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German Pages [385] Year 2018
Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament 154
Marion Christina Hauck
DYNAMIS EIS SOTERIAN Eine Untersuchung zum semantischen Hintergrund eines neutestamentlichen Syntagmas
Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament
Begründet von Günther Bornkamm und Gerhard von Rad Herausgegeben von Cilliers Breytenbach, Martin Leuenberger, Johannes Schnocks und Michael Tilly 154. Band
Vandenhoeck & Ruprecht
Marion Christina Hauck
DYNAMIS EIS SOTERIAN Eine Untersuchung zum semantischen Hintergrund eines neutestamentlichen Syntagmas
Vandenhoeck & Ruprecht
Das Werk wurde fþr den Druck þberarbeitet. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber http://dnb.de abrufbar. 2018, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Gçttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschþtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: 3w+p, Rimpar
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage j www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2567-9694 ISBN 978-3-7887-3330-8
Paq± t_m he_m t¹ !caho»r p\ppour, !caho»r com]ar, !cahµm !dekv^m, !caho»r didasj\kour, …, succeme?r, v_kour, swed¹m ûpamta 5weim· … (Marcus Aurelius, T± eQr 2aut|m 1.17)
In Liebe und Dankbarkeit meiner Familie gewidmet
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der EvangelischTheologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie im Wintersemester 2017/ 18 noch einmal überarbeitet. Dass das im Rahmen dieser Forschungsarbeit untersuchte griechische Textmaterial der Ergänzung durch die Befragung weiterer Quellen, speziell jüdischer Literatur in griechischer Sprache bedarf, habe ich in der Schlussbetrachtung meiner Arbeit dargelegt. Zu danken ist nun herzlich und an erster Stelle meinem Betreuer und Erstgutachter der Untersuchung, Herrn Prof. Dr. David S. du Toit, München, für alle Unterstützung und für die Unterweisung, die er mir hat angedeihen lassen, bis die Arbeit geschrieben war. Für die Erstellung des Zweitgutachtens, für vielfältige Unterstützung und freundliche Ermutigung gilt mein Dank sodann Herrn Prof. Dr. Loren Stuckenbruck, München. Ferner danke ich Herrn Prof. Dr. Christian Schäfer, Professor für Philosophie in Bamberg, der die Arbeit auf vielfältige Weise, durch Konsultationen und Gutachten, wohlwollend begünstigt und gefördert hat; sodann Prof. Dr. Lenka Karfikov und Prof. em. Dr. Petr Pokorny´, die mir einen äußerst produktiven Aufenthalt an der Karls-Universität in Prag ermöglicht haben. Gedankt sei auch Prof. Dr. Maria Liatsi und Prof. Dr. Philip J. van der Eijk, die mich in Fragen der antiken Medizingeschichte sehr förderlich beraten haben. Mein besonderer Dank geht an Herrn Akad. Direktor Jörg Dittmer, Dozent für klassische Philologie an der Augustana Hochschule Neuendettelsau: Er hat mich die griechische Sprache gelehrt. Was das für diese Studie angefertigte Kapitel II./3. („Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit…“) betrifft, sei ihm für seine kritische Lektüre, seine konstruktive Rückmeldung und die Übersetzungen aus seiner Feder gedankt. Zuletzt sei sehr herzlich all denjenigen gedankt, die mich zu dieser Arbeit ermutigt und mir zu jeder Zeit den Rücken gestärkt haben. Unter ihnen ist mein Basler Lehrer, Prof. em. Dr. Ekkehard Stegemann, an erster Stelle zu nennen. Meiner Landeskirche, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, bin ich für einen Druckkostenzuschuss zu Dank verpflichtet. Den Herausgebern, Prof. Dr. Cilliers Breytenbach und Prof. Dr. Michael Tilly, sei herzlich für die Aufnahme meiner Arbeit in die vorliegende Reihe sowie für alle Unterstützung gedankt. München, im Januar 2018
Marion Christina Hauck
Inhalt Abkürzungsverzeichnis . . . . . Allgemeine Abkürzungen . Antike Autoren und Werke Moderne Literatur . . . . .
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I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zielsetzung und Aufgabenstellung der Untersuchung 3. Methodisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufbau der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . .
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23 23 26 27 32
II.
Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir inVerbindung mit s]feim jtk.–Terminologie (und sinnverwandten Begrifflichkeiten) in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Der Gebrauch des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am durch Platon im Mythos des Protagoras (Prot. 320c 8–322d 5) . 1.1.1 Die göttliche Vergabe von offensiven/defensiven (Abwehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung (Prot. 320c 8–322a 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Zuspitzung: Abwendung von Gefahr durch das Eingreifen des Prometheus (Prot. 321b 7–322a 2) . 1.1.3 d_jg als d}malir eQr sytgq_am in Prot. 322a 3–322d 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs I: Der Gebrauch von d}malir und sytgq_a im Kontext von Entstehung, Bedrohung und Erhaltung der sterblichen Gattungen in Philos De Opificio Mundi 64,1–66,8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs II: Der Logos als von Gott kommende Gabe an den Menschen (vgl. Philo Somn. 1,102–112) . . . . . . . . 1.2 Die Vergabe von offensiven/defensiven (Wehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung an die sterblichen Gattungen bei Aristoteles (Part. an. 655b 2–8 und 662b 23–663a 18) . . . 1.3 Die Vergabe von offensiven/defensiven (Abwehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung in den Dissertationes des Maximos von Tyros (20,6,15–24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 34 34 36 40 43
47 50 53 57
10
Inhalt
1.4 Die Rede von offensiven/defensiven (Abwehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung bei Johannes Stobaios (vgl. Anth. 3,3,28) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Die christliche Explikation. d}malir eQr sytgq_am als offensives/defensives Mittel zur Lebenserhaltung (vgl. Apollin. Fragm. Ps. 39,14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Zusammenfassung: Semantische Auswertung, Zwischenergebnis und Hypothese . . . . . . . . . . . . . 2. Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos. Zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir und sytgq_a in Pseudo-Aristoteles’ De mundo (Kap. 5–6) . . . . . . . . . . 2.1 Kurze Einführung in die pseudo-aristotelische Schrift De mundo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Kontroversen um Echtheit, Autor, Datierung und Einordnung der Schrift . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Gliederung der Schrift De mundo . . . . . . . . . 2.2 Die Rede von d}malir und sytgq_a im übergreifenden (Gefahren-)Kontext Pseudo-Aristoteles De mundo Kap. 5–6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Einleitende Skizzierung des Kosmos: Teil und Ganzes (vgl. Mund. 391b 9–12) . . . . . . . . . . 2.2.2 Der Kosmos als Komposition aus gegensätzlichen Prinzipien: Möglichkeit der Zerstörung und Möglichkeit der Erhaltung (Kap. 5) . . . . . . . . Exkurs III: Eine notwendige Vorbemerkung. Zur Begriffsklärung von aQt_a in der Physik des originären Aristoteles (vgl. 194b 16–195a 26). Unterscheidung von Wirk- und Finalursache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Zur Interaktion von Gott und Kosmos, d}malir und sytgq_a im Angesicht potentieller, kosmischer Vernichtung (Kap. 6). . . . . . . . . . 2.2.3.1 Die innerhalb des Kosmos ab- und anwesende Gottheit: Unterscheidung zwischen Gottes oqs_a und d}malir (vgl. 397b 9–20) . . . . . . . . . . . . 2.2.3.2 Die d}malir der Gottheit als Ursache kosmischer Erhaltung (aUtior sytgq_ar) in 397b 16–400b 13 (vgl. 398a 1–6/398b 6–10) . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Röm 1,16 und De mundo Kap. 6 (398a 1–6; 398b 6–10) .
59 61 65 67 68 68 70 71 71 74
77 81 81 83 90 91
Inhalt
3. Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit. Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir eQr sytgq_am im Corpus Hippocraticum und bei Galen . . . . . . 3.1 Lebensbedrohung durch akute Krankheit I. Die unmittelbare Umgebung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im Corpus Hippocraticum und bei Galen . . . 3.1.1 Gute Atmung als Träger von d}malir 1r sytgq_gm im Zustand akuter Krankheiten (vgl. Progn. 5; Coa praes. 255,1–9; Hipp. Progn. 18b,77 f.; Diff. Resp. 7,929) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Atmung, Appetit und Urin als Träger von d}malir eQr sytgq_am im Zustand akuter Krankheiten (vgl. Hipp. III Epid. III 17a,772) . . . . . . . . . . 3.1.3 Urin als Träger von d}malir eQr sytgq_am (vgl. Hipp. III Epid. III 17a,627; Hipp. III Epid. III 17a,628; Hipp. Off. Med. 18b,639) . . . . . . . . . 3.1.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Lebensbedrohung durch akute Krankheit II. Der weitere Kontext des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im Corpus Hippocraticum und bei Galen . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Krankheit als ein Zustand wider die Natur (vgl. Sympt. Diff. 7,50) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs IV: Die lebenserhaltende Rolle der v}sir . . . . . 3.2.2 Der Arzt als „Helfer der Natur“ . . . . . . . . . . 3.2.2.1 pq|cmysir als Aufgabe des Arztes . . . . . . . . . 3.2.2.2 Ärztliche pq|cmysir im Rahmen akuter Krankheiten. Der Arzt als Zeichendeuter . . . . . 3.2.2.3 Gute oder schlechte Zeichen: Implikationen für die ärztliche Prognose (Hipp. Progn.18b,297 f.) . . 3.2.3 Begriffsbestimmung von jq_sir: Wendung der Krankheit zum Guten oder Schlechten . . . . . . 3.3 Ergebnis. Die Rede von d}malir eQr sytgq_am im Kontext akuter Krankheiten, die entschieden werden: Wendung der Krankheit zum Guten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gefährdung durch Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch Polybios: Akute Bedrohung der römischen Heimat und Möglichkeit der Gewährung von Hilfe (vgl. Hist. 3,109) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Der Ausdruck bo^heia eQr sytgq_am bei Dionysios von Halikarnassos (Ant. 15,8,3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Zum weiteren Kontext: Drohende (Kriegs-)Gefahr (15,3,1–15,8,5) . . . . . . . . . .
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95 99 102 103 105 105 107 110 111 113 114 117 121 123
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Inhalt
4.2.1.1 Schutz der kampanischen Bundesgenossen vor feindlichen samnitischen Angriffen (vgl. 15,3,2) . 4.2.1.2 Gefahrvolle Vorkommnisse in Neapel (Ant. 15,5,1–15,6,5) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Der unmittelbare Kontext (Ant. 15,7,1–15,8,5): Möglichkeit samnitischer Hilfeleistung zur Rettung der bedrängten Neapolitaner . . . . . . . 4.2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch Plutarch (Phok. 12,1–14,8): Gewährung von Hilfe zur Erhaltung der durch makedonische Expansionspolitik bedrohten Städte . . . . 4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 5. Gefährdung durch politisch-gesellschaftliche Ohnmacht . . . 5.1 Zur Verwendung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am in der Gerichtsrede Gegen Eratosthenes des Lysias (12,14) . 5.1.1 Zur historischen Verortung von Lysias’ Gegen Eratosthenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Aufbau der Gerichtsrede Gegen Eratosthenes . . . 5.1.3 Akute Todesgefahr für Lysias angesichts des tyrannischen Regimes der Dreißig und Möglichkeit der Errettung durch die d}malir eQr sytgq_am des Damnippos (12,14) . . . . . . . . . 5.2 Akute Lebensgefahr und Möglichkeit der Errettung aus Gefahr: Zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir und s]feim in der Briefliteratur des Themistokles (vgl. Ep. 20,121) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Die Epistulae des Themistokles als Briefliteratur der frühen Kaiserzeit: Einführendes . . . . . . . . 5.2.2 Der weitere Kontext um die Formulierung … eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a (vgl. Ep. 20,121). Die gefahrvolle Flucht des Themistokles von Argos nach Asia Minor. Rettungsbedürftigkeit und Errettung aus Lebensgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2.1 Die Flucht des Themistokles von Argos nach Kerkyra, seine Rettungsbedürftigkeit und die Verweigerung von Rettung durch die Kerkyräer . Exkurs V: Verbindlichkeit gegenüber einem anderen. Das Wortcluster um w\qir jtk. und ave_keim jtk. im profangriechischen Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . 5.2.2.2 Die Flucht des Themistokles nach Epirus und die Aufnahme durch Admetos . . . . . . . . . . . . .
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167 169 171 172
Inhalt
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5.2.2.3 … eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a (vgl. Ep. 20,121). Akute Lebensgefahr des Themistokles auf Naxos und Errettung durch die d}malir [eQr sytgq_am] des Diopeithes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 5.2.2.4 Das Ende der Flucht des Themistokles: Ankunft am Hof des Perserkönigs . . . . . . . . . . . . . . 179 5.2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 III.
Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in der jüdischen Literatur in griechischer Sprache, demonstriert am Beispiel des Philo von Alexandrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedrohung der menschlichen Seele durch Krankheit und Möglichkeit ihrer Erhaltung: Philos Rede von d}malir pq¹r sytgq_am in Migr. 124 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs VI: Der Logos der Gottheit . . . . . . . . . . . . 2. Die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in Vit. Mos. 2,247–256: Akute Todesgefahr der Hebräer und Errettung durch die Exodusgottheit . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Wendung … t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]weim in Virt. 49 f.: Der gefahrvolle Kampf der Hebräer zugunsten der Frömmigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit Rettungsaussagen in Quaest. in Ex. 2,2: Errettung der Hebräer aus politisch-militärischer Ohnmacht . . . . . . . . Exkurs VII: Philos Vorstellung von den dum\leir der Gottheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs VIII: Die Rede von d}malir syt^qior in P.Oxy. 11.1381, Zeile 203–223 (speziell: 215–218) . . . .
. 183 . 184 . 198 . 201 . 207 . 213 . 215 . 220 . 222
IV.
Zusammenfassung und Auswertung: Die Bedeutung von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in der klassischen, hellenistischen (hellenistisch-jüdischen) und kaiserzeitlichen Gräzität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
V.
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch neutestamentliche Autoren . . . 234 1. Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
14
Inhalt
2. Zu Gebrauch und Bedeutung des Ausdrucks d}malir (heoO, toO heoO, toO WqistoO) in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen (s]feim jtk., N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] usw.) durch Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Gefahren für Leib und Leben: Der d}malir-Gebrauch in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen (s]feim jtk., N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] usw.) im 2. Korintherbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 2Kor 1,8–11: Die d}malir des Paulus als (mangelnde) Widerstandsfähigkeit im Leiden . . 2.1.2 2Kor 4,7–12: d}malir als von Gott gewährte Widerstandsfähigkeit und -kraft im Leiden . . . . 2.1.3 Übereinstimmungen zwischen 2Kor 1,8–11 und 4,7–12.15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 2Kor 6,3–10: d}malir als von Gott gewährte Widerstandskraft im Leiden . . . . . . . . . . . . 2.1.5 2Kor 12,7–9.10: d}malir als von Christus gewährte Widerstandskraft im Leiden . . . . . . . 2.2 Zur Verwendung und Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am in Röm 1,16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Der engere Kontext von Röm 1,16: Das von Paulus verkündete Evangelium als d}malir eQr sytgq_am (1,14–17) . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs IX: Zur Genitivkonstruktion d}malir heoO . . . . . 2.2.2 Der weitere Kontext von Röm 1,16: Gefährdung, Gottes Zorn und Gericht über alle Menschen (1,18–3,20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Zur Anschlussfähigkeit von Röm 3,23 an Röm 1,16 f. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs X: Zur Semantik von rsteqe?m (+ Gen.): Röm 3,23 (rsteqoOmtai [+ Gen.]) vor dem semantischen Hintergrund von Jos. Ant. 1,72–103, Ant. 5,210–229 und Ant. 15,199–200 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs XI: Zum traditionsgeschichtlichen Hintergrund des Syntagmas (p\mter … Flaqtom …) rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO in Röm 3,23 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Zur Bestimmung der Bedeutung des Syntagmas (p\mter … Flaqtom …) rsteqoOmtai d|ngr toO heoO in Röm 3,23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Zur Anschlussfähigkeit von Röm 1,16 f. an Röm 3,21–26 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs XII: Zur Genitivverbindung „Gerechtigkeit Gottes“ (dijaios}mg heoO) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Christi heilswirkender Tod als Mittel zur Rettung.
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235 237 243 251 254 260 266 267 271 274 277
280 284 287 290 293 297
Inhalt
Die prekäre Lage der Sünder und Gottes Gunsterweis (Röm 5,1–21) . . . . . . . . . . . . . 2.2.7.1 Die Wendung von Unheil in Heil durch Jesus Christus (Röm 5,1–11) . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.7.2 Die Behebung des unheilvollen Mangelzustandes durch Jesus Christus (Röm 5,12–21) . . . . . . . . 2.2.8 Zusammenfassung: Das Evangelium von der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus und die Wendung der kritischen Situation zum Guten . . Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief (1Petr 1,5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Der engere Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Der weitere Kontext: Zu den gefahrvollen Umständen, in denen sich die Adressatenschaft des 1Petr befindet. Eine Spurensuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Leiden unter vielerlei Anfechtungen (1Petr 1,6 und 4,12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Angriffe seitens einer feindlich gesonnenen nichtchristlichen Umwelt . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die Rede von Gottes d}malir eQr sytgq_am in 1Petr 1,5 als Reflexion kriegerischer Verhältnisse . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Geschützte Befindlichkeit in Gottes d}malir eQr sytgq_am (1,5) und der Aufruf zum „sich Wappnen“ (4,1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 1m dum\lei … vqouqoul]mour … eQr sytgq_am (1,5) und bpk_sashe (4,1) als Komplex militärischer Metaphern . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 1Petr 1,5 als Spiegelung einer Belagerungssituation? . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.7
VI.
15 301 303 306 312 316 326 327 331 331 337 341 346 350 352 356
Zusammenfassung und Auswertung: Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch Paulus und den Verfasser des 1. Petrusbriefes vor dem Hintergrund der (profan-)griechischen außerbiblischen Rede von d}malir und s]feim, sytgq_a (d}malir eQr sytgq_am) . . . . . . . . . . . . . . 358
VII. Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 VIII. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 1. Textausgaben und Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . 370
16
Inhalt
2. Hilfsmittel (Wörterbücher, Lexika, Konkordanzen, Grammatiken) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 3. Weitere Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374
Abkürzungsverzeichnis Allgemeine Abkürzungen Akk. Akt. akt. Anm. Bd./Bde. bes. bzw. ca. Dat. ders. d. h. dies. dt. einschl. Ep. f. Gen. ggf. griech. hebr. hellen. Hg. Jh. lat. Med. n. Chr. ND Nom. o. ä. o.g. Opp. Or. Pass. pass. Pl. Ps.–
Akkusativ Aktiv aktivisch [im Aktiv stehend] Anmerkung Band/Bände besonders beziehungsweise circa Dativ derselbe das heißt dieselbe deutsch einschließlich Epistula/Epistulae [Brief/Briefe] folgende Genitiv gegebenenfalls griechisch hebräisch hellenistisch Herausgeber [auch bei fremdsprachigen Werken] Jahrhundert lateinisch Medium nach Christus Neudruck Nominativ oder ähnliche[s] oben genannt Opposition Oratio [Rede] Passiv passivisch [im Passiv stehend] Plural Pseudo-
18 röm. s. Sgl. s.v. u. a. u. ö. usw. u. U. V. v. Chr. vgl. wörtl. z. B. z. T.
Abkürzungsverzeichnis
römisch siehe Singular sub voce [unter dem Stichwort] unter anderem/und andere und öfter und so weiter unter Umständen Vers vor Christus vergleiche wörtlich zum Beispiel zum Teil
Antike Autoren und Werke Die Abkürzungen der Schriften des Alten und Neuen Testamentes richten sich (wenn nicht anders angegeben) nach Siegfried M. Schwertner (Hg.), Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin/Boston 32014, S. XXIX–XXXV. Aischyl. Prom. ApkMos Apollin. Fragm. Ps. Aristob. Fragm. (Ps-)Arist. An. Cael. Eth. Nic. Gen. an. Hist. an. Metaph. Meteorol. Mot. an. Mund. Part. an. Phys. Polit. Rhet.
Aischylos Prometheus Apokalypse des Mose Apollinaris von Laodicea Fragmenta in Psalmos Aristobulus Fragmenta (Pseudo-)Aristoteles De anima De caelo Ethica Nicomachea De generatione animalium Historia animalium Metaphysica Meteorologica De motu animalium De mundo De partibus animalium Physica Politica Rhetorica
Abkürzungsverzeichnis
Dem. Or. Dio Chrys. Or. Diod. Sic. Hist. Dion. Hal. Ant. Eurip. Phoen. Galen Const. art. med. Patr. Ars Med. Elem. Hipp. Temp. Nat. Fac. Usu Part. Caus. Resp. Ut. Resp. Foet. Form. Us. Puls. Plac. Hipp. Plat. Morb. Diff. Caus. Morb. Sympt. Diff. Tot. Morb. Temp. Plen. Diff. Resp. Diff. Puls. Caus. Puls. Praes. Puls. Syn. Puls. Cris. Die. Decret. Meth. Med. Hipp. Acut. Morb. Hipp. III Epid. III Hipp. Aph. Hipp. Progn. Hipp. Off. Med. Hes.
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Demosthenes Orationes Dio Chrysostomos Orationes Diodorus Siculus Bibliotheca historica Dionysios von Halikarnassos Antiquitates Romanae Euripides Phoenissae Galen De constitutione artis medicae ad Patrophilum Ars Medica De elementis ex Hippocrate De temperamentis De naturalibus facultatibus De usu partium De causis respirationis De utilitate respirationis De foetuum formatione De usu pulsuum De placitis Hippocratis et Platonis De morborum differentiis De causis morborum De symptomatum differentiis De totius morbi temporibus De plenitudine De difficultate respirationis De differentiis pulsuum De causis pulsuum De praesagitione ex pulsibus Synopsis de pulsibus De crisibus De diebus decretoriis De methodo medendi In Hippocratis de Acutorum Morborum Victu In Hippocratis librum iii Epidemiarum commentarii iii [= Kommentar Bd. III zu Bd. III der Epidemien des Hippokrates] In Hippocratis Aphorismi In Hippocratis Prognosticum In Hippocratis De Officina Medici Hesiod
20 Theog. Erg. Hipp. Progn. Epid. Coa praes. Alim. Hom. Il. Joh. Stob. Anth. Jos. Ant. Bell. Jud. Lys. Maxim. Tyr. Diss. Philo Abr. Aet. Mund. Agr. Cher. Conf. Decal. Det. Ebr. Flacc. Fug. Gig. Jos. Leg. All. Migr. Vit. Mos. Mut. Opif. Plant. Post. Praem. Prov. Quaest. in Gn. Quaest. in Ex. Quis Her. Quod Deus Sacr. AC
Abkürzungsverzeichnis
Theogonia Erga Hippokrates Prognostikon Epidemiae Coa praesagia De alimento Homer Ilias Johannes Stobaios Anthologium Josephus Antiquitates Judaicae Bellum Judaicum Lysias Maximos von Tyros Dissertationes Philo De Abrahamo De Aeternitate Mundi De Agricultura De Cherubim De Confusione Linguarum De Decalogo Quod Deterius Potiori insidiari solet De Ebrietate In Flaccum De Fuga et Inventione De Gigantibus De Josepho Legum Allegoriarum De Migratione Abrahami De Vita Mosis De Mutatione Nominum De Opificio Mundi De Plantatione De Posteritate Caini De Praemiis et Poenis De Providentia Questiones et Solutiones in Genesin Questiones et Solutiones in Exodum Quis rerum divinarum Heres sit Quod Deus sit Immutabilis De Sacrificiis Abelis et Caini
Abkürzungsverzeichnis
Sob. Somn. Spec. Leg. Virt. Vit. Cont. Plat. Apol. Leg. Menex. Phaid. Phaidr. Prot. Resp. Tim. Plut. Mor. Vit. Cic. Phok. Them. Polyb. Hist. P.Oxy. Soph. Ant. Them. Ep. Thuk. Hist.
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De Sobrietate De Somniis De Specialibus Legibus De Virtutibus De Vita Contemplativa Platon Apologia Nomoi Menexenos Phaidon Phaidros Protagoras Politeia Timaios Plutarch Moralia Vitae parallelae Cicero Phokion Themistokles Polybios Historiae Oxyrhynchos-Papyrus Sophokles Antigone Themistokles Epistulae Thukydides Historiae
Moderne Literatur Die Abkürzungen richten sich nach Siegfried M. Schwertner (Hg.), Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin/Boston 32014. Es werden zusätzlich bzw. abweichend folgende Abkürzungen verwendet: BAA BDAG
Bauer, Walter, Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, hg. v. Kurt und Barbara Aland, Berlin/New York 81988. Danker, Frederick William, A Greek-English Lexicon of the New Testament and Other Early Christian Literature, Based on Walter Bauer’s Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, sixth edition,
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Abkürzungsverzeichnis
ed. Kurt Aland and Barbara Aland, with Viktor Reichmann and on previous English editions by W.F. Arndt, F.W. Gingrich, and F.W. Danker, Chicago [u. a.] 32000. BDR Blass, Friedrich, Debrunner Albert, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch. Bearbeitet von Friedrich Rehkopf, Göttingen 15 1979. LSJ Liddell, Henry-George, Scott, Robert, A Greek-English Lexicon. A New Edition Revised and Augmented throughout by Henry Stuart Jones with the Assistance of Roderick McKenzie, Oxford 1958. MNT Münchener Neues Testament 1998. RE (I/II) Paulys Real-Enzyklopädie der classischen Alterthumswissenschaft. Neue Bearbeitung begonnen von Georg Wissowa. 1. und 2. Reihe, Stuttgart 1894–1972. TLG Thesaurus Linguae Graecae.
I. Einführung 1. Das Problem Was die konkrete Bedeutung antiker griechischer Begrifflichkeiten sei, gehört zu den schwer beantwortbaren Fragen einer am philologischen Befund ausgerichteten neutestamentlichen Wissenschaft. In dieser Studie wird sich auf die Suche nach der Bedeutung des griechischen Begriffs d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie im Allgemeinen,1 in der Hauptsache aber: nach dem Aussagegehalt des griechischen Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im Besonderen begeben. Die Erkundung von d}malir im gemeinsamen Gebrauch mit der Wortgruppe um s]feim, sytgq_a, syt^qior, vor allem aber: die Erforschung der Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am wird gerade deswegen für besonders relevant gehalten, da das Wortcluster um d}malir und s]feim, sytgq_a in auffallender Dichte bei neutestamentlichen Autoren, insbesondere bei Paulus,2 zum Einsatz kommt.3
1 Die inhaltliche Füllung von d}malir („Kraft, Macht, Vermögen“) sowie von s]feim („retten, erhalten“) bzw. von sytgq_a („Rettung, Erhaltung“) ist an dieser Stelle noch bewusst unbestimmt gelassen. Im Verlauf der Untersuchung ist die Wiedergabe dieser Begrifflichkeiten jeweils vom Kontext her zu klären, in dem sie zum Einsatz kommen. 2 Zum Vorkommen und zum Bedeutungsumfang von d}malir im Neuen Testament vgl. insgesamt Gerhard Friedrich, Art. d}malir, 2EWNT I, 860–867, bes. 861: Von 119 d}malir-Belegen, die sich im Neuen Testament finden, erscheint der Begriff 36mal allein bei Paulus (Röm 1,4; 1,16; 1,20; 8,38; 9,17; 15,13.19 [2mal]; 1Kor 1,18.24; 2,4.5; 4,19.20; 5,4; 6,14; 12,10.28.29; 14,11; 15,24.43.56; 2Kor 1,8; 4,7; 6,7; 8,3 [2mal]; 12,9 [2mal]; 12,12; 13,4 [2mal]; Gal 3,5; Phil 3,10; 1Thess 1,5). Friedrich weist in diesem Zusammenhang auch auf den großen Bedeutungsumfang hin, der dem Wort d}malir bei Paulus zukommt, was sich ihm zufolge im Blick auf die verschiedenen Worte, mit denen der d}malir-Begriff verbunden oder in parallelen Aussagen gebraucht wird, leicht feststellen lässt: So lassen sich speziell bei Paulus semantische Berührungspunkte von d}malir mit d|na, !vhaqs_a, sov_a, k|cor, w\qir eruieren (vgl. ders., Art. d}malir, 861 f.). Diese Erkenntnis soll im Laufe der Untersuchung vertieft werden (vgl. speziell die Ausführungen unter V./ 2.). 3 In den neutestamentlichen Lexika wird der gemeinsame Gebrauch von d}malir und s]feim, sytgq_a vernachlässigt. Sowohl Bauer und Bauer, Danker, Arndt, Gingrich, (vgl. BAA, s.v. d}malir; ebenso BDAG, s.v. d}malir) als auch das EWNT (vgl. Friedrich, Art. d}malir, 860–867) gehen nicht explizit (so BAA, BDAG; dies gilt auch für das maßgebliche wissenschaftliche Altgriechischlexikon LSJ, s.v. d}malir) oder nur in aller Kürze auf das gemeinsame Zum-EinsatzKommen dieser Wörter ein, ohne das antike Belegmaterial zu vergleichen (Friedrich, Art. d}malir, 862 f. verweist nur im Blick auf Röm 1,16 und 1Kor 1,18; 2,4 f. kurz auf die Zusammengehörigkeit von d}malir und sytgq_a, wie sie vergleichsweise in Ps 20 [21],2 und 139 [140], 8 zu finden ist).
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Einführung
Generell ist der paulinische Sprachgebrauch dadurch gekennzeichnet, dass das in der Profangräzität, ebenso wie im Neuen Testament einem sehr breiten Bedeutungsspektrum unterliegende Wort d}malir in bestimmten stets wiederkehrenden Wortverbindungen Verwendung findet. So gebraucht Paulus die Wendung d}malir (toO) heoO bzw. d}malir (toO) juq_ou bzw. d}malir toO WqistoO an zahlreichen Stellen.4 Besonders auffallend ist in diesem Zusammenhang der häufige gemeinsame Gebrauch von d}malir ([toO] heoO) und s]feim jtk. (sowie N}eshai).5 In auffallender Dichte begegnet die Wortgruppe um d}malir und sytgq_a bei Paulus in Röm 1,16, und zwar in Gestalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am (oq c±q 1paisw}molai t¹ eqacc]kiom, d}malir c±q heoO 1stim eQr sytgq_am pamt· t` piste}omti).6 Was ist nun aber genau damit gemeint, wenn Paulus das Evangelium (t¹ eqacc]kiom) in Röm 1,16 eine d}malir (heoO) eQr sytgq_am7 nennt?8 Welche Vorstellungen, Bilder und Assoziationen werden im Gebrauch der Wendung d}malir eQr sytgq_am in den Köpfen der paulinischen Adressatenschaft aktiviert?9
4 Die Genitivverbindung d}malir (toO) heoO findet sich bei Paulus neben Röm 1,16 auch in Röm 1,20; 9,17; 1Kor 1,18.24; 2,5; 6,14; 2Kor 4,7; 6,7. Vgl. auch die paulinische Rede von einer d}malir toO juq_ou bzw. toO WqistoO in 1Kor 5,4; 2Kor 12,9. Mit der Formulierung d}malir (toO) heoO bzw. d}malir (toO) juq_ou knüpft Paulus wohl an den Sprachgebrauch der Septuaginta an – es kommt zur intuitiven Übernahme des jüdisch-hellenistischen Sprachgebrauchs. Vgl. zur Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in der Septuaginta z. B. Ps 20,2; 32,16 f.20; 45,2; 53,3.6; 58,3.10.17.18; 59,7.12.13 f.; 67,12 ff.; 107,13 f.; 139,8 LXX. Speziell zur Genitivkonstruktion d}malir (toO) heoO vgl. 1Chr 12,23; SapSal 7,25; 2Makk 3,24; 9,8 (vgl. dazu auch Exkurs IX: Zur Genitivkonstruktion d}malir heoO). 5 Vgl. 1Kor 1,18–2,5; 2Kor 1,8–11; 4,7–15; 6,1–10; Röm 1,16 (außerhalb der paulinischen Schriften vgl. neben 1Petr 1,5 auch 2Tim 1,8). 6 Im Blick auf außerpaulinische neutestamentliche Schriften findet sich die Formulierung d}malir eQr sytgq_am auch in 1Petr 1,5 (… eQr rl÷r to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour di± p_steyr eQr sytgq_am). 7 Das Syntagma d}malir (heoO) eQr sytgq_am wird in den deutschen Standardbibelübersetzungen gängigerweise wiedergegeben mit der sprachlichen Entsprechung „Kraft Gottes zum Heil“ (= MNT, Elberfelder), „Kraft Gottes zu Rettung“ (= Züricher), „Kraft Gottes, die rettet“ (= Einheitsübersetzung). Vgl. dagegen die Lutherübersetzung: „Kraft Gottes, die da selig macht“. 8 „In der Forschung besteht ein weitgehender Konsens, dass die paulinische Rede von der d¼malir heoO eQr sytgq¸am traditionsgeschichtlich dem antiken Judentum zuzuordnen ist. Sie ist im Sinne der Schöpfermacht Gottes zu verstehen, die in der Auferweckung Jesu endzeitlich wirksam wurde und die Bedingung für das endzeitliche Heil (sytgq¸a) bildet. Dabei stehe das endzeitliche Handeln Gottes in Kontinuität zur alttestamentlich-jüdischen Überzeugung, dass Gottes Kraft sich in seinen geschichtlichen Heilstaten erweist“, so ist bei David S. du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM. Röm 1,16 und Pseudo-Aristoteles De mundo 6, 398B 6–10 im Horizont antiker Diskurse über Entstehung, Bedrohung und Erhaltung der Welt, in: Cilliers Breytenbach (Hg.), Paul’s Graeco-Roman Context, BETL 277, Leuven 2015, 457–470, 468 (Anm. 49) zu lesen. Als repräsentatives Beispiel nennt du Toit Ulrich Wilckens, Der Brief an die Römer: Röm 1–5, EKK VI/1, Zürich [u. a.] 21987. 9 Dass die paulinischen Briefe, ebenso wie der 1. Petrusbrief an griechischsprachige (bzw. an in der paganen Gräzität beheimatete) Menschen gerichtet waren, die im griechisch bestimmten Sprachraum des Römischen Reiches lebten, bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Erklärung. Vgl. dazu insgesamt Rüdiger Schmitt, Die Sprachverhältnisse in den östlichen Provinzen des Römischen Reiches, ANRW II 29.2 (1983), 554–586. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Formulierung d}malir (heoO) eQr sytgq_am im Sprachgebrauch der paulinischen
Das Problem
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Nun ist es, sichtet man das antike griechische außerbiblische Quellenmaterial, augenfällig, dass sich das gebündelte Auftreten der Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior generell nicht nur auf den neutestamentlichen Sprachgebrauch (bzw. den Sprachgebrauch der Septuaginta) beschränkt, sondern dass die gemeinsame Verwendung dieser Wörter gehäuft in (profan-)griechischen Quellen seit klassischer Zeit belegt ist. Weit verbreitet war auch das sich in Röm 1,16 (und 1Petr 1,5) findende Syntagma d}malir eQr sytgq_am.10 Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang zu fragen, inwieweit sich zur Zeit des Paulus (um 50–60 n. Chr.) bereits ein spezifisch christlicher Sprachgebrauch herausgebildet hat und ob bzw. inwiefern das frühe Christentum sprachbildend tätig werden musste, um neue Inhalte ausdrücken zu können.11 Vielmehr ist anzunehmen, dass die frühen Christen in ihrem Sprachgebrauch an bereits bestehende pagane Wortverbindungen anknüpften.12 Der (profan-)griechische Quellenbefund legt jedenfalls die Annahme nahe, dass Paulus im Eingangsteil des Römerbriefs (1,16)13 mit d}malir eQr sytgq_am ein schon der paganen Sprache vertrautes Syntagma benutzt
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Adressaten sowie der Adressaten des 1. Petrusbriefes als griechischen Muttersprachlern auf intuitive Weise Verwendung fand. Vgl. hierzu die unter II. und III. aufgeführten Belege und Ausführungen. Äquivalente Formulierungen zu d}malir eQr sytgq_am sind – wie der Verlauf der Untersuchung noch zeigen wird – u. a. die folgenden: d}malir pq¹r sytgq_am, d}malir sytgq_ar (= die mit dem Genitiv aktualisierte sytgq_a wird hier als die Zielrichtung bzw. als der Zweck der mit d}malir aktualisierten Handlung bestimmt, vgl. zum Genitiv des Zweckes und der Richtung BDR §166), d}malir syt^qior oder auch der Verweis der Wendung aUtior sytgq_ar auf die d}malir-Begrifflichkeit. Aus allen diesen Konstruktionen geht nämlich hervor, dass es sich bei dem Substantiv d}malir um das logische Subjekt bzw. die verursachende Instanz von s]feim, sytgq_a handelt. Oder, anders gesprochen: dass mit sytgq_a der Zweck bzw. das Ziel der mit d}malir aktualisierten Handlung bestimmt wird. Zurecht warnt Thomas Schumacher, Der Begriff der PISTIS im paulinischen Sprachgebrauch. Beobachtungen zum Verhältnis von christlicher und profangriechischer Semantik, in: Udo Schnelle (Hg.), The Letter to the Romans, Leuven 2009, 487–501, 500 davor, den biblischen gegen den profanen Sprachgebrauch auszuspielen. Er bemerkt: „In den modernen Sprachwissenschaften geht man hingegen verstärkt davon aus, dass eine semantische Erweiterung oder Verschiebung durch die Verwendung bekannter Begriffe in neuen Kontexten geschieht – und dies dürfte dann auch für die Entstehung einer ,christlichen Sprache‘ gelten. Doch solche Entwicklungen erstrecken sich über einen längeren Zeitraum, vor allem was die Ablösung bestehender Wortverbindungen durch neue betrifft“. Was frühchristliche Begrifflichkeiten angeht, so lassen sich „semantische Verschiebungen und Erweiterungen“ nur erfassen und näher bestimmen, wenn man deren zeitgenössische Verwendung genauer untersucht hat (vgl. ders., Zur Entstehung christlicher Sprache: Eine Untersuchung der paulinischen Idiomatik und der Verwendung des Begriffs p_stir, BBB 168, Göttingen 2012, 150). Vgl. dazu James Barr, Bibelexegese und moderne Semantik: Theologische und linguistische Methode in der Bibelwissenschaft, mit einem Geleitwort von Hans Conzelmann, München 1965, 249 [= The Semantics of Biblical Language, Oxford 1961]: Gerade die Satzbildung zeigt, so Barr, dass griechische Wörter von neutestamentlichen Autoren oft in derselben Bedeutungsfunktion verwendet wurden, die sie im Mund von hellenistischen Zeitgenossen hatten. Ebenso wie der Verfasser des 1. Petrusbriefes in 1Petr 1,5.
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Einführung
hat. Zur Klärung der Frage, ob bzw. inwiefern neutestamentliche Autoren (Paulus, der Verfasser des 1. Petrusbriefes) mit ihrer Rede von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie (speziell: ihrer Rede von d}malir eQr sytgq_am) an bereits bestehende sprachliche Strukturen anknüpften, will diese Forschungsarbeit einen Beitrag leisten.
Bedenkt man weiter, dass die paulinischen Briefe, ebenso wie der 1. Petrusbrief, nicht nur an hellenistische Juden und Gottesfürchtige, sondern auch an pagane Leser bzw. Hörer adressiert sind, die aufgrund ihres sozialen und kulturellen Kontextes sowie ihrer antiken Bildung zum Teil mit einer ganz anderen enzyklopädischen Kompetenz ausgestattet waren als antik-jüdische Leser bzw. Hörer, stellt sich im Blick auf die sich in diesen neutestamentlichen Schriften findende d}malir und s]feim, sytgq_a – (bzw. d}malir eQr sytgq_am) Verwendung ganz grundsätzlich die Frage nach dem semantischen (Rezeptions-)Horizont und den Lektüre- bzw. Deutungsoptionen, die sich für antike griechischsprachige nicht-jüdische Leser bzw. Hörer bei deren Lektüre eröffnet haben könnten.
2. Zielsetzung und Aufgabenstellung der Untersuchung Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine neutestamentliche Studie. In diesem Sinne ist es das vorrangige Ziel der Gesamtuntersuchung, den sprachlichen (namentlich: den semantischen) Horizont aufzuklären, vor dem die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie bei neutestamentlichen Autoren (Paulus, Verfasser des 1. Petrusbriefes) Verwendung gefunden hat und von den antiken Lesern bzw. Hörern dieser Schriften vermutlich verstanden worden ist. Da der Verstehenshorizont sowohl der Autoren dieser Schriften als auch ihrer Adressaten heute jedoch nur sehr begrenzt zur Verfügung steht, muss er durch eine Durchsicht des zeitgenössischen paganen und jüdischen Quellenmaterials in griechischer Sprache rekonstruiert werden. Der Akzent der Analyse wird dabei auf der Erforschung des in der (Profan-)Gräzität sowie im Neuen Testament begegnenden Syntagmas d}malir eQr sytgq_am liegen: Es gilt, die im Gebrauch der d}malir eQr sytgq_am-Formulierung vorausgesetzte enzyklopädische Kompetenz (= Speicher an Weltwissen) des antiken Lesers bzw. Hörers, d. h. das zum Verstehen des Syntagmas erforderliche Hintergrundwissen zu rekonstruieren,14
14 „Kulturelle Enzyklopädie“ ist an dieser Stelle u. a. mit Christina Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder. Die griechische Konzeption des Unheil abwendenden Sterbens und deren paulinische Aufnahme für die Deutung des Todes Jesu Christi, 2 Bde., WMANT 122, Neukirchen-Vluyn 2010, Bd. 2, 1 ff. als Welt- bzw. Hintergrundwissen der antiken Leser/Hörer zu verstehen, welches für das Verständnis einer griechischen Begrifflichkeit/Formulierung (in
Methodisches
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indem die in der griechischen außerbiblischen Literatur sowie in Schriften neutestamentlicher Schriftsteller belegte d}malir eQr sytgq_am-Formulierung auf ihren Bedeutungs- bzw. Aussagegehalt hin untersucht wird. Da es sich zeigen wird, dass die Verfasser der neutestamentlichen Texte in ihrem d}malir eQr sytgq_am-Gebrauch an eine bereits bestehende pagane Wortverbindung anknüpften, muss die im Neuen Testament zum Einsatz kommende Wendung d}malir (heoO) eQr sytgq_am (Röm 1,16; 1Petr 1,5) im Rahmen der (profan-)griechischen außerbiblischen Rede von d}malir eQr sytgq_am verortet werden, um so mögliche Lektüreoptionen und semantische Anknüpfungsmöglichkeiten15 im Blick auf die Leser- bzw. Hörerschaft16 besagter neutestamentlicher Schriften zu erschließen.17 Letztendlich soll dadurch geklärt werden, inwiefern der profangriechische Bedeutungs- bzw. Aussagegehalt des Syntagmas auch im Blick auf den neutestamentlichen Sprachgebrauch (des Paulus, des Verfassers des 1. Petrusbriefes) noch in Verwendung ist oder zumindest im Hintergrund steht.
3. Methodisches Wie bereits mehrfach angeklungen, ist die leitende Fragestellung der Gesamtuntersuchung semantischer Natur: Es geht um die Freilegung der Bedeutung der im inner- wie außerbiblischen Sprachgebrauch belegten d}malirBegrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie, während der Akzent auf der Bestimmung des Bedeutungsgehaltes des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am liegt. Grundlegende Prämisse der strukturalistischen Semantik18 ist, dass die
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unserem Fall: der d}malir eQr sytgq_am-Formuierung) erforderlich war. Vgl. dazu auch die Ausführungen unter I./3. Auf eine religions- bzw. traditionsgeschichtliche Verortung der paulinischen d}malir (heoO)Begrifflichkeit kommt es im vorliegenden Zusammenhang folglich nicht an (vgl. dazu z. B. die immer noch grundlegenden Arbeiten von Otto Schmitz, Der Begriff DUMALIS bei Paulus. Ein Beitrag zum Wesen urchristlicher Begriffsbildung, in: Festgabe für Adolf Deissmann zum 60. Geburtstag 7. November 1926, Tübingen 1927, 139–167; sowie von Walter Grundmann, Art. d}malai jtk., ThWNT 2, 286–318). Es wird vielmehr unterstellt, dass eine semantische Analyse der Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior in der (Profan-)Gräzität für das Verständnis der Verwendung der Wortgruppe bei neutestamentlichen Autoren wesentliche Aufschlüsse zu bieten vermag. Insofern diese als im paganen Griechisch beheimatet zu konstatieren ist. Vgl. dazu auch treffend Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 30: „Nur eine Vorgehensweise, die die Suche nach terminologischen Kongruenzen in den Mittelpunkt rückt, stellt … letztendlich sicher, dass aufgrund der Formulierungskonstanz jeweils auch dieselbe sprachlich verdichtete Gedanken- bzw. Vorstellungswelt im Hintergrund mitschwingt und bei den jeweiligen Lesern durch die verwandte Terminologie assoziativ wachgerufen wird.“ David S. du Toit, THEIOS ANTHROPOS. Zur Verwendung von he?or %mhqypor und sinnver-
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Einführung
Bedeutung einer Begrifflichkeit, auch der antiken, nicht an sich existiert, sondern Produkt unterschiedlicher Relationen ist, die zwischen jener Begrifflichkeit und anderen im selben Sprachsystem bestehen.19 So wird die Bedeutung eines Wortes20 bzw. einer Wortverbindung durch den engeren und weiteren literarischen Kontext, in dem diese(s) gebraucht wird bzw. der diese(s) umgibt, beeinflusst, oft sogar erst durch diesen geschaffen: Sprachliche Bedeutungskonventionen sind daher in höchstem Maße durch den jeweiligen Kontext bestimmt,21 wobei „Kontext“ im Folgenden gleichsam als Abbreviatur für verschiedene Horizonte zu betrachten ist, die sich gewissermaßen ringförmig um eine sprachliche Einheit legen.22 Will man also die Bedeutung bzw. den Aussagegehalt einer antiken Begrifflichkeit bzw. eines antiken Syntagmas ermitteln, so muss man seinen näheren und weiteren literarischen Kontext, d. h. den engeren und weiteren (Bezugs-)Rahmen, in den ein Wort oder eine Wortverbindung gestellt ist, analysieren, die Verwendung des Wortes bzw. der Wortverbindung darin darlegen und das vielfältige Beziehungsgeflecht beschreiben, in dem seine Bedeutung konstituiert wird.23
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wandten Ausdrücken in der Literatur der Kaiserzeit, WUNT II/91, Tübingen 1997, 41 spricht von einem „Axiom der strukturalistischen Semantik“. Vgl. dazu John Lyons, Einführung in die moderne Linguistik, München 31973, 421: „Die Semantik beschäftigt sich damit, das Maß der Einheitlichkeit in der Sprachverwendung zu erklären, welches die normale Kommunikation ermöglicht. Soweit wir von der Auffassung abgehen, dass ein Wort das ,bedeutet‘ was es ,bezeichnet‘ …, dann erkennen wir, dass verschiedenartige Beziehungen festgestellt werden müssen, um dem ,Gebrauch‘ der Wörter gerecht zu werden.“ Ebenso ders., Die Sprache, München 1983, 61–66; 198–203, bes. 201: „Die Bedeutung eines Wortes … ist das Ergebnis der semantischen Beziehungen, die zwischen diesem Wort und anderen im selben Sprachsystem bestehen.“ Vgl. dazu auch Johannes P. Louw, Semantics of the New Testament Greek, Atlanta 1982, 45: „… meaning is not a ,possession‘, that is, something which a word has, but … a set of relations for which a verbal symbol is a sign.“ Die Termini „Wort“ und „Bedeutung“ werden (im Anschluss an John Lyons, Semantik: Band I, München 1980, 15–18.41) für die folgenden Ausführungen im nicht-technischen, vortheoretischen (= unabhängig von irgendeinem theoretischen Ansatz) alltagssprachlichen Sinn gebraucht. Ist dagegen von „Ausdruck“ die Rede, so wird der Begriff (Lyons, Semantik I, 36–39 folgend) für eine sprachliche Einheit benutzt, die in einer konkreten Aussage bzw. Äußerung auf etwas Bezug nimmt oder etwas identifiziert. Mit Klaus Berger, Exegese des Neuen Testaments: neue Wege vom Text zur Auslegung, UTB 658, Heidelberg 31991, 137. Dies in Anlehnung an Berger, Exegese, 138, der neben näherem und weiterem literarischen Kontext auch noch Situationskontext sowie näheren und weiteren historisch-soziologischen Kontext nennt. Matti R. Bergström (vgl. ders., Communication and Translation from the Point of View of Brain Function, in: Justa Holz-Mänttäri [Hg.], Translationstheorie – Grundlagen und Standorte [= studia translatologica ser. A, vol. 1], Tampere 1988, 21–34, hier: 32 f.) gebraucht den bildlichen Begriff der „possibility cloud“, um damit den Zustand verständlich zu machen, in dem anströmendes sprachliches Material bzw. sprachliche Äußerungen eine „Wolke von Möglichkeiten“ darstellen, die vom rezipierenden Bewusstsein vorerst „nebulös“ wahrgenommen wird: „We can see that the existence of a word depends on the united whole to which it belongs … So the precondition for a word to exist is its disappearance. This paradoxical conclusion can be logically understood in the context of a language only insofar as words as such do not MEAN
Methodisches
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Im Blick auf alte Sprachen, im vorliegenden Fall: das Altgriechische als Sprache des Neuen Testaments (= des Paulus sowie des Verfassers des 1. Petrusbriefes), steht dem Forscher für diese Aufgabe nur der Gebrauch bzw. das konkrete Vorkommen der gesuchten Terminologie im überlieferten Textbzw. Quellenbestand der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität zur Verfügung. Für die Analyse der d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie impliziert dies also die (bereits unter I./2. angesprochene) Notwendigkeit einer Hinzuziehung und Sichtung von Textbeständen, die nicht aus der Feder neutestamentlicher Autoren stammen: Denn nur mittels eines (Kon-)Textvergleiches,24 der neben den betreffenden neutestamentlichen Texten auch Texte der paganen und jüdischen Gräzität berücksichtigt, kann aufgezeigt werden, ob bzw. dass es sich speziell bei dem Syntagma d}malir eQr sytgq_am um ein in der (Profan-)Gräzität der damaligen Zeit typisches, konventionell gebrauchtes, sich über Texte verschiedenen Alters hin durchgehaltenes Sprachmuster handelt, in dessen semantischen Horizont es die entsprechenden bei neutestamentlichen Autoren auffindbaren d}malir eQr sytgq_am-Wendungen (vgl. Röm 1,16; 1Petr 1,5) wiederum einzupassen gilt. Erst vor dem Hintergrund des d}malir eQr sytgq_am-Gebrauchs der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität lassen sich dann auch Übereinstimmungen und Abweichungen von der typischen Verwendung des Syntagmas bei neutestamentlichen Autoren erkennen (vgl. dazu speziell die Ausführungen unter VI.), auch werden die Besonderheiten bzw. das Spezifische gerade der neutestamentlichen Rede von d}malir eQr sytgq_am (= v. a. den eschatologischen Kontext und die Rolle Gottes betreffend) dadurch besonders evident.
Ist es in diesem Sinne die zentrale Vorgehensweise dieser Forschungsarbeit, zur Klärung der Frage nach der Bedeutung des griechischen, sich auch bei neutestamentlichen Schriftstellern findenden Ausdrucks d}malir in Verbinanything …; only the purpose to which they are used possesses a meaning.“ Vgl. dazu auch Hans G. Hönig, Konstruktives Übersetzen, Studien zur Translation 1, Tübingen 21997, 99: „Das zentrale Paradox sprachlichen Verstehens besteht … darin, daß ein Wort sich auflösen muss, um Bedeutung zu gewinnen. Es gewinnt nämlich dadurch Bedeutung, daß es sich in ein größeres Schema einfügt oder dieses assoziativ verfügbar macht. Dieser Prozeß der Integration in größere Bedeutungsstrukturen ist die einzige Chance für ein Wort, Bedeutung zu erlangen.“ Der Linguist und Bibelübersetzungstheoretiker Eugene A. Nida geht sogar so weit, dass er – gerade was eine Beschäftigung mit antiken, neutestamentlichen Texten und Begrifflichkeiten anbelangt – eine Übersetzungsmethode propagiert, die darin besteht, nicht einzelne Wörter zu übersetzen, sondern Bündelungen semantischer Merkmale (vgl. ders., Semantic Structure and Translating, in: Wolfram Wilss, Gisela Thome [Hg.], Aspekte der theoretischen, sprachenpaarbezogenen und angewandten Übersetzungswissenschaft II, Heidelberg 1974, 33–63, hier: 46). 24 Selbstredend ist es im Rahmen dieses (Kon-)Textvergleiches notwendig, das antike Quellenmaterial der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität, in dem die gesuchte Terminologie auffindbar ist, unvoreingenommen und von den gängigen neutestamentlichen Übersetzungsvorschlägen und Interpretationsversuchen unbeeinflusst zu befragen.
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Einführung
dung mit s]feim jtk.–Terminologie den engeren und weiteren Kontext zu betrachten und zu beschreiben, in dem die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in der literarischen (Profan-)Gräzität der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Zeit gebraucht wird, um das Ganze dann in einem nächsten Schritt im Blick auf den neutestamentlichen Sprachgebrauch und die dortige Rede von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie auszuwerten, so müssen des Weiteren stereotype Elemente, d. h. Worte und Wortverbindungen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit in der Umgebung eben dieser Wortgruppe begegnen, aufgedeckt und analysiert werden.25 Solche Elemente werden im Folgenden als „(Wort-)Cluster“ bezeichnet. Unter „(Wort-)Cluster“ („Worthaufen“, „-klumpen“, „-sippe“)26 ist im Rahmen dieser Untersuchung eine Gruppe von Wörtern zu verstehen, die in den zu analysierenden Texten mit einer gewissen Regelmäßigkeit in auffallender Dichte (d. h. „aneinandergedrängt, zusammengelagert, zusammengeballt“) begegnen, sodass man dabei von „clustering“ bzw. „Clusterbildung“ sprechen kann. Durch das regelmäßige gemeinsame Auftreten dieser sprachlichen Elemente27 (= „Kookkurrenzen“),28 das sich über verschiedene Texte unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher antiker Autoren verfolgen lässt, kann davon ausgegangen werden, dass diese Wörter im antiken Sprachgebrauch griechischer Muttersprachler irgendwie bedeutungsmäßig zusammengehörten und gedanklich miteinander in Verbindung gebracht29 bzw. mehr oder weniger konventionell miteinander assoziiert30 wurden.31 25 Vgl. hierzu insgesamt die instruierenden Arbeiten zur Erforschung von semantischen Feldern bzw. Wortfeldern von Klaus Berger (vgl. ders., Exegese, 137–159), der die Wortfeldtheorie für die neutestamentliche Exegese fruchtbar gemacht hat. 26 Man könnte auch mit Berger, Exegese, 138 von einem „Wortgeflecht“ sprechen. 27 Welche sprachlichen Elemente im Rahmen einer Ermittlung regelmäßig wiederkehrender Wortverbindungen als zusammengehörig (oder als entgegengesetzt und in diesem Sinne auch zusammengehörig) betrachtet werden dürfen, entscheidet sich dabei allein nach dem faktischen Vorkommen, so zurecht Berger, Exegese, 138: „Der modus cognoscendi sagt etwas über den modus essendi: Es handelt sich in der Tat um Sprachkonventionen, die je mehrmals auftreten müssen, um als solche erkannt zu werden. Nur auf der Basis der Konvention sind dann individuelle, neue Wortverbindungen überhaupt erst feststellbar.“ 28 In der Linguistik werden derartige sprachliche Elemente „Kookkurrenzen“ genannt: Aufgrund ihres auffällig häufigen gemeinsamen Vorkommens in Texten besteht die Annahme, dass diese Elemente (semantisch) voneinander abhängig sind. 29 Zu im Bereich der psychologisch orientierten Linguistik und der kognitiven Psychologie entwickelten Theorien (= psycholinguistischen Konzepten), die sich zum Zustandekommen von Bedeutung unter Einbeziehung der im menschlichen Gehirn angelegten und (von jedem Menschen individuell) ausgebauten Verstehensstrukturen äußern, vgl. z. B. Hönig, Konstruktives Übersetzen, 91–101, der speziell auf das Modell der „schemes“ und „frames“ eingeht (vgl. ders., Konstruktives Übersetzen, 91 f.; zur scene-and-frame-Theorie vgl. auf dem Gebiet der Linguistik deren Begründer Charles J. Fillmore, Scenes-and-frames-semantics, in: Antonio Zampolli [Hg.], Linguistic Structures Processing, Amsterdam [u. a.] 1977, 55–88. Vgl. hierzu insgesamt auch Paul Kußmaul, Semantik, in: Mary Snell-Hornby, Hans G. Hönig u. a. [Hg.], Handbuch Translation, Germersheim [u. a.] 21999, 49–53, bes. 50 f.; Dietrich Busse, FrameSemantik: ein Kompendium, Berlin [u. a.] 2012; Sebastian Löbner, Semantik: eine Einführung, Berlin [u. a.] 22015). Das Modell der „schemes“ und „frames“ bietet plausible Erklärungen
Methodisches
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Auch zur Klärung der Ausgangsfrage, ob es sich speziell bei dem Syntagma d}malir eQr sytgq_am um einen feststehenden Ausdruck (bzw. um eine konventionelle Wortverbindung) handelt und welche Gedankenverbindung(en) (bzw. welches Assoziationsmuster) die Rede von d}malir eQr sytgq_am in den antiken Lesern/Hörern auszulösen vermochte, muss im Zuge einer Analyse des engeren und weiteren literarischen Kontextes, in dem das Syntagma in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen (Profan-)Gräzität vorkommt, festgestellt werden, welche stereotypen Elemente im näheren, aber auch weiteren Umfeld der Formulierung mit einer gewissen Regelmäßigkeit auftauchen. Im Rahmen der Ermittlung regelmäßig wiederkehrender Worte und Wortverbindungen, die in der Umgebung der d}malir eQr sytgq_am-Formulierung auftreten, gilt es, ein zusammenhängendes Grundgerüst an stereotypen Elementen ausfindig zu machen, welchem wiederum die mit der antiken Rede von d}malir eQr sytgq_am verbundenen Vorstellungselemente sowohl für den Zusammenhang zwischen schon bestehenden geistigen Vorstellungen (oder schon bestehenden Verstehensstrukturen, die dabei zum Ausgangspunkt des Verstehensvorgangs gemacht werden) und bestimmten Assoziationsmustern. Hönig, Konstruktives Übersetzen, 93 f. demonstriert dies am Beispiel „Kuh“: Assoziieren Menschen, die dem abendländischen Kulturraum entstammen, mit dem Ausdruck „Kuh“ automatisch „Milch“ („Die Kuh ist sozusagen das prototypische Milch-Tier“), so gehört die sprachliche Entsprechung für dieses Wort in Indien in einen ganz anderen „Schaltkreis“, nämlich in den religiösen – die „heilige Kuh“ (dazu Hönig, Konstruktives Übersetzen, 94: „Unser Verstehensapparat arbeitet also nicht nur mit logisch-analytischen Strukturen … Vielmehr scheint es eher so zu sein, dass … ganzheitliche … Erwartungsstrukturen aktiviert werden, mit deren Hilfe die ganze Gestalt … einer sprachlichen Äußerung … identifiziert wird“). 30 Zurecht weist du Toit, THEIOS ANTHROPOS, 44 (einschl. Anm. 27, 28 und 29) darauf hin, dass die genaue Art der Relationen, die zwischen diesen sprachlichen Elementen bestehen, nur schwer zu bestimmen sind, da diese offenbar auf der Erfahrung und dem allgemeinen (Welt-)Wissen der Sprachbenutzer beruhen: d. h. es gibt nicht notwendigerweise Beziehungen zwischen ihnen, die auf formale Relationen reduziert werden können; die Zusammengehörigkeit der Elemente gründet sich eher auf Assoziationen, die auf mehr oder weniger feste kulturelle und geistige Vorstellungen zurückzuführen sind. 31 Es wird dabei mit Robert-Alain de Beaugrande, Wolfgang Ulrich Dressler, Einführung in die Textlinguistik, Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft 28, Tübingen 1981, 88–117, bes. 89 f.; 93; 98; 100; 117 (vgl. ebenso 211) von der Annahme ausgegangen, dass durch sprachliche Ausdrücke Vorstellungen in menschlichen Köpfen aktiviert werden, als vom jeweiligen (Text-)Rezipienten gespeicherte, globale Wissensbestände oder Erkennungsmuster (Hönig, Konstruktives Übersetzen, 93, spricht von „über-individuelle[n] Schaltkreise[n]“), die sich als Erwartungen in Bezug auf die Welt formieren (vgl. Hönig, Konstruktives Übersetzen, 94) und die Vernetzung der Assoziationen garantieren: ein kulturspezifisches (und insofern innerhalb einer Kultur- und Sprachgemeinschaft allgemein verbindliches) Welt- oder Alltagswissen („Vor-Wissen“), das als Enzyklopädie bezeichnet werden kann (vgl. dazu bereits die Äußerung unter I./2.). Ein Text ergibt demnach für den jeweiligen (Text-)Rezipienten „Sinn“, weil es eine „Sinnkontinuität“ innerhalb des Wissens gibt, das durch sprachliche Ausdrücke, die im rezipierten Text vorkommen, aktiviert wird (vgl. Beaugrande, Dressler, Einführung in die Textlinguistik, 88). Die enzyklopädische Kompetenz von Sprachbenutzern ist dabei „einer der wichtigsten Faktoren die in Texten Kohärenz stiften“ (so du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 469).
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Einführung
entnommen werden können; d. h., welche gedanklichen Verbindungen, Vorstellungen bzw. Assoziationen sich mit der Rede von d}malir eQr sytgq_am im Blick auf antike griechischsprachige Leser/Hörer vermutlich ergeben haben. Besonderes Augenmerk ist bei einer derartigen am philologischen Befund ausgerichteten Analyse der näheren und weiteren Kontexte, in denen die gesuchte Terminologie begegnet, demnach auf fundamentale Konkordanzarbeit zu legen, d. h. zu fragen, (1) welche Begriffe in den zu untersuchenden Texten semantische (Wort-)Cluster um die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a im Allgemeinen sowie um das Syntagma d}malir eQr sytgq_am im Besonderen bilden; (2) an welchen Stellen sich semantische Oppositionen (d. h. Bedeutungsgegensätze/Gegenbegriffe) und/oder Synonymitäten (d. h. Verhältnisse semantischer Ähnlichkeit zwischen zwei oder mehreren Wörtern)32 eruieren lassen; (3) ebenso, welche im Text vorkommenden Instanzen oder Enitäten Subjekte und/oder Objekte der Handlung, welche durch Aktivität und/oder Passivität gekennzeichnet sind.
Erst vor dem Hintergrund einer sukzessiven Analyse der Kontexte, in denen die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie auftritt sowie einer Ermittlung des die Terminologie stabil umgebenden, in den zu untersuchenden Texten regelmäßig wiederkehrenden Wortgeflechtes (das je nach Kontext auch um gewisse Elemente erweitert werden kann), kann die Semantik des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im Verlauf der Untersuchung letztendlich bestimmt werden. Ebenso werden sich dann auch Aussagen machen lassen, wie ein griechischsprachiger paganer Leser bzw. Hörer die (in der Profangräzität ebenso wie in neutestamentlichen Schriften belegte) Rede von d}malir eQr sytgq_am vermutlich verstanden hat.
4. Aufbau der Untersuchung Am Anfang der Untersuchung steht die Analyse der Bedeutung der d}malirBegrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie im Textbestand der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen (Profan-)Gräzität (vgl. II.). Der Akzent wird in diesem Rahmen auf der Ermittlung der Semantik des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am liegen. Da sich im Blick auf die dort zu analysierenden Quellentexte zeigen wird, dass die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a im Allgemeinen ebenso wie das Syntagma d}malir eQr sytgq_am im Besonderen gängigerweise in literarischen Kontexten begegnet, die übergreifend eine Gefahr für Leib und Leben thematisieren, liegen die dort präsentierten Texte (profan-)griechischer Schriftsteller nicht chronologisch, 32 Vgl. dazu Hans-Martin Gauger, Zum Problem der Synonyme, Tübinger Beitrag zur Linguistik 9, Tübingen 1972; ebenso Berger, Exegese, 144: „Ähnlichkeit … bedeutet, dass häufig Ersetzbarkeit möglich ist, ohne dass sich der Inhalt entscheidend ändert. “
Aufbau der Untersuchung
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sondern nach (Gefahren-)Kontexten gegliedert vor. Ist Gefahr die gemeinsame Schnittmenge all dieser Kontexte, so lassen sich diese im Einzelnen präziser fassen als: Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen (II./1.), Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos (II./2.), Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit (II./3.), Gefährdung durch Krieg (II./4.) und Gefährdung durch politisch-gesellschaftliche Ohnmacht (II./5.). Auf die eingehende Analyse dieser Kontexte folgt mit Teil III. die Untersuchung jüdisch-hellenistischer Texte. Beschränkt werden wird sich dabei auf Texte, die aus der Feder des griechischsprachigen, unapokalyptischen Juden Philo von Alexandrien stammen. Es wird zu zeigen sein, dass der (profan-)griechische Gebrauch der d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie (vgl. II.) in gewisser Hinsicht als Folie für die Verwendung der Terminologie bei Philo dient. Grundannahme dieser Studie ist, dass der Sprachgebrauch neutestamentlicher Schriftsteller vor dem Horizont des (profan-)griechischen Sprachgebrauchs der damaligen Zeit gedeutet werden muss. In diesem Sinne wird mit Teil II. und III. eine möglichst tragfähige Grundlage erlangt und der Hintergrund skizziert, vor welchem die Adressaten der paulinischen Briefe sowie die Adressaten des 1. Petrusbriefes die bei diesen neutestamentlichen Autoren sich findende d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit Rettungsaussagen (s]feim jtk. u. a.) vermutlich verstanden haben (vgl. dazu die Zusammenfassung von II. und III. unter IV.). In einem nächsten Schritt werden die Ergebnisse (IV.) der unter Teil II. und III. durchgeführten Analyse dementsprechend auf neutestamentliche Texte (vgl. Teil V.) appliziert. Den Abschluss der Untersuchung bildet eine die Ergebnisse aus den Teilen II., III. (II. + III. = IV.) und V. integrierende Gesamtzusammenfassung und Auswertung (VI.).
II. Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir inVerbindung mit s]feim jtk.–Terminologie (und sinnverwandten Begrifflichkeiten) in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität 1. Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen 1.1 Der Gebrauch des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am durch Platon im Mythos des Protagoras (Prot. 320c 8–322d 5) Für eine fundierte Betrachtung und Erarbeitung des semantischen Hintergrunds von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie ist die Analyse im Hinblick auf den paganen Sprachgebrauch zeitlich früh anzusetzen. Begonnen wird damit, die in Platons Dialog Protagoras zum Einsatz kommende d}malir eQr sytgq_am-Formulierung näher in ihrem Kontext zu untersuchen und ihren Bedeutungsgehalt zu erforschen (vgl. Plat. Prot. 320c 8–322d 5, speziell 320e 3).1 Der Kontext ist an dieser Stelle folgender: Platon lässt seinen Protagonisten Sokrates mit dem Titelsophisten und Archegeten der Sophistik,2 Protagoras3, zu der Fragestellung diskutieren, ob politische Kunst bzw. Tugend lehrbar sei. Während Sokrates 1 Der griechische Text zu Platons Protagoras entspricht im Folgenden der Textausgabe von John Burnet (Hg.), Platonis opera, Bd. 3, Oxford 1903. Deutsche Übersetzung im Folgenden (mit minimalen Veränderungen) von Gunther Eigler (Hg.), Platon. Werke in acht Bänden. Griechisch und Deutsch, Darmstadt 1990. 2 Vgl. Bernd Manuwald, Platon, Protagoras. Übersetzung und Kommentar, Göttingen 1999, 70. 3 Geht der in Platons Protagoras geschilderte Mythos wenigstens im Kern auf den historischen Protagoras zurück? Zu den Argumenten vgl. Bernd Manuwald, Platons Mythenerzähler, in: Markus Janka, Christian Schäfer (Hg.), Platon als Mythologe: Neue Interpretationen zu den Mythen in Platons Dialogen, Darmstadt 2002, 58–80, 61; vgl. ebenso Bernd Manuwald, Platon oder Protagoras? Zur großen Rede des Protagoras (Plat. Prot. 320c8–328d2), in: KGMAIJA. Festschrift für C.W. Müller, Stuttgart [u. a.] 1996, 103–131; Manuwald, Platon, Protagoras, 170 f.: „Wenn Platon Protagoras einerseits souverän über die Darbietungsformen verfügen lässt, ihn andererseits gerade dadurch kritisiert, dann ergibt dieses Verfahren nur einen Sinn, wenn sich auch der historische Protagoras der mythischen Form bedienen konnte … Es kommt hinzu, dass der im Mythos des Protagoras geradezu aufdringlich ausgeprägte ,reihende‘ Stil jedenfalls so nicht der Stil platonischer Mythen ist. Es spricht also vieles dafür, dass die mythische Form bereits dem historischen Protagoras gehört.“
Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen
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dies bestreitet (vgl. Prot. 319a 10–320c 1), bringt Protagoras den Gegenbeweis.4 Um die Lehrbarkeit der Tugend aufzuzeigen (vgl. Prot. 320c 1–7) erzählt Protagoras zu Beginn seiner großen Rede ein Märchen bzw. einen Mythos5 (vgl. Prot. 320c 8–322d 5). Aus diesem schlussfolgert er: Jedermann (somit auch jeder einzelne Athener) habe von Natur aus Anteil sowohl an der Gerechtigkeit, als auch an der übrigen bürgerlichen Tugend.6 Mittels der Begrifflichkeiten pokitijµ t]wmg (!qet^)7 und dijaios}mg wird somit zwischen Sokrates und Protagoras eine Art politischer Diskurs8 entworfen (vgl. 319a 6–334c 7), deren Bildspender die politische Öffentlichkeit der athenischen Gesellschaft zu Beginn des 5. Jahrhunderts v.Chr ist.
Im Mythos über den Ursprung der Lebewesen und ihrer Kultur (Prot. 320c 8–322d 5) lässt Platon den Sophisten Protagoras auf märchenhafte Weise eine Art Ätiologie über die Entstehung der sterblichen Gattungen im Allgemeinen und des Menschen bzw. seiner (Rechts-)Kultur im Besonderen mit Tat, kri-
4 Vgl. Prot. 319a 3–5: doje?r c\q loi k]ceim tµm pokitijµm t]wmgm ja· rpiswme?shai poie?m %mdqar !caho»r pok_tar. 5 Zum Begriff „Mythos“ bei Platon vgl. Glenn W. Most, Platons exoterische Mythen, in: Markus Janka, Christian Schäfer (Hg.), Platon als Mythologe: Neue Interpretationen zu den Mythen in Platons Dialogen, Darmstadt 2002, 7–19. Als Charakteristikum der platonischen Mythen wird hier festgelegt, dass diese von nicht nachprüfbaren Gegenständen handeln: „Was der gewöhnliche Mensch durch Prüfung seiner Erfahrung zu beobachten, zu beurteilen und anderen mitzuteilen vermag, wird als Stoff der platonischen Mythen streng ausgeschieden.“ Vielmehr, so ders., Platons exoterische Mythen, 8, „… handeln die Mythen von den ersten Dingen, indem sie eine Ätiologie gegenwärtiger Verhältnisse aus den Urzeiten ableiten: Dazu gehören … die Entstehung politischer Gemeinschaften (Protagoras).“ Zum Problem einer Unterscheidung von Mythos und Logos bei Platon vgl. ders., Platons exoterische Mythen, 8: Der Versuch, mit Platons Mythen zurechtzukommen, wird, so Most, dadurch erschwert, dass Platons eigener Sprachgebrauch bezüglich des Verhältnisses von Myhos und Logos äußerst schillernd und inkonsequent ist. Er schreibt (8): „Einerseits lassen mehrere Stellen keinen Zweifel daran zu, dass zumindest in einigen Kontexten Mythos und Logos als echte Alternativen zueinander zu denken sind. So bietet Protagoras in dem nach ihm benannten Dialog seinen Zuhörern die freie Auswahl zwischen einem mythos und einem logos (Prot. 320c); dann fängt er zuerst mit einem mythos an (320c), geht später aber ausdrücklich zu einem logos über (324d).“ Die Unterscheidung in Mythos und Logos ist somit für Most zwar unabdingbar, „erweist sich aber zumindest terminologisch als nicht klar oder eindeutig“; vgl. dazu auch Markus Janka, Semantik und Kontext: Mythos und Verwandtes im CORPUS PLATONICUM, in: Markus Janka, Christian Schäfer (Hg.), Platon als Mythologe: Neue Interpretationen zu den Mythen in Platons Dialogen, Darmstadt 2002, 20–43, 21: „Am Anfang waren Mythos und Logos ihrer Bedeutung nach eins … Noch in Platons Zeiten bleiben beide Begriffe – zumindest in poetischem Sprachgebrauch – austauschbar.“ 6 Vgl. Prot. 323a 5–7: Vma d³ lµ oU, !pat÷shai ¢r t` emti BcoOmtai p\mter %mhqypoi p\mta %mdqa let]weim dijaios}mgr te ja· t/r %kkgr pokitij/r !qet/r. 7 Die Wendung pokitijµ t]wmg (vgl. Prot. 319a 4) ist dabei wohl gleichbedeutend mit pokitijµ !qet^ (vgl. 323a 1; 323 a 3.8; 323b 3; 324a 1). Vgl. dazu Wilhelm Nestle, Platon: Protagoras, Stuttgart 8 1978, 89. 8 Vgl. dazu Christian Pietsch, Mythos als konkretisierender Logos: Platons Verwendung des Mythos am Beispiel von Nomoi X 903b–905d, in: Markus Janka, Christian Schäfer (Hg.), Platon als Mythologe: Neue Interpretationen zu den Mythen in Platons Dialogen, Darmstadt 2002, 99–114, 100: „Platon integriert seine Mythen in dialektische, also logisch-argumentative Diskurse.“
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
tischer Situation (= Bedrohungssituation, Gefahrenlage) und Lösung9 entwerfen.10 Zu untergliedern ist die erzählte Handlungssequenz in zwei größere Abschnitte:11 1. Den Anfang bildet die Differenzierung zwischen den vernunftlosen Lebewesen (t± %koca) und der Gattung des Menschen (t¹ !mhq~pym c]mor): Während die übrigen Lebewesen mit den ihrer Gattung gemäßen (Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-) Mitteln, die das physische Überleben garantieren, hinreichend ausgestattet werden,12 so kann der Mensch hingegen nur mit Hilfe von Kulturtechniken überleben, die auf der ihm göttlich vermittelten Weisheit (sov_a) basieren (vgl. 320c 8–322a 2). 2. Speziell im Hinblick auf die menschliche Gattung ergibt sich daraus die grundlegende Scheidung von technischen und gemeinschaftsbildenden Fertigkeiten und die absolute Notwendigkeit und Höherwertigkeit der letzteren (vgl. 322a 3–322 d 5). 1.1.1 Die göttliche Vergabe von offensiven/defensiven (Abwehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung (Prot. 320c 8–322a 2) Insgesamt beginnt der Mythos des Protagoras mit der klassischen Einleitung im Märchenstil (vgl. 320c 8–320d 6).13 Nach einer allgemeinen kosmogonischen Einleitung, welche die Entstehung14 bzw. Bildung15 der sterblichen Gattungen16 aus Erde und Feuer umfasst, kommt es zur konkreteren Be-
9 Vgl. dazu insbesondere den Gebrauch von !poqe?m, !poq_a in Prot. 321c 2.3.7; sowie den Gebrauch von eqpoq_a in 321e 3. Als Gegenbegriff zu !poqe?m (= vgl. Passow, s.v. !poq]y, „ohne Hilfe od. Mittel sein, [an etw.] Mangel leiden”), !poq_a (= vgl. Passow, s.v. !poq_a, „[Mangel-]Lage, [Not-]Lage, [missliche, verzweifelte, ausweglose] Lage“) markiert die eqpoq_a-Terminologie hier wohl die „Lösung der schwierigen Situation“. Vgl. Passow, s.v. eqpoq_a („Vermögen, Wohlstand, Auskommen“, metaphorisch: „Unterstützung, Gunst, Hilfeleistung“). 10 Vgl. dazu Nicholas Denyer, Plato: Protagoras, Cambridge Greek and Latin Classics, Cambridge 2008, 99: „Protagoras presents his theory of political expertise in a fable of human origins.“ 11 Gliederung in Anlehnung an Manuwald, Platon, Protagoras, 173. 12 Vgl. dazu speziell Prot. 320d 4 f.: … pqos]tanam Pqolghe? ja· 9pilghe? josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir ¢r pq]pei. 13 Vgl. Prot. 320c 8–320d 6: Es war einst eine Zeit, wo es Götter zwar gab, sterbliche Geschlechter aber gab es noch nicht (Gm c\q pote wq|mor fte heo· l³m Gsam, hmgt± d³ c]mg oqj Gm). Nachdem aber auch für diese die vorherbestimmte Zeit ihrer Erzeugung gekommen war, bildeten die Götter sie innerhalb der Erde aus Erde und Feuer. Und als sie sie nun ans Licht bringen sollten, übertrugen sie dem Prometheus und Epimetheus, sie auszustatten, und Kräfte unter sie, wie es jedem zukomme, zu verteilen (1peidµ d’ %ceim aqt± pq¹r v_r 5lekkom, pqos]tanam Pqolghe? ja· 9pilghe? josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir ¢r pq]pei). Zum „Märchenstil“ vgl. Nestle, Protagoras, 92. 14 Vgl. die Rede von c]mesir in 320d 2. 15 Vgl. dazu den Gebrauch der Handlungsverben m]leim, josle?m. 16 Mit hmgt± c]mg (vgl. 320c 8 u. ö.) sind hier wohl die einzelnen Gattungen bzw. die jeweiligen
Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen
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schreibung der schöpferischen Tat: Nachdem die Gattungen im Erdinneren17 aus Feuer und Erde18 geformt worden sind und bevor sie ans Tageslicht freigegeben werden, ordnen die Götter an, dass die Gottheiten Prometheus und Epimetheus19 jeder Gattung eine ihr angemessene d}malir20 zuteilen.21 Woher die an die jeweiligen Gattungen an Lebewesen verteilten dum\leir stammen, d. h. auf welchen Urheber bzw. auf welche initiierende Instanz sie zurückzuführen sind, wird im Mythos nicht explizit erwähnt.22 Berücksichtigt man allerdings den Kontext, so ist anzunehmen, dass die den sterblichen Gattungen zugutekommenden dum\leir seitens der Götter bereitgestellt werden, die wiederum die Gottheiten Epimetheus und Prometheus als Mittler einsetzen und mit deren Vergabe betrauen.
In Verbindung mit s]feim, sytgq_a bzw. eQr sytgq_am23 kann das Wort d}malir24 als ein die Textkohärenz garantierendes Leitmotiv des Abschnitts Prot. 320c 8–321b 7 (bzw. des gesamten Passus Prot. 320c 8–322a 2) bezeichnet werden. Das kontinuierliche Vorkommen der Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a im Erzählverlauf des Mythos zeigt, dass damit sämtliche Vorkehrungen umfasst sein müssen, die die Gottheit Epimetheus, ihrerseits Handlungsträger bzw. treibende Kraft bei der Verteilung der dum\leir, zur Erhaltung der sterblichen Gattungen an Lebewesen, mit Ausnahme der Gattung des Menschen, trifft.25 So heißt es in 320d 8–321a 2 weiter:
17 18 19
20 21 22 23 24 25
Arten von Lebewesen (= von Tierarten unter Einschluss der menschlichen Gattung) gemeint; vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 183. Zur traditionellen Vorstellung von der Erde als Mutterschoß aller Organismen vgl. Aischyl. Prom. 90; vgl. dazu auch den Hinweis bei Nestle, Platon: Protagoras, 92; sowie bei Manuwald, Platon, Protagoras, 183. Zur Vorstellung des „den Körper des Alls“ aus Feuer und Erde schaffenden Gottes (… fhem 1j puq¹r ja· c/r t¹ toO pamt¹r !qw|lemor sumist\mai s_la b he¹r 1po_ei) vgl. auch Plat. Tim. 31b. Die Namen „Prometheus“ und „Epimetheus“ werden etymologisch gedeutet als „Vor-Denker“ und „Spät-Denker“ (vgl. z. B. Hes. Theog. 510 ff.). Prometheus, der puqv|qor he|r, ist im Kult eng mit dem Gott Hephaistos verbunden. Schon bei Hesiod (Erg. 48 ff.) gilt er durch die Mitteilung des Feuers als Wohltäter der Menschheit. Als Bildner von Lebewesen (bzw. als Menschenbildner) erscheint er in Platons Protagoras erstmals. Epimetheus, der Bruder des Prometheus, wird im Gegensatz zu diesem bei Hesiod "laqt_moor genannt (vgl. Theog. 511), da er entgegen der Weisung des klugen Bruders unbesonnenerweise die von Zeus durch Hermes gesandte Pandora als Geschenk annahm, die dann den p_hor öffnete, aus welchem alle Übel für die Menschen hervorkamen (Erg. 83 ff.). Vgl. dazu insgesamt Nestle, Platon: Protagoras, 93. Vgl. Joseph Souilh , tude sur le terme DYNAMIS dans les dialogues de Platon, Paris 1919, 75 f. Vgl. Prot. 320d 4 ff.: … pqos]tanam Pqolghe? ja· 9pilghe? josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir ¢r pq]pei. Das Prädikat pqos]tanam verweist hier zurück auf heo_ als Subjekt (vgl. Prot. 320c 8; 320d 2). Vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 184 f. Zum Gebrauch von s]feim jtk.–Terminologie vgl. Prot. 320e 3; 321a 1; 321b 6; 321c 8; 322b 6. Allein in den Dialogen des Platon taucht der Begriff d}malir 468mal auf; vgl. dazu Souilh , DYNAMIS, 148. Vgl. den Gebrauch des Ausdrucks in Prot. 320d 5; 320e 3; 321c 1. Vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 184 f.
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Bei der Verteilung nun verlieh er [= Epimetheus] einigen Stärke ohne Schnelligkeit, die Schwächeren aber begabte er mit Schnelligkeit; einige bewaffnete er, anderen, denen er eine wehrlose Natur gegeben, bereitete er ein anderes Mittel zur Rettung/ (Lebens-)Erhaltung (m]lym d³ to?r l³m Qsw»m %meu t\wour pqos/ptem, to»r d’ !shemest]qour t\wei 1j|slei· to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am). Welche er [= Epimetheus] nämlich in Kleinheit gehüllt hatte, denen verlieh er geflügelte Flucht oder unterirdische Behausung; welche aber zu bedeutender Größe ausgedehnt, die rettete er eben dadurch ($ d³ gwne lec]hei, t`de aqt` aqt± 5s\fem). Und so auch verteilte er alles Übrige ausgleichend (ja· tükka ovtyr 1pamis_m 5melem). Dies aber bereitete er so aus Vorsorge, damit nicht irgendeine Gattung gänzlich vernichtet werde (taOta d³ 1lgwam÷to eqk\beiam 5wym l^ ti c]mor !zstyhe_g).
Das in 320e 3 begegnende Syntagma d}malir eQr sytgq_am erscheint an dieser Stelle zusammen mit dem Verbum lgwam÷shai.26 Handlungsträger bzw. treibende Kraft, von der ausgesagt wird, dass sie d}malir eQr sytgq_am gewährt, ist die Gottheit Epimetheus.27 Bei den sterblichen Gattungen28 handelt es sich dagegen um die im Dativ aufgeführten Empfänger, zu deren Gunsten eine d}malir zum Zweck29 der sytgq_a bereitet wird. Insgesamt steht die Wendung d}malim eQr sytgq_am lgwam÷shai (+ Dativus commodi) in 320e 2 f. demnach für ein vermögendes Tun/Handeln/Eingreifen einer Gottheit (Epimetheus) zugunsten von jemandem (= die jeweiligen sterblichen Gattungen an Lebewesen). Aus dem näheren Umfeld, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am zum Einsatz kommt,30 geht des Weiteren hervor, dass die Formulierung für spezielle Mittel (bzw. Fähigkeiten, Fertigkeiten, Vermögen, Kräfte) steht, die das physische Überleben und die Sicherung des dauerhaften Bestandes der jeweiligen Gattung an Lebewesen garantieren.31 Es handelt sich dabei um von 26 Zu lgwam÷shai (+ Akk.) als Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens vgl. Passow, s.v. lgwam÷shai („etw. geben, gewähren, darreichen“). 27 Vgl. 320e 2 f.: … %kkgm … 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am; das 1lgwam÷to weist hier zurück auf 320d 6, wo Epimetheus explizit als Subjekt der Verteilung der dum\leir bestimmt wird. 28 Den hmgt± c]mg, aufgegriffen durch die l]m … d] – Konstruktion: to?r l³m … to?r d’… 29 Vgl. hier den finalen Gebrauch der Präposition eQr. 30 Vgl. dazu insgesamt 320d 8–320e 3, speziell Prot. 321a 2 f.: Dies aber ersann er (Epimetheus) aus Vorsorge, dass nicht eine Gattung gänzlich verschwände (taOta d³ 1lgwam÷to eqk\beiam 5wym l^ ti c]mor !zstyhe_g). 31 Neben Fähigkeiten und Merkmalen, welche die Erhaltung der Art gegenüber äußeren Feinden sichern sollen (320d 5–321a 1), umfasst die Rede von d}malir (Sgl./Pl.) in Platons Protagoras auch die Ausstattung der Lebewesen gegen klimatische Widrigkeiten (vgl. 321a 2–321b 2: 1peidµ d³ aqto?r !kkgkovhoqi_m diavuc±r 1p^qjese, pq¹r t±r 1j Di¹r ¦qar eql\qeiam 1lgwam÷to !lviemm»r aqt± pujma?r te hqin·m ja· steqeo?r d]qlasim, Rjamo?r l³m !lOmai weil_ma, dumato?r d³ ja· ja}lata … ja· rpod_m t± l³m bpka?r, t± d³ [hqin·m ja·] d]qlasim steqeo?r ja· !ma_loir) sowie die artspezifische Nahrungszuweisung an jede Gattung (vgl. 321b 4–6: 5sti d’ oXr 5dyjem eWmai tqovµm f]ym %kkym boq\m·ja· to?r l³m akicocom_am pqos/xe, to?r d’ !makisjol]moir rp¹ to}tym pokucom_am, sytgq_am t` c]mei poq_fym); vgl. dazu Manuwald, Platon, Protagoras, 184 f.
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der zuständigen Gottheit (Epimetheus) an die Gattungen ausgeteilte Mittel, die der Vernichtung,32 die von einer potentiell todbringenden, feindlich gesonnenen Umwelt ausgeht, Einhalt gebieten sollen und die in diesem Sinne eine Unheil abwehrende Wirkung besitzen: um (Abwehr-, Schutz-, bzw. Verteidigungs-)Mittel zur Lebenserhaltung.33 Der Passus 320d 8–321a 2 zeigt zudem, dass das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (wiederzugeben mit „Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmittel zur Lebenserhaltung“) je nach Kontext seiner Bedeutung nach beides umfasst: offensive und defensive Wehrmittel. Als Beleg sei hierfür auf den in 320d 8–320e 3 aufgeführten parallelismus membrorum (to?r l³m … to»r d’ … to»r d³, … to?r d’…) verwiesen: Gegenbegriffe sind Qsw}r, bpk_feim (vgl. 320d 8; 320e 1) auf der einen Seite und !shem^r, %opkor (vgl. 320e 1 f) auf der anderen Seite.34 Die göttliche Verteilung an die Gattungen erfolgt nach den Kategorien „stark“ – „schwach“: die durch Stärke (… to?r l³m Qsw»m … pqos/ptem) sich auszeichnenden Gattungen erhalten von Epimetheus Waffen (… to»r d³ ¦pkife …), d. h. sie erhalten ein offensives Mittel zur Lebenserhaltung; den durch Schwäche zu charakterisierenden Gattungen (to»r d’ !shemest]qour … 1j|slei) dagegen, welchen er eine unbewaffnete Natur gegeben hatte, gewährt er, um einem möglichen Mangel an Mitteln zu wehren, einen passiven Schutz zur Lebenserhaltung (to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am). Ausgehend von diesen Beobachtungen bleibt insgesamt anzunehmen, dass durch den Gebrauch der Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in Prot. 320c 8–321b 7 der Gedanke an eine potentielle Gefahren- bzw. Notlage aktualisiert wird,35 und zwar an den Kampf der einzelnen sterblichen Gattungen um das tägliche Überleben im Angesicht einer irritationenträchtigen Umwelt. Um drohendes Unheil von den von diesem Kampf betroffenen Gattungen an Lebewesen abzuwehren, besteht die Rolle der Gottheit durchgängig darin, keine Gattung im Zustand der Ohnmacht/Wehrlosigkeit/Mittellosigkeit zu belassen, sondern vorsorglich helfend-rettend einzugreifen und zu deren Gunsten d}malir [eQr sytgq_am] zu gewähren.36 Offensive Wehrmittel wie 32 Zu Terminologie, die auf die Möglichkeit der Vernichtung der sterblichen Gattungen durch äußere Feinde verweist vgl. z. B. Prot. 321a 2: !zstoOshai; 322b 1: !p|kkushai rp¹ t_m hgq_ym; 322b 8: diavhe_qeshai; 322c 1: !p|kkushai. 33 Die Bedeutung von d}malir ist an dieser Stelle schillernd: Eine Wiedergabe mit „Kraft“ bzw. „Macht“ ist im Hinblick auf das Syntagma d}malir eQr sytgq_am („Kraft“ bzw. „Macht zur Rettung“) insgesamt wenig aufschlussreich. Die im Umfeld des Syntagmas begegnende Motivik des „Bewaffnens“ bzw. „Unbewaffnetseins“ (320e 2 f.) zeigt, dass d}malir an dieser Stelle wohl am besten mit „Mittel“ bzw. „Abwehrmittel zur Lebenserhaltung“ wiederzugeben ist. So übersetzt auch Souilh , DYNAMIS, 75 die Wendung d}malir eQr sytgq_am in Prot. 320e mit „moyen de salut [quelque pouvoir pour leur salut]“. 34 Vgl. Denyer, Protagoras, 102. 35 Vgl. dazu insgesamt die kontrastierenden Wortgruppen um d}malir, s]feim, sytgq_a und !zstoOshai, !p|kkushai (rp¹ t_m hgq_ym), diavhe_qeshai. 36 Invariabel ist im Rahmen dieser Gefahrensituation interessanterweise die Rollenverteilung: Der
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physische Stärke und (natürliche) Waffen (vgl. Qsw}r, bpk_feim in 320d 8; 320e 1) haben im Rahmen dieser Verteilung keinen Vorrang gegenüber physischer Unterlegenheit und Schwäche bzw. Waffenlosigkeit (vgl. !shem^r, %opkor in 320e 1 f.), denn auch diesen Gattungen gewährt die Gottheit ein alternatives „(Abwehr-, Schutz-, bzw. Verteidigungs-)Mittel zur Lebenserhaltung“ (d}malir eQr sytgq_am): Schnelligkeit, Flügel, Höhlen, Kleinheit und bedeutende Größe (320e 3–321a 2). Auf die Verteilung je einer d}malir eQr sytgq_am – als bewahrendes, soteriologisches Mittel – an jede sterbliche Gattung, folgt in 321a 1–2 die Begründung: Die bei der Verteilung zugrundeliegende Idee ist die eines Ausgleiches der Mittel, damit jeder Art das Überleben gesichert wird und keine Art die Oberhand gewinnt.37 Qua ihrer Ausstattung mit offensiven und defensiven dum\leir eQr sytgq_am scheinen die Gattungen für ihren (Über-)Lebenskampf im Angesicht einer feindlichen Umwelt folglich gerüstet zu sein. 1.1.2 Zuspitzung: Abwendung von Gefahr durch das Eingreifen des Prometheus (Prot. 321b 7–322a 2) Im Zuge der sytgq_a wirkenden Tätigkeit der Gottheit Epimetheus in Form der Verteilung offensiver/defensiver Abwehrmittel zur Lebenserhaltung (d}malir [eQr sytgq_am] im Sgl./Pl.) an die sterblichen Gattungen kommt es nun ab Prot. 321b 7 zur Krise (vgl. Prot. 321b 7–321d 5): Wie aber Epimetheus doch nicht ganz weise war, hatte er unvermerkt schon alle Kräfte für die unvernünftigen Lebewesen aufgewendet; übrig also war ihm noch unausgestattet das Geschlecht der Menschen, und er war wieder ratlos, was er diesem tun sollte (ûte dµ owm oq p\mu ti sov¹r £m b 9pilghe»r 5kahem art¹m jatamak~sar t±r dum\leir eQr t± %koca7 koip¹m dµ !j|slgtom 5ti aqt` Gm t¹ !mhq~pym c]mor, ja· Ap|qei fti wq^saito). In dieser Ratlosigkeit nun kommt zu ihm Prometheus, die Verteilung zu beschauen; und er sieht die übrigen Lebewesen zwar in allen Stücken weislich bedacht, den Menschen aber nackt, unbeschuht, unbedeckt und unbewaffnet (!poqoOmti d³ aqt` 5qwetai Pqolghe»r 1pisjex|lemor tµm mol^m, ja· bqø t± l³m %kka f`a 1llek_r p\mtym 5womta, t¹m d³ %mhqypom culm|m te ja· !mup|dgtom ja· Aktivität der Vergabe bzw. Bereitung von d}malir eQr sytgq_am (vgl. 320e 2 f.: lgwam÷shai d}malim eQr sytgq_am) seitens der Gottheit (Epimetheus) korrespondiert durchgängig die Passivität der Aufnahme von d}malir eQr sytgq_am seitens der sterblichen Gattungen (hmgt± c]mg). Diesen Befund unterstreichen die im Text gebrauchten Aktiv- und Passivformen der Verben: So verweisen auf die Gottheit stets aktivisch gebrauchte Verben (vgl. Prot. 320d 5.6.7.8; 320e 4; 321a 1; 322 c 5.6; 322d 1: m]leim; 320d 5; 320e 1: josle?m; 320e 1: bpk_feim; 320e 2 f.: d}malim eQr sytgq_am lgwam÷shai; 321a 2; 321a 4: lgwam÷shai; 321a 1: s]feim; vgl. daneben auch 321d 3: dyqe?shai (+ Dat.); 321e 3: did|mai; 322c 4: did|mai [+ Dat.] d_jgm ja· aQd_), auf die empfangenden Gattungen dagegen passivisch gebrauchte Verben (vgl. 321a 2: !zstoOshai; 322b 1: !p|kkushai rp¹ t_m hgq_ym; 322b 6: s]feshai; 322b 8: diavhe_qeshai; 322c 1: !p|kkushai). 37 Vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 185.
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%stqytom ja· %opkom) und schon war der bestimmte Tag vorhanden, an welchem auch der Mensch hervorgehen sollte aus der Erde an das Licht. Gleichermaßen also der Verlegenheit unterliegend, welcherlei Rettung er dem Menschen noch ausfände, stiehlt Prometheus die kunstreiche Weisheit des Hephaistos und der Athene, nebst dem Feuer … und so schenkt er sie dem Menschen (!poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi, jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am s»m puq_ … ja_ ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\). Die zum Leben nötige Weisheit also erhielt der Mensch auf diese Weise, die politische Weisheit aber hatte er noch nicht. Denn diese war beim Zeus (tµm l³m owm peq· t¹m b_om sov_am %mhqypor ta}t, 5swem, tµm d³ pokitijµm oqj eWwem7 Gm c±q paq± t` Di_).
Die Nennung von !poq_a samt dazugehörigem Verbum (vgl. !poqe?m, !poq_a in 321c 2.3.7) aktiviert an dieser Stelle die Vorstellung von einer prekären, aussichts- bzw. ausweglosen Situation. Implizierte bereits die Rede von d}malir eQr sytgq_am in 320e 3 eine Gefahrenlage, so wird diese Lage in Prot. 321b 7 durch den Gebrauch der !poqe?m, !poq_a-Terminologie explizit gemacht. Ihrer Konfiguration nach umfasst die als !poq_a zu charakterisierende Situation die Ratlosigkeit der Gottheit, ebenso wie den Umstand, dass eine der sterblichen Gattungen an Lebewesen, zu deren Gunsten d}malir eQr sytgq_am bereitet wurde, nämlich die Gattung „Mensch“, durch eine Unachtsamkeit des Epimethus sich momentan noch im Zustand des Mangels38 an d}malir eQr sytgq_am befindet (vgl. 321c 1: koip¹m … !j|slgtom 5ti aqt` Gm t¹ !mhq~pym c]mor).
Diese Lage der menschlichen Gattung charakterisieren an dieser Stelle Adjektive, die auffälligerweise nahezu ausschließlich mit !-privativum gebildet sind und sämtlich einen Mangel bzw. ein Nichtvorhandensein an (offensiven/ defensiven Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mitteln bedeuten (vgl. 321c 1: !j|slgtor; 321c 5 f.: culm|r; !mup|dgtor; %stqytor; %opkor).39 Für den Zeitpunkt, zu dem der Mensch „aus der Erde an das Licht“ gebracht werden soll, scheint die Mangel an d}malir [eQr sytgq_am] leidende Gattung „Mensch“ demnach denkbar schlecht vorbereitet zu sein: Mit Unausgestattet- bzw. Unbewaffnetsein geht im sich anbahnenden Kampf ums tägliche Überleben 38 Vgl. dazu Manuwald, Platon oder Protagoras?, 111: „[L]an könnte … sagen, daß der Mensch qua Naturwesen infolge seiner fehlenden Ausstattung als benachteiligtes Mängelwesen bestimmt werde.“ Im Umkehrschluss (so ders., Platon oder Protagoras?, 111) gelte es, den Menschen (als „auf Kulturtechniken angewiesenes Vernuftwesen“) von den unvernünftigen Tieren (t± %koca) abzugrenzen. 39 Zur Vorstellung vom nackten, unbeschuhten, unbedeckten, unbewaffneten Menschen vgl. z. B. Arist. Part. an. 687a 16–33: B d³ v}sir 1j t_m 1mdewol]mym poie? t¹ b]ktistom, oq di± t±r we?q\r 1stim b %mhqypor vqomil~tator, !kk± di± t¹ vqomil~tatom eWmai t_m f]ym 5wei we?qar … t` owm pke_star dumal]m\ d]nashai t]wmar t¹ 1p· pke?stom t_m aqc\mym wq^silom tµm we?qa !pod]dyjem B v}sir. )kk’ oR k]comter ¢r sum]stgjem oq jak_r b %mhqypor !kk± we_qista t_m f]ym [!mup|dgt|m te c±q aqt¹m eWma_ vasi ja· culm¹m ja· oqj 5womta fpkom pq¹r tµm !kj^m] oqj aqh_r k]cousim. T± l³m c±q %kka l_am 5wei bo^heiam … t` d³ !mhq~p\ t\r te boghe_ar pokk±r 5weim, ja· ta}tar !e· 5nesti letab\kkeim, 5ti d’ fpkom oXom #m bo}kgtai ja· fpou #m bo}kgtai 5weim.
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Wehr- und Hilflosigkeit einher und der menschlichen Gattung drohen Tod bzw. Vernichtung von seiten anderer, bewaffneter, d. h. wehrfähiger (mit offensiver d}malir [eQr sytgq_am] ausgerüsteter) Gattungen.40 Die in Prot. 321b 7–321d 1 thematisierte prekäre Lage der Gattung „Mensch“ gibt nun im Textverlauf Anlass zum Handeln einer weiteren Gottheit: Durch das helfende, auf sytgq_a (vgl. 321c 9) der in Not geratenen Gattung „Mensch“ zielende, wohltätige Eingreifen des Prometheus wird die Änderung dieser prekären Lage herbeigeführt.41 Durch seinen dem Menschen zugutekommenden Raub (vgl. 321d 1: jk]pteim) und sein Schenken/Gewähren (vgl. 321d 3: [tµm 5mtewmom sov_am] dyqe?shai [+ Dat.]) ist die Gottheit Prometheus im Blick auf 321c 7–321d 3 als Handlungsträger der sytgq_a der menschlichen Gattung zu bestimmen (vgl. 321c 8; 321d 3: t` !mhq~p\ / Dativus commodi).
Die seitens des Prometheus veranlasste göttliche Schickung bzw. Schenkung der Weisheit (vgl. 321d 1.4: [5mtewmor] sov_a) bewirkt, dass der sich anfänglich im Zustand der (Todes-)Not, des Mangels und der Mittellosigkeit befindende Mensch ein überreiches Mittel zur Bewältigung des Lebens gewährt bekommt. Seine Lage wird dadurch zum Guten gewendet.42 Als Gegenbegriffe bringen !poq_a (vgl. 321c 2.3.7: !poqe?m, !poq_a) und eqpoq_a (vgl. 321e 3)43 treffend die Wendung der anfänglichen prekären, aussichtslosen Lage zum Guten zum Ausdruck. Die Gattung des Menschen (t¹ !mhq~pym c]mor) erweist sich somit zwar gegenüber den anderen sterblichen Gattungen als physisch benachteiligt, wird aber dadurch vor den vernunftlosen Lebewesen (t± %koca) ausgezeichnet, dass sie (vernünftige) Kenntnisse und Fähigkeiten auf technischem (später: auf gesellschaftlichem) Gebiet (vgl. dazu 322a 3–322d 5) erhält, die ihr das Überleben bzw. die Erhaltung ihrer Art ermöglichen.44
Schaut man die Textpassagen Prot. 320c 8–321b 7 und 321b 7–322a 2 zusammen, indem erstere Passage die Gewährung von d}malir eQr sytgq_am (als Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmittel zur Lebenserhaltung) zugunsten der sterblichen Gattungen an Lebewesen seitens der Gottheit Epimetheus thematisiert, letztere dagegen das helfend-rettende Eingreifen des Prometheus und die Gewährung eines gleichwertigen lebenserhaltenden Mittels zu40 Vgl. dazu speziell Prot. 321a 2 f.: taOta d³ 1lgwam÷to eqk\beiam 5wym l^ ti c]mor !zstyhe_g; ebenso 321c 9 f.: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi. 41 Vgl. 321c 7–321d 3: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi, jk]ptei … tµm 5mtewmom sov_am … ja· ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\. 42 Vgl. 321e 3 f.: ja· 1j to}tou eqpoq_a l³m !mhq~p\ toO b_ou c_cmetai. 43 Indem das Wort eqpoq_a (eigentlich: „Fülle, Überfluss an Mitteln“, vgl. Passow, s.v. eqpoq_a) hier in der Bedeutung „Vermögen“, (metaphorisch:) „Unterstützung, Gunst, Hilfeleistung“ gebraucht wird, tritt es in enge Sinnverwandtschaft zum Syntagma d}malir eQr sytgq_am. 44 Vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 176.
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gunsten der Gattung „Mensch“ in Form der Weisheit ([5mtewmor] sov_a), so wird an dieser Stelle deutlich, dass die Gabe der Weisheit an den Menschen nach 321b 7–322a 2 die der Gattung Mensch zugutekommende d}malir eQr sytgq_am darstellt (vgl. 321d 1–3: tµm 5mtewmom sov_am … dyqe?tai !mhq~p\).45 Die Kohärenz des gesamten Abschnittes Prot. 320c 8–322a 2 bleibt dabei insgesamt durch die bedeutungsmäßige Wiederaufnahme der d}malir [eQr sytgq_am]-Terminologie in Form der eqpoq_a-Begrifflichkeit (in Opposition zu !poq_a) gegen Ende des ersten Teils des Mythos (vgl. 321e 3) gewahrt. 1.1.3 d_jg als d}malir eQr sytgq_am in Prot. 322a 3–322d 5 Die göttliche Gabe der Weisheit46 als d}malir eQr sytgq_am an den Menschen bildet demnach den Abschluss des 1. Teils des Mythos des Protagoras, welcher von der Entstehung, potentiellen Bedrohung und Möglichkeit der Erhaltung der Lebewesen im Allgemeinen und des Menschen im Besonderen handelt (vgl. 320c 8–322a 2). Im 2. Teil des Mythos (vgl. 322a 3–322 d 5) wird nun, im Anschluss an den der Gattung „Mensch“ zugutekommenden Weisheits-Raub des Prometheus, womit die kulturelle und sittliche Überlegenheit gegenüber allen anderen sterblichen Gattungen (den %koca) einhergeht, die Entstehung der bürgerlichen (Rechts-)Kultur thematisiert. Erneut wird zu Beginn des 2. Teils auf die dem Menschen göttlich gewährte (bzw. vermittelte) (5mtewmor) sov_a als einer notwendigen Voraussetzung für jegliche menschliche Kulturschaffung verwiesen:47 Gibt es im technischen Bereich Protagoras zufolge anfangs auch keine Notlagen,48 so wird ab 322a 8 45 Vgl. dazu auch Arist. Hist. an. VII 588a: … ¢r c±q 1m !mhq~p\ t]wmg ja· sov_a ja· s}mesir, ovtyr 1m_oir t_m f]ym 1st_ tir 2t]qa toia}tg vusijµ d}malir. 46 Vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 189. 47 Vgl. dazu insgesamt den Text Prot. 322a 3–8: Da nun aber der Mensch göttlicher Vorzüge teilhaftig geworden, hat er auch zuerst, wegen seiner Verwandtschaft mit Gott, das einzige unter allen Tieren, Götter geglaubt, auch Altäre und Bildnisse der Götter aufzurichten versucht, dann bald darauf Töne und Worte mit Kunst zusammengeordnet, dann Wohnungen und Kleider und Beschuhungen und Lagerdecken und die Nahrungsmittel aus der Erde erfunden (1peidµ d³ b %mhqypor he_ar let]swe lo_qar, pq_tom l³m di± tµm toO heoO succ]meiam f]ym l|mom heo»r 1m|lisem, ja· 1pewe_qei bylo}r te Rdq}eshai ja· !c\klata he_m· 5peita vymµm ja· am|lata taw» digqhq~sato t0 t]wm,, ja· oQj^seir ja· 1sh/tar ja· rpod]seir ja· stqylm±r ja· t±r 1j c/r tqov±r gvqeto). Die in 322a 3 gebrauchte Formulierung he_a lo?qa verweist hier wohl weniger auf das Feuer bzw. die 5lpuqor t]wmg des Hephaistos (vgl. 321e 1 f.), sondern eher auf die 5mtewmor sov_a der Athene (vgl. 321d 1.4; 322b 3: B dgliouqcijµ t]wmg), so sehen es z. B. Manuwald, Platon, Protagoras, 191 f.; Joseph Souilh , La he_a lo?qa chez Platon, dans Philosophia perennis. Festgabe Y. Geyser, Ratisbonne 1930, 11–25, 15; Jean van Camp, Paul Canart (Hg.), Le sens du mot HEIOS chez Platon, Louvain 1956, 37; vgl. dagegen Nestle, Protagoras, 96: „… [G]emeint ist hiermit eben das Feuer, das hier nicht nur als Mittel zur Technik, sondern zugleich als göttliches Lebenselement aufgefaßt wird, an dem der Mensch teilbekommt.“ 48 Mit 5mtewmor sov_a (bzw. t]wmg, vgl. 322a 6) ist die Grundlage beschrieben, welche den Men-
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(bis 322b 8) erneut eine Not- bzw. Bedrohungssituation49 geschildert. Diese resultiert aus der Unfähigkeit des Menschen zur (politischen) Gemeinschaftsbildung und impliziert gleichzeitig die Möglichkeit der Vernichtung der gesamten Gattung „Mensch“ (vgl. 322a 8–322d 5): So ausgerüstet wohnten die Menschen anfänglich zerstreut, Städte aber gab es nicht. Folglich wurden sie von den wilden Tieren vernichtet, weil sie in jeder Art schwächer waren als diese; und die verarbeitende Kunst war ihnen zwar zur Ernäherung eine hinreichende Hilfe, aber zum Krieg gegen die wilden Tiere unwirksam. Denn die politische Kunst hatten sie noch nicht, von welcher die kriegerische ein Teil ist. Sie versuchten also, sich zu sammeln und sich zu erhalten durch Erbauung der Städte; wenn sie sich aber gesammelt hatten, so taten sie einander Unrecht, weil sie eben die politische Kunst nicht hatten, sodass sie wiederum sich zerstreuend auch bald wieder zerstört wurden (!p~kkumto owm rp¹ t_m hgq_ym di± t¹ pamtaw0 aqt_m !shem]steqoi eWmai, ja· B dgliouqcijµ t]wmg aqto?r pq¹r l³m tqovµm Rjamµ bogh¹r Gm, pq¹r d³ t¹m t_m hgq_ym p|kelom 1mde^r – pokitijµm c±q t]wmgm oupy eWwom, Hr l]qor pokelij^ – 1f^toum dµ "hqo_feshai ja· s]feshai jt_fomter p|keir7 ft ’owm "hqoishe?em, Ad_joum !kk^kour ûte oqj 5womter tµm pokitijµm t]wmgm, ¦ste p\kim sjedamm}lemoi dievhe_qomto). Zeus also, für unser Geschlecht, dass es nicht etwa gar untergehen möchte, besorgt, schickt den Hermes ab, um den Menschen Scham und Recht zu bringen, damit diese der Städte Ordnungen und Bande würden, der Zuneigung Vermittler (Fe»r … de_sar peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m, :ql/m p]lpei %comta eQr !mhq~pour aQd_ te ja· d_jgm, Vm’ eWem p|keym j|sloi te ja· deslo· vik_ar sumacyco_). Hermes fragt nun den Zeus, auf welche Art er doch den Menschen das Recht und die Scham geben solle: „… soll ich sie unter alle verteilen?“ (1qytø owm :ql/r D_a t_ma owm tq|pom do_g d_jgm ja· aQd_ !mhq~poir: … 1p· p\mtar me_ly;) „Unter alle“, sagte Zeus, „und alle sollen Teil daran haben (1p· p\mtar ja· p\mter letew|mtym); denn es könnten keine Staaten bestehen, wenn auch hieran nur wenige Anteil hätten, wie an anderen Künsten. Und gib auch ein Gesetz von meinetwegen, daß man den, der Scham und Recht sich anzueignen unfähig ist, töte wie einen bösen Schaden des Staates (ja· m|lom ce h³r paq’ 1loO t¹m lµ dum\lemom aQdoOr ja· d_jgr let]weim jte_meim ¢r m|som p|keyr).“
Trotz der göttlichen Schickung bzw. Gabe der 5mtewmor sov_a, die der Lebenserhaltung der menschlichen Gattung dient, befindet sich diese momentan immer noch in akuter Lebensgefahr. Die Weisheit bewirkt als Hilfsmittel (vgl. 322b 4: Rjamµ bogh¹r Gm) zwar viele lebenserhaltende Kulturtechniken schen zur Sicherung seines physischen Lebensunterhalts gut ausstattet, indem er davon ausgehend die einzelnen Kulturtechniken entwickeln kann (322a 3–8), zusammengefasst als dgliouqcijµ t]wmg (322b 3). Allerdings reicht die 5mtewmor sov_a allein nicht aus, sie ist weniger wert als die politische Weisheit (322b 5), welche, wenn sie der Mensch erhalten hätte, die Grundlage für die Entwicklung der dgliouqcijµ t]wmg bildet; vgl. dazu insgesamt Manuwald, Platon, Protagoras, 194. 49 Vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 179.
Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen
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und Güter (wie Wohnungsbau, Kleider, Nahrung), aber sie bewirkt nicht die lebenserhaltende Gründung von Städten (samt funktionierender Rechtsordnung), um sich im Kampf gegen eine irritationenträchtige, todbringende50 Umwelt zur Wehr zu setzen.51 Wie bereits in Prot. 321c 1.5 f. (vgl. den Gebrauch von !j|slgtor culm|r, !mup|dgtor, %stqytor, %opkor) wird hier erneut auf die schwache, bedürftige, wehrlose Befindlichkeit der menschlichen Gattung verwiesen (signalisiert durch die Adjektive !shem^r und 1mde^r, vgl. 322b 3.5): Die Gattung Mensch unterliegt52 im Kampf bzw. „Krieg“ gegen die wilden Tiere53 und ihr droht – in Ermanglung der politischen Kunst (vgl. pokitijµ t]wmg in 321d 4 f; 322b 5) der Untergang. In diesem Zusammenhang sticht die Formulierung Ad_joum !kk^kour … dievhe_qomto in 322b 7 ins Auge: Das aktive Unrechttun (!dije?m) der Menschen gegeneinander impliziert die Vernichtung (diavhe_qeshai) der menschlichen Gattung durch (rp| [+ Gen.]) feindliche Faktoren, hier: die wilden Tiere (vgl. 322b 1: !p|kkushai rp¹ t_m hgq_ym). Im Umkehrschluss dazu hieße das, dass mit einer Beendigung dieses Unrechttuns gleichzeitig das Gerettet- bzw. Bewahrtwerden (s]feshai) der menschlichen Gattung einherginge.
Wieder ist es eine Gottheit (vgl. Prot. 322c 1.4; 322d 2: Zeus), welche im Rahmen dieser Notsituation zugunsten der menschlichen Gattung fürsorglich eingreift, um der Vernichtung der Gattung zu wehren und ihre Erhaltung zu sichern. Das helfend-rettende Tun bzw. Eingreifen der Gottheit Zeus besteht in der Sendung des Hermes, der mit der Verteilung eines Unheil (= ganzheitlicher Vernichtung) abwehrenden Mittels unter die Menschen betraut wird.54 Bei diesem Mittel handelt es sich um „Scham und Recht“ (aQd~r und d_jg).55 Dabei werden die (poetisch gefärbten) Begriffe aQd~r und d_jg in der Auswertung des Myhos als syvqos}mg und dijaios}mg in Prot. 323a 1–2 wiederaufgenommen: sie beschreiben Tugenden (vgl. 323a 1.3: !qet^), an denen der Mensch Anteil haben muss (vgl. 323a 3: let]weim t/r !qet/r).56 50 Vgl. Prot. 322b 1: !p|kkushai rp¹ t_m hgq_ym; 322b 8: diavhe_qeshai; 322c 1: !p|kkushai (in Opposition zu 322b 6: s]feshai). 51 Vgl. 322b 4: B dgliouqcijµ t]wmg aqto?r … pq¹r … t¹m t_m hgq_ym p|kelom 1mde^r. 52 Zur Herrschaft der von Natur aus Stärkeren über die Schwächeren, die als Naturgesetz gilt (m|lor t/r v}seyr), vgl. z. B. Posidonios Fragm. 173. 53 Die Vorstellung von den Tieren als Bedrohung des Menschen in der Frühzeit bzw. vom Kampf des Menschen gegen die Tiere (vgl. 322b 4) ist eine alte Tradition, vgl. z. B. Soph., Ant., 341 ff.; Plat. Resp. 274b.c; Diodor 1,8,2; Lukrez 5,990 f. 54 Vgl. den Gebrauch von p]lpeim (aQd_ te ja· d_jgm) in 322c 1 f.; von did|mai (d_jgm ja· aQd_ [+ Dat.]) in 322c 4; von m]leim in 322c 5 f.; 322d 2. Vgl. dazu bereits m]leim (dum\leir) in Prot. 320d 5.6.7.8; 320e 4; 321a 1; 322 c 5.6; 322d 1. 55 Vgl. den zentralen Abschnitt 322c 1–3: Fe»r … de_sar peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m, :ql/m p]lpei %comta eQr !mhq~pour aQd_ te ja· d_jgm, Vm’ eWem p|keym j|sloi te ja· deslo· vik_ar sumacyco_. 56 Vgl. dazu Manuwald, Platon, Protagoras, 196 f.
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Auffallend ist an dieser Stelle die universale Ausrichtung der göttlichen, über Hermes vermittelten Gabe bzw. Schickung von aQd~r und d_jg: allen Menschen, so die Weisung des Zeus57, soll Scham und Recht zugeführt werden (vgl. 322d 1: 1p· p\mtar), um dem ebenso auf ganzheitliche Vernichtung ausgerichteten Tun der wilden Tiere zu wehren (vgl. 322c 1: … peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m).58 An d_jg bzw. dijaios}mg, als deren Träger und Garant sich die Gottheit Zeus erweist, sollen gleichsam alle partizipieren, wenn die Städtekultur bestand haben soll (vgl. Prot. 322d 2 f.).59 Die göttliche Gabe der Gerechtigkeit (vgl. 322c 2.4.7.5: d_jg [ja· aQd~r] als pokitijµ t]wmg), die seitens des Hermes an die gesamte Gattung „Mensch“ verteilt wird,60 scheint hier folglich die Funktion eines die physische (Lebens-)Erhaltung (sytgq_a) des Menschen garantierenden (Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mittels zu erfüllen, der an jede sterbliche Gattung an Lebewesen ausgeteilten d}malir [eQr sytgq_am] (speziell im Blick auf den Menschen: der 5mtewmor sov_a) vergleichbar, von der im 1. Teil des Mythos die Rede war (vgl. 320c 8–322a 2). Harmonisches Beieinanderleben in Städten kommt somit erst zustande, sobald die menschliche Gattung neben der 5mtewmor sov_a eine weitere, neue d}malir eQr sytgq_am erhält:61 Gerechtigkeit bzw. rechtliches Verhalten (322c 2.4.7.5: d_jg), welche als pokitijµ t]wmg (vgl. 321d 4 f.; 322b 5) dem Menschen als Gattung die Fähigkeit verleiht, sich staatlich zu organisieren (322b 5) und in Gemeinschaft zu leben (322b 8). 57 Traditionellerweise wird Zeus, Vater und hervorragendes Haupt von Göttern und Menschen, als Geber der Gerechtigkeit unter die menschlichen Wesen assoziiert (vgl. Hom. Il. 16.384–92). Der Mensch ist die einzige Gattung, die diese Gabe erhält; vgl. dazu auch Denyer, Protagoras, 108. 58 Die vormals im Besitz des auf der Akropolis thronenden Zeus (vgl. 321d 5) befindliche pokitijµ t]wmg wird demnach am Ende des Mythos durch die göttliche Mittlergestalt des Hermes in gewisser Weise demokratisiert. Vgl. dazu Manuwald, Platon, Protagoras, 175 f. 59 Protagoras schlussfolgert aus diesem 2. Teil des Mythos: Jeder Mensch habe Anteil an der Gerechtigkeit und der übrigen bürgerlichen Tugend (vgl. Prot. 323a.b). Vgl. dazu Manuwald, Platon, Protagoras, 195 f.: „Die so konkretisierte ,Fähigkeit, in Gemeinschaft zu leben‘ (pokitijµ t]wmg) ist als notwendige Bedingung der Möglichkeit eines gesellschaftlichen Lebens zu verstehen, nicht als darüber hinausgehende Gewährleistung von Anforderungen, die ein Staatswesen stellt oder stellen kann. Es handelt sich um Grundanforderungen, denen jeder genügen muss … Während die Menschen im technischen Bereich die 5mtewmor sov_a (321d1) als Grundlage erhalten und die einzelnen t]wmai selbst erfinden, werden sie dagegen im sozialen nach dem Wortlaut des Mythos durch d_jg ja· aQd~r bereits mit konkreten Eigenschaften und nicht erst mit der Fähigkeit, sie zu entwickeln, ausgestattet. Aber d_jg ja· aQd~r sind deswegen als solche in der entmythologisierten Realität ebensowenig Naturanlagen wie die einzelnen technischen Fähigkeiten; beides muss erlernt werden, wie aus dem Mythos indirekt hervorgeht (vgl. zu 322 d 1–5).“ 60 Vgl. 322c 5 f.; 322d 2: m]leim. 61 Zu Prot. 322a-d vgl. Manuwald, Platon, Protagoras, 179: „Die mythische Form erleichtert es, technische und gesellschaftliche Entwicklung als sukzessive Phasen darzustellen und damit überhaupt getrennt zu behandeln, was in einer nicht mythisch verhüllten ,Realität‘ so nicht gewesen sein kann, wie selbst der Mythos noch durchblicken lässt: es ist ja eine schwierige Vorstellung, dass die Bedrohung durch wilde Tiere gewissermaßen erst nach der Sicherung der grundlegenden Bedürfnisse aktuell geworden sein soll.“
Exkurs I
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Am Ende des Mythos steht der Leser bzw. Hörer somit staunend ob der verhängnisvollen Wendung der Erzählung: was vormals als schwach, mittellos und wehrlos galt – die Gattung des Menschen – genießt zum Schluss eine reiche Ausstattung (vgl. 321e 3: eqpoq_a), bestehend aus einer doppelten d}malir eQr sytgq_am: 5mtewmor sov_a und d_jg (dijaios}mg). Wem vormals Vernichtung und Untergang drohte, erfährt nun sytgq_a.
Exkurs I: Der Gebrauch von d}malir und sytgq_a im Kontext von Entstehung, Bedrohung und Erhaltung der sterblichen Gattungen in Philos De Opificio Mundi 64,1–66,8 Eine interessante Parallele zur platonischen Rede von d}malir eQr sytgq_am im 1. Teil des Mythos des Protagoras (vgl. Plat. Prot. 320c 8–322a 2), welcher die Entstehung, potentielle Bedrohung und Möglichkeit der Erhaltung der sterblichen Gattungen im Allgemeinen und der Gattung „Mensch“ im Besonderen thematisiert, findet sich im Werk eines bedeutenden Vertreters des alexandrinischen Platonismus,62 und zwar in De Opificio Mundi (bes. 64,1–66,8) des Philo von Alexandrien (um 20/15 v. Chr.–40 n. Chr.). In Opif. 64,1–66,8 kommentiert Philo den biblischen Schöpfungsbericht aus Gen 1–2 LXX.63 Mit Blick auf Wortgebrauch und übergreifende Thematik erweist sich der Text als äußerst anschlussfähig an Prot. 320c 8–322a 2. Nachdem die Gattungen an Lebewesen (vgl. Opif. 64,1: t± t_m f]ym c]mg), welche den Wasser- und Luftbereich des Kosmos besiedeln, durch den einen Gott64 (he|r/Sgl.) hervorgebracht worden sind, kommt es nun – Gen 1,24 LXX entsprechend – zur Erschaffung all der Gattungen, 62 Zur Vertrautheit des Philo von Alexandrien mit zahlreichen Varianten des zeitgenössischen Platonismus vgl. insgesamt John Dillon, The Middle Platonists: A study of Platonism, 80 B.C. to A.D. 220, London 1977, 140 f.; 182 f. Dabei kam es nach Dillon im philosophisch-theologischen Denken Philos stets zu einer Art Synthese aus griechisch-platonischer Philosophie und jüdischer Tradition. Dillon spricht in diesem Zusammenhang von einer „application of it [= Greek philosophy] to the Jews’ sacred books, particularly the Pentateuch, the books of Moses“ (vgl. ders., The Middle Platonists, 141). Insgesamt könne Philos Werk als „commentary on a sourcework“ (vgl. ders., The Middle Platonistis, 144) bezeichnet werden, als theologisch-philosophischer Kommentar zum Quellenwerk der heiligen Schriften des Judentums. 63 Vermutlich gebrauchte Philo für seine Pentateuch-Exegese eine Version der Septuaginta, vgl. Dillon, The Middle Platonists, 141. 64 Zum Gottesbild Philos vgl. Dillon, The Middle Platonistis, 153: „… for him it is … of course, the personal God of Judaism“. Im Mittelpunkt steht dabei gerade in Philos Werk De Opificio mundi die Beziehung zwischen Gott und Welt, indem ersterer die Welt (in Anlehnung an Gen 1–2 LXX) selbstverständlich geschaffen hat (vgl. ders., The Middle Platonists, 157). Vgl. zum Gottesbild Philos auch eine zentrale Stelle in Spec. Leg. 1,209: b c±q he¹r !cah|r t] 1sti ja· poigtµr ja· cemmgtµr t_m fkym ja· pqomogtij¹r ¨m 1c]mmgse, syt^q te ja· eqeqc]tgr, lajaqi|tgtor ja· p\sgr eqdailom_ar !m\pkeyr.
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welche ihrem Lebensraum nach der Erde bzw. dem Land zuzuordnen sind.65 Philo schreibt (vgl. Opif. 64,5–66,8):66 Die [= die Erde] aber brachte sogleich die verlangten [Lebewesen] hervor, die sowohl in ihrem Bau, als auch hinsichtlich ihrer Stärken und der ihnen innewohnenden schädlichen oder nützlichen Vermögen sehr verschieden waren (B d³ t± pqostawh]mta aqt_ja !m_gsi t0 te jatasjeu0 diav]qomta ja· ta?r N~lair ja· ta?r 1mupaqwo}sair bkaptija?r C ¡vekgtija?r dum\lesim…) … Zuletzt … schuf er [= Gott] den Menschen, dem er als besonderen Vorzug den Geist schenkte (1p· d³ p÷sim … [1po_ei] t¹m %mhqypom, è moOm 1na_qetom 1dyqe?to). Die Entstehung (64,3: c]mesir) der sterblichen Gattungen an Lebewesen (64,1: t± t_m f]ym c]mg), hier der Landtiere, ist im Rahmen dieses kosmogonischen Kontextes und in Analogie zu Prot. 320c 8–322a 2 (vgl. besonders Prot. 320d 1–5),67 bei Philo auf eine Gottheit68 als vermögende Instanz, Wirkursache und Handlungsträger zurückzuführen.69 Diese bedient sich wiederum der Erde (vgl. 64,3: B c/) als eines Mediums, um schöpferisch aktiv zu werden: von seiten Gottes ergeht an diese die Anordnung (vgl. 64,5: pqost\sseshai),70 die Lebewesen hervorzubringen, womit u. a. die Ausstattung der jeweiligen Gattungen mit speziellen schädlichen/nützlichen Vermögen einhergeht. Differieren die hervorgebrachten Lebewesen nach (Körper-)Bau und (körperlicher) Stärke, so unterscheiden sie sich auch – dies als interessanteste Parallele zum platonischen Protagoras – nach ihren jeweiligen Kräften/Vermögen/Fähigkeiten (vgl. 64,5–7: … t± pqostawh]mta … diav]qomta … ta?r 1mupaqwo}sair 65 Vgl. Opif. 64,1–5: Nachdem nun das Wasser und die Luft die für sie passenden Arten von Lebewesen (t± pqos^jomta t_m f]ym c]mg) gleichsam zum Eigentum erhalten hatten, rief er [= Gott] wiederum die Erde zur Hervorbringung des noch übriggebliebenen Teiles – es waren aber nach den Pflanzen noch die Landtiere übrig – und sprach: ,Es möge die Erde Vieh, Gewild und Kriechtiere jeder Art hervorbringen‘ [Gen 1,24]. 66 Griechischer Text zu De Opificio Mundi: Leopold Cohn, Paul Wendland, Siegfried Reiter (Hg.), Philonis Alexandrini opera quae supersunt, 6 Bde., Berlin 1896–1915 (ND Berlin 1962). Deutsche Übersetzung (mit minimalen Veränderungen) von Leopold Cohn, Isaak Heinemann, Maximilian Adler, Willy Theiler, Philo von Alexandrien. Die Werke in deutscher Übersetzung, 7 Bde., Berlin 21962. 67 Vgl. dazu Prot. 320d 1–5: Nachdem aber auch für diese [= die sterblichen Gattungen] die vorherbestimmte Zeit ihrer Erzeugung gekommen war, bildeten die Götter sie innerhalb der Erde aus Erde und Feuer (1peidµ d³ ja· to}toir wq|mor Gkhem eRlaql]mor cem]seyr, tupoOsim aqt± heo· c/r 5mdom 1j c/r ja· puq¹r …). Und als sie sie nun ans Licht bringen sollten, übetrugen sie dem Prometheus und Epimetheus, sie auszustatten, und die Kräfte unter sie, wie es jedem zukomme, zu verteilen (1peidµ d’ %ceim aqt± pq¹r v_r 5lekkom, pqos]tanam Pqolghe? ja· 9pilghe? josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir ¢r pq]pei). 68 In Philos De Opificio mundi ist von he|r, anders als in Platons Protagoras, dem Bericht aus Gen 1–2 folgend, selbstredend nicht im Plural, sondern im Singular die Rede. 69 Vgl. in Opif. 64,2; 65,1; 66,8 den Gebrauch der auf he|r verweisenden Handlungsverben jake?m, poie?m und dyqe?shai. 70 Vgl. dazu speziell Prot. 320d 4 f.: … pqos]tanam Pqolghe? ja· 9pilghe? josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir ¢r pq]pei; hier ordnen (pqost\sseim) die Götter auf aktive Weise gegenüber Prometheus und Epimetheus an, die Gattungen mit geeigneten dum\leir zur Lebenserhaltung auszustatten.
Exkurs I
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bkaptija?r C ¡vekgtija?r dum\lesim). Der Hinweis, dass es sich dabei um Schaden oder Nutzen bringende Kräfte/Vermögen/Fähigkeiten (dum\leir) handelt, lässt an dieser Stelle vermuten, dass mit dum\leir spezielle (offensive/defensive Abwehr-, Schutz-, bzw. Verteidigungs-)Mittel gemeint sind, die der Vernichtung, die von einer feindlich gesonnenen Umwelt ausgeht, wehren und das physische Überleben der jeweiligen Gattung an Lebewesen garantieren.71 Terminologisch wie thematisch würde die philonische Rede von bkaptijµ72 d}malir und ¡vekgtijµ d}malir somit in gewisser Hinsicht speziell an Plat. Prot. 320d 8–320e 373 anknüpfen, wo es heißt, jede sterbliche Gattung werde durch die Gottheit Epimetheus mit einer geeigneten d}malir eQr sytgq_am ausgestattet, welche deren Erhaltung im Angesicht potentieller Feinde sichert. In Übereinstimmung mit dem Bericht Gen 1 LXX (sowie mit Prot. 321c 1–322a 2) bildet die Erschaffung des Menschen (vgl. Opif. 65,1 bzw. 66,7: … 1p· d³ p÷sim … [1po_ei] t¹m %mhqypom) durch Gott den Abschluss. In Analogie zu Prot. 321c 10–321d 3 erhält nach Philo allein der Mensch die von Gott gewährte Gabe der Weisheit bzw. des Geistes.74 In beiden Texten wird diese Gabe, die zugunsten des Menschen erfolgt, mit einem Dativus commodi ausgedrückt. Sämtliche Übereinstimmungen zwischen Platons Protagoras (320c 8–322a 2) und Philos De Opificio Mundi (64–66) seien im Folgenden nochmals aufgeführt: 1. Prot. 320d 1–5/Opif. 64,1–5: Die Entstehung (c]mesir) der sterblichen Gattungen an Lebewesen bzw. Landtieren (t± [t_m f]ym] c]mg) ist stets zurückzuführen auf die Anordnung (vgl. pqost\sseim im aktivischen und passivischen Gebrauch) einer Gottheit (vgl. he|r im Sgl./Pl.) 2. Prot. 320d 4–322a 2/Opif. 64,5–7: Die Hervorbringung des Angeordneten, d. h. der Gattungen an Lebewesen, erfolgt durch Vermittlungsinstanzen (Prot.: Prometheus/ Epimetheus; Opif.: B c/), welche die Gattungen u. a. mit entsprechenden (offensiven/ defensiven Schutz-, Abwehr-, Verteidigungs-) Mitteln zur Sicherung ihres dauer71 D. h. Vermögen bzw. Fähigkeiten, welche die Erhaltung der Art gegenüber Feinden sichern sollen (vgl. Plat. Prot. 320d 5–321a 1), aber auch die Ausstattung der Lebewesen gegen klimatische Widrigkeiten (vgl. Plat. Prot. 321a 2–321b 2) sowie die artspezifische Nahrungszuweisung an jede Gattung (vgl. Plat. Prot. 321b 4–6). 72 Hinsichtlich der Adjektivsemantik von bkaptij^ ist eine deutsche Sinnwiedergabe mit „schädigend, beschädigend“ im Sinne von „Schaden zufügend“ oder „Schaden bringend“ angebracht; d. h. die Formulierung bkaptijµ d}malir steht für eine „Kraft/Fähigkeit/Vermögen“ bzw. ein „(offensives Abwehr-, Schutz- Verteidigungs-)Mittel“, welches „zum Schaden von jmd.“ initiiert zu werden, d. h. das einem potentiellen Angreifer „Schaden zuzufügen“ vermag. 73 Bei der Verteilung nun verlieh er einigen Stärke ohne Schnelligkeit, die Schwächeren aber begabte er mit Schnelligkeit; einige bewaffnete er, anderen, denen er eine wehrlose Natur gegeben, bereitete er ein anderes Mittel zur Rettung (m]lym d³ to?r l³m Qsw»m %meu t\wour pqos/ptem, to»r d’ !shemest]qour t\wei 1j|slei· to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am). 74 Vgl. Prot. 321c 10–321d 3: b Pqolghe»r … jk]ptei … tµm 5mtewmom sov_am … ja_ ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\; Opif. 66,7 f.: … 1p· d³ p÷sim … [1po_ei] t¹m %mhqypom, è moOm 1na_qetom 1dyqe?to; vgl. beidesmal den Gebrauch des Verbums dyqe?shai.
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haften Bestandes (Prot.: d}malir [eQr sytgq_am]; Opif.: [bkaptijµ, ¡vekgtijµ] d}malir) ausstatten 3. Prot. 321c 7–321d 3/Opif. 66,7 f.: Den Abschluss des gesamten Schöpfungsvorganges bildet die Erschaffung und Ausstattung des Menschen (b %mhqypor), dem die herausragende Gabe des Geistes bzw. der Weisheit verliehen wird
Exkurs II: Der Logos als von Gott kommende Gabe an den Menschen (vgl. Philo Somn. 1,102–112) Ein wichtiger Querverweis zu Platons Protagoras (vgl. 320c 8–322a 2) findet sich in einem weiteren Werk des Philo von Alexandrien, nämlich im 1. Teil von De Somniis. Zwar taucht die d}malir-Begrifflichkeit bzw. das Syntagma d}malir eQr sytgq_am dort nicht explizit auf, doch findet sich alternative Schutz-, Abwehr- bzw. Verteidigungsterminologie, die ganz in den durch den Gebrauch des Syntagmas aktualisierten Vorstellungsbereich rückt. Philo kommt hier auf den Logos (k|cor) zu sprechen, welchen Gott (he|r) der Gattung des Menschen wohl aus verschiedenen Gründen verliehen hat, von denen er einige im Folgenden aufführt (vgl. Somn. 1,102 f.108.110.112):75 Wir behaupten nun, dass das Gewand ein Symbol des Logos ist. Die Schäden nämlich, die durch Kälte und Hitze über den Körper hineinzubrechen pflegen, hält ein Kleid zurück (bk\bar … !pyhe?tai) … Zu ähnlichem Zwecke … wurde auch der Logos (die Sprache) dem Menschen als schönste Gabe von Gott gegeben, erstens als Verteidigungswaffe gegen die Aufrührer gegen ihn – denn wie die Natur jedes andere Tier durch eigene Schutzvorkehrungen sicherte, durch die es den zurückweisen kann, der ihm Böses zu tun versucht, gab sie auch dem Menschen als größte Stütze und als Schutz einen unüberwindbaren Logos (Wort), den er kräftig wie eine ganze Waffenrüstung ergreift und als vertrauten und von der Natur ihm verbundenen Begleiter mit sich führen soll (jat± t¹ paqapk^siom l]mtoi ja· !mhq~p\ k|cor d~qgla j\kkistom 1d|hg paq± heoO, pq_tom l³m jat± t_m meyteqif|mtym eQr aqt¹m fpkom !lumt^qiom – ¢r c±q t_m %kkym 6jastom f]ym B v}sir oQje_oir 6qjesim ¡w}qyse, di’ ¨m to»r 1piweiqoOmtar !dije?m !pojqo}setai, ja· !mhq~p\ l]cistom 5qula ja· vqouq±m !jaha_qetom k|com d]dyjem, ox jqatai_r oXa pamopk_ar 1meikgll]mor oQje?om ja· pqosvu]statom 6nei doquv|qom7); braucht er ihn als Verteidigungsmittel, so wird er den von seinen Feinden (!p¹ t_m 1whq_m) drohenden Schaden abwehren können (!pyhe?shai) … Denn wie es zum Wesen des Pferdes gehört zu wiehern, zu dem des Hundes zu bellen, des Ochsen zu brüllen, des Löwen zu heulen, so gehört zum Wesen des Menschen das Sprechen und die Sprache als solche. Sie hat als Schutz, als Kleid, 75 Griechischer Text zu De Somniis (1–2): Cohn [u. a.], Philonis Alexandrini opera quae supersunt, 6 Bde., Berlin 1896–1915 (ND Berlin 1962). Übersetzung: Cohn [u. a.], Philo von Alexandrien. Die Werke, Bd. 6.
Exkurs II
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als Rüstung, als Mauer das gottgeliebteste Wesen, den Menschen, unter allen als sein Eigentum erhalten (¦speq c±q Vppou t¹ wqelet_feim Udiom ja· t¹ rkajte?m jum¹r ja· bo¹r t¹ luj÷shai ja· t¹ ¡q}eshai k]omtor, ovty ja· !mhq~pou t¹ k]ceim ja· aqt¹r b k|cor. toOtom c±q 5qula, peq_bkgla, pamopk_am, te?wor t¹ f`om t¹ heovik]statom, b %mhqypor, 1j p\mtym Udiom jej\qpytai) … Denn der Logos erleichtert unser von schwerem Geschick so niedergedrücktes Geschlecht (k|cor c±q t¹ baqupotl|tatom Bl_m c]mor 1pijouv_fei). Wie nun den durch Leid, Furcht und andere Übel (k}pair C v|boir E tisim %kkoir jajo?r) Niedergedrückten oft die Freundlichkeit, die Geselligkeit und die Geschicklichkeit von Freunden Dienste leistete, so stößt nicht nur oft, sondern immer die dem Unglück wehrende Sprache allein die schwerste Last ab, die uns die Bedürfnisse des mit uns verbundenen Körpers und die von außen hereinbrechenden unvorhergesehenen Schicksalsschläge auferlegen (… ovtyr oq pokk\jir !kk’ !e· t¹ baq}tatom %whor, fpeq 1pitih]asim Bl?m aV te toO sumd]tou s~lator !m\cjai ja· aR t_m 5nyhem jatasjgpt|mtym !pqo|qatoi sumtuw_ai, l|mor b !ken_jajor k|cor !pyhe?tai). Denn sie ist unsere Freundin und Bekannte, unsere Vertraute und Gefährtin (v_kor c±q ja· cm~qilor ja· sum^hgr ja· 2ta?qor Bl?m 1stim) …; … wenn sie bei dem Unternehmen scheitert, das sie beabsichtigt oder durch die Tat ausführt, kommt sie auf das dritte Hilfsmittel: den Trost ([C] 1p· t¹ tq_tom !vijme?tai bo^hgla, paqgcoq_am). Denn wie Arznei für Wunden, so ist die Sprache ein Heilmittel für die Leiden der Seele, die man, wie der Gesetzgeber sagt, „vor Untergang der Sonne’ zurückgeben muss [2 Mos 22,26] (… v\qlajom c±q ¢r tqaul\tym, ja· xuw/r pah_m b k|cor 1st· syt^qiom, dm «pq¹ dusl_m Bk_ou« vgs· de?m b moloh]tgr !podoOmai [Exod. 22, 26]). Jede Gattung an Lebewesen (6jastom [c]mor] f]ym), so Philo, wurde mit einem speziellen, für diese Gattung charakteristischen Schutz- bzw. Verteidigungsmittel ausgestattet, um sich im Rahmen einer irritationenträchtigen Umwelt gegenüber klimatisch bedingten Schädigungen, ebenso wie potentiellen übelwollenden, todbringenden Angreifern und Feinden (vgl. das Wortcluster um bk\bg, !dije?m, 1piweiqe?m, 1whq|r) zur Wehr zu setzen und seine physische Erhaltung zu sichern. Die schönste bzw. beste Gabe (vgl. 1,103: d~qgla j\kkistom!) von allen blieb aber der Gattung des Menschen in Form des k|cor vorbehalten, da es sich bei diesem um das von Gott am meisten geschätzte Lebewesen handelt (vgl. auch 1,108: … t¹ f`om t¹ heovik]statom, b %mhqypor). Wie der Blick auf die Satzebene zeigt (Somn. 1,103),76 ist der Logos (k|cor) eine ursprünglich der Gottheit zugehörige und von der Gottheit (vgl. die Genitivkonstruktion k|cor … paq± heoO) – über Vermittlung der Natur (B v}sir) – gewährte Gabe (k|cor d~qgla … paq± heoO), verliehen (k|cor d~qgla … 1d|hg, vgl. did|mai/ Pass. als Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens) an die Gattung des Menschen (!mhq~p\/Dativus commodi).
76 Vgl. Somn. 1,103: !mhq~p\ k|cor d~qgla j\kkistom 1d|hg paq± heoO, …, ja· !mhq~p\ l]cistom 5qula ja· vqouq±m !jaha_qetom k|com d]dyjem.
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Auch der dem Menschen seitens Gottes übereignete k|cor nimmt Philo zufolge (im übertragenen Sinne) die Funktion einer Abwehr- bzw. Schutzvorkehrung ein. Wie die unmittelbare Umgebung der Begrifflichkeit zeigt, wird k|cor in diesem Zusammenhang durch entsprechende Wörter und Wortverbindungen qualifiziert, die (offensive/defensive) „Schutz- bzw. Verteidigungsmittel zur Abwehr drohenden Unheils“ bezeichnen: fpkom, !lumt^qiom, 5qula, vqouq\, peq_bkgla, pamopk_a, te?wor. Das Vermögen bzw. die Fähigkeit des k|cor, drohendes Unheil von seinem Träger abzuwehren, wird des Weiteren anhand des Verbums !pyh]y (Med.) zum Ausdruck gebracht.77 Vom Kontext her wird auch deutlich, dass das Wort k|cor an dieser Stelle am ehesten sinngemäß wiederzugeben ist mit „Wort“ oder „Sprache“ (vgl. Somn. 1,108: …, ovty ja· !mhq~pou t¹ k]ceim ja· aqt¹r b k|cor); als Vernunftleistung und göttliche Gabe ist der hier benannte k|cor aber ebenso der platonischen 5mtewmor sov_a vergleichbar (vgl. Plat. Prot. 321c 7–d 3: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi, jk]ptei … tµm 5mtewmom sov_am … ja· ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\), ihrerseits notwendige Voraussetzung für jegliche Kulturschaffung, ebenso wie für die kulturelle und sittliche Überlegenheit der menschlichen Gattung.78 Die Besonderheit der philonischen Rede von k|cor zeichnet sich in Somn. 1,110.112 ab. Hier geht Philo auf eine Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsfunktion des k|cor ein, die im platonischen Protagoras gar nicht zum Tragen kommt: In schwierigen Situationen und Notlagen (vgl. 1,110: … k}pair C v|boir E tisim %kkoir jajo?r) stösst allein der dem Unheil wehrende k|cor die schwerste Last ab (… t¹ baq}tatom %whor … l|mor b !ken_jajor k|cor !pyhe?tai), die den Menschen von außen (5nyhem) auferlegt wird. Eben dadurch erweist sich der !ken_jajor k|cor als wahrhafter Freund, Vertrauter, Bekannter und Gefährte (v_kor … cm~qilor … sum^hgr … 2ta?qor) des in Bedrängnis geratenen Menschen. Insbesondere im Trost (paqgcoq_a) besteht nun die herausragende Hilfeleistung (bo^hgla) des k|cor (in der Bedeutung: „Wort, Sprache“) zugunsten eines gegenwärtig leidenden Menschen: Verstanden als „Sprache“ ist der k|cor ein syt^qiom, d. h. ein Mittel mit heilender, rettender, (lebens-)erhaltender Wirkung79 in Bezug auf die Leiden der Seele (vgl. 1,112: xuw/r pah_m b k|cor 1st· syt^qiom); einer Arznei (v\qlajom) für Wunden vergleichbar, wie die Parallelität der Formulierungen v\q-
77 Vgl. 1,102: bk\bar… !pyhe?tai; 1,103: !pyhe?shai; 1,110: … b !ken_jajor k|cor !pyhe?tai. Zu !pyh]y (im Medium) vgl. Passow, s.v. !pyh]y ([+ Akk.] „etwas von sich abwehren, abwenden“). 78 Vgl. Prot. 322a 3–8: 9peidµ d³ b %mhqypor he_ar let]swe lo_qar, pq_tom l³m di± tµm toO heoO succ]meiam f]ym l|mom heo»r 1m|lisem, ja· 1pewe_qei bylo}r te Rdq}eshai ja· !c\klata he_m· 5peita vymµm ja· am|lata taw» digqhq~sato t0 t]wm,, ja· oQj^seir ja· 1sh/tar ja· rpod]seir ja· stqylm±r ja· t±r 1j c/r tqov±r gvqeto. 79 Es bleibt an dieser Stelle sehr zu erwägen, ob der Begriff syt^qiom sich hier als bedeutungsmäßig äquivalent zu d}malir eQr sytgq_am erweist.
Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen
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lajom … ¢r tqaul\tym und … xuw/r pah_m b k|cor 1st· syt^qiom in Somn. 1,112 zeigt.80
1.2 Die Vergabe von offensiven/defensiven (Wehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung an die sterblichen Gattungen bei Aristoteles (Part. an. 655b 2–8 und 662b 23–663a 18) Die Möglichkeit der sytgq_a (in der Bedeutung „Lebenserhaltung“, „Sicherung des dauerhaften Bestandes“)81 der sterblichen Gattungen an Lebewesen angesichts ihrer Gefährdung durch eine feindlich gesonnene, irritationenträchtige Umwelt wird auch in Aristoteles’ zoologischer Schrift De partibus animalium thematisiert. Zwar kommt das Syntagma d}malir eQr sytgq_am in dieser Schrift nicht explizit vor, doch begegnet bei Aristoteles eine Terminologie mit exakt derselben Aussagekraft (vgl. Part. an. 655b 2–8):82 Verwandt aber … sind den Knochen solche Teile wie Nägel, Hufe, Klauen, Hörner und Vogelschnäbel. Dies alles aber haben die Lebewesen um ihrer Verteidigung willen (p\mta d³ taOta boghe_ar 5wousi w\qim t± f`a) … und ist jedem von ihnen zur Erhaltung bereitet (lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am 2j\stoir).
Im Kontext potentieller Gefährdung bzw. Bedrohung der sterblichen Gattungen durch äußere Feinde legt Aristoteles dar, inwiefern der Schutz bzw. die Verteidigung (vgl. 655b 4: bo^heia) und das physische Überleben bzw. die Erhaltung (sytgq_a) jeder Art sichergestellt wird:83 Für jede Gattung an Lebewesen (t± f`a)84 wurden zu diesem Zweck verschiedene, offensiv und/oder 80 Zur philonischen Gleichsetzung von k|cor und syt^qiom vgl. auch die philonische Rede von k|cor und d}malir pq¹r sytgq_am in Migr. 124; sowie die Rede vom eqacc]kiom als d}malir eQr sytgq_am in Röm 1,16 und vom k|cor toO stauqoO in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in 1Kor 1,18! 81 Aristoteles gebraucht das griechische Wort sytgq_a in seinen zoologischen Schriften in der Regel in der Bedeutung Sicherung des dauerhaften Bestandes von etwas (z. B. von Körpern und Organen, von Gattungen). Gegenbegriff zu sytgq_a ist vhoq\; vgl. dazu Rolf Geiger, Art. s tÞria/ Erhaltung, Dauer, in: Otfried Höffe (Hg.), Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005, 531–533, 531 f. 82 Griechischer Text aus Pierre Louis, Aristote. Les parties des animaux, Paris 1956. Deutsche Übersetzung – wie auch im Folgenden – in Anlehnung an die Übersetzung von Alexander von Frantzius (Hg.), Aristoteles’ Vier Bücher Über die Teile der Tiere. Griechisch und deutsch, Aalen 1978 (ND der Ausgabe Leipzig 1853); vgl. ebenso die Übersetzung nach Paul Gohlke (Hg.), Über Die Glieder Der Geschöpfe, Die Lehrschriften 8,2, Paderborn 1959; sowie neuerdings Wolfgang Kullmann (Hg.), Aristoteles: Über Die Teile Der Lebewesen, Berlin 2007. 83 Die Parallelität von bo^heia und sytgq_a findet sich in Arist. Part. an. an zahlreichen Stellen und bevorzugt in einem Kontext, der die Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmittel der sterblichen Gattungen angesichts feindicher Angreifer thematisiert. Vgl. z. B. 678b 35 f.: Zur Verteidigung aber und zur Erhaltung haben diese Lebewesen die sogenannte Tinte (pq¹r bo^heiam d³ ja· sytgq_am 5wei taOta t¹m jako}lemom hok|m). Zum parallelen Gebrauch von sytgq_a und bo^heia vgl. auch 679a 29 f.: B d³ v}sir ûla t` toio}t\ peqitt~lati jatawq/tai pq¹r bo^heiam ja· sytgq_am aqt_m. 84 Die Wortverbindung t± f`a wird in Part. an. 655b 8 (2j\stoir) mit einem Dativus commodi aufgegriffen. Auffallend ist daneben die universale Ausrichtung der Gewährung von Abwehr-
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defensiv ausgerichtete Verteidigungs-, Schutz- bzw. Abwehrmittel bereitet (vgl. 655b 7 f: lgwam÷shai pq¹r tµm sytgq_am [+ Dat.]).85 Eben darin besteht auch die Funktion bzw. Aufgabe der Hörner. Aristoteles schreibt an anderer Stelle weiter (vgl. Part. an. 662b 23–663a 18): Über die Hörner wäre noch zu reden … Die Säugetiere haben sie nämlich um der Verteidigung und Wehr willen (boghe_ar c±q ja· !kj/r w\qim 5wousi t± f\ot|ja) … Wieviele es folglich an Vielzehern unter den Lebewesen gibt: keines [von diesen] hat Hörner. Ursache hiervon ist aber, dass das Horn der Verteidigung Ursache ist, die Vielzeher besitzen aber andere Verteidigungsmittel: den einen hat die Natur Krallen gegeben, den anderen wehrhafte Zähne, wieder anderen ein anderes brauchbares Abwehrmittel (to}tou d’ aUtiom fti t¹ l³m j]qar boghe_ar aUti|m 1sti, to?r d³ pokuswid]sim rp\qwousim 6teqai bo^heiai7 d]dyje c±q B v}sir to?r l³m emuwar, to?r d’ ad|mtar lawgtijo}r, to?r d’ %kko ti l|qiom Rjam¹m !l}meim) …: von den Zweihufern haben die meisten Hörner als Wehrkraft, auch von den Einhufern einige, die aber auch zur Verteidigung; sofern aber die Natur ihnen nicht eine andere Wehrkraft zur Selbsterhaltung gegeben hat, z. B. die Schnelligkeit des Körpers, womit sie den Pferden geholfen hat, oder die Größe, wie bei den Kamelen. Denn auch ein Übermaß an Größe ist ja geeignet, die Vernichtung durch andere Tiere zu verhindern, was auf die Kamele zutrifft, noch mehr auf die Elefanten (t_m d³ diwak_m t± l³m pokk± j]qata 5wei pq¹r !kj^m, ja· t_m lym}wym 5mia, t± d³ ja· pq¹r bo^heiam. fsoir d³ lµ d]dyjem B v}sir %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am, oXom tawut/ta s~lator, jah\peq to?r Vppoir bebo^hgjem, C l]cehor, ¦speq ta?r jal^koir7 ja· c±q lec]hour rpeqbokµ tµm !p¹ t_m %kkym f]ym vhoq±m Rjamµ jyk}eim, fpeq sulb]bgje ta?r jal^koir, 5ti d³ l÷kkom to?r 1k]vasim) … Denjenigen, die mit dem weit vorspringenden Geweih nichts anfangen können, hat die Natur ein anderes Verteidigungsmittel zugewiesen, z. B. den Hündinnen die Schnelligkeit (fsoir d ’ %wqgstor p]vujem B t_m jeq\tym 1now^, to}toir pqost]heijem 2t]qam bo^heiam B v}sir, oXom ta?r l³m 1k\voir t\wor) … Mehrere wirksame Verteidigungsmittel zugleich hat die Natur unter dieselben nicht gegeben (ûla d’ Rjam±r ja· pke_our boghe_ar oq d]dyjem B v}sir to?r aqto?r).
Aus dem Kontext geht hervor, dass die Natur (B v}sir)86 jeder Gattung an Lebewesen spezielle offensive/defensive Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmittel verliehen hat, um die Vernichtung von seiten anderer Tiere abbzw. Verteidigungsmitteln zur Lebenserhaltung zum Nutzen jeder Gattung an Lebewesen (… lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am 2j\stoir); vgl. dazu bereits Plat. Prot. 320d 5 (… josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir …). 85 Treffend äußert sich zum Passus 655b 2–8 Wolfgang Kullmann (vgl. ders., Aristoteles: Über Die Teile Der Lebewesen, 443): „Der Begriff des Schutzes (bo^heia) und der Begriff der (Selbst-)Erhaltung bzw. Bewahrung (sytgq_a, vgl. 655 b7) werden von Aristoteles in doppeltem Sinne benutzt. Es kann ein passiver Schutz gegen äußere Gegner der betreffenden Tierarten gemeint sein oder ein aktives Angriffsmittel, zum Beispiel im Falle des Stachels der Insekten (682 b33: pq¹r bo^heiam t_m bkapt|mtym).“ 86 Zur demiurgischen, metaphorisch zu verstehenden Natur in Arist. Part. an. vgl. Kullmann, Aristoteles: Über Die Teile Der Lebewesen, 492; 499.
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zuwehren87 und das physische (Über-)Leben im (Überlebens-)Kampf gegen eine irritationenträchtige, Tod bringende Umwelt zu garantieren.88 Die Worte und Wortverbindungen bo^heia und !kjµ pq¹r sytgq_am kommen in diesem Zusammenhang in der Bedeutung „offensives/defensives Abwehr-, Schutzbzw. Verteidigungsmittel“ zum Einsatz (vgl. die Parallelität von pq¹r !kj^m … pq¹r bo^heiam … %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am in 662b 35–663a 2).89 Zu finden sind bo^heia und !kjµ pq¹r sytgq_am in Part. an. 662b 23–663a 18 gängigerweise in Verknüpfung mit einem Verbum des Gebens bzw. Gewährens (did|mai).90
Von herausragendem Interesse ist nun, dass die von Aristoteles im Kontext potentieller Gefährdung der sterblichen Gattungen angesichts einer feindlich gesonnenen Umwelt verwendete bo^heia- bzw. !kjµ pq¹r sytgq_am-Terminologie denselben funktionalen Stellenwert besitzt wie das bei Platon in Prot. 320e 2 f. in einem nahezu identischen Kontext zum Einsatz kommende Syntagma d}malir eQr sytgq_am. Aus einem Textvergleich geht hervor, dass Aristoteles’ Part. an. 662b 35–663a 6 die eigentliche Parallele zu Prot. 320d 8–320e 3 ist. 87 Vgl. Kullmann, Aristoteles: Über Die Teile Der Lebewesen, 64. 88 Die Gefahrenlage, in der sich die sterblichen Gattungen (t± f\ot|ja) befinden, signalisiert u. a. die Opposition vhoq\, sytgq_a. 89 Aristoteles gebraucht das Wort !kj^ im vorliegenden Kontext potentieller Gefährdung der sterblichen Gattungen an Lebewesen im Kampf mit einer feindlich gesonnenen Umwelt in der Bedeutung (offensive/defensive) „Wehr“, „Wehrkraft“ bzw. „Kraft zum Kampf, um drohendes Unheil von sich abzuwehren“. Zur Bedeutung von !kj^ vgl. insgesamt Passow, s.v. !kj^ („Stärke [im Kampf]“, „Überlegenheit [im Kampf]“, aber auch: „Wehr“, „Gegenwehr“, „Abwehr, sowohl zu eigener Verteidigung, als auch zum Schutz anderer“); vgl. ebenso Pierre Chantraine, Dictionnaire tymologique de la langue grecque: Histoire des mots, Paris 1990, 55, der !kj^ (ebenso wie dessen Derivat %kjaq) mit „force qui permet de se d fendre“ bzw. schlicht mit „d fense“ bzw. „prot ction“ wiedergibt. Speziell in Verbindung mit sytgq_a und in enger Sinnverwandtschaft (in Opposition!) zur bo^heia-Begrifflichkeit, welche eher für „passiven Schutz“, im Allgemeinen: für „defensive Wehrkraft“ steht (vgl. zu bo^heia Chantraine, Dictionnaire tymologique, 174: „secours“, mit einer deutlichen Konnotation von „salutaire“), kommt dem Wort !kj^ (Chantraine zufolge) in der Regel eine stark offensive Bedeutungskomponente zu und es bezeichnet die „offensive Wehr“ (vgl. dazu auch Kullmann, Aristoteles: Über Die Teile Der Lebewesen, 64, der !kj^ in 662b 35; 663a 2 mit „Waffe“ zur „Selbsterhaltung“ wiedergibt). Zu !kj^ in der Bedeutung „Kraft zum Angriff“ vgl. speziell Part. an. 661a.b, wo Aristoteles auf die Zähne der Lebewesen zu sprechen kommt, die je nach Gattung mal als Angriffs-, mal als Verteidigungsinstrument gelten: Im Allgemeinen besteht die Natur der Zähne in der Verarbeitung der Nahrung, darüber hinaus aber je nach Gattung um der Kampfeskraft willen (wyq·r d³ jat± c]mg to?r l³m !kj/r w\qim), und zwar wieder geteilt: zum offensiven Angriff (t¹ poie?m), aber auch (zur defensiven Wehr), um nichts Übles zu erleiden (t¹ lµ p\sweim). Mancher hat sie auch zu beidem, sowohl um nichts Übles zu erleiden, als auch, um (aktiv) anzugreifen (t± l³m c±q !lvo?m 6mejem 5wei, ja· toO lµ pahe?m ja· toO poie?m), so z. B. alle Fleischfresser unter den wilden Tieren; die anderen (haben sie) aber (nur) um der Verteidiung/ der defensiven Wehr (t± d³ boghe_ar w\qim) willen, wie viele wilde und zahme Tiere. 90 Vgl. Part. an. 662b 33: did|mai; 663a 1 f.: did|mai … %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am; 663a 9; 663a 17 f.: boghe_ar … did|mai. Verwiesen sei hier auch auf Part. an. 655b 7 f.: lgwam÷shai pq¹r tµm sytgq_am (+ Dat.).
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Dass es sich bei Aristoteles’ Part. an. 663a 1 f. (… fsoir d³ lµ d]dyjem B v}sir %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am) um eine bemerkenswerte (Struktur-)Parallele zu Platons Protagoras 320e 1 f. (… to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am) handelt, ist nicht von der Hand zu weisen. Subjekt bzw. Handlungsträger bei der Vergabe von offensiven/defensiven (Abwehr-)Mitteln, die der Lebenserhaltung dienen (Platon: d}malim eQr sytgq_am lgwam÷shai [+ Dat.] / Aristoteles: did|mai !kj^m pq¹r sytgq_am [+ Dat.]), ist an beiden Stellen eine vermögende Instanz (Platon: die Gottheit Epimetheus/Aristoteles: B v}sir). Mit dem Dativ (Dativus commodi: Platon: to?r … aqto?r … [= hmgt± c]mg] / Aristoteles: fsoir … [= t± f\ot|ja]) wird dagegen angezeigt, zu wessen Nutzen die Mittel zur Erhaltung gewährt werden.
Gebraucht Platon das Syntagma d}malir eQr sytgq_am im Mythos des Protagoras (vgl. dazu Prot. 320e 1 f.) in der Bedeutung „offensives/defensives (Abwehr-, Schutz-, Verteidigungs-) Mittel zur (Lebens-)Erhaltung“ in einem übergeordneten Kontext, der die Gefährdung sowie die Möglichkeit der Erhaltung aller Arten an Lebewesen thematisiert, so greift Aristoteles in seiner zoologischen Schrift De partibus animalium (vgl. Part. an. 662b 23–663a 18) in einem nahezu deckungsgleichen situativen Kontext zwar an keiner Stelle auf d}malir [eQr sytgq_am] (als Oberbegriff für offensive/defensive Abwehr-, Schutz-, Verteidigungsmittel) zurück, doch treten bo^heia und !kjµ pq¹r sytgq_am bei ihm in derselben Bedeutung auf. Subjekt der Vergabe der Mittel zur Lebenserhaltung bzw. zur Erhaltung der Art ist bei Aristoteles keine Gottheit, sondern die Natur (v}sir).91 Die Wortgruppe um bo^heia und !kjµ [pq¹r sytgq_am] umfasst: 1. Offensive Wehrkraft / Abwehrmittel: Hörner, Krallen und wehrhafte Zähne92 2. Defensive Wehrkraft / Abwehrmittel: Schnelligkeit (Part. an. 663a 2; 663a 10: tawut^r bzw. t\wor), Größe (Part. an. 663a 3 f.: l]cehor)93 Die Gattungen mit „wehrloser Natur“ (%opkor v}sir), d. h. die durch Ohnmacht und Wehrlosigkeit zu charakterisierenden Gattungen, werden Platon zufolge mit einem anderen Mittel zur Rettung (vgl. Prot. 320e 2 f: d}malir eQr sytgq_am) ausgestattet: u. a. mit Schnelligkeit (t\wor) und Größe (l]cehor). So bedeuten auch bei Aristoteles Schnelligkeit des Körpers (tawut^r bzw. t\wor) und Größe (l]cehor) einen von Natur gegebenen Ausgleich für die hornlose (und somit wehrlose) Existenz gewisser Le91 Die Natur (v}sir) will den potentiell gefährdeten Gattungen durch die Gabe gewisser offensiver und defensiver Abwehrmittel helfen bzw. nützen (vgl. 663a 3: boghe?m; 663a 11: ¡veke?m; im Kontrast zu bk\pteim) und der Vernichtung durch andere Tiere wehren (663a 5: … tµm !p¹ t_m %kkym f]ym vhoq±m Rjamµ jyk}eim) Vgl. dazu ebenfalls Prot. 321a 1 f., wo es von der Gottheit heißt: taOta d³ 1lgwam÷to eqk\beiam 5wym l^ ti c]mor !zstyhe_g. 92 Vgl. Prot. 320d 8–320e 1: m]lym d³ to?r l³m Qsw»m … pqos/ptem, … to»r d³ ¦pkife … 93 Vgl. Prot. 320e 1–4 f.: … to»r d’ !shemest]qour t\wei 1j|slei … $ d³ gwne lec]hei, t`de aqt` aqt± 5s\fem.
Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen
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bewesen, weshalb es sich dabei um ein alternatives Abwehrmittel zur Lebenserhaltung (!kjµ pq¹r sytgq_am) handelt.
Ähnlich wie bei Platon die Gottheit jeder Gattung nur eine d}malir eQr sytgq_am zugeteilt hat (vgl. 320d 8–320e 3), so gibt die Natur bei Aristoteles niemals einer Gattung mehrere wirksame Verteidigungsmittel zugleich (663a 17 f: ûla d’ Rjam±r ja· pke_our boghe_ar oq d]dyjem B v}sir to?r aqto?r), sondern ebenfalls nur ein charakteristisches pro Gattung.94 Ihrer Ausstattung mit offensiven/defensiven Abwehrmitteln, die das physische Überleben bzw. die Erhaltung der Art sicherstellen (Platon: d}malir [eQr sytgq_am], Aristoteles: bo^heia, !kj^ [pq¹r sytgq_am]), haben die sterblichen Gattungen es folglich zu verdanken, dass sie für ihren (Über-)Lebenskampf in feindlicher, sie mit Tod und Vernichtung konfrontierender Umgebung gerüstet sind. 1.3 Die Vergabe von offensiven/defensiven (Abwehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung in den Dissertationes des Maximos von Tyros (20,6,15–24) Die potentielle Gefährdung des dauerhaften Bestandes der sterblichen Gattungen an Lebewesen einschließlich der Möglichkeit der Sicherung ihres dauerhaften Bestandes, welche durch die Bereitung spezieller (Abwehr-)Mittel seitens vermögender Instanzen erfolgt (vgl. bereits Plat. Prot. 320c 8–322a 2; Arist. Part. an. 662b 23–663a 18), wird auch in den Dissertationes (griech. Dialexeis, dt. „Philosophische Reden“) des Mittelplatonikers, Rhetors und Vertreters der 2. Sophistik, Maximos von Tyros (spätes 2. Jh. n. Chr.) geschildert. Bei Maximos heißt es (vgl. 20,6,15–24):95 Denn so wie immer ein Lebewesen ein anderes Abwehrmittel von der Natur zur Erhaltung seines Lebens empfangen hat, der Löwe seine Stärke, der Hirsch seinen Lauf, die Hunde ihr Jagen; die Wassertiere das Schwimmen, die in der Luft das Fliegen, die kriechenden Geschöpfe ihre Löcher in der Erde: also den Menschen, die in allen andern Stücken von den Tieren übertroffen werden, (die an Stärke die schwächesten, im Laufen die schwerfälligsten, zum Fliegen ganz ungeschickt, im Schwimmen ziemlich unvermögend, zum Höhlengraben gar nicht erschaffen sind) hat Gott das Denkvermögen (den Geist) verliehen, das wenigstens eben so viel gilt, als die Vorteile aller Tiere insgesamt (¦speq c±q %kko %kk\ f]\ !k]ngla Fjei paq± t/r v}seyr eQr t¹m artoO b_om, rv’ ox s\fetai, k]ousim !kj^, 1k\voir dq|loi, h/qai jus_m, ja· t` l³m dieq` c]mei aR m^neir, t` d³ letaqs_\ aR pt^seir, t` d³ eQkuspyl]m\ oR vykeo_, ¨de ja· to?r !mhq~poir, t± %kka 1kattoul]moir t_m "p\mtym· ja· c±q !kjµm 94 Eine Ausnahme stellt für Aristoteles allerdings die Gattung des Menschen dar: dem Menschen sind im Unterschied zu den übrigen Gattungen von Lebewesen viele Hilfsmittel (t` d³ !mhq~p\ t\r te boghe_ar pokk±r 5weim) zum Überleben gegeben. Vgl. dazu Arist. Part. an. 687a.b! 95 Griechischer Text: Michael B. Trapp, Maximus Tyrius Dissertationes, Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana (BT), Stuttgart [u. a.] 1994. Deutsche Übersetzung von Christian Tobias Damm (Hg.), Des Maximus Tyrius philosophische Reden, Berlin 1764, 176.
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!shem]statoi ja· he?m bq\distoi ja· !m_ptashai !d}matoi ja· m^weim !sheme?r ja· vyke}eim !l^wamoi· k|com d³ aqto?r he¹r 5dyjem pq¹r t±r "p\mtym eqpoq_ar !mt_qqopom).
Die Bedeutung des Wortes !k]ngla im Allgemeinen und der Formulierung … ¦speq c±q %kko %kk\ f]\ !k]ngla Fjei paq± t/r v}seyr eQr t¹m artoO b_om, rv’ ox s\fetai (vgl. Diss. 20,6,15) im Besonderen ist auch an dieser Stelle aus dem Kontext zu erheben. Die Ausdrücke v}sir bzw. he|r und f]om, !k]ngla und s]feim begegnen hier in auffälliger Dichte. Seitens einer vermögenden Instanz, der Natur und/oder Gott96 (20,6,15: … paq± t/r v}seyr …; 20,6,23: … k|com d³ aqto?r he¹r 5dyjem …) wird physische (Lebens-)Erhaltung (vgl. die Präpositionalkonstruktion …, rv’ ox s\fetai) zugunsten von jemandem (vgl. den Dativus commodi … %kk\ f]\ … aqto?r) garantiert: und zwar mittels eines „Abwehrungsmittels“.97 Ein Textvergleich zwischen Diss. 20,6,15–24 (bes. 20,6,15) und Prot. 320d 8–321a 2; 321b 6–322a 1 (bes. 320e 2 f.) bietet sich an dieser Stelle an: An der Satzbildung wird deutlich, dass Maximos das Wort !k]ngla in Verbindung mit dem Verbum s]feim98 in derselben Bedeutungsfunktion gebraucht wie Platon das Syntagma d}malir eQr sytgq_am.99 Die Bedeutung der Begrifflichkeiten !k]ngla und d}malir eQr sytgq_am generiert beidesmal ein situativer Kontext, welcher die potentielle Gefährdung bzw. Bedrohung einer Gruppe von Entitäten (der Gattungen an Lebewesen) thematisiert. Ohne die Vergabe von d}malir eQr sytgq_am bzw. !k]ngla, von offensiven/defensiven (Abwehr-, Schutz-, Verteidigungs-) Mitteln seitens vermögender Instanzen (Gottheit und/oder Natur)100 würden die Gattungen im Zustand der Wehr- und Schutzlosigkeit verbleiben und mit dem Gegenteil von s]feim, sytgq_a, nämlich Tod und Vernichtung, die von einer gefahrvollen Umwelt ausgeht, zu rechnen haben.
Nun ist der Mensch (%mhqypor), so Maximos, im Vergleich mit allen anderen Lebewesen in jeder Hinsicht physisch (körperlich) benachteiligt. Lit !-privativum gebildete Adjektive, welche Schwachheit und Wehrlosigkeit zum Ausdruck bringen, zeigen diese (drohende Vernichtung implizierende) Mangellage an (vgl. Diss. 20,6,20–24: !shem^r, !d}mator, !l^wamor; vgl. 96 Man beachte, dass das Wort he|r hier ohne Artikel erscheint. 97 Vgl. Passow. s.v. !k]ngla. 98 Vgl. Diss. 20,6,15–24: ¦speq c±q %kko %kk\ f]\ !k]ngla Fjei paq± t/r v}seyr eQr t¹m artoO b_om, rv’ ox s~fetai, …, ¨de ja· to?r !mhq~poir, … 99 Vgl. Prot. 320d 8–321a 2: m]lym d³ to?r l³m Qsw»m %meu t\wour pqos/ptem, to»r d’ !shemest]qour t\wei 1j|slei· to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am. $ l³m c±q aqt_m slijq|tgti Elpiswem, ptgm¹m vucµm C jat\ceiom oUjgsim 5melem· $ d³ gwne lec]hei, t`de aqt` aqt± 5s\fem· ja· tükka ovtyr 1pamis_m 5melem. TaOta d³ 1lgwam÷to eqk\beiam 5wym l^ ti c]mor !zstyhe_g. 100 Durch ihr helfend-rettendes Tun bzw. Eingeifen vermögen es diese Instanzen demnach, die bedrohliche Lage bzw. Gefahrenlage der sterblichen Gattungen von !poq_a in eqpoq_a (vgl. Prot. 321c 2 f.; 321c 7; 321e 3 f.; Diss. 20,6,24), d. h. in Richtung Erhaltung zu wenden.
