes, auf dem die Planungsbedürfnisse und -rechte verschiedener Planungsträger aufeinandertreffen, so dass sich kommunale Planungshoheit naturgemäß in Konnex mit staatlichen Planungsbefugnissen befindet, die miteinander vertikal verbunden sind. 136 Insofern impliziert ein System vertikaler Aufteilung der Planungskompetenzen im Sinne einer stufenweise Aufgliederung des Staatsgebiets in immer kleiner werdende Planungsräume und dementsprechend auch dichter werdende planerische Festlegungen zwangsläufig zugleich ein System vertikaler Begrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit. 137 Die Planungshoheit der Gemeinde ist insoweit nicht selbstgenügsam, sondern findet sich von vornherein auf Kooperation und Koordination mit den überörtlichen Fach- und Gesamtplanungen angewiesen. 138 Die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften sind daher raumgemeinschaftliche Aktionskörper mit universeller Aufgabenzuweisung und geraten von dorther notwendig mit den ebenfalls raumbezogenen und in diesem Rahmen ähnlich universellen Zielsetzungen der Raumordnungspolitik in Berührung. 139 Bei dieser außerordentlich komplexen Wechselbeziehung, bei der die Kommunen auf der einen Seite Objekt staatlicher Raumordnungspolitik sind und auf der anderen Seite selbst als Subjekt oder Träger eigener Raumordnungsverantwortung in Erscheinung treten, darf nicht übersehen werden, dass in gleichem Maße, wie die kommunale Selbst- und Auftragsverwaltung mit der staatlichen Verwaltungsverantwortung verbunden ist, auch die staatliche und die kommuna134

Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 395. Stern / Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesrechtlichen Planungsgebots für Gemeinden, S. 31. 136 Stern / Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesrechtlichen Planungsgebots für Gemeinden, S. 31 unter Hinweis auf die ausführliche Darstellung bei Schultze, Raumordnungspläne und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 57ff. 137 Stern / Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesrechtlichen Planungsgebots für Gemeinden, S. 31; Weber, in: DÖV 1963, 785 (787). 138 Badura, in: FS für Weber, S. 911 (916). 139 Weber, Gutachten zum 45. DJT, 1964, Band I Teil 5, S. 1. 135

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

le Raumordnungspolitik sich im Sinne einer Kooperation zur Einheit verbinden muss. Das gilt insbesondere für die Raumplanung, deren geläufige Aufgliederung in Landes-, Regional- und Ortsplanung keine Aufstückelung in selbständige und gegeneinander isolierte Teilbereiche anbietet, sondern gerade das Zusammenfügen oder Zusammenwachsen in einer einheitlichen Planungskonzeption fordert, die von der solidarischen Verantwortung von Staat und Kommunen getragen ist. 140 Die planmäßige und räumlich wie sachlich integrale Ordnung der Bodennutzung ist eine Staatsaufgabe, der gegenüber die gemeindliche Planungshoheit nur eine begrenzte Selbständigkeit in Anspruch nehmen kann und durch Einfügung und Zusammenwirken bestimmt ist. 141 Diesem Verständnis der kommunalen Planungshoheit im raumordnerischen Kontext folgt auch die Rechtsprechung. Die verfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG steht danach prinzipiell im Einklang mit der Bindung der Gemeinden an die Ziele der Raumordnung. Im Beschluss des BVerwG vom 20. 08. 1992 142 weist der erkennende Senat insoweit darauf hin, dass § 1 Abs. 4 BauGB schon deshalb nicht zu einer Aushöhlung der kommunalen Planungshoheit führt, weil die Gemeinde den landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt ist. Ein planerischer Durchgriff auf Gemeindegebietsteile ist der Raumordnungsplanung grundsätzlich zwar nicht verwehrt, er ist aber an bestimmte verfahrensrechtliche Voraussetzungen geknüpft, die die Gemeinde davor bewahren, zum bloßen Objekt einer überörtlichen Gesamtplanung degradiert zu werden. Sie ist, soweit Anpassungspflichten für die Gemeinde begründet werden, in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen. 143 Die Gemeinden haben insoweit einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Verfahrensbeteiligung. Denn aus dem Recht der Gemeinde zur koordinierenden Gesamtplanung für ihr Gebiet folgt eine rechtlich durchsetzbare Beteiligtenstellung gegenüber Raumordnungsplanungen, die sich auf die Gestaltung des Gemeindegebiets oder die dafür bestehenden Pläne der Gemeinde auswirken können. 144 Auch materiellrechtlich setzt die kommunale Planungshoheit der Raumordnungsplanung Grenzen, deren Überschreitung zur Folge hat, dass § 1 Abs. 4 BauGB nicht zum Tragen kommt. Von der Gemeinde im Anhörungsverfahren 140

Weber, Gutachten zum 45. DJT, 1964, Band I Teil 5, S. 1. Badura, in: FS für Weber, S. 911 (916). 142 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, S. 329ff. 143 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (335). 144 Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 669: z. B. wird den Gemeinden nach der Rechtsprechung des BVerwG zu § 6 LuftVG durch diese Verfahrensvorschrift ein eigenes subjektives Recht auf Beteiligung und Information eingeräumt: BVerwG, Urteil v. 07. 07. 1978 –4 C 79.76, BVerwGE 56, 110 (137); BVerwG, Urteil v. 11. 12. 1978 –4 C 13.78, in: DÖV 1979, 517 (518); BVerwG, Urteil v. 20. 11. 1987 – 4 C 39.84, in: UPR 1988, 174 (175f.). 141

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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vorgebrachte Einwendungen sind zur Kenntnis zu nehmen und, sofern ihnen nicht Rechnung getragen wird, als „Rechnungsposten“ in die Überlegungen der Landesplanungsbehörde einzustellen und bei der Entscheidung zu erwägen. 145 Die gemeindliche Planungshoheit ist insoweit ein abwägungsrechtlich relevanter Belang in jeder überörtlichen Planung, wenn eine hinreichend bestimmte Planung vorliegt und diese nachhaltig gestört wird. 146 Die betroffenen Gemeinden werden einem überörtlichen Planungszugriff demnach nicht schutzlos preisgegeben. Auszugehen ist hier von dem Gedanken, dass ihnen im Vergleich zu anderen Gemeinden eine Sonderbelastung auferlegt wird. Diese darf zunächst nicht willkürlich sein, sondern muss einen zureichenden Grund in der Wahrung überörtlicher Interessen besitzen. Insoweit genügt nicht jedes überörtliche Interesse. Vielmehr muss der Eingriff in die Planungshoheit der einzelnen Gemeinde gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. 147 Die gemeindlichen Belange dürfen im Wege der Abwägung mithin nur dann zurückgestellt werden, wenn und soweit die der Gemeinde im Vergleich zu anderen Gemeinden auferlegte Sonderbelastung durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht erfordert wird und noch substantieller Raum für eine konkretisierende Bauleitplanung verbleibt. 148 Ob den hinter einer normativen Zielfestlegung stehenden raumordnungsplanerischen Belangen der Vorrang vor der gemeindlichen Autonomie gebührt, hängt von den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalls ab. 149 Die Feststellung der Zulässigkeit raumordnungsplanerischer Einwirkungsbefugnisse auf die kommunale Gestaltungsfreiheit als „naturnotwendiges“ Erfordernis der Planungskonkretisierung im vertikalhierarchisch ausgerichteten System der räumlichen Gesamtplanung enthält indes noch keine Aussage über die verfassungsrechtlichen Grenzen der inhaltlichen Dichte raumordnerischer Ziele. Überörtliche Planungen haben in den letzten Jahren eine Vielfalt und Dichte erreicht, die selbst für den Fachmann kaum mehr zu durchschauen ist. Maßnahmen zur Gesamtordnung des Raumes oder zur Sicherung einzelner Ressourcen, zur Bereitstellung von Flächen für Anlagen von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung oder für die Schaffung überörtlich wichtiger Infrastruktureinrichtungen sind nur einige Beispiele. 150 Diese vielfältigen überörtlichen Planungen und vor allem die zunehmende Konkretisierung ihrer Aussagen entfalten ihre determinierende Wirkung in erster Linie gegenüber den Gemeinden. Je konkreter die überörtlichen Festlegungen sind, de145

BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (335). Birk, in: NVwZ 1989, 905 (910). 147 BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 – 2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (119). 148 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 –4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (335f.) unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 – 2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (119f.). 149 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (336). 150 Brohm, in: DVBl. 1980, S. 653. 146

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

sto stärker wird die gemeindliche Gestaltungsfreiheit beschränkt. Dabei lassen sich hinsichtlich der inhaltlichen Dichte raumordnungsplanerischer Aussagen vier Konkretisierungsstufen unterscheiden, und zwar die übergemeindliche, die gemeindescharfe, die gebietsscharfe sowie die parzellenscharfe Planfestlegung. 151 Als übergemeindlich werden solche Planinhalte gekennzeichnet, die größere, nicht auf den Raum einer Gemeinde beschränkte Gebiete erfassen. Gemeindescharfe Festlegungen nehmen nur die Kommune als solche in Bezug, enthalten sich aber einer innergemeindlichen Zuordnung. Innergemeindlich wirken insoweit nur die gebietsscharfen, d. h. auf einzelne Teile des Gemeindegebiets bezogenen, und die parzellenscharfen Planaussagen, die grundstücksscharf abgegrenzte Flächen mit raumordnerischen Vorgaben belegen. 152 Diese gemeindeinternen, nur bestimmte räumliche Gebiete oder gar einzelne Flächen einer Gemeinde erfassenden Planaussagen stellen das eigentliche Problem der Zulässigkeit eines raumordnungsplanerischen Durchgriffs auf den örtlichen Planungsspielraum dar. 153 Im Gegensatz zu den übergemeindlichen und gemeindescharfen Aussagen, bei denen es sich um den typischen, dem Qualifikationsmerkmal der Überörtlichkeit gerecht werdenden Konkretisierungsgrad raumordnungsplanerischer Entscheidungen handelt, da diese überörtliche Belange zur Ordnung des Gesamtraumes beinhalten, die nicht in die innergemeindliche Gebietsstruktur eingreifen, 154 bewegt sich die Raumordnungsplanung mit innergemeindlich konkretisierten Flächennutzungszuweisungen, die in ihrer Regelungsdichte an die Schärfe der Darstellungen des Flächennutzungsplans heranreichen, jenseits der Grenzen, die ihr durch das Postulat der nur rahmensetzenden Planung gezogen sind. Denn die gemeindliche Gestaltungsmöglichkeit bei der Umsetzung der Raumordnungsziele wird – obwohl die kommunale Ausplanung raumordnerischer Zielvorgaben einen Gesamtakt darstellt 155 – im Falle detaillierter Flächenfestsetzungen sektoral in einem solchen Umfang beschränkt, dass insoweit nur ein Nachvollzug vorgegebener Planung möglich ist, die Bodennutzung in diesem Fall also materiell durch die Raumordnungsplanung, nicht aber durch die nach der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsordnung dazu beauftragte Kommunalkörperschaft bestimmt wird. 156 Damit wird die der Gemeinde vorbehaltene Flächennutzungsplanung erheblich reglementiert. Die Raumordnungsplanung ist als übergeordnete, überörtliche und zusammenfassende Planung zwar gegenüber der gemeindlichen Bauleitplanung vorrangig. Aus 151

Grundlegend: Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 61; Brohm, in: DVBl. 1980, S. 653ff. 152 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 75; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 412. 153 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 75f. 154 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 75; Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 413f. 155 Brocke, Rechtsfragen der landesplanerischen Standortvorsorge für umweltbelastende Großanlagen, S. 151. 156 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 92.

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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ihrer Aufgabenstellung ergeben sich aber gleichzeitig rechtliche Beschränkungen, die es verbieten, die Zielanpassung durch flächendeckende gebiets- oder gar parzellenscharfe Planung, die der Gemeinde jeden Spielraum für bauleitplanerische Flächendispositionen nimmt, als bloßen Anwendungsfall schlichten Normvollzugs zu qualifizieren. Der Raumordnungsplanung kommt keine bodenrechtliche Funktion zu. 157 Während die gesetzlichen Regelungen des Bauplanungsrechts und insbesondere die der Flächennutzungsplanung 158 auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Bodenrecht gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG beruhen, stützt sich das Raumordnungsrecht auf das nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG erlassene Bundesrahmenrecht und auf ergänzende und ausfüllende landesrechtliche Vorschriften. 159 Es schafft im Hinblick auf die örtliche Bauleitplanung, wie dies für eine Planung, der weitere Planungsstufen nachgeordnet sind, typisch ist, Rahmenbedingungen, die tendenziell auf weitere Konkretisierungen angelegt sind. 160 Der Vorbehalt der Rahmengesetzgebung erlaubt dem Raumordnungsrecht aber nicht, die durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Planungshoheit derart auszuhöhlen, dass den Gemeinden kein substantieller Planungsspielraum mehr verbleibt. Der Kerngehalt des Selbstverwaltungsrechts darf durch raumordnungsplanerische Zielvorgaben nicht angetastet werden. Das ist der Fall, wenn die überörtliche Planung den örtlichen Planungsraum so weitgehend abdeckt, dass der Gemeinde für die Zukunft die Möglichkeit zu einer eigenverantwortlichen städtebaulichen Entwicklung nachhaltig verkürzt oder gar gänzlich abgeschnitten wird. 161 Auch wenn der Kernbereich der verfassungsrechtlich geschützten Planungshoheit der Gemeinde unberührt bleibt, unterliegt der Träger der Raumordnung oder der Landesplanung bei einem planerischen Durchgriff auf Gemeindeteile rechtsstaatlichen Beschränkungen. Gebietsscharfe Festlegungen bedürfen insoweit einer 157

BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (334). Auch die Flächennutzungsplanung ist als vorbereitende Bauleitplanung notwendiger Bestandteil des Bodenrechts. Es handelt sich insoweit um eine einheitliche Gesetzgebungsmaterie. Ist der Bundesgesetzgeber zuständig, die Vorschriften für die Aufstellung des verbindlichen Bebauungsplans zu erlassen, weil es sich insofern um „Bodenrecht“ handelt, so ist er auch zuständig vorzuschreiben, dass im Bedürfnisfall vorbereitende Pläne aufgestellt werden. Insofern wird die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG nicht aus Sachzusammenhang begründet, sondern die Materie „Bodenrecht“ wird in der speziellen Richtung auf das Planungsrecht ausgelegt: BVerfG, Rechtsgutachten v. 16. 06. 1954 – 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (425). 159 BVerfG, Rechtsgutachten v. 16. 06. 1954 – 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (424f.). 160 BVerwG, Beschluss v. 20. 08. 1992 – 4 NB 20.91, BVerwGE 90, 329 (334); Brohm, in: DVBl. 1980, 653 (658f.), der insoweit vom Grundsatz der tendenziellen Rahmenplanung spricht. 161 BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (312); Halama, in: FS für Schlichter, S. 201 (219); Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 83f. 158

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

weitergehenden Rechtfertigung als Bindungen, die die Gemeinde nur als solche ergreifen. Zulässig sind sie nur, wenn sie durch ein überörtliches Interesse von höherem Gewicht erfordert werden und nicht mit willkürlichen Sonderbelastungen verbunden sind. 162 Sie müssen zur Zweckerreichung geeignet sein, dem Gebot des geringst möglichen Eingriffs entsprechen und für die anpassungspflichtigen Gemeinden keinen Nachteil herbeiführen, der außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Planungsziel steht. 163 Diese vom BVerfG entwickelten Kriterien umschreiben den aus dem Rechtsstaatsprinzip entwickelten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 164 dessen Beachtung als entscheidendes verfassungsrechtliches Kriterium bei der Prüfung einzelner, den sachlichen Entfaltungsraum der gemeindlichen Planungshoheit berührenden Aussagen der Raumordnungspläne zwischen Zweck und Mittel zur Geltung gebracht wird. 165 Die raumordnungsplanerische Planvorgabe muss also geeignet sein, den angestrebten Zweck zu erreichen (Grundsatz der Geeignetheit). 166 Die von der Raumordnungsplanung gewählten Eingriffsmittel müssen des weiteren erforderlich sein, d. h. unter mehreren möglichen, zur Zweckerreichung gleichermaßen tauglichen Instrumenten darf nur dasjenige gewählt werden, das die geringst einschneidenden Folgen hervorruft (Grundsatz der Erforderlichkeit). 167 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gebietet darüber hinaus, dass Eingriffsmittel und angestrebter Zweck in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen; das Eingriffsmittel des jeweiligen Ziels der Raumordnung darf zur Erreichung des vorgesehenen Zwecks diesem gegenüber also nicht „unangemessen“ sein. Insoweit ist ein Vergleich von Vor- und Nachteilen im Wege der Abwägung Nutzen und Schaden des Eingriffs erforderlich. 168

162 Halama, in: FS für Schlichter, S. 201 (219) unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 – 2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (119). 163 Halama, in: FS für Schlichter, S. 201 (219); BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 – 2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (119f.). 164 BVerfG, Urteil v. 20. 03. 1952 –1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (178, 181); BVerfG, Beschluss v. 12. 07. 1960 –2 BvR 373, 442/60, BVerfGE 11, 266 (274); BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (313); BVerfG, Beschluss v. 23. 06. 1987 –2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (119); BVerfG, Beschluss v. 23. 11. 1988 – 2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (153). 165 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 73 unter Hinweis auf die st. Rspr. des BVerfG seit dem Urteil v. 24. 06. 1969 – 2 BvR 446/64, BVerfGE 26, 228 (241); BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 –2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (313). 166 BVerfG, Beschluss v. 16. 03. 1971 – 1 BvR 52, 665, 667, 754/66, BVerfGE 30, 292 (316); Hinkel, in: NVwZ 1985, 225 (229). 167 Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 74; Hoppe, in: Hoppe / Menke, RuL, Rn. 475. 168 Hinkel, in: NVwZ 1985, 225 (230); Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 74.

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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Aus dem Übermaßverbot und dem kompetenzrechtlichen Grundsatz der Rücksichtnahme folgt, dass überörtliche Festlegungen nach der Zahl wie nach dem Konkretisierungsgrad nur insoweit erfolgen dürfen, als dies im öffentlichen Interesse geboten ist und die Selbstverwaltungsgarantie als Institution nicht verletzt. 169 Grundsätzlich ist hierbei das Postulat von der überörtlichen Rahmenplanung zu beachten. Es ist allerdings nur ein Indiz dafür, dass das Erforderlichkeitsprinzip sowie die Kerngehaltssperre beachtet wird. Im Einzelfall können diese Prinzipien auch bei einer Rahmenplanung verletzt sein. Umgekehrt können selbst gebiets- und parzellenscharfe Festlegungen sich als erforderlich erweisen, ohne die gemeindliche Planungshoheit in ihrem Kernbereich zu beeinträchtigen. 170 Eine Verletzung des Kerngehalts wird sich bei konkreten Festlegungen erst aus ihrer Summe ergeben; sie ist jedoch kaum quantifizierbar. Daraus wird jedenfalls deutlich, dass das Postulat der Rahmenplanung kein unbedingtes Kriterium für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit überörtlicher Planaussagen ist. Es lässt sich allenfalls der Grundsatz formulieren, dass übergeordnete Planungen soweit wie möglich einen Rahmencharakter anzustreben haben, also tendenziell Rahmenplanung sein müssen. 171 Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in seiner Begründung zur Beachtenspflicht nach § 4 Abs. 1 S. 1 ROG darauf hinweist, dass eine Konkretisierung der Ziele der Raumordnung regelmäßig zulässig und sogar geboten sein wird. 172 Im Einzelfall sind dennoch angesichts der Bedeutung der verfassungsrechtlich gewährleisteten kommunalen Selbstverwaltung Verhältnismäßigkeit und Kernbereichssperre zu prüfen. Eine Lösung des materiellen Spannungsverhältnisses zwischen gemeindlicher Selbstverwaltung und übergemeindlicher Planung ist anhand generell abstrakter, für alle Fälle gleichermaßen verbindlicher Kriterien nicht möglich. Die Frage nach der zulässigen Reichweite und Dichte raumordnungsplanerischer Festlegungen kann nach den vom BVerfG entwickelten Maßstäben in der Regel nur im Hinblick auf den konkreten Planungsfall beantwortet werden. 173 3. Das Gegenstromprinzip als Ausdruck der Wechselbeziehungen zwischen Raumordnungsplanung und Flächennutzungsplanung Neben der verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit der übergeordneten raumordnungsplanerischen Einwirkungsbefugnisse findet das Beziehungsgeflecht zwischen Bundes-, Landes- und Regionalplanung einerseits und Bauleitplanung andererseits seine rechtliche Grundlage auch im sog. Gegenstromprinzip. 174 Dieses 169 170 171 172 173

Brohm, in: DVBl. 1980, 653 (658). Brohm, in: DVBl. 1980, 653 (658f.). Brohm, in: DVBl. 1980, 653 (659); ders. in: DÖV 1989, 429 (440). BT-Drs. 13/6392, S. 81. Gierke, in: Brügelmann, § 1 Rn. 412.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

in § 1 Abs. 3 ROG normierte Prinzip ist eines der grundlegenden Prinzipien der Raumordnung, das die wechselseitigen Beziehungen der räumlichen Planung für den Gesamtraum und der räumlichen Planung für die Teilräume behandelt. Es betrifft jedoch nur die Gesamtplanung und damit lediglich die vertikale Dimension der gesamtplanerischen Ebenen von landesweiter und regionaler Raumplanung untereiander und nicht auch deren Verhältnis zu den Fachplanungen. Insoweit unterscheidet sich das Gegenstromprinzip vom rahmenrechtlichen Abstimmungsgebot raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen des § 14 ROG, das auch die horizontale Abstimmung umfasst. 175 Nach dem Gebot des § 1 Abs. 3 ROG soll sich die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraumes einfügen; umgekehrt soll die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraumes die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen. Mit Blick auf die Beachtenspflicht für Ziele der Raumordnung bestimmt § 7 Abs. 5 S. 4 ROG in Ausfüllung dieses Gegenstromprinzips, dass die öffentlichen Stellen i. S.v. § 3 Nr. 5 ROG, also auch die Gemeinden, bei der Aufstellung der Ziele der Raumordnung zu beteiligen sind. Gleichzeitig stellt § 1 Abs. 4 BauGB für die Gemeinden klar, dass eine Anpassungspflicht an die Ziele der Raumordnung bei der Wahrnehmung der kommunalen Planungshoheit im Rahmen der Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen besteht. 176 Das gesetzlich verankerte Gegenstromprinzip begründet insoweit einerseits eine Anpassungspflicht von unten nach oben, andererseits aber auch Beteiligungsrechte der jeweils unteren Planungsträger. Als verwaltungstechnische Verfahrensmaxime fordert es, dass die Planungsträger der verschiedenen Raumeinheiten bei dem kontinuierlichen Planungsprozess durch wechselseitige Rücksichtnahme und Abstimmung eine Harmonisierung der Ordnungen in den Teilräumen sowie des Gesamtraums erzielen. Das Ineinanderfließen und Aufeinanderabstimmen der auf den verschiedenen Planungsstufen verfolgten unterschiedlichen Planungsvorstellungen ist mithin nicht nur für die Gemeinden, sondern insgesamt rechtlich gefordert und Voraussetzung für die Erfüllung der Aufgaben und Leitvorstellungen der Raumordnung. 177 II. Der Einfluss der maßnahmenbezogenen Fachplanung auf den Flächennutzungsplan Von der räumlichen Gesamtplanung, zu der auch die Flächennutzungsplanung gehört, ist die raumbezogene Fachplanung als typisierender Gegenbegriff zu un174 Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 186. 175 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 1 Rn. 98. 176 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 54, 55. 177 Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 43; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 55.

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terscheiden. Fachplanungen sind raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen i. S.v. § 3 Nr. 6 ROG, die im Zuständigkeitsbereich von Bund und Ländern durch Fachstellen vorbereitet und durchgeführt werden. 178 Sie gestalten den Raum unter jeweils einem speziellen Gesichtspunkt: beispielsweise dem des Straßenbaus, der Wasserwirtschaft, der Festlegung von Schutzgebieten für die militärische Verteidigung oder der Landschaftsplanung. 179 Anders als bei der koordinierenden und integrierenden Bauleitplanung geht es bei der Fachplanung um die Planung und anschließende Realisierung eines konkreten Projekts. 180 Dabei vollziehen sich die Fachplanungen in der Regel in einem besonderen Verfahren, dem Planfeststellungsverfahren. Das Planfeststellungsverfahren ist ein streng formalisierter Fall des förmlichen Verwaltungsverfahrens i. S. d. §§ 63ff. VwVfG und endet mit dem Planfeststellungsbeschluss. Hierbei handelt es sich um einen mit sog. Konzentrationswirkung ausgestatteten Verwaltungsakt, der rechtsgestaltend alle öffentlichrechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch das Vorhaben Betroffenen regelt. 181 Der Abschluss durch eine einzelfallbezogene Genehmigung schließt nicht aus, dass, soweit sich Gesamt- und Fachplanungen hinsichtlich der Planungsfläche überschneiden, ein derartiges maßnahmenbezogenes Projekt erheblichen Einfluss auf die räumliche Entwicklung einer Gemeinde haben kann. Beispielhaft hierfür ist die geplante Autobahntrasse, die ein Wohngebiet durchschneidet, die Errichtung eines neuen Flughafens bzw. der Ausbau eines bereits bestehenden Flughafengeländes. In all diesen Fällen steht die raumbezogene Fachplanung inhaltlich der gemeindlichen Bauleitplanung gegenüber. 182 Denn sowohl der Fachplan als auch der gemeindliche Bauleitplan beziehen sich auf denselben räumlichen Bereich und treffen für diesen sogar rechtsverbindliche Regelungen, indem sie ihm eine bodenbeanspruchende Nutzung zuweisen. Die Nutzungsvorstellungen der Gemeinde hinsichtlich der Verwirklichung ihrer städtebaulichen Planung und die des Fachplanungsträgers, der ein raumbeanspruchendes Vorhaben realisieren will, können dabei in Widerstreit geraten. Um die wechselseitige Beziehung zwischen Fachplanung und gesamtgemeindlicher Flächennutzungsplanung darlegen zu können, ist im Folgenden zu untersuchen, welche rechtliche Möglichkeiten der Koordination von Planungen bestehen (1.) und welchen konkreten Stellenwert die kommunale Selbstverwaltungshoheit im Zusammenhang mit den staatlichen Fachplanungen einnimmt (2.).

178 179 180 181 182

Kilian / Müllers, in: VerwArch 89 (1998), S. 25 (29f.). Peine, Öffentliches Baurecht, § 1 Rn. 28. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 49. Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 14. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, S. 49.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

1. Rechtliche Grundlagen der Koordination von Bauleitplanung und Fachplanung Die Pflicht zur Koordination konkurrierender hoheitlicher Planungen folgt sowohl aus dem kompetenzrechtlichen Grundsatz der Rücksichtnahme als auch aus dem Grundsatz der Plankonkordanz. 183 Zwar kann die Aufgabe der Raumbeplanung durch eine Vielzahl von Teilverrichtungen grundsätzlich nur dann effektiv bewältigt werden, wenn die Teilaufgaben klar voneinander abgegrenzt sind, sich wechselseitig ergänzen und sich nicht überschneiden. Doppelzuständigkeiten und Überschneidungen lassen sich aber gerade im Bereich der raumgestaltenden Planung, in dem sich die bundes- oder landesrechtlich geregelten Kompetenzen der verschiedenen Planungsträger auf ein und dasselbe zu beplanende Gebiet beziehen, nicht völlig umgehen. 184 Der Grundsatz der Kompetenzordnung zielt daher darauf ab, eine optimale, widerspruchsfreie Wahrnehmung der einzelnen miteinander kollidierenden Kompetenzen öffentlicher Planungsträger zu ermöglichen. Dies ergibt sich aus dem Gedanken der Einheit der Verfassung, die die Einheit des Staates und seiner Ordnung rechtlich konstituiert. Diese Einheit ist nicht von vornherein und unverrückbar gegeben, sondern muss durch Einigung und Kooperation der verschiedenen Entscheidungszentren immer wieder aufs neue hergestellt werden. 185 Die Kompetenzen der verschiedenen öffentlichen Planungsträger unterliegen insoweit – wie alle Kompetenzen staatlicher Hoheitsträger – einem Gemeinschaftsvorbehalt; sie dienen der einheitlichen Aufgabenbewältigung im Staatsgefüge und müssen im Interesse der Einheitlichkeit ausgeübt werden (kompetenzrechtlicher Grundsatz der Rücksichtnahme). 186 Auch nach dem Grundsatz der Plankonkordanz sollen sich Planungen öffentlicher Träger für ein und denselben räumlichen Bereich im Ergebnis nicht widersprechen oder miteinander kollidieren, sondern möglichst aufeinander abgestimmt sein. 187 Das gebietet das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Rechtsklarheit. Der Grundsatz der Plankonkordanz ist dabei eher als Zielvorgabe oder Leitlinie zu verstehen, welche die Planungsträger zusammenführen, ihre jeweiligen Planungsvorstellungen transparent werden lassen und eine Einflussnahme auf die jeweils andere Planung ermöglichen. 188 Er enthält keine für alle Fälle gleichermaßen verbindliche Regel, sondern findet seinen Ausdruck in den einzelnen gesetzlichen Bestimmungen, die eine Koordination von Bauleitplanung und Fach183 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 43 unter Hinweis auf: Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 6. 184 Brohm, in: DÖV 1983, S. 525. 185 Brohm, in: DÖV 1983, S. 525 (528). 186 Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 6; Brohm, in: DÖV 1983, S. 525 (528). 187 Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 6. 188 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 43.

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planung ermöglichen. 189 Die Koordination erfolgt insoweit sowohl durch formelle, d. h. verfahrensrechtliche, als auch durch materielle, also inhaltliche Elemente. Die formelle Koordination von Planungen beinhaltet dabei die Einbindung der Fachplanungsträger in die Bauleitplanung sowie die Einbindung der Gemeinde als Träger der Bauleitplanung in die Fachplanung und fragt, inwieweit die Gemeinden und Fachplanungsträger bei den Planungsmaßnahmen des jeweils anderen formell zu beteiligen sind (a). Die Regelungen zur materiellen Koordination von Bauleitplanung und Fachplanung enthalten Bestimmungen, die Vorrangrelationen zwischen den einzelnen Planungsarten festlegen (b). 190 a) Die wechselseitige Beteiligung der Gemeinde und Fachplanungsträger im Aufstellungsverfahren Die wechselseitige Beteiligung der Gemeinde und der Fachplanungsträger im Rahmen des Aufstellungsverfahrens dient der Kompensation der Einschränkung von Entscheidungsfreiheiten eines Planungsträgers aufgrund der Planung eines anderen Planungsträgers. Durch die Beteiligung der anderen Planungsträger wird die Kompetenzordnung gewahrt und die Effizienz sowie Rationalität der jeweiligen Planungen gesteigert. 191 Eine konzentrierte Genehmigung darf nur dann erteilt werden, wenn all die Behörden zustimmen, die ohne die Konzentrationsregelung Genehmigungsbehörden wären. Auf diese Weise fließt deren Sachverstand in die Genehmigung ein bzw. wird deren spezifische Legitimation für die Genehmigung nutzbar gemacht. Die diffizile Verteilung der Genehmigungszuständigkeiten und die sich dahinter verbergenden unterschiedlichen Sachkompetenzen und Interessen werden nicht unterlaufen, sondern sind wirksam, wenn auch in anderer Form. Die in diesem Sinne mit einer Einvernehmensverpflichtung verknüpfte konzentrierte Genehmigung gleicht den Verlust an Fachkompetenz durch Wissen und Erfahrung der anhörungsberechtigten Behörden aus. 192 Die kollidierenden Nutzungsansprüche der Planungsträger können so frühzeitig erkannt und noch umfassend bei der Planungsentscheidung berücksichtigt werden. 193 Dies trägt zur Koordination der verschiedenen Planungsinteressen und -bedürfnisse bei und ermöglicht so eine Abstimmung der unterschiedlichen Planungsträger. 194

189

Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 6a; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 43. 190 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 58. 191 Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 484; Jarass, in: DÖV 1978, 21 (25); Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 44. 192 Jarass, in: DÖV 1978, 21 (24f.). 193 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 44; Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 73 Rn. 26ff.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

(1) Die Beteiligung der Fachplanungsträger im bauleitplanerischen Aufstellungsverfahren Bei der Aufstellung oder Abänderung von Flächennutzungsplänen als vorbereitenden Bauleitplänen obliegt der Gemeinde die Pflicht, die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die gemeindliche Planung berührt werden kann, nach § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB zu beteiligen. 195 Diese Beteiligung dient in erster Linie der Beschaffung, Vervollständigung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials (sog. Informationsfunktion). Gleichzeitig ist mit ihr im Rahmen des Aufstellungsverfahrens aber auch die Koordination der verschiedenen abwägungserheblichen Belange verbunden (sog. Koordinationsaufgabe), d. h. die beteiligten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, insbesondere öffentliche Planungsträger, können und sollen ihre eigenen Planungen und Maßnahmen hinsichtlich der verschiedenen Interessen und Bedürfnisse im Planungsprozess überdenken und möglichst mit der Bauleitplanung der Gemeinde abstimmen. 196 In Bezug auf die vorbereitende Bauleitplanung schlägt sich dies zumindest in der Bindung öffentlicher Planungsträger an den Flächennutzungsplan nieder (§ 7 BauGB). Dieser vor allem im Hinblick auf den mit den überörtlichen und örtlichen Fachplanungen verbundene Abstimmungsbedarf erschließt sich insbesondere aus der Koordinations- und Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans, die künftigen Bodennutzungen in der Gemeinde unabhängig von den sie tragenden gesetzlichen Grundlagen darzustellen. § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB enthält in diesem Zusammenhang jedoch keine abschließende Aussage darüber, welche konkreten Fachplanungsträger im einzelnen Bauleitverfahren beteiligt werden müssen. Ausreichend ist vielmehr, dass ein Fachplanungsträger in seinem Aufgabenbereich durch die gemeindliche Bauleitplanung potentiell berührt ist. 197 Welcher Fachplanungsträger von der Bauleitplanung betroffen wird, hängt im Einzelfall vom Inhalt des jeweiligen Bauleitplans und von seinen konkret zu erwartenden Auswirkungen auf die den Trägern öffentlicher Belange kraft Gesetzes zugewiesenen Aufgabenbereiche ab. 198 Maßgeblich ist, dass in räumlicher Hinsicht eine Kollision zwischen den Belangen der Fachplanungen und denen der Bauleitplanung eintreten kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Pla194

Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 142 unter Hinweis auf Battis, in: B / K/L, § 4 Rn. 2; Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), § 6 II 4 b). 195 Weitere formelle Koordinationsregeln finden sich in den §§ 3 Abs. 2, 13 Abs. 2 Nr. 3, 187 Abs. 3, 188 Abs. 2, 205 BauGB. 196 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 56; Krautzberger, in: EZB, § 4 Rn. 1; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 4 Rn. 2. 197 Krautzberger, in: EZB, § 4 Rn. 8; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 66. 198 Battis, in: B / K/L, § 4 Rn. 3; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 66f.

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nung einer bodenbeanspruchenden Maßnahme der Fachplanungsträger durch die anderweitige Verplanung der Fläche in den Darstellungen des Flächennutzungsplans tangiert wird. 199 Die Gemeinde hat die Fachplanungsträger diesbezüglich möglichst frühzeitig zu unterrichten (§§ 4 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1 S. 1 BauGB). Dem gegenüber steht die Pflicht der Fachplanungsträger zur Stellungnahme innerhalb der Monatsfrist des § 4 Abs. 2 S. 2 BauGB. Es handelt sich hierbei um eine echte Rechtspflicht und nicht nur um eine Obliegenheit im eigenen Interesse, deren Verletzung allein Nachteile für den Träger öffentlicher Belange hätte. 200 Ohne den Rechtsanspruch der Gemeinde auf Abgabe der Stellungnahme können die von den Trägern öffentlicher Belange repräsentierten Belange bei Berührtsein nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden, was unter Umständen zur Beeinträchtigung von Gemeinwohlinteressen führt. 201 Äußert sich der Fachplanungsträger nicht oder nicht fristgemäß i. S.v. § 4 Abs. 2 S. 2 BauGB, können die Stellungnahmen, die im Verfahren der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nicht rechtzeitig abgegeben worden sind, bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben, sofern die Gemeinde deren Inhalt nicht kannte und nicht hätte kennen müssen und deren Inhalt für die Rechtsmäßigkeit des Bauleitplans nicht von Bedeutung ist (§ 4a Abs. 6 S. 1 BauGB). (2) Beteiligung der Gemeinde bei Fachplanungen Entsprechende Beteiligungsregelungen, inwieweit die Gemeinden, auf deren Bauleitplanung sich fachplanerische Vorhaben auswirken können, an den Fachplanungen zu beteiligen sind, sind im BauGB nicht enthalten. Sie ergeben sich hauptsächlich aus den einzelnen Fachgesetzen – wie beispielsweise aus § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 LuftVG; § 34 Abs. 1 S. 1 KrW- / AbfG oder aus § 41 Abs. 2 FlurbG – sowie aus dem VwVfG. Ist eine gesetzliche Regelung insoweit nicht normiert und ergibt sich diese auch nicht aus einem Verweis auf das Planfeststellungsverfahren i. S. d. §§ 72 ff. VwVfG, sind die Gemeinden im Hinblick auf die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gesicherte kommunale Selbstverwaltung den staatlichen Planungen und Maßnahmen von Fachverwaltungen aber nicht schutzlos ausgeliefert. Denn in einer umfangreichen Rechtsprechung haben die Gerichte aus der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich gesicherten Planungshoheit das Recht der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften auf Beteiligung bei staatlichen Planungen und Maßnahmen von Fachverwaltungen, die sich auf die kommunalen Aufgaben auswirken können, abgeleitet. Für die Gemeinden sind solche Beteiligungsrechte 199 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 67; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 143. 200 Krautzberger, in: EZB, § 4 Rn. 40; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 70. 201 Krautzberger, in: EZB, § 4 Rn. 40.

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für alle Planungen und Maßnahmen staatlicher Stellen anerkannt, die sich auf die gemeindlichen Planungen und sonstigen Selbstverwaltungsaufgabenbereiche auswirken können. Das Recht auf Beteiligung bezieht sich seinem Gegenstand nach auf Information und Anhörung. 202 b) Inhaltliche Koordination von Flächennutzungsplan und Fachplan Gegenstand der materiellen, d. h. inhaltlichen Koordination von Flächennutzungsplan und Fachplan sind diejenigen fachgesetzlichen und baurechtlichen Regelungen, die den Fachplanungsträgern bzw. der Gemeinde eine Einflussnahme auf die jeweils andere Planung ermöglichen. Dabei geht es letztlich darum, welche Planung sich im Falle einer Kollision von Planungsinteressen in der konkreten Planungssituation durchsetzen kann. 203 Wie sich Fachplanung und vorbereitende Bauleitplanung insoweit auf der Grundlage des einfachen Rechts zueinander verhalten, insbesondere inwiefern einseitige oder wechselseitige Bindungswirkungen bestehen, wird im Folgenden anhand von drei typischen Fallkonstellationen, in denen Fachplanung und Flächennutzungsplanung als vorbereitende Bauleitplanung aufeinandertreffen können, behandelt: 204 1. Die Flächennutzungsplanung trifft auf ein bereits abgeschlossenes Fachplanungsverfahren – sog. „vorlaufende Fachplanung“. 2. Die Fachplanung trifft auf eine bereits abgeschlossene Flächennutzungsplanung – sog. „vorlaufende Flächennutzungsplanung“. 3. Flächennutzungsplan und Fachplan werden zeitgleich parallel entwickelt – sog. „paralleles Verfahren“. (1) Auswirkungen des vorlaufenden Fachplans auf den nachfolgenden Flächennutzungsplan Ist im Hinblick auf das Gemeindegebiet bereits eine konkrete fachplanerische Entscheidung getroffen, so stellt sich die Frage, ob die Gemeinde bei Aufstellung oder Änderung ihres Flächennutzungsplans an einen vorlaufenden Fachplan gebunden ist bzw. inwieweit und auf Grund welcher Vorschriften die bauleitplanerischen Möglichkeiten der Gemeinde dadurch eingeschränkt werden. Regelungen materieller Koordination, die eine Aussage über die Rechtswirkungen der fachplanerischen Entscheidungen für die nachfolgende Flächennutzungsplanung treffen, 202 BVerwG, Urteil v. 14. 02. 1969 – IV C 82.66, in: DVBl. 1969, 362 (363); BVerwG, Urteil v. 07. 07. 1978 –4 C 79.76, BVerwGE 56, 110 (137); Stüer, in: UPR 1998, 408 (412). 203 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 58; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 109. 204 Systematisierung in Anlehnung an Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (609); Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 101ff.

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finden sich insbesondere in den Vorschriften über die nachrichtliche Übernahme in § 5 Abs. 4 BauGB sowie in § 38 BauGB, der die privilegierten Fachplanungen behandelt. 205 (a) Nachrichtliche Übernahme Von Interesse ist insbesondere, ob fachplanerische Entscheidungen in die Flächennutzungsplanung – als eigene Planungen der Gemeinde oder aber nur nachrichtlich – zu übernehmen sind. Eine wichtige Aussage diesbezüglich enthält § 5 Abs. 4 BauGB. Nach § 5 Abs. 4 S. 1 BauGB sollen im Flächennutzungsplan Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sowie nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen nachrichtlich übernommen werden. Inwieweit sich hieraus unmittelbar eine Bindung an die zu übernehmenden Festsetzungen ergibt, ist zu untersuchen. Nachrichtliche Übernahme fachplanerischer Festsetzungen bedeutet die Kenntlichmachung als „Fremdplanung“. 206 Bei diesen Planungen handelt es sich vor allem um solche, die in Planfeststellungsverfahren auf Grund von Fachplanungsgesetzen durch Planfeststellungsbeschluss festgestellt werden. Zu nennen sind hier insbesondere die nach § 38 BauGB privilegierten Fachplanungen, wie die bundesrechtlich vorgesehenen Planfeststellungen nach §§ 17 Abs. 1 S. 1 FStrG, 18 Abs. 1 S. 1 AEG, 1 Abs. 1 MBPlG, 8 Abs. 1 S. 1 LuftVG; 43 Abs. 1 S. 1 EnWG, 28 Abs. 1 S. 1, 41 Abs. 1 PBefG, 31 Abs. 2 S. 1 KrW- / AbfG, sowie § 2 Abs. 1 S. 1 Spur Vers AnlBBG. 207 Ferner sind über die in § 38 BauGB erfassten Fachplanungen hinaus auch Nutzungsregelungen beispielweise nach dem Wasserhaushaltsgesetz (§ 19 Abs. 1 WHG) und dem Natur- und Landschaftsschutzrecht (§§ 12ff. BNatSchG) Gegenstand der nachrichtlich zu übernehmenden fachplanerischen Festsetzungen. Die in der nachrichtlichen Übernahme bestehende Pflicht zur Kenntlichmachung der fachplanerischen Festsetzung als Fremdplanung dient der umfassenden Information über Möglichkeiten der Bodennutzung in den Bauleitplänen der Gemeinde und der Orientierung über die geplante Weiterentwicklung des Gemeindegebietes. 208 Der Hinweis auf bestehende, nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, die sich auf die städtebauliche Entwicklung der Gemeinde auswirken oder deren Kenntnis zum Verständnis der Darstellungen des Flächennutzungsplans beiträgt, 209 bedeutet indes nicht, dass die Planungen oder Nutzungs205 Ausführlich hierzu: Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 111ff. 206 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 69. 207 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 69. 208 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 5 Rn. 47; Gaentzsch, BauGB, § 5 Rn. 28. 209 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 69.

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regelungen Bestandteile des Flächennutzungsplans werden. 210 Weder stimmt die Gemeinde mit der Übernahme der Planung oder Nutzungsregelung dieser Planung zu, 211 noch wird die fachplanerische Festsetzung durch die nachrichtliche Übernahme zu einem eigenen Planungsziel der Gemeinde. 212 Die übernommenen Fachplanungen sind deshalb nicht als eigene Planungen der Gemeinde anzusehen. Dennoch kann die Gemeinde für die betroffenen Flächen keine abweichenden Darstellungen oder Festsetzungen treffen. Sie ist an die Festsetzungen der Fachplanung gebunden. Diese Bindung beruht jedoch nicht primär auf der Pflicht zur nachrichtlichen Übernahme. 213 Die Vorschriften über die nachrichtliche Übernahme sollen als reine Ordnungsvorschriften lediglich der Klarheit und Übersichtlichkeit der Bauleitpläne dienen, nicht aber Kollisionen der verschiedenen Planungen regeln. 214 Das Verhältnis der Flächennutzungsplanung zu vorlaufenden Fachplanungen und die in diesem Zusammenhang rechtliche Bedeutung und Durchsetzungsfähigkeit der fachplanerischen Festsetzungen beurteilt sich vielmehr nach den für sie geltenden fachgesetzlichen Vorschriften. 215 Diese verleihen den zu übernehmenden fachlichen Planungen bereits rechtliche Verbindlichkeit im Außenverhältnis, 216 da nur die „festgesetzten“, also rechtsverbindlichen Planungen in den Flächennutzungsplan aufgenommen werden sollen, nicht aber erst sich anbahnende, zukünftige Festsetzungen. 217 Folglich können die Planungen weder durch den Flächennutzungsplan noch durch den Bebauungsplan nachträglich wieder aufgehoben werden. Es würde dem Gebot der Rechtssicherheit widersprechen, den Flächennutzungsplan im Widerspruch zu bestehenden Planungen zu erlassen. Dafür spricht auch die Existenz des § 7 BauGB, obgleich dieser auf eine bestandskräftige vorlaufende Fachplanung nicht anwendbar ist, 218 und die Rechtfertigung eines Erst-Recht-Schlusses, wonach die Flächennutzungsplanung im Sinne einer Anpassung an die vorgefundene Fachplanung gebunden sei, 219 zu weit gehen würde. 220 210

Söfker, in: EZB, 5 Rn. 70. Schrödter, in: Schrödter, § 5 Rn. 49. 212 Gaentzsch, BauGB, § 5 Rn. 28; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 121. 213 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 123. 214 Schlarmann, Das Verhältnis der privilegierten Fachplanungen zur kommunalen Bauleitplanung, S. 51f. 215 BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 43.81, BVerwGE 68, 311 (313f.); Gaentzsch, BauGB, § 5 Rn. 28; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 124. 216 Söfker, in: EZB, § 5 Rn. 69; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 120, 124. 217 Schlarmann, Das Verhältnis der privilegierten Fachplanungen zur kommunalen Bauleitplanung, S. 52. 218 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (609); Paetow, in: UPR 1990, 321 (323). 219 Paetow, in: UPR 1990, 321 (323). 211

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Die Möglichkeit einer bauleitplanerischen Überwindung des fachlichen Regelungsgehalts ist nach der ganz überwiegenden Ansicht im Hinblick auf § 7 BauGB dennoch ausgeschlossen. Denn wäre die Flächennutzungsplanung nicht mit den fachplanerischen Entscheidungen abzustimmen, bedürfte es der Vorschrift des § 7 BauGB nicht. 221 Im Verhältnis der Flächennutzungsplanung zu vorlaufenden Fachplanungen muss insoweit aus Gründen der Rechtssicherheit die zeitlich frühere Planung den Ausschlag geben. 222 Dieser Grundsatz der zeitlichen Priorität, der eine Ausformung des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 3 GG darstellt und zur Gewährleistung von Rechtsicherheit zeitlich vorangehender Planung Bindungswirkung zuerkennt, 223 beinhaltet, dass die Wirkung einer rechtskräftig verbindlichen Fachplanungsentscheidung, insbesondere eines Planfeststellungsbeschlusses, durch eine nachfolgende, inhaltlich abweichende Flächennutzungsplanung grundsätzlich nicht aufgehoben werden kann. 224 Maßgeblich hierfür ist, dass verbindlichen rechtskräftigen Akten der öffentlichen Gewalt, hier den Planungsentscheidungen der jeweiligen Fachplanungsbehörde, grundsätzlich nach § 75 Abs. 1 und 2 VwVfG Bestandskraft zukommt. Ein Flächennutzungsplan kann daher in keinem Fall – erst recht nicht bei Planfeststellungsbeschlüssen, die mit rechtsgestaltender Wirkung ausgestattet sind und Vertrauensschutz in die Bestandskraft der fachplanerischen Entscheidung gegenüber Dritten entfalten – die Wirkung einer vorherigen Planfeststellung beeinträchtigen. 225 Diesem Vorrang der vorlaufenden Fachplanung trägt die Verpflichtung zur nachrichtlichen Übernahme in § 5 Abs. 4 BauGB Rechnung, ohne jedoch für die Bindung der Flächennutzungsplanung konstitutiv zu sein. Aus der Pflicht zur nachrichtlichen Übernahme wird dennoch die gesetzgeberische Intention deutlich, dass rechtsverbindliche fachplanerische Entscheidungen für die Bauleitplanung verbindlich sind, die Gemeinde sich daher über diese Planungen nicht durch nachträgliche abweichende Planungsentscheidungen hinwegsetzen können. 226

220 So auch Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 111. 221 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 111. 222 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 111; Schlarmann, Das Verhältnis der privilegierten Fachplanungen zur kommunalen Bauleitplanung, S. 40; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 124. 223 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 124; Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 111. 224 Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 206; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 114f. 225 Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 206; Schlarmann, Das Verhältnis der privilegierten Fachplanungen zur kommunalen Bauleitplanung, S. 40; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 114.

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(b) Privilegierte Planfeststellung und nachfolgende Flächennutzungsplanung Besonderheiten weisen Fachplanungen auf, die als Planfeststellungsbeschluss erlassen werden. Für Planfeststellungen, die nach § 38 BauGB privilegiert sind, ergibt sich eine Vorrangigkeit bzw. Bindungswirkung gegenüber der nachfolgenden Flächennutzungsplanung aus dem städtebaulichen Privilegierungstatbestand, der – als spezialgesetzliche Anordnung – allgemeine Grundsätze des Vor- und Nachrangs im Falle kollidierender staatlicher Handlungsformen verdrängt. 227 § 38 BauGB nimmt insoweit jene Fachplanungen bzw. Planfeststellungen von dem bebauungsrechtlichen Grundsatz aus, wonach über die (materielle) Zulässigkeit aller Vorhaben, die von der Regelung des § 29 BauGB erfasst werden, nach Maßgabe und in unmittelbarer Anwendung allein der Vorschriften der §§ 30 bis 37 BauGB zu entscheiden ist. Hieraus folgt zunächst zwar nur, dass eine materielle Bindung der Planfeststellung weder hinsichtlich der §§ 29ff. BauGB noch gegenüber den Festsetzungen eines – verbindlichen – Bebauungsplans eintritt. 228 Damit ist die Vorschrift auf den vorlaufenden Bebauungsplan zugeschnitten, während es hier um die umgekehrte Konstellation der vorlaufenden Planfeststellung geht. Gleichwohl liegt die Überlegung nahe, ob die Privilegierung des Städtebaurechts nicht im Wege eines doppelten Erst-Recht-Schlusses auch für die Figuration des Verhältnisses zwischen bestandskräftigem Planfeststellungsbeschluss und nachfolgender Bauleitplanung Geltung beansprucht. 229 Denn wenn die Vorschrift des § 38 BauGB in unmittelbarer Anwendung einen erheblichen Eingriff in die Geltung städtebaulicher Bestimmungen statuiert, dann muss sie auch für den Fall eines weniger in das Bauplanungsrecht eingreifenden Vorrangs fachlicher Planfeststellung gelten. Letzteres liegt aber vor, wenn im vorlaufenden Bauleitverfahren von dem Regelungsgehalt einer vorgängigen, d. h. abgeschlossenen Planfeststellung nicht abgewichen werden darf. 230 Entfaltet also der vorlaufende Bebauungsplan keine Bindung gegenüber einem nachfolgenden Fachplan, so kann erst recht im umgekehrten Fall der nachfolgende Bebauungsplan keine Bindung gegenüber einem vorlaufenden Fachplan entfalten. 231 Die Bebauungsplanung ist daher an die vorlaufende Planfeststellung nach § 38 BauGB analog bzw. per argumentum a maiore ad minus aus § 38 BauGB gebunden. 232 226 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 124; Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 209; Schlarmann, Das Verhältnis der privilegierten Fachplanungen zur kommunalen Bauleitplanung, S. 39f.; Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (609). 227 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (610). 228 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 38 Rn. 4; Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (610); Runkel, in: EZB, § 38 Rn. 83; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 166. 229 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (610). 230 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (610). 231 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 166; Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 111.

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Die Konsequenz einer gleichsam privilegierungsbedingten Bindung der Bauleitplanung an den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses muss neben der Bebauungsplanung auch die Flächennutzungsplanung erfassen. 233 Zwar ist das Argument, wenn dies für den nach außen gerichteten Bebauungsplan gilt, muss es auch für das nicht nach außen gerichtete, also von vornherein durchsetzungsschwächere Planungsmittel des Flächennutzungsplans gelten, 234 seit der Entscheidung des BVerwG vom 17. 12. 2002 obsolet. Darin hat der erkennende Senat bestätigt, dass der Flächennutzungsplan nicht mehr nur der Steuerung nachfolgender Planungen dient, sondern als Regelung mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit, die bezogen auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Rechtssphäre des Bürgers unmittelbar ausgestaltet, Außenwirkung entfaltet. 235 Der Flächennutzungsplan ist somit im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB mittels indirekter gesetzlicher Regelung zu einem Rechtssatz i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO erhoben worden. Gleichwohl handelt es sich bei dem Institut des Flächennutzungsplans nicht um eine im förmlichen Rechtsetzungsverfahren erlassene Satzung. Wenn aber schon der als Rechtsnorm ergehende Bebauungsplan (§ 10 Abs. 1 BauGB) keine Bindungswirkung gegenüber der vorlaufenden Fachplanung entfaltet, dann muss erst recht der nachfolgende, nicht rechtssatzmäßig ergangene und insoweit durchsetzungsschwächere Flächennutzungsplan ohne Bindungswirkung für die Fachplanung sein. 236 (2) Auswirkungen des vorlaufenden Flächennutzungsplans auf den nachfolgenden Fachplan Der zweiten zu erörternden Konstellation eines Aufeinandertreffens von Fachplanung und vorbereitender Bauleitplanung liegt der – umgekehrte – Fall zugrunde, dass einer bereits abgeschlossenen Flächennutzungsplanung ein Planfeststellungsverfahren nachfolgt. Inwieweit hier die Planfeststellung an die Inhalte der Ortsplanung gebunden ist, wird im Folgenden zu untersuchen sein. Gem. § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BauGB kann die Gemeinde unter Einbeziehung erkennbarer fachplanerischer Belange die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung für das gesamte Gemeindegebiet mittels Flächennutzungsplan festlegen. Hat die Gemeinde ihre planerischen Vorstellungen bereits in Form eines Flächennutzungsplans manifestiert, so hängt die materielle Durchsetzung fachplanerischer Belange davon ab, ob diese Belange 232 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 104; Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (610). 233 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (610); Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 111f. 234 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (610); Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 111f. 235 BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 – 4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (303). 236 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 166.

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mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans konform gehen oder nicht. Ein Konfliktfall entsteht nur dann, wenn eine Fachplanung von den Darstellungen im Flächennutzungsplan abweichen will. 237 Ist dies der Fall, so gilt § 7 S. 1 BauGB. Nach dieser Kollisionsregel haben öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 BauGB beteiligt sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan anzupassen, soweit sie diesem nicht widersprochen haben. Zweck dieser Vorschrift ist es, eine frühzeitige materielle Harmonisierung der von verschiedenen Seiten beabsichtigten Bodennutzung im Gemeindegebiet herbeizuführen. 238 Als eine Folge der Planungshoheit der Gemeinde und damit ihrer Verantwortung für die städtebauliche Ordnung und Entwicklung des Gemeindegebiets im Ganzen 239 löst sie eine Anpassungspflicht für die bei der Bauleitplanung beteiligten öffentlichen Planungsträger aus, die von ihrem Widerspruchsrecht gegenüber dem Flächennutzungsplan keinen Gebrauch gemacht haben. Insoweit ist daher die Frage zu klären, was unter einem öffentlichen Planungsträger als Widerspruchsberechtigten und Anpassungspflichtigen zu verstehen ist – hierzu unter a) –, inwieweit die tatsächliche Beteiligung Voraussetzung für die Anpassungspflicht ist – hierzu unter b) – und inwiefern die Erhebung eines Widerspruchs Einfluss auf die Pflicht zur Anpassung nimmt – hierzu unter c). Im Anschluss daran ist zu untersuchen, welche Wirkung die Anpassungspflicht auf den Planungsträger hat – hierzu unter d). (a) Öffentliche Planungsträger als Adressaten der Anpassungspflicht Die Pflicht zur Anpassung richtet sich an öffentliche Planungsträger, die nach § 4 Abs. 1 BauGB oder § 13 Abs. 2 BauGB am Aufstellungsverfahren des Flächennutzungsplans beteiligt worden sind. Der Begriff der öffentlichen Planungsträger i. S. d. § 7 S. 1 BauGB umfasst dabei diejenigen Rechtsträger, deren Behörden und Stellen als öffentliche Aufgaben raumbedeutsame Planungen, d. h. Planungen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird (§ 3 Nr. 6 ROG), rechtsverbindlich vornehmen. 240 Bei förmlichen, einem Planfeststellungsverfahren unterliegenden Fachplanungen ist hierbei der Träger des Vorhabens, der den Plan einreicht (§ 73 Abs. 1 S. 1 VwVfG), von der für die Planfeststellung zuständigen Behörde (§§ 74 Abs. 1 S. 1, 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG) zu unterscheiden. Die Planfeststellungsbehörde ist insoweit eine vom Träger des Vorhabens unabhängige Behörde. 241 237

Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 145. Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 2; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 146ff. unter Hinweis auf spezialgesetzliche Regelungen, die die Anwendbarkeit des § 7 S. 1 BauGB als allgemeine Koordinationsregelung materieller Art ausschließt; ebenso: Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 64ff. 239 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 1. 240 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 112; Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 2; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 1. 238

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Teilweise wird vertreten, dass allein der Träger des Vorhabens öffentlicher Planungsträger i. S. d. § 7 S. 1 BauGB ist, da ihm die Planung, d. h. die tatsächliche Vorbereitung und Ausarbeitung der Planentwürfe obliegt und er das Planfeststellungsverfahren durch Einreichung des Plans bei der Anhörungsbehörde einleitet. Im Gegensatz zur Planfeststellungsbehörde, die – wenn auch mit Befugnis zur Änderung des vorgelegten Plans – eher die Rolle einer Plangenehmigungsbehörde einnehme, sei der Vorhabenträger materiell in das Verfahren eingebunden. In seinem Aufgabenbereich lägen Errichtung und Betrieb des Vorhabens. Allenfalls dann, wenn ein Planfeststellungsverfahren bereits bei der Planfeststellungsbehörde anhängig sei, könne auch diese öffentlicher Planungsträger i. S. d. § 7 S. 1 BauGB sein und Widerspruch gegen den Flächennutzungsplan erheben. 242 Dem steht die Ansicht gegenüber, dass allein die Planfeststellungsbehörde, nicht aber der Träger des Vorhabens der öffentliche Planungsträger und als solcher anpassungspflichtig und widerspruchsberechtigt ist. Der Vorhabenträger werde an den Flächennutzungsplan nur mittelbar gebunden, da sein Antrag auf Plangenehmigung nur dann Erfolg habe, wenn er sich an die Anpassungspflicht halte. 243 Ihm komme keine Rechtsetzungsbefugnis im Außenverhältnis zu. Zwar werde auch er planerisch bei der Ausarbeitung des Planentwurfs tätig, 244 eine Planung i. S. d. § 7 S. 1 BauGB liege aber erst vor, wenn sie durch den Planfeststellungsbeschluss rechtsverbindlich geworden sei. Dem Planentwurf Rechtsverbindlichkeit zu verleihen, liege aber allein in der Hand der Planfeststellungsbehörde, die die Planungsentscheidung letztendlich treffe und die Verantwortung für die jeweilige Planung trage (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG). 245 Richtigerweise ist bei der Beantwortung der Frage nach dem i. S.v. § 7 S. 1 BauGB zuständigen öffentlichen Planungsträger bei förmlichen Fachplanungen, in denen die Zuständigkeit des Vorhabens in einem Planfeststellungsverfahren mit einem Planfeststellungsbeschluss festgestellt wird, nach dem Zeitpunkt der Anhängigkeit eines Planfeststellungsverfahrens zu differenzieren. Der Träger des Vorhabens ist von Anfang an, die Planfeststellungsbehörde erst ab Anhängigkeit des Planfeststellungsverfahrens bei ihr anpassungspflichtiger und widerspruchsberechtigter öffentlicher Planungsträger. 246 Das Argument, der Träger des Vor241 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 9; Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 92b. 242 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 9; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 4. 243 Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 92b; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 145. 244 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 154. 245 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 154f., 160; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 145f. 246 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 146; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 9; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 4.

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habens könne mangels der Möglichkeit, gegenüber der Gemeinde rechtsverbindliche Festsetzungen zu treffen, nicht als öffentlicher Planungsträger anzusehen sein, überzeugt nicht. Auch ein Bebauungsplan, der nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, bedarf zur Erlangung seiner Verbindlichkeit der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (§ 10 Abs. 2 S. 1 BauGB). Erst die Genehmigung besitzt in verfahrensrechtlicher Hinsicht insoweit rechtsgestaltenden Charakter, als sie im Verhältnis zur Gemeinde den für die Wirksamkeit abschließenden Verfahrensschritt, nämlich die Bekanntmachung, freigibt. 247 Die Plangenehmigung ist also nicht nur Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Bebauungsplan nach § 8 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 BauGB, sondern integrierter und konstitutiver Teil des Verfahrens selbst. Dennoch ist die Gemeinde gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB für diesen Bebauungsplan in alleiniger Verantwortung zuständig und damit Träger der Bebauungsplanung. 248 Dies gilt auch ungeachtet der Tatsache, dass beispielsweise beim Bebauungsplan die Gemeinde die Abwägung vornimmt, bei der Fachplanung aber gerade nicht der Vorhabensträger, sondern die Planfeststellungsbehörde. Die inhaltliche Entscheidung wird letztlich – in den Grenzen des Planfeststellungsantrags – immer von ihr getroffen. Die Bedeutung des Vorhabenträgers im Planfeststellungsverfahren zeigt sich darin, dass dieser von Anfang an der eigentliche materielle Planungsträger i. S. d. § 7 S. 1 BauGB ist. 249 Ihm allein obliegt die Einleitung des Verfahrens, indem er dieses durch einen Antrag auf Feststellung des eingereichten Planentwurfs in Gang setzt und damit die Durchführung des von ihm beabsichtigten Vorhabens anstrebt (§ 73 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Er – und nicht die Planfeststellungsbehörde – ist inso- weit verantwortlich für die Plandurchführung. 250 Erst mit Weiterleitung der Stellungnahme an die Planfeststellungsbehörde gem. § 73 Abs. 9 VwVfG wird diese in das Planverfahren einbezogen. Gem. §§ 74 Abs. 1 S. 1, 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG stellt die Planfeststellungsbehörde den Plan in Form eines Planfeststellungsbeschlusses fest, durch den die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt wird. Die Planfeststellungsbehörde trifft insoweit eine planerische Entscheidung, als ihr bei der Entscheidungsfindung der der Planung notwendigerweise innewohnende Abwägungs- und Gestaltungsspielraum zukommt. Ihr obliegt die Abwägung der entscheidungserheblichen planbetroffenen Belange, die als schöpferischtechnischer Vorgang eine auf den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses zielende Tätigkeit darstellt. 251 Sie ist an Vorentscheidungen und Wertungen des Vorhabenträgers oder der Anhörungs247

Gierke, in: Brügelmann, § 10 Rn. 121. Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 146. 249 So ausdrücklich Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 9. 250 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 146; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 9. 248

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behörde nicht gebunden, sondern kann den eingereichten Plan sogar abgeändert genehmigen. 252 Der Planfeststellungsbehörde muss es daher auch möglich sein, sich Planungsalternativen für ihren Abwägungsvorgang offen zu halten, indem sie die Anpassungspflicht an den Flächennutzungsplan durch Widerspruch verhindert. 253 Soweit also das Planfeststellungsverfahren bei der Planfeststellungsbehörde bereits anhängig ist, kann auch diese öffentlicher Planungsträger i. S. d. § 7 S. 1 BauGB sein. Planfeststellungen, die im Zeitpunkt der Aufstellung eines Flächennutzungsplans bereits abgeschlossen sind, werden von § 7 S. 1 BauGB hingegen nicht erfasst; hier hat sich die Fachplanung mit der ihr zugrunde liegenden Abwägung bereits in einer Planungsentscheidung rechtlich verfestigt. 254 (b) Beteiligung des Fachplanungsträgers gem. § 4 Abs. 1 BauGB bzw. § 13 Abs. 2 BauGB Die Anpassungspflicht öffentlicher Planungsträger nach § 7 S. 1 BauGB bedingt, dass diese zuvor als Träger öffentlicher Belange bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans nach § 4 Abs. 1 BauGB und bei der Änderung oder Ergänzung eines Flächennutzungsplans im vereinfachten Verfahren nach § 13 Abs. 2 BauGB beteiligt worden sind. § 7 S. 1 BauGB fordert keine – gegenüber § 4 Abs. 1 BauGB – qualifizierte Form der Beteiligung. Nicht ausreichend für eine Bindung nach § 7 S. 1 BauGB ist aber, wenn der Fachplanungsträger lediglich nach § 3 Abs. 2 S. 3 BauGB von der öffentlichen Auslegung des Flächennutzungsplanentwurfs benachrichtigt worden ist. Aus der Art der Beteiligung muss für den öffentlichen Planungsträger nämlich erkennbar werden, dass die Gemeinde eine Äußerung zwecks Abstimmung der Bauleitplanung mit fachplanerischen Belangen erwartet. 255 Ist die Beteiligung eines in seinen Belangen von dem Flächennutzungsplan berührten öffentlichen Planungsträgers durch die Gemeinde unterblieben, entfällt für ihn die Anpassungspflicht i. S. d. § 7 S. 1 BauGB. Denn die Pflicht zur Anpassung wird aus dem (bewussten) Unterlassen eines Widerspruchs, d. h. (praktisch) aus dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis 251

Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 153, 154 mit Hinweis auf die st. Rspr. des BVerwG, Urteil v. 14. 02. 195 – IV C 21.74, BVerwGE 48, 56 (59); Urteil v. 10. 02. 1978 –4 C 25.75, BVerwGE 55, 220 (226); Urteil v. 22. 03. 1985 –4 C 15.83, BVerwGE 71, 166 (170f.); Urteil v. 09. 03. 1990 –7 C 21.89, BVerwGE 85, 44 (47). 252 Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 92b; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 154. 253 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 146. 254 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 9. 255 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 10; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 5.

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des öffentlichen Planungsträgers mit dem Flächennutzungsplan hergeleitet. Hiermit wäre es unvereinbar, eine Anpassungspflicht auch dann anzunehmen, wenn der öffentliche Planungsträger in seinen Belangen von dem Flächennutzungsplan zwar berührt, aber in dem Aufstellungsverfahren, sei es auch nur versehentlich, nicht beteiligt worden ist. 256 (c) Kein wirksamer Widerspruch des Fachplanungsträgers Nach § 7 S. 1 BauGB hat ein öffentlicher Planungsträger, der ordnungsgemäß beteiligt worden ist, seine Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als er diesem nicht wirksam widersprochen hat. Die Wirksamkeit des Widerspruchs ist nach dem Wortlaut des § 7 S. 1 BauGB nicht an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Der Widerspruch ist kein Rechtsbehelf, sondern eine formlose, an die Gemeinde zu richtende empfangsbedürftige Erklärung dahingehend, dass der Flächennutzungsplan oder einzelne seiner Darstellungen die vom öffentlichen Planungsträger wahrzunehmenden Belange gar nicht, nicht zutreffend oder unzureichend berücksichtigt. Er ist kein Verwaltungsakt, sondern nur ein gegenüber der Gemeinde erklärter Vorbehalt für abweichende Planungsziele, deren Rechtmäßigkeit erst später, nämlich wenn über die Fachplanung entschieden wird, zu prüfen ist. 257 Die ausdrückliche Bezeichnung der Erklärung als Widerspruch ist nicht erforderlich; für die Gemeinde muss lediglich erkennbar sein, dass der öffentliche Planungsträger abweichende planerische Belange geltend macht und eine Bindung durch den Flächennutzungsplan mit dem von der Gemeinde beabsichtigten Inhalt nicht hinnehmen will. 258 Schon aus diesem Grunde empfiehlt sich, den Widerspruch aus Beweisgründen in schriftlicher Form abzugeben. Ein nur formaler Widerspruch ohne jede Angabe von Widerspruchsgründen genügt nicht, zumal der Widerspruch die Gemeinde veranlassen soll, ihre Planung mit dem Ziel einer Koordinierung der fachplanerischen Belange mit den gemeindlichen Planungsabsichten nochmals zu überprüfen. Insoweit muss der Widerspruch auch konkretisiert werden, weil ansonsten der dem § 7 S. 1 BauGB i.V. m. §§ 4 Abs. 1, 13 Abs. 2 BauGB zukommende Zweck einer Koordinierung zwischen Flächennutzungsplanung und Fachplanung nicht erreicht werden kann. Denn die Gemeinde kann nur aus einem Widerspruch, der den Konflikt konkret bezeichnet, Konsequenzen für den Flächennutzungsplan und die etwaige Änderung des vorliegenden Entwurfs zwecks Koordinierung ziehen. Ein allgemeiner Widerspruch 256 Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 5; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 165. 257 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 12; Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 113. 258 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 12; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 165 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 166.

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ohne eine solche Konkretisierung der kollidierenden Nutzungsansprüche oder gar ein bloßer Vorbehalt ist kein wirksamer Widerspruch i. S. d. § 7 S. 1 BauGB und befreit folglich nicht von der Bindung. 259 Das BauGB enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, von welchem Zeitpunkt ab im Flächennutzungsplanverfahren der Widerspruch eingelegt werden kann. Aus dem Gesamtzusammenhang – § 7 S. 1 BauGB setzt den Widerspruch in Beziehung zu den Beteiligungen – ergibt sich jedoch, dass der Widerspruch bereits ab dem Verfahren der Beteiligung nach § 4 Abs. 1 BauGB, also schon vor Auslegung des Planentwurfs, erhoben werden kann. 260 Hierfür besteht vom Standpunkt des Fachplanungsträgers aus unter Umständen ein dringendes Bedürfnis, weil die der förmlichen Auslegung des Entwurfs des Flächennutzungsplans vorhergehende vorgezogene Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB die Vorklärung gewichtiger, das Planungskonzept beeinflussender Belange der öffentlichen Planungsträger erfordern kann und die Erörterung der Ziele und Zwecke der Planung einschließlich ihrer Auswirkungen auf der Grundlage eines die Belange der Planungsträger nicht berücksichtigenden Konzepts in der Öffentlichkeit und unter deren Druck faktisch vollendete Tatsachen schaffen bzw. das weitere Abstimmungsverfahren stark belasten kann. 261 Nach der durch das BauROG 1998 neu eingefügten Regelung in § 7 S. 2 BauGB ist der Widerspruch spätestens bis zum Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan einzulegen. Damit wird dem Koordinierungsgedanken des § 7 S. 1 BauGB Rechnung getragen, da die Gemeinde nur bis zu diesem Zeitpunkt den Widerspruch noch sachgerecht verarbeiten und eine Änderung des Flächennutzungsplans im laufenden Verfahren vornehmen kann. 262 Aus dieser Zweckrichtung des Widerspruchs einerseits und der Vorschrift des § 7 BauGB andererseits folgt, dass der Widerspruch bis zu dem Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegen muss. Dieser ist als der konkrete Tageszeitpunkt zu verstehen, zu dem der Beschluss tatsächlich gefasst wird, nicht etwa als der Ablauf des Tages, an welchem der Beschluss gefasst werden soll, wie es bei Anwendung von § 31 Abs. 1 VwVfG i.V. m. § 188 Abs. 1 BGB nahe läge. § 188 Abs. 1 BGB kommt zur Bestimmung eines Fristendes aber nur zur Anwendung, wenn die Frist nach Tagen – und nicht wie hier mit der Angabe eines konkreten Ereignisses – bestimmt ist. 263 Ein nach diesem Zeitpunkt eingehender Widerspruch ist nach den Maßstäben des § 7 S. 3 bis 5 BauGB zu beurteilen. 259

Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 12. Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 130a; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 8; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 13. 261 Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 8. 262 BT-Drs. 13/6392, S. 48; Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 10; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 8. 263 Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 10; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 8. 260

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Der nachträgliche Widerspruch unterliegt zusätzlichen strengeren Wirksamkeitsvoraussetzungen: Gem. § 7 S. 3 BauGB haben sich die öffentlichen Planungsträger zunächst unverzüglich mit der Gemeinde ins Benehmen zu setzten, wenn eine Veränderung der Sachlage eine abweichende Planung erforderlich macht. Dies ist zum einen der Fall, wenn sich in der Sphäre des öffentlichen Planungsträgers objektive Umstände bzw. planungserhebliche tatsächliche Grundlagen und Gegebenheiten verändert haben, und zum anderen, wenn im Nachhinein Gegebenheiten zur Kenntnis gelangen, die im maßgeblichen Zeitpunkt der Beteiligung an der Aufstellung des Flächenutzungsplans nicht bekannt waren und bei sorgfältiger Ermittlung auch so nicht hätten bekannt sein müssen. 264 Die Pflicht zum „ins Benehmen setzen“ mit der Gemeinde gem. § 7 S. 3 BauGB bedeutet, dass der öffentliche Planungsträger bei entsprechender Veränderung der Sachlage unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 2 BGB), den Versuch unternehmen muss, im Rahmen einer Abstimmung einen tragfähigen Kompromiss mit der Gemeinde hinsichtlich der divergierenden Planungsziele zu finden. 265 Kann ein Einvernehmen zwischen der Gemeinde und dem öffentlichen Planungsträger nicht erreicht werden, so ist der öffentliche Planungsträger berechtigt, gem. § 7 S. 4 BauGB nachträglich zu widersprechen. Das Erfordernis des erfolglosen Einvernehmens bezieht sich auf die Verhandlungslage zwischen Gemeinde und Fachplanungsträger, nicht auf die nach rechtlichen Maßstäben zu erreichende, objektiv richtige Lösung, auf die vielmehr § 7 S. 5 BauGB abstellt. Erst die Erfolglosigkeit des Koordinierungsversuchs, den S. 4 vorschreibt und der ernsthaft im Bestreben einer einvernehmlichen, d. h. abgestimmten Lösung unternommen werden muss, gestattet dem Fachplanungsträger, nachträglich zu widersprechen. 266 Materiellrechtliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des nachträglichen Widerspruchs ist es, dass die für die abweichende Planung geltend gemachten, fachplanerischen Belange die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebenden städtebaulichen Belange nicht nur unwesentlich überwiegen (§ 7 S. 5 BauGB). Eine Fachplanung ist daher nur rechtmäßig, wenn sie auch die städtebaulichen Belange, insbesondere die sich im Flächennutzungsplan als einem gesamträumlich abgestimmten Bodennutzungskonzept niederschlagenden Belange, entsprechend dem ihnen eigenen Gewicht berücksichtigt. 267 Der Gesetzgeber hat hierdurch die Position des vorbereitenden Bauleitplans gegenüber den Fachplanungsträgern gestärkt. Denn nicht jedes Überwiegen eines fachplanerischen 264 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 19; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 16. 265 Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 19; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 23; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 169; Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 154. 266 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 26. 267 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 27; Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 158.