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ebenso bereits Plat. Prot. 321c 4–6; 322b 1–3: culm|r, %opkor, !shem^r101). Verglichen mit den der Lebenserhaltung dienenden offensiven/defensiven Abwehrmitteln, wie sie die übrigen Gattungen von der Natur (20,6,15: … paq± t/r v}seyr) verliehen bekommen haben, ist er das schwächste und unvermögendste Lebewesen (vgl. Diss. 20,6,20–23: … ja· c±q … !shem]statoi … ja· … !d}matoi, ja· … !sheme?r, ja· … !l^wamoi). Von der Natur (v}sir) nicht bedacht, hat ihm (ein) Gott zur Kompensierung (!mt_qqopor) dieser Mittellosigkeit den Logos gegeben (vgl. Diss. 20,6,23 f.: … k|com d³ aqto?r he¹r 5dyjem pq¹r t±r "p\mtym eqpoq_ar !mt_qqopom). Dabei wiegt das von Gott einzig dem Menschen gewährte Abwehrmittel (!k]ngla, in Diss. 20,6,24 aufgegriffen in Form von eqpoq_a)102 in Form des Denkvermögens (k|cor) alle übrigen offensiven/defensiven Mittel, wie sie den unvernünftigen Tieren verliehen wurden, auf. Aus der unmittelbaren Umgebung des Wortes !k]ngla, wie es in Diss. 20,6,16 f. gebraucht wird, geht folglich insgesamt hervor, dass die Begrifflichkeit an dieser Stelle als Oberbegriff für eine Reihe weiterer Begrifflichkeiten steht, die (in Analogie zu Plat. Prot. 320d 8–322a 1 und Arist. Part. an. 662b 23–663a 18) konkrete (Abwehr-, Schutz-, Verteidigungs-)Mittel zur Lebenserhaltung bezeichnen. Das Wort !k]ngla umfasst: 1. Offensiv ausgerichtete (Abwehr-)Mittel: Stärke/Kraft zum Kampf (!kj^), Jagen 2. Defensiv ausgerichtete (Abwehr-)Mittel: Laufen, Schwimmen, Fliegen, Höhlen 3. (Abwehr-)Mittel des Menschen: Denkvermögen (b k|cor)103 Der Blick speziell auf Diss. 20,6,15 und Prot. 320e 2 f. führt darüber hinaus zu der Annahme, dass das Wort !k]ngla in Verbindung mit dem Verbum s]feim im übergreifenden Kontext potentieller Gefährdung der sterblichen Gattungen an Lebewesen in derselben Bedeutungsfunktion gebraucht werden kann wie das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (bzw. das bedeutungsverwandte !kj^ [pq¹r sytgq_am]). 1.4 Die Rede von offensiven/defensiven (Abwehr-)Mitteln zur Lebenserhaltung bei Johannes Stobaios (vgl. Anth. 3,3,28) Die auf eine Gottheit zurückzuführende Verteilung von offensiven/defensiven (Abwehr-, Schutz-, Verteidigungs-) Mitteln an jede Gattung von Lebewesen 101 Plat. Prot. 321c 4–6; 322b 1–3: … ja· bqø t± l³m %kka f`a 1llek_r p\mtym 5womta, t¹m d³ %mhqypom culm|m te ja· !mup|dgtom ja· %stqytom ja· %opkom …. !p~kkumto owm rp¹ t_m hgq_ym di± t¹ pamtaw0 aqt_m !shem]steqoi eWmai … 102 Vgl. zur eqpoq_a-Begrifflichkeit (Diss. 20,6,24) bzw. zur Opposition eqpoq_a, !poq_a auch Prot. 321c 2 f.; 321c 7; 321e 3 f. 103 In Prot. 321d 1–322a 1 ist hier gleichlautend von der sov_a die Rede.
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(vgl. Plat. Prot. 320c 8–322a 2; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,23) begegnet ebenso bei Johannes Stobaios (Anfang 5. Jh. n. Chr.). Dort heißt es (vgl. Anth. 3,3,28):104 Eine Waffe hat Gott jedem zugeteilt (fpkom 2j\st\ me?le he|r): den Vögeln eine die Luft durchwandelnde Natur; den Löwen große Schnelligkeit als Wehrkraft; den Stieren ferner … Hörner, Stachel hat er den Bienen als … Schutzwehr gegeben (v}sim Aeq|voitom eqmisim, pokkµm tawut/t’ !kj^m te k]ousi, ta}qoir d’ … jeq\essim, j]mtqa lek_ssair … %kjaq 5dyje); Verstand aber, der das beste ist, hat er dem Menschen zugeteilt (k|com d’ dr 1st·m %qistor !mhq~p\ me?lem).
Die hier verwendeten Wörter fpkom, !kj^ und %kjaq (als Derivat zu !kj^) implizieren eine Gefahrenlage, die sich als Situation potentieller Gefährdung der sterblichen Gattungen an Lebewesen präziser fassen lässt. Wie in Platons Protagoras, in Aristoteles’ De partibus animalium sowie in Maximos’ Dissertationes besteht die Möglichkeit, durch die Bereitung von offensiven/defensiven Abwehrmitteln, die seitens vermögender Instanzen erfolgt, dieser Gefahr zu wehren (d. h. drohendes Unheil, nämlich Vernichtung, von den Gattungen abzuwehren) und den dauerhaften Bestand der jeweiligen Gattung zu sichern. Auffallenderweise besitzen die Worte fpkom, !kj^ und %kjaq105 bei Johannes denselben funktionalen Stellenwert, den in Platons Protagoras das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (in Aristoteles’ De partibus animalium: das Syntagma !kjµ pq¹r sytgq_am, in Maximos’ Dissertationes: der Begriff !k]ngla) hatte. In Verbindung mit Verben des Gebens bzw. Gewährens (m]leim, did|mai) verweisen die Wörter fpkom, !kj^ und %kjaq auf Gott (bzw. eine Gottheit, vgl. he|r ohne Artikel) als helfend-rettend eingreifende Instanz und Subjekt der Bereitung spezieller Waffen bzw. offensiver/defensiver (Abwehr-)Mittel (fpkom, !kj^, %kjaq), um die Erhaltung der sterblichen Gattungen auf Dauer sicherzustellen. Die sterblichen Gattungen, zu deren Nutzen die Verteilung geschieht, werden im Dativ aufgeführt (vgl. den Dativus commodi 2j\st\).
So dienen die einzelnen Waffen, die Gott (bzw. eine Gottheit) an die jeweilige Gattung vergeben hat, der offensiven/defensiven Abwehr (gegenüber potentiellen Angreifern). Folgende (aktiven/passiven Schutz gewährende) Waffen (fpkom) bzw. Abwehrmittel (!kj^, %kjaq) werden genannt: 1. Flügel (Vögel); große Schnelligkeit (Löwen); Hörner (Stiere); Stachel (Bienen) 2. Der Verstand/b k|cor (Mensch) Ein Blick auf die Satzbildung genügt, um die formale wie inhaltliche Anschlussfähigkeit von Anth. 3,3,28 an Plat. Prot. 320d 8–322a 2 (ebenso an Arist. Part. an. 655b 104 Griechischer Text aus Kurt Wachsmuth, Otto Hense (Hg.), Stobaios: Ioannis Stobaei anthologium, 5 Bde., Berlin 1884ff (ND 1958). 105 Vgl. Passow, s.v. %kjaq: „Schutzwehr, Schutzmittel, Schutz, Hilfe“.
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2–8; 662b 23–663a 18; Philo Opif. 64,1–66,8; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,20–24) aufzuzeigen: Bildet an allen Stellen eine vermögende Instanz (Gott und/oder Natur) das Subjekt des Satzes im Nominativ, so werden die Gattungen, zu deren Nutzen die Verteilung geschieht, jeweils im Dativ (Dativus commodi) aufgeführt. Die Begrifflichkeiten, welche die offensiven/defensiven Abwehrmittel angeben, die zum Zweck der Lebenserhaltung verteilt werden (Plat. Prot.: d}malir eQr sytgq_am, Arist. Part. an.: !kj^ [pq¹r sytgq_am], Maxim. Diss.: !k]ngla, Joh. Stob. Anth.: fpkom, !kj^, %kjaq), finden sich in Verbindung mit einem Verbum des Zuteilens/Gebens/Gewährens/Bereitens (m]leim, lgwam÷shai, did|mai).106
1.5 Die christliche Explikation. d}malir eQr sytgq_am als offensives/defensives Mittel zur Lebenserhaltung (vgl. Apollin. Fragm. Ps. 39,14) Die Annahme, dass es sich bei der Formulierung d}malir eQr sytgq_am um ein Syntagma handelt, welchem je nach Kontext offensive und/oder defensive Bedeutung zukommt,107 wird durch einen weiteren Quellentext unterstützt, der aus dem 4. Jh. n. Chr. stammt. In seinen Psalmenfragmenten kommentiert Apollinaris von Laodicea (ca. 315–390 n. Chr.) an einer Stelle Psalm 39,14 LXX (vgl. Fragm. Ps. 39,14): Lass es dir gefallen, Herr, mich zu schützen, Herr, achte darauf, mir zu helfen! (eqd|jgsom, j}qie, toO N}sasha_ le· j}qie, eQr t¹ bogh/sa_ loi pq|swer).
Hier bittet der Psalmist Gott (im Vokativ, vgl. den expliziten Gebrauch von he|r, j}qior in Ps 39,2.4.5.6.9.12.14.17.18 LXX), er, der Ursprung von Gerechtigkeit, Wahrheit, Heil und Erbarmen (vgl. V. 11 f.), möge sich seiner auch in Zukunft erbarmen (vgl. V. 12) und ihm Schutz(-wehr) und Hilfe in der Lage momentaner Bedrängnis (vgl. V. 13.15: jaj\)108 gewähren. 106 Vgl. Prot. 320d 8–321a 1: m]lym d³ to?r l³m Qsw»m %meu t\wour pqos/ptem, to»r d’ !shemest]qour t\wei 1j|slei· to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am. $ l³m c±q aqt_m slijq|tgti Elpiswem, ptgm¹m vucµm C jat\ceiom oUjgsim 5melem· $ d³ gwne lec]hei, t`de aqt` aqt± 5s\fem· ja· tükka ovtyr 1pamis_m 5melem; Arist. Part. an. 662b 33–663a 18: d]dyje c±q B v}sir to?r l³m emuwar, to?r d’ ad|mtar lawgtijo}r, to?r d’ %kko ti l|qiom Rjam¹m !l}meim … t_m d³ diwak_m t± l³m pokk± j]qata 5wei pq¹r !kj^m, ja· t_m lym}wym 5mia, t± d³ ja· pq¹r bo^heiam. fsoir d³ lµ d]dyjem B v}sir %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am, oXom tawut/ta s~lator, jah\peq to?r Vppoir bebo^hgjem; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,15–24: ¦speq c±q %kko %kk\ f]\ !k]ngla Fjei paq± t/r v}seyr eQr t¹m artoO b_om, rv’ ox s\fetai, …, ¨de ja· to?r !mhq~poir, t± %kka 1kattoul]moir t_m "p\mtym· ja· c±q !kjµm !shem]statoi ja· he?m bq\distoi ja· !m_ptashai !d}matoi ja· m^weim !sheme?r ja· vyke}eim !l^wamoi· k|com d³ aqto?r he¹r 5dyjem pq¹r t±r "p\mtym eqpoq_ar !mt_qqopom. 107 Im Sinne von: (offensives/defensives) „Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmittel zur Lebenserhaltung“, wodurch sich eine enge Sinnverwandtschaft zu den Worten und Wortverbindungen bo^heia, !kj^ [pq¹r sytgq_am], %kjaq und !k]ngla feststellen lässt. 108 Vgl. Ps 39,13 LXX: fti peqi]swom le jaj\, ¨m oqj 5stim !qihl|r; vgl. auch V. 15 f!
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Die Vorstellung von akuter Bedrohung und Ohnmacht bzw. Wehrlosigkeit, welcher das Angewiesensein auf eine Schutz und Hilfe gewährende Instanz korrespondiert, wird hier mittels der Verben N}eshai (+ Akk.) und boghe?m aktualisiert. Der Psalmist qualifiziert sich selbst weiter als arm und bedürftig (vgl. 1c½ d³ ptyw|r eQli ja· p]mgr), weshalb er die Gottheit um Schutz und Rettung angeht (vgl. neben V. 14: eqd|jgsom … toO N}sasha_ le· … eQr t¹ bogh/sa_ loi pq|swer):109 Da er selbst momentan Mangel an Abwehr-, Schutz bzw. Verteidigungsmitteln leidet, bedarf er eines seitens Gottes initiierten, Rettung bzw. Erhaltung schaffenden Mittels (vgl. V. 11.17: t¹ syt^qiom sou).
Um die Vorstellung von akuter Gefährdung sowie der Möglichkeit der Rettung bzw. Erhaltung des momentan Bedrängten zum Ausdruck zu bringen, die mit Hilfe eines von Gott initiierten Abwehrmittels erfolgt (vgl. V. 11.17: t¹ syt^qiom sou), greift Apollinaris nun bei seiner Auslegung von Ps 39,14 interessanterweise auf das Syntagma d}malir eQr sytgq_am zurück. Die bedeutungsmäßige Zusammengehörigkeit der Wortsippe um t¹ syt^qiom (in der Bedeutung „Mittel zur Rettung bzw. Erhaltung“), N}eshai (+ Akk.) und boghe?m auf der einen und d}malir eQr sytgq_am (in der Bedeutung „[Abwehr-]Mittel zur Rettung bzw. Erhaltung“) auf der anderen Seite wird nun deutlich (vgl. Fragm. Ps. 39,14):110 Denn kein Mittel zur Rettung/Erhaltung besitzt die Kirche Christi außer das von Gott (oqdel_a c±q d}malir eQr sytgq_am t0 WqistoO 1jjkgs_ô pkµm B paq± heoO·); denn weder Waffen, noch Güter (Geldmittel), weder die Umfassungen von Festungen, noch die Kraft der Erde, noch irgendetwas von derartigen Dingen [ist] bei uns (fti l^h ’ fpka l^te wq^lata teiw_m peqiboka· l^te c/r jq\tgsir l^te ti toio}tym 1m Bl?m) …, sodass es ein Wunder ist und um nichts schwächer als die anderen Wunder, indem wir bekriegt werden von einer unzählbaren Menge an Heiden, als unbewaffnete und unvorbereitete und wehrlose Menschen, durchzuhalten und noch dazu vermehrt zu werden (pokeloul]mour rp¹ luq_ym 1hm_m !|pkour !mhq~pour ja· !paqasje}our ja· lµ !lumol]mour dial]meim te ja· 1pa}neshai): wie das Wunder des brennenden Dornbuschs beschaffen war, der brannte und nicht verbrannte, ist dies auch die Gestalt Christi, der durch Leiden siegte (ja· toOto 1jt}pysir WqistoO di± p\hour mij_mtor). Denn die leidende und nicht zerstört werdende Kirche trägt alle Zeichen ihrer Weisheit bei sich selbst und als sichtbares Kennzeichen ihrer Unterstützung/Hilfe/Fürsorge von oben her (B c±q p\swousa 1jjkgs_a ja· lµ jatakuol]mg p\mta v]qei 1m 2aut0 t/r sov_ar t± de_clata ja· t/r %myhem 1pijouq_ar pqovam/ t± cmyq_slata).
Analysiert man das Umfeld des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am, so stellt sich heraus, dass die Wendung (auch an dieser Stelle) in einen situativen Kontext 109 Vgl. dazu auch 2Kön 5,1; 3Makk 6,13; Ps 32,17; 117,15; 139,8 LXX. 110 Griechischer Text aus Ekkehard Mühlenberg (Hg.), Apollinaris von Laodicea: Fragmenta in Psalmos, Psalmenkommentare aus der Katenenüberlieferung, Bd. 1, Patristische Texte und Studien 15, Berlin 1975.
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eingebunden ist, welcher die Lage einer sich in lebensgefährlichen Umständen befindenden, durch Ohnmacht und Wehrlosigkeit gekennzeichneten Entität thematisiert.111 Wie die Opposition der Verben pokele?m (im passivischen Gebrauch, vgl. … pokeloul]mour rp¹ luq_ym 1hm_m) und mij÷m (… di± p\hour mij_mtor) in Verbindung mit Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsterminologie (vgl. fpka … wq^lata … teiw_m peqiboka· … c/r jq\tgsir) signalisiert, ist die von Apollinaris zum Einsatz gebrachte Formulierung d}malir eQr sytgq_am an dieser Stelle in einen kriegerischen Kontext eingebettet. Die Rede des Psalmisten von den vielen Übeln (Ps 39,13.15 LXX: jaj\), die ihn umfangen bzw. von den Gegnern in seinem Umfeld, die ihm nach dem Leben trachten (Ps 39,15 LXX: oR fgtoOmter tµm xuw^m lou toO 1n÷qai aqt^m), legt Apollinaris folgenderweise aus: Kriegsgegner der Ekklesia Christi (WqistoO 1jjkgs_a) ist eine feindlich gesonnene nichtchristliche Umwelt (vgl. den Gebrauch von 1hm^). Im (Überlebens-)Kampf gegen die 1hm^ ist die Lage der Ekklesia gekennzeichnet durch Passivität, Leiden, Ohnmacht und Wehrlosigkeit. Passivität indiziert die Partizipialverbindung pokeloul]mour rp¹ luq_ym 1hm_m, welche die Ekklesia als passiv-defensiv ausweist. Die Leidensbefindlichkeit bringt das Verbum p\sweim (vgl. B … p\swousa 1jjkgs_a) zum Ausdruck. Den Zustand der Ohnmacht und Wehrlosigkeit bzw. des Nichtvorhandenseins an zum Krieg geeigneten Schutz-, Abwehr- und Verteidigungsmitteln indizieren eine Reihe von (mit !-privativum gebildeten) Adjektiven (… !|pkour !mhq~pour ja· !paqasje}our) und partizipial gebrauchten Verben (… lµ !lumol]mour). Konkret leidet die Ekklesia momentan Mangel an folgenden (offensiven/defensiven) Abwehrmitteln, die mittels einer l^te … l^te – Konstruktion aufgelistet werden: … l^h’ fpka l^te wq^lata teiw_m peqiboka· l^te c/r jq\tgsir l^te ti toio}tym.112 Die Situation des Bekriegtwerdens erweist sich für die Ekklesia folglich insofern als besonders prekär, als mit dem Leidenszustand ein Nichtvorhandensein an (offensiven/defensiven) Abwehrmitteln einhergeht, um der drohenden Gefahr aktiv entgegenzuwirken.
Interessanterweise kann die Bedeutung von d}malir eQr sytgq_am anhand eben dieses Negationssatzes ziemlich präzise umrissen werden:113 [oqdel_a] … d}malir eQr sytgq_am [t0 WqistoO 1jjkgs_ô pkµm B paq± heoO]· [fti l^h ’] fpka [l^te] wq^lata [] teiw_m peqiboka· [l^te] c/r jq\tgsir [l^te] ti toio}tym [1m Bl?m]. Das Syntagma umfasst in diesem Rahmen als überge111 Vgl. dazu u. a. die in Prot. 320c 8–322a 2 beschriebene Gefahrenlage. 112 Gegenbegriffe wie Qsw}r, !shem^r sowie bpk_feim, %opkor finden sich auch bei Platon (vgl. Prot. 320d 8–320e 3). 113 Denn die Technik der Negation (l^te … l^te) zeigt an dieser Stelle an, dass die christusgläubige Leser- bzw. Hörerschaft des Apollinaris geneigt sein könnte, bei der Rezeption der d}malir eQr sytgq_am – Formulierung an offensive/defensive Abwehrmittel wie Waffen, Mauerwerk etc. (fpka … wq^lata … teiw_m peqiboka· … c/r jq\tgsir … ti toio}tym 1m Bl?m) zu denken.
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ordneter Ausdruck die spezifischeren, via negationis aufgelisteten sprachlichen Einheiten fpkom, wq/la, teiw_m peqibok^ und c/r jq\tgsir, sämtlich Worte und Wortverbindungen, die für zum Krieg geeignete „offensive/defensive Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmittel“ stehen. Bezeichnend für den Textabschnitt oqdel_a … d}malir eQr sytgq_am t0 WqistoO 1jjkgs_ô pkµm B paq± heoO· fti l^h ’ fpka l^te wq^lata teiw_m peqiboka· l^te c/r jq\tgsir l^te ti toio}tym 1m Bl?m … ist darüber hinaus, dass Apollinaris auf den Einsatz von profanen offensiven/defensiven „Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmitteln“ an dieser Stelle eher distanziert bis abwertend verweist: Im Kampf gegen eine nichtchristliche Umwelt kommt es nicht auf weltliche lebenserhaltende Mittel an, sondern auf die von ihm offengelegte Relation zwischen Ekklesia und Gott/Christus (oqdel_a … d}malir eQr sytgq_am t0 WqistoO 1jjkgs_ô pkµm B paq± heoO). Wie aus der Präpositionalverbindung paq± heoO hervorgeht, besteht zwischen d}malir eQr sytgq_am (als Subjekt des Nominalsatzes) und he|r ein Verhältnis der Zugehörigkeit ([oqdel_a] … d}malir eQr sytgq_am [t0 WqistoO 1jjkgs_ô pkµm] B paq± heoO): Die d}malir eQr sytgq_am geht von Gott aus und wird, wie die Verknüpfung mit dem Dativus commodi t0 WqistoO 1jjkgs_ô signalisiert, für, d. h. zugunsten (zum Schutz) der leidenden Ekklesia Christi bereitet.
Steht das Syntagma d}malir eQr sytgq_am hier folglich zum einen für gängige Mittel, die (im Kriegszustand) der offensiven und defensiven Wehr dienen (vgl. fpkom, wq/la, teiw_m peqibok^, c/r jq\tgsir), so weist Apollinaris mittels der Verknüpfung der Elemente oqdel_a … d}malir eQr sytgq_am … pkµm B paq± heoO auf eine weitere, alternative d}malir eQr sytgq_am hin: Diese wird von Gott ([d}malir eQr sytgq_am] B paq± heoO), d. h. von oben (%myhem) initiiert und qualifiziert, wie der innere Zusammenhang mit der 1pijouq_aBegrifflichkeit (t/r %myhem 1pijouq_ar … t± cmyq_slata) im vorliegenden Kriegskontext zeigt, die Gewährung von d}malir eQr sytgq_am als fürsorgliches Handeln bzw. Eingreifen Gottes zugunsten der gegenwärtig kriegerisch Bedrängten (t0 WqistoO 1jjkgs_ô). Die explizite Erwähnung von Waffen, Mauerwerk etc. (fpkom, teiw_m peqibok^, …) als d}malir eQr sytgq_am wirft abschließend die Frage auf, wie man sich das Wehrmittel, das von Gott zum Schutz der leidenden Ekklesia initiiert wird, vorzustellen hat. Der parallele Gebrauch der Wörter 1pijouq_a und sov_a (vgl. die Parallelität von p\mta … t/r sov_ar t± de_clata und t/r %myhem 1pijouq_ar … t± cmyq_slata) führt zu der nicht unbegründeten Annahme, dass es sich bei der von Gott ausgehenden fürsorglichen Hilfeleistung (1pijouq_a) in Form eines geeigneten Abwehrmittels zur Rettung bzw. zur Lebenserhaltung (d}malir eQr sytgq_am) der Ekklesia Christi (t0 WqistoO 1jjkgs_ô) um die göttliche Gabe bzw. Schickung der Weisheit (sov_a) handelt:114 Diese Gabe (= 1pijouq_a in Form der sov_a), die einem von Gott 114 Vgl. Plat. Prot. 321c 9–321d 4: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\
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kommenden Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsmittel zur Lebenserhaltung (d}malir eQr sytgq_am … B paq± heoO) gleichkommt, bewirkt, dass die momentan leidende Ekklesia, in Analogie zum Leiden Christi,115 im Krieg gegen eine ihr feindlich gesonnene, mit offensiven/defensiven Wehrmitteln aller Art offensichtlich reichlich ausgestattete, daher weitaus überlegene nichtchristliche Umwelt nicht vernichtet wird (B … p\swousa 1jjkgs_a … lµ jatakuol]mg), sondern insgesamt in den Rang einer sich selbst organisierenden Einheit aufsteigt, deren dauerhafter Bestand gesichert ist, die sich sogar vergrößert (vgl. dial]meim te ja· 1pa}nesha) und damit letztendlich den Sieg davonträgt. 1.6 Zusammenfassung: Semantische Auswertung, Zwischenergebnis und Hypothese Die bisherigen Analysen verleihen Einblick in das Beziehungsgefüge, welches für die Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am offensichtlich konstitutiv ist. Anhand einschlägiger Textpassagen wurde aufgezeigt, dass das Syntagma gängigerweise in einem Kontext zum Einsatz kommt, welcher die Lage (potentieller) Gefährdung bzw. Bedrohung116 einer durch Schutz-, Mittel- und Wehrlosigkeit gekennzeichneten Entität117 thematisiert. Diese ausweglose Lage zeigen im Blick auf den Wortgebrauch entsprechende Verben und/oder (durch !-privativum eingeleitete) Adjektive an, die sämtlich einen Mangel, eine Negation oder ein Nichtvorhandensein an Kraft/Vermögen/Mitteln zum Ausdruck bringen,118 um
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evqoi, jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am s»m puq_ … ja_ ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\. Vgl. die Parallelität von t0 WqistoO 1jjkgs_ô … 1jt}pysir WqistoO di± p\hour mij_mtor … B … p\swousa 1jjkgs_a. Die Gefährdung der sterblichen Gattungen an Lebewesen wird in Plat. Prot. 320c 8–322a 2 u. a. durch die Begriffe !poqe?m, !poq_a angezeigt, vgl. Prot. 321c 1–3: Ap|qei fti wq^saito … !poqoOmti; 321c 7: !poq_ô … sw|lemor. Verweise auf kriegerische Verhältnisse finden sich unter Verwendung einschlägiger Terminologien z. B. in Plat. Prot. 322a 3–322d 5 (vgl. 322b 4: … t¹m t_m hgq_ym p|kelom); vgl. ebenso Apollin. Fragm. Ps 39,14: … pokeloul]mour rp¹ luq_ym 1hm_m. Dabei kann es sich um eine kollektive Entität handeln, z. B. um eine (sterbliche) Gattung, so in Plat. Prot. 320c 8: hmgt± … c]mg; 320a 2: c]mor; 321c 2: t¹ !mhq~pym c]mor; 321c 1: t` c]mei Bl_m; Arist. Part. an. 655b 2–8; 662b 23–663a 18: t± f`a, t± f\ot|ja; Apollin. Fragm. Ps 39,14: B … p\swousa 1jjkgs_a. Vgl. Plat. Prot. 321c 4–6: [ja· bqø t± l³m %kka f`a 1llek_r p\mtym 5womta,] t¹m d³ %mhqypom culm|m … !mup|dgtom … %stqytom … %opkom; 322b 2: di± t¹ pamtaw0 aqt_m !shem]steqoi eWmai; 322b 4: pq¹r … t¹m t_m hgq_ym p|kelom 1mde^r. Zur Vorstellung vom nackten, unbeschuhten, unbedeckten, unbewaffneten Menschen vgl. auch Arist. Part. an. 687a 16–33: … b %mhqypor … !mup|dgt|m te … aqt¹m eWma_ vasi ja· culm¹m ja· oqj 5womta fpkom pq¹r tµm !kj^m; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,20–24: … to?r !mhq~poir, t± %kka 1kattoul]moir t_m "p\mtym· … !kjµm !shem]statoi … !d}matoi … !sheme?r … !l^wamoi; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX:
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drohendes Unheil (Tod/Vernichtung),119 das von einer feindlich gesonnenen Umwelt ausgeht,120 von der betroffenen Entität abzuwehren. Dies ist exakt die Ausgangssituation, in der das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (bzw. sinnverwandte Begrifflichkeiten121 wie bo^heia, !kj^ [pq¹r sytgq_am], !k]ngla, %kjaq122) zum Einsatz kommt. In Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens ([d}malim eQr sytgq_am] did|mai,123 lgwam÷shai,124 m]leim,125 dyqe?shai126 usw.) verweist die Wendung dabei auf eine vermögende Instanz,127 die als Träger bzw. Wirkursache von
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!|pkour !mhq~pour … !paqasje}our … lµ !lumol]mour; … B … p\swousa 1jjkgs_a … lµ jatakuol]mg. Zu Todes- und Vernichtungsterminologie vgl. u. a. Plat. Prot. 321a 2: !zstoOshai (l^ … !zstyhe_g); 322b 1: !p|kkushai (!p~kkumto); 322b 8: diavhe_qeshai (dievhe_qomto); 322c 1: !p|kkushai (!p|koito); Arist. Part. an. 663a 5: vhoq\. Bei der feindlich gesonnenen Umwelt kann es sich um wilde Tiere handeln, so z. B. Plat. Prot. 322b 1: !p~kkumto … rp¹ t_m hgq_ym; 322c 1: …peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m; Arist. Part. an. 663a 5: … tµm !p¹ t_m %kkym f]ym vhoq±m. Apollinaris verweist auf eine nichtchristliche Umwelt (Apollin. Fragm. Ps 39,14: pokeloul]mour rp¹ luq_ym 1hm_m). Wie die unter II./1.1, II./1.2, II./1.3, II./1.4 und II./1.5 analysierten Textpassagen belegen, tauchen die Begrifflichkeiten bo^heia, !kj^ [pq¹r sytgq_am], %kjaq und !k]ngla in ähnlichen situativen Kontexten und (im Rahmen dieser Kontexte) in derselben Bedeutungsfunktion auf wie die Wortverbindung d}malir eQr sytgq_am. Die Sinnverwandtschaft von d}malir, bo^heia, !kj^, %kjaq und sytgq_a ist durch das um ca. 1100 entstandene Etymologicum Magnum, ein alphabetisch geordnetes Sammelwerk von Wörtern bzw. Vokabeln der Griechischen Sprache, gut belegt. Das Etymologicum basiert dabei zu großen Teilen auf den grammatischen und literarischen Erträgen von antiken Etymologien. Der Eintrag zu %kjaq lautet: : D}malir, sytgq_a7 paq± tµm !kjµm %kjaq (vgl. dazu die Ausgabe Thomas Gaisford [Hg.], Etymologicum Magnum, Oxford 1848/1967, 66). Vgl. dazu auch den Eintrag zu %kjaq bei Hesych [A – O] 3087,1: 7 !k]ngla, bo^hgla; 7 d}malir, Qsw}r. Hieraus wird deutlich, dass die Wörter („defensive Abwehr eines offensiven Angriffs“) und !kj^ („offensive Wehr“, auch: „Kraft zum Angriff“, „Kampfkraft“) in der Regel ein semantisches Oppositionsverhältnis beschreiben: %kjaq steht für defensive, !kj^ für offensive Wehrkraft. Vgl. Plat. Prot. 321e 3: … jk]xar t^m te 5lpuqom t]wmgm … d_dysim !mhq~p\; 322c 4: … do_g d_jgm ja· aQd_ !mhq~poir; Arist. Part. an. 663a 1 f.: … fsoir d³ lµ d]dyjem B v}sir %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am; 663a 17 f.: ûla d’ Rjam±r ja· pke_our boghe_ar oq d]dyjem B v}sir to?r aqto?r; Philo Somn. 1,103: !mhq~p\ k|cor d~qgla j\kkistom 1d|hg paq± heoO, …, ja· !mhq~p\ l]cistom 5qula ja· vqouq±m !jaha_qetom k|com d]dyjem; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24: k|com … aqto?r [!mhq~poir] he¹r 5dyjem. Plat. Prot. 320e 1 f.: … to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am (vgl. auch 321a 2; 321a 4: lgwam÷shai); Arist. Part. an. 655b 7 f.: p\mta d³ taOta boghe_ar 5wousi w\qim t± f`a … lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am 2j\stoir. Vgl. Plat. Prot. 320d 5.6.7.8; 320e 4; 321a 1; 322 c 5.6; 322d 1: m]leim; Joh. Stob. Anth. 3,3,28: fpkom 2j\st\ me?le he|r … k|com d’ dr 1st·m %qistor !mhq~p\ me?lem. Vgl. Plat. Prot. 321d 1.3: jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am … ja· … dyqe?tai !mhq~p\; Philo Opif. 66,8: … 1p· d³ p÷sim, ¢r 1k]whg, t¹m %mhqypom, è moOm 1na_qetom 1dyqe?to. In Form einer Gottheit (he|r im Sgl./Pl.), vgl. z. B. Plat. Prot. 320c 8–322d 5; Philo Opif. 64,5–66,8; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,15.24; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX: oqdel_a … d}malir eQr sytgq_am … pkµm B paq± heoO. Verweise auf die Natur (v}sir) finden sich z. B. in Arist. Part. an. 662b 23–663a 18.
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d}malir eQr sytgq_am die Möglichkeit besitzt, in diese prekäre Lage hinein zugunsten der gefährdeten Entität helfend-rettend einzugreifen, konkret: durch die Bereitung spezieller (Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mittel (z. B. fpkom,128 wq/la,129 d_jg,130 sov_a,131 k|cor, moOr132) deren gefahrvolle Situation in Richtung (Lebens-)Erhaltung zu wenden.
2. Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos. Zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir und sytgq_a in Pseudo-Aristoteles’ De mundo (Kap. 5–6) Um den semantischen Hintergrund des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am möglichst umfassend zu skizzieren, bietet es sich als nächstes an, einige Textpassagen des pseudo-aristotelischen Traktates De mundo zu analysieren. Zwar kommt das Syntagma d¼malir eQr sytgq¸am in diesem Traktat nicht explizit vor, doch sticht im 5. und 6. Kapitel der Schrift der innere Zusammenhang, der zwischen den Begrifflichkeiten d}malir und sytgq_a besteht, ins Auge (vgl. 398a 1–6 und 398b 6–10):133 Besser also ist’s anzunehmen – wie es sich auch geziemt und am meisten zu Gott paßt –, daß das Vermögen, das im Himmel seinen Sitz hat, auch für die am fernsten von ihm wohnenden Wesen, man darf sagen, für alle Wesen Ursache der Erhaltung wird (¢r B 1m oqqam` d}malir Rdqul]mg ja· to?r pke?stom !vestgj|sim, … , ja· s}lpasim aUtior c_metai sytgq_ar), besser jedenfalls, als zu glauben, daß er, dorthin kommend und dort verkehrend, wo es für ihn weder schön noch geziemend ist, selber die Dinge auf Erden besorgt. 128 Vgl. z. B. Plat. Prot. 320e 1 ff.: … to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am; Apollin. Fragm. Ps 39,14: … fpka … teiw_m peqiboka· … c/r jq\tgsir usw. 129 Apollin. Fragm. Ps 39,14: wq^lata. 130 Vgl. Plat. Prot. 322c 1–2: Fe»r … de_sar peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m, :ql/m p]lpei %comta eQr !mhq~pour aQd_ te ja· d_jgm (vgl. ebenso 322 c 4; 322d 4 f.). 131 Vgl. Plat. Prot. 321c 7–d 3: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi, jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am s»m puq_ … ja· ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\; Apollin. Fragm. Ps 39,14: p\mta … t/r sov_ar t± de_clata und t/r %myhem 1pijouq_ar … t± cmyq_slata. 132 Philo Opif. 66,8: … 1p· d³ p÷sim … t¹m %mhqypom, è moOm 1na_qetom 1dyqe?to; Somn. 1,103: !mhq~p\ k|cor d~qgla j\kkistom 1d|hg paq± heoO, …, ja· !mhq~p\ l]cistom 5qula ja· vqouq±m !jaha_qetom k|com d]dyjem; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24: k|com … aqto?r … he¹r 5dyjem; Joh. Stob. Anth. 3,3,28: k|com d’ dr 1st·m %qistor !mhq~p\ me?lem. 133 Griechischer Text zu Pseudo-Aristoteles De mundo: William Laughton Lorimer (Hg.), Aristotelis qui fertur libellus de mundo, Paris 1933. Deutsche Übersetzung – wenn nicht anders gekennzeichnet – hier wie auch im Folgenden (mit kleineren Veränderungen) von Hans Strohm, Aristoteles: Meteorologie. Über die Welt, Aristoteles. Werke in deutscher Übersetzung Bd. 12, Teil I–II, Berlin 1970.
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Würdiger und geziemender ist die Vorstellung, daß er [Gott] selbst zwar an höchster Stelle thront, dass sein [Gottes] Vermögen aber … für die auf Erden Ursache der Rettung/Erhaltung wird (tµm d³ d¼malim … aUtiºm te c¸meshai to?r 1p· t/r c/r sytgq¸ar).
Es ist evident, dass die Wendung aUtior sytgq_ar an beiden Stellen auf die d}malir-Begrifflichkeit bezogen ist und dass sich d}malir im gemeinsamen Gebrauch mit der Kontruktion aUtior sytgq_ar bedeutungsmäßig äquivalent zum Syntagma d}malir eQr sytgq_am verhält,134 welches, wie bereits an anderer Stelle dargestellt wurde (vgl. II./1.), die Vorstellung von Gefahr bzw. Gefährdung, die die Möglichkeit von Tod und Vernichtung in sich schließt sowie die Möglichkeit, drohender Gefahr zu wehren, zu aktivieren vermag. Im Folgenden wird nun anhand einer Analyse des engeren und weiteren Kontextes der Textpassagen Mund. 398a 1–6 und 398b 6–10 zu zeigen sein, dass (Vernichtungs-)Gefahr den übergreifenden Rahmen bildet, in dem die Wortgruppe um d}malir und sytgq_a in De mundo zur Anwendung kommt (vgl. II./2.2). Der eigentlichen Analyse ist eine kurze Einführung in die Gesamtschrift vorangestellt (vgl. II./2.1 [= II./2.1.1; II./2.1.2]). Einige Überlegungen, welche Strukturanalogien die kontextuelle Verwendung von d}malir und sytgq_a in De mundo (vgl. insbesondere 397b 16–400b 13) mit dem neutestamentlichpaulinischen Sprachgebrauch aufweist (vgl. Röm 1,16: d}malir heoO eQr sytgq_am), bilden den Abschluss dieses Analyseteils (vgl. II./2.3). 2.1 Kurze Einführung in die pseudo-aristotelische Schrift De mundo 2.1.1 Kontroversen um Echtheit, Autor, Datierung und Einordnung der Schrift „Die unter dem Namen des Aristoteles erhaltene Schrift peq· j|slou ist in mancher Hinsicht rätselhaft. In der Spätantike wurde ihre Echtheit kaum je angezweifelt …, in der Neuzeit jedoch sind sich fast alle Gelehrten darüber einig, daß sie nicht von Aristoteles stammen kann.“135
Mit dieser Bemerkung führt Paul Moraux treffend in die kontroverse Debatte um Echtheit und Überlieferung der Schrift De mundo (AQISTOTEKOUS PEQI JOSLOU),136 sowie um das philosophische Profil ihres Au134 Bei dem Substantiv d}malir handelt es sich beidesmal um das logische Subjekt bzw. die verursachende Instanz von sytgq_a. 135 Paul Moraux, Der Aristotelismus im I. und II. Jh. n. Chr., Der Aristotelismus bei den Griechen von Andronikos bis Alexander von Aphrodisias Bd. 2, Peripatoi 6, Berlin 1984, 5 f. Moraux weist an dieser Stelle ebenso darauf hin, dass in den fast hundert griechischen Handschriften, die zu peq· j|slou (De mundo) vorliegen, der Traktat dem originären Aristoteles zwar zugeschrieben wird, nur selten aber zusammen mit anderen, echten Traktaten aus dem Corpus Aristotelicum überliefert ist. 136 Eine umfassende Einführung in die Schrift De mundo bietet gegenwärtig Johan C. Thom (Hg.),
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tors ein.137 Dabei gilt es seit dem 19. Jahrhundert als allgemeiner, forschungsgeschichtlicher common sense, dass es sich bei dem Traktat um eine pseudepigraphische Schrift handelt, welche vorgibt, vom originären Aristoteles an Alexander den Großen (vgl. 391a 1; 391b 4) adressiert zu sein.138 Der Schwierigkeit einer philosophischen Einordnung139 des Traktates korresponCosmic Order and Divine Power: Pseudo-Aristotle, ,On the Cosmos‘, SAPERE 23, Tübingen 2014. 137 Zwei Autoren, welche in der neueren Forschungsdiskussion die Authentizität von De mundo annehmen, sind Giovanni Reale und Roberto Radice. In seiner 1974 erstmalig erschienenen Schrift Aristotele: Trattato sul cosmo per Alessandro hält Reale den kleinen Traktat für eine Jugendschrift des originären Aristoteles. Er begründet dies mit Blick auf Stil und Inhalt der Schrift, welche zu großen Teilen der aristotelischen Meteorologie entspräche. Reales Position wird aktuell von Roberto Radice aufgegriffen und verteidigt (vgl. ders., La filosofia di Aristobulo e i suoi nessi con il ,De mundo‘ attribuito ad Aristotele, Milano 1995). Bei den Anhängern der Unechtheitsthese wird die Datierung der Schrift dagegen in der neueren Forschung ebenso kontrovers diskutiert wie deren philosophische Einordnung. Ein hervorragender Überblick zur Frage nach der Authentizität von De mundo, ebenso wie zur Autorenfrage und philosophischen Einordnung der Schrift findet sich bei: Giovanni Reale, Abraham P. Bos, Il trattato sul cosmo per Alessandro attribuito ad Aristotele: Monografia introduttiva, testo greco con traduzione a fronte commentario, bibliografia ragionata e indici, Milano 1995, 15 f. (Hier auch weitere Literaturhinweise). Neuere und neueste Forschungsanalysen brachten – so Reale – insgesamt fünf unterschiedliche Lösungsvorschläge hervor, welche die Abhandlung allesamt einer hellenistisch-kaiserzeitlichen Philosphenschule (ausgenommen der epikuräischen oder skeptischen Schultradition) zuordnen. Als möglicher Autor der Schrift kommt infrage: (1) ein eklektischer Peripatetiker (, der u. a. stoische Lehre mit aristotelischer Kosmologie und Theologie kombiniert); diese Meinung vertritt u. a. Moraux, Aristotelismus 6 f.; (2) ein Schüler der Stoa des Posidonius; (3) ein Hebräer, der griechische Philosophie zur Erläuterung biblischer Lehre gebraucht; so verstanden, stellte De mundo ein Zeugnis wechselseitiger Beeinflussung von jüdischer Theologie und griechischer Philosophie dar, und es finden sich Berührungspunkte zu Schriften des Philo von Alexandrien; (4) ein (Neo-)Pythagoreer; (5) ein (peripatetisch beeinflusster) Mittelplatoniker; diese Meinung vertritt z. B. Strohm, Aristoteles, 268. 138 So David du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 457–470 (dort auch weitere Literatur). 139 Bezüglich einer philosophischen Einordnung des Traktates (vgl. bereits Anm. 137!) äußert sich Moraux bewusst vorsichtig, ordnet die Schrift aber insgesamt der peripatetischen Tradition zur Zeit des Philo von Alexandrien zu. Dass der Autor von De mundo sich als Aristoteliker verstanden haben muss bzw. als der peripatetischen Tradition zugehörig, geht Moraux zufolge u. a. aus folgenden Belegen hervor, die der Text selbst bietet (vgl. ders., Aristotelismus, 6 f.; 59 f.; 77; 81 f.): (1) Der Widmung an Alexander (§ )k]namdqe) im Einleitungsteil, welcher dazu aufgefordert wird, sich mit der Philosophie zu befassen (vgl. Mund. 391a 1–18). (2) Der Rede vom Äther als fünftem Element. (3) Dem geozentrischen Weltmodell des Autors mit konzentrischen Elementarsphären, ebenso wie dem Gegensatz zwischen der genau geordneten Himmelsregion und der sublunaren Welt, Ort des Werdens und Vergehens. (4) Entgegen der stoischen Lehre der göttlichen Immanenz und der platonischen Vorstellung eines demiurgischen Gottes setzt der Autor die Gottheit als (absolut transzendenten) unbewegt ruhenden Beweger außerhalb des Weltgeschehens. (Der einfache Impuls, der von ihm auf die Welt ausgeübt wird, ist nicht zeitlich zu verstehen, sondern lediglich kausal). (5) Dem korrespondiert der „Abstufungsgedanke“: Die Gottheit gibt den Anstoß zur Bewegung, diese erstreckt sich über Vermittlung der Gestirnsphären bis hin zur sublunar-irdischen Region usw. Der Moraux’schen Einordnung von De mundo in die peripatetische Tradition wird an dieser Stelle
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diert die einer zeitlichen Einordnung der Schrift; handelt es sich bei Apuleius um den Verfasser der lateinischen Übersetzung, so wäre der terminus ante quem 150 n. Chr.140 Variieren auch die Meinungen über eine genaue Abfassungszeit von ca. 200 v. Chr. bis 200 n.Chr141, so stimmt die gegenwärtige Forschung weitestgehend darin überein, dass die Schrift von einem (heute) unbekannten, in der philosophischen Tradition des Perpatos stehenden Autor um die Zeitenwende, d. h. im 1. Jh. n. Chr. (oder ggf. kurz davor) verfasst wurde.142 2.1.2 Gliederung der Schrift De mundo Insgesamt lässt sich der Traktat grob in drei Teile untergliedern:143 1. Einleitung/Proömium: Widmungsbrief an Alexander mit einem Lob der Philosophie144 (Kap. 1) 2. Deskriptiv-wissenschaftlicher (= empirischer) Teil (Kap. 2–4): 2.1. Beschreibung einer allgemeinen Kosmologie (Kap. 2–3a)145 (= Der kugelförmige Kosmos; der supralunare Himmel; die sublunare Erde) 2.2. Sublunare Phänomenologie (Kap. 3b–4b) (= Geographie der Erde, meteorologische Phänomene, geologische Phänomene)
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mit Nachdruck zugestimmt, nicht zuletzt deswegen, da der Autor mit der Wendung aUtior c_meshai sytgq_ar terminologisch an Ausführungen des originären Aristoteles zur aQt_a-Begrifflichkeit anknüpft (vgl. Phys. 194b 16–195a 26), wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird (vgl. Exkurs III). Vgl. dazu z. B. Jan Opsomer, Demiurges in Early Imperial Platonism, in: Rainer Hirsch-Liupold (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch, Berlin 2005, 51–99, 59; Johan C. Thom, Popular Philosophy in the Hellenistic-Roman World, Early Christianity 3 (2012), 279–295, 291 f. Vgl. z. B. Strohm, Aristoteles, 263; 268, der als terminus post interessanterweise (mit Blick auf die Pythischen Dialoge, aber auch De genio Socratis, als den besten „Kommentar zu De mundo“) die Plutarchzeit ansetzt; vgl. zu dieser zeitlichen Verortung auch Moraux, Aristotelismus 82, der eine Datierung von De mundo in der Zeit des aufkommenden Mittelplatonismus (Ende 1. Jh. v. Chr.–Anfang 1. Jh. n. Chr.) für wahrscheinlich hält. So du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 458 f. Zur Dreiteilung (bzw. – ohne Einleitung – Zweiteilung) von De mundo, worin die Forschungsmeinungen nahezu übereinstimmen, vgl. z. B. Moraux, Aristotelismus, 8 ff.; Reale, Trattato, 35 ff.; Johan C. Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotle’s De Mundo: An Alternative Approach, in: Christoph Helmig, Christoph Markschies (Hg.), The World Soul and Cosmic Space: New Readings on the Relation of Ancient Cosmology and Psychology, Berlin (im Druck), 6 ff. Als Arbeitsgrundlage sei für die vorliegende Untersuchung insgesamt auf die filigrane Gliederung von du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 459–462 (speziell: 462) verwiesen. Vgl. dazu Moraux, Aristotelismus 59 f. Hier wird die Kugelförmigkeit des aus Himmel und Erde zusammengesetzten Kosmos geschildert; der unveränderliche, aus Äther bestehende, supralunare Himmel umgibt einen sublunaren, aus den Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde bestehenden und der Veränderung unterworfenen Kern: die Erde (vgl. dazu du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 461).
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3. Kosmologisch-soteriologischer146 Teil (Kap. 5–7) 3.1. Der Kosmos als Komposition aus gegensätzlichen Prinzipien: Möglichkeit der Zerstörung und Möglichkeit der Erhaltung (Kap. 5) 3.2. Zur Interaktion von Gott und Kosmos, d}malir und sytgq_a im Angesicht potentieller, kosmischer Vernichtung (Kap. 6) 3.3. Hymnus auf die Gottheit Zeus (Kap. 7) 2.2 Die Rede von d}malir und sytgq_a im übergreifenden (Gefahren-)Kontext Pseudo-Aristoteles De mundo Kap. 5–6 2.2.1 Einleitende Skizzierung des Kosmos: Teil und Ganzes (vgl. Mund. 391b 9–12) Erzählerischer Gegenstand der Schrift De mundo (bzw. PEQI JOSLOU), welcher den ganzen Text durchzieht, ist der Kosmos. Will man den Gebrauch der Wortgruppe um d}malir und sytgq_a in De mundo analysieren, so muss folglich zuallererst auf die j|slor-Begrifflichkeit näher eingegangen und eine Skizzierung derselben dargeboten werden. Eine zweigliedrige Definition147 von j|slor liefert der Autor bereits zu Beginn von Kap. 2 (vgl. 391b 9–12), welche dem eigentlichen Hauptteil (Kap. 2–4/Kap. 5–7) vorangestellt ist:148 1. Kosmos ist … ein Gefüge aus Himmel, Erde und den von ihnen umschlossenen Wesenheiten (J|slor … 1sti s}stgla 1n oqqamoO ja· c/r ja· t_m 1m to}toir peqiewol]mym v}seym)149 146 Vgl. du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 462, der für Kap. 5–6 den Titel Kosmologische Soteriologie wählt. 147 Vgl. du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 460, der im Blick auf Mund. 391b 9–12 zurecht schreibt: „Dabei handelt es sich nicht um zwei verschiedene Definitionen …, sondern um parallele Aussagen einer Definition … Dabei wird das erste Glied (s¼stgla 1n oqqamoO ja· c/r ja· t_m 1m to¼toir peqiewol´mym v¼seym) durch das zweite Glied (B t_m fkym t²nir te ja· diajºslgsir) wieder aufgenommen … und theologisch präzisiert (rp¹ heoO te ja· di± he¹m vukattol´mg). Das zweite Glied der Definition bietet somit nicht nur eine Zusammenfassung des Inhalts der gesamten Abhandlung (B t_m fkym t²nir te ja· diajºslgsir entspricht dem Inhalt der §§ 2–4, rp¹ heoO te ja· di± he¹m vukattol´mg dem von §§ 5–6[7]), sondern bringt vor allem die leitende Perspektive und damit auch die These der nachfolgenden Abhandlung programmatisch zum Ausdruck.“ 148 Übersetzung an dieser Stelle in Anlehung an du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 460. 149 Diese Definition entspricht einer Annahme des originären Aristoteles, der davon ausgeht, dass der (sich durch die Qualität des ewigen Bestandes auszeichnende) Kosmos an sich nicht dem Prozess von Werden und Vergehen unterworfen sein kann; vgl. hierzu Cael. 280a: Dass also (die Welt) unmöglich ewig sein kann und zugleich geworden (fti l³m owm !d}matom ûl’ !@diom aqt¹m eWmai ja· cem]shai), ist damit erklärt … Denn offenbar entsteht, wenn die Grundstoffe zusammentreten, nicht eine beliebige Ordnung, sondern immer die gleiche (d/kom c±q fti ja· eQr %kkgka t_m stoiwe_ym sumi|mtym oqw B tuwoOsa t\nir c_cmetai ja· s}stasir, !kk’ B aqt^) … Wenn also der Gesamtkörper in seiner Stetigkeit einmal diesen Zustand und diese Ordnung hat, ein andermal jene, und wenn erst die Zusammensetzung des Ganzen Welt und Himmel ist,
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2. Oder noch anders ausgedrückt: Kosmos ist die von und durch Gott bewahrte Ordnung und Anordnung (bzw. Einrichtung) aller Dinge (bzw. des Alls) (K]cetai d³ ja· 2t]qyr j|slor B t_m fkym t\nir te ja· diaj|slgsir, rp¹ heoO te ja· di± he¹m vukattol]mg).150 Die Begrifflichkeiten s}stgla, t\nir und diaj|slgsir werden hier vom Autor aufgeboten, um die j|slor-Begrifflichkeit näher zu charakterisieren: Der Kosmos gilt wesensmäßig als aus verschiedenen Bereichen bzw. Elementen zusammengesetzte151 Entität (= s}stgla 1n oqqamoO ja· c/r). Im deskriptiv-wissenschaftlichen Teil (Kap. 2–4) werden die Implikationen dieses Zusammengesetztseins in Form der den Kosmos (b j|slor) konstituierenden (geografischen, meteorologischen, geologischen) Phänomene und Abläufe auf eindrucksvolle Weise dargestellt. So kennzeichnen den oberen, himmlisch152 – ätherischen153 Bereich des Kosmos bis zur Bahn des Mondes (vgl. Mund. 392a 29 f.)
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dann ist es doch nicht die Welt, die wird und vergeht, sondern nur ihre Zustände tun es (¦st’ eQ t¹ fkom s_la sumew³r cm bt³ l³m ovtyr bt³ d’ 1je_myr diat_hetai ja· diajej|slgtai, B d³ toO fkou s}stas_r 1sti j|slor ja· oqqam|r, oqj #m b j|slor c_cmoito ja· vhe_qoito, !kk’ aR diah]seir aqtoO); Übersetzung Paul Gohlke (Hg.), Aristoteles, Über den Himmel; Vom Werden und Vergehen, Die Lehrschriften 4,2, Paderborn 1958. Vgl. ebenso Cael. 296a: B d] ce toO j|slou t\nir !@dior. Zurecht deutet Moraux (vgl. ders., Aristotelismus, 10 f.) diese Aussage als Hinweis auf die weltgestaltende und welterhaltende Rolle Gottes, wie sie an späterer Stelle in Kap. 6 von De mundo entfaltet wird. Man beachte, dass die Leitmotivik um sum_stgli (gebraucht im Med./Pass.) und s}stasir in De mundo an zahlreichen Stellen Verwendung findet: vgl. Mund. 393a 1–5: p]mte dµ stoiwe?a taOta … t¹m fkom j|slom sumest^sato …; 396a 30: … aR t_m pah_m bloi|tgter sum_stamtai; 396a 33 ff.: … 1j t_m 1mamt_ym !qw_m sumestgj½r b j|slor; 396b 19; 396b 23: … ovtyr owm ja· tµm t_m fkym s}stasim, oqqamoO k]cy ja· c/r toO te s}lpamtor j|slou, di± t/r t_m 1mamtiyt\tym jq\seyr !qw_m l_a diej|slgsem "qlom_a. Mit Blick auf Cael. 278b 11–21 beschreibt Himmel (oqqam|r) u. a. den natürlichen Körper in der äußersten Kreisbahn des Alls, d. h. die in sich kreisende Sphäre der Fixsterne, in der die ganze restliche materielle Welt eingeschlossen ist; dieser ist ein kugelförmiger, göttlicher Körper, der ewiges Leben besitzt (vgl. Cael. 286a), weil er aus dem unvergänglichen Äther besteht (vgl. Cael. 270b; Cael. 283b 26 ff.). In der Metaphysik hält Aristoteles an der Göttlichkeit des Himmels(körpers) fest (vgl. Metaph. 1074a 30; 36 f.), nimmt aber ein ihm vorgeordnetes Prinzip (!qw^) an, von dem Himmel und Natur abhängen, vgl. 1072b 7 ff.: Nun gibt es aber etwas, was ohne bewegt zu werden selbst bewegt … Also ist es notwendig seiend, und inwiefern es notwendig ist, ist es auch so gut und in diesem Sinne Prinzip … Von einem solchen Prinzip also hängen der Himmel und die Natur ab. Übersetzung: Horst Seidl, Wilhelm von Christ, Hermann Bonitz (Hg.), Aristoteles’ Metaphysik: griechisch-deutsch, Hamburg 1987; dieses Prinzip entspricht der immateriellen Gottheit (vgl. 1072b 25 ff.: b he|r), welche ihrem Wesen nach durch die Attribute ewig und unbewegt zu beschreiben ist (vgl. 1073a 4 f.). Die Substanz des Himmels und der Gestirne gilt in De mundo als das fünfte Element und wird, in Analogie zum Werk des originären Aristoteles (vgl. Cael. 270b 22 ff.; Meteorol. 339b 21 ff.: aQh^q gilt hier als gleichbedeutend mit pq_tom s_la bzw. pq_tom stoiwe?om), als Äther bezeichnet. Der Äther fasst die göttlichen Körper (= Fixsterne, Planeten, Sonne, Mond) in sich und auch die Ordnung ihrer Bewegung. Im Blick auf Äther und Gestirne (vgl. Mund. 392a 5 ff.) scheint der Anschluss an die aristotelische Tradition seitens des Autors von De mundo daher
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Ordnung, Unwandelbarkeit Unveränderlichkeit und Unbeeinflussbarkeit (vgl. 392a 31 ff.), was ihn als Aufenthaltsort der Götter (vgl. 391b 15 ff.; 393a 3 f.) qualifiziert. Den unteren, sublunaren (feurigen, luftigen, ebenso wie den Wasser- und Erd-) Bereich kennzeichnen dagegen Wandelbarkeit und Vergänglichkeit, er gilt als Aufenthaltsort für die sterblichen Gattungen an Lebewesen (vgl. die Opposition B aQh]qior ja· he_a v}sir und B vhaqtµ v}sir in Mund. 392a 30 ff.). Interessant ist an dieser Stelle, dass die sublunar-irdische Region vom (rp|) Äther bzw. der ätherischgöttichen Region ausgehend (vgl. 392b 1: rp¹ t/r aQheq_ou puqoul]mg di± t¹ l]cehor aqt/r ja· tµm an}tgta t/r jim^seyr) eine Bewegung bzw. Veränderung zu erleiden vermag.
Auf die in Mund. 393a 1 ff.154 vom Autor gebotene These, dass die fünf sphärisch gelagerten Grundelemente (Erde, Wasser, Luft, Feuer, Äther) den gesamten Kosmos (j|slor)155 auferbaut haben, folgt in 396a 28–32156 eine erste Zusammenfassung der Ergebnisse, welche gleichzeitig den Übergang zu Kap. 5 und der dort aufgeworfenen, zentralen Fragestellung schafft: Obwohl der Kosmos mit Blick auf seine Teile (vgl. 396a 30: to?r … 1p· l]qour) der Gefahr potentieller Vernichtung (vhoq\, vgl. 396a 30 f.) ausgesetzt ist, so bleibt er in seiner ganzheitlichen Gestalt dennoch als insgesamt unentstanden und unvergänglich, d. h. als ein Ewiges bewahrt.157 Die partielle Vergänglichkeit des Kosmos wird in De mundo (vgl. 396a 28–32; 397b 2 ff.) durch die potentielle Sterblichkeit der (sublunaren) kosmischen Gattungen repräsentiert und gilt gleichzeitig als Resultat innerkosmischer, sublunarer Naturvorgänge, die insgesamt dem physikalischen Grundgesetz von Veränderung (in Form von c]mesir bzw. c_cmeshai und vhoq\ bzw. vhe_qeshai, vgl. 396a 30 f.) unterliegen. Dies führt den Autor des Traktates ab Kap. 5–6 zur ausführlichen Beantwor-
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besonders deutlich, so Moraux, Aristotelismus, 11 ff.: „Mit dem Satz oqqamoO d³ ja· %stqym oqs_am l³m aQh]qa jakoOlem (392a5) bekennt sich … unser Autor unmißverständlich zum Aristotelismus“. Zum Äther als fünftem, himmlischem Element, welches Aristoteles in seiner Kosmologie zusätzlich zu den vier irdischen Elementen Erde, Wasser, Feuer und Luft postuliert, vgl. auch Jochen Althoff, Art. aithÞr/Äther, Luft, in: Otfried Höffe, (Hg.), AristotelesLexikon, Stuttgart 2005, 14–15, 15: „Ar. selbst verwendet das Wort sehr selten; erst in der späteren pseudo-aristotelischen Schrift De mundo wird a. häufiger für die äußerste Sphäre des Himmels und der Gestirne gebraucht (392a 5; vgl. 392a 30; 396b 27).“ (Kursivierung im Original). Mund. 393a 1 ff.: p]mte dµ stoiwe?a taOta … t¹m fkom j|slom sumest^sato. Als eine seinem Wesen nach zusammengesetzte Entität, vgl. Mund. 391b 9: s¼stgla 1n oqqamoO ja· c/r! Vgl. Mund. 396a 28–32: ¢r d³ t¹ p÷m eQpe?m, t_m stoiwe_ym 1cjejqal]mym !kk^koir 1m !]qi te ja· c0 ja· hak\ss, jat± t¹ eQj¹r aR t_m pah_m bloi|tgter sum_stamtai, to?r l³m 1p· l]qour vhoq±r ja· cem]seir v]qousai, t¹ d³ s}lpam !m~kehq|m te ja· !c]mgtom vuk\ttousai. Vgl. Mund. 396a 31 f.: t¹ d³ s}lpam !m~kehq|m te ja· !c]mgtom vuk\ttousai; 397b 2 ff.: L_a d³ 1j p\mtym peqaimol]mg sytgq_a … vuk\ttei t¹ s}lpam %vhaqtom di’ aQ_mor; d. h. der Untergang der Teile zieht nicht notwendigerweise den Untergang des Ganzen nach sich). Moraux, Aristotelismus, 23 wertet das in Mund. 396a 28–32 vom Autor gegebene Bekenntnis zur Unvergänglichkeit des Kosmos als einen zentralen Aspekt peripatetischer Lehre.
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tung einer Art aporetischen Fragestellung, die als Frage nach der Ursache für den fortwährenden Bestand des Kosmos subsummiert werden kann. Die Antwort auf diese Fragestellung erfolgt im Verlauf von Kap. 5–6 in zwei Schritten: 1. In Kap. 5 (vgl. 396a 33–397b 8) wird zunächst die erhaltende Funktion der auf Gegensätzen basierenden, doch insgesamt eine Harmonie beschreibenden kosmischen Ordnung dargestellt 2. In Kap. 6 (vgl. 397b 9–401a 10) kommt es daraufhin zur umfassenden Erläuterung der Ursache für die dauerhafte Erhaltung (aUtior sytgq_ar)158 des Kosmos: finale, kosmische sytgq_a wird garantiert und herbeigeführt durch das spezielle Vermögen (d}malir) einer Gottheit (Kap. 7: Zeus) 2.2.2 Der Kosmos als Komposition aus gegensätzlichen Prinzipien: Möglichkeit der Zerstörung und Möglichkeit der Erhaltung (Kap. 5) Zu Beginn von Kap. 5 wird der Kosmos (j|slor) zunächst als betroffene Gestalt einer potentiellen Gefahrensituation beschrieben. Dazu äußert sich der Autor folgendermaßen (vgl. 396a 33–396b 7): Nun hat sich freilich mancher schon darüber gewundert, wie denn der Kosmos, der doch aus den bekannten gegensätzlichen Prinzipien – Trocken und Feucht, Kalt und Warm – zusammengesetzt ist, nicht schon längst zerstört und zugrunde gegangen sei; wie man auch wohl über eine Stadt sich verwundern mag, daß sie Bestand hat, obwohl sie aus den entgegengesetztesten Menschengruppen zusammengefügt ist (ja_toi c] tir 1ha}lase p_r pote, 1j t_m 1mamt_ym !qw_m sumestgj½r b j|slor, … , oq p\kai di]vhaqtai ja· !p|kykem, ¢r j#m eQ p|kim tim³r haul\foiem, fpyr dial]mei sumestgju?a 1j t_m 1mamtiyt\tym 1hm_m), aus Arm und Reich, Jung und Alt, Schwach und Stark, Böse und Gut. Die Leute ahnen eben nicht, daß dies (schon immer) das größte Wunder der bürgerlichen Eintracht war: die Vielheit ist es, aus der sie einen einheitlichen, die Ungleichmäßigkeit, aus der sie einen gleichmäßigen Zustand schafft, der ein Fundament bietet für jegliche Wesensart und jegliche Lebenslage.
Die Tatsache, dass der Kosmos als aus Himmel und Erde zusammengesetzte Entität (vgl. 391b 9) gleichzeitig das Resultat der Zusammensetzung gegensätzlicher, in Widerstreit zueinander liegender Prinzipien darstellt,159 impliziert demnach stets die Möglichkeit der Gefahr, dass dieser auf Dauer nicht erhalten werden kann, sondern – im Gegenteil – vernichtet wird und insgesamt zugrunde geht.160 Ein kosmischer (Gesamt-)Zustand – nicht der Unordnung und des Chaos, welcher finale vhoq\ des Kosmos implizieren würde, 158 Vgl. Mund. 398a 4; 398b 9 f. 159 Vgl. 396a 33 f.: (1j t_m 1mamt_ym !qw_m) sumestgj½r b j|slor. Vgl. den resultativen Gebrauch des Perfekts sumestgj~r in 396a 34. 160 Vgl. 396a 33–35: p_r … b jºslor … oq … di´vhaqtai ja· !pºkykem.
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sondern – der Einigkeit bzw. Eintracht wird an dieser Stelle damit erklärt, dass die innerhalb der kosmischen Ordnung wirkenden, gegensätzlichen, widerstreitenden Prinzipien (!qw^/Pl.) letztendlich von seiten eines aktiven Faktors auf konstruktive Weise in ein (gutes) Mischungsverhältnis (di± t/r t_m 1mamtiyt\tym jq\seyr !qw_m; implizit: eqjqas_a) gebracht werden. Dieser aktive Faktor161 mit Ordnungsfunktion ist die eine, den Kosmos durchwaltende Harmonie,162 welche gleich darauf in Form eines (den gesamten Kosmos durchwaltenden) Vermögens163 wieder aufgegriffen wird. Ebenso wie die Wortverbindung l_a "qlom_a erscheint die Wendung l_a d}malir in De mundo 396b 23–35 stets in Verbindung mit Verben, die eine Aktivität gegenüber ihrem durch Passivität gekennzeichneten Adressaten, dem Kosmos, zum Ausdruck bringen: das eine Vermögen (l_a d}malir) ordnet, schafft und trennt, es zwingt die widerstreitenden, potentiell-zerstörerisch agierenden Elemente zur Übereinstimmung und bewirkt so ein Kräftegleichgewicht.164 Eben dieses Gleichgewicht wehrt der Möglichkeit kosmischer Vernichtung (vgl. 396a 33–396b 1). Folglich erweist sich die innerkosmisch agierende l_a d}malir letztendlich als sytgq_a wirkende Ursache bzw. als ein aktives Mittel, welches die finale Erhaltung ihres Adressaten, des Kosmos, entscheidend beeinflusst und gewährt (vgl. 396b 28 f.33 f.: l_a [B] di± p\mtym di^jousa d}malir … 1j to}tym lgwamgsal]mg t` pamt· sytgq_am).165 Denn die d}malir umschließt die kosmischen Teilelemente mit einer sphärischen Oberfläche und zwingt dadurch die einander entgegengesetzten Prinzipien, in Übereinstimmung
161 Vgl. dazu auch Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotle’s De Mundo, 11, der die ab 396b 25 aufgeführte "qlom_a als „active force“ bezeichnet. 162 Vgl. 396b 23 ff.: ovtyr owm ja· tµm t_m fkym s}stasim … di± t/r t_m 1mamtiyt\tym jq\seyr !qw_m l_a diej|slgsem "qlom_a (vgl. den Gebrauch von "qlom_a auch an späterer Stelle in 399a 12–14: l_a d³ 1j p\mtym "qlom_a… j|slom 1t}lyr t¹ s}lpam !kk’ oqj !josl_am amol\sasa); vgl. dazu insgesamt Reale, Trattato, 68: „… come possibile che il cosmo sia incorrutibile dal momento che constituto da principi contrari (secco – humido/caldo – freddo)? … La risposta ridata, nel capitolo quinto, sulla base di un principio … il principio dell’ armonia dei contrari.“ 163 Vgl. 396b 27 ff.: … c/m te p÷sam ja· h\kassam aQh]qa te ja· Fkiom ja· sek^mgm ja· t¹m fkom oqqam¹m diej|slgse l_a [B] di± p\mtym di^jousa d}malir. 164 Vgl. z. B. 396b 28 f.: … diej|slgse l_a [B] di± p\mtym di^jousa d}malir; 369b 30ff: … t¹m s}lpamta j|slom dgliouqc^sasa ja· liø diakaboOsa sva_qar 1pivame_ô t\r te 1mamtiyt\tar 1m aqt` v}seir !kk^kair !macj\sasa blokoc/sai. 165 Moraux, Aristotelismus, 25 f. verweist für den Gebrauch des Wortes lgwam÷shai auf Plat. Tim. 34c; 37e; 70c, wo mit diesem Verbum die Aktivität der demiurgischen Gottheit beschrieben wird. Verwiesen sei an dieser Stelle des Weiteren auf den platonischen Protagoras, wo die Formulierung d}malim eQr sytgq_am lgwam÷shai auf die Gottheit Epimtheus verweist (vgl. Prot. 320e: … to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am); vgl. dazu die Ausführungen unter II./1.1; vgl. ebenso Galen Usu Part., wo sich die Formulierung bo^heiam eQr !hamas_am lgwam÷shai im Verweis auf die Natur (v}sir) findet (vgl. 4,143: l\kista l³m owm !h\matom B v}sir … 1spo}dase t¹ 2aut/r !peqc\sashai dglio}qcgla7 lµ sucwyqo}sgr d³ t/r vkgr … tµm 1mdewol]mgm aqt` bo^heiam eQr !hamas_am 1lgwam^sato).
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bzw. Eintracht (vgl. 396b 34 f: blokoc_a; 397a 4: bl|moia) miteinander zu existieren, was die finale sytgq_a des Ganzen bewirkt (396b 31–34 f.).166
Mit Blick auf die sublunaren, kosmischen Einzelelemente schreibt der Autor an späterer Stelle weiter (vgl. 397b 2–8): Was die einzelnen Teile betrifft, so entstehen die einen, die anderen werden reif, wieder aber andere vergehen. Und das Werden tut dem Vergehen Einhalt, das Vergehen aber erleichtert neues Werden. Eine einzige, so aus all (den Gegensätzen) hervorgegangene Erhaltung aber, indem beständig die Dinge einander ablösen und die einen bald herrschen, die anderen bald beherrscht werden, bewahrt das All unvergänglich für immer (ja· t_m 1p· l]qour t± l³m c_metai, t± d³ !jl\fei, t± d³ vhe_qetai. ja· aR l³m cem]seir 1pamast]kkousi t±r vhoq\r, aR d³ vhoqa· jouv_fousi t±r cem]seir. l_a d³ 1j p\mtym peqaimol]mg sytgq_a … vuk\ttei t¹ s}lpam %vhaqtom di’ aQ_mor).
Auch an dieser Stelle werden erneut die sublunaren, sterblichen Gattungen (t± 1p· l]qour) als Adressaten potentieller Zerstörung, da dem physikalischen Prozess von Veränderung, insbesondere von Entstehen und Vergehen unterliegend,167 aufgeführt (vgl. bereits 396a, 28–32). Doch aus der Schaffung eines Kräftegleichgewichts zwischen den gegensätzlichen Elementen, initiiert von seiten der den Kosmos durchwaltenden und ordnenden l_a d}malir, resultiert dem Autor zufolge auf finale Weise (di± t]kour) eine Erhaltung (l_a 1j p\mtym sytgq_a)168 des Ganzen, welche wiederum gleichbedeutend ist mit dem 166 So heißt es in Mund. 396b 34–397a 1: Ursache dieser Erhaltung ist die Übereinstimmung der Elemente, Ursache der Übereinstimmung aber die gleichmäßige Verteilung und dass eines gegenüber dem anderen von ihnen [= den Elementen] nicht mehr vermag (aQt_a d³ ta}tgr l³m B t_m stoiwe_ym blokoc_a, t/r d³ blokoc_ar B Qsoloiq_a ja· t¹ lgd³m aqt_m pk]om 6teqom 2t]qou d}masha); dazu Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotle’s De Mundo, 8: „The cosmos as a whole has been created as a composition and mixture of opposing elements and principles. By being held within the confines of a sphere, the various opposing elements are forced into an equilibrium, which constitutes an agreement between them. This concord is the cause of the preservation of the cosmos, because through it, despite the cataclysmic forces at work in the world, the whole is kept indestructible.“ 167 Vgl. die semantische Opposition von c]mesir (c_cmeshai) und vhoq\ (vhe_qeshai). 168 Mit dem griechischen Wort sytgq_a bezeichnet bereits der originäre Aristoteles in seinen Schulschriften nahezu durchgängig die Sicherung des dauerhaften Bestandes von etwas (z. B. von Körpern und Organen, von Menschen und deren Beziehungen zueinander, ebenso von politischen Verfassungen): dabei verhindert die sytgq_a wiederum die vhoq\ der betreffenden Sache (vgl. Arist. Polit. 1307b: vhoq\ sytgq_ô 1mamt_om); vgl. dazu Geiger, Art. s tÞria/Erhaltung, Dauer, 531 f. So ist auch in De mundo das Wort sytgq_a wohl am treffendsten mit dem deutschen Übersetzungsäquivalent „Erhaltung“, d. h. „Sicherung (des dauerhaften Bestandes des Kosmos)“ wiederzugeben; vgl. dazu auch Reale, Trattato, 309, der bezüglich Mund. 396b 33 f. schreibt: „,Salvezza‘ (sytgq_a) significa mantenimento e conservazione nell’essere.“ (Kursivierung im Original). Vgl. zur sytgq_a-Begrifflichkeit in De mundo neuerdings auch Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotles’s De mundo, 13: „The concept of sytgq_a clearly plays a crucial role in the De mundo … The cosmos needs to be preserved and sustained to keep it from destruction.“
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Guten.169 Mit Blick auf Kap. 5 lassen sich folglich abschließend einige Punkte festhalten: 1. Da konstituiert aus entgegengesetzten, einander feindlich entgegenwirkenden Prinzipien (!qw^/Pl.), ist der Kosmos (b j|slor), so der Autor, insgesamt von potentieller Gefahr/Zerstörung (vgl. 396a 33–35) betroffen, erweist sich aber, aufgrund innerkosmisch waltender Harmonie bzw. eines Kräftegleichgewichts der Elemente, gleichzeitig als ewig (vgl. 397b 5 ff.). 2. Finale Erhaltung (sytgq_a) des Kosmos wird garantiert und initiiert von seiten eines aktiven, den Kosmos durchwaltenden und ordnenden Vermögens (vgl. 396b 28 f.33 f.: l_a [B] di± p\mtym di^jousa d}malir … 1j to}tym lgwamgsal]mg t` pamt· sytgq_am).170 Die Rede des Autors von einer d}malir, welche bereits in Kap. 5 des Traktates als aktives, auf den Kosmos (j|slor) einwirkendes Prinzip dargestellt wird, diesen durchdringt, ordnet und seine Erhaltung (sytgq_a) garantiert, hat in der neueren Forschung für zahlreiche Hypothesen gesorgt.171 Für die folgenden Ausführungen und um die übergreifende Semantik der Begrifflichkeit zu ermitteln, gilt es demnach, alle Passagen sorgfältig zu analysieren, in denen d}malir172 (in Verbindung mit sytgq_a und sinnverwandten Begrifflichkeiten) vorkommt.
Exkurs III: Eine notwendige Vorbemerkung. Zur Begriffsklärung von aQt_a in der Physik des originären Aristoteles (vgl. 194b 16–195a 26). Unterscheidung von Wirk- und Finalursache Die bereits in Kap. 5 von De mundo aufgeworfene Frage nach der Möglichkeit der Sicherung des dauerhaften Bestandes des Kosmos angesichts der Gefahr potentieller Vernichtung (vgl. Mund. 396a 33–35), wird vom peripatetischen Autor ab Kap. 6 169 Vgl. 397a 30 f.: taOta d³ p\mta 5oijem aqt0 pq¹r !cahoO cim|lema tµm di’ aQ_mor sytgq_am paq]weim. 170 Die in De mundo Kap. 5 erscheinende l_a d}malir, welche den Kosmos durchdringt und seine Harmonie garantiert, führt allerdings zu der Frage, so zurecht Reale (vgl. ders., Trattato, 70), wer sich als Inhaber bzw. als initiierende Instanz dieser d}malir erweist; dies ist Thema von Kap. 6: „Il quale dimonstra che la forza la potenza che proviene da Dio.“ 171 Einen guten Überblick zur Debatte bietet Reale, Trattato, 157–171; Johan Thom vertritt (im Anschluss an Jan Opsomer, Demiurges in early imperial Platonism, 51–99) die Meinung, im d}malir-Gebrauch von De mundo läge eine Annäherung an mittelplatonische und neupythagoreische Demiurg-Spekulationen vor; vgl. dazu Johan C. Thom, The Cosmotheology of De mundo, in: ders. (Hg.), Cosmic Order and Divine Power: Pseudo-Aristotle, ,On the Cosmos‘, SAPERE 23, Tübingen 2014, 109–121, bes. 116–118. 172 Von 12 d}malir-Belegen (stets im Singular) in De mundo (vgl. 392a 7; 392b 9; 396b 29; 397a 16; 397b 19; 397b 23; 397b 28; 398a 3; 398b 8; 398b 20; 399b 20; 400b 12) erscheinen allein 10 Belege in den Kapiteln 5 und 6, oftmals in Verbindung mit sytgq_a-vuk\tteim-Terminologie (vgl. Anm. 195).
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
(vgl. 397b 9–401a 10) auf eine, die finale Erhaltung (sytgq_a) des Kosmos initiierende Ursache zurückgeführt (vgl. den leitmotivischen Gebrauch von aUtior sytgq_ar/[l_a B pq~tg] aQt_a in Mund. 397b 9; 398a 4; 398b 9 f.; 398b 34 f). Zunächst bietet es sich nun an, einen Blick auf die Bestimmung des Begriffs aQt_a zu werfen, wie er im Sprachgebrauch des originären Aristoteles als terminus technicus Verwendung findet. Daraufhin soll in einem nächsten Schritt (II./2.2.3) gefragt werden, ob bzw. inwiefern diese Bedeutung von aQt_a auch mit Blick auf den pseudo-aristotelischen Traktat De mundo im Hintergrund steht. Ihrer Bedeutung nach ist die aQt_a-Begrifflichkeit für Aristoteles gekennzeichnet durch schillernde Vieldimensionalität. Vom Ursächlichen kann auf viele Weisen die Rede sein, so der Autor der Physik (vgl. Phys. 195a 4: pokkaw_r kecol]mym t_m aQt_ym; 195a 29: k]cetai c±q aUtia pokkaw_r).173 In Phys. 194b 16–195a 26 kommt Aristoteles auf Beschaffenheit und Anzahl der Ursachen zu sprechen (vgl. 194b 16: diyqisl]mym d³ to}tym 1pisjept]om peq· t_m aQt_ym, po?\ te ja· p|sa t¹m !qihl|m 1stim). Denn eine präzise Erkenntnis der einzelnen Naturphänomene, so derselbe, kommt nur zustande, wenn das weshalb eines jeden Gegenstandes (t¹ di± t_ peq· 6jastom), d. h. seine erste Ursache (toOto d’ 1st· t¹ kabe?m tµm pq~tgm aQt_am), erfasst wird. So lässt insbesondere das Phänomen des (natürlichen) Wandels bzw. der Veränderung ([vusij^] letabok^), u. a. in Gestalt der natürlichen Prozesse Werden (c]mesir) und Vergehen (vhoq\), den Naturforscher nach dem woher von Bewegung und Veränderung, d. h. nach den Anfangsgründen (!qw^ letabok/r hier eigentlich „Ursprung, Quelle [von Veränderung]“) fragen, auf welche die Initiierung von physikalischer Veränderung zurückzuführen ist.174 Aristoteles unterscheidet im weiteren Textverlauf (vgl. 194b 25–195a 3; 195a 20ff) insgesamt vier Weisen bzw. Arten (tq|por) von Ursache (aQt_a),175 zu deren Erläuterung er stets auf eine Reihe bildlicher Vergleiche zurückgreift. Bezüglich der dritten Weise schreibt er (vgl. 194b 30 ff.; 195a 15 ff.): Ferner (wird Ursache genannt): woher der erste Ursprung von Veränderung … [kommt]; z. B. ist der Ratgebende Ursache von etwas; auch der Vater Ursache des Kindes; und im Allgemeinen das (aktiv) Tuende (Ursache) dessen, was getan wird 173 Griechischer Text zu Aristoteles’ Physik: William David Ross, Aristotelis physica, Oxford 1950 (ND 1966). Deutsche Übersetzung hier (und im Folgenden) in Anlehnung an Hans Günter Zekl (Hg.), Aristoteles’ Physik, Vorlesung über Natur: griechisch-deutsch, Erster Halbband: Bücher I (A)–IV (D), Hamburg 1987. 174 Vgl. Phys. 194b 20: So ist klar, dass auch wir dies hier zu tun haben hinsichtlich Werden und Vergehen und überhaupt jeder Art von natürlichem Wandel, damit wir in Kenntnis ihrer Anfangsgründe ein jedes Untersuchte auf sie zurückführen können (d/kom fti ja· Bl?m toOto poigt]om ja· peq· cem]seyr ja· vhoq÷r ja· p\sgr t/r vusij/r letabok/r, fpyr eQd|ter aqt_m t±r !qw±r !m\ceim eQr aqt±r peiq~leha t_m fgtoul]mym 6jastom). 175 Vgl. Phys. 195a 15 ff.: Alle die nun aufgezählten Formen von Ursache fallen unter vier besonders augenfällige Weisen (ûpamta d³ t± mOm eQqgl]ma aUtia eQr t]ttaqar p_ptei tq|pour to»r vameqyt\tour). Bezüglich ihrer Relevanz für die pseudo-aristotelische Schrift De mundo sei im Folgenden nur auf die dritte und vierte Weise einer aristotelischen Begriffsbestimmung von aQt_a näher eingegangen; auf eine Darstellung der ersten und zweiten Weise wird in diesem Zusammenhang verzichtet.
Exkurs III: Eine notwendige Vorbemerkung
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und das (aktiv) Verändernde dessen, was verändert wird … Der … Samen und der Arzt, der Ratgebende und überhaupt das (aktiv) Tuende, alles dies ist das woher des Ursprungs von Veränderung (5ti fhem B !qwµ t/r letabok/r B pq~tg …, oXom b bouke}sar aUtior, ja· b patµq toO t]jmou, ja· fkyr t¹ poioOm toO poioul]mou ja· t¹ letab\kkom toO letabakkol]mou … t¹ … sp]qla ja· b Qatq¹r ja· b bouke}sar ja· fkyr t¹ poioOm, p\mta fhem B !qwµ t/r letabok/r). Diese dritte aristotelische Begriffsbestimmung von Ursache (aQt_a), bestimmt als das woher des ersten Ursprungs/der Quelle von Veränderung ([fhem] B !qwµ t/r letabok/r B pq~tg), wird gängigerweise als Wirkursache176 bezeichnet. Sie verweist in diesem Sinne immer auf eine aktive Instanz (vgl. Phys. 194b 30 ff.; 195a 15 ff.: t¹ … sp]qla ja· b Qatq¹r ja· b bouke}sar ja· fkyr t¹ poioOm), welche etwas zu tun (poie?m), nämlich aktiv zu verändern (letab\kkeim) bzw. zu bewegen (jime?m) vermag. Da diese erstursprünglich-aktive Instanz stets auf eine weitere, durch Passivität gekennzeichnete Entität bezogen bleibt, indem erstere177 bewegend-verändernd auf letztere einwirkt, beschreiben beide ein Rollenverhältnis, was man sich mit Blick auf den Text (vgl. 194b 30 ff.) am besten anhand der korrespondierenden Aktiv- und Passivformen der Verben poie?m und poie?shai [= p\sweim], ebenso wie letab\kkeim und letab\kkeshai verdeutlichen kann (vgl. 194b 30 ff.: t¹ poioOm toO poioul]mou ja· t¹ letab\kkom toO letabakkol]mou). Bezüglich der vierten Weise von Ursache (aQt_a) schreibt Aristoteles dagegen (vgl. 195a 32 ff.): Schließlich (wird Ursache bezeichnet): als das Ziel, d. i. das weswegen; z. B. (Ziel) des Spazierengehens (ist) die Gesundheit. – „Weshalb geht er doch spazieren?“ – Wir antworten: „Damit er sich wohlbefindet“, und indem wir so sprechen, meinen wir, den Grund angegeben zu haben (5ti ¢r t¹ t]kor7 toOto d’ 1st·m t¹ ox 6meja, oXom toO peqipate?m B rc_eia7 di± t_ c±q peqipate?. val]m7 Vma rcia_m,, ja· eQp|mter ovtyr oQ|leha !podedyj]mai t¹ aUtiom). In finaler Bedeutung beschreibt die vierte Form von aQt_a, genannt Finalursache178, demnach stets ein Ziel, eine Absicht oder ein Vorhaben (t¹ t]kor) in positiver Ten176 Vgl. dazu auch Metaph. 1041a 30: … 1p’ 1m_ym d³ t_ 1j_mgse pq_tom7 aUtiom c±q ja· toOto. Die ursprüngliche Bewegursache wird in der Forschungsgeschichte traditionellerweise als causa agens bzw. efficiens bezeichnet; vgl. dazu Ulrich Nortmann, Art. aitia/Ursache, in: Otfried Höffe, (Hg.), Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005, 15–19, 15 f. 177 An dieser Stelle sei zu ergänzen: „… indem erstere vermittels ihres Vermögens (d}malir) bewegend-verändernd auf letztere einwirkt“; zur terminologischen Klärung der für den aristotelischen Sprachgebrauch zentralen Wendung Ursprung von Veränderung/Bewegung (B !qwµ t/r letabok/r [implizit: C jim^seyr]) kommt es u. a. in Metaph. 1019a: d}malir k]cetai B l³m !qwµ jim^seyr C letabok/r B 1m 2t]q\ C Ø 6teqom, oXom B oQjodolijµ d}mal_r 1stim D oqw rp\qwei 1m t` oQjodoloul]m\, !kk’ B Qatqijµ d}malir owsa rp\qwoi #m 1m t` Qatqeuol]m\, !kk’ oqw Ø Qatqeu|lemor. B l³m owm fkyr !qwµ letabok/r C jim^seyr k]cetai d}malir 1m 2t]q\ C Ø 6teqom, B d’ rv’ 2t]qou C Ø 6teqom (jah’ Dm c±q t¹ p\swom p\swei ti, bt³ l³m 1±m btioOm, dumat¹m aqt| valem eWmai pahe?m, bt³ d’ oq jat± p÷m p\hor !kk’ #m 1p· t¹ b]ktiom. Allgemeines dazu bei Andreas Anagnostopoulos, Senses of Dunamis and the Structure of Aristotle’s Metaphysics H, in: Phronesis 56 (2011), 388–425, 388 f. 178 Vgl. Nortmann, Art. aitia/Ursache, 15 f.
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denz:179 das Gute (t!cah¹m) bzw. subordinierte Begrifflichkeiten des Guten (z. B. rc_eia, sytgq_a etc.). Dass sich diese vierte Begriffsbestimmung von Ursache (t¹ t]kor), als das weswegen einer Aktivität (t¹ ox 6meja), zwar wesentlich von der dritten Bestimmung, als dem woher einer Aktivität ([fhem] B !qwµ t/r letabok/r B pq~tg) unterscheidet, beide Bestimmungen aber wechselseitig interagieren können, lässt sich einer weiteren Äußerung des Aristoteles entnehmen (vgl. 195a 9–14): Es kommt ferner auch wechselseitige Verursachung bei einigen Dingen vor, z. B. körperliche Anstrengung als Ursache guter Verfassung und (umgekehrt) diese als Ursache der Anstrengung; nur, nicht auf die gleiche Weise, sondern das eine als Ziel, das andere als Ursprung von Bewegung. Weiter, ein und dasselbe ist (auch Ursache) gegenteiliger (Folgen): Etwas, das, als Anwesendes, ursächlich ist für dies, das machen wir bisweilen, als Abwesendes, verantwortlich für das Eintreten des Gegenteils davon, z. B. die Abwesenheit des Steuermanns für den Schiffbruch, dessen Anwesenheit Ursache der Rettung gewesen wäre (… 5stim d] tima ja· !kk^kym aUtia, oXom t¹ pome?m t/r eqen_ar ja· avtg toO pome?m7 !kk’ oq t¹m aqt¹m tq|pom, !kk± t¹ l³m ¢r t]kor t¹ d’ ¢r !qwµ jim^seyr. 5ti d³ t¹ aqt¹ t_m 1mamt_ym 1st_m7 d c±q paq¹m aUtiom toOde, toOto ja· !p¹m aQti~leha 1m_ote toO 1mamt_ou, oXom tµm !pous_am toO jubeqm^tou t/r toO pko_ou !matqop/r, ox Gm B paqous_a aQt_a t/r sytgq_ar). Das Phänomen wechselseitiger Verursachung (!kk^kym aUtia) wird hier auf syntaktischer Ebene durch eine Genitivverbindung (vgl. z. B. t¹ pome?m t/r eqen_ar) zum Ausdruck gebracht, welche einen Handlungsträger und ein Handlungsziel, d. h. ein woher ([fhem] B !qwµ t/r letabok/r B pq~tg/= Wirkursache) und ein weswegen (t¹ t]kor/= Finalursache) einer Aktivität umfasst. Ebenso kann derselbe Handlungsträger, insofern, als er den Ursprung bzw. Ausgangspunkt (fhem !) einer Aktivität gegenüber einer (weitestgehend) inaktiven Zielgruppe darstellt, als Ursache für das Eintreten gegenteiliger Folgen gelten (vgl. 195a 10: t¹ aqt¹ t_m 1mamt_ym 1st_m): so ist der eine ursächlich wirkende Handlungsträger als ein Anwesender Ursache von etwas, als ein Abwesender dagegen Ursache von dessen Gegenteil (vgl. 195a 10 ff.: d c±q paq¹m aUtiom toOde, toOto ja· !p¹m aQti~leha 1m_ote toO 1mamt_ou). Beispielsweise gilt, so Aristoteles, die Ab- oder Anwesenheit (!pous_a bzw. paqous_a) des Steuermannes auf dem Schiff als ausschlaggebender Grund: 1. entweder für die Folge des Schiffsbruchs, welcher das finale Verderben des Schiffes bzw. der Schiffsmannschaft impliziert (… oXom tµm !pous_am toO jubeqm^tou t/r toO pko_ou !matqop/r) 2. oder eben für die gegenteilige Folge, nämlich die Rettung/Erhaltung des Schiffes bzw. der Schiffsmannschaft (… ox Gm B paqous_a aQt_a t/r sytgq_ar). Von entscheidendem Interesse ist an dieser Stelle die in Arist. Phys. 195a 13 f. gebrauchte Formulierung B [toO jubeqm^tou] paqous_a aQt_a t/r sytgq_ar (in se179 Vgl. dazu Phys. 195a 23 ff.: Schließlich (sind Dinge ursächlich) als das Ziel und das Gute der anderen. Das weswegen will doch ein Bestes und Ziel der anderen (Dinge) sein (t± d’ ¢r t¹ t]kor ja· t!cah¹m t_m %kkym7 t¹ c±q ox 6meja b]ktistom ja· t]kor t_m %kkym 1h]kei eWmai).
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mantischer Opposition zu B !pous_a toO jubeqm^tou t/r toO pko_ou !matqop/r). Es wird zu zeigen sein, dass diese originär-aristotelische, im Kontext seiner Ursachenlehre zur Geltung gebrachte, kontrastierende Motivik in modifizierter Form im Sprachgebrauch der pseudoaristotelischen Schrift De mundo aufgegriffen wird.
2.2.3 Zur Interaktion von Gott und Kosmos, d}malir und sytgq_a im Angesicht potentieller, kosmischer Vernichtung (Kap. 6). Ausgehend von den aQt_a-Ausführungen des originären Aristoteles, insbesondere der Notiz, dass ein aktiver Handlungsträger, je nach Ab- oder Anwesenheit (!pous_a bzw. paqous_a), für eine Entität Ursache gegenteiliger Folgen (vgl. 195a 10: t¹ aqt¹ t_m 1mamt_ym), Erhaltung (aQt_a t/r sytgq_ar) oder Verderben, sein kann, bietet es sich nun an, einen Blick auf Kap. 6 von De mundo zu werfen: denn auch hier wird die Formulierung aUtior t/r sytgq_ar an zwei Stellen (vgl. 398a 1–6; 398b 6–10) gebraucht, um auf eine vermögende Instanz zu verweisen, die in ihrer An- oder Abwesenheit die entscheidende (ausschlaggebende) Ursache gegenteiliger Folgen, nämlich Erhaltung oder Verderben, darstellt. Worin speziell die Ursache der Erhaltung in De mundo besteht, d. h. auf welche Instanz die aUtior/aQt_a-Begrifflichkeit (in Verbindung mit sytgq_a) verweist und welche semantischen Implikationen sich daraus ergeben, gilt es im Folgenden zu klären. Einer Analyse des engeren und weiteren Kontextes der aUtior [t/r] sytgq_ar-Formulierung in Verbindung mit den Begrifflichkeiten he|r, j|slor und d}malir dienen somit die Ausführungen im Anschluss. 2.2.3.1 Die innerhalb des Kosmos ab- und anwesende Gottheit: Unterscheidung zwischen Gottes oqs_a und d}malir (vgl. 397b 9–20) Wurde der Kosmos (j|slor) bereits zu Beginn des Traktates definiert als Ordnung und Einrichtung des Alls, die von Gott und durch Gott bewahrt wird,180 so scheinen dadurch die ab Kap. 6 folgenden Ausführungen, welche eine ausführliche kosmotheologische181 Antwort auf die Frage nach der den Kosmos insgesamt zusammenhaltenden Ursache liefern, vorweggenommen zu werden.182 In 397b 9–12 weist der Verfasser des Traktates dezidiert darauf hin, dass die Bestimmung der Ursache, welche den Zusammenhalt des Kosmos auf Dauer bewirkt (397b 9: sumejtijµ aQt_a), für jegliche Aussage über den Kosmos (peq· j|slou) unentbehrlich ist, sodass mit der inhaltlichen Füllung 180 Vgl. 391b 10–12: k]cetai d³ ja· 2t]qyr j|slor B t_m fkym t\nir te ja· diaj|slgsir, rp¹ heoO te ja· di± he¹m vukattol]mg. 181 Johan C. Thom spricht in seinem Aufsatz: The Cosmotheology of De mundo, 109–121 von Kosmotheologie. 182 Ähnlich äußert sich dazu Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotles’s De mundo, 10.
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dieser Ursache (aQt_a) gleichzeitig der Höhe- und Zielpunkt der Abhandlung erreicht ist.183 Er schreibt (vgl. 397b 13–20): Nun gibt es bei allen Menschen ein uraltes, aus Väterzeiten stammendes Wort, dass alles von Gott her und durch Gott besteht und dass keine Wesenheit für sich allein, sich selbst genügend, existieren kann, der Erhaltung beraubt, welche von diesem [= Gott] ausgeht (¢r 1j heoO p\mta ja· di± he¹m sum]stgjem, oqdel_a d³ v}sir aqtµ jah’ 2aut^m 1stim aqt\qjgr, 1qglyhe?sa t/r 1j to}tou sytgq_ar). Darum fühlten sich auch einige der Alten bewogen zu lehren, dass all dies voll von Göttern sei, was uns sichtbar vor Augen steht, wie auch das, was wir durchs Gehör und jeglichen Sinn wahrnehmen. Aber was sie so als These aufstellten, entspricht zwar dem göttlichen Vermögen, nicht aber dem göttlichen Wesen (t0 l³m he_ô dum\lei pq]pomta jatabakk|lemoi k|com, oq lµm t0 ce oqs_ô).
Die inhaltliche Füllung der sumejtijµ aQt_a-Begrifflichkeit184 löst der Autor, unter Berufung auf Tradition hier explizit theologisch (vgl. 397b 14: … 1j heoO p\mta ja· di± he¹m sum]stgjem), indem als Garant finaler sytgq_a die (eine) Gottheit (he|r) eingeführt wird, von welcher ausgehend der kosmische Zusammenhalt garantiert wird. Denn als weitestgehend inautarke, durch Passivität gekennzeichnete Entität erweist sich der Kosmos – seinem sytgq_abedürftigen Wesen nach – als auf einen durch Aktivität gekennzeichneten, sytgq_a ursächlich bewirkenden Handlungsträger,185 die Gottheit, bleibend 183 Der Verfasser zeigt mit 397b 9–12 (koip¹m dµ peq· t/r t_m fkym sumejtij/r aQt¸ar jevakaiyd_r eQpe?m … pkgllek³r c±q peq· jºslou k´comtar … t¹ toO jºslou juqi¾tatom paqakipe?m) zum einen deutlich an, dass es sich hier um den Höhe- bzw. Zielpunkt der Abhandlung handelt; zugleich signalisiert die Aussage, dass die bisherigen Erörterungen über die Ursachen des fortwährenden Bestandes des Alls ergänzungsbedürftig sind: Das Wesentliche/Wichtigste (t¹ juqi¾tatom) fehlt noch, so du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 464 (Anm. 24). 184 Von einer sumejtijµ aQt_a bzw. d}malir ist auch in der stoischen Physik die Rede, vgl. z. B. Chrysipp Fragmenta logica et physica 439; Galen Plen. 7,525, 9–14: Die Hauptvertreter der zusammenhaltenden Kraft (sumejtijµ d}malir), so wie die Stoiker, machen das Zusammenhaltende (t¹ sum]wom) zu einer Sache und das Zusammengehaltene (t¹ sumew|lemom) zu einer anderen. Die Atemstromsubstanz (pmeulatijµ oqs_a) ist das, was zusammenhält (t¹ sum]wom), und die stoffliche Substanz (t¹ rkijµm) das, was zusammengehalten wird (t¹ sumew|lemom). Von daher sagen sie, daß Luft und Feuer zusammenhalten (sum]weim), daß aber Erde und Wasser zusammengehalten werden (sum]weshai); Übersetzung Long, Sedley, Die hellenistischen Philosophen, 335 f. Die aktiv zusammenhaltende Instanz (t¹ sum]wom), d. h. die Kohäsionskraft, welche den gesamten Kosmos und die einzelnen kosmischen Elemente durchdringt, die Einheit des Kosmos initiiert und diesen auch erhält, stellt für die Stoiker das pmeOla (pmeulatijµ oqs_a) dar, das (passiv) Zusammengehaltene (t¹ sumew|lemom) dagegen die Materie (rkijµ oqs_a). Konkret bedeutet dies, dass die gewichtigeren Elemente, Erde und Wasser, von den gewichtsloseren Elementen, Luft und Feuer, zusammengehalten werden; vgl. dazu insgesamt auch Moraux, Aristotelismus 38; Long, Sedley, Die hellenistischen Philosophen, 342 f. Einen stoischen Einfluss im Gebrauch der Formulierung sumejtijµ aQt_a bzw. d}malir in De mundo bestreitet z. B. Reale, Trattato, 313 f. 185 So auch Opsomer, Demiurges in early imperial Platonism, 8; Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotles’s De mundo, 14.
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bezogen.186 Entfaltet wird das Leitmotiv von der Gottheit als erste Wirk- bzw. Bewegungsursache187 des Kosmos im weiteren Textverlauf (vgl. Mund. 397b 16–400b 13, bes. 397b 16–398a 6), was der Skizzierung eines Gottesverständnisses im Sinne des Aristotelismus188 entspricht. Die in 397b 19 f. vom Autor vorgenommene Unterscheidung zwischen he_a oqs_a und he_a d}malir mag dabei für alle folgenden Ausführungen bestimmend sein: damit richtet sich der Autor deutlich gegen die mögliche Annahme einer Anwesenheit der an oberster Stelle thronenden, außerhalb des rotierenden Kosmos sich befindenden Gottheit189 in der sichtbaren Welt.190 2.2.3.2 Die d}malir der Gottheit als Ursache kosmischer Erhaltung (aUtior sytgq_ar) in 397b 16–400b 13 (vgl. 398a 1–6/398b 6–10) Ist die Gottheit ihrem Wesen (oqs_a) nach innerhalb des Kosmos folglich durch unbedingte Abwesenheit gekennzeichnet, so muss ihre innerkosmische Anwesenheit, so die implizite Aussagelogik von De mundo, dennoch garantiert werden: denn nur in ihrer Anwesenheit, d. h. in ihrer innerkosmischen, sytgq_a wirkenden Einflussnahme, ist die Gottheit zusammenhaltende (Wirk-)Ursache des aus widerstreitenden Prinzipien zusammengesetzten Kosmos (vgl. 396a 33–35), folglich auch syt^q191 aller kosmischen Wesenheiten. 186 Explizit gemacht wird dieses Rollenverhältnis zwischen he|r und j|slor z. B. auch in 400a 3–4: toOtom owm 5wei t¹m k|com b he¹r 1m j|sl\, sum]wym tµm t_m fkym "qlom_am te ja· sytgq_am; vgl. ebenso 400b 6–8. 187 Die Präpositionen 1j, rp| und di\ sind in Kap. 6 an zahlreichen Stellen wohl kausal zu verstehen und verweisen stets auf he|r (bzw. dessen d}malir) als erste Wirk- bzw. Bewegungsursache (vgl. 391b 11 f.; 397b 14; 397b 31; 399a 12 f.: l¸a … "qlom¸a … 1n 2mºr te c¸metai; 399a 19; 399a 35: 1j li÷r !qw/r; 399b 9; 399b 11: rp¹ li÷r Nop/r; 399b 25; 401a 28). 188 So du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 464 f. (einschl. Anm. 27 und 28); dazu auch Reale, Trattato, 335, im Verweis auf Metaph. 983a: „Chiamare Dio aQt_a chiaramente aristotelico ed del tutto fuori luogo chiamare in causa gli Stoici.“ 189 Vgl. Mund. 397b 24–30; 398a 1–6; 398b 6–10, 400a 3–20 (400a 5–7); 400b 6–13. Die These von der Allgegenwart Gottes wäre vom Autor demnach abgelehnt, so Moraux, Aristotelismus, 39. Vgl. dazu auch du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 465 (Anm. 32): „Nach De mundo 6, 400b 11 f. befindet Gott sich ,an unbeweglicher Stätte‘ (1m !jim¶t\ c±q Rdqul´mor): Da der Kosmos als ganzer rotiert (vgl. 2, 391b 16–392a 5), befindet sich Gott nach De mundo wohl außerhalb des aus Himmel und Erde bestehenden Kosmos. Dies ist die klassische aristotelische Position.“ 190 Zur sich in De mundo findenden Unterscheidung von Gottes Vermögen (d}malir) und Wesen (oqs_a) vgl. Reale, Trattato, 317: „la … sostanza o essenza (oqs_a) di Dio totalmente diversa dal mondo e fuori del mondo …, e, pertanto, Dio non pu essere nel mondo; nel mondo invece presente ,la potenza di Dio‘.“ (Kursivierung im Original). 191 Zur syt^q-cem]tyq-Terminologie vgl. 397b 20–24: sytµq l³m c±q emtyr "p\mtym 1st· ja· cem]tyq t_m bpysd^pote jat± t|mde t¹m j|slom sumtekoul]mym b he|r; 400a 3 f.; 401a 24; dazu schreibt treffend Reale, Trattato, 318: „Dio detto conservatore (syt^q) perch causa dei conservazione delle cose“ und: „Dio detto generatore (cem]tyq) per lo stesso motivo per cui detto conservatore, vale a dire perch causa della generazione delle cose, producendo egli il
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Um die innerkosmisch abwesende Gottheit trotzdem als sytgq_a-wirkende Ursache des Kosmos sichern zu können,192 folgt mit Mund. 397b 16–400b 13 eine Sektion, innerhalb welcher die Gottheit zur fürsorglich-beherrschenden Durchdringung193 aller kosmischen Bereiche194 und zur Sicherung ihres dauerhaften Bestandes (sytgq_a) von einem (Hilfs-)Mittel (vgl. 397b 31; 398a 1: ¡v]keia) Gebrauch macht. Dieses Mittel, in Form einer (he_a) d}malir195 (vgl. in 397b 23–398a 6 den parallelen Gebrauch von d}malir [heoO]; B [1j heoO] ¡v]keia)196, über die Gott souverän197 und unerschöpflich verfügen kann198 (vgl. 397b 23 f.: … dum\lei wq~lemor !tq}t\, di’ Hr … peqic_metai), garantiert die Anwesenheit der Gottheit im Kosmos.199
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movimento, che, a sua volta, produce tutti i fenomeni dell’ universo.“ (Kursivierung im Original). Vgl. insbesondere die (impliziten) Verweise auf die eine Gottheit als erste Ursache bzw. Ursprung von Bewegung/Veränderung in Mund. 398b 34 f.; 399a 26: … di± tµm pq~tgm ja· !qw]comom aQt_am; 399a 13: l_a … "qlom_a … 1n 2m|r … c_metai; 399a 35: … 1j li÷r !qw/r; als Erstursache gebraucht die Gottheit wiederum ein (Hilfs-)Mittel bzw. Vermögen (d}malir), welches den Ausgangspunkt von Bewegung/Veränderung darstellt und die Erhaltung (sytgq_a) des gesamten Kosmos entscheidend beeinflusst und herbeiführt; vgl. dazu 397b 31: B [1j heoO] ¡v]keia; 398a 4; 398b 9 f.: aUtior c_meshai to?r 1p· t/r c/r sytgq_ar; 399a 18 f: jat± … t¹ %myhem 1md|silom rp¹ toO … joquva_ou; 399b 11: rp¹ li÷r Nop/r. Vgl. 397b 33: … 1p· p÷m diijme?shai p]vuje t¹ he?om. Vgl. 397b 33 f.: 1p· t± jah’Bl÷r … t\ te rp³q Bl÷r. Auffällig ist in Kap. 6 von De mundo das häufige, gemeinsame Auftreten der Worte d}malir (s. Anm. 172!) und sytgq_a (vgl. 396b 34; 397a 31; 397b 5; 397b 16; 398a 4; 398b 10; 400a 4); systij|m (vgl. 397a 3); syt^q (vgl. 397b 20; 401a 24); vuk\tteim (vgl. 391b 12; 397a 12; 397b 7); dial]meim (vgl. 396b 1 f.). Zur Sinnverwandtschaft von d}malir und ¡v]keia vgl. Reale, Trattato, 323, der mit Blick auf 398a 1 schreibt: „Il ,soccorso‘ (¡v]keia) di cui si parla qui (cos come, poco sopra, alla linea 397b 31) non altro che la dynamis, ossia il movimento.“ (Kursivierung im Original). Aus dem Kontext um 397b 19–398a 6 (wie 398b 6–35) geht klar hervor, dass die Gottheit mit diesem Hilfsmittel (¡v]keia) in Form ihres (der Zerstörung des Kosmos wehrenden) Vermögens (d}malir) den Kosmos nicht schafft, sondern bewegt (jime?m); und indem sie mittels ihrer d}malir bewegt (jime?m), wird die dauerhafte Erhaltung (sytgq_a) des ganzen Systems garantiert (s}lpasim aUtior c_meshai sytgq_ar). Vgl. 397b 22: … oq lµm aqtouqcoO ja· 1pip|mou f]ou j\latom rpol]mym; zum Terminus 1p_pomor vgl. Metaph. 1074b 28 f. als möglichen Vergleichstext, worauf zurecht Reale, Trattato, 318 verweist. Vgl. du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 465 (einschl. Anm. 34). Die Unterscheidung göttlicher Kräfte/Mächte/Vermögen (d}malir poigtij^, d}malir basikij^ …), die als Mittlerinstanzen in der Verfügungsgewalt Gottes stehen und die Distanz zwischen dem transzendenten Gott und der Schöpfung zu überbrücken vermögen, begegnet insbesondere im Werk Philos (vgl. dazu Exkurs VII). In De mundo ist dagegen von einem göttlichen Vermögen (d}malir/Sgl.) die Rede, welches dem Prinzip nach Bewegung (j_mgsir) ist, die sich vom Himmel bis in die irdischen Regionen stufenweise fortpflanzt, sodass die göttliche Fürsorge für den Kosmos mit der göttlichen Bewegungstätigkeit gleichgesetzt wird: Ein Aspekt, der von Philo kaum beachtet wird. Vgl. dazu Moraux, Aristotelismus, 41 ff.
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Je nach (himmlisch-ätherischer) Nähe oder (sublunar-irdischer) Ferne zum Standpunkt der Gottheit, als dem fernwirkenden Ursprung kosmischer Bewegung200, wird das göttliche (Hilfs-)Vermögen für seinen Adressaten, den Kosmos, stärker oder schwächer erfahren.201 Die d}malir dringt zwar nicht unmittelbar in die sublunare Sphäre vor,202 doch ihr finales Resultat, die sytgq_a des kosmischen Ganzen, wird für jede Region gleichermaßen initiiert und garantiert.203
Ist die innerkosmische Anwesenheit der Gottheit in Form ihrer d}malir garantiert, so stellt diese für den Autor folgerichtig die eigentliche Ursache (aUtior sytgq_ar)204 der Erhaltung des kosmischen Ganzen dar. Dazu heißt es in 398a 1–6: Besser also ist’s anzunehmen – wie es sich auch geziemt und am meisten zu Gott paßt -, daß das Vermögen, das im Himmel seinen Sitz hat, auch für die am fernsten von ihm wohnenden Wesen, man darf sagen, für alle Wesen Ursache der Erhaltung wird (¢r B 1m oqqam` d}malir Rdqul]mg ja· to?r pke?stom !vestgj|sim, …, ja· s}lpasim aUtior c_metai sytgq_ar), besser jedenfalls, als zu glauben, daß er, dorthin kommend und dort verkehrend, wo es für ihn weder schön noch geziemend ist, selber die Dinge auf Erden besorgt.
Das Syntagma aUtior c_meshai sytgq_ar taucht an späterer Stelle erneut auf; hier im Rahmen eines bildlichen Vergleichs (vgl. 398a 11–398b 6)205, welcher das Verhältnis zwischen Gottheit und Kosmos in Analogie zur souveränen 200 Vgl. dazu auch Mund. 398b 22 f.: … jimgh³m c±q 6teqom rv’ 2t]qou ja· aqt¹ p\kim 1j_mgsem %kko s»m j|sl\. Die Weise, wie sich die Bewegung über den Kosmos erstreckt, ist dabei dieselbe, wie sie der aristotelischen Physik entspricht, nämlich: omne quod movetur ab alio movetur, so zurecht Reale, Trattato, 331 f. In 400b 11–12 erscheint die Gottheit (1m !jim^t\ … Rdqul]mor … p\mta jime?) darüber hinaus als Motore Immobile, was dem aristotelischen Bewegungskonzept entspricht so ders., Trattato, 341, (vgl. z. B. Cael. 279a); dazu auch Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotle’s De Mundo, 15: „The activity of the d}malir itself is described as nothing other than movement“. 201 Vgl. Mund. 397b 27–398a 1: l\kista d] pyr aqtoO t/r dum\leyr !poka}ei t¹ pkgs_om aqtoO s_la, ja· 5peita t¹ let’ 1je?mo, ja· 1ven/r ovtyr %wqi t_m jah’ Bl÷r t|pym. Di¹ c/ te ja· t± 1p· c/r 5oijem, 1m!post\sei pke_st, t/r 1j heoO emta ¡v]keiar, !shem/ ja· !jat\kkgka eWmai ja· pokk/r lest± taqaw/r7oq lµm !kk± jah’ fsom 1p· p÷m diijme?shai p]vuje t¹ he?om, ja· 1p· t± jah’ Bl÷r blo_yr sulba_mei t\ te rp³q Bl÷r, jat± t¹ 5cci|m te ja· poqqyt]qy heoO eWmai l÷kk|m te ja· Httom ¡v]keiar letakalb\momta. 202 So Reale, Trattato, 323. 203 Vgl. zu 397b 27–398a 1 insgesamt auch Thom, The Power of God in Pseudo-Aristotle’s De Mundo, 15: „The author starts by saying that the power is physically transmitted from one body to the next, gradually weakening in proportion to the distance from its origin until it reaches earth. God’s preservative and beneficial influence (¡v]keia) nevertheless penetrates down to the lowest level.“ 204 Vgl. den Gebrauch von B paqous_a toO jubeqm^tou als aQt_a t/r sytgq_ar in Arist. Phys. 195a 10–14! 205 Weitere bildliche Vergleiche, welche die Interaktion von Gott und Kosmos anhand des Verhältnisses von Chormeister und Chor, ebenso wie von Feldherr und Lager illustrieren, folgen u. a. in Mund. 399a 14–26 (jah\peq … 1m woq` joquva_ou …) und 399a 35–399b 10; vgl. dazu auch 400b 5–7, wo es zu einer Art Zusammenschau verschiedener bildlicher Vergleiche kommt.
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
Herrscherrolle des persischen Großkönigs gegenüber seinen Untertanen setzt (vgl. 398b 6–10): Würdiger und geziemender ist die Vorstellung, daß er [= Gott] selbst zwar an höchster Stelle thront, daß sein Vermögen aber durch den ganzen Kosmos dringt, Sonne und Mond bewegt, den ganzen Himmel herumführt und für alles auf Erden Ursache der Erhaltung wird (… tµm d³ d}malim di± toO s}lpamtor j|slou di^jousam … te jime?m ja· … peqi\ceim aUti|m te c_meshai to?r 1p· t/r c/r sytgq_ar).
Das Motiv der innerkosmischen Abwesenheit der Gottheit (vgl. 398b 7: … aqt¹m l³m 1p· t/r !myt\ty w~qar RdqOshai) wird auch an dieser Stelle vom Autor sogleich mittels eines Verweises auf dessen innerkosmische Anwesenheit in Form seiner d}malir relativiert.206 Ebenso wie in 398a 4 ist in 398b 9 f. von der d}malir der Gottheit als Ursache der Erhaltung (aUtior sytgq_ar) die Rede, um das fernwirksame, nichtsdestoweniger soteriologische Tun oder Eingreifen der Gottheit gegenüber dem Kosmos angesichts der Gefahr potentieller Vernichtung (vgl. 396a 33–35) zu beschreiben.207 So besitzen beide Textpassagen (vgl. 398a 1–6; 398b 6–10) für das soteriologische Profil208 von De mundo eine Schlüsselfunktion.209 206 Vgl. 398b 8–10: … tµm d³ d}malim di± toO s}lpamtor j|slou di^jousam … te jime?m ja· … peqi\ceim aUti|m te c_meshai to?r 1p· t/r c/r sytgq_ar. 207 Vgl. dazu auch z. B. 397b 27–398a 1; 398b 19–27: ovtyr owm ja· B he_a v}sir !p| timor "pk/r jim^seyr toO pq~tou tµm d}malim eQr t± sumew/ d_dysi ja· !p’ 1je_mym p\kim eQr t± poqqyt]qy, l]wqir #m di± toO pamt¹r dien]kh,7 jimgh³m c±q 6teqom rv’ 2t]qou ja· aqt¹ p\kim 1j_mgsem %kko s»m j|sl\, dq~mtym l³m p\mtym oQje_yr ta?r svet]qair jatasjeua?r … ja_toi t/r pq~tgr oXom 1md|seyr eQr j_mgsim li÷r cemol]mgr. 208 Vgl. auch an dieser Stelle Arist. Phys. 195a 8: … 5ti d³ t¹ aqt¹ t_m 1mamt_ym 1st_m7 d c±q paq¹m aUtiom toOde, toOto ja· !p¹m aQti~leha 1m_ote toO 1mamt_ou, oXom tµm !pous_am toO jubeqm^tou t/r toO pko_ou !matqop/r, ox Gm B paqous_a aQt_a t/r sytgq_ar. Die An- bzw. Abwesenheit derselben Ursache vermag – so Aristoteles – das Eintreten gegenteiliger Folgen zu bewirken. Wie in Exkurs III gezeigt, verweist er in diesem Zusammenhang auf das soteriologisch bedeutsame Rollenverhältnis zwischen Steuermann und Schiff. So ist Aristoteles zufolge die Anbzw. Abwesenheit des Steuermannes auf dem Schiff Grund für finalen Schiffsbruch, welcher den Untergang des Schiffes und seiner Insassen impliziert, oder dessen Gegenteil, nämlich Rettung/Erhaltung des Schiffes. 209 Die in De mundo 398a 4 und 398b 9 f. auf die d}malir-Begrifflichkeit verweisende, syntagmatische Formulierung aUtior sytgq_ar ist (z. T. in leicht modifizierter Form) auch an anderer Stelle in der griechischen Literatur zu finden, indem auch dort eine Art prekäre Situation bzw. Gefahrensituation, die in Richtung Erhaltung (sytgq_a) oder deren Gegenteil, nämlich Tod und Vernichtung (h\mator), entschieden zu werden vermag, den engeren/weiteren Kontext bildet; vgl. z. B. den Gebrauch der Formulierung aUtior (bzw. aQt_a) t/r sytgq_ar beim griechischen Redner Isokrates (vgl. Panegyricos 91,6: B p|kir Bl_m aQt_a c]mgtai to?r þkkgsim t/r sytgq_ar; vgl. ebenso Plataikos 32,3 f.: ¦st’ eQ Kajedail|mioi tµm aqtµm cm~lgm 5swom Hgba_oir, oqd³m #m 1j~kuem to»r ûpasi to?r þkkgsim aQt_our t/r sytgq_ar cemol]mour aqto»r rp¹ t_m :kk^mym 1namdqapodish/mai ja· ta?r lec_stair sulvoqa?r peqipese?m; De pace 144,5: … Cm rpok\bysim tµm d}malim (!) tµm Blet]qam lµ douke_ar, !kk± sytgq_ar aQt_am arto?r 5seshai; Ad Archidamnum 4,9: aUtior 1c]mou t0 p|kei t/r sytgq_ar). Im Werk Peq· jatajk_seym ja· m|sym des hellenistischen Astrologen und Alexandriners Dorotheus von Sidon (ca. 75 n. Chr.) erscheint die Formulierung im Rahmen eines medizinisch-astrologischen Kontextes (vgl. 1–22).
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Zur Bestimmung der Bedeutung von d}malir in Verbindung mit der Wendung aUtior c_meshai sytgq_ar (+ Dat.) ist im Kontext kosmologischer Gefährdung von De mundo insbesondere die semantische Interaktion der Begrifflichkeiten he|r und j|slor, d}malir und sytgq_a von Interesse. Im Blick auf die Syntax übernimmt in Mund. 398a 1–6; 398b 6–10 an beiden Stellen die d}malir-Begrifflichkeit die Rolle des logischen Subjektes210 und gilt als verursachendes Mittel von sytgq_a (= aUtior [+ Gen.]). Die sytgq_a kommt wiederum einer durch Passivität gekennzeichneten Empfängergruppe zugute, die im Dativ angegeben ist (vgl. 398a 4: s}lpasim; 398b 10: to?r 1p· t/r c/r).211 Aus dem engeren/weiteren Kontext von 398a 1–6; 398b 6–10 geht des Weiteren hervor, dass die d}malir als sytgq_a – wirkendes Mittel (aUtior c_meshai [sytgq_ar]) von seiten der einen Gottheit (b he|r) initiiert wird und an den Kosmos bzw. die kosmischen Elemente adressiert ist.212 Die eine Erhaltung (eQr 4m [sytgq_am])213 gilt dabei stets als das finale Ziel des kosmischen Ganzen, dem in diesem Sinne etwas Positives widerfährt.214
210 211 212 213
214
Der jeweilige Stand bzw. die Anordnung/Ausrichtung/Konstellation der Planeten (z. B. die Zuund Abnahme des Mondes) besitzt dabei Verweischarakter und hält gute bzw. schechte Zeichen für den Arzt bereit, welche wiederum Auskunft über die jeweiligen Krankheitszustände des Patienten, die Dauer der (akuten) Krankheit ([ane_a/1pij_mdumor] m|sor), ebenso wie den Ausgang der Krankheit geben (h\mator oder sytgq_a; vgl. dazu die semantisch kontrastierenden Wortverbindungen ¡v]kilor c_meshai, aUtior c_meshai sytgq_ar und bkabeq¹r c_meshai, aUtior ham\tou t` j\lmomti c_meshai). Konkret bedeutet dies, dass dem jeweiligen Stand der Planeten bezüglich des Ausgangs der Krankheit Entscheidungsgewalt zukommt; der Arzt muss folglich astrologisch bewandert sein (vgl. 22: … 1±m t/r Sek^mgr 1m t0 jat± p\qodom t_m swgl\tym !le_xei 1qwol]mgr 1p· t¹ Udiom tetq\cymom C t¹ di\letqom sw/la b Jq|mor aqtµm 1piheyq^s,, eQ l³m 1p· t_m eQqgl]mym !cah_m sgle_ym eUg B jataqw^, aUtior c_metai sytgq_ar t` j\lmomti, eQ d³ 1p· t_m j\jysim 1lvaim|mtym sgle_ym ja· b Jq|mor 1m t` tetqac~m\ C t` dial]tq\ tµm Sek^mgm pq¹r 2aut¹m 1pijaj~s,, aUtior ham\tou t` j\lmomti c_metai ja· !maiqe?; Griechischer Text aufbereitet von David Pingree [Hg.], Dorothei Sidonii carmen astrologicum, Leipzig 1976). Vgl. du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 466 (Anm. 41). Hier verstanden als Dativus commodi. Dazu auch du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 466 (Anm. 40), der mit Blick auf den engeren/ weiteren Kontext von De mundo 398a 1–4; 398b 7–11 treffend schreibt: „Die d}malir geht von Gott aus, sie ist das Medium der Wirksamkeit Gottes in der Welt.“ Gegen die Annahme von Reale, der die Gottheit als Wirk- und Finalursache sieht, indem er diesbezüglich schreibt (vgl. ders., Trattato, 334): „Con l’espressione … chiaramente indicato Dio come causa efficiente da cui deriva l’ordine (1n 2m|r) e anche come causa finale cui tutto tende (eQr 4m).“ (Kursivierung im Original). Vielmehr bleibt an dieser Stelle anzunehmen, dass die Formulierung eQr 4m auf die sytgq_a-Begrifflichkeit verweist. Vgl. neben Mund. 397a 30 f.; 398a 4; 398b 9 f. insbesondere auch 399a 12–14: Aus ihnen allen aber, wie sie gemeinsam singen und über den Himmel tanzen, ergibt sich eine Harmonie (l_a … 1j p\mtym "qlom_a), die aus einer Ursache stammt, einem Zweck zustrebt und deshalb dem All in Wahrheit den Namen Kosmos (= schmuckvolle Ordnung), aber nicht Akosmia (Unordnung) gegeben hat. Wirkt in der Metaphysik (1072b 2 ff.) des originären Aristoteles der unbewegte Beweger als Finalursache, indem er alles um seiner selbst willen (t¹ ox 6meja) bewegt und alle kosmischen Wesenheiten zu ihm hinstreben, so hat der Autor von De mundo diese Gottesauffassung wohl nicht übernommen, so Moraux, Aristotelismus, 47 f: Durch seine
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
An späterer Stelle wird die d}malir-Begrifflichkeit durch das sinnverwandte Wort Nop^ (vgl. 399b 11: rp¹ c±q li÷r Nop/r) ersetzt (vgl. 399b 10–13): Ebenso muss man sich’s auch beim All (peq· toO s}lpamtor) vorstellen. Denn zufolge einer einzigen Kraftwirkung geschieht bei allen Wesen das ihnen Gemäße, obwohl doch diese Kraft unsichtbar und verborgen ist. Diese Verborgenheit hindert sie nicht daran, zu wirken, und uns ebensowenig, an es zu glauben (rp¹ c±q li÷r Nop/r atqumol]mym "p\mtym c_metai t± oQje?a, ja· ta}tgr !oq\tou ja· !vamoOr. fpeq oqdal_r 1stim 1lp|diom oute 1je_m, pq¹r t¹ dq÷m oute Bl?m pq¹r t¹ pisteOsai). Beide Worte, d}malir wie Nop^, verweisen im kosmologischen Kontext von De mundo auf eine (soteriologisch bedeutsame) Aktivität gegenüber dem Kosmos (vgl. 399b 10: peq· toO s}lpamtor): zwar ist die von seiten der Gottheit initiierte215 Nop^ unsichtbar und verborgen (rp¹ c±q li÷r Nop/r … ja· ta}tgr !oq\tou ja· !vamoOr)216; doch in ihrer Verborgenheit stellt Nop^ – in Analogie zu d}malir – dennoch das entscheidende Mittel217 dar, um etwas zu tun (vgl. das Syntagma Nop^ pq¹r t¹ dq÷m in 399b 13!), nämlich die sytgq_a des Kosmos auf finale Weise herbeizuführen (vgl. 398a 2–4: B 1m oqqam` d}malir Rdqul]mg … s}lpasim aUtior c_metai sytgq_ar; 398b 8–10: … tµm d³ d}malim … aUti|m te c_meshai to?r 1p· t/r c/r sytgq_ar). Der soteriologischen Aktivität von Nop^ korrespondiert die zutrauende Erwartungshaltung der kosmischirdischen Empfängerschaft in ihre göttliche Wirksamkeit (vgl. 399b 13: … 1je_m, pq¹r t¹ dq÷m … Bl?m pq¹r t¹ pisteOsai).
So steht die innerkosmisch abwesende, doch mittels ihrer d}malir anwesende syt^q – Gottheit218 mit dem Kosmos auf reziproke Weise in Verbindung, dem bereits bei Aristoteles im Zuge seiner aQt_a – Ausführungen219 geschilderten Rollenverhältnis von Schiff und Steuermann vergleichbar (vgl. 400b 6–8: jah|kou d³ fpeq 1m mg· l³m jubeqm^tgr220 … 1m woq` d³ joquva?or … 1m
215 216 217 218
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d}malir wirkt Gott nur als Wirkursache; die einfache Nop^, die er auslöst, greift stufenweise auf den ganzen Kosmos bis zur Erde herunter und ruft eine Fülle verschiedenartiger Wirkungen hervor. Aber der Autor erwähnt nicht, so Moraux weiter, dass Gott in seiner Eigenschaft als höchstes t]kor auf den Kosmos einwirkt. Höchstes Ziel ist nach der impliziten Erzähllogik in 399a 12–14 vielmehr die Erhaltung (sytgq_a) des Kosmos! Zur den entscheidenden Bewegungsimpuls gebenden Gottheit vgl. den bildlichen Vergleich in 399a 30–399b 10. Analog zur unsichtbaren Gottheit (vgl. 398a 14; 399a 30 f: ftam owm b p\mtym Bcel~m te ja· cem]tyq, !|qator £m %kk\ pkµm kocisl`) ist demnach auch die d}malir bzw. Nop^ (vgl. 399b 12) unsichtbar! Als Sinnwiedergabe von Nop^ wählt Reale treffend die Formulierung un’ unica causa determinante (= „eine einzige entscheidende/ausschlaggebende Ursache“), vgl. ders., Trattato, 225. (Kursivierung im Original). Vgl. Mund. 397b 16–398a 6; 398b 6–10; 400a 3–5: toOtom owm 5wei t¹m k|com b he¹r 1m j|sl\, sum]wym tµm t_m fkym "qlom_am te ja· sytgq_am, pkµm oute l]sor ¥m, 5mha B c/ te ja· b hokeq¹r t|por oxtor, !kk’ %my jahaq¹r 1m jahaq` wyq` bebgj~r, dm 1t}lyr jakoOlem oqqam¹m; 400b 11–13. Vgl. Arist. Phys. 195a 8 ff. Exakt die Formulierung findet sich bereits auch in Plat. Leg. 12,961d.
Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos
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stqatop]d\ d³ Bcel~m, toOto he¹r 1m j|sl\).221 Dazu passt eine Äußerung von du Toit:222 „In De mundo ist d}malir also das Medium, durch das Gott seinem Willen gemäß der durch inhärente Gegensätze … von Verfall bedrohten Welt und den sich darin befindenden Dingen bzw. Wesen dauerhaften Bestand verleiht und somit ihren Erhalt sichert, sie also vor dem Verfall oder der Vernichtung rettet.“
In Kap. 7 wird diese Gottheit als Zeus eingeführt.223 Auch der jüdisch-alexandrinische Philosoph Aristobulus (2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr.)224 gebraucht die Wendung he_a d}malir (und zwar als austauschbar mit der Genitivkonstruktion d}malir toO heoO, vgl. Fragm. 1a,8 f.; 1,19; 2,50; 2,63):225 Seine Unterscheidung zwischen der biblischen Gottheit und der von ihr ausgehenden d}malir dient dazu, das Handeln des innerkosmisch abwesenden, da transzendenten Gottes am Kosmos zum Ausdruck zu bringen.226 An einer Stelle kommt Aristobulus dafür auf die sog. Gliedmaßen der Gottheit zu sprechen, insbesondere die Hände, die im Pentateuch Sinnbild göttlicher Kraft sind (Fragm. 1,15–19):227 Sendet ein König seine Streitkräfte aus, so Aristobulus, so sagen wir: „Der König hat eine starke Hand“
221 Vgl. u. a. 399a 14–26 und 399a 35–399b 10! 222 Ders., DUMALIS EIS SYTGQIAM, 466. 223 Vgl. 401a 11 ff.: Die eine Gottheit (b he|r), Zeus, wird hier als Initiator und Garant aller möglichen Aktivitäten bezeichnet, indem er quasi von außen in die Belange des Kosmos im Allgemeinen/der Menschen im Besonderen verändernd eingreift: Zeus gilt (1) als Lebensspender (di’ dm f_lem); (2) als Kronos-Sohn; (3) als Garant von Bundesgenossenschaft und Freundschaft; (4) als Initiator von Rettung und Freiheit; zusammenfassend gesagt: (5) als „Herr des Himmels und Herr der Erde“ (oqq\mi|r te ja· wh|mior); (6) als namengebend für jegliche Natur und Lebenslage, weil er von allem der Urheber ist (ûte p\mtym aqt¹r aUtior ¥m). Des Weiteren wird Zeus mit den Schicksalsbegriffen Notwendigkeit, Verhängnis und schicksalhaftes Los identifiziert, was nicht recht zur in Kap. 6 dargestellten platonisch-aristotelischen Theologie passen mag, so Moraux, Aristotelismus, 56: „Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß diese Annahme des schicksalhaften Charakters allen Geschehens denkbar weit von Aristoteles entfernt ist.“ Trotzdem bedeutet das Heranziehen einer stoischen Quelle von seiten des Autors für die Zeus-Epiklesen nicht gleichzeitig ohne weiteres einen Anschluss an die stoische Lehre; denn der Autor vermeidet es sichtlich, Zeus mit der Welt bzw. dem Logos oder der Natur (Einheit Gott, Natur, Logos in der Stoa) zu identifizieren, so ders, Aristotelismus, 49. 224 Echtheit und Datierung des Werkes sind sehr umstritten. Zur Datierung vgl. Moraux, Aristotelismus, 41 (Anm. 139); ebenso Carl R. Holladay, Aristobulus Cassandreus, Fragments from Hellenistic Jewish Authors Vol. III, Chico 1995, 74 f.: „Aristobulus’ work can confidently be dated to the reign of Ptolemy VI Philometor (180–145 BCE) … His use of the Greek version of the Pentateuch places his work after the LXX.“ 225 Griechischer Text: Albert-Marie Denis, Fragmenta pseudepigraphorum quae supersunt Graeca, Pseudepigrapha Veteris Testamenti Graece 3, Leiden 1970. 226 Ähnliches schreibt dazu Moraux, Aristotelismus, 7; 42. 227 Aristob. Fragm. 1,15–19: … di|ti sgla_metai di± toO m|lou toO paq’ Bl?m ja· we?qer ja· bqaw_ym ja· pq|sypom ja· p|der ja· peq_pator 1p· t/r he_ar dum\leyr.
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
– dies als Verweis auf die Macht,228 die der König innehat.229 Anders als der Autor von De mundo setzt Aristobulus allerdings an keiner Stelle die he_a d}malir-Wendung in direkte Beziehung zur s]feim jtk.–Terminologie. So kommt bei ihm weniger der Gedanke kosmischer Erhaltung mittels der von Gott ausgehenden d}malir zur Entfaltung, als vielmehr die Vorstellung unbeschränkter göttlicher Herrschermacht (dies in Anlehnung an den biblisch-alttestamentlichen Sprachgebrauch).
2.2.4 Zwischenergebnis Zusammenfassend bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass die d}malir-Terminologie in De mundo (Kap. 5–6): 1. stets im Singular auftritt 2. durch die sytgq_a-Begrifflichkeit modifiziert wird (vgl. 398a 4; 398b 9 f.: d}malir als aUtior sytgq_ar) 3. im engeren/weiteren Kontext von De mundo (vgl. 397b 9–401a 10) auf die eine Rettergottheit als deren initiierende Trägerinstanz verweist;230 da das peripatetisch entfaltete Profil der Gottheit deren unbedingte, innerkosmische Abwesenheit (vgl. 397b 16–20; 400b 11 f) impliziert, wird die innerkosmische Anwesenheit der Gottheit mittels ihrer d}malir als aUtior [t/r] sytgq_ar sichergestellt231 4. an den Kosmos/die kosmischen Elemente adressiert ist232 5. dadurch der Gefahr einer potentiellen Zerstörung/Vernichtung233 des aus gegensätzlichen Prinzipien zusammengesetzten, sytgq_a-bedürftigen Kosmos wehrt 6. somit in De mundo in der Bedeutung eines (innerkosmisch anwesenden, potentieller Zerstörung wehrenden) „Vermögens“ bzw. „Mittels“234, welches die finale Erhaltung (sytgq_a) des Kosmos, als zu schützende Größe, entscheidend beeinflusst, zum Einsatz kommt 228 Gerade im Buch Exodus wird die Rede von Gottes „Kraft“ oftmals durch Ausdrücke wie Gottes „Arm“ oder „Hand“ umschrieben (so z. B. auch in Dtn 3,24; Jer 16,21). 229 Vgl. Aristob. Fragm. 1,52 f.: ftam c±q dum\leir 1napost]kk,r s» basike»r ¥m, bouk|lem|r ti jateqc\sashai, k]colem· lec\kgm we?qa 5wei b basike}r, veqol]mym t_m !jou|mtym 1p· tµm d}malim Dm 5weir. 1pisgla_metai d³ toOto ja· di± t/r molohes_ar Bl_m k]cym b Lys/r ovtyr· 9m weiq· jqa-taiø 1n^cacem b he|r se 1n AQc}ptou. ja· p\kim eQqgj]mai aqt` vgsi t¹m he|m· )postek_ tµm we?q\ lou ja· pat\ny to»r AQcupt_our. 230 Vgl. 397b 20 ff.: sytµq l³m c±q emtyr "p\mtym 1st· ja· cem]tyq … dum\lei wq~lemor !tq}t\; 401a 24. 231 Vgl. Arist. Phys. 195a 8: … 5ti d³ t¹ aqt¹ t_m 1mamt_ym 1st_m7 d c±q paq¹m aUtiom toOde, toOto ja· !p¹m aQti~leha 1m_ote toO 1mamt_ou, oXom tµm !pous_am toO jubeqm^tou t/r toO pko_ou !matqop/r, ox Gm B paqous_a aQt_a t/r sytgq_ar. 232 Vgl. 398a 4: … s}lpasim aUtior c_metai sytgq_ar; 398b 9 f.: … aUtior c_meshai to?r 1p· t/r c/r sytgq_ar. 233 Vgl. 5, 396a 33–35: p_r … b jºslor … oq … di´vhaqtai ja· !pºkykem. 234 Vgl. den parallelen Gebrauch von d}malir und ¡v]keia (397b 31; 398a 1) bzw. Nop^ (399b 11).
Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos
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Kennzeichnet das Verhältnis zwischen Gottheit (bzw. d}malir) und Kosmos dabei ein reziprokes Rollenverhältnis (vgl. 400b 6–8)235, was man sich anhand der auf die Gottheit bzw. den Kosmos verweisenden Aktiv- und Passivformen gewisser leitmotivisch gebrauchter Verben236 verdeutlichen kann, so stehen die Gottheit und die widerstreitenden, auf die Zerstörung des Kosmos drängenden Prinzipien in semantischer Opposition zueinander; denn die Garantie von sytgq_a und die Garantie von vhoq\ (bzw. diavhe_qeim) sind semantisch unvereinbar. Die Begrifflichkeiten he|r und j|slor, d}malir und sytgq_a gehören in De mundo (Kap. 5–6) demnach bedeutungsmäßig zusammen: Soteriologisch aktiv wird die innerhalb des Kosmos (j|slor) abwesende, dennoch diesem gegenüber fürsorglich gesonnene (!) Gottheit (he|r)237 in Form ihrer innerkosmisch anwesenden, sytgq_a garantierenden d}malir.
2.3 Röm 1,16 und De mundo Kap. 6 (398a 1–6; 398b 6–10) Das Syntagma d}malir (heoO) eQr sytgq_am, wie es von Paulus in Röm 1,16 gebraucht wird, kommt in Kap. 6 der pseudoaristotelischen Schrift De mundo (vgl. bes. 398a 1–6; 398b 6–10) nicht explizit vor. Dennoch besitzt die dort erscheinende d}malir-Begrifflichkeit im gemeinsamen Gebrauch mit der Kontruktion aUtior sytgq_ar (sowie im gemeinsamen Gebrauch mit he|r) einen ähnlichen funktionalen Stellenwert wie in Röm 1,16: 1. In Röm 1,16 wie in De mundo Kap. 6 (vgl. speziell 398a 4; 398b 9 f.) tritt die d}malir-Begrifflichkeit stets im Singular auf und wird durch die sytgq_aBegrifflichkeit modifiziert. Auf syntaktischer Ebene übernimmt in Röm 1,16, ebenso wie in De mundo 398a 4; 398b 9 f., das Substantiv d}malir dabei die Rolle des logischen Subjektes und des verursachenden Mittels von sytgq_a. In De mundo wird dies durch die Kontruktion d}malir + aUtior + Gen. (= d}malir … aUtior sytgq_ar) zum Ausdruck gebracht, in
235 Vgl. Arist. Phys. 195a 8 ff.; Mund 400b 6–8: jah|kou d³ fpeq 1m mg· l³m jubeqm^tgr … toOto he¹r 1m j|sl\. 236 Vgl. u. a. jime?m, vgl. 398b 9; 400b 12 und jime?shai, vgl. 398b 18; 398b 22; 399a 4; 399a 20; 399a 32; dq÷m, vgl. 398b 14; 399b 13 und dq÷shai, vgl. 399b 1. 237 Auch wenn das in De mundo zum Ausdruck kommende Gottesbild z. T. platonische Züge aufweist (= z. B. Gott als Vater, Gestalter und Erhalter der Welt, welcher kraft seines Willens und Vermögens zur Fürsorge alles bestmöglichst ordnet und zum Besten hinleitet), so sieht Moraux darin lediglich eine Erweiterung der aristotelischen Gotteslehre: denn die Gottheit gilt in De mundo, so ders., Aristotelismus, 77, in erster Linie als Prinzip und Quelle der Bewegung, auch wenn eine Deutung der aristotelischen Bewegungslehre, in der die von Gott ausgehende Bewegung mit dessen gestaltender und fürsorglicher Tätigkeit gleichgesetzt wird, der peripatetischen Tradition sicher keineswegs fremd war.
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Röm 1,16 dagegen durch die Präpositionalkonstruktion d}malir + eQr + Akkusativ (= d}malir eQr sytgq_am).238 2. (Vernichtungs-)Gefahr bildet für Röm 1,16 wie für De mundo 398a 1–6; 398b 6–10 den übergreifenden Kontext: • Im Kontext von De mundo Kap. 5–6 handelt es sich um die Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos (vgl. 396a 33–35: p_r … b jºslor … oq … di´vhaqtai ja· !pºkykem); und zwar angesichts der in ihm wirkenden, widerstreitenden Elemente (vgl. 396b 33 f.: [1j t_m 1mamt_ym !qw_m] sumestgj½r b j|slor). • Im Blick auf den engeren/weiteren Kontext von Röm 1,16 (vgl. 1,18–3,20) wird die Gefahrensituation konstituiert durch den Zorn Gottes (vgl. 1,18: aqc^ heoO !p’ oqqamoO) angesichts der in Sünde und Schuld verstrickten Menschheit und die drohende Vernichtung im Endgericht (vgl. besonders Röm 1,20–32; 2,17–29; 3,9 f.). 3. Wie in Röm 1,16 bewirkt bzw. verursacht in De mundo 398a 1–6; 398b 6–10 die der Gottheit (b he|r)239 zugehörige d}malir finale sytgq_a zum Nutzen von jemandem. (Dies zeigt hier wie dort ein Dativus commodi an). So steht das Wort d}malir an beiden Stellen innerhalb eines übergreifenden Gefahrenkontextes für das soteriologische Tun bzw. Eingreifen einer Gottheit und tritt in der Bedeutung eines „(potentieller Zerstörung bzw. Vernichtung wehrenden) Mittels, welches die Erhaltung (sytgq_a) einer von Gefahr betroffenen Entität entscheidend beeinflusst“, auf. • Die von Gefahr (= potentieller Vernichtung) betroffene, sytgq_a-bedürftige Entität ist in Röm 1,16 jeder Glaubende (pamt· t` piste}omti, Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi), in De mundo 398a 4 und 398b 10 der Kosmos bzw. die kosmischen Elemente (398a 4: s}lpasim; 398b 10: to?r 1p· t/r c/r). In allen drei Fällen ist die universale Ausrichtung auffällig.240 • Wie in Röm 1,14.16 (Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi) ist die von Gefahr betroffene Entität in De mundo eine (aus unterschiedlichen Gruppen/ Bereichen) Zusammengesetzte,241 welche eben in ihrem Zusammengesetztsein der Erhaltung (sytgq_a) bedarf!
238 Vgl. du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 466 (Anm. 41). 239 Die d}malir geht in De mundo von Gott aus, sie ist das Medium der Wirksamkeit Gottes in der Welt. Dies gilt auch für Paulus, wie Röm 1,20; 9,17; 1Kor 15,43 u. a. zeigen. Vgl. dazu insgesamt du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 466 (Anm. 40). 240 Vgl. dazu du Toit, DUMALIS EIS SYTGQIAM, 467 (Anm. 42): „… [M]it Juden und Heiden will Paulus gerade die Universalität des Evangeliums der eschatologischen Errettung zum Ausdruck bringen. In De mundo handelt es sich wohl eher um alle Dinge oder Wesenheiten als nur um die menschlichen Bewohner der Erde.“ 241 Vgl. z. B. Mund. 391b 9: j|slor … 1sti s}stgla 1n oqqamoO ja· c/r; 396a 33–396b 2: Ja_toi c] tir 1ha}lase p_r pote, 1j t_m 1mamt_ym !qw_m sumestgj½r b j|slor … oq p\kai di]vhaqtai ja· !p|kykem, ¢r j#m eQ p|kim tim³r haul\foiem, fpyr dial]mei sumestgju?a 1j t_m 1mamtiyt\tym 1hm_m (!); 396b 23 ff. usw.
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3. Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit. Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir eQr sytgq_am im Corpus Hippocraticum und bei Galen Den Ausgangspunkt der Analyse zu Gebrauch und Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am (bzw. d}malir 1r sytgq_gm) im Corpus Hippocraticum242 und bei Galen243 von Pergamon (129–200 n. Chr.)244 bilden zwei Stellen aus dem Corpus Hippocraticum, nämlich Progn. 5 (eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm) und Coa praes. 255,9 (eupmoia … lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm).245 Insbesondere Progn. 5 fungiert dabei als 242 Unter Corpus Hippocraticum wird eine Sammlung medizinischer Schriften verstanden, deren älteste etwa in das Jahr 430 v. Chr. zu datieren ist. Ob eine Schrift von Hippokrates selbst stammt und – wenn ja – welche, ist eine unentschiedene Frage der heutigen Forschung, wie sie es bereits in der Antike war. Vgl. zu dieser Frage insgesamt Karl Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum: Voruntersuchungen zu einer Geschichte der koischen Ärzteschule, Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin [u. a.] 1971; Max Pohlenz, Hippokrates und die Begründung der wissenschaftlichen Medizin, Berlin 1938; Wilhelm Nestle, Hippocratica, Hermes 73 (1938), 1–38; Ludwig Edelstein, The genuine works of Hippocrates, in: Owsei Temkin, C. Lilian Temkin (Hg.), Ancient Medicine: Selected Papers of Ludwig Edelstein, Baltimore [u. a.] 1987, 133–144; zur Gestalt des Hippokrates vgl. einführend Renate Wittern, Art. Hippokrates, in: Karl-Heinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 414–416; dies., Art. Hippokratische Schriften/Corpus Hippocraticum, in: KarlHeinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 418–420 (hier wird auch auf weitere Literatur verwiesen); Walter Müri (Hg.), Der Arzt im Altertum: Griechische und lateinische Quellenstücke von Hippokrates bis Galen mit der Übertragung ins Deutsche, München/Zürich 1986, 497. 243 Zur Gestalt des Galen von Pergamon vgl. Philip J. van der Eijk, Therapeutics, in: Robert J. Hankinson (Hg.), The Cambridge Companion to Galen, Cambridge 2008, 283–303, 283: „For all Galen’s many faces – medical scientist, public dissector and demonstrator, psychologist and moral philosopher, logician, linguist, commentator, lexicographer and literary critic, pharmacologist, historian of thought and story-teller – we should not forget that he regarded himself primarily as an iatros, a healer of patients and a restorer and preserver of health … For while most other areas of Galen’s activity are of a theoretical nature and aimed at attaining knowledge and understanding of universal truths, healing is by definition a practical activity concerned with individual patients constituting particular cases of illness.“ Zur religiösen Ausrichtung Galens vgl. Hans Diller, Empirie und Logos: Galens Stellung zu Hippokrates und Platon, in: Klaus Döring, Wolfgang Kullmann (Hg.), Studia Platonica. Festschrift für H. Gundert zu seinem 65. Geburtstag am 30. 4. 1974, Amsterdam 1974, 227–238, 224: „Galen verstand sich als Nachfolger des Hippokrates und als Jünger des Asklepios. Der wissenschaftlichen Ausrichtung seiner Schriften entsprechend treten traditionelle religiöse Aspekte selten hervor, zumal sich Galens persönliche Religion nicht nur in diesem Rahmen bewegt hat. Für ihn steht neben der Verehrung des Asklepios eine philosophische Religion, die sich auf Platon beruft und in der göttlichen Potenz ,Physis‘ ihren Zentralbegriff hat.“ 244 Zur Biographie Galens vgl. insgesamt Vivian Nutton, The Chronology of Galen’s Early Career, Classical Quarterly 23 (1973), 158–171; Robert J. Hankinson, The man and his work, in: ders. (Hg.), The Cambridge Companion to Galen, Cambridge 2008, 1–33. 245 Die griechischen Zitate zu den hippokratischen Schriften Prognostikon, Epidemiae, Coa praesagia und De alimento folgen der Ausgabe von mile Littr , Oeuvres compl tes d’Hip-
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Schlüsseltext, auf den Galen an vielen Stellen zitierend und kommentierend246 zurückgreift (vgl. z. B. Galen Hipp. Progn. 18b,77 f.; Diff. Resp. 7,929; vgl. ebenso Hipp. III Epid. III 17a,772; Hipp. Off. Med. 18b,639).247 Zur Ermittlung der Bedeutung von d}malir eQr sytgq_am bei Hippokrates248 und Galen wird anhand einschlägiger Textpassagen zuallererst der nähere Kontext ausfindig gemacht, in dem die Formulierung bei diesen Schriftstellern zur Anwendung kommt (vgl. II./3.1). Nach einer kurzen Zusammenfassung (vgl. II./3.1.4) gilt es dann in einem nächsten Schritt den weiteren Kontext einzubeziehen, in den das Syntagma gestellt ist (vgl. II./3.2). Den Auftakt bildet hierfür die Klärung einiger bei Hippokrates und Galen zentral stehender Begriffe, die für die Bedeutung von d}malir eQr sytgq_am im medizinischen Kontext konstitutiv sind und der Formulierung im Sprachgebrauch dieser Autoren ihre spezifische Färbung verleihen: m|sor (bzw. m|sgla, vgl. II./3.2.1), v}sir (vgl. Exkurs IV), Qatq|r (vgl. II./3.2.2), pq|cmysir (vgl. II./3.2.2.1, II./3.2.2.2), sgle?om (vgl. II./3.2.2.3) und, im besonderen Maße: jq_sir (samt dem dazugehörigen Verbum jq_meim, vgl. II./3.2.3). Es wird zu zeigen sein, dass das Syntagma d}malir eQr sytgq_am bei Hippokrates und Galen immer an Stellen erscheint, an denen von hochgradig gefährlichen, akuten Krankheiten die Rede ist, die entschieden werden (jq_meshai), d. h. zum Guten oder Schlechten gewendet zu werden vermögen (vgl. dazu insbesondere II./3.3).
pocrate: Traduction nouvelle avec le texte grec, 10 Bde., Paris 1839–1861 (ND Amsterdam 1961–1962). 246 Zur Hippokrates-Rezeption des Galen vgl. Diller, Empirie und Logos, 227–238. Zum Vertrauen Galens in die unbedingte Autorität des Hippokrates (des he?or Zppoq\tgr, vgl. Nat. Fac. 2,189,6; Caus. Puls. 9,88,12 u. ö., vgl. zur Terminologie du Toit, THEIOS ANTHROPOS, 263, Anm. 1) als einzigartigen Garanten der medizinischen Wissenstradition und als Bürge der Wahrheit jeglicher medizinischer Aussagen vgl. Geoffrey E.R. Lloyd, Galen on Hellenistics and Hippocrateans: contemporary battles and past authorities, in: Jutta Kollesch, Diethard Nickel (Hg.), Galen und das hellenistische Erbe, Stuttgart 1993, 140. Zum Anspruch Galens, Nachfolger und Vollender des Hippokrates zu sein, vgl. auch Heinrich Schlange-Schöningen, Die römische Gesellschaft bei Galen: Biographie und Sozialgeschichte, Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte 65, Berlin 2003, 27 ff. 247 Der griechische Text zu den Schriften Galens folgt (wenn nicht anders angegeben) der kritischen Ausgabe von Carl Gottlob Kühn (Hg.), Claudii Galeni Opera Omnia, 20 Bde. (I–XX), Leipzig 1821–33 (ND Hildesheim 1964–1965). 248 Der Einfachheit halber dient hier (wie auch im Folgenden) der Name Hippokrates als Chiffre für die jeweiligen hippokratischen Schriftsteller.
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3.1 Lebensbedrohung durch akute Krankheit I. Die unmittelbare Umgebung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im Corpus Hippocraticum und bei Galen 3.1.1 Gute Atmung als Träger von d}malir 1r sytgq_gm im Zustand akuter Krankheiten (vgl. Progn. 5; Coa praes. 255,1–9; Hipp. Progn. 18b,77 f.; Diff. Resp. 7,929) Zunächst wird die Verwendung des Syntagmas d}malir 1r sytgq_gm in der hippokratischen Schrift Progn. 5 betrachtet. Dort heißt es:249 Ein rasches Atmen verweist (sgla_mei) auf einen Schmerz oder eine Entzündung in den Räumen oberhalb des Zwerchfells …; ein kaltes Ausatmen (xuwq¹m … 1jpme|lemom) [aus Nasenlöchern und Mund] erweist sich schon als sehr verderblich (ak]hqiom j\qta Edg c_cmetai); man muss aber glauben, dass leichtes Atmen ein sehr großes Potential für die Genesung/(Lebens-)Erhaltung hat bei allen akuten Krankheiten, die mit Fieber verbunden sind und innerhalb von vierzig Tagen zur Entscheidung kommen (eupmoiam d³ wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa n»m puqeto?s_m 1sti ja· 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_metai).
Festzuhalten bleibt für den Augenblick, dass hier die Lage von Patienten, die sich im Zustand einer hochgradig gefährlichen Krankheit und in akuter Lebensgefahr befinden, beschrieben wird. Angezeigt wird dies u. a. durch die Formulierung 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai im gemeinsamen Gebrauch mit Terminologie, die auf Tod bzw. Verderben verweist (ak]hqior). Das Syntagma d}malir 1r sytgq_gm erscheint in diesem Gefahrenkontext in Verbindung mit dem Verbum 5weim und hat eupmoia zum (logischen) Subjekt. Alle akuten Krankheiten, so der Verfasser der Schrift, werden in naher Zukunft in Richtung Tod oder physische Erhaltung entschieden (jq_meshai), was die gegensätzlichen Formulierungen xuwq¹m … 1jpme|lemom … ak]hqiom j\qta Edg c_cmetai … und … eupmoiam … j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm … zum Ausdruck bringen: kaltes Ausatmen zeigt in 249 Vgl. die englische Übersetzung von Anthoine Thivel, Air, Pneuma and Breathing from Homer to Hippokrates, in: Philip J. van der Eijk (Hg.), Hippokrates in Context: Papers read at the XIth International Hippocrates Colloquium. University of Newcastle upon Tyne, 27–31 August 2002, Studies in Ancient Medicine 31, Leiden 2005, 239–249, 247: „A fast and painful breathing … indicates a suffering above the diaphragm, … a cold breathing out … is a very serious sign of death, but one must think that a good breathing … has a very effective power to restore health in acute diseases“; vgl. dazu ebenso die englische Übersetzung von William Henry Samuel Jones, Hippocrates Volume II: Prognostic, LCL 148, Cambridge 1923: „Rapid respiration indicates pain or inflammation in the parts above the diaphragm … Cold breath from the nostrils and mouth is a very fatal sign indeed. Good respiration must be considered to have a very great influence on recovery in all the acute diseases that are accompanied by fever and reach a crisis in forty days.“
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höchstem Grade Tod an, eine gute Atmung dagegen besitzt ein sehr großes Potential in Richtung physische Erhaltung und Überleben des Patienten. Die mögliche Wendung der kritischen Situation zugunsten des Patienten, d. h. zur guten Seite (sytgq_a),250 wird trotz seines gegenwärtig schlimmen Zustandes somit unbedingt eingeräumt (vgl. d³ wqµ mol_feim !), wenn gewisse körperliche Indizien (vgl. den Gebrauch des Verbums sgla_meim) wie eine gute Atmung (eupmoia) dafürsprechen. Für die Autoren des Corpus Hippocraticum galt es als ein allgemeiner Grundsatz, dass eine reibungslose Atmung (eupmoia) ebenso wie eine Atemhemmung251 zu den Begleiterscheinungen gehören, die dem prognostizierenden Arzt bei allen akuten Krankheiten Entscheidendes hinsichtlich des guten oder schlechten Ausgangs der Krankheit übermitteln.252 An späterer Stelle wird darauf noch genauer einzugehen sein. Vorerst ist aber noch ein weiterer hippokratischer Text in Augenschein zu nehmen, der eine mit Progn. 5 nahezu identische Version bietet.
Interessanterweise begegnet in der hippokratischen Schrift Coa praesagia (vgl. 255,1–9) in einem nahezu identischen Kontext anstelle der Formulierung d}malir 1r sytgq_gm das Syntagma Nopµ 1r sytgq_gm: Ein rasches und flaches Atmen verweist auf eine Entzündung an allen diesen gefährlichen Stellen; …; ein kaltes (Aus-)Atmen aber verweist auf Tod (sgla_mei … ham\silom). Leichtes Atmen aber markiert bei allen (diesen Krankheiten), die von akutem Fieber (begleitet werden) und innerhalb von vierzig Tagen zur Entscheidung kommen, eine große Wendung in Richtung Genesung/(Lebens-)Erhaltung (eupmoia d³ 1m p÷sim, bj|sa 1m puqet` ane?, jCm 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_mgtai, lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm).253
250 Der Begriff sytgq_a steht in den hippokratischen Schriften gängigerweise für das physische „Überleben“ bzw. die „Selbsterhaltung“ eines Menschen angesichts einer akuten Krankheit (m|sor, m|sgla). Vgl. dazu Franz Pfaff, Karl Deichgräber (Hg.), Galens Kommentare zu den Epidemien des Hippokrates, Indizes der aus dem Arabischen übersetzten Namen und Wörter, Berlin 1960, 103. 251 Einen guten Überblick zum Vorgang der Atmung, der in der antiken Medizin Gegenstand großen Interesses, aber auch großer Kontroversen war, bietet Thivel, Air, Pneuma and Breathing from Homer to Hippokrates, 239–249. Im Blick auf die antike medizinische Debatte um den Atemvorgang unterscheidet Thivel für den Zeitraum von Homer bis Hippokrates insgesamt drei Perioden: I. Die archaisch-homerische Periode, II. Die empedokleische Periode (bis Platon) und III. Die Aristotelische Periode. Alle drei Perioden der den Atemvorgang betreffenden Debatte seien im Corpus Hippocraticum vertreten, so ders. 252 Vgl. Jörg Kurz, Art. Atmung (gr. pneuma, anapnoe¯, lat. respiratio), in: Karl-Heinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 122 f. (hier wird auch weitere Literatur genannt). 253 Alternativ: Leichtes Atmen aber ist … von entscheidender Einwirkung auf die (Lebens-)Erhaltung (= Leichtes Atmen aber … hat …. großes Gewicht für/großen Einfluss auf die Lebenserhaltung) (eupmoia d³ … lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm). Vgl. Passow, s.v. Nop^: „Neigung“, auch: „Kraft, welche eine Richtung oder Senkung verursacht“, metaphorisch: „die entscheidende Ursache“, „der entscheidende Einfluss“, „die entscheidende Einwirkung“.
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Auch an dieser Stelle ist davon die Rede, dass eine gute oder schlechte Atmung im Kontext schwerer, akuter Krankheiten, die eine Gefahr für Leib und Leben des Patienten bedeuten und zur Entscheidung drängen (vgl. jq_mgtai), Verweischarakter in Richtung (Lebens-)Erhaltung oder Tod besitzt (vgl. hierzu die Gegenbegriffe ham\silor und sytgq_a). Aus einem Textvergleich von Coa praes. 255,1–9 mit Progn. 5 geht nun hervor, dass der Autor der Schrift Coa praes. bei der Satzbildung nicht auf das Syntagma d}malir 1r sytgq_gm zurückgreift (vgl. Progn. 5), sondern auf Nopµ 1r sytgq_gm. Eine Zusammenschau beider Textpassagen zeigt, dass die Wortverbindungen Nopµ 1r sytgq_gm (bzw. Nopµm 1r sytgq_gm 5weim) und d}malir 1r sytgq_gm (bzw. d}malim 1r sytgq_gm 5weim) in beinahe demselben syntaktischen Zusammenhang begegnen und offensichtlich auch dem inhaltlichen Zusammenhang nach austauschbar gebraucht werden können: 1. Progn. 5: eupmoiam d³ wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa n»m puqeto?s_m 1sti ja· 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_metai. 2. Coa praes. 255,9: eupmoia d³ 1m p÷sim, bj|sa 1m puqet` ane?, jCm 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_mgtai, lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm. Alle akuten Krankheiten, so die Lagebeschreibung an beiden Stellen, werden innerhalb einer bestimmten Anzahl von Tagen entschieden (jq_meshai),254 d. h. die Änderung der prekären Lage steht unmittelbar bevor. Als Trägerinstanz (5weim) von d}malir 1r sytgq_gm bzw. Nopµ 1r sytgq_gm signalisiert eupmoia (Subjekt des Satzes) die Änderung bzw. Wendung der lebensbedrohlichen Situation zum Guten, d. h. zur physischen Erhaltung des Patienten. Galen verweist auf Progn. 5 konsequenterweise an Stellen, an denen akute Krankheiten thematisiert werden, die für den Erkrankten eine das Leben bedrohende, tödliche Gefahr bedeuten. Er schreibt (vgl. Hipp. Progn. 18b,77 f.):255
(). 254 Vgl. den parallelen Gebrauch von … 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai und 1m p÷sim [to?sim an]si mous^lasim], bj|sa … jq_mgtai. 255 Vgl. zum Gebrauch der hippokratischen Formulierung … eupmoiam d³ wqµ j\qta mol_feim lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mos^lasim, bj|sa s»m puqeto?s_ t] 1sti ja· 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_metai … durch Galen auch in Die. Decret. 9,883; 9,889; 9,891; vgl. ebenso A tius Iatricorum 4,14: eupmoiam c\q, vgs·m Zppojq\tgr, wqµ mol_feim [p\mu] j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m p÷si to?sim an]si mos^lasim, bj|sa n»m puqet` ja· 1m … Bl]q,si jq_metai.
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Das der Natur entsprechende Atmen hat er [= Hippokrates] „leichtes Atmen“ (= „gute Atmung“) genannt (tµm jat± v}sim !mapmoµm eUqgjem), indem sie von sich aus anzeigt, dass weder Brustkorb, noch Herz, noch Lunge, noch Zwerchfell irgendein schmerzhaftes Leiden haben (1mdeijmul]mgm l^te h~qaja l^te jaqd_am ja· pme}loma l^te t±r vq]mar adumgq|m ti p\hor 5weim), aber auch keines von den Teilen, die mit ihnen verbunden sind. Denn es empfinden diejenigen Teile Schmerz, die der Atmung entsprechend bewegt werden und entflammt werden und folglich auch Träger irgendeines schmerzhaften Leidens sind: es sind dies aber Magen, Milz und Leber. (Wenn der Patient aber nichts in diesem Sinne erleidet) … warum sollte einer nicht verkünden, dass der Erkrankte große Hoffnungen auf physische Erhaltung hat, im Blick auf alle diese schweren Krankheiten, bei denen wahrlich die Gefahren (p_r oqj %m tir va_g t¹m j\lmomta pokk±r 1kp_dar 5weim sytgq_ar, 1p_ ce t_m an]ym mosgl\tym, 1v’ ¨m … oR j_mdumoi c_momtai …) durch die Höhe der Fieberschübe oder durch die eigentümliche Weise der genannten Entzündung entstehen?
Bei allen akuten, hochgradig gefährlichen Krankheiten, die innerhalb eines gewissen Zeitraumes entschieden werden (vgl. dazu die Formulierungen 1m ûpasi to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; 1p_ … t_m an]ym mosgl\tym, 1v’ ¨m … oR j_mdumoi c_momtai …), muss der Arzt, so Galen (im Anschluss an Hippokrates) auf die Atmung des Patienten achten. Als Äußerung, welche in kausaler Relation zur innerkörperlichen Leidensbefindlichkeit steht, kommt der Atmung Verweischarakter zu.256 Denn das sich Einstellen einer reibungslosen, naturgemäßen Atmung (bzw. ein Mangel an Beschwerden beim Atmen) zeigt an, dass die für den Vollzug der Atmung257 verantwortlichen bzw. die am Atmungsvorgang beteiligten Körperorgane (u. a. Herz und Lunge) in der Lage sind, auf schmerzfreie Weise ihre jeweiligen Potentiale ungehindert freizusetzen.258 Liegt eine „gute Atmung“ (bzw. ein der Natur entsprechendes Atmen, vgl. 18b,78: tµm jat± v}sim !mapmoµm eUqgjem)259 vor, so 256 Vgl. dazu auch Progn. 20: oR d³ !poko}lemoi d}spmooi c_cmomtai, !kkov\ssomter, !cqupm]omter, t\ te %kka sgle?a j\jista 5womter (vgl. dazu die englische Übersetzung von Jones, Prognostic, 45: „… those who will die have difficulty in breathing, are sleepless and delirious, and show generally the worst symptoms“). 257 Zum Vorgang der Atmung als ein den gesamten Körper umfassender Bewegungsvorgang vgl. Thivel, Air, Pneuma and Breathing from Homer to Hippokrates, 244 f.: „Throughout the Hippocratic Collection, regardless of the question of different medical schools, we find the theory of respiration through the whole body … and here the pneuma is a warm breath, the origin of life … which circulates in the body and sets it in motion“ (vgl. ders., Air, Pneuma and Breathing from Homer to Hippokrates, 248: „… breathing in and out was produced by the whole body, and not especially by the lungs“). 258 Vgl. dazu auch Diff. Resp. 7,761 f: Wenn das Potential und auch die Leistung eines jeden der (Atmungs-)Organe gut funktioniert, atmet das Lebewesen dem Gesetz der Natur entsprechend. Wenn es aber irgendetwas erleidet, wird die Atmung notwendig gehemmt (1peid±m l³m B d}mal_r te ja· B wqe_a ja· t_m aqc\mym 6jastom eqpqac0, m|l\ v}seyr !mapme? t¹ f_om7 1peid±m d] ti p\h,, jat’ 1je?mo ja· tµm !mapmoµm !macja?om 1lpod_feshai). 259 Zum Vorgang der naturgemäßen Atmung (!mapmo^) vgl. auch Diff. Resp. 7,761: B l³m d}malir B xuwijµ jime? t¹m h~qaja, t` d³ b pme}lym sucjime?tai, ta?r to}tou d’ 6petai jim^sesi, dia-
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ist diese insgesamt Träger eines extrem großen Potentials in Richtung physische Erhaltung des Patienten (): Sie überbringt dem Arzt die Nachricht, dass die kritische Situation zum Guten, in Richtung physische Erhaltung (1r sytgq_gm) des Patienten gewendet wird. Im Umkehrschluss, so geht aus Diff. Resp. 7,929260 hervor, gilt, dass eine schlechte Atmung (d}spmoia), wenn sie sich bei einer akuten Krankheit einstellt, nicht ungefährlich ist, sondern vielmehr eine Gefahr für Leib und Leben des Patienten anzuzeigen vermag (vgl. die explizite Kontrastierung der beiden Substantive eupmoia und d}spmoia in Diff. Resp. 7,929): Denn eine schlechte Atmung indiziert (als äußerlich wahrnehmbares Zeichen), dass gewisse am Atmungsvorgang beteiligte innere Organe, die normalerweise für den reibungslosen Ablauf des Vorgangs sorgen, gegenwärtig von einem schmerzhaften Leiden betroffen sind; damit gibt sie die Gefahrenlage, in der sich der Patient momentan befindet, bekannt (vgl. Diff. Resp. 7,761 f.).
3.1.2 Atmung, Appetit und Urin als Träger von d}malir eQr sytgq_am im Zustand akuter Krankheiten (vgl. Hipp. III Epid. III 17a,772) Neben einer guten Atmung (eupmoia) kann auch der Appetit (eqenir) eines Patienten im Rahmen einer lebensbedrohlichen Krankheit Träger von d}malir eQr sytgq_am sein. In seinem Kommentarwerk zu den Epidemien des Hippokrates führt Galen exemplarisch den Krankheitsfall eines Menschen vor Augen, der aufgrund der Untadeligkeit seines körperlichen Abwehrvermögens eine schwere Krankheit überwunden hat. (vgl. Hipp. III Epid. III 17a,772):261 Der neunte Patient: Heropythos in der Stadt Abdera hatte Kopfschmerzen bei aufrechter Haltung … Dieser Mensch ist deswegen erwähnenswert, weil er eine schlimme Krankheit aufgrund seiner Robustheit (= Stärke/Gesundheit des Vermögens/seiner Kraft) überstanden hat; es ist nämlich unmöglich, einem starken Leiden stekkol]mou l³m eQspmoµ, sustekkol]mou d³ 1jpmo^; ebenso Ut. Resp. 4,506 (hier wird die Lunge als das erste, der Thorax als das zweite Atmungsorgan aufgeführt): b pme}lym t¹ pq_t|m 1stim !mapmeustij¹m eqcamom, ¢r d³ toO h~qajor jimo}lemor t¹ de}teqom. 260 Vgl. Diff. Resp. 7,929: Man muss aber glauben, dass es, wenn man gut Luft bekommt (= leichtes Atmen) sehr viel Potential für die Rettung/Genesung/(Lebens-)Erhaltung hat bei allen akuten Krankheiten, die mit Fieber verbunden sind und innerhalb von vierzig Tagen zur Entscheidung kommen (eupmoiam d³ wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m p÷si to?sim an]si mos^lasim, bj|sa s»m puqeto?s_m 1sti ja· 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_metai). Wenn er (= Hippokrates) folglich glaubte, dass die gute Atmung ein großes Potential für die Rettung/ Genesung/(Lebens-)Erhaltung besitzt, so nahm er offensichtlich an, dass die schlechten Atmungsvorgänge nicht immer ungefährlich sind (eQ c±q dµ lec\kgm d}malim 1r sytgq_am 5weim 1m|life tµm eupmoiam, oqj !jimd}mour !e· dgkom|ti t±r duspmo_ar rpek\lbamem). 261 Übersetzung Jörg Dittmer.
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[= Krankheit] auf andere Weise zu widerstehen (1naqj]sar mos^lati wakep` di± tµm eqqyst_am t/r dum\leyr7 !d}matom c±q %kkyr !mtiswe?m Qswuq` p\hei). Er hatte auf jeden Fall sowohl einen kräftigen Puls (= Es war auf jeden Fall Stärke in seinen Pulsschlägen) als auch zugleich alles andere, was auf natürliche Weise zur (Selbst-)Erhaltung beiträgt (ja· p\mta t%kka t± jat± v}sim s\f|lema) … Es scheinen nun aber bei dem Kranken die Atmung und der Appetit einwandfrei funktioniert zu haben, welche ein großes Potential für die Genesung/Erhaltung haben, wie er [= Hippokrates] selber gelehrt hat (va_metai d’ owm t` j\lmomti ja· t± peq· tµm !mapmo^m te ja· tµm eqenim %lelpta cecom]mai, lec\kgm 5womta d}malim eQr sytgq_am, ¢r aqt¹r 1d_danem).
Die Gefahrenlage der von Krankheit betroffenen Person wird an dieser Stelle durch die Begrifflichkeiten m|sgla und p\hor (vgl. … mos^lati wakep` … Qswuq` p\hei), ebenso wie durch den partizipialen Gebrauch des Verbums j\lmeim (t` j\lmomti) zum Ausdruck gebracht, welches momentane Kraftlosigkeit bzw. einen Mangel an Kraft, d. h. Ohnmacht im Sinne von „kranken“ oder „schwach sein“ (auch: „in Gefahr sein“)262 bedeutet. Der ohnmächtigen Lage des an schwerer Krankheit Leidenden korrespondiert wiederum seine sytgq_a – Bedürftigkeit (Man könnte auch sagen: seine Empfänglichkeit für d}malir eQr sytgq_am). Die Wendung eqqyst_a t/r dum\leyr ist – in Verbindung mit s\feim jtk. – Terminologie263 und im Umfeld des Gefahr indizierenden Wortclusters um m|sgla, p\hor, j\lmeim – an dieser Stelle mit „(körpereigenes) Abwehrpotential“ (bzw. „Abwehrmittel“) wiederzugeben: Der mit einer schlimmen Krankheit konfrontierte, sich im Zustand der Ohnmacht befindende Patient konnte sein Leiden, so Galen, nur aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit überwinden, indem er sich mittels seines körpereigenen Abwehrpotentials (d}malir) gegen die Krankheit zur Wehr setzte (1naqj]sar … di± tµm eqqyst_am t/r dum\leyr).264 Als körperextern wahrnehmbare Äußerungen, die die Robustheit des körpereigenen (Abwehr-)Potentials (d}malir) bekanntgeben (sich damit als Trägerinstanzen eines großen Potentials in Richtung Erhaltung erweisen, vgl. die Wendung d}malim eQr sytgq_am 5weim!) und die ärztliche Prognose in Richtung physische Erhaltung 262 Vgl. Passow, s.v. j\lmy: „im Elend sein“, „in Gefahr sein“; ebenso: „(er-)kranken“, „krank sein“. 263 Bzw. weiterer Terminologie, die „schützen“, „abwehren“ bedeutet, vgl. 1naqje?m (vgl. Passow, s.v. !qj]y: (in Beziehung auf Gefahr) „schützen“; speziell: !qje?m tim_ ti: etw. von jmd. „abwehren“)! 264 An der Schwäche oder Stärke (vgl. das Gegensatzpaar t/r dum\leyr !MNyst_a, t/r dum\leyr … N~lg) des körpereigenen Abwehrpotentials (d}malir) entscheidet sich dabei letztendlich, ob der Mensch als lebendiger Organismus erhalten bleibt oder zugrunde geht. Vgl. dazu Const. art. med. Patr. 1,293,12–14: tawe?a … 5stai B k}sir toO mos^lator, ftam B d}malir eqqyst0, h\mator d³ diataw]ym, Cm aqtµ l³m !shemµr ×, Qswuq|teqom d³ t¹ m|sgla; Syn. Puls. 9,487,9–12: %mtijqur c±q aR poi|tgter axtai t_m svucl_m 1mde_jmumtai t±r diavoq±r t/r dum\leyr jat± N~lgm te ja· !MNyst_am. eudgkom d’ fti lec_stg l³m 1kp·r eQr sytgq_am 1p· t0 N~l, t/r dum\leyr, 1kaw_stg d³ 1p· ta?r !MNyst_air.
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lenken, werden hier die Stärke des Pulses,265 Appetit (eqenir) und Atmung (!mapmo^) genannt: Der Einsatz von Appetit und guter Atmung deutet in diesem Sinne bei allen akuten Krankheiten darauf hin, dass die schwierige Lage zugunsten des Patienten (vgl. den Dativus commodi t` j\lmomti) entschieden wird. Als Zeichen, die der Körper des Kranken äußert, verweisen (eine reibungslose) Atmung (!mapmo^) und Appetit (eqenir) für den Arzt wiederum auf körperinterne Ursachen, zu denen sie in kausaler Relation stehen: auf die naturgemäße Aktivität der am Atmungs- und Ernährungsvorgang beteiligten Organe, welche ihre entsprechenden Potentiale (d}malir)266 auf ungehinderte Weise (erneut) zu initiieren vermögen und somit die Aufnahme ihrer jeweiligen Speisen, Luft (pmeOla) und Nahrung zur Aufrechterhaltung (sytgq_a) des lebendigen Organismus garantieren.267 Gleichzeitig implizieren diese Äußerungen den Sieg der Natur (v}sir) über die Krankheit: denn als Instanz, welche für die Aufrechterhaltung jedes lebendigen Organismus sorgt und somit auch den Prozess der Heilung vorantreibt,268 übt die v}sir ihr Potential (d}malir) stets im Hinblick auf drei wesentliche Wirksamkeiten aus: c]mesir, aungsir und hq]xir.269 265 Vgl. dazu Hipp. Progn. 18b,298; Cris. 9,608–609; Syn. Puls. 9,487: eudgkom d’ fti lec_stg l³m 1kp·r eQr sytgq_am 1p· t0 N~l, t/r dum\leyr, 1kaw_stg d³ 1p· ta?r !MNyst_air; Syn. Puls. 9,497: Wenn du aber einen gleichmäßigen und starken Puls vorfindest, … so soll dies das größte Zeichen in Richtung Erhaltung des Erkrankten sein (svodq¹m d³ ftam erq_sj,r blak|m te ja· l]cam svucl¹m, ûla t` jat± v}sim 5weim t¹m wit_ma t/r !qtgq_ar, l]cistom toOto sgle?om eQr sytgq_am toO j\lmomtor 5sty). 266 Vgl. dazu Julius Rocca, Anatomy, in: Robert J. Hankinson (Hg.), The Cambridge Companion to Galen, Cambridge 2008, 242–262, 255: „When Galen says that outside air is prepared in the lungs, this change is made possible by the fundamental power (dunamis) of the lungs that determines their status as unique organs for this particular physiological elaboration.“ (Kursivierung im Original). 267 Können Lunge und Magen ihre jeweilige Speise, Luft (pmeOla) und Nahrung, ungehindert aufnehmen, so garantiert dies die Aufrechterhaltung des lebendigen Organismus. Signalisiert wird dies insgesamt durch !mapmo^ und eqenir. Vgl. dazu Alim. 29: pke}lym 1mamt_gm s~lati tqovµm 6kjei, t± d’ %kka p\mta tµm aqt^m; Alim. 48: … tqovµ c±q ja· pmeOla (vgl. zu beiden Stellen Thivel, Air, Pneuma and Breathing from Homer to Hippokrates, 249: „The lung attracts a nutriment that is opposed to the food of the body … for air is also a nutriment.“ Vgl. dazu insgesamt auch Armelle Debru, Physiology, in: Robert J. Hankinson (Hg), The Cambridge Companion to Galen, Cambridge 2008, 263–282, 275. 268 Galen zufolge kontrolliert die v}sir ihrer Wirksamkeit bzw. Tätigkeit im Lebewesen entsprechend u. a. den Funktionsbereich der Nahrungsaufnahme (vgl. Sympt. Diff. 7,55–63, wo eqenir als t/r hq]xeyr 1m]qceia beschrieben wird); daneben steuert die Natur den Prozess der Verdauung, der Verteilung des Nahrungssaftes, der Entstehung des Blutes, der Wirksamkeit der Muskeln und der Absonderung des Überflusses. Vgl. dazu Franjo Kovacˇic´, Der Begriff der Physis bei Galen vor dem Hintergrund seiner Vorgänger, Philosophie der Antike 12, Stuttgart 2001, 111. Zur v}sir als dem individuellen Organismus eines Lebewesens immanente Instanz, welche dessen Heilungsprozesse initiiert und garantiert vgl. Kovacˇic´, Der Begriff der Physis bei Galen, 210 ff. Vgl. dazu insgesamt auch Exkurs IV. 269 Deutlich geht dies aus Nat. Fac. 2,18 ff. hervor, wo Galen sehr genau zwischen Vermögen (d}malir) und Wirksamkeit (1m]qceia) unterscheidet (beide stehen in einem Ursache-Folge-
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3.1.3 Urin als Träger von d}malir eQr sytgq_am (vgl. Hipp. III Epid. III 17a,627; Hipp. III Epid. III 17a,628; Hipp. Off. Med. 18b,639) Nicht nur eine gute Atmung und Appetit, sondern auch die Ausscheidungen des Patienten indizieren als körperextern wahrnehmbare Äußerungen bei allen akuten Krankheiten,270 so Galen (in Anknüpfung an Hippokrates), innerkörperliche Zustände und geben Auskunft über Verlauf und Ausgang der akuten Krankheit (d. h., ob sie eQr sytgq_am oder eQr ekehqom entschieden wird).271 Insofern kann der Urin eines Patienten, tritt er in einwandfreier Qualität zutage,272 Träger von d}malir eQr sytgq_am sein und signalisieren, dass die Krankheit zum Guten (in Richtung Lebenserhaltung des Patienten) gewendet wird. Er kann aber ebenso anzeigen, dass die Krankheit in Richtung Tod und Verderben des lebensgefährlich Erkrankten273 umschlägt (vgl. dazu die Kontrastaussagen 1kp·r pq¹r t¹ syh/mai, Nopµ eQr sytgq_am, d}malir eQr sytgq_am und Nopµ eQr ekehqom, [Nopµ] pq¹r t¹m [toO j\lmomtor] j_mdumom in Hipp. III Epid. III 17a,627;274 Hipp. III Epid. III 17a,628;275 Hipp. Off. Med. 18b, 639276).277
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Verhältnis), die zur Aufrechterhaltung des lebendigen Organismus (vgl. 2,18: vuk\tteim t¹ s_la) notwendig sind: Fortpflanzungs-, Wachstums- und Nährvermögen bilden die Voraussetzung von Fortpflanzung, Wachstum und Ernäherung: hq]xir l³m B 1m]qceia, hqeptijµ d³ d}malir B aQt_a … 1peidµ d³ peq· t_m tqi_m dum\leym t/r v}seyr aqt\qjyr eUqgtai ja· va_metai lgdeli÷r %kkgr pqosde?shai t¹ f`om … d|neie l³m #m Usyr Rjam_r 5weim b k|cor oxtor Edg ja· p\sar 1ngce?shai t±r t/r v}seyr dum\leir … c]mesir ja· aungsir ja· hq]xir t± pq_ta ja· oXom jev\kaia t_m 5qcym 1st· t/r v}seyr7 ¦ste ja· aR to}tym 1qcastija· dum\leir aR pq_tai tqe?r eQsi ja· juqi~tatai. Die griechischen Zitate zu Nat. Fac. sind an dieser Stelle (wie auch im Folgenden) der Ausgabe von Georg Helmreich [u. a.], Claudii Galeni Pergameni scripta minora, 3 Bde., Leipzig 1893 (ND Amsterdam 1967) entnommen. Vgl. dazu Volker Langholf, Medical Theories in Hippokrates: early texts and the ,Epidemics‘, Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte 34, Berlin [u. a.] 1990, 82 ff.; ebenso van der Eijk, Therapeutics, 294: „The most significant diagnostic ,indicators‘ according to Galen are the urine of the patient and the pulse. These are familiar diagnostic tools from earlier Greek medicine … Urine and pulse are observable entities from which not-directly observable states or factors can be inferred if properly interpreted.“ Vgl. dazu auch Hipp. Aph. 17b,756 f.: Die Qualität des Urins gilt hier als wichtiger Indikator, welcher bereits im Vorfeld auf eine gute oder schlechte Krise verweist. Vgl. dazu auch Beate Gundert, Art. Krise (gr. krisis, lat. iudicium, ,Entscheidung‘, ,Urteil‘), in: Karl-Heinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 541 f. Vgl. ebenso die Ausführungen zur jq_sir-Terminologie unter II./3.2.3. Vgl. dazu Progn. 12: t¹ d³ owqom %qist|m 1stim, ftam × keuj^ te B rp|stasir, ja· ke_g, ja· blakµ paq± p\mta t¹m wq|mom, 5st’ #m jqih0 B moOsor7 sgla_mei c±q !sv\kei\m te ja· mo}sgla akicowq|miom 5seshai; vgl. die englische Übersetzung von Jones, Prognostic: „Urine is best when the sediment is white, smooth and even for the whole period of the illness until the crisis, for it indicates a short sickness and a sure recovery“; vgl. dazu auch Hipp. Progn. 18b,146 u. ö. Vgl. den partizipialen Gebrauch von mose?m, j\lmeim, jimdume}eim. So schreibt Galen bezüglich einer großen Entzündung in den unteren Körperteilen (vgl. Hipp. III Epid. III 17a,627: jake?tai d³ t¹ p\hor ): Gehen … geringe (Symptome) aus dem
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3.1.4 Zusammenfassung Blickt man abschließend auf die Stellen Progn. 5, Coa praes. 255,9, Hipp. Off. Med. 18b,639 und Hipp. III Epid. III 17a,628, so läßt sich die Sinnverwandtschaft (bzw. kontextuell bedingte Austauschbarkeit) der Formulierungen d}malir eQr sytgq_am (d}malir 1r sytgq_gm) und Nopµ eQr sytgq_am (Nopµ 1r sytgq_gm) klar eruieren: 1. Progn. 5: eupmoiam d³ wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa n»m puqeto?s_m 1sti ja· 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_metai. 2. Coa praes. 255,9: eupmoia d³ 1m p÷sim, bj|sa 1m puqet` ane?, jCm 1m tessaq\jomta Bl]q,si jq_mgtai, lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm. 3. Hipp. Off. Med. 18b,639: … to?r d³ lec_stgm d}malim eQr sytgq_am 1m to?r an]si mos^lasim eupmoia ja· owqom rp|stasim 5wom keujµm ja· ke_am ja· blak^m. 4. Hipp. III Epid. III 17a,628: eQ l³m !cah± vame_g, lec\kgm paqew|mtym Nopµm eQr sytgq_am, eQ d³ lowhgq\, sumepiswu|mtym ja· aqt_m ti pq¹r t¹m toO j\lmomtor j_mdumom. Richtet man den Fokus weiter auf das unmittelbare Umfeld der Formulierung(en), so wird das Bedeutungsprofil von d}malir eQr sytgq_am (Nopµ eQr sytgq_am) im Sprachgebrauch dieser Autoren bereits in Ansätzen greifbar. Einer Zusammenschau der Belege Progn. 5, Coa praes. 255,9, Hipp. Progn. 18b,77–78 und Hipp. Off. Med. 18b,639 lässt sich entnehmen, dass der übergreifende Kontext, in dem die sprachliche Einheit d}malir eQr sytgq_am Urin hervor …, so besteht für diejenigen, bei denen es sich so verhält, Hoffnung auf Rettung (pq¹r t¹ syh/mai … 1kp_r), viele (Symptome) aber (markieren) eine (entscheidende) Wendung in Richtung Verderben (eQr ekehqom Nopµ) … Denn in Gefahr befinden sich die derartig Erkrankten (jimdumeu|mtym c±q t_m ovtyr moso}mtym) durch eine Entzündung der Eingeweide. 275 Der Arzt, so Galen (vgl. Hipp. III Epid. III 17a,628), sollte u. a. für Leiden im Magen- und Brustkorbbereich (to?r jat± cast]qa ja· h~qaja … p\hesim) immer den Urin des Patienten untersuchen: Hat dieser einwandfreie Qualität, so bringt er eine große (entscheidende) Wendung in Richtung Erhaltung (lec\kgm paq]weim Nopµm eQr sytgq_am), wenn aber schlechte Qualität (dunkle Konsistenz), so zeigt er zuungunsten des Patienten eine Gefahr für Leib und Leben an (pq¹r t¹m toO j\lmomtor j_mdumom). Vgl. dazu auch Cris. 9,604. 276 Erscheinen Urin, Speichel oder Galle nach Krankheitsbeginn als dunkel, so Galen, zeigt sich daran, dass der Mensch in Gefahr ist; doch geht aus dem Gegenteil wiederum hervor, dass bei allen akuten Krankheiten leichtes Atmen und weißer, glatter und leichter Urin (als Unterstützung) das größte Potential in Richtung physische Erhaltung besitzen (Vgl. Hipp. Off. Med. 18b,639… lec_stgm d}malim eQr sytgq_am 1m to?r an]si mos^lasim eupmoia ja· owqom rp|stasim 5wom keujµm ja· ke_am ja· blak^m). 277 Dass speziell die Formulierungen Nopµ eQr sytgq_am und Nopµ eQr ekehqom einen semantischen Gegensatz beschreiben, geht auch aus Ps.-Galen Definitiones medicae 390,7 hervor: jimdum_der m|sgl\ 1sti t¹ Nopµm Usgm 5wom ja· pq¹r ekehqom ja· pq¹r sytgq_am.
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(ebenso wie die synonym gebrauchte Wendung Nopµ eQr sytgq_am) bei Hippokrates und Galen zur Anwendung kommt, immer derselbe bzw. ein nahezu strukturanaloger ist: An allen Stellen ist das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (Nopµ eQr sytgq_am) in eine unmittelbare Umgebung eingebunden, die die momentane ohmächtige Lage eines Menschen angesichts akuter, hochgradig gefährlicher, Leib und Leben des Patienten bedrohender Krankheit (m|sor, m|sgla) thematisiert.278 Das Verbum jq_meshai signalisiert in diesem Zusammenhang eine Änderung der Lage: Die akute Krankheit kann zum Guten (eQr sytgq_am) oder Schlechten (eQr ekehqom)279 gewendet280 werden.281 Die Möglichkeit einer Wendung der Gefahrenlage (hier: akute Krankheit) zum Guten oder Schlechten, in Richtung Tod oder Überleben des Patienten, ist demnach exakt der Rahmen, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am zur Anwendung kommt. Im Blick auf die Syntax geht aus allen analysierten Belegen hervor,282 dass die Syntagmen d}malir eQr sytgq_am und Nopµ eQr sytgq_am gängigerweise in Verbindung mit einem Verbum des Gebens bzw. Gewährens zur Anwendung kommen (vgl. 278 Vgl. dazu den expliziten Gebrauch der 1m-Kontruktion … 1m ûpasi [1m p÷sim] to?sim an]si mous^lasim … in Progn. 5; Coa praes. 255,9; Diff. Resp. 7,929; Hipp. Progn. 18b,77–78; Hipp. Off. Med. 18b,639; vgl. ebenso den Gebrauch von j_mdumor bzw. jimdume}eim in Hipp. III Epid. III 17a,627; Hipp. III Epid. III 17a,628. 279 Vgl. die Gegenaussage Nopµ eQr ekehqom z. B. in Hipp. III Epid. III 17a,627. 280 Vgl. dazu den Gebrauch von jq_metai in Progn. 5: 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai; Coa praes. 255,9: 1m puqet` ane?, jCm … jq_mgtai; Hipp. Progn. 18b,77–78: 1m ûpasi to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Diff. Resp. 7,929: 1m p÷si to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Hipp. Off. Med. 18b,639: 1m to?r an]si mos^lasim; vgl. ebenso Hipp. III Epid. III 17a,772: b puqet¹r d’ 1m !qw0 l³m an»r eQs]bakem; Hipp. III Epid. III 17a,775: de?tai c±q !e· t± lec\ka t_m mosgl\tym ja· t_m jqim|mtym aqt± cemma_ym. 281 Dies geht neben Progn. 5 (ak]hqior) und Coa praes. 255,1–9 (ham\silor) aus weiteren Stellen hervor, an denen die Formulierung d}malir eQr sytgq_am im Umfeld von Terminologie gebraucht wird, die Tod/Vernichtung (hamat~dgr, deim|r, ak]hqior) oder deren Gegenteil, Überleben (syt^qior, peqiestij|r), anzeigt: vgl. z. B. Hipp. Progn. 18b,297 f. (… 5sti … 5mia t_m sgle_ym ja· aqt± jah’ 2aut± lowhgq± l÷kk|m te ja· Httom …, C ,hamat_der‘ eQp½m C ,hamatyd]steqom‘ C ,ak]hqiom j\qta‘ … j!p· t_m !cah_m p\kim blo_yr C ,syt^qiom‘ C ,peqiestij¹m‘ "pk_r C ,lec\kgm d}malim 5wom‘ C ja· let± toO ,j\qta‘. pk]om c\q 1sti t¹ v\mai t¹ ,j\qta lec\kgm d}malim 5weim eQr sytgq_am‘ xikoO ja· l|mou toO ,lec\kgm d}malim 5weim‘); Cris. 9,608 f.: … taOt’ %qa ja· b haul\sior Zppojq\tgr 5kecem 1m t` Pqocmystij`, … ,ak]hqi|m‘ te ja· ,deim¹m‘ amol\fym ja· ,deim|teqom‘ ja· ,deim|tatom‘ …, ovty d³ ja· ,pomgq¹m‘ ja· ,pomgq|teqom‘ ja· ,pomgq|tatom‘ ja· ,hamat_d]r‘ ce mµ D_a ja· ,jaj¹m‘ "pk_r. 1m_ote d³ ja· t¹ ,j\qta‘ pqoscq\vei jah’ 2j\teqa t_m sgle_ym t± c]mg, t\ te mOm eQqgl]ma lowhgq± ja· t± wqgst|m ti dgkoOmta. ja· c±q owm ja· jat’ 1je?ma t¹ l³m ,%qistom‘ k]cei, t¹ d’ ,!cah¹m‘ "pk_r, t¹ d³ ,l÷kkom‘, t¹ d’ ,Httom‘. toioOtom d] ti ja· t¹ ,j\qta lec\kgm d}malim 5weim eQr sytgq_gm‘. 282 Vgl. Progn. 5: eupmoiam … j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm; Coa praes. 255,9: eupmoia … lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm; Hipp. Progn. 18b,77–78: eupmoiam … j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm; Diff. Resp. 7,929: eupmoiam … j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm; Hipp. Off. Med. 18b,639: … lec_stgm d}malim eQr sytgq_am … eupmoia ja· owqom … 5wom; Hipp. III Epid. III 17a,772: t` j\lmomti … tµm !mapmo^m te ja· tµm eqenim … lec\kgm 5womta d}malim eQr sytgq_am; Hipp. III Epid. III 17a,628: peq· … t_m ouqym … lec\kgm paqew|mtym Nopµm eQr sytgq_am.
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d}malim 5weim 1r sytgq_gm, lec\kgm 5weim Nopµm 1r sytgq_gm, d}malim eQr sytgq_am 5weim, paq]weim Nopµm eQr sytgq_am). Ein Dativus commodi kann dabei angeben, zu wessen Gunsten d}malir eQr sytgq_am bzw. Nopµ eQr sytgq_am bewirkt wird: zugunsten des sich angesichts akuter Krankheit in einer Gefahrenlage befindenden Patienten (vgl. z. B. Hipp. III Epid. III 17a,772: t` j\lmomti).
Es wurde gezeigt, dass an allen bisher analysierten Stellen eine gute Atmung, Appetit und/oder Urin (eupmoia, !mapmo^, eqenir, owqom) als (logisches Subjekt) und Trägerinstanz von d}malir eQr sytgq_am (Nopµ eQr sytgq_am) auftritt (vgl. den Gebrauch von d}malim eQr sytgq_am 5weim). Doch was hat man konkret darunter zu verstehen? Zur Klärung dieser Frage werden Zusatzinformationen benötigt: es bietet sich zunächst eine terminologische Klärung dessen an, was die Autoren des Corpus Hippocraticum und Galen unter den Begrifflichkeiten m|sor, m|sgla (II./3.2.1), v}sir (Exkurs IV), Qatq|r (II./3.2.2), pq|cmysir (II./ 3.2.2.1, II./3.2.2.2), sgle?om (II./3.2.2.3) und, im besonderen Maße: jq_sir (samt des dazugehörigen Verbums jq_meim, vgl. II./3.2.3) verstehen. 3.2 Lebensbedrohung durch akute Krankheit II. Der weitere Kontext des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im Corpus Hippocraticum und bei Galen Ist das nähere Umfeld des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am (Nopµ eQr sytgq_am), wie es im Corpus Hippocraticum und bei Galen zur Anwendung kommt, analysiert, so bleibt bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass der situative Kontext, welcher die Bedeutung der Wortverbindung generiert, als Situation akuter Bedrohung eines Menschen durch Krankheit bestimmt werden kann. Ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt nun als nächstes der Begriff m|sor (bzw. m|sgla). Denn will man den weiteren Kontext um d}malir eQr sytgq_am im Quellenbestand antiker Medizin ermitteln, so ist eine kurze Bestimmung dessen, was die Autoren dieser Texte unter (akuter) Krankheit verstehen, unumgänglich. Davon ausgehend gilt es, die Bedeutung weiterer Termini, die im Corpus Hippocraticum und bei Galen gängig im Gebrauch sind (vgl. v}sir und Qatq|r, pq|cmysir und sgle?om, ebenso wie jq_sir), zu klären und sie für Gebrauch und Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am auszuwerten. 3.2.1 Krankheit als ein Zustand wider die Natur (vgl. Sympt. Diff. 7,50) Was Galen unter Krankheit versteht, geht pointiert aus folgender Textpassage hervor (vgl. Sympt. Diff. 7,50): Eine Krankheit ist zu(aller)erst ein eine gewisse Tätigkeit des Körpers hemmender Zustand (m|sgl\ 1sti di\hesir s~lator 1meqce_ar tim¹r 1lpodistijµ pq~tyr). Wie-
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viele Zustände ihr … vorausgehen, sind keine Krankheiten … Auch wird von uns nicht alles, was im Körper gegen die Natur (paq± v}sim 1m t` s~lati) ist, gleich Krankheit (m|sgla) genannt, sondern das zu(aller)erst die Tätigkeit Hindernde: „Krankheit“, das aber dieser [der Krankheit] Vorausgehende „Ursache der Krankheit“ zwar, nicht aber „Krankheit“ (!kk± t¹ pq~tyr l³m bk\ptom tµm 1m]qceiam, m|sgla, t¹ d³ to}tou pqogco}lemom, aUtiom l³m mos^lator, oupy d³ m|sgla).
Krankheit (m|sgla) wird hier terminologisch umrissen als ein spezieller Zustand (di\hesir) des Körpers, welcher eine hemmende Wirkung hat (t¹ pq~tyr l³m bk\ptom tµm 1m]qceiam, m|sgla).283 Es handelt sich dabei um eine (vorübergehende) körperliche Disposition, die die reibungslose, d. h. naturgemäße (jat± v}sim) Aktivität der betroffenen Körperorgane des (lebendigen menschlichen) Organismus hemmt. Die m|sgla-Begrifflichkeit steht so verstanden für einen Zustand wider die Natur (m|sgla als 1lpodistijµ di\hesir [s~lator 1meqce_ar] paq± v}sim).284 Die Organe285 werden angesichts dieses Zustandes in der naturgemäßen Freisetzung ihrer Potentiale (d}malir/Pl.)286 und Tätigkeiten (1m]qceia/Pl.) gehindert.287 Den Kontrastbegriff zu m|sor stellt rc_eia dar: Gilt m|sor als ein Zustand wider die Natur (di\hesir paq± v}sim), so beschreibt rc_eia im Gegensatz dazu den der Natur konformen (di\hesir jat± v}sim) Zustand,288 mit welchem die naturgemäße Freisetzung der körperlichen Potentiale und Tätigkeiten der Körperorgane einhergeht.289 283 Dazu insgesamt Teun Tielemann, Methodology, in: Robert J. Hankinson (Hg.), The Cambridge Companion to Galen, Cambridge 2008, 49–65, 60: „Disease is taken by all Greek-speaking people to involve an impairment of some natural activity or function, e. g. loss of vision when the eye is diseased.“ (Hervorhebung im Original). 284 Vgl. dazu ebenso Sympt. Diff. 7,54: … f ti peq #m sulbeb^j, t` f~\ paq± v}sim, ¢r ja· t± mos^lata. 285 Jedes Körperorgan ist für Galen Träger eines bestimmten Potentials (d}malir). Dieses Potential ist wiederum Wirkursache (aQt_a, vgl. Nat. Fac. 2,9–13) für eine spezielle (inner-)körperliche Aktivität bzw. Tätigkeit (1m]qceia). Vgl. dazu Nat. Fac. 2,9 f.: eWma_ tima k]comter 1m ta?r vkex·m aRlatopoigtij^m, ¢sa}tyr d³ j!m t0 joik_ô peptijµm j!m t0 jaqd_ô svuclijµm ja· jah’ 6jastom t_m %kkym Qd_am tim± t/r jat± t¹ l|qiom 1meqce_ar (vgl. dazu die englische Übersetzung von Hankinson, Philosophy of Nature, 224: „… thus we say that there is in the veins a haematopoietic faculty, a digestive faculty in the stomach, a pulse-creating faculty in the heart, and in each of the other parts a specific faculty corresponding to its activity“). 286 Zum funktionalen bzw. zweckmäßigen Gebrauch von d}malir (Sgl./Pl., in Verbindung mit den Präpositionen eQr, pq|r) bei Galen, indem die Aufrechterhaltung des lebendigen Organismus (sytgq_a) den Endzweck darstellt, vgl. z. B. Nat. Fac. 2,9–13: pq~tyr l³m c±q t/r 1meqce_ar [B d}malir] aQt_a … B aQt_a pq|r ti … fti ja· B d}malir 1m t` pq|r ti. Dazu insgesamt Debru, Physiologie, 267: „Galen assigns the faculties to the category of ,relatives‘: they exist for something (pros ti). All the activities and their causes cooperate with a view to producing a single result, the maintenance of the functional unity which is the living creature.“ (Hervorhebungen im Original). 287 Vgl. dazu Kovacˇic´, Der Begriff der Physis bei Galen, 129; 148. 288 Vgl. Morb. Diff. 838: … !kk’ eUpeq B rce_a toOto, d/kom ¢r B m|sor t¹ 1mamt_om, Etoi jatasjeu^ tir paq± v}sim, C bk\bgr 1meqce_ar aQt_a … eUg #m owm B l³m rce_a sulletq_a tir, B d³ m|sor !letq_a. Aus diesem Passus geht gleichzeitig hervor, dass Galen Krankheit (m|sor) als Zustand
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Externe290 und/oder interne Faktoren können eine Krankheit hervorrufen.291 Greifen Bewegungen von außen planlos und fehlerhaft in die naturgemäße Ordnungsstruktur eines lebendigen Organismus ein, d. h. werden die pathologischen Einflüsse zu stark und ist das körpereigene (Abwehr-)Potential (d}malir) dagegen zu schwach, werden die Körperorgane nicht nur in der Freisetzung ihrer Potentiale und Tätigkeiten gehindert, sondern die Krankheit stellt unter Umständen auch eine große Gefahr für Leib und Leben dar.292
Exkurs IV: Die lebenserhaltende Rolle der v}sir Dass es sich bei den Ausdrücken m|sor (als di\hesir paq± v}sim) und rc_eia (als di\hesir jat± v}sim) um Gegenbegriffe handelt, wurde oben kurz zur Darstellung gebracht. Dies führt als nächstes zu der Frage, was die Autoren des Corpus Hippocraticum und auch Galen unter dem Begriff v}sir verstehen.293 In den hippokratischen Schriften wird der Ausdruck v}sir häufig als Synonym für den Normalzustand des lebendigen Organismus eines Lebewesens gebraucht.294 Insbesondere in den Epidemiae wird die Natur gleichgesetzt mit der dem Körper
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294
des Mißverhältnisses (!letq_a) der Mischung der Körpersäfte versteht, Gesundheit (rc_eia) dagegen als Zustand des richtigen Verhältnisses (sulletq_a). Vgl. dazu insgesamt Kovacˇic´, Der Begriff der Physis bei Galen, 137. Vgl. hierzu auch die Definition, die Galen in De methodo medendi zu m|sor – im Gegensatz zu rc_eia – liefert (Meth. Med. 10,41): … ja· rcia_mym oxtor amol\fetai paq’ aqto?r è p\mta toO s~lator t± l|qia jat± v}sim 1meqce?, ja· mos_m è b]bkapta_ ti. Vgl. dazu z. B. Const. art. med. Patr. 1,296: Wenn nämlich eine gewisse Menge an Feuchtigkeit oder Schlechtigkeit oder eine Hemmung oder ein zerstörerisches Vermögen dem Körper widerfährt, besteht die Gefahr, dass der Mensch zwar nicht gleich erkrankt, irgendwann aber sich aufs ärgste in Gefahr befindet (ftam c±q Etoi pk/h|r ti wul_m, C vauk|tgr, C 5lvqanir, C vhaqtijµ d}malir 1cc_mgtai t` s~lati, j_mdum|r 1stim fsom oupy mos/sai t¹m %mhqypom, pot³ d³ ja· 1sw\tyr jimdumeOsai). Vgl. dazu insgesamt Hankinson, Philosophy of Nature, 230 f. Ein starkes körpereigenes (Wehr-)Potential sorgt für physische Erhaltung und Überleben (sytgq_a), ein schwaches (Wehr-)Potential impliziert dagegen Lebensgefahr. Vgl. dazu z. B. Cris. 3,9,609: … !kk± s»m l³m Qswuqø t0 dum\lei syt^qia, s»m !sheme? d³ jimdum~dg. Der Ausdruck v}sir findet bei den Autoren des Corpus Hippocraticum und auch bei Galen an zahlreichen Stellen und in den unterschiedlichsten Kontexten Verwendung. Dementsprechend schillernd ist der Begriff seiner Semantik nach. Zum Problem einer Definition von v}sir vgl. Galen Foet. Form. 4,688: oqde·r owm ovtyr 1st·m 1mme¹r, ¢r lµ moe?m, eWma_ tima t/r toO juoul]mou cem]seyr aQt_am, Dm amol\folem ûpamter v}sim, !cmooOmter aqt/r tµm oqs_am; vgl. dazu auch Moraux, Aristotelismus, 771, der im Blick auf die Schwierigkeit einer Bestimmung der Semantik von v}sir bei Galen schreibt: „Das einzige, das wir mit Sicherheit behaupten können, ist, daß die Ursache, die die Entstehung und Entwicklung der Lebewesen bewirkt, eine hohe Weisheit besitzt und über eine wunderbare Kraft verfügt. Was sie aber eigentlich ist, entzieht sich unserer Erkenntnis.“ Vgl. Marion Stamatu, Art. Natur (gr. physis, lat. natura), in: Karl-Heinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 641–644, 642.
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angeborenen Konstitution,295 oder sie gilt als die Instanz, mittels welcher Körperfunktionen wie Atmung, Harnfluß und Appetit gesteuert werden (vgl. z. B. Epid 6,5,1).296 Doch verstehen die Autoren des Corpus Hippocraticum unter v}sir nicht nur ein jedem lebendigen Organismus innewohnendes, administratives Prinzip. An manchen Stellen steht v}sir auch für ein personifiziertes schöpferisch (bzw. demiurgisch) und soteriologisch297 aktives Prinzip.298 So ist im Krankheitskontext von v}sir oftmals als der eigentlichen Wirkursache von sytgq_a die Rede, welche die Krankheit mittels ihrer Heilung und Lebenserhaltung bewirkenden Kraft (d}malir) spontan beseitigt und Gesundheit wiederherstellt.299 Das kraftvolle, lebenserhaltende Eingreifen der v}sir ist für die Autoren des Corpus Hippocraticum dabei Voraussetzung für alle ärztlichen Eingriffe, während dem Arzt selbst nur die Funktion eines Helfers (der Natur) zukommt (Epid. 6,5,1: mo}sym v}sier Qgtqo_).300 In Anlehnung an die Autorität des Hippokrates versteht auch Galen unter v}sir einerseits das dem lebendigen (menschlichen) Organismus immanente Prinzip, welches im Sinne einer teleologischen Ordnungsstruktur über die Materie im Allgemeinen und den Körper (s_la) im Besonderen herrscht. Darüber hinaus tritt die v}sir in den Schriften Galens oftmals in demiurgischer Rolle auf,301 indem er damit gleichzeitig die kraftbesitzende Zentralinstanz und Wirkursache (aQt_a) der physischen Erhaltung (sytgq_a)302 aller Lebewesen303 bezeichnet.304 295 So Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 40 f. 296 U. a. durch Ein- und Ausatmen (pme}lator eUsodor, 5nodor) und den Fluss von Urin, Nahrung und Atmung (Ouqou %vodor …, tqov/r ja· pmoi/r …) helfe die Natur sich selbst, so Epid. 6,5,1 (mo}sym v}sier Qgtqo_); vgl. dazu Stamatu, Natur, 642. 297 D. h. ein die sytgq_a („Lebenserhaltung“) lebendiger Organismen garantierendes Prinzip. 298 Bereits Hippokrates, so Galen, rühmt an vielen Stellen die Natur (v}sir), die den Körper (s_la) der Lebewesen entsprechend ihrer Güte, ihres Vermögens (d}malir) und ihrer Gerechtigkeit gestaltet hat; vgl. dazu Plac. Hipp. Plat. 9,8,11 f; Plac. Hipp. Plat. 9,8,23: t¹ d³ dgliouqcij¹m Bl_m aUtiom, ¢r 5hor 1st·m ûpasim !mhq~poir, amol\fym v}sim … jake? d’ aqtµm ja· dija_am 1m_ote ja· t¹m Qatq¹m rpgq]tgm te ja· lilgtµm aqt/r eWma_ vgsi ja· diapamt¹r 1m to?r jat± l]qor k|coir rlme? te ja· haul\fei tµm d}malim aqt/r; vgl. z. B. auch Elem. Hipp., wo eine Identitätssetzung von Natur und Demiurg stattfindet: üq’ owm 1j t/r aqt/r oqs_ar ûpamta c]comem C l÷kkom !cah|r tir owsa dgliouqc¹r B v}sir. Allgemeines dazu auch bei Stamatu, Natur, 643. 299 Vgl. dazu insgesamt Paul Potter, Art. Heilung, in: Karl-Heinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 395 f. (hier auch weitere Literatur). 300 Vgl. Paul Potter, Art. Heilkraft, in: Karl-Heinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 390 f. 301 Vgl. dazu Hankinson, Philosophy of Nature, 223 ff. 302 Vgl. z. B. Ars Med. 1,378: "p\mtym d’ aqt_m B l³m v}sir 1st· dgliouqc¹r, b d’ Qatq¹r rpgq]tgr. 303 Vgl. Foet. Form. 4,687–688; Plac. Hipp. Plat. 9,8,11 f; Plac. Hipp. Plat. 9,8,23; Usu Part. 3,65; 3,795; 4,145; 4,211; 4,248; 4,358–359: t_r owm ovtyr 5lpkgjtor %kkor c’ C fstir 1whq|r 1sti ja· pok]lior to?r 5qcoir t/r v}seyr, dr oqj… eqh]yr … sum/je t/r t]wmgr toO dgliouqcoO. t_r d’ oqj #m eqh»r 1mhulghe_g moOm tima d}malim 5womta haulastµm 1pib\mta t/r c/r 1jtetet\shai jat± p\mta t± l|qia. pamtaw|hi coOm bq÷tai cicm|lema f`a haulastµm ûpamta jatasjeuµm 5womta; Usu Part. 4,358–359; Nat. Fac. 2,29–30: ja· B v}sir ûpamta tewmij_r ja· dija_yr pq\ttei dum\leir 5wousa, jah’ $r 6jastom t_m loq_ym 6kjei l³m 1v’ 2aut¹ t¹m oQje?om 2aut` wul|m, 6knam d³ pqosv}ei pamt· l]qei t_m 1m art` ja· tek]yr 1noloio?.
Exkurs IV: Die lebenserhaltende Rolle der v}sir
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Auch im Kontext akuter Bedrohung eines Menschen durch Krankheit (vgl. z. B. Hipp. III Epid. III 17a,772–775; Praes. Puls. 9,419,1–6) kommt Galen auf die Rolle der v}sir als eines aktiven Lebenserhaltungsprinzips zu sprechen. Die Wortgruppen um m|sor, m|sgla, h\mator (einschließlich der Verben !p|kkushai und !pohm^sjeim) einerseits und um v}sir (bzw. Qatq|r), d}malir, sytgq_a (einschließlich des Verbums s]feim) andererseits stehen in diesem Zusammenhang in semantischem Kontrast zueinander. Krankheit und Natur befinden sich im Kampf,305 den die Natur zugunsten der von Krankheit betroffenen Person (t` j\lmomti) kämpft.306 Entweder schafft es die v}sir mittels des dem lebendigen Organismus körpereigenen (Abwehr-)Potentials (d}malir), der Krankheit stark und widerstandsfähig zu begegnen, sie kämpfend abzuwehren, Herrschaft über sie zu erlangen und letztendlich zu obsiegen, sodass der lebendige Organismus gerettet und am Leben erhalten wird;307 oder aber die v}sir 304 Vgl. dazu insgesamt Kovacˇic´, Der Begriff der Physis bei Galen, 83; 89; 210. Hier wird die dem individuellen Organismus immanente v}sir als Einheit und Ordnung stiftendes, administratives Regelwerk, das durch die Ausübung spezieller Kräfte und Wirksamkeiten über alle Körperfunktionen herrscht, unterschieden von einer v}sir als externer Instanz in personifizierter Form (bzw. als Agens mit kreativer Rolle), welche als göttlich-providentielles Prinzip in platonisch-demiurgischer Manier auftritt und verantwortlich ist für die Gestaltung, Ordnung und Kontrolle des Kosmos im Allgemeinen sowie des individuellen Organismus eines Lebewesens im Besonderen (vgl. ders., Der Begriff der Physis bei Galen, 210: „In Galens Texten, insbesondere in seiner Schrift De usu partium, wird die Natur als ein Agens mit kreativer Rolle außerhalb des lebendigen Organismus personifiziert … Sie hat die Dinge der Welt auf die bestmöglichste Weise gestaltet und geordnet, ist sorgfältig, kunstverständig, weise, gerecht, fürsorglich, gut. Dasselbe … kreative … Agens nennt Galen oft, ohne eine Sinnänderung Demiurg“). 305 Vgl. dazu Hipp. III Epid. III 17a,772–775: Das Fieber also überfiel ihn [den Patienten] am Anfang heftig (b … eQs]bakem), in der folgenden Zeit aber ließ seine Heftigkeit nach (1nek}hg … B an}tgr) … Nur ein schlechtes Zeichen gab es bei dem Patienten (t` j\lmomti sgle?om), dass ,der Urin spärlich war‘ und ,dunkel‘. Deshalb bekam auch die Natur für lange Zeit die Krankheit kaum in den Griff (di¹ ja· pokk` wq|m\ l|cir 1jq\tgsem B v}sir toO mos^lator), indem sie am 40. Tag von den kritischen Tagen eine Blutung auslöste und Schmerzen an der Hüfte und danach an allen Bereichen unterhalb verursachte. Denn die großen Erkrankungen bedürfen immer auch der körpereigenen Kräfte, die sie zur Entscheidung bringen (de?tai c±q !e· t± lec\ka t_m mosgl\tym ja· t_m jqim|mtym aqt± cemma_ym), aber auch durch deren Hilfe kam die Krankheit (B m|sor) nicht an ihr Ende. Um den achtzigsten Tag herum aber traten Zeichen ihres Abklingens im Urin auf, in deren Gefolge sie in kurzer Zeit bis zum 120. Tag an Kraft verlor und sich vollkommen auflöste (tµm 1poi^sato) (Übersetzung Jörg Dittmer). 306 In Praes. Puls. 9,419 heißt es dazu: syh^somtai l³m oR l]kkomter s~feshai jat’ 1je?mom t¹m wq|mom 1m èpeq #m B v}sir 1pijqat^s, teke~tata t/r mos~dour diah]seyr7 tehm^netai d³ jat’ 1je?mom t¹m wq|mom 1m èpeq t¹ m|sgla t/r dum\leyr eQr tosoOtom 5stai jqe?ttom ¢r 1m]qcei\m tima t_m pq¹r t¹ f0m !macja_ym !pok]shai. 307 Vgl. dazu das auf die v}sir (in ihrer Rolle als lebenserhaltende Instanz) verweisende Wortcluster um jqate?m, !mtaqje?m, diaqje?m, !pol\weshai, jatacym_feshai, 1pijqate?m, mij÷m, wie es in folgenden Texten zum Ausdruck kommt: Hipp. III Epid. III 17a,772–775 (zu Text und Übersetzung vgl. Anm. 305); Praes. Puls. 9,419 (zum Text vgl. Anm. 306); Tot. Morb. Temp. 101: … l^te syh/mai dumal]mou tim|r, eQ lµ jqat^seiem B v}sir t/r m|sou, l^t’ !p|kkushai wyq·r toO mijgh/mai l³m tµm v}sim, 1pijqat]steqom d’ aqt/r cem]shai t¹ m|sgla; Tot. Morb. Temp. 102: … C toqmamt_om !shemest]qa t/r dum\leyr, ¢r mijgh/mai pq¹r 1je_mgr, "p\mtym
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(bzw. das von ihr bereitete, körpereigene Wehrpotential: d}malir) unterliegt im Kampf gegen die Krankheit, indem es schwächer ist als diese.308 Die Natur ginge damit als die Unterlegene aus dem Kampf hervor. Das finale Obsiegen der Krankheit gegenüber der v}sir hätte konsequenterweise den Tod des Patienten zur Folge.309
3.2.2 Der Arzt als „Helfer der Natur“ Um eine hochgradig gefährliche Krankheit zu bewältigen und um die Gesundheit des Patienten wiederherzustellen, bedient sich die v}sir, so die Autoren der hippokratischen Schriften, gängigerweise eines Helfers:310 Die Rede ist vom Arzt (b Qgtq|r),311 dessen Aufgabenfeld u. a. in der hippokratischen Schrift Epidemiae (vgl. 1,2,5) skizziert wird.312
308
309 310 311 312
jak_r cimol]mym. ftam owm rp³q tµm d}malim ×, tehm^netai p\mtyr b %mhqypor; Cris. 9,726 f.: … fpou c±q di^mecj] te ja· !pelaw]sato ja· !mt^qjese t` svodqot\t\ t/r m|sou ja· jatgcym_sato t± kupoOmta …, oqj 1md]wetai ta}tgm oqj 5ti mijgh/mai. ja· lµm eUpeq !^ttgtor B v}sir rp¹ toO mos^lator eUg, jat’ oqd]ma tq|pom 1cwyqe? h\matom !pamt/sai, eU ce lgd³m %kko ti h\mat|r 1sti paq± tµm pamtek/ t/r v}seyr Httam. diaqjo}sgr d³ ja· jqato}sgr ja· mij~sgr !m\cjg s~feshai t¹ f`om … t|te c±q pq_tom !pohame?m !macja?om ftam B d}malir rp¹ toO mos^lator Bttgh0. Dass die bei Galen begegnende metaphorische Rede vom Kämpfen bzw. Kampf offensichtlich den politischen Kampf zum Bildspender hat, ist bei Wolfgang Kullmann, Naturgesetz in der Vorstellung der Antike, besonders der Stoa: eine Begriffsuntersuchung, Philosophie der Antike, Stuttgart 2010, 19 f. zu lesen. Vgl. dazu ebenso Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 89, der darauf hinweist, dass das in den hippokratischen Schriften gebrauchte Verbum jqate?m seiner Bedeutung nach wohl den sozialen (politischen) Bereich zum Bildspender hat. Vgl. Const. art. med. Patr. 1,293: Denn schnell wird sein die Befreiung von der Krankheit (tawe?a c±q 5stai B k}sir toO mos^lator), wenn das (Abwehr-)Vermögen kräftig ist (ftam B d}malir eqqyst0), Tod aber hurtig, wenn es schwach ist, stärker aber die Krankheit (h\mator d³ diataw]ym, Cm aqtµ l³m !shemµr ×, Qswuq|teqom d³ t¹ m|sgla); vgl. dazu auch Cris. 9,609: … s»m l³m Qswuqø t0 dum\lei syt^qia, s»m !sheme? d³ jimdum~dg. Vgl. Hipp. Aph. 17b,506: … fti d ’ !m\cjg di± t¹ l]cehor t_m mosgl\tym ja· tµm svodq|tgta t_m sulptyl\tym C mijgh/mai di± taw]ym tµm d}malim, ¦st’ !pok]shai t¹m %mhqypom … 1m to?r an]si mos^lasim. Vgl. dazu Ars Med. 1,378: "p\mtym d’ aqt_m B l³m v}sir 1st· dgliouqc¹r, b d’ Qatq¹r rpgq]tgr (vgl. ebenso die hippokratische Schrift Epid. 1,2,5; 6,5,1). Vgl. hierzu insgesamt Ludwig Edelstein, The Hippocratic Physician, in: Owsei Temkin, C. Lilian Temkin (Hg.), Ancient Medicine: Selected Papers of Ludwig Edelstein, Baltimore [u. a.] 1987, 87–110. Vgl. Epid. 1,2,5: (Es gilt von Seiten des Arztes das), was vorausgegangen ist, zu erklären (k]ceim t± pqocem|lema7); das Gegenwärtige zu erkennen (cicm~sjeim t± paqe|mta7); das Kommende vorauszusagen (pqok]ceim t± 1s|lema7). Darin sich üben (!sj]eim). Für die Behandlung der Krankheit gilt zweierlei: nützen und doch nicht schaden (peq· t± mous^lata, d}o, ¡vek]eim, C lµ bk\pteim). Die Heilkunst umfasst dreierlei: die Erkrankung, den Kranken und den Arzt (B t]wmg di± tqi_m, t¹ mo}sgla, b mos]ym, ja· b Qgtq|r7). Der Arzt ist der Diener der Heilkunst (b Qgtq¹r, rpgq]tgr t/r t]wmgr7). Der Kranke muss sich zusammen mit dem Arzt gegen die Krankheit wehren (rpemamtioOshai t` mous^lati t¹m moseOmta let± toO QgtqoO wq^). Übersetzung in Anlehnung an Müri, Der Arzt im Altertum, 11.
Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit
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Da sich ein schwer erkrankter Mensch vorübergehend im Zustand der Ohnmacht und des Leidens befindet (vgl. Epid. 1,2,5: b mos]ym, vgl. hier den partizipialen Gebrauch des Verbums mose?m)313 und auf das helfend-rettende Eingreifen einer weiteren Instanz angewiesen ist, umfasst die Heilkunst (B t]wmg) Epid. 1,2,5 zufolge konsequenterweise die Dreierkonstellation „Krankheit“, „Kranker/Patient“, „Arzt“ (t¹ mo}sgla, b mos]ym, ja· b Qgtq|r). Zusammen mit dem Kranken (b mos]ym) bildet der Arzt (als Diener der Heilkunst, vgl. Epid. 1,2,5: b Qgtq¹r, rpgq]tgr t/r t]wmgr) eine Art Front, um sich gegen die Krankheit zur Wehr zu setzen (vgl. die auf b Qgtq|r verweisende Wendung rpemamtioOshai [t` mous^lati]).314 Reduziert man die Dreierkonstellation Arzt, Kranker und Krankheit nun auf die beiden Handlungsträger Arzt und Krankheit, so ist evident, dass beide ihrer Wirksamkeit nach in Opposition zueinander stehen, wie die semantische Unvereinbarkeit von Nützen bzw. Helfen (vgl. in Epid. 1,2,5 den Gebrauch der Verben ¡veke?m, lµ bk\pteim im Verweis auf b Qgtq|r) und Schaden zeigt.315
3.2.2.1 pq|cmysir als Aufgabe des Arztes Um zu wissen, ob eine Krankheit zugunsten oder zuungunsten des Patienten verläuft, muss der Arzt bei seiner Visite am Krankenbett die vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Befindlichkeiten des Betroffenen im Blick haben.316 Die Kenntnis vorangegangener und gegenwärtiger Befindlichkeiten stellt wiederum die Weichen für die ärztliche Voraussage dessen, was in Zukunft eintreten wird, speziell: worin der Ausgang der Krankheit bestehen wird317 (vgl. Epid. 1,2,5: k]ceim t± pqocem|lema7 cicm~sjeim t± paqe|mta7 pqok]ceim t± 1s|lema). Das ärztliche Vorauswissen bzw. Voraussagen der Entwicklung einer Krankheit (unter Einbeziehung des augenblicklich Vorhandenen und Vergangenen)318 bezeichnen die Autoren des Corpus Hippoc313 Vgl. Passow, s.v. mos]y: „kranken“, „siechen“, „leiden”. 314 Durch sein Können erwirbt sich der Arzt das Vertrauen der Patienten (vgl. den Gebrauch von piste}eim in Progn. 1,4), eine Voraussetzung, um die Therapie besser einrichten zu können. 315 Vgl. z. B. Sympt. Diff. 7,50: m|sgl\ 1sti di\hesir s~lator 1meqce_ar tim¹r 1lpodistijµ; t¹ … bk\ptom tµm 1m]qceiam, m|sgla. 316 Vgl. dazu die Ausführungen bei Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 19. 317 Vgl. dazu Ludwig Edelstein, Hippocratic Prognosis, in: Owsei Temkin, C. Lilian Temkin, Ancient Medicine: Selected Papers of Ludwig Edelstein, Baltimore [u. a.] 1987, 65–85, 66: „It would be better if the physician were able to cure all his patients, better than merely being able to foresee what the outcome of the sickness will be … But that is not possible. Patients cannot always be saved, but sometimes die.“ 318 In den Epidemien und im Prognosticum bezieht sich die ärztliche „Prognose“ (pq|cmysir) auf drei unterschiedliche Zeiten im Krankheitsverlauf und umfasst nicht nur das Zukünftige, sondern auch das augenblicklich Vorhandene und Vergangene, so Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 19. Vgl. dazu auch Edelstein, Hippocratic Prognosis, 69: „In Hippocratic medicine … prognosis is, first of all, the prediction of the outcome of a disease … In this sense, prognostication is an anticipation of the future. But in ancient medicine, prog-
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raticum als pq|cmysir (vgl. das dazugehörige Wortcluster um pq|moia, pqocim~sjeim, pqok]ceim319 [t± 1s|lema] in Progn. 1,1–10; Epid. 1,2,5), ein terminus technicus, den Galen übernimmt.320 Den Gegenstand ärztlicher pq|cmysir bestimmt er in Praes. Puls. 9,418: (1) Erstens beschäftigt sich die ärztliche Prognose (pq|cmysir) mit der Frage nach dem möglichen (guten oder schlechten) Ausgang der Krankheit (eQr f ti tekeut^sei t¹ m|sgla… p|teqom eQr ekehqom, C eQr sytgq_am) (2) Zweitens gibt sie dafür den zeitlichen Rahmen an (… 1m t_mi l\kista toOt’ 5stai wq|m\) (3) Drittens beschäftigt sie sich mit der Frage, auf welche Art und Weise Tod oder physische Erhaltung mit Blick auf die Zukunft eintreten werden (… t_r b tq|por 5soito toO te ham\tou ja· t/r sytgq_ar).
Als ärztliches Kundtun und „weissagendes” Scheiden der Patienten in solche, die zukünftig gerettet und solche, die sterben werden321 erfordert die Prognose vom Arzt konkret ein Beobachten bzw. Wahrnehmen mit den Sinnen (= Sehen, Hören, Riechen, Tasten etc.)322 sowie die Auswertung der wahrgenommenen Information, die der Körper des Patienten im Krankheitszustand bereithält.323
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nosis also includes a knowledge of the pratient’s present condition and of his earlier symptoms, of what, in fact, already exists and has already existed. In this sense, prognostication is the anticipation of statements that the patient or a third party might make about the present or the past.“ Neben einem „Vorauserkennen“ (pqocim~sjeim) umfasst der Term pq|cmysir im Corpus Hippocraticum seiner Bedeutung nach auch ein „Voraussagen“ (pqok]ceim) im Sinne der ärztlichen Mitteilung an Kranke und Angehörige, vgl. z. B. Progn. 1,1–10 (pqocicm~sjym c±q ja· pqok]cym paq± to?si mos]ousi t\ te paqe|mta ja· t± pqocecom|ta ja· t± l]kkomta 5seshai…). Zur terminologischen Abgrenzung von Diagnose (di\cmysir) und Prognose (pq|cmysir) kommt es in Praes. Puls. 9,417: Die Diagnose wird von Galen als ein (Auf-)Finden der gegenwärtigen Krankheitszustände bestimmt (B l³m dµ t_m 1mest~tym di\cmysir oqd³m %kko 1st·m C diah]seym evqesir), die Prognose ist dagegen ein (Auf-)Finden der zukünftigen Zustände. So ist die Diagnose die notwendige Voraussetzung für die Prognose, als ein (Auf-)Finden derjenigen Zustände, die in Zukunft eintreten werden (vgl. 9,417: … fti d³ ja· B t_m lekk|mtym pq|cmysir 1j t_m 1mest~tym c_metai, pokk\jir l³m Edg ja· di± t_m 5lpqoshem eQqgl]mym 1medein\leha). Vgl. dazu auch Progn. 1,18–22: ja· to»r !pohamoul]mour te ja· s\hgsol]mour pqocicm~sjym ja· pqoacoqe}ym !ma_tior #m eUg. Den Gedanken, dass eine präzise Kenntnis der körperlichen Disposition des Patienten für eine stichhaltige medizinische Prognose unerlässlich ist, da diese körperliche Disposition gleichsam die Quelle jeglicher medizinischen Theorie bildet, übernimmt Galen von Hippokrates; vgl. dazu Hankinson, Philosophy of Nature, 210: „Galen attributes the notion that proper medical practice requires serious physical knowledge to Hippokrates.“ So heißt es in Epid. 4,1,43: Die Entscheidungen mit den Augen, Ohren, der Nase, der Hand; dazu das übrige, woraus wir erkennen. Der Kranke, der Behandelnde, durch Tasten oder Riechen oder Schmecken, das Übrige erkennend. Haare, Farbe, Haut, Adern, Bänder, Muskeln, Weichteile, Knochen, Mark, Hirn und was vom Blut kommt, Eingeweide, Leibeshöhle, Galle, die anderen Säfte, Gelenke, Pulsschläge, Zittern, Krämpfe, Schlucken, Art der Atmung, Ausscheidungen. Daran erkennen wir (Übersetzung in Anlehnung an Müri, Der Arzt im Altertum,
Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit
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3.2.2.2 Ärztliche pq|cmysir im Rahmen akuter Krankheiten. Der Arzt als Zeichendeuter Als Vorhersage der künftigen Entwicklung einer Krankheit zur guten oder schlechten Seite (vgl. Praes. Puls. 9,418,2 f: eQr f ti tekeut^sei t¹ m|sgla … p|teqom eQr ekehqom, C eQr sytgq_am) fällt die ärztliche pq|cmysir gerade dann ins Gewicht, wenn der Patient akut erkrankt ist.324 Wie stellt der Arzt nun die Prognose hinsichtlich des guten oder schlechten Ausgangs der Krankheit? Galen schreibt (vgl. Hipp. Progn. 18b,297):325 Es muss aber derjenige, der eine richtige Prognose für diejenigen stellen will, die am Leben bleiben und die sterben werden (wqµ d³ t¹m l]kkomta aqh_r pqocim~sjeim to}r te peqiesol]mour ja· !pohamoul]mour), und für diejenigen, bei denen die Erkrankung mehr Tage und bei denen sie vielleicht weniger Tage bleiben wird, alle (An-)Zeichen (Symptome) aufspüren und beurteilen, indem er ihre jeweiligen Potentiale (Kräfte) gegeneinander abwägt (t± sgle?a 1jlamh\momta p\mta jq_meim 1jkocif|lemom t±r dum\leir aqt_m pq¹r !kk^kar), wie es ja aufgezeichnet ist für die anderen Dinge, den Urin und den Speichel…
Ärztliche pq|cmysir hat, so Galen, folglich immer bei den sichtbaren Zeichen (oder Anzeichen: sgle?a) einzusetzen, die der Körper des akut erkrankten Menschen äußert.326 Allein im Corpus Hippocraticum ist der Ausdruck sgle?om (in der Bedeutung „Anzeichen“ bzw. am Körper eines Patienten auftretende, sichtbare „Äußerung“, welche die Aufmerksamkeit des prognostizierenden Arztes erregt und auf dessen positive und negative Implikationen er vertraut)327 als medizinischer terminus technicus
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61). Allgemeines zu dieser ärztlichen Vorgehensweise auch bei Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 135. Interessanterweise befasst sich die hippokratische Schrift Prognostikon nahezu ausschließlich mit akuten Krankheiten, nicht mit Krankheit an sich; vgl. dazu Edelstein, Hippocratic Prognosis, 66 f.: „The significance of prognosis for treatment is thus exemplified in the diseases that rapidly lead to death … and in the eventuality of these serious diseases that come so quickly to a crisis, the physician is advised to make a prognosis.“ Vgl. ders., Hippocratic Prognosis, 68: „When one realizes that it is the acute diseases from which most people die, that they are the most dangerous of all sporadic diseases …, and when one sees how … the phenomenon of sudden death astonishes people and makes them aware of their helplessness, the significane of prognosis for just these diseases becomes apparent.“ Übersetzung Jörg Dittmer. Vgl. dazu insgesamt Edelstein, Hippocratic Prognosis, 70: „A prognosis is made … semeiotically, by taking the way the organs are functioning and the whole constitution of the body as signs.“ Eine Auflistung von guten und schlechten Anzeichen (wie guter bzw. schlechter Atmung, guter bzw. schlechter Qualität der Ausscheidungen/des Urins), welche im Rahmen einer lebensbedrohlichen Krankheit dem prognostizierenden Arzt als Informanten für baldigen Tod oder baldige Genesung dienen, findet sich z. B. in Progn. 15,10 ff.
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260mal belegt.328 Auch Galen gebraucht den Begriff gängigerweise in dieser Bedeutung.
Die sgle?a zeigen dabei unsichtbare, innerkörperliche Prozesse an,329 zu denen sie in kausaler Beziehung stehen. Es sind eben diese Prozesse, die es anhand äußerlich wahrnehmbarer Phänomene seitens des Arztes zu ermitteln gilt.330 So übernimmt der prognostizierende Arzt im Rahmen schwerer, akuter Krankheiten eine zeichendeutende Tätigkeit:331 Alle im Rahmen einer akuten Krankheit am Körper des Patienten auftretenden Zeichen (vgl. Hipp. Progn. 18b,297: t± sgle?a … p\mta) hat der Arzt nicht nur wahrzunehmen, sondern auch nach Anzahl (!qihl|r) und Potential (d}malir) auszuwerten (vgl. dazu Hipp. Aph. 17b, 528; Hipp. Progn. 18b,191; Hipp. Progn. 18b,297).332 3.2.2.3 Gute oder schlechte Zeichen: Implikationen für die ärztliche Prognose (Hipp. Progn.18b,297 f.) Es wurde erwähnt, dass die am Körper eines akut erkrankten Patienten erscheinenden Zeichen als sichtbare, körperextern wahrnehmbare Wegweiser (vgl. Hipp. Progn. 18b,297; Hipp. Aph. 18b,528) dem prognostizierenden Arzt unsichtbare, körperinterne Abläufe kundgeben und somit auch insgesamt als Indikatoren für die zeitliche und finale Entwicklung des Krankheitsverlaufes gelten. Da die jeweiligen Zeichen ihrem Potential (d}malir) nach differieren, muss der Arzt, so Galen (in Anknüpfung an Hippokrates), die Potentiale aller Zeichen gegeneinander abzuwägen.333 Dies ist exakt der Zusammenhang, in
328 Vgl. Daniela Fausti, Art. Semiotik, in: Karl-Heinz Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 796 f. 329 Hierzu schreibt Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 134: „These actions or processes were conceived of as happening inside the body. All that could be observed were outward phenomena believed to be related to the inward process. Their observation implied an interpretation of what was supposed to be going on within“ (Hervorhebung im Original). 330 Vgl. dazu van der Eijk, Therapeutics, 299; Fausti, Semiotik, 796 f. 331 Fausti, Semiotik, 796 f. spricht von der „Zeichendeutekunst“ des Arztes. 332 So schreibt Galen (in Hipp. Progn. 18b,22 f. im Verweis auf die Autorität des Hippokrates), dass bei akuten Krankheiten (1m to?sim an]si mos^lasi) eine das Leben bedrohende, tödliche Gefahr am deutlichsten am Gesicht des Patienten abzulesen ist. Die im Gesicht des lebensgefährlich Erkrankten erscheinenden Zeichen (sgle?a) haben als Träger von Potentialen (lec\kgm 5weim d}malim), die wiederum auf körperintern freigesetzte Potentiale (d}malir/Pl.) der jeweiligen Organe verweisen, entscheidenden Einfluss auf die ärztliche Prognose (lec\kgm 5weim d}malim eQr pq|cmysim) bzw. den voraussichtlichen guten oder schlechten Ausgang der Krankheit. 333 Vgl. Hipp. Progn. 18b,298: Dass es immer nötig ist, alle (An-)Zeichen zu beachten und nicht auf ein einziges zu vertrauen (fti l³m !e· wqµ p\mta he÷shai t± sgle?a ja· lµ piste}eim 2m_), hat er [= Hippokrates] auch in den früheren Aufzeichnungen gesagt, aber jetzt hat er den nützlichsten Gesichtspunkt seiner Lehre hinzugefügt. Ich behaupte aber, dass es dieser ist, ,die jeweiligen Potentiale der (An-)Zeichen herauszufinden‘, und zwar nicht auf einfache Weise, sondern indem man sie miteinander vergleicht (… t¹ , oqw "pk_r oqd³ ta}tar, !kk± let± toO paqab\kkeim !kk^kair); Übersetzung Jörg Dittmer. 334 Übersetzung Jörg Dittmer. Vgl. ähnlich auch Cris. 9,608: Dies … hat auch … Hippokrates im Prognostikon gesagt: dass es nötig ist ,Die Zeichen alle zu prüfen, indem der Arzt sie aufspürt und ihre Potentiale gegeneinander betrachtet‘ (t± sgle?a … 1jlamh\momta p\mta jq_meim 1jkocif|lemom t±r dum\leir aqt_m pq¹r !kk^kar), sodass er auf vernünftige Weise auch die Lehre (über sie) gemacht hat gemäß ihrer Potentiale (jat± t±r dum\leir), indem er nicht nur der Reihe nach gute Zeichen (!cah± sgle?a), dann wieder schlechte (t± jaj\) dargelegt hat; dagegen hat er neben den (jeweiligen) Benennungen erklärend die wesensmäßige Beschaffenheit von jedem hinzugefügt: ,verderblich‘ (ak]hqi|m), und auch ,gefährlich‘ (deim|m) nennt er und ,gefährlicher‘ (deim|teqom) und ,am gefährlichsten‘ (deim|tatom) und ,weniger gefährlich‘ (Httom deim¹m) und ,mehr gefährlich‘ (l÷kkom deim|m); so aber auch ,schmerzhaft‘ (pomgq¹m) und ,schmerzhafter‘ (pomgq|teqom) und ,am schmerzhaftesten‘ (pomgq|tatom) und ,tödlich‘ (hamat_d]r) doch, beim Zeus, und (im generellen Sinne) ,schlimm/übel‘ (jaj|m). Manchmal fügt er aber auch ,sehr‘ (j\qta) beim Schreiben hinzu … Und auch in Bezug auf (die guten Zeichen) spricht er vom einen als ,das beste (Zeichen)‘ (%qistom), vom anderen aber als ,gutes (Zeichen)‘ (!cah|m) einfach, das aber ,eher‘ (l÷kkom), das aber ,weniger‘ (Httom). Etwas derartiges aber sagt er auch von dem ,ein sehr großes Potential in Richtung physische Erhaltung haben‘ (j\qta lec\kgm d}malim 5weim eQr sytgq_gm).
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letztere die Botschaft, dass sich der Patient in einem stabilen bzw. genesenden Zustand befindet. Die schlechten oder guten Anzeichen gelten dem Arzt damit als Ausgangspunkt, um die zukünftige Entwicklung der Krankheit (in Richtung Tod/Verderben oder Lebenserhaltung des Patienten) vorherzusagen. Im Blick auf die oben aufgeführte Textpassage gelten lowhgq¹m sgle?om und !cah¹m sgle?om dabei als Oberbegriffe einer kontrastierenden Menge an (gradierbaren) Elementen (u. a. Adjektiven und Partizipialverbindungen):335 1. Ein schlechtes Zeichen (lowhgq¹m sgle?om), das seinem Potential (d}malir) nach eine Leib und Leben des Patienten bedrohende, tödliche Gefahr bzw. baldiges Verderben anzeigt, kann jeweils durch folgende Adjektive näher bestimmt werden: „ak]hqiom (j\qta bzw. Edg)“; „hamat_der“; „hamatyd]steqom“336 2. Ein gutes Zeichen (!cah¹m sgle?om), das seinem Potential (d}malir) nach auf baldige Genesung bzw. physische (Lebens-)Erhaltung des Patienten verweist, kann durch folgende Adjektive und syntagmatische Verbindungen näher qualifiziert werden: „syt^qiom“; „peqiestij|m“; „lec\kgm d}malim 5wom“ [eQr sytgq_am]; „j\qta lec\kgm d}malim 5weim eQr sytgq_am“
Es fällt auf, dass das Syntagma d}malir eQr sytgq_am, dessen Analyse das Ziel der gesamten Untersuchung darstellt, im Zuge der Auflistung guter Zeichen (!cah¹m sgle?om), die ihrem Potential (d}malir) nach auf baldige Genesung bzw. physische (Lebens-)Erhaltung des Patienten verweisen, begegnet. Dabei stellt eine momentane Lage akuter Lebens- bzw. Todesgefahr auch an dieser Stelle den übergreifenden Kontext dar, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am explizit Erwähnung findet. Die Worte und Wortverbindungen syt^qior, peqiestij|r, lec\kgm d}malim 5weim [eQr sytgq_am], j\qta lec\kgm d}malim 5weim eQr sytgq_am gehören an dieser Stelle im Kontext akuter Be335 Der prognostizierende Arzt muss – so Galen weiter – stets darauf bedacht sein, zu analysieren, welches im Blick auf die am Körper des Patienten erscheinenden Anzeichen die besten der guten Zeichen, welches aber die schlechtesten der üblen Zeichen sind, ebenso, welche Zeichen in der Mitte von diesen anzusiedeln sind (vgl. Cris. 9,609: sjope?m t_ma l³m %qista sgle?a, t_ma d³ we_qista, t_ma d’ 1m t` letan» to}tym 1st·m). Diese dazwischenliegenden Zeichen beschreiben in der Regel verschiedene Grade: die einen liegen nahe bei den besten (9,609: t± l³m 1cc»r to?r !q_stoir), die anderen aber nahe bei den schlechtesten (9,609: t± d’ 1cc»r to?r weiq_stoir) Zeichen. Gleichzeitig können die jeweiligen Zeichen, welche der kranke Körper bietet, dem Arzt im Zuge des jeweiligen Krankheitsverlaufes mal als zuverlässig, mal als unzuverlässig erscheinen (vgl. 9,610: taqt± cim|lema ja· pot³ l³m %pista, pot³ d³ pist\). Tritt ein bestimmtes Zeichen (als sichtbare positive Äußerung) am Körper des Patienten auf, das Trägerinstanz eines „extrem großen Potentials in Richtung Erhaltung“ (j\qta lec\kgm d}malim 5weim eQr sytgq_am) ist, so bietet dieses Zeichen dem prognostizierenden Arzt eine zuverlässigere Information, dass die Entwicklung der Krankheit in Richtung Erhaltung (eQr sytgq_am) tendiert, als ein Zeichen, welches lediglich in die Kategorie lec\kgm d}malim 5weim fällt (vgl. Hipp. Progn. 18b,298: pk]om c\q 1sti t¹ v\mai t¹ j\qta lec\kgm d}malim 5weim eQr sytgq_am xikoO ja· l|mou toO lec\kgm d}malim 5weim). 336 Cris. 9,608 ergänzt: „deim|m“; „deim|teqom“; „deim|tatom“; „Httom deim¹m“; „l÷kkom deim|m“; „pomgq|m“; „pomgq|teqom“; „pomgq|tatom“; „jaj|m“.
Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit
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drohung eines Menschen durch Krankheit zusammen und stehen semantisch in Opposition zu Begrifflichkeiten wie ak]hqiom (j\qta bzw. Edg) und hamat_der (bzw. hamatyd]steqom): Können im Blick auf den Krankheitsverlauf eines lebensgefährlich erkrankten Menschen schlechte Zeichen am Körper des Patienten erscheinen, die (baldigen) Tod anzeigen, so können im Gegensatz dazu auch gute Zeichen auftreten, die dem prognostizierenden Arzt ihrem Potential337 nach (d. h. insofern sie Träger von d}malir eQr sytgq_am sind, vgl. die Wendung [j\qta lec\kgm] d}malim 5weim eQr sytgq_am!) die Botschaft überbringen, dass Rettung bzw. Genesung unmittelbar bevorsteht und die Krankheit, auch wenn die Lage nach wie vor (offensichtlich) ernst ist, zugunsten des Patienten in Richtung Erhaltung entschieden wird. Im Rahmen ärztlich-prognostizierender Zeichendeutekunst bringt die Formulierung d}malir eQr sytgq_am folglich die zukünftige Entwicklung bzw. Veränderung einer akuten Krankheit in Richtung (Lebens-)Erhaltung, oder, allgemeiner gesprochen: die Veränderung einer Gefahrensituation zum Guten zum Ausdruck.
3.2.3 Begriffsbestimmung von jq_sir: Wendung der Krankheit zum Guten oder Schlechten Die vorangegangenen Textpassagen338 zeigen, dass das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (ebenso wie das sinnverwandte Syntagma Nopµ eQr sytgq_am) in den hippokratischen Schriften und bei Galen nicht nur nahezu ausschließlich in Verknüpfung mit Verben wie 5weim oder paq]weim zur Anwendung kommt, sondern auch gängigerweise im Umfeld der Konstruktion 1m [ûpasi] to?sim an]si mous^lasim fsa [bj|sa] … jq_metai begegnet, welche eine akute Gefahrenlage indiziert:339 Schwere, Leib und Leben eines Menschen gefährdende Krankheiten werden entschieden (vgl. den Gebrauch des Verbums jq_meshai).340 Steht die Wendung 1m [ûpasi] to?sim an]si mous^lasim demnach für 337 Auch an dieser Stelle sei wieder betont, dass die sichtbar am Körper des Erkrankten auftretenden, vom Arzt gedeuteten Zeichen (sgle?a) einen Rückschluss auf körperinterne Prozesse ermöglichen: auf die körperinterne Freisetzung spezieller Potentiale (dum\leir), als deren Träger sich die jeweiligen Organe erweisen. 338 Vgl. insbesondere Hipp. Progn. 18b,297 f. 339 Vgl. z. B. Progn. 5: 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai; Diff. Resp. 7,929: 1m p÷si to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Hipp. Progn. 18b,77–78: 1m ûpasi to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Hipp. Off. Med. 18b,639: 1m to?r an]si mos^lasim. 340 Zur Bedeutung von jq_meim, jq_meshai, jq_sir innerhalb des Corpus Hippocraticum vgl. Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 81: „The basic meaning of the substantive krisis or the verb krino is ,judgement‘, ,decision‘ or ,to judge‘, ,to decide‘“ (mit einer starken Konnotation von „to put asunder“, „to divide“).“ (Hervorhebungen im Original). Im Verweis auf m|sor, m|sgla wird das Verbum jq_meim innerhalb des Corpus Hippocraticum meistens passivisch gebraucht: eine Krankheit „wird entschieden“ (1jq_hg). Vgl. dazu Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 130.
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eine Lagebeschreibung, so wird mit dem Verbum jq_meshai, ebenso wie mit dem Verbalabstraktum jq_sir eine Änderung dieser Gefahrenlage zum Ausdruck gebracht.341 Die bei allen akuten Krankheiten einsetzende Zustandsänderung zum Guten342 oder Schlechten343 nennt Galen in seinen medizinischen Abhandlungen Krise (jq_sir), eine Terminologie, die er von Hippokrates übernimmt. Seinem Ursprung nach handelt es sich bei dem Begriff jq_sir wohl um einen Ausdruck, der der antiken Gerichtssprache entnommen ist und im übertragenen Sinne auch bei medizinischen Schriftstellern zum Einsatz kommt (vgl. dazu Hipp. Progn. 18b,231: B jat± t± mos^lata !p¹ t_m 1m to?r dijastgq_oir letem^mejtai).344 Entsprechend äußert sich zum jq_sir-Begriff Karl Deichgräber: „Dieses Wort hat innerhalb des hippokratischen Corpus und insbesondere innerhalb der Epidemien keine Geschichte, es wird hier als ein bekannter Begriff der Krankheitsbeschreibung verwandt, ohne dass man seine historische Quelle fassen könnte. Überall ist hier Krisis so viel wie Entscheidung, sei es nach der guten, sei es nach der schlechten Seite, meistenteils nach der guten.“345
Als „jähe Veränderung“ der Krankheit (letabokµ an}qqopor) wird jq_sir in Hipp. III Epid. III 17a,248346 bestimmt:347 341 Ebenso wie das Verbum jq_meim (jq_meshai) steht das Substantiv jq_sir als Nomen actionis seiner Semantik nach für eine Zustandsänderung. Vgl. dazu Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 134, der jq_sir in die Kategorie von „substantives denotating action“ einordnet. 342 Das Wort jq_sir kann dabei die vollkommene, finale Befreiung von der Krankheit bedeuten (jq_sir als k}sir), oder die entscheidende Veränderung der Krankheit (letabok^ [eQr ti]) nach der guten Seite, mit deren Eintreten die Gefahrenlage (j_mdumor) bereits überwunden ist, vgl. Hipp. Acut. Morb. 15,476: Krise hat er (= Hippokrates) nun folglich die vollkommene Befreiung von der Krankheit genannt oder die entscheidende Veränderung in eine derartige Richtung, sodass (der Patient) sich schon (in einem Zustand) außerhalb von jeder Gefahr befindet ( mOm eUqgjem Etoi tµm teke_am k}sim toO mos^lator C tµm eQr tosoOtom !ni|kocom letabok^m, ¢r Edg jimd}mou pamt¹r 1jt¹r jahestgj]mai). Vgl. dazu Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 42. 343 Steht jq_sir als Nomen actionis bei allen akuten Krankheiten für die entscheidende Veränderung der Lage (letabok^ eQr ti), so kann das Wort seiner Semantik nach beides abdecken: die Veränderung zum Guten (zugunsten des Patienten, eQr sytgq_am), manchmal aber auch zum Schlechten (zuungunsten des Patienten, eQr ekehqom), vgl. z. B. Die. Decret. 9,773: Ble?r l³m dµ tµm ane?am ovtyr 1m mos^lati taqawµm amol\folem jq_sim, ja· tekeutøm ce aqtµm t± pokk± l³m eQr sytgq_am, 5sti d’ fte ja· eQr ekehqom toO j\lmomtor val]m. Vgl. ebenso Hipp. Progn. 18b,231.236: t¹ d³ 1j to}tym Etoi peqic_meshai t¹m %mhqypom C !p|kkushai dgkytij|m 1sti toO tµm jq_sim amol\feim aqt¹m 1p· p\sgr t/r anuqq|pou letabok/r, oq l|mgr t/r 1p· sytgq_am. 344 Vgl. dazu insgesamt Gundert, Krise, 542. Vgl. ebenso Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 127: „The word krisis itself and the kindred verb krino were not coined by medical theorists to designate a well-defined process; they were, like other medical words, taken over from a sphere of daily life, more especially of social and political activities.“ (Hervorhebungen im Original). 345 Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 42. 346 Vgl. ähnlich Hipp. Aph. 17b,505 f.: … oq lµm paqawq/l\ ce syh]mtym C !poham|mtym, ¦st’ eWmai d$ t±r anuMN|pour 1m aqto?r letabok±r… 1p· sytgq_gm C ekehqom C Nopµm 1p· t¹ %leimom C
Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit
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Krise könnte einer in Kürze definieren als eine jähe Veränderung der ganzen Krankheit. Daß diese Veränderung in vierfache Richtung eintreten kann, hat er (= Hippokrates) selbst deutlich gesagt: nämlich hin zur Erhaltung oder zum Verderben, oder als Wendung zum Besseren oder Schlechteren – gemeint ist natürlich: als eine erwähnenswerte Wendung (d di± sumt|lym #m eUpoi tir an}qqopom eWmai letabokµm fkou mos^lator. fti d³ tetqaw_r B letabokµ c_metai, sav_r aqt¹r eWpem7 c±q , !ni|kocom dgkom|ti).
Terminologisch umrissen als (abrupte, schlagartige) Veränderung bzw. Wendung eines Zustandes (m|sgla) hin zu etwas (letabokµ an}qqopor 1p· ti, Nopµ 1p· ti) deckt der im Rahmen akuter Krankheit zum Einsatz kommende Begriff jq_sir seiner Bedeutung nach zwei Gegensatzpaare ab: letabokµ 1p· sytgq_am und letabokµ 1p· ekehqom, Nopµ 1p· t¹ %leimom und Nopµ 1p· t¹ we?qom. Verstanden als Veränderung bzw. Wendung ([an}qqopor] letabok^, Nop^) kann die Krise entweder in Richtung Erhaltung/Genesung (1p· sytgq_am; Die. Decret. 9,773: eQr sytgq_am) oder in Richtung Verderben (1p· ekehqom, Die. Decret. 9,773: eQr ekehqom) des Patienten eintreten; oder hin zur Verbesserung (1p· t¹ %leimom) oder Verschlechterung (1p· t¹ we?qom) seines Zustandes. Wird eine Veränderung hin zur guten Seite (letabokµ 1p· sytgq_am [eQr sytgq_am], Nopµ 1p· t¹ %leimom) von Hippokrates und Galen einfach als „Krise“ (jq_sir) bezeichnet, so nennen sie eine Veränderung hin zur schlechten Seite (letabokµ 1p· ekehqom [eQr ekehqom], Nopµ 1p· t¹ we?qom) „schlimme bzw. schlechte Krise“ (jajµ jq_sir, lowhgq± jq_sir). Die Fähigkeit vorherzusagen, welche der vier aufgezeigten Richtungen den wahrscheinlichsten Ausgang einer akuten Krankheit bildet, fällt für diese Autoren in den Bereich ärztlicher Prognose.348
Eine Krise stellt sich nur und ausschließlich zu gewissen Tagen im Krankheitsverlauf ein: den sogenannten kritischen Tagen.349 Diese Tage beschreiben eine Art kritischen Zeitraum,350 aus dem hervorgeht, in welche Richtung die Krankheit letztendlich entschieden wird.351
347 348 349
350
t¹ we?qom; Hipp. Progn. 18b,231: sgla_mousa tµm an}qqopom 1m m|s\ letabokµm cimol]mgm jat± t]ttaqar tq|pour7 C c±q !pakk\ttomtai t_m mosgl\tym eqh]yr C lec\kgm letabokµm 1p· t¹ b]ktiom Uswousim C !pohm-sjousim eqh]yr C we_qour c_momtai pokk`. In Anlehnung an die Übersetzung von Müri, Der Arzt im Altertum, 95 f. Vgl. Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 81. Der 3. Tag galt dabei als besonders kritisch (vgl. Epid. 2,6,11: toO !qihloO tq_tg, Qswuqot\tg). Vgl. dazu auch Philo Opif. 125, der im Verweis auf Hippokrates’ Ausführungen zu den Fieberkrankheiten den 7. Tag als besonders kritisch einstuft: Auch die schweren Krankheiten des Körpers, besonders wenn … in uns anhaltendes Fieber sich einstellt, werden meistens am siebten Tag entschieden; denn dieser Tag entscheidet den Kampf ums Leben, indem er den einen physische Erhaltung, den anderen Tod zuerkennt (…, to?r l³m sytgq_am xgvifol]mg, to?r d³ h\matom). Deutsche Übersetzung in Anlehnung an Cohn [u. a.], Philo von Alexandrien. Die sich bei allen hochgradig gefährlichen Krankheiten einstellenden kritischen Tage folgen dabei einem speziellen numerischen System. Näheres dazu bei Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 13 f.; Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 93 ff.
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
Dem prognostizierenden Arzt wird das Eintreten der Krise in der Regel durch gewisse konstitutive Begleiterscheinungen, die der Körper des Patienten äußert, angezeigt. Dabei handelt es sich um spezielle kritische Zeichen352 (z. B. akutes Fieber, Qualität des Urins, Schweiß, Husten, Eiter, Blutungen etc.).353 Diesbezüglich schreibt Deichgräber: „… kritische Zeichen sind dementsprechend Symptome, die die Entscheidung nach der einen Seite, meistenteils nach der guten Seite, anzeigen. Ihr Erscheinen ist die Vorbedingung für eine restlose Befreiung von der Krankheit; erscheinen die kritischen Zeichen nicht, verschwindet die Krankheit !s^lyr, so muss man mit einer Rückkehr rechnen.“354
351 Im Blick auf Fieberschübe, die den Patienten in unterschiedlichen Attacken (5vodor/Pl.) befallen, stellen die kritischen Tage (3., 4., 7., 14., 20., 40., …, 80., 120. Tag) in der Regel das Ende jeder Attacke dar (vgl. Progn. 20). Vgl. dazu Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 128; 130; 131, der insbesondere im Blick auf die hippokratische Schrift Epidemiae schreibt: „… it is not a single day which usually brings a decision but spaces of several days … As soon as so-andso many particulary dangerous days are over, one knows about the outcome of the disease – that is it.“ 352 Eine nicht unbeträchtliche Anzahl solcher kritischen Zeichen bzw. Symptome, die als Indikatoren für den guten oder schlechten Ausgang der akuten Krankheit fungieren, nennt die hippokratische Schrift Progn. 15: Es gibt ferner folgende gute (Anzeichen): Der Krankheit auf leichte Weise standhalten, eine gute Atmung haben, …, Urin und auch die Ausscheidungen, Schlaf und Schweiß erweisen sich alle, wie bereits beschrieben, als gut. Wenn nämlich alle diese Zeichen sich eingestellt haben, sollte der Mensch wohl nicht sterben (5sti d³ t± l³m !cah± t²de7 eqpet´yr v´qeim t¹ mo¼sgla, eupmoom eWmai … owq² te ja· diawyq¶lata ja· vpmour ja· Rdq_tar, ¢r diac´cqaptai 6jasta eWmai !cah±, 1pic¸cmeshai7 ovty l³m c±q "p²mtym tout´ym 1picicmol´mym, oqj #m !poh²moi b %mhqypor7) … Schlechte Zeichen aber sind die gegenteiligen von diesen eben beschriebenen: das heißt nämlich, der Krankheit nur mit Mühe standhalten; die Atmung ist tief und rasch; … es kommt aber noch hinzu, dass Urin, Ausscheidungen, Schlaf und Schweiß (wie beschrieben) schlecht sind; sollten folglich noch zum Auswurf, wie er oben beschrieben wurde, diese (Zeichen) hinzukommen, sollte der Mensch zugrunde gehen (jaj± d³ t± 1mamt¸a tout´ym, Ecoum duspet´yr v´qeim tµm moOsom, pmeOla l´ca ja· pujm¹m eWmai … owqa d³ ja· diawyq¶lata ja· vpmour ja· Rdq_tar, ¢r diac´cqaptai 5jasta eWmai jaj±, 1pic¸cmeshai ovty c±q eQ 1pic´moitº ti t` ptu´k\ tout´\; !p|koit’ #m b %mhqypor). 353 Das Wesen der kritischen Zeichen besteht dabei in der Apostasis (!p|stasir), d. h. im „Wegziehen“ der Krankheit von ihrem ursprünglichen Sitz nach einer anderen Stelle des Körpers, oder auch in der Ausscheidung der Krankheitsstoffe aus dem Körper. Tritt eine solche Form der Apostasis ein, wird der Kranke im Allgemeinen gerettet. Vgl. dazu Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 42. Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 82 ff. unterteilt die kritischen Zeichen bzw. Symptome im Blick auf die hippokratische Schrift Epidemiae in zwei Klassen: (1) Die erste Klasse umfasst die Zeichen Fieber und Schweiß. (2) Die zweite Klasse umfasst Ausscheidungen aller Art (= Urin, Blut, Galle, Eiter etc.), auf welche Weise sich der erkrankte Körper von lebensgefährdenden Substanzen befreien will (vgl. dazu Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 88). 354 Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 42.
Bedrohung eines Menschen durch hochgradig gefährliche Krankheit
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3.3 Ergebnis. Die Rede von d}malir eQr sytgq_am im Kontext akuter Krankheiten, die entschieden werden: Wendung der Krankheit zum Guten Erst nach der Klärung einiger zentraler, Gefahr indizierender Begrifflichkeiten wie Krankheit (m|sor, m|sgla, vgl. II./3.2.1) und Krise (jq_sir samt dem dazugehörigen Verbum jq_meim bzw. jq_meshai, vgl. II./3.2.3) und gestellt in den weiteren Kontext ärztlicher pq|cmysir als Zeichendeutekunst (vgl. II./ 3.2.2.1, II./3.2.2.2, II./3.2.2.3), macht Galens Rede von d}malir eQr sytgq_am355 als einer Wendung, die er aus dem hippokratischen Corpus übernimmt,356 Sinn. Es wurde gezeigt, dass das Syntagma immer im näheren Umfeld einer Konstruktion begegnet, die die gefahrvolle Befindlichkeit eines Menschen im Rahmen akuter Krankheit thematisiert, die in Richtung Tod/Verderben oder (Lebens-)Erhaltung des Kranken entschieden zu werden (jq_meshai) vermag.357 Gat die Krankheit ihren Höhepunkt erreicht, so wird sie nach der guten oder schlechten Seite entschieden.358 Der Kontext akuter Bedrohung eines Menschen durch Krankheit und die Möglichkeit der Änderung dieser Lage zum Guten oder Schlechten359 generiert im Corpus Hippocraticum und bei Galen folglich die Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am. Im Zustand akuter Krankheit befindet sich der betroffene Mensch folgerichtig in einem Zustand körperlicher Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit, was an vielen Stellen durch substantivierte Partizipialformen, die ein „in Gefahr sein“, „leiden“ oder ein „(er-)mangeln“ (an körperlicher Kraft, Gesundheit) bedeuten (Hipp. III 355 Vgl. den Gebrauch der Wendung d}malim eQr sytgq_am [1r sytgq_gm] 5weim in Diff. Resp. 7,929: d}malim 1r sytgq_gm 5weim; Hipp. III Epid. III 17a,772: d}malim eQr sytgq_am 5weim; Hipp. Progn. 18b,77–78: d}malim 1r sytgq_gm 5weim; Hipp. Off. Med. 18b,639: d}malim eQr sytgq_am 5weim. 356 Vgl. Progn. 5: d}malim 1r sytgq_gm 5weim; Coa praes. 255,9: Nopµm 1r sytgq_gm 5weim. 357 Vgl. z. B. Progn. 5: 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai; Coa praes. 255,9: 1m puqet` ane?, jCm … jq_mgtai; Diff. Resp. 7,929: 1m p÷si to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Hipp. III Epid. III 17a,775: de?tai c±q !e· t± lec\ka t_m mosgl\tym ja· t_m jqim|mtym aqt± cemma_ym; Hipp. Progn. 18b,77–78: 1m ûpasi to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Hipp. Off. Med. 18b,639: 1m to?r an]si mos^lasim. Alle akuten Krankheiten werden den Autoren dieser Schriften zufolge entschieden, d. h. eine akute Lage (1m … an]si mous^lasim) und eine Änderung dieser Lage (angezeigt durch den Gebrauch des Verbums jq_metai), stecken den weiteren Rahmen ab, innerhalb dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am im medizinischen Kontext zur Anwendung kommt. 358 Je nachdem, ob die Natur die Krankheit in den Griff bekommt (vgl. dazu den Gebrauch von jqate?m, mij÷m im Verweis auf die v}sir-Begrifflichkeit in Hipp. III Epid. III 17a,772–775) oder nicht. Obsiegt die Natur, so impliziert dies, dass die inneren Organe (erneut) auf ungehinderte Weise ihre naturgemäßen (jat± v}sim) Potentiale und Tätigkeiten zur (Lebens-)Erhaltung des lebendigen menschlichen Organismus auszuüben vermögen. 359 Die (entscheidende, schlagartige) Änderung bzw. Wendung der Lage zum Guten oder Schlechten wird dabei angezeigt durch jq_meim, jq_sir-Terminologie. Entweder kommt es zur guten jq_sir ([anuqqop¹r] letabokµ 1p· sytgq_am [eQr sytgq_am], Nopµ 1p· t¹ %leimom) oder zur schlechten/schlimmen jq_sir ([anuqqop¹r] letabokµ 1p· ekehqom [eQr ekehqom], Nopµ 1p· t¹ we?qom). Vgl. dazu z. B. Hipp. III Epid. III 17a,248; Die. Decret. 9,773 usw.
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Epid. III 17a,627 f: mose?m; !sheme?m, p\sweim; Hipp. III Epid. III 17a,772: j\lmeim), zum Ausdruck gebracht wird.360 Es ist exakt dieser (lebens-)gefährliche Zustand (als di\hesir paq± v}sim),361 der den von Krankheit Heimgesuchten empfänglich für d}malir eQr sytgq_am macht.
Als Begleiterscheinungen der Krise stellen sich gewisse gute und/oder schlechte Zeichen am Körper des Patienten ein (vgl. dazu z. B. Progn. 15,10 ff.; Cris. 9,608; Hipp. Progn. 18b,297 f.).362 Im Blick auf die ärztliche pq|cmysir gelten diese als Indikatoren für den guten oder schlechten Ausgang der akuten Krankheit (d. h. als Indikatoren für eine gute oder schlechte Krise). Die Zeichen haben demnach eine wegweisende Funktion: sie geben an, in welche Richtung die Krankheit entschieden wird, indem sie dem zeichendeutenden Arzt mittels ihrer Potentiale (d}malir/Pl.)363 die Nachricht übermitteln, ob die entscheidende Wendung der Krankheit hin zum Guten (1p· sytgq_am [eQr sytgq_am]) oder Schlechten (1p· ekehqom [eQr ekehqom]) eintritt.364 Anzeichen baldigen Todes können sich einstellen, aber, im Gegensatz dazu, eben auch Zeichen, die Träger eines (sehr) großen, (entscheidenden) Potentials in Richtung (Lebens-)Erhaltung sind (vgl. Cris. 9,608; Hipp. Progn. 18b,298: [j\qta lec\kg] d}malim eQr sytgq_am 5weim).365 Aus den analysierten Texten geht eindeutig hervor, dass es sich bei Appetit, guter, reibungsloser Atmung und auch der guten Qualität des Urins (eqenir, !mapmo^, eupmoia, owqom, vgl. dazu speziell die Ausführungen unter II./3.1.1, II./3.1.2, II./3.1.3) um so beschaffene gute Zeichen handelt.366 Abschließend bleibt an dieser Stelle also zu 360 Vgl. z. B. Hipp. III Epid. III 17a,627: [jimdumeu|mtym] … t_m ovtyr moso}mtym; Hipp. III Epid. III 17a,628: [pq¹r t¹m] toO j\lmomtor [j_mdumom]; Hipp. III Epid. III 17a,772: t` j\lmomti; Hipp. Progn. 18b,78: t¹m j\lmomta. 361 Dies impliziert, dass die inneren Organe im Zustand der Krankheit in der Freisetzung ihrer naturgemäßen Potentiale und Tätigkeiten gehemmt werden. Die negativen Äußerungen einer akuten Krankheit können dabei im schlimmsten Falle auf Tod bzw. Verderben (eQr h\matom, eQr ekehqom) verweisen. 362 Vgl. die Opposition !cah¹m sgle?om und lowhgq¹m sgle?om in Cris. 9,608; Hipp. Progn. 18b,297 f. 363 Wenn die Zeichen (sgle?a) am Körper des Patienten als sichtbare Äußerungen auftreten, ermöglichen sie dem Arzt wiederum einen Rückschluss auf körperinterne Vorgänge, speziell auf die Freisetzung der Potentiale (dum\leir) durch die jeweiligen Organe. 364 Vgl. Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 42; Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 82 f.; 88. 365 In der Regel erscheint die Formulierung d}malir eQr sytgq_am (Nopµ eQr sytgq_am) in diesem Zusammenhang in Verknüpfung mit Verben wie 5weim, paq]weim (+ Akk.), vgl. z. B. Progn. 5: eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm; Coa praes. 255,9: eupmoia … lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm; Hipp. III Epid. III 17a,772: va_metai … t` j\lmomti ja· t± peq· tµm !mapmo^m te ja· tµm eqenim %lelpta cecom]mai, lec\kgm 5womta d}malim eQr sytgq_am; Hipp. Progn. 18b,77–78: eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm. 366 Vgl. z. B. Progn. 5: eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai (vgl. ebenso Coa praes. 255,9: eupmoia … 1m p÷sim, bj|sa … jq_mgtai, lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm); Hipp. III Epid. III 17a,772: va_metai … t` j\lmomti ja· t± peq· tµm !mapmo^m te ja· tµm eqenim %lelpta cecom]mai, lec\kgm 5womta d}malim eQr sytgq_am; Hipp. Progn. 18b,77–78: eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r
Gefährdung durch Krieg
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vermuten, dass es sich bei den konkreten körperlichen Äußerungen eqenir, !mapmo^, eupmoia, owqom, die als Trägerinstanzen von d}malir eQr sytgq_am367 fungieren, um positive kritische Zeichen handelt, die dem prognostizierenden Arzt eine gute Krise (d. h., dass die akute Krankheit nach der guten Seite entschieden wird)368 sowie den guten Ausgang einer hochgradig gefährlichen Krankheit anzeigen. Ein thematischer Zusammenhang zwischen dem gängigerweise in der unmittelbaren Umgebung der 1m to?r an]si mos^lasim-Konstruktion gebrauchten Syntagma d}malir eQr sytgq_am (Nopµ eQr sytgq_am) und dem Ausdruck jq_sir (als Nomen actionis,369 vgl. jq_meim, jq_meshai) bestünde dann insofern, als das Auftreten von bestimmten Zeichen am Körper des Kranken (eqenir, !mapmo^, eupmoia, owqom), die Trägerinstanzen von d}malir eQr sytgq_am sind und die vom zeichendeutenden, prognostizierenden Arzt als gut befunden werden, auf eine gute Krise, verstanden als Veränderung bzw. Wendung der Gefahrenlage (Krankheit) zur guten Seite (letabokµ 1p· sytgq_am [eQr sytgq_am], Nopµ 1p· t¹ %leimom, vgl. Hipp. III Epid. III 17a,248; Die. Decret. 9,773) verweisen.370
4. Gefährdung durch Krieg Die Analyse zu d}malir und s]feim, sytgq_a (d}malir [eQr sytgq_am], einschließlich des sinnverwandten bo^heia [pq¹r sytgq_am])371 wird mit einer Untersuchung einiger zentraler Textpassagen, die dem Werk dreier griechischsprachiger Geschichtsschreiber des 1./2. Jh. v. Chr., nämlich Polybios, Dionysios von Halikarnassos und Plutarch von Chaironeia, entstammen, fortgesetzt. Es wird zu zeigen sein, dass der übergreifende Kontext, in dem die Terminologie bei allen drei Autoren zur Anwendung kommt, als Situation akuter Bedrängnis angesichts eines drohenden Krieges zu fassen ist.
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sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Hipp. Off. Med. 18b,639: … ¦speq ce p\kim 1n rpemamt_ou, to?r d³ lec_stgm d}malim eQr sytgq_am 1m to?r an]si mos^lasim eupmoia ja· owqom rp|stasim 5wom keujµm ja· ke_am ja· blak^m. Bzw. der sinnverwandten Formulierung Nopµ 1r sytgq_gm, Nopµ eQr sytgq_am. Vgl. Deichgräber, Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum, 42. Zu jq_sir als Nomen actionis vgl. Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 134. Dies auch dann, wenn die (Krankheits-)Lage nach wie vor ernst zu sein scheint: Mit den Worten von Epid. 1,2,9: … ja· doj]eim l³m 5weim awkgqot]qyr7 dies~fomto d³ p\mter, oXsi taOta numelp_ptoi (vgl. dazu die englische Übersetzung von Langholf, Medical Theories in Hippokrates, 87: „Their condition seemed to be worse, but in fact all to whom this occurred recovered“). Vgl. dazu insgesamt die Ausführungen unter II./1 (speziell: II./1.2).
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4.1 Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch Polybios: Akute Bedrohung der römischen Heimat und Möglichkeit der Gewährung von Hilfe (vgl. Hist. 3,109) In den Fokus der Aufmerksamkeit rückt mit Hist. 3,109372 zunächst ein Passus aus dem Geschichtswerk (den Historiae)373 des Polybios (um 200 – nach 118 v. Chr.). Polybios schildert an dieser Stelle gefahrvolle Vorkommnisse, die sich während des 2. Punischen Krieges (218–202/1 v. Chr.) begeben hatten.374 Akute Kriegsgefahr375 und damit einhergehende Rettungs- bzw. Hilfsbedürftigkeit einer sich im Zustand militärischer Ohnmacht und Wehrlosigkeit befindenden Entität376 bildet hier den weiteren Rahmen für den gemeinsamen Gebrauch von d}malir und sytgq_a. Nachdem das ganze römische Heer (vgl. Hist. 3,105: p÷m t¹ stq\teula) durch eine List des Karthagerführers Hannibal in große Gefahr geraten war (vgl. Hist. 3,105: l]car j_mdumor sumeist^jei to?r Uyla_oir), wird Konsul Aemilius Paullus im Vorfeld der Entscheidungsschlacht der Römer gegen die Karthager bei Cannae377 vom römischen Senat ausgesandt (vgl. 3,108: 1napost]kkeim), um sich in einer langen Rede 372 Der griechische Text folgt der Ausgabe von Theodor Büttner-Wobst (Hg.), Polybii historiae, 4 Bde., Leipzig 1889–1905 (ND 1962–1967). Die Übersetzung stammt (mit minimalen Veränderungen) von Hans Drexler, Polybius: Geschichte, 2 Bde., Die Bibliothek der Alten Welt, Zürich [u. a.] 1961. 373 Der Zeitpunkt der Abfassung von Polybios’ umfangreichem Werk Historiae lässt sich nicht genau bestimmen. Polybios begann seine Arbeit in der Mitte des zweiten Jahrhunderts. Eine Gesamtausgabe des Werkes entstand aber erst postum, d. h. nach etwa 120. Vgl. dazu Boris Dreyer, Art. Polybios, DNP 10 (2001), 41–48, hier: 44. 374 Im Jahr 216 v. Chr. wurden die neuen Konsulen C. Terentius Varro und L. Aemilius Paullus beauftragt, eine Entscheidungsschlacht gegen die Karthager zu riskieren, um das Gebiet der Verbündeten Roms zu schützen (vgl. dazu Hist. 3,106). Diese Entscheidungsschlacht bei Cannae wurde im August 216 v. Chr. zwischen Römern und Karthagern im Rahmen des 2. Punischen Krieges (218–202/1 v. Chr.) geschlagen. Das Dorf Cannae in Apulien wurde dabei zum Schauplatz einer vernichtenden Niederlage der Römer durch das karthagische Heer unter Hannibal. Der die leitende Führung innehabende römische Konsul Aemilius Paullus und (Polybios zufolge) 50000 Römer wurden in der Schlacht getötet. Näheres zur Schlacht bei Cannae findet sich bei Helmuth Schneider, Rom von den Anfängen bis zum Ende der Republik (6. Jh. bis 30 v. Chr.), in: Hans-Joachim Gehrke, Helmuth Schneider (Hg.), Geschichte der Antike: Ein Studienbuch, Stuttgart 2006, 261–332, hier: 281 f. 375 Zu Terminologie, die den Gedanken an Kriegsgefahr aktualisiert, vgl. u. a. den gemeinsamen Gebrauch von j_mdumor (vgl. Hist. 3,105; 3,108; 3,109); jimdume}eim (3,109); l\wg (3,108; 3,109); !c~m (3,109). 376 Vgl. Hist. 3,109: B patq_r (… rp³q … patq_dor ja· cumaij_m ja· t]jmym b j_mdumor sum]stgjem). 377 Vgl. dazu Hist. 3,107: Da er (= Hannibal) der Ansicht war, es liege in seinem Interesse, den Gegner unter allen Umständen zum Kampf zu zwingen, besetzte er die Burg einer Stadt mit Namen Cannae … Hierauf beschloss der Senat, zu kämpfen und den Feinden eine Schlacht zu liefern (jq_mym d³ sulv]qeim t¹ jat± p\mta tq|pom !macj\sai l\weshai to»r pokel_our, jatakalb\mei tµm t/r J\mmgr pqosacoqeuol]mgr p|keyr %jqam … (oR d’) 1bouke}samto l\weshai ja· sulb\kkeim to?r pokel_oir).
Gefährdung durch Krieg
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an die römischen Truppen zu wenden: Dies, nachdem man ihm ermahnend die Größe der Folgen, die sich aus der Schlacht zum Heil oder Unheil, d. h. zugunsten oder zuungunsten des römischen Vaterlandes ergeben könnten, vor Augen gestellt hatte.378 Aufgrund vorheriger militärischer Niederlagen zeichnet sich die Stimmung im Heer vor der entscheidenden Schlacht durch starke Niedergeschlagenheit und Entmutigung aus. Auch die Kampfeskraft bzw. das Vermögen/die Fähigkeit der Truppen (vgl. 3,108: aR dum\leir), die Situation zu ihren Gunsten zu entscheiden, scheint in Mitleidenschaft gezogen zu sein, sodass die Truppen seitens des Aemilius der Ermunterung und des Zuspruchs bedürfen.379
In seiner Rede thematisiert Aemilius zunächst die Ursachen für die im Rahmen vorheriger Schlachten seitens des römischen Heeres erlittenen Niederlagen.380 Der Gegensatz von „einst“ (pq|teqom) und „jetzt“ (mOm) prägt die gesamte Argumentation: Schwierige Bedingungen (vgl. 3,109: … di± t±r 1j t_m jaiq_m peqist\seir), die Unerfahrenheit der römischen Truppen (vgl. 3,109: … di’ !peiq_am t_m t|te lawol]mym) sowie die Unkenntnis des Feindes machten einen römischen Sieg Aemilius zufolge einst unmöglich.381 Im Blick auf die kommende Schlacht haben sich die Umstände aus der Sicht des Konsuls nun (mOm!) allerdings geändert:382 Anders als in der Vergangenheit weiß man die Gefahr, die vom feindlichen karthagischen Heer des Hannibal ausgeht, einzuschätzen und kann sich dieser gegenwärtig, im unterstützenden Beisein beider Konsulen,383 mutig und stark entgegenstellen.384 Weiter heißt es (vgl. Hist. 3,109): 378 Vgl. Hist. 3,108: Daher ermahnten sie Aemilius und seinen Amtsgenossen beim Auszug, stellten ihnen die Größe der Folgen, die sich aus der Schlacht zum Heil oder Unheil ergeben mussten, vor Augen und trugen ihnen auf, wenn der Augenblick gekommen wäre, den Kampf in rühmlicher und des Vaterlandes würdiger Weise durchzufechten (Di¹ ja· paqajak]samter to»r peq· t¹m AQl_kiom ja· pq¹ avhakl_m h]mter t¹ l]cehor t_m eQr 2j\teqom t¹ l]qor !pobgsol]mym 1j t/r l\wgr 1nap]steikam, 1mteik\lemoi s»m jaiq` jq_meim t± fka cemma_yr ja· t/r patq_dor !n_yr). 379 Vgl. Hist. 3,108: Gm d³ t± pke?sta t_m kecol]mym pq¹r toOtom te_momta t¹m moOm, t¹m rp³q t_m meyst· cecom|tym sulptyl\tym· ¨de c±q ja· t0d] pou sum]baime diatetq\vhai ja· pqosde?shai paqaim]seyr to»r pokko}r. 380 Vgl. dazu den leitmotivischen Gebrauch von s}lptyla und 1k\ttyla in Hist. 3,108 f. 381 Vgl. hierfür insbesondere 3,109: …, vameq¹m d³ p÷sim !mhq~poir poi^sate di|ti ja· t± pq|teqom 1katt~lata c]comem oq di± t¹ Uyla_our we_qour %mdqar eWmai Jaqwgdom_ym, !kk± di’ !peiq_am t_m t|te lawol]mym ja· di± t±r 1j t_m jaiq_m peqist\seir. 382 Vgl. den Gebrauch von mOm in 3,108: 1p· d³ t_m mOm jaiq_m oqdel_a ke_petai pq|vasir … toO lµ mij÷m to»r 1whqo}r; 3,108: mOm ce lµm p\mta t!mamt_a to?r pqoeiqgl]moir rp\qwei; 3,109: …, eQj¹r ja· t¹ t]kor 1mamt_om 1jb^seshai toO mOm !c_mor; 3,109: … ¢r t/r patq_dor oq jimdumeuo}sgr mOm aqto?r to?r stqatop]doir usw. 383 Vgl. Hist. 3,109: pq_tom c±q Ble?r !lv|teqoi p\qeslem, oq l|mom aqto· joimym^somter rl?m t_m jimd}mym, !kk± ja· to»r 1j toO pq|teqom 5tour %qwomtar 2to_lour paqesjeu\jalem pq¹r t¹ l]meim ja· let]weim t_m aqt_m !c~mym. 384 Vgl. 3,109: rle?r ce lµm oq l|mom 2yq\jate to»r jahopkislo}r, t±r t\neir, t± pk^hg t_m pokel_ym, !kk± ja· dialaw|lemoi l|mom oq jah’ 2j\stgm Bl]qam de}teqom 1miaut¹m Edg diateke?te. p\mtym owm t_m jat± l]qor 1mamt_yr 1w|mtym ta?r pqocecemgl]mair l\wair, eQj¹r ja· t¹ t]kor 1mamt_om 1jb^seshai toO mOm !c_mor.
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
Da also alle einzelnen Bedingungen, verglichen mit den früheren Schlachten, sich ins Gegenteil verkehrt haben, dürfen wir erwarten, dass auch der Ausgang des jetzigen Kampfes ein entgegengesetzter sein wird (…, eQj¹r ja· t¹ t]kor 1mamt_om 1jb^seshai toO mOm !c_mor). Denn es wäre seltsam, oder vielmehr, es ist geradezu unmöglich, dass wir in den kleineren Gefechten, wenn wir in gleicher Stärke mit dem Gegner zusammentreffen, zumeist den Sieg davontragen, wenn wir aber alle zusammen mehr als doppelt so stark ihm entgegentreten, unterliegen sollten. Deshalb, Leute, da alle Voraussetzungen für den Sieg erfüllt sind, ist nur eins nötig, euer Wille und eure Einsatzbereitschaft (di|peq … p\mtym rl?m paqesjeuasl]mym pq¹r t¹ mij÷m, 2m¹r pqosde?tai t± pq\clata, t/r rlet]qar bouk^seyr ja· pqohul_ar) … Wenn ferner, wie jetzt bei euch, der Kampf nicht für andere, sondern für euch selbst, für eure Heimat, für Frauen und Kinder geführt wird (oXr d], jah\peq rl?m mOm, oqw rp³q 2t]qym !kk’ rp³q sv_m aqt_m ja· patq_dor ja· cumaij_m ja· t]jmym b j_mdumor sum]stgjem) und die weiteren Folgen um ein Vielfaches mehr bedeuten als der Kampf selbst (t_m 1mest~tym … jimd}mym), dann bedarf es nur der Erinnerung, nicht der Ermahnung. Denn wer wollte nicht, am liebsten zwar im Kampfe siegen, wenn dies aber nicht möglich sein sollte, lieber vorher in der Schlacht fallen, als lebend Schändung und Untergang alles dessen, was er liebt, mit ansehen zu müssen? (t_r c±q oqj #m bo}koito l\kista l³m mij÷m !cymif|lemor, eQ d³ lµ toOt’ eUg dumat|m, tehm\mai pq|shem law|lemor C f_m 1pide?m tµm t_m pqoeiqgl]mym vbqim ja· jatavhoq\m;) Deshalb, Leute, auch ohne dass ich es euch ausmale, stellt euch selbst die Bedeutung einerseits der Niederlage, andererseits des Sieges und seiner Folgen vor Augen; dann werdet ihr in den Kampf gehen mit dem Bewusstsein, dass für die Heimat jetzt nicht diese Legionen allein, sondern alles auf dem Spiel steht (ovtyr 2auto»r paqast^seshe pq¹r tµm l\wgm ¢r t/r patq_dor oq jimdumeuo}sgr mOm aqto?r to?r stqatop]doir, !kk± to?r fkoir). Denn sollte die Entscheidung anders ausfallen, so hat sie nichts mehr, was sie nach der jetzt im Felde stehenden Streitmacht noch aufbieten könnte, um der Feinde Herr zu werden (t_ c±q 5ti pqoshe?sa to?r rpojeil]moir, 1±m %kkyr pyr t± paq|mta jqih0, peqicem^setai t_m 1whq_m, oqj 5wei). Denn alle ihre Anstrengung und Kraft hat sie in euch vereinigt, alle Hoffnungen auf Rettung hat sie auf euch gesetzt (p÷sam c±q tµm art/r pqohul_am ja· d}malim eQr rl÷r !p^qeistai, ja· p\sar t±r 1kp_dar 5wei t/r sytgq_ar 1m rl?m). Täuscht sie jetzt nicht in dieser Hoffnung, sondern stattet der Heimat die Gunsterweisungen ab, die ihr ihr schuldet (¨m rle?r aqtµm lµ diaxe}sgte mOm, !kk’ !p|dote l³m t0 patq_di t±r "qlofo}sar w\qitar,), und lasst alle Welt erkennen, dass die früheren Niederlagen nicht darin ihren Grund hatten, dass die Römer weniger tapfer sind als die Karthager, sondern in der Unerfahrenheit derer, die damals gekämpft haben, und in ungünstigen Umständen.
In bedrängter Lage kriegerischer Bedrohung, deren Initiatoren die feindlichen Karthager unter der Führung Hannibals sind,385 befinden sich Aemilius zufolge gegenwärtig nicht nur die römischen Truppen, sondern die größtenteils 385 Vgl. dazu folgende Terminologie, die (Kriegs-)Gegnerschaft bzw. Feindschaft signalisiert: 3,108: to»r 1whqo}r; 3,108: to»r rpemamt_our… to»r !mtacymist±r; 3,108: to»r pokel_our; 3,109: peqicem^setai t_m 1whq_m usw.
Gefährdung durch Krieg
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aus wehr- und hilflosen Gliedern bestehende römische Heimat (vgl. … rp³q … patq_dor ja· cumaij_m ja· t]jmym) insgesamt.386 Treffend bringen diese momentane Gefahrenlage die Formulierungen … b j_mdumor sum]stgjem (vgl. sum_stgli / Pf. Passiv) und … t_m 1mest~tym … jimd}mym (vgl. 1m_stgli / Pf. Passiv.), ebenso wie der auf die römische Heimat verweisende, partizipiale Gebrauch des Verbums jimdume}eim (vgl. 3,109,9: …, ¢r t/r patq_dor … jimdumeuo}sgr mOm … to?r fkoir) zum Ausdruck. Dass diese Lage Tod und Vernichtung impliziert, wird durch Begrifflichkeiten wie vbqir, jatavhoq\ und das Verbum hm^sjeim (in Opposition zu sytgq_a, f_m) angezeigt. Insbesondere die rp]q-Formulierung … rp³q sv_m aqt_m ja· patq_dor ja· cumaij_m ja· t]jmym gibt zu erkennen, dass der gefahrvolle Kampf (j_mdumor, Sgl./Pl.), den die römischen Truppen bei Cannae zu kämpfen im Begriff sind, ein Kampf zugunsten (zur Rettung/Erhaltung) der Heimat ist.387
Dem Unvermögen der Heimat, sich selbst aus der momentanen Notlage zu befreien, korrespondiert ihr Angewiesensein auf eine Instanz, die unter Aufbietung all ihrer Kräfte und Mittel388 helfend-rettend einzugreifen389 und drohendes Unheil (vbqir, jatavhoq\) von ihr abzuwehren vermag. Aemilius zufolge besteht eben darin die Aufgabe der in die Schlacht ziehenden, römischen Truppen: Als Träger von bo}kgsir, pqohul_a und d}malir besitzen die Truppen (dum\leir) das Vermögen,390 im Kampf gegen die Karthager (vgl. t¹ t]kor … toO mOm !c_mor), dessen guter oder schlechter Ausgang gleichzeitig über das Schicksal der römischen Heimat entscheidet,391 die Situation für die Heimat final zum Guten392 zu wenden. Der Formulierung … p÷sam … tµm art/r pqohul_am ja· d}malim eQr rl÷r !p^qeistai, ja· p\sar t±r 1kp_dar 5wei t/r sytgq_ar 1m rl?m … ist zu entnehmen, dass die Wörter d}malir und pqohul_a in Verbindung mit der Genitivkonstruktion 1kp·r t/r sytgq_ar 386 Verallgemeinerung wird in 3,109 u. a. durch to?r fkoir angezeigt. 387 Vgl. ebenso die Wendung … ¢r t/r patq_dor … jimdumeuo}sgr mOm … to?r fkoir. 388 D. h. eine Instanz, die zugunsten der Heimat sogar bereit ist, ihr Leben hinzugeben; vgl. dazu die Opposition f_m und hm^sjeim in 3,109: t_r c±q oqj #m bo}koito l\kista l³m mij÷m !cymif|lemor, eQ d³ lµ toOt’ eUg dumat|m, tehm\mai pq|shem law|lemor C f_m 1pide?m tµm t_m pqoeiqgl]mym vbqim ja· jatavhoq\m. 389 Dieses Eingreifen wird in 3,108 f. durch entsprechende Verben umschrieben (vgl. 3,108: sumacym_feshai; 3,109: !cym_feshai; 3,109: 1pijqate?m; 3,109: l\weshai; 3,109: paq_stgli/Med. [pq¹r tµm l\wgm]). 390 In den römischen Truppen (den dum\leir, vgl. 3,108) konzentriert sich dabei stellvertretend die gesamte Kampfkraft (d}malir) der Heimat: vgl. 3,109: …t/r rlet]qar bouk^seyr ja· pqohul_ar; 3,109: … p÷sam … tµm art/r pqohul_am ja· d}malim eQr rl÷r !p^qeistai. 391 Das in 3,108 f. begegnende Verbum jq_meim (vgl. insbesondere den passivischen Gebrauch in 3,109: …, 1±m %kkyr pyr t± paq|mta jqih0) signalisiert an dieser Stelle die mögliche Änderung der Gefahrensituation zum Guten oder Schlechten. Vgl. dazu auch die Ausführungen unter II./ 3.2.3. 392 D. h. nicht in Richtung Niederlage und Tod/Vernichtung (vbqir, jatavhoq\, hm^sjeim), sondern in Richtung Sieg und Rettung/Erhaltung/Überleben (sytgq_a, f_m).
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in Hist. 3,109 im Kontext akuter kriegerischer Bedrohung ein Wortcluster393 bilden.394 Ist pqohul_a hier mit „Bereitwilligkeit, Einsatzbereitschaft“395 wiederzugeben, so bietet sich für d}malir, im gemeinsamen Gebrauch mit sytgq_a (vgl. … p÷sam … tµm … d}malim eQr rl÷r !p^qeistai … t/r sytgq_ar …) die Bedeutung (offensive/defensive) „Kampfkraft“, „(Wehr-)Kraft“,396 die der Rettung bzw. dem Überleben der vom Krieg Betroffenen dient, an. Bezieht sich der in 3,109 zur Anwendung kommende Genitiv t/r sytgq_ar explizit auch auf das Wort 1kp_r (im Blick auf die Konstruktion 1kp·r t/r sytgq_ar liegt in diesem Sinne ein Genitivus objectivus vor), so lässt sich ein Verhältnis der Zugehörigkeit sinngemäß ebenso zwischen d}malir und sytgq_a ausmachen:397 Als offensives/defensives „Wehrvermögen“ steht die d}malir-Begrifflichkeit hier für ein machtvolles Handeln, das auf die Erhaltung (sytgq_a) der Heimat zielt. So kann man in der Tat von einer (Kampf-)Kraft bzw. einem (Wehr-)Vermögen mit rettender/erhaltender Wirkung (d}malir t/r sytgq_ar bzw. d}malir eQr sytgq_am!) sprechen.
Sind die Truppen Hist. 3,108 f. zufolge Träger und Garant von pqohul_a und d}malir [t/r sytgq_ar], so sind sie gleichzeitig Gegenstand der Hoffnung der Heimat auf Rettung/Erhaltung (1kp·r t/r sytgq_ar): Dadurch, dass die Truppen (aR dum\leir, vgl. Hist. 3,108) ihre d}malir (in der Bedeutung „[offensive/defensive] Kampfkraft“, „Wehrkraft“) bereitwillig zugunsten, d. h. zum Schutz und zur Rettung/Erhaltung der in Bedrängnis geratenen Heimat einsetzen werden, ist deren Hoffnung auf Erhaltung nicht unbegründet. Zudem scheint eine semantische Verknüpfung der Wörter pqohul_a, d}malir [t/r sytgq_ar] und 1kp·r t/r sytgq_ar mit der w\qir-Begrifflichkeit gegeben zu sein.398 Die Parallelität der Akkusativobjekte p÷sam … tµm … 393 Zum Gebrauch von d}malir, pq|hulor und 1kp_r in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie vgl. u. a. Röm 1,15 f.; 8,24! 394 Vgl. zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir und pqohul_a im kriegerischen Gefahrenkontext auch Poseidonios Fragm. 242: … !kk’ b ta}tgr stqatgc¹r C\ior Moqbam|r, pokk0 dum\lei ja· paqasjeu0 ja· pqohul_ô wqgs\lemor, ja· jatapkgn\lemor to»r Ytaki~tar t` lec]hei t/r paqasjeu/r, 1n^qpase to»r Ugc_mour; vgl. auch Fragm. 185: £m d³ eqvuµr pq¹r !c_mar ja· jimd}mour, ja· to}tour rpol]mym pqoh}lyr, taw» lec\kgm 1jt^sato d}malim ja· d|nam 1p’ !mdqe_ô 395 Vgl. Passow, s.v. pqohul_a. 396 Auch an dieser Stelle ist es die unmittelbare Umgebung des Wortes d}malir (vgl. den Gefahrenkontext Hist. 3,108 f.), die seine (Wort-)Bedeutung generiert: In 3,108 wird d}malir pluralisch gebraucht (vgl. … pq¹r t±r dum\leir, … ta?r dum\lesi) und steht für „Truppe, Heer, Streitkraft“. In 3,109 wird d}malir dagegen singularisch gebraucht und kommt zusammen mit sytgq_a in der Bedeutung „Wehrkraft“, „Wehrvermögen“ zur Anwendung. Vgl. dazu auch den Eintrag zu d}malir bei Christian-Friedrich Collatz, Arno Mauersberger, Günter Glockmann, Polybios-Lexikon, Bd. 1, Berlin 22000. 397 Die Genitivverbindung d}malir t/r sytgq_ar stünde dann für einen Genitiv der (Ziel-)Richtung/des Zweckes/der Wirkung, indem mit t/r sytgq_ar das Ziel bzw. der Zweck der mit d}malir aktualisierten Handlung angezeigt wird; vgl. dazu BDR § 166. 398 Vgl. 3,109: p÷sam … tµm art/r pqohul_am ja· d}malim eQr rl÷r !p^qeistai, ja· p\sar t±r 1kp_dar 5wei t/r sytgq_ar 1m rl?m … ¨m rle?r aqtµm lµ diaxe}sgte mOm, !kk’ !p|dote l³m t0 patq_di t±r "qlofo}sar w\qitar.
Gefährdung durch Krieg
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pqohul_am ja· d}malim …, ja· p\sar t±r 1kp_dar … t/r sytgq_ar … und … t±r "qlofo}sar w\qitar sticht dabei ins Auge und verweist auf eine semantische Interaktion insbesondere der Wörter pqohul_a, d}malir und w\qir: Es hat den Anschein, als handle es sich bei der Übertragung der gesamten Einsatzbereitschaft und Wehrkraft (p÷sam … tµm [+ Gen.] pqohul_am ja· d}malim eQr [+ Akk.] !peqe_deim) seitens der Heimat auf die römischen Truppen um Reziprozität erzeugende Gunsterweise (vgl. 3,109: t±r … w\qitar): Die Truppen stehen infolge dieser Übertragung zur Heimat in einem Verhältnis schuldigen Verpflichtetseins, wie die Formulierung !podid|mai …. t0 patq_di t±r "qlofo}sar w\qitar zeigt. Die bevorstehende Schlacht gegen die Karthager, welche die Heimat in einen Zustand kriegerischer Bedrängnis versetzt, bildet den Hintergrund, so Aemilius, auf dem die römischen Truppen dieser (vgl. t0 patq_di) die empfangenen Gunsterweise angemessen zurückzuerstatten vermögen. Indem die Truppen in der bevorstehenden Schlacht ihre (Wehr-)Kraft bereitwillig zugunsten (zum Schutz, zur Erhaltung) der Heimat aufbieten, sind sie nicht nur Träger berechtigter Hoffnung auf Rettung/Erhaltung, sondern sie geben der Heimat auch das Geschuldete zurück.
4.2 Der Ausdruck bo^heia eQr sytgq_am bei Dionysios von Halikarnassos (Ant. 15,8,3) Die bedeutungsmäßige Verwandtschaft der Syntagmen d}malir eQr sytgq_am und bo^heia [pq¹r sytgq_am] in Kontexten, in denen es um die Gefährdung einer sich in prekären, da wehr- und mittellosen Umständen befindenden Entität geht, wurde bereits an anderer Stelle dargelegt (vgl. dazu die Ausführungen unter II./1.).399 Interessanterweise greift nun Dionysios von Halikarnassos (ca. 54–7 v. Chr.) in seinem Geschichtswerk Antiquitates Romanae (griech. Uylazjµ )qwaiokoc_a), speziell: in Ant. 15,8,3400 mit bo^heia eQr sytgq_am401 auf ein 399 Vgl. dazu u. a. folgende Texte, in denen die Gefährdung der sterblichen Gattungen an Lebewesen angesichts einer irritationenträchtigen, feindlich gesonnenen Umwelt zur Darstellung gebracht wird: Plat. Prot. 320e 1 f.: … to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am; Arist. Part. an. 655b 7 f.: p\mta d³ taOta boghe_ar 5wousi w\qim t± f`a … lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am 2j\stoir; Part. an. 663a 1 f.: … fsoir d³ lµ d]dyjem B v}sir %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am. Die Syntagmen d}malir eQr sytgq_am und bo^heia pq¹r sytgq_am (auch: !kjµ pq¹r sytgq_am) begegnen hier in der Regel in Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens und stehen für ein helfend-rettendes Eingreifen seitens vermögender Instanzen (Gottheit, Natur). Je nach Kontext sind d}malir eQr sytgq_am, bo^heia pq¹r sytgq_am (!kjµ pq¹r sytgq_am) mit „(offensives/defensives Wehr-) Mittel zur Lebenserhaltung“ wiederzugeben: Die Mittel dienen der Sicherung gegen Lebensgefahr und damit der Abwehr drohenden Unheils (= Vernichtung). Vgl. dazu ebenso den Gebrauch von d}malir eQr sytgq_am bei Apollin. Fragm. Ps. 39,14! 400 Die griechischen Zitate sind der maßgeblichen kritischen Textausgabe von Karl Jacoby, Dionysii Halicarnasei antiquitatum Romanarum quae supersunt, 4 Bde., Leipzig 1885–1905 (ND
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ähnliches Syntagma zurück. Um die Bedeutung dieser Wortverbindung zu eruieren und um festzustellen, ob der Ausdruck das Potential hat, eine ähnliche geistige Vorstellung zu aktivieren wie die Wendungen d}malir eQr sytgq_am und bo^heia pq¹r sytgq_am, ist zunächst auf den weiteren Kontext zu blicken, der das in Ant. 15,8,3 zum Einsatz kommende Syntagma umgibt (vgl. Ant. 15,3,1–15,8,5; vgl. dazu II./4.2.1). Nach der Analyse des übergreifenden Kontextes und der damit einhergehenden Ermittlung einiger Begrifflichkeiten, die, so wird zu zeigen sein, ein Wortcluster um bo^heia eQr sytgq_am bilden, gilt es im Anschluss, die unmittelbare Umgebung des Syntagmas in den Fokus zu nehmen. Wir blicken zu diesem Zweck auf den Textauszug Ant. 15,7,1–15,8,5 (vgl. dazu II./4.2.2).
4.2.1 Zum weiteren Kontext: Drohende (Kriegs-)Gefahr (15,3,1–15,8,5) Insgesamt begegnet das Syntagma bo^heia eQr sytgq_am mit Ant. 15,3,1–15,8,5 in einem übergreifenden Kontext drohender Kriegsgefahr.402 Gleichzeitig sticht der leitmotivische Gebrauch von Terminologie ins Auge, die in diesem Zusammenhang die Möglichkeit von Abwehr, Verteidigung und Schutz der von Krieg betroffenen Größe zum Ausdruck bringt (vgl. d}malir, bo^heia, stqati\). Dionysios berichtet an dieser Stelle von mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen403 zwischen Rom und den Samniten.404 In 15,3,2 ist von einer ersten Auseinandersetzung Roms mit den Samniten die Rede (vgl. t¹m
401 402
403
404
Stuttgart 1967) entnommen. Die deutsche Übersetzung richtet sich nach Gottfried Jakob Schaller, Adolph Heinrich Christian, Dionysius von Halikarnaß, Urgeschichte der Römer, 12 Bde., Stuttgart 1827–1849. Vgl. ebenso den Text mit englischer Übersetzung von Stephen Usher, Dionysius of Halicarnassus. The Critical Essays, LCL 465, London 1974/85. Ant. 15,8,3: peq· d³ t/r Meapokit_m p|keyr … toso}tou d]olem !dije?m rl÷r, eU tima to?r jimdume}ousi bo^heiam eQr sytgq_am joim0 paqew|leha, ¦st’ aqto· dojoOlem rv’ rl_m !dije?shai lec\ka. Vgl. Ant. 15,1,1–15,10,2. Mit Blick auf den Passus Ant. 15,3,1–15,8,5 findet sich (Kriegs-)Gefahrenterminologie an zahlreichen Stellen: vgl. z. B. den gemeinsamen Gebrauch von j_mdumor (15,3,1.2; 15,4,6), p|kelor (15,3,2: t¹m Saumitij¹m p|kelom; 15,5,3; 15,6,3.4.5; 15,7,2.3; 15,8,2.5), l\wg (15,3,2; 15,8,3) usw. Die von 343 v. Chr. bis zur Auflösung des Samnitenbundes 275 v. Chr. andauernden militärischen Auseinandersetzungen zwischen Rom und den Samniten werden in der Forschung gängigerweise als Samnitenkriege bezeichnet. Vgl. dazu insgesamt die Ausführungen bei Edward Togo Salmon, Samnium and the Samnites, Cambridge 1967. Zur Problematik einer Unterteilung der samnitischen Auseinandersetzungen mit Rom in insgesamt drei Kriege, die so in den Quellen (vgl. u. a. Dion. Hal.) keine Grundlage findet, vgl. Lukas Grossmann, Roms Samnitenkriege: Historische und historiographische Untersuchungen zu den Jahren 327–290 v. Chr., Reihe Geschichte 1, Düsseldorf 2009, 25 ff. Die Samniten treten erst um 354 v. Chr. (mit dem Abschluss eines Vertrages mit Rom, der wohl Defensivcharakter hatte und die jeweilige Einflusssphäre am Fluss Liris absteckte) in die überlieferte politische Geschichte Italiens ein; vgl. dazu Salmon, Samnium and the Samnites, 192; Grossmann, Roms Samnitenkriege, 19.
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Saumitij¹m p|kelom),405 aus welcher die Römer siegreich hervorgehen (vgl. Ant. 15,3,2).406 Die Kriegsgefahr ist allerdings nicht gebannt: Ab Ant. 15,3,1 wird geschildert, dass sich die Beziehungen zwischen Rom und Samnium erneut verschlechtern.407 Die konfliktreichen Auseinandersetzungen zwischen beiden Mächten können auf Verhandlungsebene nicht beigelegt werden und münden schließlich in eine zweite kriegerische Auseinandersetzung408 (vgl. 405 Ursache für die erste kriegerische Auseinandersetzung Roms mit den Samniten (343–341 v. Chr.) war vermutlich das Bestreben der Samniten, ihre Herrschaft beträchtlich über ihr eigentliches Stammesgebiet hinaus auszudehnen. Im Zuge dessen erreichten sie u. a. das Tyrrhenische Meer und griffen auf die anschließende kampanische Ebene über. Die samnitischen Stammverwandten in Kampanien wollten ihre Selbstständigkeit allerdings nicht aufgeben und suchten Schutz bei der aufstrebenden römischen Macht, was zu einer Erweiterung des römischen Einflussbereiches von Tarracina bis etwa zur Mitte von Kampanien führte. Das römische Gebiet grenzte nun an Samnium, was schließlich zu einem Waffengang führte, initiiert durch einen Angriff der Samniten auf Teanum Sidicinum gegen die Sidicini. Dabei kam es auch zu Kämpfen mit den von den Sidicini zu Hilfe gerufenen Kampanern, die ihrerseits römische Hilfe erbaten und auch erhielten. Vgl. dazu insgesamt Grossmann, Roms Samnitenkriege, 19. (Hier auch der Hinweis, dass die Darstellung des Konfliktes, wie sie sich bei Livius findet, vgl. Livius VII 29,3–32,1, stark pro-römisch eingefärbt ist: „Die Samniten hätten den Stamm der Sidiciner angegriffen, die darauf mit einem Hilfegesuch an Capua gelangt seien. Als ein kampanisches Heer besiegt worden und Capua selbst in Gefahr geraten sei, hätte dieses sich für Hilfe seinerseits an Rom gewandt. Nachdem Rom unter Verweis auf den bestehenden Vertrag mit den Samniten eine Hilfeleistung verweigert habe, habe sich Capua formell mit einer deditio unterworfen und dadurch Rom die Möglichkeit gegeben, Capua als sein ,Eigentum‘ nunmehr rechtmäßig gegen die Samniten zu verteidigen. Aber auch dann habe Rom zunächst noch mit einer Gesandtschaft an diese den Frieden zu bewahren versucht; erst nach deren Abweisung habe der Krieg begonnen“). 406 Der erste Konflikt zwischen Rom und Samnium endete mit der Erneuerung des Vertrages von 354. Diese Vertragserneuerung war auch der Grund, weshalb sich die Samniten vom sog. Latinerkrieg (341–338) fernhielten. Die Gründung der latinischen Kolonie Fregellae jenseits des Liris (328 v. Chr.) durch Rom und der Versuch der Samniten, Neapolis und die angrenzenden Städte (trotz starker Interessen Roms an diesen Gebieten) unter ihre Kontrolle zu bringen, führten allerdings zu erneuten Spannungen zwischen Römern und Samniten, was zu der zweiten kriegerischen Auseinandersetzung führte (326–304 v. Chr.). Vgl. dazu insgesamt Schneider, Rom von den Anfängen bis zum Ende der Republik (6. Jh. bis 30 v. Chr.), 275 f.; ebenso Alfred Heuss, Römische Geschichte, Braunschweig 61987, 46 ff.; Salmon, Samnium and the Samnites, 187–254. 407 Vgl. den Signalcharakter von j_mdumor (Pl.) in Ant. 15,3,1: fti Jo_mtou Seqouik_ou t¹ tq_tom rpate}omtor ja· Ca_ou Laqj_ou Uout_kou rpateu|mtym j_mdumoi tµm U~lgm wakepo· ja· !pqosd|jgtoi jat]swom: Zur Zeit der Konsulen Quintus Servilius und Gaius Marcius Rutilus wird Rom, so Dionysios, in schwierige und unerwartete gefahrvolle Vorkommnisse verwickelt. 408 Den Wiederbeginn der kriegerischen Auseinandersetzungen Roms mit den Samniten datiert Grossmann, Roms Samnitenkriege, 50 f. auf das Jahr 326 v. Chr. Er schreibt: „Im Lauf des Jahres 327 verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Rom und Samnium, die wohl schon vorher angespannt gewesen waren, zusehends. Ein Grund dafür waren die Vorgänge in Neapel, wo jetzt römische Truppen die Stadt belagerten, die ein wie auch immer geartetes freundschaftliches Verhältnis zu Samnium hatte und in der sich auch samnitische Truppen zur Unterstützung befanden … [D]ies führte gegen Ende des Jahres zu Verhandlungen zwischen beiden Mächten, die jedoch zu keiner Einigung in den strittigen Fragen führten. Damit war eine gewaltsame Auseinandersetzung unvermeidbar geworden. Wie diese auf samnitischer
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Ant. 15,9,6.7; 15,10,1.2; 16,1: … t¹m jat± Saumit_m … p|kelom),409 deren Ursache410 Dionysios in Ant. 15,3,1–15,8,5 zur Darstellung bringt. 4.2.1.1 Schutz der kampanischen Bundesgenossen vor feindlichen samnitischen Angriffen (vgl. 15,3,2) Nach dem Sieg über die Samniten ist Rom gewillt, alle seine auf kampanischem Gebiet411 stationierten Truppen abzuziehen, da offensichtlich keine (weitere) Gefahr in den Städten hinterlassen worden war (vgl. 15,3,2: … 1bo}keto l³m "p\sar !p\ceim t±r dum\leir ¢r oqhem¹r 5ti jimd}mou ta?r p|kesi jatakeipol]mou). Dem geplanten Abzug römischer Truppen, die zur militärischen Unterstützung und Sicherung der kampanischen Städte412 dort Aufstellung bezogen hatten, begegnet man von kampanischer Seite mit der Bitte, Rom möge das kampanische Gebiet nicht militärisch ohnmächtig und wehrlos sich selbst überlassen (deol]mym d³ t_m Jalpam_m lµ jatakipe?m aqto»r sull\wym 1q^lour): Da man sonst, ohne fremden, d. h. seitens der römischen Bundesgenossen gewährten Schutz (… eQ lgdel_am 5woiem nemijµm bo^heiam) von den Samniten angegriffen würde (… ¢r 1pihgsol]mym sv_si t_m Saumit_m).413 Die römische Seite reagiert darauf mit dem Beschluss, konkrete Hilfe zu leisten: Konsul Markus Valerius, der die Städte vom Krieg (p|kelor) erlöst hatte, soll ein so großes Heer (stqati\) in den Städten zurücklassen, wie groß sie (eines) unterhalten wollen.414
Zunächst ist die Aufmerksamkeit auf die in Ant. 15,3,2 mit l]m…d] konstruierte Formulierung … 1bo}keto l³m "p\sar !p\ceim t±r dum\leir ¢r oqhem¹r 5ti jimd}mou ta?r p|kesi jatakeipol]mou, deol]mym d³ t_m Jalpam_m lµ jatakipe?m aqto»r sull\wym 1q^lour ¢r 1pihgsol]mym sv_si t_m Saumit_m … zu richten. Gestellt in den Kontext drohender Kriegsgefahr (vgl. Ant. 15,3,1–15,8,5) bringt diese Konstruktion ein Wechselverhältnis zwischen den siegreichen Römern und den auf deren militärische Unterstützung an-
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Seite vorbereitet wurde, lässt sich nicht eruieren. Auf römischer Seite wurde jedenfalls vom Volk der Krieg beschlossen und den Samniten der Krieg erklärt. Der Wiederbeginn der Samnitenkriege ist also ins Jahr 326 zu datieren.“ Vgl. dazu Schneider, Rom von den Anfängen bis zum Ende der Republik, 275 f.; ebenso Heuss, Römische Geschichte, 46 ff.; Salmon, Samnium and the Samnites, 187–254. Vgl. Ant. 15,3,1: !v’ Hr d’ aQt_ar eQr to}tour Gkhe to»r jimd}mour, lijq± t_m pq|shem !makab½m di’ ak_cym peiq\solai diekhe?m. Im Zuge der Samnitenkriege setzte wohl die Romanisierung von Kampanien ein. Vgl. dazu Salmon, Samnium and the Samnites, 197: „It can be taken as certain that in 343 the Campani became, not the dedicticii of Rome, but the socii, in the manner of the contemporary Latins and Hernici.“ (Kursivierung im Original). Vgl. LSJ, s.v. 1pit_hgli (Pass.): „to make an attempt upon“, „attack“. Vgl. zu diesem Absatz insgesamt den Text Ant. 15,3,2: deol]mym d³ t_m Jalpam_m lµ jatakipe?m aqto»r sull\wym 1q^lour ¢r 1pihgsol]mym sv_si t_m Saumit_m, eQ lgdel_am 5woiem nemijµm bo^heiam, 5cmy t¹m !pakk\namta toO pok]lou t±r p|keir vpatom L\qjom Oqak]qiom fsgm #m aqto· boukgh_si tq]veim stqati±m 1m ta?r p|kesi jatakipe?m.
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gewiesenen Kampanern zum Ausdruck. Auf Reziprozität verweist die s}llawor-Begrifflichkeit: Angesichts drohender Gefahr (j_mdumor) sind die Römer verpflichtet, ihren momentan von Krieg bedrohten, kampanischen Bundesgenossen zu helfen. Worte und Wortverbindungen, die ihrer Semantik nach das Unvermögen, ohne fremde Hilfe im Kriegszustand etwas ausrichten zu können, bedeuten, lassen die politisch-militärische Abhängigkeit der Kampaner von den Römern erkennen (vgl. 15,3,2: de?shai … lµ jatakipe?m aqto»r sull\wym 1q^lour, [lgdel_am] nemijµm bo^heiam 5weim).415
Die politisch-militärische Überlegenheit der römischen Bundesgenossen sticht in Ant. 15,3,1 f. ins Auge und wird durch den parallelen Gebrauch der Begrifflichkeiten d}malir (vgl. die Formulierung !p\ceim t±r dum\leir), bo^heia (vgl. … lgdel_am 5weim nemijµm bo^heiam) und stqati\ (vgl. stqati±m [1m ta?r p|kesi] jatake_peim) angezeigt. Alle drei Begrifflichkeiten kommen hier vor dem Hintergrund kriegerischer Gefahr zur Anwendung und gehören ihrer Bedeutung nach zusammen: Nämlich insofern, als damit die Fähigkeit bzw. das Vermögen der Römer zum Ausdruck gebracht wird, den von kriegerischer Bedrohung heimgesuchten kampanischen Städten zu Hilfe zu eilen, sie militärisch zu unterstützen und feindlichen (samnitischen) Angriffen zu wehren. Im gemeinsamen Gebrauch mit bo^heia („Schutz“ bzw. „Hilfe“, in Form militärischer Hilfeleistung von außen, vgl. nemijµ bo^heia) bringt das Wort d}malir (Pl./dum\leir: „Schutztruppen“), ebenso wie das Wort stqati\, in diesem Zusammenhang die defensiv ausgerichtete „Kampfkraft“ bzw. „Wehrkraft“, die dem Schutz der schutzlosen Kampaner vor möglichen offensiven Angriffen dient, zum Ausdruck. Konkret geht es also um die Stationierung von Hilfs- bzw. Schutztruppen auf kampanischem Gebiet.
Dieses Sinnverhältnis gilt es für unsere weiteren Ausführungen zur Analyse der Bedeutung des Syntagmas bo^heia eQr sytgq_am in Ant. 15,8,3 im Hinterkopf zu behalten.
4.2.1.2 Gefahrvolle Vorkommnisse in Neapel (Ant. 15,5,1–15,6,5) Wurde in Ant. 15,3,2 die politisch-militärische Unterstützung der Kampaner seitens der Römer dargelegt, die durch die Stationierung einer speziellen Hilfs- bzw. Schutztruppe erfolgt (vgl. 15,3,3: stqati±m 1m ta?r p|kesi jatake_peim), so findet sich das in diesem Zusammenhang zur Anwendung kommende, die defensive Wehr angesichts einer feindlichen Offensive zum Aus415 Das Zurücklassen eines Heeres (stqati±m 1m ta?r p|kesi jatake_peim) seitens der römischen Bundesgenossen (s}llawor/Pl.) ist folglich die Reaktion auf die vermeintliche Ohnmacht und Schutzbedürftigkeit der dem samnitischen Feind im Falle eines Krieges militärisch unterlegenen kampanischen Städte.
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druck bringende Wortcluster um d}malir, bo^heia und stqati\ auch in Ant. 15,5,3. Ein Konflikt zwischen den Städten Capua und Neapel lässt die beigelegten Auseinandersetzungen zwischen Römern und Samniten wiederaufleben (vgl. dazu den Gebrauch von j_mdumor in 15,4,6). Dem Bericht des Dionysios zufolge416 wird dieser Konflikt insgesamt ausgelöst durch feindliche Übergriffe der Stadt Neapel auf kampanisches Gebiet: Die mit den Römern freundschaftlich verbundenen Kampaner erleiden in der darauffolgenden Zeit von den Neapolitanern vielfältigen und großen Schaden (vgl. 15,5,1: … to»r v_kour aqt_m Jalpamo»r pokk± ja· lec\ka 5bkaptom) und bringen ihre Klage vor die Römer. Rom hat vorerst die Absicht, den Konflikt auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Zur Unterstützung der kampanischen Bundesgenossen entlässt der römische Senat eine Gesandtschaft417 nach Neapel,418 vermittels welcher zur friedlichen Beilegung des Konfliktes aufgerufen wird. Man fordert die Neapolitaner auf, den Kampanern (als den Untertanen der römischen Herrschaft) kein Unrecht anzutun und Streitigkeiten nicht durch Waffen, sondern durch Worte (lµ di’ fpkym, !kk± di± k|cym) zu beseitigen. Doch machen sich auch Rom feindlich gesonnene Gesandtschaften, die Tarentiner419 und Samniten, nach Neapel auf (vgl. 15,5,2). Ebenso wie die Römer wollen auch diese ihren Einfluss auf die Stadt420 geltend machen und bieten Neapel im Falle eines Krieges (vgl. 15,5,3: p|kelor) gegen die Römer Rückendeckung an: Die Neapolitaner werden in diesem Sinne dazu aufgefordert, auf ihre eigene Wehrkraft sowie auf die 416 Vgl. dazu insgesamt den Text Ant. 15,5,1: B d³ boukµ t_m Uyla_ym Jalpam_m pokk\jir 1lvamif|mtym ja· !poduqol]mym t_m Meapokit_m, pq]sbeir 1xgv_sato pq¹r to»r Meapok_tar !poste?kai to»r !ni~somtar aqto»r lgh³m eQr to»r rpgj|our t/r t_m Uyla_ym Bcelom_ar paqamole?m, !kk± ja· did|mai t± d_jaia ja· kalb\meim, ja_, eU ce diav]qomtai pq¹r !kk^kour, lµ di’ fpkym, !kk± di± k|cym, s}lboka poigsal]mour pq¹r aqto}r, ja· t¹ koip¹m eQq^mgm %ceim pq¹r ûpamtar to»r peqioijoOmtar t¹ Tuqqgmij¹m p]kacor. 417 Vgl. den Signalcharakter des Verbums !post]kkeim in 15,5,1 f.; 15,6,5. 418 Dionysios berichtet in Ant. 15,5 f. ausführlich über diese römische Gesandtschaft, die dazu auffordert, Probleme auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Vgl. dazu Grossmann, Roms Samnitenkriege, 31. 419 Zu den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Samnium, Tarent und der griechischen Siedlung Neapel vgl. Grossmann, Roms Samnitenkriege, 32 f.: Ziel der Gesandtschaft der Tarentiner (vgl. Ant. 15,5 f.) ist es, so ders., die Neapolitaner von einer Einigung mit Rom oder den Kampanern abzubringen und sie zu überzeugen, die Freundschaft mit den Samniten beizubehalten. 420 Vgl. zu dem in Ant. 15,5 f. Geschilderten insgesamt Grossmann, Roms Samnitenkriege, 34 f.: „Auf der einen Seite stand Neapel, das von den Tarentinern und Samniten unterstützt wurde; auf der anderen Seite standen die Kampaner und Rom, das durch die Einverleibung von Capua und anderen kampanischen Siedlungen als cives sine suffragio 338 großen Einfluss in der Region gewonnen und diesen in der Folgezeit gefestigt hatte: somit betraf ein Konflikt zwischen Capua und Neapel auch wesentliche Interessen Roms. Dabei muss wohl offen bleiben, wie genau die neapolitanischen Übergriffe gegen die Kampaner zustande kamen bzw. ob sie wirklich nur einseitig stattfanden. Das griechische Neapel bildete dabei gegenüber Rom und Samnium eine wichtige dritte Partei, was die Bemühungen beider Seiten um die Stadt, wie sie Dionysios schildert, einleuchtend macht.“
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von den Samniten und Tarentinern kommende militärische Unterstützung421 zu vertrauen (15,5,3: … t0 t’ oQje_ô piste}omtar dum\lei ja· t0 paq± Saumit_m !vinol]m, boghe_ô).422
Wie bereits in Ant. 15,3,2 kommen beide Wörter, d}malir wie bo^heia, in Ant. 15,5,3 erneut in der Bedeutung „Wehr-“ bzw. „Kampfkraft“, die (in Form militärischer Unterstützung/Hilfeleistung) zum Schutz (= zugunsten) der kriegerisch Bedrohten aufgeboten wird, zum Einsatz. In 15,5,3 werden die Begrifflichkeiten zusammen mit dem Verbum piste}eim gebraucht: Einer vermeintlichen militärischen Überlegenheit und unbesiegbaren/unbezwinglichen Stärke (vgl. %lawor Qsw}r) der Römer wird das Vertrauen der Stadt Neapel (= als vom sich anbahnenden Krieg betroffene Größe) auf die eigene sowie die seitens der Samniten geleistete Kampf- bzw. Wehrkraft gegenübergestellt.423 Ein möglicher Mangel an Wehrkraft und die daraus resultierende Wehrlosigkeit der betroffenen Stadt vermag durch fremde Hilfeleistung (bo^heia) folglich ausgeglichen zu werden.424 Auf die prosamnitische Gesandtschaft aus Tarent folgt, wie der weitere Textverlauf zeigt, eine samnitische Gesandtschaft nach Neapel (vgl. Ant. 15,6,2), die sich – so der Bericht des Dionysios – durch gewisse Gefälligkeiten425 die Staatsspitze zugeneigt macht, den römischen Staat der Untreue und Hinterlist beschuldigt und den Nea421 Dazu Grossmann, Roms Samnitenkriege, 35: „Rom musste sich zwar offiziell in erster Linie darum bemühen, seine kampanischen Verbündeten zu unterstützen und zukünftige neapolitanische Angriffe zu verhindern. Daneben musste es aber ein naheliegendes Ziel sein, auch Neapel in irgendeiner Form in die eigene Einflusssphäre zu integrieren … Dazu kam die konziliante römische Haltung beim Eingreifen zugunsten der Kampaner, die den Konflikt durch Verhandlungen lösen wollte, um die Möglichkeit einer Freundschaft mit Neapel offenzuhalten. Die Samniten ihrerseits … mussten eine solche Veränderung natürlich zu verhindern suchen und rieten deshalb von Verhandlungen sowohl mit Rom als auch mit Kampanien ab; die gleichen Ziele verfolgte eine weitere Gesandtschaft aus Tarent. Dass dieses Verhalten allerdings einen Krieg mit Rom nahezu provozieren musste, erklärt dementsprechend die Neapel zugesicherte Unterstützung.“ 422 Vgl. dazu den Text Ant. 15,5,3: 1±m d³ ta}tgm poi^symtai Uyla?oi toO pok]lou tµm pq|vasim, lµ aqqyde?m, lgd’ ¢r %law|m tima tµm Qsw»m aqt_m jatapepk/whai, !kk± l]meim cemma_yr ja· ¢r pqos/jem þkkgsi pokele?m, t0 t’ oQje_ô piste}omtar dum\lei ja· t0 paq± Saumit_m !vinol]m, boghe_ô, mautij^m t’ Qsw»m pqoskgxol]mour 5ny t/r 2aut_m, Dm Taqamt?moi p]lxousim, 1±m %qa ja· ta}tgr d]ymtai, pokkµm ja· !cah^m. 423 Vgl. dazu die Wendung piste}eim … t0 … dum\lei ja· … t0 … boghe_ô; vgl. ebenso den Gebrauch von paq\ (+ Gen.): t0 (paq± Saumit_m !vinol]m,) boghe_ô. 424 Die bereits in Ant. 15,3,2 f. zur Darstellung gebrachte Konfiguration von aufeinander bezogenen Entitäten in ihren jeweiligen passiven und aktiven Zuständen findet sich in 15,5,3 in ähnlicher Form: Wurden in 15,3,2 f. die kampanischen Städte als von (potentieller) Kriegsgefahr bedroht und als schutzbedürftig (d. h. auf römische Hilfe in Form von d}malir, bo^heia, stqati\ angewiesen) präsentiert, so erweisen sich in 15,5,3 die Neapolitaner (= Bewohner der Stadt Neapel) als potentiell militärisch ohnmächtig und, angesichts eines sich anbahnenden Krieges, als auf die Unterstützung von außen, die seitens vermögender Instanzen erfolgt, angewiesen. 425 Vgl. dazu den Gebrauch von eqeqces_a in Ant. 15,6,3.
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politanern, sofern sich diese auf einen Krieg gegen die Römer einlassen, verspricht, ihnen Schutz vor römischen Angreifern zu bieten, u. a. in Form eines Heeres zur Verteidigung der Stadtmauern (vgl. Ant. 15,6,3: 1±m eQr t¹m p|kelom jatast_si, stqati\m te p]lxeim, fsgr #m d]ymtai, tµm vuk\nousam aqt_m t± te_wg).426
Die in 15,5,3 von den Tarentinern im Falle eines Krieges gegen die Römer in Aussicht gestellte Hilfeleistung zur Aufstockung der Kampf- bzw. Wehrkraft427 der Neapolitaner wird in Ant. 15,6,3 konkretisiert: Wie der Gebrauch des Wortes stqati\ zeigt, umfasst die in 15,5,3 angekündigte Hilfe konkrete Abwehr- bzw. Verteidigungsmaßnahmen in Form der Sendung eines Heeres, das u. a. dem Schutz der neapolitanischen Stadtmauern dient (vgl. stqati\m … p]lxeim … tµm vuk\nousam aqt_m t± te_wg). In Verbindung mit dem Verbum vuk\sseim kommt stqati\ (15,6,3: stqati\m p]lpeim … tµm vuk\nousam … t± te_wg) folglich auch an dieser Stelle weniger eine offensive, denn eine defensive Bedeutung zu (vgl. bereits 15,3,2 f.): Im gemeinsamen Gebrauch mit d}malir und bo^heia knüpft das im übergreifenden Kontext drohender Kriegsgefahr zur Anwendung kommende Wort stqati\ damit bedeutungsmäßig an die in 15,3,2 f. gebrauchten Begrifflichkeiten an (vgl. die Formulierungen … !p\ceim t±r dum\leir; …lgdel_am 5weim [nemijµm] bo^heiam; …stqati±m 1m ta?r p|kesi jatake_peim).
4.2.1.3 Zwischenergebnis Sowohl in Ant. 15,3,2 f. als auch in 15,5,3; 15,6,3 ist von einer durch politischmilitärische Ohnmacht gekennzeichneten Stadt (15,3,2 f.: die kampanischen Städte; 15,5 f.: die Stadt Neapel) die Rede, die, auf sich allein gestellt, nicht über die nötigen (Wehr-)Mittel verfügt, um gegenüber potentiellen Angreifern bzw. Feinden im Krieg etwas ausrichten zu können. Militärische Hilfeleistung, die einer feindlichen Offensive wehrt428 wird seitens vermögender Instanzen garantiert (vgl. 15,3,1–3: Römer; 15,5 f.: Tarentiner, Samniten). Gestellt in den kriegerischen Gefahrenkontext Ant. 15,3,1–15,6,5 handelt es sich bei den defensiv konnotierten Begrifflichkeiten bo^heia, d}malir und stqati\ folglich um Schutz-, Verteidigungs- bzw. Abwehrterminologie. Es 426 Dazu schreibt Salmon, Samnium and the Samnites, 218: „… the Samnites intervened at Naples. They saw to it that the faction favourable to themselves got control of Palaeopolis, the part of the city that was its original core, and through their prot g s they became the virtual masters of Naples. In 327, 4,000 Samnites, together with 2,000 other Sabellians from pro-Samnite Nola, arrived in Palaeopolis to guarantee continued tenture of power by the pro-Samnite faction. This was a manifest threat to Capua and the Ager Falernus, where Roman settlers were now established.“ 427 Vgl. … t0 t’ oQje_ô piste}omtar dum\lei ja· t0 paq± Saumit_m !vinol]m, boghe_ô. 428 Vgl. 15,3,2; 15,5,3: bo^heia, d}malir, in Form eines Heeres, das dem Schutz dient, vgl. 15,3,3; 15,6,3: stqati\.
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wird zu zeigen sein, dass dies terminologisch auch für das Syntagma bo^heia eQr sytgq_am (Ant. 15,8,3) zutrifft.
4.2.2 Der unmittelbare Kontext (Ant. 15,7,1–15,8,5): Möglichkeit samnitischer Hilfeleistung zur Rettung der bedrängten Neapolitaner Dem Passus Ant. 15,6,5 ist zu entnehmen,429 dass die Samniten in Neapel schließlich die Oberhand gewinnen: Die Neapolitaner entscheiden sich gegen den Frieden und für den Krieg (p|kelor) gegen die Römer, was letztere daraufhin zum Anlass nehmen, ein Heer gegen die Neapolitaner auszusenden (vgl. 15,6,5: stqati±m 1p· [Meapok_tar] !post]kkeim). Als die Römer erfahren, dass die Samniten im Gegenzug ein Heer gegen sie sammeln (vgl. 15,7,1: … stqati±m !ce_qeim), wird die Frage nach der Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit dieser feindlichen Offensive von samnitischer Seite im römischen Lager brisant. Dem aus römischer Perspektive auf Ungerechtigkeit basierenden Verhalten der Samniten wird vorerst auf diplomatischem Wege begegnet; erneut sendet (vgl. 15,7,1: p]lpeim) man von römischer Seite eine Gesandtschaft aus, diesmal zu den Samniten430 (vgl. 15,7,2–5).431 429 Vgl. Ant. 15,6,5: Der Teil der Neapolitaner, welcher vernünftig und im Stande war, von ferne schon das Unglück einzusehen, welches in Folge des Krieges die Stadt treffen werde, verlangte, man solle Frieden halten; der Teil aber, welcher neuerungssüchtig war …, unterstützte die Samniten zum Krieg (1p· t¹m p|kelom) … Endlich behielten die Schlechtgesinnten über die Besserdenkenden die Oberhand, sodass die römischen Gesandten unverrichteter Dinge abziehen mußten. Aus diesen Ursachen beschloss der römische Senat, ein Heer gegen die Neapolitaner zu schicken (di± ta}tar t±r aQt_ar B boukµ t_m Uyla_ym stqati±m 1p· Meapok_tar !poste?kai 1bouke}hg). 430 Zur Datierung dieser römischen Gesandtschaft (= um 327 v. Chr.) vgl. Grossmann, Roms Samnitenkriege, 46 f. 431 Vgl. Ant. 15,7,2–5: Ihr tut Unrecht (!dije?te), Samniten, indem ihr den Vertrag übertretet, welchen ihr mit uns geschlossen habt, da ihr zwar den Namen von Bundesgenossen vorschützt, aber als Feinde handelt (paqaba_momter t±r blokoc_ar, $r 1poi^sashe pq¹r Bl÷r, emola l³m rpodu|lemoi sull\wym, 5qca d³ pq\ttomter pokel_ym), nachdem ihr erst von den Römern in vielen Schlachten besiegt worden, durch inständige Bitten den Krieg beendigt und einen Frieden erhalten habt, wie ihr ihn wüschtet (pokka?r l³m Bttgh]mter rp¹ Uyla_ym l\wair, de^sei d³ lec\k, jatakus\lemoi t¹m p|kelom ja· tuw|mter eQq^mgr oVar 1bo}keshe7), und endlich Freunde und Bundesgenossen unserer Stadt zu werden begehrt und dieselben Feinde und Freunde wie die Römer zu haben geschworen habt (t± d³ tekeuta?a v_koi cem]shai t/r p|keyr Bl_m pqohulgh]mter ja· s}llawoi ja· to»r aqto»r Uyla_oir al|samter 6neim 1whqo»r ja· v_kour) … Jetzt aber rüstet ihr euch, von allen Orten ein Heer sammelnd (mOm d³ paqasjeu\feshe stqati±m), indem ihr zwar einen anderen Vorwand nehmt, in Wahrheit aber gegen unsere (kampanischen) Ansiedler zu ziehen seid entschlossen. … Obgleich ihr so offenbar und frech den Vertrag wegen Freundschaft und Bundesgenossenschaft brecht, beschloss man (in Rom), zuerst eine Gesandtschaft an euch abzuschicken, und nicht eher mit Taten zu beginnen, ehe man es mit Worten versucht habe (ovty d³ vameq_r ja· !maisw}mtyr sucwe|mtym rl_m t± peq· t/r vik_ar ja· sullaw_ar fqjia, [poioOmter] pqesbe_am pq¹r rl÷r 1jq_malem !poste?kai pq_tom, ja· lµ pq|teqom %qnai t_m 5qcym pq·m C peiqah/mai t_m k|cym).
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Zweierlei geht aus der Textpassage Ant. 15,7,2–5 hervor: Zum einen werfen die Römer den Samniten ungerechtes Handeln vor, wie der Gebrauch des Verbums !dije?m (vgl. 15,7,2: !dije?te) signalisiert: Im Zuge ihrer Zurüstung eines Heeres (15,7,1: … stqati±m !ce_qeim; 15,7,2: 5qca … pq\tteim pokel_ym; 15,7,4: … paqasjeu\feshai stqati±m) agieren die Samniten – so der Vorwurf – zugunsten der Stadt Neapel432 und zuungunsten ihres eigentlichen Bündnispartners,433 der Stadt Rom.434 Dadurch begehen die Samniten einen Vertrags- bzw. Bundesbruch435 und handeln nicht wie Bundesgenossen, sondern wie Feinde, was auf der Wortebene die semantische Opposition aus Freundschafts-/Bundesgenossenschafts- (v_kor, vik_a, s}llawor, sullaw_a) und Feindschaftsterminologie (1whq|r, pok]lior) zeigt. Das ungerechte Verhalten der Samniten zeigte sich bereits in der Vergangenheit auch daran, so der 432 D. h. die Samniten unterstützen die Stadt Neapel gegenwärtig bei der unrechtmäßigen Erweiterung ihres Einflussbereiches (vgl. 15,7,4: 1p· ta}tar t±r !d_jour pkeomen_ar), welche eine Zurüstung zum Krieg gegen die Römer und deren (kampanische) Ansiedler in sich schließt. 433 Einen guten Überblick zum römischen Bündnissystem bieten Hans-Joachim Gehrke, Helmuth Schneider (Hg.), Geschichte der Antike: Ein Studienbuch, Stuttgart 2006, 306 f. Von den Römern besiegte Städte, die ihre Selbstständigkeit behielten, wurden durch einen Bündnisvertrag, der Defensivcharakter hatte, an Rom gebunden: d. h. die Römer und die Verbündeten (socii) verpflichteten sich, im Kriegsfall einander Beistand zu leisten. Mussten die Verbündeten zwar auf eine eigene Außenpolitik verzichten, so konnten sie dafür im Fall eines Angriffs von außen die Verteidigung Roms erwarten. Interessanterweise kam es Rom im Zuge dieses Bündnissystems wohl v. a. darauf an, stets seine Überlegenheit gegenüber den Bündnispartnern aufrechtzuerhalten und die Bildung politischer Allianzen zwischen den einzelnen Bündnispartnern zu verhindern. 434 Hier spielt Dionysios auf den Ausgang der 1. kriegerischen Auseinandersetzung Roms mit den Samniten (343–341 v. Chr.) und den Sieg der Römer an: Nachdem ihr Gebiet vom römischen Heer verwüstet worden war, leisteten die Samniten 341 v. Chr. wohl keinen Widerstand mehr und baten stattdessen um Frieden (vgl. Grossmann, Roms Samnitenkriege, 20; 42), was zur Erneuerung der vertraglichen Übereinkünfte (= des [Defensiv-]Vertrages) von 354 mit Rom führte. Vgl. dazu auch Salmon, Samnium and the Samnites, 192: „No matter what the narratives of Livy and Dionysios of Halicarnassus may imply, it could hardly have resembled the foedera which in later times disguised subordination under the appearance of alliance and linked the various peoples of Italy to Rome in a kind of military confederacy, obliging them to accept and assist her military leadership. The developed Roman theory of various (foedus aequum, foedus iniquum, societas, societas et amicitia, amicitia) had not emerged so early … This instrument of 354 is the first treaty that Rome signed with any Italian state outside Latium, and it could not have subordinated one of the signatories to the other … It can quite safely be assumed that the treaty was … defensive in charakter, since that was the only type of treaty that the fetials countenanced, and both Romans and Samnites used fetials for their international diplomacy … it must in fact have been an agreement to divide the Volscian territory in the region of Middle Liris into spheres of interest; and it must have defined in clear and precise language the line that neither side was to transgress.“ (Kursivierung im Original). 435 Das unrechtmäßige Verhalten der Samniten entspricht, so die Argumentation in 15,7,2–5, folglich einem Bundesbruch gegenüber den römischen Bündnispartnern (vgl. in 15,7,2 den parallelen Gebrauch des Verbums !dije?m zu den Konstruktionen 15,7,2: paqaba_meim t±r blokoc_ar; 15,7,5: sucwe?m … t± peq· t/r vik_ar ja· sullaw_ar fqjia). Ein mit den militärisch weitaus überlegenen Römern (vgl. Ant. 15,7,2: pokka?r l³m Bttgh]mter rp¹ Uyla_ym l\wair, de^sei d³ lec\k, jatakus\lemoi t¹m p|kelom) in der Vergangenheit zur Beendigung kriegerischer Auseinandersetzungen (vgl. p|kelor, l\wg) und zur Sicherung des Friedens (vgl. eQq^mg) geschlossener Vertrag (vgl. 15,7,2.5: blokoc_a, fqjiom) wird dabei übertreten.
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weitere Vorwurf, dass sich die Samniten nicht an von römischer Seite geführten Kriegen gegen gemeinsame Feinde (Latiner, Volster)436 beteiligt hatten, wozu sie aufgrund von Bundesgenossenschaft gegenüber den Römern verpflichtet gewesen wären (vgl. 15,7,3). Wie der Gebrauch des Verbums jq_meim in Verbindung mit (pqesbe_am pq¹r rl÷r) !post]kkeim (vgl. 15,7,5) zeigt, ist die römische Gesandtschaft im Rahmen dieser Kriegsgefahr implizierenden Situation nun als ein Mittel zu verstehen, eine mögliche erneute kriegerische Auseinandersetzung zwischen Rom und Samnium zu verhindern und den Konflikt stattdessen friedlich, auf dem Verhandlungsweg beizulegen (vgl. ja· lµ pq|teqom %qnai t_m 5qcym pq·m C peiqah/mai t_m k|cym). Die zentrale Forderung der römischen Gesandtschaft lautet also, das den Neapolitanern geschickte Hilfsheer (vgl. 15,7,5: !p\ceim … tµm !postake?sam Meapok_tair sullaw_am) abzuziehen, sowie kein Heer gegen die römischen Ansiedler auszusenden (1jp]lpeim stqati\m).437
Den Belegen Ant. 15,3,2 f. und 15,5,3; 15,6,3 vergleichbar, kommt in 15,7,1–5 im Kontext eines sich anbahnenden militärischen Konfliktes (offensiv/defensiv ausgerichtete) (Ab-)Wehrterminologie zum Einsatz: Ins Auge sticht der häufige Gebrauch des Substantivs stqati\ in Verbindung mit Verben des (Aus-)Sendens bzw. Bereitens/Zurüstens.438 Das Wort stqati\ wird in 15,7,2–5 des Weiteren synonym mit sullaw_a439 gebraucht (vgl. 15,7,5: !p\ceim … tµm !postake?sam … sullaw_am).440 Beide Wörter bedeuten hier so viel wie „(Schutz-)Heer“ bzw. „Hilfstruppe“ zur Abwehr eines möglichen feindlichen Angriffs. Der gemeinsame Gebrauch von stqati\, s}llawor, sullaw_a in 15,7,1–5 macht deutlich, dass die Sendung einer Hilfstruppe im Rahmen kriegerischer Gefahr in der Regel seitens eines Bundesgenossen, resultierend aus einem Verhältnis wechselseitiger Bundesverpflichtung, erfolgt. Aus dem weiteren Textverlauf geht nun interessanterweise hervor, dass die Begrifflichkeiten stqati\ und sullaw_a in enger inhaltlicher Verwandtschaft zu der in 15,8,3 Verwendung findenden Formulierung bo^heia eQr sytgq_am stehen 436 Die Version, dass die Samniten den Ausgang der Schlacht am Veseris abgewartet hätten und erst danach zum siegreichen römischen Heer gestoßen seien, betont neben Dionysios (Ant. 15,4,3) auch Livius (8,11,2). Vgl. dazu Grossmann, Roms Samnitenkriege, 20; 42, der die Rolle der Samniten im Latinerkrieg als vage einstuft und bemerkt, über die bereits in den Quellen umstrittene Teilnahme der Samniten am Krieg ließe sich nicht mit Sicherheit urteilen. 437 Vgl. dazu speziell den Text Ant. 15,7,5: pq_tom l³m !p\ceim rl÷r !nioOlem tµm !postake?sam Meapok_tair sullaw_am, 5peita lgdel_am 1jp]lpeim stqati±m jat± t_m !po_jym t_m Blet]qym lgd³ to»r rpgj|our 1p· p\sar t±r pkeomen_ar paqajake?m. 438 Vgl. Ant. 15,7,1: stqati±m !ce_qeim; 15,7,4: stqati±m paqasjeu\feshai; 15,7,5: stqati±m 1jp]lpeim. 439 Die im Zusammenhang von Ant. 15,7,1–5 für „permanent military alliance“ stehenden Ausdrücke s}llawor, sullaw_a (vgl. Salmon, Samnium and the Samnites, 97, der auch von einer Art „everlasting league for the purpose of making war on outsiders“ spricht) signalisieren an dieser Stelle wohl die Verpflichtung der Samniten, den Römern im Falle eines Krieges militärische Unterstützung zu leisten. 440 Vgl. dazu bereits Ant. 15,3,2: … "p\sar !p\ceim t±r dum\leir.
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(vgl. 15,8,2–5). Nun kommen die Vertreter der Samniten441 zu Wort. Diese beziehen zu beiden Punkten der römischen Anklage, zu Unrechttun und vermeintlichem Bundesbruch, Stellung: An der Verspätung des für den latinischen Krieg bestimmten Hilfsheeres ist nicht unser Gemeinwesen schuld (toO l³m axisloO t/r 1p· t¹m jat± Kat_mym p|kelom sullaw_ar oq t¹ joim¹m aUtiom); denn wir beschlossen, euch ein Heer zu schicken (1xgvis\leha c±q !postak/mai tµm stqati±m rl?m); sondern (schuld sind) die, welche den Oberbefehl darüber hatten, indem sie zu viel Zeit auf die Ausrüstung verwendeten, und ihr selbst, indem ihr zu schnell zum Kampfe (1p· t¹m !c_ma) eiltet … Was aber die Stadt Neapel betrifft, in welcher manche von unseren Landsleuten sich befinden, so haben wir so wenig gegen euch Unrecht getan, wenn wir den Bedrängten zur gemeinschaftlichen Rettung Hilfe leisteten, dass wir selbst vielmehr von euch großes Unrecht erlitten zu haben glauben (… toso}tou d]olem !dije?m rl÷r, eU tima to?r jimdume}ousi bo^heiam eQr sytgq_am joim0 paqew|leha, ¦st’ aqto· dojoOlem rv’ rl_m !dije?shai lec\ka). Denn diese Stadt, welche mit uns befreundet und verbündet ist (v_kgm c±q Bl_m ja· s}llawom owsam tµm p|kim ta}tgm), nicht erst seit Kurzem, oder seitdem wir mit euch eine Übereinkunft geschlossen haben (… oqd’ !v’ ox t±r pq¹r rl÷r 1poigs\leha blokoc_ar), sondern seit zwei Menschenaltern vorher, wegen vieler großer Verdienste (… di± pokk±r ja· lec\kar eqeqces_ar), habt ihr, ohne ein Unrecht erlitten zu haben, unterjocht (oqh³m !dijgh]mter rle?r jatedouk~sashe). Jedoch auch durch diese Tat der Unterstützung der Neapolitaner hat euch nicht das Gemeinwesen der Samniten beleidigt (oq lµm oqd³ to}t\ ce t` 5qc\ t¹ joim¹m rl÷r t_m Saumit_m Ad_jgsem) … Die Zurüstung unseres Heeres (B d³ paqasjeuµ t/r stqati÷r Bl_m) geschieht nicht, um eure Ansiedler ihres Eigentums zu berauben, sondern um das Unsre zu beschützen (… di± vukaj/r …).
Das bereits in Ant. 15,7,2 zur Anwendung kommende Verbum !dije?m fungiert im Textabschnitt 15,8,2–5 (aktivisch und passivisch gebraucht) als Leitmotiv:
441 Vgl. dazu Salmon, Samnium and the Samnites, 96 ff.: „In the fourth and early third centuries, when the Samnites were truly independent, the Samnite League did have unmistakably a strong sense of union. It was not held together merely by one tribe dominating all the others. The tribes are represented as united in their determination to oppose Rome … The Samnite League was no full-fledged Bundesstaat, or federal union: it was a Staatenbund, or confederation … The Samnite League undoubtedly had a council or Diet, to which ancient authors often allude and the purpose of which was to direct common policy … both he (= Livy) and Dionysios of Halicarnassus mention the representatives (magistratus, probouloi) sent to it by the Samnite communities … As a diplomatic body with real powers in time of war, it must have helped to frame the foreign policy of the League as a whole and decided strategy … It is more than likely that the League really came to life only at times of immediate common danger.“ (Kursivierungen im Original). Dass die Zusammenarbeit der einzelnen samnitischen Stämme wohl sporadisch und lediglich für militärische Zwecke erfolgte: einerseits für offensive Beutezüge, andererseits und hauptsächlich aber zur Verteidigung gegen Angriffe von außen, ist bei Grossmann, Roms Samnitenkriege, 18 f.; 21 f. zu lesen (Grossmann spricht in diesem Zusammenhang im Blick auf Dion. Hal. Ant. 15,8,4 von der sog. „Samnitischen Liga“).
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Reagierend auf die römische Anklage (vgl. 15,7,2: !dije?te, %mdqer Saum?tai) wird das Unrechttun seitens der Samniten dezidiert bestritten.442 Zum einen wird im Passus 15,8,2–5 der römische Vorwurf entkräftet, die Samniten hätten sich willentlich dagegen entschieden, dem vertraglich verpflichteten Bündnispartner Rom militärische Unterstützung im Latinerkrieg zuzusichern.443 Das Wort sullaw_a bzw. die in 15,8,2 gebrauchte Wendung B 1p· t¹m jat± [Kat_mym] p|kelom sullaw_a ist hier (ähnlich wie in 15,7,5: !p\ceim … tµm !postake?sam … sullaw_am) sinngemäß wiederzugeben mit „für den Krieg [gegen die Latiner] bestimmtes Hilfsheer“ bzw. „Schutztruppe“. Der defensiven Konnotation der sullaw_a-Begrifflichkeit (vgl. 15,8,2: … t/r 1p· t¹m jat± Kat_mym p|kelom sullaw_ar) entspricht in diesem Zusammenhang die von stqati\ (vgl. 15,8,2: !post]kkeim tµm stqati±m [+ Dat.], vgl. bereits 15,7,1.4.5): Militärische Unterstützung bzw. Hilfe zur Abwehr von Kriegsgefahr erfolgt in Form der Sendung eines Heeres bzw. einer Hilfstruppe (sullaw_a, stqati\) seitens militärisch vermögender Bundesgenossen zugunsten bedrängter Verbündeter. Zum anderen wenden sich die Samniten gegen den Vorwurf, man unterstütze die Stadt Neapel gegenwärtig zu Unrecht bei der Aufrüstung zum Krieg gegen die Römer, indem man dadurch die mit Rom vertraglich beschlossenen Bundesübereinkünfte (blokoc_a, fqjiom) übertritt und vom Freund und Bündnispartner (v_kor, s}llawor) zum Feind (1whq|r, pok]lior) überwechselt:444 vielmehr ist die gegenwärtige Situation den Samniten zufolge auf ein Verschulden der Römer selbst zurückzuführen, da diese die seit vielen Generationen bestehende Bündnispartnerschaft der Samniten zu den Neapolitanern missachtet und letztere zu Unrecht unterjocht haben (vgl. 15,8,3: … oqh³m !dijgh]mter rle?r jatedouk~sashe).