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Belanges auf Grund einer Veränderung der Sachlage berechtigt zur Abweichung von der gemeindlichen Planung. Die fachplanerischen Belange müssen vielmehr im konkreten Fall eindeutig und deutlich, also zweifelsfrei gewichtiger sein. 268 „Ein nicht unwesentliches Überwiegen“ in diesem Sinne ist ein Weniger gegenüber der positiven Formulierung „wesentlich überwiegen“; ein wesentliches Überwiegen, das zwangsläufig zum Vorrang der fachplanerischen Belange führen muss, wird vom Gesetzgeber nicht gefordert. 269 (d) Rechtsfolgen der Anpassungspflicht nach § 7 S. 1 BauGB Ist der Widerspruch gegen den Flächennutzungsplan unterblieben, bestimmt § 7 S. 1 BauGB für den am Flächennutzungsplanverfahren beteiligten Fachplanungsträger insoweit eine Pflicht zur Anpassung an die Darstellungen des Flächennutzungsplans. Der Begriff des „Anpassens“ im Sinne dieser Vorschrift ist gesetzlich nicht definiert, wird nach überwiegender Ansicht aber dahingehend ausgelegt, dass der öffentliche Planungsträger den Flächennutzungsplan in gleicher Weise zu beachten hat wie die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans. Es gelten die Anforderungen des Entwicklungsgebots nach § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB entsprechend. 270 Demnach besteht keine Pflicht zur schematischen Ab- leitung; vielmehr ist der Fachplanungsbehörde – wie der Gemeinde bei der Umsetzung des Flächennutzungsplans in einen die konkrete Bodennutzung parzellenscharf festlegenden Bebauungsplan – insoweit ein gewisser Gestaltungsspielraum bei der Festlegung der konkreten fachplanerischen Bodennutzung eröffnet, als sie im Rahmen der Planfeststellung die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans nicht in Frage stellt. 271 Der Fachplanungsträger hat seine Planung so zu gestalten, dass sie sich in die Gesamtkonzeption des Flächennutzungsplans einfügt und somit als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt gelten kann. 272 Wann dies der 268

Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 18; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 20. BVerwG, Beschluss v. 18. 12. 1995 –4 NB 8/95, in: NVwZ 1997, 173 (174); Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 20; Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 18. 270 Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 3; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 10; Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (611); Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 4; a. A.: Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 101c, der den Rückgriff auf § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB ablehnt, da dieser bereits aus systematischen Gründen nicht sachgerecht sei. Vielmehr sei der öffentliche Planungsträger an den Flächennutzungsplan in vergleichbarer Weise gebunden wie an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs. 4 BauGB). Im Ergebnis kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn auch nach Ansicht von Gierke ist mit dem Begriff des „Anpassens“ keine starre Bindung des öffentlichen Planungsträgers an alle Einzelheiten des Flächennutzungsplans verbunden, sondern schließt einen gewissen Gestaltungsspielraum in inhaltlicher und räumlicher Hinsicht bei der Entwicklung eigener Zielsetzungen im vorgegebenen Rahmen ein. 271 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (611). 272 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 171; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 10. 269

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Fall ist, lässt sich nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entscheiden. 273 Regelmäßig wird jedoch zu der von der Fachplanung einzuhaltenden Konzeption eines Flächennutzungsplans die Zuordnung der einzelnen Nutzungsregelungen gehören. Unvereinbar mit dem Entwicklungsgebot ist insoweit die Festsetzung einer gegenüber dem Flächennutzungsplan abweichenden Nutzung und die hierdurch bedingte kontradiktorische Nutzungsbestimmung. 274 Im Kollisionsfall hat der Flächennutzungsplan bei unterbliebenem Widerspruch daher grundsätzlich Vorrang vor abweichenden Planungsabsichten des Fachplanungsträgers. Dies gilt allerdings nur im Sinne einer Bindung an die wesentlichen Vorgaben des Flächennutzungsplans und damit an die in ihm zum Ausdruck kommenden städtebaulichen Grundentscheidungen über die Bodennutzung. 275 Die Pflicht zur Anpassung in diesem Sinne beginnt mit der Bekanntmachung, d. h. mit Wirksamwerden des Flächennutzungsplans (§ 6 Abs. 5 S. 2 BauGB), und gilt für privilegierte und nicht privilegierte Planfeststellungen gleichermaßen. 276 Verstößt ein Fachplanungsträger gegen die Anpassungspflicht, führt dies zur Verletzung der kommunalen Planungshoheit der Gemeinde aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, die eine Rechtswidrigkeit des Fachplanungsakts bzw. Planfeststellungsbeschlusses zur Folge hat. Die Anpassung des Fachplanungsträgers an die Flächennutzungsplanung kann die Gemeinde im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage gegen den planfeststellenden Verwaltungsakt gerichtlich durchsetzen. 277 Im Falle des Widerspruchs gegen den Flächennutzungsplan scheidet eine Anpassungspflicht der Fachplanung an den Flächennutzungsplan aus. Die gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG der Gemeinde eingeräumte Planungshoheit verpflichtet dennoch jeden Fachplanungsträger, die im Flächennutzungsplan konkretisierten städtebaulichen Belange im Rahmen seiner fachplanerischen Abwägung zu berücksichtigen. 278 Die Fachplanungsträger sind insoweit zur Rücksichtnahme auf die 273

BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (75). Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (611); Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 172; grundsätzlich: BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74f.). 275 Paetow, in: UPR 1990, 321 (323); Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 7 Rn. 4; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 10. 276 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (615); Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 18; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 12; Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 113. 277 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 114; Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 6; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 7 Rn. 23; Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 173. 278 Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 114f. unter Hinweis auf die Rspr. des BVerwG, Urteil v. 14. 02. 1969 – IV C 215.65, BVerwGE 31, 263 (266); Urteil v. 08. 09. 1972 – IV C 17.71, BVerwGE 40, 323 (329f.); Urteil v. 11. 04. 1986 –4 C 51.83, BVerwGE 74, 124 (132); BVerfG, Beschluss v. 07. 10. 1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (313f.); Löhr, in: B / K/L, § 7 Rn. 15; Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (615). 274

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Planungshoheit der Gemeinden verpflichtet; die Belange der Gemeinde müssen mit den Interessen abgewogen werden, die für das planfestzustellende Vorhaben angeführt werden. 279 Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die städtebaulichen Belange ist in einigen Fachplanungsgesetzen ausdrücklich geregelt (z. B. in § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG). Wo gesetzliche Regelungen fehlen, ergibt sich die Bindung an das Abwägungsgebot aus allgemeinen Grundsätzen der Planung. 280 Die Abwägung ist nicht nur ein dem Wesen rechtsstaatlicher Planung innewohnender Grundsatz, 281 sondern auch Ausdruck eines bestimmten, verfassungsrechtlich verankerten Gemeinwohlverständnisses. 282 Als solches bildet sie die Hauptschranke der planerischen Gestaltungsfreiheit eines Planungsträgers. 283 (3) Auswirkungen im Fall der parallelen Aufstellung von Fachplan und Flächennutzungsplan Nachdem das Verhältnis der Flächennutzungsplanung zur Fachplanung für die Fälle der vorlaufenden Fachplanung und der vorlaufenden Flächennutzungsplanung behandelt wurde, ist nunmehr auf die Konstellation einzugehen, in der die Durchführung der Fachplanung zeitgleich mit der Aufstellung des Flächennutzungsplans erfolgt. In diesem Fall stellt sich insbesondere die Frage nach der Anwendbarkeit der §§ 7, 38 BauGB und insoweit nach dem Umfang der Rechtswirkungen der gemeindlichen Bauleitplanung für die Fachplanung. 284 Grundsätzlich haben öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 BauGB beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem nicht widersprochen haben (§ 7 S. 1 BauGB). Die Pflicht zur Anpassung besteht jedoch nur dann, wenn der Flächennutzungsplan vor dem Planfeststellungsbeschluss bekannt gemacht worden ist, ohne dass Widerspruch eingelegt wurde. Vor seiner Bekanntmachung entfaltet der Flächennutzungsplan keine bindende Wirkung für die Fachplanungen. Diese beginnt erst im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Flächennutzungsplans, also mit Bekanntmachung seiner Genehmigung (§ 6 Abs. 5 S. 2 BauGB). 285 Das Anpassungsgebot i. S. d. § 7 279 Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 18 mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerwG; Braun, Harmonisierung von Bauleitplanung und Fachplanung durch § 7 BauGB, S. 93f. 280 Gierke, in: Brügelmann, § 7 Rn. 18. 281 BVerwG, Urteil v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66, BVerwGE 34, 301 (307). 282 Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 299 unter Hinweis auf Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 67ff. 283 Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 24. 284 So auch Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 208f. 285 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 209; Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (615).

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BauGB wird mithin lediglich im Fall vorlaufender Flächennutzungsplanung ausgelöst, nicht aber für das hier relevante parallele Verfahren von Fachplanung und Flächenutzungsplanung. 286 Soweit die Fachplanungsbehörde im Rahmen der gegenseitigen Beteiligung jedoch Kenntnis von der beabsichtigten Flächennutzungsplanung erlangt, hat sie die darin zum Ausdruck kommenden städtebaulichen Belange in der fachplanerischen Abwägung zu berücksichtigen. 287 Dies gilt insoweit auch für privilegierte Planfeststellungen auf Grund von § 38 BauGB. Sofern die Verfahren der Flächennutzungsplanung und der Planfeststellung zeitlich parallel verlaufen und im Wege der wechselseitigen Beteiligung eine Abstimmung der künftigen Entscheidungsgehalte nicht erreicht werden kann, sind privilegierte Planfeststellungen lediglich einer abwägenden Berücksichtigung der städtebaulichen Belange verpflichtet – und, sofern ein Flächennutzungsplan vor dem Planfeststellungsbeschluss bekannt gemacht worden ist, ohne dass ein Widerspruch eingelegt worden wäre, der Anpassung nach § 7 S. 1 BauGB. 288 2. Kommunale Planungshoheit und privilegierte Fachplanung Im Falle der Kollision einer fachplanerischen Entscheidung mit den in einem Flächennutzungsplan manifestierten Planungsvorstellungen einer Gemeinde lässt sich feststellen, dass die Fachplanung in der Regel in der Lage ist, die nach § 7 S. 1 BauGB vorgesehene Bindung an den Flächennutzungsplan und die darin konkretisierten städtebaulichen Belange der Gemeinde durch eigenes Verhalten im Wege des Widerspruchs zu überwinden. 289 Insbesondere privilegierte Fachplanungen werden gem. § 38 BauGB von der Bindung an die bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich freigestellt. Sie haben Vorrang vor der kommunalen Bauleitplanung, unabhängig davon, ob die Ortsplanung bereits verbindlich ist oder nicht. Einschränkend wirkt insoweit nur § 7 BauGB, wonach im Falle eines gegen den Flächennutzungsplan eingelegten Widerspruchs der Flächennutzungsplan als städtebaulicher Belang in der planfeststellungsbedingten Abwägung zu berücksichtigen ist. 290 286 Entgegen der Ansicht Dörries – Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 148 – ist hiermit nicht auf die Anwendbarkeit von § 7 BauGB an sich zu schließen. Es wird lediglich nach dem Beginn der durch diese Vorschrift ausgelösten Anpassungspflicht gefragt. Der Anwendungsbereich des § 7 BauGB ist zwar unstreitig für bereits beschlossene, aber noch nicht abgeschlossene, d. h. noch nicht bekannt gemachte Flächennutzungspläne eröffnet – denn der Widerspruch ist gem. § 7 S. 2 BauGB bereits bis zum Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan einzulegen -; erst die Bekanntmachung der Genehmigung i. S.v. § 6 Abs. 5 S. 2 BauGB löst dennoch die Pflicht zur Anpassung aus. 287 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 209; Dörries, Das Verhältnis der Bauleitplanung zur raumbeanspruchenden Fachplanung, S. 148. 288 Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (615). 289 Kauch / Roer, Das Verhältnis von Bauleitplanung und Fachplanungen, S. 176f., die insoweit von einem relativen Vorrang sprechen.

A. System der räumlichen Gesamtplanung

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Ein wichtiges Indiz wird im Zusammenhang mit der Freistellung privilegierter Fachplanungen von der Anwendbarkeit der §§ 29 bis 37 BauGB jedoch übersehen: Die Privilegierung umfasst allein die im jeweiligen Fachplanungsgesetz – und gegebenenfalls einschließlich der Regelungen des VwVfG 291 – abschließend umschriebene Aufgabenstellung und Zweckbestimmung eines Vorhabens. Eine darüber hinausgehende Freistellung ist nicht gegeben. Das bedeutet, dass Bauvorhaben, die aus Anlass eines Fachplanungsvorhabens mit errichtet werden sollen, die aber nicht der Aufgabenerfüllung des jeweiligen Vorhabenträgers unterfallen, genauso wenig der kommunalen Planungshoheit entzogen sind, wie die beabsichtigte planfeststellungsfremde Nutzung eines ehemals planfestgestellten Geländes oder Gebäudes. 292 Nach der Neufassung des § 38 S. 1, letzter HS. BauGB greift die Privilegierung zudem nur ein, wenn die Gemeinde beteiligt worden ist und insoweit an der überörtlichen, aber ortsrelevanten Planung mitgewirkt hat. 293 Die von ihr geltend gemachten städtebaulichen Belange und Anforderungen müssen seitens der Planfeststellungsbehörde als wesentlicher öffentlicher Belang in ihre Planungsentscheidung eingestellt werden und sind daher nach Maßgabe von § 38 S. 1, letzter HS. BauGB im Rahmen der fachplanerischen Abwägung zu beachten. 294 Diese insoweit gegebene materielle Berücksichtigungspflicht städtebaulicher Belange ist Folge des Gebots der Beteiligung der Gemeinde, das als eigenständiges formelles Recht der Gemeinden unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung und damit der gemeindlichen Planungshoheit i. S.v. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet wird. 295 Die Entscheidungsbefugnis der Planfeststellungsbehörde über die Zulässigkeit von Vorhaben ihres Aufgabenbereichs darf insofern nicht dazu führen, ortsplanerische Belange zu negieren. 296 Ist dies dennoch der Fall, führt die Nichtbeachtung der städtebaulichen Belange zu einer Verletzung der verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit der Gemeinde, und kann von dieser im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden. 297 Im Ergebnis ist ein Konkurrenzverhältnis zwischen institutionell garantierter Planungshoheit i. S.v. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und privilegierter Planfeststellung nicht festzustellen. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung des BVerwG bieten 290

Koch, in: FS für Schlichter, S. 461 (465); Erbguth, in: NVwZ 1989, 608 (615). Vgl. § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG: „... Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen ...“. 292 Birk, in: NVwZ 1989, 905 (909). 293 Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 38 Rn. 16. 294 Runkel, in: EZB, § 38 Rn. 83; Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 38 Rn. 16; Löhr, in: B / K/L, § 38 Rn. 8. 295 Siehe oben 4. Kapitel, A. II. 1. a) (2); Runkel, in: EZB, § 38 Rn. 69. 296 Löhr, in: B / K/L, § 38 Rn. 8 unter Hinweis auf Kerkmann, in: BauR 2004, 275 (276) und BVerwG, Urteil v. 04. 05. 1988 – 4 C 22/87, in: NJW 1989, 242 (243). 297 Vallendar, in: UPR 2003, S. 41ff. 291

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

vielmehr ein geschlossenes System der Einbindung der kommunalen Planungshoheit in die überörtliche Fachplanung: 298 Die Gemeinden stehen einem fachplanerischen Vorhaben, dessen Zweckbestimmung mit den Darstellungen oder Festsetzungen ihrer eigenen Planung unvereinbar ist, nicht schutzlos gegenüber. Vielmehr können sie sich unter dem Gesichtspunkt der gemeindlichen Planungshoheit gegen eine Fachplanung auf ihrem Gebiet wehren. Ihre Planungshoheit vermittelt den Gemeinden insofern eine wehrfähige, im Wege der Abwägung nicht überwindbare Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen, wenn das Vorhaben nachhaltig im Sinne unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art eine hinreichend bestimmte Planung der Gemeinde – die allerdings nicht verbindlich in Form eines Bebauungsplans sein muss – stört oder wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde entzieht oder erheblich gemeindliche Einrichtungen beeinträchtigt. 299 Hat der Fachplanungsträger diese Grenze überschritten, verletzt dieser Eingriff die Gemeinde in ihrer Planungshoheit. Bleibt der Eingriff unterhalb dieser Schwelle, hat die Gemeinde dennoch einen Anspruch darauf, dass ihre Planungshoheit als öffentlicher Belang mit dem ihr zukommenden Gewicht abwägend berücksichtigt wird. 300 Aus dieser in § 38 S. 1, letzter HS. BauGB normierten Berücksichtigungspflicht städtebaulicher Belange folgt zugleich ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Verfahrensbeteiligung, soweit sich überörtliche Planungen auf die Gestaltung des Gemeindegebiets oder auf bestehende Pläne auswirken können. Die Gemeinde kann sich aber nicht nur gegen eine Fachplanung auf ihrem Gebiet, sondern auch gegen ein Vorhaben außerhalb ihres Gemeindegebietes wehren, sofern von diesem derartige Auswirkungen auf ihre eigene gemeindliche Planung ausgehen. 301 Außerdem kann die Gemeinde eine Verletzung der Planungshoheit als sog. „Zwangspunkt-Betroffene“ geltend machen. Dies ist dann der Fall, wenn sich das beabsichtigte fachplanerische Projekt nicht im Bereich des planfestgestellten, sondern erst im nachfolgenden Abschnitts auf das Gemeindegebiet auswirkt. Der planfestgestellte Abschnitt setzt einen Zwangspunkt in der Weise, dass die Fortführung des Projekts – beispielsweise einer Autobahn – über das Abschnittsende hinaus unvermeidbar auf das Gebiet der Gemeinde zuläuft, die Fortsetzung der Planfeststellung für den Autobahnabschnitt also zwangsläufig durch einen räumlichen Bereich führen wird, in dem die Gemeinde Siedlungsabsichten verfolgt, und die im einzelnen bereits konkretisierte und verfestigte gemeindliche Planung durch die Fachplanung gänzlich verhindert oder grundlegend behindert wird. 302 298

So auch Birk, in: NVwZ 1989, 905 (910). BVerwG, Urteil v. 11. 04. 1986 –4 C 51.83, BVerwGE 74, 124 (132); Urteil v. 16. 12. 1988 –4 C 40.86, BVerwGE 81, 95 (106); Urteil v. 15. 12. 1989 – 4 C 36.86, BVerwGE 84, 209 (215). 300 Vallendar, in: UPR 2003, 41 (42); Birk, in: NVwZ 1989, 905 (910). 301 BVerwG, Urteil v. 15. 12. 1989 – 4 C 36.86, BVerwGE 84, 209 (215). 299

B. System der städtebaulichen Planung

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B. Der Flächennutzungsplan im System der städtebaulichen Planung Das System der städtebaulichen Planungen unterscheidet unter systematischen Gesichtspunkten grundsätzlich zwischen interkommunaler und kommunaler Planungskoordination. Bei der Bauleitplanung handelt es sich zunächst um eine formelle städtebauliche Planung auf örtlicher Ebene. Sie ist formell und materiellrechtlich nach den Bestimmungen des Städtebaurechts aufzustellen, zu ändern, zu ergänzen und aufzuheben. 303 Der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan enthält dabei in einem das ganze Plangebiet erfassenden Grundkonzept die Darstellungen über die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB). Ähnlich seiner vertikalhierarchischen Einbindung in das System der räumlichen Gesamtplanung bestehen für die Flächennutzungsplanung auch auf der örtlichen Ebene weitreichende Verflechtungen mit anderen städtebaulichen Planungen sowohl im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit (I.) als auch in Bezug zu anderen gemeindeeigenen Planungen (II.). Voraussetzung ist, dass durch sie oder auf ihrer Grundlage auf die Bodennutzung eingewirkt wird. 304 I. Das Verhältnis des Flächennutzungsplans im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit Die den Gemeinden gem. Art. 28. Abs. 2 S. 1 GG garantierte Planungshoheit und damit die entsprechenden Hoheitsbefugnisse sind nur rein rechtlich, nicht jedoch tatsächlich auf das Gemeindegebiet beschränkt. Die kommunale Bauleitplanung hat entgegen ihrer rein formalrechtlichen Eingrenzung einen erheblichen faktischen Einfluss auf die Gebiete angrenzender Planungsträger. 305 Für die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten, Überschneidungen und häufig auch Interessenkonflikte ist die Eingemeindung kein generell taugliches Mittel, da die überörtlichen Beziehungen derart weit gesteckt sind und mit der Veränderung wirtschaftlicher und technischer Gegebenheiten solchen Wandlungen unterliegen, dass eine absolute und permanente Deckungsgleichheit nicht erreicht werden kann. 306 Angesichts der zunehmenden Verflechtungen in den Bereichen des Woh302

BVerwG, BVerwG, Urteil v. 21. 03. 1996 – 4 C 26.94, BVerwGE 100, 388 (392f.). Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 189. 304 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 61. 305 Kilian / Müllers, in: VerwArch 89 (1998), 25 (36). 306 Blume, Mitwirkungsbefugnisse benachbarter Gemeinden bei der Bauleitplanung, S. 40. 303

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

nens, des Arbeitens und der Wirtschaft, aber auch vorhandener oder zu entwickelnder naturräumlicher Gegebenheiten besteht die Lösung vielmehr in einem sinnvollen Ausgleich zwischen den Nutzungsrechten der planenden Gemeinde und den Abwehrrechten der Nachbargemeinde durch nachbarschaftliche Planungskoordination. 307 Das BauGB enthält in den Vorschriften §§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 1, 4a Abs. 5, 204 Abs. 1 S. 1, 205 Abs. 1 BauGB zu diesem Zweck ein abgestuftes System zwischengemeindlicher Abstimmungsverfahren und -instrumentarien bereit. Die Grundregel zur Herstellung des notwendigen Ausgleichs enthält § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, nach dem die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen sind. Dem objektivrechtlichen Abstimmungsgebot entspricht subjektivrechtlich ein Anspruch der Gemeinde. Keine Gemeinde muss hinnehmen, dass ihre Planungshoheit durch fremde Planungen verletzt wird, genauso wenig braucht sie hinzunehmen, durch eine Maßnahme der planenden Gemeinde mit unzumutbaren Planfolgekosten belastet zu werden. Dies entspricht dem Grundsatz, dass die Planungshoheit gegenüber allen sie berührenden, fremden Planungen wehrfähig ist. 308 Zur Bewältigung der ihnen nach dem BauGB obliegenden Aufgaben hat der Gesetzgeber den Gemeinden somit die Möglichkeit eingeräumt, durch interkommunale Kooperation gemeinsame Planungsziele in einem größeren Planungsraum wirksam zu verfolgen. 309 Besondere Bedeutung kommt hierbei der Flächennutzungsplanung zu, denn hier treten die Verflechtungen mit den benachbarten Gemeinden, aber auch im überörtlichen Kontext – und zwar in Bezug auf die regionale Entwicklung – in besonderem Maße nach außen. Zwar ist der Flächennutzungsplan nach § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB grundsätzlich von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen, doch hat der Gesetzgeber unterschiedliche Ausprägungen der interkommunalen Zusammenarbeit an mehreren Stellen des Städtebaurechts verankert und diese den Gemeinden in dem o. g. abgestuften System zur Verfügung gestellt: 310 Während auf der ersten Stufe jede Gemeinde verpflichtet ist, ihre Bauleitpläne in materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht mit den vorhandenen oder in Aufstellung befindlichen Bauleitplänen benachbarter Gemeinden abzustimmen (§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB), wird der gemeinsame Flächennutzungsplan i. S.v. § 204 Abs. 1 S. 1 BauGB auf der zweiten Stufe der gemeindenachbarlichen Planungskoordination als eine institutionalisierte, über die gemeindenachbarliche Abstimmungspflicht hinausgehende Form der zwischengemeindlichen Zusammenarbeit angesehen (1.) – wobei diese Stufen nicht in einer zwingenden Abfolge stehen. Bei der Aufstellung des gemeinsamen Flächennutzungsplans bleiben die planungsrechtlichen Zuständigkeiten der be307 Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 8; Blume, Mitwirkungsbefugnisse benachbarter Gemeinden bei der Bauleitplanung, S. 40. 308 Blume, Mitwirkungsbefugnisse benachbarter Gemeinden bei der Bauleitplanung, S. 40f. 309 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 658. 310 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 658, 660.

B. System der städtebaulichen Planung

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teiligten Gemeinden zwar grundsätzlich unberührt. Über die bloße Abstimmung hinaus werden ein stärkerer Koordinierungseffekt und zusätzliche Bindungen aber insofern erzielt, als der gemeinsame Flächennutzungsplan nur durch ein abgestimmtes Verfahren beschlossen werden kann und Änderungen oder Ergänzungen des Plans regelmäßig nur gemeinsam vorgenommen werden dürfen. 311 Die stärkste, sich von der Verantwortlichkeit der einzelnen Gemeinde für die Planung entfernende Stufe stellt jedoch die Bildung eines Planungsverbandes i. S.v. § 205 BauGB dar. 312 Dieser ist, was die Beschränkung der einzelgemeindlichen Planungshoheit betrifft, gleichsam die dritte Stufe im System interkommunaler Zusammenarbeit (2.). Im Rahmen der gemeindenachbarlichen Planungskoordination wird die Bauleitplanung insoweit rechtlich und organisatorisch durch gemeinsame zusammengefasste Bauleitplanung konzentriert, als sich die betroffenen Gemeinden, die in einem Konkurrenzverhältnis hinsichtlich der verschiedenen Belange stehen, entweder zu einem freiwilligen Planungsverband i. S.v. § 205 Abs. 1 BauGB oder als Zwangsverband i. S.v. § 205 Abs. 2 und 3 BauGB zusammenschließen. 313 Die Formen der übergemeindlichen Kooperation werden ergänzt um einige grundlegende Ausführungen zum Regionalen Flächennutzungsplan, der in § 9 Abs. 6 ROG als neu geschaffenes Planungsinstrument vor allem in Verdichtungsgebieten zum Einsatz kommt und durch Zusammenführung der überörtlichen und örtlichen Planungsebenen zur Bewältigung der Stadt-Umland-Problematik beitragen soll (3.). 314 Weitere Stufen sind die Übertragung der einer einzelnen Gemeinde nach dem BauGB obliegenden Aufgaben auf einen Verband, an dessen Willensbildung die Gemeinde beteiligt ist (§ 203 Abs. 1, 2. Alt. BauGB), oder auf eine andere Gebietskörperschaft (§ 203 Abs. 1, 1. Alt. BauGB), jeweils durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit der Gemeinde, und schließlich die allgemeine Übertragung solcher Aufgaben auch ohne förmliche Zustimmung der Gemeinde auf Verbandsgemeinden oder andere gesetzliche Gemeindezusammenschlüsse durch Landesgesetz (§ 203 Abs. 2 S. 1 BauGB). 1. Der gemeinsame Flächennutzungsplan Der gemeinsame Flächennutzungsplan i. S.v. § 204 Abs. 1 S. 1 BauGB zählt nach den oben gemachten Ausführungen als Teil des Stufensystems nachbargemeindlicher Zusammenarbeit zu den Vorschriften, die es ermöglichen, die Planungshoheit der einzelnen Gemeinde zu beschränken, um einem erhöhten 311

Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 3. Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 204 Rn. 1; Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 3. 313 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 3. 314 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 660; Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 67. 312

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

Koordinierungsbedarf gerecht zu werden. 315 Soweit die Pflichten der Gemeinden zur formellen und inhaltlichen Abstimmung ihrer Bauleitpläne nach § 2 Abs. 2 BauGB und § 4 BauGB nicht ausreichen und sich die Gemeinden auch nicht für die Bildung eines Planungsverbandes nach § 205 Abs. 1 BauGB entscheiden können, steht der gemeinsame Flächennutzungsplan als ein weiteres Koordinationsinstrument zur Verfügung. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen dem gemeinsamen Flächennutzungsplan im engeren Sinne, der von den benachbarten Gemeinden für die gesamte Fläche aufgestellt wird (§ 204 Abs. 1 S. 3, 1. HS. BauGB), und dem gemeinsamen Flächennutzungsplan, der sich nur auf einzelne räumliche oder sachliche Teilbereiche erstreckt (§ 204 Abs. 1 S. 3, 2 HS. BauGB). Die von grenzüberschreitenden Planungsproblemen betroffenen Gemeinden können sich in einer dritten Variante zudem darauf beschränken, für bestimmte Darstellungen eine öffentlichrechtliche Vereinbarung abzuschließen (§ 204 Abs. 1 S. 4 BauGB). 316 Das Kriterium der Nachbargemeinde ist grundsätzlich immer dann erfüllt, wenn gemeinsame Grenzen vorhanden sind. 317 Dies stellt jedoch keine zwingende Anforderung dar. Vielmehr ist – genau wie im nachbargemeindlichen Beteiligungsverfahren nach § 2 Abs. 2 BauGB – auch für nicht direkt angrenzende Gemeinden darauf abzustellen, ob deren örtliche, private oder öffentliche Belange durch die Bauleitplanung einer anderen Gemeinde berührt werden können. 318 Dabei ist es unerheblich, ob die Gemeinden im Zuständigkeitsbereich verschiedener höherer Verwaltungsbehörden oder in unterschiedlichen Bundesländern liegen. Die Zuständigkeit für die Genehmigung des gemeinsamen Flächennutzungsplans richtet sich dann nur nach § 203 Abs. 4 BauGB. Wesentliche Voraussetzung für die Aufstellung eines gemeinsamen Flächennutzungsplans ist aber der Bedarf benachbarter Gemeinden, ihre Planung auf eine gemeinschaftliche Grundlage zu stellen. 319 Die Notwendigkeit einer koordinierten Planung besteht nach § 204 Abs. 1 S. 1 BauGB dann, wenn die städtebauliche Entwicklung der benachbarten Gemeinden wesentlich durch gemeinsame Voraussetzungen und Bedürfnisse bestimmt wird oder ein gemeinsamer Flächennutzungsplan einen gerechten Ausgleich der verschiedenen Belange ermöglicht. Diese sehr abstrakt gehaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe werden durch § 204 Abs. 1 S. 2 BauGB konkretisiert. 320 Nach den hier beispielhaft angeführten Anwendungs315

Battis, in: B / K/L, § 204 Rn. 1. Schrödter, in: Schrödter, § 204 Rn. 1; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 661f. 317 Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 24; Battis, in: B / K/L, § 204 Rn. 2; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 162. 318 Battis, in: B / K/L, § 204 Rn. 2; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 665; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 162. 319 Schrödter, in: Schrödter, § 204 Rn. 3. 320 Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 25; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 663. 316

B. System der städtebaulichen Planung

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voraussetzungen soll ein gemeinsamer Flächennutzungsplan insbesondere dann aufgestellt werden, wenn die Ziele der Raumordnung 321 oder wenn Einrichtungen und Anlagen des öffentlichen Verkehrs (z. B. ÖPNV-Konzeptionen oder gemeinsame Straßenbauten), sonstige Erschließungsanlagen (z. B. Lärmschutzanlagen) sowie Gemeinbedarfs- oder sonstige Folgeeinrichtungen (z. B. Schulen, Müllbeseitigungsanlagen oder Kläranlagen) eine gemeinsame Planung erfordern; mithin also ein erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen den benachbarten Gemeinden vorliegt. Darüber hinaus können sich die geforderten gemeinsamen Voraussetzungen und Bedürfnisse, die die städtebauliche Entwicklung beeinflussen, auch aus bestimmten örtlichen, geographischen und wirtschaftlichen Aspekten ergeben. Hierzu zählt neben der Zugehörigkeit zur gleichen geographischen oder landschaftlichen Einheit (Lage an demselben See, in demselben Tal, im selben Erholungsgebiet oder im Gebiet von umfangreichen Bodenschätzen) auch die Zugehörigkeit zu demselben hydrographischen System (Wasserabflussgebiet) sowie zur gleichen Wirtschaftsregion oder auch das bauliche Zusammenwachsen der Gemeinden. 322 Soweit sich auf Grund dieser Gegebenheiten Interessenlagen ergeben, die einer städtebaulichen Steuerung bedürfen, beispielsweise im Hinblick auf die Steuerung des Fremdenverkehrs, der wasserbaulichen Abstimmung oder der Sicherung bzw. Schaffung von Grünpufferzonen sowie der Steuerung von gewerblichen Ansiedlungsvorhaben, ist eine gemeinsame Planung erforderlich. 323 Der wichtigste Grund, aus dem sich der städtebauliche Planungsbedarf im Sinne eines erhöhten Abstimmungsbedürfnisses ergibt, dürfte aber in dem im Ballungsgebiet vorherrschenden Siedlungsdruck liegen. 324 Mit zunehmender Siedlungsverdichtung eines Raumes reicht die regelmäßig erforderliche gegenseitige Unterrichtung und Abstimmung nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gerade im Hinblick auf die Flächenkoordinierung durch die Raumordnung nicht mehr aus, wenn wegen ihrer grundsätzlichen Grobmaschigkeit gegenüber der detaillierteren Planung durch den vorbereitenden Flächennutzungsplan – beispielsweise hinsichtlich Art und Maß der Nutzung und besonderen Standortzuweisungen – eine gemeinsame Flächennutzungsplanung erforderlich wird. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass das von jeder Gemeinde zu beachtende Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB nicht genügt, um den Zielen der Raumordnung gemeindeübergreifend Geltung zu verschaffen. Soweit daher die übergeordnete Planung die von den Gemeinden zu beachtenden Planungsziele nicht räumlich konkret festlegt und bestimmt, was darin an Nutzungen zulässig sein soll und was nicht, bedarf es im Fall der Siedlungsexpansion in einem einheitlichen naturräumlichen Bereich in aller Regel 321

Siehe dazu oben 4. Kapitel, A. I. 1. a) (1). Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 163. unter Hinweis auf Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 25. 323 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 163. 324 Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 26. 322

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

einer gemeinsamen Flächennutzungsplanung der in diesem Bereich gelegenen Gemeinden. 325 Der gleiche Koordinierungsbedarf besteht auch dann, wenn anders als in § 204 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BauGB die Interessen der benachbarten Gemeinden auseinander gehen und die verschiedenen Belange nunmehr durch den gemeinsamen Flächennutzungsplan zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden (§ 204 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BauGB). Dies ist beispielsweise bei Gemeinden mit deutlich unterschiedlicher Wirtschafts- und Siedlungsstruktur der Fall, 326 etwa wenn die städtebaulichen Entwicklungsabsichten der einen Gemeinde eine fremdenverkehrliche Entwicklung im Vordergrund sehen, die der benachbarten Gemeinde aber in gewerblichindustrieller Entwicklung ihre Zielsetzung finden, 327 oder wenn die gemeindliche Nachbarschaft durch einen Wettbewerb um Einwohner, Betriebe und Infrastruktureinrichtungen gekennzeichnet ist. 328 Liegen die besonderen Voraussetzungen des § 204 Abs. 1 S. 1 und 2 BauGB vor, steht der Aufstellung eines gemeinsamen Flächennutzungsplans nichts entgegen. Dies gilt auch, wenn in einer der benachbarten Gemeinden die allgemeinen Voraussetzungen für die Aufstellung eines Flächennutzungsplans i. S. d. §§ 1 Abs. 3, 8 Abs. 2 S. 2 BauGB nicht erfüllt sind. 329 § 204 Abs. 1 S. 1 BauGB begründet insoweit eine Pflicht zu gemeinsamer Flächennutzungsplanung. Daran ändert auch nichts, dass es sich bei § 204 Abs. 1 S. 1 BauGB nur um eine sog. SollVorschrift handelt. Dies bedeutet lediglich, dass die Aufstellungspflicht jenseits von Regelfällen Ausnahmen kennt. 330 Die Aufstellungspflicht für den Regelfall setzt vielmehr voraus, dass einerseits die Voraussetzungen für eine gemeinsame Flächennutzungsplanung – sei es auch nur für räumliche oder sachliche Teilbereiche (§ 204 Abs. 1 S. 4 BauGB) – gegeben sind und andererseits die gemeinsame Flächennutzungsplanung das geeignete Mittel ist, die gemeinsamen Voraussetzungen und Bedürfnisse oder den gerechten Ausgleich der verschiedenen Belange planerisch zu bewältigen. 331 Dies ergibt sich aus § 204 Abs. 1 S. 2 BauGB. Danach müssen die Ziele der Raumordnung oder großflächige Infrastruktureinrichtungen eine gemeinsame Planung erfordern. Ist dies nicht der Fall, d. h. können die gemeinsamen Probleme benachbarter Gemeinden auf andere Weise als durch eine gemeinsame Flächennutzungsplanung mit zumindest vergleichbarem Erfolg gelöst werden, fehlt es an einer der Voraussetzungen der Aufstellungspflicht. In Betracht kommen insoweit die vielfältigen Möglichkeiten interkommunaler 325

Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 26. Battis, in: B / K/L, § 204 Rn. 3. 327 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 666. 328 Schrödter, in: Schrödter, § 204 Rn. 4. 329 Battis, in: B / K/L, § 204 Rn. 4. 330 BVerwG, Urteil v. 08. 09. 1972 – IV C 17.71, BVerwGE 40, 323 (330); Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 34. 331 Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 34. 326