Aus Sicht der Samniten fügen die (die Neapolitaner unterjocht habenden)445 Römer Samniten wie Neapolitanern aktuell ein Unrecht zu.446 Im Gegensatz dazu handeln die Samniten, indem sie den im Falle eines Krieges bundesgenossenschaftlich verpflichteten Neapolitanern zum Zweck der Abwehr Roms zu Hilfe eilen,447 nicht unrecht, sondern gerecht.448 Wie nun der Einsatz des 442 Vgl. 15,8,3; 15,8,4: oq lµm oqd³ to}t\ ce t` 5qc\ t¹ joim¹m rl÷r t_m Saumit_m Ad_jgsem. 443 Für das späte Eintreffen der Truppen im Krieg gegen die Latiner waren Ant. 15,8,2 f. zufolge die zuständigen Heerführer verantwortlich, ebenso das eilige Vorgehen der Römer selbst. Vgl. dazu Grossmann, Roms Samnitenkriege, 43. 444 So der römische Vorwurf in 15,7,2–5: !dije?te … paqaba_momter t±r blokoc_ar, $r 1poi^sashe pq¹r Bl÷r, emola l³m rpodu|lemoi sull\wym, 5qca d³ pq\ttomter pokel_ym … ovty d³ vameq_r ja· !maisw}mtyr sucwe|mtym rl_m t± peq· t/r vik_ar ja· sullaw_ar fqjia. 445 Vgl. 15,8,3: jatadoukoOshai. 446 Vgl. den Gebrauch von !dije?m, !dije?shai in 15,8,3. 447 Bundesgenossenschaftsterminologie (wie s}llawor, sullaw_a, v_kor) bringt dieses Verpflichtungsverhältnis zum Ausdruck, vgl. z. B. 15,8,2: … t/r 1p· t¹m jat± Kat_mym p|kelom sullaw_ar; 15,8,3: v_kgm c±q Bl_m ja· s}llawom owsam tµm p|kim ta}tgm … di± pokk±r ja· lec\kar eqeqces_ar; vgl. dazu auch 15,8,4: v_koi t_m Meapokit_m oR jat± tµm 2aut_m pqoa_qesim t0 p|kei boghoOmter. Dass es sich bei diesem Verpflichtungsverhältnis um ein wechselseitiges
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Syntagmas bo^heia eQr sytgq_am in 15,8,3 zeigt, haben die Samniten als Bundesgenossen der Neapolitaner nicht nur die Verpflichtung, sondern sie besitzen auch die nötigen Mittel, um den sich momentan in bedrängten Umständen akuter Kriegsgefahr449 Befindenden zu Hilfe zu eilen und ihre Erhaltung sicherzustellen. In Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens (vgl. [tima] bo^heiam eQr sytgq_am …. paq]weshai) ist bo^heia(m) eQr sytgq_am (paq]weshai) hier sinngemäß wiederzugeben mit „Hilfe zur Rettung/Erhaltung (leisten)“. Subjekt der Hilfeleistung ist eine militärisch vermögende Instanz (vgl. bereits 15,8,1: die Samniten). Für bo^heia eQr sytgq_am empfänglich ist eine sich in bedrängten Umständen befindende Entität (vgl. 15,6,1–15,8,5: die Stadt Neapel). Deren prekäre Lage signalisiert in 15,8,3 der partizipiale Gebrauch des Verbums jimdume}eim: mit dem Dativus commodi to?r jimdume}ousi werden die Bewohner der Stadt Neapel als Empfänger samnitischer Hilfeleistung bestimmt (vgl. … tima to?r jimdume}ousi bo^heiam eQr sytgq_am joim0 paqew|leha).
Worin die Gewährung von Hilfe zur Rettung/Erhaltung zugunsten der sich in Gefahr befindenden neapolitanischen Bundesgenossen (… to?r jimdume}ousi bo^heiam eQr sytgq_am … paq]weshai) konkret besteht, geht aus 15,8,5 hervor: Nämlich in der Zurüstung eines Heeres von samnitischer Seite (B … paqasjeuµ t/r stqati÷r Bl_m) zum Schutz (di± vukaj/r) der Neapolitaner und zur kriegerischen Abwehr einer römischen Offensive. Der parallele Gebrauch von bo^heia eQr sytgq_am (15,8,3) und B … paqasjeuµ t/r stqati÷r Bl_m … di± vukaj/r (15,8,5) lässt erkennen, dass an dieser Stelle auch für das Syntagma bo^heia eQr sytgq_am gilt, was bereits an anderer Stelle für weitere Formulierungen herausgefunden worden war:450 Das ein militärisches Eingreifen (= die Sendung militärischer Unterstützung) der Samniten zugunsten der von Kriegshandelt, wird insbesondere am Gebrauch der eqeqces_a-Begrifflichkeit (Pl.) deutlich: Die Neapolitaner erwiesen den Samniten in der Vergangenheit viele und große Verdienste (… di± pokk±r ja· lec\kar eqeqces_ar), was die Samniten gegenwärtig in die Pflicht nimmt, den momentan sich in bedrängten Umständen befindenden Neapolitanern zu Hilfe zu eilen. Ein Moment der Gegenseitigkeit ist damit wohl auch im Gebrauch von bo^heiam eQr sytgq_am paq]weshai mitgedacht: der (momentan militärisch) vermögendere Bundesgenosse (hier: Samnium) ist verpflichtet, dem sich gegenwärtig in bedrängter Lage befindenden Verbündeten (hier: Neapel) Hilfe zu gewähren. 448 Vgl. dazu insgesamt die Wendung 15,8,3: … toso}tou d]olem !dije?m rl÷r, eU tima to?r jimdume}ousi bo^heiam eQr sytgq_am joim0 paqew|leha, ¦st’ aqto· dojoOlem rv’ rl_m !dije?shai lec\ka. 449 Dass die Stadt Neapel in naher Zukunft mit einer feindlichen Offensive von römischer Seite zu rechnen hat, zeigt der Abschnitt Ant. 15,7,1–15,8,5 (vgl. u. a. den Gebrauch von p|kelor in 15,7,2 f.; 15,8,2.5 sowie von jimdume}eim in 15,8,3). 450 Vgl. z. B. Ant. 15,3,2: … !p\ceim t±r dum\leir; 15,3,2: … lgdel_am 5weim nemijµm bo^heiam; 15,5,3: t0 [t’ oQje_ô] piste}eim dum\lei; piste}eim t0 [paq± Saumit_m !vinol]m,] boghe_ô; 15,6,3: stqati±m p]lpeim … tµm vuk\nousam … t± te_wg; 15,7,5: !p\ceim … tµm !postake?sam … sullaw_am usw.
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gefahr betroffenen Stadt Neapel signalisierende Syntagma bo^heia eQr sytgq_am steht hier nicht für offensive, sondern für defensive Wehrkraft. Man rüstet sich, so die Samniten, im vorliegenden Konfliktfall mit Rom nicht zum Angriff, sondern zur Verteidigung.451
4.2.3 Zusammenfassung Blickt man auf die nähere Umgebung des Syntagmas bo^heia eQr sytgq_am, so lässt sich abschließend feststellen, dass die Wendung bo^heiam eQr sytgq_am paq]weshai in Ant. 15,8,2–5 gemeinsam mit Wörtern wie boghe?m452 (15,8,4), sullaw_a (15,8,2), stqati\ (vgl. 15,8,2: !post]kkeim tµm stqati±m) und paqasjeu^ (t/r stqati÷r … di± vukaj/r) (15,8,2.5) ein Wortcluster bildet. Alle diese Begrifflichkeiten gehören im Kontext 15,8,2–5 im Sinne von Schutz-, Abwehr- bzw. Verteidigungsterminologie zusammen: Überall geht es um ein defensiv ausgerichtetes Tun zugunsten (zur Rettung/Erhaltung) einer sich in (Kriegs-)Gefahr453 befindenden Entität. Damit erweist sich das Wortcluster um bo^heia(m) eQr sytgq_am (paq]weshai), sullaw_a, stqati\, boghe?m, paqasjeu^ und vukaj^ als semantisch anschlussfähig an ähnliche Begrifflichkeiten, wie sie sich u. a. in Ant. 15,3,2 f.; 15,5,3; 15,6,3 und 15,7,1–5 finden.454 Mit allen diesen Begrifflichkeiten wird im vorliegenden Kontext drohender Kriegsgefahr die Möglichkeit der Sicherung bedrängter Verbündeter gegen kriegerische Angriffe von außen mittels militärischer Unterstützung (in Form konkreter Mittel wie z. B. einer „Schutz- bzw. Hilfstruppe“) zum Ausdruck gebracht.
451 Vgl. dazu auch Grossmann, Roms Samnitenkriege, 43. 452 Die Wendung bo^heiam eQr sytgq_am paq]weshai bringt dabei offensichtlich ein helfend-rettendes Eingreifen zum Ausdruck, welches der Bedeutung des Verbums boghe?m entspricht (vgl. z. B. Ant. 15,8,4: boghe?m t0 p|kei). Vgl. hierzu auch Polyb. Hist. 3,105: … jat± d³ t¹m jaiq¹m toOtom V\bior heyq_m t¹ cim|lemom ja· diacymi\sar lµ svak_si to?r fkoir, 1n/ce t±r dum\leir ja· jat± spoudµm 1bo^hei to?r jimdume}ousi. Die römischen Wehrkräfte werden hier – im Kontext einer kriegerischen Gefahrensituation (= im Vorfeld der Schlacht von Cannae, im Rahmen des 2. Punischen Krieges, 218–202/1 v. Chr.) – durch den von Rom ernannten Diktator Fabius Maximus zur Offensive mobilisiert, um den durch einen Angriff Karthagos in Gefahr geratenen römischen Truppen zu Hilfe zu eilen. 453 Vgl. Ant. 15,3,1.2; 15,4,6: j_mdumor; 15,3,2; 15,5,3; 15,6,3.4.5; 15,7,2.3; 15,8,2.5: p|kelor usw. Verschiedene Gesandtschaften werden ausgesendet (vgl. z. B. den Gebrauch von !post]kkeim in Ant. 15,5,1;15,7,5; p]lpeim in 15,7,1), um diesen Konflikt nicht durch kriegerisches Handeln, sondern mit Worten zu lösen. 454 Vgl. Ant. 15,3,2: … !p\ceim t±r dum\leir; 15,3,2: … lgdel_am 5weim [nemijµm] bo^heiam; 15,3,3: stqati±m [1m ta?r p|kesi] jatake_peim; 15,5,3: t0 [t’ oQje_ô] piste}eim dum\lei; piste}eim t0 [paq± Saumit_m !vinol]m,] boghe_ô; 15,6,3: stqati±m p]lpeim … tµm vuk\nousam … t± te_wg; 15,6,5: stqati±m 1p· [Meapok_tar] !post]kkeim; 15,7,1: stqati±m !ce_qeim; 15,7,4: stqati±m paqasjeu\feshai; 15,7,5: stqati±m 1jp]lpeim; 15,7,5: !p\ceim … tµm !postake?sam … sullaw_am usw.
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Hatte die Analyse zu Plat. Prot., Arist. Part. an. und Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX ergeben,455 dass die Ausdrücke d}malir eQr sytgq_am, bo^heia [pq¹r sytgq_am] (und !kjµ pq¹r sytgq_am) im Gefahrenkontext mit „(offensives/defensives Ab-)Wehrmittel zur Lebenserhaltung“ wiederzugeben sind (vgl. II./1.), so deckt sich diese Wiedergabe mit der des Syntagmas bo^heia eQr sytgq_am in Ant. 15,8,3.
4.3 Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch Plutarch (Phok. 12,1–14,8): Gewährung von Hilfe zur Erhaltung der durch makedonische Expansionspolitik bedrohten Städte Die Analyse zur Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a im übergreifenden Kontext von Kriegsgefahr wird mit einem Text aus den Parallelbiographien (griech.: oR b_oi paq\kkgkoi, lat.: Vitae parallelae) des Plutarch von Chaironeia (um 46–120 n. Chr.) abgeschlossen. In seiner biographischen Darstellung des griechischen Staatsmannes und Feldherrn Phokion kommt Plutarch auf die Expansion des makedonischen Machtbereiches unter König Philipp II. zu sprechen (vgl. Phok. 12,1 f.; 14,3 f.; 14,5.6.7.8):456 Als Philipp sich in Euboia festzusetzen suchte, ein Heer von Makedonien hinüberbrachte (…, ja· d}malim 1j Lajedom_ar diabib\fomtor) und die Städte mit Hilfe von Tyrannen auf seine Seite zu ziehen suchte, wendete sich Plutarch von Eretria an die Athener und bat sie, die Insel von der Herrschaft des Makedoniers wieder zu befreien (Pkout\qwou d³ toO 9qetqi]yr jakoOmtor to»r )hgma_our, ja· deol]mou tµm m/som 1nek]shai jatakalbamol]mgm rp¹ toO Lajed|mor). Phokion wurde daher als Feldherr dorthin geschickt, jedoch nur mit einer kleinen Streitmacht (!pest\kg stqatgc¹r b Vyj_ym 5wym d}malim oq pokk^m), weil man voraussetzte, dass die Bewohner der Insel sich bereitwillig mit ihm verbünden würden. Stattdessen fand er jedoch bei seiner Ankunft alles voll von Verrätern und die ganze Insel in einer misslichen Lage (erq½m d³ pqodot_m ûpamta lest± ja· mosoOmta) und durch Bestechungen untergraben, so dass er selbst in große Gefahr geriet (eQr j_mdumom l]cam jat]stg) … Philipp, dessen Hoffnungen und Entwürfe immer auf große Dinge gerichtet waren, drang jetzt mit seiner ganzen Heeresmacht bis an den Hellenespont vor (b V_kippor eQr :kk^spomtom Gkhe let± p\sgr t/r dum\leyr) … Da die Athener sich entschlossen, diesen Städten Beistand zu leisten, wussten die Redner es durchzusetzen, dass Chares als Feldherr dorthin geschickt wurde (¢qlgl]mym d³ t_m )hgma_ym boghe?m oR 455 Vgl. Plat. Prot. 320e 1 f.: … to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am (vgl. auch 321a 2; 321a 4: lgwam÷shai); Arist. Part. an. 655b 7 f.: p\mta d³ taOta boghe_ar 5wousi w\qim t± f`a … lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am 2j\stoir. 456 Der griechische Text entstammt der Ausgabe von Konrat Ziegler (Hg.), Plutarchi vitae parallelae, BSGRT, Leipzig 21964. Deutsche Übersetzung in Anlehnung an Johann Friedrich Salomon Kaltwasser (Hg.), Plutarchus von Chäroneia. Des Plutarchus von Chäroneia vergleichende Lebensbeschreibungen, Bd. 7, Magdeburg 1803. (Kleinere Veränderungen in Anlehnung an die Übersetzung von Konrat Ziegler [Hg.], Plutarch. Große Griechen und Römer, Bd. 4, Zürich 1957).
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N^toqer Acym_samto t¹m W\qgta stqatgc¹m !postak/mai). Er stach auch in See, tat aber nichts, was der unter ihm stehenden Truppe würdig gewesen wäre (ja· pke}sar 1je?mor oqd³m %niom t/r dum\leyr 5pqattem). Ja, die Städte ließen seine Flotte nicht einmal in ihre Häfen, sodass er von allen gescheut und von den Feinden verachtet, herumkreuzte, um von den Bundesgenossen Geld zu erpressen (… wqglatif|lemor !p¹ t_m sull\wym ja· jatavqomo}lemor rp¹ t_m pokel_ym, …). Das Volk, von den Rednern aufgehetzt, geriet darüber in Unwillen und bereute es sehr, dass es den Byzantinern Hilfe geschickt hatte (b d³ d/lor … letem|ei to?r Bufamt_oir p]lxar tµm bo^heiam). Da trat nun Phokion auf und erklärte, man dürfe nicht über die Bundesgenossen, die Misstrauen verrieten, böse werden, sondern über die Befehlshaber, die dieses Misstrauen träfe (… fti de? lµ to?r !pistoOsim aqc_feshai t_m sull\wym, !kk± to?r !pistoul]moir t_m stqatgc_m7). Diese, setzte er hinzu, machen euch selbst denjenigen furchtbar, die ohne eure Hilfe nicht gerettet werden können (oxtoi c±q rl÷r poioOsi vobeqo»r ja· to?r wyq·r rl_m s]feshai lµ dumal]moir jimghe_r). Diese Rede (rp¹ toO k|cou) machte auf das Volk einen solchen Eindruck, dass es sogleich anderen Sinnes wurde und dem Phokion selbst Befehl gab, mit einem anderen Heer den Bundesgenossen in den Hellenespont zu Hilfe zu eilen. Dies hatte eine starke Wirkung und gab den Ausschlag für die Rettung der Stadt Byzantium (…, 1j]keuem aqt¹m 1je?mom 2t]qam pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir eQr t¹m :kk^spomtom7 d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai t¹ Buf\mtiom). Denn der gute Ruf Phokions war schon fest gegründet (Gm l³m c±q Edg lec\kg d|na toO Vyj_ymor); und da auch Kleon, der seiner Tugend wegen unter den Byzantinern im größten Ansehen stand …, sich gegen die Stadt für dessen Treue verbürgte (… !med]nato tµm p_stim rp³q aqtoO pq¹r tµm p|kim), ließen ihn die Bürger nicht, wie er tun wollte, sich vor der Stadt lagern, sondern öffneten die Tore und nahmen die Athener unter sich auf, die denn auch … des gefundenen Zutrauens wegen die größte Einsatzbereitschaft im Kampf bewiesen (…, !kk± ja· pqohulot\tour 1m to?r !c_si di± tµm p_stim cemol]mour). Auf solche Weise musste Philipp den Hellespont wieder verlassen und fiel in ziemliche Verachtung, weil man ihn immer für unüberwindlich, dass ihm nichts widerstehen könnte, gehalten hatte (ovty l³m b V_kippor 1n]pese toO :kkgsp|mtou t|te ja· jatevqom^hg, doj_m %law|r tir eWmai ja· !mamtac~misto).
Im Zuge der feindlichen Expansionspolitik des Philipp, der vermittels einer offensiven Streitkraft (d}malir) erst die Insel Eretria (vgl. 12,1),457 dann u. a. die Stadt Byzantium (vgl. 14,3) befällt, eilen die Athener den von akuter Kriegsgefahr bedrohten Verbündeten zu Hilfe und leisten ihnen militärischen Beistand. Mit dem Wort s}llawor (Pl./vgl. 14,1; ebenso 14,4.5.6!) wird das Wechselverhältnis bundesgenossenschaftlicher Verpflichtung, das zwischen
457 Woraufhin das Oberhaupt der Insel, Plutarch von Eretria, die Athener um Hilfe anruft: vgl. in Phok. 12,1 die Verben jake?m, de?shai (vgl. ebenso Dion. Hal. Ant. 15,3,2!). Ziel athenischer Hilfeleistung soll sein, die Insel der Macht der Makedonier zu entreißen (1neiqe?shai); vgl. dazu auch weitere Verben, die eine Anrufung/Bitte um Hilfe beschreiben: 12,3: jatabo\y; 13,6: bo\y.
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den Athenern und ihren in kriegerische Bedrängnis geratenenen Bündnispartnern besteht, angezeigt.458 Erneut generiert an dieser Stelle der übergreifende Kontext von Kriegsgefahr,459 welche zugleich die Möglichkeit der Gewährung von Hilfe zur Rettung/Erhaltung der von Gefahr betroffenen Größe (hier: die Insel Eretria,460 die Stadt Byzantium) in sich schließt, die Bedeutung der d}malir-Begrifflichkeit (vgl. 12,1.2; 14,3.4.6). Je nach Äußerungssituation kann der Ausdruck für die offensive Wehrkraft (12,1: ja· d}malim … diabib\fomtor; 14,3: … let± p\sgr t/r dum\leyr) der (makedonischen) Feinde (vgl. 13,1.2.3.5; 14,2.4: pok]lior/Pl.), ebenso wie für die defensive Wehrkraft (12,1: !pest\kg stqatgc¹r b Vyj_ym 5wym d}malim oq pokk^m; 12,2; 14,4: 1je?mor oqd³m %niom t/r dum\leyr 5pqattem; 14,6: … pqoskab|mta d}malim) der in diese Gefahrensituation hinein helfend-rettend eingreifenden Athener stehen. Im gemeinsamen Gebrauch mit boghe?m, bo^heia (14,3.4.6) bringt d}malir die militärische Hilfeleistung der Athener zugunsten seiner kriegerisch bedrängten Verbündeten zum Ausdruck und ist (im Sinne „defensiver Wehrkraft“) mit „Hilfstruppe“ bzw. „Schutztruppe“ wiederzugeben. Die Gewährung von Hilfe seitens der Athener (angegeben mit dem Verbum boghe?m, vgl. 14,3; 14,6), erfolgt mittels Aussendung. Der wiederholte Gebrauch des Verbums !post]kkeim (!post]kkeshai), durch welches diese Aussendung ausgedrückt wird, sticht hier ins Auge: Man hilft den in Not geratenen Bundesgenossen (vgl. 14,3: boghe?m; 14,6: boghe?m [to?r sull\woir]), indem man ihnen Hilfe schickt (vgl. 12,1: !pest\kg stqatgc¹r … 5wym d}malim; 14,4: … stqatgc¹m !postak/mai; 14,4: p]lpeim tµm bo^heiam). Ausgesendet wird ein für diese Unternehmung vermeintlich geeigneter Stratege (stqatgc|r), dem eine „Hilfstruppe“, „Schutztruppe“, „Wehrkraft“ (d}malir) zugehört und der mittels dieser militärischen Hilfe, die den Gefährdeten zugutekommt, zu gewähren vermag (vgl. dazu u. a. 12,1: 5weim d}malim; 14,6: pqoskalb\meim d}malim; vgl. auch 14,4: p]lpeim tµm bo^heiam). Der Endzweck der Aussendung einer „Hilfstruppe“ (12,1.2; 14,4.6: d}malir) unter Führung eines stqatgc|r ist dabei immer das Gerettetwerden (14,6: t¹ syh/mai; 14,5: s]feshai) bzw. die Erhaltung der momentan ohnmächtigen, da von (Kriegs-)Gefahr betroffenen Verbündeten. 458 Die Eventualität des Führens von Verteidigungskriegen zum Zweck der sytgq_a bedrohter Städte war von athenischer Seite unbedingt einkalkuliert (vgl. dazu z. B. Plat. Leg. 785b; 795b; 806a; 814c; 847d; Menex. 242a.b; 244e). Allgemeines dazu bei Ernst Sandvoss, Soteria: Philosophische Grundlagen der platonischen Gesetzgebung, Göttingen 1971, 198. 459 Vgl. dazu einschlägige Gefahrenterminologie in Phok. 12,2: eQr j_mdumom l]cam jat]stg; 13,6: jimdume}omti t` stqatgc`; 13,6: 1m 1je_m, t0 l\w,; 14,2: pokele?m; 14,7: 1m to?r !c_si usw. 460 Das Verbum mose?m (vgl. 12,2; s. dazu Passow, s.v. mos]y: „leiden, kranken, in misslicher Lage sein“), welches seiner Semantik nach einen Mangel an Kraft, um etwas ausrichten zu können, bedeutet, bringt die ohnmächtige Befindlichkeit bzw. den verderbten Zustand der Insel zum Ausdruck, zu deren Gunsten die d}malir des Phokion entsendet wurde und ob der er selbst dort in akute Gefahr gerät (vgl. 12,2 … eQr j_mdumom l]cam jat]stg). Dennoch hat er in der darauffolgenden Schlacht (vgl. 13,1–6: 1m 1je_m, t0 l\w,) gegen die makedonischen Feinde auch große Erfolge zu verzeichnen, sodass sich die Unternehmung insgesamt als erfolgreich erweist (14,1).
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Phok. 12,1 ist zu entnehmen, dass Phokion als (den Schutz der bedrohten Verbündeten garantierender) Feldherr nach Eretria ausgesandt wird (!pest\kg stqatgc¹r b Vyj_ym 5wym d}malim oq pokk^m …), den die auf Hilfe von außen angewiesenen Verbündeten seiner Güte und Gerechtigkeit wegen außerordentlich schätzen (vgl. 14,1: taw» … 1p|hgsam oR s}llawoi tµm wqgst|tgta ja· dijaios}mgm aqtoO). Phok. 14,3.4 zufolge entsenden die Athener erneut ein Hilfsheer zum Schutz ihrer byzantinischen Verbündeten, diesmal unter der Führung des Feldherrn Chares.461 Dessen Unfähigkeit/Unvermögen, sich im Kampf gegen die makedonischen Feinde zu behaupten, evoziert den Unmut der Athener: Man bereut es, den byzantinischen Bundesgenossen Hilfe geleistet zu haben (14,4: [to?r Bufamt_oir] p]lpeim tµm bo^heiam). Ebenso wächst das Misstrauen der Bundesgenossen gegenüber der von den Athenern geleisteten Hilfe (vgl. 14,4: to?r Bufamt_oir; 14,5: to?r !pistoOsim … t_m sull\wym). Dadurch steht letztendlich das Gerettetwerden der Byzantiner auf dem Spiel (vgl. 14,5: oxtoi c±q rl÷r poioOsi vobeqo»r ja· to?r wyq·r rl_m s]feshai lµ dumal]moir).
Auf die Aussendung des Chares folgt die erneute Aussendung des Feldherrn Phokion (vgl. 14,6). Eine an die Athener ergehende Rede Phokions (14,6: b k|cor) initiiert diese Sendung und führt einen Gesinnungswandel der Athener herbei: Insgesamt ist diese Rede als ein Aufruf zu verstehen, nicht den byzantinischen, misstrauisch gewordenen Bundesgenossen, sondern vielmehr den Befehlshabern zu zürnen, die dieses Misstrauen träfe (14,5).462 Die im Rahmen dieser Rede gebrauchte Partizipialkonstruktion … to?r [wyq·r rl_m] s]feshai [lµ] dumal]moir, die auf die s}llawor-Begrifflichkeit (Pl.)463 verweist, bringt an dieser Stelle ein Wechselverhältnis zum Ausdruck: Der Rettungsbedürftigkeit der byzantinischen Bundesgenossen (vgl. to?r … s]feshai [lµ] dumal]moir), die auf das vermögende Eingreifen der athenischen Bundesgenossen (vgl. wyq·r rl_m) zu ihrer Rettung angewiesen sind, korrespondiert die Verpflichtung seitens der verbündeten Athener, im Falle eines Krieges den sich momentan im Zustand der Passivität, Ohnmacht bzw. Wehrlosigkeit befindenden Bundesgenossen zu Hilfe zu eilen. Auf der Textebene (vgl. insbesondere 12,1; 14,3.4.6) benennen dieses helfend-rettende Eingreifen u. a. die Verben !post]kkeim464 und boghe?m (+ Dat.) sowie die Verbalkonstruktionen p]lpeim tµm bo^heiam (+ Dat.) und 5weim bzw. pqoskalb\meim d}malim. Dass die seitens der Athener unter der Führung des Phokion geleistete militärische Hilfe (in Form von d}malir in defensiver Lesart, vgl. 12,1.2; 14,4.6) 461 Vgl. … ¢qlgl]mym d³ t_m )hgma_ym boghe?m oR N^toqer Acym_samto t¹m W\qgta stqatgc¹m !postak/mai …, 1je?mor oqd³m %niom t/r dum\leyr 5pqattem. 462 Vgl. 14,5: … fti de? lµ to?r !pistoOsim aqc_feshai t_m sull\wym, !kk± to?r !pistoul]moir t_m stqatgc_m· „oxtoi c±q rl÷r poioOsi vobeqo»r ja· to?r wyq·r rl_m s]feshai lµ dumal]moir. 463 Pronominaler Rückverweis von to?r … dumal]moir auf t_m sull\wym in 14,5! 464 Vgl. Phok. 12,1: !pest\kg stqatgc¹r … 5wym d}malim; 14,4: … stqatgc¹m !postak/mai.
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insgesamt die Abwehr der feindlichen makedonischen Offensive sowie die Rettung/Erhaltung der kriegerisch bedrängten Verbündeten bewirkt, geht aus 14,6 hervor: 1j]keuem aqt¹m 1je?mom 2t]qam pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir … · d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai t¹ Buf\mtiom. Diese Formulierung indiziert, dass eine innere (semantische) Beziehung zwischen d}malir und boghe?m (vgl. den parallelen Gebrauch von pqoskalb\meim d}malim … boghe?m), ebenso wie zwischen d}malir und dem Verbum s]feim (hier: s]feshai) besteht: Die Wendung pqoskalb\meim d}malim findet sich hier, samt dem Verbum boghe?m [to?r sull\woir], in unmittelbarer Umgebung des Syntagmas Nopµ pq¹r t¹ syh/mai (vgl. die Wendung … lec_stgm Nopµm poie?m pq¹r t¹ syh/mai [t¹ Buf\mtiom]).465 Von Interesse ist nun, inwiefern die parallel gebrauchten Wendungen pqoskalb\meim d}malim, boghe?m [to?r sull\woir] und lec_stgm Nopµm poie?m pq¹r t¹ syh/mai in 14,6 bedeutungsmäßig miteinander verknüpft sind. Die Formulierung … d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai wird mit dem vorausgehenden Satz durch das (Relativ-)Pronomen d verknüpft. Bezugselement von f ist die Satzeinheit 1j]keuem aqt¹m 1je?mom 2t]qam pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir eQr t¹m :kk^spomtom. Der Blick auf die Satzebene zeigt, dass die Wörter d}malir und Nopµ pq¹r t¹ syh/mai in der Funktion von Akkusativobjekten in 14,6 beidesmal mit Handlungsverben (pqoskalb\meim, poie?m) konstruiert werden (… pqoskab|mta d}malim [boghe?m to?r sull\woir eQr t¹m :kk^spomtom]7 d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai). Mit der Wendung pqoskalb\meim d}malim („eine Hilfstruppe aufnehmen“) wird die Art und Weise der Gewährung von Hilfe zugunsten der Bundesgenossen (boghe?m [to?r sull\woir]) angezeigt. Subjekt bzw. Handlungsträger dieser Hilfe ist Phokion (… 2t]qam pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir), dies allerdings im Auftrag (bzw. über Vermittlung) der Athener (1j]keuem aqt¹m 1je?mom pqoskab|mta d}malim …). Das Syntagma Nopµ pq¹r t¹ syh/mai gibt die Konsequenz von pqoskalb\meim d}malim (mit Phokion als Handlungsträger) an: Die Aufnahme einer Hilfstruppe markiert die entscheidende „(finale) Änderung, Wendung“ der Gefahrensituation „in Richtung Rettung/Erhaltung“ der momentan kriegerisch bedrängten Bundesgenossen (14,6: to?r sull\woir).
Mittels der aufeinander folgenden Wendungen pqoskalb\meim d}malim, boghe?m [to?r sull\woir] und lec_stgm Nopµm … pq¹r t¹ syh/mai wird hier, mit anderen Worten, die Vorstellung zum Ausdruck gebracht, dass die Sendung des Feldherrn (stqatgc|r) Phokion, samt der diesem zugehörenden Hilfstruppe (d}malir), als kampfeskräftiges, der Kriegsgefahr wehrendes Handeln, die finale Rettung bzw. Erhaltung der byzantinischen Bundesgenossen initiiert 465 Dass beide Syntagmen, d}malir eQr sytgq_am und Nopµ pq¹r t¹ syh/mai, sich durch Sinnverwandtschaft auszeichnen und im Rahmen einer kritischen Situation zum Einsatz kommen, welche zum Guten (eQr sytgq_am, pq¹r t¹ syh/mai) oder Schlechten (eQr ekehqom) gewendet bzw. entschieden zu werden vermag, wurde bereits an anderer Stelle demonstriert (vgl. die Ausführungen unter II./3., insbesondere II./3.2.3).
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(vgl. 14,6: … pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir … · d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai t¹ Buf\mtiom). Dadurch wird die entscheidende „Wendung“ dieser kriegerischen (Gefahren-)Situation „zum Guten“ bewirkt (lec_stgm Nopµm poie?m pq¹r t¹ syh/mai). Fügen sich die drei aufeinander folgenden Wendungen pqoskalb\meim d}malim, boghe?m (to?r sull\woir, vgl. auch 14,3: boghe?m) und Nopµ pq¹r t¹ syh/mai folglich bruchlos in den übergreifenden Rahmen einer kriegerischen Bedrohungssituation ein, so bleibt an dieser Stelle darüber hinaus festzuhalten, dass diese Begrifflichkeiten gemeinsam mit den (bereits oben genannten) Verbalkonstruktionen (stqatgc¹m) !post]kkeshai und (to?r Bufamt_oir) p]lpeim tµm bo^heiam (14,4) im Sinne von Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsterminologie ein Wortcluster bilden. Entscheidend für den Erfolg (Sieg oder Niederlage) der von Phokion (im Auftrag der Athener) aufgenommenen Hilfstruppe466 im Kampf gegen die makedonischen Feinde, ist allerdings nicht nur deren Kampf- bzw. Wehrkraft (d}malir), sondern auch, wie 14,7 zeigt, deren Einsatzbereitschaft (… pqohulot\tour 1m to?r !c_si di± tµm p_stim cemol]mour!). Diese Einsatzbereitschaft wird (1) mittels des Adjektives pq|hulor benannt und (2) steht daneben in einem Ursache-Folge-Verhältnis zur p_stir-Begrifflichkeit. Ein Moment der Gegenseitigkeit ist im Gebrauch der p_stirBegrifflichkeit in 14,7 mitgedacht: Der p_stir (vgl. 14,7, hier wohl wiederzugeben mit „Treue, Vertrauenswürdigkeit“) des Phokion korrespondiert nicht das Misstrauen (vgl. dagegen: !pist]y in 14,5!), sondern das „Zutrauen, Vertrauen“ (p_stir)467 der byzantinischen Verbündeten (vgl. 14,7); man bringt Phokion und seiner Hilfstruppe (d}malir) seiner Vertrauenswürdigkeit (p_stir) wegen Vertrauen (p_stir) entgegen,468 466 Als defensiv ausgerichtetes Medium zur Sicherung der Erhaltung der Stadt Byzantium, vgl. 14,6. 467 Mit der p_stir-Begrifflichkeit (hier wiederzugeben im aktiven und passiven Sinne, als „Treue“ und „Vertrauen“) wird an dieser Stelle der Gedanke an ein Abhängigkeitsverhältnis aktiviert, welches ein Moment der Verpflichtung des momentan überlegenen Verbündeten (Rom) zum Schutz der momentan unterlegenen Verbündeten impliziert. Vgl. dazu Carl Becker, Art. Fides, RAC 7 (1969), 801–839, hier: 801: „Von früh an bis zum Beginn der Kaiserzeit und darüber hinaus ist F. ein zentraler Begriff im röm. Leben und Denken gewesen. Fast alle Arten von Bindungen, von Abhängigkeits- und Loyalitätsverhältnissen (zwischen den Römern selbst und gegenüber anderen Völkern …) waren durch F. charakterisiert“; vgl. dazu auch Christian Strecker, Fides – Pistis – Glaube. Kontexte und Konturen einer Theologie der ,Annahme‘ bei Paulus, in: Michael Bachmann (Hg.), Lutherische und Neue Paulusperspektive, Tübingen 2005, 223–250, hier: 230 f., der Fides/p_stir als „identity marker römischer Kultur und Herrschaft“ bezeichnet (hier wird auch auf weitere Literatur verwiesen). 468 Die p_stir der Verbündeten gründet dabei entscheidend auf der Vertrauenswürdigkeit (p_stir), d. h. dem tugendgemäßen oder lasterhaften Verhalten des jeweiligen Feldherrn (Chares, Phokion), der – samt seiner d}malir – das Medium darstellt, um den Schutz/die Erhaltung der in Gefahr geratenen Verbündeten zu bewirken. Ein Blick auf den Text zeigt, dass die charakterliche Disposition des Phokion durchweg durch Begrifflichkeiten der Tugend und Vertrauenswürdigkeit qualifiziert wird (vgl. 14,1: wqgst|tgr, dijaios}mg; 14,7: d|na, p_stir): die unter kriegerischer Bedrohung leidenden Bundesgenossen schätzen seine Güte und Gerechtigkeit (vgl. 14,1: taw» … 1p|hgsam oR s}llawoi tµm wqgst|tgta ja· dijaios}mgm aqtoO), er besitzt
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d. h. man vertraut darauf, dass die d}malir des Feldherrn Phokion aus der gegenwärtigen Notlage zu retten vermag. Eben dieses gefundene Zutrauen der Bundesgenossen (14,7: di± tµm p_stim !) bewirkt wiederum, dass das athenische Heer unter Phokions Führung die größte Einsatzbereitschaft im Kampf zeigt (vgl. 14,7:… pqohulot\tour 1m to?r !c_si di± tµm p_stim cemol]mour) und führt letztendlich zur Rettung/Erhaltung von Byzantium (vgl. 14,6: pq¹r t¹ syh/mai). Man bezwingt die feindlichen, sich für unbezwingbar (14,8: %lawor, !mamtac~mistor) haltenden Makedonier unter Führung des Philipp.469
4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, lässt sich eine sinngemäße Zusammengehörigkeit der Begriffe d}malir und bo^heia in Verbindung mit Rettung/Erhaltung indizierender Terminologie (s]feim, sytgq_a, eQr sytgq_am) im übergreifenden Gefahrenkontext eines Krieges nachweisen (vgl. Polyb. Hist. 3,109; Dion. Hal. Ant. 15,3,1–15,8,5; Plut. Phok. 12,1–14,8).470 Die drei Begrifflichkeiten d}malir, bo^heia und stqati\ erscheinen in diesem Rahmen oftmals in Verbindung mit entsprechenden Handlungsverben und benennen die Gewährung von (militärischer) Hilfe bzw. Hilfeleistung, die seitens einer militärisch vermögenden Instanz zugunsten einer in kriegerische Bedrängnis geratenen Entität in die Wege geleitet wird: Man hilft,471 indem man Hilfe schickt,472 und zwar, indem man ein Hilfsheer bzw. eine Schutztruppe
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großes Ansehen/Ruhm (vgl. 14,7: Gm l³m c±q Edg lec\kg d|na toO Vyj_ymor) und man verbürgt sich gegen die Stadt für seine Treue (vgl. 14,7: … !med]nato tµm p_stim rp³q aqtoO pq¹r tµm p|kim). Zu einem ähnlichen Wortcluster vgl. Dion. Hal. Ant. 5,58,1 f.: Veturius nahm die Hälfte des Heers und verheerte das Fidenische Gebiet, ohne daß jemand ihn hinderte, legte sich vor die Stadt und machte beständig Angriffe auf sie. Da er aber nicht im Stande war, die feste Stadt durch Belagerung zu erobern, so schnitt er ihr durch Wall und Graben die Verbindung mit der Umgebung ab, um die Einwohner durch Hunger zur Übergabe zu zwingen. Schon waren die Fidenaten bedrängt, als sie Hilfe von den Latinern erhielten, welche Sextus Tarquinius sandte, und Lebensmittel, Waffen und andere Kriegsbedürfnisse (Edg d³ j\lmousi to?r Vidgma_oir Hjem 1pijouq_a Kat_mym, Dm !p]steike S]ntor Taqj}mior, ja· s?tor ja· fpka ja· tükka t± eQr t¹m p|kelom 1pit^deia). Im Vertrauen darauf wagte es eine nicht unbedeutende Streitmacht, aus der Stadt auszuziehen, und schlug ein Lager auf freiem Felde (oXr piste}samter 1h\qqgsam pqoekhe?m 1j t/r p|keyr, d}malir oq lijq\, ja· poioOmtai stqat|pedom 1m rpa_hq\). Zu Gefahr indizierender Terminologie vgl. Polyb. Hist. 3,105; 3,108; 3,109: j_mdumor; 3,109: jimdume}eim; 3,108; 3,109: l\wg; 3,109: !c~m usw.; Dion. Hal. Ant. 15,3,1.2; 15,4,6: j_mdumor; 15,3,2; 15,5,3; 15,6,3.4.5; 15,7,2.3; 15,8,2.5: p|kelor; 15,3,2; 15,8,3: l\wg usw.; Plut. Phok. 12,2: eQr j_mdumom l]cam jat]stg; 13,6: jimdume}omti t` stqatgc`; 13,6: 1m 1je_m, t0 l\w,; 14,2: pokele?m; 14,7: 1m to?r !c_si usw. Vgl. z. B. Dion. Hal. Ant. 15,8,3: bo^heiam eQr sytgq_am … paq]weshai; Dion. Hal. Ant. 15,8,4; Plut. Phok. 13,6; 14,6: boghe?m. Vgl. z. B. Plut. Phok. 14,4: p]lpeim tµm bo^heiam.
Gefährdung durch politisch-gesellschaftliche Ohnmacht
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(unter der Führung eines für diese Unternehmung geeigneten stqatgc|r) aussendet.473 Insbesondere die Analyse von Dion. Hal. Ant. 15,6 ff.; 15,8 ff. und Plut. Phok. 12,1; 14,3 f. hatte ergeben, dass das Verbum !post]kkeim im aktivischen oder passivischen Gebrauch je nach Kontext die Aussendung einer offensiven Wehrkraft474 oder (gerade in Verbindung mit Wörtern wie sullaw_a, boghe?m, p]lpeim tµm bo^heiam, pqoskalb\meim d}malim usw.) die Gewährung defensiver Hilfe, d. h. die Aussendung einer defensiven Wehrkraft zur Rettung/Erhaltung der kriegerisch Bedrängten bezeichnen kann.475
Bei der Entität, zu deren Gunsten defensive Wehrkraft initiiert wird, kann es sich um die bedrohte Heimat476 oder auch um die in Bedrängnis geratenen Bundesgenossen477 handeln. Der Hilfeleistung kann eine Anrufung seitens der Bedrängten vorangestellt sein.478
5. Gefährdung durch politisch-gesellschaftliche Ohnmacht Dass die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a im Allgemeinen sowie das Syntagma d}malir eQr sytgq_am im Besonderen auch in antiken Kontexten vorkommt, in denen es um die Gefährdung einer durch politisch-gesellschaftliche Ohnmacht gekennzeichneten Entität geht, zeigt die nachfolgende Analyse. Zunächst wird eine Gerichtsrede des antiken Rhetors Lysias untersucht (vgl. die 12. Rede des Lysias: Gegen Eratosthenes, lat. In Eratosthenem). 473 Vgl. z. B. Dion Hal. Ant. 15,6,3: stqati\m p]lpeim … tµm vuk\nousam … t± te_wg; 15,7,4: paqasjeu\feshai stqati\m; 15,7,5: 1jp]lpeim stqati\m; 15,8,2: tµm stqati±m !post]kkeim (+ Dat.); 15,7,5: !p\ceim … tµm !postake?sam … sullaw_am; Plut. Phok. 12,1: !pest\kg stqatgc¹r b Vyj_ym 5wym d}malim oq pokk^m; 14,4: oR N^toqer Acym_samto t¹m W\qgta stqatgc¹m !postak/mai; 14,6: pqoskalb\meim d}malim … pq¹r t¹ syh/mai). Hilfe (bo^heia [eQr sytgq_am]) erfolgt demnach in der Regel in Form von Hilfs- bzw. Schutztruppen (d}malir, stqati\, sullaw_a), welche auf die Sicherung/Erhaltung (sytgq_a) der in Not geratenen Bundesgenossen zielen. 474 Vgl. Dion. Hal. Ant. 15,6,5: stqati±m 1p· [Meapok_tar] !post]kkeim. 475 Vgl. Dion. Hal. Ant. 15,8,2: tµm stqati±m !post]kkeim (+ Dat.); vgl. Plut. Phok. 12,1: !pest\kg stqatgc¹r b Vyj_ym 5wym d}malim oq pokk^m; 14,4: ¢qlgl]mym d³ t_m )hgma_ym boghe?m oR N^toqer Acym_samto t¹m W\qgta stqatgc¹m !postak/mai … ja· pke}sar 1je?mor oqd³m %niom t/r dum\leyr 5pqattem … b d³ d/lor … letem|ei to?r Bufamt_oir p]lxar tµm bo^heiam; 14,6: … 1j]keuem aqt¹m 1je?mom 2t]qam pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir eQr t¹m :kk^spomtom7 d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai t¹ Buf\mtiom. 476 Vgl. z. B. Polyb. Hist. 3,109: …, ¢r t/r patq_dor … jimdumeuo}sgr mOm … to?r fkoir; vgl. hier ebenso die rp]q-Formulierung rp³q sv_m aqt_m ja· patq_dor ja· cumaij_m ja· t]jmym 477 Dion. Hal. Ant. 15,8,3: to?r jimdume}ousi; Plut. Phok. 14,6: boghe?m (to?r sull\woir) usw. 478 Vgl. z. B. Dion. Hal. Ant. 15,3,2: de?shai … lµ jatakipe?m aqto»r sull\wym 1q^lour, [lgdel_am] nemijµm bo^heiam 5weim; Plut. Phok. 12,1: Pkout\qwou d³ toO 9qetqi]yr jakoOmtor to»r )hgma_our, ja· deol]mou tµm m/som 1nek]shai jatakalbamol]mgm rp¹ toO Lajed|mor.
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Darauf folgt die Betrachtung eines Textes aus der Briefliteratur des Themistokles (Ep. 20). 5.1 Zur Verwendung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am in der Gerichtsrede Gegen Eratosthenes des Lysias (12,14) Das Syntagma d}malir eQr sytgq_am erscheint explizit in der Gerichtsrede Gegen Eratosthenes (12,14) des attischen Redners Lysias479 (ca. 457–380 v. Chr.).480 Hier kommt es auf erzählerische Weise zu einer eindrucksvollen und lebendigen Schilderung der politischen Ereignisse in Athen um 404 v. Chr. 5.1.1 Zur historischen Verortung von Lysias’ Gegen Eratosthenes Die von Lysias selbst gehaltene Anklagerede Gegen Eratosthenes481 (12. Rede)482 zeugt von Lysias eigener biographischer Erfahrung während der Herrschaft der Dreißig
479 Zur Biographie des Lysias vgl. Kenneth James Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, Sather classical lectures 39, Berkeley [u. a.] 1968, 28–46; Ulrich Schindel, Untersuchungen zur Biographie des Redners Lysias, RhM NF 110 (1967), 32–52. Zahlreiche antike Autoren bezeugen, dass Lysias hervoragende politische (Gerichts-)Reden verfasst hat (vgl. z. B. Plat. Phaidr. 228a; zum Stil des Lysias vgl. Dion. Hal. De Lysia 8: … !pod_dyl_ te owm aqt` ja· tµm eqpqepest\tgm !qet^m, jakoul]mgm d³ rp¹ pokk_m Ahopoi@am. Zu Lysias als Meister der Kunst der Ethopoiie vgl. auch Stephen Usher, Lysias and his Clients, GRBS 17 (1976), 31–40, 32. vgl. ebenso Ulrich Manthe, Die Tötung des Ehebrechers, in: Leonhard Burckhardt, Jürgen von Ungern-Sternberg (Hg.), Große Prozesse im antiken Athen, München 2000, 219–233, 231 f. 480 Von 403 v. Chr. bis zu seinem Tod, 380 v. Chr., lebte Lysias als Rhetor bzw. als Verfasser von Anklage- und Verteidigungsreden in Athen. Als Metöke (l]toijor) konnte Lysias zwar selbst nicht vor Gericht auftreten, doch er konnte als Logograph indirekt am öffentlichen Leben partizipieren, indem er Reden für andere Bürger verfasste; vgl. dazu Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, 150. Allgemeines zu Begriff und Tätigkeit des kococq\vor ist bei Thomas Cole, The Origins of Rhetoric in Ancient Greece, Baltimore 1991, 116 zu lesen; vgl. ebenso Gerhard Thür, Das Gerichtswesen Athens im 4. Jahrhundert v. Chr., in: Leonhard Burckhardt, Jürgen von Ungern-Sternberg (Hg.), Große Prozesse im antiken Athen, München 2000, 30–49, 34. Als kococq\vor war Lysias überdurchschnittlich erfolgreich: Ps.-Plutarch spricht in Vitae decem oratorum 836a von 425 Reden, die Lysias verfasst haben soll (v]qomtai d’ aqtoO k|coi tetqaj|sioi eQjosip]mte). Von diesen 425 Reden werden 233 in der Forschung als authentisch betrachtet; nur 34 sind erhalten, einige nur zum Teil. Vgl. dazu Friedrich Wilhelm Blass, Die attische Beredsamkeit I, Leipzig 31887, 357; 375; Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, 152; Usher, Lysias and his Clients, 37; Stephen Charles Todd, Lysias, The Oratory of Classical Greece 2, Austin 2000, 8; Manthe, Die Tötung des Ehebrechers, 222 f. 481 Vgl. dazu Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, 2, der die 12. Rede des Lysias beschreibt als „… the most famous and remarkable of all the speeches ascribed to Lysias“. Ebenso Todd, Lysias, 113: „This is the most famous of Lysias’ speeches, not least because it directly concerns Lysias himself, not simply as author but also as speaker.“ 482 In der Forschung wird davon ausgegangen, dass Lysias’ Gegen Eratosthenes die einzige Rede ist, die in ihrer Gesamtheit von Lysias selbst verfasst worden ist; vgl. dazu Dover, Lysias and the
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Tyrannen, einer Gruppe von Oligarchen, die gegen Ende des Peloponnesischen Krieges (431–404 v. Chr.), im Jahr 404 v. Chr., in Athen die Macht ergriffen.483 Dieses Regiment, welches unter dem Schutz spartanischer Truppen etabliert wurde und mit einem Verfassungsumsturz bzw. dem Sturz der demokratischen Ordnung einherging,484 artete bald in eine Schreckensherrschaft aus. Auch die Familie des Lysias geriet unter der sechsmonatigen Herrschaft der Tyrannen in die Wirren der Athener Politik: Das Vermögen der Familie des Lysias485 wurde im Rahmen einer Strafaktion gegen reiche Metöken konfisziert, ebenso wie das Vermögen zahlreicher anderer wohlhabender Athener Familien.486 Lysias und sein Bruder Polemarchos487 wurden gefangengenommen, doch während Polemarchos zum Tode verurteilt wurde, gelang Lysias die Flucht nach Megara, was ihn vor dem Tod bewahrte.488 Der sich 404/3 v. Chr. in Athen formierende Widerstand gegen die Gewaltherrschaft der dreißig Tyrannen mündete in einen Bürgerkrieg, was schließlich zum Sturz der Dreißig und der Wiederherstellung der demokratischen Verfassung (403/2 v. Chr.) führte, allerdings knüpfte der spartanische König Pausanias dies an die Bedingung einer allgemeinen Amnestie.489 Zur Anklage einiger Bürger vor Gericht, die ehemals dem Kreis der verhaßten Tyrannenherrschaft angehört hatten, kam es 401, als sich die spartanische Kontrolle zu lockern begann:490 nach dem endgültigen Zusammenbruch des oligar-
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Corpus Lysiacum, 193; Ingeborg Huber, Lysias. Reden. Griechisch und Deutsch, Bd. 1, Edition Antike, Darmstadt 2004, 10; Todd, Lysias, 6. Gründe für die Machtergreifung der Dreißig waren wohl die bedingungslose (militärische) Kapitulation Athens gegenüber Sparta, wirtschaftliche Ohnmacht, sowie der von der spartanischen Besatzung ausgehende Druck auf Athen, eine politische Kommission einzusetzen. Vgl. dazu insgesamt Peter Funke, Die griechische Staatenwelt in klassischer Zeit (550–336 v. Chr.), in: Hans-Joachim Gehrke, Helmuth Schneider (Hg.), Geschichte der Antike: Ein Studienbuch, Stuttgart 2006, 129–194, 157 f. Vgl. ebenso Peter Scholz, Der Prozeß gegen Sokrates, in: Leonhard Burckhardt, Jürgen von Ungern-Sternberg (Hg.), Große Prozesse im antiken Athen, München 2000, 157–173, 159 f. Vgl. dazu Scholz, Der Prozeß gegen Sokrates, 160. Im Phaidros erwähnt Platon Polemarchos, den Bruder des Lysias, der sich – im Unterschied zu Lysias – schon der Philosphie zugewendet hat (vgl. Phaidr. 257b): Kus_am t¹m toO k|cou pat]qa aQti~lemor paOe t_m toio}tym k|cym, 1p· vikosov_am d], ¦speq "dekv¹r aqtoO Pok]laqwor t]tqaptai, tq]xom, Vma ja· b 1qastµr fde aqtoO lgj]ti 1palvoteq_f, jah\peq mOm, !kk’ "pk_r pq¹r =qyta let± vikos|vym k|cym t¹m b_om poi/tai. Über Polemarchos und dessen Vater Kephalos berichtet Platon ebenfalls in Resp. 327b–328c; 331d–336a (Lysias selbst wird hier allerdings nicht erwähnt). Vgl. dazu insgesamt Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, 28 f. Vgl. dazu Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, 47: „In the first place, whatever Lysias’s own sentiments may have been when the Thirty Tyrants came to power, the Thirty made him their enemy on their own initiative and by the most effective means imaginable: they killed his brother, tried to kill him, and seized his family property.“ Vgl. Scholz, Der Prozeß gegen Sokrates, 160 f. Ps.-Plutarch, Vitae decem oratorum 835e: … t/r d’ 1m AQc¹r potalo?r maulaw_ar cemol]mgr ja· t_m tqi\jomta paqakab|mtym tµm p|kim, 1n]pesem 2pt± 5tg le_mar, !vaiqehe·r tµm oqs_am ja· t¹m !dekv¹m Pok]laqwom7 aqt¹r d³ diadq±r 1j t/r oQj_ar !lvih}qou ousgr, 1m Ø 1vuk\sseto ¢r !poko}lemor, di/cem 1m Lec\qoir. Vgl. dazu auch. Todd, Lysias, 5. Vgl. dazu insgesamt Funke, Die griechische Staatenwelt in klassischer Zeit (550–336 v. Chr.), 158. Vgl. dazu auch Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, 47: „In XII Lysias speaks … as a
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chischen Regimes in Eleusis wurden die Verbliebenen in der Stadt Athen verhört und verurteilt.491 Der Prozess gegen Eratosthenes, ein Mitglied der Dreißig Tyrannen, hat hier seinen historischen Sitz.492 Lysias erhob bei diesem Prozess Anklage gegen Eratosthenes wegen Tötung seines Bruders Polemarchos. So ist die Gerichtsrede Gegen Eratosthenes zwar für eine Privatperson konzipiert, besitzt aber ebenso eine öffentlich-politische Dimension: Dabei stellt der Redner Lysias das Polemarchos seitens des Eratosthenes widerfahrene Unrecht von Anfang an in den kontextuellen Zusammenhang mit der Tyrannenherrschaft der Dreißig, indem er den konkreten Einzelfall (die Tötung der Privatperson Polemarchos) als eines der zahlreichen Verbrechen der Tyrannen gegen die Polis und die Demokratie behandelt.493 Darüber hinaus zeugt die Rede Gegen Eratosthenes auf anschauliche Weise von den politischen Zuständen in Athen am Ende des Peloponnesischen Krieges.494
5.1.2 Aufbau der Gerichtsrede Gegen Eratosthenes Die Gerichtsrede Gegen Eratosthenes, die sich (wie alle Reden des Lysias) durch den Stil der Einfachheit und Übersichtlichkeit auszeichnet,495 spiegelt in ihrem Aufbau
491 492
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494 495
,democrat‘: that is to say, as an active helper of those men in exile who fought against the oligarchy established after the defeat of Athens, re-entered a full democracy which endured without serious challenge until again suppressed by external power three generations later.“ Vgl. dazu Scholz, Der Prozeß gegen Sokrates, 162. Vgl. dazu Scholz, Der Prozeß gegen Sokrates, 161: „Seit 403 hatten die Demokraten wieder die politische Führung übernommen … Dennoch bestimmten die materiellen wie personellen Opfer, die die Herrschaft der Dreißig gefordert hatte, die Diskussionen auf den öffentlichen Plätzen und in den Volksversammlungen. Die Amnestie hatte zwar nach wie vor Geltung, doch bahnten sich Wut und Verbitterung eigene Wege, um den Rachegelüsten Befriedigung zu verschaffen. Die Prozeßreden des Lysias geben eindrucksvoll die Stimmung wieder, die in den Jahren zwischen 403 und 400 herrschte.“ Vgl. dazu bereits die Einleitung Lysias 12,1–2: Nicht der Beginn meiner Anklage macht mir Schwierigkeiten, ihr Herren Richter, sondern ein Ende zu finden, wenn ich am Reden bin. Denn so große und zahlreiche Freveltaten haben die Dreißig Tyrannen verübt, dass man weder durch Übertreibung Schlimmeres als das Geschehene vorbringen könnte, noch, wenn man sich an die reine Wahrheit hielte, alles aufzuzählen in der Lage wäre. Notgedrungen würde dabei weder der Ankläger ermatten, oder aber die Zeit würde ihm ausgehen. Es scheint mir aber, dass wir Zustände erleben werden, die denen früherer Zeiten genau entgegengesetzt sind. Früher mussten die Ankläger nachweisen, welchen Grund zur Beschuldigung sie gegen die Angeklagten hatten. Jetzt aber sollte man die Angeklagten fragen, welche Veranlassung zur Feindschaft sie gegen die Stadt hatten, dass sie derartig gegen sie zu freveln wagten (mum· d³ paq± t_m veuc|mtym wqµ pumh\meshai Ftir Gm aqto?r pq¹r tµm p|kim 5whqa, !mh’ ftou toiaOta 1t|klgsam eQr aqtµm 1nalaqt\meim). Ich sage dies nicht, als mangele es mir an Gründen zu persönlicher Feindschaft und an eigenem Leid, sondern weil alle, im Hinblick auf private oder öffentliche Belange, eine Fülle von Gründen haben, empört zu sein. Die griechischen Zitate sind hier wie auch im Folgenden der Ausgabe von Christopher Carey (Hg.), Lysiae orationes cum fragmentis, Oxford Classical Texts, Oxford 2007 entnommen. Die deutsche Übersetzung richtet sich nach Huber, Lysias. Reden, Bd. 1. Vgl. dazu Huber, Lysias. Reden, Bd. 1, 24; Todd, Lysias, 113 f. Bereits Dionysios von Halikarnassos rühmt in diesem Sinne den Stil des Lysias (vgl. De Isaios
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das einheitliche Schema der griechischen Gerichtsrede wieder:496 Auf einen eröffnenden Eingangsteil (Prooimion), welcher die Aufmerksamkeit des Gerichts wecken und die Richter bereits zu Anfang wohlwollend stimmen soll (12,1–2), folgt eine kurze Angabe dessen, was der Redner beweisen will, die Prothesis (12,3). Lysias formuliert innerhalb dieses Eingangsteiles (vgl. 12,1–3) seine Anklage (jatgcoq_a) gegen das auf Feindschaft gegen die Stadt Athen und Frevel basierende Regime der Dreißig im Allgemeinen und gegen Eratosthenes, den er wegen Mordes an seinem Bruder Polemarchos anklagt,497 im Besonderen. Darauf folgt der Hauptteil, der sich in zwei größere Teile untergliedert: (1) die Erzählung bzw. Diegesis, in welcher der eigentliche zur Anklage stehende Sachverhalt ausgebreitet wird und die nicht nur einer sachlichen Darstellung der zur Verhandlung stehenden Ereignisse Raum bietet, sondern auch einer subjektiven Schilderung des Erlebten (12,4–24). (2) In der Beweisführung (Apodeixis oder Pisteis) bekräftigt der Berichtende durch Argumente seine Sicht der Dinge, die nach seiner Meinung zum Tathergang geführt hatten; ebenso dient dieser Teil der Wiederlegung gegnerischer Ansichten (12,25–99). Der Schluss (Epilogos) ist kurz gestaltet und endet mit der Aufforderung der Richtenden, ihres Amtes zu walten (12,100).
Die formale Anklage gegen Eratosthenes findet sich in Lysias 12,4–36 und lässt sich in zwei Abschnitte untergliedern: Teil I beschreibt (als subjektive Nacherzählung bzw. Diegesis, vgl. 12,4–24) das auf Ungerechtigkeit (!dij_a) und Feindschaft gegen die Stadt basierende Regime der Tyrannen im Allgemeinen, ebenso wie den gruppendynamischen wie individuellen Korruptionsverdacht der Mitglieder der Dreißig im Besonderen. Teil II (12,25–36) entkräftet (im Rahmen des Kreuzverhöres des Eratosthenes) die zu seiner Verteidigung aufgeführte Behauptung des Angeklagten, er habe seinerzeit lediglich Befehle der oberen Instanzen ausgeführt.
5.1.3 Akute Todesgefahr für Lysias angesichts des tyrannischen Regimes der Dreißig und Möglichkeit der Errettung durch die d}malir eQr sytgq_am des Damnippos (12,14) Auf eindrucksvolle Weise gibt Lysias im Rahmen der Diegesis der Gerichtsrede Gegen Eratosthenes (vgl. 12,4–24) Auskunft über seinen familiären Hintergrund. Ebenso werden die Kernereignisse des Tatvorganges auf erzählerische Weise ausgebreitet: die Gefangennahme der Brüder Lysias und Polemarchos auf Anweisung des Eratosthenes, was mit der Flucht des Lysias und dem Todesurteil bzw. der Tötung des Polemarchos endet. Es wird sich zeigen, dass 16); vgl. dazu auch Ps.-Plutarch Vitae decem oratorum 836b: … 1c]meto d³ piham~tator ja· bqaw}tator, [to?r Qdi~tair] to?r pokko?r k|cour 1jdo}r. 496 Vgl. dazu Cole, The Origins of Rhetoric in Ancient Greece, 131 f.; Manthe, Die Tötung des Ehebrechers, 224 f.; Huber, Lysias. Reden, Bd. 1, 19 f. 497 Vgl. dazu 12,3: … rp³q toO !dekvoO ja· 1lautoO tµm jatgcoq_am poi^solai.
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die politisch ohnmächtige Befindlichkeit des Lysias zur Zeit des tyrannischen Regimes der Dreißig, welche Gefangennahme sowie akute Todesgefahr in sich schließt, den weiteren Kontext bildet, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am in 12,14 zur Anwendung kommt. Lysias zufolge wohnt seine Familie498 bereits seit dreißig Jahren in Athen (vgl. 12,4).499 Als Demokraten und Metöken zeichnen sie sich als ehrenhafte Einwohner aus, welche die Stadt Athen durch großzügige Spenden unterstützen.500 Die Formulierung ovtyr ájoOlem dglojqato}lemoi ¦ste l^te eQr to»r %kkour 1nalaqt\meim l^te rp¹ t_m %kkym !dije?shai (vgl. 12,4: … wir lebten derart in der Demokratie, dass wir uns weder gegen andere vergingen, noch von anderen Unrecht erlitten) steht dabei in scharfem Kontrast zum Herrschaftsprofil der Dreißig Tyrannen (vgl. 12,2):501 indem diese nach ihrer Machtergreifung proklamieren, man müsse die Stadt von rechtswidrigen Elementen säubern und die übrigen Bürger zu Tugend und Gerechtigkeit führen,502 sich in ihrer ganzheitlichen Machtausübung allerdings durch Ungerechtigkeit, Geldgier und Korruption auszeichnen, die eigentlich rechtschaffenen Bürger zur Konfiszierung ihres Vermögens ohne Rechsschutz bzw. Möglichkeit der Verteidigung gefangennehmen und töten, pervertieren sie die von Lysias vertretene demokratische Rechtsordnung, die das eigentliche politische Fundament der Stadt Athen darstellt. Das Wertesystem der demokratischen Rechtsordnung, welches auf Gerechtigkeit (dijaios}mg) und Tugend (!qet^) basiert, wird von den nach Geld (wq/la) gierenden Oligarchen demnach der Logik der Anklagerede entsprechend auf den Kopf gestellt: die Demokraten werden von den ungerechten Tyrannen zu Ungerechten erklärt, indem die Ungerechten selbst sich zu Gerechten erklären.
Die Konfiszierung des Vermögens reicher Athener Metöken-Familien seitens der Tyrannen basiert dabei auf der ungerechtfertigten Annahme, diese seien mit der Verfassung unzufrieden. Lysias stellt allerdings an vielen Stellen den wahren Grund heraus: die Konfiszierung dient der Bereicherung bzw. Geldgier der Tyrannen (vgl. 12,6–7):
498 Vgl. Ps.-Plutarch, Vitae decem oratorum 835b.c: Kus_ar uR¹r Gm Jev\kou toO Kusam_ou toO Jev\kou, Suqajous_ou l³m c]mor letamast\mtor d’ eQr )h^mar 1pihul_ô te t/r p|keyr ja· Peqijk]our toO Namh_ppou pe_samtor aqt|m, v_kom emta ja· n]mom, pko}t\ diav]qomta. 499 Nachdem der Vater des Lysias, Kephalos, von Perikles dazu bewogen worden war, vgl. Todd, Lysias, 114 f. 500 Vgl. 12,20: … niemanden hatten wir zum Feind, aber viele Athener haben wir aus der Kriegsgefangenschaft losgekauft: Für diese Dinge waren wir ihnen gut genug, während wir doch als Eingewanderte anders waren als sie, die Bürger. 501 12,2: Jetzt aber sollte man die Angeklagten fragen, welche Veranlassung zur Feindschaft sie gegen die Stadt hatten, dass sie derartig gegen sie zu freveln wagten (mum· d³ paq± t_m veuc|mtym wqµ pumh\meshai, Ftir Gm aqto?r pq¹r tµm p|kim 5whqa, !mh’ ftou toiaOta 1t|klgsam eQr aqtµm 1nalaqt\meim). 502 Vgl. 12,5: v\sjomter wq/mai t_m !d_jym jahaq±m poi/sai tµm p|kim ja· to»r koipo»r pok_tar 1p’ !qetµm ja· dijaiomgm tqap]shai.
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Theognis nämlich und Peison503 sagten in einer Sitzung der Dreißig, einige der Metöken seien mit der Verfassung unzufrieden. Das sei nun ein sehr schöner Vorwand, sie scheinbar zu bestrafen (tilyqe?shai), in Wirklichkeit aber, sich zu bereichern (wqglat_feshai). Die Stadt sei völlig verarmt, die Regierung jedoch brauche Geld (de?shai wqgl\tym). Und es fiel ihnen nicht schwer, ihre Zuhörer damit zu überreden, denn Menschen zu töten achteten sie für gering, aber Geld (wq^lata) in die Hände zu bekommen, daran lag ihnen sehr viel. Sie beschlossen also, zehn Männer zu verhaften, darunter auch zwei arme, um gegenüber den anderen sich darauf berufen zu können, dass das alles nicht des Geldes wegen (wqgl\tym 6meja) getan werde, sondern zum Nutzen der Verfassung geschehe – als hätten sie eine ihrer übrigen Taten wohlbegründet ausgeführt.
Nachdem die Gefolgschaft der Tyrannen zur Gefangennahme und Konfiszierung der Vermögen der Metöken ausgeströmt war, ergreifen sie auch Lysias und übergeben ihn dem Peison (vgl. 12,8–11): Ich aber fragte Peison, ob er mich für Geld retten wolle. Er willigte ein, wenn es viel wäre. Ich sagte nun, dass ich ihm ein Talent Silber geben würde, und er stimmte zu (1c½ d³ Pe_syma l³m Aq~tym eQ bo}koit| le s_sai wq^lata kab~m7 b d’ 5vasjem, eQ pokk± eUg. eWpom owm fti t\kamtom !qcuq_ou 6toilor eUgm doOmai7 b d’ ¢lok|cgse taOta poi^seim). Ich wusste wohl, dass er weder vor Göttern noch Menschen Achtung hat, doch schien es mir bei Lage der Dinge höchst notwendig, ein feierliches Versprechen von ihm zu erhalten (…, flyr d ’ 1j t_m paq|mtym 1d|jei loi !macjai|tatom eWmai p_stim paq’ aqtoO kabe?m). Nachdem er einen Eid geleistet hatte, in dem er vollständiges Verderben auf sich und seine Kinder herabwünschte, falls er mich nach Erhalt des Talentes nicht retten werde, ging ich in mein Schlafgemach und öffnete die Geldkiste. Peison, der das bemerkte, kam mir nach, und als er den Inhalt sah, rief er zwei seiner Gehilfen und befahl ihnen, das, was in der Kiste war, mitzunehmen (1peidµ d³ ¥losem, 1n~keiam 2aut` ja· to?r pais·m 1paq~lemor, kab½m t¹ t\kamt|m le s~seim, eQsekh½m eQr t¹ dyl\tiom tµm jibyt¹m !mo_cmuli7 Pe_sym d’ aQsh|lemor eQs]qwetai, ja· Qd½m t± 1m|mta jake? t_m rpgqet_m d}o, ja· t± 1m t0 jibyt` kabe?m 1j]keusem) … Ich bat ihn, mir wenigstens Geld für die Reise zu lassen, er jedoch sagte, ich solle froh sein, meine Haut zu retten (1de|lgm aqtoO 1v|di\ loi doOmai, b d’ !cap^seim le 5vasjem, eQ t¹ s_la s~sy).
Lysias wird daraufhin von Peison zum Haus des Damnippos gebracht (vgl. 12,12 f.) und Theognis übergeben, der dort schon andere zu Unrecht Gefangengenommene bewacht. Peison dagegen macht sich, nachdem er Lysias aufgetragen hatte, guten Mutes zu sein, auf zum Haus des Polemarchos, den Bruder des Lysias, um auch dort den Besitz in Augenschein zu nehmen.504 Aufgrund der für ihn akut lebensgefährlichen Lage erreicht der Bericht des Lysias nun einen erzählerischen Höhepunkt (vgl. 12,13–14): 503 Theognis und Peison waren beides Mitglieder der Dreißig Tyrannen, vgl. dazu Huber, Lysias. Reden, Bd. 1, 246. 504 Vgl. 12,12: … b d’ 5vasjem eQr t± toO !dekvoO toO 1loO, Vma ja· t± 1m 1je_m, t0 oQj_ô sj]xgtai.
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In solcher Lage beschloss ich, etwas zu wagen505; der Tod schien mir ja bereits gewiss. Ich rief also Damnippos und sagte zu ihm: „Wir standen doch immer gut miteinander; ich kam öfter in dein Haus. Ich tue nichts Unrechtes, Geldes wegen aber werde ich zugrunde gerichtet. Du also, stelle mir, der ich dieses erleide, bereitwillig dein Vermögen zu meiner Rettung zur Verfügung.“ Er versprach, dieses zu tun. Es schien ihm aber doch besser, mit Theognis darüber zu reden, denn er meinte, der würde alles tun, wenn (ihm) einer Geld dafür anbiete (1m toio}t\ d’ emti loi jimdume}eim 1d|jei, ¢r toO ce !pohame?m rp\qwomtor Edg … „1pit^deior l]m loi tucw\meir ¥m, Fjy d’ eQr tµm sµm oQj_am, !dij_ d’ oqd]m, wqgl\tym d’ 6meja !p|kkulai. s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am“. b d’ rp]sweto taOta poi^seim. 1d|jei d’ aqt` b]ktiom eWmai pq¹r H]ocmim lmgsh/mai7 Bce?to c±q ûpam poi^seim aqt|m, eU tir !qc}qiom dido_g).506
Um die Bedeutung des in 12,14 zur Anwendung kommenden Syntagmas d}malir eQr sytgq_am zu bestimmen, gilt es zunächst, charakteristische Begrifflichkeiten ausfindig zu machen, die in der näheren/unmittelbaren Umgebung der Wortverbindung auftreten. Im Blick auf den Passus 12,6–24 sticht der wiederholte Gebrauch des Ausdrucks wq/la (samt des dazugehörigen Verbums wqglat_feshai) ins Auge:507 um des Geldes willen werden die Brüder Lysias und Polemarchos gefangen genommen (bzw. getötet). Von herausragendem Interesse ist nun, dass sich an dieser Stelle ein innerer Zusammenhang zwischen der Wortgruppe um wq/la, wqglat_feshai (vgl. ebenso t\kamtom, !qc}qiom) und der Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a eruieren lässt. Im gemeinsamen Gebrauch mit Begrifflichkeiten, die Geldmittel bezeichnen (vgl. wq/la, 505 Das Verbum jimdume}eim wörtlich wiedergebend: … [beschloss ich, mich] in Gefahr zu begeben. 506 Deutsche Übersetzung auch an dieser Stelle (mit minimalen Veränderungen) von Huber, Lysias. Reden, Bd. 1; vgl. ebenso die englische Übersetzung von Todd, Lysias; sowie die italienische Übersetzung von Umberto Albini, Lisia. I Discorsi. Testo critico, introduzione, traduzione e note, Sansoni/Firenze 1955. 507 Vgl. den Gebrauch von wq/la, wqglat_feshai insgesondere in 12,6 f., ebenso den Gebrauch von wq/la, t\kamtom (!qcuq_ou), !qc}qiom in 12,8–11.14. Vgl. außerdem die Notiz in Lysias 12,19.20: … sie hatten siebenhundert Schilde von uns, all das Silber und Gold, Erz, Schmuck, Hausgerät und Frauengewänder (ja· 5womter l³m 2ptajos_ar !sp_dar t_m Blet]qym, 5womter d³ !qc}qiom ja· wqus_om tosoOtom, wakj¹m d³ ja· j|slom ja· 5pipka ja· Rl\tia cumaije?a), mehr, als sie jemals erwerben zu können glaubten, außerdem hundertzwanzig Sklaven, von denen sie die besten für sich behielten, die übrigen zu Gunsten der Staatskasse verkauften. Und dennoch gingen sie in ihrer Unersättlichkeit und Habgier noch weiter und zeigten zugleich die Art ihres Charakters. Denn als Melobios in unser Haus trat, riss er der Frau des Polemarchos die goldenen Ohrgehänge, die sie gerade trug, von den Ohren. Auch nicht gemäß des allerkleinsten Teiles unseres Vermögens fanden wir Schonung bei ihnen. Wegen unseres Besitzes vergriffen sie sich derart an uns, wie wohl kaum andere es tun würden, die wegen schwerwiegenden Unrechtes erzürnt sind: solches haben wir nicht von der Stadt verdient (ja· oqd³ jat± t¹ 1k\wistom l]qor t/r oqs_ar 1k]ou paq’ aqt_m 1tucw\molem. !kk’ ovtyr eQr Bl÷r di± t± wq^lata 1ngl\qtamom, ¦speq #m 6teqoi lec\kym !dijgl\tym aqcµm 5womter, oq to}tym !n_our ce emtar t0 p|kei).
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t\kamtom, !qc}qiom) hat das Verbum s]feim (in aktivischer und/oder passivischer Bedeutung) insgesamt als Leitmotiv von 12,6–24 zu gelten: Für den sich momentan in bedrängten, lebensgefährlichen Umständen befindenden Lysias stellt Geld das entscheidende Mittel zur Sicherung seines physischen Überlebens dar. Dass die Einheiten wq/la (t\kamtom, !qc}qiom) und s]feim, sytgq_a in 12,6–24 semantisch voneinander abhängig sind und dass zwischen Geld (wq/la) und Rettung (s]feim, sytgq_a) ein Ursache-Folge-Verhältnis besteht, macht der kurze Wortwechsel zwischen dem rettungsbedürftigen Lysias und Peison, dem potentiellen Garanten bzw. Initiator von Rettung, deutlich (vgl. bes. 12,8: … eQ bo}koit| le s_sai wq^lata kab~m … b d’ ¢lok|cgse taOta poi^seim). Trotz eines seitens des Peison abgelegten Versprechens (p_stir) erweist sich dessen zugesichertes helfend-rettendes Handeln allerdings als intrigantes Täuschungsmanöver. Die Formulierung t¹ s_la s]feim (12,11) charakterisiert dabei die verzweifelte, hoffnungslose Lage, in der sich Lysias befindet: Für ihn geht es im Folgenden nun um Leben oder Tod (vgl. 12,13 f.).
Im Hinblick auf 12,13 signalisiert speziell die Formulierung 1m toio}t\ d’ emti loi jimdume}eim 1d|jei, ¢r toO ce !pohame?m rp\qwomtor Edg, dass sich Lysias (als in Gefahr geratene Einzelperson) gegenwärtig in einer hoffnungslosen, verzweifelten Lage befindet. Dass Lysias’ Gefahrenlage neben gewaltsamem Bewachtsein auch die Möglichkeit von Tod und Sterben impliziert, wird in 12,13 f. durch das geballte Auftreten von Verben angezeigt, die „in Gefahr sein (geraten)“ und „leiden“ sowie „sterben“, „zugrunde gehen (zugrundegerichtet werden)“ bedeuten (vgl. dazu das Wortcluster um jimdume}eim, !pohm^sjeim, !p|kkushai, p\sweim). Es ist exakt diese (mittels genannter Verben zum Ausdruck gebrachte) Lage der Ausweglosigkeit und des Unvermögens des Lysias, sich aus eigener Kraft gegenüber Tod bringenden Faktoren (in Gestalt der Tyrannen und ihrer Gefolgschaft,) zur Wehr zu setzen, die den weiteren Rahmen bildet, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am in 12,14 zur Anwendung kommt. Im Zustand der Bedrängnis und der Todesnähe (bzw. der Todesgewissheit, vgl. … ¢r toO ce !pohame?m rp\qwomtor Edg) scheint nun für Lysias mit der Gegenwart des Damnippos, als einer ihm freundschaftlich gesonnenen Einzelperson, die Möglichkeit von sytgq_a einherzugehen: Dass Damnippos, dem Lysias das Attribut 1pih^deior beilegt, sich als potentielle Trägergestalt bzw. als Initiator von d}malir eQr sytgq_am erweist, zeigt der gesamte Passus 12,13 f.: 1pit^deior l]m loi tucw\meir ¥m, Fjy d’ eQr tµm sµm oQj_am, !dij_ d’ oqd]m, wqgl\tym d’ 6meja !p|kkulai. s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am. Aus dieser Texteinheit geht hervor, dass die an Damnippos ergehende Anrufung des mit dem Tod konfrontierten Lysias im Kontrast zum ungerechten Treiben der der
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Stadt Athen feindlich gesonnenen, frevlerischen Tyrannen steht.508 Der Gegensatz der Formulierungen !dij_ d’ oqd]m … (wqgl\tym d’ 6meja) !p|kkulai zeigt, dass sich Lysias im Rahmen seiner Anklageschrift gegen Eratosthenes auf implizite Weise als Gerechter (d_jaior), zu Unrecht Gefangengenommener, ausweist, der den Schutz und die Hilfeleistung des Damnippos in Form entsprechender Mittel, die seine persönliche Lebenserhaltung sichern, unbedingt verdient hat. Als untadeliger Demokrat509 ist er ein Gerechter (d_jaior), angesichts der Übermacht der feindlichen, potentiell todbringenden, nach wq/la gierenden Tyrannen sogar momentan ein leidender Gerechter (p\swym d_jaior). Die Verben jimdume}eim, p\sweim, !pohm^sjeim, !p|kkushai und oqd]m !dije?m umschreiben im vorliegenden Zusammenhang demnach die traurige Lage des momentan politisch ohnmächtigen, Damnippos um Rettung bzw. (Lebens-)Erhaltung (sytgq_a) angehenden Lysias.
Lysias erbittet von Damnippos (dem 1pih^deior) in seiner Anrufung (12,13 f.) ein defensives Schutzprogramm gegen die offensiven Angriffe der Gegner, denn ihm droht der Tod, wenn es ihm nicht gelingt, sich erfolgreich vor Damnippos zu rechtfertigen (vgl. !dij_ d’ oqd]m, wqgl\tym d’ 6meja !p|kkulai). Dies gipfelt in einer pathetischen Spitzenformulierung, die das Ende der direkten Rede markiert, die Lysias gegenüber Damnippos zu seiner Unbescholtenheit aufführt: s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am. Mit Blick auf die Syntax steht d}malir eQr sytgq_am hier als Objekt des Satzes im Akkusativ, Damnippos, dem im vorhergehenden Satz das Attribut 1pih^deior (s}) beigelegt ist, bildet als Inhaber, Garant und Initiator von d}malir eQr sytgq_am das Subjekt des Satzes im Nominativ, der Adressat der d}malir eQr sytgq_am, Lysias, der Leidende, steht im Dativ (vgl. den Dativus commodi: p\swomt_ loi). Blickt man auf die unmittelbare Umgebung der Formulierung d}malir eQr sytgq_am, so sind des Weiteren die jeweiligen Pronomen von Interesse: das Reflexivpronomen der 2. Person, seautoO, ebenso wie das Posessivpronomen der 1. Person, 1l|r (eQr + Akkusativ), unterteilen die Formulierung d}malir eQr sytgq_am in einen aktiven und einen passiven Part, es gibt einen rettenden Akteur und einen rettungsbedürftigen Empfänger.
Wie die Formulierung d}malim eQr sytgq_am paq]weshai510 indiziert, kann sich Lysias aus seiner momentanen Notlage nicht selbst befreien: Er ist angewiesen auf bzw. vorübergehend abhängig von einer Instanz, die angesichts dieser gefahrvollen Situation helfend-rettend einzugreifen und unter Aufbietung 508 Vgl. dazu u. a. die Kontruktion … pq¹r tµm p|kim 5whqa in 12,2, ebenso den Gebrauch des Verbums 1nalaqt\meim. 509 Vgl. dazu den gemeinsamen Gebrauch von dijaios}mg, lµ !dije?shai, lµ 1nalaqt\meim in 12,4. 510 Das Verbum paq]weim („gewähren, darreichen, verschaffen“) erscheint hier wohl im „dynamischen Medium“ (paq]weshai): Dabei bezeichnet es eine Handlung, die das Subjekt unter Aufbietung seiner Kräfte/Mittel (oder in unmittelbarem praktischen Einsatz) vollzieht („aus eigenen Kräften/Mitteln aufbieten“).
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ihrer Kräfte und Mittel es vermag, die Situtation zugunsten des von Gefahr Betroffenen in Richtung (Lebens-)Erhaltung zu wenden. In diesem Sinne beschreiben die Damnippos und Lysias beigelegten Worte und Wortverbindungen ein reziprokes Rollenverhältnis, was durch die kombinatorische Abfolge der Formulierungen taOta p\swomti einerseits, … loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am andererseits verdeutlicht wird. Die Formulierung d}malir eQr sytgq_am selbst wird hier, mit Blick auf den weiteren Textverlauf, durch Verben einerseits der Passivität (taOta p\sweim), andererseits der Aktivität (paq]weshai, taOta poie?m) qualifiziert, denn auf (pq|hulom) d}malim eQr sytgq_am paq]weshai folgt taOta poie?m. Kennzeichnet p\sweim die prekäre, ohnmächtige Situation des Lysias, Empfänger der d}malir eQr sytgq_am, der gerettet werden will,511 so beschreibt die syntagmatische Relation zwischen d}malim (eQr sytgq_am) paq]weshai und taOta poie?m (vgl. Infinitiv Futur!), das potentielle, auf zukünftige Rettung ausgerichtete, aktive Tätigwerden des Inhabers der d}malir eQr sytgq_am. Der Fürsprecher Damnippos (1pih^deior) ist demnach Garant und Initiator für beides: d}malim eQr sytgq_am paq]weshai und poie?m, indem (poie?m) taOta bedeutungsmäßig auf d}malim eQr sytgq_am paq]weshai rückverweist.512 Wie bereits oben ausgeführt, steht die Formulierung b d’ rp]sweto taOta poi^seim im weiteren Textverlauf ihrer Semantik nach in enger Beziehung zur Formulierung d}malir eQr sytgq_am bzw. d}malim eQr sytgq_am paq]weshai: poie?m bezeichnet dabei – im Hinblick auf den leidenden Lysias (vgl. p\sweim in 12,14) – das auf sytgq_a ausgerichtete Eingreifen des Damnippos: sein Vermögen bzw. seine Fähigkeit, etwas zur Rettung des Lysias zu tun und sein Leben durch die Gewährung entsprechender Mittel zu retten/zu erhalten. Worin die d}malir eQr sytgq_am des Damnippos also in concreto besteht – u. a. in der Zahlung weiterer Talente Silber an Theognis – geht aus dem weiteren Textverlauf hervor (vgl. 12,14 f.: Bce?to c±q ûpam poi^seim aqt|m, eU tir !qc}qiom dido_g … eQ H]ocmir eUg pepeisl]mor rp¹ toO Dalm_ppou wq^lata kabe?m). Konkret wird Damnippos von Lysias demnach gebeten, sein Vermögen zu seinen Gunsten (zur Rettung des in Gefahr Geratenen) zum Einsatz zu bringen. So wird vom Kontext her insgesamt deutlich, dass das Wortcluster um wq/la, t\kamtom, !qc}qiom (im gemeinsamen Gebrauch mit s]feim, s]feshai) an dieser Stelle der Formulierung d}malir eQr sytgq_am zugeordnet ist: Finanzielle Mittel (wq/la, Sgl./Pl.), die von einer gesellschaftlich einflussrei511 Die Erwartungshaltung bzw. Aufforderung des in Gefahr geratenen Lysias an Damnippos, seinen potentiellen Nothelfer, ihm d}malir eQr sytgq_am zu gewähren, wird auf syntaktischer Ebene durch einen Imperativ ausgedrückt (… loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am). 512 Die momentane Abhängigkeit des rettungsbedürftigen Lysias im Rahmen dieser Notlage gegenüber dem freundschaftlich gesonnenen Damnippos, Garanten der Rettung, ist in diesem Sinne strengenommen ein Angewiesensein auf dessen lebenserhaltendes Vermögen (d}malir eQr sytgq_am).
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chen, (politisch) in gutem Ruf stehenden Person (Damnippos) aufgebracht werden, stellen im Zusammenhang von 12,6–24 das entscheidende Medium (die d}malir eQr sytgq_am) dar, welches drohendes Unheil von Lysias abzuwenden und sein physisches Überleben zu sichern vermag. Im Hintergrund mag dabei der Gedanke der Rettung durch einen (Frei-)Kaufvorgang stehen. Das Syntagma d}malir eQr sytgq_am steht in diesem Zusammenhang folglich für „Vermögen“ im geldlichen Sinne („finanzielle Potenz“), umfasst seiner Bedeutung nach aber auch gesellschaftliches „Ansehen“ bzw. eine gute „Reputation“.513 Tritt der rettungsbedürftige Lysias 12,13 f. zufolge in ein momentanes Abhängigkeitsverhältnis zu Damnippos, seinem potentiellen Helfer in der Not, der im Besitz von d}malir eQr sytgq_am ist, so stehen Damnippos (1pih^deior) und die feindlichen Dreißig zueinander in Opposition, denn die Garantie von d}malim eQr sytgq_am paq]weshai (12,14) und 1nalaqt\meim (12,2) sind semantisch unvereinbar. Die Gegensätze Passio und Actio, Gefahr und Hilfe (aus Gefahr), drohender Angriff und (Mittel zur) Abwehr, die Möglichkeit von Tod und Sterben und die Möglichkeit der (Lebens-)Erhaltung strukturieren dabei die Erzählung 12,6–24. Damnippos geht weg, um Theognis bezüglich der sytgq_a des Lysias anzusprechen (vgl. 12,14).514 Lysias – daraufhin für kurze Zeit alleingelassen – beschließt nun, trotz der Wache im Haus des Damnippos, seine Flucht, und es gelingt ihm durch glückliche Umstände tatsächlich unbemerkt die Flucht in den inneren Stadtkern, welche mit der Rettung seines eigenen Lebens einhergeht; er erfährt dort, dass sein Bruder Pole-
513 Eine interessante Übersetzung bietet an dieser Stelle Umberto Albini (vgl. ders., Lisia. I Discorsi). Er übersetzt d}malir (eQr sytgq_am) an dieser Stelle mit „credito“ (= „guter Ruf, Vertrauenswürdigkeit, Kreditfähigkeit“), indem der Begriff seiner Semantik nach sowohl politische wie finanzielle Glaubwürdigkeit konnotiert; den griechischen Text (12,13–14) überträgt er folgendermaßen ins Italienische: „In tale frangente decisi di gettarmi allo sbaraglio, perch vedevo ormai la morte vicina. Chiamo Damnippo e cos gli parlo: ,Tu sei mio amico, sono qui a casa tua, sono innocente, ma perduto dalle mie ricchezze. Questa la mia triste situazione; sii generoso, usa il tuo credito per salvarmi‘“; übertragen in eine deutsche Übersetzung: „In solcherlei Bedrängnis beschloss ich, alles aufs Spiel zu setzen, ich sah bereits den Tod nahen. Ich rufe also Damnippos und sage folgendes zu ihm: ,Du bist mein Freund, ich bin hier in deinem Haus. Ich bin unschuldig, aber meines Reichtums wegen bin ich verloren. Dies ist meine traurige Situation. Sei großherzig, gebrauche deinen Ruf/Reputation (bzw. deine Kreditfähigkeit), um mich zu erretten‘.“ 514 Vgl. In Eratosthenem 12,15 f.: Während er sich mit Theognis besprach, beschloss ich, meine Rettung zu versuchen (1d|jei loi ta}t, peiq÷shai syh/mai) (ich kannte das Haus und wusste, dass es Ausgänge nach zwei verschiedenen Straßen hatte). Ich überlegte, dass ich mich retten könnte, wenn ich unbemerkt hinauskam (1mhuloul]m\ fti, 1±m l³m k\hy, syh^solai). Wenn ich aber ergriffen würde, bestehe die Möglichkeit, dass Theognis sich von Damnippos habe überreden lassen, Geld anzunehmen (rp¹ toO Dalm_ppou wq^lata kabe?m). Dann würde ich ebenfalls freikommen: wenn nicht, dann wäre ich auf alle Fälle verloren (!pohame?shai). Nachdem ich dies bedacht hatte, ergriff ich die Flucht, während jene an der vorderen Hoftür Wache hielten. Es gab drei Türen, duch die ich gehen musste, und zufällig waren alle offen.
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marchos durch Eratosthenes auf der Straße verhaftet und ins Gefängnis abgeführt worden ist. Das (Todes-)Schicksal des Polemarchos ist bereits besiegelt.515
5.2 Akute Lebensgefahr und Möglichkeit der Errettung aus Gefahr: Zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir und s]feim in der Briefliteratur des Themistokles (vgl. Ep. 20,121) Im Blick auf Lysias 12,13 f. wurde dargelegt, dass eine in akute Lebensgefahr geratene, von feindlichen Faktoren (den Dreißig Tyrannen) bedrohte Einzelperson (Lysias) in ein momentanes Abhängigkeitsverhältnis zu einer vermögenden Instanz (Damnippos) tritt, die es als Träger und Initiator von d}malir eQr sytgq_am516 vermag, die ausweglose, neben politisch-gesellschaftlicher Entmachtung/Ohnmacht auch Tod und Sterben implizierende Lage zugunsten des Bedrängten, d. h. in Richtung Rettung/Erhaltung zu wenden. Aus dem Kontext Lysias 12,6–24 ging interessanterweise hervor, dass sich d}malir eQr sytgq_am („Vermögen/Mittel zur Rettung/Erhaltung“) durch semantische Nähe zu wq/la (bzw. t\kamtom, !qc}qiom. d. h. „Geld, Geldmittel“) auszeichnet: D. h. das Syntagma d}malir eQr sytgq_am lässt sich in diesem Zusammenhang im Sinne von wq/la, t\kamtom, !qc}qiom vereindeutigen. Die Untersuchung von Lysias 12,13 f. dient nun als Ausgangspunkt für eine Analyse der Epistulae517 des Themistokles: Zwar kommt in Them. Ep. 20 das Syntagma d}malir eQr sytgq_am nicht explizit vor, aber es erscheint die Wortgruppe um d}malir und s]feim in auffallender Dichte (vgl. Ep. 20,51.105.106 f.108.120.121.204). Mittels einer Betrachtung des engeren und weiteren Kontextes soll im Rahmen der nachfolgenden Analyse speziell die Bedeutung der in Ep. 20,121 begegnenden Formulierung … eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a eruiert werden. Der Erforschung von d}malir und s]feim in Them. Ep. 20 ist eine kurze Einführung in die Epistulae 515 Vgl. 12,16 f.: … er (= Kapitän Archeneos) kam zurück und sagte, Eratosthenes habe diesen (= Polemarchos) auf der Straße verhaftet und ins Gefängnis abgeführt … Meinem Bruder Polemarchos aber erteilten die Dreißig den bei ihnen gewohnten Befehl, den Giftbecher zu trinken, ohne ihm vorher eine Anklage zu nennen, weswegen er sterben sollte. Es gab keine Gerichtsverhandlung und keine Möglichkeit zur Verteidigung. Lysias schlussfolgert (vgl. 12,23): Meinen Bruder hat, wie ich schon sagte, Eratosthenes ermordet (9qatosh]mgr !p]jteimem), obwohl er weder selbst persönliches Unrecht durch ihn erlitten hatte, noch finden konnte, dass jener sich gegen die Stadt vergangen hätte. Er ist nur seiner eigenen Gesetzlosigkeit willig gefolgt (…, oute aqt¹r Qd_ô !dijo}lemor oute eQr tµm p|kim bq_m 1nalaqt\momta, !kk± t0 2autoO paqamol_ô pqoh}lyr 1nupgqet_m). 516 Vgl. Lysias 12,14: d}malim eQr sytgq_am paq]weshai. 517 Zur Einführung in die Epistulae des Themistokles vgl. Norman A. Doenges (Hg.), The Letters of Themistokles: edited with Introduction, Translation and Commentary, Monographs in classical studies, New York 1981; vgl. ebenso Johannes Papastavrou, Themistokles: Die Geschichte eines Titanen und seiner Zeit, Darmstadt 1978. (Hier finden sich jeweils auch weitere Literaturhinweise).
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des Themistokles als Briefliteratur der frühen Kaiserzeit vorangestellt (vgl. II./ 5.2.1).
5.2.1 Die Epistulae des Themistokles als Briefliteratur der frühen Kaiserzeit: Einführendes Neben griechischen Geschichtsschreibern wie Thukydides, Diodorus Siculus und Plutarch (vgl. Thuk. Hist. 1,136 f.; Diod. Sic. Hist. 11,56; Plut. Them. 24 ff.), welche z. T. auf äußerst präzise Weise von Leben und Wirken des historischen Themistokles (ca. 524–459)518 zu berichten wissen, findet sich die wohl eindrücklichste Schilderung über Themistokles’ Exil, seine Verurteilung durch den ostrakismos in Athen und seine Flucht von Argos nach Kleinasien, die mit dem Aufenthalt am Hof des persischen Großkönigs endet, in den Epistulae des Themistokles,519 welche gegen Ende des 1. bzw. zu Beginn des 2. Jh. n. Chr. von einem unbekannten Schriftsteller520 verfasst worden sind.521 Dieser konstruierte die Epistulae vermutlich als historische Novelle oder
518 Zur Biographie und zur Datierung des historischen Themistokles vgl. Albrecht Behmel, Themistokles, Sieger von Salamis und Herr von Magnesia: Die Anfänge der Athenischen Klassik zwischen Marathon und Salamis, Stuttgart 1999, 19; 37; 129: „Themistokles muß 493/2 als Archont etwa dreißig Jahre alt gewesen sein, was ein Geburtsjahr in etwa um 524 nahelegt. Plutarch berichtet in der Vita, daß er mit 65 Jahren an einer Krankheit starb. Daher ist 459 als Todesjahr anzunehmen.“ Zu dieser Datierung auch Papastavrou, Themistokles, 13. 519 Vgl. zum Briefkorpus der Epistulae, das Ep. 1–21 umfasst, Doenges, Themistokles, 12: „The letters are not arranged chronologically but are so placed as to tell the story of Themistokles most dramatically.“ (vgl. ebenso ders., Themistokles, 8: „The letters tell the story dramatically and even skillfully with the variety of literary devices and with a genuine desire to express the emotional and intellectual reactions Themistokles may have had to the events which befell him“). 520 Eine Auseinandersetzung mit der historischen Figur Themistokles war bei Schriftstellern der frühen Kaiserzeit wohl insgesamt äußerst beliebt, vgl. dazu Doenges, Themistokles, 61 f.: „… the story of Themistokles’ exile and death in Magnesia was well known in the early Empire.“ 521 Zur Problematik einer zeitlichen und literarischen Einordnung der Epistulae vgl. Doenges, Themistokles, 8 ff.; 49 ff. Doenges hält die Epistulae für ein (von einem anonymen Autor verfasstes) einheitliches Werk bzw. für eine in sich geschlossene Komposition. Da – abgesehen von der Suda (spätes 10. Jh.) – keine weitere antike Quelle den Autor oder das Briefkorpus erwähnt, ist eine genaue Datierung des Werkes Doenges zufolge allerdings unmöglich: Anhaltspunkte für eine ungefähre zeitliche Einordnung bietet lediglich die Sprache des Autors, die sich durch ihren uneinheitlichen Stil, ebenso wie durch die Vermischung von attischen und nicht-attischen (koine-)Formen auszeichnet (Doenges, Themistokles, 52 spricht hier von „inconsistent intermingling of Attic with non-Attic [= koine!] forms“). Auch begegnen in den Epistulae Wörter und Kontruktionen, die erstmals in hellenistischen Werken der frühen Kaiserzeit auftauchen (z. B. bei Polybios, Dionysios von Halikarnassos, Diodorus Siculus, ebenso wie bei Josephus, in der LXX und im Neuen Testament!). Laut Doenges, Themistokles, 57 f.; 61 führt dies alles zu der Annahme, dass die Briefe nicht eher als Ende des 1./Anfang des 2. Jh. n. Chr. verfasst worden sind: „A date ca. 100 A.D. would be entirely reasonable.“
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Kurzgeschichte in Briefform:522 Kennzeichnend für die Epistulae ist eher ein romanhaft-fiktiver Erzählstil (vgl. dazu u. a. die Wahl der Ich-Perspektive), auch wenn die Briefe für gewisse Ereignisse als geschichtliche Quellen herangezogen werden können.523 Abgesehen von den eher romanhaft gestalteten Epistulae wissen, wie bereits oben erwähnt, verschiedene griechische Geschichtsschreiber (u. a. Thukydides, Diodorus Siculus, Dionysios von Halikarnassos und Plutarch) von der historischen Figur des Themistokles zu berichten: So wurde Themistokles um 493/2 v. Chr. eponymos archon524 von Athen (vgl. Dion. Hal. Ant. 6,34,1; vgl. ebenso Thuk. Hist. 1,93,3), trat in den Areopag ein und kämpfte um 490 v. Chr. in der Schlacht bei Marathon (490 v. Chr.) als strategos.525 Als führender athenischer Befehlshaber errang er durch das Mobilisieren der griechischen Allianz gegen die feindliche Invasionsmacht der persischen Flotte (480 v. Chr.) an Land (= Thessalien) und auf See, bei der Schlacht von Artmision und Salamis, seine größten Siege.526 Durch sein Eingreifen erlitt die persische Flotte am Tag von Salamis eine vernichtende Niederlage, wodurch der persische Einflussbereich auf die griechische Allianz stark reduziert wurde. Für die beiden wichtigsten Vertreter dieser griechischen Allianz, die demokratische Polis Athen und den traditionsreichen Militärstaat Sparta, bedeutete diese erfolgreiche Verteidigung Griechenlands eine entscheidende Veränderung der Machtverhältnisse innerhalb der Allianz: Auf Initiative des Themistokles hatte sich Athen als mächtiger Flottenstaat etabliert,527 was den Einflussbereich Spartas in der griechischen Welt schwächte und nach den Perserkriegen zu verstärkten Konflikten mit Sparta führte.528 In der Zeit 522 Vgl. Doenges, Themistokles, 39 f.: „As the subject of the story is not fictitious but historical, the letters may properly be classified as a historical novelette in epistolary form.“ 523 Vgl. Papastavrou, Themistokles, 116: „Diese Briefe können für gewisse Ereignisse als geschichtliche Quellen herangezogen werden; ihren Gesamtinhalt aber kennzeichnet ein romanhafter Erzählstil.“ Kritischer äußert sich dazu Behmel, Themistokles, 18, der die Briefe des Themistokles „ausgeschmückte und anschauliche Berichte“ nennt, denen aber kaum eigener Zeugniswert zuzusprechen sei. 524 Vgl. Behmel, Themistokles, 37; Papastavrou, Themistokles, 18 f. 525 Vgl. Behmel, Themistokles, 65 f.; 74. 526 Vgl. Behmel, Themistokles, 75; 77 f.; 84; 88; 90 f; 94 f. 527 Zum Ausbau des Piräus zu einem bedeutenden Militärhafen vgl. Behmel, Themistokles, 43 f.; 69; 73. Zum großen Flottenbauprogramm, welches Themistokles bereits ab 483 v. Chr. ins Werk setzte und welches die Zahl der Athener, die zum Kriegsdienst herangezogen wurden, aufgrund des riesigen Bedarfs an Marinepersonal sprunghaft erhöhte, vgl. Karl-Joachim Hölkeskamp, Die Entstehung der Polis: Voraussetzungen und Bedingungen, in: Hans-Joachim Gehrke, Helmuth Schneider (Hg.), Geschichte der Antike: Ein Studienbuch, Stuttgart 2006, 105–119, 113: „Mit der festen Integration dieser Bürger in das nun doppelt so starke Wehrpotential wurde auch deren politisches Gewicht größer, da im antiken Denken Wehr- und Staatsverfassung stets aufs engste miteinander verbunden waren.“ 528 Zum Wiederaufbau der Stadtmauern auf Veranlassung des Themistokles, um Athen vor feindlichen (spartanischen) Angriffen zu sichern, vgl. Behmel, Themistokles, 94 f.; 101 f. Auch führte der von Themistokles initiierte Zusammenschluss ionischer und äolischer Staaten zu einer besonderen Konföderation (478/7 v. Chr.) zum Ausbau eines riesigen (defensiv/offensiv ausgerichteten) Militärapparates unter athenischer Führungsrolle: Dadurch stieg Athen (nach
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nach 480 v. Chr. spielte Themistokles zwar noch eine führende Rolle in der Athener Politik, aber seine politische Laufbahn neigte sich insgesamt schon dem Ende zu.529 Um 470 v. Chr. vom ostrakismos angeklagt und wegen Hochverrats mit dem Bann belegt (vgl. Ep. 2 an Pausanias;530 vgl. ebenso Thuk. Hist. 1,135,3; Plut. Them. 22),531 betrieb er seine anti-spartanische Politik nun vom Exil in Argos (vgl. Ep. 1 an Aischylos)532 aus und „besuchte andere Plätze der Peloponnes“ (vgl. Thuk. 1,135,3), wo eine anti-spartanische Allianz im Entstehen war.533 Aufgrund einer von spartanischer Seite initiierten Anklage wegen medismos534 (vgl. Thuk. Hist. 1,135,2 f.; Plut Them. 23,1) wurde Themistokles vom athenischen Gericht zum Tode in absentia verurteilt (467 v. Chr.),535 was der Anlaß für seine abenteuerliche Flucht von Argos nach Asia Minor war (vgl. Ep. 20,11).536
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dem Ende der persischen Bedrohung) zur ersten Macht Griechenlands auf, sodass „die Entfremdung zwischen Athen und Sparta immer tiefer wurde“, vgl. ders., Themistokles, 112. So Behmel, Themistokles, 112. Vgl. Ep. 2: Ich bin durch das athenische Scherbengericht verbannt, Pausanias, und befinde mich jetzt in Argos, damit den Athenern meinetwegen kein Unglück widerfahre; sie glaubten nämlich, dass ich es ihnen bringen würde (1nystqaj_sleha, § Pausam_a, rp’ )hgma_ym, ja· mOm 1m -qcei 1sl]m, ¢r l^ ti jaj¹m rv’ Bl_m )hgma?oi p\hoiem7 1d|nafom c±q fti pe_somtai). Die griechischen Zitate zu den Epistulae sind hier wie auch im Folgenden der Ausgabe von Rudolf Hercher, Epistolographi Graeci, Paris 1873 (ND Amsterdam 1965) entnommen. Deutsche Übersetzung (mit minimalen Veränderungen) von Papastavrou, Themistokles. Vgl. dazu Doenges, Themistokles, 12; Behmel, Themistokles, 117 f. Ep. 1,20: … ja· mOm 1m -qcei tµm vucµm !mepa}salem, ja· pokk± p\swolem oqd³ %qweim bouk|lemoi )qce_ym7 !camajtoOsi c±q ¢r !dijo}lemoi, Cm lµ %qwylem. Vgl. Behmel, Themistokles, 117. Als medismos bezeichnete man in der Antike die politische Kollaboration einzelner Griechen oder griechischer Städte mit den feindlichen Persern (Medern). Der medismos galt als Verrat und wurde für gewöhnlich mit Verbannung, Beschlagnahmung der Güter und Tod bestraft; vgl. dazu auch das Wortcluster um pqodos_a jtk. in Them. Ep. 20,44–46.56.61.65. Vgl. Thuk. Hist. 1,135,2 f.: ToO d³ lgdisloO toO Pausam_ou oR Kajedail|mioi pq]sbeir p]lxamter paq± to»r )hgma_our numep,ti_mto ja· t¹m Helistojk]a, ¢r gvqisjom 1j t_m peq· Pausam_am 1k]cwym, An_oum te to?r aqto?r jok\feshai aqt|m. oR d³ peish]mter (5tuwe c±q ¡stqajisl]mor ja· 5wym d_aitam l³m 1m -qcei, 1pivoit_m d³ ja· 1r tµm %kkgm Pekop|mmgsom) p]lpousi let± t_m Kajedailom_ym 2to_lym emtym numdi~jeim %mdqar oXr eUqgto %ceim fpou #m peqit}wysim; Plut Them. 23,1: 9jpes|mtor d³ t/r p|keyr aqtoO ja· diatq_bomtor 1m -qcei, t± peq· Pausam_am sulpes|mta jat’ 1je_mou paq]swe to?r 1whqo?r !voql\r; Die Flucht des historischen Themistokles von Argos nach Asia Minor ist wohl insgesamt auf 467/466 v. Chr. zu datieren. Zur umstrittenen Datierungsfrage vgl. Doenges, Themistokles, 374 f., der, im Anschluss an Mary E. White, Some Agiad Dates: Pausanias and his Sons, J.H.S. 84 (1964), 140–152, die mit Blick auf die Ereignisse auf Naxos die These aufstellt, dass sich diese im Jahr 467 oder 466 v. Chr. zugetragen haben mögen, konstatiert: „Themistokles’ flight from Greece and his arrival in Asia … must be placed no earlier than the summer of 466 B.C. and perhaps even as late as the spring of 466/5 B.C.“ Dies deckt sich mit Thuk. Hist. 1,137,3, wo gesagt wird, dass Themistokles kurze Zeit nach seiner Ankunft in Asia Minor einen Brief zu Artaxerxes schickt, der vor kurzem den persischen Königsthron bestiegen hat: da der Regierungsantritt des Artaxerxes mit Sicherheit auf das Jahr 465/64 v. Chr. zu datieren ist (vgl. Diod. Sic. Hist. 11,69), dürfte Themistokles’ Flucht nicht früher als im Sommer 466 v. Chr. anzusetzen sein, vielleicht sogar erst im Frühjahr 466/65 (vgl. Doenges, Themistokles, 375).
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5.2.2 Der weitere Kontext um die Formulierung … eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a (vgl. Ep. 20,121). Die gefahrvolle Flucht des Themistokles von Argos nach Asia Minor. Rettungsbedürftigkeit und Errettung aus Lebensgefahr Auf eindrucksvoll ausführliche Weise wird in Ep. 20537 die politisch motivierte Flucht des Themistokles538 geschildert,539 die mit dem Aufbruch von der Insel Argos (vgl. 20,2) beginnt, sich über zahlreiche Stationen (V. 5.7: Von Argos nach Kyllene; V. 9: Kerkyra; V. 26: Sicilien; V. 34: Epirus; V. 76: Macedonien, V. 86: Naxos, V. 132: Ephesus, V. 138: Phrygien)540 erstreckt und mit der Ankunft am Hof des persischen Großkönigs (vgl. Ep. 20,152–215) in Asia Minor endet. Die den gesamten Brief durchziehende Flucht-Verfolgungs-Thematik541 verweist auf die Gefahrenlage, in der sich der fiktive Ich-Erzähler (als in Gefahr geratene Einzelperson) befindet. Themistokles flieht vor seinen atheni-
537 Doenges zufolge kann Ep. 20 innerhalb des themistokleischen Briefkorpus als key narrative letter gelten, welcher zahlreiche direkte oder indirekte Querverweise zu den früheren Briefen aufweist (vgl. Ep. 3; 5; 7; 8; 10; 12; 13; 16; 17; 18), vgl. ders., Themistokles, 362: „It is the key narrative letter in the collection without which the story of Themistokles’ flight would be only partially intelligible … The way in which the material of the letter is adjusted to information previously given makes it certain that the letter was not only composed for this collection but was designed to be the penultimate or the last letter in the series.“ 538 Die Flucht des Themistokles wird in Ep. 20 aus der personalen Erzählperspektive bzw. der Perspektive eines Ich-Erzählers wiedergegeben (vgl. Ep. 20,1–3: Der Gang der Ereignisse, Polygnotos, nach meiner Flucht aus Argos, um deren Mitteilung du mich gebeten hast und von denen ich gerne berichte, ist folgender …; taOt’ 5stim, § Pok}cmyte, t± sulb\mta Bl?m let± tµm 1n -qcour vuc^m, $ paqej\keir cqav/ma_ soi ja· 1c½ c]cqava). Zudem ist Them. Ep. 20 als Antwortschreiben explizit an eine Privatperson, Polygnotos, verfasst (vgl. die Überschrift Pokucm~t\ auch in Ep. 3; 13: Im Zuge seiner Verurteilung in Athen zum Tode in absentia, vgl. Ep. 3; 4, wird Themistokles von Polygnotos gewarnt und zur Flucht aufgefordert, vgl. Ep. 3; 20. Vgl. Doenges, Themistokles, 38; 119; 361: „In response to a request from Polygnotos Themistokles tells the whole story of his flight from Argos.“ Implizit richtet sich Ep. 20 aber wohl an einen allgemeineren Leserkreis. Zu den Gründen vgl. Doenges, Themistokles, 361 f: „That it is a device letter intended for a general reader rather than Polygnotos is clear from the perfunctionary reference at the beginning to Polygnotos’ request, the identification of Gelon as tyrant of Syracuse, and the designation of Admetos as king of the Molossi. These facts must have been known to Polygnotos.“ 539 Dazu Doenges, Themistokles, 361: „The purpose of this letter is to tell consecutively the story of Themistokles’ flight and so to tie together the seperate facts we have been given in the preceding letters.“ 540 Vgl. V. 5.7: !p’ -qcour … 1p· Jukk^mgm; V. 9: 1p· J]qjuqam; V. 26: 1p· Sijek_am; V. 34: 1p_ … Mpeiqom; V. 76: eQr Lajedom_am; V. 86: 1p· M\nom; V. 132: eQr =vesom; V. 138: eQr Vq}car. 541 Vgl. den leitmotivischen Gebrauch der kontrastierenden Begrifflichkeiten vuc^, ve}ceim und di~jeim anhand folgender Belegstellen: Ep. 20,2.20.90.204: vuc^; 20,56.179: vuc\r; 20,5.11.15.91.124.169 f.175: (sul-)ve}ceim; 20,8.91: di~jeim. Bei Thukydides (vgl. Hist. 1,136 f.) findet sich ebenfalls der leitmotivische Gegensatz von (num)di~jeim und ve}ceim; vgl. dazu auch Plut. Them. 24 f.; Diod. Sic. Hist. 11,56.
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schen und spartanischen Verfolgern,542 die dem vom athenischen Gericht zum Tode Verurteilten nachstellen. In diesem Sinne handelt es sich bei den Verfolgern des Themistokles um Strafe und Tod bringende Instanzen.543 Die verzweifelte Lage, in der sich Themistokles seiner ihm nach Leib und Leben trachtenden Verfolger wegen befindet, wird im Text durch entsprechende Worte und Wortverbindungen explizit gemacht, die Gefahr und Machtlosigkeit/Ohnmacht bedeuten (vgl. z. B. Ep. 20,8.98: j_mdumor, jimdume}eim; 20,20: !poqe?m; 20,88: !lgwam_a; 20,118: !t}wgla). Dieser übergreifende Gefahrenrahmen ist exakt der Kontext, in dem die d}malir-Begrifflichkeit in unmittelbarer Verbindung mit dem Verbum s]feim (+ Akk.) in Ep. 20,120 f. erscheint (s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a). Ist die gefahrvolle Flucht des politisch ohnmächtigen Themistokles von Argos nach Asia Minor der weitere Kontext, in dem die Wortgruppe um d}malir und s]feim in Ep. 20,120 f. zur Anwendung kommt, so fällt auf, dass die Wendung der Gefahrensituation zu Themistokles’ Gunsten, wie sie in Ep. 20 erzählerisch entfaltet wird, stets durch das helfend-rettende Eingreifen von kraftbesitzenden Einzelpersonen herbeigeführt wird.544 Dies wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung im Folgenden anhand von vier erzählerischen Stationen aufgezeigt (vgl. Ep. 20,9–25: Kerkyra; 20,34–75: Epirus; 20,85–132: Naxos; 20,132–215: Phrygien), die für die Analyse zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir und s]feim von großer Wichtigkeit sind: Nämlich insofern, als diese Stationen allesamt kritisch gefahrvolle Höhepunkte der Flucht des Themistokles beschreiben, in denen das physische Überleben des Themistokles auf dem Spiel steht. Wird auf alle diese vier Stationen nun näher eingegangen,545 so gilt es, die dritte Station (vgl. Ep. 20,85–132) besonders ausführlich zu behandeln:546 Hier werden akute Vorkommnisse auf der Insel Naxos geschildert, die gleichzeitig den näheren Kontext der im Zentrum der Analyse stehenden Formulierung …, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a (vgl. 20,120 f.) bilden.547 542 Verwiesen wird auf diese Verfolger im Rahmen von Ep. 20 an unterschiedlichen Stellen, vgl. 20,8: 1je?hi d³ 1jimdume}salem rp¹ weil_mor !male?mai to»r di~jomtar Bl÷r; vgl. ebenso Ep. 20,28; 20,39 f.; 20,55 f.; 20,60.62; 20,86 f.: M\nom d³ )hgma?oi t|te 1p|qhoum, ja· 1p· t¹ stqat|pedom aqt_m jatepke}salem; 20,91 usw. 543 Dies wird im Text durch entsprechende Begrifflichkeiten zum Ausdruck gebracht, vgl. 20,51.165: tilyqe?shai; 20,179: tilyq_a; 20,169: j|kasir; 20,166.170: jok\feim; 20,90.106: ak]hqior. 544 Begrifflichkeiten, welche dieses helfend-rettende Handeln zum Ausdruck bringen, finden sich u. a. an folgenden Stellen: 20,71: vuk\sseim; 20,51.105.204: s]feim; 20,108: N}eshai; 20,120: d}mashai ¡veke?m; 20,106 f.: 1qc\feshai sytgq_am; 20,121: d}malir, s]feim. 545 Vgl. dazu die folgenden Ausführungen unter II./5.2.2.1; II./5.2.2.2; II./5.2.2.3; II./5.2.2.4. 546 Vgl. dazu die Ausführungen unter II./5.2.2.3. 547 Dazu schreibt Doenges, Themistokles, 376: „Certainly the whole Naxian adventure is told with more dramatic colouring in the letters than in the accounts of Thukydides, Nepos and Plutarch.“
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5.2.2.1 Die Flucht des Themistokles von Argos nach Kerkyra, seine Rettungsbedürftigkeit und die Verweigerung von Rettung durch die Kerkyräer Auf seiner ersten Fluchtetappe (vgl. Ep. 20,9–25) segelt Themistokles nach Kerkyra (vgl. 20,9: 1p· J]qjuqam), um dort Schutz vor seinen Verfolgern gewährt zu bekommen. Interessanterweise rechnet Themistokles auch damit, von den Kerkyräern aufgenommen zu werden, da er den Kerkyräern in der Vergangenheit eine w\qir erwiesen hatte (vgl. 20,9 f.: pke?m c±q 1p· J]qjuqam ¢qlgl]moi, w\qitor Bl?m 1r Jeqjuqa_our pqo{pgqcl]mgr).548 Das in V. 10 gebrauchte Wort w\qir steht hier für „Gunsterweis“ und bildet im Rahmen der Kerkyra-Vorkommnisse (vgl. 20,9–25) zusammen mit eqeqces_a (20,19, samt dem Verbum eqeqcete?shai, vgl. 20,18 und !loib^, vgl. 20,18) ein Wortcluster. Durch die semantische Interaktion von w\qir, eqeqces_a (vgl. 20,10; 20,19) und !loib^ (20,18) wird im Text das (schuldige) Verpflichtetsein der Kerkyräer gegenüber ihrem einstigen Wohltäter (Themistokles) angezeigt: Der gegenwärtig in Gefahr geratene Themistokles, einst Wohltäter, nun selbst rettungsbedürftig, wendet sich an die Kerkyräer mit der Bitte um Erwiderung (!loib^) seines vormaligen Gunsterweises (w\qir). Dem korrespondiert nun allerdings die Verweigerung von Rückerstattung der Gunst (in Form von Hilfeleistung) seitens der Kerkyräer. Als Undankbare richten diese vielmehr (vgl. 20,17: oqj eqw\qistoi) eine Gegenbitte an Themistokles: Er möge seine Flucht als Verbannter nicht eben bei ihnen an ihr Ende kommen lassen, damit sie frei von Gefahr (vgl. 20,17: !j_mdumor) bleiben. Zudem machen diese Anstalten, Themistokles an die feindlichen Verfolger auszuliefern (vgl. 20,23 f.), was diesen in den Zustand der Ausweg- bzw. Ratlosigkeit (vgl. 20,20: !poqe?m) versetzt und zum erneuten Aufbruch motiviert (vgl. 20,25 f.).549
548 Behmel, Themistokles, 121 schreibt, Themistokles wandte sich auf seiner Flucht vermutlich deshalb zunächst an die Kerkyräer, da er dort als Wohltäter galt, „hatte er doch den Kerkyrern erhebliche Auseinandersetzungen mit dem Kampfbund erspart, als die Bundesgenossen nach Salamis gefordert hatten, alle neutral gebliebenen Staaten streng zur Rechenschaft zu ziehen.“ 549 Vgl. dazu insgesamt den Text 20,17–26: Die Kerkyräer wollten sich aber nicht so sehr dankbar erweisen als vielmehr ungefährdet bleiben, und auf meine Bitte um Erwiderung der ihnen erwiesenen Wohltat antworteten sie mit der Gegenbitte, ich möchte mich nicht in Korfu als Verbannter niederlassen, sodass ich in Verlegenheit war, was ich tun sollte. Denn ich hatte schon den argivischen Freunden das Schiff zurückgesandt, und es waren mir weniger Diener übriggeblieben, als ich entlassen hatte. Und weil sich die Kerkyräer nunmehr einer härteren Sprache bedienten und mir den Eindruck vermittelten, dass sie mich eher verraten als verteidigen würden, habe ich mich entschlossen, nach Sizilien zu Gelon zu fahren (Jeqjuqa?oi d³ oqj eqw\qistoi l÷kkom C !j_mdumoi 1bo}komto eWmai ja· !loibµm ¨m eqeqcetoOmto !paito}lemoi eqeqces_am ÑtoOmto lµ 1p· Jeqj}qô tµm vucµm jatak}eim, ¦ste Bl?m f ti dq\sylem Ap|qei B cm~lg. Edg d³ ja· tµm maOm to?r n]moir !pepep|lveim to?r )qce_oir, oQj]tai t] loi 1k\ssomer ¨m !p]kusa 1ke_pomto. 1pe· d³ Jeqjuqa?oi ja· tqaw}teqa Edg 1vh]ccomto ja· pqod~seim 1]jesam tqaw}teqa Edg 1vh]ccomto ja· pqod~seim 1]jesam pok» l÷kkom C lawe?shai rp³q Bl_m, 5cmym 1p· Sijek_am te ja· pq¹r C]kyma pke?m).
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Von herausragendem Interesse ist für die vorliegende Untersuchung nun zweierlei: 1. Zum einen kommt das Wortcluster um w\qir (20,10), eqeqces_a (vgl. 20,10; 20,19) und !loib^ (20,18) in Ep. 20,9–25 im Rahmen eines reziproken Rollenverhältnisses zur Anwendung, das die wechselseitige Verbindlichkeit gegenüber einem anderen zum Ausdruck bringt. Die Wörter w\qir und eqeqces_a bedeuten innerhalb dieses Wechselverhältnisses beides: den Erweis einer Gunst, ebenso wie den Gegenerweis bzw. die Rückerstattung einer Dankesschuld. Der folgende Exkurs (vgl. Exkurs V) dient der thematischen Vertiefung dieser Wahrnehmung. 2. Aus dem weiteren Kontext von Ep. 20 ebenso wie aus Ep. 17550 und Thuk. Hist. 1,137,4551 geht hervor, dass das Wortcluster um w\qir (20,10), eqeqces_a (vgl. 20,10; 20,19) und !loib^ (20,18) um entsprechende Worte und Konstruktionen erweitert zu werden vermag, welche die Thematik der Verbindlichkeit bzw. (schuldigen) Verpflichtung gegenüber einem anderen zum Ausdruck bringen.552 Daneben kann, wie im Kontext von Ep. 20,110–117 noch zu sehen sein wird (vgl. 5.2.2.3), auch die Freiwilligkeit des Gunsterweises eines Wohltäters (Themistokles!) gegenüber anderen (vgl. 20,114: eqeqces_am paq]weshai) akzentuiert werden.553 550 So wird z. B. die Wendung ave_keim w\qitar im Kontext von Ep. 17,6–15 zur Anwendung gebracht (vgl. 17,8): Was die Kerkyräer angeht, so weiß ich nicht, was sie veranlaßt hat, Ausflüchte zu machen. Sie gestehen zwar, sich an meine Wohltat zu erinnern und sie bestreiten keineswegs, mir dankbar zu sein; sie behaupten aber, daß es nicht der richtige Augenblick sei, die Einlösung der Dankesschuld zu verlangen, weil sie schwächer seien als meine Verfolger … Sie fertigen mich also unter einem schönen Vorwand ab, und ich fürchte, daß das den Beginn einer länger dauernden Flucht bedeuten könnte (Jeqjuqa?oi d³ oqj oWd’ fpyr 5womter diad}omtai7 lelm/shai l³m c±q t/r Blet]qar blokocoOsim eqeqces_ar ja· ave_keim w\qitar oqdal_r !qmoOmtai, jaiq` d³ aqt±r oqj !cah` !paite?sha_ vasim7 aqto· c±q !shem]steqoi t_m Bl÷r diyj|mtym eWmai … ¦ste eqpqep_r Bl÷r !pop]lpomtai, ja· d]dia lµ lajqot]qar taOta !qwµ c]mgtai vuc/r). 551 Die aus Them. Ep. 20 erhobene Beobachtung zu w\qir und eqeqces_a deckt sich mit dem Bericht des Thukydides (vgl. Hist. 1,137,4): Dort heißt es, Themistokles sendet vor seiner Ankunft am Hof des Perserkönigs einen Brief an Artaxerxes, in welchem er darlegt, dass er dessen Vater Xerxes einst bei Salamis große Wohltaten (!cah\) erwiesen hat, als dieser sich während seines Rückzuges in Gefahr befand (1m 1pijimd}m\), indem er ihm u. a. Vorherkündigung erteilte bezüglich des Rückzuges der Griechen von Salamis; weshalb man ihm (von persischer Seite konsequenterweise) eine Wohltat schulde (vgl. ja_ loi eqeqces_a ave_ketai). d. h. dadurch, dass sich Themistokles in der Vergangenheit den Persern als Wohltäter in Gefahren erwiesen hat, schulden (ave_keim) ihm die Perser in der Gegenwart eine Vergeltung. Vgl. dazu auch Plut. Them. 28,1 f.: Fjy soi basikeO Helistojk/r b )hgma?or 1c½ vuc\r, rv’ :kk^mym diywhe_r, è pokk± l³m ave_kousi P]qsai jaj\, pke_y d’ !cah± jyk}samti tµm d_ynim, fte t/r :kk\dor 1m !svake? cecemgl]mgr paq]swe t± oQje?a s\f|lema waq_sasha_ ti ja· rl?m. 552 Vgl. Ep. 20,114: eqeqces_am paq]weshai; 20,115: w\qir; 20,119: !loib^; 20,171: eqeqces_a; 20,141.190.191: dyqe?shai; 20,196: waq_feshai; Ep. 17,8: ave_keim w\qitar; Thuk. Hist. 1,137,4: eqeqces_am ave_keim. 553 Vgl. Ep. 20,110–117: Du (= Themistokles) hast freilich diesen Leuten nicht nur keinen Glauben geschenkt, sondern sie auch wegen ihres Unternehmens gescholten, obwohl du von mir (=
Exkurs V: Verbindlichkeit gegenüber einem anderen
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Exkurs V: Verbindlichkeit gegenüber einem anderen. Das Wortcluster um w\qir jtk. und ave_keim jtk. im profangriechischen Sprachgebrauch Das sich in Them. Ep. 20 findende Wortcluster um w\qir554 (20,10.115; vgl. auch 20,196: waq_feshai),555 eqeqces_a (vgl. 20,10; 20,19.171; 20,114: eqeqces_am paq]weshai) und !loib^ (20,18.119) kommt in der Profangräzität gängigerweise in rechtlichen, sittlichen und religiösen Kontexten zur Anwendung556 und wird gebraucht, um eine Verbindlichkeit oder eine (schuldige) ethische und/oder materielle Verpflichtung gegenüber einem anderen zum Ausdruck zu bringen. Ein Moment der Gegenseitigkeit und Verbindlichkeit gegenüber einem anderen erscheint dabei immer als mitgedacht:557 Gunsterweise (w\qir, eqeqces_a) erzeugen Reziprozität.558 Im Rahmen eines Rollenverhältnisses vermag das Wort w\qir somit konsequenterweise zwei Bedeutungen abzudecken und steht beidesmal für „Gunst, die erwiesene und die empfangene, wobei Erweis und Empfang zusammengesehen sind.“559 Als w\qir gewährende Subjekte können Menschen, aber auch Götter auftreten.560 Dem aktiv geleisteten Gunsterweis korrespondiert der passive Gunstempfang, wodurch w\qir auch in der Bedeutung „geschuldeter Dank“ auftritt.561 Ein innerer Zusam-
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Diopeithes) weder vorher eine Wohltat empfangen hattest noch erwarten konntest, daß dir eine solche erwiesen wird (ja· oute ew 1pep|mheir rv’ Bl_m pq|teqom, oute pe_seshai pqosed|jar). Denn du warst ein den Großkönig bekämpfender Führer und du erwiesest anderen Wohltaten (%kkoir eqeqces_ar paqe_wou). Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, daß ich Themistokles jene Wohltat einmal werde erwidern können, und ich wollte es auch nicht mehr. Denn ich konnte nicht erwarten, dass du dich jemals in solch einer Lage befinden würdest, dass du auch mich brauchen würdest (ja· 1c½ !pecm~jeim 1je_mgr t/r w\qitor !le_xashai Helistojk]a ja· oqd³ 1bouk|lgm7 oq c\q se ¨de pq\neim ¦ste ja· Bl_m degh/mai Akp_salem). Zur Bedeutung von w\qir vgl. Hans Conzelmann, Art. w\qir jtk., A. Profangräzität, ThWNT 9, 363–366; vgl. ebenso BDAG, s.v. w\qir: „a beneficient disposition towards someone, favor, grace, gracious care/help, goodwill“. Das Verbum waq_feshai (+ Dat. der Person und Akk. der Sache) ist gängigerweise vom Substantiv her bestimmt und bedeutet „Erfreuliches erweisen, sich in Wort und Tat gefällig erweisen“, vgl. Conzelmann, Art. w\qir jtk., 365. Vom Verbum waq_feshai abzuleiten, so ders., Art. w\qir jtk., 393, ist wiederum das in der koine beliebte Verbalsubstantiv w\qisla, welches synonym mit w\qir gebraucht werden kann. Bezeichnet w\qir stärker eine Aktion, so verweist w\qisla stärker auf das Ergebnis der Aktion. Vgl. Conzelmann, Art. w\qir jtk., 363 f. Eine Begriffsbestimmung von w\qir, die den Aspekt der Wechselseitigkeit betont, findet sich z. B. in der Nikomachischen Ethik des Aristoteles (vgl. Eth. Nic. 1133a 3–5: toOto c±q Udiom w\qitor· !mhupgqet/sai c±q de? t` waqisal]m\, ja· p\kim aqt¹m %qnai waqif|lemom). Zu w\qir als Reziprozität indizierendem Terminus vgl. BDAG, s.v. w\qir. Conzelmann, Art. w\qir jtk., 364. Vgl. dazu insgesamt Conzelmann, Art. w\qir jtk., 364 f. Hier auch entsprechende Belege, aus denen hervorgeht, dass w\qir oftmals in Verbindung mit Verben des Gebens/Gewährens (did|mai, !podid|mai) begegnet. Vgl. Conzelmann, Art. w\qir jtk., 364; bei BDAG, s.v. w\qir findet sich die bedeutungsmäßige Unterscheidung zwischen einer aktiven („that which one grants to another, the action of one
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menhang zwischen w\qir und !loib^ scheint folglich zu bestehen (vgl. Diod. Sic. Hist. 1,90,2: … tµm !loibµm t/r pq¹r to»r eqeqc]tar w\qitor), wenn auch die Freiwilligkeit des Gunsterweises betont werden kann.562 Offen zutage tritt das Moment der wechselseitigen Verpflichtung, ebenso wie das Spiel mit den beiden Bedeutungen „Gunsterweis“ und „geschuldeter Dank“ an Stellen, wo die Begrifflichkeiten w\qir und eqeqces_a in Verbindung mit dem Verbum ave_keim563 (vgl. Thuk. Hist. 1,137,4: eqeqces_am ave_keim;564 Ep. 17,8: ave_keim w\qitar)565 auftreten:566 Durch den gewährten Gunsterweis (w\qir, eqeqces_a) wird der jeweilige Empfänger zum Schuldner, die Gunst verlangt profane Rückerstattung oder kultische Abtragung.567
5.2.2.2 Die Flucht des Themistokles nach Epirus und die Aufnahme durch Admetos Themistokles lässt sich daraufhin in Epirus (20,34: 1p_ Mpeiqom) als Schutzflehender (Rj]tgr) am Herd des Molosser-Königs Admetos568 nieder (vgl.
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who volunteers to do s.th. not otherwise obligatory“) und einer passiven („that which one experiences from another“) w\qir (s. dort auch weitere Belegstellen). Vgl. Arist. Rhet. 1385a 17 ff.: 5sty dµ w\qir, jah’ Dm b 5wym k]cetai w\qim 5weim, rpouqc_a t` deol]m\ lµ !mt_ timor, lgd’ Vma ti aqt` t` rpouqcoOmti !kk’ Vma ti 1je_m\. Dazu Näheres bei Conzelmann, Art. w\qir jtk., 364. Das Verbum ave_keim (+ Dat.) bedeutet zunächst „jemandem etwas schulden“ (v. a. Geld), „zu einer Leistung verpflichtet sein“, „eine Leistung schuldig sein“. Für gewöhnlich wird mit dem Dativ die Person angezeigt, der man eine Leistung schuldet bzw. der gegenüber die Verpflichtung besteht. Vgl. dazu insgesamt Friedrich Hauck, Art. ave_ky jtk., ThWNT 5, 559–565. Bezeichnend für die griechische Denkweise, so ders., ist wohl Plat. Resp. 335e: Gerecht sein (d_jaiom eWmai) meint, jedem das Schuldige abzugeben (t± aveik|lema 2j\st\ !podid|mai). So schuldet der gerechte Mann den Freunden Nutzen/Hilfe, den Feinden dagegen Schaden (… to?r l³m 1whqo?r bk\bgm ave_keshai paq± toO dija_ou !mdq|r, to?r d³ v_koir ¡vek_am). Von der Verpflichtung der Eltern zur Lebenserhaltung gegenüber ihren Kindern weiß Philo zu berichten (vgl. Spec. Leg. III,115: s]feim ave_komter). Zu weiteren (profan-)griechischen Belegstellen vgl. Hauck, Art. ave_ky jtk., 559 f. Zu neutestamentlichen Belegen vgl. speziell auch Michael Wolter, Art. ave¸kgla jtk., 2EWNT II, 1344–1350. Die Wendung eqeqces_am ave_keim ist in der griechischen Literatur nicht unüblich, vgl. z. B. Cassius Dio Hist. 42,8,1; 42,33,3; 43,51,9. Zur Wendung w\qim ave_keim vgl. z. B. Plut. Cic. 22,6: Dank schuldet (w\qim ave_keim) das römische Volk verschiedenen Wohltätern für verschiedene Güter, wie z. B. Reichtum, Beute und Macht, Sicherheit und Rettung. Deutsche Übersetzung: Ziegler, Plutarch. Weitere Belegstellen bei Conzelmann, Art. w\qir jtk., 364. Vgl. z. B. Soph. Ant. 331: ja· mOm c±q 1jt¹r 1kp_dor cm~lgr t’ 1l/r syhe·r ave_ky to?r heo?r pokkµm w\qim; Aj. 589 f: oq j\toish’ 1c½ heo?r ¢r oqd³m !qje?m eUl’ aveik]tgr 5ti; Plat. Phaid. 118a: § Jq_tym, 5vg, t` )sjkgpi` ave_kolem !kejtqu|ma; Thuk. Hist. 2,40,4: bebai|teqor d³ b dq\sar tµm w\qim ¦ste aveikol]mgm di’ eqmo_ar è d]dyje s]feim·b d³ !mtove_kym !lbk}teqor, eQd½r oqj 1r w\qim, !kk’ 1r ave_kgla tµm !qetµm !pod~sym. Vgl. dazu insgesamt Hauck, Art. ave_ky jtk., 559. Zur Figur des Molosser-Königs Admetos als Vermittler von Rettung (sytgq_a) vgl. neben
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Ep. 20,34–75; 20,35: 1p· t0 2st_ô t0 )dl^tou 1jahef|lgm).569 Es fällt auf, dass die Verben vuk\sseim und tilyqe?m (ebenso wie s]feshai, vuk\sseshai und tilyqe?shai) im Passus Ep. 20,34–75 Gegenbegriffe darstellen. Zudem wird der Abschnitt bestimmt von Terminologie, die die Bitte um Schutz und Hilfe aus Gefahr (d. h. Bewahrung vor den feindlichen Verfolgern) umschreibt.570 Von seinen feindlichen Verfolgern eingeholt, bekommt der in Gefahr geratene, politisch ohnmächtige, zum Tode verurteilte Themistokles an dessen Hof vorübergehend Schutz gewährt (vgl. Ep. 20,34–75). Zwar muss sich der König von den Themistokles nachstellenden Athenern und Spartanern den Vorwurf gefallen lassen, er sei, insofern er einem Verräter und bereits zum Tode Verurteilten Zuflucht bietet, ein vermeintlicher Helfer der Ungerechtigkeit (vgl. 20,51 f.: d l³m tetil~qgtai Edg, d d³ ses_shai pqosdojø ja· s³ toO !d_jou bogh¹m poie?tai).571 Admetos ergreift aber dennoch das richterliche Wort572 zugunsten des Themistokles (vgl. 20,59–74),573 dessen Aufnahme er mit sei-
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Ep. 20,34–75 auch Ep. 5,1 ff. an Temenidas: Bei Admetos haben die Dinge den Verlauf genommen … Ich habe mich an den Herd [= des Admetos] gesetzt …, während ich den kleinen Arybas in der einen und ein Schwert in der anderen Hand hielt … Nachdem er mich dann aufstehen ließ, wies er es zwar weit von sich, imstande zu sein, mich in seinem Hause zu beschützen, weil er die Athener und viel mehr die Lakedaimonier fürchte, er versprach mir aber, mich dorthin zu schicken, wo ich Rettung finden würde, – und er hat es auch getan (… p]lxeim d’ fp, s~solai rp]sweto ja· p]polvem). Ich habe einen Frachter des Alexander von Makedonien bestiegen. Vgl. auch Thuk. 1,136,3; s. dazu Papastavrou, Themistokles, 97 f.; Behmel, Themistokles, 122: „Mithilfe einer symbolischen Handlung, deren Form und Sinn er von Admetos’ Gemahlin erfahren hatte, erbat Themistokles bei dem Monarchen Asyl: er setzte sich … an die Feuerstelle und nahm den Sohn des Admetos auf seine Arme. Dies sei die einzige Form der Bitte um Gnade gewesen, die ein Molosser nicht zurückweisen konnte und Admetos gestand Themistokles widerwillig trotz athenisch-spartanischem Druck vorerst Bleiberecht zu.“ Tritt Admetos als Garant von Rettung/Bewahrung des in Gefahr geratenen Themistokles auf (vgl. das Wortcluster um bogh|r, vuk\sseim in 20,52.71.74), so treten die athenischen und spartanischen Verfolger als Garanten von (Todes-)Strafe auf (vgl. 20,51: tilyqe?m). Die Bitte um Schutz geht dagegen vom rettungsbedürftigen (vgl. 20,51: s]feshai [Opp. tilyqe?shai]) Themistokles aus: Zu Rjete_a-Terminologie (Rjete_a, Rjete}eim, Rj]tgr o. ä.) vgl. insbesondere Ep. 20,39.60.74; 20,89 f: Edg m|lifeim Rjete_ar te !myveke?r RjeteOsai ja· akehq_ou ûxashai vuc/r. Das Motiv der Gerechtigkeit bzw. Integrität/Unbescholtenheit des Themistokles wird dagegen in Ep. 20,57 f. zur Sprache gebracht (taOta eQpoOsim aqto?r 1c½ 5lekkom !mtik]ceim rv’¨m ålgm aQswumh]mtar aqto»r !pekah^seshai), wo die athenischen und spartanischen Verfolger ihn am Hof des Molosser-Königs zu Unrecht des Hochverrates (vgl. 20,44.56) bezichtigen. Vgl. 20,61.69: dij\feim. Vgl. dazu insgesamt den Text 20,59–74: In diesem Moment, Athener und Lakedämonier, wird nur über die Bitte des Themistokles um Schutz entschieden (oxtor l³m b jaiq|r, § )hgma?oi ja· Kajedail|mioi, tµm Rjete_am l|mom tµm Helistojk]our dij\sei) … Dem Mann, der an meinem Herd seine Zuflucht gesucht hat, der die Menschen zwar fürchtet, aber den Göttern in Epirus vertraut, will ich Sicherheit gewähren und ihn als einen Schutzflehenden unversehrt und unbehelligt aufnehmen. Und dies nicht, weil ich gewissen Menschen feindlich gesinnt bin, sondern weil ich mich nicht weigere, vor den Göttern Ehrfurcht zu haben, und die Meinung vertrete, daß für Gott eine größere Freude als irgendeine andere Opfergabe ist, einem
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nem Verpflichtetsein den Göttern gegenüber begründet (vgl. 20,70 ff.): Die Bewahrung eines Schutzflehenden gilt in den Augen der Gottheit, so Admetos, als ein wertvollerer Dienst (w\qir) als jegliche Opfergabe (vgl. 20,73 f: … husi_m te BcoOlai "pas_m w\qim !le_my eWmai he` Rj]tgm vukass|lemom). Eine Auslieferung des Themistokles würde dagegen die Gesetze der Frömmigkeit verletzen.574 5.2.2.3 … eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a (vgl. Ep. 20,121). Akute Lebensgefahr des Themistokles auf Naxos und Errettung durch die d}malir [eQr sytgq_am] des Diopeithes Mit dem Segelkurs gen Ionien (20,79: eQr Yym_am) und den gefahrvollen Vorkommnissen auf Naxos (20,86: 1p· M\nom) bis zur Weiterfahrt nach Ephesus (Ep. 20,132: eQr =vesom) erreicht die Flucht- und Verfolgungssituation des Themistokles, die in Epirus mit der Hilfeleistung des Admetos noch nicht an ihr Ende gelangt ist, einen weiteren Höhepunkt (vgl. Ep. 20,85–132): Auf der Seefahrt nach Ionien wird das Schiff des Themistokles von einem heftigen Seesturm heimgesucht, der bewirkt, dass das Schiff gegen die Insel Naxos und das dort stationierte athenische Heerlager getrieben wird.575 Um die Bedeutung von d}malir und s]feim in Ep. 20,121 zu eruieren,576 ist im Folgenden der Abschnitt Ep. 20,88–124 in den Fokus zu nehmen: Ich geriet nun in arge Verlegenheit und schon glaubte ich, dass meine Bitten nunmehr vergeblich sein würden und dass mich meine Flucht ins Verderben führen würde: denn ich würde mühelos von den Athenern gefangengenommen werden, nachdem der Verfolgte in die Hände der Verfolger gefallen wäre (1c½ d³ 1m pokk0 !lgwam_ô 1je_lgm ja· Edg 1m|lifom Rjete_ar te !myveke?r RjeteOsai ja· akehq_ou ûxashai vuc/r7 !jlgt· c±q 5lekkom "k~seshai )hgma_oir pq¹r to»r di~jomtar b ve}cym 1kgkuh~r). Weil ich zwar allen Mitreisenden unbekannt zu sein schien, aber von den Leuten im Lager erkannt zu werden fürchtete, wollte ich das Schiff nicht verlassen. Die Mitreisenden fingen nun an, Verdacht zu schöpfen und glaubten, dass ihnen etwas Schlimmes zustoßen würde und ich als Mitreisender lästig war, sodass sie mich sogar über Bord werfen wollten (oR s}lpkoi d’ vpoptoi 1c_cmomto, ja_ ti jaj¹m aqto?r Schutzflehenden Schutz zu gewähren (%mdqa t/r 1l/r "x\lemom 2st_ar ja· dedi|ta l³m !mhq~pour, to?r d’ 1m Ipe_q\ heo?r piste}omta s_m te vuk\ssy ja· Rj]tgm !p^lamtom ja· !bkab/, ja· oqj !mhq~pym t_sim !pe}wolai, !kk± heo»r dedi]mai oqj !qmoOlai, husi_m te BcoOlai "pas_m w\qim !le_my eWmai he` Rj]tgm vukass|lemom). 574 Vgl. Doenges, Themistokles, 120. 575 Vgl. 20,82–87: pk]omtar d’ oqj]h’ Bl÷r eupkoia Gcem, rv’ Hr ja· !mawh/mai 1pe_shglem, !kk’ Edg ja· Qswuq` weil_mi 1wq~leha. ja· oqj]h’ b weil½m 1l³ tosoOtom 1k}pei, !kk’ fti 1p· M\nom jateveq|leha7 M\nom d³ )hgma?oi t|te 1p|qhoum, ja· 1p· t¹ stqat|pedom aqt_m jatepke}salem. Zur Formulierung 1p· M\nom jateveq|leha vgl. auch Thuk. 1,137,2; Plut. Them. 25,2; vgl. dazu Doenges, Themistokles, 375 f.: „All acounts report that Themistokles’ ship was driven to Naxos by a storm.“ 576 Vgl. die Formulierung …, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a.
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c_cmeshai 1d|joum ja· oqj 1pit^deior eWmai 1m t` pke?m, ¦ste ja· 1jb\kkeim le t/r me½r 1bo}komto). Während ich mich in einer solchen Gefahr befand, betrachtete mich nunmehr mit erhöhter Aufmerksamkeit Diopeithes, einer der Mitreisenden (1m to}t\ d] loi jimd}mou 2st_ti Diope_hgr !mµq t_m sulpke|mtym Bl?m), der Abstammung nach ein Bargylier, der mich auch vorher schon oftmals angeblickt hatte und sich zu wundern schien; dieser dachte jetzt noch intensiver nach, und er schien überzeugt zu sein, daß ich derjenige war, den er in mir vermutete. Nachdem er nun allein ganz nahe zu mir gekommen war, sagte er mit leiser Stimme: „Unrühmlich für dich martert dich das Schicksal, Themistokles, wenn deine Rettung nur darin liegt, dass du nicht erkannt wirst, Themistokles zu sein (… eU soi 1m l|m\ t` !cmogh/mai Helistojke? emti t¹ s]feshai je?tai). Ich habe dich aber erkannt und werde das, was du als dein Verderben fürchtest, vielleicht zu deiner Rettung umwandeln (!kk’ 5cyce ja· 5cmyj\ se ja· toOto l\kish’ ¢r ak]hqiom dedi|ti sytgq_am Usyr 1qc\solai). Denn ich bin derjenige, den du damals gerettet hast (1c½ c\q toi eQl· 1je?mor, dm s» 1qq}sy), als ich geschäftlich Artemision angelaufen hatte und man mich auf Anstiftung eines Hestiäers, eines persönlichen Feindes von mir, umbringen wollte (… 1whqoO Qd_ou 6meja !pohame?m), weil ich angeblich in geheimem Auftrag des Großkönigs reiste. Du hast freilich diesen Leuten nicht nur keinen Glauben geschenkt, sondern sie auch wegen ihres Unternehmens gescholten, obwohl du von mir weder vorher eine Wohltat empfangen hattest noch erwarten konntest, daß dir eine solche erwiesen wird (ja· oute ew 1pep|mheir rv’ Bl_m pq|teqom, oute pe_seshai pqosed|jar). Denn du warst ein den Großkönig bekämpfender Führer und du erwiesest anderen Wohltaten (%kkoir eqeqces_ar paqe_wou). Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, daß ich Themistokles jene Wohltat einmal werde erwidern können, und ich wollte es auch nicht mehr. Denn ich konnte nicht erwarten, dass du dich jemals in solch einer Lage befinden würdest, dass du auch mich brauchen würdest (ja· 1c½ !pecm~jeim 1je_mgr t/r w\qitor !le_xashai Helistojk]a ja· oqd³ 1bouk|lgm7 oq c\q se ¨de pq\neim ¦ste ja· Bl_m degh/mai Akp_salem).“ „Aber mein Freund“, sagte ich, „das ist jetzt auch für mich kein Unglück, wenn ich in eine Situation geraten bin, in der ich von dir die Erwiderung einer Wohltat erfahren kann, und diese mir zu helfen vermag. Du aber, freue Dich, und für mich wird es ein Glücksfall sein, wenn sich bei Dir eine Kraft (ein Vermögen) so verhält, dass Du Themistokles retten kannst.“ („!kk’ § v]qiste“ 5vgm 1c~, „oqd’ 1lo· toOto mOm !t}wgla c]comem, eQ ja· 1p· t¹ paq± soO kawe?m !loib/r !v?clai ja· d}mata_ le taOt’ ¡veke?m. s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a.“) Darauf brachte er sofort den Schiffskapitän zu mir, der ein Freund von ihm war, und nachdem er ihm alles mitgeteilt hatte, bat er ihn, von Naxos schleunigst fortzufahren (aqt_ja owm %cei te pq|r le t¹m desp|tgm t/r me½r 2ta?qom emta aqt`, ja· joimys\lemor 1de?to ve}ceim !p¹ t/r M\nou jat± t\wor).
Themistokles befindet sich auf dem Schiff bei Naxos in einem Zustand akuter Not, was im Text durch entsprechende Wortkonstruktionen angezeigt wird.577 577 Vgl. z. B. 20,88: 1c½ … 1m pokk0 !lgwam_ô 1je_lgm; 20,97 f.: 1m to}t\ … loi jimd}mou 2st_ti.
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
Aus dem Gebrauch der Substantive j_mdumor und !lgwam_a, ebenso wie weiterer mit !-privativum gebildeter Wörter wird ersichtlich, dass diese momentane Befindlichkeit neben Gefahr für Leib und Leben auch Ohnmacht, Schutz- und Hilflosigkeit, ebenso wie einen Mangel an (Macht-)Mitteln, um etwas ausrichten zu können, umfasst.578 Der Bedeutung nach knüpft das Wortcluster um !lgwam_a, j_mdumor, !myvek^r, !t}wgla an Verben an, die bereits an früherer Stelle des Briefes gebraucht wurden, um die prekäre Lage des fliehenden Themistokles zu beschreiben (vgl. z. B. 20,8: jimdume}eim; 20,20: !poqe?m). Mit der Notlage des Themistokles bei Naxos geht, wie speziell die Machtund Hilflosigkeit zum Ausdruck bringende !lgwam_a-Begrifflichkeit deutlich macht (vgl. 20,88.90: 1m pokk0 !lgwam_ô je?shai), dessen Rettungsbedürftigkeit (vgl. 20,105: s]feshai) angesichts einer ihm feindlich gesonnenen, sein Leben bedrohenden Umwelt einher. Dabei handelt es sich konkret um ein auf Naxos stationiertes athenisches Heer, ebenso wie eine Themistokles nicht wohl, sondern feindlich gesonnene Schiffsbesatzung (vgl. 20,96: oqj 1pit^deior [!] eWmai 1m t` pke?m).579 Seine ausweglose Lage führt den Schutzlosen zu der Annahme der Nutzlosigkeit weiterer Schutzgesuche580 und gibt ihm, als einem dem Tode gleichsam Verpflichteten, Anlass zu der Vermutung, dass die von ihm angetretene Flucht nicht in Richtung (Lebens-)Erhaltung, sondern ins Verderben (akehq_or) führt (vgl. dazu speziell 20,89 f.: … ja· Edg 1m|lifom Rjete_ar te !myveke?r RjeteOsai ja· akehq_ou ûxashai vuc/r). Im Rahmen dieser Notlage bewirkt das unverhoffte Eingreifen (vgl. 20,119: paq± soO!) eines Mitreisenden, nämlich eines gewissen (Themistokles wohlgesonnenen) Diopeithes581 nun eine Änderung der Lage zu Themistokles’ Gunsten. Wichtig ist an dieser Stelle, dass Diopeithes nicht nur geneigt, sondern auch verpflichtet ist, Themistokles zu helfen: Wie der Dialog zwischen beiden Männern zeigt (vgl. Ep. 20,107–122), erkennt Diopeithes im momentan rettungsbedürftigen Themistokles (vgl. 20,105: s]feshai; 117: de?shai [+ Gen.]) seinen einstigen Lebensretter. Das Moment der Verbindlichkeit bzw. des Verpflichtetseins des Diopeithes gegenüber Themistokles wird mittels der Begrifflichkeiten w\qir, eqeqces_a (vgl. 20,115: w\qir; 20,114: eqeqces_am paq]weshai) und !loib^ (vgl. 20,119) aktualisiert: Die Neigung des Diopeithes, zu Themistokles’ Gunsten (= zu seinem Schutz) einzugreifen, ist als Gegenleistung bzw. Vergeltung (!loib^) für eine vormals von 578 Vgl. 20,88: !lgwam_a; 20,98: j_mdumor; 20,89: !myvek^r; 20,118: !t}wgla. 579 Vgl. im Gegensatz dazu Lysias 12,13 f.: 1pit^deior l]m loi tucw\meir ¥m … s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am. 580 Vgl. dagegen Ep. 20,34–75, vgl. dazu die Ausführungen unter II./5.2.2.2! 581 Vgl. 20,98: … Diope_hgr !mµq t_m sulpke|mtym; vgl. ebenso den Kontrast … oqj 1pit^deior eWmai [1m t` pke?m] und … § v]qiste… s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a in Ep. 20,96.117.120 ff. Die Figur des Diopeithes, ebenso wie die Geschichte um diese Figur wird an keiner weiteren Stelle überliefert (weder bei Thukydides noch bei Plutarch); vgl. Doenges, Themistokles, 86; 376, der davon ausgeht, dass Figur und Vorfall auf der Fiktion des Briefschreibes basieren.
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Themistokles empfangene Gunst (w\qir) zu betrachten, die dieser dem Diopeithes freiwillig erwiesen hatte.582 Da Gunsterweise Reziprozität erzeugen, weiß sich der seinerzeitige Empfänger einer w\qir, Diopeithes, aktuell folgerichtig verpflichtet, dem gegenwärtig ohnmächtigen Wohltäter von einst die in der Vergangenheit empfangene Gunst zurückzuerstatten. Mit den Naxos-Ereignissen einher geht nun letztendlich eine Umkehrung der Rollen und der Abhängigkeitsverhältnisse: Themistokles, einst aktiv rettendes Subjekt (vgl. 20,114), gewährte dem in der Vergangenheit rettungsbedürftigen Diopeithes einen auf Freiwilligkeit und Bedingungslosigkeit basierenden Gunsterweis (vgl. 20,112 f.: oute ew 1pep|mheir rv’ Bl_m pq|teqom, oute pe_seshai pqosed|jar!). Diopeithes dagegen, in der Vergangenheit situationsbedingt ohnmächtig, ist gegenwärtig die kraftbesitzende Instanz (vgl. den Gebrauch von d}malir in Ep. 20,121!), welche, wie der an die d}malir-Begrifflichkeit unmittelbar anknüpfende Gebrauch des Verbums s]feim (20,121) signalisiert, aktiv zu retten vermag.
Wie aus dem weiteren Textverlauf hervorgeht (vgl. 20,120–122), besitzt Diopeithes vermittels seiner d}malir (vgl. 20,121) nicht nur die Neigung und Verpflichtung, sondern auch das Vermögen, um Themistokles den „geschuldeten Dank“ zurückzuerstatten.583 Entscheidend für die Rettung des in akute Not geratenen Themistokles ist der Einsatz der d}malir des Diopeithes, was aus folgender im übergreifenden Gefahrenkontext von Ep. 20,88–124 zur Anwendung kommender Formulierung hervorgeht: s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a (Ep. 20,120 f.). Ep. 20,120 f. zeigt, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der d}malir des Diopeithes und dem Verbum s]feim (+ Akk.) besteht, welches den Gedanken der Rettung des in Gefahr geratenen Themistokles aktiviert. Wie die unmittelbare Verknüpfung beider Begrifflichkeiten im Rahmen eines eQ-¦ste-Gefüges zeigt, verfolgt die Diopeithes als logischem Subjekt zugehörige d}malir den Zweck (¦ste) der Rettung (s]feim [+ Akk.]) des rettungsbedürftigen Themistokles (vgl. V.121: … ¦ste s_sai Helistojk]a; vgl. auch 20,105: s]feshai). In Verbindung mit s]feim (+ Akk.) 582 Vgl. Ep. 20,110–117: Du (= Themistokles) hast freilich diesen Leuten nicht nur keinen Glauben geschenkt, sondern sie auch wegen ihres Unternehmens gescholten, obwohl du von mir (= Diopeithes) weder vorher eine Wohltat empfangen hattest noch erwarten konntest, daß dir eine solche erwiesen wird (ja· oute ew 1pep|mheir rv’ Bl_m pq|teqom, oute pe_seshai pqosed|jar). Denn du warst ein den Großkönig bekämpfender Führer und du erwiesest anderen Wohltaten (%kkoir eqeqces_ar paqe_wou). Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, daß ich Themistokles jene Wohltat einmal werde erwidern können, und ich wollte es auch nicht mehr. Denn ich konnte nicht erwarten, dass du dich jemals in solch einer Lage befinden würdest, dass du auch mich brauchen würdest (ja· 1c½ !pecm~jeim 1je_mgr t/r w\qitor !le_xashai Helistojk]a ja· oqd³ 1bouk|lgm7 oq c\q se ¨de pq\neim ¦ste ja· Bl_m degh/mai Akp_salem). Aus dem Kontext Ep. 20,110 ff. geht dabei hervor, was bereits an anderer Stelle Erwähnung fand: dass die vieldeutige w\qir-Begrifflichkeit auch für die „freiwillig erwiesene Gunst“ stehen kann. 583 Vgl. das Wortcluster um eqeqces_a, w\qir, !loib^ in 20,114.115.119.
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
steht d}malir folglich für ein rettendes Eingreifen, als dessen Trägerinstanz sich eine vermögende Instanz erweist und das einem in Gefahr Geratenen zugutekommt. Aus der näheren Umgebung geht darüber hinaus hervor, dass die d}malir-s]feim-Verbindung parallel mit weiteren Verbalverbindungen gebraucht wird, die ein Hilfe bzw. Rettung in der Not bewirkendes Handeln bedeuten (vgl. 20,106 f: sytgq_am … 1qc\feshai; 20,120: d}mashai ¡veke?m). Die Aktivierung der d}malir des Diopeithes stellt dabei offensichtlich die einzige Möglichkeit bzw. das entscheidene Mittel dar, um drohendes Unheil von Themistokles abzuwenden und damit die kritische Situation (vgl. 20,90.106: ak]hqior) insgesamt zum Guten584 zu wenden.
Der weitere Erzählverlauf macht deutlich (vgl. Ep. 20,122–132), worin die von Diopeithes zur Rettung (s]feim) des Themistokles zum Einsatz gebrachte d}malir besteht: Diopeithes versucht, seinen Einfluss beim Schiffskapitän geltend zu machen, damit das Schiff die Gefahrenzone Naxos verlässt (vgl. 20,122–124). Der Kapitän aber wird zornig und will sich unverzüglich an das (Themistokles feindlich gesonnene) athenische Lager wenden, um den sich auf der Flucht Befindenden anzuzeigen,585 bekommt aber auf eine Drohnung586 des Themistokles hin schließlich Angst, ändert seine Meinung und verlangt von diesem stattdessen eine Entlohnung (dyqe\) für seine Hilfeleistung (vgl. 20,129 f.: ja· f te %mhqypor 5deise ja· letabak|lemor dyqe±m toO 5qcou Ñte?to). Ins Auge sticht an dieser Stelle also, dass der Kapitän nicht umsonst hilft, sondern eine Gegenleistung in Form eines Geldbetrages einfordert.587 Themistokles verspricht ihm diese Entlohnung und sie brechen nachts mit dem Schiff weiter nach Ephesus auf.588
584 Abgesehen von Ep. 20,121 f. wird diese Wendung zum Guten besonders deutlich in Ep. 20,105 f.: !kk’ 5cyce ja· 5cmyj\ se ja· toOto l\kish’ ¢r ak]hqiom dedi|ti sytgq_am Usyr 1qc\solai; 20,118 f.: oqd’ 1lo· toOto mOm !t}wgla c]comem, eQ … d}mata_ le taOt’ ¡veke?m. 585 Vgl. 20,125 f.: d d³ Acam\jtei ja· ¦qlgsem ¢r eWwem 1nekh½m lgm}eim eQr t¹ stqat|pedom. 586 Vgl. Ep. 20,126–129: ja· 1c½ de^sei l³m oqdeliø 1wqgs\lgm, !peikµm d³ aqt` t_helai 1qe?m eQr )hgma_our fti le oqj !cmo_m !kk± wq^lasi diavhaqe·r s~fei 1j t/r :kk\dor. 587 Von den gefahrvollen Naxos-Ereignissen wissen auch die griechischen Geschichtsschreiber zu berichten. Bei Thukydides ist überliefert, dass Themistokles dem Schiffskapitän als Gegenerweis für seine Errettung aus der Not einen Geldbetrag aushändigt. Geld (wq/la) ist hier folglich das Mittel, um das Leben des Themistokles zu retten (s]feim); vgl. Thuk. Hist. 1,137,2 f: … ja_ (Gm c±q !cm½r to?r 1m t0 mg_) de_sar vq\fei t` maujk^q\ fstir 1st· ja· di’ $ ve}cei, ja· eQ lµ s~sei aqt|m, 5vg 1qe?m fti wq^lasi peishe·r aqt¹m %cei7 tµm d³ !sv\keiam eWmai lgd]ma 1jb/mai 1j t/r me½r l]wqi pkoOr c]mgtai7 peihol]m\ d’ aqt` w\qim !polm^seshai !n_am. b d³ ma}jkgqor poie? te taOta ja· !posake}sar Bl]qam ja· m}jta rp³q toO stqatop]dou vsteqom !vijme?tai 1r =vesom. ja· b Helistojk/r 1je?m|m te 1heq\peuse wqgl\tym d|sei … ja· let± t_m j\ty Peqs_m tim¹r poqeuhe·r %my 1sp]lpei cq\llata pq¹r basik]a )qtan]qngm t¹m N]qnou meyst· basike}omta. Ähnlich äußert sich dazu Plut. Them. 25,2: vobghe·r !made_neiem 2aut¹m t` te maujk^q\ ja· t` jubeqm^t,, ja· t± l³m de|lemor, t± d’ !peik_m ja· k]cym fti jatgcoq^soi ja· jataxe}soito pq¹r to»r )hgma_our, ¢r oqj !cmooOmter, !kk± wq^lasi peish]mter 1n !qw/r !mak\boiem aqt|m, ovtyr !macj\seie paqapkeOsai ja· kab]shai t/r )s_a. 588 Vgl. Ep. 20,131 f.: ja· m}jtyq !mawh]mter 1jol_shglem eQr =vesom.
Gefährdung durch politisch-gesellschaftliche Ohnmacht
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5.2.2.4 Das Ende der Flucht des Themistokles: Ankunft am Hof des Perserkönigs In Ephesus angelangt (vgl. 20,132: eQr =vesom), trifft Themistokles auf einige Perser, die dort als Wächter stationiert sind. Über Vermittlung einiger Leute kommt er nach Phrygien (20,137: eQr Vq}car) zu Artabazos, der seinen Gang zum Großkönig Artaxerxes589 erfolgreich in die Wege leitet.590
Im darauffolgenden Dialog des Themistokles mit dem Perserkönig (vgl. 20,157–186), der (im Sinne einer richterlichen Instanz) nun auf finale Weise darüber entscheidet, ob die Flucht des Themistokles einen guten oder schlechten Ausgang nimmt, dominiert das Wortcluster um Verurteilen und Verurteiltwerden, Strafen und Bestraftwerden (vgl. 20,165: tilyqe?shai; 20,166.170: jok\feim; 20,169: jok\sir; 20,179: tilyq_a).591 Im Zentrum steht dabei die Frage, ob der in Athen zum Tode verurteilte und von den Athenern und Spartanern verfolgte Themistokles auch in den Augen des Perserkönigs für sein Wirken in der Schlacht bei Salamis bestraft zu werden verdient, oder ob ihm dadurch Unrecht getan wird.592 Dem vormaligen Willen des Großkönigs, Themistokles zu bestrafen,593 begegnet Themistokles mit folgenden Worten (vgl. Ep. 20,169–180): Um der Bestrafung zu entgehen, König, bin ich zu dir als meinem Helfer gekommen. Die Griechen wollten mich nämlich bestrafen wegen der Wohltat, die ich deinem Vater erwiesen habe (j|kasim, § basikeO, ve}comter 1p· s³ bogh¹m !v_cleha7 jok\feim c±q 5lekkom Bl÷r oR þkkgmer !mt· t/r eQr pat]qa t¹m s¹m eqeqces_ar), weil ich, euch freundlich gesinnt, sowohl den Hinweis gegeben hatte, schleunigst nach Salamis zu fahren, als auch, weil ich diese daran gehindert hatte, die Brücke zu zerstören. Vor allem aufgrund dieser Tatsache sind deine Meder aus Europa nach Hause zurückgekehrt, und mir drohte deswegen Strafe (… 1c½ d³ di± taOta 1p· tilyq_am Ac|lgm). Ich bin geflohen 589 Zurecht schreibt Behmel, Themistokles, 124, mit Blick auf Themistokles’ Rede vor dem persischen König in Ep. 20,169 ff. (jok\feim c±q 5lekkom Bl÷r oR þkkgmer !mt· t/r eQr pat]qa t¹m s¹m eqeqces_ar, fti rl?m v_ka 1mhulo}lemoi t|m te 1p· Sakal?ma pkoOm jat± t\wor poie?shai Acce_kalem, diest_tor t|te ja· tetaqacl]mou toO :kkgmijoO ja· l]kkomtor 1p· Pekopomm^sou ve}ceim) könne der Adressat nur Artaxerxes sein (vgl. dazu auch Thuk. Hist. 1,137,3; Diod. Sic. Hist. 11,69) 590 Vgl. 20,152 f.: … ja· F te bd¹r Bl?m 1teke}ta, ja· paq± basike?, fpoipeq ¢ql~leha, Glem. 591 Vgl. bereits Ep. 20,80–82: Denn auf diese Weise würde ich erfahren, ob ich zu Recht bestraft worden war, da der Großkönig über das Unheil, das ich ihm zugefügt hatte, sehr gut informiert war (ta}t, c\q toi, basik]yr dµ l\kista Ñshgl]mou ¨m eQqcas\leha aqt¹m jaj_m, Nøsta 1l]kkolem eQ d_jaia pep|mhalem cm~seshai). 592 Seinem Selbstverständnis nach erweist sich Themistokles als ein seitens der Athener zu Unrecht Leidender und Verfolgter, wie neben Ep. 20 auch aus den anderen Epistulae hervorgeht: denn in den Schlachten bei Artemision und Salamis hat er den Athenern einen großen Dienst erwiesen (vgl. z. B. Ep. 8,26–27); vgl. dazu insgesamt auch Doenges, Themistokles, 374. 593 Vgl. dazu den griechischen Text Ep. 20,161–166: ja· s» Helistojk/r 1je?mor 1k^kuhar, dm L/doi k]cousim aUtiom 1lo· cem]shai ja· patq· 1l` lµ %qweim :kk^mym; !kk’ %leimom l³m 1lo· Gm þkkgmar 5weim C s³ tilyqe?shai, s» d³ toOt| ce !mt’ 1je_mou paq]swgsai Bl?m, ¦ste se 1paim]samter jok\solem.
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Suche nach der Bedeutung von d}malir in der Gräzität
und zu dir gekommen, um dir einen Dienst zu erweisen und mich selbst zu rächen (5vhgm d³ vuc±r cem|lemor, ¢r #m s] ti am^sy ja· 1laut` d_jar evqylai).
Von Interesse für die Analyse ist 20,169 f.179 f.:594 Der Grund für die Flucht des in Athen zum Tode verurteilten und verfolgten Themistokles zum Perserkönig besteht darin, dass er sich von diesem Hilfe bzw. Gerechtigkeit (20,180: d_jg) für seine Person erhofft. Wie 20,170 ff. zeigt, ist der Großkönig des Weiteren sogar verpflichtet, ihm zu helfen: Denn der gegenwärtig an Leib und Leben gefährdete Themistokles, in der Vergangenheit Wohltäter (vgl. 20,171: !mt· t/r eQr pat]qa t¹m s¹m eqeqces_ar) des Xerxes bei Salamis, hatte dessen Vater in der Schlacht bei Artemision und Salamis einen großen Dienst (eqeqces_a) erwiesen. Artaxerxes erkennt diesen seitens des Themistokles geleisteten Gunsterweis bzw. seine schuldige Verpflichtung ihm gegenüber schließlich an, was im Text dadurch zum Ausdruck kommt, dass er diesem nicht nur Schutz und Aufnahme, sondern auch zahlreiche Gunsterweise595 zukommen lässt.596 Insofern als es sich bei diesen Gunstbezeugungen offensichtlich um die Erwiderung einer vergangenen, seitens des Themistokles erbrachten Wohltat (20,171: eqeqces_a) handelt, erweisen sich die Begrifflichkeiten eqeqces_a, dyqe?shai und waq_feshai hier durchaus als anschlussfähig an das im weiteren Kontext von Ep. 20 zur Entfaltung gebrachte Wortcluster um w\qir, eqeqces_a, !loib^ und dyqe\ (einschließlich der dazugehörigen Verben)597 in der Bedeutung „(erwiesene/empfangene, geschuldete) Gunst“598 (vgl. dazu II./5.2.2.1; II./5.2.2.3; speziell: Exkurs V).
Die gefahrvolle Flucht des Themistokles vor seinen ungerechten, Strafe und Tod599 bringenden Verfolgern gelangt am persischen Königshof damit an ihr Ende (vgl. Ep. 20,186–215).600 594 Vgl. speziell: ve}comter 1p· s³ bogh¹m … 5vhgm d³ vuc±r cem|lemor, ¢r #m s] ti am^sy ja· 1laut` d_jar evqylai. 595 Die Verben dyqe?shai (20,190 f.) und waq_feshai (20,196) werden hier gebraucht, um das freigiebige Handeln des Großkönigs zugunsten des Themistokles zum Ausdruck zu bringen. 596 Vgl. dazu den griechischen Text 20,186–198: 1j to}tou, § Pok}cmyte, 1m]tqibom 1m to?r basike_oir til/r te kacw\mym ja· !e· t± peq· :kk^mym 1netaf|lemor. ja_ loi basike»r aqt|r, 1pe· ja· t0 Peqs_m aqt¹m Edg vym0 pokk± Aleib|lgm, wqusoOm te dyqe?tai !jim\jgm ja· Peqsijµm 1sh/ta wqus/m rvamt^m, 1dyqoOmto d’ aqt_jaja· oR peq· aqt|m, 1pe· t\wista Eqnato 1je?mor. Ja_ lou Edg )qt\bafom Hssom 1m|life pist¹m ja· 1p· h\katt\m le jat]pelpem 1p· tµm 1je_mou stqatgc_am, ja· oqj 1sh/tar 5ti Bl?m oqd³ wqus|m, !kk± p|keir te Edg ja· pokkµm c/m 1waq_feto· !vek½m c±q t/r 2autoO basike_ar LuoOmta ja· K\lxaj|m te ja· tµm 1p· Lai\mdq\ Lacmgs_am 1lo· d_dysi. 597 Vgl. Ep. 20,10.115: w\qir; 20,18.119: !loib^; 20,19.171: eqeqces_a; 20,114: eqeqces_am paq]weshai; 20,18: eqeqcete?shai; 20,141.190.191: dyqe?shai; 20,196: waq_feshai; Ep. 17,8: ave_keim w\qitar; vgl. ebenso Thuk. Hist. 1,137,4: eqeqces_am ave_keim. 598 Vgl. Conzelmann, Art. w\qir jtk., 364. 599 Vgl. das in Ep. 20 Strafe und Tod thematisierende Wortcluster um 20,51.165: tilyqe?shai; 20,179: tilyq_a; 20,169: j|kasir; 20,166.170: jok\feim; 20,90.106: ak]hqior. 600 Dass dieser Ausgang der zwischen Tod und (Lebens-)Erhaltung oszillierenden Flucht des Themistokles neben Ehren und Wohlstand, den ihm das Leben als persischer Vasall einbringt, auch erneut Gefahrvolles bereithält, zeigen die abschließenden Verse des Briefes
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5.2.3 Zusammenfassung Für die Analyse zu d}malir und s]feim im gemeinsamen Gebrauch bleiben – speziell im Blick auf den Passus Ep. 20,88–124 (20,120 f., vgl. II./5.2.2.3) – abschließend vier Dinge festzuhalten: 1. Die Formulierung s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a (vgl. Ep. 20,120 f.) kommt in Ep. 20 in einem übergreifenden Gefahrenkontext zur Anwendung, was durch entsprechende, Flucht601 und Gefahr, Mittel- bzw. Hilflosigkeit,602 Strafe und Tod603 bedeutende Worte und Wortverbindungen signalisiert wird. 2. Aus dem Kontext geht hervor, dass d}malir in Verbindung mit s]feim (+ Akk.) in 20,121604 sinngemäß wiederzugeben ist mit „Mittel zur Rettung/ (Lebens-)Erhaltung“ (mit einer deutlichen Konnotation von „Einfluss, guter Ruf“): Die d}malir des Diopeithes kommt zum Einsatz, indem er seinen Einfluss beim Kapitän des Schiffes geltend macht. Daneben erfüllt das an den Schiffskapitän seitens des Themistokles ausgehändigte Geldgeschenk (20,130: dyqe\) ebenfalls die Funktion von d}malir [eQr sytgq_am]: Das materielle (Macht-)Mittel, welches im Gefahrenkontext von Ep. 20 die finale Rettung des Themistokles bei Naxos bewirkt, ist letztendlich Geld! Ähnlich wie in Lys. 12,14 mag durch den Gebrauch von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie (d}malir [eQr sytgq_am]) der Gedanke der Rettung durch einen (Frei-)Kaufvorgang aktualisiert werden. 3. Wie der Wechsel der Begrifflichkeiten !t}wgla (bzw. !lgwam_a, j_mdumor) und eqt}wgla in 20,118(88.97 f.).121 zeigt, ist die d}malir [eQr sytgq_am] des Diopeithes (vgl. 20,121) nicht nur das Mittel, welches das Überleben des in Gefahr geratenen Themistokles sichert, sondern sie markiert auch den entscheidenden Wendepunkt seiner Gefahrenlage: Die d}malir be-
601 602 603 604
(vgl. 20,208 ff.: mOm d³ dµ ja· l÷kkom rp¹ sulvoq÷r jatakalbam|leha7 l]lgme c±q ja· 1ce_qei tµm 1p· to»r þkkgmar stqate_am basike}r, ja· taOta rp¹ deut]qar Edg jej|listai !ccek_ar. ja· Bl÷r %qa toO stqatoO pqobake?tai Bcel|mar ja· L^dour rpot\nei Helistojke?, ja· stqate}solai 1p’ )h^mar 1c½ ja· t` )hgma_ym mauaqw^somti lawoOlai. pokk± %kka 5stai, toOto d³ oqd]pote). Vgl. Ep. 20,2.20.90.204: vuc^; 20,56.179: vuc\r; (sul-)ve}ceim: 20,5.11.15.91.124.169 f.175; vgl. ebenso den Gebrauch von di~jeim in 20,8.91. Vgl. 20,8: jimdume}eim; 20,20: !poqe?m; 20,88: … 1m pokk0 !lgwam_ô 1je_lgm; 20,97 f.: 1m to}t\ … loi jimd}mou 2st_ti; 20,118: !t}wgla. Vgl. 20,90.106: akehq_or; 20,51.165: tilyqe?shai; 20,179: tilyq_a; 20,169: j|kasir; 20,166.170: jok\feim. Zu weiteren Verben und/oder Verbindungen, die im Rahmen von Ep. 20 ein helfend-rettendes Handeln oder Eingreifen einer kraftbesitzenden Einzelperson zugunsten des in akute Gefahr geratenen Themistokles bedeuten, vgl. 20,71.74: vuk\sseim; 20,204: s]feim; 20,108: N}eshai; 20,120: d}mashai ¡veke?m; 20,106 f: 1qc\feshai sytgq_am.
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wirkt, dass die unheilvolle, kritische Situation (vgl. 20,88: !lgwam_a; 20,97 f.: j_mdumor; 20,118: !t}wgla) bei Naxos hin zum Guten (vgl. 20,121: eqt}wgla; dazu auch später 20,208: eqtuw_a), d. h. in Richtung Rettung und Überleben des in Gefahr Befindlichen entschieden wird. 4. Die durch den gemeinsamen Gebrauch der Begrifflichkeiten w\qir, eqeqces_a und ave_keim aktivierte Vorstellung von Reziprozität (vgl. Exkurs V) lässt sich auch im Hinblick auf Ep. 20,85–132 (insbesondere im Hinblick auf 20,117–130) feststellen (vgl. II./5.2.2.3). In gewisser Hinsicht steht die Reziprozitätsvorstellung im Hintergrund des d}malir-s]feim-Gebrauchs in 20,121: und zwar insofern, als es sich beim rettenden Eingreifen des Diopeithes vermittels seiner d}malir (V. 121) um die Rückerstattung (V. 119: !loib^) eines (auf Freiwilligkeit basierenden) Gunsterweises (V. 114: eqeqces_a; V. 115: w\qir) handelt, den Diopeithes einst von Themistokles empfangen hatte. Vom Kontext her wird demnach deutlich, dass die Wortgruppe um d}malir und s]feim in Ep. 20 ihre besondere Färbung durch das Wortcluster um w\qir, eqeqces_a, !loib^ und dyqe\ (samt der dazugehörigen Verben)605 erhält.
605 Vgl. Ep. 20,10.115: w\qir; 20,18.119: !loib^; 20,19.171: eqeqces_a; 20,114: eqeqces_am paq]weshai; 20,18: eqeqcete?shai; 20,141.190.191: dyqe?shai; 20,196: waq_feshai.
III. Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in der jüdischen Literatur in griechischer Sprache, demonstriert am Beispiel des Philo von Alexandrien Da die Schriften Philos von Alexandrien (20/15 v. Chr.–40 n. Chr.)1 eine große zeitliche und kulturelle Nähe zu neutestamentlichen Schriften (u. a. zum paulinischen Briefkorpus) auszeichnet, macht es Sinn, im Folgenden einige einschlägige Textpassagen aus seiner Feder zu betrachten und damit die Analyse zur Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität2 zum Abschluss zu bringen.3 In seinem umfangreichen Werk gebraucht Philo die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie an zahlreichen Stellen.4 Zwar kommt das Syntagma d}malir eQr sytgq_am bei ihm nicht explizit vor, doch
1 Eine gute Einführung in die Schriften Philos bietet neuerdings der Band von Adam Kamesar (Hg.), The Cambridge Companion to Philo, Cambridge [u. a.] 2009 (vgl. darin speziell den Beitrag von James R. Royse, The Works of Philo, 32–64); grundlegend ebenso Hans Leisegang, Art. Philon, RE I 20.1 (1941), 1–15; Abraham Terian, An Introduction to Philo’s Dialogues, ANRW II 21/1, 272–294. 2 Da es sich bei Philo um einen jüdischen Schriftsteller handelt, dessen Schriften gleichzeitig in griechischer Sprache vorliegen, bildet die Untersuchung seiner Texte einen eigenen Gliederungspunkt. 3 Als jüdischer Exeget verfügte Philo über ein beträchtliches Maß an klassischer und zeitgenössischer Bildung (vgl. dazu Dillon, The Middle Platonists, 140 f., der von einer „application of it [Greek culture/philosophy] to the Jews’ sacred books, particularly the Pentateuch, the books of Moses“ spricht). Als Vertreter des in sich äußerst vielgestaltigen alexandrinischen Platonismus der frühen Kaiserzeit sehen Philo Carlos L vy (vgl. ders. Philo’s Ethics, in: Adam Kamesar [Hg.], The Cambridge Companion to Philo, Cambridge [u. a.] 2009, 146–172, 146) und Mauro Bonazzi, Towards transcendence: Philo and the renewal of platonism in the early Imperial Age, in: Francesca Alesse (Hg.), Philo of Alexandria and Post-Aristotelian Philosophy, Leiden [u. a.] 2008, 233–252, 233 ff. Zurecht weist Bonazzi darauf hin, dass es angebrachter wäre, im Blick auf das Phänomen des Platonismus in der frühen Kaiserzeit eher von Platonismen bzw. verschiedenen Varianten des Platonismus („various Platonisms“) zu sprechen. Dass das Opus Philos daneben u. a. von stoischen und peripatetischen Einflüssen durchdrungen ist, stellen zurecht Anthony A. Long und Robert W. Sharples fest; vgl. Anthony A. Long, Philo on Stoic Physics, in: Francesca Alesse (Hg.), Philo of Alexandria and Post-Aristotelian Philosophy, Leiden [u. a.] 2008 121–140; Robert W. Sharples, Philo and Post-Aristotelian Peripatetics, in: Francesca Alesse (Hg.), Philo of Alexandria and Post-Aristotelian Philosophy, Leiden [u. a.] 2008, 55–74. 4 Entsprechende Belege finden sich u. a. bei Walter Grundmann, Art. d}malai/d}malir, ThWNT 2, 286–318, speziell: 299 f.
184 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache finden sich äquivalente Formulierungen.5 Es wird sich zeigen, dass der Schriftsteller Philo (als griechischsprachiger,6 unapokalyptischer jüdischhellenistischer Exeget7) die Wortgruppe gängigerweise in (Gefahren-)Kontexten (Krankheit, Krieg, politisch-militärische Ohnmacht) verwendet und damit semantisch an den profangriechischen Sprachgebrauch anknüpft. Wieder ist zur Bestimmung der Bedeutung von d}malir im gemeinsamen Gebrauch mit s]feim, sytgq_a, syt^qior auf den jeweiligen (Gefahren-)Kontext zu blicken, in dem die Begrifflichkeiten bei Philo auftreten.8
1. Bedrohung der menschlichen Seele durch Krankheit und Möglichkeit ihrer Erhaltung: Philos Rede von d}malir pq¹r sytgq_am in Migr. 124 Den Auftakt bildet die Analyse einer Textpassage aus Philos Schrift De Migratione Abrahami.9 Das Syntagma d}malir … pq¹r … sytgq_am begegnet in 5 Vgl. z. B. Migr. 124: d}malir … pq¹r … sytgq_am; Plant. 90; Virt. 49 f.: d}malir syt^qior; vgl. auch den gemeinsamen Gebrauch von d}malir und s]feim in Vit. Mos. 2,255. 6 Dass Philo bei seiner Tora-Auslegung stets eine griechische Version des Pentateuch kommentierte, ist bei Adam Kamesar, Biblical Interpretation in Philo, in: ders. (Hg.), The Cambridge Companion to Philo, Cambridge [u. a.] 2009, 65–92, 65 f. zu lesen: „Philo read and studied the Bible not in Hebrew, but in Greek.“ Vgl. dazu auch John Dillon, The Middle Platonists, 141 f.: „He knew no Hebrew (or certainly not enough to read a text) … He was dependent on the Septuagint version of the Bible.“ Vgl. hierzu insgesamt auch Exkurs IX, wo näher auf den gemeinsamen Gebrauch von d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior in der Septuaginta eingegangen wird. Zweifelsohne gebraucht Philo die s]feim jtk.–Terminologie in Anlehnung an den Sprachgebrauch der Septuaginta, geht aber, wie im Folgenden zu sehen sein wird, im Hinblick auf seine Verwendung der d}malir-Begrifflichkeit eigene Wege. Eine wichtige Strukturparallele zu Philos d}malir-Gebrauch in direkter Verbindung mit s]feim, sytgq_a, syt^qior findet sich dagegen in P.Oxy. 11.1381, einem Passus, dem Exkurs VIII (im Anschluss an die Ausführungen zu Philo) gewidmet ist. 7 Runia nennt Philo einen „philosophically oriented exegete“, vgl. David T. Runia, Was Philo a Middle Platonist? A Difficult Question Revisited, in: The Studia Philonica Annual 5 (1993), 112–140; vgl. dazu auch Kamesar, Biblical Interpretation in Philo, 65: „Of course, Philo was also a philosopher and religious thinker of the utmost significance, but the medium through which he expressed his ideas is scriptural interpretation.“ 8 Textausgabe von Leopold Cohn, Paul Wendland, Siegfried Reiter (Hg.), Philonis Alexandrini opera quae supersunt, 6 Bde., Berlin 1896–1915 (ND Berlin 1962). Deutsche Übersetzung (mit minimalen Veränderungen) von Leopold Cohn, Isaak Heinemann, Maximilian Adler, Willy Theiler, Philo von Alexandrien. Die Werke in deutscher Übersetzung, 7 Bde., Berlin 21962 [Bde. l6] – 64 [Bd.7]. Vgl. zu den Schriften Questiones et Solutiones in Genesin und Questiones et Solutiones in Exodum ebenso die englische Übersetzung von Ralph Marcus, Philo. Supplement I/ II, LCL, London [u. a.] 1953 (ND 1961). 9 Die Schrift De Migratione Abrahami ist Philos großem Allegorischen Kommentar zur Genesis zuzuordnen. Im Rahmen seiner allegorischen Tora-Auslegung orientiert sich Philo dabei am Primärtext Gen 12,1–6 LXX. Vgl. dazu insgesamt Martina Böhm, Rezeption und Funktion der
Bedrohung der menschlichen Seele durch Krankheit und ihre Erhaltung 185
Migr. 124 und ist eingebunden in eine größere Sinneinheit (vgl. Migr. 118–126): Thematisiert wird an dieser Stelle die akute Bedrohung der menschlichen Seele durch Krankheit sowie die Möglichkeit ihrer Genesung/ Erhaltung.10 Der erste große Hauptteil der Schrift De Migratione Abrahami (vgl. Kap. 1–126)11 ist der Auslegung von Gen 12,1–3 LXX gewidmet. An der Gestalt des Abraham führt Philo exemplarisch vor, wie die Reinigung der Seele von allen schädlichen Negativeinflüssen, speziell: vom sie krank machenden Laster, vonstatten zu gehen hat.12 Der Vätererzählungen bei Philo von Alexandria. Zum Zusammenhang von Kontext, Hermeneutik und Exegese im frühen Judentum, BZNW 128, Berlin [u. a.] 2005 (speziell: 269 f.). Zu Philos allegorisch-exegetischem Zugang zum Bibeltext vgl. Roberto Radice, Philo’s Theology and Theory of Creation, in: Adam Kamesar (Hg.), The Cambridge Companion to Philo, Cambridge [u. a.] 2009, 124–145, 125 (dort finden sich auch weitere Literaturangaben). 10 Vgl. Kamesar, Biblical Interpretation in Philo, 86: „In Philo’s interpretation, the Pentateuch becomes a tale of the human soul and its vicissitudes and ascent“. Ebenso schreibt David T. Runia, Philo of Alexandria, in: Graham Oppy, Nick Trakakis (Hg.), The History of Western Philosophy of Religion, Bd. 1: Ancient Philosophy of Religion, Durham 2009, 133–144, 141 f.: „What allegory discovers, especially in the biblical narratives, is the journey of the soul and the struggle between virtue and wickedness … The journey of the soul involves various stages. It begins with the struggle against the passions … As the learner advances, he develops the exercise of reason and embarks on the path of the virtues … The goal towards which he strives is the life of perfection, the life as lived by the wise person (sophos) … characterised by a freedom of all passions (apatheia).“ (Kursivierungen im Original). 11 In Anlehnung an Cohn [u. a.], Philo von Alexandrien. Die Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 2, 152 f. sei auf folgenden Aufbau von Hauptteil I. der Schrift De Migratione Abrahami (Migr. 1–126) verwiesen: Entsprechend des Willens der Gottheit, die Seele des Menschen zu reinigen, muss sich Abraham von Körper (Land), von der Sinneswahrnehmung (Verwandtschaft) und von der Rede (dem väterlichen Gemach) trennen (vgl. Kap. 1–6). Diese Trennung vom Körperlich-Irdischen geht einher mit der göttlichen Forderung an Abraham, zur Selbsterkenntnis zu gelangen (Kap. 7–52). Auf Abrahams Erhebung über alles Irdische und Sterbliche, was das Entfernen aller schädlichen Leidenschaften aus der menschlichen Seele in sich schließt, folgt (als göttliche Gabe [dyqe\] an den Menschen) sein Wachstum in der Erkenntnis des Guten (Kap. 53–69); daraufhin eine Eulogie, welche Abraham befähigt, das Beste zu denken und das von ihm als Bestes Erkannte auch anderen mitzuteilen (Kap. 70–85); des Weiteren der große Name (Kap. 86–105), der Segen des segenswerten Abraham (Kap. 106–117) und – als letzte und größte Gabe der Gottheit an Abraham – das Geschenk, welches darin besteht, dass alle Teile der menschlichen Seele dieses göttlichen Segens teilhaftig werden: Dabei ist es die Aufgabe des paradigmatischen göttlichen Gerechten, der auch Logos oder Nus genannt wird, die gesamte Menschheit zu erhalten (vgl. Kap. 118–123). Dieser einzelne, gerechte, von Gott so begnadete Mensch – Abraham – ist die Säule der menschlichen Gattung, weshalb deren Gebet dahin gehen muss, dass er ihr erhalten bleibe (vgl. Kap. 124–126). 12 So kann die Schrift Migr. in der allegorischen Auslegung Philos insgesamt als ein Gesinnungswandel, weg von der jeden (auch den bekennenden Monotheisten) betreffenden Verhaftung in der Sinnlichkeit, hin zur reinen Geistigkeit (Gottesnähe), zum von Gott in Aussicht gestellten tugendgemäßen Leben als Weiser, interpretiert werden. Vgl. dazu insgesamt Böhm, Rezeption und Funktion der Vätererzählungen bei Philo von Alexandria, 268 f. In dieser Interpretation steht die Gestalt des Abraham, so Böhm, repräsentativ für einen bestimmten menschlichen Charakter bzw. einen Idealtyp: für den Weisen und Gerechten innerhalb der menschlichen Gattung (t¹ c]mor), der wiederum in Analogie zum Verstand (b moOr) innerhalb
186 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache entscheidende therapeutische Anstoß zu ihrer Rettung bzw. Genesung geht dabei konsequent von der biblischen Gottheit13 aus, die die Reinigung der Seele ihres auserkorenen Weisen, Abraham, vom Laster initiiert.14 Dieser Reinigung korrespondiert wiederum die Gewährung verschiedener Gaben bzw. Geschenke15 seitens Gottes an Abraham.16
Nachdem der von Gott mit entsprechenden Gunstbezeugungen ausgestattete Abraham das Geschenk (dyqe\) des Segens (vgl. Migr. 70–75) und Gesegnetseins (vgl. Migr. 106–108) erhalten hat,17 wird im Folgenden (vgl. Migr. 109–118) auch den anderen Menschen18 (und, in Analogie dazu, auch allen anderen Teilen der Seele) durch bzw. vermittels eben dieses Gott wohlgefälli-
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der individuellen Seele tritt (dies in scharfem Kontrast zum in der Sinnenverhaftung verbleibenden Seelenteil, den die Neben- bzw. Kontrastfigur des Lot repräsentiert). Zum Gottesbild Philos vgl. u. a. Dillon, The Middle Platonists, 155: „Philo follows a system in which the supreme principle is the One, though for him it is also, of course, the personal God of Judaism.“ Vgl. dazu ebenso Radice, Philo’s Theology and Theory of Creation, 124–145. Vgl. Migr. 1: boukghe·r b he¹r tµm !mhq~pou xuwµm jah/qai pq_tom aqt0 d_dysim !voqlµm eQr sytgq_am. Vgl. dazu den Gebrauch von dyqe\ in Migr. 53; 70 (hier als Synonym von w\qir); 86; 106. Vgl. in diesem Zusammenhang ebenso weitere Begrifflichkeiten, die den Erweis einer „Wohltat, Gabe, Gunst“ bedeuten: Migr. 109; 122: dyqe?shai; 118: eqeqces_a usw. Wie u. a. aus Migr. 109 hervorgeht (taOta l³m t± ühka t` cemgsol]m\ dyqe?tai sov`), nennt Philo diese Gaben/Geschenke/Gunstbezeugungen (dyqe\/Pl.) auch Siegespreise bzw. Tugendpreise (t± ühka). Zu den explizit als dyqe\ (Pl.) ausgewiesenen Sieges- bzw. Tugendpreisen (t± ühka), welche Abraham selbst von der Gottheit empfängt, vgl. Migr. 53: pq~tgm b he¹r waq_fetai t0 xuw0 dyqe\m 1p_deinim ja· heyq_am t_m !ham\tym; Migr. 70: d}o … axtai dyqea· … tq_tg d’ 1st·m eqkoc_a, Hr %meu bebai~sashai t±r pqot]qar w\qitar oqj 5sti; t¹ lecak~mulom; Migr. 86: t_r owm B tet\qtg dyqe\; t¹ lecak~mulom· vgs· c\q· ’lecakum_ t¹ emol\ sou’ (Gen. 12, 2); Migr. 106: p]lptg to_mum 1st· dyqe± B jat± xik¹m l|mom t¹ eWmai sumistal]mg. Auch wenn in Migr. 43 f. p_stir nicht explizit als dyqe\ bezeichnet wird, so sei an dieser Stelle auf Böhm, Rezeption und Funktion der Vätererzählungen bei Philo von Alexandria, 272 verwiesen, die p_stir ebenfalls zu den Sieges- bzw. Tugendpreisen rechnet, die Gott Abraham übereignet: „Die p_stir Abrahams ist … der erste Siegespreis, den der Seelentyp Abraham für die im Vertrauen auf Gottes Verheißung begonnene Wanderung erhält.“ Vgl. Migr. 70: Zwei Gaben also (d}o … axtai dyqea·) sind bereits besprochen … Eine dritte Gabe (die Abraham von Gott erhält) ist aber der Segen, ohne den die früheren Liebeszeichen gar keinen sicheren Bestand haben (tq_tg d’ 1st·m eqkoc_a, Hr %meu bebai~sashai t±r pqot]qar w\qitar oqj 5sti); Migr. 106 f.: Das fünfte Geschenk nun besteht allein in dem reinen (Gesegnet-)Sein (p]lptg to_mum 1st· dyqe± B jat± xik¹m l|mom t¹ eWmai sumistal]mg); darüber wird erst nach den früheren Geschenken gesprochen, nicht als ob es geringwertiger wäre als jene, sondern weil es über alle anderen hinausragt und sie überwiegt … „Du wirst“, sagt nämlich die Schrift (1 Mos. 12,2), „segenswert sein,“ nicht nur gesegnet. Prinzipiell gilt es, Böhm, Rezeption und Funktion der Vätererzählungen bei Philo von Alexandria, 272 zufolge, zu unterscheiden zwischen den Siegespreisen/Gunsterweisen, welche an den Weisen (= Abraham) selbst adressiert sind (vgl. Migr. 43–108) und den von Gott kommenden Geschenken, welche an andere Menschen wegen bzw. vermittels des Weisen adressiert sind (vgl. Migr. 109–126). Dies geht speziell aus Migr. 109 hervor: Das also sind die Siegespreise, mit denen der künftige Weise beschenkt wird. Was aber Gott wegen dieses Weisen auch den anderen Menschen gibt, wollen wir nun der Reihe nach betrachten (taOta l³m t± ühka t` cemgsol]m\ dyqe?tai sov`· $ d³ ja· to?r %kkoir !pom]lei di± t¹m sov|m, 2n/r Udylem).
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gen Menschen (des Weisen/Abraham), ein (Gunst-)Erweis in Gestalt der Wohltat (118: eqeqces_a) des Segens zuteil.19 Dies ist exakt der weitere Kontext, in dem das Syntagma d}malir … pq¹r … sytgq_am in Migr. 124 zur Anwendung kommt. Philo schreibt (vgl. 118–126): Das ist es also, was zuerst den anderen Menschen um des guten Mannes willen (di± t¹m !ste?om) zuteil wird, wie die Schrift sagt … Das Größte danach ist aber dies, dass … kein Teil der denkfähigen Natur … der Wohltaten unteilhaftig bleibt (… t¹ lgd³m l]qor v}seyr kocij/r !l]towom eqeqces_ar !poke_peshai); denn es heißt ja weiter: „Durch dich werden gesegnet werden alle Geschlechter der Erde (1meukocgh^somtai 1m so· p÷sai aR vuka· t/r c/r)“ (Gen 12,3). Dieser Ausspruch ist höchst belehrend; denn solange der Nus gesund und heil bleibt, sind seine Teile und Kräfte gesund (1±m c±q b moOr %mosor ja· !p^lym diatek0, ta?r peq· aqt¹m "p\sair vuka?r te ja· dum\lesim rciaimo}sair wq/tai,), … auch die, die zu Vergnügen und Begierden hinneigen und die aus Leidenschaften zu seinen Freuden umgestaltet werden (ja· p\kim ta?r jat± t±r Bdom\r te ja· 1pihul_ar ja· fsai !mt· pah_m eQr eqp\heiam letawaq\ttomtai). Gewiss haben auch schon Haus, Stadt, Land, Völker, Länderstriche durch einen Mann, der reiner Sittlichkeit beflissen war, großes Glück erfahren und dies besonders dann, wenn diesem Manne zu guter Gesinnung Gott noch eine unwiderstehliche Macht gibt, wie dem Musiker oder irgendeinem anderen Künstler die Werkzeuge der Musik oder eben jeder Kunst (Edg l]mtoi ja· oWjor ja· p|kir ja· w~qa ja· 5hmg ja· jk_lata c/r 2m¹r !mdq¹r jakoj!cah_ar pqolghoul]mou lec\kgr !p^kausam eqdailom_ar, ja· l\kish’ ft\ let± cm~lgr !cah/r b he¹r ja· d}malim 5dyjem !mamtac~mistom, ¢r lousij` ja· pamt· tewm_t, t± jat± lousijµm ja· p÷sam t]wmgm eqcama) … Denn in der Tat, der Gerechte ist eine wahrhafte Stütze des Menschengeschlechts, und alles, was er selbst besitzt, stellt er zur Verfügung und reicht es allen, die es benötigen, in neidloser Fülle dar (c±q emti 5qeisla toO c]mour t_m !mhq~pym 19 Gen 12,3 LXX entsprechend: 1meukocgh^somtai 1m so· p÷sai aR vuka· t/r c/r. Bei dem Wort eukocor handelt es sich auch um einen terminus technicus stoischer Ethik bzw. Moralpsychologie. Mit den Affekten (= Affekt als bql^ pkeom\fousa, d. h. als „übersteigerter Trieb“), die sich insgesamt in die vier Gattungen Bdom^, k}pg, 1pihul_a, v|bor einteilen lassen, kontrastieren die vernünftigen (eukocoi) Alternativen, welche die Stoiker Eupathien, d. h. gute Affektionen, (waq\, bo}kgsir, eqk\beia) nannten. Wollten die Stoiker mit Hilfe ihrer Affektenlehre die (im Hellenismus äußerst populäre) Annahme plausibel machen, dass der Mensch eines vollkommenen Glückes fähig sei, womit eine vollständige Herrschaft der Vernunft (k|cor, moOr) über das Werteleben und eine radikale Entwertung alles Unverfügbaren einhergeht, so ist es in Philos Migr. sehr wahrscheinlich zu einer Rezeption dieses Gedankens gekommen: In Analogie zur stabilisierenden Funktion des göttlichen Gerechten (b d_jaior, k|cor) im Menschengeschlecht haben sich auch alle Teile der menschlichen Seele der Kontrolle des Verstandes unterzuordnen. Wird die Seele dagegen von irrationalen Gefühlen (u. a. Lastern und Schlechtigkeiten), den sie ins Unglück stürzenden Affekten, regiert, so kommt es zu einer krankhaften Entartung des Triebes (vgl. hier die schillernde Semantik von p\hor, im Deutschen wiederzugeben mit „Leiden“ und „Krankheit“), was im schlimmsten Falle den Tod der Seele bewirkt (vgl. dazu Leg. All. 1,105 ff.). Allgemeines dazu bei Malte Hossenfelder, Die Philosophie der Antike, 3. Stoa, Epikureismus und Skepsis, Geschichte der Philosophie Bd. 3, hg. v. Wolfgang Röd, München 2 1995, 48 ff.
188 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache 1st·m b d_jaior, ja· fsa l³m aqt¹r 5wei, pqov]qym eQr l]som 1p’ ¡veke_ô t_m wqgsol]mym %vhoma d_dysim); was er aber bei sich nicht findet, das erbittet er von dem sehr reichen Gott (fsa d ’ #m lµ erq_sj, paq’ 2aut`, t¹m l|mom p\lpkoutom aQte?tai he|m); dieser aber eröffnet den himmlischen Schatz und lässt alles Gute in Fülle wie Regen und Schnee herabströmen, sodass alle irdischen Rinnsale (… ¢r t_m peqice_ym "p\mtym …) es aufnehmen und davon überfließen. Solches pflegt er [= Gott], weil er sich von dem ihn anflehenden Logos nicht abwendet, zu schenken (taOta d³ t¹m Rj]tgm 2autoO k|com oqj !postqave·r eUyhe dyqe?shai) … Deshalb war auch der weise Abraham, der die allumfassende göttliche Gerechtigkeit erprobt hatte, überzeugt, dass, würde auch alles andere vernichtet werden, aber auch nur ein Überrest der Tugend wie ein Funke gerettet werden, Gott dann um dieses Überrestes willen auch mit den anderen Mitleid haben werde (ox w\qim ja· b sov¹r )bqa±l pepeiqal]mor t/r 1m ûpasi toO heoO wqgst|tgtor pep_steujem fti j#m p\mta t± %kka !vamish0, lijq¹m d] ti ke_xamom !qet/r ¦speq 1lp}qeula dias]fgtai, di± t¹ bqaw» toOto j!je?ma oQjte_qei) … Beten wir daher darum, dass – gleichsam die Säule im Haus – der Verstand in der Seele, der gerechte Mensch aber im Menschengeschlecht zur Heilung von Krankheiten verbleibe. Denn ist der Nus (bzw. der Verstand) gesund, so hat man kein Recht, an der vollständigen Rettung/Genesung/Erhaltung zu verzweifeln (eqw~leha owm t¹m ¢r 1m oQj_ô stOkom moOm l³m 1m xuw0, %mhqypom d³ 1m t` c]mei t_m !mhq~pym t¹m d_jaiom dial]meim eQr tµm t_m m|sym %jesim7 to}tou c±q rcia_momtor t±r eQr pamtek/ sytgq_am oqj !pocmyst]om 1kp_dar,). Deshalb, glaube ich, reicht der Rettergott seine heilkräftigste Arznei, sein gütiges Vermögen, dem flehenden Verehrer dar und ermahnt ihn, es zur Rettung/Genesung/Erhaltung der Kranken zu benutzen, mit ihr die Wunden der Seele zu bestreichen, die Unverstand, Ungerechtigkeit und die ganze andere Menge der Übel feindselig aufreißt (di|ti oWlai b sytµq he¹r t¹ pamaj]statom v\qlajom, tµm Vkey d}malim, t` Rj]t, ja· heqapeut0 pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am 1pitq]pei, jatapk\ttomti t_m xuw/r tqaul\tym, ûpeq !vqos}mai ja· !dij_ai ja· b %kkor t_m jaji_m flikor !jomghe·r die?kem). Das klarste Beispiel dafür ist aber der gerechte Noah (1maqc]statom d³ paq\deicla M_e b d_jaior), der bei der großen Flut, bei der so viele Seelenteile untergegangen sind, heil über den Wogen hinschiffte, allem Unheil überlegen entging und selbst gerettet (1qqyl]myr 1pijulat_fym ja· 1pimgw|lemor rpeq\my l³m 5stg t_m deim_m "p\mtym, diasyhe·r) große und schöne Keime von sich aussandte … Denn es ist, wird sein und war zu jeder Zeit die Tugend (!qet^); mögen sie die unzeitigen Handlungen der Menschen auch vielleicht verdunkeln, so naht ein günstiger Zeitpunkt in Gottes Geleite, der sie doch wieder ans Tageslicht bringt (b d³ apad¹r heoO jaiq¹r !pojak}ptei p\kim).
Die Äußerungssituation, in der die sprachliche Einheit d}malir … pq¹r … sytgq_am (vgl. Migr. 124) erscheint, ist an dieser Stelle eindeutig zu bestimmen als Situation der Bedrohung einer Entität durch Krankheit. Diese negative Sachlage wird im Blick auf den gesamten Passus durch entsprechende Begrifflichkeiten explizit gemacht, die sich in der näheren Umgebung der Formulierung befinden und die Kohärenz des Textabschnittes garantieren (vgl.
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z. B. Migr. 119: p\hor/Pl.; 124: m|sor/Pl.; 124: … t¹ [xuw/r] tqaOla; 125: t± deim\). Das Wortcluster um 1pihul_a, Bdom^ (vgl. Migr. 119) und !vqos}mg, !dij_a, jaj_a (vgl. Migr. 124) macht darüber hinaus deutlich, um welche Art von Krankheit (m|sor, p\hor) es sich Philo zufolge handelt: Es geht um das Erkranktsein der menschlichen Seele und, in Analogie dazu, der Gattung „Mensch“ (t¹ c]mor t_m !mhq~pym) insgesamt,20 an schädlichen in ihr waltenden, Verderben bringenden Leidenschaften bzw. Lastern.21 Diese gehen gewalttätig gegen die (gegen sie ankämpfende) Seele vor (vgl. z. B. bereits Migr. 26 f.), woraus entsprechende Verwundungen (vgl. Migr. 124: tqaOlata [xuw/r]) resultieren. Den durch (seelische) Krankheit initiierten Status des Leidens, der Ohnmacht/ Hilflosigkeit und (Rettungs-)Bedürftigkeit signalisieren im Textausschnitt Migr. 118–126 die Verben j\lmeim (vgl. Migr. 124)22 und wq\y (vgl. Migr. 121)23: Bedeutet ersteres „kranken“, „Mangel leiden (an Kraft bzw. Gesundheit)“, aber auch: „in Elend“ bzw. „in Gefahr sein“24, so meint letzteres (im medialen Gebrauch) „bedürfen“ bzw. „bedürftig sein nach etwas“.
Liegt der ethische Nebensinn der ([seelische] Krankheit zum Ausdruck bringenden) Begrifflichkeiten p\hor, m|sor, tqaOla, j\lmeim (bzw. wq\y/ Med.) im gemeinsamen Gebrauch mit Begrifflichkeiten, die für das die Seele krankmachende Laster stehen (!vqos}mg, !dij_a, jaj_a), in Migr. 118–126 auf 20 Vgl. hierzu insbesondere die Parallelität von xuw^ und t¹ c]mor t_m !mhq~pym in Migr. 124: 1m xuw0 … 1m t` c]mei t_m !mhq~pym. 21 Es ist anzunehmen, dass Philo bei seinen Ausführungen zur am Laster erkrankten menschlichen Seele unter dem Einfluss der stoischen Affektenlehre steht: So weisen Anthony A. Long, David N. Sedley, Die hellenistischen Philosophen: Texte und Kommentare, Stuttgart [u. a.] 2006, 459 f. zurecht darauf hin, dass es als ein Charakteristikum stoischer Ethik galt, Tugend und Laster in den Begriffen geistiger Gesundheit bzw. Krankheit zu interpretieren: „Medizinische Analogien waren für die philosophische Ethik seit Sokrates und Platon charakteristisch …; die Stoiker arbeiteten diesen Punkt aber mit einer für sie charakteristischen Liebe zum Detail aus, wie man aus ihrer ,Pathologie der Gefühle‘ klar ersehen kann … Die Grundlage einer derartigen geistigen ,Krankheit‘ ist Unkenntnis oder sind irrige Werturteile.“ Zur stoischen Konzeption des Lasters als geistiger Krankheit, die zur tugendhaften Disposition der Seele (d. h. ihrer Gesundheit) in scharfem Kontrast steht, vgl. auch Hossenfelder, Die Philosophie der Antike 3, 49 f; 53 f.: Herrscht der Verstand (b moOr) über den unvernünftigen Seelenteil bzw. Trieb, womit eine Eliminierung der Affekte (t± p\hg) einhergeht, so resultieren daraus mit der Tugend (!qet^) konforme Handlungen, ein Status, der im Allgemeinen (mittels medizinischer Motivik) als Gesundheit (rc_eia) beschrieben wird. Erliegt die Seele dagegen üblen Negativeinflüssen, wird sie von jenen Krankheiten (p\hor als m|sor) befallen, deren Symptome die Untugenden, d. h. Laster und Schlechtigkeiten sind. 22 Vgl. den partizipialen Gebrauch von j\lmeim in Migr. 124: b sytµq he¹r t¹ pamaj]statom v\qlajom, tµm Vkey d}malim, t` Rj]t, ja· heqapeut0 pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am 1pitq]pei. Der Genitiv t_m jalm|mtym ist hier wohl als Rückverweis auf … 1m xuw0 … 1m t` c]mei t_m !mhq~pym zu verstehen. 23 Vgl. das medial gebrauchte wq\y in Migr. 121: b d_jaior … pqov]qym eQr l]som 1p’ ¡veke_ô t_m wqgsol]mym %vhoma d_dysim. 24 Vgl. Passow, s.v. j\lmy: „im Elend sein“, „in Gefahr sein“.
190 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache der Hand, so ist davon ein Geflecht bedeutungsähnlicher Wörter abzugrenzen, die in der näheren Umgebung der zu analysierenden Formulierung d}malir … pq¹r … sytgq_am erscheinen und ebenfalls in übertragener Bedeutung gebraucht werden, indem sie für Errettung/Heilung/Genesung von (seelischer) Krankheit stehen: Abgesehen vom Substantiv sytgq_a (vgl. die Parallelität von 1kp_r … eQr [pamtek/] sytgq_am;25 d}malir … pq¹r … sytgq_am) wäre hier das (passivisch gebrauchte) Verbum dias]feim (vgl. Migr. 122; 125) an erster Stelle zu nennen. Im Krankheitskontext von Migr. 118–126 wird das Wort sytgq_a („Rettung, Genesung, Erhaltung“) des Weiteren parallel mit %jesir („Heilung“) gebraucht. Neben Rettungs- bzw. (Lebens-)Erhaltungsterminologie wie dias]feim (Pass.), sytgq_a und %jesir stößt man zudem noch auf das Verbum rcia_meim (vgl. Migr. 119.124).26 Im Kontrast zum Wortcluster um p\hor, m|sor (!vqos}mg, !dij_a, jaj_a), tqaOla und j\lmeim, welches den Krankheitszustand27 der Seele angesichts von Laster und Schlechtigkeit zum Ausdruck bringt, verweist das Wortcluster um dias]feim, sytgq_a, %jesir und rcia_meim folglich auf die Möglichkeit28 der Überwindung von Krankheit als gefahrvollem Zustand, d. h. auf die zukünftige Rettung/Genesung/Befreiung der Seele von Krankheit, was dem Zustand von Gesundheit (= Tugend/!qet^, vgl. Migr. 122; 123; 126:) gleichkommt.29 25 Im Gebrauch der Formulierung 1kp_r … eQr … sytgq_am, welche „Hoffnung auf Errettung/ Befreiung/Genesung (von Krankheit)“ seitens der Kranken bedeutet, mag gleichzeitig der gegenteilige Gedanke aktualisiert werden: nämlich die Möglichkeit, dass die Krankheit eine Wendung zum Schlechten (d. h. eine Wendung zuungunsten des Kranken) erfährt (eQr ekehqom). Vgl. dazu Hipp. III Epid. III 17a,627; Hipp. III Epid. III 17a,628; Hipp. Off. Med. 18b,639 (s. insgesamt die Ausführungen unter II./3.1.3). 26 Dass der ethische Nebensinn von rcia_meim im Zusammenhang von Migr. 118–126 gleichermaßen überwiegt, ist bei Cohn [u. a.], Philo von Alexandrien. Die Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 2, 183 zu lesen. 27 Vgl. dazu auch Plutarch De virtute morali 441c.d.e, wo Tugend, ebenso wie Leidenschaft als Zustände (di\hesir/Pl.) der Seele beschrieben werden: Alle diese Philosophen halten die Tugend für einen von der Vernunft ausgehend entstandenen Zustand und eine Kraft des vorzüglicheren Teiles der Seele … die Leidenschaft sei eine verderbte und ungezügelte Vernunft, die durch ein schlechtes und verfehltes Urteil Heftigkeit und Stärke gewinne (joim_r d’ ûpamter oxtoi tµm !qetµm toO BcelomijoO t/r xuw/r di\hes_m tima ja· d}malim cecemgl]mgm rp¹ k|cou … ja· … t¹ p\hor eWmai k|com pomgq¹m ja· !j|kastom 1j va}kgr ja· diglaqtgl]mgr jq_seyr svodq|tgta ja· N~lgm pqoskabo}sgr). 28 Vgl. dazu den Gebrauch von sytgq_a, %jesir in Verbindung mit Präpositionen, die die (Ziel-)Richtung bzw. den Zweck angeben (vgl. dazu LSJ, s.v. eQr; s.v. pq|r): eQr … %jesim … eQr [pamtek/] sytgq_am … pq¹r … sytgq_am. 29 Zum Verhältnis von !qet^, syvqos}mg, sytgq_a vgl. neben Agr. 98 f. auch Virt. 13 f.: Krankheiten des Körpers endlich schaden wenig, wenn die Seele gesund ist. Die Gesundheit der Seele aber besteht in der guten Mischung der Kräfte, die im Gemüth, im Begehrvermögen und im Denkvermögen enthalten sind, wofern nämlich die Denkkraft die Herrschaft führt und die beiden anderen wie widerspenstige Rosse am Zügel hält. Der dieser Gesundheit eigentümliche Name ist Besonnenheit, weil sie Erhaltung schafft dem denkenden Teil in uns. Denn sie lässt den Verstand, der oft Gefahr läuft, vom Sturm der Leidenschaften hingerissen zu werden, nicht ganz versinken, sondern zieht ihn hinauf und hebt ihn hoch empor, beseelt und belebt ihn und macht ihn gewissermaßen unsterblich (m|soi ce lµm syl\tym rciaimo}sgr xuw/r Fjista bk\ptousim7
Bedrohung der menschlichen Seele durch Krankheit und ihre Erhaltung 191
Wichtig ist nun, wie sytgq_a und %jesir Philo zufolge zugunsten der am Laster erkrankten, sich daher in Gefahr befindenden menschlichen Seele (bzw. Gattung „Mensch“) herbeigeführt zu werden vermögen: sytgq_a hat in Form fremder Hilfeleistung von außen zu erfolgen und ist auf das Eingreifen eines Retters (syt^q, vgl. Migr. 124) in Gestalt des biblischen Gottes30 zurückzuführen:31 Gott leistet zugunsten der Kranken Hilfe, indem er Hilfe schickt, und zwar in Form eines Mittlers sytgq_a in Gang setzt, die universal ausgerichtet ist (vgl. 124: eQr pamtek/ sytgq_am!).32 Wie der Gebrauch der Präposition di\ in Migr. 109 und 118 zeigt (vgl. … di± t¹m sov|m … di± t¹m !ste?om) handelt es sich bei diesem Mittler nun um eben den seitens Gottes mit entsprechenden Gunsterweisen (dyqe\, vgl. Migr. 53–109) ausgestatteten guten Menschen: um Abraham,33 dessen Seele (nach Reinigung und dem Empfang göttlicher Gunsterweise) reine Sittlichkeit erfüllt. Der gute Mensch, Abraham, ist Philo zufolge exemplarischer Träger der Tugend (!qet^)34: Als Weiser und Gerechter
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rce_a d³ xuw/r eqjqas_a dum\le~m 1sti t/r te jat± t¹m hul¹m ja· tµm 1pihul_am ja· t¹m k|com, 1pijqato}sgr t/r kocij/r ja· ¦speq !vgmiast±r Vppour Bmiowo}sgr 2jat]qar. emola ta}tgr Udiom t/r rce_ar 1st· syvqos}mg, sytgq_am t` vqomoOmti t_m 1m Bl?m !peqcafol]mg7 jimdumeOom c±q aqt¹ pokk\jir rp¹ t/r t_m pah_m voq÷r jatajk}feshai rpobq}wiom oqj 1ø wyqe?m, !kk± !m]kjei ja· let]yqom 1na_qei xuwoOsa ja· f\ocomoOsa ja· tq|pom tim± !pahamat_fousa). Vgl. Migr. 124: b syt^q he|r; expliziter Verweis auf b he|r auch in Migr. 120; 121; 122; 123; 126. Zur ethisch konnotierten Wortgruppe (bzw. zum Assoziationsfeld) syt^q, d}malir, sytgq_a, rce_a, ¡veke?m vgl. ebenso Spec. Leg. 1,252, wo Philo im Rahmen seiner Thematisierung der Opferpraxis auf das sog. Rettungsopfer zu sprechen kommt: Das Rettungsopfer aber (ist nötig), weil er (= der Mensch/der Gesetzgeber) den wahren Retter, Gott, als den Urheber seiner (Er-)Rettung anerkannt hat und nicht Ärzte und die ihnen zu Gebote stehenden Mittel (!). Denn die Ärzte sind schwach und sterblich und nicht einmal imstande, sich selbst gesund zu machen, ihre Mittel aber helfen weder allen Menschen noch denselben zu jeder Zeit, vielmehr schaden sie ihnen manchmal sogar sehr, da die Macht über die Mittel und über die, die sie anwenden, bei einem anderen steht (t0 d³ toO sytgq_ou, di|ti t¹m syt/qa emtyr he¹m 1pic]cqaptai t/r sytgq_ar aUtiom, !kk’ oqj Qatqo»r ja· t±r paq’ aqto?r dum\leir7 oR l³m c±q 1p_jgqoi ja· hmgto· lgd’ arto?r rce_am Rjamo· paqaswe?m, aR d’ oute p\mtar out’ !e· to»r aqto»r ¡vekoOsim, !kk’ 5stim fti ja· l]ca bk\ptousim, 1peidµ t¹ jOqor 6teqor !m/ptai ja· t_m dum\leym ja· t_m wqyl]mym aqta?r). Die universale Ausrichtung von Hilfe wird im Text durch entsprechende, Verallgemeinerung ausdrückende Begriffe und Formulierungen angezeigt (vgl. Migr. 118: t¹ lgd³m l]qor … !l]towom eqeqces_ar !poke_peshai; 121: … toO c]mour t_m !mhq~pym; 121: … ¢r t_m peqice_ym "p\mtym …; 122: t/r 1m ûpasi toO heoO wqgst|tgtor; 124: … 1m t` c]mei t_m !mhq~pym … usw.). Vgl. Migr. 122: So vertraut der die göttliche Gerechtigkeit erprobt habende, weise Abraham darauf (b sov¹r )bqa±l pepeiqal]mor t/r 1m ûpasi toO heoO wqgst|tgtor pep_steujem), dass sich Gott dem Menschengeschlecht gnädig (Vkeyr) erweist (Philo verweist in diesem Zusammenhang auf 14,20 LXX: Vkeyr aqto?r eQli jat± t¹ N/l\ sou). Vgl. Migr. 122: Deshalb war auch der weise Abraham … überzeugt, dass, würde auch alles vernichtet werden, aber auch nur ein Überrest der Tugend wie ein Funke (lijq¹m … ti ke_xamom !qet/r) gerettet werden, Gott dann um dieses Überrestes willen auch mit den anderen Mitleid haben werde; 123: So macht auch ein Körnchen Tugend (t¹ bqaw}tatom … !qet/r), wenn es durch gute Hoffnungen neu erwärmt wieder aufflackert, die so lange blinden und dunklen Augen wieder sehend; 126: Denn es ist, wird sein und war zu jeder Zeit die Tugend (!qet^); mögen sie die unzeitigen Handlungen der Menschen auch vielleicht verdunkeln, so naht ein
192 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache (sov|r, d_jaior)35 erfüllt er mit Blick auf die am Laster erkrankte menschliche Gattung die gleiche stabilisierende Funktion mit (erhaltender) Wirkung wie (vgl. Migr. 124: ¢r) die Säule im Haus und der Verstand (Nus) in der Seele.36 Entspricht die Aufgabe des Gerechten innerhalb der Gattung „Mensch“ der Funktion des Nus in der Seele, so ist es nicht verwunderlich, dass Philo die Begrifflichkeiten Nus/Logos37 (b moOr, k|cor) und gerechter/weiser Mensch (b d_jaior, sov|r) in Migr. 118–126 oftmals ins Verhältnis zueinander setzt und sie in ihrer Rolle als Handlungsträger von sytgq_a sogar als austauschbar gebraucht.38
Wie der Gebrauch des Verbums pqolghe?shai39 (vgl. Migr. 120, wörtl. „Fürsorge hegen“),40 ebenso wie weiterer Verben und Verbalkonstruktionen, die ein Geben/Gewähren/Darreichen seitens des göttlichen Gerechten41 bzw. Gottes42 beschreiben, zeigt, handelt Gott mittels seines Gerechten (Weisen, Nus, Logos) am Menschengeschlecht fürsorglich. Konkret wird dieses fürsorgliche göttliche Handeln, wie es im Gebrauch der Verben pqolghe?shai,
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günstiger Zeitpunkt in Gottes Geleite, der sie doch wieder ans Tageslicht bringt (b d³ apad¹r heoO jaiq¹r !pojak}ptei p\kim). Vgl. entsprechende Verweise in Migr. 118: … di± t¹m !ste?om; 120: … 2m¹r !mdq¹r jakoj!cah_ar pqolghoul]mou; 121: b d_jaior; 122: b sov¹r )bqa±l. Neben Abraham wird auch Noah als gerecht bezeichnet, vgl. z. B. Migr. 125: M_e b d_jaior usw. Vgl. Migr. 121: 5qeisla toO c]mour t_m !mhq~pym 1st·m b d_jaior; 124: eqw~leha owm t¹m ¢r 1m oQj_ô stOkom moOm l³m 1m xuw0, %mhqypom d³ 1m t` c]mei t_m !mhq~pym t¹m d_jaiom dial]meim eQr tµm t_m m|sym %jesim. Der Glaube, dass das gerechte Verhalten des einzelnen Frommen/Weisen vielen, d. h. seiner Umgebung, zum Nutzen dienen kann (vgl. Migr. 120 f.: Edg l]mtoi … 5hmg … 2m¹r !mdq¹r jakoj!cah_ar pqolghoul]mou lec\kgr !p^kausam eqdailom_ar; t` c±q emti 5qeisla toO c]mour t_m !mhq~pym 1st·m b d_jaior, ja· fsa ³m aqt¹r 5wei, pqov]qym eQr l]som 1p’ ¡veke_ô t_m wqgsol]mym %vhoma d_dysim), ist, wie Cohn [u. a.], Philo von Alexandrien. Die Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 2, 183 f. darlegt, stoisch und jüdisch (vgl. Jes 6,12 ff.; Philo Sac. 122 ff.). Zur häufigen synonymen Verwendung der Begriffe k|cor und moOr bei Philo, indem speziell mit k|cor eine göttliche Mittlergestalt bezeichnet wird, durch welche (vgl. den Gebrauch der Präposition di\) Gott (in seiner Rolle als Schöpfer und Erhalter [der Schöpfung]) kreativ handelt, vgl. Dillon, The Middle Platonists, 159 f. Eine Zusammenschau von Migr. 119 und 124 mag dies verdeutlichen: Der Gesundheit des Nus entspricht (in Anknüpfung an Gen 12,3: 1meukocgh^somtai 1m so· p÷sai aR vuka· t/r c/r) die Gesundheit seiner (seelischen) Teile und Kräfte (vgl. 119: 1±m c±q b moOr %mosor ja· !p^lym diatek0, ta?r peq· aqt¹m "p\sair vuka?r te ja· dum\lesim rciaimo}sair wq/tai); wie die Säule im Haus und der Nus in der Seele, so hat auch der gerechte Mensch im Menschengeschlecht eine stabilisierende und therapierende Funktion: Ist der Nus/der gerechte Mensch gesund, so verweist dies gleichzeitig auf die vollständige Rettung/Genesung der Seele im Besonderen wie des Menschengeschlechtes im Allgemeinen (vgl. 124: … eqw~leha owm t¹m ¢r 1m oQj_ô stOkom moOm l³m 1m xuw0, %mhqypom d³ 1m t` c]mei t_m !mhq~pym t¹m d_jaiom dial]meim eQr tµm t_m m|sym %jesim7 to}tou c±q rcia_momtor t±r eQr pamtek/ sytgq_am oqj !pocmyst]om 1kp_dar). Vgl. Migr. 120: Edg l]mtoi … 5hmg … 2m¹r !mdq¹r jakoj!cah_ar pqolghoul]mou lec\kgr !p^kausam eqdailom_ar. Vgl. dazu Passow, s.v. pqolghe|lai: „Sorge“ oder „Vorsorge haben”. Vgl. Migr.121: pqov]qeim … 1p’ ¡veke_ô … did|mai. (Über Vermittlung des Gerechten,) vgl. 109: (to?r %kkoir) !pom]leim (di± t¹m sov|m); 118: di± t¹m !ste?om 2t]qoir sumtucw\meim; 109.122: dyqe?shai.
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!pom]leim (di± t¹m sov|m), pqov]qeim (… 1p’ ¡veke_ô), did|mai und dyqe?shai zum Ausdruck kommt, im Übereignen von göttlichen Gunstbezeugungen (vgl. 109: t± ühka, 118: eqeqces_a/Pl.) an die übrige Menschheit (vgl. Migr. 109–118): Alle ihm selbst zuteil gewordenen Wohltaten leitet der Gerechte an Letztere (= an die krankende, Mangel leidende, sich in Gefahr befindende Gattung „Mensch“, vgl. 121: t_m wqgsol]mym…; 124: … t_m jalm|mtym) weiter. So gesehen, stehen die Verben pqolghe?shai, !pom]leim (di± t¹m sov|m), pqov]qeim (… 1p’ ¡veke_ô), did|mai, dyqe?shai bedeutungsmäßig in einem Wechselverhältnis zu den Verben wq\y (Med./vgl. 121) und j\lmeim (vgl. 124), die, wie bereits erwähnt, den Zustand der Ohnmacht, Wehr- und Hilflosigkeit bzw. Rettungsbedürftigkeit der Kranken (= der Gattung „Mensch“) zum Ausdruck bringen. Daneben indiziert der Gebrauch der Verben aQte?shai und Rjete}eim,43 dass die Fürsorge des Gott anflehenden Gerechten die Fürsprache für die Kranken/Ohnmächtigen/Hilflosen mit einschließt.44
Es wurde festgestellt, dass die Wortcluster um p\hor, m|sor (!vqos}mg, !dij_a, jaj_a), tqaOla, j\lmeim auf der einen Seite und dias]feim, sytgq_a (!qet^), %jesir, rcia_meim auf der anderen Seite im Kontext akuter Bedrohung der Gattung „Mensch“ (bzw. der menschlichen Seele) durch Krankheit (Laster) in semantischem Kontrast zueinander stehen; ferner, dass Errettung bzw. Genesung von Krankheit durch Gottes (b syt^q, he|r) fürsorgliches Eingreifen herbeigeführt zu werden vermag, indem dem göttlichen Gerechten dabei die Rolle eines Mittlers zukommt. So gesehen, ist es terminologisch evident, dass Philo letzteren in Migr. 124 heqapeut^r nennt. Fügt sich die heqapeut^r-Begrifflichkeit in den vorliegenden Krankheitskontext, so liegt deren ethische Nebenbedeutung ebenfalls auf der Hand: Im Gegensatz zur an Krankheit (p\hor, m|sor [!vqos}mg, !dij_a, jaj_a]) leidenden Gattung „Mensch“ (vgl. Migr. 124: … t_m jalm|mtym) ist der Gerechte bzw. Weise, der seitens Gottes mit entsprechenden Gunsterweisen ausgestattet wurde (vgl. Migr. 53–109),45 als Träger der Tugend46 selbst frei von Krankheit47 (vgl. Migr. 119: %mosor48, !p^lym49). Er 43 Dass das inständige Bitten des Gerechten eine Änderung der Lage (zugunsten der menschlichen Gattung) herbeizuführen vermag, geht hervor aus: Migr. 121: fsa d ’ #m lµ erq_sj, paq’ 2aut`, t¹m l|mom p\lpkoutom aQte?tai he|m; 122: taOta d³ t¹m Rj]tgm 2autoO [heoO] k|com oqj !postqave·r eUyhe dyqe?shai; 122: k]cetai c±q 2t]qyhi Lyus]yr Rjete}samtor· „Vkeyr aqto?r eQli jat± t¹ N/l\ sou“ (Num. 14,20); 124: t` Rj]t, ja· heqapeut0 … 2autoO … jatapk\ttomti t_m xuw/r tqaul\tym. 44 Zum göttlichen Logos als Fürsprecher für die Menschheit vgl. auch Vit. Mos. 2,133 f. 45 Vgl. Migr. 53, 70, 86, 106: dyqe\. 46 Als solcher gilt Philo zufolge neben Abraham (und Mose, vgl. 122!) auch Noah (vgl. Migr. 125), der, trotz zahlreicher Gefahren (t± deim\), aufgrund seiner seelischen Unbescholtenheit (Tugend) nicht zugrundegerichtet, sondern gerettet/bewahrt wurde. 47 Vgl. dazu Migr. 118 f.: Das ist es also, was zuerst den anderen Menschen um des guten Mannes willen zuteil wird … denn solange der Nus gesund und heil bleibt, sind seine Teile und Kräfte
194 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache handelt am Menschengeschlecht, dem Verstand in der Seele vergleichbar, wie ein Arzt (vgl. 124: heqapeut^r [tµm t_m jalm|mtym]),50 und zwar, anschließend an Migr. 121 f. (vgl. den Gebrauch von aQte?shai, Rjete}eim), wie ein Gott anflehender ärztlicher Betreuer (vgl. 124: t` Rj]t, ja· heqapeut0).
Zur Beantwortung der Frage, worin die ärztliche Hilfeleistung51 des heqapeut^r (als eines göttlichen Mittlers) zugunsten des erkrankten Menschengeschlechts konkret besteht, empfiehlt sich nun ein Blick auf Migr. 124:52 Das zu analysierende Syntagma d}malir … pq¹r … sytgq_am kommt an dieser Stelle in Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens zur Anwendung (vgl. … tµm … d}malim … pqote_meim … pq¹r tµm … sytgq_am)53 und steht für ein Handeln bzw. Eingreifen der Rettergottheit, welches auf die Rettung/(Lebens-)Erhaltung der Kranken zielt. Der Rettungs- bzw. Hilfsbedürftigkeit der am Laster (vgl. Migr. 124: !vqos}mg, !dij_a, jaj_a) Leidenden (vgl. 121: … t_m wqgsol]mym; 124: … t_m jalm|mtym) korrespondiert dabei der göttliche Auftrag an den heqapeut^r (vgl. … b sytµq he¹r … t` Rj]t, ja· heqapeut0 … 2autoO … 1pitq]pei), ein speziell an ihn übereignetes, äußerst heilkräftiges (Arznei-)Mittel (t¹ [pamaj]statom] v\qlajom), das näher be-
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gesund (1±m c±q b moOr %mosor ja· !p^lym diatek0, ta?r peq· aqt¹m "p\sair vuka?r te ja· dum\lesim rciaimo}sair wq/tai,), … auch die, die zu Vergnügen und Begierden hinneigen und die aus Leidenschaften zu seinen Freuden umgestaltet werden (ja· p\kim ta?r jat± t±r Bdom\r te ja· 1pihul_ar ja· fsai !mt· pah_m eQr eqp\heiam letawaq\ttomtai). Der Nus vermag es folglich, p\hor in eqp\heia („Behaglichkeit, Wohlleben“) umzuwandeln. Vgl. Passow, s.v. %mosor: „ohne Krankheit, frei von Krankheit, von keinem Übel behaftet.“ Vgl. Passow, s.v. !p^lym: 1. „unversehrt, unbeschädigt, frei von Leid od. Unheil“; 2. „keinen Schaden, keine Gefahr bringend“; 3. „Schaden verhütend“, „Schaden, Nachteil abwehrend“. Vgl. dazu LSJ, s.v. heqapeut^r [tµm t_m jalm|mtym]: „medical attendant“; vgl. dazu auch Passow, s.v. heqapeut^: „der Diener“, „auch der, der einer Gottheit dient“; derjenige, „der etwas besorgt, für etwas sorgt“. In seinem Werk Hippocrates in a World of Pagans and Christians stellt Owsei Temkin die interessante These auf (vgl. ders., Hippocrates in a World of Pagans and Christians, Baltimore [u. a.] 1995, 8 f.), dass die Unterscheidung zwischen zwei Arten von Medizin, die eine zur Heilung körperlicher Krankheiten, die andere zur Heilung seelischer Krankheiten, bereits auf Aristoteles, Demokrit u. a. antike Autoren zurückzuführen ist. Später wurde diese Unterscheidung, so Temkin, von der stoischen Philosophie, der philonischen und letztendlich auch der christlichen Literatur aufgegriffen: „The idea of two forms of medicine, one of which heals the diseases of the body and employs diets, drugs and surgery, while the other heals the troubles of the mind by reasoning and sundry pathological techniques, was popular among pagans and Christians, and is still with us“; vgl. ebenso ders., Hippocrates, 16: „This thinking was not exclusively Greek; it also had its independent existence among ancient Jews (and possibly other nations).“ Vgl. Migr. 124: … b sytµq he¹r t¹ pamaj]statom v\qlajom, tµm Vkey d}malim, t` Rj]t, ja· heqapeut0 pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am 1pitq]pei, jatapk\ttomti t_m xuw/r tqaul\tym, ûpeq !vqos}mai ja· !dij_ai ja· b %kkor t_m jaji_m flikor !jomghe·r die?kem. Zu pqote_meim (+ Akk.) in der Bedeutung „(hin-)reichen“, „darbieten“ vgl. Passow, s.v. pqote_my: „ausspannen, ausstrecken, ausbreiten, vorhalten (bes. zum Schutz)“ (!); auch: etw. „darbieten, anbieten“.
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stimmt wird als (Vkeyr) d}malir … pq¹r … sytgq_am, zu gebrauchen, um ihrer Bedürftigkeit (= Mangel an Gesundheit) Abhife zu schaffen und universal ausgerichtete sytgq_a herbeizuführen (… wq/shai pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am). Analysiert man weiterhin den Kontext, der das Syntagma (Vkeyr) d}malir … pq¹r … sytgq_am umgibt (vgl. Migr. 120 f.; 124),54 so wird deutlich, dass Philo die in Migr. 124 erwähnte (Vkeyr) d}malir an anderer Stelle auch als eine „unbezwingbare“ (!mamtac~mistor)55 qualifiziert, wodurch der Gedanke an Widerstand, Wehr und Verteidigung (im Krieg) aktualisiert wird. Ebenso nennt er diese d}malir (Hilfs-)Mittel (vgl. 121: eqcamom). Wie bereits oben erwähnt, spricht er von ihr daneben als „äußerst heilkräftiges (Arznei-)Mittel“ (t¹ [pamaj]statom] v\qlajom),56 welches die Gattung „Mensch“ im Kampf gegen Krankheit57 widerstands- bzw. wehrfähig zu machen vermag: Die (Vkeyr) d}malir … pq¹r … sytgq_am stellt Philo zufolge demnach das entscheidende (Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mittel58 dar, welches Gott seinem göttlichen Mittler59 zur Verfügung stellt60 und welches dieser zugunsten der Kranken zum Einsatz bringen soll (vgl. wq/shai), um deren (Lebens-)Erhaltung sicherzustellen.61 54 Vgl. Migr. 120: … ft\ … b he¹r ja· d}malim 5dyjem !mamtac~mistom; 121: … ¢r lousij` ja· pamt· tewm_t, t± jat± lousijµm ja· p÷sam t]wmgm eqcama C n}kym vkgm puq_; 124: … b sytµq he¹r t¹ pamaj]statom v\qlajom, tµm Vkey d}malim, t` Rj]t, ja· heqapeut0 pqote_mar 2autoO [wq/shai] pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am [1pitq]pei]. 55 Vgl. Passow, s.v. !mamtac~mistor: „wogegen nicht anzukämpfen ist“, „unüberwindlich“. 56 Der Blick auf die syntaktische Ebene zeigt, dass die im Akkusativ vorliegenden Formulierungen … d}malim … !mamtac~mistom, … t¹ pamaj]statom v\qlajom und tµm Vkey d}malim … pq¹r … sytgq_am in Migr. 120; 124 parallel gebraucht werden. Alle drei Wendungen werden mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens konstruiert (vgl. Migr. 120: did|mai [+ Akk.]; 124: pqote_meim [+ Akk.]). Subjekt der Gewährung von (!mamtac~mistor, Vkeyr) d}malir, (t¹ pamaj]statom) v\qlajom ist jeweils die Rettergottheit (b [sytµq] he|r). 57 Vgl. dazu erneut das entsprechende Wortcluster um p\hor, m|sor (!vqos}mg, !dij_a, jaj_a), tqaOla, j\lmeim. 58 Vgl. dazu auch Agr. 98 f.: Bewirkt die Lust (B Bdom^) als schädliche Leidenschaft (p\hor) letztendlich den Tod (h\mator) der menschlichen Seele, so bewirkt die Tugend (!qet^) der Selbstbeherrschung (1cjq\teia) dagegen Gesundheit und Erhaltung des Lebens (rce_a, sytgq_a). Neben 1cjq\teia kommt Philo noch auf eine weitere Tugend zu sprechen, die für die Erhaltung der Seele des Weisen entscheidend ist: Nämlich auf die Übel abwehrende Besonnenheit (B !ken_jajor syvqos}mg), bei welcher es sich um ein jeglicher Zügellosigkeit bzw. Ausschweifung entgegenwirkendes Heilmittel (!mtipah³r … !jokas_ar v\qlajom) handelt und die es daher im Kampf gegen die schädlichen Leidenschaften einzusetzen gilt. Vgl. dazu auch Virt. 11, wo vq|mgsir als !ken_jajom v\qlajom aufgeführt wird. Allgemeines zum kynisch-stoischen 1cjq\teia-Konzept, das von Philo offensichtlich übernommenen wurde, findet sich bei L vy, Philo’s Ethics, 150 f.; 159. 59 Vgl. Migr. 124: t` Rj]t, ja· heqapeut0 [2autoO]; vgl. auch 122: … t¹m Rj]tgm 2autoO k|com. 60 Im Hinblick auf die Formulierung … tµm Vkey d}malim … 2autoO … pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am ist das 2autoO wohl als pronominaler Rückverweis auf b syt^q bzw. he|r zu verstehen. Das Reflexivpronomen der dritten Person im Genitiv signalisiert dabei, dass zwischen he|r und Vkeyr d}malir … pq¹r tµm sytgq_am ein Verhältnis der Zugehörigkeit besteht. Gleichzeitig kann sich das 2autoO auf t` Rj]t, ja· heqapeut0 beziehen. 61 Die in Migr. 124 zur Sprache gebrachte Vkeyr d}malir, die dem göttlichen heqapeut^r (bzw.
196 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache Die Adjektivverbindung Vkeyr62 d}malir kommt darüber hinaus in Philos Opus u. a. in Fug. 100–101 zur Anwendung. Philo sieht an dieser Stelle die Vkeyr d}malir dargestellt durch den Aufsatz (1p_hgla) der Lade, der Rkast^qiom63 heiße:64 „Hier gibt es also ein Wortspiel zwischen den Stammverwandten Vkeyr und Rkast^qiom.“65 Zudem erscheint Vkeyr d}malir oftmals in Verbindung mit Verben, die „Mitleid haben“ bzw. „Erbarmen haben“ bedeuten (oQjte_qeim, 1kee?m):66 Mittels seiner Vkeyr d}malir er-
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k|cor, vgl. Migr. 122) von Gott verliehen wird, um die Erhaltung der Gattung „Mensch“ sicherzustellen (pq¹r sytgq_am), ist dem k|cor an dieser Stelle folglich zu- bzw. untergordnet. Allgemeines zum Verhältnis von d}malir und k|cor bei Philo findet sich bei Grundmann, Art. d}malai/d}malir, 299 f.; vgl. dazu neuerdings auch Radice, Philo’s Theology and Theory of Creation, 136 f. Vgl. Passow, s.v. Vkeyr, attisch statt Vkaor: (von Menschen) „gütig“, „wohlwollend“, „freundlich“, „geneigt“; (speziell von Göttern): „huldvoll“, „gnädig“. Zum Begriff Rkast^qiom bei Philo vgl. u. a. Quis Her. 166 und Fug. 101 (= hier zitiert Philo Ex 25,21); vgl. daneben Cher. 25 (= Rkast^qiom zur Bezeichnung der „Deckplatte“ auf der Lade); Fug. 100; Vit. Mos 2,95.97 u. ö. Vgl. speziell zur Verwendung von Rkast^qiom in Fug. 100; Vit. Mos 2,95.97 die Notiz bei Michael Wolter, Der Brief an die Römer, Teilband 1: Röm 1–8, EKK VI/ 1, Neukirchen-Vluyn 2014, 257: „In allen drei Texten ist die Referenz dieselbe wie in der Septuaginta. Gleichzeitig geht aus ihnen aber auch hervor, dass Philo sich der semantischen Differenz zwischen der Bezeichnung Rkast^qiom und der Funktion als Deckel auf der Lade bewusst ist.“ Interpretiert man die bei Philo erscheinende Wendung Vkeyr d}malir im gemeinsamen Gebrauch mit Rkast^qiom (in der Bedeutung „Sühnemittel“, vgl. Fug. 100; Vit. Mos. 2,95.97 [= zur Bezeichnung des Deckels der Bundeslade, vgl. LXX]) nun, ausgehend von Migr. 124, als Vkeyr d}malir … pq¹r sytgq_am, so ließe sich, in Analogie dazu, ein impliziter Zusammenhang zur paulinischen Rede vom Evangelium als d}malir (heoO) eQr sytgq_am in Röm 1,16 und dem paulinischen Verweis auf Christi Tod als Unheil (= Gottes Zorn) abwehrendes Mittel (Rkast^qiom) in Röm 3,25 eruieren. Zur Diskussion um die Bedeutung von Rkast^qiom in Röm 3,25 vgl. insgesamt Wolter, Der Brief an die Römer, 256–259. Wolter zeigt verschiedene Optionen der Herleitung und Bedeutung von Rkast^qiom in 3,25 auf (258): (1) Rkast^qiom als Bezeichnung für die kapporet (vgl. Ex 25,17–22; 31,7; 35,12; 38,5.7 f.; Lev 16,2.13–15 LXX u. ö.; kultische Sühne [nach Levitikus] als traditionsgeschichtlicher Hintergrund, Vertreter dieser Intertretation: u. a. Wilckens, Der Brief an die Römer [Röm 1–5], 193); (2) Rkast^qiom als Bezeichnung für den Tod der Märtyrer zur Befreiung Israels von seinen Sünden (4Makk 17,21–22; Vertreter: u. a. Eduard Lohse, Der Brief an die Römer, KEK 4, Göttingen 2003, 135; Klaus Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, ThHK 6, Leipzig 42012, 106); (3) Rkast^qiom in der Bedeutung „Weihegeschenk“ (Vertreter: Stefan Schreiber, Das Weihegeschenk Gottes. Eine Deutung des Todes Jesu in Röm 3,25, ZNW 97 [2006], 88–110, 105, Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 46 ff.); (4) Mit Rkast^qiom greift Paulus nicht einen bestimmten Vorstellungshintergrund auf, sondern greift eher unspezifisch auf allgemeine Entsündigungsvorstellungen zurück (vgl. dazu die unter (1) u. (2) genannten). Vertreter: u. a. Ernst Käsemann, An die Römer, HNT 8a, Tübingen 41980, 91; Michael Wolter, Rechtfertigung und zukünftiges Heil. Untersuchungen zu Röm 5,1–11, BZNW 43, Berlin 1978, 21; Charles E.B. Cranfield, A critical and exegetical commentary on the Epistle to the Romans, ICC, 2 Bde., Edinburgh 1975, Bd. 1, 216. Wolter, Der Brief an die Römer, 257. Vgl. dazu z. B. Fug. 95–96, wo Philo auf verschiedene dum\leir der Gottheit verweist, die alle unterschiedliche Funktionen haben: Unter ihnen (den Kräften) hat die schöpferische Kraft, mittels der er bei der Schöpfung durch sein Wort die Welt bildete, den Vorrang (…, ¨m %qwei B poigtij^, jah’ Dm b poi_m k|c\ t¹m j|slom 1dglio}qcgse·); die zweite ist die königliche Kraft, durch welche der Schöpfer über das Gewordene herrscht (deut]qa d’ B basikij^, jah’ Dm b
Bedrohung der menschlichen Seele durch Krankheit und ihre Erhaltung 197 barmt sich Gott der in Not und Bedrängnis geratenen Schöpfung, anstatt diese zu bestrafen und zu vernichten. Untersucht man die nähere Umgebung, in der die Formulierung Vkeyr d}malir … pq¹r … sytgq_am in Migr. 124 erscheint, so stellt sich heraus, dass dort ebenfalls das Verbum oQjte_qeim vorkommt (vgl. 122): Um eines Überrestes der Tugend willen – repräsentiert durch den gerechten Mann im Menschengeschlecht bzw. durch den Verstand in der Seele – wird Gott auch mit der übrigen Gattung „Mensch“ Mitleid haben und sich ihr gegenüber barmherzig erweisen.67 Es bleibt folglich ein innerer Zusammenhang zwischen der Verbalkonstruktion tµm Vkey d}malim … pqote_meim … pq¹r … sytgq_am (Migr. 124) und dem Verbum oQjte_qeim (Migr. 122) anzunehmen: An beiden Stellen ist Gott Handlungsträger der mit tµm Vkey d}malim … pqote_meim … pq¹r … sytgq_am bzw. oQjte_qeim aktualisierten Handlung; beide Formulierungen bringen einen Erweis göttlichen Erbarmens zugunsten akut Bedrängter zum Ausdruck.
In Zusammenschau mit den Begrifflichkeiten d}malir !mamtac~mistor (vgl. Migr. 120), eqcamom (121) und pamaj]statom v\qlajom (124) ist die Formulierung (Vkeyr) d}malir … pq¹r … sytgq_am (124) folglich sinngemäß wiederzugeben mit „(Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mittel“, welches Gott (über Vermittlung seines heqapeut^r, des göttlichen Gerechten/Weisen/Nus/ Logos) fürsorglich zugunsten der (am Laster) leidenden, sich im Zustand der Ohnmacht und Wehr- bzw. Hilflosigkeit befindenden Gattung „Mensch“/ menschlichen Seele(n)68 zum Einsatz bringt, um deren Überleben im Rahmen einer akuten Gefahrenlage (vgl. 119: p\hor/Pl.; 124: m|sor/Pl.; 125: t± deim\ [vgl. ebenso 119: 1pihul_a, Bdom^; 124: !vqos}mg, !dij_a, jaj_a]) sicherzustellen. Indem die Verbalverbindung … tµm … d}malim … pqote_meim … pq¹r … sytgq_am (Migr. 124) die Gewährung eines göttlichen „(Abwehr-)Mittels“ zur Rettung/Erhaltung der von Krankheit Betroffenen zum Ausdruck bringt, also für eine Hilfstätigkeit zur Unterstützung Bedürftiger steht, erweist sie sich insgesamt als anschlussfähig an weitere Verben und Verbalverbindungen, die in der näheren Umgebung dieser Formulierung auftauchen (vgl. Migr. 118–126) und für eine wohltätige, fürsorgliche Aktivität (der Rettergottheit bzw. ihres göttlichen Mittlers) stehen.69 Kommt die göttliche Gewährung von Vkeyr d}malir … pq¹r … sytgq_am damit einer göttlichen Wohltat bzw. einer Gunstbezeugung gleich, so fügt sich Migr. 124 in den weiteren Rahmen von Migr. 53–109 und 109–126, wo von der Übereignung göttlicher pepoigj½r %qwei toO cemol]mou·); die dritte die gnädige, vermöge deren der Künstler sich seines eigenen Werkes mitleidig erbarmt (tq_tg d’ B Vkeyr, di’ Hr b tewm_tgr oQjte_qei ja· 1kee? t¹ Udiom 5qcom·); die vierte die gesetzgeberische, durch die Gott vorschreibt, was geschehen soll, die fünfte ein Teil der gesetzgeberischen, durch den er das, was nicht geschehen soll, verbietet (tet\qtg d’ B … molohetij/r lo?qa, di’ Hr $ lµ wqµ c_meshai !pacoqe}ei). 67 Vgl. Migr. 122–123. 68 Vgl. 121: … t_m wqgsol]mym; 124: … t_m jalm|mtym. 69 Vgl. Migr. 120: pqolghe?shai, 121: pqov]qeim … 1p’ ¡veke_ô; did|mai; 122: oQjte_qeim; 122: dyqe?shai.
198 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache Gunsterweise (dyqe\, w\qir, eqeqces_a) – erst an den Weisen bzw. Gerechten (an Abraham, vgl. 53–109) und, im Anschluss daran, über Vermittlung eben dieses Weisen/Gerechten, an die übrige Gattung „Mensch“ (vgl. 109–126), die Rede ist.
Exkurs VI: Der Logos der Gottheit Die Analyse der Bedeutung des Syntagmas d}malir … pq¹r … sytgq_am in Migr. 124 hat ergeben, dass Philo im Gefahrenkontext Migr. 118–126, in dem es um die Bedrohung der Gattung „Mensch“ (bzw. menschlichen Seele) durch Krankheit (Laster) geht, zwischen der (zugunsten der Kranken) fürsorglich eingreifenden Gottheit und dem ihr zugehörigen Logos70 einerseits sowie der seitens der Gottheit an letzteren übereigneten d}malir … pq¹r … sytgq_am (vgl. 124: tµm Vkey d}malim … pqote_meim … pq¹r … sytgq_am) andererseits unterscheidet:71 In seiner Funktion als göttlicher Mittler soll der Logos, so der Auftrag an ihn, die Kranken wie ein Arzt (heqapeut^r) behandeln. Die ärztliche Hilfeleistung hat im Rückgriff auf das von Gott dafür vorgesehene (Abwehr-, Schutz- bzw. Heil-)Mittel (vgl. d}malir … pq¹r … sytgq_am, v\qlajom) zu erfolgen. Übergreifendes Ziel dieses Heilverfahrens ist die Befreiung der Gattung „Mensch“ von Krankheit: ihre (Selbst-)Erhaltung (vgl. 124: eQr tµm t_m m|sym %jesim; eQr pamtek/ sytgq_am; pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am). Im ethischübertragenen Sinne ist damit die Befreiung der Seele vom Laster, d. h. von den in ihr waltenden schädlichen Leidenschaften und Untugenden (vgl. Migr. 124: t_m xuw/r tqaul\tym, ûpeq !vqos}mai ja· !dij_ai ja· b %kkor t_m jaji_m flikor !jomghe·r die?kem) gemeint, gegen die der k|cor bzw. heqapeut^r (vgl. Migr. 122; 124), unbedingter Träger und Garant von Tugend, in seiner Rolle als Arzt vorzugehen hat. Nun spielt die k|cor-Begrifflichkeit nicht nur in Migr. 118–126, sondern auch im Werk Philos insgesamt eine große Rolle.72 Aufgrund der „verwirrend schillernde[n] Vielfalt der Bedeutungen“73 des Wortes ist es von größter Wichtigkeit, dass man zur 70 Zum synonymen Gebrauch der Begrifflichkeiten Nus bzw. Logos (b moOr, k|cor) und gerechter bzw. weiser Mensch (b d_jaior, sov|r) durch Philo in Migr. 118–126 vgl. die Ausführungen unter III/1. 71 Vgl. Migr. 124: … b sytµq he¹r t¹ pamaj]statom v\qlajom, tµm Vkey d}malim, t` Rj]t, ja· heqapeut0 pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am 1pitq]pei. Die Wendung … t` Rj]t, ja· heqapeut0 verweist hier u. a. zurück auf Migr. 122: … t¹m Rj]tgm 2autoO [= heoO] k|com. 72 Zum Begriff k|cor, der bei Philo über 1300mal vorkommt, vgl. Johannes Leisegang, Indices ad Philonis Alexandrini Opera [= Philonis Alexandrini Opera quae supersunt, ed. L. Cohn – P. Wendland], 2 Teilbde., Berlin 1926/1930; vgl. ebenso Hermann Kleinknecht, k]cy jtk., B. Der Logos im Griechentum und Hellenismus, ThWNT 4, 76–89, hier: 86–88. 73 So treffend Kleinknecht, k]cy jtk., B. Der Logos im Griechentum und Hellenismus, 87, der diesbezüglich schreibt: „Man wird dem schillernden Sachverhalt, der sich natürlicherweise aus der synkretistischen Tendenz erklärt, mit der Philo jüdische Religion und griechisch-philosophische Spekulation vereinigen wollte, am ehesten gerecht, wenn man die verschiedenen Seiten und Fassungen des philonischen Logosbegriffes unharmonisiert, in ihrer Unvereinbarkeit von Griechischem und Nichtgriechischem einfach nebeneinanderstellt.“
Exkurs VI: Der Logos der Gottheit
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Bestimmung der Bedeutung von k|cor stets auf den engeren und weiteren Kontext blickt, in dem der Ausdruck bei Philo zur Anwendung kommt. Wenn Philo vom k|cor berichtet, so geht er gängigerweise davon aus, dass dieser in Beziehung zum biblischen Gott steht.74 Dass ein Verhältnis der Zugehörigkeit zwischen Gott und k|cor besteht, signalisiert die Genitivverbindung b toO heoO k|cor (vgl. z. B. Somn. 1,86 f.) bzw. heoO k|cor (vgl. Cher. 127).75 Philo kann den k|cor als ein Werk Gottes (vgl. Sacr. AC 65: b k|cor 5qcom Gm aqtoO [heoO]) bezeichen und auch als einen Gott, allerdings an zweiter Stelle (vgl. Leg. All. 2,86: t¹ … cemij~tat|m 1stim b he|r, ja· de}teqor b heoO k|cor). Ebenso ist er Gottes (Ab-)Bild, durch welches Gott den gesamten Kosmos bzw. die Welt geschaffen hat (vgl. Spec. Leg. 1,81: k|cor … 1st·m eQj½m heoO, di’ ox s}lpar b j|slor 1dgliouqce?to). Ähnlich nennt Philo den Logos Instrument bzw. Mittel Gottes (eqcamom heoO), durch welches dieser den Kosmos auferbaut hat und steuert bzw. lenkt: dies als ein Werk der Güte (!cah|tgr) Gottes in seiner Rolle als Schöpfer (dgliouqc|r) und Steuermann des Alls (b t_m fkym jubeqm^tgr).76 Als von Gott ausgehender Mittler,77 durch welchen die innerkosmisch abwesende, da transzendente Gottheit auf ihre Schöpfung einzuwirken vermag und mit der Welt in Verbindung steht,78 ist der k|cor ebenso Fürsprecher,79 d. h. „ein persönlich gefaßter Mittler“80 durch den Gott seine Fürsorge 74 Umstritten bleibt in der Forschung die traditionsgeschichtliche Verortung des philonischen k|cor-Konzeptes. Vgl. dazu neuerdings die Ausführungen bei Radice, Philo’s Theology and Theory of Creation, 137, der hierfür einen stoischen Einfluss geltend macht: „… in the middle of Philo’s Platonically oriented reconstruction of the relationship between God and the world here appears a Stoic concept“. Philo, so Radice weiter, korrigiere allerdings die stoische Sichtweise vom Logos als eines weltimmanenten Prinzips dahingehend, dass er ihn als ein weltschöpferisch tätiges Prinzip, d. h. als ein göttliches Medium zur Welterschaffung und -gestaltung im Sinne des platonischen Demiurgen (Tim 53a-b) versteht (vgl. ders., Philo’s Theology and Theory of Creation,137 f.: „While God is the cause of the world and its material is the four elements, ,the Logos is the instrument through which the world has been created‘ … In this manner Philo reorients the Stoic Logos in a Platonic sense“). Radice fügt allerdings präzisierend hinzu (137 [Anm. 20]): „However, the use of logos as a hypostasis is not paralleled in the Middle Platonic texts. By contrast, it is consistently present in a Judeo-Hellenistic setting … This fact, in my judgement, is proof of the biblical origin of Logos as a hypostasis, a notion that could not have been shared by thinkers outside the Mosaic tradition.“ 75 Ebenso signalisiert dies an manchen Stellen die Adjektivverbindung he?or k|cor, so z. B. Cher. 36. 76 Vgl. Cher. 36: b d_opor ja· jubeqm^tgr toO pamt¹r k|cor he?or; Cher. 127: Ude … t|mde t¹m j|slom· erq^seir c±q aUtiom l³m aqtoO t¹m he¹m rv’ ox c]comem, vkgm d³ t± t]ssaqa stoiwe?a 1n ¨m sumejq\hg, eqcamom d³ k|com heoO di’ ox jatesjeu\shg, t/r d³ jatasjeu/r aQt_am tµm !cah|tgta toO dgliouqcoO; Migr. 6: t_r #m owm eUg pkµm b k|cor b pqesb}teqor t_m c]mesim eQkgv|tym, ox jah\peq oUajor 1meikgll]mor b t_m fkym jubeqm^tgr pgdakiouwe? t± s}lpamta, ja· fte 1joslopk\stei wqgs\lemor aqc\m\ to}t\ pq¹r tµm !mupa_tiom t_m !potekoul]mym s}stasim. 77 Vgl. dazu neben Kleinknecht, k]cy jtk., B. Der Logos im Griechentum und Hellenismus, 87, auch Dillon, The Middle Platonists, 159 f. 78 Vgl. dazu ähnlich Radice, Philo’s Theology and Theory of Creation, 136, der hier vom Logos als „instrument of creation, by means of which God, while having no direct contact with matter, is able to act upon it“ spricht. 79 Vgl. neben Migr. 122: taOta d³ t¹m Rj]tgm 2autoO [heoO] k|com oqj !postqave·r eUyhe dyqe?shai;
200 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache gegenüber dem Kosmos zum Ausdruck bringt.81 Wie folgende Textpassage aus Somn. 1,86 f. zeigt, hat diese fürsorgliche Bezugnahme des Logos auf den Kosmos im Allgemeinen und die Menschheit im Besonderen Welterhaltung (sytgq_a), aber auch partielle Vernichtung (vhoq\) zum Ziel: Denn wenn Gottes Logos zu unserem irdischen Gebäude kommt, steht er denen bei, die mit der Tugend verwandt sind, sich ihr zuneigen, und hilft ihnen, so dass er ihnen vollständige Zuflucht und Rettung verschafft, den Gegnern (der Tugend) aber schickt er Vernichtung und heilloses Verderben (b c±q toO heoO k|cor, ftam 1p· t¹ ce_der Bl_m s}stgla !v_jgtai, to?r l³m !qet/r succem]si ja· pq¹r aqtµm !pojk_mousim !q^cei ja· boghe?, ¢r jatavucµm ja· sytgq_am aqto?r poq_feim pamtek/, to?r d³ !mtip\koir ekehqom ja· vhoq±m !m_atom 1pip]lpei). Mit der Genitivkonstruktion b … toO heoO k|cor wird angezeigt, dass zwischen Gott und Logos ein Verhältnis der Zugehörigkeit besteht: Der Logos geht von Gott aus, er ist das Medium, mittels welchem Gott auf den Kosmos einwirkt. Die Art und Weise dieses Einwirkens beschreiben folgende, auf b … toO heoO k|cor referierende Verben und Verbalverbindungen: !q^ceim, boghe?m, jatavucµm ja· sytgq_am poq_feim; und, in Opposition dazu: ekehqom ja· vhoq±m … 1pip]lpeim. Wie die explizite Kontrastierung von jatavuc^, sytgq_a und ekehqor, vhoq\ in Verbindung mit Handlungsverben82 zeigt, wird der k|cor zur Vergeltung der Taten der Menschen aktiv.83 Mit der Wendung to?r l]m … to?r d] wird ein Gegensatz (bzw. eine Gegenüberstellung) eröffnet und (mittels eines Dativus commodi/incommodi) angezeigt, zu wessen Gunsten oder
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124: t` Rj]t, ja· heqapeut0 … 2autoO … jatapk\ttomti t_m xuw/r tqaul\tym z. B. Vit. Mos. 2,133 f., wo es heißt: Denn wer dem Vater des Weltalls zum Priester geweiht war, musste unbedingt dessen an Vortrefflichkeit äusserst vollkommenen Sohn zu seinem Fürsprecher nehmen, sowohl zur Vergebung der Sünden als auch zur Bitte um Gewährung unerschöpflichen Glücks (!macja?om c±q Gm t¹m Reqyl]mom t` toO j|slou patq· paqajk^t\ wq/shai tekeiot\t\ tµm !qetµm uR` pq|r te !lmgst_am "laqtgl\tym ja· woqgc_am !vhomyt\tym !cah_m). Kleinknecht, k]cy jtk., B. Der Logos im Griechentum und Hellenismus, 87. Nicht verwunderlich ist es daher, dass dem k|cor wiederum die göttlichen dum\leir zu- bzw. untergeordnet sind: Die von Gott geschiedenen dum\leir werden, so bereits Grundmann (vgl. ders., Art. d}malai/d}malir, 299), wiederum mit dem k|cor (als Bm_owor t_m dum\leym, vgl. Fug. 101; vgl. auch Cher. 28) verbunden. Dazu schreibt neuerdings auch Radice, Philo’s Theology and Theory of Creation, 136: „…, it is necessary to add that the Philonic doctrine of the dynameis as a whole may be understood with reference to the concept of Logos“; ders., Philo’s Theology and Theory of Creation, 141: „Moreover, the complex of powers, in a general way, is included within the ,super-power‘, the Logos.“ D. h. Verben, die ein Geben/Gewähren (poq_feim) und Schicken/Senden (1pip]lpeim) zum Ausdruck bringen. Vgl. dazu auch Plant. 87 f.: Sofern er [= Gott] nun herrscht, vermag [er] beides, Wohltaten wie Schlimmes zu spenden (jah¹ l³m owm %qwym 1st_m, %lvy d}matai, ja· ew ja· jaj_r poie?m), indem er sich verändert zur Vergeltung der Taten (der Menschen) (sulletabakk|lemor pq¹r tµm toO dq\samtor !p|dosim). Das Substantiv !p|dosir (s. Passow, s.v. !p|dosir: „Wiedergeben, Bezahlen, Zurückzahlen, Ersatz, Entschädigung“, vgl. dazu auch das Verbum !pod_dyli) steht in der Profangräzität für die „Zurückgabe eines geschuldeten Gegenstandes“ bzw. für „Bezahlung“. Das Verbum sulletab\kky meint im medialen Gebrauch „sich zugleich oder mit verändern“.
Die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in Vit. Mos. 2,247–256 201 eben zu wessen Ungunsten der k|cor als göttlicher Handlungsträger Heil (sytgq_a) oder Unheil (ekehqor, vhoq\) zu bewirken vermag: (1) Den tugendgemäß Handelnden (… to?r l³m !qet/r succem]si ja· pq¹r aqtµm !pojk_mousim) gewährt er Hilfe, Rettung und Beistand (vgl. b … toO heoO k|cor … !q^cei ja· boghe?, ¢r jatavucµm ja· sytgq_am … poq_feim pamtek/), wodurch die kritische Lage für diese hin zum Guten entschieden wird. (2) Den Lasterhaften (… to?r d³ !mtip\koir) dagegen schickt er Vernichtung und Verderben (b … toO heoO k|cor … ekehqom ja· vhoq±m … 1pip]lpei), d. h. ihre Situation nimmt mit der Ankunft des Logos eine jähe Wendung hin zum Schlechten. Dass es sich bei jatavuc^ und sytgq_a auf der einen Seite, ekehqor und vhoq\ auf der anderen Seite um Gegenbegriffe handelt, die jeweils unterschiedlichen Empfängergruppen (vgl. to?r l]m … to?r d]) zugeordnet werden, ist für die folgenden Analysen zu d}malir in Verbindung mit s]feim, sytgq_a, syt^qior im Opus Philos im Hinterkopf zu behalten.
2. Die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in Vit. Mos. 2,247–256: Akute Todesgefahr der Hebräer und Errettung durch die Exodusgottheit Die Untersuchung zur Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior bei Philo wird mit einem Text aus De Vita Mosis fortgesetzt (vgl. 2,247–256). Im Rahmen seiner Version der Exoduserzählung berichtet Philo von den prekären Begebenheiten, die sich im Raum der Wüste zugetragen und mit der Ankunft am Schilfmeer einen nicht mehr zu überbietenden Akutheitsgrad erreicht haben (vgl. Ex 14): Das gefahrvolle Heranrücken der ägyptischen Verfolger versetzt die ihren Feinden schutzlos ausgelieferten, gänzlich mittellosen Hebräer gegenwärtig in eine ausweglose Lage: Da waren sie [= die Hebräer] natürlich [angesichts des Roten Meeres] in großer Ratlosigkeit (1m !lgw\moir Gsam). Sie konnten weder übersetzen – aus Mangel an Fahrzeugen – noch hielten sie es für ungefährlich, auf demselben Wege umzukehren (oute peqaioOshai dum\lemoi di± sjav_m !poq_am out’ 1pistq]veim tµm aqtµm bd¹m !svak³r Bco}lemoi). In dieser schlimmen Lage bricht ein noch größeres Unglück über sie herein (diajeil]moir d’ ovtyr le?fom 1piqq\ttei jaj|m7): der König von Ägypten zog mit einem ansehnlichen Heere, welches aus Reiterei und Fußvolk bestand, zu ihrer Verfolgung aus, voller Eifer sie zu überfallen, um sie für den Auszug zu strafen (b c±q t_m AQcupt_ym basike»r d}malim paqakab½m oqj eqjatavq|mgtom, Rpp|tgm ja· pef¹m stqat|m, 1pen]hei di~jym ja· spe}dym jatakabe?m, Vma t_sgtai t/r 1n|dou) … So gefangen zwischen den Feinden und dem Meer, verzweifelten sie an der eigenen Rettung (l]soi dµ kgvh]mter 1whq_m ja· hak\ttgr !p]cmysam tµm Qd_am sytgq_am,); indem die einen den jammervollsten Untergang (t¹m oUjtistom ekehqom) noch für wünschenswertes Glück hielten, die anderen in dem Glauben waren, es sei besser durch die Elemente der Natur umzukommen (rp¹ t_m t/r v}seyr !pok]shai),
202 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache als den Feinden zum Gelächter zu werden (C c]kyr 1whqo?r cem]shai), dachten sie beide daran, sich ins Meer zu stürzen und warteten am Gestade, den Körper mit irgendeinem schweren Gegenstand belastet, um gleich, wenn sie die Feinde nahe sähen (… bp|tam he\symtai to»r pokel_our 1cc»r emtar), hinabzuspringen und leicht in die Tiefe zu sinken. So ängstigten sie sich ob der unentrinnbaren Not fast zu Tode (!kk± c±q oR l³m pq¹r t¹ %poqom t/r !m\cjgr diept|gmto dushamatoOmter7). Der Prophet aber (b d³ pqov^tgr), wie er das gesamte Volk (t¹ s}lpam 5hmor) in der Bestürzung (rp’ 1jpk^neyr) wie einen Fischzug im Garne gefangen sah, wird, seiner selbst nicht mehr mächtig, von Gottes Geist ergriffen und weissagt folgendes (oqj]t’ £m 1m 2aut` heovoqe?tai ja· hesp_fei t\de·): „Die Furcht ist durchaus berechtigt, der Schrecken nahe und groß die Gefahr (t¹ l³m d]or !macja?om, v|bor 1cc»r ja· l]car b j_mdumor7). Vor uns öffnet das Meer seinen weiten Rachen, einen Zufluchtsort zum Entrinnen gibt es nirgends (rp|dqolor eQr jatavucµm oqde_r), Schiffe haben wir nicht (!poq_a pko_ym), hinten lauern feindliche Scharen, die in atemloser Verfolgung heranschreiten (v\kaccer 1whq_m, aT ste_wousim !pmeust· di~jousai). Wohin soll man fliehen? Wohin ausweichen? Von allen Seiten tritt uns plötzlich alles feindlich entgegen: Land, Meer, Menschen, Elemente der Natur (p\mta pamtaw|hem 1napima_yr 1p]heto, c/, h\katta, %mhqypoi, stoiwe?a v}seyr). Aber fasset Mut, gebet nicht alle Hoffnung auf! Bleibet festen Sinnes und wanket nicht, erwartet von Gott die unüberwindliche Hilfe (!kk± haqqe?te, lµ !poj\lgte, st/te ta?r diamo_air lµ jqadaim|lemoi, pqosdoj÷te tµm !^ttgtom 1j heoO bo^heiam7). Ungerufen wird sie sofort erscheinen, ungesehen wird sie für euch kämpfen (aqtep\ccektor Edg paq]stai, lµ bqyl]mg pqoacymie?tai7). Erfahren habt ihr es schon oft, wie sie unsichtbar euch beistand (pepe_qashe aqt/r Edg pokk\jir !lumol]mgr !vam_r7). Ich sehe sie schon zum Kampfe sich rüsten, Schlingen dem Feind um den Nacken werfen … Ihr sehet sie [= die Feinde] zwar noch am Leben, meinem Blick aber erscheinen sie schon als Tote; noch heute werdet auch ihr sie als Leichen schauen (rle?r l³m 5ti f~mtym aQsh\meshe, tehme~tym d’ 1c½ vamtas_am kalb\my7 t^leqom d³ ja· rle?r mejqo»r aqto»r he\seshe).“ Was er sprach, überstieg jede Erwartung (… le_foma emta p\sgr 1kp_dor), aber sie erprobten durch die Wirklichkeit die Wahrheit der Prophezeiung. Denn durch göttliche Vermögen (Kräfte) traf alles ein, was er prophezeit hatte, so unglaublich es auch klang (!p]baime c±q t± wqgsh]mta he_air dum\lesi l}hym !pist|teqa): Spaltung des Meeres, Zurücktreten der beiden Teile … Bahnung einer schnurgeraden, wunderbar geschaffenen Straße mitten zwischen den zu Eis gefrorenen Wogen, der Durchzug des Volkes, das ungefährdet zu Fuß wie auf trockenem Pfade und steingeflastertem Estricht durch das Meer dahinschritt (bdoipoq_a toO 5hmour !jimd}myr pefe}omtor di± hak\ttgr) …, das Nachdrängen der atemlos verfolgenden Feinde, die in ihr eigenes Verderben rannten (1whq_m !pmeust· diyj|mtym 1v|qlgsir speud|mtym 1p’ oQje?om ekehqom), ihre Zügelung durch die den Nachtrab deckende Wolke, in der eine göttliche, Feuerglanz ausstrahlende Erscheinung wirkte, das Zurückströmen der Meeresfluten, die eine Zeitlang im Fließen gehemmt auseinanderklafften, die plötzliche Überflutung des zerspaltenen und ausgetrockneten Teiles, der Untergang der Feinde (pokel_ym vhoq\) … das Schauspiel ihres Untergangs (1p_deinir t/r vhoq÷r) mit den wieder emporkommenden Leichen …, um einen überzeugenden An-
Die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in Vit. Mos. 2,247–256 203 blick den Geretteten zu bieten, denen es beschieden war, nicht nur den Gefahren entronnen zu sein, sondern auch die jegliche Schilderung überbietende Züchtigung der Feinde, die nicht durch menschliche, sondern durch göttliche Vermögen (Kräfte) geschah, mitanzusehen (… , !macja_a h]a cemgs|lemoi to?r diasyhe?sim, oXr 1nec]meto lµ l|mom to»r jimd}mour diavuce?m !kk± ja· 1pide?m to»r 1whqo»r oqj !mhqyp_mair !kk± he_air dum\lesi pamt¹r k|cou le?fom jokash]mtar). Deshalb ehrt Mose … den Wohltäter durch Danklieder (di|peq eQj|tyr eqwaq_stoir vlmoir ceqa_qei t¹m eqeqc]tgm Ex 15,1).
Wie die Wendung t¹ s}lpam 5hmor (vgl. Vit. Mos. 2,250) anzeigt, ist das hebräische Volk an dieser Stelle in seiner Gesamtheit von akuter Gefahr betroffen: Die gegenwärtige ohnmächtige, wehr- und hilflose Befindlichkeit der Hebräer am roten Meer indizieren entsprechende Worte und Wortverbindungen.84 Kohärenz wird dabei im ersten Teil der Textpassage (vgl. Vit. Mos. 2,247–251) hergestellt durch den wiederholten Gebrauch von mit !-privativum gebildeten Substantiven und substantivisch gebrauchten Adjektiven wie !poq_a, %poqor und !l^wamor, die ein Moment der Mittel-, Wehrund Schutzlosigkeit signalisieren: Die Hebräer verfügen nicht über die nötigen (Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mittel,85 um im sich anbahnenden Kampf mit den feindlichen, mit offensiven Wehrmitteln reichlich ausgestatteten Verfolgern86 etwas ausrichten zu können, womit die Aussichtslosigkeit der Lage (vgl. 2,247: … 1m !lgw\moir Gsam … diajeil]moir87 d’ ovtyr; 2,250: t¹ %poqom t/r !m\cjgr) und die Größe der Gefahr (2,251: l]car b j_mdumor) einhergeht. Auch das Verbum !poj\lmeim (vgl. 2,252: lµ !poj\lgte), das „ermatten, in einem Zustand der Ermattung, Erschöpfung sein“88 bedeutet, fügt sich in diesen Gefahrenrahmen: Die momentan im Zustand der Ohnmacht/Wehrlosigkeit sich befindenden Hebräer sind nicht in der Lage, sich selbst aus dieser Gefahr zu befreien. Aus dieser Situation akuter Todesgefahr erwächst Bestürzung und Todesangst.89 Man rechnet, wie die Kontrastierung 84 Vgl. Vit. Mos. 2,247: 1m !lgw\moir Gsam; 2,247: di± sjav_m !poq_am; 2,251: !poq_a pko_ym; 2,247: diajeil]moir d’ ovtyr le?fom 1piqq\ttei jaj|m; 2,250: t¹ %poqom t/r !m\cjgr; 2,251: l]car b j_mdumor; 2,251: rp|dqolor eQr jatavucµm oqde_r; 2,251: p\mta pamtaw|hem 1napima_yr 1p]heto, c/, h\katta, %mhqypoi, stoiwe?a v}seyr; 2,252: [lµ] !poj\lgte usw. Ein ähnlicher Wortgebrauch findet sich auch in Vit. Mos. 1,170–174. 85 Vgl. speziell 2,247: 1m !lgw\moir Gsam … di± sjav_m !poq_am; 2,251: !poq_a pko_ym. 86 Vgl. Vit. Mos. 2,248: … d}malim paqakab½m … Rpp|tgm ja· pef¹m stqat|m, … di~jym …, Vma t_sgtai t/r 1n|dou; 2,249: … to»r pokel_our 1cc»r emtar; 2,251: … v\kaccer 1whq_m, aT ste_wousim !pmeust· di~jousai; 2,254: 1whq_m … diyj|mtym 1v|qlgsir speud|mtym 1p’ oQje?om ekehqom. 87 Das Verbum di\jeilai ist hier, gestellt in den Gesamtzusammenhang von Vit. Mos. 2,247–256, eindeutig negativ konnotiert: „in eine (üble) Lage versetzt sein“, „sich in einem schlimmen Zustand befinden“. Vgl. dazu Passow, s.v. di\jeilai. 88 Vgl. Passow, s.v. !poj\lmy. 89 Vgl. 2,250: … pq¹r t¹ %poqom t/r !m\cjgr diept|gmto dushamatoOmter; 2,250: rp’ 1jpk^neyr; 2,251: t¹ … d]or !macja?om, v|bor 1cc»r. Vgl. dazu ähnlich Arist. Rhet. 1382a: eQ dµ b v|bor toOt’ 1st_m, !m\cjg t± toiaOta vobeq± eWmai fsa va_metai d}malim 5weim lec\kgm toO vhe_qeim C
204 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache von Rettungs- und Vernichtungsterminologie in 2,249.250 signalisiert, nicht mit Errettung aus dieser Lage bzw. einer Abwendung des drohenden Unheils, sondern mit baldigem Verderben (vgl. sytgq_a und ekehqor, !p|kkushai, dushamate?m90). In diese Situation hinein erfolgt nun seitens des Propheten Mose der Aufruf an die Hebräer zu Mut und Hoffnung, denn Hilfe (bo^heia), die Philo als eine (im Kampf gegen die ägyptischen Feinde) unbezwingbare91 qualifiziert, wird von außen erwartet. Handlungsträger dieser Hilfe, deren Sendung ungerufen und unsichtbar erfolgen wird (vgl. 2,252: aqtep\ccektor, !vam_r), ist, so die prophetische Weissagung (Prognose) des Mose, die Exodusgottheit (vgl. 2,252: [pqosdoj÷te] tµm !^ttgtom 1j heoO bo^heiam7). Wie der Gebrauch der Wendung !^ttgtor bo^heia in Verbindung mit den Verben pqoacym_feshai und !l}meshai, ebenso wie mit der jatavuc^-Begrifflichkeit (vgl. 2,251) zeigt, ist die von Gott ausgehende Hilfe als kriegerisch-militärischer Beistand bzw. Schutz zu verstehen, der den momentan schutzlosen bzw. rettungsbedürftigen, (militärisch) ohnmächtigen, da Mangel an (Wehr-)Mitteln leidenden Hebräern im Kampf zugutekommt. Einem Textvergleich von Vit. Mos. 2,252 und Virt. 45 lässt sich entnehmen, dass Philo die Formulierungen !^ttgtor bo^heia und !^ttgtor 1pijouq_a im kriegerischen (Gefahren-)Kontext (in Verbindung mit dem Verbum pqoacym_feshai) austauschbar zu gebrauchen vermag: Aus beiden Belegstellen wird ersichtlich, dass es sich bei Gott um das logische Subjekt militärischer Hilfeleistung im Krieg handelt (vgl. Vit. Mos. 2,252: tµm !^ttgtom 1j heoO bo^heiam; Virt. 45: he|r, !^ttgtor 1pijouq_a).92 Bedeutungsmäßig steht die machtvolle Gewährung göttlicher Hilfeleistung (bo^heia) gleichzeitig für einen Erweis göttlicher Fürsorge (1pijouq_a) zur Unterstützung der in eine akute kriegerische Notlage geratenen Hebräer. Eine Wiedergabe von !^ttgtor bo^heia mit „unbezwingbare Hilfe“ bzw „Beistand“ mit einer deutlichen Konnotation von „Schutz“, „Wehr“ bzw. „Zuflucht“ (vgl. 2,251: jatavuc^) und Fürsorge (Virt. 45: 1pijouq_a) bietet sich auch gerade deswegen an, da Gott in 2,25693 nach erfolgter Hilfeleistung von Mose als Wohltäter geehrt wird:94 Philos Vorstellung von einem zugunsten der in Bedrängnis Geratenen fürsorglich tätigen, Wohltaten in Form mi-
90 91 92
93 94
bk\pteim bk\bar eQr k}pgm lec\kgm sumteimo}sar7 di¹ ja· t± sgle?a t_m toio}tym vobeq\7 1cc»r c±q va_metai t¹ vobeq|m7 toOto c\q 1sti j_mdumor, vobeqoO pkgsiasl|r. toiaOta d³ 5whqa te ja· aqcµ dumal]mym poie?m ti [d/kom c±q fti bo}komtai te ja· d}mamtai, ¦ste 1cc}r eQsim toO poie?m]. Vgl. dazu LSJ, s.v. dushamat]y: „to be loath to die, to be deadly obstinate, to be in deadly terror“. Vgl. Passow, s.v. !^ttgtor: „unbezwingbar, unüberwindlich, unbesieglich“. Vgl. Vit. Mos. 2,252: … tµm !^ttgtom 1j heoO bo^heiam7 aqtep\ccektor Edg paq]stai, lµ bqyl]mg pqoacymie?tai· pepe_qashe aqt/r Edg pokk\jir !lumol]mgr !vam_r.; Virt. 45: … t¹ spoud\sai vikojimd}myr t¹m rp³q eqsebe_ar !c_ma %qashai, 1m è ja· pqoacym_fetai he|r, !^ttgtor 1pijouq_a. Vgl. Vit. Mos. 2,256: eqwaq_stoir vlmoir ceqa_qei t¹m eqeqc]tgm. Vgl. Vit. Mos. 2,256: di|peq eQj|tyr eqwaq_stoir vlmoir ceqa_qei t¹m eqeqc]tgm …, Vm’ Ådysim vlmour eQr t¹m pat]qa ja· poigtµm.
Die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in Vit. Mos. 2,247–256 205 litärischer Hilfe gewährenden Gott wird gegen Ende dieser Textpassage folglich im Gebrauch von eqeqcete?m-Terminologie (vgl. 2,256: eqeqc]tgr) manifest.
Ist die !^ttgtor bo^heia folglich das Medium, mittels welchem Gott die in Bedrängnis geratenen Hebräer im Kampf gegen die sich annähernden Feinde fürsorglich unterstützt und sich ihnen dadurch wohltätig erweist, so ist es für die weitere Analyse zur Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a im Gefahrenkontext nun von herausragendem Interesse, auf welche Weise diese Unterstützung seitens Gottes erfolgt. Dies geht aus dem weiteren Textverlauf hervor. So wird die in 2,252 genannte !^ttgtor bo^heia in 2,252.255 als he_a d}malir (Pl./vgl. 2,252: he_air dum\lesi; 2,255: he_air dum\lesi) wieder aufgegriffen. Zur Bestimmung der Bedeutung der Adjektivverbindung he_a d}malir95 gibt die unmittelbare Umgebung Auskunft. Das Wort d}malir findet in Vit. Mos. 2,247–256 an unterschiedlichen Stellen Erwähnung:96 Bereits in Vit. Mos. 2,248 erscheint der Begriff, wird dort parallel mit stqat|r gebraucht und bedeutet im vorliegenden kriegerischen Gefahrenkontext97 so viel wie „offensive Streitkraft, Wehrkraft“, die sich im Besitz der feindlichen Ägypter befindet. Eine Zusammenschau mit der Wortverbindung !^ttgtor bo^heia (2,252) zeigt dagegen an, dass die sprachliche Einheit he_a d}malir (Pl.) in 2,253.255 als Teil eines größeren Wortclusters zur Anwendung kommt, dessen bedeutungsmäßiger Zusammenhalt im Sinne von Abwehr-, Schutz- und Verteidigungsterminologie garantiert wird (vgl. 2,251: jatavuc^; 2,252: tµm !^ttgtom 1j heoO bo^heiam [vgl. auch Virt. 45: !^ttgtor 1pijouq_a]; 2,252: pqoacym_feshai, !l}meshai). So gebraucht, beschreibt die Adjektivverbindung he_a d}malir (Pl.), die an beiden Stellen in Gestalt eines Dativus instrumentalis zur Anwendung (vgl. Vit. Mos. 2,253.255: he_air dum\lesi) kommt, im Gegensatz zur offensiven Wehrkraft (2,248: d}malir, stqat|r), mit welcher die ägyptischen Feinde ausgerüstet sind, die 95 Zunächst muss festgestellt werden, auf welche Weise das Adjektiv he?or (im vorliegenden Fall: he_a) das Substantiv d}malir in Vit. Mos. 2,253.255 modifiziert. Eine Zusammenschau von Vit. Mos. 2,253.255 (… 1pide?m to»r 1whqo»r oqj !mhqyp_mair !kk± he_air dum\lesi pamt¹r k|cou le?fom jokash]mtar) und 2,252 (… tµm !^ttgtom 1j heoO bo^heiam) zeigt, dass es sich bei he?or um ein Adjektiv der Zugehörigkeit handelt, welches auf das Substantiv he|r referiert: Die Konstruktion he_a d}malir (Gebrauch von he_a als Klassenadjektiv) entspricht hier daher wohl am ehesten einer Genitivverbindung d}malir (toO) heoO, indem das Adjektiv he_a die Funktion eines Genitivs erfüllt. Vgl. hierzu auch Eduard Bornemann, Ernst Risch (Hg.), Griechische Grammatik, Frankfurt a. M. 21978, Kap. 299, 308, wo das Adjektiv he?or in die Kategorie „Von Substantiven abgeleitete Adjektive“ eingeordnet wird und dort als „Adjektiv der Zugehörigkeit“ („zu dem und dem gehörend oder in Beziehung stehend“) bestimmt wird. Auch der jüdischalexandrinische Philosoph Aristobulus (2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr.) gebraucht die Wendungen he_a d}malir und d}malir toO heoO als austauschbar (vgl. z. B. Fragm. 1a; 2,50; 2,63). 96 Vgl. 2,248: b … t_m AQcupt_ym basike»r d}malim paqakab½m oqj eqjatavq|mgtom, Rpp|tgm ja· pef¹m stqat|m; 2,253: !p]baime c±q t± wqgsh]mta he_air dum\lesi; 2,255: !macja_a h]a cemgs|lemoi to?r diasyhe?sim, oXr 1nec]meto lµ l|mom to»r jimd}mour diavuce?m !kk± ja· 1pide?m to»r 1whqo»r oqj !mhqyp_mair !kk± he_air dum\lesi pamt¹r k|cou le?fom jokash]mtar. 97 Vgl. 249: … to»r pokel_our 1cc»r emtar; 251: … v\kaccer 1whq_m, aT ste_wousim !pmeust· di~jousai usw.
206 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache Gewährung militärischer Hilfe zugunsten der von Kriegesgefahr betroffenen, schutz- und wehrlosen Hebräer.98
Insgesamt handelt es sich bei der he_a d}malir (vgl. 2,253.255/Pl.), im parallelen Gebrauch zu !^ttgtor bo^heia (2,252), um das Mittel (vgl. den Dativus instrumentalis: he_air dum\lesi), kraft welchem Gott zugunsten, d. h. zum Schutz der in akute (Kriegs-)Gefahr geratenen Hebräer helfendrettend eingreift und die schlagartige Wendung der gesamten Gefahrenlage für alle Betroffenen herbeiführt, sodass sich die Voraussage des Mose erfüllt.99 Der pluralische Gebrauch der Verbindung he_a d}malir (2,253.255) indiziert, dass Gott im Zuge seiner kriegerischen Hilfeleistung unterschiedliche dum\leir aussendet, die, je nach Empfängerschaft (Hebräer/Ägypter), nach Funktion und Wirkweise differieren:100 1. Für die einen, die Hebräer, wird die verzweifelte Lage der Mittellosigkeit 98 Vgl. dazu das Wortcluster um !l^wamor, !poq_a, %poqor, !poj\lmeim in 2,247–252. 99 Vgl. Vit. Mos. 2,253: !p]baime c±q t± wqgsh]mta he_air dum\lesi l}hym !pist|teqa. 100 Die Vorstellung von einer in sich geteilten molohetijµ d}malir, wie sie in Sacr. AC 131 (d}malir eQr eqeqces_am, in Opp. zu d}malir eQr j|kasim); Abr. 144 (d}malir eqeqc]tir … s]feshai in Opp. zu d}malir jokast^qior … c_meshai tµm vhoq\m) zur Darstellung kommt, mag in De Vita Mosis 2,253–256 mitschwingen. Die Thematik der Vernichtung (vhoq\) der Ägypter bei gleichzeitiger Erhaltung (sytgq_a) der Hebräer begegnet daneben in De Vita Mosis bereits an früher Stelle, und zwar im Rahmen der seitens Gottes geschickten Plagen, von denen erstere heimgesucht werden, letztere jedoch verschont bleiben (vgl. Vit. Mos. 1,146): Ich glaube, wenn einer zufällig Zeuge der damaligen Ereignisse war, er hätte die Hebräer nur für Zuschauer des Unglücks, das andere erlitten, gehalten (lgd³m #m %kko mol_sai to»r :bqa_our C heat±r ¨m 6teqoi jaj_m rp]lemom), die dabei … auch über das schönste und nützlichste Wissen, nämlich über die Frömmigkeit, gründlich belehrt wurden (…, !kk± ja· lahgl\tym t¹ j\kkistom ja· ¡vekil~tatom !madidasjol]mour, eqs]beiam·); denn nie offenbarte sich das Gericht [!] über die Guten und Bösen so deutlich, das den einen Verderben und den anderen Rettung gewährte (… oq c\q poh’ ovtyr B t_m !cah_m ja· jaj_m jq_sir 1lvam_r Gkhe to?r l³m vhoq±m to?r d³ sytgq_am paqaswoOsa). Die auf Seiten der Frömmigkeit anzusiedelnden Hebräer werden hier Zuschauer der schlimmen, üblen Umstände (heat±r … jaj_m), in denen sich die gottlosen Ägypter angesichts der von Gott gesandten Plagen befinden. Mit diesem Eingreifen Gottes einher geht eine Gerichtsvorstellung, die durch den expliziten Gebrauch des Wortes jq_sir aktiviert wird. In Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens (paq]weim) zeigt das Wort jq_sir die Wendung der Gefahrenlage (t± jaj\) an, und zwar für die einen zum Schlechten, für die anderen dagegen zum Guten (B t_m !cah_m ja· jaj_m jq_sir … to?r l³m vhoq±m to?r d³ sytgq_am paqaswoOsa): Der Genitivkonstruktion B t_m !cah_m ja· jaj_m jq_sir korrespondiert das einen Gegensatz beschreibende (to?r) l]m … (to?r) d] – Gefüge, das die Guten und Schlechten, Hebräer und Ägypter, als zu schützende/rettende und zu vernichtende Größe in Form eines Dativus (in)commodi ausweist. Zur inhaltlichen Klärung der Opposition „die Guten (!cah|r/Pl.)/die Schlechten (jaj|r/Pl.)“ trägt die eqs]beia-Begrifflichkeit bei: Mit den Guten sind die Gott Wohlgefälligen, der Tugend entsprechend Lebenden [= die Hebräer] gemeint, mit den Schlechten dagegen die Gottlosen und Lasterhaften [= die Ägypter]. Zuungunsten der Ägypter ereignet sich die jq_sir (B t_m … jaj_m jq_sir) als vhoq\; zugunsten der Hebräer im Gegensatz dazu als sytgq_a (B t_m !cah_m … jq_sir). Der explizite Verweis auf das rettend-erhaltende bzw. vernichtend-strafende Eingreifen Gottes mittels seiner he_a d}malir bleibt an dieser Stelle aus, käme aber nicht unerwartet.
Zur Wendung … t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]weim in Virt. 49 f.
207
und Ausweglosigkeit (vgl. 2,247–252: !l^wamor, !poq_a, %poqor, !poj\lmeim) insgesamt zum Guten gewendet101 2. Für die anderen dagegen, die ägyptischen Angreifer, wendet sich die Lage zum Schlechten102 In seinem pluralischen he_a d}malir-Gebrauch unterscheidet Philo im kriegerischen Gefahrenkontext Vit. Mos. 2,247–256 demnach offensichtlich zwischen einer offensiv ausgerichteten „(Wehr-)Kraft”, mittels welcher Gott zuungunsten der ägyptischen Feinde Züchtigung und Vernichtung bewirkt103 und einer defensiv ausgerichteten „(Wehr-)Kraft” (= he_a d}malir [eQr sytgq_am]), mittels welcher er die Hebräer (in seiner Rolle als eqeqc]tgr, vgl. 2,256) im Gegensatz dazu bewahrt und ihnen das Überleben im Rahmen einer feindlichen, irritationenträchtigen Umwelt sichert.104
3. Zur Wendung … t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]weim in Virt. 49 f.: Der gefahrvolle Kampf der Hebräer zugunsten der Frömmigkeit In Virt. 49 f. begegnet die Formulierung d}malir syt^qior (im pluralischen Gebrauch) in Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens (vgl. die Konstruktion … t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]weim). Um zu 101 Vgl. dazu das Wortcluster um bdoipoq_a in 2,254; dias]feim (Pass.) in 2,255; (to»r jimd}mour) diav]uceim in 2,255. 102 Vgl. hm^sjeim (Opp. f_m), mejq|r in 2,252; ekehqor [1p’ oQje?om ekehqom] in 2,254; jok\feim (Pass.) in 2,256; pokel_ym vhoq\ in 2,255. Die Wendung der gesamten Gefahrenlage (bzw. Umkehrung der Situation in ihr Gegenteil) lässt sich treffend am Wortgebrauch zur Darstellung bringen: (1) Wollten zu Beginn die Ägpyter die Hebräer züchtigen/bestrafen (vgl. 2,248: b … t_m AQcupt_ym basike»r d}malim paqakab½m …, Vma t_sgtai t/r 1n|dou), so sind es gegen Ende die Ägypter, die seitens Gottes gezüchtigt werden (Vgl. 2,255 f.: to»r 1whqo»r … jokash]mtar). (2) Die in anfängliche Todesnot geratenen Hebräer, die an ihrer eigenen Rettung verzweifeln und mit baldigem Untergang rechnen (vgl. 2,249: !p]cmysam tµm Qd_am sytgq_am, oR … eqjt¹m !cah¹m Bco}lemoi t¹m oUjtistom ekehqom; 2,250: … dushamatoOmter; 250: rp’ 1jpk^neyr; 2,251: t¹ … d]or !macja?om, v|bor 1cc»r ja· l]car b j_mdumor) werden auf finale Weise gerettet (vgl. 2,255: … to?r diasyhe?sim), die ägyptischen Feinde dagegen werden vernichtet (vgl. 2,254: … 1whq_m !pmeust· diyj|mtym 1v|qlgsir speud|mtym 1p’ oQje?om ekehqom; 2,255: pokel_ym vhoq\). (3) Aus lebenden, mächtigen Feinden (2,248: b … t_m AQcupt_ym basike»r d}malim paqakab½m …, Rpp|tgm ja· pef¹m stqat|m, 1pen]hei di~jym ja· spe}dym jatakabe?m) werden gegen Ende tote, machtlose Feinde (2,252: rle?r l³m 5ti f~mtym aQsh\meshe, tehme~tym d’ 1c½ vamtas_am kalb\my· t^leqom d³ ja· rle?r mejqo»r aqto»r he\seshe). 103 Die he_a d}malir-Wendung ist an dieser Stelle mit Züchtigungs- bzw. Vernichtungsterminologie verknüpft, vgl. insbesondere 2,253 f.: he_air dum\lesi … 1p’ oQje?om ekehqom; 2,255: vhoq\; 2,255: to»r 1whqo»r … he_air dum\lesi … jokash]mtar. 104 Die he_a d}malir-Wendung steht an dieser Stelle in Verbindung mit Schutz- bzw. Rettungsterminologie, vgl. 2,255: to?r diasyhe?sim, oXr 1nec]meto … to»r jimd}mour diavuce?m … he_air dum\lesi. Vgl. auch 2,251: jatavuc^; 2,252: !^ttgtor bo^heia [auch Virt. 45: !^ttgtor 1pijouq_a]; 2,252: pqoacym_feshai, !l}meshai.
208 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache zeigen, dass es sich bei der Adjektivverbindung d}malir syt^qior um eine zum Syntagma d}malir eQr sytgq_am semantisch äquivalente Formulierung handelt, ist in einem ersten Schritt wieder auf den näheren Kontext zu blicken, der die Konstruktion umgibt (vgl. Virt. 43–50): Und während sie [= die Hebräer] in einem so großen Kampf Sieger blieben (ja· tosoOtom p|kelom jatoqh~samter), verloren sie keinen von den Ihrigen: in derselben Anzahl und so wie sie in die Schlacht ausgezogen waren (… ja· bpo?oi pqo/khom eQr tµm l\wgm), kehrten sie unverwundet und unversehrt (%tqytoi ja· bk|jkgqoi) zurück, ja sogar, wenn man die Wahrheit sagen soll, mit verdoppelter Kraft; Denn die Freude über den Sieg erhöhte nur noch ihre frühere Stärke. Die Ursache dieses Gelingens war aber nichts anderes als das Verlangen, den gefahrvollen Kampf für die Frömmigkeit zu unternehmen, worin Gott selbst Vorkämpfer ist, der unbezwingliche Helfer, der den Herzen gute Ratschläge an die Hand gibt und den Leibern starke Wehrkraft verleiht (aUtiom d³ oqd³m Gm to}tym 6teqom C t¹ spoud\sai vikojimd}myr t¹m rp³q eqsebe_ar !c_ma %qashai, 1m è ja· pqoacym_fetai he|r, !^ttgtor 1pijouq_a, bouk±r l³m !cah±r ta?r diamo_air rvgco}lemor, !kjµm d³ to?r s~lasi jqataiot\tgm 1mtihe_r). Ein Beweis für den Beistand Gottes ist die Tatsache, dass von einer geringen Anzahl viele Tausende überwältigt wurden, und dass von den Feinden keiner entkam, von den Freunden aber keiner getötet wurde und weder ihre Zahl noch ihre leibliche Stärke vermindert wurde (p_stir d³ t/r 1j heoO sullaw_ar t| te rp’ ak_cym pokk±r luqi\dar "k_mai ja· t¹ lgd]ma l³m t_m 1whq_m diavuce?m, lgd]ma d³ t_m v_kym !maiqeh/mai l^te !qihl¹m l^te s~lator d}malim 1kattyh]mtym). Deshalb verheißt auch Mose in seinen Mahnreden (5 Mos. 28,1.2.7): „Wenn du Gerechtigkeit und Frömmigkeit und die anderen Tugenden übst, wirst du ein Leben ohne Krieg und in ungestörtem Frieden führen, oder wenn ein Krieg ausbrechen sollte, wirst du leicht der Feinde Herr werden, da der unsichtbare Führer deines Heeres Gott sein wird, der darauf bedacht ist, die Guten mit aller Macht zu retten“ (1±m dijaios}mgm ja· bsi|tgta ja· t±r %kkar !qet±r 1pitgde},r, b_om !p|kelom bi~s, ja· eQr ûpam eQqgmij|m, C 1mst\mtor pok]lou Nôd_yr t_m 1whq_m peqijqat^seir, heoO stqataqwoOmtor !oq\tyr, è di’ 1pileke_ar 1st· to»r !caho»r s]feim !m± jq\tor). Wenn sie nun auch mit vielen Tausenden heranrücken, wohlbewaffnetes Fußvolk und Reiterei, oder wenn sie feste und leicht einzunehmende Plätze zuerst besetzen und Herren der Gegend werden, oder wenn sie mit reichen Kriegsmitteln versehen sind, so fürchte dich nicht und verzage nicht, selbst wenn dir alle diese Dinge fehlen sollten, an denen die Feinde Überfluss haben, Bundesgenossen, Waffen, Plätze in guter Lage, Kriegsvorräte (l^t’ owm 1±m pokka?r luqi\sim 1pitq]wysim b pef¹r bloO ja· Rpp|tgr stqat¹r eqopkoOmter l^te 1±m 1qulm± ja· 1p_lawa pqojatakab|lemoi wyq_a topojqat_si l^te 1±m !vh|moir paqasjeua?r woqgc_mtai, jatapkace·r de_s,r, j#m "p\mtym !poq0r ¨m %cousi peqious_am 1je?moi, sull\wym, fpkym, t|pym eqjaiq_ar, paqasjeu_m7). Denn jene gleichen einem mit allerlei Gütern angefüllten Lastschiff, das oft ein hereinbrechender Sturm plötzlich umwirft und zerstört (!m]tqexeja·jat]kuse); den schlecht Ausgerüsteten und Elenden andererseits … verleiht Gott … die Rettung/ Erhaltung bringenden Kräfte, dass sie sich wieder aufrichten und reife Früchte her-
Zur Wendung … t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]weim in Virt. 49 f.
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vorzubringen vermögen (to?r d’ eqtek]si ja· kupqo?r … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem !meceqh/ma_ te ja· tekeiocom/sai). Hieraus geht klar hervor, dass man an Gerechtigkeit und Frömmigkeit festhalten muss (…, fti de? toO dija_ou ja· bs_ou peqi]weshai7); denn wem die Gottheit freundlich gesinnt ist, der ist in hohem Maße glücklich, wem sie aber feind ist, der ist äußerst unglücklich (oXr l³m c±q t¹ he?om 5mspomdom, %jqyr eqda_lomer, oXr d³ 1whq|m, 1sw\tyr jajoda_lomer).
Zuallererst ist die Beobachtung wichtig, dass der übergreifende Kontext, im vorliegenden Fall: Krieg bzw. Gefährdung durch Krieg (vgl. Virt. 43–50), die Bedeutung der Adjektivverbindung d}malir syt^qior (Virt. 49 f.) generiert. Die Vorstellung von Krieg, Kampf bzw. Schlacht und finalem Sieg wird hier durch entsprechende Begrifflichkeiten aktiviert, die sich im Umfeld der zu analysierenden Formulierung auffinden lassen.105 Philo schildert an dieser Stelle den gefahrvollen Kampf, den die Gott ehrenden Hebräer zugunsten der Frömmigkeit (vgl. Virt. 45: t¹m rp³q eqsebe_ar !c_ma) gegen eine große Anzahl feindlicher Fremdvölker106 führen und aus dem erstere als Sieger hervorgehen,107 letztere dagegen, wie die l]m … d] – Gegenüberstellung in Virt. 46 insgesamt zeigt (vgl. u. a. die Opposition von v_kor, mij÷m und 1whq|r, "k_sjeshai), unterliegen.108 Der Sieg der Hebräer frappiert gerade deswegen, da sie sich im Kampf gegen die starkbewaffneten Feinde prinzipiell in der unterlegenen Position befinden (vgl. dazu auch Vit. Mos. 2,247 ff.!): Was militärische (offensive/ defensive Wehr-)Mittel angeht, befinden sie sich, wie das Verbum !poqe?m in Virt. 48 signalisiert, im Mangelzustand. Einen Mangel an Kampf- bzw. Wehrkraft, der einhergeht mit militärischer Ohnmacht, indizieren im Blick auf Virt. 49 auch die Adjektive eqtek^r („mangelhaft armselig, dürftig [ausgestattet]“)109 und kupq|r („armselig, kümmerlich, elend“);110 dies in scharfem Kontrast zur Übermacht bzw. zum Überfluß an kriegerischen Mitteln (vgl. Virt. 48: peqious_a), die im Besitz der Feinde sind:111 Bundesgenossen (s}llawor/Pl.), Waffen (fpkom/Pl.), Plätze in guter Lage (t|poi eqjaiq_ar/Pl.), Rüstungsmittel (paqasjeu^/Pl.). Des Weiteren zeigt die semantische Opposition der Verben !maiqe?m (im passivischen Gebrauch) und s]feim in Virt. 46; 105 Vgl. Virt. 44; 47: p|kelor; 44: [tosoOtom p|kelom] jatoqhoOm; mij÷m; 44: l\wg (vgl. pqo/khom eQr tµm l\wgm); 45: vikojimd}myr; 45: !c~m (vgl. t¹m rp³q eqsebe_ar !c_ma %qashai); 45: pqoacym_feshai; 46: sullaw_a; 47: stqataqw]y usw. 106 Dies in Anlehnung an Num 31, vgl. Cohn [u. a.], Philo von Alexandrien. Die Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 2, 330. 107 Vgl. dazu u. a. den gemeinsamen Gebrauch von mij\y und waq\ in Virt. 44: B … 1j toO mij/sai waq± t/r pqot]qar oqj 1k\ttoma tµm Qsw»m !peiqc\sato. 108 Vgl. Virt. 46: t| te rp’ ak_cym pokk±r luqi\dar "k_mai ja· t¹ lgd]ma l³m t_m 1whq_m diavuce?m, lgd]ma d³ t_m v_kym !maiqeh/mai l^te !qihl¹m l^te s~lator d}malim 1kattyh]mtym. 109 Vgl. LSJ, s.v. eqtek^r. 110 Vgl. LSJ, s.v. kupq|r. 111 Vgl. dazu u. a. Virt. 48 f.: … jatapkace·r de_s,r j#m "p\mtym !poq0r ¨m %cousi peqious_am 1je?moi, sull\wym, fpkym, t|pym eqjaiq_ar, paqasjeu_m.
210 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache 48, dass, angesichts dieser Mittellosigkeit, die Möglichkeit der Vernichtung der Hebräer im Kampf gegen die feindlichen Fremdvölker besteht. Im weiteren Textverlauf kommt Philo nun auf die Ursache (vgl. Virt. 45: t¹ aUtiom) des – im Hinblick auf die schwierige Ausgangslage schier unmöglichen – Sieges und der Rettung der Hebräer zu sprechen, die sich trotz ihrer anfänglichen Unterlegenheit im Kampf behaupten konnten: Als die Guten,112 die Gerechtigkeit, Frömmigkeit und die übrigen Tugenden ausüben,113 haben diese, im Gegensatz zu den feindlichen Fremdvölkern,114 die im übertragenen Sinne für die Ungerechten und Lasterhaften stehen,115 konsequenterweise Gott in der für die Frömmigkeit (und Tugend) geschlagenen Schlacht (vgl. Virt. 45: t¹m rp³q eqsebe_ar !c_ma) auf ihrer Seite. Wie die Formulierung pqoacym_fetai he|r, !^ttgtor 1pijouq_a (vgl. Virt. 45)116 in Verbindung mit der sullaw_a-Begrifflichkeit (vgl. Virt. 46: p_stir … t/r 1j heoO sullaw_ar) zeigt, steht Gott den Frommen im Kampf wie ein Bundesgenosse bei, der seinen in kriegerische Bedrängnis geratenen Verbündeten (= seinem Bundesvolk) Hilfe schickt und leistet. Ziel des göttlichen Eingreifens ist folglich nicht der Untergang (vgl. Virt. 46: … lgd]ma d³ t_m v_kym !maiqeh/ma), sondern eben die Rettung/Erhaltung der Hebräer (vgl. 48: … to»r !caho»r s]feim). Die Vorstellung von militärischer Hilfeleistung zum Zweck der Rettung/ Erhaltung einer kriegerisch unterlegenen Größe117 wird nun im Kriegskontext Virt. 43–50 durch entsprechende Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsterminologie aktiviert. Neben dem Verbum pqoacym_feshai (vgl. Virt. 45) wäre das Wort 1pijouq_a hier zu nennen, welches „Hilfe, Schutz“118 meint und, gerade in Verbindung mit dem Adjektiv !^ttgtor, den Gedanken an eine („unbezwingbare, unbesiegliche“)119 „(Wehr-)Kraft“ (bzw. „Hilfstruppe, Schutztruppe“) zugunsten von in kriegerische Not geratenen Verbündeten auf-
112 Vgl. Virt. 46: … t_m v_kym; 48: … to»r !caho»r. 113 Vgl. Virt. 47: … dijaios}mgm ja· bsi|tgta ja· t±r %kkar !qet±r 1pitgde}eim; 50: … de? toO dija_ou ja· bs_ou peqi]weshai. 114 Vgl. 46: … pokk±r luqi\dar … t_m 1whq_m. 115 Gehören die Hebräer folglich auf die Seite derjenigen, denen Gott wohlgesonnenen ist, so gehören die Fremdvölker auf die Seite derer, denen er feindlich gesonnen ist (vgl. dazu – neben der l]m … d] – Gegenüberstellung in Virt. 46 – auch die l]m … d] – Gegenüberstellung in Virt. 50: … oXr l³m c±q t¹ he?om 5mspomdom, %jqyr eqda_lomer, oXr d³ 1whq|m, 1sw\tyr jajoda_lomer). Zum Gegensatz von gut/tugendhaft und schlecht/lasterhaft als Charakteristikum speziell der stoischen Ethik vgl. insgesamt Hossenfelder, Die Philosophie der Antike, 3, 54.; Long, Sedley, Die hellenistischen Philosophen, 446: „Das auffälligste Charakteristikum der stoischen Ethik ist, dass sie die normalen griechischen Ausdrücke für ,gut‘ und ,schlecht‘ auf das beschränkt, was wir den moralischen Sinn dieser Wörter nennen würden.“ 116 Vgl. dazu auch Virt. 47: … heoO stqataqwoOmtor !oq\tyr. 117 Vgl. Virt. 48: … jatapkace·r de_s,r, j#m "p\mtym !poq0r ¨m %cousi peqious_am 1je?moi; 49: … to?r d’ eqtek]si ja· kupqo?r. 118 Vgl. Passow, s.v. 1pijouq_a: „Hilfe, Beistand, Schutz, Unterstützung“, auch: „Hilfsheer, Hilfstruppe“; vgl. dazu ebenfalls LSJ, s.v. 1pijouq_a: „aid, succour“, auch: „auxiliary force“. 119 Vgl. Passow, s.v. !^ttgtor (s.v. !^ssgtor): „unbesieglich, unüberwindlich“
Zur Wendung … t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]weim in Virt. 49 f.
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kommen lässt.120 Eine ähnliche Bedeutung hat das Wort sullaw_a, hier wiederzugeben mit „Bund, Bundesgenossenschaft“ (mit einer deutlichen Konnotation von „offensive/defensive Hilfstruppe, Hilfsheer“121). Neben 1pijouq_a und sullaw_a handelt es sich auch bei dem Wort !kj^ („Stärke“, „Kampfkraft“ [offensive/defensive] „Wehrkraft“, um eine drohende Gefahr abzuwenden)122 um Abwehrterminologie. Alle drei Begrifflichkeiten, 1pijouq_a, sullaw_a und !kj^, kommen im Kontext von Virt. 43–50 folglich vor dem Hintergrund kriegerischer Gefahr zur Anwendung und stellen seitens Gottes initiierte123 offensive/defensive Mittel dar: Diese dienen einerseits der aktiven Abwehr kriegerischen Unheils (= der Wehr gegenüber feindlichen Fremdvölker),124 andererseits dem passiven Schutz (= der Rettung/Erhaltung) der durch prekäre Umstände gekennzeichneten Hebräer. In diese Lesart fügt sich auch Virt. 48: mittels der Wendung …, è di’ 1pileke_ar 1st· to»r !caho»r s]feim !m± jq\tor wird hier der Gedanke an ein fürsorgliches, schützendes Eingreifen zur Rettung der Guten aktualisiert. Zu diesem Zweck steht das Verbum s]feim in direktem Zusammenhang mit dem Wort 1pil]keia, welches (der Wortbedeutung von 1pijouq_a, vgl. Virt. 45, im weitesten Sinne entsprechend), „(Für-)Sorge“125 bedeutet. Aus dem gemeinsamen Gebrauch von 1pijouq_a, sullaw_a, !kj^ und 1pil]keia (in direktem Zusammenhang mit s]feim jtk. -Terminologie) wird demnach ersichtlich: Die Rettung/Erhaltung der kriegerisch bedrängten, mittellosen „Guten“ (= der Hebräer, als Gottes Bundesgenossen) kommt einem fürsorglichen Handeln Gottes (= als im Rahmen von Kriegsgefahr helfend-rettend eingreifender Instanz) gleich. Die negative Ausgangslage kriegerischer Bedrängnis und Ohnmacht/Mittellosigkeit der Hebräer im Angesicht einer feindlich gesonnenen, mit aktiven Angriffsmitteln im Übermaß ausgestatteten Umwelt auf der einen Seite und die Möglichkeit der Rettung/Erhaltung der Bedrängten, initiiert durch das helfend-rettende Eingreifen einer vermögenden Instanz auf der anderen Seite, bildet nun exakt den Rahmen der in Virt. 49 f. zur Anwendung kommenden Formulierung … to?r d’ eqtek]si ja· kupqo?r … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem. 120 Vgl. dazu bereits Vit. Mos. 2,252: lµ !poj\lgte … pqosdoj÷te tµm !^ttgtom 1j heoO bo^heiam. 121 Vgl. LSJ, s.v. sullaw_a: „alliance, auxiliary force“. 122 Vgl. LSJ, s.v. !kj^: „strength to avert danger, defence, help“. Vgl. dazu ebenso die Ausführungen zu !kj^ unter II./1., speziell II./1.2. 123 Alle drei Formulierungen verweisen auf die Gottheit als Letztinstanz von Beistand in der Not: In Virt. 45 signalisiert dies die Gleichsetzung von he|r und 1pijouq_a (vgl. pqoacym_fetai he|r, !^ttgtor 1pijouq_a); in Virt. 46 ist die Gottheit logisches Subjekt der Konstruktion !kjµm… 1mt_hgli (vgl. !kjµm … to?r s~lasi jqataiot\tgm 1mtihe_r; ebenso bringt dies in Virt. 46 die Präpositionalverbindung 1j heoO zum Ausdruck (vgl. … t/r 1j heoO sullaw_ar). 124 Vgl. Virt. 46: pokk±r luqi\dar "k_mai ja· t¹ lgd]ma l³m t_m 1whq_m diavuce?m …; 47: … t_m 1whq_m peqijqate?m; auch Virt. 49: 1je?ma c±q ¦speq bkj\da pepkgqyl]mgm pamto_ym !cah_m pokk\jir 1pipes½m %melor 1na_vmgr !m]tqexe ja· jat]kuse. 125 Vgl. dazu u. a. Passow, s.v. 1pil]keia: „Sorge“.
212 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache Wie bereits oben erwähnt, wird die Adjektivverbindung d}malir syt^qior hier pluralisch gebraucht und kommt zusammen mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens (1lpaq]weim [+ Akk.]) zur Anwendung. Handlungsträger der Verbalkonstruktion … t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]weim ist Gott (vgl. 49 f.: … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem). Von herausragendem Interesse ist nun Folgendes: Einerseits weist Philo explizit darauf hin, dass die Hebräer zu (Kriegs-)Beginn jeglicher zum Kampf geeigneter Rüstungsmittel entbehren;126 andererseits darauf, dass Gott ihnen im Gegenzug fürsorglichen Beistand gewährt und sie mit Rettung/Erhaltung bringenden (offensiven/defensiven Wehr-)Kräften begabt.127 Die göttliche Austattung mit d}malir syt^qior [= implizit: eQr sytgq_am] (Pl.) zielt demnach auf eine Änderung der vormaligen Lage der ohnmächtigen, mittellosen Hebräer zu deren Gunsten.128 Zur inhaltlichen Bestimmung der Wendung d}malir syt^qior (als semantisch äquivalenter Formulierung zu d}malir [eQr sytgq_am]) ist der unmittelbare Kontext zu befragen: Aus Virt. 48 f. geht hervor, dass der Ausdruck d}malir syt^qior (Pl.) seiner Bedeutung nach offensichtlich eine beträchtliche Anzahl offensiver/defensiver Wehrmittel abzudecken vermag, die insgesamt auf die Rettung/Erhaltung der in kriegerische Bedrängnis geratenen Hebräer zielen, an denen man aber anfangs (im Gegensatz zum Kriegsgegner) Mangel litt: s}llawor, fpkom, t|por eqjaiq_ar, paqasjeu^ (vgl. Virt. 48 f.: …, j#m "p\mtym !poq0r ¨m %cousi peqious_am 1je?moi, sull\wym, fpkym, t|pym eqjaiq_ar, paqasjeu_m7). Die Wendung d}malir syt^qior stünde demnach in Virt. 49 f. für beides: passive Schutzmittel wie aktive/offensive Wehrmittel.129
Dass es im kriegerischen Gefahrenkontext Virt. 43–50 folglich um die (göttliche) Gewährung von offensiven/defensiven (Schutz- bzw. Wehr-)Kräften (-mitteln) zur Abwehr drohenden kriegerischen Unheils bzw. zur Rettung/Erhaltung der Bedrängten geht, zeigt sich auch daran, dass die d}malir syt^qior (Pl./49 f.) Philo zufolge zugunsten, d. h. zum Schutz der Mittel- und Machtlosen130 zur Anwendung kommt, sodass deren Mangel131 an (Wehr-)Kraft (im Krieg) ausgeglichen zu werden vermag und die Begünstigten unverwundet, unversehrt (vgl. 44: %tqytor, bk|jkgqor) und als Sieger (vgl. Virt. 44) aus dem Kampf hervorgehen.132 126 Vgl. Virt. 48 f.: … "p\mtym !poq0r … sull\wym, fpkym, t|pym eqjaiq_ar, paqasjeu_m. 127 Vgl. neben dem Gebrauch von 1pijouq_a, sullaw_a, !kj^ und 1pil]keia (in direktem Zusammenhang mit s]feim) speziell 49 f.: … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem. 128 Das vom Verbum s]feim abgeleitete Adjektiv syt^qior (vgl. LSJ, s.v. syt^qior) ist an dieser Stelle wiederzugeben mit „Rettung/Erhaltung bringend“, „Rettung/Erhaltung bewirkend“. 129 Vgl. dazu die Ausführungen unter II./1.! 130 D. h. der mit offensiven/defensiven Wehrmitteln „mangelhaft Ausgestatteten und Elenden“, vgl. 49: to?r … eqtek]si ja· kupqo?r/Dativus commodi. 131 Vgl. den !poqe?m – Gebrauch in Virt. 48! 132 Vgl. speziell zu Virt. 49 f. auch die englische Übersetzung von Charles De Yonge, The Works of
Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit Rettungsaussagen
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Verstanden als „offensive/defensive (Wehr-)Kraft zur Rettung/Erhaltung“ in Bedrängnis Geratener steht die Adjektivverbindung d}malir syt^qior (Pl.) bedeutungsmäßig demnach sowohl in innerer Beziehung zum Verbum s]feim in Virt. 48 (vgl. di’ 1pileke_ar … to»r !caho»r s]feim [!m± jq\tor]), als auch zur in Virt. 45.46.48 f. aufgeführten Schutz-, Abwehr- und Verteidigungsterminologie.133 Insbesondere der gemeinsame Gebrauch von d}malir syt^qior mit Wörtern wie 1pijouq_a und 1pil]keia zeigt an, dass die Gewährung von d}malir syt^qior seitens einer vermögenden Instanz (hier: der Gottheit) einem fürsorglichen Handeln gleichkommt: So ist die d}malir syt^qior Philo zufolge das Medium, durch welches Gott den in kriegerische Bedrängnis geratenen Hebräern fürsorglich beisteht und deren Rettung/Erhaltung letztendlich sicherstellt.
4. Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit Rettungsaussagen in Quaest. in Ex. 2,2: Errettung der Hebräer aus politisch-militärischer Ohnmacht Von einem machtvollen, helfend-rettenden Eingreifen Gottes zugunsten der in eine Lage politisch-militärischer Ohnmacht geratenen Hebräer berichtet Philo in seinem Exoduskommentar Questiones et Solutiones in Exodum. Auffälligerweise erscheint die d}malir-Begrifflichkeit in Quaest. in Ex. 2,2 in direktem Zusammenhang mit Rettungsterminologie (vgl. syt^q, N}olai [+Akk.]) 1j [+Gen.]), um die göttliche Hilfeleistung zugunsten der Hebräer zum Ausdruck zu bringen:134 Denn in Ägypten war das Volk der Hebräer (t¹ :bqa?om c]mor) nicht beschnitten; während sie (die Hebräer) aber wegen aller Leiden, welche die Grausamkeit der Bewohner des Landes den Fremden zufügte, geplagt wurden (jajyh³m d³ p\sair jaj~sesi t/r paq± t_m 1cwyq_ym peq· to»r n]mour ¡l|tgtor), lebten sie mit Selbstbeherrschung und Geduld, nicht mit Zwang, mehr als mit bereitwilliger (freier) Gewissheit, weil sie ihre Zuflucht in Gott, dem Retter, hatten, der die Bittsteller aus ausweglosen und schwierigen (Not-)Lagen befreite, indem er ihnen eine schützende Philo: complete and unabridged, Peabody 1995: „For very often a violent wind, falling upon them as upon a merchant vessel laden with all kinds of good things, has at once overthrown and destroyed these things; while upon those who have been imperfectly supplied, and who have been sorrowful … God has suddenly … poured forth his saving powers, and has caused them to rise up and become prosperous and perfect.“ 133 Vgl. ebenso Virt. 45: !^ttgtor 1pijouq_a; 46: !kjµm … to?r s~lasi jqataiot\tgm 1mtihe_r; 46: … t/r 1j heoO sullaw_ar; Virt. 48: di’ 1pileke_ar … to»r !caho»r s]feim [!m± jq\tor]. 134 Griechischer Text: Ralph Marcus, Philo. Supplement II: Questions and Answers on Exodus, translated from the ancient Armenian version of the original Greek, LCL, London [u. a.] 1953 (ND 1961).
214 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache Kraft zukommen ließ (di± tµm 1p· t¹m syt/qa he¹m jatavuc^m, dr 1n !p|qym ja· !lgw\mym 1pip]lxar tµm eqeqc]tim d}malim, 1qq}sato to»r Rj]tar).
Der Gedanke an gefahrvolle, prekäre Umstände wird an dieser Stelle durch die Begrifflichkeiten j\jysir, jajoOm (im passivischen Gebrauch), ebenso wie !macj^, ¡l|tgr aktualisiert. Philo kommt hier auf die verzweifelte Lage zu sprechen, in der sich die Hebräer (t¹ :bqa?om c]mor) in Ägypten,135 bedrängt von (vgl. paq\ [+ Gen.]) Zwangsherrschaft und konfrontiert mit Grausamkeit, befanden. Ein Moment der Passivität, der Hilflosigkeit und des Unvermögens, sich selbst aus diesem Zustand zu befreien, signalisiert das auf t¹ :bqa?om c]mor referierende Partizip jajyh]m, an welches die mit !-privativum gebildeten Adjektive %poqor, !l^wamor bedeutungsmäßig anknüpfen: Die von der Grausamkeit der Ägypter Geplagten (jajyh³m … p\sair jaj~sesi t/r paq± t_m 1cwyq_ym … ¡l|tgtor) besitzen kein (Hilfs-, Verteidigungs- bzw. Schutz-)Mittel, um sich aus eigenen Kräften aus dieser traurigen, ausweglosen Lage politisch-militärischer Ohnmacht zu befreien. Als momentan Schutzlose werden die Hebräer, so Philo weiter, zu Bittstellern (vgl. Rj]tgr/Akk.): Konsequenterweise gehen sie die Rettergottheit136 um Schutz bzw. „Zuflucht“ (jatavuc^)137 an und bekommen diesen auch gewährt. Handelt es sich bei jatavuc^ um Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsterminologie, so sticht der innere Zusammenhang zur Adjektivverbindung d}malir eqeqc]tir ins Auge (vgl. … di± tµm … jatavuc^m … [1pip]lxar] tµm eqeqc]tim d}malim). Bei eqeqc]tir handelt es sich zunächst um die feminine Form von eqeqc]tgr („Wohltäter, Beschützer“),138 ein Substantiv, das als Nomen agentis139 von dem Verbum eqeqcete?m („gut handeln, Gutes tun, Wohltaten erweisen“)140 abgeleitet ist.
Die Gewährung von Zuflucht/Schutz (di± tµm … jatavuc^m) und die Errettung der in Bedrängnis Geratenen aus schwierigen und aussichtslosen Situationen erfolgt seitens Gottes:141 und zwar mittels der Aussendung (vgl. 1pip]lpeim) 135 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Unrecht tuenden Ägypter in der allegorischen Auslegung Philos stets stellvertretend für die schädlichen Leidenschaften (t± p\hg) stehen, welche der Unrecht erleidenden Seele (x}wg) Gewalt antun, so z. B. auch in Congr. 84: t¹ AQc}ptiom p\hor (jaj_a, Bdom^); 85: t¹ p\hor, AUcuptor; vgl. dazu insgesamt L vy, Philo’s Ethics, 158. 136 Wird Gott hier explizit als „Retter“ betitelt (… t¹m syt/qa he¹m), so ist er, wie das Adjektiv eqeqc]tir indiziert, mittels der Aussendung seiner eqeqc]tir d}malir (vgl. 1pip]lpeim tµm eqeqc]tim d}malim), gleichzeitig „Wohltäter“ (eqeqc]tgr). 137 Vgl. … di± tµm 1p· t¹m syt/qa he¹m jatavuc^m. Vgl. Passow, s.v. jatavuc^. 138 Vgl. LSJ, s.v. eqeqc]tir. 139 Allgemeines zu den Nomina agentis (als von Verben abgeleitete Substantive, die einen Täter bezeichnen) vgl. Bornemann, Risch, Griechische Grammatik, Kap. 302, 311. Neben dem Substantiv eqeqc]tgr wäre hier auch auf syt^q, dot^q, poigt^r usw. zu verweisen. 140 Vgl. LSJ, s.v. eqeqcet]y: „do good services, show kindness to one“. 141 D. h. Gottes des Retters, vgl. dazu insgesamt die Formulierung di± tµm 1p· t¹m syt/qa he¹m jatavuc^m, dr 1n !p|qym ja· !lgw\mym … 1qq}sato to»r Rj]tar.
Exkurs VII: Philos Vorstellung von den dum\leir der Gottheit
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einer Gott zugehörigen d}malir eqeqc]tir.142 Ordnet man die Adjektivverbindung d}malir eqeqc]tir ein in den weiteren Rahmen von Quaest. in Ex. 2,2 zur Anwendung kommender Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungsterminologie (vgl. jatavuc^) und Rettungs-/Erhaltungsterminologie,143 so zeigt sich, dass das als Adjektiv gebrauchte eqeqc]tir am treffendsten mit „Schutz [Rettung/Erhaltung] gewährend“ wiederzugeben ist: Bei der d}malir eqeqc]tir handelt es sich um eine „Schutz- bzw. Wehrkraft“ mit rettender/erhaltender Wirkung. Ist die Verbalkonstruktion N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen.) dabei im weitesten Sinne wiederzugeben mit „jmd. aus einer akuten Notlage befreien“ oder „jmd. einer Gefahr für Leib und Leben entreißen“,144 so wird mit der Wendung 1pip]lpeim tµm eqeqc]tim d}malim die konkrete militärische Hilfeleistung benannt, welche von Gott ausgeht, um den sich in einer Zwangslage (vgl. j\jysir, jaj|y [Pass.], ¡l|tgr, %poqor, !l^wamor) befindenden Hebräern (passiven) Schutz zu gewähren.
Dass Gott den Bedrängten mit der Schickung seiner d}malir eqeqc]tir (in der Bedeutung „Schutz [Rettung/Erhaltung] bringende [Wehr-]Kraft“) gleichzeitig eine Wohltat/Gunst gewährt, d. h. in der Sendung seiner d}malir wohltätig handelt, liegt (im Blick auf die Semantik von eqeqc]tir: „eine Wohltat erweisend/bewirkend“) auf der Hand. Exkurs VII: Philos Vorstellung von den dum\leir der Gottheit Die Vorstellung von einer vielfältigen Bezugnahme des innerkosmisch abwesenden, da transzendenten Gottes auf den Kosmos im Allgemeinen und die Menschheit im Besonderen, die durch die Sendung bzw. das Zum-Einsatz-Bringen verschiedener göttlicher dum\leir erfolgt,145 durchzieht das ganze Opus des jüdischen Schriftstel142 Vgl. die Wendung 1pip]lxar tµm eqeqc]tim d}malim; dazu Passow, s.v. 1pip]lpy: „absenden, abschicken“, „zusenden, zuschicken“. Zum Gebrauch der Formulierung stqati\m 1pip]lpeim im kriegerischen Gefahrenkontext vgl. z. B. Dion. Hal. Ant 15,6,3: 1±m eQr t¹m p|kelom jatast_si, stqati\m te p]lxeim, fsgr #m d]ymtai, tµm vuk\nousam aqt_m t± te_wg; 15,7,5: 1jp]lpeim stqati±m. 143 Vgl. den parallelen Gebrauch der Konstruktionen, N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen.), 1pip]lpeim tµm eqeqc]tim d}malim, beidesmal mit syt^q (he|r) als Handlungsträger. 144 Vgl. zu dieser Bedeutung von N}olai (+ Akk.) [1j (+ Gen.)] Wilhelm Kasch, Art. N}olai, in: ThWNT 6, 999–1004; ebenso Marion Hauck, ,Wer wird mich dem Tode entreißen?‘ Zur semantischen Anschlussfähigkeit der paulinischen Formulierung N}olai (+ Akk.) 1j (+ Gen.) (Röm 7,24b) an den (profan-)griechischen Sprachgebrauch, in: Stefan Krauter (Hg.), Perspektiven auf Römer 7, Biblisch-Theologische Studien 159, Neukirchen-Vluyn 2016, 83–111, speziell: 101–106. 145 Vgl. dazu Radice, Philo’s Theology and Theory of Creation, 135 f., der betont, dass Philo zufolge Gott mittels seiner dum\leir sein Einwirken auf den Kosmos ohne Preisgabe seiner Transzendenz sicherzustellen vermag. Vgl. dazu auch Cristina Termini, Philo’s Thought within the Context of Middle Judaism, in: Adam Kamesar (Hg.), The Cambridge Companion to Philo, Cambridge [u. a.] 2009, 95–123, 100 f.: „Philo … prefers the plural to illustrate the manifold
216 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache lers.146 Göttliche Weltgestaltung (= Weltbildung) und Weltregierung sind auf unterschiedliche dum\leir verteilt, die diese Tätigkeit ausüben.147 Als die beiden vornehmsten und obersten dum\leir klassifiziert Philo in Vit. Mos. 2,99–100,148 wie auch an vielen weiteren Stellen,149 poigtijµ d}malir und basi-
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nature of God’s power and action … The powers open a unique window through which we can view and understand the mechanisms of Philonic theology, because they form a continuous thread that leads us from the manifold aspects of God’s action at the cosmic, historical, and human levels to the depth of the divine mystery. Philo states on many occasions that the essence of God is unknowable, but that man can infer His existence from … the powers that reveal Him.“ Woher die philonische Auffassung stammt, dass Gott über verschiedene dum\leir verfügt, mittels welcher er auf Kosmos bzw. Menschheit einzuwirken vermag, ist in der Forschung umstritten. Zur Problematik sowie zur traditions- und religionsgeschichtlichen Verortung vgl. die Ausführungen bei mile Br hier, Les id es philosophiques et religieuses de Philon d’Alexandrie, Paris 21926; Otto Schmitz, Der Begriff DUMALIS bei Paulus, 150 f.; Grundmann, Art. d}malai/d}malir, 299; Erich Fascher, Art. Dynamis, RAC 4, 1959, 415–458, 432; vgl. dazu auch neuerdings Rainer Hirsch-Luipold, Der eine Gott bei Philon von Alexandrien und Plutarch, in: ders. (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch: Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder, Berlin [u. a.] 2005, 141–168, 156 f.; ebenso Termini, Philo’s Thought within the Context of Middle Judaism, 97 f. Ein weitgehender Konsens besteht in der Forschung, dass die philonische Vorstellung von Gottes dum\leir ihre Wurzeln in der Tradition der griechischen Bibel (LXX) hat, Philo bei seinen Ausführungen aber ebenfalls unter dem Einfluss des kaiserzeitlichen Platonismus steht. Dazu Fascher, Art. Dynamis, 432: „Es ist Philos Verdienst …, die in der Tradition des AT unverbunden nebeneinanderstehenden Eigenschaften Gottes unter dem Begriff der D. zusammengefaßt zu haben … Diese Lösung erlaubt es Philo, Gottes Wirksamkeit in der Welt mitsamt seiner Allgegenwart festzuhalten u. doch seine Abgrenzung von der Welt [d. h. außerhalb der Schöpfung] zu vollziehen.” Anders sehen dies z. B. Ps.-Aristeas und Ps.-Aristoteles, die explizit von einer d}malir (Sgl.!) sprechen, mittels welcher Gott den Kosmos schafft und erhält. Vgl. dazu insgesamt Moraux, Der Aristotelismus, 42 f. Bei den Cherubim der Bundeslade, so Philo, handelt es sich um sinnbildliche Zeichen für die beiden vornehmsten und obersten dum\leir (vgl. Vit. Mos. 2,99: 1c½ d’ #m eUpoili dgkoOshai di’ rpomoi_m t±r pqesbut\tar ja· !myt\ty d}o toO emtor dum\leir, t^m te poigtijµm ja· basikij^m). Vgl. dazu ähnlich Cher. 27–28, wo Philo die beiden Cherubim, die mit flammendem Schwert den Paradiesgarten nach dem Sündenfall bewachen, als die beiden obersten und ersten dum\leir, Güte und Allmacht (!cah|tgr, 1nous_a), bezeichnet, die sich bei dem einen Gott befinden und deren Schwert der göttliche k|cor ist: Es wurde mir gesagt, dass bei dem einig einzigen und wirklich seienden Gott zwei oberste und erste Kräfte sind, die Güte und die Allmacht (… jat± t¹m 6ma emtyr emta he¹m d}o t±r !myt\ty eWmai ja· pq~tar dum\leir !cah|tgta ja· 1nous_am); mit der Güte habe Gott das All geschaffen, mit der Allmacht beherrsche er das Geschaffene (… ja· !cah|tgti l³m t¹ p÷m cecemmgj]mai, 1nous_ô d³ toO cemmgh]mtor %qweim) … Die Cherubim seien nun Sinnbilder der beiden Kräfte Herrschermacht und Güte (!qw/r l³m owm ja· !cah|tgtor t_m due?m dum\leym t± Weqoub·l eWmai s}lboka). Vgl. speziell zu Cher 27–28 Dillon, The Middle Platonists, 161 f.: „The relation of the Logos to the two Powers is not quite clear, in this passage, but from Quaest. in Ex. II 68 we gather that it is superior to them.“ Vgl. Vit. Mos. 100: … B l³m poigtijµ d}malir aqtoO …, jah’ Dm 5hgje ja· 1po_gse ja· diej|slgse t|de t¹ p÷m, B d³ basikijµ j}qior, Ø t_m cemol]mym %qwei ja· s»m d_j, beba_yr 1pijqate?; Somn. 1,162; Leg. All. 1,95–96: B d³ paqa_mesir c_metai di’ !lvot]qym t_m jk^seym ja· toO juq_ou ja· toO heoO, …, Vma, eQ l³m pe_hoito ta?r paqaim]sesim, rp¹ toO heoO eqeqcesi_m
Exkurs VII: Philos Vorstellung von den dum\leir der Gottheit
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kijµ d}malir: Auf die Schöpferkraft (poigtijµ d}malir) geht die Tätigkeit göttlicher Weltbildung zurück, welche gleichzeitig Ausdruck der Güte (!cah|tgr) Gottes als des Schöpfers ist (vgl. Cher. 27–28; Migr. 182: avtg … 1st·m !cah|tgr … w\qitar d³ cemm_sa). Auf die Regierung der erschaffenen Welt zielt dagegen Gottes Herrscherkraft (d}malir basikij^, oftmals gemeinsam gebraucht mit Begriffen wie 1nous_a und/oder !qw^). Sowohl die poigtijµ d}malir, als auch die basikijµ d}malir werden in diesem Sinne häufig durch eine Reihe von Handlungsverben qualifiziert, deren Subjekt Gott ist und die „(wohltätig) schaffen“ (vgl. z. B. Vit. Mos. 2,100: t_hgli, poie?m, diajosle?m t¹ p÷m;150 Plant. 87: t_hgli, poie?m, diajosle?m, eqeqcete?m), ebenso wie „(gerecht) herrschen“ (vgl. Vit. Mos. 2,100: %qweim, 1pijqate?m s»m d_j,; Plant. 86 f.: %qweim; Cher 28: %qweim [toO cemmgh]mtor]) bedeuten. Die universale Ausrichtung beider dum\leir wird gängigerweise durch Wendungen wie t¹ p÷m, t± fka etc. angezeigt.151 Es fällt des Weiteren auf, dass Philo die Adjektivverbindung d}malir poigtij^ an manchen Stellen nahezu austauschbar mit den Wendungen Vkeyr d}malir, d}malir syt^qior und d}malir eqeqc]tir gebrauchen kann. Dies lässt sich z. B. anhand von Plant. 86–92 demonstrieren:152 Dort werden die Ausdrücke Vkeyr d}malir und syt^!niyhe_g, eQ d³ !vgmi\foi, rp¹ toO juq_ou ¢r desp|tou ja· 1nous_am 5womtor sjoqaj_foito; Mut. 28–30: t_m d³ dum\leym, $r 5teimem eQr c]mesim 1p’ eqeqces_ô toO sustah]mtor, 1m_ar sulb]bgje k]ceshai ¢same· pq|r ti, tµm basikij^m, tµm eqeqcetij^m· basike»r c\q timor ja· eqeqc]tgr tim¹r 2t]qou p\mtyr basikeuol]mou ja· eqeqcetoul]mou. to}tym succem^r 1sti ja· B poigtijµ d}malir, B jakoul]mg he|r· di± c±q ta}tgr t/r dum\leyr 5hgje t± p\mta b cemm^sar ja· tewmite}sar pat^q, ¦ste t¹ 1c~ eQli he¹r s¹r Usom 1st· t` 1c~ eQli poigtµr ja· dgliouqc|r; Plant. 86 f.: B l³m c±q j}qior jah’ Dm %qwei, B d³ he¹r jah’ Dm eqeqcete?·ox w\qim ja· t0 jat± t¹m Req~tatom Lyus/m joslopoi_ô p\s, t¹ toO heoO emola !makalb\metai· Fqlotte c±q tµm d}malim, jah’ Dm b poi_m eQr c]mesim %cym 1t_heto ja· diejosle?to, di± ta}tgr ja· [jata]jkgh/mai; vgl. dazu ebenso Sacr. AC 59; Quod Deus 109–110 usw. 150 Dass Gottes Schöpferkraft bzw. Güte Gunsterweise hervorzubringen vermag, zeigt z. B. Migr. 182 f.: Wenn es also einmal in der Schrift heißt: Gott ist im Himmel oben und auf Erden unten (5 Mos 4,39), so wähne niemand, dies beziehe sich auf Gottes Sein, … sondern (es bezieht sich) auf die ihm eigene Macht, mit der er das All gesetzt, geordnet und ausgestattet hat. Diese ist aber vorzüglich die Güte (d}malim d’ aqtoO, jah’ Dm 5hgje ja· diet\nato ja· diej|slgse t± fka. avtg d³ juq_yr 1st·m !cah|tgr), die … die Gunsterweise erzeugt (… w\qitar d³ cemm_sa), durch die das Nichtsein zum Sein gelangt. 151 Vgl. z. B. Cher. 27; Vit. Mos. 2,100: t¹ p÷m; Migr. 182: t± fka. 152 Plant. 86–92: Die erwähnten Namen bezeichnen die Kräfte (dum\leir) des Seienden, (der Name) „Herr“ die des Herrschens, „Gott“ die des Wohltuns (B l³m c±q j}qior jah’ Dm %qwei, B d³ he¹r jah’ Dm eqeqcete?·); deswegen wird auch in der Darstellung des hochheiligen Moses von der Weltschöpfung durchweg der Name „Gott“ gebraucht; denn es war angebracht, dass nach der Kraft, durch welche der Schöpfer das All schuf, einsetzte und ordnete (… tµm d}malim, jah’ Dm b poi_m eQr c]mesim %cym 1t_heto ja· diejosle?to), – er auch bezeichnet wurde. Sofern er nun herrscht, vermag er beides, Wohltaten wie Schlimmes, zu spenden, indem er sich verändert zur Vergeltung der Taten der Menschen (jah¹ l³m owm %qwym 1st_m, %lvy d}matai, ja· ew ja· jaj_r poie?m, sulletabakk|lemor pq¹r tµm toO dq\samtor !p|dosim·); sofern er aber Wohltäter ist, richtet sich sein Wille nur auf das Eine: das Wohltun (jah¹ … eqeqc]tgr, h\teqom l|mom bo}ketai, t¹ eqeqcete?m). Das höchste Gut der Seele dürfte aber darin bestehen, dass sie nicht mehr ins Schwanken gerät wegen dieses zweifachen Vermögens des Königs … Die Worte
218 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache qior d}malir im Rahmen der Formulierung … t¹ eqeqcetij¹m t/r Vkey [peq· p\mta] ja· sytgq_ou dum\leyr (vgl. Plant. 90) parallel gebraucht. Der Blick auf den unmittelbaren Kontext, in dem die Wendungen Vkeyr d}malir, syt^qior d}malir in Plant. 86–92 begegnen, lässt darüber hinaus erkennen, dass beide Formulierungen in direktem Zusammenhang mit einem Geflecht von Verben bzw. Verbalverbindungen vorkommen, die im Werk Philos ansonsten regelmäßig in der näheren Umgebung des Ausdrucks d}malir poigtij^ auftauchen:153 Die Gott zugehörige Vkeyr bzw. syt^qior d}malir154 ist hier das Medium, durch welches Gott in seiner Rolle als Schöpfer gleichzeitig für die Erhaltung des Erschaffenen sorgt und dadurch Wohltaten bzw. Gunsterweise gewährt;155 d. h. durch den gemeinsamen Gebrauch von Schöpfungs-, Erhaltungs- und Gunstterminologie156 wird der Gedanke an ein göttliches (Er-)Schaffen und Erhalten, das einer Wohltat bzw. einem Gunsterweis gleichkommt, aktualisiert.157 Das machtvolle Handeln Gottes in Form seiner Vkeyr bzw. syt^qior d}malir kommt der menschlichen Seele zugute (vgl. t0 xuw0/Dativus commodi), aber auch, wie die Wendung peq· p\mta (!) signalisiert, dem Kosmos im Allgemeinen. Daneben zeigen … t¹ eqeqcetij¹m t/r Vkey peq· p\mta ja· sytgq_ou dum\leyr und … t¹ despotij¹m … t/r aqtojq\toqor !qw/r als Kontrastaussagen an, dass von der Vkeyr bzw. syt^qior d}malir (d}malir [eQr sytgq_am]) noch eine weitere göttliche Bezugnahme auf den Kosmos zu unterscheiden ist: Gottes herrschende und Ver-
153 154 155 156 157
„ewiger Gott“ bedeuten demnach so viel, wie: der Gnadengeschenke spendet (b waqif|lemor), … der Wohltaten erweist (b !diast\tyr eqeqcet_m), … der keine Zeit zum Wohltun versäumt (b lgd]ma jaiq¹m toO poie?m ew paqake_pym) … Dies erbittet auch Jakob der Asket am Schluß des heiligen Gebetes; er sagt nämlich einmal: „Es möge der Herr mir zu Gott werden“ (1 Mos 28,21), das heißt, er möge mir nicht mehr die Herrengewalt seiner unbeschränkten Herrschermacht zeigen, sondern die wohltätige Gewalt seiner gegen alle milden und heilsamen Macht (Usom t` oqj]ti loi t¹ despotij¹m 1pide_netai t/r aqtojq\toqor !qw/r, !kk± t¹ eqeqcetij¹m t/r Vkey peq· p\mta ja· sytgq_ou dum\leyr), und so die Furcht, wie man sie dem Herrn entgegenbringt, tilgen, aber Liebe und Wohlwollen, wie man sie gegen Wohltäter hegt, der Seele zuführen (tµm … ¢r 1p’ eqeqc]t, vik_am ja· eumoiam t0 xuw0 paq]wym). Vgl. neben t_hgli, poie?m, diajosle?m v. a. eqeqcete?m, ew poie?m, waq_feshai, vik_am ja· eumoiam [t0 xuw0] paq]weim. Bzw. d}malir pq¹r sytgq_am (= d}malir eQr sytgq_am), vgl. Migr. 124: … tµm Vkey d}malim … pq¹r tµm … sytgq_am. Vgl. dazu den parallelen Gebrauch von 1pide_netai … t¹ eqeqcetij¹m t/r Vkey peq· p\mta ja· sytgq_ou dum\leyr und … tµm … vik_am ja· eumoiam t0 xuw0 paq]wym (vgl. Plant. 86–92), beidesmal mit Gott als Subjekt. D. h. durch den gemeinsamen Gebrauch von t_hgli-, poie?m, diajosle?m-Terminologie mit eqeqcete?m-, waq_feshai-Terminologie (jeweils mit Gott als Handlungsträger). In genau diesen Vorstellungskomplex fügt sich auch Philos Rede von einer d}malir eQr eqeqces_am bzw. d}malir eqeqc]tir, die Gott in kritischen Situationen zugunsten, d. h. zum Schutz und zur Bewahrung der Rechtschaffenen aktiviert, vgl. Sacr. AC 131: t0 … eQr eqeqces_am jatoqho}mtym; Abrah. 144: … s]feshai … di± t/r eqeqc]tidor. Gegenformulierungen wären dazu insgesamt jokast^qior d}malir und d}malir eQr j|kasim: diese dum\leir mit strafender/ züchtigender Wirkung vermag Gott zuungunsten der Frevler zum Einsatz zu bringen (vgl. Sacr. AC 131: t0 … eQr j|kasim "laqtam|mtym; Abrah. 144: di± … t/r jokastgq_ou c_meshai tµm vhoq\m).