B. System der städtebaulichen Planung

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Zusammenarbeit im Rahmen des Zweckverbandsrechts bzw. privatrechtlicher Gesellschaftsformen. 332 Gerade die Bildung von Zweckverbänden, die einzelne Aufgaben mit starkem interkommunalem Handlungsbedarf eigenständig regeln, wie die Wasserbeschaffung, die Abwasser- oder Abfallbeseitigung bzw. dessen Wiederverwendung oder den ÖPNV, reicht oftmals aus, um das zwischengemeindliche Koordinierungsproblem außerhalb der Flächennutzungsplanung zu lösen. Grund hierfür ist, dass die interkommunale Abstimmung in diesen Fällen aufgabenspezifisch, nicht eingebettet in eine räumliche Gesamtplanung, angegangen wird. 333 Die von der gemeinsamen Flächennutzungsplanung ausgehenden Bindungen i. S.v. § 204 Abs. 1 S. 3, 2. HS. BauGB gehen über diejenigen hinaus, die jedem Flächennutzungsplan innewohnen, wie die Anpassungspflicht der öffentlichen Planungsträger nach § 7 BauGB oder das Entwicklungsgebot für die gemeindliche Bebauungsplanung nach § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB. Die zusätzliche Bindung eines gemeinsamen Flächennutzungsplans besteht in der durch den Plan vollzogenen sachlichrechtlichen Einordnung der von den Einzelgemeinden beabsichtigten Art der Bodennutzung in die nachbarschaftlichen Zusammenhänge. 334 Eine derartige Koordination interkommunaler Verflechtungen zwischen den einzelnen Gemeinden erfordert, dass der gemeinsame Flächennutzungsplan von den beteiligten Gemeinden nur gemeinsam aufgehoben, geändert oder ergänzt werden kann (§ 204 Abs. 1 S. 3. 1. HS. BauGB). Nur wenn die Voraussetzungen für die gemeinsame Planung entfallen sind oder ihr Zweck erreicht ist, entfällt auch die gegenseitige Bindung an den gemeinsamen Flächennutzungsplan mit der Folge, dass nunmehr auch bezogen auf das eigene Gemeindegebiet Änderungen des Flächennutzungsplans – nach vorheriger Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde – möglich sind (§ 204 Abs. 1 S. 5 BauGB). 335 2. Der Planungsverband Dient weder die nachbargemeindliche Abstimmung i. S.v. § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB der Bewältigung des interkommunalen Abstimmungsbedarfs und kann auch durch die Aufstellung eines gemeinsamen Flächennutzungplans i. S.v. § 204 Abs. 1 BauGB eine Koordination der verschiedenen Nutzungsbelange nicht erfolgreich herbeigeführt werden, so besteht die Möglichkeit, die eigentlich der Gemeinde obliegenden Aufgaben für das ganze Gemeindegebiet oder für Teile davon auf einen Planungsverband zu übertragen. 336 Die beteiligten Gemeinden und sonsti332 333 334 335 336

Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 34. Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 14. Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 39. So auch Runkel, in: EZB, § 204 Rn. 39. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 674.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

gen öffentlichen Planungsträger verlieren insoweit zwar die Planungshoheit für die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des Flächennutzungsplans in ihrem Gemeindegebiet, denn nunmehr ist allein der Planungsverband entsprechend befugt. 337 Der damit einhergehende zusätzliche Verlust kommunaler Planungsverantwortlichkeit dient jedoch dem Zweck, durch eine gemeinsame zusammengefasste Bauleitplanung einen Ausgleich der unterschiedlichen Belange zu erreichen. 338 Die Aufgaben des Verbandes ergeben sich dabei aus der Satzung. Diese hat festzulegen, welche konkreten Aufgaben dem Planungsverband zur Erfüllung des Verbandszwecks übertragen werden. 339 Der Verband tritt nach Maßgabe seiner Satzung, beispielsweise für die Aufstellung eines bestimmten Flächennutzungsplans, an die Stelle der beteiligten Gemeinden und führt damit auch das erforderliche Verfahren mit der Besonderheit des § 205 Abs. 7 BauGB durch. 340 Der Planungsverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er beruht auf der Mitgliedschaft der ihm zugehörigen Gemeinden und sonstigen öffentlichen Planungsträger. 341 Erforderlich ist ein Zusammenschluss mindestens zweier Gemeinden. 342 Eine einzelne Gemeinde – beispielsweise eine Großstadt – kann mit sonstigen öffentlichen Planungsträgern keinen Planungsverband bilden. 343 Einer solchen Auslegung steht bereits der Wortlaut des § 205 Abs. 1 S. 1 BauGB entgegen, der von Gemeinden im Plural und von gemeinsamer zusammengefasster Bauleitplanung spricht, was das Zusammenwirken mehrerer Gemeinden voraussetzt. 344 Nicht notwendig ist auch hier, dass die Gemeinden räumlich aneinander grenzen. Es genügt, wenn zwischen den verbandsfähig Beteiligten durch eine gemeinsame zusammengefasste Bauleitplanung ein Ausgleich der für die betreffende Planung relevanten Belange herbeigeführt werden kann. 345 Deshalb ergibt sich der räumliche Geltungsbereich des Verbandsflächennutzungsplans in der Praxis meistens aus der zu bewältigenden Aufgabe und dem insofern bestehenden Koordinierungsbedarf. 346

337

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 677f. Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 3; Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 19. 339 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 19. 340 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 676. 341 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 7. 342 Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 2; Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 11; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 7. 343 So aber Schrödter, in: Schrödter, § 205 Rn. 4. 344 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 11. 345 Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 2; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 679. 346 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 679. 338

B. System der städtebaulichen Planung

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a) Freiwilliger Zusammenschluss Als Regelfall sieht § 205 Abs. 1 S. 1 BauGB die Bildung eines Planungsverbandes durch freiwilligen Zusammenschluss der beteiligten Gemeinden und sonstigen öffentlichen Planungsträger vor. Verfahrensrechtliche Vorschriften über die Bildung dieser sog. „Freiverbände“ 347 enthält das Gesetz nicht. Grundsätzlich kommen sie auf Grund übereinstimmender öffentlichrechtlicher Willenserklärungen, also auf Grund eines öffentlichrechtlichen Vertrages zustande. Dabei ist für die Form des koordinationsrechtlichen Vertrages sowie für die Frage, welches Organ der Gemeinde zum Abschluss befugt ist, das Kommunalverfassungsrecht und ergänzend das Zweckverbandsrecht des jeweiligen Landes maßgeblich. Im Übrigen ist das für die sonstigen öffentlichen Planungsträger geltende Organisationsrecht zu beachten. 348 Neben der Vereinbarung über den Zusammenschluss ist eine Einigung über die Verbandssatzung erforderlich, mit der dem Verband die Aufgaben übertragen werden. In der Satzung ist u. a. zu regeln, in welchem Stimmenverhältnis die Beschlüsse über den Verbandsflächennutzungsplan zu treffen sind, wie die Planungskosten und die sonstigen Folgekosten verteilt werden sollen, also die Finanzierung der dem Verband entstehenden Kosten, sowie die Willensbildung des Verbandes (Verbandsorgane usw.). 349 Die Einigung über die Verbandssatzung ist insoweit Voraussetzung für das Entstehen des Verbandes, da dieser ansonsten nicht handlungsfähig wäre. 350 Die Bildung des Planungsverbandes und der Beschluss über die Satzung müssen zeitlich nicht notwendig miteinander verbunden werden. Gem. § 205 Abs. 3 S. 1 BauGB kann die Satzung auch zu einem späteren Zeitpunkt der Vereinbarung über den Zusammenschluss nachfolgen. 351 Der freiwillige Zusammenschluss muss aber ebenso wie der Satzungsbeschluss einstimmig ergehen. Erst mit der einstimmigen Annahme auch der Satzung durch die Beteiligten und ihrer Bekanntmachung in allen dem Verband angehörigen Gemeinden in der ortsüblichen Form ist der Gründungsvorgang beendet und der Satzungsverband funktionsfähig. 352 Einer Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde sowohl für den freiwilligen Zusammenschluss wie für die auf freiwilliger Grundlage zustande gekommene Satzung bedarf es nicht. Dies ergibt 347

Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 54. Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 54; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 9. 349 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 681; Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 4; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 10. 350 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / driehaus / Paetow, § 205 Rn. 10; Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 4; Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 54. 351 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 54. 352 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 54; Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 4; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 10. 348

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sich aus der Systematik des Gesetzes. Da das BauGB – wie schon das BBauG – die Rechtsaufsicht im Bereich der Bauleitplanung grundsätzlich dort regelt, wo es sie für erforderlich hält – und die Genehmigungserfordernisse mithin abschließend geregelt hat –, ist davon auszugehen, dass das Fehlen einer Aussage über einen Genehmigungsvorbehalt in § 205 BauGB auf eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung zurückgeht. Eine nach Landesrecht ausfüllungsbedürftige Lücke besteht deshalb nicht. 353 b) Zwangsweiser Zusammenschluss Ist ein freiwilliger Zusammenschluss nach § 205 Abs. 1 S. 1 BauGB nicht zustande gekommen, so kann die Landesregierung unter den besonderen Voraussetzungen des Abs. 2 Gemeinden und sonstige öffentliche Planungsträger durch Hoheitsakt zwangsweise zusammenschließen. Ein solcher Zwangszusammenschluss unterliegt aber den in § 205 Abs. 2 BauGB niedergelegten formellen und materiellen Voraussetzungen. Formelle Voraussetzung ist der Antrag eines Planungsträgers. Dies kann eine am Zusammenschluss zu beteiligende Gemeinde wie auch ein zu beteiligender Fachplanungsträger sein, ferner nach ausdrücklicher Regelung in § 205 Abs. 2 S. 2 BauGB die zuständige Landesplanungsstelle, wenn der Zusammenschluss aus Gründen der Raumordnung erforderlich ist. 354 Der Antrag muss gem. § 205 Abs. 2 S. 1 BauGB auf Zusammenschluss zu einem Planungsverband gerichtet sein. Materiellrechtlich verlangt § 205 Abs. 2 S. 1 BauGB, dass der Zusammenschluss im Hinblick auf den damit verfolgten Zweck, nämlich den Ausgleich der verschiedenen Belange durch eine gemeinsame zusammengefasste Bauleitplanung, zum Wohl der Allgemeinheit dringend geboten ist. Das heißt, dass die auf einen zu ordnenden Raum einwirkenden unterschiedlichen, oft divergierenden Interessen der zu beteiligenden Planungsträger eines Ausgleichs bedürfen und der Ausgleich mit den sonstigen planungsrechtlichen Hilfsmitteln des BauGB nicht hergestellt werden kann. 355 Mit dieser besonderen materiellen Voraussetzung trägt der Gesetzgeber den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit an eine umfassende Güterabwägung im Hinblick auf den Entzug der kommunalen Planungshoheit Rechnung. 356 Die Bauleitplanung ist insoweit Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden und darf diesen deshalb nur dann ganz oder teilweise 353 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 10; Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 55. 354 Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 13. 355 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 188. 356 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 682; Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 7; Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 57.

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entzogen werden, wenn höherwertige oder dringlichere öffentliche Interessen dies erfordern. Eingriffe in die Planungshoheit der Gemeinden dürfen mithin nicht beliebig angestellten Zweckmäßigkeitsüberlegungen unterliegen. Vielmehr müssen sie das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Willkürverbot im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern beachten. 357 So kann das Gebot des geringst möglichen Eingriffs beispielsweise verlangen, dass statt eines freiwillig angestrebten oder auch das Gemeinwohl optimal verwirklichenden Vollentzugs der Planungshoheit zwangsweise nur die Kompetenz zur Aufstellung des Flächennutzungsplans auf den Verband übertragen wird 358 oder dass der Planungsverband räumlich oder sachlich auf bestimmte Festsetzungen beschränkt wird, die beispielsweise die dringend gebotene Abstimmung mit einer Fachplanung gewährleisten. 359 Die ordnende und ausgleichende Planung muss zur Schaffung räumlich gesunder Lebens- und Arbeitsbedingungen in dem vorgesehenen Planungsraum aber grundsätzlich notwendig sein. 360 Dieser Sachzweck gebietet es – da ein freiwilliger Zusammenschluss nicht zustande gekommen ist –, dass die in Betracht kommenden Gemeinden und öffentlichen Planungsträger zu einem Planungsverband zusammengeschlossen werden, um die vom Gemeinwohl geforderte gemeinsame zusammengefasste Bauleitplanung zu verwirklichen. 361 Die Erfüllung dieser Aufgabe muss nicht nur von der Sache her unumgänglich, sondern auch zeitlich unaufschiebbar (dringend) sein, wenn zur Realisierung des Zusammenschlusses staatlicher Zwang eingesetzt werden soll. 362 § 205 Abs. 2 S. 2 BauGB stellt weiterhin klar, dass auch Gründe der Raumordnung geeignet sein können, das unbestimmte Tatbestandsmerkmal „zum Wohl der Allgemeinheit dringend geboten“ zu erfüllen. Dies ist u. a. der Fall, wenn zur Verwirklichung der Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs. 4 BauGB) in einem Verdichtungsraum Maßnahmen zur Strukturverbesserung getroffen werden müssen und die dazu erforderlichen öffentlichen Mittel erst zur Verfügung gestellt werden, wenn durch die Bildung eines Planungsverbandes die Voraussetzungen für einen sachgerechten Bauleitplan gegeben sind. 363 Der Zwangszusammenschluss erfolgt durch Entscheidung der Landesregierung, wenn nur Planungsträger eines Landes beteiligt sind. Diese stellt einen gerichtlich anfechtbaren Verwaltungsakt dar, so dass die beteiligten Gemeinden zuvor anzuhören sind. 364 Sind Planungsträger ver357

Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 13. OVG Lüneburg, Beschluss v. 11. 12. 1973 – I B 125/73, in: BRS 28 Nr. 16. 359 Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 7. 360 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 188; Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 61. 361 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 61. 362 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 61; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 188. 363 Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 7. 364 Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 8. 358

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schiedener Länder oder des Bundes beteiligt, so setzt der Zusammenschluss eine vorherige Vereinbarung zwischen den jeweiligen Landesregierungen voraus, bei Beteiligung von bundesunmittelbaren Planungsträgern jedoch nur, soweit diese widersprechen (§ 205 Abs. 2 S. 4 und 5 BauGB). 365 Ebenso wie bei einem freiwilligen Zusammenschluss ist auch beim Zwangszusammenschluss die Vorlage einer Verbandsatzung zwingend. Diese können die zwangsweise zusammengeschlossenen Mitglieder freiwilllig vereinbaren. 366 Sofern eine Einigung über die Satzung nicht zustande kommt, stellt die zuständige Landesbehörde eine Satzung auf und legt sie den beteiligten Planungsträgern zur Beschlussfassung vor (§ 205 Abs. 3 S. 1 BauGB). Die Verbandsmitglieder sind an den vorgelegten Entwurf jedoch nicht gebunden. Tritt wiederum eine Einigung weder über den vorgelegten noch einen geänderten oder einen eigenen anderen Entwurf ein, setzt die Landesregierung die Zwangssatzung im Wege der Ersatzvornahme fest (§ 205 Abs. 3 S. 2 BauGB). Der Festsetzungsbeschluss der Landesregierung stellt gegenüber allen Verbandsmitgliedern einen Verwaltungsakt dar, 367 der schriftlich erfolgen, begründet und nach § 211 BauGB mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein muss sowie jedem Mitglied des Verbandes zuzustellen ist. 368 Die so nach § 205 Abs. 3 S. 2 BauGB festgesetzte Satzung ist – nachdem die Festsetzung gegenüber den beteiligten Mitgliedern und sonstigen öffentlichen Planungsträgern unanfechtbar geworden ist – zu veröffentlichen. Hierfür kann auf die im Zwecksverbandsrecht des jeweiligen Landes geltenden Vorschriften zurückgegriffen werden. 369 3. Der Regionale Flächennutzungsplan Im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit ist der sog. Regionale Flächennutzungsplan ein weiteres Instrument der räumlichen Ordnung des örtlichen und überörtlichen Raums. Mit seiner Einführung durch das BauROG 1998 sollte dieser als Mittel zur Verbesserung der Kooperation zwischen den verschiedenen Planungsebenen der Flächennutzungsplanung und der Regionalplanung dienen. 370 Das mit der Verschmelzung dieser beiden Planungsinstrumentarien angestrebte Ziel der Abstimmung zwischen den Trägern der Raumordnungsplanung und 365 Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 8; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 188. 366 Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 9. 367 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 79; Battis, in: B / K/L, § 205 Rn. 9. 368 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 79. 369 Runkel, in: EZB, § 205 Rn. 79; Gaentzsch, in: Schlicher / Stich / Driehaus / Paetow, § 205 Rn. 14. 370 Spannowsky, in: UPR 1999, 409 (410); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 693.

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den Gemeinden ist vor allem auf das stetig voranschreitende Siedlungswachstum zurückzuführen. In Verdichtungsräumen und ihren Randzonen besteht durch anhaltenden Siedlungsdruck und begrenzte Flächenreserven zunehmende Flächenknappheit bezüglich geeigneter Standorte. Kennzeichnend für die Siedlungsentwicklung in großen Agglomerationen und verdichteten Räumen ist zudem, dass die Flächeninanspruchnahme nicht in deren Kerngebieten, sondern in den Peripherien der Städte oder kleineren Nachbarorten stattfindet, was zu einem Verlust ökologischer Ausgleichsfunktionen des Umlandes und einer zunehmenden Zersiedelung der Landschaft führen kann. Der sich räumlich ausdehnende Verdichtungsgrad ist zwangsläufig nicht nur mit einer Flächeninanspruchnahme, sondern zudem mit Verkehrs- und Umweltbelastungen verbunden. 371 Hinzu kommt eine Verschiebung der sozioökonomischen Gewichte im Verhältnis zwischen Städten und Umland: Mit der sinkenden Erwerbsbevölkerung in den Städten – durch die steigende Nachfrage der besser verdienenden Bevölkerungsschichten nach Einund Zweifamilienhäuser im näheren Umland – und dem Wegzug von Gewerbebetrieben in das Umland entstehen für die Städte bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Serviceleistung an das Umland finanzielle Einbußen. 372 Aus Sicht der Städte wird insoweit beklagt, dass viele öffentliche Einrichtungen mit Zuschußbedarf, wie Schulen, Theater, Museen, Krankenhäuser, Universitäten usw., durch die Bevölkerung des Umlandes genutzt werden und daher die finanzielle Belastung der Städte im Vergleich zum Umland steigt. Andererseits sind die Freizeiteinrichtungen der Städte heute nicht mehr ausgelastet, denn die meisten Gemeinden in den Ballungsrandzonen haben inzwischen ebenfalls Freizeiteinrichtungen geschaffen, und zwar auf einem hohen Standard. Kaum eine Gemeinde der Größenordnung von mehr als 25.000 Einwohner verfügt heute nicht über ein eigenes – häufig zum Spaßbad ausgebautes –Schwimmbad; andere Sportanlagen bis hin zu Eislaufarenen sind heute häufig schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Diese Einrichtungen werden oft nicht nur durch die Bewohner der Umlandgemeinden, sondern – wegen ihrer Attraktivität – auch durch die Bewohner der Städte in Anspruch genommen, mit weiteren negativen Folgen für die Auslastung von Freizeiteinrichtungen in den Gemeinden. 373 In Bezug auf die Problemlage in den Verflechtungsbereichen besteht die zentrale Aufgabe der Planung also darin, einen schonenden Interessenausgleich zwischen Stadt und Umland herbeizuführen und das Spannungsverhältnis zwischen den konfligierenden Interessenlagen aufzulösen. 374 Durch die Europäische Gemeinschaft ist eine weitere (politische) Handlungsebene hinzugetreten, die eine Verschiebung des räumlichdimensionalen Bezugsrahmens auf die regionale Ebene verursacht. 371 372 373 374

Spannowsky, in: UPR 1999, S. 409; Schink, in: NWVBl. 1997, 81 (82). Spannowsky, in: UPR 1999, S. 409; Schink, in: NWVBl. 1997, 81 (82). Schink, in: NWVBl. 1997, 81 (82). Spannowsky, in: UPR 1999, S. 409.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

Mehr und mehr werden die Lebensverhältnisse der Menschen in Europa durch überörtliche Zusammenhänge geprägt. Diese Ausweitung der räumlichen Verflechtungsbereiche bewirkt nicht nur eine Vergrößerung der räumlichen Maßstabsebene, sondern führt auch zu einem veränderten subjektiven Empfinden des räumlichen Bezugsrahmens und einem damit einhergehenden erhöhten Abstimmungsbedarf auf nationaler und europäischer Ebene. 375 Dabei ist eine Abstimmung zwischen den Nachbargemeinden nicht mehr nur aus Gründen der Rücksichtnahme auf nachbarliche Belange, sondern zunehmend auch dadurch geboten, dass die Attraktivität einer Gemeinde von der Attraktivität der Region abhängt. Knappe Finanzmittel erfordern die Erarbeitung von gemeinsamen Planungsstrategien zur arbeitsteiligen funktionsräumlichen Aufgabenwahrnehmung zwischen Stadt und Umland sowie zwischen Stadt und Region. Die Regionalplanung kann sich in dieser Situation nicht mehr auf eine passive staatliche Angebotsplanung beschränken, sondern muss gemeinsam mit anderen Planungsträgern, mit den Gemeinden als Trägern der kommunalen Bauleitplanung sowie mit den Trägern der Fachplanung und auch mit Privaten eine dynamische Koordinierungs- und Entwicklungsaufgabe übernehmen. 376 Dies ist allein schon darauf zurückzuführen, dass die Europäische Gemeinschaft – vor allem bei der finanziellen Förderung – in regionalen Strukturen denkt. Für die Einwerbung von Fördermitteln der Europäischen Gemeinschaft ist deshalb heute eine regionale Zusammenarbeit notwendig. 377 Die Kommunen könnten allein – ohne die Mitwirkung der regionalen Aufgabenträger – im europäischen Standortwettbewerb nicht bestehen. 378 Ein Mittel zur Verbesserung der Kooperation der verschiedenen Planungsebenen ist in strategischer Hinsicht die Verschmelzung der jeweiligen Planungsinstrumentarien zu einem neuen Plantyp, der den Regional- und den Flächennutzungsplan integriert. Dieser Regionale Flächennutzungsplan, der zugleich die Funktion eines gemeinsamen Flächennutzungsplans und eines Regionalplans übernimmt, soll das Mittel sein, um das strategische Ziel der Kooperation zu erreichen. 379 In diesem Sinne bestimmt die Regelung in § 9 Abs. 6 ROG: „Erfolgt die Regionalplanung durch Zusammenschlüsse von Gemeinden und Gemeindeverbänden zu regionalen Planungsgemeinschaften, kann in verdichteten Räumen oder bei sonstigen raumstrukturellen Verflechtungen zugelassen werden, dass ein Plan zugleich die Funktion eines Regionalplans und eines gemeinsamen Flächennutzungsplans nach § 204 BauGB übernimmt, wenn er den auf Grund des Abschnitts 2 dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und den Vorschriften des Baugesetz375

Spannowsky, in: UPR 1999, S. 409. Spannowsky, in: UPR 1999, S. 409. 377 Schink, in: NWVBl. 1997, 81 (82). 378 Spannowsky, in: UPR 1999, 409 (410). 379 Spannowsky, in: UPR 1999, 409 (410); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 693. 376

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buchs entspricht.“ Der Regionale Flächennutzungsplan soll insoweit im Verhältnis zwischen der örtlichen und der überörtlichen regionalen Ebene das Planungssystem transparenter machen und einen qualitativen Beitrag zur Verbesserung der Aufgabenwahrnehmung der Raumplanung in Verdichtungsräumen leisten. 380 Diese strategischen Funktionen im raumplanerischen Kontext kann der Regionale Flächennutzungsplan aber nur in beschränktem Umfang erfüllen. Dies nicht nur deshalb, weil die Bundesländer dem Regionalen Flächennutzungsplan nach der Regelung des § 9 Abs. 6 ROG unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anwendungsbereich eröffnen müssen. Wegen der eng gesteckten planungsinstrumentellen, räumlichfunktionellen und verwaltungsorganisatorischen Eingrenzungen ist das rechtliche Anwendungsfeld des Regionalen Flächennutzungsplans in der Planungspraxis ohnedies begrenzt. 381 Materiell und formell muss der Regionale Flächennutzungsplan sowohl den Anforderungen der Regionalplanung als auch denjenigen der gemeinsamen Flächennutzungsplanung ausreichend Rechnung tragen. Zudem findet eine Beschränkung auf verdichtete Räume oder sonstige raumstrukturelle Verflechtungen statt. 382 Diese planungsinstrumentellen Anforderungen sind geknüpft an eine weitere Einschränkung aus der normativen Bindung an bestimmte verwaltungsorganisatorische Voraussetzungen. Der Regionale Flächennutzungsplan soll nämlich aus Rücksicht auf das in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltungsrecht überhaupt nur dort zur Anwendung kommen, wo schon Zusammenschlüsse von Gemeinden und Gemeindeverbänden zu regionalen Planungsgemeinschaften bestehen. 383 Nicht in allen Bundesländern ist diese Voraussetzung erfüllt, denn die Regionalplanung ist nicht in allen Bundesländern kommunal verfasst. Gem. § 6 ROG sind die Länder für die Schaffung der Rechtsgrundlage für den Regionalen Flächennutzungsplan zuständig. Soll der Regionale Flächennutzungsplan einen größeren Anwendungsbereich bekommen, müssen zunächst die Länder einen Anwendungsbereich für dieses Instrumentarium eröffnen. 384 Hinzu kommt, dass die sich aus der Verschmelzung der regionalen und örtlichen Planungsebene ergebenden Probleme hinsichtlich der Zuständigkeit, der planungsmethodischen Anforderungen und sonstiger spezifischer verfahrensbezogener Fragestellungen noch weithin ungelöst sind. 385

380 Spannowsky, in: UPR 1999, 409 (411); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 694. 381 Spannowsky, in: UPR 1999, 409 (411); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 693. 382 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 695. 383 Spannowsky, in: UPR 1999, 409 (410f.); Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 695. 384 Spannowsky, in: UPR 1999, 409 (411). 385 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 693.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

II. Das Verhältnis des Flächennutzungsplans zu anderen gemeindeeigenen Planungen Aufgabe des Flächennutzungsplans ist es, ein das ganze Gemeindegebiet zusammenfassendes Planungskonzept zur Bodennutzung vorzugeben. Die Bodennutzung und die damit an die Inanspruchnahme des unvermehrbaren Grund und Boden gestellten Ansprüche der Gemeinde sind aber nicht nur Gegenstand der gemeindlichen Flächennutzungsplanung, sondern auch weiterer gemeindeeigener, städtebaulicher Planungen, die von den Gemeinden im kommunalen Rahmen ebenfalls zum Einsatz gebracht werden. So bestehen neben der Flächennutzungsplanung noch weitere formelle städtebauliche Planungen, die ebenfalls ihre Grundlage im Städtebaurecht haben. Darunter fallen zunächst die Bebauungsplanung (1.) und die sonstigen formellen Pläne, zu denen die sog. Innenbereichssatzungen, bestehend aus der Klarstellungs-, Entwicklungs- und Ergänzungssatzung, und die sog. Außenbereichs-Bausatzung (2.) zählen. Trotz deren Maßgeblichkeit für die räumliche Entwicklung haben sich im Laufe der Zeit neben den förmlich geregelten städtebaulichen Planungen die informellen städtebaulichen Planungen etabliert (3.). 1. Flächennutzungsplan und Bebauungsplan Das Verhältnis zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan wird von zwei grundlegenden Vorschriften bestimmt: von § 1 Abs. 2 BauGB, der die Bauleitpläne in den vorbereitenden Flächennutzungsplan und den verbindlichen Bebauungsplan unterteilt und damit die Bauleitplanung als zweistufig charakterisiert, und von § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB, der das Prinzip der Zweistufigkeit verdeutlicht, indem er die beiden Stufen durch das Gebot verknüpft, dass der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln ist. 386 Auf § 1 Abs. 2 BauGB wurde bereits eingegangen. 387 Im Folgenden steht daher § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB im Mittelpunkt. a) Das Entwicklungsgebot i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass im Grundsatz von einer Stufenfolge der gemeindlichen Planung auszugehen ist, die sich vom jeweils größeren Raum stufenweise bis zur Nutzungsregelung für das einzelne Grundstück konkretisiert – wobei die zweite Stufe, der Bebauungsplan, aus der ersten Stufe, dem 386 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (78); Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 111; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 95. 387 Siehe oben 2. Kapitel, B. I. 1.

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Flächennutzungsplan, zu entwickeln ist –, setzt voraus, dass dem Erlass des Bebauungsplans die Aufstellung eines Flächennutzungsplans vorangehen muss, bevor ein Bebauungsplan entwickelt und erst recht, bevor er festgesetzt wird. 388 Diese zeitliche Priorität des Flächennutzungsplans bezeichnet das BVerwG 389 als die „formelle Seite“ des aus § 1 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB, aber auch aus den §§ 5, 8, 9 und 10 BauGB abzuleitenden Verhältnisses des Flächennutzungsplans zum Bebauungsplan. Der formelle Zusammenhang bedeutet, dass – von den gesetzlich geregelten Ausnahmen des selbständigen, des vorzeitigen und des parallel entwickelten und vorzeitig angezeigten und bekannt gemachten Bebauungsplans (§§ 8 Abs. 2 S. 2; Abs. 3 und 4 BauGB) abgesehen – ein Bebauungsplan nichtig ist, wenn ihm nicht ein im Zeitpunkt seiner Festsetzung vorhandener Flächennutzungsplan zugrunde liegt. 390 Diese Nichtigkeit kann auch nicht durch den nachträglichen Erlass eines – inhaltlich mit dem vorangegangenen Bebauungsplan hinreichend übereinstimmenden – Flächennutzungsplans geheilt werden. Das Entwickeln des Bebauungsplans aus dem (räumlich und zeitlich) vorgegebenen Flächennutzungsplan ist von § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB zwingend vorgegeben. Anderenfalls würde die Ordnungsfunktion gerade der für Rechtssatzungsverfahren – wie die als Satzung zu beschließenden Bebauungspläne gem. § 10 Abs. 1 BauGB – geltenden Vorschriften verkannt werden. Die Förmlichkeiten dieses Verfahrens sind aus Gründen der Rechtssicherheit strikt zu beachten. Sie sollen gewährleisten, dass darüber Klarheit besteht, ob und mit Wirkung für welchen Zeitpunkt ein Rechtssatz gilt. Dies schließt es aus, den contra legem nicht mit einem Flächennutzungsplan unterlegten Bebauungsplan als schwebend unwirksam anzusehen und ihn mit dem Inkrafttreten des Flächennutzungsplans zur Wirksamkeit erstarken zu lassen. 391 Neben dem formellen Gebot zeitlicher Priorität wird das Verhältnis des Flächennutzungsplans zum Bebauungsplan durch das materielle Gebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB, dass die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, bestimmt. 392 Der Rechtsbegriff des „Entwickelns“, in dem sich die eigentliche Bedeutung – der materielle Gehalt – des Prinzips der Zweistufigkeit zeigt, kennzeichnet das Maß der Bindung des aufzustellenden Bebauungsplans an den Flächennutzungsplan. 393 Die dem Flächennutzungsplan gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB obliegende Aufgabe, ein Planungskonzept für die Entwicklung der Gemeinde insgesamt darzustellen, kann nur dadurch erfüllt werden, dass der Flächennutzungsplan Rahmen für die in der Richtung jeweils nur Teilgebiete 388

Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 113. BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (78). 390 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (72f.); Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 113. 391 BVerwG, Beschluss v. 06. 09. 1976 – IV B 107.76, in: Buchholz 406.11 § 8 BBauG Nr. 5; Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 113. 392 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (78). 393 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (73). 389

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

der Gemeinde erfassenden Bebauungspläne ist. Der Flächennutzungsplan gewährleistet die gebietsübergreifende Koordination und die Ausrichtung auch der Bebauungsplanung auf eine das Gemeindegebiet als Ganzes erfassende Planungskonzeption. 394 Er stellt insoweit für das gesamte Gemeindegebiet die beabsichtigte Art der Bodennutzung in den Grundzügen dar. Dies bedarf im Bebauungsplan der Konkretisierung, damit dieser seine Aufgabe, durch verbindliche Festsetzungen die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde zu leiten, erfüllen kann. Die Konkretisierung erfolgt gemäß dem Prinzip der Zweistufigkeit der Bauleitplanung aus dem Flächennutzungsplan heraus. 395 Angesichts des in der Regel nur allgemeinen Aussagegehalts und der damit gegebenen Ausfüllungsbedürftigkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans einerseits und der ins einzelne gehenden, endgültigen und vollzugsfähigen Festsetzungen des Bebauungsplans andererseits bedeutet der Begriff „Entwickeln“ nicht, dass der Bebauungsplan als bloßer Vollzug oder Ergänzung des Flächennutzungsplans zu werten wäre. 396 Dem steht schon entgegen, dass der in einem stärkeren Maße als der Bebauungsplan auf Prognosen aufbauende Flächennutzungsplan in seinen Darstellungen einen geringeren Grad an Verlässlichkeit bezüglich der künftigen tatsächlichen Gestaltung aufweist und aus der damit einhergehenden Grobmaschigkeit der Planung eine dem Gegenstand und der räumlichen Ausdehnung nach geringere Schärfe des Flächennutzungsplans folgt. Der Gesetzgeber trägt dem Rechnung, indem er nicht vorschreibt, dass der Bebauungsplan „in Übereinstimmung mit“ oder „gemäß“ dem Flächennutzungsplan zu erlassen sei; vielmehr beschränkt er sich auf die Forderung, dass der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan als einer in sich stimmigen planerischen Gesamtkonzeption für das ganze Gemeindegebiet „zu entwickeln“ sei. 397 „Entwickeln“ bedeutet deshalb einerseits Bindung an die Darstellungen des Flächennutzungsplans, andererseits aber Freiheit der Konkretisierung des Dargestellten. 398 Der Begriff des „Entwickelns“ lässt es insoweit nicht nur zu, das grobe Raster des Flächennutzungsplans mit genaueren Festsetzungen auszufüllen, sondern er gewährleistet die gestalterische Freiheit, über ein Ausfüllen des Vorgeplanten hinaus in dessen Rahmen eigenständig zu planen. Die Gemeinde ist nicht auf die vollzugsähnliche Ausfüllung der Darstellungen des Flächennutzungsplans durch genaue Festsetzungen beschränkt, sondern frei, die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans in Richtung auf eine gegenständliche wie auch auf eine räumliche Spezifizierung fortzuentwickeln. 399 Dies lässt Abweichungen des Bebauungsplans von den 394

Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 8 Rn. 13. Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 114f. 396 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (73f.). 397 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74). 398 So auch Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 115. 399 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74); Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 115. 395

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Darstellungen des Flächennutzungsplans zu, sofern sie sich als Ergebnis des Übergangs von der vorbereitenden in die stärker verdeutlichende Planungsstufe des Bebauungsplans rechtfertigen lassen und den wesentlichen Grundentscheidungen des Flächennutzungsplans nicht widersprechen bzw. ihr gegenüber unwesentlich sind. Welche Abweichungen von den Darstellungen des Flächennutzungsplans in diesem Sinne den Grad eines Widerspruchs erreichen, lässt sich nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entscheiden. Regelmäßig wird jedoch zu der vom Bebauungsplan einzuhaltenden Konzeption eines Flächennutzungsplans die Zuordnung der einzelnen Bauflächen zueinander gehören, wie beispielsweise von Industrie-, Gewerbe-, Misch- oder Wohngebieten untereinander und zu den von der Bebauung freizuhaltenden Gebieten. 400 Wird durch mehr als geringfügiges Abweichen im Bebauungsplan das Gewicht verschoben, das nach dem Flächennutzungsplan einer Baufläche im Verhältnis zu den anderen Bauflächen und zu den von der Bebauung freizuhaltenden Flächen nach Qualität und Quantität zukommt, so wird der Bebauungsplan in aller Regel dem Flächennutzungsplan derart widersprechen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr als „aus dem Flächennutzungsplan entwickelt“ anzuerkennen sind. 401 Diese grundlegenden Darlegungen des BVerwG haben auch heute noch Bestand im Hinblick auf das Verhältnis von Flächennutzungsplan und Bebauungsplan. Allerdings ist seit der Schaffung der Heilungsvorschriften in § 214 BauGB im Rahmen der Baurechtsnovelle 1976 für Verstöße gegen das Entwicklungsgebot nunmehr von einer zweistufigen Prüfung 402 auszugehen: Die Frage, ob ein Bebauungsplan im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB aus dem Flächennutzungsplan entwickelt ist, beurteilt sich grundsätzlich nach der planerischen Konzeption des Flächennutzungsplans für den engeren Bereich des Bebauungsplans (1.Stufe). Für die Frage, ob durch den nicht in diesem Sinne aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplan die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung im Sinne des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB beeinträchtigt wird, ist die planerische Konzeption des Flächennutzungsplans für den größeren Raum, d. h. für das gesamte Gemeindegebiet oder einen über das Bebauungsplangebiet hinausreichenden Ortsteil, in den Blick zu nehmen (2. Stufe). Zu fragen ist also, ob die über den Bereich des Bebauungsplans hinausgehenden, übergeordneten Darstellungen des Flächennutzungsplans beeinträchtigt werden. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, welches Gewicht der planerischen Abweichung im Hinblick auf die Gesamtkonzeption des Flächennutzungsplans zukommt. Maßgeblich ist dabei, ob sich der kleinräumige Bebauungsplan in die sich aus 400

BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74f.). BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (74f.); Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 115; Runkel, in: Flächennutzungsplanung im Umbruch, S. 110. 402 BVerwG, Urteil v. 26. 02. 1999 –4 CN 6.98, in: UPR 1999, S. 271; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 763. 401