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geltung bringende d}malir ([basikij^] vgl. das Wortcluster um %qweim, ew ja· jaj_r poie?m [sulletabakk|lemor pq¹r tµm toO dq\samtor !p|dosim]). Unterscheidet Philo folglich die Vkeyr d}malir, d}malir syt^qior und d}malir poigtij^ auf der einen Seite von der d}malir basikij^ auf der anderen Seite, so kommt er in Sacr. AC 131 noch auf eine weitere göttliche d}malir zu sprechen,158 und zwar auf die gesetzgebende (molohetijµ d}malir):159 Diese verweist weniger auf die weltbildende und weltregierende Tätigkeit Gottes als vielmehr auf seine Fähigkeit, als (richtender) Gesetzgeber bzw. als Urheber von Gesetzen (moloh]tgr, pgcµ m|lym) aufzutreten. Wie die nähere Bestimmung des Ausdrucks molohetijµ d}malir zeigt, wird im philonischen Gebrauch dieser Wendung der Gedanke an ein Schutz gewährendes, wohltätiges und an ein strafend-züchtigendes Handeln der Gottheit aktualisiert:160 Denn die molohetijµ d}malir lässt sich Sacr. AC 131 zufolge wiederum auf zweifache Weise unterteilen (diw/ p]vuje t]lmeshai) in eine d}malir eQr eqeqces_am und in eine d}malir eQr j|kasim.161 158 Vgl. dazu Fug. 95–96, wo Philo sogar zwischen insgesamt fünf dum\leir unterscheidet (vgl. d}malir poigtij^, d}malir basikij^, Vkeyr d}malir, d}malir molohetij^, B [d}malir]… molohetij/r lo?qa), mittels welchen das göttliche Einwirken auf die Schöpfung sichergestellt wird. Die d}malir poigtij^ und d}malir Vkeyr werden hier getrennt voneinander aufgeführt: Unter ihnen (den Kräften) hat die schöpferische Kraft, mittels deren er bei der Schöpfung durch sein Wort die Welt bildete, den Vorrang (…, ¨m %qwei B poigtij^, jah’ Dm b poi_m k|c\ t¹m j|slom 1dglio}qcgse·); die zweite ist die königliche Kraft, durch welche der Schöpfer über das Gewordene herrscht (deut]qa d’ B basikij^, jah’ Dm b pepoigj½r %qwei toO cemol]mou·); die dritte die gnädige, vermöge deren der Künstler sich seines eigenen Werkes mitleidig erbarmt (tq_tg d’ B Vkeyr, di’ Hr b tewm_tgr oQjte_qei ja· 1kee? t¹ Udiom 5qcom·); die vierte die gesetzgeberische, durch die Gott vorschreibt, was geschehen soll, die fünfte ein Teil der gesetzgeberischen (B … molohetij/r lo?qa), durch den er das, was nicht geschehen soll, verbietet. 159 Vgl. Sacr. AC 131: … t_m c±q peq· t¹m he¹m dum\leym !q_stym pas_m l_a owsa ta?r %kkair Qs|tilor B molohetijµ – moloh]tgr c±q ja· pgcµ m|lym aqt|r, !v’ ox p\mter oR jat± l]qor moloh]tai – diw/ p]vuje t]lmeshai, t0 l³m eQr eqeqces_am jatoqho}mtym t0 d³ eQr j|kasim "laqtam|mtym. 160 Kommt die d}malir-Begrifflichkeit in Sacr. AC 131 zusammen mit eqeqcete?m- und jok\feimTerminologie zur Anwendung, so ist von herausragendem Interesse, dass die dort begegnende Gegenüberstellung zweier dum\leir, einer d}malir eQr j|kasim und einer d}malir eQr eqeqces_am [eQr sytgq_am], exakt der Vorstellung aus Vit. Mos. 2,256 f. entspricht, wo Philo die d}malirBegrifflichkeit gemeinsam mit s]feim- bzw. eqeqcete?m- und jok\feim-Terminologie gebraucht (vgl. dazu ebenso Abrah. 142–145, wo von einer d}malir eqeqc]tir und von einer d}malir jokast^qior die Rede ist). Vgl. dazu auch insgesamt Grundmann, Art. d}malai/d}malir, 299, der neben Sacr. AC 131 noch weitere Belegstellen (Spec. Leg. 4,187; Conf. 171) zusammenschaut und schreibt: „[Die] molohetijµ d}malir … ist … zugleich d}malir Vkeyr, d}malir syt^qior oder d}malir eqeqc]tir … und d}malir jokast^qior.“ 161 Der Untergliederung der molohetijµ d}malir in d}malir eQr eqeqces_am und d}malir eQr j|kasim korrespondieren wiederum zwei in Opposition zueinander stehende Empfängergruppen, die im Rahmen einer l]m … d] – Konstruktion aufgeführt und mittels Partizipialformen der Verben jatoqhoOm und "laqt\meim als Aufrichtige und Frevler charakterisiert werden. Treffend schreibt dazu Grundmann, Art. d}malai/d}malir, 299: „Wie Philos Gottesbild von der biblischen Gottesvorstellung her einen ethischen Zug erhält, so auch seine Kraftvorstellung.“ Die dum\leir dienen folglich „… einem die menschliche Unheiligkeit überwindenden Zweck und haben ihre Quelle in Gottes heiliger Gütigkeit.“
220 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache
5. Zusammenfassung Es wurde gezeigt, dass Philo die d}malir-Begrifflichkeit in seinem Werk oftmals in Verbindung mit Terminologie gebraucht, die Rettung bzw. (Lebens-)Erhaltung zum Ausdruck bringt (vgl. s]feim, sytgq_a, syt^qior, N}eshai [Akk.] 1j [+ Gen.]).162 An allen analysierten Stellen erscheint die Wortgruppe im Rahmen einer prekären Situation, die als Gefahren- bzw. Notsituation zu charakterisieren ist (Migr. 124: Krankheit; Vit. Mos. 2,255, Virt. 49 f.: Krieg; Quaest. in Ex. 2,2: politisch-militärische Ohnmacht). In prekärer Lage befindet sich durchgängig eine Entität, die sich im Zustand der Ohnmacht, Bedürftigkeit und Wehrlosigkeit befindet. Um deren Lage zu beschreiben, greift Philo an nahezu jeder analysierten Stelle auf Begrifflichkeiten zurück, die ein (Er-)Mangeln an Kraft o. Mitteln, um drohendes Unheil abzuwehren, indizieren (vgl. dazu den häufigen Gebrauch von !poqe?m, !poq_a;163 ebenso den Gebrauch von mit !-privativum gebildeten Partizipial-/ Adjektivverbindungen o. ä.).164 Es ist exakt diese Lage der Ausweglosigkeit und des Unvermögens, sich aus eigener Kraft gegenüber einer feindlich gesonnenen, Tod und Vernichtung bringenden Umwelt zur Wehr zu setzen, welche den weiteren Rahmen bildet, in dem die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior, N}eshai (Akk.) 1j (+ Gen.) zur Anwendung kommt. Speziell den Textpassagen Migr. 124 und Virt. 49 f. ließ sich entnehmen, dass das Syntagma d}malir … pq¹r … sytgq_am, ebenso wie die Adjektivverbindung d}malir syt^qior mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens zur Anwendung kommen kann.165 Damit wird auf das helfend-rettende Handeln Gottes als von außen fürsorglich166 eingreifender, kraftbesitzender Instanz, welche d}malir … pq¹r 162 Vgl. z. B. Migr. 124: d}malir … pq¹r … sytgq_am; Plant. 90, Virt. 49 f.: d}malir syt^qior; zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir und s]feim vgl. darüber hinaus Vit. Mos. 2,255; zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir eqeqc]tir und N}eshai (Akk.) 1j (+ Gen.) vgl. Quaest. in Ex. 2,2. 163 Vgl. Philo Vit. Mos. 2,247: di± sjav_m !poq_am; 2,251: !poq_a pko_ym; 2,250: t¹ %poqom t/r !m\cjgr; Virt. 48: "p\mtym !poq0r [¨m %cousi peqious_am 1je?moi]; Quaest. in Ex. 2,2: 1n !p|qym ja· !lgw\mym (… 1qq}sato). 164 Vgl. Migr. 121: … t_m wqgsol]mym; 124: … t_m jalm|mtym; Vit. Mos. 2,247: 1m !lgw\moir Gsam; 2,247: diajeil]moir d’ ovtyr; Quaest. in Ex. 2,2: jajyh³m … p\sair jaj~sesi; … 1n !p|qym ja· !lgw\mym … 1qq}sato. 165 Vgl. Migr. 124: b sytµq he¹r … tµm Vkey d}malim … pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r … sytgq_am; Virt. 48–50: to?r d’ eqtek]si ja· kupqo?r … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem. 166 Vgl. dazu z. B. den gemeinsamen Gebrauch der Begrifflichkeiten syt^q, Vkeyr d}malir … pq¹r … sytgq_am und oQjte_qeim (Migr. 122.124); Philos Rede von eqeqc]tir d}malir in Verbindung mit Rettungsaussagen (N}eshai [Akk.] 1j [+ Gen.], vgl. Quaest. in Ex 2,2). Vgl. ebenso den gemeinsamen Gebrauch von 1pijouq_a, 1pil]keia (in direktem Zusammenhang mit s]feim) und d}malir syt^qior in Virt. 43–50. Der Gedanke an ein fürsorgliches Handeln der Gottheit schwingt in allen diesen Formulierungen mit
Zusammenfassung
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… sytgq_am, d}malir syt^qior zugunsten der momentan bedrohten, durch Ohnmacht/Mittellosigkeit gekennzeichneten Größe gewährt, verwiesen. Gott kann an manchen Stellen darüber hinaus auf Mittlerinstanzen (u. a. den Logos) zurückgreifen.167 Es wurde dargelegt, dass sich in der näheren Umgebung von d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior regelmäßig bedeutungsmäßig zusammengehörende Begrifflichkeiten befinden, die den Gedanken an Abwehr, Schutz und Verteidigung aktualisieren:168 An nahezu allen Stellen lassen sich die Formulierungen d}malir … pq¹r … sytgq_am, d}malir syt^qior mit „Kraft zur Abwehr“ oder „(Abwehr-)Mittel zur (Lebens-)Erhaltung“ wiedergeben. Dieses kann offensiv (= Wehrkraft zur Abwehr drohenden kriegerischen Unheils) und/oder defensiv (= passiver Schutz zur Rettung/Erhaltung der Bedrängten) ausgerichtet sein.169 Ebenso lässt sich ein Bezug zu Terminologien nachweisen, die den Erweis einer Gunst/Gunstbezeugung beschreiben.170 Es ist eben diese bedeutungsmäßige Überlappung von Schutz-, Abwehr- und Verteidigungsterminologie mit Gunstbezeugungsterminologie, die zu einer genaueren inhaltlichen Bestimmung der d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie im Gebrauch Philos führt: Die Gewährung von d}malir … pq¹r … sytgq_am, d}malir syt^qior kommt als göttliche Schickung einem göttlichen Gunsterweis gleich.171
167 Vgl. z. B. Migr. 124, wo der Logos als Mittlerinstanz zwischen Gott und Gattung „Mensch“/Seele tritt, dem Gott wiederum eine spezielle d}malir … pq¹r …sytgq_am übereignet, um sie zugunsten der in Gefahr Geratenen zu gebrauchen. 168 Vgl. z. B. Vit. Mos. 2,251: jatavuc^; 2,252: !^ttgtor bo^heia; 2,252: pqoacym_feshai, !l}meshai; ebenso Virt. 45: !^ttgtor 1pijouq_a; 46: !kj^; 46: sullaw_a; Virt. 48: 1pil]keia, s]feim. 169 Vgl. zu d}malir in Verbindung mit s]feim, syt^qior in der Bedeutung „offensive/defensive Wehrkraft zur Rettung/Erhaltung“ z. B. Vit. Mos 2,252.255; Virt. 49 f. Zu d}malir … pq¹r … sytgq_am in der Bedeutung „defensive Wehrkraft zur Rettung/Erhaltung“ vgl. Migr. 124. 170 Zum gemeinsamen Vorkommen der Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior mit Gunstbezeugungsterminologie (waq_feshai, dyqe?shai, eqeqcete?m jtk.) vgl. z. B. Migr. 118 f.124: taOta … dµ pq_tom di± t¹m !ste?om 2t]qoir sumtucw\meim vgs_m…t¹ lgd³m l]qor v}seyr kocij/r !l]towom eqeqces_ar !poke_peshai … di|ti oWlai b sytµq he¹r … tµm Vkey d}malim, t` Rj]t, ja· heqapeut0 pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am 1pitq]pei; Plant. 86–92: B l³m … j}qior jah’ Dm %qwei, B d³ he¹r jah’ Dm eqeqcete?· … jah¹ … eqeqc]tgr, h\teqom l|mom bo}ketai, t¹ eqeqcete?m … loi … 1pide_netai … t¹ eqeqcetij¹m t/r Vkey peq· p\mta ja· sytgq_ou dum\leyr; Quaest. in Ex. 2,2: … di± tµm 1p· t¹m syt/qa he¹m jatavuc^m, dr 1n !p|qym ja· !lgw\mym 1pip]lxar tµm eqeqc]tim d}malim, 1qq}sato to»r Rj]tar. Zur Kontrastierung von d}malir eqeqc]tir, d}malir eQr eqeqces_am und d}malir jokast^qior, d}malir eQr j|kasim (beidesmal mit der Gottheit als Handlungsträger) darüber hinaus vgl. Sacr. AC 131; Abr. 144. 171 Vgl. dazu auch die dezidierte Rede von Vkeyr d}malir … pq¹r … sytgq_am in Migr. 124; ebenso den Gebrauch von d}malir eqeqc]tir in Quaest. in Ex. 2,2.
222 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache Exkurs VIII: Die Rede von d}malir syt^qior in P.Oxy. 11.1381, Zeile 203–223 (speziell: 215–218) Von einer einer Gottheit zugehörigen d}malir syt^qior weiß auch ein ägyptischer Papyrus mit dem Lob des Imouthes-Asklepios aus dem 2. Jh. n. Chr. zu berichten (vgl. P.Oxy. 11.1381, Zeile 203–223:172 Kommt also zusammen, wohlwollende und gute Menschen (s}mi[te …, [§ %m]dqer eql[eme?r] ja[· !ca]ho_), geht fort, Verleumder und Gottlose (, %pite, b\sja[moi] j[a·] !sebe?r), kommt zusammen (s}m[i]te) …, die ihr den Gott verehrt (hgte}[s]amte[r] t¹m [h]e¹m, wörtl. „die ihr dem Gott dient, Lohndienste tut“) und von Krankheiten befreit seid (m|sy[m] !pgkk\cgte), die ihr das heilende Wissen handhabt, die ihr euch müht als Eiferer der Tugend (fgk[yta]· !qet/r), die ihr einer großen Menge von Gütern euch rühmt (fso[i] pokk` pk^hei 1pg}n^[h]gte !cah_m), die ihr aus den Gefahren des Meeres errettet seid (fsoi jimd}mour hak\ssgr pe[q]ies~hgte). Denn an jedem Ort hat sich verbreitet die Kraft des Gottes zur Rettung/Erhaltung (eQr p\mta c±q t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior). Denn ich will vermelden die wunderbaren Epiphanien seiner Macht, die Größe der Wohltaten und die Geschenke (l]kky c\q … !pacc]kkeim 1p[i]vame_ar dum\leyr te lec]hg eqe[q]cetgl\tym te dyq^lata) …
Angesprochene sind hier an erster Stelle die wohlwollenden und guten Menschen (s}mi[te …, [§ %m]dqer eql[eme?r] ja[· !ca]ho_; vgl. auch fgk[yta]· !qet/r), in scharfem Kontrast zu den Verleumdern und Gottlosen (… %pite, b\sja[moi] j[a·] !sebe?r). Wie die Verknüpfung des Verbums hgte}y (vgl. [§ %m]dqer eql[eme?r] ja[· !ca]ho_ … hgte}[s]amte[r] t¹m [h]e¹m) mit den Einheiten … m|sy[m] !pgkk\cgte (207 f.) und … jimd}mour …pe[q]ies~hgte (214 f.) mittels einer Partizipialkonstruktion zeigt, besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Verehrung der Asklepios-Gottheit durch eben diese guten/tugendgemäß lebenden Menschen und deren Errettung aus akuten Notlagen/(Lebens-)Gefahr wie z. B. Krankheit und Seenot (vgl. u. a. den Gebrauch von m|sor/Pl., j_mdumor hak\ssgr/Pl.). Des Weiteren leiden diese keinen Mangel an materiellen Gütern (t± !caha), sondern sind mit diesen reichlich ausgestattet (vgl. pokk` pk^hei 1pg}n^[h]gte !cah_m). Die kausalkoordinierende Konjunktion c\q zeigt im weiteren Textverlauf an, dass die Errettung der guten Menschen aus gefahrvollen Situationen (Krankheit, Seenot), ebenso wie die Ausstattung mit Gütern mittels einer seitens der Asklepios-Gottheit zum Einsatz gebrachten d}malir syt^qior erfolgt (ist) (… eQr p\mta c±q t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior). Der Gebrauch 172 Griechischer Text: The Oxyrhynchus Papyri Part XI, edited with Translations and Notes by Bernard P. Grenfell and Arthur S. Hunt, London 1915; Übersetzung in Anlehnung an Klaus Berger, Carsten Colpe (Hg.), Religionsgeschichtliches Textbuch zum Neuen Testament, Texte zum Neuen Testament 1, Göttingen [u. a.] 1987, 196.
Exkurs VIII: Die Rede von d}malir syt^qior
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der Genitivverbindung B toO heoO d}malir syt^qior (vgl. P. Oxy. 11.1381,217 f.), die ein Verhältnis der Zugehörigkeit zwischen der Asklepios-Gottheit und der seitens dieser Gottheit freigesetzten d}malir syt^qior173 signalisiert, sticht hier ins Auge.174 Auffallend ist darüber hinaus die universale (kosmische) Ausbreitung der d}malir syt^qior: sie ergeht eQr p\mta … t|pom. Von herausragendem Interesse ist zudem, dass die Adjektivverbindung d}malir syt^qior (Sgl.) an dieser Stelle in der unmittelbaren Umgebung von Begrifflichkeiten (m|sor, j_mdumor [hak\ssgr]) erscheint, die den Gedanken an eine akute Notlage/Gefahr aktivieren.175 Die Konstruktionen m|sy[m] !pgkk\cgte, jimd}mour hak\ssgr pe[q]ies~hgte, pokk` pk^hei 1pg}n^[h]gte !cah_m und … eQr p\mta … t|pom diepevo_tgjem B … d}malir syt^qior kennzeichnet dabei offensichtlich ein Sinnverhältnis von Folge und Ursache: punktuelle Befreiung/Errettung (vgl. den Gebrauch der Verben !pakk\sseim, peqis]feim) der guten Menschen aus verschiedenen Notlagen, ebenso wie die zur (Lebens-)Erhaltung dienende Ausstattung mit Gütern ist auf die Ausbreitung der d}malir syt^qior zurückzuführen.
Eine Wiedergabe der Adjektivverbindung d}malir syt^qior mit Kraft zur Rettung/(Lebens-)Erhaltung bzw. Kraft mit Unheil abwehrender, Heil schaffender Wirkung bietet sich in diesem Zusammenhang folglich an und macht insofern Sinn, als das Adjektiv syt^qior seiner Bedeutung nach im vorliegenden Kontext eindeutig beides umfasst: aus gefahrvollen Situationen errettend, ebenso wie (lebens-)erhaltend.176 Abschließend bleibt noch auf den 173 Dabei verhält sich die Adjektivverbindung d}malir syt^qior semantisch äquivalent zum Syntagma d}malir eQr sytgq_am, das mit Blick auf das Neue Testament in Röm 1,16 erscheint; vgl. dazu auch Cranfield, Romans I, 87 f., der diesbezüglich schreibt: „The existence of Hellenistic parallels to Paul’s language here is hardly surprising, since saving power is naturally what most religions are concerned with.“ 174 Zu dieser Erkenntnis vgl. bereits Berger, Colpe, Textbuch, 196. Wie bei Philo ist auch hier von einer Gottheit die Rede, von welcher die d}malir syt^qior ausgeht. Im Unterschied zu Philo (vgl. z. B. Virt. 49 f.) ist in P.Oxy. 11.1381 allerdings dezidiert nicht nur von einer Gottheit, sondern auch durchgängig von einer d}malir (Sgl.) die Rede. Vgl. dazu auch die Rede von einer der Gottheit zugehörigen d}malir in Ps.-Arist. Mund. (vgl. dazu die Ausführungen unter II./2.). 175 Vgl. zum Gebrauch der Adjektivverbindung d}malir syt^qior im Gefahrenkontext u. a. auch Philo Plant. 90 (Sgl.); Virt. 49 f. (Pl.). 176 Exakt in dieser Bedeutung kommt die Wendung d}malir syt^qior auch bei Philo (vgl. Virt. 49 f.) zur Anwendung: In Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens (1lp\qeweim) steht syt^qior d}malir hier für ein Unheil abwehrendes, die (Lebens-)Erhaltung der Gefährdeten (= hier: der in kriegerische Bedrohung Geratenen) garantierendes Handeln Gottes (… b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem). Kommt es in P.Oxy. 11.1381,203–205 zur Kontrastierung von wohlwollenden/guten Menschen und Verleumdern/Gottlosen (vgl. 203–205: s}mi[te …, [§ %m]dqer eql[eme?r] ja[· !ca]ho_ … , %pite, b\sja[moi] j[a·] !sebe?r), so lässt sich eine weitere Gemeinsamkeit zwischen dem Papyrus-Text und Philos Virt. 44–50 feststellen: Das Unheil abwehrende, Rettung/Erhaltung bringende Handeln der Gottheit richtet sich in P.Oxy. 11.1381,204 an die Guten, d. h. der Gottheit Wohlgefälligen, der Tugend entsprechend Agierenden (vgl. !cah|r, eqlem^r/Pl.; vgl. auch 211 f.: fgkyt^r !qet/r/Pl.). Dies gilt auch für Philo (vgl. Virt. 45: t¹ spoud\sai vikojimd}myr t¹m rp³q eqsebe_ar !c_ma %qashai;
224 Auf der Suche nach der Bedeutung von d}malir in griechischer Sprache Bezug der Adjektivverbindung d}malir syt^qior zu den Wörtern eqeqc]tgla und d~qgla in P.Oxy. 11.1381,220 f hinzuweisen (vgl. den parallelen Gebrauch von 1p[i]vame_ar dum\leyr … lec]hg eqe[q]cetgl\tym … dyq^lata): Ist die d}malir syt^qior als Unheil abwehrende, rettende und heilvoll-erhaltende Kraft der Asklepios-Gottheit das Medium, durch welches die Gottheit zugunsten der Guten handelt, d. h. durch welches sie diese aus Gefahren (Krankheit, Seenot) errettet und mit Gütern reichlich ausstattet, so lässt die Gottheit diesen durch die Ausbreitung der d}malir syt^qior gleichzeitig Gunsterweise, d. h. Wohltaten und Geschenke (eqeqc]tgla, d~qgla/Pl.) zukommen.177 Die wunderbaren Epiphanien (wörtl. die „Erscheinungen“) der d}malir syt^qior des Asklepios (1p[i]vame_ar dum\leyr) bestünden dann, wie die te … te -Konstruktion signalisiert, sowohl in der Größe seiner Wohltaten als auch seiner Geschenke (… te lec]hg eqe[q]cetgl\tym dyq^lata): In diesem Sinne würde sich die „Rettung/Erhaltung bringende/bewirkende Kraft“ des Asklepios in (konkret sichtbaren, wahrnehmbaren) Wohltaten/ Gunsterweisen/Geschenken (eqeqc]tgla, d~qgla/Pl.) Ausdruck verleihen.178
47: 1±m dijaios}mgm ja· bsi|tgta ja· t±r %kkar !qet±r 1pitgde},r, b_om !p|kelom bi~s, ja· eQr ûpam eQqgmij|m; 48: … è [he`] di’ 1pileke_ar 1st· to»r !caho»r s]feim !m± jq\tor; 50: fti de? toO dija_ou ja· bs_ou peqi]weshai· oXr l³m c±q t¹ he?om 5mspomdom, %jqyr eqda_lomer, oXr d³ 1whq|m, 1sw\tyr jajoda_lomer). Vgl. dazu speziell die Ausführungen unter III./3. 177 Der Blick auf einen weiteren Text aus der Feder Philos zeigt, dass die Adjektivverbindung d}malir syt^qior häufig zusammen mit Derivaten des Verbums eqeqcete?m erscheint (vgl. z. B. Plant. 92: Usom t` oqj]ti loi t¹ despotij¹m 1pide_netai t/r aqtojq\toqor !qw/r, !kk± t¹ eqeqcetij¹m t/r Vkey peq· p\mta ja· sytgq_ou dum\leyr). 178 Ähnlich dazu bereits Berger, Colpe, Textbuch, 196: „Die rettende Macht sind die Taten des Gottes.“
IV. Zusammenfassung und Auswertung: Die Bedeutung von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in der klassischen, hellenistischen (hellenistisch-jüdischen) und kaiserzeitlichen Gräzität In dieser Studie wurde bislang nach Verwendung und Bedeutung der d}malirBegrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie im profangriechischen Sprachgebrauch gefragt. Im Besonderen lag dabei der Akzent auf einer Rekonstruktion der Enzyklopädie des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am, welches, wie gezeigt wurde, in der antiken Literatur weit verbreitet war und, so die These der vorliegenden Studie, u. a. auch im paulinischen Sprachgebrauch auf modifizierte Weise (vgl. Röm 1,16: d}malir heoO eQr sytgq_am; vgl. ebenso 1Petr 1,5) Verwendung findet. Die vorangegangene Untersuchung hat nun ergeben, dass die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a, syt^qior an allen analysierten Stellen im übergreifenden Kontext einer prekären Situation, die als Gefahrensituation zu charakterisieren ist, begegnet. Thematisiert werden die (potentielle) Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos im Allgemeinen1 (bzw. der sterblichen Gattungen im Besonderen),2 Krieg,3 politisch-gesellschaftliche Ohnmacht4 oder akute Krankheit.5 1 Zur Thematik der potentiellen Bedrohung und faktischen Erhaltung des Kosmos vgl. insbesondere Ps.-Arist. Mund. (Kap. 5 und 6). Vgl. dazu insgesamt die Ausführungen unter II./2. 2 Hierfür sei auf Plat. Prot. 320c 8–322d 5 verwiesen (vgl. dazu auch insgesamt Arist. Part. an. 662b 23–663a 18; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,15–24; Joh. Stob. Anth. 3,3,28; Philo Opif. 64,5–66,8). Im Rahmen einer Kosmogonie wird in Platons Protagoras mittels folgender Konstruktionen auf den Vorgang der Erschaffung der sterblichen Gattungen, ebenso wie auf deren potentielle Bedrohung durch eine feindliche Umwelt und die Möglichkeit ihrer Erhaltung, Bezug genommen: … tupoOsim aqt± [= hmgt± c]mg] heo· (vgl. Prot. 320d 2), pqos]tanam … josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir (320d 4 f.), eqk\beiam 5wym l^ ti c]mor !zstyhe_g (321a 2). Vgl. daneben den Gebrauch der Verben m]leim und josle?m in Prot. 320d 5.6.7.8; 320e 1.4; 321a 1; 322c 5.6; 322d 1. Vgl. dazu insgesamt die Ausführungen unter II./1. 3 Verweise auf kriegerische Verhältnisse finden sich unter Verwendung einschlägiger Terminologien z. B. in Plat. Prot. 322a 3–322d 5 (vgl. 322b 4: … t¹m t_m hgq_ym p|kelom); Polyb. Hist. 3,108; 3,109: l\wg; 3,109: !c~m usw.; Dion. Hal. Ant. 15,3,2; 15,5,3; 15,6,3.4.5; 15,7,2.3; 15,8,2.5: p|kelor; 15,3,2; 15,8,3: l\wg; Philo Vit. Mos. 2,251: pqoacym_feshai; Virt. 44–47: p|kelor, !c~m, l\wg, pqoacym_feshai, stqataqwe?m usw.; Apollin. Fragm. Ps 39,14: … pokele?shai (rp¹ luq_ym 1hm_m). Vgl. dazu insgesamt II./1.1.3; II./1.5; II./4; III./2.; III./3. 4 In der Regel wird diese ohnmächtige Lage angezeigt durch Flucht- und Verfolgungs-, ebenso wie durch Bestrafungsterminologie (= mit den jeweiligen politischen Gegnern als Handlungsträgern von Ver-
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Zusammenfassung und Auswertung
In gefahrvollen Umständen, welche die Möglichkeit von Tod und Vernichtung in sich schließen,6 befindet sich stets eine Entität,7 die gegenwärtig unter dem unheilvollen Einfluss von ihr feindlich gesonnenen Faktoren8 steht.9
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folgung und Bestrafung); so z. B. Lysias 12,6 (jakk_stgm … eWmai pq|vasim tilyqe?shai l³m doje?m, t` d’ 5qc\ wqglat_feshai), wo die Konfiszierung des Vermögens reicher Athener Metöken-Familien durch die Dreißig Tyrannen thematisiert wird. Vgl. ebenso Lysias 12,13: !dij_ d’ oqd]m, wqgl\tym d’ 6meja !p|kkulai; 12,23: t¹m !dekv¹m c\q lou … 9qatosh]mgr !p]jteimem, oute aqt¹r Qd_ô !dijo}lemor oute eQr tµm p|kim bq_m 1nalaqt\momta, !kk± t0 2autoO paqamol_ô pqoh}lyr 1nupgqet_m. Vgl. auch den Gebrauch des Wortclusters um (sul-)ve}ceim, vuc^; tilyqe?shai, tilyq_a; j|kasir, jok\feim in der Briefliteratur des Themistokles (vgl. Ep. 20). Vgl. dazu insgesamt II./5.1.3. Signalisiert wird eine Situation der Akutheit mittels der Konstruktion … 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai in den hippokratischen Schriften (vgl. Progn. 5; Coa praes. 255,1–9) und bei Galen (vgl. Hipp. Progn. 18b,77 f.; Diff. Resp. 7,929 usw.). Alle akuten Krankheiten, so Hippokrates und Galen, werden entschieden (jq_metai!), d. h. der Krankheitszustand vermag zugunsten oder zuungunsten des Patienten in Richtung Rettung/Erhaltung oder in deren Gegenteil, nämlich Tod/Verderben hin gewendet zu werden bzw. umzuschlagen; d. h. in den finalen Zustand physischer Erhaltung oder Vernichtung hinein entschieden zu werden. Vgl. dazu insgesamt II./3. Krankheitsterminologie gebraucht auch Philo in Migr. 118–126 (hier allerdings im Blick auf seelische Krankheit): p\hor; 124: m|sor (119.124: 1pihul_a, Bdom^, !vqos}mg, !dij_a, jaj_a); t¹ [xuw/r] tqaOla. Vgl. III./1. Zu Tod- und Vernichtungsterminologie vgl. z. B. Plat. Prot. 321a 2: !zstoOshai; 322b 1; 322c 1: !p|kkushai; 322b 8: diavhe_qeshai; Arist. Part. an. 663a 5: vhoq\; Ps.-Arist. Mund. 396a 33–35: diavhe_qeshai, !p|kkushai; Lysias 12,13 f.: !pohm^sjeim, !p|kkushai; Philo Vit. Mos. 2,249: ekehqor, !p|kkushai; 250: dushamate?m; 2,252: hm^sjeim [Opp. f_m], mejq|r; 2,254: ekehqor; 2,255: vhoq\; Them. Ep. 20,90.106: akehq_or. Vgl. dazu ebenso die unter II./3.2.2.3 genannten Belege. Hierbei kann es sich um eine kollektive Entität handeln (z.B. eine [sterbliche] Gattung, so in Plat. Prot. 320a 2; 320c 8: hmgt± … c]mg; 321c 1; 321c 2: t¹ c]mor Bl_m, t¹ !mhq~pym c]mor; Arist. Part. an. 655b 2–8; 662b 23–663a 18: t± f`a; Ps.-Arist. Mund. 396a 33 ff.: b jºslor; Philo Opif. 64,1: t± t_m f]ym c]mg; Somn. 1,103: 6jastom [c]mor] f]ym; Vit. Mos. 2,250: t¹ s}lpam 5hmor; Quaest. in Ex. 2,2: t¹ :bqa?om c]mor; Apollin. Fragm. Ps 39,14: B p\swousa 1jjkgs_a). Es kann sich dabei aber auch um eine von Gefahr bedrohte Einzelperson handeln: so z. B. Lysias 12,13 f.; Them. Ep. 20,121. Bei derlei Tod und Verderben bringenden Instanzen, die eine momentane Gefahrenlage zu initiieren vermögen, mag es sich um eine feindlich gesonnene Umwelt (wilde Tiere) handeln, so z. B. Plat. Prot. 322b 1: !p~kkumto … rp¹ t_m hgq_ym; 322c 1: … peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m; Arist. Part. an. 663a 5: … tµm !p¹ t_m %kkym f]ym vhoq±m. Lysias verweist auf die Dreißig Tyrannen, vgl. 12,2 (mum· d³ paq± t_m veuc|mtym wqµ pumh\meshai, Ftir Gm aqto?r pq¹r tµm p|kim 5whqa, !mh’ ftou toiaOta 1t|klgsam eQr aqtµm 1nalaqt\meim). Themistokles nennt die ihm feindlich gesonnenen Athener und Spartaner, vgl. Them. Ep. 20,88 f.; 20,169; ebenso die argwöhnische Schiffsbesatzung, vgl. Ep. 20,90: oR s}lpkoi; Polybios verweist auf die Karthager unter Führung Hannibals, vgl. Hist. 3,108: to»r 1whqo}r; 3,108: to»r rpemamt_our… to»r !mtacymist±r; 3,108: to»r pokel_our; 3,109: peqicem^setai t_m 1whq_m; Dionysios von Halikarnassos dagegen auf die Römer, vgl. Dion. Hal. Ant. 15,5,1; 15,7,2 f.; Plutarch auf die Makedonier unter königlicher Führung, vgl. Plut. Phok. 14,3 f.8; Philo nennt die Ägypter unter königlicher Führung, vgl. Vit. Mos. 2,248: b … t_m AQcupt_ym basike»r d}malim paqakab½m … Rpp|tgm ja· pef¹m stqat|m, … di~jym …, Vma t_sgtai t/r 1n|dou; 2,249: … to»r pokel_our 1cc»r emtar; 2,251; 2,254; Quaest. in Ex. 2,2; ebenso nennt Philo weitere feindliche Fremdvölker, vgl. Virt. 46: … pokk±r luqi\dar… t_m 1whq_m; Apollinaris verweist auf eine nichtchristliche Umwelt, vgl. Apollin. Fragm. Ps. 39,14: pokeloul]mour rp¹ luq_ym 1hm_m. Ebenso kann Schaden, Verwundung und Tod von (seelischer) Krankheit (von den Affekten) ausgehen, so z. B. Philo Migr. 124: … t_m xuw/r tqaul\tym, ûpeq !vqos}mai ja· !dij_ai ja· b %kkor t_m jaji_m flikor !jomghe·r die?kem. Interessanterweise gerät die von akuter Gefahr unmittelbar betroffene Entität dabei an manchen
Die Bedeutung von d}malir
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Bildet demnach Gefahr im weitesten Sinne den Rahmen, innerhalb dem die Wortgruppe um d}malir und sytgq_a (s]feim, syt^qior) zu verorten ist, so war des Weiteren vom Kontext her zu zeigen, dass die gefährdete (kollektive/ singuläre) Größe in allen Beschreibungen durch Begrifflichkeiten charakterisiert wird, die ihrer Semantik nach einen Zustand der Ratlosigkeit, Bedürftigkeit und Ohnmacht, ebenso wie ein (Er-)Mangeln an Kraft oder Mitteln, um das drohende Unheil abzuwehren, indizieren. Diese prekäre Lage wird paradigmatisch durch das Verbum !poqe?m10 angezeigt:11 mit dem Genitiv der Sache tritt das Verbum dann in der Bedeutung „Mangel leiden (an etw.)“ auf und begegnet gängigerweise in auffallender Dichte mit weiteren Verben und/ oder (mit !-privativum gebildeten) Partizipial-/ Adjektivverbindungen, die ebenfalls eine Befindlichkeit momentaner Ohnmacht und Mittellosigkeit signalisieren (z. B. !-l^wamor, %-opkor, !-shem^r, !-paqasje}or, culm|r, 1mde^r, jimdume}eim, p\sweim).12 Es ist exakt diese Lage der Ausweglosigkeit und des Unvermögens, sich aus eigener Kraft gegenüber Tod bringenden Faktoren zur Wehr zu setzen, welche Stellen ungerechtfertigterweise (!) in diese Notlage; d. h. feindliche, Tod und Sterben bringende Faktoren, welche einer irritationenträchtigen Umwelt entspringen, konfrontieren sie, obwohl sie nichts Unrechtes getan hat, sich demnach als sittlich untadelig und tugendgemäß und als mit der Gerechtigkeit konfrom erweist, so z. B. bei Lysias 12,13 f.: !dij_ d’ oqd]m; Dion. Hal. Ant. 15,8,3: toso}tou d]olem !dije?m rl÷r, eU tima to?r jimdume}ousi bo^heiam eQr sytgq_am joim0 paqew|leha, ¦st’ aqto· dojoOlem rv’ rl_m !dije?shai lec\ka; Them. Ep. 8,26–27; 20,44–58 (speziell Ep. 20,57 f.); Philo Virt. 47; Quaest. in Ex. 2,2 usw. 10 In der Bedeutung „ohne (Hilfs-)Mittel und (Aus-)Wege sein“, „ratlos sein“; vgl. dazu auch !poq_a („Mangel an [Hilfs-]Mitteln und [Aus-]Wegen“), %poqor („ohne [Hilfs-]Mittel und [Aus-]Wege“). Vgl. dazu auch die Bedeutung von p|qor: „Durchgang, Weg, Pfad“, übertragen: „Ausweg, Hilfsmittel“. 11 Vgl. z. B. Plat. Prot. 321c 1–3: koip¹m … !j|slgtom 5ti aqt` Gm t¹ !mhq~pym c]mor [= in Opp. zu t± %koca]; 321c7: !poq_ô … sw|lemor; vgl. ebenso den Gebrauch von !poqe?m, !poq_a in Them. Ep. 20,20; Philo Vit. Mos. 2,247.250 f.; Virt. 48; Quaest. in Ex. 2,2. 12 Vgl. Plat. Prot. 321c 4–6: [… ja· bqø t± l³m %kka f`a 1llek_r p\mtym 5womta,] t¹m d³ %mhqypom culm|m … !mup|dgtom … %stqytom … %opkom; 322b 2: … di± t¹ pamtaw0 aqt_m !shem]steqoi eWmai; 322b 4: pq¹r … t¹m … p|kelom 1mde^r; vgl. auch Arist. Part. an. 687a 16–33: … b %mhqypor … !mup|dgt|m te … aqt¹m eWma_ vasi ja· culm¹m ja· oqj 5womta fpkom pq¹r tµm !kj^m; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,20 ff.: … to?r !mhq~poir, t± %kka 1kattoul]moir t_m "p\mtym· … !kjµm !shem]statoi … !d}matoi … !sheme?r … !l^wamoi; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX: !|pkour !mhq~pour … !paqasje}our … lµ !lumol]mour; … B … p\swousa 1jjkgs_a … lµ jatakuol]mg; Lysias 12,13: 1m toio}t\ d’ emti loi jimdume}eim 1d|jei, ¢r toO ce !pohame?m rp\qwomtor Edg; Lysias 12,14: taOta p\swomt_; Them. Ep. 20,88: 1c½ … 1m pokk0 !lgwam_ô 1je_lgm; Ep. 20,97: 1m to}t\ … loi jimd}mou 2st_ti; 20,118: toOto mOm !t}wgla; Philo Vit. Mos. 2,247: 1m !lgw\moir Gsam; 2,247: diajeil]moir d’ ovtyr; 2,251: l]car b j_mdumor; Virt. 49: to?r … eqtek]si ja· kupqo?r; Quaest. in Ex. 2,2: jajyh³m … p\sair jaj~sesi; … 1n !p|qym ja· !lgw\mym … 1qq}sato… Vgl. dazu auch einschlägige Textpassagen bei Galen, wo sich der durch akute Krankheit (m|sor, m|sgla) bedrohte Patient momentan in einem Zustand körperlicher Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit befindet, was an allen Stellen durch substantivierte Partizipialformen zum Ausdruck gebracht wird, indem die dazugehörigen Verben j\lmeim und mose?m „in Gefahr sein“, „leiden“ oder „ermangeln“ (an körperlicher Kraft, Gesundheit) bedeuten so z. B. Hipp. III Epid. III 17a,772: t` j\lmomti.
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Zusammenfassung und Auswertung
den weiteren Rahmen bildet, in dem das Wortcluster um d}malir und sytgq_a, s]feim zur Anwendung kommt.13 Die Terminologie erscheint in diesem Zusammenhang in der Regel in Verbindung mit einem Verbum des Gebens, Gewährens oder Darreichens ([d}malim eQr sytgq_am] 5weim;14 paq]weim;15 did|mai;16 lgwam÷shai;17 pqote_meim;18 m]leim;19 dyqe?shai20 usw.) und verweist in jedem Gefahrenkontext auf eine vermögende Instanz, die die Möglichkeit besitzt, für die im Zustand 13 An manchen Stellen begegnen in der unmittelbaren Umgebung der Wortgruppe um d}malir und sytgq_a Ausdrücke, die die Bereitwilligkeit, etwas zugunsten der in Gefahr geratenen Entität zu tun, d. h. d}malir bereitwillig zum Schutz der zu rettenden Größe zur Verfügung zu stellen bzw. zum Einsatz zu bringen, um sie aus dieser Notlage zu befreien, bedeuten, so z. B. Lysias 12,14: s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am; vgl. Polyb. Hist. 3,109: … p÷sam c±q tµm art/r pqohul_am ja· d}malim eQr rl÷r !p^qeistai, ja· p\sar t±r 1kp_dar 5wei t/r sytgq_ar 1m rl?m (im Verweis auf Kampfwille, Einsatzbereitschaft und Kampfkraft der römischen Truppen in der bevorstehenden Schlacht gegen die Karthager); vgl. Plut. Phok. 14,6: … 1j]keuem aqt¹m 1je?mom 2t]qam pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir …7 d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai t¹ Buf\mtiom…1pe· … K]ym … !med]nato tµm p_stim rp³q aqtoO pq¹r tµm p|kim, oqj eUasam 5ny stqatopedeOsai bouk|lemom, !kk’ !mo_namter t±r p}kar 1d]namto ja· jat]leinam 2auto?r to»r )hgma_our … pqohulot\tour 1m to?r !c_si di± tµm p_stim cemol]mour. Vgl. dazu insbesondere die Ausführungen unter II./4.1; II./4.3; II./5.1.3. 14 Vgl. z. B. Progn. 5: eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai; Diff. Resp. 7,929: eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m p÷si to?sim an]si mos^lasim, bj|sa … jq_metai; Hipp. III Epid. III 17a,772: va_metai … t` j\lmomti ja· t± peq· tµm !mapmo^m te ja· tµm eqenim %lelpta cecom]mai, lec\kgm 5womta d}malim eQr sytgq_am usw.; vgl. ebenso Them. Ep. 20,121: s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a. 15 Lysias 12,13 f.: s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am; Philo Virt. 48–50: to?r d’ eqtek]si ja· kupqo?r … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem; vgl. dazu auch Dion. Hal. Ant. 15,8,3: peq· d³ t/r Meapokit_m p|keyr … toso}tou d]olem !dije?m rl÷r, eU tima to?r jimdume}ousi bo^heiam eQr sytgq_am joim0 paqew|leha. 16 Vgl. Plat. Prot. 321e 3: … jk]xar t^m te 5lpuqom t]wmgm … d_dysim !mhq~p\; 322c 4: … do_g d_jgm ja· aQd_ !mhq~poir; Arist. Part. an. 663a 1 f: … fsoir d³ lµ d]dyjem B v}sir %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am; 663a 17 f.: ûla d’ Rjam±r ja· pke_our boghe_ar oq d]dyjem B v}sir to?r aqto?r; Philo Somn. 1,103: !mhq~p\ k|cor d~qgla j\kkistom 1d|hg paq± heoO, …, ja· !mhq~p\ l]cistom 5qula ja· vqouq±m !jaha_qetom k|com d]dyjem; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24: k|com … aqto?r [!mhq~poir] he¹r 5dyjem; 17 Plat. Prot. 320e 1 f.: … to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am (vgl. auch den Gebrauch von lgwam÷shai in 321a 2; 321a 4); Arist. Part. an. 655b 7 f.: p\mta d³ taOta boghe_ar 5wousi w\qim t± f`a … lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am 2j\stoir; Usu Part. 4,143: B v}sir … tµm 1mdewol]mgm aqt` bo^heiam eQr !hamas_am 1lgwam^sato; Ps.-Arist. Mund. 396b 28 f.33 f.: l_a [B] di± p\mtym di^jousa d}malir … 1j to}tym lgwamgsal]mg t` pamt· sytgq_am. 18 Vgl. Philo Migr. 124: b sytµq he¹r … tµm Vkey d}malim … pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r … sytgq_am. 19 Vgl. zu m]leim Plat. Prot. 320d 5.6.7.8; 320e 4; 321a 1; 322 c 5.6; 322d 1; ebenso Joh. Stob. Anth. 3,3,28; vgl. zu josle?m Prot. 320d 5; 320e 1. 20 Vgl. Plat. Prot. 321d 1.3: jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am … ja· … dyqe?tai !mhq~p\; Philo Opif. 66,8: … 1p· d³ p÷sim, ¢r 1k]whg, t¹m %mhqypom, è moOm 1na_qetom 1dyqe?to; vgl. auch den Gebrauch von dyqe?shai im Verweis auf Gott in Migr. 109.122.
Die Bedeutung von d}malir
229
momentaner Schutz-, Wehr- und Hilflosigkeit sich befindende, daher rettungsbedürftige Entität etwas zu tun (= helfend-rettend einzugreifen), nämlich durch Bereitung einer ihr zugehörigen21 d}malir22 zu deren Gunsten23 sytgq_a (Rettung/Erhaltung) zu bewirken24 und dadurch drohendes Unheil abzuwehren.25 Als Handlungsträger einer d}malir (i. d. allgemeinen Bedeutung „Kraft“ oder „Vermögen“, konkreter: „Mittel“) zur Rettung/Erhaltung (sytgq_a)26 der (strenggenommen: aller27) in Bedrängnis Geratenen können je nach Kontext 21 An manchen Stellen wird das Verhältnis der Zugehörigkeit mit einer Genitivkonstruktion angezeigt, so z. B. P.Oxy. 11.1381,217 f.: B toO heoO d}malir syt^qior; Apollin. Fragm. Ps. 39,14: d}malir eQr sytgq_am … paq± heoO; vgl. dazu auch die Adjektivverbindung he_a d}malir, wie sie in Philo Vit. Mos. 2,253.256 (… he_air dum\lesi) zum Einsatz kommt. 22 Es fällt auf, dass das Wort d}malir in diesem Zusammenhang in der Regel im Singular auftritt. Vgl. dagegen den pluralischen Gebrauch in Philo Virt. 49 f.: … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem; ebenso in Vit. Mos. 2,253.256. 23 Die sich in lebensgefährlichen Umständen befindende Entität, zu deren Gunsten eine d}malir mit rettender Wirkung zum Einsatz kommt, wird an vielen Stellen mit einem Dativus commodi angezeigt, so z. B. Plat. Prot. 320e 2 f.: to?r d’ %opkom dido»r v}sim … aqto?r; Lysias 12,14: p\swomt_; Dion. Hal. Ant. 15,8,3: to?r jimdume}ousi; Plut. Phok. 14,6: to?r sull\woir; Philo Virt. 49: to?r … eqtek]si ja· kupqo?r; Ps.-Arist. Mund. 398a 3 f.: s}lpasim; 398b 10: to?r 1p· t/r c/r; Hipp. III Epid. III 17a,772: t` j\lmomti; Apollin. Fragm. Ps 39,14: t0 WqistoO 1jjkgs_ô usw. 24 An vielen analysierten Stellen signalisiert dies die Präpsitionalwendung d}malir + eQr (+ Akk.) (bzw. d}malir + pq|r [+ Akk.]), vgl. z. B. Plat. Prot. 320e 1 f.: d}malir eQr sytgq_am; Lysias 12,14: d}malir eQr sytgq_am; ebenso Progn. 5; Diff. Resp. 7,929; Hipp. III Epid. III 17a,772; Apollin. Fragm. Ps. 39,14: d}malir eQr sytgq_am; Philo Migr. 124: d}malir… pq¹r … sytgq_am; ähnlich auch Plut. Phok. 14,6: … d}malim … pq¹r t¹ syh/mai. Die Adjektivverbindung d}malir syt^qior begegnet bevorzugt bei Philo, vgl. z. B. Virt. 49 f.: … t±r sytgq_our dum\leir, Plant. 90: t/r … sytgq_ou dum\leyr; vgl. ebenso P.Oxy. 11.1381,217 f: B … d}malir syt^qior; Polybios verwendet in Hist. 3,109 dagegen die Genitivverbindung d}malim … t/r sytgq_ar; Ps.-Arist. Mund. 398a 4; 398b 9 f. gebraucht die Wendung aUtior (+ Gen.) (d}malir = aUtior [t/r] sytgq_ar); bei Them. Ep. 20,121 findet sich die Wendung … eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai usw. 25 Eine wichtige Beobachtung ist in diesem Zusammenhang wohl die, dass die Bereitstellung einer auf Rettung/Erhaltung (sytgq_a) zielenden d}malir, die im Rahmen lebensgefährlicher Umstände im Sinne von Hilfeleistung zum Einsatz kommt, oftmals ein Moment des Schutzes, der Verteidigung und Abwehr impliziert. Dadurch steht die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim-Terminologie semantisch gesehen offenbar in großer Nähe zum Ausdruck bo^heia [eQr sytgq_am], in manchen Kontexten auch zu Wörtern und Wortverbindungen wie !kj^ [pq¹r sytgq_am] und !k]ngla: Auf die bedeutungsmäßige Zusammengehörigkeit aller dieser Ausdrücke, bei denen es sich offensichtlich um Schutz-, Verteidigungs- und Wehrterminologie handelt, deutet schon die Tatsache hin, dass es zur Auswechselbarkeit der Termini in nahezu identischen Kontexten kommen kann (vgl. z. B. Plat. Prot. 320e 2 f.: to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am; Arist. Part. an. 655b 2–8: p\mta … taOta boghe_ar 5wousi w\qim t± f`a … lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am 2j\stoir; 662b 35–663a 2: t± … pokk± … 5wei pq¹r !kj^m … t± d³ … pq¹r bo^heiam. fsoir d³ lµ d]dyjem B v}sir %kkgm !kjµm pq¹r sytgq_am …; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,15: ¦speq c±q %kko %kk\ f]\ !k]ngla Fjei paq± t/r v}seyr eQr t¹m artoO b_om, rv’ ox s\fetai). 26 D. h. zur Sicherung des physischen Überlebens. 27 Zur universalen Ausrichtung dieser so angelegten Hilfeleistung vgl. z. B. Plat. Prot. 320d 5: josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir; 321a 2: eqk\beiam 5wym l^ ti c]mor !zstyhe_g; 322d 1 f.: 1p· p\mtar … ja· p\mter letew|mtym; Arist. Part. an. 655b 8 lelgw\mgtai pq¹r tµm sytgq_am
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Zusammenfassung und Auswertung
Gottheiten (Sgl./Pl.),28 die Natur29 (bzw. der Arzt, allerdings nur als Helfer der Natur)30 oder auch (der betroffenen Größe freundschaftlich gesonnene bzw. ihr gesellschaftlich verpflichtete) Einzelpersonen auftreten.31 Die Verwendung der Formulierung evoziert dabei (gerade im zwischenmenschlichen, aber auch im religiösen Bereich) die Vorstellung von einem Verhältnis der Wechselseitigkeit (Reziprozität): Eine vermögende, kraftbesitzende Instanz ist der Geber, eine unvermögende, kraftlose Entität dagegen der Empfänger einer d}malir mit rettender/erhaltender Wirkung; diese Reziprozitätsbeziehung ist für das Verständnis der d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit Rettungsterminologie zentral oder steht zumindest immer im Hintergrund. Mit Blick auf den jeweiligen engeren und weiteren Kontext (Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos im Allgmeinen / der sterblichen Gattungen im Besonderen, Krieg, politisch-gesellschaftliche Ohnmacht, akute Krankheit) kann die dort zur Anwendung kommende d}malir-sytgq_a-Verbindung32 als übergeordneter Ausdruck für weitere Begrifflichkeiten stehen, welche auf äußere, materielle (z. B. fpkom33, wq/la34, stqati\35, v\qlajom36) oder immaterielle (z. B. d_jg,37
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2j\stoir; Ps.-Arist. Mund. 397b 8: t¹ s}lpam %vhaqtom di’ aQ_mor; 397b 33: 1p· p÷m diijme?shai p]vuje t¹ he?om; 398a 3 f.: s}lpasim aUtior c_metai sytgq_ar; 398b 10: di± toO s}lpamtor j|slou … to?r 1p· t/r c/r; Philo Vit. Mos. 2,250: t¹ s}lpam 5hmor; P.Oxy. 11.1381,215–218: eQr p\mta … t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior usw. Verweise auf Gottheiten finden sich z. B. bei Plat. Prot. 320d 4 ff.: … pqos]tanam [heo_] Pqolghe? ja· 9pilghe? josl/sa_ te ja· me?lai dum\leir 2j\stoir ¢r pq]pei. Hier ordnen die Götter an, dass die Gottheiten Prometheus und Epimetheus jeder sterblichen Gattung die ihr angemessene d}malir eQr sytgq_am zuteilen. Das Prädikat pqos]tanam verweist hier zurück auf heo_ als Subjekt (vgl. Prot. 320c 8; 320d 2). Verweise auf eine Gottheit finden sich daneben an folgenden Stellen: Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24; Joh. Stob. Anth. 3,3,28; Ps.-Arist. Mund. 6, 397b 16–20 ff.; P.Oxy. 11.1381,217 f.; vgl. ebenso Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX. Verweise auf Gott (in seiner Rolle als [Welt-]Schöpfer und -erhalter) finden sich daneben bei Philo: Opif. 64,5–66,8; Virt. 48 ff.; Migr. 124; Vgl. z. B. den Verweis auf B v}sir in Arist. Part. an. 662b 23–663a 18; Usu Part. 4,143; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,15. Vgl. z. B. Epid. 6,5,1; Ars Med. 1,378: "p\mtym d’ aqt_m B l³m v}sir 1st· dgliouqc¹r, b d’ Qatq¹r rpgq]tgr. Vgl. z. B. Lysias 12,13 f.: 1pit^deior l]m loi tucw\meir ¥m, Fjy d’ eQr tµm sµm oQj_am; vgl. ebenso den Kontrast … oqj 1pit^deior eWmai 1m t` pke?m und … § v]qiste… s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a, wie er in Them. Ep. 20,96.117.120 ff. begegnet. Vgl. dazu Anm. 14, 15, 16, 17 und 18. Vgl. z. B. Plat. Prot. 320e 1 ff.: … to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am; Philo Virt. 48 f.: [jatapkace·r de_s,r, j#m "p\mtym !poq0r ¨m %cousi peqious_am 1je?moi,] sull\wym, fpkym, t|pym eqjaiq_ar, paqasjeu_m; Joh. Stob. Anth. 3,3,28: fpkom 2j\st\ me?le he|r; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX: fpka. Vgl. Lysias 12,8–14: … eQ bo}koit| le s_sai wq^lata kab~m7… eWpom … fti t\kamtom !qcuq_ou 6toilor eUgm doOmai7 b d’ ¢lok|cgse taOta poi^seim … kab½m t¹ t\kamt|m le s~seim … s» owm … loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am … Bce?to c±q ûpam poi^seim aqt|m, eU tir !qc}qiom dido_g; Them. Ep. 20,121.129 f.: eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei
Die Bedeutung von d}malir
231
sov_a,38 k|cor, moOr39) Mittel verweisen, die ein sytgq_a schaffendes Mittel in concreto darstellen,40 um an Leib und Leben gefährdete Lebewesen aus ihrer prekären Lage zu erretten und den vorangegangen Zustand der Sicherheit und des Wohlergehens wiederherzustellen vermögen.41
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¦ste s_sai Helistojk]a… f … %mhqypor … dyqe±m toO 5qcou Ñte?to; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX: wq^lata. Vgl. den parallelen Gebrauch von d}malir, bo^heia und stqati\ z. B. bei Dion. Hal. (Ant. 15,3,2: !p\ceim t±r dum\leir; 15,5,3: t0 [t’ oQje_ô] piste}eim dum\lei; 15,3,2: … lgdel_am 5weim nemijµm bo^heiam; 15,5,3: piste}eim t0 [paq± Saumit_m !vinol]m,] boghe_ô; 15,3,3: stqati±m [1m ta?r p|kesi] jatake_peim; 15,6,3: stqati±m p]lpeim … tµm vuk\nousam … t± te_wg; 15,6,5: stqati±m 1p· [Meapok_tar] !post]kkeim; 15,7,1: stqati±m !ce_qeim; 15,7,4: stqati±m paqasjeu\feshai; 15,7,5: stqati±m 1jp]lpeim; 15,8,2: tµm stqati±m !post]kkeim [+ Dat.]; 15,8,3: bo^heiam eQr sytgq_am paq]weshai). Vgl. ebenso den parallelen Gebrauch von d}malir und bo^heia bei Plut. (Phok. 12,1: !pest\kg stqatgc¹r … 5wym d}malim; 14,3: boghe?m; 14,4: [to?r Bufamt_oir] p]lpeim tµm bo^heiam; 14,6: pqoskalb\meim d}malim … pq¹r t¹ syh/mai. Vgl. Philo Migr. 124: b sytµq he¹r t¹ pamaj]statom v\qlajom, tµm Vkey d}malim … pqote_mar 2autoO … pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am. So schickt z. B. Zeus über die Vermittlung des Hermes den im Krieg gegen die wilden Tiere vom Aussterben bedrohten Menschen Gerechtigkeit, vgl. Plat. Prot. 322c 1–2: Fe»r … de_sar peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m, :ql/m p]lpei %comta eQr !mhq~pour aQd_ te ja· d_jgm (322c 4: … t_ma … tq|pom do_g d_jgm ja· aQd_ !mhq~poir; 322d 4 f.: ja· m|lom ce h³r paq’ 1loO t¹m lµ dum\lemom aQdoOr ja· d_jgr let]weim jte_meim ¢r m|som p|keyr). Vgl. Plat. Prot. 321c 7–321d 3: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi, jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am s»m puq_ … ja· ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\. Philo Opif. 66,8: … 1p· d³ p÷sim … t¹m %mhqypom, è moOm 1na_qetom 1dyqe?to; Philo Somn. 1,103: !mhq~p\ k|cor d~qgla j\kkistom 1d|hg paq± heoO, …, ja· !mhq~p\ l]cistom 5qula ja· vqouq±m !jaha_qetom k|com d]dyjem; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24: k|com … aqto?r … he¹r 5dyjem; Joh. Stob. Anth. 3,3,28: k|com d’ dr 1st·m %qistor !mhq~p\ me?lem. Es ist zudem zu beachten, dass die d}malir eQr sytgq_am-Formulierung anscheinend keine feste religiöse Komponente besitzt, denn religiöse Vorstellungen fehlen in vielen Kontexten, in denen die Terminologie auftritt (so z. B. bei Lysias 12,13 f.; Dion. Hal. Ant. 15,8; Plut. Phok. 15,5 f.; Them. Ep. 20,121; Progn. 5; Coa praes. 255,9; Hipp. Off. Med. 18b,639; Hipp. III Epid. III 17a,628 usw.). Nur zum Teil wird im Kontext explizit auf eine Gottheit als Inhaber und initiierender Garant von d}malir eQr sytgq_am verwiesen (vgl. Plat. Prot. 320d; Ps.-Arist. Mund. 397b–401b; Philo Vit. Mos. 2,247 ff.; Virt. 48; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX). Dies spricht dafür, dass das Syntagma im griechischen Sprachgebrauch in erster Linie wohl eine profane Bedeutung hatte. Dass mittels dieses helfend-rettenden Eingreifens die Wendung bzw. der Umschlag der Gefahrensituation zum Guten angezeigt wird, wird aus Belegstellen ersichtlich, an denen die Begrifflichkeiten d}malir und Nop^ (+ eQr sytgq_am, pq¹r sytgq_am, pq¹r t¹ syh/mai) entweder parallel oder sogar austauschbar in vollständig identischen Kontexten gebraucht werden. Zum parallelen Gebrauch vgl. z. B. Plut. Phok. 15,6: 1j]keuem aqt¹m 1je?mom 2t]qam pqoskab|mta d}malim boghe?m to?r sull\woir …7 d lec_stgm Nopµm 1po_gse pq¹r t¹ syh/mai t¹ Buf\mtiom. Zur synonymen Verwendung vgl. Progn. 5: eupmoiam … wqµ mol_feim j\qta lec\kgm d}malim 5weim 1r sytgq_gm 1m ûpasi to?sim an]si mous^lasim fsa … jq_metai; Coa praes. 255,9: eupmoia … 1m p÷sim, bj|sa … jq_mgtai, lec\kgm 5wei Nopµm 1r sytgq_gm; Hipp. Off. Med. 18b,639: … to?r … lec_stgm d}malim eQr sytgq_am 1m to?r an]si mos^lasim eupmoia ja· owqom rp|stasim 5wom keujµm ja· ke_am ja· blak^m; Hipp. III Epid. III 17a,628: eQ l³m !cah± vame_g, lec\kgm paqew|mtym Nopµm eQr sytgq_am, eQ d³ lowhgq\, sumepiswu|mtym ja· aqt_m ti pq¹r t¹m toO j\lmomtor j_mdumom.
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Zusammenfassung und Auswertung
Darüber hinaus gibt es in der antiken Literatur Belege, aus denen hervorgeht, dass auch der einmalige Tod eines Menschen ein Mittel darstellt, welches für eine (= zugunsten einer) von akuter Gefahr bedrohte Größe (= das Vaterland, die Polis, eine Einzelperson) Rettung zu bringen vermag.42 Die Vorstellung eines für die Rettung der jeweiligen in Gefahr Geratenen unerlässlichen, drohendes Unheil abzuwenden vermögenden Todes wird in diesem Zusammenhang durch Begriffe und Formulierungen aktiviert, die eine große semantische Nähe (ebenso wie eine beträchtliche funktionale Übereinstimmung) zur d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit Rettungsterminologie (sytgq_a, s]feim, syt^qior) auszeichnet (so z. B. die Konstruktion lgwamµ sytgq_ar).
Gerade anhand von Texten, die sich durch eine große zeitliche und kulturelle Nähe zum Neuen Testament auszeichnen (vgl. Polybios, Briefliteratur des Themistokles, Philo), lässt sich darüber hinaus belegen, dass d}malir in Verbindung mit s]feim, sytgq_a, syt^qior und einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens oftmals in direktem Zusammenhang mit Begrifflichkeiten wie w\qir, eqeqces_a, dyqe\ (samt den dazugehörigen Verben und Adjektiven) gebraucht wird, die einen Gunsterweis bzw. den Erweis einer Wohltat zum Ausdruck bringen.43 Die Gewährung von d}malir zum Zweck der sytgq_a (Rettung/Erhaltung) einer in Bedrängnis geratenen Entität kommt 42 Vgl. z. B. Eurip. Phoen. 884 f.889 ff., wo das Sterben des Menoikeus „für“ das Land als die einzige Rettungsmöglichkeit Thebens gilt (vgl. 890: l_’ 5stim %kkg lgwamµ sytgq_ar, in 893 parallel gebraucht mit p|kei paqaswe?m v\qlajom sytgq_ar), um die Stadt vor dem Untergang zu bewahren (vgl. auch 969: … hm^isjeim 6toilor patq_dor 1jkut^qiom); Paus. 7,21,3 f.: Als die Jungfrau kein Mittel zu ihrer Rettung (oqd³m 1r sytgq_am) fand … blieb ihr nichts mehr anderes übrig, als sich selbst umbringen zu lassen (aqtµm vome}eshai). Für weitere Belege, ebenso wie zu den kultur- und traditionsgeschichtlichen Hintergründen der griechischen Vorstellung vom Unheil abwendenden Tod vgl. die umfassende Monografie von Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1 und 2. 43 Zum gemeinsamen Vorkommen von d}malir, s~feim, sytgq_a und Gunstbezeugungsterminologie (w\qir jtk., eqeqcete?m jtk.) vgl. z. B. Polyb. Hist. 3,109: p÷sam … tµm art/r pqohul_am ja· d}malim eQr rl÷r !p^qeistai … p\sar t±r 1kp_dar 5wei t/r sytgq_ar 1m rl?m … !p|dote … t0 patq_di t±r "qlofo}sar w\qitar; Them. Ep. 20, 106–121: … 5cmyj\ se ja· toOto l\kish’ ¢r ak]hqiom dedi|ti sytgq_am Usyr 1qc\solai… %kkoir eqeqces_ar paqe_wou … 1c½ !pecm~jeim 1je_mgr t/r w\qitor !le_xashai Helistojk]a … !kk’ § v]qiste … eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a; ebenso Philo Migr. 118 f.124: taOta … dµ pq_tom di± t¹m !ste?om 2t]qoir sumtucw\meim vgs_m…t¹ lgd³m l]qor v}seyr kocij/r !l]towom eqeqces_ar !poke_peshai … di|ti oWlai b sytµq he¹r … tµm Vkey d}malim, t` Rj]t, ja· heqapeut0 pqote_mar 2autoO wq/shai pq¹r tµm t_m jalm|mtym sytgq_am 1pitq]pei; Plant. 86–92: B l³m … j}qior jah’ Dm %qwei, B d³ he¹r jah’ Dm eqeqcete?· … jah¹ … eqeqc]tgr, h\teqom l|mom bo}ketai, t¹ eqeqcete?m … loi … 1pide_netai … t¹ eqeqcetij¹m t/r Vkey peq· p\mta ja· sytgq_ou dum\leyr; Quaest. in Ex. 2,2: … di± tµm 1p· t¹m syt/qa he¹m jatavuc^m, dr 1n !p|qym ja· !lgw\mym 1pip]lxar tµm eqeqc]tim d}malim, 1qq}sato to»r Rj]tar. Zur Kontrastierung von d}malir eqeqc]tir (d}malir eQr eqeqces_am) und d}malir jokast^qior (d}malir eQr j|kasim) (beidesmal mit der Gottheit als Handlungsträger). Vgl. daneben Sacr. AC 131; Abr. 144; vgl. ebenso P.Oxy. 11.1381, Zeile 215–223: … eQr p\mta … t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior. l]kky c\q … !pacc]kkeim 1p[i]vame_ar dum\leyr te lec]hg eqe[q]cetgl\tym … dyq^lata.
Die Bedeutung von d}malir
233
dann einer Gunstbezeugung seitens oben skizzierter vermögender Instanzen44 gleich. Alle diese so identifizierten sprachlichen Strukturen und sich in verschiedenen Kontexten wiederholenden Wortcluster führen zu der begründeten Annahme, dass Paulus beim Gebrauch der Formulierung d}malir eQr sytgq_am in Röm 1,16 wohl auf einen strukturierten Vorstellungskomplex zurückgreift, der in der kulturellen Enzyklopädie seiner antiken Leserschaft vorhanden war.
44 Dabei wird, so zeigt zurecht Dieter Zeller, Charis bei Philon und Paulus, SBS 142, Stuttgart 1990, 13 ff. anhand einschlägiger Belege auf, die (momentan) überlegene Position des w\qir Gewährenden gegenüber deren Nutznießer/Empfänger vorausgesetzt.
V. Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch neutestamentliche Autoren 1. Vorüberlegungen Ist im Voranstehenden die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in der klassischen, hellenistischen (hellenistisch-jüdischen) und kaiserzeitlichen Gräzität analysiert worden, während der Akzent auf der Erforschung des Aussagegehaltes des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am lag, so wird im Folgenden zu prüfen sein, ob bzw. inwiefern sich der bei neutestamentlichen Autoren vorfindbare Ausdruck d}malir (heoO, toO heoO, toO WqistoO) in Verbindung mit s]feim jtk. -Terminologie (bzw. in Verbindung mit N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] o. ä.) bedeutungsmäßig in den breiteren Rahmen der zeitgenössischen paganen Sprache einpassen lässt. In diesem Sinne ist nun auf einschlägige neutestamentliche Textpassagen zu blicken, in denen die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a (N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.]) im Allgemeinen und das Syntagma d}malir eQr sytgq_am im Besonderen zum Einsatz kommt.1 Zur Bestimmung der Bedeutung von d}malir im gemeinsamen Gebrauch mit s]feim (N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.]), sytgq_a, speziell aber: zur Bestimmung der Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am ist wieder der engere und weitere Kontext der jeweiligen Passagen, in denen die Terminologie vorkommt, zu befragen.
2. Zu Gebrauch und Bedeutung des Ausdrucks d}malir (heoO, toO heoO, toO WqistoO) in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen (s]feim jtk., N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] usw.) durch Paulus In der paulinischen Briefliteratur begegnet die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsterminologie (s]feim, sytgq_a; ebenso: N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] o. ä.) in 1Kor 1,18–2,5, 2Kor 1,8–11, 4,7–12, 6,3–10, 12,7–10 sowie in Röm 1,16. Den Auftakt der nachfolgenden Untersuchung bildet ein Überblick über die d}malir-Verwendung im ge1 Vgl. 1Kor 1,18–2,5; 2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; 12,7–10; Röm 1,16; 1Petr 1,5.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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meinsamen Gebrauch mit s]feim, sytgq_a (bzw. N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.]) – Aussagen im 2. Korintherbrief (vgl. V./2.1). Ausgehend von dem aus dem 2Kor erhobenen Befund ist in einem nächsten Schritt der Passus Röm 1,16 in den Fokus zu nehmen, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am explizite Verwendung findet (vgl. V./2.2). Da Röm 1,16 (neben 1Petr 1,5, vgl. V./3.) Hauptbeleg für die d}malir eQr sytgq_am-Verwendung im Neuen Testament ist, verdient dieser Text im Blick auf die Analyse besondere Aufmerksamkeit. Insofern Röm 1,16 in einem engen inneren Zusammenhang zu 1Kor 1,18–2,5 steht, ist im Anschluss an die Ausführungen zu Röm 1,16 noch ausführlicher auf den d}malir-Gebrauch in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in 1Kor 1,18–2,5 einzugehen, ebenso wie auf die strukturellen und thematischen Parallelen, die zwischen Röm 1,16 und 1Kor 1,18–2,5 bestehen (vgl. Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5).
2.1 Gefahren für Leib und Leben: Der d}malir-Gebrauch in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen (s]feim jtk., N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] usw.) im 2. Korintherbrief Im 2. Korintherbrief muss Paulus sich (= seine Person und sein Evangelium) gegen gegnerische Angriffe verteidigen,2 die ihm die Legitimität seines Apostolats streitig machen:3 dies u. a. deshalb, da er, im Unterschied zu seinen Gegnern, als körperlich Anwesender (d. h. seinem Auftreten ebenso wie seiner äußeren Erscheinung nach) „schwach“ und „seine Rede armselig“ sei.4 Als Reaktion darauf thematisiert der Apostel an vielen Stellen das Leiden, welches der Dienst am Evangelium für ihn und seine Mitarbeiter mit sich bringt. In Analogie zur schwachen, leidvollen Befindlichkeit Christi, so die Argumentation (vgl. z. B. 2Kor 1,5; 13,3 f.), bezieht der sich im Zustand der Ohnmacht und des Leidens befindende Paulus seine zum Überleben in kritischen Situationen notwendige Stärke dabei allein aus Gott (vgl. 2Kor 1,9 f.; 2Kor 4,7; 6,7; 12,9 f.), was im Rahmen seines apostolischen Dienstes wiederum der im Brief angesprochenen Gemeinde zugutekommt5 (vgl. 2Kor 1,5 f.; 4,12.15; 6,4–10; 13,3 f.9; u. ö.). Auf die vielfältigen Bedrängnisse und akuten Lebensbedrohungen, die ihn persönlich in seiner apostolischen Existenz betreffen, kommt Paulus in den 2 Vgl. dazu speziell die Textpassagen 2Kor 2,14–6,10; 10,7–12,18. Über weite Strecken, so Petr Pokorny´, Ulrich Heckel, Einleitung in das neue Testament. Seine Literatur und Theologie im Überblick, UTB 2798, Tübingen 2007, 255, habe der 2Kor „den Charakter einer Apologie“, was besonders prägnant in 2Kor 12,19 zum Ausdruck kommt. 3 Vgl. Pokorny´, Heckel, Einleitung, 254. 4 Vgl. dazu 2Kor 10,7–11, insbesondere V. 10: B d³ paqous_a toO s~lator !shemµr ja· b k|cor 1nouhemgl]mor. 5 Ähnlich Thomas Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, Teilband 1: 2Kor 1,1–7,4, EKK VIII/ 1, Neukirchen-Vluyn 2010, 76.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Leidenslisten, den sog. Peristasenkatalogen6 (vgl. 2Kor 4,7–9; 6,4–10; 11,23–28[-33]; 12,10; vgl. ebenso 1Kor 4,9–13; Röm 8,35) zu sprechen. Überstandene Notsituationen seiner persönlichen Biografie verbirgt er folglich oftmals7 „hinter katalogartigen und typisierten Reihungen“8, die u. a. durch Synagoge und Polis initiierte Gefährdungen, ebenso wie Reisegefahren und die Mühsal aufgrund der Störung vitaler Lebensbedingungen9 umfassen.10 Dabei fällt auf, dass Paulus die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsterminologie (s]feim jtk., N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] usw.) in seinen Briefen gängigerweise in exakt diesen Leidenskontexten zur Anwendung bringt. Im Rahmen der nachfolgenden Analyse wird aus diesem Grund zu fragen sein, inwiefern sich die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a bedeutungsmäßig in eben diesen Rahmen fügt.
6 Vgl. zu den paulinischen Peristasenkatalogen insgesamt Martin Ebner, Leidenslisten und Apostelbrief. Untersuchungen zu Form, Motivik und Funktion der Peristasenkataloge bei Paulus, fzb 66, Würzburg 1991. 7 Wenn auch nicht ausschließlich! Vgl. 2Kor 1,8–11. 8 So ist insgesamt bei Jürgen Becker, Paulus. Der Apostel der Völker, Tübingen 1989, 180 zu lesen: „Paulus hat in der Regel über seine überstandenen Notsituationen nicht viel geredet … Er verbirgt die konkrete Biographie hinter katalogartigen und typisierten Reihungen.“ 9 Vgl. den bei Becker, Paulus, 180–189, bes. 182–185 gebotenen Überblick über die paulinischen Peristasenkataloge, in denen sich Gefahren für Leib und Leben aus der Biographie des Paulus spiegeln. 10 Paradigmatisch sei hier auf den Peristasenkatalog Röm 8,35 verwiesen: Dieser umfasst eine Aufzählung von Leib und Leben bedrohenden Drangsalen (hk?xir, stemowyq_a, diycl|r, kil|r, culm|tgr, j_mdumor, l\waiqa), die von einer irritationenträchtigen Umwelt zuungunsten des Paulus (= hier: apostolisches „wir“) ausgelöst werden. Genannt werden u. a. Mühsale, die durch Synagoge und Polis/römische Behörde ausgelöst werden (diycl|r, l\waiqa), Gefahren auf Reisen (j_mdumor), ebenso wie Lebensbedrohung aufgrund einer Störung der vitalen Lebensbedingungen (kil|r, culm|tgr als Mangel an Nahrung u. Kleidung). Vgl. dazu die Beobachtung von Ebner, Leidenslisten, 271, dass der Katalog eine inhaltliche Steigerung aufweist, indem Paulus „von allgemeineren, großräumig gedachten Notständen (hk?xir – stemowyq_a – diycl|r) zu den hautnahen Peristasen (kil|r – culm|tgr) voranschreitet und mit j_mdumor die drohende Lebensgefahr thematisiert“, wobei mit l\waiqa am Schluss „das Äußerste vor Augen steht: der Tod“. Vgl. dazu auch Petra von Gemünden, Die Todesangst des Paulus – ein Schlüssel zum Verständnis des Römerbriefs?, in: Paul-Gerhard Klumbies, David S. du Toit (Hg.), Paulus – Werk und Wirkung. Festschrift für Andreas Lindemann zum 70. Geburtstag, Tübingen 2013, 235–261, 249 f. (hier u. a im Verweis auf Charles K. Barrett, The Epistle to the Romans, BNTC 6, Peabody 2 1991, 162): „Man kann sich fragen, ob Paulus dabei an Gewalt und Verfolgungserfahrungen denkt, die Mitglieder der römischen Gemeinde im Zusammenhang mit der Vertreibung von Christen aus Rom unter Claudius machen mussten. Muss dies unsicher bleiben, so hat Paulus bei der Aufzählung der Peristasen sicher die Widrigkeiten im Hinterkopf, die er selbst schon als Christ erfahren hat.“
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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2.1.1 2Kor 1,8–11: Die d}malir des Paulus als (mangelnde) Widerstandsfähigkeit im Leiden Zu beginnen ist mit 2Kor 1,8–11. Zunächst bietet es sich an, einen Blick auf den Text selbst zu werfen, der im Eingangsteil, genauer: im Proömium des 2Kor (vgl. 1,3–11) seinen Sitz hat:11 8 Wir wollen euch, Brüder, nämlich nicht in Unkenntnis lassen über unsere Bedrängnis, die sich in Asien ereignet hat, daß uns da im Übermaß, über unsere Kraft hinaus eine Last auferlegt wurde, sodass wir sogar am Leben verzweifelten (… rp³q t/r hk_xeyr Bl_m t/r cemol]mgr 1m t0 )s_ô, fti jah ’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem, ¦ste 1napoqgh/mai Bl÷r ja· toO f/m·). 9 Ja, wir hatten für uns selbst das Todesurteil schon gefällt, sodass wir nicht mehr auf uns selbst vertrauten, sondern (nur noch) auf Gott, der die Toten auferweckt; 10 der uns (denn auch) aus so schlimmer (wörtl.: so großer, so gewaltiger) Todesnot errettet hat und erretten wird, auf den wir unsere Hoffnung gesetzt haben, dass er (uns) auch weiterhin erretten wird (!kk’ aqto· 1m 2auto?r t¹ !pºjqila toO ham²tou 1sw¶jalem, Vma lµ pepoihºter §lem 1v’ 2auto?r !kk’ 1p· t` he` t` 1ce¸qomti to»r mejqo¼r·dr 1j tgkijo¼tou ham²tou 1qq¼sato Bl÷r ja· N¼setai, eQr dm Akp¸jalem [fti] ja· 5ti N¼setai,). 11 Dazu helft aber auch ihr durch euer Bittgesuch für uns mit, auf dass viele Menschen in unserem Namen Dank sagen für die Gunst, die uns geschenkt wurde (sumupouqco}mtym ja· rl_m rp³q Bl_m t0 de^sei, Vma 1j pokk_m pqos~pym t¹ eQr Bl÷r w\qisla di± pokk_m eqwaqistgh0 rp³q Bl_m).
Mit … rp³q t/r hk_xeyr Bl_m t/r cemol]mgr 1m t0 )s_ô … erinnert Paulus die Korinther an ein „lebensgefährliches Widerfahrnis“12, das sich zu seinen Ungunsten13 in der römischen Provinz Asia ereignet hat.14 Das in 2Kor 1,8 zur 11 Übersetzung in Anlehnung an Christian Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, THKNT 8, Berlin 1989, 19; zu kleineren Änderungen (V. 9a.b betreffend) vgl. Hans Windisch, Der zweite Korintherbrief, KEK 6, Göttingen 91970, 46; Hans Lietzmann, An die Korinther I/II, ergänzt von Werner G. Kümmel, HNT 9, Tübingen 41949, 100. 12 Pokorny´, Heckel, Einleitung, 255. 13 Vgl. dazu den Gebrauch der 1. Pers. Pl., hier wohl: exemplarisches „wir“. 14 Unklar bleibt, um welche Art von „Widerfahrnis“ es sich hier handelt. Entsprechend Phil 1,19–30 (bes. 1,20–23; 2,12–18) wäre an eine Gefangenschaft des Paulus in Ephesus (= Hauptstadt der römischen Provinz Asia) zu denken, in der Phil (und Phlm) entstanden sein könnten (so Victor Paul Furnish, II Corinthians, AB 32a, New York, NY [u. a.] 1984, 123; Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 25). Das !p|jqila toO ham\tou aus 1,9 wäre folglich terminus technicus für den im Rahmen dieser Gefangenschaft ergehenden offiziellen Bescheid seitens staatlicher Behörden: das über Paulus verhängte Todesurteil. Dass es sich bei !p|jqila toO ham\tou um einen terminus technicus antiker Amts- und Gerichtssprache handelt, zeigt bereits Windisch, Der zweite Korintherbrief, 46 anhand einschlägiger Belege auf. Vgl. dazu auch Lietzmann, An die Korinther I/II, 101; Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 26. Gegen die Annahme, die paulinische Rede von hk?xir in 2Kor 1,8 verweise auf eine Krankheit des Paulus (so z. B. Barrett, The Second Epistle to the Corinthians, 64), wendet Furnish, II Corinthians, 123, zurecht ein, dass Krankheiten von Paulus sonst in ihren Auswirkungen und nicht
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Umschreibung dieses Widerfahrnisses gebrauchte, eine Lage akuter Gefährdung signalisierende Wort hk?xir („Bedrängnis, Not, Drangsal“)15 begegnet in 1,8–11 in auffallender Dichte mit weiteren Worten und Wortverbindungen, die Tod bzw. Todesgefahr (vgl. 1,9: t¹ !p|jqila16 toO ham\tou, mejq|r; 1,10: h\mator) sowie deren inhaltliche Entsprechung, nämlich eine leidvolle, lebensbedrohliche Befindlichkeit (vgl. 1,8: 1napoqe?shai [toO f/m]; auch: 1,5–7: p\sweim, p\hgla; 1,6: hk_beshai) indizieren. Handelt es sich bei hk?xir demach um Gefahrenterminologie (= Gefahr indizierende Terminologie) und geht aus dem Wortgebrauch folglich hervor, dass die vergangene prekäre Befindlichkeit bzw. Gefährdung, die Paulus hier anspricht, die Möglichkeit seines Todes in sich einschließt, so fällt auf, dass hk?xir-Terminologie über 2Kor 1,8 hinaus eine Art Leitmotivik von 2Kor 1–8 insgesamt darstellt.17 Im Rahmen des Briefproömiums erscheint hk?xir bereits in 2Kor 1,4, um ein allgemeines „in Bedrängnis (sein), in bedrängter Lage (sein)“ (u. a. des Paulus) zum Ausdruck zu bringen.18 „Bedrängnis“ bzw. „in bedrängter Lage sein“19 versetzt die jeweils betroffene Entität wiederum in einen Zustand der Trauer und des Leidens, sodass hk?xir-Terminologie im 2Kor gängigerweise in der unmittelbaren Umgebung von Leidensterminologie wie p\sweim, p\hgla20 und k}pg (2,1: 1m k}p,; 2,3.7; 7,10; 9,7), kupe?m (2,2.4.5; 6,10; 7,8) auftritt.
Näher bestimmt wird die Paulus 1m t0 )s_ô widerfahrene hk?xir als verzweifelte, ausweglose Lage in den darauffolgenden fti-/¦ste-Sätzen: … fti jah’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem ¦ste 1napoqgh/mai Bl÷r ja· toO
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durch Ortsangaben charakterisiert werden (so z. B. In 2Kor 12,7; Gal 4,13 f.; Phil 2,26 f.); zurecht weist auch Ulrich Heckel, Kraft in Schwachheit: Untersuchungen zu 2. Kor 10–13, WUNT 56, Tübingen 1993, 262 (Anm. 279) darauf hin, dass das Wort hk?xir zwar für eine Vielzahl äußerer (und auch innerer) Bedrängnisse steht, aber kein für Krankheiten typischer Begriff ist. Tatsächlich würde man dann eher Wörter wie !sh]meia (so z. B. in 2Kor 12,7) oder m|sor, m|sgla (vgl. Apg 19,12; Jak 5,2) erwarten (vgl. dazu insgesamt die Ausführungen unter II./3.). Vgl. zu hk?xir z. B. BAA, s.v. hk?xir: „Bedrängnis, Drangsal“, die durch äußere Verhältnisse herbeigeführt ist (vgl. dazu z. B. 1 Thess 1,6: 1m hk_xei pokk0; 3,3: 1m ta?r hk_xesim ta}tair; Röm 5,3: 1m ta?r hk_xesim; 12,12; Phil 1,17 usw.). Das Wort !p|jqila (vgl. BDAG, s.v. !p|jqila: „official report, decision“) bezieht sich hier wohl auf die subjektive Gewissheit des Paulus von der Unausweichlichkeit des Todes am Ende eines Gefängnisaufenthaltes, vgl. Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 71: „Paulus hat also die innere Gewissheit seines Todes.“ Vgl. neben 2Kor 1,4.6.8 auch 4,17: t¹ … paqaut_ja 1kavq¹m t/r hk_xeyr Bl_m jah’ rpeqbokµm eQr rpeqbokµm; 6,4: 1m hk_xesim; 7,4: 1p· p\s, t0 hk_xei Bl_m; 8,2: 1m pokk0 dojil0 hk_xeyr; 8,13: rl?m hk?xir; zum Gebrauch des Verbums hk_beshai vgl. neben 2Kor 1,6 auch 4,8; 7,5. Vgl. hier den Verallgemeinerung anzeigenden Gebrauch von p÷r: … 1p· p\s, t0 hk_xei Bl_m … [1m p\s, hk_xei]…; vgl. dazu auch den Gebrauch des Verbums hk_beshai in 2Kor 1,6. (Zum passivischen Gebrauch von hk_beim vgl. BAA, s.v. hk_beim: „in Bedrängnis geraten“; so verwendet z. B. auch in 1 Thess 3,4). Vgl. die dafür charakteristische Umstandsbeschreibung 1m hk_xei, auch: 1p· t0 hk_xei. Vgl. 1,5–7: Hier wird das Leiden des Paulus parallel zum Leiden Christi gesetzt.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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f/m. Erstmalig im 2Kor tritt an dieser Stelle der Ausdruck d}malir auf.21 Auch wenn in nächster Nähe des Wortes s]feim jtk.–Terminologie nicht belegt ist, so bietet der unmittelbare Kontext Hinweise, um welche Art von d}malir es sich hier handelt. Wie die aufeinander folgenden, stets in der 1. Person formulierten Wendungen … rp³q t/r hk_xeyr Bl_m …, fti jah ’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem ¦ste 1napoqgh/mai Bl÷r ja· toO f/m zeigen, handelt es sich bei der hier erwähnten d}malir nicht um eine d}malir (heoO, toO heoO, toO WqistoO),22 sondern um eine d}malir mit einer menschlichen Person, Paulus, als Trägerinstanz.23 Die Begrifflichkeit tritt in Verbindung mit der Präposition rp]q ([+ Akk.] „über hinaus“) sowie der rp]q-Wendung jah’ rpeqbokµm („über die Maßen, im Übermaß“) und dem passivisch gebrauchten Verbum baq]y, welches „beschweren, bedrücken“24 bedeutet, auf. Paulus deutet die Gefahrenlage in Asien als eine Bedrängnis, die sein persönliches menschliches „Vermögen“ weit übersteigt,25 d. h. seine „subjektive menschliche Tragkraft“.26 Die Vorstellung von einer d}malir, deren Funktion darin besteht, das physische Überleben eines Menschen (gerade in Krisensituationen) sicherzustellen, begegnet gehäuft in der medizinischen Literatur (vgl. dazu die Ausführungen unter II./3.): Es handelt sich dabei um eine (körpereigene) „Kraft“ bzw. ein „Vermögen“, das der Erhaltung des eigenen Lebens dient, (lebens-)bedrohlichen Faktoren wehrt bzw. diesen standhält (= d}malir [eQr sytgq_am]).27 Die in der Profangräzität geläufige Wiedergabe für eine derartig vorzustellende d}malir mit „Kraft zur Lebenserhaltung“ bzw. „Widerstandskraft“28 mit lebenserhaltender Funktion mag auch im Blick auf 2Kor 1,8 zur Anwendung kommen. Dies zeigt sich v. a. auch daran, dass die in der unmittelbaren Umgebung von d}malir begegnenden Wörter f\y (V. 8) und h\mator (V. 9.10) Gegenbegriffe darstellen: Da die d}malir des Paulus in der Vergangenheit angesichts lebensgefährlicher (wohl äußerer) Umstände erschöpft war, ging es für ihn im Rahmen dieser prekären Situation tatsächlich um (Über-)Leben oder Tod! Diese kritische Situation bringt auch der auf 1,8 folgende !kk\-Satz (1,9) zum Ausdruck: In einer derartigen (Lage) seiend hatte Paulus für sich selbst das Todesurteil schon gefällt (… aqto· 1m 2auto?r t¹ 21 Die d}malir-Begrifflichkeit findet sich im Rahmen des 2Kor neben 1,8 ebenfalls in 2Kor 4,7; 6,6; 12,9.12; 13,4. 22 Vgl. dagegen 2Kor 4,7; 6,6; 12,9; 13,4 (vgl. ebenso 1Kor 1,18–2,5; Röm 1,16 u. ö.). 23 Zurecht weist Paul William Barnett, The Second Epistle to the Corinthians, NICNT, Grand Rapids [u. a.] 1998, 231 auf die im 2Kor wiederholt thematisierte Gegenüberstellung einer „power of God, which is ,all-surpassing‘“ und einer „human power, which is feeble“ hin: „This is a recurring theme within 2 Corinthians“. 24 Vgl. dazu BAA, s.v. baq]y. 25 Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 26. 26 Vgl. Heckel, Kraft in Schwachheit, 26. 27 Vgl. dazu speziell die Ausführungen unter II./3.1.1; II./3.1.2; II./3.1.3. 28 So Philipp Bachmann, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, KNT 8, Leipzig [u. a.] 41922, 39.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
!p|jqila toO ham\tou 1sw^jalem), gleichsam zu sterben ihm also schon zu Gebote zu stehen schien.29
Wie oben bereits angemerkt, handelt es sich bei hk?xir im gemeinsamen Gebrauch mit dem Verbum 1napoqe?shai (toO f/m) in 2Kor 1,8 um Terminologie, welche Gefährdung und, als deren Pendant, leidvolle, lebensbedrohliche Befindlichkeit signalisiert. Das !poqe?m (= „ratlos sein“, „ohne [Hilfs-]Mittel und [Aus-]Wege sein“) verstärkende Bikompositum30 1napoqe?shai (toO f/m) steht hier insofern zu dem jah’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem in einem augenfälligen inneren Zusammenhang, als es ebenfalls einen außerordentlichen Zustand der Ohnmacht bzw. des Unvermögens indiziert, das die persönliche Lebenserhaltung infrage stellende Unheil, konkret: die in der Provinz Asien widerfahrene hk?xir, abzuwehren. Die Konjunktion ¦ste markiert des Weiteren ein Verhältnis der Subordination zwischen … fti … rp³q d}malim 1baq^hglem und … ¦ste 1napoqgh/mai Bl÷r ja· toO f/m. Der Umstand, dass Paulus „im Übermaß“, „über seine Kraft hinaus“ eine Last auferlegt wurde, stellt dessen persönliche Lebenserhaltung infrage. Folgerichtig übersetzt Heinrici für … ¦ste 1napoqgh/mai Bl÷r ja· toO f/m: „so dass wir ganz rathlos sogar hinsichtlich des Lebens wurden“, d. h. hinsichtlich der „Lebenserhaltung“.31 Der mit hk?xir, rp³q d}malim baqe?shai und 1napoqe?shai (toO f/m), (1m 2auto?r) t¹ !p|jqila toO ham\tou 5weim (Pf.) zum Ausdruck gebrachte ohnmächtige Zustand des Paulus impliziert, wie die in V. 9 folgende Vma-!kk\Konstruktion zeigt, sein Vertrauen und Angewiesensein32 auf fremde Hilfe (… Vma lµ pepoih|ter §lem 1v’2auto?r !kk’ 1p· … [+ Dat.]). Nun würde man angesichts der paulinischen Darlegung der eigenen Ohnmacht/Hilflosigkeit in Anbetracht lebensbedrohlicher, die persönliche Lebenserhaltung infrage stellender Umstände33 im Blick auf den weiteren Text29 Zum … aqto· 1m 2auto?r t¹ !p|jqila toO ham\tou 1sw^jalem interessanterweise auch Windisch, Der zweite Korintherbrief, 46: Die Wendung „soll hier wohl den subjektiven Charakter der Todesentscheidung markieren“, „wie der folgende Vma-Satz zeigt“, hatte Paulus das „Gefühl, den Todesbescheid gleichsam schon in Händen zu haben“. Vgl. dazu auch Lysias 12,13 (= ein Gefüge, das der in 12,14 begegnenden d}malir eQr sytgq_am-Formulierung unmittelbar vorangestellt ist): 1m toio}t\ d’ emti loi jimdume}eim 1d|jei, ¢r toO ce !pohame?m rp\qwomtor Edg! Vgl. dazu ebenso Them. Ep. 20,97 f.: 1m to}t\ d] loi jimd}mou 2st_ti. (Vgl. dazu insgesamt die Ausführungen unter II./5.1.3; II./5.2.2.3). 30 Zurecht schreibt Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 26 (Anm. 51) im Verweis auf das Bikompositum 1napoqe?shai („in großer Not/Verlegenheit sein“): „1napoqe?shai ist das verstärkte !poqe?m, in dem das Moment der Ausweglosigkeit (!-poqor) enthalten ist.“ 31 Carl Friedrich Georg Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, KEK 6, Göttingen 81900, 66. Hinsichtlich der Bedeutung von 1napoqe?shai (toO f/m) (= letzteres gedeutet als Genitivus separativus, vgl. Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 66, Anm. 52) schreibt auch treffend Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 26: „Er wusste überhaupt keinen Ausweg mehr, sein bedrohtes Leben zu bewahren; er hatte die Hoffnung, am Leben zu bleiben, also bereits aufgegeben (nicht: er war des Lebens überdrüssig).“ 32 Vgl. Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 26. 33 Vgl. 2Kor 1,8: rp³q t/r hk_xeyr …, fti jah ’ rpeqbokµm rp³q d}malim …, ¦ste 1napoqgh/mai … toO f/m.
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verlauf konsequenterweise das Auftreten von zu retten vermögender Instanzen erwarten.34 Reagierend auf das im vorliegenden Gefahrenkontext erscheinende Wortcluster um hk?xir, rp³q d}malim baqe?shai und 1napoqe?shai (toO f/m) könnte in diesem Zusammenhang das Vorkommen der d}malirBegrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie als kontextuell wahrscheinlich gelten:35 Im Rahmen einer hoch akuten Gefährdungssituation (vgl. 1,9: … 1m 2auto?r t¹ !p|jqila toO ham\tou 1sw^jalem), welche die auf die persönliche Lebenserhaltung zielende Widerstandskraft (d}malir) übersteigt, tritt eine vermögende (göttliche/menschliche) Entität auf, die als Trägerinstanz von d}malir von außen helfend-rettend einzugreifen vermag. Eine derartige direkte d}malir-s]feim jtk.–Verbindung sucht man in 1,8–11 vergeblich; bleibt der Verweis auf Gott als Trägerinstanz von d}malir in dem Passus auch komplett aus, so greift Paulus dafür in nächster Nähe des in 1,8 genannten Gefahrenclusters auf alternative Rettungsterminologie in Form der Verbalkonstruktion N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen. [1j tgkijo}tou ham\tou]) zurück.36 So reagiert die in 1,9 anschließende Vma-!kk\-Konstruktion (vgl. … Vma lµ pepoih|ter §lem 1v’2auto?r !kk’ 1p· t` he` t` 1ce_qomti to»r mejqo}r; das Vma sollte hier wohl nicht final37 sondern konsekutiv38 gefasst werden) 34 Vgl. dazu beispielsweise das Auftreten von der von Gefahr betroffenen Größe freundschaftlich gesonnenen bzw. ihr gesellschaftlich verpflichteten Einzelpersonen, wie es in Lysias 12,13 f. (1pit^deior l]m loi tucw\meir ¥m, Fjy d’ eQr tµm sµm oQj_am) und Them. Ep. 20,96.117.120 f. (… § v]qiste… s» d³ wa?q] t] loi ja· eqt}wgla 5stai, eU soi d}malir ¨de 5wei ¦ste s_sai Helistojk]a) zum Ausdruck gebracht wird (vgl. II./5.1.3; II./5.2.2.3). Speziell zum göttlichen Eingreifen in prekären, ausweglosen Situationen vgl. z. B. Plat. Prot. 321b 7–322a 2; Philo Vit. Mos. 2,247–256; Virt. 49 f.; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX (vgl. dazu jeweils die Ausführungen unter II./1.1.2; II./1.5; III./2.; III./3.). 35 Dass das Verbum !poqe?m (vgl. ebenso %poqor, !poq_a) in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität, auffälligerweise auch in der jüdischen Literatur in griechischer Sprache (speziell bei Philo) der Wortgruppe um d}malir und s]feim (bzw. N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.]), sytgq_a, syt^qior (insbesondere dem Syntagma d}malir eQr sytgq_am) vorangestellt ist bzw. in der unmittelbaren Umgebung derselben begegnet, ließ sich u. a. folgenden Textpassagen entnehmen: Plat. Prot. 320c 8–322a 2; Them. Ep. 20,20–121; Philo Vit. Mos. 2,247.250 f.; Virt. 48 ff.; Quaest. in Ex. 2,2. Vgl. dazu die Zusammenfassung unter IV. 36 Vgl. dazu den dreimaligen Gebrauch des Verbums N}eshai in 1,10; vgl. ebenso den Gebrauch von sytgq_a in 2Kor 1,6. Dass das Verbum s]feim z. T. schon vorchristlich fast synonym mit N}eshai gebraucht werden kann, zeigen Belege wie Sap 16,7 f.; PsSal 13,2.4; JosAs 12,10 f.; im Neuen Testament z. B. Mt 27,42 f.; Lk 1,41.74; Röm 11,26; 2Tim 4,18. Vgl. dazu insgesamt Wolfgang Schrage, Heil und Heilung im Neuen Testament, in: Ingo Broer, Jürgen Werbick (Hg.), „Auf Hoffnung hin sind wir erlöst“ (Röm 8,24): biblische und systematische Beiträge zum Erlösungsverständnis heute, Stuttgarter Bibelstudien 128, Stuttgart 1987, 95–117, 98 (Anm. 5); ebenso ders., Heil und Heilung im Neuen Testament, 104: „Die Parallelität von s]feim und N}eshai erweist im übigen, daß Paulus, trotz der vorherrschenden Beziehung von sytgq_a auf das t]keiom, Gottes helfendes Eingreifen auch in den Aporien dieses von der Todesmacht bedrohten Lebens erwartet. Rettung aus der Todesmacht ist nach 2Kor 1,10 das Charakteristikum Gottes ebenso in der Gegenwart wie in der Zukunft.“ 37 So u. a. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 47. 38 Vgl. Lietzmann, An die Korinther I/II, 100 f.: „Ja, wir hatten bei uns selbst das Todesurteil schon gesprochen, so daß wir [angesichts dieser akuten Notlage] nicht mehr auf uns selbst vertrauten,
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folgerichtig auf die Ausgangslage paulinischer Ratlosigkeit und Ohnmacht unter lebensgefährlichen Umständen, indem sich Gott als Subjekt der Errettung39 aus „so großer Todesgefahr“ (vgl. 1,10; vgl. dazu 2Kor 11,23: 1m ham\toir pokk\jir)40 erweist.41 Dies lässt auf ein reziprokes Verhältnis zwischen dem rettungsbedürftigen Paulus und dem rettend eingreifenden Gott schließen:42 Das Unvermögen des in akute Bedrängnis geratenen Paulus, die kritische Lage, in die er in der Vergangenheit geraten war, zu bewältigen und sich aus eigener Kraft gegenüber lebensbedrohlichen Faktoren zur Wehr zu setzen, führt dazu, im Zustand der Todesverfallenheit sein Vertrauen auf eine zu seinen Gunsten von außen helfend-rettend einzugreifen vermögende, göttliche Instanz43 zu setzen. Reziprozität wird auch im weiteren Textverlauf 1,10 f.
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sondern (nur noch) auf Gott, der die Toten auferweckt“ (vgl. zum konsekutiven Gebrauch von Vma auch 2Kor 1,17; 7,9; Apk 13,13). Zum göttlichen Attribut t` 1ce_qomti to»r mejqo}r als Formel, die wohl jüdischer Liturgie (Achtzehnbittengebet) entnommen ist, vgl. bereits Windisch, Der zweite Korintherbrief, 47: „Man beachte, daß jede Beziehung auf Jesus Christus fehlt: Die jüdische Formel ist hier noch nicht christianisiert … Nach der atlttest. orientalischen Sprachweise, die schon die Todesgefahr als Todeszustand, die Krankheit als eine Fahrt in die Unterwelt, dementsprechend die Bewahrung vor dem Tode als eine Erweckung vom Tode ansieht, kann sie sich [= die Formel t` 1ce_qomti to»r mejqo}r] auf wirkliche Totenerweckung, wie auf Befreiung aus Lebensgefahr beziehen; bei P. ist beides denkbar.“ Mit Blick auf die Fortsetzung 1,10 (… dr 1j tgkijo}tou ham\tou1qq}sato Bl÷r ja· N}setai, eQr dm Akp_jalem ja· 5ti N}setai) räumt Windisch zurecht ein, dass Paulus hier wohl die Befreiung aus lebensbedrohlichen Umständen im Blick hat. Zurecht schreibt Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 67 zur h\mator-Begrifflichkeit: „Sachlich kommt jedenfalls der Ausdruck auf den Sinn von Todesgefahr hinaus.“ Ähnlich spricht neuerdings Margaret E. Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians in Two Volumes, Vol. 1, CECNT, Edinburgh 1994, 119 von „danger of death“. Lietzmann und Windisch deuten h\mator sogar noch stärker als „Todesgefahr“; so schreibt Lietzmann, An die Korinther I/II, 101: „h\mator sagt er [= Paulus] absichtlich statt ,Todesgefahr‘, weil er sich bereits als m]jqor angesehen hat“. Und bei Windisch, Der zweite Korintherbrief, 48 ist zu lesen: „,Aus solchem Tode‘ ist: aus solchem Zustand, der uns dem Tode schon so nahe gebracht hatte …; h\mator ist also mehr als Todesgefahr …, und tgkijo}tou deutet an, daß kein wirklicher Todeszustand gemeint ist.“ Zurecht äußert sich Windisch, Der zweite Korintherbrief, 46 im Blick auf 2Kor 1,8.9a.b folgendermaßen: „Soweit [V.8.9a] hätte auch ein profaner Mensch die Lage und Stimmung schildern können. Dass für P. und die Seinen die Verzweiflung an eigener Kraft und die sichere Erwartung des Todes die völlige Übergabe des eigenen Geschickes und Lebens an Gott zur Kehrseite hatte, macht nun der folgende Vma-Satz deutlich.“ Vgl. dazu insgesamt die auf Paulus [= 1. Pers. Pl./Bl÷r] in 1,8 f. verweisenden Verben und Verbalkonstruktionen rp³q d}malim baqe?shai, 1napoqe?shai (toO f/m), (1m 2auto?r) t¹ !p|jqila toO ham\tou 5weim (Pf.) und pe_heim (Pf.); dem korrespondiert, dass Gott zum Handlungsträger von Rettung wird, vgl. 1,10: N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen./hier: 1j tgkijo}tou ham\tou). Vgl. dazu Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 71 f.: „Die Erfahrung der eigenen Hilfund Ausweglosigkeit führt Paulus zunächst dazu, sein Vertrauen allein auf Gott … zu setzen … Die extreme Bedrängnis führt Paulus zu radikalem Gottvertrauen.“ Ebenso ist in diesem Zusammenhang bei Heckel, Kraft in Schwachheit, 263 f. zu lesen: „Im Angesicht des Todes erweist sich der Mensch als ohnmächtig, aber Gottes schöpferische Kraft vermag ,über die menschliche Kraft hinaus‘ die Auferweckung herbeizuführen und ist darin ,stärker als die Menschen‘ (1. Kor 1,25).“
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zum Ausdruck gebracht: und zwar mittels der semantischen Interaktion von Hoffnungs- und Rettungsterminologie in 1,10:44 Da Gott in der Vergangenheit als Instanz der Errettung erfahren wurde, darf Paulus auch für die Zukunft auf seine Hilfe hoffen. Die Danksagung in V. 1145 zeigt weiter, dass die Errettung aus Todesgefahr von Paulus als w\qisla46 („Gabe, Gunst, Geschenk“) qualifiziert wird: Das göttliche Geschenk der Errettung aus Todesgefahr kommt, wie die (auf den dichten Gebrauch von N}eshai in 1,10 folgende) Verwendung von Gunstterminologie in V. 11 f.47 zeigt, einem göttlichen Gunsterweis an Paulus gleich.48 Dass Gunsterweise Reziprozität erzeugen, geht ebenfalls aus 1,11 hervor: Paulus fordert die Korinther auf, für die ihm widerfahrene Gunst (w\qisla) Dank zu sagen (eqwaqiste?m), und zwar, damit Gott auch in Zukunft helfendrettend zugunsten seiner Gemeinde eingreifen wird.
2.1.2 2Kor 4,7–12: d}malir als von Gott gewährte Widerstandsfähigkeit und -kraft im Leiden Die Analyse zu d}malir in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsterminologie im Gefahrenkontext wird mit 2Kor 4,7–12 fortgesetzt. Dieser Text ist Teil der übergreifenden Einheit 2Kor 2,14–6,10, welche sich mit Apologie des apostolischen Dienstes betiteln lässt.49 Paulus verteidigt hier gezielt sein Wirken als Apostel gegen Vorwürfe, die die Legitimität seines Amtes infrage stellen.50 Seine Verkündigungstätigkeit betrachtet er dabei unter zwei Ge44 Vgl. … dr 1j tgkijo}tou ham\tou 1qq}sato Bl÷r ja· N}setai, eQr dm Akp_jalem ja· 5ti N}setai; vgl. ebenso in 1,6.7: B 1kp·r Bl_m beba_a rp³q [sytgq_ar] rl_m! 45 Vgl. … sumupouqco}mtym ja· rl_m rp³q Bl_m t0 de^sei, Vma 1j pokk_m pqos~pym t¹ eQr Bl÷r w\qisla di± pokk_m eqwaqistgh0 rp³q Bl_m. 46 Zurecht schreibt Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 74: „Das w\qisla … muss im Kontext auf die Rettung des Paulus aus Todesgefahr bezogen sein … Das w\qisla ist also die gefährdete, aber immer wieder von Gott (und nur von Gott!) erhaltene Existenz [= man könnte ergänzen: evangeliumsverkündigende Existenz] des Apostels für die Gemeinde.“ 47 Vgl. … t¹ eQr Bl÷r w\qisla; vgl. ebenso 1,12: 1m w\qiti heoO. 48 Möglicherweise ist diesem göttlichen Gunsterweis ein Bittgesuch seitens der Korinther um Errettung des in Asien in Todesnot geratenen Paulus vorangegangen, vgl. de^sir in 1,11! Vgl. dazu auch insgesamt Phil 1,12–19: Paulus befindet sich momentan in prekärer Lage, nämlich Gefangenschaft (vgl. 1,12–14.17). Allerdings weiß er, dass diese kritische Lage zu seinen Gunsten (= Lebenserhaltung) entschieden werden wird (vgl. dazu V. 19: oWda c±q fti toOt| loi !pob^setai eQr sytgq_am di± t/r rl_m de^seyr ja· 1piwoqgc_ar toO pme}lator YgsoO WqistoO; das toOto bezieht sich hier wohl auf die prekäre Lage des Paulus, die bereits in V. 12 angesprochen wird): Und zwar (1) wegen des Bittgesuches (de^sir) der Philipper um Rettung; (2) wegen des seitens des von Jesus Christus gewährten Beistandes (1piwoqgc_a) in Form des Geistes. 49 Angelehnt an die Untergliederung des 2Kor, wie sie sich findet bei Pokorny´, Heckel, Einleitung, 256. 50 Vgl. Pokorny´, Heckel, Einleitung, 254.
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sichtspunkten. (1) In 2,14–4,6 akzentuiert er den Aspekt göttlicher Herrlichkeit: Das von Paulus verkündigte Evangelium von der Herrlichkeit Christi51 eröffnet den Weg zum Heil, das in Gerechtigkeit und Leben besteht52 (vgl. 2,15 f.; 3,6.9; 4,1–6). (2) Die Schilderung seines ruhmvollen, strahlenden Dienstes am Evangelium (2,14–4,6) voraussetzend, kommt Paulus im Rahmen der Einheit 4,7–6,10 auf die vielfältigen Leiden zu sprechen (vgl. v. a. 4,8 f.; ebenso 6,4–10; 11,23–33; 12,10), die sein Dienst am Evangelium mit sich bringt.53 Ab 4,7 wird nun eben dieser paulinische Leitgedanke, das ihn in seiner apostolischen Existenz betreffende irdische Leiden und seine Schwachheit54, entfaltet: 7 Wir haben diesen Schatz aber in tönernen (= zerbrechlichen) Gefäßen, nämlich dass das Übermaß der Kraft Gottes sei und nicht von uns (sei/komme). 8 In allem (= in jeder Lebenslage) werden wir bedrängt, aber nicht in die Enge getrieben (= wir finden doch noch Raum). Wir sind ratlos (befinden uns in auswegloser/verzweifelter Lage), aber nicht völlig ratlos (verzweifeln dennoch nicht gänzlich). 9 Wir leiden Verfolgung, doch wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir werden nicht zugrunde gerichtet. 10 Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib in Erscheinung trete. 11 Denn immer werden wir als Lebende um Jesu willen dem Tod ausgeliefert, damit auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch in Erscheinung tritt. 12 So ist nun der Tod in uns wirksam, das Leben aber in euch (5wolem d³ t¹m hgsauq¹m toOtom 1m astqaj_moir sje}esim, Vma B rpeqbokµ t/r dum\leyr × toO heoO ja· lµ 1n Bl_m· 1m pamt· hkib|lemoi !kk’ oq stemowyqo}lemoi, !poqo}lemoi !kk’ oqj 1napoqo}lemoi, diyj|lemoi !kk’ oqj 1cjatakeip|lemoi, jatabakk|lemoi !kk’oqj !pokk}lemoi, p\mtote tµm m]jqysim toO YgsoO 1m t` s~lati peqiv]qomter, Vma ja· B fyµ toO YgsoO1m 1m t` s~lati Bl_m vameqyh0. !e· c±q Ble?r oR f_mter eQr h\matom paqadid|leha di± YgsoOm, Vma ja· B fyµ toO YgsoO vameqyh0 1m t0 hmgt0 saqj· Bl_m. ¦ste b h\mator 1m Bl?m 1meqce?tai, B d³ fyµ 1m rl?m).
Das in 4,7 erscheinende Bild vom „tönernen Gefäß“ (1m astqaj_moir sje}esim) zeigt an, dass die momentane55 Befindlichkeit des Apostels als Träger des „Schatzes“56 durch „Zerbrechlichkeit“ gekennzeichnet ist. Offensichtlich dient 51 Vgl. 2,17; 4,2: b k|cor toO heoO; 4,3.4: t¹ eqacc]kiom (Bl_m, t/r d|ngr toO WqistoO); 4,5 f. 52 So Pokorny´, Heckel, Einleitung, 256 f. 53 Vgl. Becker, Paulus, 239–242; ebenso Christian Strecker, Der zweite Korintherbrief (8. Inhaltliche Schwerpunkte; b. Herrlichkeit und Leiden als Wesenszüge apostolischer und christusgläubiger Existenz), unveröffentlichtes Manuskript. 54 Zurecht merkt Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 251 im Blick auf die Thematik 4,7–12 an, dass „der strahlende Dienst des Paulus … auch eine dunkle, leidvolle Seite“ hat. 55 Vgl. das Präsens 5wolem. 56 Das 5wolem t¹m hgsauq¹m toOtom in 4,7 ist entweder ein Rückverweis auf 4,1 (5womter tµm diajom_am ta}tgm) oder auf 4,2.3.4 (b k|cor toO heoO, t¹ eqacc]kiom [Bl_m, t/r d|ngr toO WqistoO]), indem Paulus mit „Schatz“ das von ihm verkündigte Evangelium von der Herrlichkeit Christi (vgl. 4,1–6) bezeichnet, dessen Träger der (momentan) schwache, sich im Zustand der Ohnmacht befindende Mensch („wir“/Paulus) ist. Vgl. dazu Lietzmann, An die Ko-
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„in tönernen Gefäßen“ hier als metaphorische Bezeichnung für die Kraftlosigkeit, Hilflosigkeit und auch Vergänglichkeit der apostolischen Existenz57 des Paulus, insofern als dieser stets in der „Gefahr des ,Zerschlagenwerdens‘“58 ist. Indem Paulus seine Befindlichkeit mit einem „tönernen Gefäß“ vergleicht, greift er eine Vorstellung auf, die in alttestamentlich-jüdischen Texten ebenso wie in der griechisch-römischen Literatur geläufig war.59 In alttestamentlich-jüdischen Texten sind es speziell tönerne Gefäße, die die irdische Befindlichkeit des Menschen als kraftlos und vergänglich kennzeichnen (vgl. Jes 29,16; 64,7; Jer 19,10 f.; Klgl 4,2; Ps 2,9 LXX; vgl auch Gen 2,7!). In der hellenistischen und römischen Literatur ist sjeOor (vas) für den die Seele bzw. den Geist eine zeitlang aufnehmenden Leib belegt (vgl. z. B. Philo Migr. 192 f.). Das Gefäß des Leibes kennzeichnet dabei in der Regel Schwäche, Vergänglichkeit und auch Wehrlosigkeit. Paradigmatisch sei hierfür auf Seneca Ad Marciam 11,3 verwiesen, wo das Bild vom zerbrechlichen Gefäß (vas) aufgegriffen wird, um den Menschen als schwaches, wehrloses (= waffenloses!), hilfsbedürftiges und der Vergänglichkeit unterworfenes Wesen zu charakterisieren:60 Was ist der Mensch? Ein Gefäß (vas), durch beliebige Erschütterung und beliebigen Stoß zu zerbrechen … Was ist der Mensch? Ein schwacher Körper und gebrechlicher, der nackt, von Natur ohne Waffen, fremder Hilfe bedürftig, an alle Mißhandlungen des Schicksals ausgeliefert.
Wie bereits in 2Kor 1,8 gebraucht Paulus in 4,7 das Wort rpeqbok^. Begegnete es in 1,8 zur Charakterisierung der Akutheit der Lage des Paulus, indem dieser in der Provinz Asia „über die Maßen“, „über das Maß seiner zur Lebenserhaltung nötigen Kraft“ beschwert wurde (vgl. … jah’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem), so kennzeichnet rpeqbok^ in 4,7 die d}malir toO heoO. Eine Zusammenschau beider Textpassagen ergibt, dass durch (jah’ rpeqbokµm) rp³q d}malim 1baq^hglem (1,8) auf der einen Seite und (Vma) B rpeqbokµ t/r
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rinther I/II, 115; Windisch, Der zweite Korintherbrief, 142; ebenso Barrett, The Second Epistle to the Corinthians, 138; Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 321 f. Möglich wäre auch mit Rudolf Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther, hg. von E. Dinkler, KEK.S, Göttingen 1976, 114; Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 91; Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 254 (u. a.), t¹m hgsauq¹m toOtom als „Dienst am Evangelium“ zu interpretieren. Deutet man den Vma-Satz in 4,7 allerdings nicht final oder konsekutiv, sondern explikativ (vgl. BDR § 394), so mag sich hgsauq|r auf das Übermaß der d}malir heoO (eQr sytgq_am) beziehen, welche dem sich im Zustand der Ohnmacht und des Leidens befindenden Apostel das Überleben sichert: „Wir haben diesen Schatz aber in tönernen Gefäßen, nämlich dass das Übermaß der Kraft Gottes sei und nicht von uns (sei/komme)“ (s. Übersetzung oben). Ebenso Heckel, Kraft in Schwachheit, 246; Furnish, II Corinthians, 278. Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 91. Vgl. dazu Windisch, Der zweite Korintherbrief, 142 f.; Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 255 f. (Hier auch weitere Belege). Übersetzung Manfred Rosenbach (Hg.), Lucius Annaeus Seneca, Philosophische Schriften I: lateinisch und deutsch, Darmstadt 1969, 341.
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dum\leyr × toO heoO ja· lµ 1n Bl_m (4,7) auf der anderen Seite ein reziprokes Rollenverhältnis zum Ausdruck gebracht wird: Dem Übermaß der Kraftlosigkeit und (Todes-)Ohnmacht des Apostels, insofern als sich dieser in akuter Lebensgefahr befindet, korrespondiert das Übermaß an d}malir mit Gott als Initiator (Genitivus auctoris;61 vgl. dazu auch 2Kor 13,3 f.).62 Zur Beschreibung seiner prekären Befindlichkeit als Apostel greift Paulus in 4,8 f. (parallel zum 1m astqaj_moir sje}esim in 4,7) auf eine charakteristische 1m-Konstruktion zurück, nämlich 1m pamt_ + acht passivisch gebrauchte Partizipien, von denen sich je zwei antithetisch gegenüberstehen und welche seinen Zustand der Ohnmacht und des Leidens erläutern: (1m pamt·) hkib|lemoi !kk’ oq stemowyqo}lemoi, !poqo}lemoi !kk’ oqj 1napoqo}lemoi, diyj|lemoi !kk’ oqj 1cjatakeip|lemoi, jatabakk|lemoi !kk’oqj !pokk}lemoi. Beim diesen Peristasenkatalog einleitenden 1m pamt_ mag es sich um ein syntaktisches Muster handeln, wiederzugeben mit „in jeder (Lebens- bzw. Gefahren-)Lage“: In allem (1m pamt_), d. h. in jeder Lage, die sein apostolischer Dienst mit sich bringt, findet sich Paulus63 in einem Zustand der Gefährdung für Leib und Leben vor. Die kritische Lage des dem Tode verpflichtet Seins64 bringt prägnant das in 4,10–12 durchgängig erscheinende, „Todesgefahr, Todesnot, Gefährdung für Leib und Leben, Todesverfallenheit“ bedeutende Wortcluster um m]jqysir,65 h\mator,66 eQr h\matom paqadid|mai,67 hmgtµ s\qn (in Opp. zu fy^, f\y) zum Ausdruck.68 61 Zurecht schreibt Heckel, Kraft in Schwachheit, 247 bezüglich der Genitivkonstruktion d}malir toO heoO in 4,7: „Der Genitiv heoO bezeichnet die Herkunft (man könnte auch formulieren: den Urheber) dieser Kraft, während die Präposition 1j zusammen mit der Negation l^ den Menschen als Urheber der Kraft ausschließt.“ 62 Auch Barnett, The Second Epistle to the Corinthians, 229 stellt mit Blick auf 4,7 einen Bezug zu 1,8 her: „This ,all-surpassing power of God‘ probably picks up … a reference to his sense of overwhelming debility that he made near the beginning of the letter (1:8).“ 63 Zum Gebrauch der 1. Pers. Pl., vgl. bereits 2Kor 1,8–11. 64 D. h. in jeder Lage/allzeit/immer (vgl. 1m pamt_, p\mtote, !e_) ist es so schlecht um Paulus bestellt, dass ihm zu sterben schon zu Gebote zu stehen scheint. 65 Das Wort m]jqysir meint hier wohl nicht vorrangig den „Zustand des Todseins/Todeszustand“ (so Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 331 f.), sondern die „Todesgefahr“ bzw. „Todesnot“, nämlich insofern als die Apostel die Wirkungen der m]jqysir toO YgsoO (= u. a. Mühsale und Gefährdungen für Leib und Leben) allezeit an sich tragen. Prägnant äußert sich dazu bereits Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 158: „Der Ausdruck … charakterisiert … mit einem seltenen und frappierenden Wort die ganze Lebensgefährlichkeit des apostolischen Berufs“ (Ähnlich Windisch, Der zweite Korintherbrief, 145; Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 92, Barrett, The Second Epistle to the Corinthians, 139 u. a.). In diese Richtung weist auch das ständige „dem Tod Ausgeliefertwerden“ (eQr h\matom paqadid|mai) in 4,11: eine Wendung, die deutlich die Vorstellung „täglich sich erneuernder Todesgefahr“, d. h. täglich erneuten „Sterbens“ hervortreten lässt (Windisch, Der zweite Korintherbrief, 146). Wenn Paulus das Sterben Jesu an seinem Leib „herumträgt“, dürfte auf seine Missionsreisen angespielt sein, die körperliche Spuren wie Prügel, Auspeitschung etc. (vgl. 11,23–25) hinterließen (so Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 263). 66 Der h\mator-Begrifflichkeit in 2Kor 1,10 vergleichbar, ist der Ausdruck hier wohl sinngemäß
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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In Zusammenhang mit der in V. 10–12 begegnenden semantischen Entgegensetzung der Begrifflichkeiten m]jqysir (toO IgsoO) (V. 10), h\mator (V. 11 f.), hmgtµ s\qn (V. 11) und fy^ (toO IgsoO) (V. 10–12), f\y (V. 11), wodurch ein Konnex zwischen Christusleiden und dem gegenwärtigen Leiden des Paulus hergestellt wird, aktivieren die in 4,8 f. genannten Partizipien demnach die Vorstellung von einer akuten Gefährdung, die die Möglichkeit von Tod und Sterben in sich schließt. Bleibt in 2Kor 1,8–11 ein Christus-Bezug aus,69 so wird die leidvolle Befindlichkeit des Paulus, wie sie der Peristasenkatalog 4,8 f. thematisiert, in 4,10–1270 zu den (Todes-)Leiden Christi in Beziehung gesetzt (vgl. neben 4,10–12 auch 5,15!).71 Insgesamt geht es um eine Partizipation des Paulus am Geschick Jesu Christi.72 In der Leidensgemeinschaft mit dem gestorbenen und auferstandenen Christus stehend, dessen Tod „zugunsten aller“ (vgl. 5,15!) sytgq_a bewirkt (vgl. 6,1–3), vollzieht sich die Evangeliumsverkündigung des im Dienste Christi stehenden, mit Christus bleibend verbundenen73 Apostels in Analogie zu Christi Leiden gängigerweise unter prekären, gefahrvollen Bedingungen, in denen (Über-)Leben oder Tod auf dem Spiel steht.74
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mit Todesgefahr wiederzugeben (vgl. Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 67; Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 119: „danger of death“). Eine implizite Beziehung zur Passion Jesu mag über das Passivum divinum paqadid|mai in V. 11 hergestellt werden (vgl. 1Kor 11,23): „Wie Jesus, so wird auch Paulus von Gott dem Leiden und Sterben ausgeliefert (1Kor 4,9). Die Leidensexistenz ist nicht seine eigene Wahl“, so Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 264; ähnlich Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 336. Vgl. dazu bereits 2Kor 1,9 f.: 1m 2auto?r t¹ !p|jqila toO ham\tou 1sw^jalem, Vma lµ pepoih|ter §lem 1v’2auto?r !kk’ 1p· t` he` t` 1ce_qomti to»r mejqo}r· dr 1j tgkijo}tou ham\tou 1qq}sato Bl÷r; vgl. ebenso 1Kor 4,9: doj_ …, b he|r Bl÷r to»r !post|kour 1sw\tour !p]deinem ¢r 1pihamat_our; 1Kor 15,30 f.: T_ ja· Ble?r jimdume}olem p÷sam ¦qam; jah Bl]qam !pohm-sjy. Vgl. zu 1,9 (t` 1ce_qomti to»r mejqo}r) bereits Windisch, Der zweite Korintherbrief, 47: „Man beachte, daß jede Beziehung auf Jesus Christus fehlt.“ Vgl. 2Kor 4,10–12: p\mtote tµm m]jqysim toO YgsoO 1m t` s~lati peqiv]qomter, Vma ja· B fyµ toO YgsoO 1m 1m t` s~lati Bl_m vameqyh0. !e· c±q Ble?r oR f_mter eQr h\matom paqadid|leha di± YgsoOm, Vma ja· B fyµ toO YgsoO vameqyh0 1m t0 hmgt0 saqj· Bl_m. ¦ste b h\mator 1m Bl?m 1meqce?tai, B d³ fyµ 1m rl?m. Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 91 weist allerdings zurecht darauf hin, dass 4,10 ff. sich durch den „betont christologischen Bezug“ vom Peristasenkatalog 4,8 f. abhebt. Vgl. Jens Schröter, Der versöhnte Versöhner: Paulus als unentbehrlicher Mittler im Heilsvorgang zwischen Gott und Gemeinde nach 2Kor 2,14–7,4, TANZ 10, Tübingen [u. a.] 1993, 187; 190; Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 263. Vgl. Gal 2,20! Vgl. speziell zu 2Kor 4,10 Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 92: „Die vorangegangenen Situationsschilderungen werden nun unter christologischem Aspekt zusammengefaßt: Darin, daß Paulus ununterbrochen … den Lebensbedrohungen ausgesetzt ist, ihnen aber nicht erliegt, sondern trotzdem das Evangelium verkündigt, erweist sich, daß er wirklich im Dienst Christi steht.“
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Wie die Präsensform der Partizipien (V. 8 f.; vgl. ebenso das 5wolem in 4,7!) anzeigt, handelt es sich um momentane, d. h. vorübergehende Leiden. Im passiven Gebrauch der Verben scheinen äußere Faktoren wie aktiv bedrängende, verfolgende und unterdrückende Instanzen wohl als mitgedacht (explizit gemacht werden diese z. B. im Peristasenkatalog 2Kor 11,23–33!).75 Lassen sich die Verben auch keinem einheitlichen Bildfeld oder Vorstellungshintergrund zuschreiben,76 so hat es dennoch den Anschein, als haben alle diese Ausdrücke „[e]in bestimmtes, einheitliches Bild … vor Augen … das eines Wehrlosen, der von allen Seiten bedroht, dem nachgesetzt, der schließlich niedergestoßen wird, aber … doch vor dem Äußersten, … dem Tode bewahrt bleibt.“77
Betrachtet man nun, wie es der unmittelbare Kontext nahelegt, die vier gleichgebauten Antithesen (vgl. 4,8 f.: hkib|lemoi !kk’ oq stemowyqo}lemoi, !poqo}lemoi !kk’ oqj 1napoqo}lemoi, diyj|lemoi !kk’ oqj 1cjatakeip|lemoi, jatabakk|lemoi !kk’oqj !pokk}lemoi) als inhaltliche Entsprechung von V. 7, so demonstrieren die (Kontrast-)Aussagen des Katalogs die Auswirkung der göttlichen Kraft.78 Nennt Paulus im Vordersatz prekäre Befindlichkeiten, so schließt er im Nachsatz durch Negationen die Folgen aus, die die menschliche Ohnmacht/Schwachheit ohne die Wirksamkeit der in 4,7 genannten, von Gott gewährten Kraft zur Bewahrung in Notlagen (vgl. B rpeqbokµ t/r dum\leyr × toO heoO) nach sich ziehen würde.79 In dieses Bild fügt sich besonders gut die antithetische Gegenüberstellung der Verben !poqe?shai („ratlos, verzweifelt sein“; „ohne [Hilfs-]Mittel und [Aus-]Wege sein“) und 1napoqe?shai („voll75 Vgl. dazu auch 2Thess 1,4.6–7: Darum rühmen wir uns euer in den Gemeinden Gottes wegen eurer Geduld und eures Glaubens in allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen (1m p÷sim to?r diyclo?r rl_m ja· ta?r hk_xesim), die ihr ertragt … da es doch gerecht ist von Gott, den euch Bedrängenden (to?r hk_bousim) Bedrängnis (hk?xim) zurückzugeben, euch aber, die ihr Bedrängnis leidet (to?r hkibol]moir), Ruhe zu geben mit uns, wenn der Herr Jesus sich offenbaren wird vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht. 76 So zurecht Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 257. 77 Windisch, Der zweite Korintherbrief, 143. Vgl. dazu ähnlich die Lage des Paulus in 2Kor 1,8–11. 78 Diese Deutungsrichtung vertritt z. B. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 143; vgl. dazu auch Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 156 f.; Barrett, The Second Epistle to the Corinthians, 138 f. u. a. Auch Schmeller nennt diese Deutung als Option (vgl. ders., Der zweite Brief an die Korinther, 257), weist aber auch auf die Möglichkeit hin, den Persistasenkatalog 4,8 f von den Folgeversen 4,10–12 her zu lesen und zu verstehen, und Vorder- und Hinterglieder der Partizipien als weitestgehend synonym zu betrachten (vgl. ders., Der zweite Brief an die Korinther, 258 f.; 257): „Paulus leidet und leidet doch nicht. Das Leiden wird im hinteren Glied nicht beschränkt, sondern unter der Perspektive des Glaubens gesehen und damit aufgehoben, d. h. seines bedrohlichen Charakters völlig beraubt.“ Die aufgezählten Leiden des Paulus werden dann als Teilnahme am Sterben bzw. Tod Jesu gedeutet (so auch Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther, 116 f.; ebenso Michael Theobald, Die überströmende Gnade: Studien zu einem paulinischen Motivfeld, fzb 22, Würzburg 1982, 214–216; Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 330 f.). 79 Vgl. dazu Heckel, Kraft in Schwachheit 249.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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kommen ratlos, verzweifelt sein“; „ohne [Hilfs-]Mittel und [Aus-]Wege sein“),80 die in V. 8 das zweite Wortpaar bilden und deren gemeinsamer Gebrauch mit der d}malir toO heoO-Konstruktion in 4,7 f. ins Auge sticht. Der Inhalt, den Paulus hiermit ausdrücken will, ist wohl derselbe wie in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität:81 Dem Gebrauch des Verbums !poqe?m, !poqe?shai (zur Beschreibung der prekären, ausweglosen Lage einer sich in Gefahr befindenden Entität [Paulus]) auf der einen Seite korrespondiert der Gebrauch des Ausdrucks d}malir ([toO heoO] zur Beschreibung des helfend-rettenden Eingreifens einer vermögendenen Instanz [Gott] zugunsten dieser Entität) auf der anderen Seite.82 Das „Eingreifen Gottes“ mittels seiner zugunsten des ohnmächtigen Paulus initiierten d}malir (4,7) verhindert damit „das Schlimmste, nämlich dass die Leiderfahrungen die (vom menschlichen Standpunkt aus zu erwartende) Vernichtung des Paulus bewirken.“83 Blickt man erneut auf 4,10 f., so geht aus den beiden Finalsätzen V. 10 f. (…, Vma ja· B fyµ … vameqyh0 …, Vma ja· B fyµ … vameqyh0) zudem hervor, dass Paulus das (Weiter-)Leben (= B fy^ [toO YgsoO]) als positive Folge84 der Begabung mit göttlicher Kraft sieht, wodurch der Zustand von m]jqysir (toO YgsoO) und eQr h\matom paqadid|mai ertragbar wird.85 Paulus ist folglich zwar „hilflos, doch nicht völlig ohne
80 Das 1j als Präfix verstärkt das Simplex im Sinn von „völlig“, „vollkommen“; vgl. dazu Ernst G. Hoffmann, Heinrich von Siebenthal, Griechische Grammatik zum Neuen Testament, Gießen [u. a.] 2011, §184. Vgl. zum Gebrauch des Bikompositums 1napoqe?shai bereits 2Kor 1,8! 81 Vgl. zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir [eQr sytgq_am] und !poqe?m, !poq_a in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität z. B. Plat. Prot. 320c 8–322a 2; hier sind die Gottheiten Epimetheus und Prometheus Subjekte der Gewährung von d}malir [eQr sytgq_am] (vgl. dazu die Ausführungen unter II./1.1.1; II./1.1.2); Them. Ep. 20,20–121; hier ist eine Einzelperson (Diopeithes) Garant von d}malir [eQr sytgq_am] (II./5.2.2.3); Philo Vit. Mos. 2,247–256, hier mit Gott als Initiator von d}malir [eQr sytgq_am] (III./2.). 82 Theobald, Die überströmende Gnade, 213 spricht davon, dass in 2Kor 4,7 „die beiden Extreme“, d. h. die Fülle der Kraft Gottes und das Übermaß menschlicher Schwachheit als sich gegenseitig bedingend zusammengebunden werden. 83 Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 258. 84 Vgl. Heckel, Kraft in Schwachheit, 248. 85 Ähnlich wie in 2Kor 4,7–12 (4,10 f.: p\mtote tµm m]jqysim toO YgsoO 1m t` s~lati peqiv]qomter, Vma ja· B fyµ toO YgsoO 1m t` s~lati Bl_m vameqyh0. !e· c±q Ble?r oR f_mter eQr h\matom paqadid|leha di± YgsoOm, Vma ja· B fyµ toO YgsoO vameqyh0 1m t0 hmgt0 saqj· Bl_m) kommt Paulus auch im Gefahrenkontext Phil 1,19–25 (Paulus befindet sich derzeit in Gefangenschaft, vgl. 1,12–18) auf seinen Leib zu sprechen, an dem Christus momentan (mOm) verherrlicht wird (V. 20), sei es im Zustand des (Weiter-)Lebens oder des Todes (1,20: ¢r p\mtote ja· mOm lecakumh^setai Wqist¹r 1m t_ s~lat_ lou, eUte di± fy/r eUte di± ham\tou). Das Weiterleben und Bleiben im Fleisch zieht Paulus dem Tod vor, da sein Dienst am Evangelium gleichzeitig den Philippern zugutekommt (vgl. 1,22.24: eQ d³ t¹ f/m 1m saqj_, toOt| loi jaqp¹r 5qcou … t¹ … 1pil]meim 1m t/ saqj· !macjai|teqom di’rp÷r; ebenso das eQr sytgq_am in V. 19). Vergleicht man die Bedeutung von f\y, fy^ (in Verbindung mit 1m saqj_, 1m t/ saqj·) in Phil 1,22.24 mit der Bedeutung von fy^ (in Verbindung mit 1m t` s~lati [Bl_m], 1m t0 hmgt0 saqj· Bl_m) in 2Kor 4,10 f., so ist es sehr wahrscheinlich, dass fy^ hier beidesmal mit (Weiter-)Leben (in kritischen,
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Hilfe“86: Denn ähnlich wie in 2Kor 1,8–11 sagt 4,7–12 aus, dass wenn die menschliche Widerstandskraft in Gefahrensituationen an ihre Grenze gerät (vgl. 2Kor 1,8!), Gott als die Instanz auftritt, die eine Kraft zur Sicherung der Lebenserhaltung gewährt und bewirkt, sodass Paulus letztendlich nicht zugrundegerichtet wird. So kommt das Wort d}malir in 4,7 in der Bedeutung „Widerstandsfähigkeit und Lebenskraft“87, anders gesagt: in der Bedeutung Widerstandskraft bzw. (Wehr-)Kraft mit lebenserhaltender Funktion zur Anwendung.88 Dass diese (Lebens-)Erhaltung des Paulus (auf Dauer) weniger irdisch als vielmehr eschatisch zu verstehen ist, zeigt 4,10 f. in Anbindung an 4,14 und 4,16 f.: Der sich in steter Lebensgefahr befindende und an seiner aufreibenden apostolischen Tätigkeit körperlich leidende Paulus befindet sich in Leidensgemeinschaft mit Jesus (vgl. Gal 6,17), damit er dereinst auch körperlich (wie Jesus) bei der Auferstehung das Leben habe.89 In Analogie zu Christus, der selbst viel erleiden musste, aber seit der Auferstehung aus der Dynamis Gottes lebt,90 wehrt die von Gott zugunsten des momentan schwachen, ohnmächtigen, im apostolischen Dienst Jesu stehenden Paulus91 gewährte d}malir Tod, Todesgefahr sowie todbringenden Faktoren und bewirkt ihm (zukünftiges) Leben (vgl. 4,10 f.; 13,4: … !kk± f^solem s}m aqt_ 1j dum\leyr heoO; vgl. auch 1Kor 6,14),92 das wiederum auch der angesprochenen korinthischen Gemeinde zugutekommt (vgl. 4,12;93 2Kor 13,4). Dieses Leben kommt am Leib94 des aus steter Todesgefahr eretteten Paulus momentan als (Über-)Leben zur Erscheinung, und es handelt sich als fyµ toO IgsoO (4,10 f.) offensichtlich um dasselbe Leben,
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prekären Situationen der Todesnot, in denen das physische Überleben auf dem Spiel steht) wiederzugeben ist. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 145. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 142. Gemeint ist damit wohl nicht die offensive Wehr, sondern die defensive Wehr bzw. der passive Schutz gegenüber einer feindlich gesonnenen Umwelt (= der passive Schutz gegen äußere Gegner); vgl. zur Gegenüberstellung von offensiver und defensiver Wehrkraft (d}malir [eQr sytgq_am], !kjµ pq¹r sytgq_am, !k]ngla, %kjaq) speziell Plat. Prot. 320c 8–322a 2; Arist. Part. an. 662b 23–663a 18; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,15–24; Joh. Stob. Anth. 3,3,28; Apollin. Fragm. Ps. 39,14 (dazu insgesamt die Ausführungen unter II./1.). Vgl. ebenso Philo Opif. 64,1–66,8; Somn. 1,102–112. Vgl. Lietzmann, An die Korinther I/II, 116. Vgl. 13,3 f.: 1stauq~hg 1n !sheme_ar, !kk± f/ 1j dum\leyr heoO; vgl. ebenso 1Kor 6,14: b d³ he¹r ja· t¹m j}qiom Eceiqem … di± t/r dum\leyr aqtoO; Phil 3,10 f. Vgl. dazu speziell 2Kor 4,8 f.; 13,4: … ja· c±q Ble?r !shemoOlem 1m aqt_ … Ist in 2Kor 4,10–12 (2Kor 6,9 vergleichbar) mit „Leben“ wohl eher die irdische, physische „Lebenserhaltung“ gemeint, so in 13,4 (wie auch in 1Kor 6,14) das zukünftige (eschatische) Leben. Vgl. zu 2Kor 4,12 Lietzmann, An die Korinther I/II, 116: „Trivial ausgedrückt würde das lauten: mir geht es wegen meiner Arbeit in der Mission … körperlich immer schlechter und euch infolgedessen geistig immer besser.“ Vgl. Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 158. Als Träger beständiger Leiderfahrungen und Todesgefährdungen wird in 4,10 f. das s_la genannt (V. 10: 1m t` s~lati … 1m t` s~lati Bl_m; V. 11: 1m t0 hmgt0 saqj· Bl_m); gleichzeitig ist s_la aber auch der Ort der Lebensäußerungen und der leiblichen Erhaltung/Bewahrung des Lebens über den Tod hinaus (vgl. 1Kor 15,43 f!).
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
251
welches für Jesus mit seiner leiblichen Auferstehung angebrochen ist.95 Pointiert äußert sich speziell im Blick auf 4,11 Thomas Schmeller: „Das Leben Jesu wird offenbar … an unserem sterblichen Fleisch“ könnte bedeuten, dass das Leben des Auferstandenen an Paulus wahrnehmbar wird. Er würde dann das Auferstehungsleben in der Gegenwart antizipieren.“96 So fällt, wie aus 4,16 f. hervorgeht, die zeitlich bedingte, augenblickliche (paqaut_ja) irdische Bedrängnis des Paulus (hk?xir Bl_m)97 angesichts der ewigen und über alle Maßen gewichtigen Herrlichkeit98 nicht ins Gewicht.99
2.1.3 Übereinstimmungen zwischen 2Kor 1,8–11 und 4,7–12.15 Wie bereits mehrfach angedeutet, verhält sich der Passus 2Kor 4,7–12.15 im Blick auf Wortgebrauch (-bedeutung) und Thematik („Gefährdung[en] des Apostels für Leib und Leben“) insgesamt überaus kohärent zu 1,8–11.100 Schilderte Paulus im Eingangsteil des 2Kor (1,8–11) allerdings ein einmaliges, konkretes Geschehen, so bewegt sich 4,7–12.15 auf einer allgemeineren, die apostolische Existenz insgesamt charakterisierenden und deutenden Ebene.101
95 Dazu Heckel, Kraft in Schwachheit, 251: „Daher ist es nur ein kleiner Schritt, wenn an die Stelle der negierten Aussagen von 8 f in V 10–12.14 das Leben Jesu und die Auferweckung der Christen mit ihm als positive Wirkung der Kraft Gottes aus V 7 treten.“ 96 Schmeller, Christsein nach dem 2. Korintherbrief, ZNT 38 (2016), 55–65, 63. 97 Dass diese Bedrängnis (hk?xir) letztendlich das „Zerstörtwerden“ (diavhe_qetai) des äußeren Menschen bewirkt, zeigt 4,16. 98 Vgl. … jah’ rpeqbokµm eQr rpeqbokµm aQ~miom b\qor d|ngr; vgl. die terminologischen Gemeinsamkeiten zu 1,8: … rp³q t/r hk_xeyr Bl_m …, fti jah ’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem; ebenso zu 4,7: …, Vma B rpeqbokµ t/r dum\leyr × toO heoO ja· lµ 1n Bl_m. 99 Vgl. ebenso den Verweis auf die zukünftige Auferweckung in 2Kor 4,14; 1Kor 15,42 f. 100 Auf die terminologischen Gemeinsamkeiten zwischen 2Kor 1,8–11 und 4,7–12 verweist auch Heckel, Kraft in Schwachheit, 261 (Anm. 276): hk?xir/hk_beim, 1napoqe?shai (1,8; 4,8); f/m (1,8; 4,11), h\mator (1,9 f.; 4,11 f.), 1ce_qeim (1,9; 4,14). Der Verweis auf die Motivik betreffende Gemeinsamkeiten zwischen 1,8 f. und 4,7–11 findet sich auch bei Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 27: „Motive aus V. 8 f. begegnen hernach als prinzipielle Aussagen in dem Peristasenkatalog 4,7–11“, nämlich „Bedrängnis“ (1,8; 4,8); „Übermaß“ (1,8; 4,7); „Kraft“ (1,8; 4,7); „verzweifeln“ (1,8; 4,8) … V. 8 f. stellen also eine Illustration zu jenem Peristasenkatalog dar.“ Vgl. dazu auch Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 252 (speziell: Anm. 490; 491). 101 In 2Kor 1,8 f., so zurecht Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 252; 256, „wurde die Erfahrung der eigenen Hilflosigkeit in einer konkreten, unausweichlich zum Tod führenden Notsituation geschildert … Was dort für einen Einzelfall galt, wird in 4,7 verallgemeinert und auf die gesamte Leidensexistenz bezogen.“
252
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir Übereinstimmungen 2Kor 1,8–11 im Wortgebrauch
2Kor 4,7–12.15
Paulus befindet sich in hk?xir, hk_beshai einer prekären (le!poqe?shai,1napoqe?bensbedrohlichen) shai Lage
V. 8: … rp³q t/r hk_xeyr Bl_m … …, ¦ste 1napoqgh/mai Bl÷r … toO f/m
V. 8: 1m pamt· hkib|lemoi … … !poqo}lemoi (!kk’ oqj 1napoqo}lemoi)
Ihm droht der Tod (= er ist unweigerlich dem Tode verfallen/ verpflichtet)
V. 9 f.: t¹ !p|jqila toO ham\tou 1sw^jalem, Vma … pepoih|ter … 1p· t` he` t` 1ce_qomti to»r mejqo}r· dr 1j tgkijo}tou ham\tou 1qq}sato Bl÷r …
V. 10–12: … tµm m]jqysim toO YgsoO 1m t` s~lati peqiv]qomter … !e· … Ble?r … eQr h\matom paqadid|leha … Vma ja· B fyµ … vameqyh0 1m t0 hmgt0 saqj· Bl_m. ¦ste b h\mator 1m Bl?m 1meqce?tai …
Der Schilderung rpeqbok^ der Kraftlosigkeit/ Ohnmacht des Paulus d}malir (Bl_m, angesichts irdischer toO heoO) Bedrängnis(se) korrespondiert der Verweis auf das helfend-rettende Eingreifen Gottes
V. 8.9 f: (… rp³q t/r hk_xeyr Bl_m) …, fti jah’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem … pepoih|ter … 1p· t` he` … dr 1j tgkijo}tou ham\tou 1qq}sato Bl÷r ja· N}setai …
V. 7 f.: … Vma B rpeqbokµ t/r dum\leyr × toO heoO ja· lµ 1n Bl_m·
Dies wird weiter her- f\y, fy^ vorgehoben durch N}eshai (+ Akk.) Rettungsterminologie, 1j (+ Gen.) ebenso wie durch Terminologie, die für ein (Über-)Leben des in (Lebens-)Gefahr befindlichen Paulus (sowie der Korinther) steht
V. 8: … (1napoqgh/mai Bl÷r) … toO f/m V. 9 f.: (pepoih|ter 1p· t` he`) …· dr 1j tgkijo}tym ham\tym 1qq}sato Bl÷r ja· N}setai, eQr dm Akp_jalem ja· 5ti N}setai
V. 10–12: …, Vma ja· B fyµ … 1m t` s~lati Bl_m vameqyh0. !e· … Ble?r … eQr h\matom paqadid|leha … Vma ja· B fyµ … vameqyh0 1m t0 hmgt0 saqj· Bl_m. ¦ste … 1meqce?tai B … fyµ 1m rl?m
h\mator, !p|jqila toO ham\tou, mejq|r, m]jqysir, eQr h\matom paqadid|mai, hmgtµ s\qn, h\mator
253
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen (Fortsetzung) Übereinstimmungen 2Kor 1,8–11 im Wortgebrauch Die Rettung des Lebens des Paulus wird als von Gott kommende Gunst/ Geschenk interpretiert, welche auch den Korinthern zugutekommt (und für welche[s] diese folgerichtig Dank sagen)
w\qisla, w\qir, eqwa- V. 11: qist]y, eqwaqist_a sumupouqco}mtym ja· rl_m rp³q Bl_m t0 de^sei, Vma 1j pokk_m pqos~pym t¹ eQr Bl÷r w\qisla di± pokk_m eqwaqistgh0 rp³q Bl_m.
2Kor 4,7–12.15
V. 7.15: (Vma B rpeqbokµ t/r dum\leyr × toO heoO) … t± … p\mta di’ rl÷r, Vma B w\qir pkeom\sasa di± t_m pkei|mym tµm eqwaqist_am peqisse}s, eQr tµm d|nam toO heoO
Zwar wird die d¼malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsterminologie in 4,7–12.15 nicht explizit erwähnt, aber in Analogie zu 1,8 begegnet der Ausdruck d¼malir in 4,7 in einem Kontext, welcher die prekäre Lage des Paulus wiedergibt, der von äußeren Faktoren an Leib und Leben bedroht wird.102 In beiden Passagen erscheint zur Charakterisierung dieser Lage neben hk?xir/hk_beshai-Terminologie das Verbum (1n-)apoqe?shai (1,8; 4,8). Mit dem Wort rpeqbok^ wird an beiden Stellen sowohl die Akutheit der Lage, in der sich Paulus befindet, unterstrichen (1,8), als auch angezeigt, dass Gott das „Übermaß“ seiner d¼malir (4,7: B rpeqbokµ t/r dum\leyr toO heoO) in eben dieser durch Ohnmacht und Kraftlosigkeit gekennzeichneten Lage gewährt. Ist in 1,8 von der d¼malir des Paulus die Rede, so in 4,7 von der von Gott kommenden d¼malir (d¼malir toO heoO, hier wohl als göttliche Schickung/ Begabung zu verstehen).103 Die Funktion dieser d¼malir ist beidesmal dieselbe: Es handelt sich hier wie dort um eine „Kraft zur Lebenserhaltung“, eine „Widerstandskraft“ bzw. (defensive) „Wehrkraft“, die das (physische) Überleben sichert, und zwar gerade unter Umständen, die das Überleben einer Entität, die von akuter Gefahr betroffen ist, momentan infragestellen. Ein Moment der Gegenseitigkeit erscheint dabei wohl als mitgedacht: Setzt die d¼malir des Paulus in der Bedeutung „Kraft zur Lebenserhaltung“ aus bzw. ist diese erschöpft, so kommt die d¼malir Gottes zur Sicherung der Lebenserhaltung des Paulus zum Einsatz.
102 Die Todesverfallenheit des Paulus zeigt insgesamt das Wortcluster um h\mator, !p|jqila toO ham\tou, m]jqysir, mejq|r, eQr h\matom paqadid|mai, hmgtµ s\qn an (vgl. 2Kor 1,9 f.; 4,10–15). 103 Gemeint ist, schaut man 2Kor 4,7 mit 4,15 zusammen, die „von Gott als Urheber kommende, von ihm (als Gabe/Geschenk) gewährte d}malir“.
254
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Insofern ist es sehr wahrscheinlich, dass der in 2Kor 4,7 isoliert, d. h. ohne s]feim jtk.–Terminologie begegnende sprachliche Ausdruck d¼malir toO heoO, ebenso wie die in 2Kor 1,8–11 in nächster Nähe von N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen.)-Terminologie begegnende d¼malir-Begrifflichkeit die Vorstellung von einer d¼malir eQr sytgq_am aktivieren: Dies indiziert, dem Prinzip kontextueller Wahrscheinlichkeit folgend, sowohl der übergreifende Gefahrenkontext, in dem die d¼malir-Begrifflichkeit beidesmal auftaucht, ebenso wie der Gebrauch von Todesterminologie104 in Opposition zu (Über-)Lebensterminologie (fy^, f\y), welche in 2Kor 1,8.10; 4,10–12 in der unmittelbaren Umgebung von d¼malir zum Einsatz kommt und das (Über-)Leben des in Gefahr Geratenen (Paulus) angesichts lebensgefährlicher Umstände signalisiert.
Die Bewahrung des Lebens des Paulus, die in 1,10 mit dem Verbum N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen.), in 4,7 dagegen mittels der Konstruktion d¼malir toO heoO (als eine den Tod überwindende Kraft, die [physische] Erhaltung schafft) zum Ausdruck gebracht wird, wird sowohl in 1,11 als auch in 4,15 seitens des Apostels dahingehend gedeutet, dass diese einem von Gott kommenden Gunsterweis/Geschenk (w\qisla, w\qir) gleichkommt. Da dieses Geschenk auch den Korinthern zugutekommt, fordert Paulus diese folgerichtig auf, dafür Gott Dank zu sagen.
2.1.4 2Kor 6,3–10: d}malir als von Gott gewährte Widerstandskraft im Leiden Gefährdungen für Leib und Leben des Paulus, die mit seinem apostolischen Dienst am Evangelium einhergehen, kommen auch im 6. Kapitel des 2. Korintherbriefes zur Sprache (2Kor 6,3–10). Hier hat der Peristasenkatalog 6,4–10 seinen Platz. Wie bereits in 2Kor 4,7–12 (vgl. den Peristasenkatalog 4,8 f.) ist der übergreifende Kontext ein apologetischer (vgl. 2Kor 2,14–6,10: Apologie des apostolischen Dienstes).105 Paulus begründet die Legitimität seines Amtes gegenüber kritischen Anfragen damit, dass er sich im Rahmen seiner apostolischen Tätigkeit einem täglichen Kampf ums (Über-)Leben aussetzt und in eben diesem Kampf gegen eine feindlich gesonnene Umwelt (vgl. 6,4 f.) bewährt.106 In diesem Zusammenhang wird er von Gott mit be104 Vgl. dazu das in Anm. 102 genannte Wortcluster. 105 Vgl. Pokorny´, Heckel, Einleitung, 256. 106 Lietzmann, An die Korinther I/II, 127 (ebenso Windisch, Der zweite Korintherbrief, 202 u. a.) trennen 2Kor 6,1–2 von 6,3–10: Obwohl beidesmal der apostolische Dienst zur Geltung kommt, sei die Gedankenrichtung ab V. 3ff eine ganz andere als in V. 1: „in V. 1 zeigt sich der Ap. unmittelbar in der Ausübung seines Amtes, als Ermahner, Warner, als Vertreter und Mitarbeiter Gottes … als unbedingte Autorität … V.3ff dagegen rechnet er mit einer ihn treffenden Kritik, der er seine Bewährung im Kampf des Lebens gegenüberstellt.“ Zur strukturellen Absonderung von 6,3–10 von 6,1–2 vgl. auch Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther, 169; Furnish, II Corinthians, 353; Barnett, The Second Epistle to the Corinthians, 321; Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 453.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
255
sonderen Fähigkeiten und Kräften (vgl. 6,6 f.) ausgestattet, um sich bei Gefahr zu „wappnen“ und „zur Wehr zu setzen“: 3 Niemand geben wir auch nur den geringsten Anstoß, damit der (unser) Dienst nicht beschimpft wird, 4 sondern in allem (in jeder Lebenslage) erweisen wir uns als Diener Gottes: durch große Standhaftigkeit in Bedrängnissen, in Zwangslagen, in Beengungen, 5 in Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Mühen, im Wachen, im Fasten, 6 durch Reinheit, durch Erkenntnis, durch Großmut, durch Güte, durch heiligen Geist, durch ungeheuchelte Liebe, 7 durch das Wort (der) Wahrheit, durch (die) Kraft Gottes: angetan (ausgerüstet) mit den Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken (… 1m pamt· sumist\momter 2auto»r ¢r heoO di\jomoi, 1m rpolom0 pokk0, 1m hk_xesim, 1m !m\cjair, 1m stemowyq_air, 1m pkgca?r, 1m vukaja?r, 1m !jatastas_air, 1m j|poir, 1m !cqupm_air, 1m mgste_air, 1m "cm|tgti, 1m cm~sei, 1m lajqohul_ô, 1m wqgst|tgti, 1m pme}lati "c_\, 1m !c\p, !mupojq_t\, 1m k|c\ !kghe_ar, 1m dum\lei heoO di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr t_m deni_m ja· !qisteq_m, …); 8 durch Ehre und Unehre, durch schlechten Ruf und guten Ruf; wie Betrüger und (doch) Wahrhaftige, 9 als die Unbekannten, und doch bekannt; als die Sterbenden und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht Getöteten; 10 wie Betrübte, immer aber sich Freuende, wie Arme, viele aber Reichmachende, wie nichts Habende und (doch) alles Besitzende.
Im Dienste Christi stehend (vgl. 6,4: … ¢r heoO di\jomoi),107 welcher letztendlich auf die Rettung108 der Korinther zielt, trotzt der Apostel „jeder gefahrvollen Lebenslage“. Die in 6,4 zur Beschreibung der prekären Befindlichkeit des Apostels zum Einsatz kommende charakteristische 1mKonstruktion 1m pamt_109 leitet (wie bereits in 2Kor 4,8) den darauffolgenden Peristasenkatalog 6,4–10 ein, der das allgemein gehaltene „in jeder (Gefahren-)Lage“ näher bestimmt: Im Konflikt mit einer ihm feindlich begegnenden, Leiden verursachenden Umwelt ist Paulus generell vielfältigen Leiderfahrungen ausgesetzt, die sein physisches Überleben infrage stellen (vgl. 6,4 f.: 1m hk_xesim, 1m !m\cjair, 1m stemowyq_air, 1m pkgca?r, 1m vukaja?r, 1m !jatastas_air, 1m j|poir, 1m !cqupm_air, 1m mgste_air). Dass die Gefährdungen des Apostels die Möglichkeit von Tod und Sterben beinhalten, zeigt die Gegenüberstellung von Lebens- und Todesterminologie in 6,9 (¢r !pohm-sjomter ja· Qdo» f_lem, ¢r paideu|lemoi ja· lµ hamato}lemoi; vgl. dazu ebenso bereits 2Kor 1,8 f.; 4,10–12!). Paulus bewältigt diese Gefährdungen aber, denen er mit 107 Vgl. auch di\jomor WqistoO in 2Kor 11,13; Kol 1,17; vgl. ebenso di\jomor toO eqaccek_ou in Kol 1,23; Eph 3,7. 108 Vgl. speziell den Gebrauch von sytgq_a in 2Kor 6,2 (… k]cei c\q, Jaiq` dejt` 1p^jous\ sou ja· 1m Bl]qô sytgq_ar 1bo^hgs\ soi· Qdo» mOm jaiq¹r eqpq|sdejtor, Qdo» mOm Bl]qa sytgq_ar). 109 Das 1m pamt_ („in jeder gefahrvollen Lebenslage“, d. h. „unter allen [prekären] Bedingungen/ Umständen“) ist bezogen auf folgende Begrifflichkeiten, die in 6,4 f. genannt werden: !m\cjg, stemowyq_a, pkgc^, !jatastas_a, j|por, !cqupm_a, mgste_a. Vgl. dazu insgesamt Wilfried Haubeck, Heinrich von Siebenthal, Neuer sprachlicher Schlüssel zum griechischen Neuen Testament: Matthäus bis Offenbarung, Gießen [u. a.] 2007, 1012.
256
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
großer Standhaftigkeit (vgl. 6,4: 1m rpolom0 pokk0; vgl. ebenso Röm 5,3 f.; Lk 21,19 u. ö.)110 begegnet. Der Grund für diese Standhaftigkeit „in jeder (Gefahren-)Lage“ wird in 6,6 f. genannt: dem in 6,4 f. aufgeführten Katalog an prekären, leidvollen Befindlichkeiten, die die Ohnmacht, Wehr- und Hilflosigkeit des Apostels zum Ausdruck bringen, korrespondiert mit 6,6 f. ein Katalog an (von Gott gewährten) Mitteln,111 um sich im Rahmen dieser gefahrvollen Umstände, im „Kampf“ ums (Über-)Leben, zu „wappnen“, „zur Wehr zu setzen“112 und diese zu bewältigen.113 Als Oberbegriff der in 6,6 f. aufgezählten Begabungen/Tugenden/Kräfte „Reinheit“, „Erkenntnis“, „Großmut“, „Güte“, „heiliger Geist“, „ungeheuchelte Liebe“, „Wort (der) Wahrheit“114, aus paulinischer Sicht sämtlich Mittel zur Gefahrenabwehr, erweist sich das die 1m-Reihe abschließende 1m dum\lei heoO (6,7).115 Aus der Genitivkonstruktion 1m dum\lei heoO („durch [die] Kraft Gottes“),116 in deren näherem Umfeld man auf Rettungs- bzw. (Über-)Lebensterminologie stößt (vgl. 6,2: sytgq_a; ebenso 6,9: f_m,117 in Opp. zu: !pohm-sjeim [ebenso: hamatoOm]), wird er-
110 Der Singular von 1m rpolom0 pokk0 sticht gegenüber den darauffolgenden Pluralwendungen 1m hk_xesim, 1m !m\cjair, 1m stemowyq_air, 1m pkgca?r, 1m vukaja?r, 1m !jatastas_air, 1m j|poir, 1m !cqupm_air, 1m mgste_air in 6,4 f. ins Auge und gibt Anlass zu folgender Vermutung: Handelt es sich bei letzteren um Umstandsbeschreibungen, die die prekäre Befindlichkeit des Paulus zum Ausdruck bringen (= die Präposition 1m ist hier folgerichtig wiederzugeben mit „in, im Rahmen von, im Zustand von“), so verhält sich 1m rpolom0 pokk0 vielmehr kohärent zum vorangestellten … sumist\momter 2auto»r ¢r heoO di\jomoi (= „als Diener Gottes zeichnen wir uns durch große Standhaftigkeit in Bedrängnissen, … , im Fasten aus“), ebenso wie zum nachfolgenden … 1m "cm|tgti, …, 1m dum\lei heoO· di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr t_m deni_m ja· !qisteq_m (= „als Diener Gottes zeichnen wir uns aus durch große Standhaftigkeit … durch Reinheit, …, durch [die] Kraft Gottes: mittels der Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken“). Die Präposition 1m der Wendung 1m rpolom0 pokk0 wäre dann instrumental (den 1m-Wendungen in 6,6 f. vergleichbar) wiederzugeben mit: „durch große Standhaftigkeit“. 111 Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 355: „Mittel und Werkzeuge, durch deren Gebrauch Paulus die Leidsituationen bestehen und sich empfehlen konnte“. 112 Vgl. dazu speziell die Waffenmetaphorik di± t_m fpkym (t/r dijaios}mgr) t_m deni_m ja· !qisteq_m in 6,7. 113 Vgl. Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 343. 114 Zu der Option, k|cor !kghe_ar („Wort der Wahrheit“) als gleichbedeutend mit dem Evangelium (vgl. Kol 1,5; Eph 1,13; 2Tim 2,15; Jak 1,18) zu lesen vgl. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 206; ebenso Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther, 173: „k|cor !kghe_ar technisch = das Evangelium“; Furnish, II Corinthians, 345. 115 Vgl. Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 354: „Das letzte Glied der 1m-Reihe („durch die Kraft Gottes“) … schließt die Reihe … insofern wirkungsvoll ab, als der Zweck der gesamten Liste hier in Erinnerung gerufen wird: Die Vorzüge, die es Paulus ermöglichen, in Leidsituationen zu bestehen, kommen von Gott und erweisen ihn deshalb als Diener Gottes.“ Vgl. dazu auch Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 461, die mit Blick auf die Formulierung 1m dum\lei heoO schreibt: „This is a clear allusion to one of the dominant themes of the letter, i. e., the effectiveness of divine power in situations of human weakness.“ 116 Vgl. hierzu Exkurs IX: Zur Genitivkonstruktion d}malir heoO.. 117 Zum präsentischen Gebrauch von f\y in 2Kor 6,9 vgl. Eberhard Nestle, Sprachlicher Schlüssel
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
257
sichtlich, dass Gott die Instanz der Gewährung, d. h. der Urheber118 der Fähigkeiten und Kräfte ist, durch119 welche sich Paulus als „Diener Gottes“ (vgl. 6,4: ¢r heoO di\jomoi) in gefahrvollen Situationen zur Wehr zu setzen vermag und die seine (Lebens-)Erhaltung sicherstellen.
Die unmittelbar an 1m dum\lei heoO anschließende Wendung di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr t_m deni_m ja· !qisteq_m120 sticht in 6,7 ins Auge und zeigt nun an, was genau man sich unter d}malir heoO vorzustellen hat. Denn offensichtlich steht das 1m dum\lei heoO in einem inneren Zusammenhang mit dem daran anknüpfenden di± t_m fpkym (t/r dijaios}mgr) t_m deni_m ja· !qisteq_m: Durch die dem militärischen Bereich entnommene Metapher „Waffen“ der Gerechtigkeit121 wird im Gefahrenkontext 2Kor 6,4 f.8–10 die Vorstellung von Krieg und Kampf aktiviert,122 genauer: die Vorstellung, in Situationen, die einem Krieg gleichkommen und die das persönliche Überleben infrage stellen, stand- bzw. durchzuhalten (vgl. 6,4) und dem Feind vollbewaffnet Widerstand zu leisten (vgl. 6,4: 1m rpolom0 pokk0!) bzw. sich ihm gegenüber zur Wehr zu setzen. Im Falle von 6,7 zeigt der Zusatz di± t_m fpkym … t_m deni_m ja· !qisteq_mt_m („zur Rechten und zur Linken“) an, dass diese Wehr offensive wie defensive Wehrmittel umfasst.123
118 119
120 121 122
123
zum Griechischen Neuen Testament. Bearbeitet von Fritz Rienecker, Gießen-Basel 121966, 414: „f_lem präs.… d. h. immer wieder aus schwersten Nöten errettet.“ Vgl. ebenso Röm 1,16; 1Kor 1,18–2,5; 2Kor 4,7 u. ö. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Präposition 1m ab 6,6 f. instrumental („durch“) wiederzugeben ist: Denn hier werden nicht mehr prekäre Zustände/Befindlichkeiten (6,4 f.), sondern die (von Gott gewährten) Mittel genannt, um diesen Befindlichkeiten die Stirn zu bieten und sich im Leiden aufrechtzuhalten. Dazu auch Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 352, der zurecht auf die Veränderung der Bedeutung der Präposition hinweist: „Bei den Peristasen zeigt sie den „Ort“, an dem die Selbstempfehlung stattfindet; in V. 6 f ist sie instrumental gebraucht.“ Als erstes Glied der ab 6,7 f. anschließenden di\-Reihe: … di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr t_m deni_m ja· !qisteq_m, di± d|ngr ja· !til_ar, di± dusvgl_ar ja· eqvgl_ar. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 206 Kriegerische Terminologie wird auch in 2Kor 10,3–5 gebraucht. Hier steht allerdings, wie das Wortcluster um stqate}eshai, fpka t/r stqate_ar (dumat± … pq¹r jaha_qesim awuqyl\tym), jahaiqe?m und aQwlakyt_feim zeigt, nicht die defensive Wehr (= passiver Schutz/Verteidigung gegenüber seinen Gegnern) des Apostels im Mittelpunkt, sondern die offensive Wehr (= der Angriff seiner Gegner): 1m saqj· c±q peqipatoOmter oq jat± s\qja stqateu|leha— t± c±q fpka t/r stqate_ar Bl_m oq saqjij± !kk± dumat± t` he` pq¹r jaha_qesim awuqyl\tym— kocislo»r jahaiqoOmter ja· p÷m vxyla 1paiq|lemom jat± t/r cm~seyr toO heoO, ja· aQwlakyt_fomter p÷m m|gla eQr tµm rpajoµm toO WqistoO. Vgl. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 207: „,Rechts‘ und ,Links‘ bezieht sich … auf die Hände des Kämpfers, also Schutz- und Trutzwaffen … Die Apostel stellen sich der Welt als vollbewaffnete Kämpfer der Gerechtigkeit vor“; Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther, 174: „mit Schwert und Schild“; vgl. dazu auch Furnish, II Corinthians, 346; Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 141; Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 355.
258
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Nun handelt es sich bei den in 6,7 genannten Waffen weiter um „Waffen der Gerechtigkeit“, indem das Wort fpkom übertragen gebraucht wird.124 Daher kommt als nächstes die Frage auf, wie die Genitivkonstruktion fpka t/r dijaios}mgr in diesem Zusammenhang aufzulösen ist. Diskutiert werden in der Forschung unterschiedliche Optionen der Auflösung der Genitivkonstruktion … di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr: „durch die Waffen: Gerechtigkeit“ (= Genitivus epexegeticus bzw. explicativus);125 „durch gerechte Waffen“ (Genitivus qualitatis).126 Äußerst erwägenswert wäre daneben eine Wiedergabe der Genitivkonstruktion mit „durch die Waffen, die von der Gerechtigkeit dargereicht werden“ (Genitivus subjectivus).127 Folgerichtig kann es sich bei der dijaios}mg selbst wiederum entweder um eine Gerechtigkeit handeln, deren Handlungsträger Gott ist,128 oder dijaios}mg beschreibt eine menschliche Qualität (des Paulus).129
Bezeichnet di± t_m fpkym jtk. folglich ein Stück apostolischer Ausrüstung im Kampf gegen eine irritationenträchtige Umwelt, so schließt die Wendung „namentlich gut an 1m dum\lei h. an“:130 Durch eine von Gott gewährte/dargereichte d}malir ist der Apostel „angetan mit Waffen“131. Die zwei darauffolgenden di\-Glieder verweisen dagegen wohl auf die entgegengesetzten 124 Dies in Analogie zu Röm 6,13: t± l]kg rl_m fpka dijaios}mgr, in Opp. zu: t± l]kg rl_m fpka !dij_ar; 13,12: t± fpka toO vyt|r, in Opp. zu: t± 5qca toO sj|tour; vgl. ebenso 2Kor 10,4! 125 So u. a. Barrett, The Second Epistle to the Corinthians, 187 f. Im Blick auf die gesamte Wendung 1m d}malei heoO di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr stellt Barrett dabei interessanterweise – der terminologischen Übereinstimmungen halber (d}malir heoO, dijaios}mg) – einen Bezug zu Röm 1,16 her: 1m d}malei heoO in 2Kor 6,7 wäre demnach mit d}malir heoO eQr sytgq_am in Röm 1,16 (= „the Gospel [the word of truth]“) zusammenzuschauen. Barrett schreibt (188): „[T]he Gospel is a manifestation of the righteousness of God (Rom. i. 16 f), so that when Paul acts as a preacher of the Gospel he is like a soldier whose weapons are righteousness.“ 126 So z. B. Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 141. 127 Windisch, Der zweite Korintherbrief, 207. Ders., Der zweite Korintherbrief, 206 f nennt unterschiedliche Optionen der Auflösung (u. a. Genitivus subjectivus o. qualitatis), hält aber letztendlich den Genitivus subjectivus für die wahrscheinlichste Fassung. 128 So Barrett, The Second Epistle to the Corinthians, 187 f.; Furnish, II Corinthians, 346. 129 Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 141 („dijaios}mg wird hier wohl nicht von der paulinischen Rechtfertigungslehre her zu deuten sein … sondern auf das mitmenschliche Verhalten, … die Rechtschaffenheit im Umgang mit anderen“); Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 462: „[I]t is more likely that dijaios}mg here refers to human moral righteousness“; ebenso Schmeller, Der zweite Brief an die Korinther, 355. 130 Windisch, Der zweite Korintherbrief, 206; die innere Beziehung zwischen 1m d}malei heoO und di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr t_m deni_m ja· !qisteq_m sieht auch Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther, 170 (vgl. seine Ausführungen zu V. 6–7); ebenso Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 141, der hinsichtlich der einen eschatologischen „Kampf voraussetzenden Vorstellung von der ,geistlichen Waffenrüstung‘“ schreibt: „Dadurch ist eine Verbindung zu der zuvor genannten Gotteskraft gegeben, die den Apostel zum Gebrauch der Waffen befähigt (2Kor 10,4)“; ähnlich äußert sich dazu auch Johannes Krug, Die Kraft des Schwachen: ein Beitrag zur paulinischen Apostolatstheologie, TANZ 37, Tübingen/Basel 2001, 237 ff. 131 Zur Präposition di\ (+ Gen.) im Sinne von „angetan mit“, „behaftet mit“ vgl. BDR §491; dazu auch Lietzmann, An die Korinther I/II, 128; Windisch, Der zweite Korintherbrief, 206.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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Stimmungen der Umwelt, durch die der Apostel sich hindurchkämpfen muss (vgl. V. 8: di± d|nar ja· !til_ar, di± dusvgl_ar ja· eqvgl_ar).132 Dass der Ausdruck d}malir in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsterminologie (s]feim, sytgq_a, eQr sytgq_am) in Kontexten, in denen es um die Gefährdung und um die Sicherung des dauerhaften Bestandes einer von Gefahr betroffenen Größe geht, für offensive und/oder defensive (Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mittel zur Lebenserhaltung stehen kann (speziell: für Waffen), war bereits an anderer Stelle dargelegt worden.133
Vor diesem semantischen Hintergrund scheint die Annahme gerechtfertigt, dass d}malir in 2Kor 6,7 in der Bedeutung „(offensive/defensive) Widerstandskraft“ bzw. „Wehrkraft“ für fpka steht. Da das Wortcluster um d}malir (heoO), fpkom (Pl.) und dijaios}mg in 2Kor 6,7 im Gefahrenrahmen 2Kor 6,3–10 in auffallender Dichte erscheint und in der unmittelbaren Umgebung desselben auch Rettungs- bzw. (Über-)Lebensterminologie auffindbar ist (vgl. 6,2: sytgq_a; ebenso 6,9: f_m, in. Opp. zu: !pohm-sjeim [ebenso: hamatoOm]), ist es durchaus erwägenswert, dass dadurch eine ähnliche Vorstellung wie im platonischen Protagoras aktiviert wird: Um sich im Kampf gegen eine ihm feindlich gesonnene Umwelt (V. 4 f.) zur Wehr zu setzen und zu behaupten, wird Paulus von Gott mit einer d}malir [eQr sytgq_am], konkret: mit offensiven/defensiven Wehrmitteln (fpka) ausgestattet, welche, wie V. 7b zeigt, gleichzeitig für dijaios}mg stehen. Durch dijaios}mg würde das Bezugssubstantiv fpkom (Pl.) demach näher bestimmt: „durch die Waffen (der) ,Gerechtigkeit‘ …“, d. h. „Waffen“, die in „Gerechtigkeit“ bestehen. Eine Auflösung von di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr als Genitivus epexegeticus bzw. explicativus wäre somit durchaus möglich und vertretbar.
In jedem (lebens-)gefährlichen Zustand (vgl. 6,4 f.: 1m pamt_ …) zeichnet sich Paulus folglich durch große Standhaftigkeit aus (V. 4: 1m rpolom0 pokk0); denn durch die von Gott bereitgestellten offensiven/defensiven Mittel zur Gefahrenabwehr134 („Reinheit“, „Erkenntnis“, „Großmut“, „Güte“, „heiliger Geist“, „ungeheuchelte Liebe“, „Wort [der] Wahrheit“, „[begabt mit] Kraft Gottes 132 Windisch, Der zweite Korintherbrief, 206. 133 Es war unter II./1.1.1; II./1.1.3; II./1.5; III./3. gezeigt worden, dass die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a zusammen mit Waffenterminologie (vgl. dazu speziell den Gebrauch von fpkom, bpk_feim) gängigerweise in Texten gebraucht wird, die kriegerische Verhältnisse zum Ausdruck bringen, vgl. z. B. Plat. Prot. 320c 8–322a 2 (speziell: 320d 8–320e 3: … to»r d³ ¦pkife, to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am); vgl. dazu ebenso Plat. Prot. 322a 3–322d 5 (speziell: 322b 4: … t¹m t_m hgq_ym p|kelom; im Blick auf 322c 2.4.7.5 kommt es hier zur impliziten Gleichsetzung der Formulierung d}malir eQr sytgq_am mit d_jg); vgl. ebenso die implizite Gleichsetzung von d}malir syt^qior und fpkom (Pl.) bei Philo (Virt. 44–50); vgl. ebenso die Gleichsetzung von d}malir eQr sytgq_am und fpkom (Pl.) bei Apollin. Fragm. Ps 39,14 (hier im Kontext des Kampfes der Ekklesia Christi gegen eine feindlich gesonnene Umwelt: … pokeloul]mour rp¹ luq_ym 1hm_m). 134 Vgl. Röm 6,13; 13,12; 2Kor 10,4; 1Thess 5,8 f; vgl. ebenso die Wehrmetaphorik in Eph 6,10–17.
260
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
durch die Waffen: Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken“, vgl. 1m dum\lei heoO di± t_m fpkym t/r dijaios}mgr t_m deni_m ja· !qisteq_m) ist er in kritischen Situationen ausreichend ausgerüstet. Speziell die in „Gerechtigkeit“ bestehenden Waffen, mit denen Paulus angetan ist und welche namentlich die d}malir [eQr sytgq_am] darstellen (6,7), die Gott ihm gewährt, dienen dabei seiner steten Errettung aus den mannigfachen lebensbedrohlichen Gefährdungen, in die er als Apostel auf Schritt und Tritt gerät (vgl. v. a. 6,4 f.9) und kommen, insofern als sie deren sytgq_a sicherstellen (vgl. 6,2),135 auch der korinthischen Gemeinde zugute.
2.1.5 2Kor 12,7–9.10: d}malir als von Christus gewährte Widerstandskraft im Leiden Auch im 12. Kapitel des 2. Korintherbriefes kommt Paulus auf seine prekäre Befindlichkeit als Apostel zu sprechen.136 In 2Kor 12,7–9.10 begegnet die in einen Leidenskontext gestellte d}malir-Begrifflichkeit nun in einem Zusammenhang, der die „Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn“ thematisiert (12,1–10), die Paulus in der Vergangenheit zuteilgeworden sind (vgl. 12,1: jauw÷shai de?· … 1ke}solai d³ eQr aptas_ar ja· !pojak}xeir juq_ou…). So berichtet er in 12,2–4 in der 3. Person (d. h. widerwillig und distanziert, als sei es einem anderen Menschen widerfahren) von seiner bereits vierzehn Jahre zurückliegenden Entrückung in den dritten, d. h. für Paulus höchsten Himmel, in dem das Paradies liegt.137 Auf die Erzählung seines Entrückungserlebnisses (12,2–4) folgt mit 12,7–9 ein Bericht des Paulus über seine Krankheit, die er, 135 Vgl. zu 2Kor 6,2 (im Anschluß an Jes 49,8 LXX) auch Schrage, Heil und Heilung im Neuen Testament, 104: „Das zukünftige Heil bestimmt die Existenz der Glaubenden schon hier und jetzt, vor allem im Konformwerden mit Christus, so daß gerade Kampf und Leid 5mdeinir sytgq_ar genannt werden können (Phil 1,28), in jedem Fall aber, z. B. bei der Frage nach Haftentlassung oder Martyrium, die Lage zum Heil ausschlagen wird (Phil 1,19)“. 136 Dies wiederum im weiteren Kontext der sog. „Narrenrede“ (2Kor 11,1–12,13) als „Parodie“ auf den Selbstruhm der in 2Kor 10,1–13,10 vorgestellten Gegner des Apostels, vor denen er seine Adressaten warnt (Kap. 10): Machen ihm seine Rivalen seine Schwachheit zum Vorwurf, so nimmt Paulus in Kap. 10–12 zum Zweck der Verteidigung seines Apostolats gegenüber gegnerischen Angriffen eine „Um- und Neubewertung“ derselben vor: In paradoxer Weise rühmt er sich seiner Schwachheiten (vgl. 2Kor 11,30; 12,5.9 u. ö.) und parodiert so den Selbstruhm der rivalisierenden „Überapostel“ aufgrund ihrer Vorzüge; dazu schreiben Pokorny´, Heckel, Einleitung, 270: „Den Haupteinwand gegen seine apostolische Vollmacht [d.i. seine Schwachheit] erklärt er zu einem charakteristischen Wesenszug seines Lebens als Diener Christi.“ Wie bereits in den Leidenskatalogen 4,8 f.; 6,4–10 zählt Paulus in diesem Zusammenhang in 11,23–29.32 f. und 12,10 die ihm im Zuge seiner Tätigkeit vielfältig widerfahrenen Leiden auf: Schwachheit und Leiden des Paulus stehen, so die Argumentation des Apostels, dabei nicht im Widerspruch zu seiner Christuszugehörigkeit und apostolischen Vollmacht (10,7–10), sondern sie sind durch die Parallelität zur Schwachheit Christi legitimiert (13,4), vgl. Pokorny´, Heckel, Einleitung, 271. 137 Vgl. Pokorny´, Heckel, Einleitung, 270.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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wie der Passus in Verbindung mit dem Peristasenkatalog 12,10 zeigt, als Zustand der Ohnmacht und Schwäche charakterisiert: 7 Deshalb, damit ich mich wegen des Übermaßes der Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gegeben, ein Engel Satans, damit er mich schlage, damit ich mich nicht überhebe. 8 Wegen diesem habe ich dreimal den Herrn angerufen, damit (jener) sich entferne von mir. 9 Und gesagt hat er mir: Es genügt dir meine Gnade, denn die Kraft wird im Zustand der Schwachheit vollendet. Am liebsten werde ich mich nun (noch) mehr rühmen in meinen Zuständen der Ohnmacht/Schwachheit, damit einwohne in mir die Kraft Christi. 10 Darum bin ich guten Mutes in Zuständen der Ohnmacht/Schwäche, in Mißhandlungen, in Zwangslagen, in Verfolgungen und Beengungen für Christus; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark. (ja· t0 rpeqbok0 t_m !pojak}xeym di|, Vma lµ rpeqa_qylai, 1d|hg loi sj|kox t0 saqj_, %ccekor Satam÷, Vma le jokav_f,, Vma lµ rpeqa_qylai. rp³q to}tou tq·r t¹m j}qiom paqej\kesa Vma !post0 !p’ 1loO· ja· eUqgj]m loi, )qje? soi B w\qir lou· B c±q d}malir 1m !sheme_ô teke?tai. Fdista owm l÷kkom jauw^solai 1m ta?r !sheme_air lou, Vma 1pisjgm~s, 1p’ 1l³ B d}malir toO WqistoO. di¹ eqdoj_ 1m !sheme_air, 1m vbqesim, 1m !m\cjair, 1m diyclo?r ja· stemowyq_air, rp³q WqistoO·ftam c±q !shem_, t|te dumat|r eQli).
Wie die im Text zur Beschreibung seiner prekären, leidvollen Befindlichkeit herangezogene charakteristische 1m-Konstruktion138 1m !sheme_ô zeigt,139 versteht Paulus seinen vergangenen140 wie momentanen141 Zustand als Apostel Christi als durch Schwachheit gekennzeichnet.142 Das einen Mangel/Negation/ Nichtvorhandensein an sh]mor zum Ausdruck bringende !sh]meia wird im vorliegenden Krankheitskontext genutzt, um die schwache (körperliche) Konstitution des Paulus zum Ausdruck zu bringen. Insgesamt kann das Wort !sh]meia im gemeinsamen Gebrauch mit der d}malir-Begrifflichkeit dabei als Leitmotiv des Abschnittes 12,1–10 gelten.143 Dabei ist es evident, dass das 138 Zum Gebrauch der Präposition 1m (+ Dat) als Zustands- bzw. Umstandsbeschreibung bei Paulus vgl. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 391; Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, 249; Heckel, Kraft in Schwachheit, 92. Als äquivalente Formulierungen ließen sich (speziell im Blick auf die hellenistische und kaiserzeitliche Gräzität) Formulierungen wie 1m !poq_ô, 1m !lgwam_ô [je?shai] u. a. eruieren (vgl. z. B. Them. Ep. 20,88: 1c½ … 1m pokk0 !lgwam_ô 1je_lgm; Ep. 20,97: 1m to}t\ … loi jimd}mou 2st_ti; Philo Vit. Mos. 2,247: 1m !lgw\moir Gsam; 2,247: diajeil]moir d’ ovtyr; usw.). 139 Auf den Umstand, dass Paulus mittels der Wortgruppe um !shem^r (!seb^r, "laqtyk|r vergleichbar), !sh]meia oftmals auf den hilflosen Zustand des Menschen (vgl. Röm 8,26; 1Kor 15,43) im Kontrast zu Gottes Macht (vgl. Röm 1,20; 4,21) verweist, macht zurecht Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 297 (Anm. 635) aufmerksam. 140 Vgl., dass in der Textpassage 2Kor 12,7–9 konstant Verbformen im Vergangenheitstempus gebraucht werden: 1d|hg loi sj|kox … tq·r t¹m j}qiom paqej\kesa (Aorist) … ja· eUqgj]m loi (Perfekt). 141 Vgl. die präsentischen Verbformen in 12,10: … eqdoj_ 1m !sheme_air…· ftam c±q !shem_, t|te dumat|r eQli. 142 Vgl. ebenso 2Kor 4,8 f.; 6,4 f.; 11,23–33. 143 Vgl. bereits 11,30: eQ jauw÷shai de?, t± t/r !sheme_ar lou jauw^solai; 12,5: oq jauw^solai eQ lµ
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Wortcluster um d}malir und !sh]meia in 12,7–9.10 in einem Gefahrenkontext erscheint: Dem Entrückungszustand in der Vergangenheit und dem „Übermaß der ihm widerfahrenen Offenbarungen“ (12,7: … t0 rpeqbok0 t_m !pojak}xeym) wird in 12,7–10 die ohnmächtige Befindlichkeit des Paulus antithetisch gegenübergestellt.144 Anders als der bei der Aufzählung der Gefährdungen des Paulus äußerst allgemein gehaltene Peristasenkatalog 12,10 (1m !sheme_air, 1m vbqesim, 1m !m\cjair, 1m diyclo?r ja· stemowyq_air) steht !sh]meia in V. 7–9 für eine ganz konkrete Gefahrenlage des Paulus, nämlich seine Krankheit.145 Es fällt auf, dass der von Paulus hier geschilderte Krankheitszustand (!sh]meia), d. h. die Gefahr, in die er als Einzelner geraten ist, durch äußere Einflüsse verursacht wurde:146 Seine Krankheit beschreibt er bildlich als „Pfahl“, der ihm bereits in der Vergangenheit „ins Fleisch gegeben“ wurde (12,7: 1d|hg loi sj|kox t0 saqj_). Der Zusatz 1d|hg loi … %ccekor Satam÷, Vma le jokav_f, zeigt darüber hinaus an, dass feindlich gesonnene Faktoren (%ccekor Satam÷) sein Leiden hervorgerufen haben.147 Dadurch, dass die leidvolle Befindlichkeit des Paulus offensichtlich durch äußere Umstände bewirkt wird, ist es nur konsequent, dass er, der sich aus dieser Notlage nicht selbst befreien kann, zur Bewältigung dieser Gefahr der Hilfe von außen bedarf, d. h. angewiesen ist auf eine Instanz, welche unter Aufbietung ihrer Kräfte und Mittel es vermag, seine Situtation in Richtung Heilung (Erhaltung) zu wenden. Dies signalisiert die dreimalige Anrufung des Kyrios (Christus, vgl. 12,8.9). Der körperlich leidende Paulus erbittet von ihm ein defensives Schutzprogramm gegenüber den offensiven Angriffen der seine Krankheit
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1m ta?r !sheme_air; 12,9: B … d}malir 1m !sheme_ô teke?tai… jauw^solai 1m ta?r !sheme_air lou, Vma 1pisjgm~s, 1p’ 1l³ B d}malir toO WqistoO; 12,10: ftam c±q !shem_, t|te dumat|r eQli; ebenso den Leidenskatalog 12,10, welcher lebensbedrohliche Befindlichkeiten aufzählt: … 1m !sheme_air, 1m vbqesim, 1m !m\cjair, 1m diyclo?r ja· stemowyq_air; vgl. ebenso 13,3 f.9. Die antithetischen Überleitungsverse 5–7a verklammern die beiden Erzählpassagen V. 2–4 und V. 7–10 zu „Anti-Geschichten“: Schilderte Paulus erst seine Entrückung in den höchsten Himmel, so kommt er nun auf seine Krankheit zu sprechen, die man ihm zum Vorwurf macht; vgl. dazu insgesamt Pokorny´, Heckel, Einleitung, 270. Auf diese kommt Paulus ebenso in Gal 4,13 f. zu sprechen. Zu !shem]y in der Bedeutung „krank sein“ bzw. „todkrank sein“ vgl. auch Phil 2,26 f.30 (Hier im Verweis auf Paulus Mitarbeiter Epaphroditus): Ajo}sate fti Ash]mgsem. Ja· c\q Ash]mgsem paqapk^siom ham\ty … fti di± t¹ 5qcom WqistoO l]wqi ham\tou Eccisem. Vgl. dazu Windisch, Der zweite Korintherbrief, 383, der mit Blick auf 12,7 schreibt: „In zwei Bildern von sehr verschiedener Art und Herkunft drückt P. zunächst seinen Zustand aus: (1) mir ist gegeben ein sj|kox ins Fleisch und (2) (mir ist zuerteilt) ein Engel Satans, mit dem Auftrag, mich zu schlagen“; Heckel, Kraft in Schwachheit, 78: „Die Rede vom ,Dorn im Fleisch‘ impliziert die Vorstellung von einem schmerzhaften Fremdkörper“; vgl. dazu ders., Der Dorn im Fleisch. Die Krankheit des Paulus in 2Kor 12,7 und Gal 4,13 f., ZNW 84 (1993), 65–92. Lietzmann, An die Korinther I/II, 156 schreibt, es sei „zunächst zweifellos, daß für antikes Empfinden jeder etwas geheimnisvolle körperliche Schmerz … als Mißhandlung durch Dämonen angesehen werden konnte“.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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verursachenden Faktoren.148 Der von Paulus mit „Kyrios“ bezeichnete Christus (vgl. V. 8.9) reagiert auf die Anrufung des Paulus, der Bericht gipfelt in dem Herrenwort: )qje? soi B w\qir lou· B c±q d}malir 1m !sheme_ô teke?tai. Darin sagt der Kyrios Christus dem durch Krankheit Bedrängten seine Gunst (w\qir) zu, welche in Form einer speziellen, von ihm gewährten d}malir (vgl. 12,9: B d}malir [lou]149, B d}malir toO WqistoO) in dieser prekären Lage (1m !sheme_ô) zum Einsatz kommt. Kennzeichnet die Lage des Paulus V. 7–9.10 zufolge demnach, wie der !sh]meia-Gebrauch signalisiert, durchgängig Ohnmacht und Passivität, so ist seine schwache Befindlichkeit (1m !sheme_ô) gleichzeitig die Ausgangslage für das „Wirksamwerden der Kraft“150, welche der Kyrios (Christus) als kraftbesitzende Entität initiiert.151 Eine genauere Analyse von V. 9 ergibt, dass Worte und Wortverbindungen, welche die passive Befindlichkeit des Paulus zum Ausdruck bringen,152 ein reziprokes Rollenverhältnis mit Worten und Wortverbindungen beschreiben, die die Aktivität, d. h. das vermögende Eingreifen des Kyrios Christus zugunsten des Paulus zum Ausdruck bringen:153 d. h. es gibt einen Akteur und einen rettungsbedürftigen Empfänger.154 Speziell die Begrifflichkeiten w\qir und d}malir werden durch Verben der Aktivität qualifiziert: Dies zeigt die direkte Verbindung von w\qir und d}malir mit !qje?m und teke?shai,155 ebenso 148 Vgl. V. 8: rp³q to}tou tq·r t¹m j}qiom paqej\kesa Vma !post0 !p’ 1loO wohl im Rückverweis auf V. 7: sj|kox t0 saqj_, %ccekor Satam÷. 149 So lesen u. a. die Zeugen 42 Ac D1 K L P X 0243.0278. 33. 1739.1881 B d}malir lou. 150 Heckel, Kraft in Schwachheit, 108. 151 Zurecht redet Windisch, Der zweite Korintherbrief, 392 von einem „mit Vma angedeutete[n] Kausalverband“ zwischen der d}malir Christi und der paulinischen !sh]meia, indem letztere, nämlich „Ohnmacht“ die „Vorbedingung“ für das „Einziehen“ ersterer darstellt (vgl. dazu auch 12,10). Ein direkter Zusammenhang zwischen paulinischer Schwachheit und Kraft Christi ist folglich insofern gegeben, als das 1m !sheme_a die Ausgangslage darstellt, auf welche Christus mit der Gewährung seiner d}malir reagiert. Zurecht weist auch Friedrich, Art. d}malir, 864 f. im Blick auf 2Kor 12,9 darauf hin, dass sich die d}malir Christi am Schwachen vollzieht: „Wo auf seiten des Menschen Schwachheit ist, kann sich die Kraft Christi voll erweisen.“ 152 Vgl. dazu speziell das Verbum paqajake?m; ebenso: soi … 1m !sheme_ô. Zurecht schreibt Heckel, Kraft in Schwachheit, 87: „Dem Personalpronomen ,dir‘ entspricht die präpositionale Wendung ,In Schwachheit‘, die die Situation des Paulus und deren metaphorisch-metonymische Umschreibungen aus V 7b auf den Begriff bringt.“ 153 Vgl. dazu (neben dem Gebrauch von d}malir) speziell das Verbum !qje?m: !qje? … B w\qir lou· B … d}malir … teke?tai (teke?shai hier wohl als Passivum divinum). 154 Mit Blick auf die Syntax bilden w\qir und d}malir hier die jeweiligen Subjekte des Satzes im Nominativ mit dem Kyrios (Christus) als deren Inhaber und Initiator im Genitiv; der Empfänger der die Bewahrung verursachenden w\qir bzw. d}malir, der leidende Paulus, steht dagegen im Dativ. 155 Zurecht schreibt im Blick auf beide Verben, !qje?m und teke?shai, Windisch, Der zweite Korintherbrief, 391: „Indem das Sätzchen in teke?tai ausläuft, verliert !qje? den Begriff des Sichbescheidens und erhält es die Bedeutung des Ausreichens“; es geht folglich, so auch Heckel, Kraft in Schwachheit, 88, nicht um eine Aufforderung zur Genügsamkeit/Sich-Begnügenlassen, sondern um die Zusage des Ausreichens (Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther, 228 spricht von einem „Genug-Haben“) der göttlichen Gnade.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
wie mit dem „einziehen, eingehen, sich einquartieren (in)“ bedeutenden Verbum 1pisjgmoOm 1p_ (+ Akk.).156 Offensichtlich schwingt im gemeinsamen Gebrauch von d}malir und 1pisjgm|y 1p_ (+ Akk.), ein Verbum, das in der Profangräzität gängigerweise in kriegerischen Kontexten zur Anwendung kommt, die von der gewaltsamen Eroberung einer Stadt seitens feindlicher Angreifer handeln und dort das gewaltsame „Eindringen“ in etwas (= in fremden Besitz, in Häuser o. ä.) bedeuten kann,157 im übertragenen Sinne der Gedanke an eine kriegerische Offensive mit: Ergreift die d}malir Christi Besitz von Paulus (vgl. [1m ta?r !sheme_air lou], Vma 1pisjgm~s, 1p’ 1l³ B d}malir toO WqistoO), so wird dadurch der Aspekt der Schirmung bzw. der Gewährung von Schutz betont:158 Wie eine schützende, ihm Wehr und Verteidigung gegenüber feindlichen, zerstörerischen Faktoren schaffende Macht nimmt die d}malir in dem zeitlich bedingt schutz- und wehrlosen Paulus Quartier;159 dies als „Schutz- und Trutzkraft“ (= „Wehrkraft“) gegenüber den ihn krankmachenden Faktoren. Im Blick auf den vorliegenden Gefahrenkontext160 ist es demnach sehr wahrscheinlich, dass durch den gemeinsamen Gebrauch von d}malir, !qje?m und 1pisjgm|y 1p_ (+ Akk.) die Vorstellung von einer (Wehr-)Kraft aktiviert wird, die dem Ohnmächtigen/Hilf- bzw. Wehrlosen (= Paulus) qua göttlicher Schickung zugutekommt:161 Eine von Christus gewährte Widerstandskraft bzw. Kraft zur Abwehr unheilvoller Faktoren. Wie bereits erwähnt, ist dem Wort d}malir in 12,9 Gunstterminologie vorangestellt. Der parallele Gebrauch von w\qir und d}malir162 (vgl. !qje? … B 156 Vgl. … Vma 1pisjgm~s, 1p’ 1l³ B d}malir toO WqistoO. 157 Zu 1pisjgm|y 1p_ (+ Akk.) vgl. LSJ, s.v. 1pisjgm|y: „to be quartered in“; gebraucht wird das Verbum im kriegerischen Kontext u. a. bei Polybios (vgl. Hist. 4,18,8), wo sich feindliche Eroberer im Zuge einer gewaltsamen Offensive in den Häusern der von ihnen besetzten Stadt einquartieren: … t¹ d³ tekeuta?om 1pisjgm~samter 1p· t±r oQj_ar; vgl. ebenso 4,72,1: oR d³ Lajed|mer eQspes|mter tµm l³m 1mdolem_am ûpasam 1j t_m oQji_m paqawq/la di^qpasam, let± d³ taOta ta?r oQj_air 1pisjgm~samter jate?wom tµm p|kim. 158 Vgl. dazu Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 404: „Das 1p’ 1l] ist gedacht: auf mich Wohnung nehme, d. h. auf mich herabkomme und sich zu bleibender Schirmung, Tröstung, Stärkung mit mir verbinde.“ Die Meinung, dass Paulus hier stattdessen auf die alttestamentlich-jüdische Vorstellung von der Schekhina, der „Gegenwart Gottes beim Volk und im Tempel“ zurückgreift, vertritt z. B. Wolff, Der zweite Brief an die Korinther, 249. 159 In diese Richtung deutet auch der gemeinsame Gebrauch von d}malir, 1pisjgmoOm 1p_ (+ Akk.) und !qje?m: Denn das Verbum !qje?m kann in manchen Kontexten auch „abwehren, helfen, schützen“ bedeuten (vgl. dazu Passow, s.v. !qj]y). So mag die Bedeutung „Wehr schaffen“ auch im Gefahren- bzw. Krankheitskontext 2Kor 12,9 mitschwingen. Eine Sinnwiedergabe von )qje? soi B w\qir lou· B c±q d}malir 1m !sheme_ô teke?tai mit „Es schafft dir meine Gunst Wehr“ wäre folglich durchaus vertretbar. 160 Vgl. speziell 2Kor 12,7–10: … 1d|hg loi sj|kox t0 saqj_, %ccekor Satam÷, Vma le jokav_f,; … 1m !sheme_ô …; … 1m ta?r !sheme_air lou; 1m !sheme_air, 1m vbqesim, 1m !m\cjair, 1m diyclo?r ja· stemowyq_air. 161 Vgl. dazu bereits 2Kor 1,8; 4,7; 6,7; 10,3–5. 162 Vgl. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 391; Wolff, Der zweite Brief an die Korinther, 249; Barnett, The Second Epistle to the Corinthians, 573; Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 821; Heckel, Kraft in Schwachheit, 86: „Das Subjekt ,Gnade‘ wird
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w\qir …· B … d}malir … teke?tai), beidesmal mit Christus als Handlungsträger, indiziert, dass die von Christus zur Schirmung des ohnmächtigen Paulus kommende (Wehr-)Kraft (d}malir) einen Gunsterweis (w\qir) darstellt. Christus erweist diesem gerade darin seine Gunst, dass er ihm Wehr gegenüber gefahrvollen, feindlichen Faktoren schafft. Zwar schickt Christus, anders als z. B. die Asklepios-Gottheit (vgl. dazu insbesondere die Aretalogie P.Oxy. 1381),163 keine vollständige Heilung bzw. Genesung von Krankheit;164 doch er gewährt, wie 12,9 (… !qje? soi B w\qir lou, B … d}malir [lou] … teke?tai) zeigt, seine einer w\qir gleichkommende d}malir zur Erhaltung165 des sich momentan im Schwachheitszustand befindenden Paulus (vgl. auch 12,10, wo sich das 1m !sheme_a aus 12,5.9 zu einem „kleine[n] Leidenskatalog“166 erweitert hat). Die d}malir stellt hier folglich das Mittel dar, welches das physische Wohlergehen und, wie 12,10 zeigt (1m !sheme_air, 1m vbqesim, 1m !m\cjair, 1m diyclo?r ja· stemowyq_air), wohl gar das physische Überleben des sich im Zustand der Ohnmacht befindenden Apostels angesichts akuter Bedrohung durch Krankheit (vgl. 12,7) sicherstellt. Auch wenn Rettungs- bzw. Erhaltungsterminologie in 12,7–9.10 nicht explizit erscheint, so gibt die Umstandsbeschreibung 1m !sheme_ô im Gegenüber zur d}malir-Begrifflichkeit im Krankheitskontext Anlass zu der Vermutung, dass es sich bei der vom Kyrios Christus gewährten d}malir, die zugunsten des sich in ohnmächtiger, da kranker Lage befindenden Paulus zum Einsatz kommt, um eine (Wehr-)Kraft bzw. ein (Abwehr-)Mittel mit lebenserhaltender Wirkung, d. h. um eine d}malir [eQr sytgq_am]167 handelt.168
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durch das Wort ,Kraft‘ wiederaufgenommen, so daß beide Begriff eng zusammenrücken, den Machtcharakter der w\qir betonen und die d}malir als Wohltat kennzeichnen.“ Der Verweis auf religionsgeschichtliche Paralleltexte zu 2Kor 12,9 findet sich bereits bei Windisch, Der zweite Korintherbrief, 390; 392; vgl. dazu auch Furnish, II Corinthians, 530: „It is not surprising that the efficacy of divine power is a motif of ancient stories of miraculous cures.“ Vgl. dazu Windisch, Der zweite Korintherbrief, 390, der mit Blick auf einschlägige Paralleltexte aus der griechischen Religion (u. a. Aelius Aristides) schreibt: „Der große Unterschied [zu Paulus] ist freilich der, daß hier jeder Bescheid des Gottes günstig ausfällt und zur Heilung führt“; Barnett, The Second Epistle to the Corinthians, 567 charakterisiert in diesem Sinne 2Kor 12,6–10 als „a healing story without a healing“; dazu auch Thrall, A Critical and Exegetical Commentary on the Second Epistle to the Corinthians I, 821. Vgl. dazu Pokorny´, Heckel, Einleitung, 271: „Auch wenn Paulus nicht von seiner Krankheit geheilt wurde, reicht die Kraft dieser Gnade aus, weil sie von Gott kommt (vgl. 4,7) und sowohl aus Situationen der Todesnot zu erretten (1,8–11) als auch zur Vollendung im ewigen Leben zu führen vermag (12,9; 13,4) … Durch diese göttliche Kraft ist Paulus in der Lage, alle Bedrängnis in Geduld und Bewährung auszuhalten (Röm 5,2–5; Phil 4,11–13).“ Vgl. Windisch, Der zweite Korintherbrief, 393. Zum in Erscheinung Treten einer d}malir syt^qior, die als göttlicher Gunsterweis (w\qir) dem Zustand menschlichen Mangelleidens (= Mangel an Kraft/Gesundheit) Abhilfe schafft, vgl. P.Oxy. 11.1381, Zeile 203–223; vgl. dazu Exkurs VIII. Zurecht spricht Barnett, The Second Epistle to the Corinthians, 567 von „sustaining grace/ power against his weakness (vv. 8–9).“
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
2.2 Zur Verwendung und Bedeutung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am in Röm 1,16 Blickt man nun in den Römerbrief, so fällt auf, dass im Eingangsteil des Briefes (vgl. 1,1–17) das Syntagma d¼malir eQr sytgq¸am explizit Erwähnung findet (vgl. 1,16).169 In Anknüpfung an den unter IV. dargelegten Befund, der dadurch zustandekam, dass die in der klassischen, hellenistischen (jüdischhellenistischen) und kaiserzeitlichen Gräzität belegte Wortverbindung d}malir eQr sytgq_am auf ihren Aussage- bzw. Bedeutungsgehalt hin untersucht wurde (vgl. dazu die Ausführungen unter II. und III.), gilt es nun in einem nächsten Schritt zu klären, ob bzw. inwiefern die anhand des antiken außerchristlichen Quellenmaterials eruierte (profangriechische) Semantik dieses Syntagmas auch mit Blick auf den neutestamentlich-paulinischen Sprachgebrauch in Verwendung ist oder zumindest im Hintergrund steht. Geht man im Folgenden davon aus, dass das in Röm 1,16 erscheinende Syntagma d¼malir heoO eQr sytgq¸am sich als anschlussfähig an den (profan-)griechischen Sprachgebrauch erweist und somit das Potenzial hat, einen spezifischen Ausschnitt der antiken Enzyklopädie zu aktivieren, so muss man im Folgenden darum bemüht sein, im Umfeld von Röm 1,16 nach Worten und Wortverbindungen (d. h. nach typischer Sprache)170 Ausschau zu halten und davon ausgehend im Text des Römerbriefes (implizite) Zusammenhänge zu ermitteln, anhand denen sich Strukturparallelen zur in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität belegten d}malir eQr sytgq_am-Verwendung nachweisen lassen. Da gezeigt wurde, dass die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in der (Profan-)Gräzität (unter Verwendung entsprechender Bezugswörter): 1. gängigerweise in Kontexten gebraucht wird, die eine akute Gefahrenlage thematisieren und 2. nahezu ausschließlich einer Entität (= Einzelperson oder Gruppierung/ Gattung) zugutekommt, die sich in einem Zustand momentaner Ohnmacht/Ausweglosigkeit/Wehrlosigkeit befindet, was im Text entsprechende Verben (!poqe?m [+ Gen.]) und/oder Adjektive (z. B. !-l^wamor, %-opkor, !-paqasje}or, !-shem^r, culm|r, 1mde^r) signalisieren, die einen Mangel bzw. ein Nichtvorhandensein an Kraft/Mitteln zum Ausdruck bringen, um ein drohendes Unheil abzuwehren, gilt es, auch mit Blick auf den paulinischen Römerbrief zu zeigen: 1. dass das Syntagma d¼malir (heoO) eQr sytgq¸am in Röm 1,16 ebenfalls in 169 Dies gilt auch für 1Petr 1,5; s. dazu die Ausführungen unter V./3. 170 Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 2, 2, spricht von stereotypen Elementen, die „mit gewisser Regelmäßigkeit“ auftauchen.
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einem übergreifenden Gefahrenkontext zum Einsatz kommt, der für eine bestimmte Entität Tod und Vernichtung bedeutet; und es gilt zu zeigen, 2. dass die von Gott ausgehende d¼malir eQr sytgq¸am in diesem Rahmen auf die von Gefahr betroffene Entität stößt bzw. zu deren Gunsten gewährt wird, und zwar insofern, als sich diese (momentan) in einem Zustand der Ohnmacht bzw. des (Mangel-)Leidens befindet, was im Blick auf den Wortgebrauch nachgewiesen werden muss. Für dieses Unterfangen wird zunächst der engere und weitere Kontext von Röm 1,16 (vgl. 1,14–17; 1,18–3,20) analysiert (vgl. V./2.2.1; V./2.2.2). Davon ausgehend wird auf den impliziten Zusammenhang, der zwischen Röm 1,16 f. und Röm 3,23 besteht, eingegangen (vgl. V./2.2.3). Daraufhin gilt es, bei Röm 3,23 zu verharren und das Augenmerk im Besonderen auf die Semantik des Verbums rsteqe?shai (+ Gen.) zu richten, zu welchem Zweck Textmaterial aus der Umwelt der paulinischen Briefliteratur hinzugezogen wird.171 Zudem ist die in Röm 3,23 begegnende Einheit rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO traditionsgeschichtlich in den Fokus zu nehmen172 und – diesen Punkt abschließend – auf die Bedeutung des Syntagmas rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO in Röm 3,23 einzugehen (vgl. V./2.2.4). In einem nächsten Schritt ist der innere Zusammenhang, der zwischen den Einheiten Röm 1,16 f. und 3,21–26 besteht, zu klären (vgl. V./2.2.5). Geäußert wird sich dabei zum einen zu der Bedeutung der Genitivkonstruktion dijaios}mg heoO, wie sie in Röm 1,17 und Röm 3,21 f.25 f. zur Anwendung kommt;173 zum anderen wird näher auf 3,24 f. eingegangen, wo Paulus auf Christi Tod als Mittel zur Rettung verweist (vgl. V./ 2.2.6). Abschließend wird sich, ausgehend von Röm 1,16 f. und 3,21–26 (insbesondere 3,23), dem Passus Röm 5,1–21 zugewandt und die Frage geklärt, inwiefern Paulus Gottes Heils- bzw. Rechtfertigungshandeln in Jesus Christus als Gunsterweis deutet (vgl. V./2.2.7). Den Abschluss bildet eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse (vgl. V./2.2.8)
2.2.1 Der engere Kontext von Röm 1,16: Das von Paulus verkündete Evangelium als d}malir eQr sytgq_am (1,14–17) Das in Röm 1,16 erscheinende Syntagma d}malir eQr sytgq_am kommt in einem Zusammenhang zum Einsatz, in dem Paulus gegenüber der christus171 Vgl. Exkurs X: Zur Semantik von rsteqe?m (+ Gen.): Röm 3,23 (rsteqoOmtai [+ Gen.]) vor dem semantischen Hintergrund von Jos. Ant. 1,72–103, Ant. 5,210–229 und Ant. 15,199–200. 172 Vgl. Exkurs XI: Zum traditionsgeschichtlichen Hintergrund des Syntagmas (p\mter … Flaqtom …) rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO in Röm 3,23. 173 Vgl. Exkurs XII: Zur Genitivverbindung „Gerechtigkeit Gottes“ (dijaios}mg heoO).
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
gläubigen Adressatengemeinde in Rom zum Ausdruck bringt, was sein Evangelium für die Menschheit bedeutet (vgl. 1,14–17):174 þkkgs_m te ja· baqb\qoir, sovo?r te ja· 14 Griechen und auch Barbaren, Weisen !mo^toir aveik]tgr eQl_· und auch Unverständigen bin ich ein Schuldner ovtyr t¹ jat’ 1l³ pq|hulom ja· rl?m to?r 15 So (bin ich), was mich betrifft, bereit, 1m U~l, eqaccek_sashai auch euch, denen in Rom, (das Evangelium) zu verkünden. Oq c±q 1paisw}molai t¹ eqacc]kiom d}malir c±q heoO 1stim eQr sytgq_am pamt· t` piste}omti, Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi·
16 Denn nicht schäme ich mich des Evangeliums, denn eine Kraft Gottes ist (es) zur Rettung/Erhaltung (zur Abwehr von Unheil) für jeden Glaubenden, den Juden zuerst, aber auch den Griechen
dijaios}mg c±q heoO 1m aqt` !pojak}ptetai 1j p_steyr eQr p_stim, jah½r c]cqaptai, j d³ d_jaior 1j p_steyr f^setai.
17 Denn Gerechtigkeit Gottes tritt mit ihm in Erscheinung aus Glauben (hin) zum Glauben; wie geschrieben steht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“
Die gängigerweise in Gefahrenkontexten175 gebrauchte Wendung d}malir eQr sytgq_am begegnet hier in Gestalt der Genitivverbindung d}malir heoO eQr sytgq_am.176 Der zur d}malir-Begrifflichkeit177 hinzutretende Genitiv
174 Übersetzung (mit minimalen Veränderungen) aus MNT. 175 Vgl. dazu die Ausführungen unter II., III. und IV. 176 Möglicherweise aktiviert in Röm 1,14–17 bereits die paulinische Aussage … oq c±q 1paisw}molai t¹ eqacc]kiom in Verbindung mit der Wendung d}malir heoO eQr sytgq_am die Vorstellung von Gefahr: Zurecht weist Petra von Gemünden (vgl. dies., Todesangst, 243, dort auch weitere Literaturangaben) darauf hin, dass es sich bei der Formulierung oq c±q 1paisw}molai t¹ eqacc]kiom um urchristliche Bekenntnissprache handelt, wie sie auch in Mk 8,38; 2Tim 1,8 zum Ausdruck kommt: „Das Sich-Nicht-Schämen drückt … mutiges Bekennen in einer Situation aus, in der das gefährlich ist.“ 177 Das Substantiv d}malir, welches 36mal in den echten Paulusbriefen vertreten ist, bezieht sich an 29 Stellen auf die göttliche d}malir. Durch den hinzutretenden Genitiv eines Substantivs oder Personalpronomens wird 11mal die Kraft Gottes (Röm 1,16.20; 9,17; 1Kor 1,18.24; 2,5; 6,14; 2Kor 4,7; 6,7; 13,4a.b), 3mal die Kraft Christi (1Kor 5,4; 2Kor 12,9a.b) und 2mal die Kraft des Geistes (Röm 15,13.19) bezeichnet; an 6 weiteren Stellen ist eindeutig die göttliche Kraft gemeint (Röm 1,4; 1Kor 2,4; 4,20; 15,43; Phil 3,10; 1 Thess 1,5). Vgl. dazu den Überblick bei
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heoO178 verweist dabei auf eine vermögende Instanz (he|r), die als Urheber, Initiator bzw. Geber der d}malir eQr sytgq_am im Gefahrenrahmen infrage kommt.179 Über Vermittlung einer von Gott zur bereitwilligen d}malir eQr sytgq_am-Gewähr bevollmächtigten/eingesetzten Instanz in Gestalt des Paulus (vgl. 1,1.5.9; 1,14.15: t¹ jat’ 1l³ pq|hulom!)180 stellt die d}malir für eine bestimmten Entität,181 die sich allem Anschein nach in bedrängten Umständen befindet,182 ein sytgq_a wirkendes Instrument dar: Die Einheit Röm 1,16 zeigt somit an, dass d}malir eQr sytgq_am als ein Mittel („Kraft, Vermögen“) zur Rettung/Erhaltung von Gott ausgeht und von ihm zugunsten jedes Glaubenden gewährt wird. Auffallend ist des Weiteren die Zuordnung der eqacc]kiom-Begrifflichkeit183 zum Syntagma d}malir (heoO) eQr sytgq_am:184 Beim von Paulus bereitwillig
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Pierre Biard, La Puissance de Dieu, Paris 1960, 138 f.; sowie die Ausführungen bei Heckel, Kraft in Schwachheit, 220 f. Die Genitivverbindung d}malir (toO) heoO findet sich bei Paulus neben Röm 1,16 auch in Röm 1,20; 9,17; 1Kor 1,18.24; 2,5; 6,14; 2Kor 4,7; 6,7. Vgl. auch die paulinische Rede von einer d}malir toO juq_ou bzw. toO WqistoO in 1Kor 5,4; 2Kor 12,9 (außerhalb der paulinischen Schriften vgl. z. B. 1Petr 1,5; 2Tim 1,8). Im Blick auf die Genitivkonstruktion d}malir heoO besteht an dieser Stelle ein Verhältnis der Zugehörigkeit zwischen d}malir und he|r, das sich in der grammatischen Kategorie eines Genitivus subjectivus allerdings nur unzureichend erfassen lässt. Da für Paulus auf jeden Fall feststeht, dass Gott der Handlungsträger der d}malir ist (= diese geht von Gott als ihrem Geber aus; treffend äußert sich hierzu Cranfield, Romans I, 89: „What Paul is saying here … is that the gospel is God’s effective power active in the world of men“), die wiederum den Menschen zum Empfänger hat, liegt mit d}malir heoO wohl am ehesten ein Genitivus auctoris vor. Vgl. zum gemeinsamen Gebrauch von d}malir, s]feim, sytgq_a (d}malir eQr sytgq_am) und pqohul_a, pq|hulor im Gefahrenkontext neben Röm 1,14.16 auch Lysias 12,14 (s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am); Polyb. Hist. 3,109 (… p÷sam c±q tµm art/r pqohul_am ja· d}malim eQr rl÷r !p^qeistai, ja· p\sar t±r 1kp_dar 5wei t/r sytgq_ar 1m rl?m). Vgl. die Partizipialverbindung pamt· t` piste}omti (Dativus commodi). Vgl. dazu die Ausführungen zu Röm 1,18–3,20 unter V./2.2.2. Der Terminus eqacc]kiom kann bei Paulus absolut stehen (vgl. 1 Thess 1,5; 1Kor 15,1; Röm 1,16) oder mit Genitiv: Bezeichnet eqacc]kiom (toO) heoO (vgl. 1 Thess 2,2.8.9; 2Kor 11,7; Röm 1,1; 15,16) Ursprung und Autorität des Evangeliums, so bezeichnet die Verbindung eqacc]kiom toO WqistoO (vgl. 1 Thess 3,2; 1Kor 9,12; 2Kor 2,12; 9,13; 10,14; Gal 1,7; Röm 15,19; Phil 1,27) dagegen den Inhalt des Evangeliums, welches als Heilsbotschaft von Jesus Christus christologisch-soteriologisch gefüllt ist (so zurecht Udo Schnelle, Einleitung in das Neue Testament, Göttingen 72011, 176). Dass Paulus auch von t¹ eqacc]kiom lou (= „das von mir verkündigte Evangelium“) sprechen kann, zeigt Röm 2,16; 16,25; 2Kor 4,3. Vgl. Robert Matthew Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel in Romans 1, WUNT II/316, Tübingen 2011, 198: „t¹ eqacc]kiom is thus very likely the implied agent of the revelation in 3:21, as in 1:17.“ Gemeint ist mit eqacc]kiom an dieser Stelle (vgl. neben Röm 1,16 bereits 1,1.3 f.: t¹ eqacc]kiom heoO … peq· toO uRoO aqtoO … YgsoO WqistoO toO juq¸ou Bl_m; 1,9: l²qtur … lo¼ 1stim b heºr, è katqe¼y … 1m t` eqaccek¸\ toO uRoO aqtoO) der in 1Kor 1,18 genannte k|cor, der das Kreuz Christi zum Inhalt hat (vgl. zum Inhalt des k|cor speziell auch die Pistisformel 1Kor 15,3b–5; vgl. ebenso 1Kor 1,23: Ble?r … jgq}ssolem Wqist¹m 1stauqyl]mom; 2,1 f: jatac]kkym rl?m t¹ lust^qiom toO heoO … YgsoOm Wqist¹m ja· toOtom 1stauqyl]mom; vgl. ebenso 2Kor 5,19: t¹m k|com t/r jatakkac/r.): Dieser k|cor toO stauqoO wird, wie anderenorts zu sehen sein wird,
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
verkündeten Evangelium handelt es sich um ein sytgq_a („Rettung/Erhaltung“) schaffendes Mittel, das jedem Glaubenden zugutekommt.185 Die universale Ausrichtung des Evangeliums wird in 1,16 u. a. mit p÷r angezeigt186 (vgl. Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi, pamt· t` piste}omti).187 Faktischer Empfänger der von Gott initiierten d}malir eQr sytgq_am ist allerdings, wie das pamt· t` piste}omti indiziert, nicht die gesamte Gattung „Mensch“: Geht aus den universalen Aussagen Röm 1,14.16188 nämlich auch implizit hervor, dass die d}malir eQr sytgq_am an die gesamte Menschheit189 adressiert ist, die sich, wie dem Gefahrenkontext 1,18–3,20 zu entnehmen ist, durch Rettungsbedürftigkeit auszeichnet, so bekräftigt Paulus mit der p÷r-piste}eim-Verbindung (vgl. dazu auch 3,22.25 f), dass nicht die gesamte Menschheit gerettet wird, sondern nur ein Teil: Nämlich diejenige (Teil-)Gruppierung, die Träger von p_stir ist und zu der auch die Römer selbst gehören.190 So ist mit piste}eim gleichzeitig die Bedingung angegeben, unter der allein die von Gott ausgehende sytgq_a erfolgen kann191 (vgl. auch Röm 10,9 f.; ebenso 1Kor 1,21: s_sai to»r piste¼omtar).192
Darüber hinaus sticht der parallele Gebrauch der Ausdrücke eqacc]kiom, d}malir (heoO) eQr sytgq_am und dijaios}mg (heoO) in 1,16 f. ins Auge:193 Paulus bestimmt das eqacc]kiom hier als d}malir eQr sytgq_am, mit dem gleichzeitig dijaios}mg in Erscheinung tritt. Die ihrer Semantik nach allgemeiner gehaltene Wendung d}malir eQr sytgq_am steht hier wohl als überge-
185 186 187
188 189 190 191 192 193
von Paulus in 1Kor 1,18.24; 2,5 gleichzeitig als d}malir heoO [eQr sytgq_am] qualifiziert (vgl. Exkurs XIII). Vgl. … t¹ jat’ 1l³ pq|hulom … rl?m … eqaccek_sashai; t¹ eqacc]kiom d}malir … heoO 1stim eQr sytgq_am pamt· t` piste}omti. Zur universalen Ausrichtung einer von Gott kommenden d}malir eQr sytgq_am vgl. ebenso Ps.Arist. Mund. 398a 1–6; 398b 6–10 (II./2., speziell II./2.3); P.Oxy. 11.1381,217 f.: … eQr p\mta c±q t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior (Exkurs VIII). Vgl. dazu Jochen Flebbe, Solus Deus. Untersuchungen zur Rede von Gott im Brief des Paulus an die Römer, BZNW 158, Berlin 2008, 78: „[E]s geht um die Gesamtheit / Einheit der Menschheit, um Universalität statt Partialität.“ Ebenso Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel, 152: „Paul stresses the universality of the gospel twice, with pamt· in pamt· t` piste}omti and with the phrase Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi.“ Vgl. þkkgs_m te ja· baqb\qoir, sovo?r te ja· !mo^toir … Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi; vgl. auch 1,5: 1m p÷sim to?r 5hmesim; 1,13: 1m rl?m … ja· 1m to?r koipo?r 5hmesim; vgl. auch den Verweis auf b j|slor in 1,8: 1m fk\ t` jºsl\; 1,20. Wie in 1Kor 1,22–24 werden in Röm 1,14.16 wohl „Hellenen und Barbaren“, „Juden und Griechen“ zur Einheit des Kosmos (vgl. zur j|slor-Begrifflichkeit Röm 1,20; ebenso 1Kor 1,20.21.27 f.) bzw. der Menschheit zusammengefasst. Vgl. 1,5–7: … eQr rpajoµm p¸steyr 1m p÷sim to?r 5hmesim …, 1m oXr 1ste ja· rle?r jkgto· YgsoO WqistoO, p÷sim to?r owsim 1m U¾l, !capgto?r heoO, jkgto?r "c¸oir; 1,8: B p¸stir rl_m … 1m fk\ t` jºsl\. Johannes Weiss, Der erste Korintherbrief, KEK 5, Göttingen 91910, 30. Neben dem pamt· t` piste¼omti in Röm 1,16 untermauert die Bedingung der p_stir das 1j p_steyr eQr p_stim in 1,17 sowie das Habakkuk-Zitat Hab 2,4: b d³ d_jaior 1j p_steyr f^setai. Vgl. … t¹ eqacc´kiom, d¼malir c±q heoO 1stim eQr sytgq¸am pamt· t` piste¼omti … dijaios¼mg c±q heoO 1m aqt` !pojak¼ptetai.
Exkurs IX: Zur Genitivkonstruktion d}malir heoO
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ordneter Ausdruck für beide Begrifflichkeiten, für eqacc]kiom und dijaios}mg. Alle drei Begrifflichkeiten (eqacc]kiom, d}malir eQr sytgq_am, dijaios}mg) haben Gott zum Handlungsträger.
Exkurs IX: Zur Genitivkonstruktion d}malir heoO Die Artikellosigkeit von he|r, ebenso wie die Parallelsetzung von d}malir heoO und dijaios}mg heoO geben nun Anlass zu der Vermutung, dass es sich bei der in Röm 1,16 auffindbaren Genitivkonstruktion d}malir heoO um geprägte Sprache handelt,194 welche dem alttestamentlich-jüdischen Sprachgebrauch entnommen ist.195 Besonders geläufig ist in der Septuaginta der Gebrauch von d}malir in militärisch-profaner Bedeutung („Streitkraft, Truppe, Heereskraft“/Sgl.).196 Daneben ist häufig die Rede von einer Gott (he|r) zugehörigen d}malir (in der Bedeutung: „Kraft, Macht“/Sgl.).197 Dies ist zumeist in Texten der Fall, die kriegerische Verhältnisse thematisieren. Begegnet die Terminologie oftmals in Kriegskontexten, so ist d}malir (in Verbindung mit einem auf Gott verweisenden Genitiv)198 wiederzugeben mit Gottes „Wehrkraft, Streitkraft, Heer“ (so z. B. in 1Chr 12,23:199 d}malir heoO).200 194 Ebenso mag es sich bei der in 2Kor 6,7 auffindbaren Konstruktion 1m dum\lei heoO um geprägte Sprache handeln. Vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.1.4. 195 Petrus J. Gräbe, The Power of God in Paul’s Letters, WUNT 123, Tübingen 2008, 18 spricht (u. a. im Verweis auf SapSal 7,25; 2Makk 3,24; 9,8) von d}malir heoO als „set phrase“: „Especially in the later books of the Septuagint the phrase d}malir heoO occurs as a set phrase.“ Ähnlich schreibt Wolter, Der Brief an die Römer, 115 (u. a. im Verweis auf Ps 117,15–17 LXX: deni± juq_ou 1po_gsem d}malim): „Mit der Identifikation des Evangeliums als d}malir heoO greift Paulus auf eine theologische Kategorie zurück, die ihren Ursprung im Alten Testament hat.“ In der Übersetzung „Kraft“ bzw. „Macht“ bestimmt Wolter d}malir als ein Attribut Gottes, das sein Gott-Sein ausmacht und sich in seinem Handeln manifestiert; so kann das Wort Wolter zufolge beides bezeichnen: „Kraft“ bzw. „Macht Gottes“, ebenso wie Gottes konkrete (Macht-)Tat. 196 Vgl. z. B. Ex 6,26; 7,4; 14,28 (hier ist von der d}malir des Pharao die Rede, vgl. dazu die Ausführungen unter III./2.); Num 2,3.4.6.8.11.13.15.18.19.20.21.23 f.25 f.28.30; 2Kön 6,15; 25,1.5; 2Chr 24,23 f; 25,7; 26,13; Jud 1,16; 2,19; 3,6; 5,3 f; 5,23; 7,2; 9,8; 1Makk 3,41; 4,16.18; 5,38; 7,39; 9,1; Ps 17,33.40; 32,16 f; 59,12 ff.; 107,12 ff.; Jer 39,2 LXX usw. 197 Vgl. z. B. Dtn 3,24: tµm Qsw}m sou ja· tµm d}mal_m sou; 1Chr 29,11 LXX: soi j}qie … B d}malir. 198 Hinzu tritt dann oftmals der Genitiv heoO bzw. juq_ou: Neben der Konstruktion [B] d}malir [toO] heoO (vgl. z. B. 1Chr 12,23; SapSal 7,25; 2Makk 3,24; 9,8) ist in der Septuaginta die Verbindung [B] d}malir [toO] juq_ou anzutreffen, vgl. z. B. Ex 12,41 f.: B d}malir juq_ou; Jos 4,24: B d}malir toO juq_ou; ebenso Hiob 37,14: st/hi mouhetoO d}malim juq_ou. Zu ähnlichen Konstruktionen bei Paulus vgl. 1Kor 5,4: B d}malir toO juq_ou; 2Kor 12,9: B d}malir toO WqistoO. 199 Vgl. 1Chr 12,23: fti Bl]qam 1n Bl]qar Eqwomto pq¹r Dauid eQr d}malim lec\kgm ¢r d}malir heoO. 200 So z. B. in Ex 7,4: s»m dum\lei lou; Jud 9,8: 1m dum\lei sou usw. Vermittels der ihm zugehörigen d}malir handelt Gott zugunsten seines auserwählten Volkes und zuungunsten seiner Feinde (Jud 9,14; 13,4). Auch ist Gott die Quelle der kriegerischen (Wehr-)Kraft des Menschen (vgl. 2Sam 22,33.40; Hab 3,19). Vgl. dazu insgesamt Biard, La Puissance de Dieu, 23.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
An den Stellen, an denen die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a (oftmals auch in Verbindung mit bo^heia, einschl. Derivaten) in auffallender Dichte begegnet,201 wird gängigerweise ein rettendes Handeln bzw. Eingreifen Gottes mittels seiner d}malir zugunsten von Menschen in bedrängten Umständen beschrieben.202 Darüber hinaus fällt auf, dass speziell die Genitivverbindung B toO heoO d}malir vor allem in den späten Schriften der Septuaginta begegnet.203 Analysiert man diese wenigen Stellen genauer, so zeigt sich, dass die Wendung nirgends gemeinsam mit Rettungsterminologie (s]feim, sytgq_a) gebraucht wird.204 Im Blick auf diesen Be201 Belege finden sich v. a. im Psalter; vgl. z. B. Ps 20,2 LXX: Herr, in deiner Kraft (1m t0 dum\lei sou) wird sich der König freuen und über deine Rettung sehr jubeln (1p· t` sytgq_\ sou); vgl. ebenso Ps 32,16 f.20; 53,3.6; 58,3.10.17.18; 59,7.12.13 f; 67,12ff; 107,13 f. LXX. Dies kann an manchen Stellen gar zu einer Identifizierung von he|r und d}malir führen, indem Gott vom auf ihn vertrauenden Menschen als d}malir in der Not angeredet wird, vgl. Ps 45,2 LXX: b he¹r Bl_m jatavucµ ja· d}malir, bogh¹r 1m hk_xesim ta?r erqo}sair Bl÷r sv|dqa; 139,8: j}qie j}qie d}malir t/r sytgq_ar lou. 202 Kommt die d}malir-Begrifflichkeit in der Septuaginta in Verbindung mit Rettungsterminologie (s]feim, sytgq_a, eQr sytgq_am) vor, so wäre der semantische Hintergrund der Wortgruppe wahrscheinlich ein ähnlicher, wie er unter II. und v. a. III. dieser Untersuchung aufgezeigt worden ist. Exemplarisch sei hierfür auf Ps 117 LXX verwiesen; hier begegnet d}malir in Verbindung mit der Präpositionalphrase eQr sytgq_am + Dativus commodi: In einer Gefahrenlage, d. h. im Zustand akuter Bedrängnis (vgl. Ps 117,5: 1m hk_xei) wird Gott in seiner Rolle als Helfer angerufen (117,6.7: j}qior 1lo· bogh|r), der mittels seiner Kraft/Macht (d}malir) zugunsten der in Bedrängnis Geratenen machtvoll handelt (vgl. 117,15.16: Deni± juq_ou 1po_gsem d}malim, deni± juq_ou vxys]m le, deni± juq_ou 1po_gsem d}malim), sodass ihnen Rettung/Erhaltung (sytgq_a) widerfährt (14: ja· 1c]met| loi eQr sytgq_am; 21.28: … ja· 1c]mou loi eQr sytgq_am). Treffend schreibt mit Bezug auf Ps 45, 58 und 117 LXX bereits Biard, La Puissance de Dieu, 85: „Dans chacun de ces psaumes on voit donc un homme aux prises avec des ennemis qui le pers cutent ou cherchent le perdre, ou bien assailli par la maladie, ou encore en proie une douloureuse angoisse int rieure, bref, dans tous les cas, accabl par des forces de d composition qui menacent son corps ou son esprit. Il se tourne alors vers Yahv et l’ appelle son aide. Il se fixe sur Lui comme dans a refuge … de toutes facons, Yahv devient sa force et le sauve de ces angoisses, de ses ennemis ou de sa maladie: Il le fait revivre; Il le sauve.“ 203 Man beachte: Nicht in der artikellosen Gestalt [B] d}malir heoO (wie in 1Chr 12,23 LXX); das Wort he|r steht an folgenden Stellen ausdrücklich mit Artikel: SapSal 7,25: !tl·r c\q 1stim t/r toO heoO dum\leyr ja· !p|qqoia t/r toO pamtojq\toqor d|ngr eQkijqim^r; 2Makk 3,24: b t_m pmeul\tym ja· p\sgr 1nous_ar dum\stgr 1piv\meiam lec\kgm 1po_gsem ¦ste p\mtar to»r jatatokl^samtar sumekhe?m jatapkac]mtar tµm toO heoO d}malim eQr 5jkusim; 9,8: b d’ %qti doj_m to?r t/r hak\ssgr j}lasim 1pit\sseim di± tµm rp³q %mhqypom !kafome_am ja· pk\sticci t± t_m aq]ym oQ|lemor vxg st^seim jat± c/m cem|lemor 1m voqe_\ paqejol_feto vameq±m toO heoO p÷sim tµm d}malim 1mdeijm}lemor. Zur Konstruktion B toO heoO d}malir (anstelle von d}malir heoO) bei Paulus vgl. 2Kor 4,7. Zur Konstruktion B toO heoO d}malir im außerbiblischen, paganen Sprachgebrauch vgl. Exkurs VIII. 204 Vgl. SapSal 7,25; 2Makk 9,8; einzige Ausnahme ist 2Makk 3,24, wo von der wundersamen Beschützung des Tempelschatzes wider den vom syrischen König Seleukus nach Jerusalem gesandten Heliodorus die Rede ist: In 2 Makk 3,22 (ebenso 3,15) ist von einer Anrufung des Herrn die Rede und der Bitte, er möge anvertrautes Gut (= den Tempelschatz in Jerusalem, der Gefahr läuft, beschlagnahmt zu werden) unversehrt und sicher bewahren: t± pepisteul]ma to?r pepisteuj|sim s_a diavuk\sseim let± p\sgr !svake_ar. Gott reagiert und lässt eine gewaltige Erscheinung sichtbar werden, sodass diejenigen, die unrechtmäßig in die Schatzkammer des Tempels eingedrungen waren, vor der d}malir des Gottes erschrecken (vgl. 3,24: b t_m pmeu-
Exkurs IX: Zur Genitivkonstruktion d}malir heoO
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fund wäre es denkbar, dass das bereits in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität begegnende Syntagma d}malir eQr sytgq_am, das bei Paulus in Gestalt der Formulierung d}malir heoO eQr sytgq_am erscheint, durch diesen neutestamentlichen Autor eine von der Septuaginta beeinflusste Um- bzw. Neuprägung erfahren hat. Dabei mag der Ausdruck d}malir eQr sytgq_am mit der aus alttestamentlich-jüdischen Texten (LXX) bekannten Genitivkonstruktion (B) d}malir (toO) heoO (bewusst oder unbewusst) amalgamiert worden sein und in diesem Sinne auch eine neue Bedeutung erhalten haben: Bei dem Gott, dem d}malir eQr sytgq_am zugehört und der diese zugunsten der in Gefahr geratenen Menschen (= aller Gläubigen/Gerechten) initiert,205 handelt es sich um den einen Gott Israels, den Schöpfer aller Dinge und Vater Jesu Christi, der, wie Röm 1,18 ff. zeigt, sich gleichzeitig als Richter über die der Sünde verfallenen Menschheit erweist.206 Folgerichtig wäre das Evangelium als von Gott zum Einsatz kommende d}malir eQr sytgq_am u. a. im Lichte alttestamentlicher Passagen zu verstehen, in denen von Gottes (schöpferisch wirksamem) Wort die Rede ist (vgl. Gen 1,3.6; Ps 147,15; Jes 40,8; 55,10 f.; Jer 23,29).207 Betrachtet man die Auslassung der Artikel (B [d}malir]… toO [heoO] …) dagegen eher als zufällig, so wäre es durchaus möglich, die in Röm 1,16 erscheinende Wendung d}malir heoO eQr sytgq_am vollständig in die zeitgenössische pagane Sprache einzupassen: In diesem Sinne hätte die Formulierung eine außerbiblische Parallele in P.Oxy. 11.1381,215–218, ein Passus, in dem der dem Gott Asklepios zugehörigen d}malir syt^qior gehuldigt wird: … eQr p\mta c±q t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior.208 Hier wie dort ist von einer dem einen Gott zugehörigen d}malir
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l\tym ja· p\sgr 1nous_ar dum\stgr 1piv\meiam lec\kgm 1po_gsem ¦ste p\mtar to»r jatatokl^samtar sumekhe?m jatapkac]mtar tµm toO heoO d}malim eQr 5jkusim ja· deik_am tqap/mai). Vgl. dazu auch Apollin. Fragm. Ps. 39,14: d}malir eQr sytgq_am … paq± heoO. Vermittlungsdienste mag dabei Ps 117,5–28 LXX leisten, wo die Vorstellung des in Bedrängnis geratenen Gerechten zum Ausdruck gebracht wird (vgl. 117,15.19.20: vymµ !cakki\seyr ja· sytgq_ar 1m sjgma?r dija_ym … !mo_nat] loi p}kar dijaios}mgr … d_jaioi eQseke}somtai 1m aqt0), den Gott erhört (vgl. 117,5: 1m hk_xei 1pejakes\lgm t¹m j}qiom) und ihm Hilfe gegen die ihn bedrängenden Feinde gewährt (vgl. V. 6–12, bes. V. 6.7.10: j}qior 1lo· bogh|r … p\mta t± 5hmg 1j}jkys\m le, ja· t` am|lati juq_ou Alum\lgm aqto}r). So wendet der als j}qior angesprochene Gott die prekäre Lage seines in Gefahr geratenen Gerechten zum Guten (V. 14.21.28: eQr sytgq_am; vgl. ebenso Rettungsterminologie in V.15.25), und zwar, indem seine Rechte d}malir [eQr sytgq_am] bewirkt (V. 15 f): Deni± juq_ou 1po_gsem d}malim … deni± juq_ou 1po_gsem d}malim). Der Gerechte wird folglich „nicht sterben, sondern leben“ (vgl. V. 17: oqj !pohamoOlai, !kk± f^solai), er wird – trotz schwerer Züchtigungen (gemeint ist wohl die Bedrängnis aus V. 5) – nicht dem Tod preisgegeben (V.18: t` ham\t\ oq paq]dyj]m le). Vgl. Cranfield, Romans I, 87 f. Vgl. dazu Exkurs VIII. So schreibt im Blick auf die Formulierung d}malir eQr sytgq_am in Röm 1,16 auch Cranfield, Romans I, 88: „Both, d}malir and sytgq_a, together with their cognates, figure prominently in Hellenistic religion, and the actual phrase d}malir … heoO eQr sytgq_am … is closely paralleled in P. Oxy. 11.1381. 215–218 (… eQr p\mta c±q t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior – the God is Asklepios). The existence of Hellenistic parallels to Paul’s language here is hardly surprising, since saving power is naturally what most religions are concerned with.“ Zu die Formulierung d}malir eQr sytgq_am betreffenden hellenistischen
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
die Rede, die dieser initiiert, um die Situation der auf der Erde lebenden Menschen, auf die die d}malir trifft, zum Guten, d. h. in Richtung Rettung/Erhaltung (sytgq_a) zu wenden.
2.2.2 Der weitere Kontext von Röm 1,16: Gefährdung, Gottes Zorn und Gericht über alle Menschen (1,18–3,20) Wie bereits angedeutet, begegnet das in Röm 1,16 erscheinende Syntagma d}malir eQr sytgq_am in einem übergreifenden Kontext, der als Gefahrenkontext zu charakterisieren ist. Denn es zeigt sich, dass auf die „programmatische Aussage über das Evangelium als Gottes d}malir zur Errettung (sytgq_a) der ,Glaubenden‘ (pamt· t` piste}omti)“ insofern, als darin „Gottes dijaios}mg als Gerechtigkeit 1j p_steyr eQr p_stim“209 in Erscheinung tritt (!pojak}ptetai), mit … !pojak}ptetai … aqcµ heoO !p’ oqqamoO ab Röm 1,18 eine große „Gerichtsrede“210 folgt211 (vgl. 1,18–3,20).212 Paulus bringt damit die universale Schuldigkeit der Menschheit vor Gott zur Darstellung.213 Wurde in Röm 1,14–17 noch die Möglichkeit der Errettung der gesamten Menschheit214 zur Sprache gebracht, zu welchem Zweck das Syntagma d}malir eQr sytgq_am dort seinen Einsatz findet, so wird in Röm 1,18–3,20 davon ausgehend ein eschatologisches Gefahren- bzw. Unheilszenario mit universaler Ausrichtung
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Parallelen vgl. ebenso bereits Albrecht Dieterich, Eine Mithrasliturgie, Leipzig [u. a.] 31923, 46 f.; Weiss, Der erste Korintherbrief, 26. Vgl. dazu David S. du Toit, Christlicher Glaube als endzeitliche Variante des Glaubens Abrahams, in: Paul-Gerhard Klumbies, David S. du Toit (Hg.), Paulus – Werk und Wirkung. Festschrift für Andreas Lindemann zum 70. Geburtstag, Tübingen 2013, 325–350, 344. Von Gemünden, Todesangst, 244 f. Dazu Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel, 150: „Sytgq_a retains its general meanings of ,salvation‘, ,safety‘ and ,deliverance‘. For the gospel to have this goal and result, a threat of some kind must exist. The combination of sytgq_a and dijaios}mg heoO in v. 17 and aqcµ heoO in v. 18 identifies the threat as one of legal jeopardy at the eschatological trial.“ Dass es sich bei sytgq_a und aqc^ um Terminologie antiker Gerichtssprache handelt, zeigt ders., Paul’s Definitions of the Gospel, 150 f. anhand verschiedener Belege aus griechisch-römischen und jüdisch-hellenistischen Quellen auf. Gerichtsterminologie findet sich im Römerbrief v. a. in Röm 1,18–3,20 sowie in 8,31–39. Zentrale Begrifflichkeiten, die ein Gerichtsszenario aktivieren, sind: Röm 2,1.15: !mapok|cgtor, 2,1.3.12.16.27; 3,4.6.7; 14,3: jq_my, 2,1; 8,3.34; 14,23: jatajq_my, 2,2.3; 3,8; 5,16; 11,33; 13,2: jq_la, 5,16.18; 8,1: jat\jqila, 2,5.8; 3,5: dijaiojqis_a, 2,5,8; 3,5; 4,15; 5,9; 9,22; 13,4 f.: aqc^ (vgl. dazu auch 1 Thess 1,10; 2,16; 5,9 u. ö.), 2,13: d_jaior, dijai|y, 2,15: jatgcoq]y, 8,31: rp³q Bl_m, jah’ Bl_m, 8,33: 1cjak]y, dijai|y; 8,34: 1mtucw\my rp³q Bl_m usw. Einen Überblick bietet Andrie B. du Toit, Forensic Metaphors in Romans and their Soteriological Significance, in: Jan G. van der Watt (Hg.), Salvation in the New Testament: Perspectives on Soteriology, Novum Testamentum 121, Leiden [u. a.] 2005, 213–246. Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel, 194: „Paul designs 1:18–3:20 to establish universal human guilt before the divine tribunal (3:9, 19–20).“ Vgl. 1,14.16: þkkgs_m te ja· baqb\qoir, sovo?r te ja· !mo^toir … Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi; dies allerdings unter der Bedingung der p_stir.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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entfaltet: Es geht um die Gefährdung der gesamten,215 unter der Sünde stehenden216 Menschheit durch Gottes andringendes eschatologisches Zorngericht über die Sünde.217 Die in Röm 1,18 gebrauchte Präsensform !pojak¼ptetai (… !pojak¼ptetai … aqcµ heoO … 1p· p÷sam !s´beiam ja· !dij¸am !mhq¾pym) sagt an dieser Stelle nur etwas über den Zeitpunkt der Offenbarung des Zornes Gottes aus, nichts jedoch über den Zeitpunkt des Zornes, angesichts welchem der Menschheit in ihrer Gesamtheit der Untergang droht:218 der (künftige) Zorn Gottes wird (jetzt) offenbart, d. h. es wird jetzt offenbar, dass künftig (mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit) der Zorn Gottes als endzeitliches Vernichtungshandeln ergehen wird. Folglich ist aqcµ heoO in 1,18 futurisch-eschatologisch zu fassen.219 215 Zur universalen Ausrichtung der Gefährdung vgl. neben Röm 1,18 (!pojak¼ptetai … aqcµ heoO … 1p· p÷sam !s´beiam ja· !dij¸am !mhq¾pym) weitere mit p÷r gebildete Aussagen: 2,9: hk?xir ja· stemowyq¸a 1p· p÷sam xuwµm !mhq¾pou toO jateqcafol´mou t¹ jajºm, Youda¸ou te pq_tom ja· þkkgmor; 3,4: p÷r d³ %mhqypor xe¼stgr; 3,9: pqo,tias²leha c±q Youda¸our te ja· þkkgmar p²mtar rv’ "laqt¸am eWmai; 3,10–18; 3,19: … ja· rpºdijor c´mgtai p÷r b jºslor t` he` usw. 216 Unter der Sünde stehen alle Menschen, Juden wie Nichtjuden (vgl. 3,9–12; 3,19 f.). 217 Zu Gerichtsvorstellungen im Neuen Testament (bzw. bei Paulus) vgl. Egon Brandenburger, Gericht Gottes III. Neues Testament, TRE 12, Berlin [u. a.] 1984, 469–483 (zu Paulus: 475–478). Speziell im Blick auf Röm 1–3 ist dabei eine „Vorstellungskombination“ zu beobachten, „die die Konzeptionen des universalen Zorngerichts als Vernichtungsgerichts (1,18) und des prinzipiell offenen (willkürfreien, unparteiischen) Beurteilungsgerichts im Sinne einer Gerichtsverhandlung (2,5ff), in dem den einen ewiges Leben, den anderen aber Zorn und Grimm zuteil wird, miteinander verbindet“, so lautet (in Anknüpfung an Brandenburger, Gericht Gottes III. Neues Testament, 475) das Fazit von Matthias Konradt, Gericht und Gemeinde: Eine Studie zur Bedeutung und Funktion von Gerichtsaussagen im Rahmen der paulinischen Ekklesiologie und Ethik in 1 Thess und 1Kor, BZNW 117, Berlin 2012, 514. Dass die Gerichtserwartung zwar ein festes Element der paulinischen Zukunftserwartung bildet, dass dies aber nicht bedeutet, dass Paulus eine geschlossene, kohärente und einigermaßen vollständige Vorstellung vom Endgericht entwickelt hat und auch durchhält, ist ebenfalls bei Konradt, Gericht, 10–19; 509 f. zu lesen. Zum Terminus „Zorngericht“ vgl. auch den Exkurs „Die Vorstellung vom Zorngericht Gottes“ bei Konradt, Gericht, 57–73, bes. 65 f.; 67: „,Zorn‘ ist … traditionell im Rahmen der Vorstellung des Vernichtungsgerichts auf Gottes Vernichtungshandeln (z. B. äthHen 91,7–9; Sib IV 152–178; AssMos 10,1–7) oder im Kontext des nur die Sünder betreffenden ,Rechtsverfahrens vor dem Thron‘ auf deren Ergehen nach dem Urteilsspruch bezogen (äthHen 62,1–12).“ 218 Mit der aqc^ (bzw. aqcµ heoO) -Terminologie knüpft Paulus an das griechische Alte Testament an; vgl. hierzu insgesamt Michael Theobald, Zorn Gottes: ein nicht zu vernachlässigender Aspekt der Theologie des Römerbriefs, in: Studien zum Römerbrief, WUNT 136, Tübingen 2001, 68–100. Zur Verwendung von aqc^ (bzw. aqcµ heoO) zur Bezeichnung des endzeitlichen Vernichtungshandelns Gottes bei Paulus (Brandenburger, Gericht Gottes III. Neues Testament, 475) vgl. u. a. Röm 1,18; 2,5.8; 3,5; 4,15; 5,9; 9,22; (12,9); ebenso 1 Thess 1,10; 2,16; 5,9. Treffend schreibt zur aqc^ (bzw. aqcµ heoO)-Terminologie du Toit, Forensic Metaphors, 225: „It is certainly one of the most common judicial terms in the New Testament … However, it is virtually impossible to decide whether and where ,wrath‘ or ,judgement‘ or ,punishment‘ would be its best translational equivalent.“ 219 Vgl. dazu auch die futurischen Aussagen in Röm 2,3.5–10.12 f.16; 3,6.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Dabei werden die Sünder (= die Gottlosen, Ungerechten) von Gott in seinem gerechten endzeitlichen (Straf-)Gericht gerichtet (werden) (vgl. 2,2 f.5.12.16; 3,6),220 welches, wie der Gegensatz to?r l³m … to?r d³ in 2,7 f. zeigt, für die Angeklagten je nach Werken die Möglichkeit eines positiven oder negativen Ausgangs (fy^ aQ~mior … aqcµ ja· hul|r)221 bereithält: d. h. die Situation vermag zugunsten oder zuungunsten der Angeklagten, in Richtung Vernichtung oder in Richtung Erhaltung gewendet zu werden.222 Dass im Rahmen dieser Gefahrenlage zuungunsten der jeweiligen Betroffenen der Tod223 einzutreten droht, sodass es sich um eine Gefahr für Leib und Leben handelt, zeigen die Stellen Röm 1,32; 2,5 f.8 f.12. Ebenso wie zu erwartender h\mator (vgl. 1,32) ist sytgq_a (vgl. 1,16; vgl. ebenso 5,9: syhgs|leha; 7,24: N}setai) für Paulus ein noch ausstehender Vorgang. Wie in 1Kor 1,18–31, wo mittels der einen Kontrast beschreibenden l]m…d] – Konstruktion to?r l³m !pokkul´moir … to?r d³ s\fol´moir auf die unmittelbar bevorstehende, von Gott ausgehende Gefahr eingegangen wird, mit der am „Tag des Herrn“ (vgl. 1Kor 1,8) die gesamte Menschheit konfrontiert wird, ist der Kontext um Röm 1,16 folglich ein eschatologischer: Es geht um (Lebens-)Erhaltung oder Vernichtung224 im eschatologischen Gericht Gottes.
Es fällt auf, dass der Status der ausnahmslos der Sünde ("laqt_a) verfallenen Gattung „Mensch“ im Passus 1,18–3,20, ebenso wie im Textabschnitt 4,5 und 5,6 (vgl. auch 8,26) durch mit !-privativum gebildete Begrifflichkeiten wie !s]beia, !seb^r, !dij_a sowie !shem^r, !sh]meia225 näher be220 Die Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes nach Werken wird am „Tag des Zorns“ erfolgen (vgl. 2,5: 1m Bl]qô aqc/r ja· !pojak}xeyr dijaiojqis_ar toO heoO; vgl. auch 2,16: 1m Ø Bl]qô jq_mei b he¹r t± jqupt± t_m !mhq~pym jat± t¹ eqacc]ki|m lou di± YgsoO WqistoO). Verweise auf den „Tag des Herrn“ bzw. den „Tag des Gerichts“ finden sich u. a. auch in 1Kor 1,8; 3,13–15; 4,4 f.; 5,4 f.; 6,13; 9,22; 15,23–28; Phil 1,10. 221 Dass aqc^ und h\mator für Paulus im Hinblick auf das Ergebnis für den Menschen deckungsgleich sind, ist bei Theobald, Zorn Gottes, 73 zu lesen: „Nach Paulus ist das Geschehen der aqc^ grundsätzlich die eschatologische, d. h. unwiderrufliche postmortale Auslieferung an den h\mator.“ 222 Vgl. 2,7 f.: to?r l³m jah’ rpolomµm 5qcou !cahoO d|nam ja· tilµm ja· !vhaqs_am fgtoOsim, fyµm aQ~miom· to?r d³ 1n 1qihe_ar ja· !peihoOsi t0 !kghe_ô peihol]moir d³ t0 !dij_ô, aqcµ ja· hul|r. 223 Der Begriff h\mator steht in Röm 1,32 also nicht nur für das Ende der irdischen physischen Existenz, sondern für das ewige Verderben (so Konradt, Gericht, 500). 224 Zum Gegensatz von Rettungs- und Vernichtungsterminologie vgl. neben Röm 2,7 f. u. a. auch Röm 5,16: jat\jqila, dija¸yla; 5,18: jat\jqila, dija¸ysir fy/r; 5,21: h\mator, fy^ aQ~mior; 1Kor 1,18: s]feshai, !p|kkushai; 1Kor 5,5: ekehqor, s]feshai; 2Kor 2,12.15 f.: s]feshai, !p|kkushai; h\mator, fy^; Gal 6,8: vhoq\, fy^ aQ~mior; Phil 1,28: !p~keia, sytgq_a (dazu auch 2 Thess 2,10). 225 Dass es sich bei „schwach, ohnmächtig, hilflos“ (!shem^r) und „gottlos“ (!seb^r) um Attribute handelt, die die Vergangenheit der Glaubenden bzw. deren ehemaligen Zustand unter der Sünde kennzeichnen, zeigt Röm 5,6–10, ein Passus, dessen rp]q-timor-!pohm^sjeim-Aussagen (vgl. Röm 5,6.8) in Zusammenhang mit Gottes Zorngericht über die Sünde verstanden werden wollen, so Cilliers Breytenbach, Versöhnung: Eine Studie zur paulinischen Soteriologie, WMANT 60, Neukirchen 1989, 156. Vgl. dazu auch neuerdings die Ausführungen zu Röm
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stimmt wird.226 Da Gott jeden nach seinen Werken richten wird (2,5–11), die !sebe?r allerdings der Werke ermangeln, die von Gott anerkannt werden, kann das Urteil über die !sebe?r, über die "laqtyoko_ kein anderes als die (endzeitliche) Vernichtung sein (vgl. 1,32; 5,12.18; 6,23).227 Insofern die Gattung „Mensch“ in ihrer Gesamtheit als schuldig erwiesen wird und nicht vor Gottes Gericht bestehen kann (vgl. 2,12; 3,9.19), muss sie damit rechnen, im Gericht umzukommen (vgl. 1,32; 2,12;228 5,12.18) und ist, da insgesamt von Tod und Vernichtung betroffen, gleichzeitig in ihrem Bestand bedroht.229 Der Tod steht den Angeklagten also bereits zu Gebote (vgl. 1,32: oR t± toiaOta pq²ssomter %nioi ham²tou eQs¸m),230 und für die an Leib und Leben Gefährdeten ist die Lage ernst.231 2.2.3 Zur Anschlussfähigkeit von Röm 3,23 an Röm 1,16 f. In Anbetracht des in Röm 1,18–3,20 Geschilderten, angesichts dieser „Unheilsdarstellung“232 bzw. „negative[n] Diagnose“233, befindet sich die unter der Sünde stehende Gattung „Mensch“ Paulus zufolge also momentan in einer prekären, ausweg- bzw. aussichtslosen Lage.234 Sucht man vor dem Hinter-
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5,6–10 bei Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd.1, 274–360. Vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.2.6. Zur Wortgruppe um !s]beia, !seb^r und !dij_a (!shem^r, !sh]meia), sämtlich Begrifflichkeiten, die eine Negation/ein Nichtvorhandensein/einen Mangel (an eqs]beia und dijaios}mg) bezeichnen, womit wiederum das akute Bedroht- bzw. Gefährdetsein im göttlichen (End-)Gericht einhergeht, vgl. speziell Röm 1,18: !pojak}ptetai … aqcµ heoO !p’ oqqamoO 1p· p÷sam !s]beiam ja· !dij_am !mhq~pym t_m tµm !k^heiam 1m !dij_ô jatew|mtym; 1,29; 2,8; 3,5; 4,5; 5,6; vgl. ebenso 8,26: t¹ pmeOla sumamtikalb\metai t0 !sheme_ô Bl_m usw. Breytenbach, Versöhnung, 156. Das in Röm 2,12 gebrauchte Verbum !p|kkushai bedeutet „im Gericht umkommen“; vgl. dazu ebenso den Gebrauch des Verbums in eben dieser Bedeutung in 1Kor 1,18; vgl. Andreas Lindemann, Der erste Korintherbrief, HNT 9,1, Tübingen 2000, 44. Dass die Gefahr indizierenden Begrifflichkeiten hk?xir und stemowyq_a (Röm 2,9) im Unheilskontext des göttlichen Gerichts demselben Assoziationsfeld angehören wie beispielsweise die !poq_a-Begrifflichkeit, zeigt u. a. Jes 8,22 LXX. Vgl. du Toit, Forensic Metaphors, 228: „-nior plus the genitive was widely applied to indicate a person’s guilt or surmised guilt.“ Zu der Vorstellung, dass die Sünder beim endgerichtlichen (Vernichtungs-)Handeln Gottes zugrunde gehen vgl. auch PsSal 15,5 (… akehqeOsai p÷sam rp|stasim "laqtyk_m).8(… oqj 1jve}nomtai oR poioOmter !mol_am t¹ jq_la juq_ou).9.10.12 (… !pokoOmtai "laqtyko· 1m Bl]qô jq_seyr juq_ou eQr t¹m aQ_ma).13 ("laqtyko· !pokoOmtai eQr t¹m aQ_ma wq|mom); dass Gott die Sünder zum Verderben bestimmt (= eQr !p~keiam, im Gegensatz zu eQr sytgq_am), findet sich auch in PsSal 16,5. Vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 129. Vgl. Klaus Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, THKNT 6, Leipzig 42012, 101 f. Ernst Käsemann, An die Römer, HNT 8a, Tübingen 41980, 85 spricht von „Ausweglosigkeit“; Schnelle, Einleitung, 146, von einer „ausweglosen Situation des Menschen“; du Toit, Glaube, 339 von einer aussichtlosen Situation.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
grund des in 1,18–3,20 entfalteten Bedrohungsszenarios235 die Umgebung von 1,16 f. und 1,18–3,20 nun weiter nach Begrifflichkeiten (Verben und/oder Adjektiven) ab, die, gestellt in den Rahmen eines Gefahrenkontextes, die Vorstellung aktivieren, dass sich die (mit Gottes Zorn und Gericht konfrontierte) Menschheit als akut gefährdete Größe in einem Zustand der Ohnmacht, Ausweglosigkeit und des Mangels an Mitteln befindet, um drohendes Unheil (= Tod und Verdammnis) abzuwenden,236 so stellt sich heraus, dass sich das Verbum !poq]y (+ Gen.: „Mangel leiden/haben an etw.“), welches in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität für eine derartige Zustandsbeschreibung gängigerweise im Gebrauch ist,237 im Römerbrief an keiner Stelle auffinden lässt.238 Aber man stößt in Röm 3,23 auf ein Synonym, nämlich das Verbum rsteq]y (+ Gen.).239 Die Bedeutung „Mangel haben, leiden“, „ermangeln“240 (+ Gen.) wird für rsteq]y im Hellenismus häufiger,241 „wobei das pass.-deponentiale dem akt. Genus unterschiedslos an die Seite tritt.“242 Der Genitiv der Sache bezeichnet immer das, was nicht zur Verfügung steht, was fehlt, woran man Mangel leidet bzw. bedürftig ist.243 235 Vgl. von Gemünden, Todesangst, 244, die mit Blick auf 1,18–3,20 schreibt: „Paulus entfaltet hier ein allgemeines Bedrohungsszenario, das vom apokalyptischen Denken geprägt ist.“ 236 Eine Gleichsetzung von Gefahr bzw. Gefährdung (j_mdumor) und Zorn (aqc^) findet sich interessanterweise bereits bei Aristoteles, vgl. Rhet. 1382a: Dieses nämlich ist Gefahr: die Annäherung von Furchbarem. Solcher Art sind die Feindschaft und der Zorn derer, die etwas auszurichten vermögen; denn es ist offenkundig, dass sie wollen, sodass die Ausführung der Tat nahe ist (toOto c\q 1sti j_mdumor, vobeqoO pkgsiasl|r. toiaOta d³ 5whqa te ja· aqcµ dumal]mym poie?m ti [d/kom c±q fti bo}komtai te ja· d}mamtai, ¦ste 1cc}r eQsim toO poie?m]). Deutsche Übersetzung Franz G. Sieveke, Aristoteles: Rhetorik, UTB 159, München 41993. 237 Vgl. zum gemeinsamen Gebrauch von !poqe?m (%poqor, !poq_a) und d}malir, s]feim, sytgq_a (d}malir eQr sytgq_am) z. B. Plat. Prot. 320c 8–322a 2; Them. Ep. 20,20–121; Philo Vit. Mos. 2,247.250 f.; Virt. 48 ff. 238 Vgl. dagegen 2Kor 1,8: oq c±q h]kolem rl÷r !cmoe?m, !dekvo_, rp³q t/r hk_xeyr Bl_m t/r cemol]mgr 1m t0 )s_ô, fti jah ’ rpeqbokµm rp³q d}malim 1baq^hglem, ¦ste 1napoqgh/mai Bl÷r ja· toO f/m; 2Kor 4,7.8.9: 5wolem d³ t¹m hgsauq¹m toOtom 1m astqaj_moir sje}esim, Vma B rpeqbokµ t/r dum\leyr × toO heoO ja· lµ 1n Bl_m· 1m pamt· hkib|lemoi !kk’ oq stemowyqo}lemoi, !poqo}lemoi !kk’ oqj 1napoqo}lemoi, diyj|lemoi !kk’ oqj 1cjatakeip|lemoi, jatabakk|lemoi !kk’ oqj !pokk}lemoi. Vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.1.1; V./2.1.2. 239 Vgl. dazu BDR §101, wo für !poqe?m (di-; 1n-; die koine bevorzugt !poqe?shai) auf rsteqe?m (rsteqe?shai) et vice versa hingewiesen wird. 240 Vgl. zu dieser Bedeutung von rsteq]y (+ Gen.) neben Röm 3,23 (rsteqoOmtai t/r d|ngr) auch Lk 22,35 (fte !p]steika rl÷r %teq bakkamt_ou ja· p^qar ja· rpodgl\tym, l^ timor rsteq^sate; oR d³ eWpam, oqhem|r), so BDR § 180. Vgl. dazu auch 1Kor 1,7, wo die Präpositionalphrase 1m + Dat. einer Genitivkonstruktion entspricht: ¦ste rl÷r lµ rsteqe?shai 1m lgdem· waq_slati, !pejdewol]mour tµm !poj\kuxim toO juq_ou Bl_m YgsoO WqistoO; ebenso den Gebrauch von rsteqe?shai in 1Kor 8,8; 12,24; 2Kor 11,5.9; 12,11; Phil 4,12 (mit peqisse}eim als Gegensatz). 241 Vgl. Robert Helbing, Die Kasussyntax der Verba bei den Septuaginta: ein Beitrag zur Hebraismenfrage und zur Syntax der Koine¯, Göttingen 1928, 174. 242 So Ulrich Wilckens, Art. vsteqor jtk., ThWNT 8, 590–600, 591 (Anm. 4, im Verweis auf Helbing, Kasussyntax, 174). 243 Vgl. dazu Wolter, Der Brief an die Römer, 252, der wiederum auf Ceslas Spicq, TLNT 3, Peabody 1994, 428 ff. verweist.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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Dass beide Verben, !poq]y (+ Gen.) und rsteq]y (+ Gen.), ihrer Bedeutung nach („Mangel leiden/haben“, „bedürfen“) mehr oder weniger deckungsgleich sind, unterstreicht der Blick in die Septuaginta:244 Dort überwiegt im Gebrauch von rsteq]y die Bedeutung „Mangel leiden/haben“.245 An den meisten Stellen liegt im Hebräischen die Wurzel LE; zugrunde246 (vgl. z. B. Ps 22 (23),1; Neh 9,21).247 Als Synonym zu rsteq]y tritt neben !poq]y (vgl. Sir 10,27;248 Sap 11,5; Prov 31,11) auch 1md]olai (+ Gen. = „Mangel haben, bedürfen“, vgl. z. B. Dtn. 15,8) auf.249
In Röm 3,23250 blickt Paulus mit … oq c\q 1stim diastok^· p\mter c±q Flaqtom251 resümierend252 auf die Einheit 1,18–3,20 (inbesondere auf 3,9–19) zurück:253 In Verbindung mit dem Verbum "laqt\my bringt das Subjekt p\mter hier die Universalität der Verfehlung der Gattung „Mensch“ zum Ausdruck, von der Juden wie Nichtjuden gleichermaßen betroffen sind. Die Wendung p\mter … Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO zeigt des Weiteren an, dass der Universalität der Befindlichkeit unter der Sünde die Universalität eines Mangelzustands entspricht:254 Wie das Präsens des Verbums rsteqe?shai (+ Gen.), rsteqoOmtai, indiziert, leiden alle Menschen, insofern sie sich im Zustand der !s]beia und !dij_a (vgl. 1,18) befinden und im Zuge des göttli244 Vgl. dazu die Ausführungen bei Helbing, Kasussyntax, 171; 173 f. 245 Vgl. dazu Wilckens, Art. vsteqor jtk., 592 (Anm. 7): „Zu etwa gleichen Teilen u ganz promiscue werden das Akt u das Med gebraucht“; auch im Neuen Testament findet sich, so ders., Art. vsteqor jtk., 594, der aktivische (rsteqe?m) unterschiedslos neben dem deponentialen Gebrauch (rsteqe?shai). 246 Von insgesamt 21 LXX-Belegen gibt rsteq]y an 14 Stellen das hebr. Verb LE; wieder. Umgekehrt ist die Wurzel LE;, die im HT 63mal belegt ist, an insgesamt 23 Stellen durch rsteq]y und Derivate übersetzt, so Wilckens, Art. vsteqor jtk., 592. 247 Vgl. dazu auch PsSal 18,1.2: J}qie, t¹ 5ke|r sou 1p· t± 5qca t_m weiq_m sou eQr t¹m aQ_ma, B wqgst|tgr sou let± d|lator pkous_ou 1p· Isqagk· oR avhaklo_ sou 1pibk]pomter 1p’ aqt\, ja· oqw rsteq^sei 1n aqt_m. 248 Exemplarisch sei hier auf Sir 10,27 verwiesen, wo es heißt: Besser einer, der arbeitet und großen Reichtum gewinnt, als einer, der vornehm tut und der Speise(n) ermangelt (= nichts zu essen hat) (jqe_ssym 1qcaf|lemor ja· peqisse}ym 1m p÷sim C peqipat_m donaf|lemor ja· !poq_m %qtym). Mit den Zeugen 4B C liest Rahlfs’ LXX hier !poq_m %qtym, bei A findet sich dagegen die Variante rsteq_m %qtym. Vgl. dazu auch Helbing, Kasussyntax, 173. 249 Vgl. Wilckens, Art. vsteqor jtk., 592. 250 Vgl. … oq c\q 1stim diastok^·p\mter c±q Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO. 251 Vgl. zum Gebrauch des Aorists Flaqtom bereits 2,12: … fsoi c±q !m|lyr Flaqtom, !m|lyr ja· !pokoOmtai· ja· fsoi 1m m|l\ Flaqtom, di± m|lou jqih^somtai; zur Wendung p\mter Flaqtom vgl. 5,12: … ja· ovtyr eQr p²mtar !mhq¾pour b h²mator di/khem, 1v’ è p²mter Flaqtom. 252 Mit Cranfield, Romans I, 204; Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel, 199; Douglas J. Moo, The Epistle to the Romans, NICNT, Grand Rapids [u. a.] 1998, 226: „Paul reduces the argument of 1:18–3:20 to its essence in a justly famous statement of the condition of all people outside Christ: ,all have sinned‘.“ 253 Vgl. Röm 3,9: … Youda_our te ja· þkkgmar p\mtar rv’ "laqt_am eWmai; 3,19: … Vma p÷m st|la vqac0 ja· rp|dijor c]mgtai p÷r b j|slor t` he`. 254 Aus Röm 5,12 geht hervor (vgl. die bereits aus 3,23 bekannte Wendung p\mter Flaqtom!), dass Paulus diese Lage an späterer Stelle auf die Adamsgestalt zurückführt, in welchem das UrsacheFolge-Verhältnis von Sünde und Tod (5,12.14–18.21) ihren Anfang nahm.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
chen Gerichtes mit Tod und Vernichtung rechnen müssen (vgl. 1,32; 2,12; 2,5 f.8 f.; 3,8), momentan Mangel an der d|na toO heoO. Geht man also von der Annahme aus, dass eine Situation der Gefährdung, der Ausweglosigkeit und des „Mangelleidens an etw.“, wie sie das Verbum rsteqe?shai (+ Gen.) im Verweis auf die p\mter als von Gefahr betroffener Entität signalisiert, den weiteren Rahmen bildet (vgl. 1,18–3,20; 3,23), in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am in 1,16 zur Anwendung kommt, so hat es darüber hinaus den Anschein, als stellte die d|na toO heoO für die Gattung „Mensch“, die sich gegenwärtig in prekärer, aussichtsloser Lage befindet, ein unerlässliches (Abwehr-, Schutz- bzw. Verteidigungs-)Mittel dar, welches für das Bestehen bzw. Überleben (vgl. 2,7: für die Erlangung des ewigen Lebens)255 im göttlichen Endgericht notwendig ist: Jeder Mensch ermangelt (aufgrund seines Mangelleidens an d|na toO heoO) der Mittel, um der mit Gottes Gericht sich anbahnenden Gefahr zu trotzen.
Exkurs X: Zur Semantik von rsteqe?m (+ Gen.): Röm 3,23 (rsteqoOmtai [+ Gen.]) vor dem semantischen Hintergrund von Jos. Ant. 1,72–103, Ant. 5,210–229 und Ant. 15,199–200 Für eine umfassende Klärung der Bedeutung bzw. des Aussagegehaltes des in Röm 3,23 zum Einsatz kommenden Verbums rsteqe?shai (+ Gen.) und um die implizite (= von der enzyklopädischen Kompetenz des antiken Lesers getragene) Kohärenz, die zwischen Röm 3,23 und 1,16 f. besteht, herauszustellen, empfiehlt es sich, Textmaterial aus der Umwelt des frühen Christentums hinzuzuziehen, wo das Verbum rsteqe?m, rsteqe?shai (+ Gen.) explizit gebraucht wird. Aus entsprechenden Belegstellen geht nun hervor, dass rsteqe?m, rsteqe?shai (+ Gen.) in der Regel ein „Mangelleiden“ an einem Gut256 (= oftmals an einem für die Lebenserhaltung notwendigen Gut) bezeichnet.257 Auf einige Belege, die aus der Feder des Josephus (1. Jh. n. Chr.) stammen, sei im Folgenden näher eingegangen (vgl. Ant. 1,72–103; Ant. 5,210–229; Ant. 15,199–200).258
255 Vgl. Röm 2,6 f.: … dr !pod¾sei 2j²st\ jat± t± 5qca aqtoO·to?r l³m jah’ rpolomµm 5qcou !cahoO dºnam ja· tilµm ja· !vhaqs¸am fgtoOsim fyµm aQ¾miom… 256 So auch Flebbe, Solus Deus, 83 (im Verweis auf Jos. Ant. 15,200). 257 So schreibt beispielsweise der attische Komödiendichter Klearchos (4 Jh. v. Chr., Fragm. 1): mum· d³ pq|teqom toO p|mou tµm Bdomµm pqokalb\momter rsteqoOlem t!cahoO. Vgl. ebenso Dem. Or. 19,332: pokk_m rsteq_m; Diod. Sic. Hist. 18,71,5: wqe_ar rsteqoOmto; Jos. Ant. 1,98: rsteq_sim !cah_m; 2,261,4: !loib/r rsteqoOsam; 5,214: pk^hour rsteqe?m; 15,200: l^te oUmou l^te vdator … rsteqgh/mai. 258 Griechischer Text: Benedikt Niese (Hg.), Flavii Iosephi opera, Bd. 1–7, Berlin 1885–90 (ND 1955). Übersetzung im Folgenden in Anlehnung an Heinrich Clementz, Flavius Josephus: Jüdische Altertümer, Wiesbaden 22006.
Exkurs X: Zur Semantik von rsteqe?m (+ Gen.): Röm 3,23
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In Jos. Ant. 1,72–103 kommt rsteqe?m (+ Gen.) im Rahmen eines übergreifenden Gefahrenkontextes zur Anwendung.259 Der Gegensatz von Rettungs-260 und Vernichtungsterminologie261 durchzieht die ganze Textpassage. In Anlehnung an die Sintfluterzählung des Pentateuch (vgl. Gen 6–9) schildert Josephus hier, wie Gott beschließt, das Menschengeschlecht262 in seiner Gesamtheit ihrer Ungerechtigkeit und Schlechtigkeit wegen zu vernichten und ein anderes, von Sünde reines an seine Stelle zu setzen.263 Dem darauffolgenden, mit der Flut eintretenden, universal ausgerichteten Vernichtungshandeln Gottes kontrastiert allerdings die Errettung/Bewahrung des Noah um seiner Gerechtigkeit willen,264 indem Gott selbst ihm durch den Bau einer den Fluten wehrenden Arche ein Mittel und einen (Aus-)Weg zur Rettung offenbart (vgl. 1,76: … oR l³m ovtyr !vam_fomtai p\mter, M_wor d³ s~fetai l|mor rpohel]mou lgwamµm aqt` ja· p|qom pq¹r sytgq_am toO heoO toia}tgm).265 Nach Beendigung der Flut fürchtet Noah, der die Vernichtung der Menschen beschlossen habende Gott (1,96: b he¹r vhoq±m !mhq~pym jataxgvis\lemor) könnte jedes Jahr solche Wasserfluten schicken. Josephus schreibt (vgl. 1,96–99): Daher brachte er [= Noah] ein Brandopfer dar und flehte zu Gott, er möge die frühere Weltordnung wieder einführen und keine solche Flut, die jeder Gattung an Lebewesen den Untergang drohe, wieder zu erlassen (…1de?to t¹m he¹m … lgd³m 5ti toioOtom 1pemecje?m p\hor, rv’ ox jimdume}sei p÷m !pok]shai t¹ t_m f]ym c]mor), sondern er möge die Bösen bestrafen, der Guten aber sich erbarmen und sie vor so kläglichem Unheil (t¹ deim¹m) bewahren … Er bat also Gott, sein Opfer mit gnädiger Huld anzunehmen und keinen derartigen Zorn mehr auf die Erde zu senden (… lgdel_am aqcµm 1p· tµm c/m blo_am bake?m), damit sie – an der Bearbeitung dieser (Erde) 259 Zu Terminologie, die eine Gefahrenlage signalisiert, vgl. Ant. 1,73: 5mhem 2auto?r t¹m he¹m 1nepok]lysam; 1,96: … lgd³m 5ti toioOtom 1pemecje?m p\hor, rv’ ox jimdume}sei p÷m !pok]shai t¹ t_m f]ym c]mor; 1,96: t¹ deim|m; 1,98: aqcµm 1p· tµm c/m … bake?m; 1,101: let± tosa}tgr aqc/r. 260 Zu Begrifflichkeiten, die auf Rettung bzw. Erhaltung verweisen vgl. Ant. 1,76: s]fetai; 1,79: dias~fetai; 1,97: sesysl]moi, tgqghe?em; 1,100: waq_sashai t¹ f/m. 261 Zu Begrifflichkeiten, die auf Zerstörung bzw. Vernichtung verweisen vgl. Ant. 1,75: p÷m fsom … !mhq~pimom… diavhe?qai; … !vam_fomtai p\mter (vgl. auch 1,100: diavhe_qeim); 1,90: toOto Gm t¹ aUtiom toO lµ diasyh/mai pke_omar vuc/r !voqlµm oqj 5womtar; 1,96: b he¹r vhoq±m !mhq~pym jataxgvis\lemor (jataxgv_folai); 1,96: !pok]shai (!p|kkushai); 1,97: tµm !p~keiam; 1,99: to»r dievhaql]mour … !pok]sai; 1,99: !vam_sai (!vam_feim). 262 Dass der Status der gesamten menschlichen Gattung durch Ungerechtigkeit und Schlechtigkeit gekennzeichnet ist, zeigen: Ant. 1,72: letab\kkomtai pq¹r t¹ we?qom … l^te t±r memolisl]mar til±r 5ti t` he` paq]womter l^te toO pq¹r !mhq~pour dija_ou poio}lemoi k|com; 1,72: f^kysim … t/r jaj_ar; 1,99: jaj_ô … t0 oQje_ô; 1,101: 1p· to?r !dij^lasim. 263 Vgl. 1,72.75: p÷m fsom Gm !mhq~pimom t|te d|nam aqt` diavhe?qai ja· poi/sai c]mor 6teqom pomgq_ar jahaq|m. 264 Vgl. 1,75: b d³ he¹r toOtom l³m t/r dijaios}mgr Ac\pgse; 1,99: 1p· dijaios}m,! 265 Als durch Gott dargereichtes Mittel zur Lebenserhaltung besitzt der in Ant. 1,76 erscheinende Ausdruck lgwam^ … ja· p|qor pq¹r sytgq_am eine defensive Bedeutung: es geht – paradoxerweise – um ein von Gott zur Verfügung gestelltes Mittel zur Erhaltung/Sicherung des dauerhaften Bestandes der Gattung „Mensch“ vor dem Zorn Gottes (= Überschwemmung des festen Landes mit Wasser, um alle Menschen zugrunde zu richten).
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
verharrend und Städte bauend – glücklich leben könnten und nicht an einem der Güter Mangel leiden, welche sie auch vor der Flut genossen (hatten) (… ja· lgdem¹r ¨m ja· pq¹ t/r 1polbq_ar !p]kauom rsteq_sim !cah_m). Als Noah diese Bitten ausgesprochen, verhieß ihm Gott deren Erfüllung, weil er ihn wegen seiner Gerechtigkeit liebte (b he¹r 1p· dijaios}m, t¹m %mdqa !cap_m 1p]meuem aqt` t±r eqw±r). Aus dem gemeinsamen Gebrauch der Wortverbindung 1p· tµm c/m mit der 3. Pers. Pl. (= „damit sie …“), ebenso wie aus dem weiteren Kontext Ant. 1,96–101266 geht hervor, dass mit „sie“ die gesamte Menschheit/Gattung „Mensch“ gemeint ist, die erst von Gott ins Leben gerufen und aufgrund ihrer Ungerechtigkeit und Schlechtigkeit schließlich bestraft worden war.267 Wie Ant. 1,98 zeigt, bittet Noah Gott nach dem Ende des göttlichen Vernichtungshandeln (= Flut), „keinen derartigen Zorn (lgdel_am aqcµm) mehr auf die Erde zu senden (1p· tµm c/m), damit sie … nicht an einem der Güter Mangel leiden, welche sie auch vor der Flut genossen“ hatten (… ja· lgdem¹r ¨m ja· pq¹ t/r 1polbq_ar !p]kauom rsteq_sim !cah_m). Im zweiten Teil dieser von Noah geäußerten Bitte findet sich das Verbum rsteq]y (+ Gen.). Clementz übersetzt hier mit „Auch möge er ihnen [= den überlebenden Menschen auf der Erde] alles Gute, wie vor der Flut, wieder gewähren.“ Diese Übersetzung, welche u. a. die Wiedergabe der Verbalkonstruktion rsteq_sim !cah_m betrifft, bringt das reziproke Rollenverhältnis zum Ausdruck, das im Gebrauch des Verbums rsteqe?m (+ Gen.) mitschwingt: Als Folge der Flut bzw. des Vernichtung bringenden Zornes, den Gott aufgrund der sündigen Menschheit auf die Erde wirft, tritt für die überlebenden Menschen, wie die Verbindung rsteq_sim !cah_m indiziert, ein momentaner Mangelzustand an lebenserhaltenden Gütern ein; eine prekäre Lage, weshalb der an Gott ergehenden Bitte, „sie mögen nicht an einem der Güter Mangel leiden“ auf implizite Weise die Bitte um Gewährung dieser Güter korrespondiert. Auf die tatsächlich eintretende Gewährung weist im vorliegenden Text das Verbum 1pime}y (+ Akk., vgl. 1,99) hin. Dass das ein momentanes Mangelleiden zum Ausdruck bringende Verbum rsteqe?m (+ Gen.) für gewöhnlich im Text zu Verben in 266 Vgl. dazu Ant. 1,99–101: Als Noah diese Bitten ausgesprochen, verhieß ihm Gott deren Erfüllung, weil er ihn wegen seiner Gerechtigkeit liebte, indem er hinzufügte, nicht er habe die in der Flut Umgekommenen ins Verderben gestürzt, sondern sie hatten nur die Strafe für ihren Frevel erlitten (oute to»r dievhaql]mour k]cym aqt¹r !pok]sai, jaj_ô d³ t0 oQje_ô ta}tgm aqto»r rposwe?m tµm d_jgm). Denn er würde sie nicht ins Leben gerufen haben, wenn er sie später hätte zu Grunde richten wollen, da es besser sei, das Leben überhaupt nicht zu geben (lgd³ waq_sashai t¹ f/m), als es später wieder zu vernichten (C d|mta toOto diavhe_qeim). „Aber“, sprach Gott, „weil sie mir durch ihre Sünden solche Schmach angetan, haben sie mich zu diesen Strafen herausgefordert (to}toir 1nebi\samt| le ta}tgm aqto?r 1pihe?mai tµm d_jgm). Übrigens will ich sie nicht mehr mit solcher Wucht züchtigen, umso mehr, da du für sie bittest (pa}solai d³ toO koipoO let± tosa}tgr aqc/r t±r tilyq_ar 1p· to?r !dij^lasim eQspqatt|lemor ja· pok» l÷kkom soO paqajakoOmtor).“ 267 Zu Bestrafungsterminologie vgl. Ant. 1,75: jatadij\feim (t/r jaj_ar); 1,96: … tetilyqgl]mom to»r pomgqo»r; 1,99: jaj_ô d³ t0 oQje_ô ta}tgm aqto»r rposwe?m tµm d_jgm; 1,100: 1pihe?mai tµm d_jgm; 1,101: pa}solai … toO koipoO let± tosa}tgr aqc/r t±r tilyq_ar 1p· to?r !dij^lasim eQspqatt|lemor; 1,102: to»r … jok\fomtar.
Exkurs X: Zur Semantik von rsteqe?m (+ Gen.): Röm 3,23
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Beziehung steht, die im Verweis auf eine vermögende Instanz ein Geben/Gewähren/ Darreichen bedeuten, zeigen die folgenden weiteren Belege. Auch das in Ant. 5,214 begegnende Verbum rsteq]y (+ Gen.) ist mit Ant. 5,210–229 in einen Kontext gestellt, in dem von einer großen Notlage die Rede ist. Die von feindlichen Fremdvölkern bedrängten Israeliten wenden sich angesichts einer Hungersnot (vgl. 5,212: kil|r) an Gott mit der Bitte um Errettung aus der Not (… ja· tq]pomtai pq¹r Rjete_am toO heoO s~feim aqto»r paqajakoOmter). Mittels einer Erscheinung bekommt Gideon den göttlichen Auftrag erteilt, er solle seinem Volk die Freiheit wiedererringen (5,214: … peiq÷shai t/r 1keuheq_ar !mas~feim). Josephus schreibt (Ant. 5,214): Gideon aber antwortete, das sei unmöglich, denn sein Stamm sei zu gering an Zahl (…t^m te c±q vukµm 1n Hr rp/qwe pk^hour rsteqe?m) und er selbst noch zu jung, um an so etwas auch nur denken zu können. Gott aber verhieß ihm, er werde ihm das, was ihm mangele, ersetzen und den Israeliten den Sieg gewähren, wenn Gideon sie nur führen wolle (b d³ he¹r aqt¹r !mapkgq~seim t¹ ke?pom 1pgcc]kketo ja· m_jgm paq]neim Ysqagk_tair aqtoO stqatgcoOmtor). Der Passus zeigt, dass Gott angesichts einer Situation akuter Bedrängnis einen gegenwärtigen Mangelzustand bzw. ein Mangelleiden an einem für die Errettung aus dieser Lage unbedingt notwendigen Gut (hier: die Zahl an kampfesfähigen Männern) zu beheben vermag. So geht das Verbum rsteqe?m (+ Gen., vgl. 5,214: pk^hour rsteqe?m) ein bedeutungsmäßiges Wechselverhältnis mit den Verben !mapkgqoOm (= „eine Lücke ausfüllen, ersetzen“) und paq]weim ein, mit Gott als aus Gefahr zu erretten vermögendem Handlungsträger. Abschließend ist noch auf Ant. 15,199.200 zu blicken: Zu Ptolemais empfing er [= Herodes] ihn [= den Cäsar] mit wahrhaft königlicher Pracht; auch bewirtete er sein Heer und versorgte es mit allem Notwendigen reichlich (…paq]swem d³ ja· t` stqate}lati n]mia ja· t_m 1pitgde_ym !vhom_am …) … Desgleichen gewährte er ihnen für ihren Durchzug durch die Wüste die Ausstattung mit allem Notwendigen, sodass sie weder Mangel an Wein noch an Wasser hatten, an was die Soldaten den größten Bedarf hatten (paq]swem d³ ja· tµm %mudqom dieqwol]moir tµm t_m 1peic|mtym woqgc_am, ¢r l^te oUmou l^te vdator, d ja· l÷kkom Gm 1m wqe_ô to?r stqati~tair, rsteqgh/mai). Obendrein schenkte er dem Cäsar achthundert Talente (aqt|m ce lµm Ja_saqa tak\mtoir ajtajos_oir 1dyq^sato …) … Erneut wird das Verbum rsteqe?shai (+ Gen.) in einem Kontext vorgefunden, wo das Überleben einer (von Lebensgefahr potentiell betroffenen) Größe infrage gestellt wird. Den in wasserarmen Gegenden möglicherweise einen Mangel an Wasser/Wein leidenden, sich im Zustand der Bedürftigkeit befindenden Soldaten korrespondiert die großzügige Gewährung/Ausstattung mit lebenserhaltenden Mitteln seitens einer vermögenden Instanz, hier in Gestalt des Herodes (paq]swem … tµm t_m 1peic|mtym woqgc_am, ¢r l^te oUmou l^te vdator … rsteqgh/mai). Ein möglicher Mangelzustand der Soldaten wird mit der Gewährung der zur Behebung des Mangels notwendigen
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Güter (Wasser, Wein) folglich behoben. Erneut begegnen in der unmittelbaren Umgebung von rsteqe?shai (+ Gen.) in diesem Zusammenhang Verben, die ein Geben/Gewähren/Darreichen beschreiben (paq]weim, dyqe?shai). Aus den genannten Belegen bei Josephus geht hervor (vgl. Ant. 1,98; 5,214; 15,199.200), dass dem momentanen Mangelleiden einer durch Bedürftigkeit/Ohnmacht/Passivität gekennzeichneten Größe an etw. (an einem Gut), wie ihn das Verbum rsteqe?m (im Akt. oder Pass. [+ Gen. der Sache]) zum Ausdruck bringt, vermögende Instanzen (Menschen oder die Gottheit) begegnen, welche diesen unheilvollen Zustand zu beheben in der Lage sind (d. h. die einem Mangel Abhilfe zu schaffen vermögen). Die Möglichkeit der Behebung des Mangels signalisieren auf solche vermögenden Instanzen als Handlungsträger verweisende Verben wie !mapkgqoOm, paq]weim (+ Akk./+ Dat.)268 und/oder dyqe?shai. d. h. ein (faktisches o. mögliches) Mangelleiden wird, wie der unmittelbare Kontext zeigt, seitens dieser Instanzen behoben, indem man dem Betroffenen ein (sich als lebensnotwendig erweisendes) Gut gewährt oder schenkt. So kann man darauf schließen, dass dem Gebrauch von rsteqe?m (+ Gen.) in der Regel Verben, die die Gewährung eines Gutes beschreiben, korrespondieren; nämlich insofern als dem Zustand des Mangelleidens auf semantischer Ebene die Gewährung eines Gutes, um den Mangel zu beheben, entspricht.
Das Augenmerk lag bisher auf einer Bestimmung der Bedeutung des in Röm 3,23 zur Anwendung kommenden Verbums rsteqe?shai (+ Gen.). Um zu klären, welcher Aussagegehalt sich hinter dem in 3,23 gebrauchten Syntagma (p\mter … Flaqtom …) rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO verbirgt, bedarf dieses in einem nächsten Schritt einer traditionsgeschichtlichen Verortung. Exkurs XI: Zum traditionsgeschichtlichen Hintergrund des Syntagmas (p\mter … Flaqtom …) rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO in Röm 3,23 Als Verstehenshintergrund von Röm 3,23 hat mit großer Wahrscheinlichkeit die „in verschiedenen Schichten der antik-jüdischen Tradition belegte Vorstellung von der d|na als paradiesische[r] Heilsteilhabe des Menschen“269 zu gelten. Zu verweisen ist in diesem Sinne auf ApkMos 20,1–2; 21,5.6, wo der Verlust270 und die Entfremdung
268 Vgl. Ant. 5,214: … m_jgm paq]neim Ysqagk_tair; Ant. 15,199: paq]swem … t` stqate}lati n]mia ja· t_m 1pitgde_ym !vhom_am; 15,200: paq]swem … dieqwol]moir tµm t_m 1peic|mtym woqgc_am. 269 Flebbe, Solus Deus, 84. 270 Den Verlust der Gottebenbildlichkeit im Sündenfall als Verstehenshintergrund voraussetzend, übersetzen Eduard Lohse, Der Brief an die Römer, KEK 4, Göttingen 2003, 131; Käsemann, An die Römer, 85; 89; Wilckens, Der Brief an die Römer, 188; Heinrich Schlier, Der Römerbrief, HThK VI, Freiburg [u. a.] 21979, 107; Cranfield, Romans I, 204 u. a. das Syntagma rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO mit: … sind verlustig der Herrlichkeit Gottes (Wilckens, Der Brief an die
Exkurs XI: Zum traditionsgeschichtlichen Hintergrund des Syntagmas
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von Gottes d|na („Herrlichkeit“) in Anlehnung an Gen 3 als Folge menschlicher Sünde/Gebotsübertretung gedeutet wird:271 Und in derselben Stunde [d. h. nachdem Eva von der verbotenen Frucht gegessen hatte] wurden meine Augen aufgetan, und ich erkannte, dass ich entblößt war von der Gerechtigkeit, mit der ich bekleidet [gewesen] war (fti culmµ Elgm t/r dijaios}mgr Hr Elgm 1mdedul]mg). Und ich weinte und sprach (zur Schlange): Warum habe ich dies gemacht, dass ich meiner Herrlichkeit entfremdet wurde? (fti !pgkkotqi~hgm 1j t/r d|ngr lou). … … und nachdem ich [Eva] ihn schnell überredet hatte, aß er. Und es wurden seine Augen geöffnet und er erkannte sein Entblößtsein (ja· 5cmy tµm c}lmysim aqtoO) und spricht zu mir: „Oh du böse Frau, was hast du uns bewirkt? Entfremdet hast du mich von der Herrlichkeit Gottes“ (t_ jateiqc\sy 1m Bl?m; )pgkkotq_ys\r le 1j t/r d|ngr toO heoO). Der Entzug der göttlichen d|na (bzw. dijaios}mg) wird in ApkMos 20,1–2; 21,5.6272 mit dem Bild vom „Be- und Entkleidetwerden“273 zum Ausdruck gebracht: Seitens Gottes war(en) Adam (und Eva) erst mit Herrlichkeit bzw. Gerechtigkeit be-kleidet, man könnte auch sagen: begabt o. ausgestattet (vgl. ApkMos 20,1: … t/r dijaios}mgr Hr Elgm 1mdedul]mg);274 dann aber, aufgrund der Sünde (bzw. Gebotsübertretung), wurden sie von dieser ent-kleidet275 was einen Zustand der „Nacktheit“ bzw. des
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Römer, 183) bzw. … entbehren der Herrlichkeit Gottes (so Schlier, Der Römerbrief, 102; so auch Wolter, Der Brief an die Römer, 242) Griechischer Text: Constantinus Tischendorf (Hg.), Apocalypses Apocryphae Mosis, Esdrae, Pauli, Iohannis, item Mariae Dormitio, additis evangeliorum et actuum apocryphorum supplementis, Leipzig 1866, 1–23. Übersetzung (mit minimalen Veränderungen) Otto Merk, Martin Meiser, Das Leben Adams und Evas, JSHRZ II/5, Gütersloh 1998. Entsprechend ist in der griechischen Baruch-Apokalypse 4,16 zu lesen: Wie Adam durch das Holz selbst die Verurteilung empfing und der Herrlichkeit Gottes entkleidet wurde (ja· t/r d|ngr heoO 1culm~hg), so begehen auch die jetzigen Menschen … die Übertretung und werden Gottes Herrlichkeit fern (ja· t/r toO heoO d|ngr lajq±m c_momtai). Übersetzung Wolter, Der Brief an die Römer, 252. Vgl. dazu auch 4 Esra 7,11 f.: Als aber Adam meine Gebote übertrat, ward die Schöpfung gerichtet. Da sind die Wege in diesem Äon schmal und traurig und mühselig geworden (Übersetzung Käsemann, An die Römer, 225); ähnlich stellt GenR 12,6 fest, dass Adam durch Sünde Herrlichkeit verlor: Obwohl die Dinge in ihrer Fülle geschaffen wurden, so wurden sie, nachdem der erste Mensch gesündigt hatte, verdorben und sie werden nicht eher zu ihrer Ordnung zurückkehren, bis der Ben Perez (der Messias) kommen wird (Übersetzung Käsemann, An die Römer, 225). Ein weiterer Beleg aus der rabbinischen Literatur wäre: BerR 11 (vgl. dazu insgesamt Hermann Leberecht Strack, Paul Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch: Kommentar zum Neuen Testament, 6 Bde., Exkurse zu einzelnen Stellen des Neuen Testaments in zwei Teilen, München 1928, Bd.4, 940 ff.; Flebbe, Solus Deus, 85 [Anm. 100]). Zum Gebrauch von 1md}y („anziehen, bekleiden“) bei Paulus (med./pass. Gebrauch) vgl. auch 1Kor 15,53 f.; 2Kor 5,3; Röm 13,12.14! Gal 3,27 Jan Dochhorn, Die Apokalypse des Mose: Text, Übersetzung und Kommentar, TSAJ 106, Tübingen 2005, 325, übersetzt für ApkMos 20,1: „daß ich der Gerechtigkeit entkleidet war, in die ich (zuvor) gehüllt war.“ Vgl. griech. Bar 4,16: … ja· t/r d|ngr heoO 1culm~hg.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
„Entblößtseins“ zur Folge hat (vgl. 20,1: … fti culmµ Elgm ; 20,5: … ja· 5cmy tµm c}lmysim aqtoO). Wie die in ApkMos 20,1; 21,5 gebrauchte Wortgruppe um culm|r (+ Gen.), c}lmysir signalisiert, tritt als Konsequenz des Verlustes der d|na (bzw. dijaios}mg) ein Mangelzustand ein, der, wie der weitere Kontext von ApkMos zeigt, zuungunsten der Betroffenen gefahrvolle Befindlichkeit(en), Not und Drangsal nach sich zieht: Ohne die Güter d|na bzw. dijaios}mg ist man den Gefahren, die einer feindlich gesonnenen Umwelt entspringen, weitestgehend schutz- und wehrlos ausgeliefert.276 Offensichtlich umfasste das ursprüngliche Ausgestattetsein mit göttlicher d|na (dijaios}mg) folglich sämtliche (Schutz- bzw. Wehr-)Vorkehrungen, die dem ersten Menschenpaar das physische Überleben in paradiesischer Fülle sicherstellten. Wie die d|na genauer vorzustellen ist, kann den Texten nicht entnommen werden.277 Zurecht weist aber Flebbe darauf hin, dass allen diesen Texten die Bedeutung von d|na als eines ursprünglichen, paradiesischen, durch die Nähe zu Gott zustandegekommenen (d. h. mit Gott eng verbundenen) Heilsgutes gemeinsam ist, dessen Adam (und Eva) durch den Sündenfall verlustig gehen.278 Auch in Röm 3,23 mag durch den Gebrauch der d|na-Begrifflichkeit in Verbindung mit dem „Mangel leiden, mittellos bzw. bedürftig sein“ bedeutenden Verbum rsteqe?shai (+ Gen.)279 die Vorstellung von einer auf Gott zurückzuführenden Heilsbefindlichkeit (mit der d|na als Heilsgut bzw. Heilsmittel) aktiviert zu werden: Ursprünglich galt diese(s) allen Menschen, doch führte die Sünde zum Verlust der d|na, sodass an deren Stelle ein momentaner Mangelzustand getreten ist. Diese Bestimmung ist im Folgenden im Hinterkopf zu behalten.
276 Als Konsequenzen der Gebotsübertretung/Sünde (= des Verlustes göttlicher d|na) treten in der Folge, so der Kontext von ApkMos 20,1–2; 21,5.6, Mangel an Nahrung, Krankheit (Kap. 5; 6; 7–8), Bedrohung durch wilde Tiere (Kap. 10–12; 24), Tod/Sterblichkeit (Kap. 14; 31–43), harte Arbeit/vielfältige Mühen (Kap. 24) und Geburtsschmerzen (Kap. 25) auf: Man ist einer irritationenträchtigen Umwelt nun in gewisser Weise schutzlos ausgeliefert. Vgl. dazu Gary A. Anderson, The Punishment of Adam and Eve in the Life of Adam and Eve, in: Gary A. Anderson, Michael E. Stone, Johannes Tromp (Hg.), Literature on Adam and Eve: Collected Essays, Leiden [u. a.] 2000, 57–81, hier: 58: „In each of these cases, the life-threatening conditions that greet Adam and Eve are ameliorated, yet the catastrophic loss of what their glorious state had been in Eden is underscored. The bounty they find on earth is a poor substitute for what they knew in Eden.“ 277 So spricht Dochhorn, Apokalypse, 361, zurecht von einer „semantischen Offenheit“ der d|naBegrifflichkeit. 278 So Flebbe, Solus Deus, 85 f. 279 Zur Vorstellung vom ursprünglich nackten, unbeschuhten, unbedeckten, unbewaffneten, seiner Umwelt daher schutzlos ausgelieferten Menschen vgl. Plat. Prot. 321c 4–6: (ja· bqø t± l³m %kka f`a 1llek_r p\mtym 5womta,) t¹m d³ %mhqypom culm|m … !mup|dgtom … %stqytom … %opkom; 322b 2: di± t¹ pamtaw0 aqt_m !shem]steqoi eWmai; 322b 4: pq¹r … t¹m t_m hgq_ym p|kelom 1mde^r. Ebenso Arist. Part. an. 687a 16–33: … b %mhqypor … !mup|dgt|m te … aqt¹m eWma_ vasi ja· culm¹m ja· oqj 5womta fpkom pq¹r tµm !kj^m; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,20 ff.: … to?r !mhq~poir, t± %kka 1kattoul]moir t_m "p\mtym· … !kjµm !shem]statoi … !d}matoi … !sheme?r … !l^wamoi.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
287
2.2.4 Zur Bestimmung der Bedeutung des Syntagmas (p\mter … Flaqtom …) rsteqoOmtai d|ngr toO heoO in Röm 3,23 In Röm 3,23 ist das Wort d|na, ApkMos 21,5.6 vergleichbar, mit dem Genitiv toO heoO verbunden. Auf der Suche nach einem Übersetzungsäquivalent für die Konstruktion d|na toO heoO, das sich dem Sinn nach bestmöglichst in den Kontext von Röm 3,23 fügt, bietet es sich in Anknüpfung an Exkurs XI an, das Wort d|na (dem hebr. kòbo¯d vergleichbar) mit „Herrlichkeit“ wiederzugeben.280 Die Semantik der Wendung d|na toO heoO in 3,23 entspräche damit derjenigen in ApkMos 20,1–2; 21,5.6: „Herrlichkeit Gottes“.281 Der Genitiv toO heoO wäre folgerichtig subjektiv zu nehmen: Es geht um die d|na, die Gott hat bzw. die ihm angehört, die von ihm ausgeht und die er den Menschen zu gewähren und zu entziehen vermag. Eine interessante, wenn auch nicht unumstrittene Position vertritt demgegenüber Klaus Haacker.282 Hinsichtlich einer Sinnwiedergabe von d|na mit „Herrlichkeit“ (bzw. einer Wiedergabe der Genitivkonstruktion t/r d|ngr toO heoO mit „Herrlichkeit Gottes“/Genitivus subjectivus) wirft er zurecht die Frage auf, ob diese Übersetzung mit den enzklopädischen Voraussetzungen der römischen Leserschaft des Paulus in Einklang zu bringen ist. Von ihm stammt daher der Vorschlag, d|na nicht mit „Herrlichkeit“, sondern mit „Ehre“ oder „Anerkennung“ wiederzugeben.283
Tatsächlich kann das griechische Wort d|na – je nach Zusammenhang – einen ganz verschiedenen Sinn annehmen. In der Profangräzität steht der Begriff gängigerweise für „Meinung“, insbesondere die „gute Meinung“, die andere von einer Person haben:284 daraus resultieren die Bedeutungen „Ehre“, „Lob“. Daneben bezeichnet d|na – dem Ausdruck d}malir eQr sytgq_am vergleichbar285 – das gesellschaftliche „Ansehen“ einer Person, ihren (guten) „Ruf“ oder ihre (gute) „Reputation“ (vgl. dazu 1 Thess 2,6; 2Kor 6,8). Des Weiteren schlägt Haacker vor, die Genitivkonstruktion d|na toO heoO in Röm 3,23 als Genitivus objectivus (= die d|na, die die Menschen Gott gegenüber zeigen/ 280 Vgl. dazu z. B. Gerhard von Rad, Art. d|na, C. kòbo¯d im AT, ThWNT 2, 240–245. 281 Nach der vorherrschenden Meinung neuerer Ausleger (Cranfield, Käsemann, Wilckens u. a.) spielt Paulus in Röm 3,23 auf die „Herrlichkeit Gottes“ an, an der die ersten Menschen als Ebenbild Gottes partizipierten und die sie durch die Sünde verloren hatten, vgl. dazu Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, 101 (einschl. Anm. 31). Der Zusammenhang „Gottesbildlichkeit“ – „Herrlichkeit“ liegt auch in 2Kor 4,4 vor. 282 Vgl. Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, 101 f. 283 Vgl. Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, 102, dies in Anknüpfung an ältere Römerbrief-Kommentare (wie den von Ernst Kühl, Der Brief des Paulus an die Römer, Leipzig 1913). 284 Vgl. Wilhelm H. D. E. Köllner, Commentar zu dem Briefe des Apostels Paulus an die Römer, Göttingen 1834, 121. Vgl. ebenso Gerhard Kittel, Art. d|na, A. Der griechische Sprachgebrauch von d|na, ThWNT 2, 236–240. 285 Vgl. z. B. Lysias 12,13 f.; dazu die Ausführungen unter II./5.1.3.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
erweisen, im Sinne von „Ehrung, Verehrung Gottes“) zu lesen:286 Im Verweis auf Röm 1,21.23, wo Paulus den Sündenfall der Menschheit darin sieht, daß die Menschen darin versagen, Gott die ihm gebührende Ehre zu geben,287 wäre die Konstruktion … rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO dann nach Haacker so zu verstehen, dass die Menschen der geschuldeten Ehrung (bzw. Anerkennung) Gottes nicht nachkommen.288
Blickt man zur Bestimmung der Bedeutung der Genitivkonstruktion d|na toO heoO nun auf den Kontext 1,18–3,20, in den der Auszug (p\mter … Flaqtom …) rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO gestellt ist, so fällt auf, dass dem übergreifenden Zusammenhang nach die d|na v. a. etwas ist, was alle unter der Sünde stehenden Menschen momentan zwar entbehren bzw. woran sie Mangel leiden (vgl. 3,9.19; 3,23), was die Menschen aber vor Gott haben bzw. anstreben sollten, um im bevorstehenden Endgericht nach Werken (vgl. 2,1–12) zu bestehen und das ewige Leben zu erlangen, denn (vgl. 2,7): Ewiges Leben (wird Gott geben) den (in Ausdauer des guten Werkes) nach Ruhm und Ehre und Unvergänglichkeit Strebenden (to?r l³m jah’ rpolomµm 5qcou !cahoO dºnam ja· tilµm ja· !vhaqs¸am fgtoOsim fyµm aQ¾miom). Da nur derjenige, der das Gesetz tut, vor Gott gerecht (vgl. 2,13) und Gottes Lobes gewiss sein kann (vgl. 2,29), nur der Gerechte (b d_jaior) wiederum in den Augen Gottes Träger von d|na („Ehre, Ansehen, Ruhm“; auch: „guter Ruf, gute Reputation“) sein kann,289 die Menschheit aber von Ungerechtigkeit, Gottlosigkeit und 286 Vgl. Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, 102. Auch Andrie du Toit, Forensic Metaphors, 235 liest t/r d|ngr toO heoO als Genitivus objectivus. 287 In Röm 1,18–31 präsentiert Paulus Gott als Wohltäter, der in seiner Rolle als Schöpfer der Welt seine Kraft und göttliche Natur offenbarte (vgl. Röm 1,20, d. h. ihr im Schöpfungshandeln seine Gunst erwies). Die Welt reagierte darauf allerdings, indem sie ihm die entsprechende Ehrung (d|na) verweigerte und ihm den Dank schuldig blieb (1,21), vgl. Stephan J. Joubert, WAQIS in Paul: An Investigation into the Apostle’s ,Performative‘ Application of the Language of Grace within the Framework of his Theological Reflection on the Event / Process of Salvation, in: Jan G. van der Watt (Hg.), Salvation in the New Testament: Perspectives on Soteriology, Novum Testamentum 121, Leiden [u. a.] 2005, 187–211, 201 f. d. h. obwohl die Menschen von Gottes Wohltätigkeit (= seiner Tätigkeit als Schöpfer, vgl. 1,20) wussten, haben sie ihn nicht als Gott geehrt (bzw. ihm die Ehre gegeben, vgl. dagegen 4,20: do»r dºnam t` he`) und sind ihm den nötigen Dank schuldig geblieben (vgl. Röm 1,21: … cmºmter t¹m he¹m oqw ¢r he¹m 1d|nasam C gqwaq_stgsam); Ehrung brachten sie nicht dem unvergänglichen Gott entgegen, sondern einem Bild gleich dem eines vergänglichen Menschen (1,23: … Ekkanam tµm dºnam toO !vh²qtou heoO 1m bloi¾lati eQjºmor vhaqtoO !mhq¾pou). 288 Zur kritischen Auseinandersetzung mit der Position Haackers vgl. die Ausführungen bei Flebbe, Solus Deus, 83 f, der mit Blick auf Röm 3,23 (und die von Haacker angeführte Belegstelle Jos. Ant. 15,200) schreibt: „[D]as Thema unseres Abschnittes ist … nicht die Frage nach der Ehrung und der Anerkennung Gottes durch die Menschen, sondern die Frage nach Gottes Heilsmacht und Heilshandeln der Gerechtigkeit … [E]s ist naheliegender, bei rsteqe?shai c. gen. den Mangel an einem Gut, Zustand (bei Josephus: Wein und Wasser) – und im Sinne eines „Heilsgutes, Heilszustandes“ fungiert ja das von uns favorisierte Verständnis – anzunehmen, als den Mangel an einer eigenen oder einer fremden Aktivität.“ 289 Die Vorstellung, dass dem Gerechten (b d_jaior) seitens seines Umfeldes „Ruhm, Ansehen, Ehre“ zukommt, findet sich auch an anderen Stellen in der griechischen Literatur. Die Gerechtigkeit (dijaios}mg) ist, so heißt es z. B. in Plat. Resp. 362e 3–363a 5, deswegen der Un-
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Schlechtigkeit gekennzeichnet ist (vgl. 1,18; 3,5.9–19), verwundert es nicht, dass Paulus die d|na in 2,7.10 als etwas präsentiert, was die Menschen vor bzw. bei Gott haben sollten (= eben: „Ehre, Ansehen, Ruhm, guter Ruf, gute Reputation“), was sie 3,23 zufolge aber als Sünder faktisch nicht haben.290 Der Gedanke, der hinter der Aussage in 3,23 steckt, könnte also lauten: Aufgrund ihrer Sünde und Ungerechtigkeit haben die p\mter, alle Menschen, bei Gott kein Ansehen; sie haben (als Ungerechte/Gottlose !) die Ehre bei Gott nicht, die sie haben sollten291 – denn Ehre292, die vor Gott gilt, kommt nur vor Gott Gerechten (bzw., so evtl. der darauffolgende paulinische Gedankengang in 3,24, Gerechtfertigten) zu (vgl. dazu neben Röm 1,17293 auch 5,1 f.: dijaiyh´mter owm 1j p¸steyr eQq¶mgm 5wolem pq¹r t¹m he¹m di± toO juq_ou Bl_m YgsoO WqistoO … ja· jauw~leha 1p’ 1kp_di t/r d|ngr toO heoO). So bietet es sich an, den Genitiv d|na toO heoO in 3,23 objektiv zu nehmen,
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gerechtigkeit (!dij_a) vorzuziehen, weil sie ihrem Träger einen guten Namen schafft und dem für gerecht Geltenden infolge seines „guten Rufes“ (d|na) viele Vorteile/Güter zuteil werden: Es sprechen nämlich die Väter zu ihren Kindern … und ermahnen sie, man müsse gerecht sein (¢r wqµ d_jaiom eWmai), indem sie nicht die Gerechtigkeit an sich selbst preisen, sondern den guten Namen, den sie schafft, damit einem, wenn man für gerecht gelte, infolge dieses Rufes Ehrenstellen zuteil werden (oqj aqt¹ dijaios}mgm 1paimoOmter !kk± t±r !p’ aqt/r eqdojil^seir, Vma dojoOmti dija_\ eWmai c_cmgtai !p¹ t/r d|ngr !qwa_ …); ebenso, so der weitere Textverlauf (vgl. 363a 5–8) genießen diejenigen, die in einem derartigen „guten Ruf“ stehen, den Beifall der Götter (t±r … paq± he_m eqdojil^seir); vgl. dazu auch Resp 612d: rp³q dijaios}mgr, ¦speq 5wei d|ngr ja· paq± he_m ja· paq’ !mhq~pym … . Ein ähnliches Ursache-FolgeVerhältnis zwischen dijaios}mg und d|na begegnet bei Plutarch, hier allerdings im Kriegskontext (vgl. Phok. 14,1.7): Seitens der sich in bedrängter Lage befindenden Verbündeten wird der Feldherr Phokion seiner Güte und Gerechtigkeit wegen außerordentlich geschätzt (vgl. 14,1: taw» … 1p|hgsam oR s}llawoi tµm wqgst|tgta ja· dijaios}mgm aqtoO) und er genießt großes Ansehen (Gm … c±q Edg lec\kg d|na toO Vyj_ymor). Vgl. dazu die Ausführungen unter II./4.3. Wie Röm 5,2; 8,18.21.30;15,7 zeigt, ist die Hoffnung auf Wiedererlangung der (bzw. zurecht Wolter, Der Brief an die Römer, 253: Wiederausstattung mit) d|na toO heoO für die Gläubigen und Gerechtfertigten (vgl. 3,23.24) allerdings nicht unbegründet. Köllner, Römer, 121 f. Ebenso wie Hochschätzung bzw. Achtung (til^) und Friede (eQq^mg), vgl. 2,10: … dºna d³ ja· tilµ ja· eQq¶mg pamt· t` 1qcafol´m\ t¹ !cahºm, Youda¸\ te pq_tom ja· þkkgmi. Zum Schriftzitat aus Habakkuk 2,4 vgl. Cranfield, Romans I, 93: „The adjective d_jaior describes the man whose conduct conforms to d_jg.“ Ders., Romans I, 100 f.: „The sense … is that the righteous shall be preserved alive because of his faithfulness, that is, his steadfast loyality…Paul in taking up the prophet’s statement understands it in the light of the gospel … p_stir has here the same sense as it has in v. 17a; and f^setai refers … to the life with God, which alone is true life, the life which the believer is to begin to enjoy here and now, but which he will enjoy in its fullness in the eschatological future.“ Es geht folglich um die (zukünftige) Lebenserhaltung des gerechten Menschen im Eschaton (zu fy^/f\y-Terminologie vgl. auch Röm 2,7; 5,17.18.21; 6,22 f.; 7,10 u. ö.). Vgl. speziell zur Bedeutung von f^setai in 1,17 auch Cranfield, Romans I, 89: „The significance of eQr sytgq_am will be further clarified by consideration of Paul’s understanding of f^setai in v. 17“; vgl. ebenso du Toit, Glaube, 343: „Das Verb [f^setai] ist … als Hinweis auf das endzeitliche Leben bzw. Heil (d. h. als eschatologisches Futur) zu verstehen. Dementsprechend entspricht das Verb f^setai in Röm 1,17 sytgq_a in V.16.“
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
als die d|na vor oder bei Gott: „… denn alle haben gesündigt und ermangeln der Ehre vor (o. bei) Gott“294 ([p\mter … Flaqtom …] rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO),295 d. h. vor/bei Gott haben sie kein gutes Ansehen, keinen guten Ruf, keine gute Reputation (d. h. Gott hat keine gute Meinung von ihnen; denn bei Gott haben sie nicht das Ansehen eines Gerechten, sondern eines Ungerechten!).296 Dieser Mangelzustand erweist sich für die Sünder, die Gottlosen, Ungerechten und Feinde Gottes (vgl. 1,18; 5,6–8.10) nun deswegen als bedrohlich, da diesen mit dem Ermangeln bzw. Nichtvorhandensein der d|na vor/bei Gott dessen Zorn, sein Todesurteil bzw. die Vernichtung im Endgericht blüht (vgl. 1,32; 2,5.8 f.; 2,12; 5,9).297 Mit Blick auf die Einheit Röm 3,21–26 wird allerdings (in Zusammenhang mit 1,16 f.) zu zeigen sein, dass Gott die schuldige, sündige Menschheit nicht verstößt (was die Konsequenz ihrer Sünde wäre, ebenso wie die Konsequenz dafür, dass sie Gott nicht die nötige Ehre entgegengebracht hatten, vgl. 1,21.23). Vielmehr, so tut es Paulus in seinem Evangelium von der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus kund, bringt Gott seine Kraft zur Rettung (vgl. 1,16: d}malir eQr sytgq_am) der frevlerischen Menschheit auf, d. h. er tut, was in seiner Macht steht, um diese zu retten und eben nicht zugrunde zu richten.
2.2.5 Zur Anschlussfähigkeit von Röm 1,16 f. an Röm 3,21–26 Es war zu Beginn von der Annahme ausgegangen worden, dass sich die in Röm 1,16 gebrauchte Formulierung d}malir heoO eQr sytgq_am semantisch als anschlussfähig an das in der Profangräzität weit verbreitete Syntagma d}malir eQr sytgq_am erweist. In diesem Sinne war die nähere Umgebung von 1,16 nach Begrifflichkeiten abgesucht worden, die im Blick auf eine von akuter Gefahr bedrohte Größe ein „Mangelleiden“ an Mitteln, um drohendes Unheil (1,18!) abzuwehren, zum Ausdruck bringen. Es war festgestellt worden, dass das in der Profangräzität in diesem Zusammenhang oftmals erscheinende Verbum !poq]y (+ Gen.) zwar an keiner Stelle auftaucht, in 3,23 aber mit rsteqe?shai (+ Gen.) ein semantisches Äquivalent begegnet. 294 Vgl. in diesem Sinne auch Joh 12,43: Denn sie hatten lieber Ehre bei den Menschen als Ehre bei Gott (tµm d|nam t_m !mhq~pym … Epeq tµm d|nam toO heoO). 295 So Köllner, Römer, 120, der schreibt: „Der Apostel will nachweisen, warum (in der sittlichen Würdigkeit der Menschen vor Gott) kein Unterschied sei, und stellt dazu den Satz auf: denn alle haben gesündigt und ermangeln der Ehre bei Gott.“ 296 Ähnlich Köllner, Römer, 121. 297 Vgl. ebenso Röm 9,22 f.: Die „Gefäße des Zorns“ sind zum Verderben (eQr !p¾keiam) bestimmt, die „Gefäße der Barmherzigkeit“ (= Berufene nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nicht-Juden, vgl. 9,24) dagegen zur d|na (eQr dºnam, hier wohl Äquivalent von eQr sytgq_am in 10,1), d. h. zu Ruhm, Ansehen und Ehre vor/bei Gott (vgl. auch 9,4).
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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Aus den analysierten Belegen bei Josephus (vgl. Ant. 1,98; 5,199 f.; 5,214) ging dabei insgesamt hervor, dass mit rsteqe?shai (+ Gen.) ein mögliches oder faktisches Mangelleiden bezeichnet wird, das das Überleben der jeweiligen betroffenen Größe infrage stellt, seitens vermögender Instanzen (= Gott, Mensch) aber ausgeglichen zu werden vermag. Letztere sind in der Lage, Mittel (= Heilsgüter) zu gewähren, die zur Behebung des Mangels notwendig sind. rsteqe?shai (+ Gen.) korrespondieren dann Verben wie !mapkgqoOm, paq]weim (+ Akk./+Dat.) und/oder dyqe?shai.298
Interessanterweise begegnet das die menschliche Lage der Ausweglosigkeit und des Unvermögens, sich aus eigener Kraft gegenüber Unheil und Tod bringenden Faktoren zur Wehr zu setzen, pointiert zum Ausdruck bringende Verbum rsteq]y (+ Gen.) in 3,23 als Teil einer übergeordneten Einheit (3,21–26), die im Blick auf Struktur und Wortgebrauch auf vielerlei Weise an Röm 1,16 f. anknüpft: Mum· d³ wyq·r m|lou dijaios}mg heoO pevam]qytai, laqtuqoul]mg rp¹ toO m|lou ja· t_m pqovgt_m,
21 Jetzt aber ist ohne (das) Gesetz (die) Gerechtigkeit Gottes in Erscheinung getreten, bezeugt vom Gesetz und den Propheten,
dijaios}mg d³ heoO di± p_steyr YgsoO WqistoO, eQr p\mtar to»r piste}omtar·
22 Gerechtigkeit Gottes aber durch Glauben an Jesus Christus für alle Glaubenden.
oq c\q 1stim diastok^· 23 Denn es gibt keinen Unterschied; p\mter c±q Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r Alle nämlich haben gesündigt und erd|ngr toO heoO, mangeln (momentan) des Ruhmes vor (bei) Gott dijaio}lemoi dyqe±m t0 aqtoO w\qiti di± 24 werden (aber) geschenkweise (umt/r !pokutq~seyr t/r 1m Wqist` YgsoO sonst) gerecht (bzw. frei-)gesprochen durch seine Gunst, durch die in Christus Jesus ergangene Erlösung.
298 Der Passage Ant. 1,72–103 kann zudem entnommen werden, dass oben beschriebener Mangelzustand erst dadurch zustandegekommen ist, dass Gott zuungunsten der dem Laster verfallenen Menschheit seinen Strafe und Vernichtung bringenden Zorn auf die Erde wirft. Wie der Gebrauch von rsteq]y (+ Gen.) in 1,98 zeigt, schafft Gott für die Überlebenden dadurch einen Zustand des Mangels (an überlebensnotwendigen Gütern), erweist sich aber gleichzeitig auch als die Instanz, die Mittel und Wege gewährt, um drohendes Unheil abzuwenden (vgl. 1,76: … rpohel]mou lgwamµm aqt` ja· p|qom pq¹r sytgq_am toO heoO toia}tgm!) und dem eingetretenen Mangel Abhilfe zu schaffen (vgl. 1,99: b he¹r 1p· dijaios}m, t¹m %mdqa !cap_m 1p]meuem aqt` t±r eqw±r). Dies gilt im weitesten Sinne auch für ApkMos, wo Gott Adam und Eva der Übertretung seiner Gebote wegen Herrlichkeit/Gerechtigkeit entzieht, sodass sie ein „nacktes“ gefahrenreiches Erdendasein fristen müssen. Wie der weitere Kontext zeigt, leistet ihnen Gott angesichts akuter Bedrohungen allerdings auch Hilfe.
292
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
(Fortsetzung) dm pqo´heto b he¹r Rkast¶qiom di± [t/r] p¸steyr 1m t` aqtoO aVlati eQr 5mdeinim t/r dijaios¼mgr aqtoO di± tµm p²qesim t_m pqocecomºtym "laqtgl²tym
25 Den hat Gott hingestellt für [den] Glauben als Gnadenmittel299 in seinem Blut, zum Erweis seiner Gerechtigkeit um des Hingehenlassens der vorher geschehenen Versündigungen willen
1m t0 !mow0 toO heoO, pq¹r tµm 5mdeinim t/r dijaios¼mgr aqtoO 1m t` mOm jaiq`, eQr t¹ eWmai aqt¹m d¸jaiom ja· dijaioOmta t¹m 1j p¸steyr YgsoO.
26 in der (Zeit der) Geduld Gottes, zum Erweis seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, auf daß er gerecht sei und gerechtspreche den aus Glauben an Jesus.
Wurde in 1,18–3,20 zur Darstellung gebracht, dass ausnahmslos alle Menschen unter der Sünde stehen (3,9–19), sodass den Angeklagten im Rahmen des eschatologischen Gerichtsprozesses Gottes über die Sünder das Todesbzw. Vernichtungsurteil sicher ist (1,32), so nimmt Paulus ab Röm 3,21 (mit mum· d³)300 den Gedankengang aus 1,16 f. wieder auf. Angesichts dieser prekären Situation, welche, sollte diese für die Gattung „Mensch“ in sytgq_a umschlagen, ein äußerst dringendes Eingreifen seitens einer vermögenden Instanz erfordert, ergreift nun, wie die Einheit 3,21–26 zeigt, Gott selbst Heilsmaßnahmen. Bevor näher darauf eingegangen wird, worin dieses göttliche Heilshandeln besteht, führt folgende Tabelle wichtige Entsprechungen zwischen den Textpassagen Röm 1,16 f und 3,21 f. auf:301 Röm 1,17 dijaios}mg … heoO … !pojak}ptetai
3,21 dijaios}mg heoO pevam]qytai
1,16
3,22 eQr p\mtar to»r piste}omtar
pamt· t` piste}omti
299 Zu Rkast¶qiom in der Bedeutung „Gnadenmittel“ vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 265. 300 Zurecht spricht Flebbe, Solus Deus, 65 f. hier von einer semantischen Brücke von 1,16 f. zu 3,21–31: Als Gegenaussage zu 1,18 garantiert das mum· d³ für 3,21 den Anschluss an 1,16. Zu der Frage, ob das mum· d³ zeitlich (so z. B. Käsemann, An die Römer, 86; Cranfield, Romans I, 201) oder rhetorisch (so Johannes Woyke, ,Einst‘ und ,Jetzt‘ in Röm 1–3? Zur Bedeutung von mum· d³ in Röm 3,21, ZNW 92 (2001), 185–206, 206, Flebbe, Solus Deus, 65 f, Wolter, Der Brief an die Römer, 246) zu verstehen ist, äußert sich vermittelnd du Toit, Forensic Metaphors, 233: „The introductory mum· d³ … is extraordinarily pregnant with meaning, whether we view it as rhetorical, temporal or both“ (zurecht ders., Forensic Metaphors, 233, Anm. 50: „A choice is impossible. Most probably the two meanings coincide“). Auf jeden Fall lässt sich festhalten: Wird bereits in Röm 1,16 mit dem Syntagma d}malir eQr sytgq_am eine (eschatologische) Wendung der prekären Situation zum Guten zum Ausdruck gebracht, so signalisiert diese Situationsänderung in 3,21 auch der mit mum· d³ qualifizierte Neueinsatz. 301 Tabelle in Anlehnung an die Verweise auf sprachliche und thematische Entsprechungen zwischen Röm 1,16 f und 3,21–26 bei Flebbe, Solus Deus, 64. Zur Verbundenheit von 1,16 f. und 3,21 f. vgl. auch Lohse, Der Brief an die Römer, 130; Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, 86 u. a.
Exkurs XII: Zur Genitivverbindung „Gerechtigkeit Gottes“
293
(Fortsetzung) 1,17
[dijaios}mg … heoO …] 3,22 [dijaios}mg … heoO] di± p_steyr 1j p_steyr eQr p_stim [YgsoO WqistoO]
1,17 j d³ d_jaior 1j p_steyr (Hab 2,4) f^setai.
3,21 [dijaios}mg heoO] … laqtuqoul]mg rp¹ toO m|lou ja· t_m pqovgt_m
Implizite Zusammenhänge zwischen Röm 1,16 f. und 3,21–26 lassen sich hinsichtlich der Thematik und des Wortgebrauches (bzw. -bedeutung) eruieren. Die bereits aus Röm 1,17 bekannte Wendung dijaios}mg heoO sticht in 3,21 f. (sowie 3,25 f.) dabei ins Auge: Sowohl in 1,17 als auch in 3,21 steht die Genitivverbindung in direktem Zusammenhang mit vameqoOshai- bzw. !pojak}pteshai-Terminologie:302 Gerechtigkeit Gottes wird offenbar gemacht bzw. tritt in Erscheinung (1,17: dijaios}mg … heoO … !pojak}ptetai; 3,21: dijaios}mg heoO pevam]qytai303), und zwar handelt es sich dabei um Gerechtigkeit Gottes (wyq·r moloO) in Jesus Christus (bzw. in Gottes Handeln an ihm, vgl. 3,24–26) zugunsten aller Glaubenden. (In 1,16 wird dies durch den Dativus commodi pamt· t` piste}omti angezeigt, in 3,22 durch die Präpositionalphrase eQr p\mtar to»r piste}omtar).304 Wie explizit aus 1,16 f. und implizit aus 3,21 hervorgeht, wird dies mittels des von Paulus bereitwillig verkündeten Evangeliums als endzeitlicher Heilszusage Gottes kundgetan.305
Exkurs XII: Zur Genitivverbindung „Gerechtigkeit Gottes“ (dijaios}mg heoO) In einem nächsten Schritt gilt es nun, näher auf den Bedeutungsgehalt der Wortverbindung dijaios}mg heoO einzugehen, wie sie bei Paulus u. a. in Röm 1,17 und 3,21 f.25 f. zur Anwendung kommt. Die Terminologie dijaios}mg306 (toO) heoO (bzw. 302 Wiederzugeben ist das Verbum vameqoOshai hier mit „in Erscheinung treten“. In diesem Sinne ist es Äquivalent von !pojak}pteshai („in Erscheinung treten“, d. h. „offenbar werden“) in 1,17. 303 Das Perfekt pevam]qytai in 3,21 bezieht sich hier wohl auf eine „ein für allemal vollendete Tatsache“ (vgl. Nestle, Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament, 322): Mit dem Sterben bzw. der Hingabe Christi zugunsten der sündigen Menschheit hat Gott rettend eingegriffen und seine Gerechtigkeit in Erscheinung treten lassen, wie es gegenwärtig im paulinischen Evangelium verkündigt wird (vgl. das Präsens 1stim … !pojak¼ptetai in 1,16 f.). 304 An beiden Stellen, sowohl in 1,17 als auch in 3,21, wird diese Aussage im Verweis auf die Schrift untermauert (1,17: j d³ d_jaior 1j p_steyr f^setai; 3,21: … laqtuqoul]mg rp¹ toO m|lou ja· t_m pqovgt_m). 305 Zurecht äußert sich dazu Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel, 198: „T¹ eqacc]kiom is thus very likely the implied agent of the revelation in 3,21, as in 1:17.“ 306 Der Ausdruck dijaios}mg kommt im Abschnitt Röm 1–11 33mal vor. Zu den einzelnen Stellen vgl. resümierend du Toit, Forensic Metaphors, 236: „In all these instances, it has forensic connotations. The basic idea of justification (being acquitted / declared righteous by the judge) remains constant.“
294
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
dijaios}mg aqtoO [im Verweis auf he|r]) findet sich neben Röm 1,17 und 3,21 f.25 f. auch an anderer Stelle des Römerbriefes.307 Da ihrer Semantik nach prinzipiell für mehrere Deutungen offen,308 kann die Verbindung dijaios}mg heoO nur vom Kontext her „vereindeutigt“ werden.309 Gestellt in den Kontext Röm 1–8 (vgl. die große Gerichtsrede Röm 1,18–3,20, an die u. a. Röm 8,1–4.31–39 anknüpft), fügt sich die dijaios}mg (heoO)-Terminologie in den Vorstellungsbereich des Gerichtswesens: Als Rechtsterminologie aktualisiert die Wendung, in Analogie zu weiteren juridischen Begrifflichkeiten310 (wie d_jaior, dijai|y311, dija_ysir, dija_yla),312 den Gedanken an eine Gerichtsverhandlung bzw. an ein Strafverfahren. Generell lässt sich zudem feststellen, dass Paulus die dijaios}mg-Begrifflichkeit in Verbindung mit dem Genitiv heoO speziell in Röm 1,17; 3,21 f.25 f313 zum Einsatz bringt, um dadurch auf Gottes richterliche (Heils-)Initiative314 im eschatologischen Prozess zu verweisen:315 307 Vgl. Röm 3,5; 5,17; 10,3; ebenso 2Kor 5,21; vgl. auch 1Kor 1,30: … !p¹ heoO, dijaios}mg; Phil 3,9: tµm 1j heoO dijaios}mgm. 308 So zurecht Becker, Paulus, 388. Ebenso Udo Schnelle, Paulus. Leben und Denken, Berlin 2003, 350: „Der paulinische Textbefund zeigt, dass dijaios}mg heoO ein mehrdimensionaler Begriff ist.“ Ebenso Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel, 158, der von der „polyvalence“ der Konstruktion dijaios}mg heoO spricht: „One cannot simply pin down its meaning in one passage and generalize that meaning to all other instances“. 309 Vgl. du Toit, Glaube, 345 (Anm.111). 310 Wie Andrie B. du Toit in seinem Aufsatz Forensic Metaphors in Romans and their soteriological Significance überzeugend nachgewiesen hat, fügt sich die im Römerbrief kontinuierlich zur Anwendung kommende Wortgruppe um d_jaior, dijaios}mg, dijai|y, … in einen übergreifenden Gerichtskontext (Röm 1–8, vgl. v. a. die Abschnitte Röm 1,18–32; 2,1–16 und 8,31–34). Paulus stellt seinen Adressaten in diesem Zusammenhang den Ablauf einer Gerichtsverhandlung bzw. eines Strafverfahrens vor Augen, in welchem die Sünder, d. h. die Feinde Gottes, zum Tode verurteilt werden (218; 231): „Paul is arguing, metaphorically, in terms of penal procedure.“ 311 Vgl. zur Bedeutung von dijaioOm („für gerecht erklären, frei sprechen“) BAA, s.v. dijai|y. Aus Röm 3,26.30; 4,5; 8,30.33; Gal 3,8 geht hervor, dass es sich dabei um eine Tätigkeit Gottes handelt. Zu dijaioOshai in der Bedeutung „im göttlichen Urteil einen Freispruch erlangen und dadurch zum d_jaior werden, das Geschenk der dijaios}mg erhalten“ vgl. Röm 2,13; 3,20.24.28; 4,2; 5,1.9; ebenso 1Kor 4,4; Gal 2,16 f.; 3,11.24; 5,4. 312 Zur Wortgruppe um d_jg, d_jaior, dijaios}mg und dijai|y vgl. Cranfield, Romans I, 93 f.: „The adjective d_jaior describes the man whose conduct conforms to d_jg… The noun dijaios}mg denotes the quality of being d_jaior … The Verb dijai|y is used, with an impersonal object, in such senses as ,deem right‘, ,claim as a right‘, … and, with a personal object, with the meaning ,treat justly‘.“ 313 Vgl. darüber hinaus ebenso Röm 3,5; 10,3; 2Kor 5,21; Phil 3,9. 314 Als Gegenbegriff zu aqc^ heoO kann dijaios}mg heoO (vgl. die antithetische Gegenüberstellung von aqc^ heoO und dijaios}mg heoO Röm 1,17 f.) dabei gerade im Blick auf Röm 1,17 nur Gottes des Richters eigenes heilschaffendes Verhalten meinen, vgl. dazu Peter Stuhlmacher, Gerechtigkeit Gottes bei Paulus, Göttingen 21966, 80; 84. 315 Vgl. Calhoun, Paul’s Definitions of the Gospel, 160: „The primary contextual factors that should impact understanding of dijaios}mg heoO are the eschatological trial and God’s role within it as an absolutely impartial judge“. Zurecht weist auch du Toit, Forensic Metaphors, 232, darauf hin, dass Gott in Röm 1–8 als ein „acting judge“ auftritt.
Exkurs XII: Zur Genitivverbindung „Gerechtigkeit Gottes“
295
Dadurch, dass er sich im Christusgeschehen als der Gerechtsprechende gezeigt hat, spricht er die vor Gericht angeklagten Sünder (vgl. 1,18–3,20; v. a. 3,9–20) als die „in Christus Jesus Seienden“ (vgl. 8,1–4.31–34) aufgrund ihres Glaubens (vgl. Röm 1,16; 3,22.25 f.) umsonst gerecht (vgl. 3,24: dijaio}lemoi dyqe±m t0 aqtoO w\qiti/dijaio}lemoi hier als Passivum divinum; vgl. ebenso den Gebrauch von dijaioOshai in 3,28; 3,30: eXr b he¹r dr dijai¾sei; 5,1.9).316 Gott verschafft dem Menschen durch den Heilsweg des Glaubens an Christus also das Recht, dessen der Mensch im Endgericht bedarf (= d.h. die rechtliche Geltung vor Gott im Gericht), und mit diesem heilbringenden Recht, welches sich irdisch manifestiert (vgl. 1,17; 3,21: !pojak}ptetai, pevam]qytai als Passivum divinum), gleichzeitig einen neuen Stand.317 Die von Gott ausgehende und auf den Menschen, genauer: auf die sytgq_a des Menschen zielende Gerechtigkeit318 kommt damit gleichzeitig einer göttlichen Schickung, Übereignung oder Gabe319 mit Gott als Geber gleich (vgl. dazu speziell 5,17: … oR tµm peqisse_am t/r w\qitor ja· t/r dyqe÷r t/r dijaios}mgr kalb\momter). Sie wird seitens des Menschen im Glauben zugeeignet und rechtfertigt den Menschen (= als Gerechtigkeit, die vor Gott gilt bzw. Bestand hat, vgl. 1,17; 3,21 f.) vor Gott.320 316 Zu dijaio}lemoi, dijaioOshai in 3,24.28 (mit Gott als Handlungsträger von dijaioOm) passt ein Satz von Breytenbach, Versöhnung, 154, der (allerdings im Blick auf die passivischen Formulierungen dijaiyh´mter und jatgkk²cglem bzw. jatakkac´mter in Röm 5,9 f.) schreibt: „Die theozentrische Perspektive wird bis in die passivischen Formulierungen … hervorgehoben.“ Als Handlungsträger von dijaios}mg tritt Gott darüber hinaus in 3,25 f auf: dm pqo´heto b he¹r Rkast¶qiom … 1m t` aqtoO aVlati eQr 5mdeinim t/r dijaios¼mgr aqtoO … pq¹r tµm 5mdeinim t/r dijaios¼mgr aqtoO … eQr t¹ eWmai aqt¹m d¸jaiom ja· dijaioOmta. Zur streng theozentrischen Ausrichtung des Abschnittes Röm 3,21–26 vgl. insbesondere auch die Ausführungen Flebbe; ebenso den Hinweis bei Wolter, Der Brief an die Römer, 265. 317 Vgl. Stuhlmacher, Gerechtigkeit Gottes, 100. 318 Vgl. hierzu den parallelen Gebrauch von (d}malir) eQr sytgq_am und dijaios}mg in Röm 1,16 f. sowie die Parallelität von … eQr sytgq_am und … eQr dijaios}mgm … eQr sytgq_am in Röm 10,1.10. 319 Der Gabencharakter der dijaios}mg dominiert neben Röm 5,17 auch in Röm 10,3: B dijaios}mg toO heoO (vgl. ebenso Phil 3,9: B 1j heoO dijaios}mg [B di± p_steyr WqistoO]; 1Kor 1,30; 2Kor 5,21). 320 In der Forschung bleibt die Bedeutung der Genitivkonstruktion dijaios}mg heoO in Röm 1,17; 3,21 f.; 10,3 umstritten (vgl. dazu den Überblick bei Cranfield, Romans I, 95–99; ebenso bei Wolter, Der Brief an die Römer, 119–125; dass in Röm 3,5 – wie auch in 3,25.26 – grammatisch ein Genitivus subjectivus vorliegt, ist in der Forschung weitestgehend unbestritten, vgl. dazu u. a. Cranfield, Romans I, 96): Steht dijaios}mg in Röm 1,17; 3,21 f. für ein Handeln bzw. eine Eigenschaft Gottes (Genitivus subjectivus), oder markiert dijaios}mg den gerechten Status seitens des Menschen vor Gott als Folge/Ergebnis von Gottes (Rechtfertigungs-)Handeln? Rudolf Bultmann (vgl. ders., DIJAIOSUMG HEOU, in: ders., Exegetica: Aufsätze zur Erforschung des Neuen Testaments, Tübingen 1967, 470–475, 470; ders., Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 61968, 285) liest dijaios}mg heoO, ausgehend von Phil 3,9, in letzterem Sinne: Die Wendung „Gerechtigkeit Gottes“ ist in Röm 1,17; 3,21f.26; 10,3 als „von Gott geschenkte, zugesprochene Gerechtigkeit“, als „Gabe“ zu verstehen (dijaios}mg heoO als Genitivus auctoris); ebenso versteht Cranfield, Romans I, 97 f.; 202, den Genitiv heoO in Röm 1,17; 3,21 f. (u. a. im Blick auf Röm 10,3; Phil 3,9, wo dijaios}mg zu verstehen ist als „the status of righteousness which is given by God“) als „genitive of origin“ („as meaning a status of righteousness before God which is God’s gift“). Demgegenüber stellt Ernst Käsemann, Got-
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Im Zuge des von Gott als richterlicher, rechtsprechender Instanz ausgehenden Freispruchs (vgl. Röm 3,26.30; 4,5; 8,30.33) erfolgt für diejenigen, die an Gottes dijaios}mg Anteil bekommen (5,17: … oR tµm peqisse_am … t/r dyqe÷r t/r dijaios}mgr kalb\momter), eine Veränderung der Lage: Mit dem Empfang der Gerechtigtesgerechtigkeit bei Paulus, in: ders., Exegetische Versuche und Besinnungen, 2 Bde., Göttingen 61970; 31968, 181–193, 192 f. neben dem Gaben- auch den Machtcharakter von dijaios}mg heoO heraus und fordert, dass man von der „Gabe der Rechtfertigung“ nur im „Zusammenhang … der Gottesgerechtigkeit als heilsetzender Macht“, als „sich eschatologisch in Christus offenbarende[r] Herrschaft Gottes über die Welt“ sprechen dürfe. Paulus habe dijaios}mg heoO als feste Formel aus dem Judentum übernommen; der Genitiv charakterisiere „mindestens“ in Röm 3,5.25 f. als Genitivus subjectivus „Gottes eigenes Handeln und Wesen“ (vgl. ders., Gottesgerechtigkeit bei Paulus, 182; 185). Vor dem Hintergrund der alttestamentlich-jüdischen Vorstellung von der „Gerechtigkeit Gottes“ liest Ernst Käsemanns Schüler Peter Stuhlmacher in seinem imposanten Werk Gerechtigkeit Gottes bei Paulus (FRLANT 87, Göttingen 21966) die Formulierung dijaios}mg heoO. Dadurch werde ein Verhalten Gottes, nämlich „Gottes eigenes, heilstiftendes Recht“ (91), seine Vergebung schaffende (Rechts- bzw. Bundes-)„Treue“ (89 f.) zum Ausdruck gebracht (so in Röm 1,17; 3,5.21 f.25 f; 10,3; 2Kor 5,21; Phil 3,9); die Genitivverbindung bezeichnet demnach Stuhlmacher zufolge einen „Akt der Heilsbereitung“ Gottes zugunsten seiner Schöpfung, bei dem es sich gleichzeitig um einen „Rechtsakt“ handelt (89): „Gottes Heil setzendes Recht“ (93), sein „Recht schaffender Machterweis“ (159). Im Blick auf Röm 1,16 f. bedeutete dies: Das Evangelium ist für Paulus deshalb eine rettende Gottesmacht (1,16), weil im Evangelium Gott als der d_jaior erscheint (1,17): „Gottes dijaios}mg wäre dann … nicht Gottes Gabe, sondern Gottes eigenes mächtiges Verhalten“, vgl. Stuhlmacher, Gerechtigkeit Gottes, 79. In ihrer antithetischen Gegenüberstellung sind aqc^ heoO und dijaios}mg heoO (Röm 1,17 f.), so Stuhlmacher weiter, alttestamentlich-jüdischem Rechtsdenken entsprechend, im Römerbrief strikt voneinander zu trennen. Beschreibt „Zorn Gottes“ die richtende Gottesmacht (als Verhalten des ergrimmten, verurteilenden Gottes), so „Gerechtigkeit Gottes“ das rechtschaffende, heilbringende bzw. -schaffende, rettende Verhalten desselben Gottes, das der Angeklagte im eschatologischen Prozess erfahren darf (80). Die forensische Vorstellungswelt, so Stuhlmacher (84), ist zur Deutung von Röm 1,17 dabei nicht ausreichend: Denn Paulus spreche in 1,16 f. zunächst von der schöpferischen Manifestation der Gerechtigkeit Gottes im Evangelium und zeigt erst anhand dieses Gedankenganges auf, dass sich an Gottes Gerechtigkeit auch das Gericht entzündet (1,18): „Röm 1,17 besagt dann für unseren Begriff, dass dijaios}mg heoO Gottes eigene, im Evangelium durch die Welt ziehende Schöpfermacht ist, welche Glauben-stiftend die neue Welt Gottes heraufführt … Gottes neuschaffende Rechtsmanifestation ist in die alte Welt eingebrochen und beginnt ihren Siegeszug“ (83 f.). Dass die grammatische Bestimmung der Konstruktion dijaios}mg heoO nicht zwangsläufig auf ein Entweder-Oder hinauslaufen muss, zeigt Becker (ders., Paulus, 390) mit der Aussage, „Gerechtigkeit Gottes“ bei Paulus erscheine primär als ein „Beziehungsbegriff“, „der die von Gott herkommende und auf den Menschen zielende Heilsgabe anzeigt“ (vgl. auch Phil 3,9!). Wir schließen uns in diesem Sinne der Meinung von Becker sowie von Moo, Romans, 74 f. an, der schreibt: „Most interpreters make a decision at this point, choosing either activity or status … But must we make this choice? … Could we not take ,righteousness of God‘ here to include both God’s activity of ,making right‘ – saving, vindicating – and the status of those who are so made right, in a relational sense that bridges the divine and the human? … To use the imagery of the law court, from which righteousness language is derived, we can picture God’s righteousness as the act or decision by which the judge declares innocent a defendant: an activity of the judge, but an activity that is a declaration of status – an act that results in, and indeed includes within it, a gift. In this sense, the noun ,righteousness‘ in this phrase can be understood to be the substantival equivalent of the verb ,justify‘.“
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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keitsgabe ist ein Statuswechsel seitens des Menschen vom Sünder zum Gerechten verbunden (Röm 1,17;321 5,17.19). Die Wendung der kritischen Situation zum Guten ist dadurch eingeleitet,322 als Gerechtfertigte können die Glaubenden zuversichtlich in die Zukunft blicken. Der negative Ausgang des Gerichtsprozesses, in 1,18–32 und 2,1–16; 3,9–20 bereits zuungunsten der sündigen Menschheit in Aussicht gestellt, wird dagegen verneint bzw. ausgeschlossen (vgl. 8,1.31–34).323 Seinen Grund hat dies in der Hingabe des Sohnes „für uns“.
2.2.6 Christi heilswirkender Tod als Mittel zur Rettung „Von dem Geschehen her, das Paulus in 3,24–25a in den Blick nimmt, gewinnt das ,Evangelium Gottes‘ seine Eigenart darin, dass es den Tod Jesu als das Ereignis verkündigt, in dem Gott zum Heil der Welt gehandelt hat, und dass es dieses Heilshandeln Gottes immer wieder neu im Wort vergegenwärtigt. Dementsprechend wird das Evangelium für jeden, der ihm Glauben schenkt und es als Evangelium hört, ,eine Macht Gottes zum Heil‘“ (1,16).324
Für Paulus bildet Jesus Christus (bzw. Gottes Heilshandeln an bzw. durch Jesus Christus) den Inhalt des von ihm verkündigten Evangeliums (vgl. z. B. Röm 1,3–4; 3,24 f.; ebenso 1Kor 15,3b–5).325 Der Tod Jesu Christi bzw. die Hingabe des Sohnes durch Gott wird, angesichts der von Paulus in 1,18–3,20.23 (vgl. dazu auch 5,6–10; 5,12–21; 7,7–24) beschriebenen negativen Sachlage,326 speziell in Röm 3,24 f. als ein Sünde tilgendes Mittel mit rettender/(lebens-)erhaltender Wirkung327 (= d.h. als ein Mittel zur Gefahrenabwehr [= des eschatologischen Zugrundegehens]) aufgeführt (vgl. dazu die instrumentale Wendung di± t/r !pokutq~seyr328 [1m Wqist` YgsoO]329, ebenso den 321 Auch die Bedeutung von d_jaior in 1,17 (Hab 2,4b LXX) generiert dabei der Gerichtskontext, so du Toit, Forensic Metaphors, 233. 322 Vgl. neben eQr sytgq_am in Röm 1,16 auch 10,1: rp³q aqt_m eQr sytgq_am; 10,10: piste}etai eQr dijaios}mgm… blokoce?tai eQr sytgq_am. 323 Dazu du Toit, Forensic Metaphors, 219 f: „The believers are standing before the heavenly throne of judgement. They deserve to be condemned. But a totally unexpected twist occurs. Contrary to all expectations, the guilty are acquitted.“ 324 Wolter, Der Brief an die Römer, 265. 325 Vgl. dazu Michael Wolter, Paulus: ein Grundriss seiner Theologie, Neukirchen-Vluyn 2011, 63 f.: „Die paulinische Evangeliumsverkündigung ist für ihn [sc. Paulus] Christusverkündigung, wobei ,(Jesus) Christus‘ als Chiffre oder Abbreviatur für den ausgeführten Inhalt der Missionspredigt steht und in komprehensiver Weise zum Audruck bringt, dass das eschatische Heilshandeln Gottes unablösbar mit dem Ergehen der Person Jesu von Nazareth verbunden.“ 326 Die Ausgangslage war nach 1,18–3,20, dass die gesamte Menschheit unter der Sünde steht und daher von Gottes endzeitlichem Gerichtszorn bedroht ist, vgl. V./2.2.2. 327 Zu fy^ jtk. (in eschatologischer Perspektive, vgl. Röm 1,17; 2,7; 5,17 f.21; 6,22 f.; 7,10; 8,2.6.10.13 u. ö.) und s]feim, sytgq_a (vgl. 1,16; 5,9) als Kontrastbegriffe zum eschatologischen Verderben vgl. Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 299 (einschl. Anm. 643). 328 Unklar bleibt die Bedeutung des Ausdrucks !pok}qysir in Röm 3,24 (vgl. Passow, s.v.: „Los-
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Gebrauch des Begriffs Rkast^qiom330). Auf diese Weise erweist Gott der unter der Sünde stehenden, (vor/bei Gott) verrufenen Welt seine Gunst (w\qir).331 Für Paulus ist Jesu Tod demnach ein Tod für die Menschen, d. h. ein Tod zu Gunsten bzw. zum Heil (zur Rettung) der Menschen.332 Als eben solcher wird er im paulinischen Evangelium von der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus verkündigt: Gott spricht im Rahmen seines eschatologischen Gerichtsverfahrens diejenigen gerecht bzw. frei, die in Jesu Tod ein Handeln Gottes zu ihren Gunsten (zu ihrer Rettung) erkennen. Gerade die rp]q-timor-!pohm^sjeim-Aussagen aus Röm 5,6.8 wollen dabei in Zusammenhang mit Gottes Zorngericht über die Sünde verstanden werden:333 Vom
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lassung für Lösegeld, Loskaufung“): Handelt es sich dabei um eine Metapher, deren Bildspender der Loskauf bzw. Freikauf von Sklaven, Schuldnern oder Kriegsgefangenen ist? (So z. B. Friedrich Büchsel, Art. k}y jtk., ThWNT 4, 337–359; Gerhard Barth, Der Tod Jesu Christi im Verständnis des Neuen Testaments, Neukirchen-Vlyun 1992, 71–75). Da Paulus die Metapher in 3,24 allerdings gänzlich abgelöst von den Bildfeldern des Freikaufs von Sklaven, Kriegsgefangenen oder Schuldnern verwendet (so zurecht Wolter, Der Brief an die Römer, 254), gebraucht er den Begriff hier möglicherweise „in einem allgemeinen soteriologischen Sinn, um Heil als Befreiung von Unheil zu akzentuieren“, indem !pok}qysir „hier einfach nur die Befreiung von Sünden bezeichnen soll“. Ähnliches schreibt bereits Weiss, Der erste Korintherbrief, 42, allerdings nicht im Blick auf Röm 3,24, sondern auf den !pok}qysir-Gebrauch in 1Kor 1,30: „[E]s sei ungefähr = sytgq_a; daher übersetze man einfach ,Erlösung‘ … wir sind erlöst von dem drohenden Gericht, dem drohenden Tode. Die sytgq_a, die fy^ ist das Gut, das uns durch die !pok}qysir erworben ist.“ Zum instrumentalen Gebrauch der Präposition 1m vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 255, der im Blick auf die gesamte Wendung 1m Wqist` YgsoO schreibt: „,Christus Jesus‘ ist hier wie auch anderswo metonymische Chiffre für den in V. 25a durch 1m t` aqtoO aVlati ebenfalls metonymisch umschriebenen Tod Jesu, den die p_stir WqistoO als Gottes Heilshandeln deutet.“ Zu Röm 3,25a schreibt Wolter, Der Brief an die Römer, 255: „Paulus erklärt in diesem Halbvers, in welcher Weise ,Christus Jesus‘ zum Mittel von Gottes Heilshandeln geworden ist.“ Gott, so Wolter, Der Brief an die Römer, 265 weiter, hat das mit „Christus Jesus“ bezeichnete Geschehen (3,24), den Tod Jesu, zu einem sündentilgenden „Gnadenmittel“ (Rkast^qiom) gemacht. Zur weiteren Diskussion um die traditionsgeschichtlichen Hintergründe zum Begriff Rkast^qiom bei Paulus vgl. den Überblick bei Wolter, Der Brief an die Römer, 256–259. Vgl. dazu auch die Notiz unter III./1. Zu Gunstterminologie, die im Römerbrief oftmals in der unmittelbaren Umgebung von Aussagen belegt ist, die Christi Sterben bzw. seine Hingabe durch Gott zum Ausdruck bringen (vgl. Röm 3,24 f.; 4,25; 5,6–8; 8,32), vgl. neben w\qir in Röm 3,24; 4.4.16; 5,2 auch 5,15: w\qir, w\qisla, dyqe\; 5,17: w\qir, dyqe\; 5,20 f: w\qir; ferner waq_feshai in 8,32. Charakteristische Sterbeformulierungen finden sich bei Paulus u. a. in 1 Thess 5,9 f.; 1Kor 8,11; 15,3; 2Kor 5,14 f.; Gal 1,3 f.; 2,20; Röm 4,25; 5,6–10; 8,32; 14,15. Vgl. zu den kultur- und traditionsgeschichtlichen Hintergründen die umfassende Untersuchung von Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1 und 2. Vgl. dazu die Ausführungen bei Breytenbach, Versöhnung, 153–172, bes. 155 f: Hier weist Breytenbach in Anknüpfung an Wolter, Rechtfertigung und zukünftiges Heil. Untersuchungen zu Röm 5,1–11, BZNW 43, Berlin 1978, 172 darauf hin, dass es sich bei der in Röm 5,7 verwendeten Form tokl÷m !pohm^sjeim rp]q timor um eine feststehende assoziative Verknüpfung handelt, bei der es darum geht, das Sterben einer Entität „zugunsten“ eines anderen Menschen oder des Vaterlandes zum Ausdruck zu bringen, eine Vorstellung, mit welcher die hellenisierten Zeitgenossen des Paulus vertraut waren. Im Blick auf Röm 5,6–10 bedeutet dies,
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Sterben Christi begünstigt sind, wie das in 5,6–10 gebrauchte Wortcluster um !seb^r, !shem^r, "laqtyk|r und 1whq|r zeigt, vormals „Schwache, Gottlose“ (vgl. Röm 5,6), d. h. ehemalige Sünder und „Feinde Gottes“ (5,10), aus denen Gott durch Christi Tod, den Tod eines Gerechten für die Ungerechten (5,7), Gerechte und Freunde machte (vgl. 5,9).334 „Das Sterben Christi kam uns, den Sündern, in der Weise zugute, daß wir dadurch zu Gerechtfertigten wurden, das Sterben geschah so zu unseren Gunsten, daß wir, die Gottesfeinde, mit ihm versöhnt wurden.“335 Als bereits jetzt in seinem Blut, d.h durch den Tod Christi Gerechtgesprochene (5,9; vgl. dazu auch 3,25 f.) tritt für die vormals der Sünde verfallenen, sich im Zustand der Gottlosigkeit, der Ohnmacht und Gottesfeindschaft befindenden Menschen eine Veränderung der Lage ein: Für diejenigen, deren Status vor Christi Tod gekennzeichnet ist durch !seb^r, !shem^r, "laqtyk|r,336 sodass sie sich in einer aussichtlosen Lage befinden und ihnen – wie für apotropäische Todesfälle üblich – der Untergang bzw. das eschatologische Zugrundegehen im Gericht (vgl. 1,18; 5,9: Zorn Gottes) droht, ist Christi Tod in Röm 5,9 f. das Mittel (di\), mit dem die Rettung erzielt wird.337 So wendet Christus, indem er den den Sündern drohenden Gerichtstod stirbt, mit seinem Tod den eschatologischen Untergang von den von seinem Tod Begünstigten ab. „Das Sterben Christi ,für‘ die Schwachen, Gottlosen und Sünder stellt Paulus zufolge insofern ein rettendes Geschehen dar, als mit ihm der … bedrohlichen Lage der Menschen in der Form Abhilfe geschaffen wurde, dass sich die mit ,wir‘ Bezeichneten nun nicht mehr in ihrer früheren prekären Situation befinden.“338 Folglich sind die vom Tod Christi Begünstigten (= die [durch seinen Tod] Gerechtfertigten und Glaubenden, vgl. Röm 5,1.9; 8,1) durch die Hingabe des Sohnes dem Gericht, d. h. der Gefahrensituation selbst, zwar nicht entnommen; doch sind sie vor dem Untergang im Gericht (= vor der drohenden Vernichtung, vgl. 1,32; 2,1 f.; 2,5 f.8 f.; 2,12; 3,8; 5,12.18; 6,23; 8,1) bewahrt339 (5,8–10; ebenso 1 Thess 1,10; 5,9 f.) und damit aufgrund des in der Zukunft liegenden Zeitpunktes des Gerichtes auf Hoffnung hin gerettet (5,1–5; 8,24).