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den Darstellungen des Flächennutzungsplans ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung eingefügt und der Flächennutzungsplan insoweit seine Bedeutung als kommunales Steuerungsinstrument der städtebaulichen Entwicklung „im Großen und Ganzen“ behalten hat. 403 Soweit dieses gesetzgeberische Anliegen gewahrt ist, erklärt das Gesetz eine Verletzung des Entwicklungsgebots i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans für unbeachtlich. 404 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Bebauungsplan in einem im Flächennutzungsplan als Mischgebiet dargestellten Gebiet eine kleine öffentliche Grünfläche festsetzt, die der Wohnbevölkerung in diesem Mischgebiet als Kinderspielplatz dienen soll. 405 Dieser Grünfläche kommt keine Bedeutung für die Gliederung des Stadtgebiets im Ganzen in bebaubare bzw. bereits bebaute und nichtbebaute Flächen und für die Versorgung des Stadtgebiets und seiner Bewohner insgesamt mit ausreichenden großflächigen Grün- und Erholungsflächen zu. Vielmehr dient die strittige Grünfläche ausschließlich der Ausgestaltung des Mischgebiets, in dem sie liegt, und der Versorgung der dortigen Wohnbevölkerung mit kleineren, den Wohnbereichen unmittelbar zugeordneten Grünflächen. Ob und wo innerhalb der einzelnen Baugebiete aber solche Grünflächen mit Bedeutung nur für ihre nähere Umgebung anzulegen sind, kann nicht bereits endgültig im Rahmen der das ganze Stadtgebiet umfassenden Flächennutzungsplanung bestimmt werden, sondern ist letztlich Aufgabe der Detailplanung bei der Aufstellung des Bebauungsplans. Die Standorte für derartige Grünanlagen mit Bedeutung nur für ihre nähere Umgebung bereits im Flächennutzungsplan vorzusehen, würde einerseits die das ganze Stadtgebiet umfassende Flächennutzungsplanung in einer Weise mit Detailfragen belasten, die der Entwicklung einer Gesamtkonzeption wenig dienlich wäre. Andererseits würde es die planerische Gestaltungsfreiheit im Sinne einer Konkretisierung und Fortentwicklung der Darstellungen des Flächennutzungsplans bei der Aufstellung von Bebauungsplänen unnötigerweise beschneiden. 406 Dies lässt erkennen, dass es dem Gesetzgeber vorrangig um die Wahrung der dargestellten geordneten städtebaulichen Entwicklung geht und dass innerhalb dieses Rahmens ein Spielraum besteht, in dem die Gemeinde sich sanktionslos bewegen kann. Die Gemeinde hat es dabei in der Hand, durch eine engere oder weitere Fassung der Darstellungen des Flächennutzungsplans ihre planerische Selbstbindung enger oder weiter zu gestalten bis hin zu einer durch äußerst grobmaschige flächenplanerische Darstellungen gewährten weitreichenden Gestaltungsfreiheit für die Bebauungsplanung. 407 403

BVerwG, Urteil v. 26. 02. 1999 – 4 CN 6.98, in: UPR 1999, 271 (273). Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 8 Rn. 14; Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 115; ausführlich hierzu: Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 101ff. 405 BayVGH, Urteil v. 08. 05. 1981 – Nr. 1 II 78, in: BauR 1982, S. 37ff. 406 BayVGH, Urteil v. 08. 05. 1981 – Nr. 1 II 78, in: BauR 1982, 37(38). 407 Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 115. 404

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Anders liegt der Fall, wenn ein Bebauungsplan ein 3,5ha großes Wohnbaugebiet auf einer Fläche festsetzt, die für die Forstwirtschaft innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes am Rande einer Autobahn als Sicht- und Lärmschutz sowie als Erholungsfläche dienen sollte. 408 Weist der Flächennutzungsplan wie hier eine faktisch eindeutige und funktionell sinnvolle Grenze des Baulandes aus, so verstößt es gegen das Entwicklungsgebot, wenn ein Wohngebiet über diese Linie hinaus erstreckt wird. Bei der auch nur teilweisen Erstreckung einer derart begrenzten, i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB für die Bebauung vorgesehenen Fläche über diese Grenze hinaus in eine unter Landschaftsschutz stehende Fläche für die Forstwirtschaft i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 9 BauGB kann nicht davon gesprochen werden, diese Detailänderung führe einen bereits im Flächennutzungsplan zum Ausdruck gelangten planerischen Gedanken aus bzw. fort. Objektiv gesehen, wird mit ihr das ursprüngliche planerische Konzept – Erhaltung des Waldes als Sichtund Lärmschutz zur Autobahn und als Erholungsfläche – nicht entwickelt, sondern aufgegeben. 409 Dies stellt einen Widerspruch dar, der sich nicht mehr im Rahmen des „Entwickelns“ hält. Im Verhältnis zu der im Flächennutzungsplan dargestellten Baufläche und ihrer Zuordnung zu der von der Bebauung freizuhaltenden Fläche kommt der im Bebauungsplan vorgesehenen Bebauung sowohl nach ihrer räumlichen Ausdehnung als auch für die städtebauliche Entwicklung erhebliches Gewicht zu, wodurch sich die nach dem Flächennutzungsplan vorgesehene Gewichtung nach Qualität und Quantität entscheidend verändert. 410 Gerade die Ausweitung insbesondere baulicher Nutzungen und die damit einhergehende Inanspruchnahme des unvermehrbaren Grund und Boden führt zu einem zunehmenden Verlust von Freiflächen, die nicht nur Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt bieten, sondern vor allem auch als Erlebnis- und Erholungsraum des Menschen dienen. Die Einhaltung eines ausgewogenen Verhältnisses von Freiraumschutz auf der einen und Siedlungsentwicklung auf der anderen Seite sowie die daraus resultierende Beachtlichkeit solcher qualitativen, neben den gröberen und daher generell „entwicklungsfähigeren“ quantitativen Aussagen des Flächennutzungsplans folgt bereits aus dem gesetzlich normierten Erfordernis eines funktionierenden Ausgleichs- und Eingriffsflächensystems in § 1a Abs. 3 und 4 BauGB. Im Flächennutzungsplan soll nicht nur aufgezeigt werden, welche Flächen als Bauflächen neu zu erschließen sind, sondern auch, wo ein intaktes System von Freiflächen zu schaffen bzw. zu erhalten ist. 411 Hierfür stehen auch § 1a Abs. 2 S. 2 BauGB, nach dem bereits landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden 408

OVG Saarland, Urteil v. 26. 03. 1976 – II R 67/75, in: BRS 30 Nr. 2. OVG Saarland, Urteil v. 26. 03. 1976 – II R 67/75, in: BRS 30 Nr. 2. 410 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, in: DVBl. 1975, 661 (663). 411 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 99; ausführlich zum Eingriffs- und Ausgleichsflächensystem: 5. Kapitel, A. 409

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sollen, und die in § 1a Abs. 2 S. 1 BauGB normierte Bodenschutzklausel, nach der mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll. Dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Das Gebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB, die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln, bestimmt nicht nur das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan beim Grundtypus zweistufiger Bauleitplanung, sondern auch das des beim Parallelverfahren i. S. d. § 8 Abs. 3 S. 1 BauGB entwickelten Bebauungsplans. Auch dieser ist soweit irgend möglich aus dem gleichzeitig („parallel“) aufgestellten, geänderten oder ergänzten Flächennutzungsplan zu entwickeln. 412 Der im Parallelverfahren entwickelte Bebauungsplan ist insoweit eine besondere Form des „Entwickelns“ und keine Durchbrechung des Entwicklungsprinzips. Dies hat das BVerwG in seiner Grundsatzentscheidung vom 29. 09. 1978 413 bestätigt. Danach verlangt das Entwicklungsgebot in § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB keine klare zeitliche Aufeinanderfolge der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung. Es komme allein darauf an, dass der Bebauungsplan objektiv die Darstellungen des Flächennutzungsplans konkretisiert und von dessen Grundkonzeption nicht abweicht. Die mit § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB gestellte Anforderung richte sich nicht an das Planen als Tätigkeit, sondern lediglich an den Plan als solchen; wesentlich sei allein, dass der Inhalt eines Bebauungsplans im Zeitpunkt seiner Inkraftsetzung dem zu dieser Zeit wirksamen Flächennutzungsplan in einer Weise entspricht, die sich als ein Entwickeltsein begreifen lässt. Das Entwicklungsgebot solle lediglich verhindern, dass in den verschiedenen Planstufen Pläne wirksam bzw. gültig werden, die inhaltlich nicht hinreichend aufeinander abgestimmt sind. 414 Insoweit gehe es nicht um einen zeitlichen Gleichlauf aller einzelnen Verfahrensabschnitte, sondern darum, dass die einzelnen Abschnitte beider Planverfahren in einem dem Zweck angemessenen zeitlichen Bezug zueinander stehen und dass im jeweiligen Fortgang der beiden Verfahren eine inhaltliche Abstimmung zwischen den beiden Planentwürfen möglich und gewollt ist. 415 Nach § 8 Abs. 3 S. 2 BauGB kann der Bebauungsplan sogar vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Eine verlässliche Prognose dieser Art 412

Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 114. BVerwG, Urteil v. 29. 09. 1978 – 4 C 30.76, BVerwGE 56, S. 283ff. 414 BVerwG, Urteil v. 29. 09. 1978 – 4 C 30.76, BVerwGE 56, 283 (285f.). 415 BVerwG, Beschluss v. 03. 10. 1984 – 4 N 4.84, BVerwGE 70, 171 (177); Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 8 Rn. 17; Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 111. 413

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setzt voraus, dass das Flächennutzungsplanverfahren einen hinreichend fortgeschrittenen Stand, eine Art „Planreife“ erlangt hat, die die Annahme rechtfertigt, dass der Flächennutzungsplanentwurf zumindest in den betreffenden Bereichen inhaltlich nicht mehr verändert werden soll. 416 Es wird vertreten, dass hierfür neben der materiellen auch die formelle Planreife erforderlich sei. Planreife im formellen Sinn liege bei der Erstaufstellung eines Flächennutzungsplans entsprechend § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erst vor, wenn das Verfahren zur Öffentlichkeitsund Behördenbeteiligung nach den §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2, 4a Abs. 2 bis 5 BauGB durchgeführt worden ist. 417 Gegen das Gebot der formellen Planreife spricht jedoch, dass nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 S. 2 BauGB lediglich absehbar sein muss, welche Darstellungen im Flächennutzungsplan enthalten sein werden und ob die Festsetzungen im Bebauungsplan mit Rücksicht auf diese Darstellungen im Sinne eines „Entwickelns“ getroffen werden. 418 Ein etwaiger einzuhaltender Mindestverfahrensstand des Flächennutzungsplans ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Danach soll § 8 Abs. 3 S. 2 BauGB gerade zum Zwecke der Verfahrenserleichterung dienen, wenn die Aufstellung des Flächennutzungsplans bereits einen solchen Stand erreicht, dass die inhaltliche Abstimmung beider Bauleitpläne möglich ist. 419 Der nach § 8 Abs. 3 S. 2 BauGB maßgebende Stand der Planungsarbeiten ist daher materiellinhaltlich, nicht formalverfahrensmäßig zu bestimmen. Insofern ist für die nach § 8 Abs. 3 S. 2 BauGB gebotene materielle Planreife des Flächennutzungsplans eine ähnliche Betrachtungsweise ausschlaggebend wie für die nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB maßgebende materielle Planreife des Bebauungsplans als Voraussetzung für die Genehmigung eines Vorhabens. 420 Das Parallelverfahren findet vor allem dann Anwendung, wenn ein Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt werden muss, weil sich ein von der Gemeinde beabsichtigter Bebauungsplan nicht aus ihm entwickeln lässt. Der Vorteil der unter dieser Begrifflichkeit subsumierten gleichzeitigen Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Flächennutzungsplan und Bebauungsplan besteht nicht nur in einem erheblichen Zeitgewinn, sondern auch in der simultanen Verarbeitung von Konflikten, die dazu führt, dass im Ergebnis von Anfang an eine sachgerechte, harmonisch abgestimmte städtebauliche Ordnung entsteht. Der Flächennutzungsplan behält dabei seine Funktion als Integrationsinstrument von raumwirksamen 416 Peine, in: JZ 1987, 322 (326); Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 124; Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 112. 417 Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 112. 418 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 110; Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 8 Rn. 17. 419 BT-Drs. 10/4630, S. 70; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 110. 420 Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 8 Rn. 17.

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Planungsaktivitäten im Gemeindegebiet und somit seine gegenüber dem Bebauungsplan besondere Qualität bei. Denn auch in diesem Verfahren muss die Zusammenführung und Abstimmung sämtlicher für das Gemeindegebiet vorhandener, raumwirksamer Planungen gewährleistet werden. 421 b) Ausnahmen vom Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB Anders als bei dem im Parallelverfahren entwickelten Bebauungsplan sind der Gemeinde mit dem selbständigen Bebauungsplan in § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB und dem vorzeitigen Bebauungsplan in § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB Ausnahmeregelungen von der Bindung an den Flächennutzungsplan zur Verfügung gestellt. (1) Der selbständige Bebauungsplan Nach § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB ist ein Flächennutzungsplan nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. In § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB wird insoweit von einem selbständigen Bebauungsplan gesprochen. Die Bedeutung dieses Plans liegt vor allem darin, dass das fehlende Erfordernis einer Flächennutzungsplanung die Gemeinde nicht hindert, verbindlich zu planen. Zwar besteht gem. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB grundsätzlich ein Planungsverbot, solange ein Flächennutzungsplan für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht erforderlich ist. Gleichwohl hat die Gemeinde nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB die Möglichkeit, ihre Planungshoheit durch Festsetzung eines im Einzelfall erforderlichen selbständigen Bebauungsplans zu betätigen. Das fehlende Erfordernis einer Flächennutzungsplanung führt mithin nicht zu einem völligen Planungsstillstand, sondern reduziert lediglich das Planungsinstrumentarium auf den einstufig konzipierten selbständigen Bebauungsplan. 422 Obwohl dieser unmittelbar nach der gesetzlichen Verankerung des Entwicklungsgebots in § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB normiert ist, handelt es sich genau genommen nicht um eine Ausnahme vom Entwicklungsgebot, sondern um eine (unechte) Ausnahme von der formellen Bindung des Bebauungsplans an den Flächennutzungsplan in dem Sinne, dass dem Erlass des Bebauungsplans die Aufstellung eines Flächennutzungsplans als erste Planungsstufe zeitlich vorangehen muss. Die unechte Ausnahme betrifft daher den Fall, dass die städtebauliche Ordnung einen Flächennutzungsplan überhaupt nicht erfordert, weil der Bebauungsplan allein ausreicht. Insoweit wird das Prinzip der Zweistufigkeit der Bauleitplanung aufgegeben, weil der Bebauungsplan zugleich die Funktion des nicht vorhandenen Flächennutzungsplans erfüllt. 423

421 422

Seewald, in: DÖV 1981, 849 (852). Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 116f.

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Der Anwendungsbereich des selbständigen Bebauungsplans i. S.v. § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB setzt voraus, dass die Probleme der städtebaulichen Entwicklung, die sich in der Gemeinde stellen, in ihrer Gesamtheit von „dem“ Bebauungsplan, d. h. von einem einzigen Bebauungsplan, geordnet werden können, also ein Koordinations- und Steuerungsbedarf über das Plangebiet des Bebauungsplans hinaus nicht besteht. 424 Dies ist nur in sehr kleinen Gemeinden mit geringer Siedlungstätigkeit und auch im sonstigen Gemeindegebiet unbedeutsamen Bodennutzungen der Fall, so dass der Anwendungsbereich des selbständigen Bebauungsplan – insbesondere nach der Durchführung der Kommunalreformen und der damit einhergehenden Komplexität der städtebaulichen Entwicklung eines Gemeindegebiets auch im ländlichen Raum – äußerst gering ist. 425 Der selbständige Bebauungsplan muss nicht flächennutzungsplanersetzend in seinem räumlichen Geltungsbereich das gesamte Gemeindegebiet umfassen. Erforderlich ist vielmehr, dass ein solcher Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung in der Gemeinde zu ordnen. Da dem räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplans wegen der notwendigen Parzellenschärfe maßstäbliche Grenzen gesetzt sind, würde § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB praktisch unanwendbar sein, wenn man für ihn das gesamte Gemeindegebiet als Geltungsbereich fordern würde. Es kommt somit nicht auf den räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans an, sondern auf seine gemeindeumfassende Ordnungskraft. 426 Reicht zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung ein einziger Bebauungsplan nicht aus, sondern bedarf es hierfür zweier oder mehrerer Bebauungspläne, ist § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB nicht anwendbar. Dies ergibt sich insoweit aus dem Wortlaut der Vorschrift. Nicht ohne Grund verwendet § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB den Singular, wenn es heißt, „der“ Bebauungsplan müsse ausreichen, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. 427 Eine punktuelle Überplanung des Gemeindegebiets ohne vorherige Ordnung durch den Flächennutzungsplan ginge nur über den Weg des vorzeitigen Bebauungsplans, der dann wiederum dringende Gründe für die vorzeitige Bebauungsplanung verlangt und überdies darauf achtet, dass die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets nicht beeinträchtigt wird. Diese zur Wahrung des Prinzips der Zweistufigkeit der Bauleitplanung hochgesetzte Voraussetzung des vorzeitigen Bebauungsplans würde unterlaufen, 423 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (78f.); Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 114; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 114. 424 Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 117; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 776. 425 Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 117; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 777; Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 117. 426 So auch Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 117f.; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 777. 427 Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 118.

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wenn man § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB auch dann für anwendbar hielte, wenn nicht ein Bebauungsplan allein, sondern erst eine Mehrheit von Bebauungsplänen das hinreichende Gewicht zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung besitzt. 428 (2) Der vorzeitige Bebauungsplan Nach § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB kann ein Bebauungsplan aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird. Dieser als vorzeitiger Bebauungsplan bezeichnete Bauleitplan stellt eine echte Ausnahme von dem Grundsatz der planerischen Vorrangigkeit des Flächennutzungsplans gegenüber dem Bebauungsplan dar. Sie betrifft den Fall, dass ein Flächennutzungsplan zur Gewährleistung der städtebaulichen Ordnung zwar erforderlich ist, aber bis zu dem Zeitpunkt, zu dem zwingende Gründe den Erlass eines Bebauungsplans erfordern, noch nicht aufgestellt werden konnte. § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB durchbricht insoweit die sonst geforderte Stufenfolge der Planung und beseitigt damit die formelle Abhängigkeit des Bebauungsplans vom Vorliegen eines Flächennutzungsplans. 429 Mit dieser bereits im BBauG 1960 angelegten Regelung soll verhindert werden, dass ein konkretes städtebauliches Problem deswegen nicht mit den Mitteln der verbindlichen Bauleitplanung angegangen und bewältigt werden kann, weil das in der Form des Flächennutzungsplans zu beschließende planerische Gesamtkonzept für die Gemeinde noch nicht vorliegt 430 oder aber wegen Rechtsmängeln unwirksam ist oder geworden ist 431 und eine parallele Aufstellung beider Bauleitpläne ebenfalls nicht erfolgt. 432 Das Erfordernis fehlender bzw. unwirksamer Flächennutzungsplanung steckt dabei nicht nur den Anwendungsbereich des vorzeitigen Bebauungsplans ab, sondern begrenzt ihn zugleich: Sobald ein wirksamer Flächennutzungsplan vorhanden ist, müssen fortan die Bebauungspläne der Gemeinde aus ihm oder – bei beabsichtigten Änderungen des Flächennutzungsplans – auch parallel zu ihm entwickelt werden. 433 Anders als der selbständige Bebauungsplan in § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB braucht der vorzeitige Bebauungsplan keine gemeindeumfassende Ordnungskraft für die 428 Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 118; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 777. 429 BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (79). 430 BVerwG, Urteil v. 14. 12. 1984 –4 C 54/81, in: NVwZ 1985, S. 745ff.; BVerwG, Urteil v. 28. 02. 1975 – IV C 74.72, BVerwGE 48, 70 (77). 431 BVerwG, Beschluss v. 18. 12. 1991 – 4 N 2/89, in: NVwZ 1992, 882 (883). 432 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 768. 433 Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 120; BT-Drs. 8/2451, S. 17.

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städtebauliche Entwicklung des (noch nicht durch einen Flächennutzungsplan geordneten) Gemeindegebiets zu besitzen. Vielmehr steht er der Gemeinde überall dort als Planungsinstrumentarium zur Verfügung, wo rechtsverbindliche Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung erforderlich sind, und kann sich daher auf die Ordnung seines räumlichen Geltungsbereichs beschränken. 434 Der insoweit allerorts einsetzbare vorzeitige Bebauungsplan stellt dennoch keine vollständige Abkehr vom Flächennutzungsplan dar. Vielmehr verlangt § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB „dringende Gründe“ für seine Festsetzung. Diese liegen vor, wenn nach den konkreten städtebaulichen Erfordernissen des Einzelfalls eine geordnete städtebauliche Entwicklung die Festsetzung eines Bebauungsplans bereits vor Inkrafttreten des Flächennutzungsplans erfordert; d. h. wenn durch das Warten auf den Flächennutzungsplan für das ganze Gemeindegebiet die städtebauliche Entwicklung mehr gefährdet würde als durch einen vorzeitigen Bebauungsplan. 435 Entscheidend für das Vorliegen dringender Gründe ist daher das öffentliche Interesse an der Durchführung einer städtebaulich relevanten Maßnahme, das gegenüber einem Abwarten des Flächennutzungsplans aus objektiven Gründen überwiegen muss. 436 Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Erweiterungen oder Neuansiedlungen von Gewerbebetrieben zur Sicherung oder Neuschaffung von Arbeitsplätzen ohne den vorzeitigen Bebauungsplan nicht durchgeführt werden können oder wenn bestimmte Infrastrukturmaßnahmen besonders dringend erforderlich sind. 437 Demgegenüber liegen nach der obergerichtlichen Rechtsprechung dringende Gründe nicht vor, wenn mit der Verwirklichung der Planung in einem absehbaren Zeitpunkt nicht zu rechnen ist 438 oder genügend Zeit für die Aufstellung eines Flächennutzungsplans bleibt. In diesem Fall ist die Ausarbeitung des Flächennutzungsplans abzuwarten; die vorzeitige Aufstellung eines Bebauungsplans ist dann nicht zwingend erforderlich. 439 Der Umstand als solcher, dass der Flächennutzungsplan erst in einigen Jahren vorliegen kann, ist kein Merkmal, das entscheidend dafür sein muss, ob der geordneten städtebaulichen Entwicklung das Abwarten auf den Flächennutzungsplan oder das Aufstellen eines vorzeitigen Bebauungsplans dient. Die Vorwerfbarkeit von Verzögerungen beim Aufstellen des Flächennutzungsplans mag ein Anlass für kommunalrechtliches Einschreiten sein, ist aber kein geeignetes Merkmal für die Beantwortung der Frage, ob dringende Gründe einen Bebauungsplan vor dem Flächennutzungsplan erfordern. 434

Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 120. BVerwG, Urteil v. 14. 12. 1984 –4 C 54/81, in: NVwZ 1985, S. 745; Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 120. 436 Reidt, in: Gelzer / Bracher / Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 201. 437 Bielenberg / Runkel, in: EZB, § 8 Rn. 21; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 27. 01. 1972 – II 217.70, in: BRS 25 Nr. 18; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 315. 438 VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 19. 02. 1975 – II 786/74, in: BRS 29 Nr. 9. 439 VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 10. 07. 1972 – II 529/72, in: BRS 25 Nr. 5. 435

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Diese Frage ist vielmehr danach zu beantworten, was objektiv in der konkreten Situation zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung geboten ist, und zwar ohne Berücksichtigung etwaigen Verwaltungsverschuldens für zurückliegendes zögerliches Handeln, da ein solches keinen städtebaulichen Bezug hat. 440 Als weitere gesetzliche Voraussetzung für den vorzeitigen Bebauungsplan verlangt § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB, dass der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen darf. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass sich der Bebauungsplan – sobald bereits kommunale Überlegungen zur beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung vorhanden sind – in die gemeindlichen Vorstellungen zum Gesamtkonzept für das Gemeindegebiet einfügt. Durch dieses Gebot wird der vorzeitige Bebauungsplan den zum Zeitpunkt seiner Aufstellung vorhandenen Vorstellungen der Gemeinde von ihrer städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets unterworfen, indem er nur zugelassen wird, wenn er ihnen nicht entgegensteht. 441 Allerdings ist es erforderlich, dass sich die Planungsabsichten der Gemeinde soweit manifestiert haben, dass sie schon „Absichten“ und nicht nur erste Überlegungen oder bloße Vorstellungen sind, also dass sie bereits eine gewisse Verfestigung erreicht haben und die Gemeinde Fakten für eine Bindung geschaffen hat. 442 Da es sich bei dem Gebot in § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB gewissermaßen um den Rest der sich aus dem Entwicklungsgebot ergebenden Anforderungen 443 handelt und es mithin um die Wahrung des Prinzips der Zweistufigkeit geht, müssen diese „Absichten“ Vorstufen der Flächennutzungsplanung sein und in Beschlüssen der Vertretungskörperschaften (Rat, Ausschüsse) ihren Ausdruck gefunden haben. Welche städtebauliche Entwicklung beabsichtigt ist, kann sich insoweit aus in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplanentwürfen, aus einem von der Gemeindevertretung beschlossenen städtebaulichen Rahmenplan oder aus sonstigen informellen Planungen sowie aus der Vorprägung durch Festsetzungen in bereits vorhandenen Bebauungsplänen in der Nachbarschaft ergeben. 444 Solange berücksichtigungsfähige Absichten in diesem Sinne noch nicht bestehen, ist der vorzeitige Bebauungsplan nicht gebunden. Folglich setzt § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB auch nicht voraus, dass von dem Instrument des vorzeitigen Bebauungsplans erst und nur Gebrauch gemacht werden darf, wenn hinreichend verfestigte Absichten der städtebaulichen Entwicklung vorliegen, an denen der 440

BVerwG, Urteil v. 14. 12. 1984 – 4 C 54/81, in: NVwZ 1985, S. 745 (746). BayVGH, Urteil v. 15. 01. 1997 –26 N 96.2907, in: Juris; Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 121; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 119; Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 142. 442 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 770; Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 121. 443 BayVGH, Urteil v. 15. 01. 1997 – 26 N 96.2907, in: Juris. 444 Finkelnburg, FS für Weyreuther, S. 121; Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 142. 441

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vorzeitige Bebauungsplan gemessen werden kann. Ob sich ein Flächennutzungsplan in Aufstellung befindet, ist daher im Rahmen des § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB irrelevant. 445 Die Pflicht zur Aufstellung eines nachfolgenden Flächennutzungsplans bleibt aber unberührt. Insofern gestattet § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB nur eine zeitlich begrenzte Ausnahme vom Entwicklungsgebot. Die Gemeinde muss die Aufstellung des Flächennutzungsplans ernsthaft beabsichtigen. Ansonsten läge ein Fall des selbständigen Bebauungsplans i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB vor, nach dem ein Flächennutzungsplan nicht erforderlich ist. 446 Die Gemeinde ist bei der Aufstellung des nachfolgenden Flächennutzungsplans grundsätzlich nicht an bereits vorliegende Bebauungspläne gebunden. Dies gilt auch für das Verhältnis des vorzeitigen Bebauungsplans zum später aufgestellten Flächennutzungsplan. Abweichende Darstellungen im Flächennutzungsplan sind daher zulässig, soweit sich die planerischen Ziele der Gemeinde geändert haben. Allerdings sind die Festsetzungen des Bebauungsplans und die hierdurch erfolgte Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundstückseigentums in der Abwägung zu berücksichtigen. 447 (3) Der unecht vorzeitige Bebauungsplan Der Grundsatz des § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB, dass ein vorzeitiger Bebauungsplan unzulässig ist, wenn ein wirksamer Flächennutzungsplan besteht, wird in § 8 Abs. 4 S. 2 BauGB für den Fall durchbrochen, dass bei einer Gebiets- oder Bestandsänderung einer Gemeinde – beispielsweise auf Grund von Gemeindezusammenschlüssen, sog. Eingemeindungen – oder einer sonstigen Veränderung der Zuständigkeit für die Aufstellung des Flächennutzungsplans – etwa durch Bildung eines Planungsverbandes – der bestehende Flächennutzungsplan fortbesteht. 448 In diesem Fall ist die Aufstellung eines Bebauungsplans auch dann zulässig, wenn der Flächennutzungsplan noch nicht entsprechend der geänderten Situation ergänzt oder geändert wurde. Die Gemeinden können von diesem sog. unecht vorzeitigen Bebauungsplan Gebrauch machen, sofern dringende Gründe es erfordern und der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegensteht. Dabei ist es für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans gem. § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB unbeachtlich, wenn das Vorliegen dringender Gründe nicht richtig beurteilt wurde. Beim unecht vorzeitigen Bebauungsplan wird der Flächennutzungsplan seiner zugewiesenen Funktion für 445

Peine, in: JZ 1987, 322 (326); Finkelnburg, FS für Weyreuther, 1993, S. 121. Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 129f. 447 Gierke, in: Brügelmann, § 8 Rn. 131. 448 Löhr, in: B / K/L, § 8 Rn. 14; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 318; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 772. 446

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

die gesamtgemeindliche städtebauliche Entwicklung im Rahmen des zweistufigen Systems der Bauleitplanung vollends enthoben. 449 Allerdings befreit diese Regelung die Gemeinde oder den an ihre Stelle getretenen Verband oder eine andere Gebietskörperschaft nicht davon, ihren Flächennutzungsplan durch einen neuen zu ersetzen oder zu ergänzen. 450 Insofern wird dann der umgekehrte Weg beschritten, die konkretindividuellen Festsetzungen des Bebauungsplans sollen im Wege der Anpassung in das grobmaschige Raster des Flächennutzungsplans übertragen werden. 451 2. Flächennutzungsplan und sonstige formelle Planungen Zu den neben der Bauleitplanung bestehenden sonstigen formellen städtebaulichen Planungen zählen zum einen die sog. Innenbereichssatzungen i. S.v. § 34 Abs. 4 und 5 BauGB – hierzu a) – und zum anderen die Außenbereichs-Bausatzung i. S.v. § 35 Abs. 6 BauGB – hierzu b). Soweit für Gemeindegebiete (wirksame) Bebauungspläne i. S. d. § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB nicht vorhanden sind, hat der Gesetzgeber hiermit Regelungen geschaffen, die das Anliegen der geordneten städtebaulichen Entwicklung auch in allen übrigen Gemeindegebieten verwirklichen. Während der Innenbereich nach § 34 BauGB für die bauliche Nutzung zur Verfügung steht, soll der Außenbereich nach § 35 BauGB grundsätzlich von Bebauung frei bleiben. 452 a) Innenbereichssatzungen i. S.v. § 34 Abs. 4 und 5 BauGB § 34 BauGB regelt die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, die nicht im Geltungsbereich eines gültigen Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB liegen. Ob eine Bebauung einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil darstellt, hängt grundsätzlich von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. 453 Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Für den Fall, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO genannten Baugebiete entspricht, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich danach (§ 34 Abs. 2 BauGB). Unabhängig davon haben 449

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 774. Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 318. 451 So auch Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 774. 452 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 1. 453 Rieger, in: Schrödter, § 34 Rn. 1. 450

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die Gemeinden die Möglichkeit, den Begriff der im Zusammenhang bebauten Ortsteile durch das Planungsinstrumentarium der Innenbereichssatzungen i. S.v. § 34 Abs. 4 BauGB auszugestalten. 454 Mit § 34 Abs. 4 BauGB ist ihnen insoweit ein Mittel an die Hand gegeben, durch Satzung den im Zusammenhang bebauten Ortsteil deklaratorisch oder konstitutiv festzulegen, indem sie die Grenzen des im Zusammenhang bebauten Ortsteils – teils durch Einbeziehung von Außenbereichsflächen in den Innenbereich – festlegen oder nach den tatsächlichen Verhältnissen als Außenbereich zu beurteilende Flächen als im Zusammenhang bebaute Ortsteile, also Innenbereiche bestimmen. 455 Damit sollen Streitigkeiten über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Innen- oder zum Außenbereich für künftige Baugenehmigungsverfahren ausgeschlossen werden. Diese Grenzziehung ist – wie insbesondere die Rechtsprechung zeigt – in der Praxis mit zahlreichen Zweifelsfragen belastet. Der Gesetzgeber wollte den Gemeinden mit der Satzungsbefugnis nach § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB ein Instrument an die Hand gegeben, solche Zweifelsfragen vorab normativ auszuräumen und dadurch das einzelne Baugenehmigungsverfahren vom Streit über die Zugehörigkeit des Baugrundstücks zum Innenbereich entlasten. 456 Der Gemeinde stehen hierfür drei unterschiedliche Arten von Innenbereichssatzungen zur Verfügungen, die gem. § 34 Abs. 4 S. 2 BauGB miteinander verbunden werden können: die sog. Abgrenzungs- oder Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB – hierzu unter (1), die Entwicklungssatzung nach § 34 Abs. 4 S. Nr. 2 BauGB – hierzu unter (2) – und die Ergänzungs- oder Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB – hierzu unter (3). Schwerpunkt der folgenden Darstellung ist das Verhältnis der einzelnen Innenbereichssatzungen zum zugrunde liegenden Flächennutzungsplan. (1) Abgrenzungs- bzw. Klarstellungssatzung Gem. § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB kann die Gemeinde durch eine sog. Abgrenzungs- bzw. Klarstellungssatzung die Grenzen für den im Zusammenhang bebauten Ortsteil festlegen. Voraussetzung für den Erlass der Klarstellungssatzung ist allein ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i. S. d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB. Weitere inhaltliche Vorgaben sieht § 34 Abs. 5 S. 1 BauGB nur für die Satzungen nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BauGB vor; diese müssen ausdrücklich mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein. Dass das Gesetz für die Klarstellungssatzung keine entsprechende inhaltliche Anordnung trifft, 454 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 124. 455 Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 10. 456 BVerwG, Urteil v. 18. 05. 1990 –4 C 37/87, in: NVwZ 1991, S. 61 unter Hinweis auf BT-Drs. 7/4793, S. 34.

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liegt an deren Anwendungsbereich. 457 Die Klarstellungsatzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB gibt den Gemeinden nur die Möglichkeit, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die Grenzen der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, so wie dieser Begriff in § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB vorgegeben ist, klarstellend nachzuziehen. 458 Die Festlegung der Grenzen beurteilt sich dabei nach den allgemeinen Grundsätzen der Reichweite des Bebauungszusammenhangs, insbesondere hinsichtlich der Grenzziehung zum Außenbereich. 459 Wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft, richtet sich danach, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang (noch) angehört. 460 Hierüber ist nicht nach geographischmathematischen Maßstäben, sondern nur auf Grund einer umfassenden Wertung und Bewertung des im Einzelfall gegebenen konkreten Sachverhalts zu entscheiden. 461 Grundlage und Ausgangspunkt einer solchen wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie andere topographische Verhältnisse wie Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse etc.). 462 Den Gemeinden ist es damit lediglich ermöglicht, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils anzuwenden; Außenbereichsgrundstücke dürfen sie demgegenüber in eine solche Satzung nicht einbeziehen. Auch eine planerische Gestaltungsfreiheit oder eine Ermächtigung, bewusst von den gesetzlichen Vorgaben und hier insbesondere von der Definition des im Zusammenhang bebauten Ortsteils abzuweichen, ist ihnen nicht eingeräumt. 463 Es handelt sich daher nur um Gesetzesvollzug, zwar nicht in der konkretindividuellen Form eines Verwaltungsakts, wie etwa bei der Erteilung einer Baugenehmigung, so doch in konkretgenereller Form, wobei ein Aspekt, der später für den Erlass von Baugenehmigungen relevant werden kann, vorab vor die Klammer gezogen und durch eine untergesetzliche Rechtsnorm geregelt wird. 464 Insoweit geht die überwiegende Ansicht deshalb mit Recht davon 457 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 126; Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 97; Dürr, in: Brügelmann, § 34 Rn. 126. 458 Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, 34 Rn. 76; Schink, in: DVBl. 1999, 367 (369). 459 Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 96. 460 BVerwG, Urteil v. 01. 12. 1972 – IV C 6.71, BVerwGE 41, 227 (233); Urteil v. 19. 09. 1986 – 4 C 15.84, BVerwGE 75, 34 (37). 461 BVerwG, Urteil v. 06. 12. 1967 – IV C 94.66, BVerwGE 28, 268 (272); Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 25. 462 BVerwG, Urteil v. 12. 12. 1990 – 4 C 40.87, in: BauR 1991, 308 (309). 463 Schink, in: DVBl. 1999, 367 (369). 464 Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 34 Rn. 76.

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aus, dass der Feststellung der Grenze des Innenbereichs lediglich deklaratorische Bedeutung zukommt. 465 Fraglich ist allerdings, ob sie sich hierin auch erschöpft 466 oder ob ihr zumindest auch konstitutive Wirkung in dem Sinne zukommen kann, dass der Gemeinde von der Zielsetzung dieser Satzungsermächtigung her ein Beurteilungsspielraum dahin zusteht, Zweifelsfragen mit konstitutiver Wirkung zu klären. 467 Wie bereits ausgeführt sollen durch das Planungsinstrumentarium der Innenbereichssatzungen Streitigkeiten über die Zugehörigkeit eines Baugrundstücks zum Innen- oder zum Außenbereich ausgeschlossen werden. 468 Die Schaffung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit ist insoweit primäres Gebot auch der Klarstellungssatzung. Mit dieser Zielsetzung wäre eine Satzung, deren Inhalt eine bloße Subsumtion unter den Begriff des im Zusammenhang bebauten Ortsteils darstellt, nicht zu vereinbaren. Eine Satzung mit rein deklaratorischem Charakter wäre nicht nur überflüssig, sondern auch immer dann nichtig, wenn die Gemeinde den Begriff des im Zusammenhang bebauten Ortsteils fehlerhaft angewendet hätte. 469 Denn für die Bauherren soll hierdurch gerade für die Anwendung in der Praxis Rechtssicherheit darüber hergestellt werden, ob ein Grundstück zum im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehört oder nicht. 470 Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es eine gesetzliche Definition des Begriffs des im Zusammenhang bebauten Ortsteils nicht gibt und dass über die Reichweite des Bebauungszusammenhangs, der diese Voraussetzungen erfüllt, Streitigkeiten bestehen können, die durch das Instrument der Klarstellungssatzung gerade beseitigt werden sollen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Satzungsermächtigung der Gemeinde einen Beurteilungsspielraum dahin gibt, in Zweifelsfragen die Zugehörigkeit zum Bebauungszusammenhang konstitutiv zu klären. Für eine normativ verbindliche Regelung spricht zudem das Wort „festlegen“ in § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB; eine nur deklaratorische Wirkung wäre damit nicht zu vereinbaren und ist daher aus rechtsdogmatischen sowie praxisbezogenen Erwägungen abzulehnen. 471 Der Erlass der Klarstellungssatzung und damit die Möglichkeit zu rechtsnormativer Gestaltung steht grundsätzlich im freien Ermessen der Gemeinde und wird durch die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht berührt. Die Zulässigkeit 465

So auch BVerwG, Urteil v. 18. 05. 1990 – 4 C 37/87, in: NVwZ 1991, S. 61. So z. B. Jäde, in: Jäde / Dirnberger / Weiss, § 34 Rn. 40. 467 Schink, in: DVBl. 1999, 367 (369) unter Hinweis auf BayVGH, Urteil v. 28. 05. 1993 – 1 N 92.537, in: BauR 1993, 573 (575). 468 BVerwG, Urteil v. 18. 05. 1990 – 4 C 37/87, in: NVwZ 1991, S. 61. 469 Schink, in: DVBl. 1999, 367 (369); BayVGH, Urteil v. 28. 05. 1993 –1 N 92.537, in: BauR 1993, 573 (575) unter Bezugnahme auf Jäde, in: Jäde / Dirnberger / Weiss, § 34 Rn. 39. 470 Schink, in: DVBl. 1999, 367 (369) unter Hinweis auf Jeand’Heur, in: NVwZ 1995, 1174 (1177). 471 So ebenfalls Schink, in: DVBl. 1999, 367 (369); Dürr, in: Brügelmann, § 34 Rn. 114. 466

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von Vorhaben nach der planersatzartigen Vorschrift des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB legitimiert sich unmittelbar aus dem Gesetz; die Darstellungen des Flächennutzungsplans haben hierauf keine Auswirkung. Da sich der gesetzliche Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB durch den Erlass einer Klarstellungssatzung nur geringfügig verändert, ist auch eine Bindung der Klarstellungssatzung an den Flächennutzungsplan nicht angezeigt. 472 (2) Entwicklungssatzung Nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB kann die Gemeinde durch Satzung bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind. Der Erlass einer sog. Entwicklungssatzung im Sinne der Nr. 2 setzt – im Unterschied zur Klarstellungssatzung – gerade nicht voraus, dass ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorhanden ist, da sie bebaute Bereiche im Außenbereich konstitutiv als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen soll, also ohne dass die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen, etwa die Ortsteilqualität (z. B. Splittersiedlung) oder der Bebauungszusammenhang (z. B. Streubebauung), vorliegen. Es muss allerdings wenigstens ein Ansatz zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil vorhanden sein, da auch eine Entwicklungssatzung ein Mindestmaß an räumlicher Zuordnung und prägender Wirkung der vorhandenen Bebauung verlangt. Andernfalls könnte § 34 Abs. 1 BauGB, dessen Anwendung über die Satzung gerade ermöglicht werden soll, seine Wirkung nicht entfalten. 473 Ausgangspunkt für die Festlegung der bebauten Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile sind danach allein die dem Außenbereich i. S. d. § 35 BauGB zuzuordnende Flächen, die in bestimmter Weise bebaut sind. Rechtlich gehören diese zum Außenbereich, durch die Entwicklungssatzung können sie aber dem Innenbereich nach § 34 BauGB zugeordnet werden. 474 Welche Qualität der vorhandene bebaute Bereich, auf den sich die Entwicklungssatzung erstrecken soll, im Einzelnen haben muss, d. h. welche konkreten Anforderungen an Struktur und Größe des bebauten Bereichs zu stellen sind, benennt das Gesetz in § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB nicht. Vor dem Hintergrund, dass die Entwicklungssatzung dazu dient, den vorhandenen Siedlungsansatz im Außenbereich zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu entwickeln, wäre eine Baufläche im Außenbereich, die nicht wenigstens diese Zielrichtung verfolgt, jedoch nicht in die Systematik der §§ 30ff. BauGB einzuordnen, die nur die drei Bereiche des beplanten Innenbereichs, des nichtbeplanten Innenbereichs und des Außenbereichs kennt. 475 472

Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 126. Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 34 Rn. 77. 474 Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 100. 475 Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 34 Rn. 77 unter Hinweis auf Dürr, in: Brügelmann, § 34 Rn. 117. 473

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Voraussetzung für den Erlass einer Entwicklungssatzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB ist daher zum einen eine vorhandene Bebauung, von der prägende Wirkung i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB für zukünftige Bauvorhaben ausgehen kann, und zum anderen eine Darstellung der Flächen, auf die sich die Satzung erstreckt, und damit insbesondere eine Darstellung der Außenbereichsflächen als Bauflächen im Flächennutzungsplan. Das Erfordernis des bebauten Bereichs im Außenbereich stellt zunächst klar, dass ohne vorhandene Bebauung eine Satzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB nicht erlassen werden darf. Es müssen Siedlungsansätze vorhanden sein, die geeignet sind, die „Eigenart der näheren Umgebung“ i. S. d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB in hinreichender Weise zu prägen. Denn nur soweit sich aus der vorhandenen Bebauung die Eigenart der näheren Umgebung bestimmen lässt, in die sich das Vorhaben einfügen muss, sind die Voraussetzungen für eine Anwendung der Innenbereichssatzung zu bejahen. 476 Bebaute Bereiche im Außenbereich sind daher in einem bestimmten räumlichen Zusammenhang stehende Ansammlungen von Gebäuden, bei denen nicht nur ein ganz untergeordneter Siedlungssplitter vorhanden ist, sondern ein Bebauungszusammenhang vorliegt, dem es nur noch an der Ortsteileigenschaft fehlt. 477 Wann diese Voraussetzungen gegeben sind, ist eine Frage des Einzelfalls. 478 Die Bereiche müssen wesentliche Ansätze für die Entwicklung in Richtung eines Wohnortes aufweisen, ohne dass aber die Ortsteileigenschaft i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB zu bejahen ist. 479 Eine Wohnbebauung von „einigem Gewicht“ liegt insoweit nur vor, wenn zumindest mehrere nicht landwirtschaftliche Wohngebäude vorhanden sind; die Bereiche also nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind. Dies bedeutet einerseits, dass landwirtschaftliche Betriebe nicht den Erlass der Satzung hindern, andererseits darf von ihnen nicht eine überwiegende Prägung des bebauten Bereichs ausgehen. 480 Erforderlich ist weiterhin, dass die in der Satzung bezeichnete Fläche im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt ist. Der Begriff der Baufläche ist dabei an die Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (BauNVO) angelehnt. Gem. § 1 Abs. 1 BauNVO sind Bauflächen Flächen, die die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung als Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen, gewerbliche Bauflächen oder Sonderbauflächen im Flächennutzungsplan darstellen. Dies setzt einen wirksamen Flächennutzungsplan voraus. Gemeinden, die nicht oder noch nicht auf einen 476 477 478 479 480

Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 66. Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 101; Jäde, in: Jäde / Dirnberger / Weiss, § 34 Rn. 42. Schink, in: DVBl. 1999, 367 (371). Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 169. Koppitz, Bauvorhaben im Außenbereich, Rn. 184; Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 169.

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wirksamen Flächennutzungsplan zurückgreifen können, haben damit nicht die Möglichkeit, im Außenbereich, auch ohne Bebauungsplan, bebaubare Flächen zu schaffen. 481 Die strikte Bindung an den Flächennutzungsplan soll gewährleisten, dass der Erlass der Entwicklungssatzung in Abstimmung mit der geordneten städtebaulichen Entwicklung im gesamten Gemeindegebiet sowie unter Berücksichtigung der spezifischen Außenbereichsbelange erfolgt. 482 Die Satzung wird insoweit an die gemeindlichen Entwicklungsziele gebunden und steht daher im Einklang mit dem im Städtebaurecht vorherrschenden Planmäßigkeitsprinzip. 483 Die Verknüpfung von Flächennutzungsplan und Entwicklungssatzung kommt auch in der entsprechenden Anwendung des Entwicklungsgebots i. S.v. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB zum Ausdruck. Da die Situation mit derjenigen vergleichbar ist, wie sie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen vorliegt, bestehen keine Bedenken, die Grundsätze, die für das Entwickeln von Bebauungsplänen gelten, auch auf die Satzung anzuwenden. 484 Eine Bebauung, die innerhalb des in der Satzung festgelegten Bereichs nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB zulässig ist, ist mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans daher vereinbar, wenn sie aus dem Flächennutzungsplan i. S.v. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB entwickelt worden ist. 485 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die bestehende Bebauung im Außenbereich bereits einer im Flächennutzungsplan dokumentierten Baufläche entspricht. In der Entwicklungssatzung wird dann ein entsprechendes Baugebiet in Übereinstimmung mit den im Flächennutzungsplan festgelegten gemeindlichen Entwicklungszielen abgeleitet. Aus der Darstellung „gemischte Baufläche“ kann somit etwa ein Dorfgebiet i. S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO, ein Mischgebiet i. S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO oder ein Kerngebiet i. S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO werden. Bei diesen als homogene Baugebiete bezeichneten Flächen i. S.v. § 34 Abs. 2 BauGB können bereits daraus hinreichende Kriterien für die Zulässigkeit einzelner Vorhaben entnommen werden. 486 Schwieriger gestaltet sich dies hingegen bei inhomogenen Gebieten, also solchen, die keinem der Baugebiete des § 1 Abs. 2 BauNVO entsprechen und somit auch nicht eindeutig aus der im Flächennutzungsplan dargestellten Baufläche hergeleitet werden können. 487 Unabhängig davon muss die Entwicklungssatzung 481

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 810. Vgl. Amtliche Begründung, BT-Drs. 10/4630, S. 88. 483 Greiving, in: VerwArch 89 (1998), 585 (591); Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 105; zum Planmäßigkeitsprinzip siehe 2. Kapitel, A. II. 484 Gerhards, in: BauR 1990, 667 (672). 485 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 129. 486 Greiving, in: VerwArch 89 (1998), 585 (591). 487 Greiving, in: VerwArch 89 (1998), 585 (591); Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 129. 482

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aber dort zulässig sein, wo die vorhandenen Siedlungsansätze zu einer mit der Darstellung im Flächennutzungsplan vereinbaren Bebauung führen, also immer dann, wenn mit einzelnen Festsetzungen, die die Zulässigkeit präzisieren, sie etwa auf Wohngebäude beschränken, die städtebaulichen Konflikte gelöst werden können. 488 Für genau diese Fälle ist § 34 Abs. 5 S. 2 BauGB eingeführt worden. Danach können in den Satzungen nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und 3 BauGB einzelne Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 und 3 S. 1 sowie Abs. 4 BauGB zur Ergänzung der Satzungsbestimmungen im Rahmen des von § 34 BauGB allgemein vorgegebenen Gebietscharakters getroffen werden. Die Festsetzungen haben insbesondere die Aufgabe, aus Gründen der geordneten städtebaulichen Entwicklung die Zulässigkeitskriterien für Vorhaben i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB zu präzisieren oder nach den Vorstellungen der Gemeinde zu ergänzen (§ 1 Abs. 3 S. 1 BauGB). 489 Das Verfahren zur Aufstellung der Entwicklungssatzung richtet sich gem. § 34 Abs. 6 S. 1 BauGB nach den Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung i. S.v. § 13 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauGB. Die Satzung wird gem. §§ 34 Abs. 6 S. 2, 10 Abs. 3 BauGB ortsüblich bekannt gemacht. (3) Ergänzungs- bzw. Einbeziehungssatzung Die sog. Ergänzungs- bzw. Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB erlaubt es der Gemeinde, einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 Abs. 1 BauGB einzubeziehen. Die Vorschrift des § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB beschränkt sich daher nicht auf ein „Abrunden“ des bebauten Bereichs im Sinne einer Begradigung der Grenze zwischen Innenbereich und Außenbereich, 490 sondern allein darauf, dass die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind. 491 Die städtebauliche Situation muss so sein, dass sich aus der vorhandenen Bebauung des Innenbereichs die Prägung der bisherigen Außenbereichsflächen nach Art und Maß ergibt. 492 Das Erfordernis der „prägenden“ Wirkung der Umgebung auf die einbezogene Fläche knüpft an den allgemeinen Grundsatz an, dass im Hinblick auf den nach § 34 BauGB zu fordernden Bebauungszusammenhang aus dem angrenzenden Bereich hinreichende Zulässigkeitskriterien für die Bestimmung der baulichen Nutzung auf den einzubeziehenden Außenbereichsflächen entnommen werden können. Darin liegt zugleich die Rechtfertigung für die Ergänzungs- bzw. Einbeziehungssatzung, durch Einbe488

Greiving, in: VerwArch 89 (1998), 585 (591). Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 73. 490 So aber die frühere Regelung der sog. Abrundungssatzung nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB 1987: BVerwG, Urteil v. 18. 05. 1990 – 4 C 37.87, in: BauR 1990, S. 451. 491 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 69; Dürr, in: Brügelmann, § 34 Rn. 122f. 492 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 69. 489

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

ziehung von Außenbereichsflächen in den grundsätzlich bebaubaren Innenbereich eine bauliche Entwicklung zu ermöglichen. Soweit sachlich und räumlich eine Prägung des angrenzenden Bereichs auf die in Betracht kommenden Außenbereichsflächen gegeben ist, können diese einbezogen werden. Maßgeblich ist die Reichweite der Prägung aus dem angrenzenden bebauten Bereich auf die Außenbereichsflächen, da insoweit auch die erforderlichen Zulässigkeitsmerkmale des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB im Hinblick auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, für die Bebaubarkeit der Außenbereichsflächen entnommen werden können, also der angrenzende Bereich Bestandteil des jeweiligen im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. 493 Im Gegensatz zur Entwicklungssatzung i. S.v. § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB wird die Ergänzungssatzung in § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB nicht ausdrücklich an die Darstellungen des Flächennutzungsplans gebunden. Gem. § 34 Abs. 5 S. 2 und 3 BauGB a. F. bedurfte die Ergänzungssatzung der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (S. 2), soweit die Satzung nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden war (S. 3). Mit Wegfall dieser Regelung 494 kann eine Ungebundenheit der Satzung an den Flächennutzungsplan auch nicht mehr daraus gefolgert werden, dass im Umkehrschluss die Bebauung, die im Geltungsbereich der Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässig ist, nicht zwingend entsprechend § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB als aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein muss. 495 Das Verhältnis der Ergänzungssatzung zum Flächennutzungsplan zeigt sich vielmehr in der Vorschrift des § 34 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 BauGB. Danach muss die Satzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein. Dies bedeutet, dass die Einbeziehung der einzelnen Außenbereichsflächen in den Innenbereich den bauleitplanerischen Ordnungszielen in § 1 Abs. 3 bis 7 BauGB nicht widersprechen darf. 496 Die Gemeinde hat insoweit insbesondere das baurechtliche Planungsbedürfnis in § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB zu beachten. 497 Danach besteht eine Pflicht zur Aufstellung von Bauleitplänen i. S.v. § 1 Abs. 2 BauGB, wenn diese nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich sind. 498 Ausgangspunkt ist stets die vorgefundene Außenbe493

Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 117. Mit Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau (EAG-Bau 2004) am 20. 07. 2004 (BGBl. I (2004), S. 1359) wurde der bisherige Abs. 5 S. 2 und 3 zum Zwecke der Deregulierung und Verfahrensvereinfachung aufgehoben. Die Befugnis der Länder nach § 246 Abs. 1a BauGB blieb hiervon unberührt, vgl. Amtliche Begründung, BT-Drs. 15/ 2996, S. 67. 495 So noch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 132, die in diesem Zusammenhang noch von der Abrundungssatzung spricht. 496 BGH, Urteil v. 05. 12. 1991 – III ZR 167/90, in: BauR 1992, S. 201; Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 106. 497 Söfker, in: EZB, § 34 Rn. 106. 498 Siehe oben 2. Kapitel, A. II. 2. 494

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reichssituation. Immer dann, wenn schon wegen der Größe der einzubeziehenden Bauflächen eine Konfliktbewältigung nur durch Bebauungsplan möglich ist, weil nur dieser eine umfassende Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher Belange im Planverfahren gewährleistet, ist die Aufstellung einer Satzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB unzulässig. 499 Denn von einer bestimmten Flächengröße an ist die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich, um die bauliche Entwicklung den heutigen städtebaulichen Vorschriften entsprechend zu ordnen. Dabei ist nicht eine bestimmte Quadratmeterzahl maßgeblich, sondern die Frage, ob durch die Einbeziehung der Fläche ein Planungsbedürfnis entsteht. 500 Nach der Rechtsprechung des BVerwG war ein solches Bedürfnis jedenfalls dann anzunehmen, wenn mangels hinreichender Prägung durch die vorhandene Bebauung in der Umgebung der Beurteilungsmaßstab des § 34 Abs. 1 BauGB seine Wirkung nicht mehr entfalten kann. 501 Zwar hat dieser Gesichtspunkt dadurch an Bedeutung verloren, dass es bei der Ergänzungssatzung ohnehin auf die Prägung durch die Umgebung ankommt. Ein Planungsbedürfnis und damit eine Unvereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung besteht aber auch dann, wenn die Einbeziehung einzelner Außenbereichsflächen in den unbeplanten Innenbereich erhebliche Konflikte aufwirft, die nur durch eine planerische Kompensationslösung bewältigt werden können. Solche planerischen Kompensationslösungen können über die Satzungsinstrumente des § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB nicht getroffen werden, sondern sind allein innerhalb der gesetzlich vorgesehenen zweistufigen Bauleitplanung zu erreichen. 502 Die Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung schließt deshalb die Einbeziehung solcher Bereiche aus, für welche die Zuordnung zum Innenbereich weitere städtebauliche Regelungen – wie insbesondere Umweltschutzauflagen wegen bestehender Umweltschutzkonflikte auf Grund des Nebeneinanders von miteinander nicht zu vereinbarenden Nutzungen – erforderlich macht. 503 Das gleiche gilt, wenn wegen eines „diffusen Gebietscharakters“ eine geordnete städtebauliche Entwicklung durch Einbeziehung von Außenbereichsflächen in den Innenbereich nicht sichergestellt ist, d. h. eine den städtebaulichen Zielen der Gemeinde widersprechende inhomogene Struktur entstehen kann. 504

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Schink, in: DVBl. 1999, 367 (372) unter Hinweis auf Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 34 Rn. 80a. 500 Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 34 Rn. 80a. 501 BVerwG, Urteil v. 18. 05. 1990 – 4 C 37.87, in: BauR 1990, 451 (452). 502 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 71; Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 34 Rn. 80a; Schink, in: DVBl. 1999, 367 (372f.). 503 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 71 unter Bezugnahme auf OVG Saarlouis, Beschluss v. 14. 09. 1981 – 2 N 4/80, in: NVwZ 1982, S. 125. 504 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 71; Hofherr, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 34 Rn. 80a.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

Gem. § 1 Abs. 1 BauGB soll die Vorbereitung und Leitung der Grundstücksnutzung, soweit sie städtebaulich relevant ist, durch die Bauleitplanung erfolgen. Das Institut der Bauleitplanung ist durch das BauGB abschließend geregelt. Dies gilt insbesondere für die Arten der Bauleitpläne, nämlich den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan i. S.v. § 1 Abs. 2 BauGB. 505 Nach diesem als Planmäßigkeitsprinzip 506 bezeichneten Grundsatz des Städtebaurechts darf die Gemeinde die Baurechtslage nur auf Grundlage dieser gesetzlich normierten Pläne regeln, wobei insbesondere der Flächennutzungsplan als die erste Stufe des gesetzlich normierten, planungsrechtlichen Instituts der Bauleitplanung die Grundkonzeption der Planungsvorstellungen der Gemeinde enthält. Im Umkehrschluss heißt dies, dass die Gemeinde ihr gesamtgemeindliches städtebauliches Entwicklungsund Ordnungskonzept nicht durch Aufstellen von Innenbereichssatzungen umgehen darf. 507 Eine Satzung ist dann nicht mehr mit der im Flächennutzungsplan niedergelegten städtebaulichen Entwicklung und Ordnung vereinbar, wenn diese Entwicklung und Ordnung durch die infolge der Satzung zulässige Bebauung beeinträchtigt wird. 508 Das ist der Fall, wenn sie Auswirkungen auf die planerische Konzeption des Flächennutzungsplans für den größeren Raum hat, also für das gesamte Gemeindegebiet, oder für einen über das Satzungsgebiet hinausgehenden Ortsteil. 509 Mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ist es insoweit nicht vereinbar, wenn im Fall des § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB Außenbereichsflächen in den Innenbereich einbezogen werden, für die der Flächennutzungsplan gezielt andere Darstellungen trifft, die bei einer Einbeziehung der Fläche in den unbeplanten Innenbereich nicht realisiert werden können. 510 Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn für die betreffenden Grundstücke im Flächennutzungsplan eine mit der Einbeziehung in den Innenbereich nicht zu vereinbarende städtebaulich bedeutsame Funktion dargestellt ist, wie etwa Darstellungen für Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs oder des überörtlichen Verkehrs, welche durch die Einbeziehung des Grundstücks in den Innenbereich zunichte gemacht würden. 511 Im Ergebnis ist daher auch die Ergänzungs- bzw. Einbeziehungssatzung an das gemeindegebietsweite Grundkonzept des Flächennutzungsplans gebunden. 505

Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 16. Siehe oben 2. Kapitel, A. II. 507 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 133 mit Hinweis auf Gerhards, in: BauR 1990, 667 (671). 508 Gerhards, in: BauR 1990, 667 (671); Greiving, in: VerwArch 89 (1998), 585 (593); Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 133. 509 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 133; Battis, in: B / K/L, § 214 Rn. 12; siehe auch oben 4. Kapitel, B. II. 1. a). 510 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 71; Schink, in: DVBl. 1999, 367 (373). 511 Krautzberger, in: B / K/L, § 34 Rn. 71, der zugleich darauf hinweist: Sofern der Flächennutzungsplan jedoch andere Nutzungsmöglichkeiten nicht gezielt ausschließt – wie beispielsweise bei der bloßen Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft –, steht dies der Einbeziehung in einer Innenbereichssatzung nicht entgegen. 506

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b) Außenbereichs-Bausatzung i. S.v. § 35 Abs. 6 BauGB Gem. § 35 Abs. 6 S. 1 BauGB kann die Gemeinde für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Abs. 2 nicht entgegengehalten werden kann, sie widersprechen einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald oder ließen die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Diese sog. Außenbereichs-Bausatzung kann nach § 35 Abs. 6 S. 2 BauGB auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. Mit dieser Ermächtigung zum Erlass derartiger Satzungen hat der Gesetzgeber den Gemeinden nach den Klarstellungs-, Entwicklungs- und Ergänzungssatzungen i. S. d. § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB ein weiteres Instrument zur planerischen Bewältigung städtebaulicher Übergangslagen zwischen Innen- und Außenbereich an die Hand gegeben. Voraussetzung ist zunächst das Vorliegen eines bebauten Bereichs im Außenbereich, also das Vorhandensein von Siedlungsansätzen, die die Eigenart der näheren Umgebung prägen, ohne aber bereits Bebauungszusammenhänge i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB zu begründen (sog. Übergangslagen). 512 Aus diesem Unterschied ergeben sich auch die verschiedenen Zielrichtungen beider Vorschriften: Während § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB eine Entwicklung des bebauten Bereichs im Außenbereich zu einem Ortsteil i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB einleiten will, soll § 35 Abs. 6 BauGB eine städtebaulich sinnvolle Nutzung von Splittersiedlungen im Außenbereich ermöglichen, 513 allerdings ohne die Intention der Erweiterung der bestehenden Splittersiedlungen oder gar die Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. 514 Zwar kommt in den Satzungsermächtigungen sowohl des § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB als auch des § 35 Abs. 6 BauGB das Bedürfnis zum Ausdruck, den von derartigen Siedlungsansätzen ausgehenden Siedlungsdruck in geordnete städtebauliche Bahnen zu lenken, in ihrem Inhalt und in ihren Rechtswirkungen jedoch unterscheiden sich die nach diesen unterschiedlichen Ermächtigungsnormen erlassenen Satzungen in grundlegender Weise. 515 Anders als Satzungen nach § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB, die Baurechte im Sinne des Abs. 1 verbindlich klarstellen, indem sie Flächen, die zum Außenbereich gehören, dem Innenbereich konstitutiv zuordnen, begründen Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB keine unmittelbare Baulandqualität für die von ihnen erfassten Flächen. 516 Die Außenbereichs-Bausatzung ändert 512

Degenhart, in: DVBl. 1993, S. 177. Dürr, in: Brügelmann, § 35 Rn. 175 unter Hinweis auf die amtliche Begründung, BT-Drs. 11/5972, S. 10. 514 Niedersächsisches OVG, Urteil v. 27. 07. 2000 –1 L 4472/99; Schink, in: DVBl. 1999, 367 (373); Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 168. 515 Degenhart, in: DVBl. 1993, S. 177; Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 118. 513

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

insbesondere nichts an der Zuordnung zum Außenbereich; sie modifiziert lediglich die Zulässigkeitsvoraussetzungen sonstiger, nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierter Vorhaben, indem sie bestimmte, den Außenbereichsvorhaben sonst regelmäßig entgegenstehende öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BauGB konstitutiv ausräumt. 517 Denn den Vorhaben kann in Abweichung zu diesen Vorschriften gerade nicht entgegengehalten werden, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Dies berücksichtigt zum einen, dass für solche bebauten Bereiche im Außenbereich der Flächennutzungsplan oftmals die Darstellung „landwirtschaftliche Fläche“ oder „Wald“ enthält. Zum anderen hat die Ausnahme der Erweiterung der Splittersiedlung – wie sie zusätzlich in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 Var. 3 BauGB normiert ist – zur Konsequenz, dass eine Ausweitung der Bebauung außerhalb des vorhandenen bebauten Bereichs durch die Außenbereichssatzung nicht begünstigt werden kann. 518 Insoweit kann die Außenbereichssatzung in der Tat die planerische Bewältigung städtebaulicher Konfliktsituationen ermöglichen, wie sie in Übergangsbereichen zwischen Innen- und Außenbereich typischerweise auftreten. 519 Systematisch gesehen stellt § 35 Abs. 6 BauGB deshalb ein Steuerungsinstrument dar, mit dem die Gemeinde sonstigen, nicht privilegierten Vorhaben im Außenbereich erleichterte Zulässigkeitsvoraussetzungen verschafft, anstatt die Begünstigungstatbestände nach § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB durch Gesetz auszuweiten. 520 Unberührt bleibt jedoch die Bedeutung aller anderen nach § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB maßgeblichen öffentlichen Belange; sie sind von der Zulässigkeitsprüfung nicht ausgenommen. 521 Sonstige, nicht privilegierte Vorhaben, die durch die Satzung erleichtert werden sollen, können nach § 35 Abs. 2 BauGB daher nur zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung andere rechtserhebliche öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Hierin liegt der maßgebliche Unterschied bei der Beurteilung der Zulässigkeit sonstiger Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) gegenüber der Zulässigkeit privilegierter Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB). Da sonstige Vorhaben nur im „Einzelfall“, d. h. ausnahmsweise zulässig sind, muss bei der Abwägung zwischen dem beabsichtigten Vorhaben und den hierbei möglicherweise berührten öffentlichen Belangen darauf abgestellt werden, dass öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden. Privilegierte Vorhaben sind dem516 Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 118; Degenhart, in: DVBl. 1993, S. 177; Dürr, in: Brügelmann, § 35 Rn. 175. 517 Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 118; Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 35 Rn. 132. 518 Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 174. 519 Degenhart, in: DVBl. 1993, S. 177. 520 Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 168. 521 Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 174.

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gegenüber bereits zulässig, wenn ihnen öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Diese unterschiedliche Bewertung der öffentlichen Belange trägt dem Umstand Rechnung, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der privilegierten Vorhaben für den Außenbereich bereits „generell geplant“ hat. Die bloße Beeinträchtigung öffentlicher Belange macht ein privilegiertes Vorhaben daher nicht schon unzulässig; der Privilegierung entspricht insofern ein stärkeres Durchsetzungsvermögen gegenüber öffentlichen Belangen. 522 Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass der Außenbereich weitestgehend von baulichen Anlagen freigehalten wird, sofern diese nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich gehören und auf Grund dessen privilegiert zulässig sind. 523 Der Erlass einer Außenbereichssatzung erfordert zweitens das Vorhandensein eines bebauten Bereichs im Außenbereich mit einer Wohnbebauung von einigem Gewicht. Daraus folgt, dass es für die Anwendung des § 35 Abs. 6 BauGB nicht genügt, wenn einzelne Wohngebäude vorhanden sind. Vielmehr muss es sich um eine Bebauung von einigem städtebaulichen Gewicht handeln, das die grundsätzliche Entscheidung des BauGB für die Freihaltung des Außenbereichs von baulicher Nutzung in relevantem Maße berührt. 524 Die bebauten Bereiche müssen bereits wesentliche Ansätze für die Entwicklung in Richtung eines Wohnorts aufweisen. 525 Dies wird man annehmen können, wenn in dem betreffenden Bereich eine Wohnbebauung vorhanden ist, die nach Zahl und Größe der Gebäude im Verhältnis zu der sonstigen Bebauung nicht völlig untergeordnet ist. 526 Abstrakte Aussagen hinsichtlich einer bestimmten Gebäudezahl als Voraussetzung für eine Wohnbebauung von einigem Gewicht sind insoweit allerdings nicht möglich, weil das Gewicht der Wohnbebauung maßgeblich auch von der Größe der Gebäude abhängt. Vielmehr ist im Einzelfall auf die konkrete Situation abzustellen. 527 Als typischer Fall i. S.v. § 35 Abs. 6 S. 1 BauGB wird nicht nur das Vorliegen einer sog. Splittersiedlung angesehen, sondern auch die Entstehung einer solcher. Denn die Anwendung des öffentlichen Belangs des „Entstehens einer Splittersiedlung“ soll durch die Satzung nach § 35 Abs. 6 S. 1 BauGB ausgeschlossen werden können. 528 Der bebaute Satzungsbereich darf drittens nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sein. Damit soll der Außenbereich als Produktionsraum für die Landwirt522

Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 40. BVerwG, Urteil v. 06. 12. 1967 – IV C 94.66, BVerwGE 28, 268 (274). 524 Degenhart, in: DVBl. 1993, S. 177. 525 Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 119 mit weiteren Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung. 526 Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 35 Rn. 134. 527 Dürr, in: Brügelmann, § 35 Rn. 177; Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 119; Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 35 Rn. 134. 528 Schink, in: DVBl. 1999, 367 (374). 523

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schaft erhalten und geschützt werden. 529 Diese planungsrechtliche Vorgabe darf insoweit nicht über die Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der Satzung umgangen werden. Auch wenn dieser Geltungsbereich so abgegrenzt wird, dass er im Wesentlichen nur den bereits vorhandenen Baubestand umfasst, weitere der landwirtschaftlichen Produktion dienende Grundstücksflächen aber ausklammert, so bleibt doch entscheidend, ob diese landwirtschaftliche Produktion insgesamt dem betroffenen Bereich bestimmendes Gepräge verleiht. 530 Abzustellen ist hierbei auf die städtebauliche Struktur, nach der ein großer landwirtschaftlicher Betrieb immer noch einen Bereich mit mehreren kleinen Wohngebäuden in seiner Umgebung überwiegend prägen kann. Auf die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe oder ihre flächen- und gebäudemäßige Größe kommt es deshalb nicht an. 531 Selbst wenn es an einer landwirtschaftlichen Prägung fehlt, kann es im Satzungsgebiet dennoch zu immissionsschutzrechtlichen Konflikten zwischen Landwirtschaft und Wohnen kommen. Deren Lösung wird durch § 35 Abs. 6 S. 4 Nr. 1 BauGB gefordert, wenn dort verlangt wird, dass die Satzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein muss. 532 Dieses Gebot trägt dem Umstand Rechnung, dass der Außenbereichssatzung, durch die planungsrechtliche Einwände gegen Außenbereichsvorhaben konstitutiv ausgeräumt werden, eine konkrete bodenrechtliche Planungsentscheidung zugrunde liegt. Dies erfordert eine an den Planungsleitlinien des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB orientierte sachgerechte Abwägung der betroffenen Belange, wie sie für jede städtebauliche Planung mit dem Ziel einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vorzunehmen ist. 533 Nicht vorausgesetzt wird die Darstellung des Satzungsgebiets als Baufläche im Flächennutzungsplan. Dies folgt aus einem Vergleich mit den Voraussetzungen für die Entwicklungssatzung i. S. d. § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB, die eine Darstellung der in der Satzung einbezogenen Flächen als Baufläche ausdrücklich anordnen. Hieraus wird zum Teil abgeleitet, dass es insoweit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar ist, wenn das Satzungsgebiet zu Gunsten einer anderen baulichen Entwicklung als der, die durch Satzung erleichtert werden soll, Darstellungen enthält. Eine solche Auslegung ist jedoch nur partiell zutreffend. Nach § 35 Abs. 6 S. 1 BauGB kann den in der Satzung festgelegten, Wohnzwecken dienenden Vorhaben zumindest nicht entgegengehalten werden, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen. 534 Unberührt bleibt dennoch die Bedeutung anderer 529

Degenhart, in: DVBl. 1993, S. 177 (178); Schink, in: DVBl. 1999, 367 (374). Degenhart, in: DVBl. 1993, S. 177 (178). 531 Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 35 Rn. 135; Schink, in: DVBl. 1999, 367 (374). 532 So auch Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paerow, § 35 Rn. 135. 533 Roeser, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 35 Rn. 140. 534 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 223. 530

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Darstellungen des Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB. 535 Insoweit ist die Zulässigkeit einer Außenbereichssatzung an die Darstellungen des Flächennutzungsplans gebunden. Dies folgt ferner aus dem Erfordernis der Vereinbarkeit der Außenbereichssatzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nach § 35 Abs. 6 S. 4 Nr. 1 BauGB. Denn gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB ist bereits im Flächennutzungsplan für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Dieses gesamtgemeindliche Grundkonzept für die beabsichtigte geordnete städtebauliche Entwicklung darf durch die Außenbereichssatzung nicht umgangen werden; der insoweit in einem gesetzlich geregelten Verfahren zum Ausdruck gekommene planerische Willen der Gemeinde spiegelt sich in den Darstellungen des Flächennutzungsplans wieder. 3. Flächennutzungsplan und sog. informelle städtebauliche Planungen Nach dem BauGB kommt dem Flächennutzungsplan eine zentrale Bedeutung für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung zu. Angesichts der inzwischen notwendig gewordenen Komplexität des Flächennutzungsplans auf Grund seiner weitreichenden Verflechtungen im System der räumlichen Planungen und der damit einhergehenden mangelnden Flexibilität infolge umfangreicher materieller und formeller Anforderungen haben sich neben der gesetzlich fundierten Bauleitplanung die sog. informellen städtebaulichen Planungen als wesentliche Planungsinstrumentarien in der Praxis etabliert. 536 Als Bindeglied zwischen der Landes- und Regionalplanung einerseits und der Bauleitplanung andererseits sowie „zwischen“ bzw. „neben“ Flächennutzungsplan und Bebauungsplan kommt den informellen städtebaulichen Planungen ein eigener Stellenwert in der Planungspraxis zu. Trotz ihrer unterschiedlichen Formen – wie z. B. Kreis-, Stadt- (Orts-) Entwicklungspläne, städtebauliche Entwicklungspläne, Rahmenpläne, Strukturpläne oder Dorfentwicklungs- und Dorferneuerungspläne –, ihrer inhaltlichen Besonderheiten und räumlich differierenden Geltungsbereiche lassen sich drei wesentliche, auf die städtebauliche Entwicklung ausgerichtete Planungen als bundesweit akzeptiert ausmachen: die „kommunale und die städtebauliche Entwicklungsplanung“ – siehe unter a) –, die „städtebauliche Rahmenplanung“ – siehe unter b) – sowie die „städtebaulichen Entwicklungskonzepte“ – siehe unter c). Auch der Gesetzgeber hat die Bedeutung der informellen Planungen frühzeitig erkannt und bereits durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbaugesetzes 535

Söfker, in: EZB, § 35 Rn. 174. An dieser Stelle soll nur allgemein auf die Bedeutung und Funktion informeller städtebaulicher Planungen und Konzeptionen eingegangen werden. Ausführlich zum Verhältnis von Flächennutzungsplanung und sonstige informelle Planung siehe unten: 5. Kapitel. 536

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

vom 18. 08. 1976 537 die städtebauliche Entwicklungsplanung in das Städtebaurecht eingeführt. 538 Zwar wurde die Regelung des § 1 Abs. 5 BBauG durch das am 01. 07. 1987 in Kraft getretene BauGB nicht übernommen, da nach der Ansicht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 539 die Bedeutung der Entwicklungsplanung für das Planungshandeln unbeschadet einer Nichterwähnung im Gesetz nicht geschmälert werde. Mit dem Inkrafttreten des BauROG 1998 sind die informellen („sonstigen“) städtebaulichen Planungen im Sinne einer Klarstellung aber ausdrücklich wieder in ein Verhältnis zur formellen Bauleitplanung gesetzt und nunmehr durch das EAG Bau 2004 um die städtebaulichen Entwicklungskonzepte ergänzt worden (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB). a) Kommunale und städtebauliche Entwicklungsplanung Die städtebauliche Entwicklungsplanung wird in Anlehnung an den Regierungsentwurf zur Änderung des BBauG im Jahre 1974 540 als Teil einer umfassenden Entwicklungsplanung der Gemeinde verstanden, die als übergeordnete Planung für den Gesamtbereich Zielvorstellungen entwickelt und die gemeindlichen Tätigkeiten aufeinander abstimmt. Sie setzt den Rahmen für eine insbesondere den sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Erfordernissen dienende städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets einschließlich der raumwirksamen Investitionen der Gemeinde und deren Zeit- und Rangfolgen. Sachinhaltlich ist insoweit zwischen der umfassenden kommunalen Entwicklungsplanung und der städtebaulichen Entwicklungsplanung zu unterscheiden. In der städtebaulichen Entwicklungsplanung, die Teil der kommunalen Entwicklungsplanung ist, schlagen sich die räumlichen Auswirkungen letzterer nieder. 541 Die räumliche Entwicklung ist danach Bestandteil einer umfassenden gesellschaftspolitischen Entwicklung, durch die auch soziale, kulturelle und wirtschaftliche Erfordernisse gesteuert werden. 542 Als ressortübergreifende, koordinierende Planung der gesamtgemeindlichen Entwicklung, die die verschiedenen Ressortplanungen – wie etwa die Planung der Verkehrswege des öffentlichen Nahverkehrs, der schulischen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen, des Gewerbes, des Sports, des Wasserhaushalts, und die Finanzplanung – auf eine Zielvorstellung ausrichtet und aufeinander abstimmt, hebt sich die städtebauliche Entwicklungsplanung deutlich von der herkömmli537 538 539 540 541 542

BGBl. I (1976), S. 2221. Vgl. § 1 Abs. 5 BBauG. BT-Drs. 10/6166, S. 146. BT-Drs. 7/2496, S. 4 (§ 1 BBauG). Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 70. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 70.

B. System der städtebaulichen Planung

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chen Bauleitplanung ab. Da die Bauleitplanung „lediglich“ auf die Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke beschränkt ist, ist sie nicht in der Lage, diese Planungsaufgabe zu erfüllen. 543 Unabhängig von der im konkreten Einzelfall gewählten Form der städtebaulichen Entwicklungsplanung 544 werden ihre Inhalte für die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans daher unterstützend herangezogen. Allerdings führt die in den letzten Jahren vorgenommene sektorale und oftmals auch räumliche Beschränkung der städtebaulichen Entwicklungsplanung dazu, dass bei einem Rückgriff auf die Entwicklungsplanung im allgemeinen nur sachliche Teilaspekte, also inhaltlich begrenzte Informationen bei der Erarbeitung des Flächennutzungsplans dienlich gemacht werden können. 545 Größere Bedeutung kommt der städtebaulichen Entwicklungsplanung im Hinblick auf die Verknüpfung und Koordination des Flächennutzungsplans mit den Fachplanungen zu. Vor allem in diesem die räumliche Entwicklung maßgeblich beeinflussenden Feld kann die städtebauliche Entwicklungsplanung Entlastungen für die Flächennutzungsplanung im Zusammenhang mit Abstimmungs- und Zielsetzungsfragen bringen. 546 b) Städtebauliche Rahmenplanung Die städtebauliche Rahmenplanung konzentriert sich im Gegensatz zur umfassenden kommunalen Entwicklungsplanung auf räumlich und sachlich begrenzte Teilbereiche. Sie stellt damit ein variabeles Planungsinstrument dar, das sowohl auf kleinräumiger (Stadt- und Ortsteil) als auch auf großräumiger Ebene (Gemeindegebiet und angrenzende Bereiche von Gemeinden) eingesetzt wird. 547 Der Anlass für die Erarbeitung eines Rahmenplans kann beispielsweise die Notwendigkeit sein, die städtebauliche Entwicklungsplanung oder die Flächennutzungsplanung für Teilräume oder sachliche Teilbereiche zu differenzieren und zu präzisieren, um damit u. a. die Entwicklung der Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu erleichtern oder für nicht qualifiziert überplante Bebauungsplangebiete bauliche Entwicklungs-, Gestaltungs- und Ordnungskonzepte – wie Verkehrs- und 543 Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 169; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 70; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 73. 544 In Anlehnung an Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 73 lässt sich die Entwicklungsplanung unterscheiden in Stadtentwicklungsprogramme, räumlichfunktionale Entwicklungskonzepte, Regionalkonzepte, sektorale Entwicklungsplanung, Stadtteilentwicklungsplanung sowie die Dorfentwicklungsplanung und Kreisentwicklungsplanung. 545 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 72; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 73. 546 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 73. 547 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 74; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 73.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

Freiraumkonzeptionen – zu erarbeiten. 548 Ihm kommt mithin die Aufgabe zu, die städtebaulichen Verflechtungen zwischen dem den engeren räumlichen Bereich beschreibenden Bebauungsplan und dem gesamtgemeindlichen Flächennutzungsplan im Hinblick auf die jeweiligen Teilräume aufzuzeigen; er entfaltet insoweit eine gewisse Lenkungswirkung. 549 Die Aufstellung eines städtebaulichen Rahmenplans bietet sich in erster Linie für die Stadtbereiche an, die einem zunehmenden Veränderungsdruck unterliegen und für die die Erarbeitung eines Handlungskonzeptes besonders wichtig ist, zweitens für Stadtbereiche, die von einem qualifizierten Bebauungsplan nicht erfasst werden, drittens für solche mit einem veralteten Flächennutzungsplan und viertens für Stadtbereiche, die städtebauliche Defizite und Missstände aufweisen, um diese zu analysieren, sektoral aufzuarbeiten und daraus ein Ordnungs- und Gestaltungskonzept zu entwicklen. 550 Die Rahmenplanung, die in diesem Sinne die Bauleitplanung als Bestandteil des Planungsvorgangs ergänzt, ist rechtlich nicht verankert. Sie unterliegt weder bestimmten verfahrensrechtlichen Vorschriften über ihr Zustandekommen noch der Rechtskontrolle. Es handelt sich bei ihr um eine informelle Planung, die – ebenso wie die kommunale Entwicklungsplanung – keine Bindungswirkungen auslöst und mithin keinerlei unmittelbar nach außen gerichtete Rechtsverbindlichkeit entfalten kann. 551 Dennoch ist ihr eine faktische Bindungswirkung, und zwar für die Gemeinde selbst, beizumessen, soweit sie die Planung beschlossen hat. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen, einerseits für die Aufstellung von Bauleitplänen, andererseits für die Planungssituation in der Gemeinde. So kann von der vorgezogenen Bürgerbeteiligung abgesehen werden, wenn die Unterrichtung und Erörterung über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt ist (§ 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB). Gleiches gilt für die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, auch wenn dies nicht explizit geregelt ist. Eine solche „andere Grundlage“ kann durch die Aufstellung einer städtebaulichen Rahmenplanung vorliegen und damit zu einer Planungsbeschleunigung beitragen. 552 Die Leitlinien städtebaulicher Rahmenpläne sind zudem als abwägungserhebliche Belange bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen, ohne eine Selbstbindung des Planungsermessens zu begründen. Der Gemeinderat darf daher von den Zie548 Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 70; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 75; Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 92. 549 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 76. 550 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 76; Koppitz, in: Koppitz / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 70. 551 VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss v. 27. 07. 1995 –3 S 1288/93, in: UPR 1996, S. 117; Finkeldei, in: Koppitz / Finkeldei / Schwarting, Der Flächennutzungsplan in der kommunalen Praxis, Rn. 80; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 77. 552 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 77.

C. Zwischenergebnis

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len eines Rahmenplans abweichen, um veränderten Planungsvorstellungen und tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Die Tatsache der Abweichung muss dem Gemeinderat aber bewusst und die Abweichungsgründe müssen frei von Abwägungsfehlern sein. 553 c) Städtebauliche Entwicklungskonzepte Der Begriff der städtebaulichen Entwicklungskonzepte umfasst ganzheitliche gebietsbezogene, städtebauliche Planungen, die im Sinne auch einer Gesamtsteuerung der Gemeindeentwicklung aufgestellt und fortgeschrieben werden. 554 Bei ihnen stehen Aussagen zur angestrebten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets oder von Teilen des Gemeindegebiets in allen in Betracht kommenden städtebaulichen Angelegenheiten oder nur in sachlichen Teilbereichen im Mittelpunkt. Die städtebaulichen Entwicklungskonzepte können sich demnach auf bestimmte Stadtteile und auf städtebauliche Maßnahmegebiete beziehen sowie planerische Konzeptionen zum Gegenstand haben, die die Entwicklung bestimmter Nutzungen in Gemeindegebieten – wie beispielsweise Einzelhandelskonzepte oder Fremdenverkehrskonzepte – beinhalten oder die die Entwicklung der Infrastruktur, des Verkehrs-, des Schul- und des Sportwesens betreffen. 555 Städtebauliche Entwicklungskonzepte können zudem auch auf bestimmte städtebauliche Maßnahmen bezogen sein und spielen insofern eine Rolle bei Stadtumbaumaßnahmen (§§ 171b Abs. 2, 171c BauGB) und bei Maßnahmen der „Sozialen Stadt“ (§ 171e Abs. 4 BauGB). Sie entfalten – ebenso wie die sonstigen städtebaulichen (informellen) Planungen i. S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB – keine unmittelbaren rechtlichen Wirkungen. 556

C. Zwischenergebnis zu „Einordnung des Flächennutzungsplans als Steuerungsinstrument in das Gesamtsystem der räumlichen Planungen“ Das Gesamtsystem der räumlichen Planungen basiert auf einem kaskadenartigen Ordnungsprinzip sich von oben nach unten konkretisierender und differenzierter räumlicher Nutzungsplanungen. Ausgangspunkt sind das Raumordnungsgesetz und die darin formulierten Leitvorstellungen und Grundsätze der Raumordnung, die auf übergeordneter Ebene von den Ländern in den jeweiligen Landesplanungs553 VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss v. 27. 07. 1995 –3 S 1288/93, in: UPR 1996, S. 117. 554 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 77. 555 Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 174. 556 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 81.

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4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

gesetzen übernommen, konkretisiert und ergänzt werden. Mit der Aufstellung von Landesentwicklungsprogrammen werden die raumrelevanten Vorgaben für Siedlungs- und Freiräume nach Maßgabe der Landesplanungsgesetze festgelegt und durch die Regionalplanung entsprechend den spezifischen regionalen Planungsproblemen konkretisiert. Hieran ist die örtliche Bauleitplanung grundsätzlich gebunden. 557 Regelungen stellen insofern sicher, dass die kleinerräumige Planung sich an die Vorgaben der größerräumigen Planung anpasst, dass aber umgekehrt auch die größerräumige Planung die Belange der kleinerräumigen Planung aufgreift und berücksichtigt. 558 Die Planungsinhalte werden also nicht streng hierarchisch von oben herab, d. h. von der Landes- über die Regional- bis hin zur Kommunalebene, sondern im sogenannten Gegenstromprinzip festgelegt. Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraumes einfügen; umgekehrt soll die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraumes aber auch die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (§ 1 Abs. 3 ROG). Die sich hieraus ableitenden wechselseitigen Beziehungen zwischen der räumlichen Planung für den Gesamtraum und der räumlichen Planung für die Teilräume sind durch mehr oder weniger starke korrelative Abhängigkeiten unterschiedlichster Art geprägt – wie beispielsweise durch einen gemeinsamen Ressourcenund Informationsbedarf, aber auch durch soziale, ökologische, vertragliche, gesetzliche oder geschäftliche Beziehungen. 559 Die sachgerechte Steuerung dieser multilateralen Interaktionsstrukturen und deren planerische Koordination im Hinblick auf die vielfältigen, an die Nutzung des unvermehrbaren Grund und Boden gestellten Anforderungen sind Voraussetzung für eine inhaltlich ausgewogene und organisatorisch abgestimmte räumliche Planung. Dem Flächennutzungsplan kommt hierbei eine entscheidende Bedeutung zu. Als Bindeglied zwischen der übergeordneten und überörtlichen Raumordnungsplanung, den Fachplanungen und der gemeindlichen Bebauungsplanung lässt sich der Flächennutzungsplan angesichts seiner inzwischen notwendig gewordenen Komplexität als ein flächenplanerisches „Management der Interdependenzen“ 560 verstehen, das zum Teil verbindliche, 561 zum Teil vorbereitende Regelungsstrukturen bereit stellt, mit denen ebenenübergreifend die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung für künftige Generationen miteinander in Einklang gebracht werden. Auf Grund dieser weitreichenden Verflechtungen 557 So auch Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 7. 558 So auch Fürst, Rodolph, Zimmermann, in: Steuerung durch Regionalplanung, S. 54. 559 Rudolph, in: Steuerung durch Regionalplanung, S. 78. 560 Vgl. Franzius, Funktionen des Verwaltungsrechts, S. 10 im Hinblick auf den Begriff der Steuerung. 561 So in Bezug auf Darstellungen des Flächennutzungsplans der in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bezeichneten Art.

C. Zwischenergebnis

223

nimmt der Flächennutzungsplan im gestuften System der räumlichen Planungen insoweit eine wichtige Schnittstelle zwischen den betreffenden Akteuren ein. Zum einen soll er sich an die übergeordneten und verbindlichen Festlegungen in Raumordnungsplänen, die Ziele der Raumordnung, anpassen und die darin enthaltenen Konkretisierungsspielräume ausfüllen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ROG i.V. m. § 1 Abs. 4 BauGB). Zum anderen soll er nachfolgende Bebauungsplanungen (§ 8 Abs. 2 S. 1 BauGB) sowie Fachplanungen (§ 7 BauGB) als ein behördengerichtetes, planungsbindendes Programm steuern. Denn mit der Aufstellung und Genehmigung eines Flächennutzungsplans hat die Gemeinde ihre Planungs- und Entwicklungsvorstellungen und die daraus resultierende Art der Bodennutzung dokumentiert. An diese Darstellungen ist sie bei der Planverwirklichung durch Bebauungspläne gebunden (sog. Entwicklungspflicht der Gemeinden, § 8 Abs. 2 BauGB). 562 Die Darstellungen des Flächennutzungsplans erzielen insoweit steuernde Wirkung. Bebauungspläne sind gem. § 8 Abs. 2 BauGB grundsätzlich aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Aus diesem gesetzlich normierten Gebot, die städtebauliche Entwicklung auf der Grundlage einer in sich stimmigen, integrierenden und koordinierenden raumbezogenen Grundkonzeption für das gesamte Gemeindegebiet zu steuern, folgt, dass Einzelplanungen und -projekte Teil eines kohärenten Gesamtkonzepts zur städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebietes sein sollen. 563 Dies gilt auch in Bezug auf überörtliche Planungen. Mit dem Flächennutzungsplan soll gleichzeitig eine Grundlage für die Planverwirklichung in der Weise geschaffen werden, dass im Rahmen der Entwicklung von Bebauungsplänen aus dem Flächennutzungsplan keine konkurrierenden Fachplanungen auftreten. Gem. § 7 S. 1 BauGB haben die Fachplanungsträger ihre Planungen den im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommenden Planungs- und Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde anzupassen, sofern sie im Aufstellungsverfahren beteiligt wurden und einzelnen Darstellungen nicht widersprochen haben (sog. Gebot der Harmonisierung von Flächennutzungsplanung und Fachplanung). Dies gilt grundsätzlich auch für die überörtliche Gesamtplanung. Das ihr zugrunde liegende Gegenstromprinzip in § 1 Abs. 3 ROG stellt sicher, dass die Raumordnung keine Planung von oben nach unten ist, sondern aus der Wechselwirkung gegenseitiger Berücksichtigungspflichten besteht. Das Prinzip der Wechselwirkungen wird dabei rahmenrechtlich in § 9 Abs. 2 S. 2 ROG um das Gebot erweitert, in der Regionalplanung die Flächennutzungspläne und die Ergebnisse der von den Gemeinden beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen entsprechend § 1 Abs. 3 ROG in der Abwägung nach § 7 Abs. 7 ROG zu berücksichtigen. 564 Der 562 Mit Ausnahme von § 8 Abs. 2 bis 4 BauGB: so auch Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 89. 563 Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 44. 564 Runkel, in: Bielenberg / Runkel / Spannowsky, K § 1 Rn. 98.

224

4. Kap.: Einordnung in das Gesamtsystem

Flächennutzungsplan ist damit planungsrechtliches Fundament nicht nur für die nachfolgende Bebauungsplanung, sondern auch für die nachfolgende überörtliche Raumordnungsplanung. Gerade durch die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommende Bündelung der unterschiedlichen, an den unvermehrbaren Grund und Boden gestellten Raumnutzungsansprüche sowie deren Intergration und Transformation in die gemeindlichen Entwicklungs- und Planungsvorstellungen machen die Aufstellung des Flächennutzungsplans erforderlich. Für das Ineinanderfließen und Aufeinanderabstimmen der auf den verschiedenen Planungsstufen verfolgten unterschiedlichen Planungsvorstellungen bietet der Flächennutzungsplan insoweit eine geeignete Plattform. Auf Grund der herausgehobenen Stellung im System der räumlichen Planungen ist er in der Lage, rahmensetzende Vorgaben für nachfolgende örtliche und überörtliche Planungen festzulegen. Die insoweit auf der Stufe der Flächennutzungsplanung vorzunehmende „Schichtplanung“ verdeutlicht die weitreichende Steuerungswirkung des Flächennutzungsplans. Seine Funktion als grundlegende Schnittstelle zwischen örtlicher Bebauungsplanung und überörtlicher Raumordnungsplanung macht es daher erforderlich, dass die Gemeinde zur Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und Ordnung den Flächennutzungsplan aufstellt und ihn den aktuellen Anforderungen laufend anpasst bzw. fortschreibt. 565 Schematisch dargestellt, ergibt dies – zentriert auf den Flächennutzungsplan im Hinblick auf seine Stellung und Wirkungen im System der räumlichen Planungen – folgendes Bild: 566

565

So im Ergebnis auch Mangels, Evaluation von Planwerken und Planungsprozessen der Raumplanung zur Erfolgskontrolle hinsichtlich Steuerungswirkung und Effizienz, S. 44. 566 In Anlehnung an Runkel, in: Flächennutzungsplanung im Umbruch, S. 104.

C. Zwischenergebnis

225

Regionalplan

Ziele

Grundsätze

Anpassungspflicht, §1 Abs. 4 BauGB

Berücksichtigungspflicht, §1 Abs. 6 BauGB

Flächennutzungsplan

Anpassung, sofern kein Widerspruch eingelegt, §7 BauGB

Fachplanungen

Entwicklungsgebot, §8 BauGB

Bebauungsplan

Beeinträchting öffentlicher Belange bei Widerspruch zu Darstellungen des Flächennutzungsplans; Eigene Planungsqualität durch Konzentrationszonen

Vorhaben im Außenbereich

Auf Grund seiner strategisch herausgehobenen Stellung erweist sich der Flächennutzungsplan in seiner Multifunktionalität somit als steuerndes Instrument für die Zusammenführung aller Raumnutzungsansprüche. Als gesamtordnendes Bodennutzungskonzept zielt er auf den Ausgleich miteinander kollidierender Interessen und deren Koordination und Integration zu einem ziel- und zweckgerichteten Konzept. Der Flächennutzungsplan trifft insoweit Aussagen über das „Wo“ und das „Was“ der Flächennutzung und greift damit steuernd in nachfolgende Planungsebenen ein. Gerade die flächenbezogene Verortung von Nutzungen sowie deren Darstellung in der Quantität geben in ihrer Gesamtheit somit einen verbindlichen Handlungs- und Entscheidungsrahmen für nachfolgende Planungen vor.

5. Kapitel

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse unter besonderer Beachtung der zukünftigen Bedeutung des Flächennutzungsplans für die städtebauliche Entwicklung der Gemeinden Das Städtebaurecht hat sich sowohl im Bereich der klassischen Raumordnung als auch im Schnittfeld der verschiedenen Steuerungsinstrumente weiterentwickelt und befindet sich angesichts veränderter Rahmenbedingungen und neuer Herausforderungen infolge des anhaltenden Flächenverbrauchs und der einsetzenden demographischen und wirtschaftlichen Veränderungen im Wandel. Die städtebauliche Entwicklung und Ordnung wird nicht mehr nur über Ziele und Grundsätze der gesetzlich normierten Bauleitplanung gesteuert. Vielmehr kommen neben diesen klassischen rechtlichen Steuerungsinstrumenten der vorbereitenden Flächennutzungs- und der verbindlichen Bebauungsplanung immer mehr informelle städtebaulichen Planungen zur Anwendung, die trotz der grundlegenden Bedeutung gerade des Flächennutzungsplans für die gesamtgemeindliche städtebauliche Entwicklung und Ordnung einen zunehmend höheren Stellenwert in der Planungspraxis einnehmen. Die – bereits in der Einleitung erwähnte – Untersuchung des Deutschen Instituts für Urbanistik aus den Jahren 1994/1995 1 bestätigt diese Annahme und kommt bei der in diesem Rahmen durchgeführten Umfrage zur Situation der Flächennutzungsplanung in rund 680 Gemeinden in den alten und neuen Bundesländern zu dem Schluss, dass dem Flächennutzungsplan – im Gegensatz zu seiner gesetzlich normierten Stellung als vorbereitende Planungsstufe im Gefüge des Bauleitplanverfahrens – eine steuernde Funktion nicht mehr zukommt. Ursächlich hierfür sind sowohl die hohen inhaltlichen und finanziellen Anforderungen als auch der enorme zeitliche Aufwand, der für die Aufstellung eines Flächennutzungsplans vom Beginn der ersten Vorarbeiten bis zum Abschluss des Verfahrens mindestens 7 ½ Jahre beträgt. 2 Der statische Charakter der Flächennutzungsplanung macht den Flächennutzungsplan zu einem unflexiblen Planungsinstrument. Notwendige 1 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung – Bestandsaufnahme und Perspektiven für die kommunale Praxis. 2 Vgl. oben: 1. Kapitel – Einführung und Problemstellung – unter Bezugnahme auf Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 88.

5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

227

Änderungen erfordern ein aufwendiges, sich nach strikten formellen Vorschriften richtendes Änderungsverfahren. 3 Der Anstoß zur Änderung wird vielfach von außen gesetzt und im Flächennutzungsplan lediglich nachvollzogen, bestenfalls in seinen Auswirkungen gemeindeweit abgeglichen. 4 Dies bedeutet, dass die Kriterien für die Entscheidung über Flächennutzungen kaum auf einer gesamtstädtischen Konzeption und Abschätzung beruhen, sondern von punktuellen, räumlich oder fachlich beschränkten Anlässen ausgehen. 5 Die bei der Schaffung der Bauleitplanung im Sinne einer räumlichen Gesamtplanung zugrundegelegten Vorstellungen des Gesetzgebers stehen insoweit im Widerspruch mit den rechtstatsächlichen und rechtspolitischen Fakten zur Flächennutzungsplanung. Es ist daher fraglich, ob der dem Flächennutzungsplan durch § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB zugewiesenen Steuerungs- und Lenkungsfunktion für die künftige städtebauliche Entwicklung in der Gemeinde noch Rechnung getragen werden kann. Der Konflikt des Flächennutzungsplans ist darin zu sehen, dass dieser einerseits auf aktuelle Bedürfnisse flexibel reagieren soll und Entwicklungsmöglichkeiten nicht einengen darf, andererseits Bestand haben und die Entwicklung längerfristig steuern soll. Ein an strikten formellen und materiellen Anforderungen gebundener Plan kann aber nur begrenzt flexibel und offen sein und gleichzeitig langfristig Planungssicherheit schaffen. 6 Informelle städtebaulichen Planungen sind an ein formelles Verfahren nicht gebunden; sie können flexibel an sich verändernde Rahmenbedingungen angepasst und fortgeschrieben werden. Gerade in Großstädten verlangt die dynamische Entwicklung von Einzelhandel und Freizeitnutzungen von der Stadtentwicklungsplanung neue Konzepte, Strategien und Maßnahmen, die sich den wandelnden gemeindlichen Vorstellungen von der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung kontinuierlich anpassen. Einer stagnierenden Bevölkerungs- und Kaufkraftentwicklung stehen ein verändertes Einkaufs- und Freizeitverhalten, steigende Mobilität sowie ein gravierender Strukturwandel im Handel gegenüber: Das Zeitbudget für Freizeitaktivitäten nimmt zu, die Bereitschaft, Zeit für Versorgungseinkäufe aufzuwenden, geht dagegen zurück. Erlebnisaspekte gewinnen an Bedeutung, Konsumgewohnheiten werden flexibler und beziehen sich auf ein weiträumiges Einzugsgebiet. 7 Die elementaren Lebensbereiche Wohnen, Arbeiten / Ausbildung und Erholung sind mit steigender Mobilität der Bevölkerung nicht mehr unter einem einheitlichen „kommunalen Dach“ angesiedelt, sondern verteilen sich auf die Gebiete benachbarter Gemeinden. 8 3

Mitschang, in: Flächennutzungsplanung im Umbruch, S. 22. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 78ff. 5 Löhr, in: FS für Schlichter, S 229 (234). 6 Löhr, in: FS für Schlichter, S 229 (239); Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 94. 7 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, Stadtentwicklungsplan Zentren 2020, S. 13. 4

228

5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

Auf Grund dieser potentiellen Auswirkungen auf die Gemeindestruktur gehört die Steuerung aller relevanten Indikatoren einer gesamtstädtisch ausgewogenen Entwicklung zu den Schlüsselaufgaben der informellen städtebaulichen Planungen. Als ressortübergreifende, koordinierende Gesamtkonzeptionen einer umfassenden gesellschaftspolitischen Entwicklung, durch die auch soziale, kulturelle und wirtschaftliche Erfordernisse gesteuert werden, setzen sie den Rahmen für eine gesamtgemeindliche integrative Entwicklung in ihrem Planungsbereich. Die über die rein räumliche Umgrenzung hinausgehende informelle Planung unterscheidet sich insoweit von der auf die Leitung und Ordnung der baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke beschränkten traditionellen Bauleitplanung. 9 Die flexible Handhabung im Hinblick auf die städtebaulichen Potentiale und Bedürfnisse sowie auf ein räumliches Ordnungsgefüge machen die Fortschreibung des Flächennutzungsplan unter Hinweis auf den aktuelleren und flexibleren Entwicklungsplan für nicht wenige Gemeinden entbehrlich. Aufbauend auf einem einmal möglichst weitgefassten und die möglichen Entwicklungsalternativen berücksichtigenden Flächennutzungsplan können die informellen städtebaulichen Pläne detailliertere, aktuellere und damit fachlich fundiertere und differenziertere Grundlagen für die Steuerung der städtebauliche Entwicklung liefern. Sollte dennoch eine Abweichung von den Darstellungen im Flächennutzungsplan erforderlich werden, können diese durch Paralleländerungsverfahren zügig umgesetzt werden. Eine Fortschreibung des Flächennutzungsplans würde nur unnötig Planungskapazitäten binden, was sich die Gemeinden in Anbetracht der zunehmenden finanziellen Engpässe der kommunalen Haushalte nicht mehr leisten können. Insbesondere die Paralleländerung erlaubt daher eine Entwicklung auf der Grundlage einer informellen Planung, der die Bauleitplanung im Bedarfsfall folgt. Unverzichtbare Voraussetzung bleibt jedoch, dass eine geordnete und insgesamt abgestimmte städtebauliche Entwicklung im Ergebnis gewährleistet ist. Ist dies der Fall, ist auch eine faktisch nur nachzeichnende Flächennutzungsplanung zulässig. 10 Eine derartige Planungspraxis muss jedoch mit dem Grundsatz der in § 1 Abs. 1 BauGB gesetzlich normierten Planmäßigkeit harmonieren. Aus der Aufnahme der städtebaulichen Entwicklungskonzepte und der sonstigen städtebaulichen Planungen in § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB ergibt sich, dass der Gesetzgeber informellen Planungsformen für die städtebauliche Praxis insgesamt hohe Bedeutung beimisst. Dennoch sind ihre Anforderungen oder Rechtsfolgen gesetzlich nicht geregelt. 11 Der Grundsatz der Planmäßigkeit, wonach die Vorbereitung und Leitung der 8 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, S. 61; Müller-Ibold, Einführung in die Stadtplanung, Band 2, S. 52. 9 Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht (Band I), S. 169; Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 70; Müller-Ibold, Einführung in die Stadtplanung, Band 2, S. 52. 10 So auch Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 102f. 11 Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 79.

5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

229

Grundstücksnutzung, soweit sie städtebaulich relevant ist, gem. § 1 Abs. 1 BauGB durch die Bauleitplanung erfolgen soll („nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs“), lässt es nicht zu, die bauliche oder sonstige Nutzung der Grundstücke durch andere Mittel als die der Bauleitplanung vorzubereiten und zu leiten. 12 Das BauGB vermeidet insoweit die gesetzliche Normierung einer dritten, rechtlich ausgeformten Planungsstufe. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich die Gemeinde anderer planerischer Formen – wie z. B. informeller städtebaulicher Pläne – zur Konkretisierung allgemeiner oder übergreifender gemeindlicher Entwicklungsvorstellungen bzw. zur Integration sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Vorstellungen bedienen kann. 13 Solche Planungsinstrumente dürfen jedoch weder an die Stelle der Entwicklungs- und Ordnungsfunktion der Bauleitplanung treten noch dürfen sie die Bauleitplanung zu einer formalen Hülle werden lassen. 14 Rechtlich müssen die Darstellungen des Flächennutzungsplans so konkret sein, dass sie eine geeignete Grundlage für das Entwicklungsgebot i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB bilden können. Über die Darstellung der Art der Bodennutzung begründet der Flächennutzungsplan insoweit Vertrauen in die planerischen Aussagen. Im Hinblick auf dargestellte Bauflächen darf damit gerechnet werden, dass spätestens am Ende des zugrundeliegenden Planungs- und Prognosehorizonts gebaut werden darf; dort, wo andere Nutzungen dargestellt werden, besteht diese Erwartung nicht. Faktisch gibt der Flächennutzungsplan, obwohl er keine unmittelbar baurechtsbegründende Wirkung hat, dem Rechtsverkehr mithin eine grundlegende Orientierung. 15 Dies gilt insbesondere für die Entwicklung des Bodenmarktes. Insofern weist § 4 Abs. 2 S. 2 WertV ausdrücklich darauf hin, dass eine Bauerwartung für Flächen, die nach ihrer Eigenschaft, ihrer sonstigen Beschaffenheit und ihrer Lage eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit tatsächlich erwarten lassen, auf eine entsprechende Darstellung im Flächennutzungsplan gegründet werden kann. Informelle städtebauliche Planungen sind nicht in der Lage, in gleicher Weise Vertrauen in die planerischen Festlegungen zu begründen, da Vertrauen insoweit eine gewisse Förmlichkeit und vor allem eine größere Stetigkeit voraussetzt. 16 Zwar ist das Aufstellungs- und Änderungsverfahren mit einer durchschnittlichen Dauer von mehr als 7 Jahren von der Vorbereitung der Planung bis zum Inkrafttreten des Plans mit seiner Bekanntmachung recht langwierig und übersteigt insoweit deutlich die für die Kommunalpolitik relevanten Zyklen. Andererseits kommt eine begrenzte Steifheit der Zielstrebigkeit der Flächennutzungsplanung nur zugute. Ein Plan, der jederzeit nach Belieben änderbar ist, entwickelt nicht die nötige Steuerungskapazi12

Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 18. Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 18, 21; Söfker, in: EZB, § 1 Rn. 18; Gaentzsch, in: Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow, § 1 Rn. 8. 14 So zutreffend: Krautzberger, in: B / K/L, § 1 Rn. 18. 15 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 103. 16 Zu Recht: Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 103 unter Hinweis auf Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 90. 13

230

5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

tät bei kurzfristig entstehenden und zu entscheidenden Problemlagen und erzeugt daher kein Vertrauen in die Planungsabsichten der Gemeinde, weder bei der Verwaltung noch bei den Bürgern. 17 Der Flächennutzungsplan stellt demgemäß nicht nur die formale Hülle der informellen städtebaulichen Planungen dar, sondern legt selbst eigenständige, auf Koordination und Integration beruhende Darstellungen für die weitere räumliche Entwicklung der Gemeinde fest. Unter Gewährleistung einer dem Wohl der Allgemeinheit dienenden sozialgerechten Bodennutzung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen miteinander in Einklang bringt (§ 1 Abs. 5 S. 1 BauGB), begründet er die entscheidende Planungssicherheit, die für eine geordnete städtebauliche Entwicklung in den Gemeinden unverzichtbar ist. Dies gilt umso mehr angesichts einer Zeit, in der das städtebauliche Geschehen mehr denn je von an die Gemeinden herangetragenen Investitionsinteressen bestimmt wird und die Städte in Anbetracht von Wirtschaftskrisen und sinkenden Haushaltseinnahmen zu einer flexiblen Behandlung von Einzelprojekten gezwungen sind. Die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung kann nur dann gelingen, wenn die koordinierten Planungsziele hinsichtlich des Nutzungsgefüges, der effektiven Ressourcennutzung und kostensparenden Erschließung in einem weniger flexiblen Planwerk festgelegt sind und nicht beliebig nach den im Alltagsgeschäft auftretenden tatsächlichen, vielfach aber auch nur vermeintlichen Entscheidungszwängen unbeachtet bleiben können. 18 Die Förmlichkeit des Verfahrens stellt sicher, dass eine erforderliche Anpassung des Flächennutzungsplans an veränderte Rahmenbedingungen nicht willkürlich erfolgt, sondern nach Maßgabe der gesetzlichen Anforderungen, d. h. insbesondere unter Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. 19 Nicht unterschätzt werden darf insoweit auch die legitimierende Wirkung eines rechtsförmlichen Verfahrens bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplans. Für die Akzeptanz eines Plans und damit auch für die von ihm ausgehende Steuerungskraft haben die Einhaltung der förmlichen Beteiligungsverfahren und die Verwaltungsverbindlichkeit des Flächennutzungsplans eine nicht unerhebliche Bedeutung. Informelle Planungen weisen somit gegenüber der Flächennutzungsplanung auch erkennbar Legitimitätsdefizite auf, die letztlich dazu führen, dass informelle Pläne nicht in gleicher Weise Vertrauen in den Bestand der Planung begründen können, wie dies beim Flächennutzungsplan der Fall ist. 20 Die informellen städtebaulichen Planungen weisen gegenüber dem Flächennutzungsplan zusätzlich strukturelle Schwächen auf. Rechtlich geht von ihnen keine Bindungswirkung aus. Für nachfolgende Bebauungspläne entfalten sie we17 18 19 20

So bereits zutreffend: Löhr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 90. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 103. Zu Recht: Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 103. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 215.

5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

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der materielle Bindungswirkung im Sinne eines Entwicklungsgebots noch lösen sie auch nur formelle Bindungen i. S.v. § 1 Abs. 6 BauGB aus. Die Wirkung solcher informellen Pläne ist vielmehr eine nur mittelbare dergestalt, dass ihre Leitvorstellungen als abwägungserhebliche Belange in das Planungsermessen einzustellen sind. 21 Dies bedeutet, dass sie im kommunalpolitischen Alltagsgeschäft keine ausreichende Steuerungskraft entwickeln können. Sie sind lediglich dazu geeignet, das Verwaltungshandeln fachlich zu legitimieren. Auch ein Beschluss der Gemeindevertretung kann nicht verhindern, dass aus aktuellem Anlass nach der politischen Opportunität die im informellen Plan dargestellte, fachlich richtige und städtebaulich gerechtfertigte Konzeption von den gleichen politischen Gremien unbeachtet bleibt, die sie zuvor beschlossen haben. Demgegenüber würde die Abweichung von den Darstellungen des Flächennutzungsplans die Durchführung eines förmlichen Verfahrens erforderlich machen und damit zumindest einen größeren Begründungs- und Rechtfertigungsdruck auslösen. Gegenüber dem politischen Alltagsgeschäft ist der Flächennutzungsplan deshalb mit einer größeren Grundfestigkeit ausgestattet als informelle Pläne. 22 Angesichts dessen, dass sich die städtebauliche Entwicklung und Ordnung immer schon im Spannungsfeld öffentlicher und privater Interessen vollzieht, liegt es in der Natur der Sache, dass das öffentliche Interesse an einer koordinierten Entwicklung des gesamten Gemeindegebiets von einer Vielzahl singulärer, an anderen Zielsystemen ausgerichteter privater, aber auch öffentlicher Investitionsinteressen herausgefordert wird. Über städtebauliche Verträge und den Vorhabenund Erschließungsplan werden private Akteure daher zunehmend in den Planungsprozess auch instrumentell eingebunden. 23 Den Städten und Gemeinden geht es vor allem darum, die Grundstücke für die an sie herangetragenen konkreten Investitionsvorhaben möglichst effektiv, d. h. schnell und kostengünstig baureif zu machen. 24 Damit sind die privaten Interessen im Planungsprozess zwar nicht unmittelbar rechtlich, aber zumindest faktisch gestärkt. Diese Entwicklung ist grundsätzlich zu begrüßen. Aber die Nutzung der kooperativen Instrumente im Interesse des Gemeinwohls verlangt eine kompetente, die Gesamtentwicklung steuernde Kommunalverwaltung. Einer aktuellen, die gesamte räumliche Entwicklung koordinierenden Flächennutzungsplanung kommt dabei eine wichtige, nicht mit gleicher Steuerungskraft durch andere Instrumente substituierbare Funktion zu. 25 Dies gilt umso mehr, wenn man das faktische Gewicht der privaten, notwendigerweise weniger an Gemeinwohlinteressen als an wirtschaftlicher Rentabilität 21 VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss v. 27. 07. 1995 –3 S 1288/93, in: UPR 1996, S. 117. 22 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 213. 23 Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 214. 24 Bunzel / Coulmas / Metscher / Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, S. 29. 25 So zutreffend: Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 214.

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5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

der Investition ausgerichteten Akteure für das städtebauliche Geschehen berücksichtigt. 26 Bedenkt man, dass Bebauungspläne heute in der Mehrzahl der Fälle aufgestellt werden, weil ein konkretes Investitionsinteresse an die Gemeinden herangetragen wird, 27 ist die dem Flächennutzungsplan mit dem Entwicklungsgebot zugewiesene Steuerungsfunktion zur Koordination der zahlreichen, über das Gemeindegebiet verteilten einzelnen Bebauungsplanverfahren für die Sicherung einer geordneten, auf den Ausgleich konfligierender privater und öffentlicher Interessen gerichteten städtebaulichen Entwicklung und Ordnung von erheblicher Bedeutung und wird heute mehr gebraucht als jemals zuvor. Die Gründe, die insoweit für eine uneingeschränkte Notwendigkeit der Flächennutzungsplanung sprechen, liegen vor allem in den zu bewältigenden städtebaulichen Aufgaben und den daraus resultierenden Anforderungen, insbesondere in der Sicherung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung (A.), in der konkreten Standortzuweisung von bestimmten Außenbereichsnutzungen (B.) sowie in der stadtverträglichen Steuerung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen (C.) 28

A. Sicherung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung Durch die Einbeziehung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes 29 in die bauleitplanerischen Oberziele in § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB wird verdeutlichend hervorgehoben, dass für die auf der Ebene der Flächennutzungsplanung zu treffenden grundlegenden Raumnutzungsentscheidungen durch Bündelung und Vernetzung sowohl soziale, ökonomische als auch ökologische Belange integrativ berücksichtigt werden müssen. 30 Als Ausdruck einer intergenerativen Verantwortung sollen die Bauleitplanung und ihre Richtung nicht durch kurzfristige Investitionsziele bestimmt werden. Mit der Nachhaltigkeit sind vielmehr eine dauerhafte ausgewogene Entwicklung und Ordnung mit langfristig angelegten Nutzungsoptionen für den Raum gemeint, die die zur Verfügung stehenden Flächen zugleich auch nach dem Grundsatz der größtmöglichen Schonung für nachfolgende Generationen und ihre Nutzungsansprüche sichern. Diese zukunftsorientierte Verpflichtung bezieht sich vor allem auf den Schutz der vorhandenen natürlichen Ressourcen. Gerade die Ausweitung insbesondere baulicher Nutzungen führt zu einem zunehmenden Verlust von Freiflächen, die Lebens- und Erholungsraum für Mensch und Tier bieten. 31 Mit der Einbeziehung von freiraumschutzbezogenen Zielset26 27 28 29 30 31

Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 214. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 214. In Anlehnung an: Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 18. Ausführlich hierzu: 2. Kapitel, A. II. 1. a). So auch Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 19. Vgl. bereits oben: 2. Kapitel, A. II. 1. a).

A. Nachhaltige städtebauliche Entwicklung

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zungen hat sich das räumliche Betrachtungsfeld für die Raumnutzungsverteilung geändert. 32 Gem. § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB 33 sind die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7a BauGB bezeichneten Bestandteilen in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen. Während bislang bis zur Einführung der eingriffs- und ausgleichsrechtlichen Neuregelungen durch das BauROG 1998 die eingriffsrechtlichen Belange erst bei der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans berücksichtigt wurden, ist mit der Ausgestaltung der städtebaurechtlichen Ausgleichsregelung durch den Gesetzgeber erneut der Versuch unternommen worden, die Bewältigung der Eingriffs- und Ausgleichsproblematik auf die Stufe der gesamtgemeindlichen Planung vorzuverlagern. 34 Nahezu jede bauliche Inanspruchnahme von Grund und Boden führt zu einer Beeinträchtigung von Natur und Landschaft. Auf Grund dessen ist es erforderlich, bereits auf der Ebene der Flächennutzungsplanung eine Bewältigung für auf Grund der Planung zu erwartende Eingriffe in Natur und Landschaft herbeizuführen. Von planungsfachlicher Seite ist diese Aufgabenerweiterung für die Flächennutzungsplanung von Vorteil, da eine sachgerechte Eingriffsbewältigung im Hinblick auf die räumliche Zuordnung von Flächennutzungen eine mindestens gesamtgemeindliche Flächenbetrachtung zur Voraussetzung haben muss. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB ist es Aufgabe der Flächennutzungsplanung, für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Bei der Darstellung der Art der Bodennutzung sind auch die Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus der Eingriffsbewältigung ergeben. 35 Künftige Siedlungsentwicklung und Freiraumschutz werden mithin untrennbar miteinander verknüpft und erfordern daher eine flächenbezogene planerische Steuerung bereits im Rahmen der vorbereitenden Bauleitplanung. 36 Nur auf dieser Planungsebene besteht für die Gemeinde die Möglichkeit – bezogen auf das gesamte Gemeindegebiet – gezielt Vorsorge zur Minimierung von durch Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwartenden Beeinträchtigungen zu treffen und insoweit auch die natur- und landschaftsbezogene Entwicklung des Gemeindegebiets, unter Berücksichtigung der Situation in den benachbarten Gemeinden, sachgerecht zu steuern. 37 32

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 20. Durch das EAG Bau 2004 wurde in dem (neuen) § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB der sog. „Baurechtskompromiss“ des Bundesnaturschutzgesetzes, wie er seit dem Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 unverändert Bestand hat, übernommen. Die im BauROG 1998 in § 1a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BauGB 1998 (BauROG) enthaltenen Bestimmungen sind insoweit in § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB zusammengefasst. 34 Mitschang, in: ZfBR 1999, 125 (127). 35 Mitschang, in: ZfBR 1999, 125 (127). 36 Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 20. 33

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5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

Kommt die Gemeinde in ihrer bauleitplanerischen Abwägung zu dem Ergebnis, dass Eingriffe in Natur und Landschaft durch Kompensationsmaßnahmen an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs durchgeführt werden müssen, ist regelmäßig ein Eingriffs- und Ausgleichsflächenkonzept auf Flächennutzungsplanebene zu entwickeln. 38 Gem. § 1a Abs. 3 S. 2 BauGB kann die Gemeinde hierfür geeignete Darstellungen nach § 5 Abs. 2 BauGB als Flächen zum Ausgleich festzulegen. Da es sich bei der Flächennutzungsplanung insoweit um eine reine Flächenplanung handelt, können auch nur Flächen i. S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 4 bis 10 BauGB für den Ausgleich dargestellt werden. Dabei spielen insbesondere die Darstellungen von Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft nach § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB in der Planungspraxis eine große Rolle. Die Flächennutzungsplanung als eine am Nachhaltigkeitsgrundsatz ausgerichtete, planerischstrategische Bodennutzungskonzeption auf gesamtgemeindlicher Ebene bildet deshalb die entscheidende Grundlage für ein Eingriffsund Ausgleichsflächenkonzept der Gemeinde.

B. Konkrete Standortzuweisung von Außenbereichsnutzungen Ein die Notwendigkeit der Flächennutzungsplanung aus heutiger Sicht ebenfalls erfordernder städtebaulicher Gesichtspunkt ist die planerische Steuerung von konkreten Standorten für bestimmte Außenbereichsnutzungen. Das BVerwG geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass auch privilegierte Vorhaben nicht an jedem beliebigen Standort im Außenbereich zulässig sind. Vielmehr unterliegen auch sie dem Gebot größtmöglicher Schonung des unvermehrbaren Grund und Boden im Außenbereich. 39 Der Gesetzgeber hat die Frage des konkreten Standorts privilegierter Vorhaben der Prüfung am Maßstab öffentlicher Belange unterworfen, so dass konkrete standortbezogene Aussagen insbesondere in Flächennutzungsplänen als öffentliche Belange der Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens entgegenstehen können. Dieser in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB gesetzlich normierte Planvorbehalt zielt darauf ab, durch positive Standortzuweisungen privilegierter Nutzungen an einer oder mehreren Stellen im Plangebiet den übrigen Planungsraum zugunsten bestimmter Schutzgüter – wie Landschaftsschutz, Fremdenverkehr oder Anwohnerschutz – von den durch den Gesetzgeber privilegierten Anlagen freihalten zu können. 40 Der Gesetzgeber hat zwar bestimm37

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 182. So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 296. 39 BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 43.81, BVerwGE 68, 311 (315); siehe auch bereits die oben im Zusammenhang mit der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans gemachten Ausführungen in 3. Kapitel. 40 Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 74. 38

B. Standortzuweisung von Außenbereichsnutzungen

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te Vorhaben in planähnlicher Weise dem Außenbereich privilegiert zugewiesen. Diese Privilegierung kommt jedoch dort nicht zum Tragen, wo der Flächennutzungsplan eine sachlich und räumlich eindeutige, der Zulässigkeit des Vorhabens entgegenstehende standortbezogene Aussage enthält. 41 Mit § 35 Abs. 1 BauGB hat der Gesetzgeber keine Entscheidung über den konkreten Standort der von ihm im Außenbereich grundsätzlich für zulässig erklärten Vorhaben getroffen, sondern diese Vorhaben einschließlich ihres Standortes der Prüfung im konkreten bauaufsichtlichen Verfahren an dem Maßstab überlassen, ob öffentliche Belange entgegenstehen. 42 Anders als beim qualifizierten Bebauungsplan i. S.v. § 30 Abs. 1 BauGB, bei dem die Standortfrage, nämlich was jeweils wo gebaut werden darf, verbindlich geregelt ist, und als bei § 34 Abs. 1 BauGB, wo die Standortfrage durch das Vorhandensein des Ortsteils und durch die vorhandene Bebauung als Maßstab für die konkrete Bebaubarkeit der Grundstücke entschieden ist, hat der Gesetzgeber eine vergleichbare Regelung – etwa dahin, dass der Außenbereich Baubereich für die privilegierten Vorhaben wäre und dass diese Vorhaben an jedem beliebigen Standort im Außenbereich errichtet werden könnten – in § 35 Abs. 1 BauGB nicht getroffen. Auch für privilegierte Vorhaben gilt insoweit das Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs. 43 Da die Frage des konkreten Standorts privilegierter Vorhaben nicht „planartig“ entschieden, sondern der Prüfung am Maßstab öffentlicher Belange unterworfen ist, können konkrete, in einer derart qualifizierten Weise „positiv“ anderweitig verplante Standortaussagen in Flächennutzungsplänen als öffentliche Belange der Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens entgegenstehen. 44 Insoweit ist es möglich, durch positive Darstellung sog. „Konzentrationszonen“ im Flächennutzungsplan die Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens im übrigen Außenbereich des Gemeindegebiets auszuschließen. Eine derartige Ausschlusswirkung wird jedoch nur auf Grundlage einer flächenbezogenen gesamtgemeindlichen Betrachtung und insoweit nur im Rahmen der Flächennutzungsplanung zulässigerweise erreicht. 45 Der auf einem schlüssigen Planungskonzept beruhende Wille der Gemeinde, mit der positiven Darstellung zugleich die Errichtung der betreffenden Vorhaben an anderer Stelle auszuschließen, ist deshalb entweder als Darstellung oder zumindest in der Begründung zum Flächennutzungsplan mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen. 46 Das EAG Bau 2004 hat diesen Belang der planerischen Steuerung 41

Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 50. BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 70/79, in: NVwZ 1984, 367 (368); BVerwG, Urteil v. 22. 05. 1987 –4 C 57/84, in: NVwZ 1988, S. 54. 43 BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 70/79, in: NVwZ 1984, 367 (368); BVerwG, Urteil v. 22. 05. 1987 –4 C 57/84, in: NVwZ 1988, S. 54. 44 BVerwG, Urteil v. 20. 01. 1984 –4 C 70/79, in: NVwZ 1984, 367 (368); BVerwG, Beschluss v. 03. 06. 1998 – 4 B 6/98, in: NVwZ 1998, S. 960. 45 BVerwG, Urteil v. 13. 03. 2003 –4 C 4.02, BVerwGE 118, 33 (37); BVerwG, Urteil v. 17. 12. 2002 –4 C 15.01, BVerwGE 117, 287 (298); Vgl. auch Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 24; Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 75. 42

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5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

von privilegierten Vorhaben mittels des Flächennutzungsplans durch die Einführung des Teilflächennutzungsplans i. S.v. § 5 Abs. 2b BauGB und der Möglichkeit der Zurückstellung von Vorhaben, um die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zu erreichen (§ 15 Abs. 3 BauGB), weiter gestärkt. 47 Der Umfang der Bindung an die Darstellungen des Flächennutzungsplans ergibt sich aus den Beachtlichkeitsvorschriften des § 214 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 BauGB, die Verstöße gegen das Entwicklungsgebot betreffen. Hiernach ist eine Verletzung des Entwicklungsgebots unbeachtlich, wenn die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt wird. Das ist dann der Fall, wenn sich die durch die Außenbereichssatzung ermöglichten baulichen Vorhaben in das gemeindegebietsweite Nutzungskonzept einfügen, dieses also nicht konterkarieren. 48 Im Ergebnis steht damit fest: Im Außenbereich kann die Gemeinde privilegierte und sonstige, nicht privilegierte Vorhaben i. S.v. §§ 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB durch die Festlegung von Darstellungen im Flächennutzungsplan in erheblichen Maße beeinflussen, da insoweit bereits jeder Widerspruch zu den im vorbereitenden Bauleitplan getroffenen Darstellungen – mit der Ausnahme, dass das Vorhaben einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widerspricht (§ 35 Abs. 6 S. 1 BauGB) – zu einer Beeinträchtigung der öffentlichen Belange und mithin zur Unzulässigkeit des Vorhabens führt (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 BauGB). 49 Hinsichtlich der privilegierten Vorhaben sind die Darstellungen im Flächennutzungsplan anders als im Bereich der nicht privilegierten Vorhaben allerdings nur durchsetzungsfähig, wenn es sich um konkrete standortbezogene Darstellungen handelt.

C. „Stadtverträgliche“ Steuerung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ein ebenfalls die Notwendigkeit der Flächennutzungsplanung unterstreichender Aspekt ist die „stadtverträgliche“ Steuerung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen und insoweit die auch auf den Feldern der städtebaulichen Planung zunehmend voranschreitende Kooperation mit Privaten. 50 Unter den Vorzeichen von Kooperation und Privatisierung ist der Ruf nach einem „schlanken Staat“ auch an der Stadtplanung nicht vorbeigegangen. Auch sie wird zunehmend von der Idee 46

Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 25; Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 75. Siehe oben: 3. Kapitel, B. 48 Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 224. 49 So auch Rinsdorf, Der Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument der Gemeinde, S. 225; Krautzberger, in: B / K/L, § 35 Rn. 52. 50 So insbesondere Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 26. 47

C. Steuerung vorhabenbezogener Bebauungspläne

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beherrscht, dass mit der Privatisierung eine Entpolitisierung von Entscheidungen, größere Flexibilität, mehr Bürgernähe, dienstleistungsorientiertes Handeln, die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung und die Entlastung des Gesamthaushalts der öffentlichen Aufgabenträger erreicht werden können. 51 In diesem Zusammenhang steht dem privaten Investor vor allem der vorhabenbezogene Bebauungsplan i. S. d. § 12 BauGB zur Verfügung. 52 Dieser dient dazu, die bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein bestimmtes Vorhaben im Sinne einer sog. „objektbezogenen Vorhabensplanung“ zu schaffen. Dazu wird der Bebauungsplan mit einer Durchführungsverpflichtung sowie einer Kostentragungsregelung verknüpft. 53 Dem privaten Investor steht damit ein städtebauliches Planungsinstrument zur Verfügung, durch das er selbst Einfluss auf die Planung nehmen und seine Interessen verwirklichen kann. Dafür übernimmt er zumindest teilweise, regelmäßig aber sämtliche dabei anfallende Planungs- und Erschließungskosten, die im Zuge der Realisierung seines Vorhabens entstehen. 54 Angesichts der wachsenden finanziellen Engpässe der kommnalen Haushalte stellt dieses Konzept ein probates Mittel dar, um der zunehmenden Bedeutung kooperativer Elemente für die städtebauliche Entwicklung gerecht zu werden. Zwar ist der Vorhaben- und Erschließungsplan mit der Gemeinde abzustimmen, doch ändert dies nichts an den primär eigenwirtschaftlichen Absichten und Wertmaßstäben des Investors. 55 Als Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 12 Abs. 3 S. 1 BauGB) muss der Vorhaben- und Erschließungsplan dennoch den an den Bebauungsplan zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügen, soweit sich nicht aus den Besonderheiten des Vorhaben- und Erschließungsplans etwas anderes ergibt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB). Der Vorhaben- und Erschließungsplan muss insbesondere mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung i. S.v. § 1 Abs. 3 bis 7 BauGB vereinbar sein. Der Gemeinde obliegt insoweit die Verantwortung dafür, dass der Inhalt des Vorhaben- und Erschließungsplans den materiellstädtebaurechtlichen Anforderungen entspricht, wie sie auch sonst an einen Bebauungsplan zu stellen sind. Diese Anforderungen an den Bebauungsplan – insbesondere solche, die für die Beachtung der in § 1 Abs. 5 BauGB bezeichneten Belange und das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB gelten – strahlen auf den Vorhaben- und Erschließungsplan als den einzigen oder wesentlichen Teil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans aus. D. h., nur ein Vorhaben- und Erschließungsplan, der den materiellen Anforderungen des § 1 Abs. 3 bis 7 BauGB genügt, kann gem. § 12 Abs. 3 S. 1 BauGB Bestandteil des vorhabenbezogenen 51 52 53 54 55

Spannowsky, in: UPR 1997, S. 41. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 27. Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, S. 288. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 27. Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 27.

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5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

Bebauungsplans werden. 56 Der Bebauungsplan als die konkretere Ebene der Bauleitplanung wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen (§§ 12 Abs. 1 S. 1, 10 Abs. 1 BauGB) und stellt insoweit das wichtigste administrative Handlungsinstrument im Rahmen der kooperativen Städtebaupolitik dar. Obwohl auch der vorhabenbezogene Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln ist, kommt dem Flächennutzungsplan insoweit nur eine mittelbare Bedeutung zu. Unbeschadet dieser nur mittelbaren Verflechtung des Flächennutzungsplans bei der Kooperation mit Privaten im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung ist einzig und allein dieser als gesamtgemeindliche, alle Gemeinwohlinteressen berücksichtigende Bodennutzungskonzeption in der Lage, sowohl stadtstrukturelle als auch stadtgestalterische Defizite flächendeckend zu vermeiden und insoweit die für eine „stadtverträgliche“ Steuerung der vorhabenbezogenen Bebauungspläne erforderlichen Darstellungen sicherzustellen. 57

D. Fazit Zusammenfassend ist festzustellen, dass dem Flächennutzungsplan als gesamträumlichem Bodennutzungskonzept trotz seiner stiefmütterlichen Behandlung seitens der Gemeinden gerade auf Grund der veränderten Rahmenbedingungen und Leitziele auch künftig eine wichtige Funktion zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung von Städten und Gemeinden im System der räumlichen Gesamtplanung zukommt. 58 In Anbetracht des anhaltenden Flächenverbrauchs und der einsetzenden demographischen und wirtschaftlichen Veränderungen ist eine starke Flächennutzungsplanung gerade in einer Zeit, in der die Städte angesichts von Wirtschaftskrisen und sinkenden Haushaltseinnahmen zu einer flexiblen Behandlung von Einzelprojekten gezwungen sind, unverzichtbar. Nur ein weniger flexibles Planwerk wie der Flächennutzungsplan ist in der Lage, die grundsätzlich auf eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung angelegte Bauleitplanung zu sichern. Die im Flächennutzungsplan festgelegten koordinierten Planungsziele hinsichtlich des Nutzungsgefüges, der effektiven Ressourcennutzung und der kostensparenden Erschließung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung für künftige Generationen miteinander in Einklang bringen und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten (§ 1 Abs. 5 S. 1 BauGB), tragen maßgeblich zur Steuerung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung bei, da sie insofern nicht beliebig nach den im Alltagsgeschäft auftretenden tatsächlichen, vielfach aber auch nur vermeintlichen Entscheidungszwängen unbeachtet bleiben können. In diesem Zusammenhang kommt dem Flächennutzungsplan als 56 57 58

Krautzberger, in: B / K/L, § 12 Rn. 24. Im Ergebnis auch: Mitschang, Der Flächennutzungsplan, Rn. 28. So auch Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 231.

D. Fazit

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längerfristig angelegtem, flächendeckendem Planungskonzept, das nicht nur den gemeindeeigenen Bebauungsplänen und sonstigen Satzungen als räumliches Entwicklungskonzept zugrunde liegt, sondern darüber hinaus auch die überörtlichen Planungen mit ihren landesplanerischen Zielen und Aktivitäten in den örtlichen Bereich koordiniert, integriert und transformiert, ein hoher Stellenwert zu. Gerade in seiner Funktion als Schnittstelle zwischen der überörtlichen Raum- und Landesplanung und der örtlichen Bebauungsplanung entfaltet der Flächennutzungsplan gegenüber öffentlichen Planungsträgern, die nach § 4 BauGB oder § 13 BauGB beteiligt worden sind – also insbesondere gegenüber den Trägern der von § 38 BauGB erfassten Fachplanungen –, Bindungswirkung i. S.v. § 7 BauGB und gewährleistet damit eine dauerhaftere Koordinierung unterschiedlicher Planungen als informelle Planungen. 59 Die wachsende Bedeutung des Umweltschutzes und der Sicherung der natürlichen Ressource Grund und Boden haben oberste Priorität bei der Flächennutzungsplanung. Der Flächennutzungsplan soll nicht mehr nur eine geordnete städtebauliche Entwicklung und eine sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten, sondern zudem dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen – auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz – zu schützen und zu entwickeln sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln (§ 1 Abs. 5 S. 1 und 2 BauGB). Die zunehmend ins Bewusstsein auch der kommunalpolitischen Akteure gelangende Verantwortung für den Erhalt der natürlichen und zugleich endlichen Ressourcen als Grundlage für die Existenz der nachfolgenden Generationen erfordert in vielen Fällen eine Aktualisierung des Flächennutzungsplans. 60 Die im Städtebaurecht angelegten Anforderungen, insbesondere die Bodenschutzklausel in § 1a Abs. 2 S. 1 BauGB und die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in § 1a Abs. 3 BauGB, bieten insoweit einen geeigneten Orientierungsrahmen für eine dauerhaft tragfähige Flächennutzungsplanung. 61 Dass die Generation der Flächennutzungspläne aus den 60er und 70er Jahren den Anforderungen an eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung i. S. d. § 1 Abs. 5 BauGB in der Regel nicht entspricht, wird auch aus der Differenziertheit der mit der Bodenschutzklausel geforderten Abwägungsaspekte deutlich. Nach dieser Klausel soll mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden und zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung genutzt sowie Bodenversiegelun59 60 61

So auch Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 105. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 231. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 231.

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5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

gen auf das notwendige Maß begrenzt werden. Der programmatische Gehalt der Bodenschutzklausel macht es erforderlich, die Flächennutzungsplanung als ein Instrument einer an dem Ziel der dauerhaften Ressourcensicherung ausgerichteten Flächenhaushaltspolitik weiterzuentwickeln. 62 In Anbetracht des insoweit gegebenen Aktualisierungsbedarfs kann dem Erfordernis zur Aufstellung neuer Flächennutzungspläne nicht entgegengehalten werden, dass in Zeiten knapper personeller und finanzieller Ressourcen vielerorts der mit der Aufstellung verbundene beträchtliche Verfahrensaufwand nicht gerechtfertigt sei. Die Gründe für die lange Dauer der Aufstellungsverfahren sind unterschiedlich. Nach den Ergebnissen der Untersuchung des Deutschen Instituts für Urbanistik aus den Jahren 1994 und 1995 basieren sie überwiegend auf Abstimmungsproblemen mit den politischen Gremien der Gemeinde oder mit einzelnen Trägern öffentlicher Belange sowie auf ungelösten Teilfragen, die häufig nur einzelne Flächen oder sachliche Teilaspekte betreffen. 63 Bei einer effizienten Gestaltung des Verfahrens und Handhabung des Instrumentariums könnten viele der daraus resultierenden Verzögerungen vermieden werden. 64 Insbesondere die Möglichkeit der Zurückstellung der Planung für einzelne räumliche Teile gestattet es, einen Flächennutzungsplan auch dann zum Abschluss zu bringen, wenn für einzelne Teilflächen eine Planungsentscheidung noch nicht getroffen werden kann – z. B. weil noch Untersuchungen wegen möglicher Bodenkontaminationen erforderlich sind – und die Gesamtkonzeption hierunter nicht leidet. 65 Instrumenteller Ansatz für diese Verfahrensweise ist § 5 Abs. 1 S. 2 BauGB. Danach können Flächen und sonstige Darstellungen aus dem Flächennutzungsplan ausgenommen werden, wenn dadurch die nach S. 1 der Norm darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. In der Begründung sind die Gründe hierfür darzulegen. Die gewaltige Fülle vorhandener oder beschaffbarer Informationen verlangt zudem eine Eingrenzung der planungsrelevanten Fragen gemessen an der Funktion des Flächennutzungsplans. Zur Vermeidung umfangreicher Bestandsaufnahmen in Text und Bildform von für den Planungsmaßstab des Flächennutzungsplans irrelevanten Teilaspekten ist die digitale Erfassung und Verwaltung der raumrelevanten Informationen für den Prozeß der Recherche des Datenmaterials und der Aggregation unterschiedlicher Daten bezogen auf den Planungsraum von erheblichem Vorteil. Dies gilt insbesondere für die Nutzbarmachung der graphischen Informationssysteme, die die Fortschreibung graphisch aufbereiteter Informationen erleichtert. 66 62

Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 218. Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 83ff. 64 So auch Bunzel, in: ZfBR 1997, 61 (66); Bunzel / Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 232. 65 Bunzel, in: ZfBR 1997, 61 (66). 66 Bunzel, in: ZfBR 1997, 61 (67). 63

D. Fazit

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Entscheidend für eine effiziente Abwicklung des Verfahrens ist schließlich auch ein an den örtlichen Verhältnissen ausgerichtetes Verfahrensmanagement, was innerhalb der Verwaltung vor allem heißt, Entscheidungswege abzukürzen. Dies kann beispielsweise durch die Einrichtung einer gemeinsamen, die vorrangig betroffenen Dienststellen der Verwaltung einbeziehende Projektgruppe „Flächennutzungsplanung“ erfolgen. Die Handhabung einer offensiven Informationspolitik gegenüber den möglicherweise betroffenen Trägern öffentlicher Belange, der Bürgerschaft und den kommunalpolitischen Akteuren ist ein weiteres Element effektiver Verfahrensgestaltung. Früh erkannte Konflikte lassen sich in der Regel ohne größere Verfahrensverzögerung lösen. Werden Konflikte demgegenüber erst in einem fortgeschrittenen Verfahrensstand erkennbar, führt dies leicht zu aufwendigen Umplanungsprozessen und erheblichen Verfahrensverzögerungen. 67 Besondere Beachtung verdienen insoweit aber nicht nur die Abstimmungsprozesse innerhalb der Verwaltung, sondern auch die mit der Politik. Die informatorische Einbeziehung aller Entscheidungsträger bereits in der Phase der Entscheidungsvorbereitung erleichtert die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachressorts sowohl in der Verwaltung als auch in der Politik. Sie ist darauf angelegt, Wissen zu transportieren, Problemstellungen zu verdeutlichen und dazu aufzufordern, über Alternativen und Varianten nachzudenken, um die gruppenspezifischen Spannungen zwischen den Beteiligten zu mildern. 68 Die insoweit vorgeschaltete Information, Koordination und Festlegung gemeinsamer Zielvorstellungen aller Beteiligten könnte dabei insbesondere auf der Grundlage einer dem eigentlichen Flächennutzungsplanverfahren vorgeschalteten räumlichen Entwicklungsplanung stattfinden, bei der die Nutzung informeller Entwicklungspläne im Vordergrund steht. Obwohl keine Bindung an die Aussagen von informellen Plänen besteht, dürfte der Aufwand der Flächennutzungsplanung insgesamt verringert werden, da die für die Flächennutzungsplanung relevanten Daten in diesen Planungen in der Regel bereits weitgehend aufbereitet und Entwicklungsvorstellungen im Hinblick auf die Potentiale und den Bedarf sowie auf ein räumliches Ordnungsgefüge formuliert sind. 69 Der Rückgriff auf diese Planungen bietet stets die größtmögliche Nähe zu den aktuellen Entwicklungen, die als konzeptionelle Grundlage für die vorbereitende Bauleitplanung dazu geeignet sind, das Verwaltungshandeln fachlich zu legitimieren. Hierin erschöpft sich aber auch zugleich die Funktion der informellen städtebaulichen Planungen. 70 Um auf die gesellschaftspolitischen, demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen angesichts der regionalen Rückgänge im Siedlungswachstum sowie der Notwendigkeit einer verstärkten Wiedernutzung von Flächen zur Vermeidung 67 68 69 70

Bunzel, in: ZfBR 1997, 61 (67). Bunzel, in: ZfBR 1997, 61 (67). Bunzel, in: ZfBR 1997, 61 (68). Bunzel, in: ZfBR 1997, 61 (68).

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5. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

von Außenentwicklungen rechtzeitig reagieren zu können, ist durch das EAG Bau 2004 erstmals eine periodische Überprüfung von Flächennutzungsplänen in § 5 Abs. 1 S. 3 BauGB eingeführt worden. Danach soll der Flächennutzungsplan zwar wie bisher unbefristet gelten, aber spätestens 15 Jahre nach seiner erstmaligen oder erneuten Aufstellung überprüft und, soweit nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB erforderlich, geändert, ergänzt oder neu aufgestellt werden. Der Gesetzgeber ist damit einem Vorschlag der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des BauGB gefolgt. Mit der Neuregelung soll gleichzeitig angeregt werden, dass die Gemeinden (sich) regelmäßig darüber Rechenschaft ablegen, was aus der bisherigen Flächennutzungsplanung für das Gemeindegebiet geworden ist, insbesondere, welche konkreten Planungen zwischenzeitlich realisiert worden sind und wie diese sich auf die städtebauliche Gesamtordnung ausgewirkt haben. Es soll gefragt werden, welche Rahmenbedingungen sich geändert haben und vor welchen neuen Herausforderungen die städtebauliche Gesamtplanung auf der Ebene der Flächennutzungsplanung steht. Durch die neue Regelung, die sich auch in entsprechenden Klauseln in den Raumordnungsgesetzen der Länder findet, wird somit die Bedeutung einer zeitgemäßen städtebaulichen Gesamtplanung hervorgehoben und dadurch das Instrument der Flächennutzungsplanung insgesamt in seiner Funktion gestärkt. 71 Für die Steuerung der zahlreichen, über das Gemeindegebiet verteilten einzelnen Bebauungsplanverfahren und damit für die Sicherung einer geordneten, insgesamt abgestimmten räumlichen Entwicklung bleibt die Flächennutzungsplanung auf Grund seiner strategisch herausgehobenen Stellung im räumlichen Planungssystem essentiell.

71

BT-Drs. 15/2250, S. 47.

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– Rechtsschutz bei Divergenz von Form und Inhalt staatlichen Verwaltungshandelns, VerwArch 72 (1981), S. 185 – 218 – Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne, NVwZ 2007, S. 134 –144 – Anmerkungen zum Urteil des OVG NW, v. 23. 01. 1997 –7a D70/93.NE, DVBl. 1997, 852 – 855 Scheuner, Ulrich: Zur Neubestimmung der kommunalen Selbstverwaltung, AfK 1973, S. 1 – 44 Schidlowski, Frank: Standortsteuerung von Windenergieanlagen durch Flächennutzungspläne, NVwZ 2001, S. 388 – 391 Schimanke, Dieter: Funktionen der Flächennutzungsplanung, DVBl. 1979, S. 616 –621 Schink, Alexander: Die Berücksichtigung von Umweltbelangen in der Bauleitplanung – Die Änderungen des Bauplanungsrechts und ihre Auswirkungen auf den Bodenschutz, die Umweltverträglichkeitsprüfung und den Naturschutz in der Bauleitplanung, BauR 1998, 1163 – 1178 – Die Stadt und ihr Umland, NWVBl. 1997, 81 – 91 – Kommunale Selbstverwaltung im kreisangehörigen Raum – Verfassungsrechtliche Determinanten für die Zuständigkeitsdisposition zwischen Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden, VerwArch 1990 (81), S. 385 – 414 – Möglichkeiten und Grenzen der Schaffung von Bauland durch Innen- und Außenbereichssatzungen nach § 34 Abs. 4, 5 und § 35 Abs. 6 BauGB, DVBl. 1999, 367 –375 Schlarmann, Hans: Das Verhältnis der privilegierten Fachplanungen zur kommunalen Bauleitplanung, in: Ernst, Werner / Thoss Rainer (Hrsg.), Beiträge zum Siedlungs- und Wohnungswesen und zur Raumplanung (Band 56), Münster 1980 Schlichter, Otto / Stich, Rudolf / Driehaus, Hans-Joachim / Paetow, Stefan: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Band I: §§ 1 –84 BauGB, 3. Auflage, Stand: Dezember 2005, zitiert: Bearbeiter, in Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow – Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Band II: §§ 85 –247 BauGB, 3. Auflage, Stand: Dezember 2005, zitiert: Bearbeiter, in Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow Schmidt-Aßmann, Eberhard: Der Ausgleich landesplanerischer Planungsschäden, in: Schriftenreihe des deutschen Städte- und Gemeindebundes (Heft 25), Göttingen 1977 – Die Stellung der Gemeinden in der Raumplanung – Systematik und Entwicklungstendenzen, VerwArch 71 (1980), S. 117 – 139 – Fortentwicklung des Rechts im Grenzbereich zwischen Raumordnung und Städtebau, in: Schriftenreihe „Städtebauliche Forschung“ des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 03.055, Bonn 1977 – Grundfragen des Städtebaurechts, Göttingen 1972

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Sachwortverzeichnis Abstimmungsgebot 73 ff., 173 ff. Abwägungsgebot 69 ff. Angebotsplanung 28 f. Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft 78 ff. Anpassungspflicht 132 ff. Auffangplanung 28 Außenwirkung 97 ff. Bauleitplanung 27, 28 f., 32 ff., 36, 118 f. Bauliche Anlagen 32 ff. Bauliche Nutzung 32 Bebauungsplan 188 ff. – Selbständiger Bebauungsplan 196 f. – Vorzeitiger Bebauungsplan 198 ff. – Unecht vorzeitiger Bebauungsplan 201 Bodennutzungskonzept 34 Brundtland Kommission 1987 38 Darstellungen des Flächennutzungsplans 59 ff. Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde 80f. Entwicklungs- und Ordnungsfunktion 26, 42, 55 ff. Entwicklungsgebot 188 ff. Erstplanungspflicht 135, 138 f. Fachplanung 119 f. Gegenstromprinzip 147 ff. Gemeindegebiet 30 Gemeinsamer Flächennutzungsplan 175ff. Gesamtplanung 118 ff. Grundsatz der Plankonkordanz 150 Grundsatz der Planmäßigkeit 26

Grundstücke der Gemeinde 30 Grundzüge der Bodennutzung 62 ff. HABITAT II – Agenda

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Informelle städtebauliche Planungen 217ff. – Kommunale und städtebauliche Entwicklungsplanung 218 f. – Städtebauliche Entwicklungskonzepte 221 – Städtebauliche Rahmenplanung 219 ff. Instrumente der Bauleitplanung 26, 33 ff. Kennzeichnungen 66 ff. Kodifikationsprinzip 26, 48 Kommunale Planungshoheit 76, 87 ff., 170 ff. Koordinierungsfunktion 25, 26, 150 f., 154 ff. Landesplanerische Letztentscheidungen 126 f. Leit- und Lenkungsfunktion 25 Materie des Bodenrechts 30, 33 Nachhaltige städtebauliche Entwicklung 38 ff. Nachrichtliche Übernahme 66 ff., 155 ff. Natürliche Lebensgrundlagen 42 Ordnungsauftrag 28 Ordnungsprinzip 28 Ordnungsregeln 25 Öffentliche Planungsträger 160 ff. Parallelverfahren 154, 169 f., 194 ff. Planmäßigkeitsgrundsatz 35 ff. Planung 25, 30, 35, 117

Sachwortverzeichnis Planungsbefugnis 45 ff. Planungsleitlinien 37 ff., 42 f. Planungspflicht 45 ff. Planungsprozess 25 Planungsschranken 37, 43 ff., 68 ff. Planungsverband 179 f. Planungsziele 37 ff., 69 Räumlicher Wirkungskreis 30 Raumordnungsplanung 118 f. Raumplanung 118 f. Rechtsnatur des Flächennutzungsplans 95 ff. Rechtsschutz – verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle 104, 110 ff. Rechtsvorschrift i.S.d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO 105 ff. Regionaler Flächennutzungsplan 184 ff. Sonstige formelle Planungen 202 – Außenbereichs-Bausatzung 213 ff. – Innenbereichssatzungen 202 ff. Sonstige Nutzung 32 ff. Sozialgerechte Bodennutzung 40 Städtebauliche Entwicklung und Ordnung 27 ff.

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Städtebauliche Planung 33 Steuerung 25 Steuerungsfunktion 55 ff. Steuerungsinstrument 25, 116 ff. Teilflächennutzungsplan 50 ff. Umweltschutz 41 f. Verbindlicher Bauleitplan 31, 49 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Rastede-Beschluss des BVerfG) 82, 85 ff. Vermerke 66 ff. Vorbereitender Bauleitplan 31, 48, 52 ff. Vorbereitungs- und Leitungsfunktion 27, 30 ff. Vorlaufende Fachplanung 154 ff. Vorlaufende Flächennutzungsplanung 154, 159 ff. Vorrangprinzip 83 ff. Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie 82 f. Ziele der Raumordnung 123 ff. Zweistufigkeit der Bauleitplanung 48 ff.