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„es geht um das Sterben Christi für die Gottlosen, für die Sünder, für die Feinde Gottes“ (vgl. ders., 156). Vgl. dazu auch die Ausführungen zu Röm 5,6–10 bei Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 276. Breytenbach, Versöhnung, 155. Breytenbach, Versöhnung, 158. Mit !shem^r und !seb^r, so zurecht Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 301, klingt in Röm 5,6.8 die ausweglose Lage der vom Tod Christi Begünstigten an; dies vor dem Hintergrund der Unausweichlichkeit, mit der die Sünde zum Tod führt. Indem Christus „für“ Schwache, Gottlose bzw. Sünder gestorben ist, ist er „für“ solche gestorben, die sich in einer ausweglosen Lage befunden haben, und hat damit für sie, die ihrer bedrohlichen Lage ohnmächtig gegenüberstanden, vollbracht, was sie selbst (da Schwache, Gottlose bzw. Sünder) nicht tun konnten. Vgl. Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 310. Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 343. Vgl. Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 468 f.; ebenso Breytenbach, Versöhnung, 171: Der versöhnte Gottesfeind muss „nicht mit Angst auf das Gericht schauen …, denn die jetzige Friedensrelation zu Gott wird ihn durch das Gericht hindurch bewahren. Gott wird die Gerechtfertigten nicht vernichten, er wird seine Freunde in seinem Zorngericht nicht töten.“
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Auch mit der Hingabeformulierung in Röm 8,32 (vgl. die Wendung paqadid|mairp]q-timor) will Paulus seinen Adressaten die Sicherheit der kommenden Rettung vor Augen führen:340 Ebenso wie in Röm 5,6.8 expliziert Paulus den Tod Christi in 8,32 als ein ersatzweises Sterben zugunsten der Gottlosen und Sünder und versteht ihn vor dem Hintergrund des Ersatzgedankens als vorgezogenen Gerichtstod.341 Die Hingabe des Sohnes stellt damit eine ersatzweise Hingabe an das Gericht „für“ die von dem Vernichtungsurteil des Gerichtes bedrohten Menschen (die p\mter, vgl. bereits 3,23) dar: „Durch diese ersatzweise Übernahme des den Sündern bevorstehenden Gerichtstodes sind diejenigen, die zu Christus gehören, im Gericht vor dem Untergang sicher, weil der Erhöhte, wenn die zu ihm Gehörenden vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen müssen (8,32–34; 14,10), dann darauf verweisen kann und wird, dass das ihnen bevorstehende Vernichtungsurteil für sie von Gott schon an ihm selbst vollstreckt worden ist“.342
Nun hatten die vorangegangenen Analysen ergeben, dass das Syntagma d}malir eQr sytgq_am in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität gängigerweise in der Bedeutung „Mittel“ bzw. „Kraft zur Rettung/ (Lebens-)Erhaltung“, welches seitens vermögender Instanzen gewährt wird, zur Anwendung kommt, und zwar in Kontexten, die die prekären Umstände beschreiben, in denen sich eine von akuter Gefahr betroffene, d}malir eQr sytgq_am-bedürftige Entität befindet.343 Ebenso war bereits an anderer Stelle kurz darauf hingewiesen worden, dass es in der antiken Literatur Belege gibt, aus denen hervorgeht, dass der einmalige Tod eines Menschen ein Mittel darstellt, welches für eine (= zugunsten einer) von akuter Gefahr bedrohte Größe (= das Vaterland, die Polis, eine Einzelperson) Rettung/Erhaltung zu bringen vermag.344 Die Vorstellung von einem für die Rettung/Erhaltung der jeweiligen in Gefahr Geratenen unerlässlichen, drohendes Unheil abzuwenden vermögenden Todes wird im Blick auf diese Belege oftmals durch Begriffe und Formulierungen aktiviert, die eine große semantische Nähe zur d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie auszeichnet (so z. B. die Konstruktion lgwamµ sytgq_ar).345 Es wäre daher durchaus denkbar, dass Paulus das Evangelium in Röm 1,16 gerade deswegen eine d}malir eQr sytgq_am (= „Mittel zur Rettung/Erhaltung“) nennt, da es den Unheil abwehrenden Tod bzw. das Sterben einer Einzelperson in Gestalt Jesu Christi kundtut: Der Tod Jesu Christi stellte damit die d}malir eQr sytgq_am im eigentlichen Sinne Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 470. Vgl. Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 472. Vgl. Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 475. Vgl. dazu II. und III. dieser Untersuchung. Vgl. dazu insgesamt die Untersuchung von Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 2. 345 Vgl. z. B. Eurip. Phoen. 884 f.889 ff., wo das Sterben eines Einzelnen „für“ das Land als die einzige Rettungsmöglichkeit Thebens gilt (vgl. 890: l_’ 5stim %kkg lgwamµ sytgq_ar, in 893 parallel gebraucht mit p|kei paqaswe?m v\qlajom sytgq_ar), um die Stadt vor dem Untergang zu bewahren.
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Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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dar, und das Evangelium wäre deswegen eine d}malir eQr sytgq_am, da es diesen Inhalt zugunsten, d. h. zur Rettung/Erhaltung der Menschheit kundgibt. Geht man davon aus, dass Gott den Glaubenden durch den Tod Christi (Röm 3,24 f.; 5,9; Gal 2,21) bzw. durch Christus (Röm 5,17–21; 2Kor 5,21) eine d}malir eQr sytgq_am gewährt (vgl. 1,16), so wird diesen damit von Gott zudem die für das Bestehen im Gericht notwendige Gerechtigkeit (Röm 1,17; 3,21 f.) geschenkt. Die Gerechtigkeit, die die vom Sterben Christi Begünstigten als Sünder einzig durch den Tod Christi erlangen, verhindert deren Vernichtung bzw. deren Untergang im Gericht; als durch den Tod Christi Gerechtferigte werden sie mit Sicherheit im Gericht bestehen und nicht zugrunde gehen.346 Ihre ausweglose Lage wird zum Guten gewendet. 2.2.7 Die prekäre Lage der Sünder und Gottes Gunsterweis (Röm 5,1–21) Einschlägigen Belegen konnte an anderer Stelle entnommen werden (vgl. Jos Ant. 1,98; 5,214; 15,199.200, vgl. dazu Exkurs X), dass eine vermögende Instanz (speziell: Gott) den Zustand momentanen Mangels, in dem sich eine Entität befindet und den im Text das Verbum rsteqe?m, rsteqe?shai (+ Gen.) zum Ausdruck bringt, zu Gunsten der bedürftigen Entität zu beheben vermag; dies, indem diese Instanz entsprechende Mittel gewährt, die dem Mangel Abhilfe schaffen, was im Text durch Verben wie paq]weim oder dyqe?shai angezeigt wird. Vor diesem Hintergrund ist erneut Röm 3,21–26 in Augenschein zu nehmen: Dort heißt es, die gesündigt habenden und momentan Mangel an d|na vor/bei Gott leidenden p\mter (vgl. 3,23)347 werden mittels Christi Tod umsonst, gunstweise gerechtfertigt.348 Sucht man die Umgebung der Wendung rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO in diesem Sinne nach Begrifflichkeiten ab, die für ein Geben/Gewähren/Schenken seitens einer vermögenden Instanz stehen, um dem Mangel der p\mter Abhilfe zu schaffen, so wird man speziell in 3,24 fündig, wo der Gebrauch von Gunstterminologie ins Auge sticht: So umgibt Röm 3,23 (p\mter … Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO) mit 3,21 f.24–26 eine Einheit, in welcher Paulus betont, dass das von Gott (als vermögender Instanz) ausgehende gerecht- bzw. freisprechende Handeln den p\mter (als Empfängern) umsonst bzw. geschenkweise, als (= Gottes) Gunsterweis (vgl. 3,24: … [dijaio}lemoi] dyqe\m t0 aqtoO w\qiti) zugutekommt. Dem Präsens rsteqoOmtai in 3,23 entspricht das Präsens dijaio}lemoi349 in 3,24, den Geschenkcharakter des göttlichen Handelns un346 Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 348. 347 Von diesen war bereits in 3,9.19 f. die Rede. 348 Vgl. 3,23–25: p\mter … Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO, dijaio¼lemoi dyqe±m t0 aqtoO w²qiti di± t/r !pokutq¾seyr t/r 1m Wqist` YgsoO·dm pqo´heto b he¹r Rkast¶qiom … 1m t` aqtoO aVlati. 349 Zu dijaio}lemoi als attributives Participium coniunctum mit p\mter als Subjekt (V. 23.24) vgl.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
terstreichen die Begriffe dyqe\m und w\qir: Diejenigen, die sich im Zustand des Mangels befinden, werden geschenkweise bzw. umsonst, durch einen Gunsterweis Gottes (t0 aqtoO w\qiti hier wohl als Dativus modi,350 der die Art und Weise angibt) gerechtfertigt. In der Gegenüberstellung von Gunst erweisendem Gott und Gunst empfangendem Menschen gehören Rechtfertigung und Gerechtigkeit dabei allein auf die Seite Gottes.351 Er ist der Initiator der im Christusereignis in Erscheinung getretenen dijaios}mg (3,21 f.: dijaios}mg heoO [pevam]qytai]) sowie der im Rechtfertigungshandeln seine Gunst Erweisende.352 Gottes Gunst wird wiederum seitens des Menschen, der sich (zum Zeitpunkt der Gewährung) im Zustand des Mangels befindet (3,23: p\mter … Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO), im Zustand des Glaubens empfangen und auch angeeignet (3,22.24–26: … di± p_steyr YgsoO WqistoO, eQr p\mtar to»r piste}omtar … di± [t/r] p¸steyr … [dijaioOmta] t¹m 1j p¸steyr YgsoO). Es war Dieter Zeller, der aufgezeigt hatte, dass mit dem Gebrauch des Ausdrucks w\qir in der antiken griechischen Literatur der positionelle Unterschied zwischen dem w\qir Gewährenden, der sich in der überlegenen Position befindet, und dem niedriger gestellten Empfänger oder Nutznießer der w\qir transportiert wird.353 Damit geht der Empfänger oder Nutznießer gängigerweise ein Verhältnis schuldiger Verpflichtung ein: „Die Wohltat wird zu einem Depositum, das der Empfänger dem Geber ,schuldet‘ (ave_keim) und als Dank ,zurückgibt‘.“354 Allerdings ist, wie Zeller herausgearbeitet hat, das Erbringen einer Gegenleistung nicht immer erforderlich: ein Gedanke, der nicht nur in der neutestamentlichen Literatur,355 sondern auch bei Philo zum Einsatz kommt.356 Folgt man diesem Verständnis, so steht das in Röm 3,24 zum Einsatz kommende Wort w\qir für ein „machtvolle[s], heilvolle[s] Handeln eines Überlegenen gegenüber einem Unterlegenen.“357 Der Ausdruck w\qir ist in diesem Zusammenhang (wie auch in Röm 4,4.16; 5,2.15.17.20.21; 6,1.14.15; 11,5 f.) am besten wiederzugeben mit „Gunst“, die seitens einer vermögenden Instanz (hier: Gott, vgl. zum expliziten Gebrauch der Genitivverbindung w\qir aqtoO bzw. toO heoO Röm 3,24; 5,15) zugunsten einer momentan unvermögenden, sich in prekären Umständen
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Wolter, Der Brief an die Römer, 243; 253: „dijaio}lemoi ist mit p\mter verbunden und schließt koordinierend an die beiden Verben [Flaqtom, rsteqoOmtai] von V.23 an.“ Diese Beobachtung wird bestätigt bei Wolter, Der Brief an die Römer, 254. Vgl. dazu Flebbe, Solus Deus, 90. Vgl. dazu die Aussagen in 3,24–26: dijaio}lemoi dyqe±m t0 aqtoO w\qiti … eQr 5mdeinim t/r dijaios¼mgr aqtoO … pq¹r tµm 5mdeinim t/r dijaios¼mgr aqtoO … eQr t¹ eWmai aqt¹m d¸jaiom ja· dijaioOmta. Vgl. Zeller, Charis bei Philon und Paulus, 13 ff. (mit Belegen). Zeller, Charis bei Philon und Paulus, 14. In diese Richtung mag neben Röm 3,24 (… dijaio}lemoi dyqe±m t0 aqtoO w\qiti!) u. a. auch die Entgegensetzung von w\qir und ave_kgla in Röm 4,4 tendieren. Vgl. Zeller, Charis bei Philon und Paulus, 15 f. Treffend Flebbe, Solus Deus, 91.
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befindenden Entität358 gewährt wird; und zwar „umsonst“, d. h. diese von Gott erwiesene Gunst bedarf keiner Gegenleistung seitens des Menschen (vgl. 3,24: dyqe\m, d. h. „geschenkweise“, „ohne Gegenleistung“359).
Worin dieser göttliche Gunsterweis (w\qir) für Paulus in 3,21–26 besteht, wird mit einer di\-Wendung in 3,24 aufgeführt und in V. 25 näher bestimmt: Alle werden umsonst durch den in Christi Tod ergangenen Gunsterweis (di± t/r !pokutq~seyr t/r 1m Wqist` YgsoO … dm pqo´heto b he¹r Rkast¶qiom … 1m t` aqtoO aVlati) gerechtfertigt. Mit der Hingabe des Sohnes versöhnte Gott die Sünder (= die Hilflosen, Gottlosen, Feinde Gottes) mit sich (vgl. 5,6–10),360 und er gewährt den von Jesu Tod Begünstigten (= den vor Gottes bevorstehendem endzeitlichem Gericht Angeklagten, vgl. 1,18–3,20, doch bereits Gerechtfertigten, vgl. 5,1.9 f.) das Geschenk des Freispruchs (vgl. 8,1.31–34; besonders 8,32).
2.2.7.1 Die Wendung von Unheil in Heil durch Jesus Christus (Röm 5,1–11) Durch den in Jesu Tod ergangenen Gunsterweis Gottes kann Paulus in 5,1 f. (in Anknüpfung an 3,21–26)361 formulieren, dass „wir“, d. h. die vom Sterben Christi (= von Gottes Gunsterweis, 3,24) Begünstigten, die Gerechtfertigten, durch Christus den Zugang zum „Wirkungsbereich göttlicher Charis“ haben und resultativ (vgl. in 5,2 die Perfekt-Formen 1sw¶jalem, 2st¶jalem) in Gottes Gunst stehen;362 ein gegenwärtiger Stand, der die mit „wir“ Bezeichneten, deren Status einst durch Schwachheit, Gottlosigkeit und Sünde gekennzeichnet war (vgl. 1,18–3,20.23; 5,6.8.10), deren Gottesverhältnis nun363 aber wieder in Ordnung gekommen ist (vgl. dijaiyh]mter in 5,1.9),364 zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt.365 Bildet der Abschnitt Röm 5,1–11 damit das 358 Neben rsteqe?shai (+ Gen.) in 3,24 signalisiert diese prekäre Lage u. a. der Gebrauch von 1kp_r und hk?xir-Terminologie in Röm 5,2–5; sowie das … emtym Bl_m !shem_m 5ti… 5ti "laqtyk_m emtym Bl_m in Röm 5,6.8 359 Vgl. dazu Flebbe, Solus Deus, 90. 360 Zu den rp³q Bl_m !pohame?m-Aussagen in Röm 5,6–8 vgl. Breytenbach, Versöhnung, 158: „Das Sterben Christi kam uns, den Sündern, in der Weise zugute, daß wir dadurch zu Gerechtfertigten wurden, das Sterben geschah so zu unseren Gunsten, daß wir, die Gottesfeinde, mit ihm versöhnt wurden.“ 361 Zurecht schreibt Wolter, Der Brief an die Römer, 319, dass Paulus mit Dijaiyh´mter owm 1j p¸steyr in 5,1 an 3,21–26 anknüpft und das dort Gesagte zusammenfasst; die Konjunktion owm signalisiert Wolter zufolge diesen Rückbezug, der durch Kap. 4 unterbrochene Gedankengang wird damit wieder aufgenommen (vgl. BDR § 451,1). 362 Vgl. dagegen Gal 5,4: … t/r w\qitor 1nep]sate! Zur räumlichen Vorstellung von w\qir bzw. Vorstellung von w\qir als Gottes „Heilsraum“ vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 321 f. 363 Vgl den Gebrauch von owm und mOm in 5,1.9.11 (in Anknüpfung an mum· d] in 3,21)! 364 Vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 318. 365 Breytenbach, Versöhnung, 170.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Gegenstück zu Röm 1,18–3,20.23,366 so ist 3,21–26367 das Scharnier, das 1,18–3,20 und 5,1–11 zu Gegenstücken macht.368 „Mit 5,1–11 will Paulus beschreiben, was sich durch die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes nach 3,21–26 für die aus Glauben Gerechtfertigten gegenüber der Situation von 1,18–3,20 geändert hat.“369 Ins Auge sticht die sprachliche und inhaltliche Entsprechung370 von 3,23 f. und 5,1 f.371 Wurde in 3,23 thematisiert, dass die Sünder der d|na toO heoO (= wiederzugeben mit „Ehre/Anerkennung/Reputation“ vor/bei Gott, vgl. V/2.2.4) ermangeln, so ist in 5,2 erneut von der d|na toO heoO (wie in 3,23 zu lesen als Genitivus objectivus), genauer: von der Hoffnung auf d|na toO heoO, als Hoffnung auf die Wiederherstellung der „Ehre/Anerkennung/Reputation“ bei Gott, die Rede (vgl. 1kp·r t/r dºngr toO heoO als Genitivus objectivus372). Hoffnung (1kp_r) charakterisiert Röm 5,2.4 f zufolge also die Lage der von Christi Tod Begünstigten: Mit dem Christusereignis haben sie, die vormaligen Sünder bzw. Feinde Gottes, die der d|na toO heoO ermangelten (vgl. 3,23; 5,6.8.10), weshalb ihnen Gottes Zorn bzw. die Vernichtung im Endgericht bereits zu Gebote stand (vgl. 1,32; 2,5.8 f; 2,12; 5,9), als Gerechtfertigte den Zugang zu Gottes Gunst erhalten (5,1 f.). Für die Zukunft geht mit dieser begünstigten Lage – trotz momentaner Bedrängnisse (vgl. 5,3; 8,18.26.35 f. u. ö.) – deswegen die begründete Hoffnung auf Wiedergewinnung der Ehre, Anerkennung bzw. Reputation bei Gott einher (5,2). Unter Verwendung von 1kp_r-Terminologie (5,2.4 f.) im gemeinsamen Gebrauch mit Futurformen des Verbums s]feim im Passiv373 richtet Paulus in diesem Zusammenhang in 5,2.4 f.9 f. den Blick in die Zukunft: Für die aus Glauben Gerechtfertigten wurde durch Christi Tod (5,6–10; vgl. ebenso die di± WqistoO-Aussagen in 5,1 f.11) die von Paulus in 1,18 ff. geschilderte kritische Situation zum Guten gewendet,374 sie werden vor dem andringenden Zorn 366 Paulus hatte in 1,18–3,20 die prekäre Lage der von Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit gekennzeichneten Menschheit vor Gott zur Darstellung gebracht und Gottes Zorn bzw. Vernichtungshandeln angekündigt; 5,1–11 beschreibt demgegenüber die momentane Lage bzw. den Stand der „aus Glauben Gerechtfertigten“, die darauf hoffen können, vor Gottes andringendem Zorn bewahrt zu werden. 367 Im Allgemeinen und 3,24 f. im Besonderen, vgl. die paulinische Bezugnahme auf den Tod Jesu in 5,6.8.9.10. 368 Zu diesem Resümee vgl. insgesamt Wolter, Der Brief an die Römer, 338. 369 Wolter, Der Brief an die Römer, 339. 370 Vgl. … p²mter … Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r dºngr toO heoO dijaio¼lemoi dyqe±m t0 aqtoO w²qiti di± t/r !pokutq¾seyr t/r 1m Wqist` YgsoO … dijaiyh´mter owm 1j p¸steyr eQq¶mgm 5wolem pq¹r t¹m he¹m di± toO juq¸ou Bl_m YgsoO WqistoO di’ ox ja· tµm pqosacycµm 1sw¶jalem [t0 p¸stei] eQr tµm w²qim ta¼tgm 1m Ø 2st¶jalem ja· jauw¾leha 1p’ 1kp¸di t/r dºngr toO heoO. 371 Die Beobachtung, dass Paulus in 5,2 auf 3,23 zurückgreift, findet ihre Bestätigung bei Wolter, Der Brief an die Römer, 322. 372 Vgl. dazu auch Wolter, Der Brief an die Römer, 322 (Anm. 17). 373 Vgl. 5,9 f.: 1m t` aVlati aqtoO syhgsºleha di’ aqtoO !p¹ t/r aqc/r … di± toO ham²tou toO uRoO aqtoO … syhgsºleha 1m t0 fy0 aqtoO. 374 Die Wendung dieser kritischen Situation signalisiert in 1,16 die Präpositionalphrase eQr sytgq_am.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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Gottes bewahrt werden (5,9.10). Kennzeichnet 1kp_r die momentane Lage der Gerechtfertigten und ist die d|na nach 5,2 Gegenstand der Hoffnung der Gerechtfertigten (jauw¾leha 1p’ 1kp¸di t/r dºngr toO heoO), so steht die Hoffnung der Gerechtfertigten auf zukünftige Wiederherstellung ihrer Reputation bei Gott, der man im Zustand der Sünde ermangelte (3,23), in inhaltlicher Entsprechung zur Hoffnung auf Bewahrung (s]feim, sytgq_a)375 vor dem andringenden Zorn als Gottes Vernichtungsgericht376 (5,9; vgl. auch Röm 1,18, ebenso 1 Thess 1,10; 5,9): Insofern als sich die 1kp·r t/r dºngr toO heoO aus 5,2 darauf richtet, dass alle Glaubenden und Gerechtfertigten durch Christus vor dem endzeitlichen Vernichtungsgericht bewahrt werden377 (vgl. 5,9), ist sie gleichzeitig als 1kp·r sytgq_ar zu qualifizieren. Damit steht die 1kp·r t/r dºngr toO heoO (5,2), die in Verbindung mit den syhgsºleha-Formen aus 5,9 f. als 1kp·r sytgq_ar zu interpretieren ist, in engem inneren Zusammenhang zu Röm 8 (vgl. V. 17.18.20 f.24 f.28.30): Die Hoffnung auf die Wiedergewinnung der d|na vor/bei Gott (5,2; vgl. ebenso 8,18.21) ist gleichbedeutend mit der Hoffnung auf Rettung bzw. darauf, dass die Dinge final zu Gunsten der Glaubenden und Gerechtfertigten gewendet werden.378 Die Glaubenden und Gerechtfertigten, denen begründet zu hoffen bleibt, dass ihre Reputation bei Gott (d|na toO heoO) final wiedergewonnen bzw. wiederhergestellt wird, sodass sie als Gerechte im gerechten Gericht Gottes (vgl. 2,5) Anerkennung bei Gott genießen werden und nicht mit Zorn und Vernichtung (vgl. 1,18; 2,8; 5,9; ebenso 8,21: hier bildet vhoq\ den Kontrastbegriff zu d|na) zu rechnen haben, haben ebenso die Hoffnung bzw. Gewissheit, dass sie als vor Gottes Zorn Bewahrte (5,9) ewiges Leben erlangen werden (vgl. 2,7; 5,10). „Für die Glaubenden ist mit dem Tod Jesu für Gottes Feinde die Frage nach ihrem Ergehen im Gericht schon entschieden, denn wer sogar seinen Sohn für Gottlose sterben lässt und sie dadurch zu Gerechtfertigten und Versöhnten macht, wird sie erst recht vor dem andringenden Zorngericht bewahren.“379
375 Vgl zur Genitivverbindung 1kp·r sytgq_ar auch Arist. Rhet. 1383a: Hier ist von der „Hoffnung auf Rettung/Erhaltung“ (1kp_r sytgq_ar) in hoffnungslosen Situationen (peq· t_m !mekp_stym) die Rede. Zu weiteren die Formulierung 1kp·r sytgq_ar betreffenden profangriechischen, jüdisch-hellenistischen und neutestamentlichen Belegstellen vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 322 (Anm. 17). 376 Vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 131; 332 f. 377 Vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 333. 378 Das syhgsºleha 1m t0 fy0 aqtoO aus 5,10 meint wohl das zukünftige Heil der Glaubenden, das durch deren Teilhabe an Christi Auferstehungsleben möglich wird (vgl. 1 Thess 4,14; 1Kor 15,20–22; Phil 3,10 f.20 f. u. ö.). Vgl. dazu Wolter, Der Brief an die Römer, 336. Vgl. neben den syhgsºleha-Formen in 5,9 f. ebenso 8,24: t0 … 1kp¸di 1s¾hglem; 8,28: oUdalem … fti to?r !cap_sim t¹m he¹m p²mta sumeqce? eQr !cahºm. 379 Wolter, Der Brief an die Römer, 339.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
2.2.7.2 Die Behebung des unheilvollen Mangelzustandes durch Jesus Christus (Röm 5,12–21) Wurde in Röm 3,21–26 von Paulus das Rechtfertigungshandeln Gottes im Christusgeschehen zur Sprache gebracht, wie es die Lage der unter der Sünde stehenden Menschheit dem Passus 1,18–3,20 nach erforderlich machte, so zeigt der Abschnitt 5,12–21 nun (in Anknüpfung an 5,1–11), „wie es möglich ist, daß der Tod Christi aus den Gottlosen Gerechtfertigte, aus den Feinden Versöhnte machen kann.“380 Die enge Verknüpfung von Röm 5,1–11 und 5,12–21 garantiert der Gebrauch von Rechtfertigungsbegriffen (vgl. 5,1.9: dijaiyh]mter; 5,16.17.18.19.21: dijaios}mg, dija_yla, dija_ysir); ebenso wird die Zusammengehörigkeit beider Passagen durch die in 5,1–21 sich in auffallender Dichte findenden di± WqistoO-Aussagen erkennbar (vgl. die Langform di± toO juq¸ou Bl_m YgsoO WqistoO in 5,1.11.21; in pronominaler Gestalt di’ ox, di’ aqtoO vgl. 5,2.9.11; die Hervorhebung di± toO 2m|r in 5,17.18.19; vgl. ebenso 1m t` aVlati aqtoO, 1m t0 fy0 aqtoO in 5,9.10).381 Die Verbindung von Rechtfertigungsbegriffen mit di± WqistoO-Aussagen ließ sich bereits im Blick auf 3,21–26 eruieren.382
Es war festgestellt worden, dass Paulus die in Jesus Christus ergangene Erlösung in 3,24 als Gunsterweis Gottes qualifiziert: Die Gunst, wie sie durch Christi Hingabe/Tod von Gott erwiesen wurde, bewirkt das Geschenk der Rechtfertigung (vgl. die Wendung dijaio}lemoi dyqe±m t0 aqtoO w\qiti),383 und sie bewirkt auch, dass die Gerechtfertigten, die durch Jesus Christus (bzw. den Glauben an ihn) den Zugang zu Gottes Gunst erhalten hatten, in dieser als Begünstigte nun auf resultative Weise stehen (vgl. 5,1 f),384 womit die begründete Hoffnung einhergeht, Ruhm bzw. Anerkennung (d|na) vor/bei Gott, welche zur Erwerbung des ewigen Lebens notwendig ist (vgl. 2,7) und an welcher man der Sünde wegen Mangel litt (3,23), wiederzuerlangen (vgl. 5,2). Die Verknüpfung von Rechtfertigungsbegriffen (dijaios}mg, d_jaior, dijaioOm, dijaioOshai) in 3,21 f.24–26 mit Gunstterminologie (vgl. 3,24: w\qir, dyqe\m) hat dabei eine auffällige Parallele in Röm 5,12.15–21:385 380 Breytenbach, Versöhnung, 157. 381 Dazu Wolter, Der Brief an die Römer, 315 f. 382 Vgl. zu Rechtfertigungsbegriffen 3,21 f.24–26: dijaios}mg, d_jaior, dijaioOm, dijaioOshai; vgl. zur Verbindung von Rechtfertigungsbegriffen mit di± WqistoO-Aussagen 3,22: di± (p_steyr) YgsoO WqistoO; besonders 3,24 f.: dijaio}lemoi … di± t/r !pokutq~seyr t/r 1m Wqist` YgsoO dm pqo´heto b he¹r Rkast¶qiom … 1m t` aqtoO aVlati. 383 Zum Begriff w\qir als Gunsterweisung Gottes, die wie ein Geschenk in den Besitz des Menschen übergeht, vgl. auch 1Kor 1,4; 3,10; Gal 2,9; Röm 12,3; 15,15. 384 Man steht folglich in der Gunst (Gottes) und nicht mehr unter der Sünde (3,9.13). 385 Vgl. dazu den griechischen Text Röm 5,12.15–21: … ¦speq di’ 2m¹r !mhq¾pou B "laqt¸a eQr t¹m jºslom eQs/khem ja· di± t/r "laqt¸ar b h²mator, ja· ovtyr eQr p²mtar !mhq¾pour b h²mator di/khem, 1v’ è p²mter Flaqtom· … oqw ¢r t¹ paq²ptyla, ovtyr ja· t¹ w²qisla· eQ c±q t` toO
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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12 Darum: Wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und somit zu allen Menschen der Tod gekommen ist, weil alle gesündigt haben … 15 Aber nicht wie die Verfehlung (ist) auch das Geschenk: Denn wenn durch die Verfehlung des Einen die Vielen gestorben sind, um wieviel mehr ist Gottes Gunsterweis und das Geschenk (, das Gott) aus Gunst, wie sie im Geschick des einen Menschen Jesus Christus erwiesen wurde, (gegeben hat,) den Vielen im Überfluss zuteil geworden. 16 Und nicht wie durch einen, der gesündigt hat, ist die Gabe: Denn das Urteil (führt/e) von Einem zur Verurteilung, das Geschenk aber von vielen Verfehlungen zum Freispruch. 17 Denn wenn durch die Verfehlung des Einen der Tod die Herrschaft ergriffen hat durch den Einen, um wieviel mehr werden diejenigen, die die (reiche) Überfülle des Gunsterweises und das Geschenk der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den einen Jesus Christus. 18 Folglich nun: Wie (es) durch eines (Menschen) Verfehlung für alle Menschen zur Verurteilung (kam/kommt), so (kam/kommt es) auch durch eines (Menschen) gerechte Tat (bzw. Rechtstat) für alle Menschen zum Freispruch, der auf Leben (Lebenserhaltung) zielt. 19 Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen als Sünder hingestellt wurden die Vielen, so werden auch durch den Gehorsam des einen als Gerechte hingestellt werden die Vielen. 20 Das Gesetz ist aber hinzugekommen, damit die Verfehlung sich vermehrt. Wo aber die Sünde sich vermehrt hat, war die Gunst darüber hinaus im Übermaß vorhanden. 21 Damit, wie die Sünde geherrscht hat durch den Tod, so auch die Gunst herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Der Kontrast von Unheils- und Heilsaussagen durchzieht die gesamte Textpassage 5,12–21. Paulus geht mit 5,12 vom Adamsgeschehen386 aus und benutzt dieses als Folie, um den herausragenden Charakter des Christusgeschehens sichtbar zu machen.387 Leitgedanke ist, dass das Tun eines „Einen“, „eines Menschen“, sich entscheidend auf das Ergehen von „allen“ (auf das Ergehen der gesamten Gattung „Mensch“) auswirkt.388 Aus V. 14 f.17 geht
2m¹r paqapt¾lati oR pokko· !p´hamom, pokk` l÷kkom B w²qir toO heoO ja· B dyqe± 1m w²qiti t0 toO 2m¹r !mhq¾pou YgsoO WqistoO eQr to»r pokko»r 1peq¸sseusem. a· oqw ¢r di’ 2m¹r "laqt¶samtor t¹ d¾qgla· t¹ l³m c±q jq¸la 1n 2m¹r eQr jat²jqila, t¹ d³ w²qisla 1j pokk_m paqaptyl²tym eQr dija¸yla. eQ c±q t` toO 2m¹r paqapt¾lati b h²mator 1bas¸keusem di± toO 2mºr, pokk` l÷kkom oR tµm peqisse¸am t/r w²qitor ja· t/r dyqe÷r t/r dijaios¼mgr kalb²momter 1m fy0 basike¼sousim di± toO 2m¹r YgsoO WqistoO. -qa owm ¢r di’ 2m¹r paqapt¾lator eQr p²mtar !mhq¾pour eQr jat²jqila, ovtyr ja· di’ 2m¹r dijai¾lator eQr p²mtar !mhq¾pour eQr dija¸ysim fy/r·¦speq c±q di± t/r paqajo/r toO 2m¹r !mhq¾pou "laqtyko· jatest²hgsam oR pokko¸, ovtyr ja· di± t/r rpajo/r toO 2m¹r d¸jaioi jatastah¶somtai oR pokko¸. … ox d³ 1pkeºmasem B "laqt¸a, rpeqepeq¸sseusem B w²qir. Vma ¦speq 1bas¸keusem B "laqt¸a 1m t` ham²t\, ovtyr ja· B w²qir basike¼s, di± dijaios¼mgr eQr fyµm aQ¾miom di± YgsoO WqistoO toO juq¸ou Bl_m. Übersetzung in Anlehnung an Wolter, Der Brief an die Römer, 340 f. 386 Der Verweis auf Adam aktualisiert den Gedanken an die Erzählung vom Sündenfall Gen 2,16 f; 3,1–24, vgl. dazu Wolter, Der Brief an die Römer 342. 387 Wolter, Der Brief an die Römer, 351 f. 388 Ähnlich Wolter, Der Brief an die Römer, 341: „Die Kohärenz des Abschnitts wird durch die
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
hervor, dass Paulus mit dem „Einen“ oder dem „einen Menschen“ jeweils Adam und Christus meint.389 Die Gattung „Mensch“390 ist dabei durchgängig Empfänger des unheil- bzw. heilvollen Handelns, das von entsprechenden Instanzen, Adam oder Gott/ Christus ausgeht. Dem von Adam der Gattung „Mensch“ vermachten Unheil, nämlich Sünde bzw. Sündigen, Tod und Sterben, indem Sünde, Sündigen391 und Tod (bzw. Verurteilung zum Tod)392 in einem Ursache-(Unheils-)FolgeVerhältnis stehen, was im Blick auf die menschliche Gattung im (bereits aus 2,12393 und 3,23394 bekannten) p²mter Flaqtom gipfelt (d. h. alle haben gesündigt, sie haben keinen Ruhm/keine Anerkennung bzw. Reputation vor/bei Gott und ihnen droht der Tod, wenn es ihnen nicht gelingt, sich erfolgreich vor Gott bzw. seinem Gericht zu rechtfertigen),395 kontrastiert Paulus Gottes (Heils-)Handeln, wie es im Erweis seiner w\qir zum Ausdruck kommt.396 Im Rückgriff auf Gunstterminologie (vgl. 5.15.17.20.21: w²qir [toO heoO];
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Beschreibung des Zusammenhangs hergestellt, der das Tun eines ,Einen‘ bzw. ,eines Menschen‘ mit dem Ergehen von ,allen‘ bzw. ,den Vielen‘ verbindet (V.12.15–17.18–19)“. Wolter, Der Brief an die Römer, 341. Vgl. neben dem Universalität signalisierenden Begriff j|slor in 5,12 f. auch die Wendungen eQr p²mtar !mhq¾pour, p\mter, eQr to»r pokko»r, oR pokko_ in V. 12.15–19. Das Wort j|slor in 5,12 f. bezeichnet hier wohl nicht die gesamte Schöpfung, sondern steht lediglich für die „Menschenwelt“; so auch Wolter, Der Brief an die Römer, 342. Vgl. folgende in 5,12–21 genannten Begriffe für Sünde: "laqt_a, "laqt\meim, paq\basir, paq²ptyla, "laqtyk|r. Vgl. 5,12–18.21: h\mator, !pohm^sjeim, jat\jqila. Zurecht weist Wolter, Der Brief an die Römer, 356 darauf hin, dass zu jat\jqila in V.18a ein ham\tou zu ergänzen ist, was sich u. a. aus der Antithese zu fy/r in V. 18b ergibt. Vgl. Röm 2,12: nsoi c±q !mºlyr Flaqtom, !mºlyr ja· !pokoOmtai, ja· fsoi 1m mºl\ Flaqtom, di± mºlou jqih¶somtai. Vgl. Röm 3,23: p²mter c±q Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r dºngr toO heoO. Im Blick auf 5,12 schreibt Wolter, Der Brief an die Römer, 343: „V.12c-d ist chiastisch auf V.12ab bezogen: Nachdem Paulus dort zunächst mit Bezug auf den ,einen Menschen‘ Adam die ,Sünde‘ und als deren Folge den ,Tod‘ ins Auge gefasst hatte, überträgt er diesen Zusammenhang nun auf ,alle Menschen‘, indem er erst die Unheilsfolge (den Tod; V. 12c) und dann die Ursache in den Blick nimmt“. Die Wendung 1v’ è des 1v’ è p²mter Flaqtom (vgl. 5,12) ist (in Anknüpfung an neuere Kommentare, vgl. ebenso Wolter, Der Brief an die Römer, 344 im Verweis auf die Parallelen 2Kor 5,4; Phil 3,12) wohl als kausale Konjunktion im Sinne von 1p· to}ty fti („aus welchem Grund, weil“) zu verstehen: Wie durch einen Menschen die Sünde in die (Menschen-)Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil alle gesündigt haben (¦speq di’ 2m¹r !mhq¾pou B "laqt¸a eQr t¹m jºslom eQs/khem ja· di± t/r "laqt¸ar b h²mator, ja· ovtyr eQr p²mtar !mhq¾pour b h²mator di/khem, 1v’ è p²mter Flaqtom). Im Blick auf 1,18–3,20 (1,32; 2,12) wäre folgende Kernaussage bzw. Umkehrung des Teilsatzes … ovtyr eQr p²mtar !mhq¾pour b h²mator di/khem, 1v’ è p²mter Flaqtom denkbar: Weil alle – in Analogie zu Adam (dem „Prototyp“, vgl. Wolter, Der Brief an die Römer, 342) – gesündigt haben, so ist zu allen Menschen der Tod durchgedrungen. Passagen wie Röm 5,6–10 und 8,32 zeigen, dass die Übergabe eines Menschen, des Sohnes an eine feindliche Größe, das eschatologische Vernichtungsgericht Gottes, einem Gunsterweis (w\qir) Gottes gleichkommt. Vgl. dazu Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 458.
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5.15.16: w\qisla bzw. d~qgla; 5,15.17: dyqe\ [1m w²qiti t0 toO 2m¹r !mhq¾pou YgsoO WqistoO]397) weist Paulus nun dezidiert darauf hin, dass Gott durch das Geschick eines weiteren „Einen“, nämlich des einen Menschen Jesus Christus,398 der Menschheit bzw. den Vielen seine Gunst erwiesen und ihnen auf diesem Wege das Geschenk, das in der Gerechtigkeit besteht, gewährt hat (vgl. 5,15.17: B w²qir toO heoO ja· B dyqe± 1m w²qiti t0 toO 2m¹r !mhq¾pou YgsoO WqistoO … t/r w²qitor ja· t/r dyqe÷r t/r dijaios¼mgr).399 Von herausragendem Interesse ist nun, dass die Gerechtigkeit in 5,17 explizit als Gabe bzw. göttliche Schickung400 qualifiziert wird.401 Kommt der dijaios}mg folglich Gaben- bzw. Geschenkcharakter zu, so ist Gott der Geber des Gerechtigkeitsgeschenkes (vgl. dazu auch 1,17; 3,21 f.), der Mensch (bzw. die Gattung „Mensch“) dagegen der Empfänger.402 Dass es sich bei den Begünstigten um die zu Christus Gehörenden/Glaubenden handelt, hat Paulus bereits an anderer Stelle dargelegt (vgl. u. a. 1,16 f.; 3,21–31 usw.).403 Gottes im Christusgeschehen (in der Vergangenheit, vgl. in 5,15 den Aorist 1peq¸sseusem) erwiesene Gunst (w\qir) wird damit zum Geschenk (w\qisla, d~qgla, dyqe\), das die Vielen in Form der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, (gegenwärtig) empfangen (vgl. 5,17: oR tµm peqisse¸am t/r w²qitor ja· t/r dyqe÷r t/r dijaios¼mgr kalb²momter) und welches für die (vor Gottes eschatologischem Gericht) Angeklagten nicht zur Verurteilung, sondern zum Freispruch (mit lebenserhaltender Wirkung) führt (gl. 5,16: t¹ l³m jq_la … eQr jat\jqila, t¹ d³ w\qisla … eQr dija_yla; 5,18: di’ 2m¹r paqapt¾lator …
397 Das 1m w²qiti in 5,15 gibt den inneren Beweggrund von dyqe\ an; dem Dativ kommt damit wohl kausale Bedeutung zu (1m w²qiti als Dativus causae): Gemeint ist „das Geschenk (, das Gott) aus Gunst (gegeben hat).“ Weiter handelt es sich beim von 1m w²qiti abhängigen Genitiv toO 2m¹r !mhq¾pou YgsoO WqistoO um einen Genitivus epexegeticus (vgl. auch Wolter, Der Brief an die Römer, 351): Die Gunst, die Gott gegeben hat, besteht in der Hingabe des einen Menschen Jesus Christus. 398 Vgl. 5,21: di± toO juq¸ou Bl_m YgsoO WqistoO 5,17.18.19: di± (toO) 2m|r (YgsoO WqistoO); 5,15: 1m w²qiti t0 toO 2m¹r !mhq¾pou YgsoO WqistoO. 399 Gott wird im vorliegenden Kontext dabei als ein Schenkender vorgestellt, der den Menschen mit der von ihm geleisteten Hingabe seines Sohnes in gewisser Weise seinen eigenen Sohn, nämlich dessen Tod geschenkt hat (vgl. dazu an späterer Stelle insbesondere Röm 8,32). Dazu die Ausführungen bei Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 456. Vgl. dazu auch Wolter, Der Brief an die Römer, 352, der im Blick auf 5,15 schreibt: „Voraussetzung dieser Argumentation ist natürlich der Glaube, der nach Röm 3,25 im Tod Jesu das rechtfertigende Heils- und Erlösungshandeln Gottes erkennt.“ 400 Vgl. ähnlich Plat. Prot. 322c: Fe»r owm de_sar peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m, :ql/m p]lpei %comta eQr !mhq~pour aQd_ te ja· d_jgm. 401 Dazu schreibt Moo, Romans, 73: „… ,righteousness‘ is used most often in Romans to denote the ,gift of righteousness‘ (5:17) – a righteous status that God bestows on the one who believes.“ 402 Vgl. dazu auch Zeller, Charis bei Philon und Paulus, 157: „V.17 ist klar, dass man die Gnade ebenso wie das ,Geschenk der Gerechtigkeit‘ empfängt.“ 403 In diesem Sinne handelt es sich bei denjenigen, die die (reiche) Überfülle des Gunsterweises und das Geschenk der Gerechtigkeit empfangen (vgl. 5,17: oR tµm peqisse¸am t/r w²qitor ja· t/r dyqe÷r t/r dijaios¼mgr kalb²momter) um die Glaubenden (vgl. 1,16 f.; 3,21 f.).
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eQr jat²jqila, ovtyr … di’ 2m¹r dijai¾lator … eQr dija¸ysim fy/r404; 5,21: B w²qir … di± dijaios¼mgr eQr fyµm aQ¾miom). Die Folge von Christi Rechtfertigungstat (vgl. 5,17.18.19.21: di± toO 2m¹r YgsoO WqistoO … di’ 2m¹r dijai¾lator405 … di± t/r rpajo/r toO 2m¹r … di± dijaios¼mgr … di± YgsoO WqistoO toO juq¸ou Bl_m) und der Verleihung des Gerechtigkeits-Geschenkes seitens Gottes ist, dass es einen Statuswechsel zugunsten der vor Gottes Gericht Angeklagten/Sünder bewirkt, die nun vor Gott nicht mehr als Sünder ("laqtyko_), sondern als Gerechte (d¸jaioi) gelten (vgl. 5,19).406 Die Wendung der kritischen Situation zum Guten, zugunsten der Betroffenen, wird dadurch eingeleitet.
An anderer Stelle war dargelegt worden, dass der Universalität menschlicher Sünde (1,18–3,20) in 3,23 die Universalität eines Mangelzustands entspricht (die p\mter ermangeln des Ruhmes vor/bei Gott), der als Resultat Tod und Verderben über die Angeklagten bringt (vgl. 2,5 f.8 f; 2,12). Offensichtlich steht die in 5,15.17.20 begegnende Wortgruppe um peqisse_a, peqisse}eim407, rpeqpeqisse}eim in direkter Verbindung mit dem Wortcluster um w²qir (toO heoO), w\qisla, d~qgla, dyqe\ (5,15–17.20 f.) nun in semantischer Interaktion zum Verbum rsteqe?shai (+ Gen.) in 3,23: Ein momentaner Mangelzustand408 kann seitens einer vermögenden Instanz behoben werden, indem diese die zur Behebung des Mangels notwendigen Mittel (= „Heilsgüter“, im vorliegenden Fall: die im Christusgeschehen erwiesene Gunst und das Geschenk der Gerechtigkeit, die seitens der Begünstigten zu Freispruch/Leben/ Lebenserhaltung führt) gewährt. Die Behebung bzw. Kompensierung des in 3,23 erwähnten Mangelzustandes, welche den p\mter unter der Bedingung der p_stir zugutekommt, brachte Paulus bereits in 3,21–26 im Verweis auf die Gerechtigkeit Gottes (dijaios}mg heoO) in Jesus Christus als von Gott kommender Gabe409 zur Darstellung. Paulus knüpft nun in 5,12–21 an diesen Gedanken an: Reagierend auf das Sündigen der p\mter (5,12, sowie den daraus resultierenden, zu Tod und Verderben führenden Mangelzustand, vgl. 2,12; 3,23) erweist Gott mit dem Christus-Geschehen seine Gunst und das Geschenk der Gerechtigkeit, und 404 Die mit dem Genitiv aktualisierte fy^ wird dabei als Zweck / Folge der mit dija_ysir aktualisierten Handlung bestimmt (vgl. BDR § 166). Zurecht Wolter, Der Brief an die Römer, 355: „Das Leben ist … der Modus des Heils.“ 405 Anders als in 5,16 charakterisiert Paulus mit dija_yla in 5,18 das Tun Jesu (seine gerechte Tat bzw. Rechtstat, die in V.16 zum dija_yla im Sinne von „Freispruch“ führt). 406 Vgl. ähnlich Joubert, WAQIS, 202. 407 Vgl. zu peqisse}eim BAA, s.v. peqisse}y: „sich als überreich erweisen“, „überreich zuteilwerden“; transitiv (eQr + Akk. d. Pers.) „jmd. etwas reichlich gewähren“, so auch in 1 Thess 3,12; 2Kor 1,5; 9,8; Eph 1,8. 408 So zeigten u. a. die Josephus-Belege, vgl. Exkurs X. 409 Zu 3,21 schrieb bereits Käsemann, An die Römer, 88: „Der allgemeinen Verfallenheit in 1,18–3,20 kontrastiert, durch p\mter in 22b–23 wie in 1,16 f unterstrichen, die Universalität der Gabe [der Gerechtigkeit]. Obgleich sie nur von den Glaubenden empfangen wird, ist sie begnadende Macht im weltweiten Raum.“
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zwar, wie die Wortgruppe um peqisse_a, peqisse}eim, rpeqpeqisse}eim in 5,15.17.20 zeigt, kommt dies den p\mter im Übermaß zugute. Gottes in Christus erwiesene Gunst und das (Gerechtigkeits-)Geschenk garantieren damit den positiven Ausgang von Gottes eschatologischem Gericht, nämlich Freispruch und ewiges Leben (vgl. 5,16: dija_yla; 5,18: dija¸ysir fy/r; 5,21: fyµ aQ~mior); aus den Angeklagten (1,18–3,20) werden (vor dem kommenden Zorn Gottes bewahrte) Gerechtfertigte (3,24; 5,1.9.19; 8,31–39). So kann Paulus in 5,17 sagen, dass diejenigen, die das „Übermaß der Gunst und des Geschenkes der Gerechtigkeit empfangen“ (d. h. die dijaio}lemoi aus 3,24 bzw. die dijaiyh]mter aus 5,1.9), im Leben (d. h. im „ewigen Leben“, vgl. 5,21; 6,23, vgl. ebenso 2,7) über Vermittlung des Einen, Jesus Christus, herrschen werden: Denn als Gerechtfertigte rechnen sie (= die Glaubenden, in Gottes Gunst Stehenden) für die Zukunft damit, Ruhm bzw. Anerkennung vor/bei Gott, welche zur Erwerbung des ewigen Lebens notwendig ist, wiederzuerlangen (vgl. 5,1 f.9). Ein ähnliches Zusammenspiel von „Mangel“-Terminologie und Terminologie, die „reich machen bzw. reich werden“ zum Ausdruck bringt (rsteqe?shai, pkout_feim), findet sich im Proömium des 1. Korintherbriefes (vgl. 1,4–9): Das (von Paulus verkündigte, vgl. 1Kor 3,10; 4,15; 9,1 f.16; 15,1–10) Evangelium als Zeugnis vom (d. h. über) Christus (vgl. 1,6: t¹ laqt}qiom toO WqistoO410) wurde in den Korinthern kräftig gemacht (vgl. 1,6.8; vgl. dazu auch Phil 1,7),411 sodass sich diese als Folge davon momentan nicht im Zustand des Mangels (an Kraft oder Mitteln, hier:) an irgendeiner Gabe befinden (vgl. 1,7: … ¦ste rl÷r lµ rsteqe?shai 1m lgdem· waq¸slati);412 vielmehr stehen sie in der Gunst Gottes und erwarten als „reich Gewordene“ (vgl. 1,5: … fti 1m pamt· 1pkout¸shgte 1m aqt`) das Erscheinen des Herrn Jesus Christus am „Tag des Herrn“413 (vgl. 1,7.8; Verweise auf den „Tag des Herrn“ bzw. „des Gerichts“ finden sich auch in 1Kor 3,13–15; 4,4 f; 5,4 f; 6,13; 9,22; 15,23–28).
410 Der Genitiv toO WqistoO ist hier objektiv zu nehmen; vgl. dazu Lindemann, Der erste Korintherbrief, 30. 411 Dem Passivum divinum 1bebai~hg (vgl. bebaioOm: „[unter-]stützen, stärken, kräftig machen, helfen“) in V. 6 korrespondiert das futurisch gebrauchte, auf Christus als Handlungsträger verweisende bebai~sei in V. 8: Christus ist die Instanz, die die Korinther „fest erhalten wird“ bis ans Ende, sodass sie am „Tag des Herrn“ (1,8) schuldlos (!m]cjkgtor) dastehen. 412 Zu rsteqe?shai in der Bedeutung „Mangel leiden“ in 1Kor 1,7 vgl. Weiss, Der erste Korintherbrief, 9. 413 Zum „Tag des Herrn“ vgl. Weiss, Der erste Korintherbrief, 10: „Der ,Tag des Herrn‘ ist höchst geläufiger prophetisch-apokalyptischer Terminus … für den Gerichtstag Jahves; man muss wissen, welche Summe von schrecklichen, teils freudigen Erwartungen dieser Terminus einschloss…, um zu fühlen, was es bedeutet, dass die Christen ihn übernommen und auf ihren j}qior übertragen haben. Wie man damals wartete auf den Tag, da Jahve sich offenbaren … wird, zum Heil dem Volke, zum Gericht den anderen, so erwarten die Christen von dem Tag ihres Herrn auch die gewaltige Wendung in dem eigenen Geschick … wie für das der Welt.“
312
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Denn, wie u. a. 1Kor 1,18 zeigt, gehören die Korinther zur Gruppierung der s\fol´moi.414
2.2.8 Zusammenfassung: Das Evangelium von der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus und die Wendung der kritischen Situation zum Guten Den vorangegangenen Ausführungen ist zu entnehmen, dass das in Röm 1,16 zum Einsatz kommende Syntagma d}malir eQr sytgq_am415 mit Röm 1–8 im Kontext einer prekären Situation, die als Gefahrensituation zu charakterisieren ist, begegnet. Gefahr steht durch Gottes eschatologisches (Zorn-)Gericht416 bevor. Thematisiert wird in 1,18–3,20 die Gefährdung der gesamten Menschheit, die sich momentan, da unter der Sünde stehend (vgl. 3,9.19), in einer aussichtslosen, bedrohlichen Lage befindet. Da die Menschheit in ihrer Gesamtheit als schuldig erwiesen wird und nicht vor Gottes Gericht nach Werken (vgl. 2,5–11) bestehen kann, muss sie damit rechnen, im Gericht umzukommen (vgl. 2,12; 3,9.19); die Situation müsste also zu ihren Ungunsten, in Richtung (eschatologischen) Tod bzw. Vernichtung entschieden werden (vgl. 1,32; 2,12; 5,12.18). Des Weiteren war vom Kontext her zu zeigen, dass die Lage der von Gefahr betroffenen Größe (= „alle“ bzw. „alle Menschen“, insofern sie der Sünde verfallen sind, vgl. Röm 2,12; 3,9.19.23) durch Begrifflichkeiten charakterisiert wird, die ihrer Semantik nach einen Zustand der Bedürftigkeit und Ohnmacht, ebenso wie ein (Er-)Mangeln an Kraft oder Mitteln, um drohendes Unheil (= Vernichtung bzw. eschatologisches Zugrundegehen, vgl. v. a. 1,32; 2,12) abzuwehren, indizieren (vgl. neben !s]beia, !dij_a, !sh]meia417 insbesondere den Gebrauch von rsteqe?shai [+ Gen.] in 3,23).418 Wie speziell 3,23 zeigt (p\mter … Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO), ist die momentane Befindlichkeit der p\mter als ein Mangelzustand zu charakterisieren: Unter dem unheilvollen Einfluss der Sünde stehend, ermangeln alle eines für die Lebenserhaltung in eschatologischer Perspektive (bzw. eines für die Erlangung ewigen Lebens) notwendigen Gutes, der d|na toO heoO (= wiederzugeben mit „Ehre, Ruhm, Reputation bzw. Beifall vor/bei Gott“, vgl. bereits 2,7.10). Aus dieser ausweglosen Lage, welche den weiteren Rahmen bildet, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am in 1,16 zur Anwendung kommt, können sich die p\mter, wie die Passagen Röm 3,21–26 und 5,12–21 (sowie 7,7–25) 414 Hier wird das „ihr“ aus 1Kor 1,4–9 zum christlichen „wir“ ausgeweitet; im Gegensatz zu den !pokkul´moi . 415 Zu weiterer s]feim jtk.–Terminologie vgl. auch Röm 5,9; ebenso 13,11. 416 Vgl. Röm 1,18–3,20; besonders 2,5–12; 5,9; ebenso 1 Thess 1,10; 2,16; 5,9. 417 Vgl. Röm 1,18; 1,29; 2,8; 3,5; 4,5; 5,6; vgl. ebenso 8,26 usw. 418 Zu rsteqe?m, rsteqe?shai (+ Gen.) als Synonym von !poqe?m, !poqe?shai (+ Gen.) vgl. die Ausführungen unter V/2.2.3.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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zeigen, nicht aus eigener Kraft befreien. Um den Zusammenhang von Sünde, Gottes darauf reagierendem, andringendem Zorn und Vernichtungsgericht (vgl. 1,18–3,20, besonderes 1,32; 2,5 f.8 f.12) zu durchbrechen, bedarf es der Hilfe bzw. des rettenden Eingreifens einer vermögenden Instanz von außen. Auf universale Rettungsbedürftigkeit, wie sie in 3,23 zur Sprache kommt, reagiert Gott mit einem Gunsterweis: Wie 1,16 f. in Verbindung mit 3,21 f.24–26 zeigt, ergreift er durch Christi Tod bzw. seine Hingabe (vgl. neben 3,24 f. insbesondere Röm 5,6–10; 8,32; 14,15) Heilsmaßnahmen, die den Sündern zugutekommen. Erneut ist an dieser Stelle auf den inneren Zusammenhang, der zwischen Röm 1,16 f. und 3,21–26 besteht, zu blicken. Möglicherweise nennt Paulus das Evangelium in Röm 1,16 gerade deswegen eine d}malir eQr sytgq_am (= „[Abwehr-]Mittel zur Rettung/Erhaltung“), da es die Botschaft vom Unheil abwehrenden Tod bzw. Sterben einer Einzelperson in Gestalt Jesu Christi zum Inhalt hat. Indem dieses Sterben für Paulus die unerlässliche Voraussetzung bzw. Vorbedingung für einen positiven Ausgang des göttlichen Gerichtes ist, stellte der Tod bzw. die Hingabe Jesu Christi (vgl. Röm 3,24 f.; 5,9; 8,32) damit die d}malir eQr sytgq_am im eigentlichen Sinne dar, und das Evangelium ist deswegen eine d}malir eQr sytgq_am, da es diesen Inhalt zugunsten, d. h. zur Rettung der Menschheit kundgibt. Es wäre darüber hinaus durchaus denkbar, dass über den gemeinsamen Gebrauch von d}malir eQr sytgq_am in 1,16 und !pok}qysir in 3,24 der Gedanke an einen (Frei-)Kaufvorgang419 aktiviert wird. Speziell die Textpassagen Lysias 12,13 f. und Them. Ep. 20,121 ff.420 ließen nämlich erkennen, dass d}malir eQr sytgq_am für Geldmittel stehen kann,421 die seitens einer freundschaftlich gesonnenen bzw. gesellschaftlich verpflichteten Einzelperson (bereitwillig)422 gewährt werden, um einen in akute Gefahr Geratenen, politisch-gesellschaftlich Ohnmächtigen den ihm nachstellenden, politischen Gegnern zu entreißen und damit die ernste, lebensbedrohliche Lage zu dessen Gunsten zu wenden. Bei Paulus liegen die Dinge im Blick auf 1,16 f. und 3,21–26 ähnlich: Hier ist Gott die Instanz, die (über Vermittlung des Paulus) d}malir eQr sytgq_am bereitwillig423 gewährt, d. h. durch Christi Tod (im übertragenen Sinne) „freikauft“ bzw. „Geldmittel aufbringt“, um drohendes Unheil, Zorn und Vernichtung von den von Gefahr Betroffenen (den p\mter, vgl. 3,23) abzuwenden.424 419 Vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.2.6. 420 Vgl. II./5.1.3 und II./5.2.2.3. 421 Vgl. bei Lysias den Gebrauch von wq/la, wqglat_feshai; t\kamtom (!qcuq_ou), !qc}qiom in 12,6 f.8–11.14; vgl. ebenso den Gebrauch von dyqe\ in Them. Ep. 20,130. Vgl. ebenso die Gleichsetzung von d}malir eQr sytgq_am und wq/la bei Apollin. Fragm. Ps. 39,14. 422 Vgl. Lysias 12,14: s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am. 423 Vgl. 1,15: t¹ jat’ 1l³ pq|hulom! 424 Wie in Them. Ep. 20,121 ff. stellt die d}malir eQr sytgq_am-Gewähr in Röm 1,16 gleichzeitig einen Gunsterweis dar, vgl. den Gebrauch von w\qir in 3,24: dijaio}lemoi dyqe±m t0 aqtoO w\qiti di± t/r !pokutq~seyr t/r 1m Wqist` YgsoO.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Durch Christi Tod (als den davon Begünstigten bereits in der Vergangenheit widerfahrenes rettendes Ereignis bzw. Unheil abwendendes Geschehen) erhalten die Glaubenden den für das Bestehen im sich anbahnenden Gericht notwendigen Schutz vor Gottes (Vernichtungs-)Zorn: Ihnen wird die dafür erforderliche Gerechtigkeit, die auf die sytgq_a des Menschen zielt (vgl. Röm 1,17; 3,21 f.; 5,17; 10,1.10), geschenkt.425 Mittels der Gabe der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt (vgl. 1,17; 3,21 f.; 10,3), verleiht Gott den Sündern bzw. Gottlosen den Status von Gerechten und spricht sie dadurch gerecht und frei (vgl. 3,24; 5,1.9). Der Glaube an den Gott, der die Gottlosen gerecht- bzw. freispricht (vgl. 4,5) und der in Jesu Tod das Heilshandeln Gottes wahrnimmt,426 ist in besagter, vermeintlich aussichtsloser Lage wiederum das Mittel, durch welches die von Gott ausgehende und als Freispruch zu verstehende Gerechtigkeit seitens des Menschen angeeignet wird (vgl. dazu die Möglichkeit einer instrumentalen Interpretation der Präpositionalphrase di± [t/r] p_steyr [YgsoO WqistoO] in 3,22.30; ebenso den instrumentalen Gebrauch von p_stir in Röm 3,28: dijaioOshai p¸stei %mhqypom).427
Als in Christus Gerechtgewordene (bzw. Freigesprochene) hoffen die mit Gott Versöhnten, einst Sünder und Feinde Gottes, nun in seiner Gunst stehend, zurecht darauf (vgl. 5,1 f.6–10), (zukünftige) Ehre bzw. Anerkennung vor bzw. bei Gott wiederzuerlangen (vgl. 5,2: jauw¾leha 1p’ 1kp¸di t/r dºngr toO heoO/ hier: Genitivus obiectivus), da diese, so war der Gedankengang in 2,5–11, zum Bestehen im göttlichen Endgericht und zur Erlangung des ewigen Lebens führt (vgl. auch 8,18.21.30). Als d}malir eQr sytgq_am, die seitens Gottes bzw. 425 Es hat den Anschein, als handle es sich beim von Paulus „in der gesamten Welt“ (1,8) bereitwillig kundgetanen Evangelium eben deswegen um eine von Gott (zugunsten jedes Glaubenden) gewährte d}malir eQr sytgq_am, da auf diesem Wege eine von Gott kommende Gabe bzw. Schickung (vgl. 3,21 f.; 5,17), nämlich Gerechtigkeit (dijaios}mg), in der Welt in Erscheinung tritt, sodass die Welt bzw. die Menschheit daran teil hat. Der Ausdruck dijaios}mg in direkter Verbindung mit sytgq_a („Gerechtigkeit … zum Heil/zur Rettung/zur Erhaltung“, vgl. Röm 1,16 f) hat in hebräischen Texten (wie den Texten vom Toten Meer) keine Entsprechung. Zu dijaios}mg bzw. d_jg als sytgq_a schaffende göttliche Schickung bzw. Begabung, die verhindert, dass die Gattung „Mensch“ im Kampf mit einer feindlich gesonnenen Umwelt gänzlich vernichtet wird, vgl. Plat. Prot. 322a 3–322d 5: Hier gewährt die Gottheit Zeus über Vermittlung des Hermes den im Krieg gegen die wilden Tiere unterliegenden, in ihrem Bestand gefährdeten Menschen zur Sicherstellung ihrer sytgq_a Gerechtigkeit (Fe»r … de_sar peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m, :ql/m p]lpei %comta eQr !mhq~pour aQd_ te ja· d_jgm; vgl. dazu II./ 1.1.3). Dass die göttliche Initiative, wie sie in Röm 1,16 f. zur Sprache gebracht wird, dazu dient, drohendes Unheil, nämlich Vernichtung von der Menschheit abzuwenden, zeigt 1,18–3,20: Der in ihrer Gesamtheit der Sünde verfallenen Gattung „Mensch“ droht im Zuge von Gottes eschatologischem Zorngericht der Untergang (d. h. das eschatologische [Über-]Leben aller Menschen steht auf dem Spiel). 426 Wolter, Der Brief an die Römer, 271. 427 So schreibt zurecht du Toit, Forensic Metaphors, 233: „P_stir and piste}y are introduced as the means by which God’s acquittal is appropriated.“ Ähnlich Schnelle, Paulus, 351, der von der p_stir als „Aneignungsform“ der als „Freispruch “ zu verstehenden Gerechtigkeit Gottes spricht.
Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen
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Paulus428 bereitwillig gewährt wird (vgl. 1,15 f.), kommt dem von Paulus verkündigten Evangelium von der Gerechtigkeit Gottes in Christus Jesus dabei Signalcharakter zu. Das Evangelium kommt einer Heilszusage in eschatologischer Perspektive gleich: Gott tut damit insgesamt kund, dass die durch Gottes Zorn und Vernichtungsgericht konstituierte kritische, unheilvolle Lage (vgl. Röm 1,18.32; 2,1–12; 5,9) für die davon Begünstigten nicht in Richtung Tod und Verderben entschieden werden wird, sondern in Richtung Rettung/ Erhaltung429 umschlägt (vgl. neben Röm 1,16 f. auch 5,9 f.; 13,11). Negativ lässt sich die sytgq_a-Begrifflichkeit in 1,16 demnach als „Errettung“ bzw. „Bewahrung“ vor dem eschatologischen Gerichtszorn Gottes fassen430 (vgl. dazu auch 5,9; 1 Thess 1,5–10; 5,8–11), positiv dagegen als die Wiedererlangung der d|na431, der Ehre/Reputation vor/bei Gott, welcher die Sünder als Feinde Gottes ermangeln (vgl. 3,23; vgl. auch 5,6–10), deren Wiedergewinnung in der von Gott geschenkten Gerechtigkeit ihren Anfang nimmt432 und welche für das Bestehen im göttlichen Endgericht und die Erlangung des ewigen Lebens notwendig ist (vgl. Röm 2,7; 6,8.23; vgl. ebenso 1 Thess 4,14.17).
Gott selbst „bringt“ die ehemaligen Gottlosen, Sünder und Feinde Gottes (vgl. 5,6–10) als Gerechtfertigte also „zu Ehren/Ansehen“;433 sodass die Situation zu deren Gunsten gewendet wird. Insofern die Formulierung d}malir eQr sytgq_am in 1,16 die Wendung einer kritischen Situation zum Guten signalisiert, kommt ihr auch eine zeitliche Signalwirkung zu: Angesichts der Sachlage, wie sie in 1,18–3,20 dargestellt wird, ist die Situation für die der Sünde verfallene Menschheit nach wie vor ernst (vgl. das Präsens von rsteqe?shai in 3,23: p\mter c±q Flaqtom ja· rsteqoOmtai t/r d|ngr toO heoO), das „in 1,18 ausgesprochene Urteil“ hat „auch weiterhin Gültigkeit“434; doch spricht gegenwärtig, aufgrund des In-Erscheinung-Tretens ausschlaggebender Indikatoren (= des Evangeliums von der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus), 428 Als Gesandten Gottes, vgl. Röm 1,1 u. ö. 429 Zurecht schreibt Käsemann, An die Römer, 20 mit Blick auf Röm 1,16: „Für Pls und seine Traditionsquellen meint sytgq_a nach 13,11; 5,9; 1.K 3,15; 5,5; Phil 1,19 konstitutiv Rettung im Endgericht.“ Zu der Annahme, dass die sytgq_a in 1,16 auf die Rettung im Endgericht bezogen ist vgl. auch Lohse, Der Brief an die Römer, 77; Cranfield, Romans I, 88 f. 430 Von Gott in Christus herbeigeführte (eschatologische) „Rettung/Erhaltung“ (sytgq_a) ist demnach das Gegenteil von (eschatologischem) „Verderben, Zugrundegehen“ (ekehqor). 431 In Anlehnung an Cranfield, Romans I, 88 f. 432 Dass Gerechtigkeit (dijaios}mg) und d|na mit jeweils verschiedenem Aspekt Äquivalente sind, sieht zurecht Käsemann, vgl. ders., An die Römer, 125: „Die d|na toO heoO ist die Vollendung der bereits geschenkten Gerechtigkeit und wird in dieser derart antizipiert, daß „Hoffnung“ zugleich auf ausstehende Vollendung noch wartet und ihrer doch über der empfangenen Gabe gewiß ist.“ 433 Vgl. 8,18.21: 1keuheqyh¶setai … eQr tµm 1keuheq¸am t/r dºngr t_m t´jmym toO heoO; 9,23: eQr d|nam; ebenso 8,30: …, otr d³ 1dija_ysem, to}tour ja· 1d|nasem, don\feim hier im Sinne von „(in den Stand der Ehre) erheben, ehren, respektieren“. 434 Wolter, Der Brief an die Römer, 246.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
bereits alles dafür, dass die „Wendung“ bzw. der „Umschlag“ der momentanen kritischen Lage „in Richtung Erhaltung“435 eingetreten und für die Zukunft Besserung436 zu erwarten ist.437 Im Rahmen der kritischen Situation, wie sie Paulus im Rückgriff auf jq_meim jtk.–Terminologie438 in 1,18–3,20 schildert, handelte es sich beim Evangelium (als d}malir eQr sytgq_am) folglich um einen gewichtigen Indikator, der anzeigt, dass die Gefahrenlage (wenn auch noch nicht überstanden, da es Gottes eschatologisches Zorngericht noch zu überstehen gilt, vgl. 5,9) zugunsten eines Teils der Menschheit, den Glaubenden, in Richtung Rettung/Erhaltung entschieden wurde.439 Auch wenn die eschatologisch zu erwartende Vollendung des Heils noch aussteht (vgl. 8,18–30; 8,24: t0 c±q 1kp_di 1s~hglem; 13,11:440 vollständige sytgq_a ereignet sich erst bei der Parusie des Kyrios), haben die Glaubenden folglich bereits in der Gegenwart berechtigten Anlass zur Hoffnung auf sytgq_a.441
Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5 Wie aber verhält es sich nun mit dem d}malir heoO-Gebrauch in 1Kor 1,18–2,5, einer Textpassage, die in engem inneren Zusammenhang zu Röm 1,16 steht?442 Gibt es Hinweise darauf, die in diesem Passus vorkommende Genitivkonstruktion auf der Linie von Röm 1,16 als d}malir heoO eQr sytgq_am zu interpretieren? Zunächst ist auf den Textauszug 1Kor 1,17–2,5 zu blicken. Die d}malir heoO-Formulierung ist dort in einen übergreifenden Kontext gestellt 435 Der Gegensatz wäre „in Richtung Vernichtung“, vgl. 1,32; 2,12; 8,1. 436 Dies lässt sich anhand profangriechischer Quellen belegen: Wenn gewisse (An-)Zeichen am Körper des erkrankten Patienten auftreten, so Hippokrates und Galen, die „ein großes Potential in Richtung Erhaltung“ besitzen (vgl. den synonymen Gebrauch von d}malir eQr sytgq_am und Nopµ eQr sytgq_am), so darf man berechtigte Hoffnung auf das Überleben bzw. die baldige Genesung (sytgq_a) eines akut Erkrankten haben (vgl. dazu die Ausführungen unter II./3.2.2.3; II./3.2.3; II./3.3). 437 Vgl. dazu auch 8,24.28: oUdalem d³ fti to?r !cap_sim t¹m he¹m p\mta sumeqce? eQr !cah|m, to?r jat± pq|hesim jkgto?r owsim. 438 Wie bei Paulus begegnet das Syntagma d}malir eQr sytgq_am auch bei Hippokrates und Galen in nächster Nähe von jq_meim jtk.–Terminologie: Dem Kontext nach geht es hier wie dort um die Wendung einer kritischen, ernsten Lage zum Guten oder Schlechten, indem das Erscheinen von d}malir eQr sytgq_am indiziert, dass die Lage zum Guten gewendet werden wird. 439 Dazu passt ein Satz von Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 348, die im Blick auf Röm 5,9 f. schreibt: „Die Rettung steht zwar noch bevor (vgl. das Futur), doch lässt der Tod Christi die zu Christus Gehörenden vor dem endgültigen Zugrundegehen grundsätzlich sicher sein.“ 440 Auf den Punkt bringt diese Lage der Gläubigen auch Röm 13,11 f. (vgl. 13,11: … denn unser Heil ist jetzt näher (mOm c±q 1cc}teqom Bl_m B sytgq_a) als zu der Zeit, da wir gläubig wurden). 441 Insofern erweist sich die Formulierung d}malir eQr sytgq_am auch als anschlussfähig an das Wortcluster um 1kp_r, s~feim, sytgq_a bzw. die Wendung 1kp·r sytgq_ar (= Genitivus objectivus), vgl. Röm 5 und 8. 442 U. a. Heckel, Kraft in Schwachheit, 289 hat darauf hingewiesen, dass, vergleicht man Röm 1,16 und 1Kor 1,18, beide Textpassagen hinsichtlich ihres Inhaltes, ihrer Satzstruktur und ihrer Funktion für den Kontext eine große Ähnlichkeit erkennen lassen.
Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5
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(vgl. 1Kor 1,18–2,16), der unter der Überschrift „Das Wort vom Kreuz und die Weisheit der Welt“ zusammenzufassen ist: 17 Denn Christus hat mich … gesandt … das Evangelium zu verkündigen – nicht mit klugen Worten, damit nicht das Kreuz Christi zunichtewerde. 18 Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die zugrundegehen, eine Torheit; denjenigen aber, die gerettet werden, uns, ist es eine Kraft Gottes. 19 Denn es steht geschrieben: „Zugrunderichten werde ich die Weisheit der Weisen, und das Verstehen der Verständigen werde ich verwerfen.“ 20 Wo (ist) ein Weiser? Wo ein Schriftkundiger? Wo ein Forscher dieses Aions? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? 21 Nachdem nämlich im Zustand der von Gott kommenden Weisheit der Kosmos Gott durch die Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott, durch die Torheit der Verkündigung zu retten die Glaubenden. 22 Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit, 23 wir dagegen verkündigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit; 24 denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, verkündigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. 25 Denn das vor Gott Törichte (der Welt) ist weiser als die Menschen und das vor Gott Schwache (der Welt) stärker als die Menschen. 26 Seht doch auf eure Berufung, Brüder! Nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Vermögende, nicht viele Angesehene (sind berufen). 27 Sondern das Törichte der Welt hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache, und das Schwache der Welt erwählte Gott, damit er das Starke zuschanden mache, 28 und das Niedriggeborene der Welt und das Geringgeachtete erwählte Gott, das nicht Seiende, damit er das Seiende vernichte, 29 damit sich kein Mensch vor Gott rühme. 30 Aus ihm (= aus Gott) aber seid ihr in Christus Jesus, der uns Weisheit wurde von Gott, Gerechtigkeit und Heiligung und Erlösung, 31 damit, wie geschrieben steht: „Wer sich rühme, der rühme sich des Herrn!“. 1 Und auch ich, als ich zu euch kam, Brüder, bin nicht mit hohen Worten und Weisheit gekommen, um euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. 2 Denn ich nahm mir vor, bei euch von nichts zu wissen, als von Jesus Christus und zwar dem Gekreuzigten. 3 Und ich bin in Schwachheit und in Furcht und in vielem Zittern zu euch gekommen 4 und mein Wort und meine Predigt (bestand) nicht in überredenden Worten und der Weisheit, sondern im Beweis des Geistes und der Kraft, 5 damit euer Glaube nicht beruhe auf der Weisheit der Menschen, sondern auf der Kraft Gottes.
Den hellenistischen Weisheitsbestrebungen443 (vgl. 1,22.23 f.) der Korinther setzt Paulus an dieser Stelle eine prinzipielle Erörtung über das Verhältnis von Kreuz Christi und Weisheit (sov_a) entgegen.444 Dem in 1,18 zur Sprache 443 Weiss, Der erste Korintherbrief, 24. 444 In Korinth kam es offensichtlich zu Spaltungen in der Gemeinde (vgl. 1,10–17), eine prekäre Situation, auf welche Paulus in 1Kor 1,18–2,16 mittels einer Verhältnisbestimmung von Kreuz und Weisheit reagiert. Gegen die in Korinth vorherrschende Betonung bzw. Hochschätzung von Weisheit und Rhetorik (sov_a und k|cor, vgl. 1,17; 2,1.4.13) setzt Paulus gleich zu Beginn des Briefes die Botschaft vom Kreuz Christi (1,18: k|cor toO stauqoO). Der Passus 1Kor 1,18–2,5 lässt sich dabei in drei Unterabschnitte unterteilen, die das Dispositionsschema aba erkennen lassen, indem 1,18–25 und 2,1–5 in einem gewissen Parallelverhältnis zueinander
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
gebrachten k|cor, der das Kreuz Christi zum Inhalt hat,445 werden mit lyq_a und d}malir heoO zwei Prädikatsnomina sowie zwei gegensätzliche Dativobjekte (to?r l³m !pokkul´moir … to?r d³ s\fol´moi)446 zugeordnet:447 Das Gegenteil von sov_a, nämlich lyq_a (vgl. 1,18.21) ist er für die einen (to?r … !pokkul´moir), die sich als Verfechter weltlicher Weisheit448 eruieren lassen (vgl. 1,22 f; 2,1.4); für die anderen (to?r … s\fol´moi) stellt dieser k|cor toO stauqoO dagegen die eigentliche, von Gott kommende Weisheit dar: Er beschreibt damit ein seitens Gottes initiiertes Vermögen bzw. Mittel (1,23 f: Ble?r … jgq¼ssolem … Wqist¹m [1stauqyl´mom] heoO d¼malim ja· heoO sov¸am), welches die sytgq_a wirklich bietet (1,18.21; vgl. ebenso 1,30!). Wird der k|cor toO stauqoO folglich im Text als d}malir heoO qualifiziert, so erscheint letzterer, in 1Kor 1,18–31 und 2,1–5 gehäuft vorfindbare Ausdruck (vgl. 1Kor 1,18.24; 2,5) augenfälligerweise in der unmittelbaren Umgebung von Rettungs- bzw. Erhaltungsterminologie (s]feim jtk.):449 Handelt es sich beim k|cor toO stauqoO um eine von Gott gewährte d}malir (= d}malir heoO), ein Mittel mit rettender, erhaltender Wirkung, so ist es demgemäß nur ein kleiner Schritt, den in 1Kor 1,18 (1,24; 2,5) begegnenden Ausdruck d}malir heoO, Röm 1,16 entsprechend, als d}malir heoO eQr sytgq_am zu interpretieren. Dies zeigt der Textvergleich von Röm 1,16 mit 1Kor 1,17 f.24:
445 446 447 448 449
stehen (in Anlehnung an Weiss, Der erste Korintherbrief, 24; Christian Strecker, Der erste Korintherbrief, [8. Inhaltliche Schwerpunkte, c. Theologie des Kreuzes], 15 f. [unveröffentlichtes Manuskript]): (1) Jenseits aller weltlichen Maßstäbe manifestiert sich Gottes Weisheit (sov_a) im Handeln Gottes just am Kreuz Christi: So hat Gott die „Torheit“ des Wortes vom Kreuz als „Mittel der Rettung“ der Menschheit dargeboten (1,18–25). (2) Auf sozialer Ebene verdeutlicht Paulus diese „staurologische Umkehrung weltlicher Werte“ in der Auswahl der Glieder, die Gott getroffen hat: Durch die göttliche Erwählung derjenigen (unter den Korinthern), die eine schwache (körperliche, geistige, soziale) Kontitution besitzen, ist gezeigt, wie Gott die Weisheit dieser Welt geringachtet (1,26–31). (3) Auf individueller Ebene exemplifiziert er diese in seinem eigenen, gerade auch rhetorisch schwächlichen Auftreten (2,1–5): So hat auch Paulus bei seiner Verkündigung in Korinth darauf verzichtet, das Evangelium durch die Künste der Weisheit annehmbar zu machen. Angesichts dieser theologia crucis wird schließlich jeglicher menschliche Selbstruhm obsolet; ebenso wird mittels des Kreuzes Christi die Überwindung der sozialen Trennung in der Gemeinde ermöglicht (vgl. 1Kor 1,13; 1,28.31; 3,18–23; 4,6–13; 8,11; vgl. ebenso 11,24; 12,13 ff.). Dem k|cor toO stauqoO; vgl. auch 1,23: jgq}ssolem Wqist¹m 1stauqyl]mom; 15,3b–5; vgl. ebenso 2Kor 5,19: t¹m k|com t/r jatakkac/r. Das Gegensatzpaar findet sich in der Profangräzität u. a. auch bei Isokrates 6,36. Lindemann, Der erste Korintherbrief, 43. Vom Standpunkt der Verfechter der sov_a schreibt zurecht Weiss, Der erste Korintherbrief, 25: „Ihnen muss die Verkündigung von einem am Kreuze hingerichteten Gotte oder Gottessohn und von einem Heil, das dieser beschafft hätte, als Widersinn und Lächerlichkeit erscheinen.“ Vgl. 1,18: s]feshai; 1,21: s]feim.
Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5
319
Röm 1,16
1Kor 1,17 f.24
oq c±q 1paisw}molai t¹ eqacc]kiom, d}malir c±q heoO 1stim eQr sytgq_am pamt· t` piste}omti, Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi·
… c±q !p]steik]m le Wqist¹r … eqaccek_heshai. b k|cor c±q b toO stauqoO … d}malir heoO [eQr sytgq_am] 1stim to?r … s\fol]moir Bl?m aqto?r … to?r jkgto?r, Youda¸oir te ja· þkkgsim
Wie auch in Röm 1,16 begegnet das Wort d}malir in 1Kor 1,18 in diesem Zusammenhang in Form der Genitivkonstruktion d}malir heoO zusammen mit Rettungsterminologie: b k|cor … b toO stauqoO … to?r … s\fol]moir450 … d}malir heoO 1stim (vgl. Röm 1,16: t¹ eqacc]kiom d}malir … heoO 1stim eQr sytgq_am). An beiden Stellen ist Gott der Handlungsträger bzw. Urheber einer d}malir (vgl. den Genitivus auctoris d}malir heoO neben Röm 1,16; 1Kor 1,18 auch in 1Kor 1,24; 2,5),451 welche wiederum das Mittel zur Errettung zugunsten von jemandem452 darstellt.453 Diese d}malir mit rettender/erhaltender Wirkung wird beidesmal mit dem Evangelium in Verbindung gebracht (vgl. 1,16: t¹ eqacc]kiom; 1,17 f.: … eqaccek_heshai, b k|cor c±q b toO stauqoO). Ebenso wie Gefahr für Leib und Leben den übergreifenden Kontext der d}malir heoO eQr sytgq_am-Konstruktion in Röm 1,16 bildet (vgl. Röm 1,18 ff., wo von Gottes Zorn und Vernichtungsgericht über die sündige Menschheit die Rede ist), erscheint die d}malir heoO – s~feshai – Verbindung in 1Kor 1,18 in einem Kontext, der akute Bedrohung thematisiert, insofern als mit der mittels einer l]m … d] – Konstruktion vorgenommenen Kontrastierung to?r l³m !pokkul´moir … to?r d³ s\fol´moir sowie mittels eines Septuaginta-Zitates aus Jes 29,14 LXX (vgl. 1,19) auf die unmittelbar bevorstehende, von Gott ausgehende Gefahr eingegangen wird, mit der am „Tag des Herrn“ (vgl. 1Kor
450 Weiss, Korintherbrief, 25 spricht im Blick auf die präsentisch formulierte Partizipialkonstruktion to?r … s\fol]moir vom „zeitlosen ,Präsens des Lehrsatzes‘, das gerade bei eschatologisch-apokalyptischen Sätzen und Begriffen … gerne vorkommt“ (Ein vergleichbares Präsens läge z. B. in Mt 11,3: b 1qw|lemor; 17,11: 5qwetai vor). 451 So auch Heckel, Kraft in Schwachheit, 289 f. (mit Anm. 401); 291 f. 452 Vgl. Röm 1,16: pamt· t` piste}omti, Youda_\ te pq_tom ja· þkkgmi; 1Kor 1,18.24: to?r … s\fol]moir Bl?m … aqto?r … to?r jkgto?r, Youda¸oir te ja· þkkgsim (beidesmal Dativus commodi). 453 Zu Gott als Urheber bzw. als Instanz der Gewährung von d}malir mit rettender, befreiender Wirkung vgl. ebenso 1,30: Von Gott her habt (d. h. sichert) ihr euren Bestand in Christus, der uns von Gott gemacht wurde zu Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Befreiung (aus der Todesverhaftung) (1n aqtoO … rle?r 1ste 1m Wqist_ YgsoO, dr 1cem^hg sov_a Bl?m !p¹ heoO, dijaios}mg te ja· "ciasl¹r ja· !pok}tqysir). Vgl. dazu die Anmerkungen zu 1Kor 1,30 bei Nestle, Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament, 354.
320
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
1,8)454 die gesamte Menschheit konfrontiert wird. Gerade die einen Gegensatz beschreibenden Verba s]feshai455 und !p|kkushai,456 bei denen es sich um Termini des eschatologischen Urteils handelt (!p|kkushai = „im Gericht umkommen”, vgl. Röm 2,12),457 aktivieren dabei die Vorstellung von einer das Leben bedrohenden, tödlichen Gefahr. Der Kontext ist folglich – wie auch in Röm 1,16 (Gal 6,8; Phil 1,28) – ein eschatologischer (vgl. neben 1Kor 1,18–25 auch 2,6! 1Kor 7,29–31): Es geht, Röm 1,16 u. ö. entsprechend, in 1Kor 1,18 angesichts des drohenden Gerichtes Gottes um die Lebenserhaltung oder Vernichtung im Eschaton.458 Ist Gefahr der übergreifende Kontext des d}malir heoO (eQr sytgq_am)-Gebrauchs in 1Kor 1,18 ff., so ist als nächstes zu fragen, welche davon betroffenen Entitäten sich im Text eruieren lassen und zu wessen Gunsten ein von Gott kommendes Mittel mit rettender, erhaltender Wirkung (d}malir heoO [eQr sytgq_am]) initiiert wird. Wie bereits kurz angedeutet, ist von dieser sich anbahnenden kritischen Situation, die in Richtung Rettung/Erhaltung oder Vernichtung entschieden zu werden vermag (vgl. den Gegensatz in 1,18: s]feshai, !p|kkulai), die gesamte Menschheit betroffen (vgl. 1Kor 1,20.21.27 f.: b j|slor; vgl. ebenso 1,22–24, wo „Juden und Griechen“ zur Einheit des Kosmos zusammengefasst459 werden).460 Diese rühmt sich, von Gott mit Weisheit begabt, ihrer Weisheit (vgl. 1,20.21: sov_a [toO j|slou, toO 454 Verweise auf den „Tag des Herrn“ bzw. „des Gerichts“ finden sich u. a. auch in 1Kor 3,13–15; 4,4 f.; 5,4 f.; 6,13; 9,22; 15,23–28; Phil 1,10). 455 Hinsichtlich der bei Paulus in 1Kor 1,18 ff. zur Anwendung kommenden s]feim jtk.–Terminologie schreibt Weiss, Der erste Korintherbrief, 25: „Die aus der Urgemeinde überlieferte Grundanschauung von der sytgq_a bei P. ist, dass sie beim Gericht eintreten wird; als Errettung vom Zorn (Röm 5,9; 1 Thess 1,10) zum ewigen Leben … Darum redet Paulus normaler Weise vom s]feshai im fut. (Röm 5,9 f; 10,9.13; 11,26; 1Kor 3,15).“ Dem korrespondiert ein überwiegend futurischer Gebrauch von s]feim, s]feshai (mit stark eschatologischen Zukunftsakzent) bei Paulus; vgl. auch Röm 5,9 f.; 10,9; 11,26 u. ö. Dazu Schrage, Heil und Heilung im Neuen Testament, 103: „Solange die Gerechtfertigten und Versöhnten zusammen mit der unerlösten Schöpfung noch seufzen und stöhnen, bleibt es bei der 1kp·r sytgq_ar (1 Thess 5,8), ist Hoffnung der Modus des Heils (Röm 8,24)“. 456 Zum Gegensatz von Rettungs- und Vernichtungsterminologie vgl. neben 1Kor 1,18 u. a. auch 1Kor 5,5: ekehqor, s]feshai; 2Kor 2,12.15 f: s]feshai, !p|kkushai; h\mator, fy^; Gal 6,8: vhoq\, fy^ aQ~mior; Phil 1,28: !p~keia, sytgq_a (dazu auch 2 Thess 2,10). 457 Lindemann, Der erste Korintherbrief, 44. 458 Dass die Evangeliumsverkündigung des Paulus eschatologisch-kritische Kraft besitzt bzw. dass der in 1Kor 1,18 zur Sprache gebrachte k|cor auf eschatisches Heil und Leben zielt, insofern als dabei zukünftiges Leben oder Tod der angesprochenen Adressaten auf dem Spiel steht, geht insbesondere aus 2Kor 2,12.15 f. (1m to?r s~fol]moir … 1m to?r !pokkul]moir, oXr l³m … 1j ham\tou eQr h\matom, oXr d³ … 1j fy/r eQr fy^m) sowie Phil 2,12–18 hervor: Paulus fordert die Philipper hier auf, ihre sytgq_a „mit Furcht und Zittern“ zu bewirken (2,12), und zwar dadurch, dass sie festhalten am k|cor fy/r (= Gen. des Zwecks/der Zielrichtung, vgl. BDR §166), Paulus zum Ruhm am „Tag Christi“ (2,16; zum „Tag Christi“ vgl. auch Phil 1,6; 1,10). 459 Mit Lindemann, Der erste Korintherbrief, 45. 460 Zurecht schreibt Weiss, Der erste Korintherbrief, 29 hinsichtlich des Gebrauchs der j|slorBegrifflichkeit in 1,21: „b j|slor ist wie ein denkendes Subjekt behandelt, also = Menschheit.“
Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5
321
heoO]; vgl. ebenso 1,29), hat von dieser Gabe allerdings nicht den rechten Gebrauch gemacht,461 sie hat dadurch „kein religiöses Verhältnis zu Gott gewonnen“462 (vgl. 1,21: … 1m t0 sov_ô toO heoO oqj 5cmy b j|slor di± t/r sov_ar t¹m he|m; entspricht sachlich Röm 1,21).463 Denn erwies sich Gott in der Vergangenheit464 auch als der Geber von sov_a [toO j|slou, toO heoO]465 mit der Gattung „Mensch“ als Empfänger dieses Werkzeuges (di± t/r sov_ar), welches, so zeigt der weitere Textverlauf (… eqd|jgsem b he|r … s_sai [+ Akk.]), ursprünglich darauf zielte, deren sytgq_a zu bewirken, so besteht die „Krisis der Welt“466 gegenwärtig im „Versagen der menschlichen Weisheit“467 als sytgq_a wirkendes Mittel. Dass die Weisheit (sov_a) eine von Gott kommende d}malir eQr sytgq_am darstellt, d. h. eine göttliche Schickung, die für die Lebenserhaltung einer Spezies, hier: der Gattung „Mensch“ entscheidend ist, zeigt z. B. Plat. Prot. 321b 7–322a 2468 Hier ist es die von den Göttern beauftragte Mittlergestalt Prometheus, die der mit d}malir eQr sytgq_am noch gänzlich unausgestatteten Gattung „Mensch“ die 5mtewmor sov_a zusichert. Sobald der Mensch die göttliche Gabe der sov_a empfangen hat, ist seine Lebenserhaltung zu großen Teilen sichergestellt. Ebenso heißt es an anderer Stelle in der antiken griechischen Literatur vom k|cor (auch: moOr), er sei eine von Gott kommende Gabe mit lebenserhaltender, Unheil abwehrender Wirkung an den Menschen.469 461 Dies geht aus 1Kor 1,21 hervor: Begabt mit bzw. im Zustand der von Gott kommenden Weisheit sich befindend (1m t/ sov_a toO heoO) erkannte die Welt Gott nicht, d. h. sie gebrauchte die Weisheit nicht als Mittel der Gotteserkenntnis (oqj 5cmy b j|slor di± t/r sov_ar t¹m he|m, vgl. Röm 1,20!). 462 Weiss, Der erste Korintherbrief, 29. 463 Dass in 1Kor 1,21 dieselbe Betrachtungsweise wie in Röm 1–3 zum Tragen kommt, sieht bereits Weiss, Der erste Korintherbrief, 29: „Es liegen bei P. zwei im Grunde unvereinbare Gedankengänge beieinander: der hellenistische, auch in Sap Sal vertretene, wonach es möglich ist, aus der Erkenntnis der göttlichen Schöpfungs-Offenbarung das Heil der Gottes-Erkenntnis zu gewinnen und die jüdisch-christliche, wonach die vor-messianische Welt des Heils entbehren musste, das in Christus erst als etwas völlig Neues erschienen ist“. Wie in 1Kor 1,21 will Paulus, so Weiss, Der erste Korintherbrief, 29 weiter, auch in Röm 1,21 sagen: Das Wesen Gottes liegt in der Schöpfung offen zutage, und aus der Erkenntnis der göttlichen Schöpfungsoffenbarung wäre das Heil der Gotteserkenntnis zu gewinnen gewesen; doch hat die Menschheit de facto auf diesem Weg kein religiöses Verhältnis zu Gott gewonnen. 464 Vgl. in 1,21 die Vergangenheitsformen: oqj 5cmy b j|slor … eqd|jgsem b he|r. 465 Mit 1m t0 sov_ô toO heoO… di± t/r sov_ar ist in 1,21 wohl beidesmal dieselbe Weisheit gemeint, mit der Gott den Kosmos (= Welt/Menschheit) begabt hat (= sov_a toO j|slou, vgl. 1,20). 466 Weiss, Der erste Korintherbrief, 30. 467 Weiss, Der erste Korintherbrief, 30. 468 Vgl. dazu speziell Plat. Prot. 321c 7–d 3: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi, jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am s»m puq_ … ja· ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\. Dazu die Ausführungen unter II./1.1.2. 469 Vgl. Philo Opif. 66,8: … 1p· d³ p÷sim … t¹m %mhqypom, è moOm 1na_qetom 1dyqe?to; Philo Somn. 1,103: !mhq~p\ k|cor d~qgla j\kkistom 1d|hg paq± heoO, …, ja· !mhq~p\ l]cistom 5qula ja· vqouq±m !jaha_qetom k|com d]dyjem; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24: k|com … aqto?r … he¹r
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Dem „Versagen der früheren Mittel“470 (= der Weisheit, die zwar von Gott kommt, vgl. 1,21a: B sov_a toO heoO, als Mittel zur Errettung sich aber als unbrauchbar erwies) korrespondiert nun, so der Gedankengang 1,18–31 (bes. V. 21: eqd|jgsem b he|r di± t/r lyq_ar toO jgq}clator s_sai to»r piste}omta) die Notwendigkeit eines erneuten helfend-rettenden Eingreifens Gottes, indem dieser ein anderes Rettungsmittel gewährt (vgl. in 1,21 die Parallelität von di± t/r sov_ar [toO heoO] … di± t/r lyq_ar toO jgq}clator [s_sai to»r piste}omtar]), und zwar in Form von „Torheit“, nämlich dem Wort vom Kreuz (k|cor toO stauqoO, j^qucla):471 Damit ist „Gefahr im Verzuge, … es gibt nur noch das eine Mittel, daß Gott selbst aus dem Verderben herausreißt.“472 Mit „Wort vom Kreuz“, dem in 1,17–2,5 von Paulus präsentierten Mittel (1,18.24; 2,5: d}malir heoO [eQr sytgq_am]), das Gott den s\fol´moi verliehen hat, um drohendes Unheil (= Vernichtung im Endgericht, vgl. 1,18; 5,4 f.; ebenso 2Kor 2,15 f.; Gal 6,8; Phil 1,28) von ihnen abzuwehren, ist hier wohl das Wort bzw. die Botschaft vom Unheil abwehrenden Sterben Christi zugunsten der sündigen Menschheit gemeint.473 In Analogie zu Röm 1,16 f, wo das Evangelium d}malir eQr sytgq_am (= „Mittel zur Rettung/Erhaltung“) genannt wird, verstünde Paulus „Wort vom Kreuz“ in 1Kor 1,18ff damit als Metonym für seinen Inhalt: den Heilstod Jesu Christi. Der (Kreuzes-)Tod Jesu Christi stellte damit die d}malir (eQr sytgq_am) im eigentlichen Sinne dar (vgl. speziell 1Kor 1,24.30), und das „Wort vom Kreuz“ wäre deswegen eine d}malir heoO (eQr sytgq_am), da es diesen Inhalt zugunsten, d. h. zur Rettung/Erhaltung der Menschheit kundgibt.474
Angesichts einer Situation, die, wie 1,18 in Zusammenschau mit 1,21 zeigt (b k|cor … b toO stauqoO to?r l³m !pokkul]moir lyq_a 1st_m, to?r d³ s\fol]moir Bl?m d}malir heoO 1stim.… eqdºjgsem b he¹r di± t/r lyq¸ar toO jgq¼clator s_sai to»r piste¼omtar), zurecht als „Gefahr im Verzuge“475 beschrieben werden kann, indem der drohenden Vernichtung im Endgericht die Mög-
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5dyjem; Joh. Stob. Anth. 3,3,28: k|com d’ dr 1st·m %qistor !mhq~p\ me?lem. Vgl. dazu insgesamt Exkurs I und II sowie die Ausführungen unter II./1.3; II./1.4. Weiss, Der erste Korintherbrief, 29. Vgl. 1,18: b k|cor b toO stauqoO; 1,21: B lyq_a toO jgq}clator; vgl. ebenso 1,6: t¹ laqt}qiom toO WqistoO; 1,23: Ble?r … jgq}ssolem Wqist¹m 1stauqyl]mom; 2,1 f: jatac]kkym rl?m t¹ lust^qiom toO heoO … YgsoOm Wqist¹m ja· toOtom 1stauqyl]mom, 2,4: b k|cor lou ja· t¹ j^qucl\ lou … [1cem|lgm] 1m !pode_nei pme}lator ja· dum\leyr. Weiss, Der erste Korintherbrief, 30. Vgl. hierzu insgesamt die Monografie von Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1 und 2. Ähnlich schreibt bereits Weiss, Der erste Korintherbrief, 23, das „Kreuz Christi“ (1Kor 1,17, Gal 5,11; 6,12.14; Phil 3,18 vergleichbar) setze „in kräftiger Prägnanz das konkrete Einzelbild an Stelle des abstrakten Satzes, daß Christus uns zum Heile gestorben ist.“ Vgl. dazu ebenso die Ausführungen unter V./2.2.6; V./2.2.8. Vgl. dazu die Parallelisierungen von der paulinischen Verkündigung und Christus in 1Kor 1,18.21.23.24.30. Weiss, Der erste Korintherbrief, 30.
Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5
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lichkeit der Rettung/Erhaltung antithetisch gegenübergestellt wird476 und von der die Gattung „Mensch“ in ihrer Gesamtheit betroffen ist, weshalb sie als potentieller Adressat der in 1,18.21 vorgestellten sytgq_a infrage kommt, unterscheidet Paulus in 1,18, wie bereits erwähnt, mit to?r l³m !pokkul]moir … to?r d³ s\fol]moir [Bl?m] zwei von Gefahr betroffene, d. h. potentiell rettungsbedürftige Untergattungen, die er in Form zweier gegensätzlicher Dativobjekte dem k|cor toO stauqoO zuordnet:477 j k|cor c±q b toO stauqoO to?r
l³m
!pokkul]moir
lyq_a 1st_m, to?r
d³
s\fol]moir
Bl?m d}malir heoO 1stim.
Geht aus der b he|r – b j|slor – Korrespondenz in 1,21 folglich auch implizit hervor, dass die von Gott zuvor mit Weisheit begabte Welt im Allgemeinen und die Gattung „Mensch“ im Besonderen sich durch Rettungsbedürftigkeit auszeichnet, so bekräftigt Paulus mit … eqdºjgsem b he¹r di± t/r lyq¸ar toO jgq¼clator s_sai to»r piste¼omtar, 1,18 entsprechend, dass nicht die gesamte Menschheit gerettet wird,478 sondern nur ein Teil (vgl. auch 1,27 f.). Mit piste}eim ist gleichzeitig „die Bedingung angegeben, unter der allein die von Gott ausgehende Rettung erfolgen kann“479 (vgl. 1,21: s_sai to»r piste¼omtar; ebenso Röm 1,16; 10,9 f!): Allein die Glaubenden, zu denen auch die Korinther selbst gehören (vgl. 1,4–9; 1,18: to?r d³ s\fol]moir Bl?m; 1,24: aqto?r d³ to?r jkgto?r, Youda_oir te ja· þkkgsim; 2,5!) sehen im gekreuzigten Christus eine d}malir heoO [eQr sytgq_am] bzw. sov_a heoO (vgl. 1,24).
476 Anders als in Röm 1,16 bildet Vernichtungsterminologie (!p|kkushai) in 1Kor 1,18 explizit den Gegenbegriff zu Rettungsterminologie (s]feshai). Aufgrund der augenfälligen Parallelen, die zwischen beiden Textpassagen bestehen ist es sehr wahrscheinlich, dass im eQr sytgq_am in Röm 1,16 die Kontrastaussage eQr !pykeiam von Paulus als mitgedacht gilt. 477 Lindemann, Der erste Korintherbrief, Korinther, 43. 478 Zurecht merkt Weiss, Der erste Korintherbrief, 30, an, dass man in 1,21 aufgrund der he|r – j|slor-Korrespondenz eigentlich …s_sai t¹m j|slom erwarten sollte, doch es erscheint s_sai to»r piste¼omtar! 479 Weiss, Der erste Korintherbrief, 30: „… der ,törichte‘ Inhalt der Botschaft kann nur den vom Verderben retten, der sie sich sagen läßt, der sich das angebotene Heil, so wie es angeboten wird, ohne Einwände und Zweifel schenken läßt“.
324
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Insofern als paulinische Verkündigung,480 Berufung481 und Glauben (vgl. 1,21; 2,5) folglich ein sytgq_a wirkendes Gesamtereignis darstellen (vgl. 1,18.21.30), handelt es sich bei dem k|cor toO stauqoO (= Botschaft vom Unheil abwehrenden Sterben Christi zugunsten der sündigen Menschheit) um das von Gott neuerdings dargereichte Mittel, welches die Rettung/Erhaltung eines Teiles der Gattung „Mensch“, der Glaubenden, im bevorstehenden Gericht entscheidend482 beeinflusst.483 Indem dieser k|cor so verstanden eine Unheil (= Vernichtung im Endgericht) abwehrende Wirkung hat, wird er von Paulus mit einer von Gott kommenden d}malir [eQr sytgq_am] (vgl. 1,18: to?r s\fol]moir … d}malir heoO 1stim; 1,21: s_sai to»r piste¼omtar) gleichgesetzt, mit einer sov_a heoO, die die Erhaltung der „Gattung der Glaubenden“ im Endgericht sicherstellt.
Dass der k|cor toO stauqoO als ein von Gott gewährtes Mittel mit rettender, erhaltender Wirkung (1,18.24; 2,5: d}malir heoO [eQr sytgq_am]) dabei gerade nicht an die Gruppierung innerhalb der Gattung „Mensch“ adressiert ist, die sich als vermeintlicher Träger menschlicher Weisheit eben dieser Weisheit rühmt und die ihres Weisheitsbesitzes wegen als „stark“ zu qualifizieren ist,484 sondern dass er gerade an die Gruppierung der sich im Zustand des Mangels und der Schwachheit Befindenden485 adressiert ist bzw. zu deren Gunsten initiiert wird, zeigt die folgende Tabelle: Kontrastaussagen 1,18
to?r l³m !pokkul´moir (= Träger der sov_a [k|cou, toO j|slou, t_m !mhq¾pym]; vgl. 1,17.19.20–22.25.27; ebenso 2,1.4 f.)
to?r d³ s\fol´moir Bl?m (= Berufene, Adressaten und Begünstigte/Nutznießer der d}malir heoO, sov_a toO heoO, !p¹ heoO; vgl. 1,18.24.30; 2,4 f.)
480 Vgl. neben 1Kor 1,17 f. auch 1,21: di± t/r lyq_ar toO jgq}clator s_sai to»r piste}omtar; 1,23: Ble?r … jgq}ssolem Wqist¹m 1stauqyl]mom, 2,1 f: jatac]kkym rl?m t¹ lust^qiom toO heoO … YgsoOm Wqist¹m ja· toOtom 1stauqyl]mom; 2,4: b k|cor lou ja· t¹ j^qucl\ lou … [1cem|lgm] 1m !pode_nei pme}lator ja· dum\leyr usw. 481 Mit universaler Ausrichtung, vgl. 1Kor 1,24: aqto?r … to?r jkgto?r, Youda_oir te ja· þkkgsim (vgl. ebenso 1,26: bk]bete … tµm jk/sim rl_m…); Röm 1,14: þkkgs_m te ja· baqb\qoir, sovo?r te ja· !mo^toir aveik]tgr eQl_. 482 Vgl. neben 1,18.21 auch 1Kor 15,1 f.: … t¹ eqacc]kiom …, di ’ox … s~feshe. 483 Und die Weisheit der Welt/des Kosmos (B sov_a toO j|slou) gleichzeitig außer Kraft setzt (vgl. 1,20 f.). 484 Vgl. 1,18: to?r … !pokkul´moir = 1,25.27: t¹ sov|m t_m !mhq¾pym, t¹ Qswuqºm t_m !mhq¾pym, to»r sovo¼r [toO jºslou], t± Qswuq² [toO jºslou]. 485 Vgl. 1,18: to?r … s\fol´moir [Bl?m] = t± !shem/ toO j|slou, t± lyq± toO j|slou, t± !cem/, t± 1nouhemgl]ma, oq … sovo· jat± s²qja, oq … dumato¸, oq … eqceme?r /= man befindet sich im Zustand des Mangels im Blick auf menschliche Weisheit; man ist mit menschlicher Weisheit nicht oder ungenügend ausgestattet/begabt.
Exkurs XIII: Die paulinische Rede von d}malir heoO in 1Kor 1,18–2,5
325
(Fortsetzung) 1,25.27 t¹ sov|m t_m !mhq¾pym, t¹ Qswuqºm t_m !mhq¾pym to»r sovo¼r [toO jºslou], t± Qswuq² [toO jºslou] (Gen. partitivus)
t¹ lyq¹m [t_m !mhq¾pym], t¹ !shem³r [t_m !mhq¾pym] t± lyq± toO jºslou, t± !shem/ toO jºslou (Gen. partitivus)
1,26
Implizit: sovo· jat± s²qja … dumato¸, … eqceme?r·
oq … sovo· jat± s²qja, oq … dumato¸, oq … eqceme?r·
1,28
t± emta
t± !cem/ toO jºslou, t± 1nouhemgl´ma [toO jºslou] t± lµ emta
Von herausragendem Interesse ist nun, dass eben die Glieder der Welt (= innerhalb des Kosmos) bzw. der Gattung „Mensch“ Adressaten der d}malir heoO (eQr sytgq_am) werden, die eine schwache (soziale, körperliche und geistige) Konstitution (Zustand, Befindlichkeit, Verfassung) besitzen (vgl. 1Kor 1,25–28; ebenso 2,3): Der von Gott zugunsten der Korinther initiierte und durch Paulus vermittelte k|cor toO stauqoO trifft folglich auf eine mit d}malir heoO eQr sytgq_am gänzlich unbegabte Gruppierung, die sich zum Zeitpunkt ihrer Berufung in der Regel im Zustand des Unvermögens und der Schwachheit befand; gegenwärtig aber (vgl. das Präs. in 1,25, das an 1,18 anknüpft!) eben diesen, die der Gruppierung der Starken unter den Menschen (gemessen an irdischen Maßstäben, vgl. 1,26: jat± s²qja) in jeder Hinsicht als „schwach“ Konstituierte unterlegen sind, Rettung und Erhaltung bringt. D. h. im „Kampf ums Überleben“, den das Endgericht Gottes mit sich bringt, kennzeichnet diese nicht Schutz- und Wehrlosigkeit, sondern man ist hinreichend gewappnet.486 Durch den Gedanken, dass Gott das Schwache der Welt/des Kosmos (t± !shem/ toO j|slou/= t± lyq± toO j|slou, t± !cem/, t± 1nouhemgl]ma), nicht das Starke (t± Qswuq\ [toO j|slou]) erwählt (1Kor 1,25.27 f.) (= mit d}malir heoO [eQr sytgq_am] begabt, damit das Starke vernichtet werde),487 leitet Paulus nicht nur auf seine eigene persönliche schwache Konstitution über, sondern damit ist auch das Thema von 2Kor 4,7–12; 6,3–10; 12,1–10 angeschnitten: Denn, so 2,1–5, auch Paulus selbst befand sich als im Verkündigungsdienst des gekreuzigten Christus Stehender vormals bei den Korinthern im Zustand der Schwachheit (vgl. 1,3: 1m !sheme_a … 1m v|by … 1m tq|ly) und tut den Korinthern in diesem Zustand nicht einen (von Gott kommenden) k|cor der Weisheit kund, sondern in seiner Verkündigung of486 Vgl. 1Kor 1,25 (ebenso 3,19!): Das Törichte (der Welt) ist vor Gott folglich weiser als die Menschen (t¹ lyq¹m [toO jºslou] toO heoO sov¾teqom t_m !mhq¾pym 1st·m) und das Schwache (der Welt) ist vor Gott (t¹ !shem³r [toO jºslou] toO heoO Qswuqºteqom t_m !mhq¾pym) stärker als die Menschen. 487 Vgl. BAA, s.v. jataqc]y: „vernichten“, „vertilgen“.
326
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
fenbarten sich Geist und Kraft Gottes (2,4: ja· b k|cor lou ja· t¹ j^qucl\ lou [1cem|lgm] oqj 1m peiho?[r] sov_ar [k|coir] !kk’ 1m !pode_nei [!pojak}xei, so D*.2] pme}lator ja· dum\leyr); wie auch der Glaube der Korinther (B p_stir rl_m) gegenwärtig in der Kraft Gottes gründet (2,5: 1m dum\lei heoO). Dass die göttliche Gabe der Weisheit (der 5mtewmor sov_a) im Kontext (potentieller) Gefährdung des dauerhaften Bestandes des Kosmos im Allgemeinen bzw. der sterblichen Gattungen im Besonderen als ein Mittel zur Sicherstellung der sytgq_a der Gattung „Mensch“ allein nicht ausreicht, sondern, um einer ganzheitlichen Vernichtung des Menschengeschlechtes zu wehren, der göttlichen Ergänzung durch „einheitsstiftende Mittel“ in Form von Scham und Recht (d_jg ja· aQd~r) bedarf, zeigte bereits der 2. Teil des platonischen Protagoras-Mythos: Damit sie im Rahmen einer irritationenträchtigen Umwelt keiner lebensgefährlichen Zerstreuung unterliegt, sondern in Gemeinschaft harmonisch beieinanderlebt, erhält die Menschheit von Zeus über Vermittlung des Hermes mit d_jg ja· aQd~r eine weitere, neue d}malir eQr sytgq_am (vgl. Plat. Prot. 322a 3–322d 5).488
3. Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief (1Petr 1,5) Abschließend ist noch auf das Proömium des 1. Petrusbriefes (vgl. 1Petr 1,3–12, insbesondere: 1,3–7) zu blicken.489 Hier greift der Verfasser des Briefes auf das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (vgl. 1,5) zurück:490 3 Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, 4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, 5 die ihr (momentan!) im Zustand des Glaubens Schutz gewährt bekommt durch eine Kraft Gottes zur Rettung/Erhaltung,491 die bereit steht, am Ende der Zeit in Erscheinung zu treten. 6 Deshalb seid ihr voll Freude, obwohl ihr momentan eine kurze 488 Vgl. dazu die Ausführungen unter II./1.1.3. 489 Zurecht weist Norbert Brox, Der erste Petrusbrief, EKK 21, Zürich [u. a.] 21986, 59 f, im Blick auf den gesamten Abschnitt 1Petr 1,3–12 (Proömium) darauf hin, dass innerhalb dieser christlichen Dankesrede „situationsbezogen gesprochen“ wird und schon gleich das entscheidende Thema des Briefes genannt wird, mit dessen Entfaltung der Verfasser auf seine Leser einwirken will: Der realen Möglichkeit von Hoffnung (V. 3) und Freude (V. 6.8) unter niederdrückenden Umständen (V. 6). 490 1Petr 1,5 erscheint dabei als Teil der Eingangseulogie („Lobrede“) 1Petr 1,3–9; vgl. dazu insgesamt Pokorny´, Heckel, Einleitung, 690 f. 491 Die in 1Petr 1,5 gebrauchte Wendung 1m dum\lei … eQr sytgq_am ist zunächst mit „durch eine Kraft … zur Rettung/Erhaltung“ wiederzugeben. Diese Wiedergabe dient vorerst als Grundlage für die weitere Arbeit. Als solche soll sie bewusst offengehalten werden.
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 327 Zeit, wenn es sein soll, unter vielerlei Anfechtungen leiden müsst. 7 Dadurch soll sich die Echtheit euers Glaubes herausstellen, und es wird sich zeigen, dass er viel wertvoller ist als vergängliches Gold, das im Feuer geprüft wurde, – (dies) zum Lobpreis, zur Herrlichkeit und zur Ehre bei der Offenbarung Jesu Christi.492
Zunächst ist der engere Kontext zu erkunden, der das in 1,5 gebrauchte Syntagma d}malir eQr sytgq_am umgibt (vgl. V./3.1). Davon ausgehend wird in einem nächsten Schritt der Versuch unternommen, die Wendung im weiteren Kontext des Gesamtbriefes zu verorten (vgl. V./3.2), der, wie zu zeigen sein wird, als Gefahrenkontext zu bestimmen ist. Daran schließen sich einige Betrachtungen an, welche Funktion und Bedeutung dem Syntagma d}malir eQr sytgq_am in diesem Gefahrenkontext („Krieg“) zukommt (vgl. V./3.3). 3.1 Der engere Kontext Ins Auge sticht zuallererst, dass die Konstruktion 1m dum\lei … eQr sytgq_am (V. 5) hier als Teil eines einzigen zusammenhängenden Nominalsatzes (V. 3–5)493 begegnet494 und in Form der Genitivverbindung 1m dum\lei heoO … eQr sytgq_am zur Anwendung kommt.495 Diese Verbindung signalisiert, dass Gott, der in V. 3 als „Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (b he¹r ja· patµq toO juq_ou Bl_m YgsoO WqistoO) bestimmt wird, der Initiator bzw. Garant einer d}malir ist. Das Bild von der punktuellen Neuzeugung496 (vgl. das Partizip 492 Eqkocgt¹r b he¹r ja· patµq toO juq_ou Bl_m YgsoO WqistoO, b jat± t¹ pok» aqtoO 5keor !macemm^sar Bl÷r eQr 1kp_da f_sam di’ !mast\seyr YgsoO WqistoO 1j mejq_m, eQr jkgqomol_am %vhaqtom ja· !l_amtom ja· !l\qamtom, tetgqgl]mgm 1m oqqamo?r eQr rl÷r to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour di± p_steyr eQr sytgq_am 2to_lgm !pojakuvh/mai 1m jaiq` 1sw\t\. 1m è !cakki÷she, ak_com %qti eQ d]om 1st·m kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r, Vma t¹ doj_liom rl_m t/r p_steyr pokutil|teqom wqus_ou toO !pokkul]mou, di± puq¹r d³ dojilafol]mou, erqeh0 eQr 5paimom ja· d|nam ja· tilµm 1m !pojak}xei YgsoO WqistoO. 493 Eqkocgt¹r b he¹r ja· patµq toO juq_ou Bl_m YgsoO WqistoO, b jat± t¹ pok» aqtoO 5keor !macemm^sar Bl÷r eQr 1kp_da f_sam di’ !mast\seyr YgsoO WqistoO 1j mejq_m, eQr jkgqomol_am %vhaqtom ja· !l_amtom ja· !l\qamtom, tetgqgl]mgm 1m oqqamo?r eQr rl÷r to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour di± p_steyr eQr sytgq_am 2to_lgm !pojakuvh/mai 1m jaiq` 1sw\t\. 494 Zu dieser die Syntax betreffende Beobachtung vgl. u. a. Reinhard Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, THKNT 15/I, Leipzig 2005, 42. 495 Zum Syntagma d}malir heoO eQr sytgq_am vgl. auch Röm 1,16; zur Genitivkonstruktion d}malir heoO u. a. 1Kor 1,18.24; 2,5; 2Kor 6,7. Die Genitivkonstruktion d}malir heoO lässt sich wohl auch in 1Petr 1,5 (vgl. Röm 1,16; 1Kor 1,18.24; 2,5 u. ö.) am treffendsten als Genitivus auctoris fassen: es handelt sich um eine von Gott kommende d}malir zur Sicherung der (Lebens-)Erhaltung (eQr sytgq_am) der angesprochenen (situationsbedingt schutzbedürftigen) rle?r-Gruppierung (vgl. 1,4.5: … eQr rl÷r … to»r … vqouqoul]mour). 496 Brox, Der erste Petrusbrief, 61 schreibt, dass mit dem Bild der „neuen Zeugung“ bzw. „Wiedergeburt“ wahrscheinlich die Taufe gemeint ist. So auch Leonhard Goppelt, Der Erste Petrusbrief, JEJ 12,1, Göttingen 1978, 95; John H. Elliott, Peter: A New Translation with Introduction and Commentary, AB 37b, New York [u. a.] 2000, 332; Angelika Reichert, Eine urchristliche praeparatio ad martyrium: Studien zur Komposition, Traditionsgeschichte und
328
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Aorist !macemm^sar)497 zeigt weiter, dass die zu diesem Herrn Gehörenden (vgl. 1,3: … Bl_m … Bl÷r) in ein Vater-Sohn-Verhältnis498 bzw. in ein familiäres Verhältnis499 eingetreten sind, dessen Auswirkungen im weiteren Textverlauf V. 3 ff. näher erläutert werden. Werden die Ziele des Neuzeugens im Rückgriff auf die Präposition eQr erläutert (eQr 1kp_da f_sam … eQr jkgqomol_am … [eQr rl÷r] … eQr sytgq_am), so zeigt die Präposition di\ (+ Gen.) an, durch welche Ereignisse bzw. Medien die Wiedergeburt der Angesprochenen initiiert wurde (vgl. 1,3: !macemm^sar Bl÷r … di’ !mast\seyr YgsoO WqistoO 1j mejq_m500 1,21: di’ aqtoO [WqistoO]; 1,23: !macecemmgl]moi … di± k|cou f_mtor [vgl. dazu auch 1,25: t¹ N/la t¹ eqaccekish³m eQr rl÷r]).
Dem Text ist des Weiteren zu entnehmen, dass das Neuzeugen darauf zielt, das (Über-)Leben der in V. 3–5 zur Sprache gebrachten „wir“- bzw. „ihr“-Gruppierung zu sichern bzw. zu erhalten, der Vergänglichkeit dagegen zu wehren. In diese Richtung tendiert neben dem Verweis auf sytgq_a (vgl. 1,5: eQr sytgq_am), die am Ende der Zeit in Erscheinung treten soll, auch die Rede von einer lebendigen Hoffnung bzw. „Hoffnung auf Leben“501 (V. 3: eQr 1kp_da f_sam; zu 1kp_r jtk.–Terminologie vgl. auch 1,13.21; 3,5.15), ebenso wie der Verweis auf ein „unvergängliches, unbeflecktes und unverwelkliches Erbe“ (V. 4: eQr jkgqomol_am %vhaqtom ja· !l_amtom ja· !l\qamtom); dies als Gegenstand der Hoffnung. Durch die Metapher vom „Erbe/Erbteil“ (jkgqomol_a) wird an dieser Stelle wohl die der alttestamentlich-jüdischen Gottesvolktradition502 enstammende Vorstellung vom ursprünglich den Vätern verheißenen Land aktiviert (vgl. Dtn 12,9; 19,14; Jos 11,23; 15,20 u. ö.).503 U. a. die mit !-privativum gebildete Adjektiv-Sequenz %vhaqtom … !l_amtom … !l\qamtom, die der Prädizierung von jkgqomol_a dient, läßt es darüber hinaus als wahrscheinlich erscheinen, dass „Erbe“ hier im übertragenen Sinne das
497
498 499 500
501 502 503
Theologie des 1. Petrusbriefes, Beiträge zur biblischen Exegese und Theologie 22, Frankfurt a.M. [u. a.] 1989, 142. Dazu Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 92 f.: „Das Verbum !macemm\y fehlt zwar im klass. Griechisch, wie in der LXX und bei Philo, war jedoch der hellen. Umwelt in alltäglichem wie in religiös-technischem Sinn bekannt. Wahrscheinlich wurde von den Mysterienreligionenen ein !macemm÷shai in Aussicht gestellt.“ (Neu-)Zeugungsmetaphorik findet sich im 1Petr neben 1,3 und 1,23 auch in 2,2: ¢r !qtic]mmgta bq]vg t¹ kocij¹m %dokom c\ka 1pipoh^sate. Vgl. dazu Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 43. Vgl. Elliott, 1 Peter, 331. Vgl. dazu auch den Verweis in 1,21! Glaube wie Hoffnung der Briefadressaten an Gott gründen in der Auferweckung Jesu Christi von den Toten durch Gott: … di’ rl÷r to»r di’ aqtoO pisto»r eQr he¹m t¹m 1ce_qamta aqt¹m 1j mejq_m ja· d|nam aqt` d|mta, ¦ste tµm p_stim rl_m ja· 1kp_da eWmai eQr he|m Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 44; 46. Vgl. zur Rezeption dieser Tradition auch 1Petr 2,9 f. Vgl. dazu u. a. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 47 f. (samt Anm. 79: hier finden sich auch weitere Belege).
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 329 eschatologische Heilsgut des (ewigen) Lebens meint504 (vgl. z. B. PsSal 14,10; vgl. im Blick auf das Frühchristentum ebenso Mk 10,17 par.: „Erben des ewigen Lebens“; Hebr 1,14: „Erben des Heils“).
Weist bereits in V. 4 die Rede vom „Erbe“, das „für euch“ bereitliegt,505 auf die Gewährung eines himmlischen Heilsgutes zugunsten der Wiedergeborenen im Eschaton hin, so fügt sich dahinein die (die eQr-Sequenz des Nominalsatzes V. 3–5 abschließende) Rede von 1m dum\lei heoO … eQr sytgq_am in V. 5: Um des gegenwärtigen Lebens (und Überlebens)506 willen, d. h. um der Erhaltung der Angesprochenen (rle?r)/der Wiedergeborenen willen hält Gott seine Hand über die (irdisch bedrängten, vgl. V. 6!) Erben.507 Dem himmlischen „(Auf-)Bewahrt-/Verwahrt-/Behütetwerden“508 des Erbes zugunsten der Angesprochenen als Erben (1,4: eQr jkgqomol_am … tetgqgl]mgm … eQr rl÷r) entspricht damit deren irdisches Beschützt- bzw. Behütetwerden509 mittels einer von Gott kommenden d}malir eQr sytgq_am (1,5: [eQr rl÷r] to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am). Stellt die von Gott kommende d}malir eQr sytgq_am das Medium dar, vermittels welchem die (Lebens-)Erhaltung der Adressaten momentan (vgl. das Präsens vqouqoul]mour) sichergestellt wird, so geschieht solche Bewahrung 1,5 zufolge weiter di± p_steyr510 (vgl. 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour di± p_steyr eQr sytgq_am).511 Hinweise auf den Inhalt der p_stir bietet der engere und weitere Kontext: Es ist der Glaube an die Auferstehung Jesu Christi (vgl. 1,3.5: !macemm^sar Bl÷r … di’ !mast\seyr YgsoO WqistoO 1j mejq_m … di± p_steyr) bzw. das Vertrauen auf die Auferweckungsbotschaft/das Evangelium (vgl. 1,23: !macecemmgl]moi… di± k|cou f_mtor). Handelt es sich bei d}malir eQr sytgq_am und p_stir aber um korrelierende Begriff-
504 Dazu Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 48 (einschl. Anm. 80 und 81); ebenso Wolfgang Schrage, Der erste Petrusbrief, in: Horst Balz, Wolfgang Schrage (Hg.), Die „Katholischen“ Briefe: die Briefe des Jakobus, Petrus, Johannes und Judas, NTD 10, Göttingen [u. a.] 1985, 71, der das „(im Himmel aufbewahrte) Erbe“ aus 1Petr 1,4 vor dem Hintergrund apokalyptischer Texte (vgl. z. B. PsSal, äth. und slav. Henoch) als „himmlischen Erbes“ (= „Erbe des ewigen Lebens“) deutet. 505 Vgl. den Wechsel von !macemm^sar Bl÷r eQr 1kp_da f_sam zu … eQr jkgqomol_am … tetgqgl]mgm … eQr rl÷r …in V. 3 f. 506 Vgl. Brox, Der erste Petrusbrief, 62. 507 Vgl. Schrage, Der erste Petrusbrief, 71. 508 Vgl. tgq]y im passivischen Gebrauch. 509 Vgl. vqouq]y im passivischen Gebrauch. 510 Zu di\ + Gen. d. begleitenden Umstandes vgl. BAA. 511 Zurecht gibt Andrie B. du Toit, The Significance of Discourse Analysis for New Testament Interpretation and Translation: Introductory Remarks with Special Reference to 1 Peter 1:3–13, in: Neotestamentica 8 (1974), 54–79, hier: 66 hinsichtlich der Präpositionalverbindung di± p_steyr zu bedenken: „It is striking that the expression di± p_steyr … has been attached rather uncomfortably to vqouqoul]mour because 1m dum\lei heoO has only just indicated the means by which God keeps the faithful. Du Toit resümiert (66): „The expression di± p_steyr … has been added afterwards.“
330
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
lichkeiten,512 indem der von Gott bereitgestellten d}malir seitens der Gemeinden das Vertrauen in Gottes Kraft/Vermögen zur Rettung/Erhaltung entspricht?513 Auf diese Frage wird noch zurückzukommen sein. Ziel der p_stir ist auf jeden Fall die (Lebens-)Erhaltung ihrer Träger (vgl. 1,9: t¹ t]kor t/r p_steyr rl_m sytgq_am xuw_m514; ebenso 1,5: … di± p_steyr eQr sytgq_am) angesichts momentaner Bedrängnisse (vgl. 1,6).515 Es kann also davon ausgegangen werden, dass die p_stir seitens der Gemeinden ein Mittel darstellt, welches zur Sicherung des momentanen (Über-)Lebens irgendwie notwendig ist.
Stellt die von Gott gewährte d}malir eQr sytgq_am 1Petr 1,5 zufolge demnach ein Mittel dar, welches den Angesprochenen momentan Schutz bietet und ihnen das Überleben sichert, so tritt finale sytgq_a516, wie V. 5 zeigt, erst „am Ende der Zeit“517 in Erscheinung518 ([eQr sytgq_am] 2to_lgm !pojakuvh/mai 1m jaiq` 1sw\t\).519 Bis dahin sind die seitens des Verfassers Angesprochenen, wie der weitere Kontext zeigt (vgl. 1,6: kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r), auf fremden Schutz (von außen) angewiesen.
512 Vgl. Röm 1,16! 513 So z. B. Elliott, 1 Peter, 337. 514 Zum gemeinsamen Gebrauch von xuw^ und sytgq_a, womit die physische Lebenserhaltung angesichts lebensbedrohlicher Umstände gemeint ist, vgl. z. B. Ps 3,3 f. LXX. Zur Formulierung sytgq_a xuw_m vgl. insgesamt Gerhard Dautzenberg, Sytgq_a xuw_m (1Petr 1,9), BZ.NF 8 (1964), 262–276. Gemeint ist mit … rl_m sytgq_am xuw_m hier, wie auch in 1Petr 3,20 (!); 4,18 wohl nicht ausschließlich das eschatische Heil, sondern auch die Bewahrung bzw. Sicherung des irdischen Lebens, d. h. die physische Lebenserhaltung der angesprochenen Gemeinden angesichts bedrückender Verhältnisse (vgl. dazu die Ausführungen unter V./3.2.1; V./3.2.2): Im 1. Petrusbrief fordert der Verfasser die angeschriebenen christusgläubigen Gemeinden dazu auf, inmitten momentaner Bedrängnisse durchzuhalten (vgl. dazu Reichert, Praeparatio, 341; 345, die von einer Aufforderung/Ermahnung zum „Durchhalten“ der neuen Identität im Konflikt spricht). 515 Da diese Lebenserhaltung angesichts momentaner Bedrängnisse strittig ist, verwundert es nicht, dass die sytgq_a-Begrifflichkeit im Kontext des 1Petr oftmals in Form der Präpositionalverbindung eQr sytgq_am begegnet (vgl. 1,5: eQr sytgq_am 2,2: aqngh/te eQr sytgq_am). 516 Dass es sich bei dieser für die Gläubigen himmlisch bereitstehenden, zukünftigen sytgq_a um einen göttlichen Gunsterweis (w\qir) handelt, von dem bereits die Propheten geweissagt haben, zeigt 1,10: peq· Hr sytgq_ar 1nef^tgsam ja· 1ngqa}mgsam pqov/tai oR peq· t/r eQr rl÷r w\qitor pqovgte}samter (vgl. auch 1,13: 1kp_sate 1p· tµm veqol]mgm rl?m w\qim 1m !pojak}xei YgsoO WqistoO). 517 Vgl. dazu insgesamt Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 52: „Von dieser Erfahrung göttlicher Macht wird auf den jaiq¹r 5swator geblickt, nicht als ein unbestimmtes Irgendwann, sondern so, dass das eschatologische Heil … als Geglaubtes und Erhofftes schon jetzt das Leben der Wiedergeborenen bestimmt.“ 518 Zur stark eschatologischen Bedeutung von sytgq_a vgl. aethHen 99,10; Sap 5,2; 4Makk 15,3; TestDan 6,10; weitere Belege nennt Schrage, Heil und Heilung im Neuen Testament, 99. 519 Dazu du Toit, Discourse Analysis, 69: „…the main course of the argument [VV.3–5] is dominated by the Christian expectation of things to come, characterized in turn by words such as 1kp_r, jkgqomol_a and w\qir.“
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 331
3.2 Der weitere Kontext: Zu den gefahrvollen Umständen, in denen sich die Adressatenschaft des 1Petr befindet. Eine Spurensuche Ausgehend von der Analyse der unmittelbaren Umgebung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am in 1Petr 1,5 ist als nächstes zu fragen: In welchen weiteren situativen Kontext ist die Formulierung eingebunden? Warum ist die in 1,4 f. seitens des Verfassers angesprochene rle?r-Gruppierung auf fremden Schutz angewiesen? Befindet sich diese momentan in prekären, gar gefahrvollen Umständen, und – wenn ja – um welche Art von Gefährdung handelt es sich? Einer Analyse des Weiteren Kontextes lässt sich nun entnehmen, dass sich die Adressatenschaft des Briefes offensichtlich in gefahrvollen Umständen befindet, in die hinein der Brief spricht. Im Folgenden werden einige Passagen in den Fokus genommen, die transparent auf konkrete Erfahrungen der Adressatinnen und Adressaten des 1Petr sein könnten.520
3.2.1 Leiden unter vielerlei Anfechtungen (1Petr 1,6 und 4,12) Das in 1Petr 1,5 erscheinende Syntagma d}malir eQr sytgq_am ist hinsichtlich des Gesamtbriefes in einen übergreifenden Kontext eingebunden, welcher die (durch Mittel- und Wehrlosigkeit gekennzeichnete) Leidensbefindlichkeit einer sich in lebensgefährlichen Umständen befindenden Entität, der in 1,4 f. angesprochenen rle?r-Gruppierung, thematisiert. Dies lässt sich gleich zu Beginn aufzeigen, wie der Blick auf die unmittelbare Umgebung, in der die Terminologie erscheint, verrät: Denn auf die Konstruktion … 1m dum\lei heoO (vqouqoul]mour) … eQr sytgq_am folgt in 1,6 mit … 1m poij_koir peiqaslo?r eine Umstandsbeschreibung, welche erstmals die bedrückende Gegenwart521 der Angesprochenen in den Blick nimmt und den Grund für das Angewiesensein auf göttliche Bewahrung/Schutzbedürftigkeit nennt:522 Zwar geht dem (kupgh]mter) 1m poij_koir peiqaslo?r die hier wohl präsentisch zu deutende 520 Mit Martin Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, Theologischer Kommentar zum Neuen Testament 19, Stuttgart 2016, 19 wird sich dabei zeigen: „…, dass die Grenze zwischen gespiegelter und gedeuteter Erfahrung schillernd ist, und jedem Versuch, aus den Texten auf die Situation der Adressatinnen und Adressaten oder des Verfassers zu schließen, letztlich etwas Hypothetisches anhaftet.“ Mit dieser Feststellung im Hinterkopf wird sich den entsprechenden Textbelegen angenähert. 521 Dass das in 1,6.8 gebrauchte %qti (im Kontrast zu 1,5.7: 1m jaiq` 1sw\t\ … 1m !pojak}xei YgsoO WqistoO) im Sinne von „zur gegenwärtigen Zeit“ aufzufassen ist, die Gegenwart der Adressaten des 1Petr aktuell also von kup^ und peiqaslo_ gekennzeichnet ist, schreibt zurecht Reichert, Praeparatio, 48 (einschl. Anm. 4). 522 Vgl. den parallelen Gebrauch von (eQr rl÷r … to»r) 1m dum\lei heoO (vqouqoul]mour) … eQr sytgq_am … 1m è !cakki÷she… (kupgh]mter) 1m poij_koir peiqaslo?r in 1,5.6.
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Verbindung 1m è !cakki÷she (V. 6) voraus; weshalb zunächst – scheinbar paradox – die Freude bzw. der Jubel im Vordergrund steht.523 Den relativen Satzanschluss 1m è gilt es an dieser Stelle wohl kausal auf den Abschnitt V. 3–5 im Allgemeinen524 und V. 5 im Besonderen rückzubeziehen: „Deshalb (= wg. des göttlichen Behütetseins) seid ihr (gegenwärtig) voll Freude, obwohl ihr momentan eine kurze Zeit, wenn es sein soll, unter vielerlei Anfechtungen leiden müsst“ (1m è !cakki÷she, ak_com %qti eQ d]om [1st·m] kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?).
Doch steht die optimistische Rede über gegenwärtiges und zukünftiges Heil in V. 3–5 sowie der Jubel angesichts dessen im Kontrast zur derzeitigen Situation der Adressaten: „Es gibt Argumente gegen Freude und Hoffnung, denn vorläufig bringt das Christsein ,Trauer‘ und ,Leiden‘ ein.“525 In diesem Sinne ist nun auf die Konstruktion kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r zu blicken. Dem passivisch gebrauchten Verbum kupe?shai (= „traurig/betrübt sein, in Trauer versetzt sein“) kommt, insofern als es sich dabei um (Leidens-)Terminologie handelt,526 Signalcharakter zu. Das Partizip kupgh]mter begegnet in 1Petr 1,6 in direkter Verbindung mit einer für die Schilderung prekärer, gefahrvoller Umstände charakteristischen 1m-Konstruktion:527 Die angeschriebenen Adressatengemeinden des 1Petr befinden sich momentan (vgl. 1,6: %qti) als „Traurige“ 1m poij_koir peiqaslo?r. Als auslösender Faktor des kupe?shai werden peiqaslo_ genannt. Das Wort peiqasl|r528 erscheint an unterschiedlichen Stellen des Briefes (vgl. neben 1,6 auch 4,12 f.) und meint soviel wie „Anfechtung, Prüfung, Probe“. Der plurale Gebrauch zeigt an, dass die Umstände, in denen sich die als kupgh]mter angesprochenen Adressaten des Briefes momentan befinden, seitens des Verfassers negativ als „vielerlei Prüfungen“ bzw. „Anfechtungen“ gedeutet werden: Man befindet sich gegenwärtig in einer prekären, an dieser Stelle nicht näher bestimmten Lage529 („Aporie“) und empfindet deshalb Trauer. Auch 523 Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 53. 524 So z. B. Bo Reicke, The Disobedient Spirits and Christian Baptism. A Study of 1 Pet. III. 19 and its Context, ASNU 13, Kopenhagen 1946, 111; Brox, Der erste Petrusbrief, 63. 525 Brox, Der erste Petrusbrief, 63. 526 Vgl. neben 1,6: kup]y; 2,19: kup^; 2,19.20.21.23; 3,14.17.18; 4,1.15.19; 5,10: p\swy; 3,8: sulpah^r; 1,11; 4,13; 5,1.9: pah^la. 527 Vgl. ähnliche 1m-Konstruktionen in Them. Ep. 20,88: … 1m pokk0 !lgwam_ô 1je_lgm; Philo Vit. Mos. 2,247: 1m !lgw\moir Gsam usw. (vgl. IV., speziell Anm. 12). 528 Dass es sich bei peiqasl|r, peiq\feim um Gefahrenterminologie handelt, zeigen neben 1Petr 1,6 f.; 4,12 Belege wie Lk 8,13; 1Thess 3,5; Gal 6,1; Jak 1,2.12; 2Petr 2,9; Hebr 2,18; Apk 2,10. Vgl. dazu insgesamt den Exkurs zu „Versuchung/peiqasl|r“ bei Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 54 f. 529 Das konkrete Geschehen, das das „Betrübtsein“ bewirkt, wird zwar an keiner Stelle des 1Petr explizit genannt (vgl. dazu auch Reichert, Praeparatio, 48). Aus vielen Belegen des 1Petr geht allerdings hervor, dass die Angesprochenen zu Unrecht leiden, so z. B. 1Petr 2,19 f.: … rpov]qei tir k}par p\swym !d_jyr … !kk’ eQ !cahopoioOmter ja· p\swomter rpoleme?te, toOto w\qir paq± he`; ebenso den Verweis auf Christus in 2,23: dr koidoqo}lemor oqj !mtekoid|qei, p\swym oqj
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wenn also offen bleibt, an welche Art von (Gefahren-)Situationen der Verfasser in 1,6 denkt,530 so indiziert die Wendung kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r im Rahmen der den Gesamtbrief leitmotivisch durchziehenden (Leidens-)Terminologie,531 der gerade in Kap. 1 in auffallender Dichte begegnenden s]feim-Terminologie,532 sowie des den 1Petr bestimmenden Gegensatzes von Leben/Unvergänglichkeit und Tod/Vernichtung,533 dass es sich hierbei um eine ernsthafte Bedrohung handeln muss. Die Bedeutungskomponente „Gefährdung, Bedrängnis“ scheint im Gebrauch von peiqasl|r in 1,6 dabei insofern auf, als der weitere Textverlauf zeigen wird, dass mit dem „Betrübtsein“ bzw. „Leiden unter vielerlei Anfechtungen“ die Vorstellung von Bedrohung durch eine irritationenträchtige nichtchristliche Umwelt aktiviert wird: Als „Fremdlinge in der Diaspora“ (1,1; 2,11) befinden sich die Adressaten gegenüber ihrer nichtchristlichen534 Mitwelt in einer Minoritätssituation. Hinweise auf diese Mitwelt535 als Verursacher
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Ape_kei, paqed_dou d³ t` jq_momti dija_yr; 3,14: !kk’ eQ ja· p\swoite di± dijaios}mgm, laj\qioi; ebenso 3,17. Dazu Reichert, Praeparatio, 60: „Insgesamt ist es sehr schwierig, ein konkreteres Bild von der vom Verfasser vorausgesetzten Situation zu gewinnen, weil dieser ein primäres Interesse daran hat, die Situation zu interpretieren, nicht daran, sie zu beschreiben“ (ähnlich auch Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 56 f.). Vgl. 1Petr 2,19.20.21.23; 3,14.17.18; 4,1.15.19; 5,10: p\swy; 3,8: sulpah^r; 1,11; 4,13; 5,1.9: pah^la; dazu schreiben Pokorny´, Heckel, Einleitung, 694 (Anm. 249): „Keine neutestamentliche Schrift spricht so häufig vom Leiden wie der 1. Petrusbrief mit einem Drittel aller neutestamentlichen Belege (p\sweim 12 von 42, pah^la 4 von 16)“; ebenso Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 21: „Dieses Wort [Leiden] begegnet überproportional häufig im 1Petr und darf sicherlich als eines der Leitworte des Briefes gelten.“ Vgl. 1,5: eQr sytgq_am; 1,9.10: … sytgq_am xuw_m. peq· Hr sytgq_ar…; 2,2: aqngh/te eQr sytgq_am; vgl. ebenso 3,20 f: dies~hgsam di’ vdator … mOm s]fei b\ptisla; Dazu Elliott, 1 Peter, 337: „,salvation‘ figures prominently in biblical and extrabiblical literature to denote rescue from a perilous situation through both human and divine benefactors“; zu sytgq_a im Sinne von „Rettung, Erhaltung, Wohlergehen, Schutz“ vgl. auch Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 97: „Die sytgq_a ist die Rettung aus aller Bedrängnis (1,9) und das Teilhaben an der verheißenen Herrlichkeit (1,10; 2,2)“; vgl. dazu auch Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 77. Auf der Wortebene wird dieser Gegensatz anhand kontrastierender Wortgruppen greifbar, die für Leben/Unvergänglichkeit (vgl. z. B. 1,3 f.: eQr 1kp_da f_sam … eQr jkgqomol_am %vhaqtom ja· !l_amtom ja· !l\qamtom; 1,23 !macecemmgl]moi … [1j spoq÷r] !vh\qtou, di± k|cou f_mtor; 2,4.5: k_hom f_mta … k_hoi f_mter; 3,3: 1m t` !vh\qt\ toO pqa]yr; 3,7: ¢r … sucjkgqom|loir w\qitor fy/r; 3,18: [Wqist¹r … !p]hamem, hamatyhe·r l³m saqj·] f\opoighe·r d³ pme}lati·) oder Tod/Vernichtung stehen (vgl. 1,7: wqus_ou toO !pokkul]mou; 1,18: oq vhaqto?r, !qcuq_\ C wqus_\ 1kutq~hgte 1j t/r lata_ar rl_m !mastqov/r patqopaqad|tou; 1,23: !macecemmgl]moi oqj 1j spoq÷r vhaqt/r; 3,18: Wqist¹r … [rp³q rl_m] !p]hamem, hamatyhe·r l³m saqj· [f\opoighe·r d³ pme}lati·]) usw. Dass die Adressatenschaft des 1Petr ursprünglich selbst aus paganen Kontexten stammt, zeigt u. a. 1Petr 1,14.18; 4,3; vgl. dazu auch Martin Vahrenhorst, Leiden als Gnade. Zum realen Hintergrund einer theologischen Deutung, in: David S. du Toit (Hg.), Bedrängnis und Identität: Studien zu Situation, Kommunikation und Theologie des 1. Petrusbriefes, BZNW 200, Berlin [u. a.] 2013, 59–78, hier: 74 f. Das 1m poij_koir peiqaslo?r in 1,6 wäre dann in gewisser Hinsicht synonym zu 1m to?r 5hmesim
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des Leidens536 finden sich im Brief an zahlreichen Stellen (vgl. 2,12.15.19.20.23; 3,9.13 f.16.17; 4,4 f.; 4,14 ff.).537 Es wäre demnach durchaus möglich, dass die Formulierung 1m poij_koir peiqaslo?r eine extern veranlasste Gefahrenlage reflektiert.538 Die prekäre Lage einer christlichen Minderheit in einer nichtchristlichen Umgebung würde vom Verfasser des 1Petr als Erprobungssituation interpretiert werden,539 und zwar insofern, als dadurch der Glaube der Gemeinde geprüft/auf die Probe gestellt werden soll540 (vgl. 1,6 f.; vgl. ebenso Jak 1,2 f.!).541 Den ausschlaggebendsten Hinweis bietet hierzu der auf kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r (1,6) folgende Vma-Satz (vgl. 1,7). Dieser gibt an, wozu die peiqaslo_ dienen, in denen sich die Adressatenschaft des 1Petr befindet: Vma t¹ doj_liom rl_m t/r p_steyr pokutil|teqom wqus_ou toO !pokkul]mou, di± puq¹r d³ dojilafol]mou,
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(2,12) und spiegelte als Umstandsbeschreibung die prekäre Befindlichkeit der Christusgläubigen im Rahmen einer irritationenträchtigen, nichtchristlichen Umwelt. Vgl. ebenso die 1mKonstruktion in 4,3.4: (!qjet¹r c±q b paqekgkuh½r wq|mor t¹ bo}kgla t_m 1hm_m jateiqc\shai, pepoqeul]mour) 1m !sekce_air, 1pihul_air, oQmovkuc_air, j~loir, p|toir, ja· !hel_toir eQdykokatq_air. 1m è nem_fomtai lµ sumtqew|mtym rl_m eQr tµm aqtµm t/r !syt_ar !m\wusim, bkasvgloOmter Der Verweis auf das göttliche Gericht in 4,17 lässt es jedoch nicht als unmöglich erscheinen, dass auch Gott nach Meinung des Verfassers des 1Petr (Mit-)Verursacher des Leidens und der dadurch verursachten „Prüfung“ ist (vgl. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 54, Anm. 122). Brox, Der erste Petrusbrief, 65 f. liest das Stichwort peiqasl|r („Anfechtung, Versuchung“) in 1,7 unter der Gerichtsperspektive 4,17 als (Glaubens-)Prüfung, die von Gott ausgeht. Ebenso schreibt Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 336 im Blick auf 1Petr 5,6, dass „in den Schikanen und Schädigungen, die den Christen um des Christseins willen zugefügt werden, … nicht nur menschliche Verblendung und Bosheit wirksam [sind], sondern … Gott in Gericht und Gnade“). Denn, so Schrage, Der erste Petrusbrief, 78: „auch die Christen haben das Gericht noch vor sich“. Zu Hinweisen auf das kommende Gericht, vor dem sich Christen wie Nichtchristen zu verantworten haben werden vgl. jq_my jtk.–Terminologie in 1Petr 1,17; 2,23; 4,5.6.17. In 1Petr 5,8 tritt auch der !mt_dijor rl_m di\bokor auf: Der zuungunsten der Angeklagten (bei einem Gerichtsprozess) auftretende „Prozeßgegner, Kläger“ (b !mt_dijor) wird hier di\bokor („Teufel“) genannt. Dadurch ist ein innerer Zusammenhang zur peiqasl|r-Begrifflichkeit hergestellt, welche allgemein mit „Prüfung, Anfechtung“ wiederzugeben ist, aber ebenfalls in der Bedeutung „(Gerichts-)Prozess, -verhandlung, Prüfung (vor Gericht)“ auftreten kann. Eine Anspielung auf Anklagesituationen und Gerichtsprozesse gegen Christusgläubige? Vgl. ebenso Charles A. Bigg, A Critical and Exegetical Commentary on the Epistles of St. Peter and St. Jude, New York 1901, 103: „peiqasl|r here means not the inner wrestling with evil inclination, but undeserved suffering from without.“ Bigg gibt 1m poij_koir peiqaslo?r folgerichtig im Englischen mit „in manifold trials“ (anstelle von „in manifold temptations“) wieder: „What we mean by ,temptation,‘ as distinct from ,trial,‘ is in the language of St. Paul expressed by "laqt_a or 1pihul_a, in that of St. Peter by the latter word alone.“ So auch Reichert, Praeparatio, 37. Dass dieser Glaube christologisch fundiert ist und im „Evangelium“ bzw. „Wort“ gründet, zeigen die Belege 1Petr 1,3–12.25; 2,7 f.; 4,17. Vgl. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 56: „Als Probe … gedeutet, wird das Leiden jetzt zur Herausforderung und es bedarf höchster Aktivität, um die Situation zu bestehen.“
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 335 erqeh0.542 Es geht darum, die Echtheit des Glaubens gerade in einer Prüfungssituation, d. h. unter prekären, kritischen Umständen, die in Richtung Erhaltung oder Vernichtung des zu prüfenden Elementes umzuschlagen vermögen, unter Beweis zu stellen. Dazu dient dem Verfasser das Bild von der Edelmetallschmelze: Wie das vergängliche Edelmetall (Gold) hat der Glaube seine Echtheit im Feuer zu bewähren.543 Gleichzeitig erweist sich der Glaube dabei allerdings als um vieles wertvoller als das vergängliche Gold.
Negativerfahrungen, die die Glaubenden in ihrem Umfeld machen und die „zur Prüfung“ (pq¹r peiqasl¹m) über sie gekommen sind, hat auch der an 1,6 f in verschiedener Hinsicht anknüpfende544 Passus 4,12 im Blick: Geliebte, lasst euch durch die Feuersbrunst, die zu eurer Prüfung über euch gekommen ist, nicht verwirren (befremden), als ob euch etwas Seltsames zustoße (widerführe) (… lµ nem_feshe t0 1m rl?m puq~sei pq¹r peiqasl¹m rl?m cimol]m, ¢r n]mou rl?m sulba_momtor).
Zur Umschreibung der prekären Situation der Adressaten greift der Verfasser hier auf den Ausdruck p}qysir zurück. Das Wort ist mit „Verbranntwerden“ bzw. „Brand, Feuersbrunst“ wiederzugeben und beschreibt eigentlich ein passives Geschehen.545 Den Ereignischarakter von p}qysir signalisieren die Verben sulba_my und c_molai: Über die angesprochene rle?r-Gruppierung546 ist eine „Feuersbrunst“ gekommen, von der sie sich nicht befremden lassen sollen.547 Wie die angeschlossene Erklärung pq¹r peiqasl|m (vgl. 1,6!) deut542 Zurecht weist Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 79 darauf hin, dass sich – je nach Gliederung des Satzes – die Nuancen minimal verschieben: Setzt man ein Komma zwischen p_steyr und pokutil|teqom, so geht es darum, die „Echtheit“ des Glaubens zu erweisen. Dies wäre dann zu übersetzen mit: „… damit sich die Echtheit eures Glaubens herausstelle, die wertvoller ist als vergängliches Gold, wenn man es im Feuer geläutert hat.“ Verzichtet man hingegen auf das Komma, so geht es darum, die Echtheit des Glaubens als etwas zu erweisen, das wertvoller als vergängliches Gold ist; zu übersetzen wäre das ganze dann wie folgt: „… damit sich die Echtheit eures Glaubens als wertvoller als vergängliches Gold erweise, das im Feuer geläutert wird.“ 543 Dass es sich beim Vergleich des Leidens mit der (Edel-)Metallschmelze um eine weisheitlich geprägte Vorstellung handelt, die im AT/Frühjudentum weit verbreitet war, zeigen Belege wie Ps 66,10 LXX; Jes 48,10; Prov 17,3; Sir 2,5; Sap 3,5 f. Vgl. dazu ebenso Spr 27,21 LXX: doj_liom !qc}qy ja· wqus_ p}qysir („Die Prüfung für Silber und für Gold ist die Feuerprobe“); zurecht weist Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 179 darauf hin, dass 1Petr 1,6 f (… Vma t¹ doj_liom rl_m t/r p_steyr pokutil|teqom wqus_ou toO !pokkul]mou, di± puq¹r d³ dojilafol]mou) sowie 4,12 (lµ nem_feshe t0 1m rl?m puq~sei pq¹r peiqasl¹m rl?m cimol]m, ¢r n]mou rl?m sulba_momtor) in der Tradition dieses Verses steht. 544 Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 22 spricht hier im Blick auf den wiederholten Gebrauch der peiqasl|r-Begrifflichkeit in 4,12 auf der Linie von 1Petr 1,6 f von ,reframing‘: den Negativerfahrungen, die die Glaubenden in ihrem Umfeld machen, wird ein neuer Deutungsrahmen gegeben; sie dienen als Prüfung. 545 Vgl. BAA, s.v. p}qysir. 546 Vgl. bereits 1Petr 1,5.6 f. 547 Zur Verwendung von pOq vgl. bereits 1,7.
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lich macht, dient die p}qysir, so die Deutung des Verfassers, „zur Erprobung“.548 Es geht, wie beim pOq-Gebrauch in 1,7, bei der angesprochenen Prüfung um eine Probe mit dem Risiko der Vernichtung.549 Der Gedanke an ein (Straf-)Handeln Gottes,550 das zur Prüfung über die Gläubigen gekommenen ist, mag hier mitschwingen; gleichzeitig ist es aber sehr wahrscheinlich, dass das p}qysir pq¹r peiqasl|m in 4,12, dem kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r in 1,6 vergleichbar, gegenwärtig-reale Negativerfahrungen, die die angeschriebenen Gemeinden in ihrer Umwelt machen, spiegelt.551 Verweist der Begriff p}qysir im Kontext des 1Petr auf eine akute Gefährdung, namentlich auf eine besonders heftige Form der Verfolgung der christusgläubigen Gemeinden seitens einer feindselig eingestellten nichtchristlichen Mitwelt?552 Isoliert betrachtet bietet 4,12 keinerlei Indizien, die auf konkrete Verfolgungsmaßnahmen schließen lassen;553 dennoch fällt auf, dass mittels der in 4,13.15 f. in auffallender Dichte erscheinenden Leidensterminologie554 sowie dem Aufruf zur Freude, dass man mit Christus leidet (4,13), ein „Konnex zwischen Christus-Leiden und Christenleiden“555 hergestellt wird: Dies gibt Grund zu der Annahme, hier sei, insofern das „Schicksal Jesu Christi … der bedrängten Gemeinde als Urbild und Ermunterung vor Augen gestellt“556 wird, eine ernsthafte, akute Bedrohung, d. h. eine Gefahr für Leib und Leben der Angesprochenen im Blick.
548 Vgl. Reichert, Praeparatio, 52 f. 549 Vgl. dazu auch 1Kor 3,13–15! 550 Vgl. dazu Spr 27,21 LXX: Die Prüfung für Silber und für Gold ist die Feuerprobe (= das Verbranntwerden) (doj_liom !qc}qy ja· wqus_ p}qysir), der Mensch aber wird geprüft im Urteil dessen, der ihn lobt; vgl. auch Apk 18,9.18: p}qysir steht hier für das Verbranntwerden (den Brand) einer Stadt („Babylon“ / Rom), was durch Gottes richterliches Straf- bzw. Vernichtungshandeln initiiert wird; vgl. ebenso Jos. Ant. 1,203: auch hier steht p}qysir für Gottes Straf- bzw. Vernichtungshandeln zuungunsten einer Stadt/eines Landes. 551 Resümierend Brox, Der erste Petrusbrief, 29: „Die Situation, an die der Verfasser mit Sicherheit denkt, ist die bis zur Feindschaft gesteigerte Entfremdung zwischen Nicht-Christen und Christen aufgrund der verschiedenen Verhaltensweisen bzw. des neuen Lebensstils der Christen“; Reichert, Praeparatio, 73: „Als gegenwärtig-real vorausgesetzt sind Spannungen zwischen Adressaten und ihrer nicht-christlichen Umwelt.“ 552 So Paul A. Holloway, Coping with Predjudice: 1 Peter in Social-Psychological Perspective, WUNT 244, Tübingen 2009, 71 f. 553 So neuerdings Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 22 f. (u. a. in Anknüpfung an Paul J. Achtemeier, 1 Peter: A Commentary on First Peter, Hermeneia, Minneapolis 1996, 33). 554 Vgl. 4,12 f.: … lasst euch durch die Feuersbrunst, die zu eurer Prüfung über euch gekommen ist, nicht verwirren (befremden), als ob euch etwas Seltsames widerführe, sondern freut euch, dass ihr mit Christus leidet (lµ nem_feshe t0 1m rl?m puq~sei pq¹r peiqasl¹m rl?m cimol]m, ¢r n]mou rl?m sulba_momtor, !kk± jah¹ joimyme?te to?r toO WqistoO pah^lasim wa_qete). 555 Brox, Der erste Petrusbrief, 63. 556 Schrage, Der erste Petrusbrief, 105.
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3.2.2 Angriffe seitens einer feindlich gesonnenen nichtchristlichen Umwelt Auch eine Untersuchung weiterer Textpassagen zeigt, dass das Syntagma d}malir eQr sytgq_am (1,5) im 1Petr in einen übergreifenden Rahmen gespannt ist, der die „bedrückende Gegenwart“557 bzw. die „traurige Situation“558 der Angesprochenen zur Sprache bringt. Die prekäre Befindlichkeit, die dem Verfasser vor Augen steht, scheint neben 1Petr 1,6 und 4,12, beides Passagen, die diese Bedrohungslage der Betroffenen als peiqasl|r deuten, ebenso in 2,12.14; 3,13–18; 4,13 ff. durch. An allen diesen Stellen werden Begrifflichkeiten verwendet, die auf Anfeindungen der angeschriebenen Gemeinden seitens einer irritationenträchtigen nichtchristlichen Umwelt schließen lassen und zeigen, dass man sich mit dieser im Konflikt559 befindet. Von direkten oder indirekten Erfahrungen verbaler Aggression560 zeugen 1Petr 2,12561, ebenso 3,16562 und 4,14 f.563, sämtlich Passagen, die Verben aufweisen, welche „(als Übeltäter) verleumden, übel nachreden“ (jatakak]y), „schmähen, beschimpfen“ (1pgqe\fy) und „jmd. verunglimpfen, beschimpfen, schmähen“ (ameid_fy) bedeuten.564 Ist die in 1Petr 2,12; 3,16 und 4,14 zum Ausdruck gebrachte Bedrängnissituation der Briefadressaten auch offensichtlich „unterhalb der staatlichen bzw. gerichtlichen Ebene“565 anzusiedeln, und insofern als nicht akut zu bewerten, als an allen diesen Stellen lediglich Schmähungen, üble Nachrede und Verleumdungen thematisiert werden,566 557 Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 53. 558 So Brox, Der erste Petrusbrief, 63; Elliott, 1 Peter, 94 spricht – ebenso treffend – von einer „prekären Lage“: „… their political, legal, and social situation was a precarious one.“ Vgl. ders., 1 Peter, 97 ff., wo Kap. 5,3 mit „The precarious Situation of the Addressees“ überschrieben ist. 559 Dass dieser Konflikt gar als kriegerischer Zustand beschrieben werden kann, zeigt der Gebrauch von Kriegsmetaphorik in 1Petr 1,5.13; 2,11; 4,1.12. Vgl. dazu die folgenden Ausführungen unter 3.3. 560 Vgl. Brox, Der erste Petrusbrief, 29 ff.; Gudrun Guttenberger, Passio Christiana: die alltagsmartyrologische Position des ersten Petrusbriefes, SBS 223, Stuttgart 2010, 18; Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 19 f. Alle drei Autoren heben nachdrücklich hervor, dass es sich bei der im 1Petr thematisierten Bedrängnissituation, in der sich die Adressatenschaft befindet und die dem Briefverfasser vor Augen steht, nicht um eine akute Bedrohungslage, sondern dass es sich vorrangig um Schmähungen und Verleumdungen seitens einer nichtchristlichen Umwelt handelt. 561 … tµm !mastqovµm rl_m 1m to?r 5hmesim 5womter jak^m, Vma, 1m è jatakakoOsim rl_m ¢r jajopoi_m… 562 … Vma 1m è jatakake?she jataiswumh_sim oR 1pgqe\fomter rl_m tµm !cahµm 1m Wqist` !mastqov^m. 563 … eQ ameid_feshe 1m am|lati WqistoO, laj\qioi . 564 Vgl. dazu die Untersuchungen bei Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 19 f. 565 Angelika Reichert, Gegensätzliche Wahrnehmungen einer ambivalenten Krisensituation: Das Plinius-Trajan-Konzept, der 1. Petrusbrief und die Johannesapokalypse, in: David S. du Toit (Hg.), Bedrängnis und Identität: Studien zu Situation, Kommunikation und Theologie des 1. Petrusbriefes, BZNW 200, Berlin [u. a.] 2013, 281–302, 294. 566 Zu verbalen Attacken vgl. daneben 2,15 (viloOm = „das Maul stopfen“): fti ovtyr 1st·m t¹
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welche die Adressatenschaft seitens ihrer nichtchristlichen Umgebung u. a. wegen ihres Lebenswandels (2,12) und ihrer Christus-Zugehörigkeit (4,14 f.) erleidet, so wird das Wissen um die Möglichkeit eines gerichtlich verfügten „Leidens als Christ“567 (vgl. 4,15 f.; ebenso 3,15) im 1Petr dennoch mehrmals angedeutet; auch wird die Möglichkeit akuter Gefährdung, die bis zum Todesleiden (3,17 f.; 4,1) reichen kann, thematisiert.
h]kgla toO heoO, !cahopoioOmtar viloOm tµm t_m !vq|mym !mhq~pym !cmys_am; 1Petr 3,9: lµ !podid|mter jaj¹m !mt· jajoO C koidoq_am !mt· koidoq_ar; ebenso 4,3.4: In der Vergangenheit war die Gemeinde „nach heidnischem Willen“ dem Laster verhaftet, wandte sich dann aber davon ab, sodass man mit der heidnischen Umwelt in Konflikt gerät und „sie lästern“ (vgl. 4,3.4: !qjet¹r c±q b paqekgkuh½r wq|mor t¹ bo}kgla t_m 1hm_m jateiqc\shai …1m è nem_fomtai lµ sumtqew|mtym rl_m eQr tµm aqtµm t/r !syt_ar !m\wusim, bkasvgloOmter). 567 Setzt 1Petr 4,15 f. (¢r Wqistiam|r) die Strafbarkeit des nomen ipsum voraus? Zur Bestimmung der zeitgeschichtlichen Situation der Adressaten des 1Petr vgl. u. a. die Ausführungen bei Goppelt und Feldmeier: Nimmt Goppelt die erste Hälfte des Zeitraums von 65–80 n. Chr. als Entstehungszeit der Schrift an (vgl. Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 63), so ordnet Feldmeier diese in die Frühzeit Domitians (81–90 n. Chr.) ein (vgl. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 27). Beide Forscher verorten, so Reichert, Wahrnehmungen, 281 die Situation, in der sich die Adressaten des 1Petr vorfinden, damit ins „Vorfeld einer späteren und brisanteren Situation“ (Goppelt: der Situation unter Domintian, Feldmeier: der Situation in der Spätzeit Domitians). Im Blick auf diese spätere Situation nehmen beide Forscher eine Zuspitzung der Bedrängnisse für die Christen an, die „zur Zeit des 1Petr so noch nicht gegeben ist“ (so spricht Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 63, von einer „Verschärfung der Gefährdung“ unter Domitian, die „eindeutig noch außerhalb des Gesichtskreises des 1 Petr“ liegt). In kritischer Auseinandersetzung mit den Datierungsvorschlägen von Goppelt und Feldmeier sowie der These, der 1Petr gehöre ins Vorfeld einer zugespitzten Situation unter Domitian, bietet Reichert (vgl. dies., Wahrnehmungen, 281–302) einen alternativen Vorschlag zur historischen Einordnung der Situation der Adressaten des 1Petr: Im Blick auf den in das Jahr 112 n. Chr. zu datierenden Briefwechsel zwischen Plinius, dem kaiserlichen Legaten in der Provinz Pontus-Bithynien und Kaiser Trajan (Ep. 10,96; Ep. 10,97), welcher eine „höchst gefährliche Situation für das Christentum dokumentiert“ (vgl. dies., Wahrnehmungen, 286) – in diesem Zeugnis wird staatlicherseits dem Christentum grundsätzlich seine Existenzberechtigung abgesprochen (es wird zum Verbrechen erklärt), gleichwohl wird ein verfolgungsähnliches Vorgehen staatlicher Organe explizit ausgeschlossen („staatliche Behörden sollen lediglich reagieren, nämlich dann, wenn eine persönliche Anzeige wegen des Christseins eingegangen ist und wenn die Angezeigten sich nicht selbst vom Christsein lossagen“, 287) –, resümiert Reichert (287): „Der Plinius-TrajanBriefwechsel weist so auf eine höchst ambivalente Situation: Einerseits müssen christliche Personen nicht notwendig mit staatlichen Maßnahmen rechnen. Es kann durchaus sein, dass sie völlig unbehelligt von staatlichen Behörden leben können. Allerdings gilt das nur, solange sie nicht angezeigt werden: In diesem Fall haben sie die äußerste Konsequenz, eben die Todesstrafe, zu gewärtigen.“ Reichert (292 ff.) weist nun u. a. anhand der Belegstelle 1Petr 4,15 f. (= Gegenüberstellung von Leiden aufgrund von Straftatbeständen und dem gerichtlich verfügten Leiden wegen des Christseins an sich [=Leiden „als Christ“/¢r Wqistiam|r]) überzeugend nach, dass sich der 1Petr gut als Reaktion „auf die durch das Plinius-Trajan-Konzept entstandene, gefährliche und ambivalente Situation“ verständlich machen lässt: Ausgehend von 4,15 f. „wird die Strafbarkeit des nomen ipsum, auf die sich Plinius und Trajan verständigt hatten, im 1Petr vorausgesetzt“ (293). Dies spräche folglich für eine Datierung des 1Petr in die Jahre (kurz) nach der Plinius-Trajan-Korrespondenz.
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 339 Heißt es nämlich in 2,12, dass die Christusgläubigen seitens der nichtchristlichen Mitwelt „als Übeltäter verleumdet werden“ (jatakakoOsim rl_m ¢r jajopoi_m), d. h. als „Täter des Bösen“ wahrgenommen werden, weshalb der Aufruf an sie ergeht, ihren „Lebenswandel unter den Heiden recht zu führen“, so geht aus 2,14 weiter hervor, dass die Aufgabe der staatlichen Autoritäten darin besteht, den Täter des Bösen zu bestrafen.568 An Stellen wie 2,12.14; 4,13 ff. mögen mögliche (Leidens-)Befindlichkeiten der Adressatenschaft im Konflikt mit den staatlichen Autoritäten indirekt durchschimmern (vgl. den dichten Gebrauch von p\sweim-Terminologie in 4,13: joimyme?te to?r toO WqistoO pah^lasim; 4,15 f.: lµ c\q tir rl_m pasw]ty … eQ d³ ¢r Wqistiam|r, lµ aQswum]shy!), welche die Ebene bloß verbaler Gewalt seitens einer nichtchristlichen Umwelt eindeutig überschreiten. Insbesondere in dem in 4,15 f. zu findenden Hinweis auf das Leiden als „Christianer“,569 das in Opposition zum Leiden aufgrund von Straftatbeständen (Mörder, Dieb, Übeltäter) gesetzt wird (lµ c\q tir rl_m pasw]ty ¢r vome»r C jk]ptgr C jajopoi¹r C ¢r !kkotqiep_sjopor·… eQ d³ ¢r Wqistiam|r, lµ aQswum]shy), mag der Gedanke an „ein gerichtlich verfügtes Leiden wegen des Christseins an sich“ im Hintergrund stehen.570 Mit 3,13–18 könnte ein weiterer Passus vorliegen, der über die akute Lage, in der sich die Christusgläubigen gegenwärtig befinden, Auskunft gibt. In 3,15 werden die Adressaten dazu aufgefordert, gegenüber jedem, der von ihnen „Rechenschaft fordert“, „jederzeit zur Verteidigung bereit zu sein“ (6toiloi !e· pq¹r !pokoc_am pamt· t` aQtoOmti rl÷r k|com).571 Ob dabei an mögliche Konflikte mit den örtlichen Strafverfolgungsbehörden oder sogar Situationen vor Gericht (= z.B. eine Verteidigungsrede im Sinne von Apg 25,16) zu denken ist,572 ist durchaus erwägenswert, muss
568 … Bcel|sim … pelpol]moir eQr 1jd_jgsim jajopoi_m; vgl. dazu auch 4,15 f.: lµ c\q tir rl_m pasw]ty ¢r vome»r C jk]ptgr C jajopoi¹r C ¢r !kkotqiep_sjopor. Vgl. dazu Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 20 f. 569 Im Blick auf 1Petr 4,15 rechnet auch Goppelt mit Vorführungen vor Gericht, welche, so ders., Der Erste Petrusbrief, 58, allerdings nicht durch eine von den Behörden ausgehende Polizeiaktion veranlaßt werden, sondern durch die verbale Aggression der Bevölkerung. 570 Reichert, Wahrnehmungen, 293 geht davon aus, dass die Strafbarkeit des nomen ipsum, auf die sich Plinius und Trajan verständigt hatten, im 1Petr bereits vorausgesetzt wird (vgl. bereits Anm. 567). Sie schreibt: „Das Gewicht, das 1Petr diesem sozialen Problem [gemeint sind die Schmähungen und Verleumdungen] beimisst, erklärt sich … gerade dann, wenn der Verfasser von der Strafbarkeit des bloßen Christseins wusste: In der durch Plinius und Trajan geschaffenen Situation kamen Christenprozesse durch persönliche Anzeigen zustande, und aus Personen, die sich aggressiv und verleumderisch über Christen äußerten, konnten leicht Anzeigende werden. In dieser Situation bedeuten Aggressionen seitens nichtchristlicher Personen nicht nur eine starke Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens, vielmehr sind solche Aggressionen darüber hinaus im hohen Maße lebensgefährlich. Das Problem auf der Ebene der Behörden, auf das 1Petr 4,15 f schließen lässt, und das häufig angesprochene ,alltägliche‘ Problem mit den Nichtchristen der jeweiligen Umgebung hängen also ganz eng zusammen: Den Aggressionen zum Opfer gefallene, angezeigte und geständige Christen haben vor Gericht keine Überlebenschance.“ 571 Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 20. 572 So z. B. Schrage, Der erste Petrusbrief, 91.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
aber letztendlich offen bleiben.573 Eindeutig juristisch besetzt sind die Worte und Wortverbindungen !pokoc_a und k|com aQte?m zwar nicht;574 doch liefert das unmittelbare Umfeld von 3,15 einige Indizien dafür, dass hier der Gedanke an eine weitergehende Beeinträchtigung als das Ertragenmüssen von Verleumdungen (2,12; 3,16), Lästereien (4,4) und Schmähungen (4,14) seitens der Umwelt eingeschlossen ist. In diese Richtung weist zum einen der durch die jajoOm-p\sweim-Terminologie konstituierte Leidenskontext, in den 3,15 gestellt ist: Aus 3,13.14.16.17 geht hervor, dass die Angesprochenen ungerechtfertigterweise leiden (vgl. 3,13: t_r b jaj~sym rl÷r 1±m toO !cahoO fgkyta· c]mgshe;575 3,14: p\swoite di± dijaios}mgm; 3,16: sume_dgsim 5womter !cah^m; 3,17: jqe?ttom … !cahopoioOmtar … p\sweim C jajopoioOmtar). Zum anderen wird das Leiden der Christusgläubigen in 3,17 f. parallel zum (Todes-)Leiden Christi gesetzt576 (3,17 f.: jqe?ttom … !cahopoioOmtar … p\sweim C jajopoioOmtar fti ja· Wqist¹r ûpan peq· "laqti_m … !p]hamem, d_jaior rp³q !d_jym,… hamatyhe·r l³m saqj· f\opoighe·r d³ pme}lati): 1Petr 3,13–18 erweist sich hierbei als anschlussfähig an weitere Stellen im Brief, die eine Verbindung zwischen dem momentanen Leiden der Christusgläubigen und dem Leiden Christi herstellen (vgl. 4,1; 4,13 f.; auch 2,19 f. und 2,21 ff., wo das Leiden Christi als „Muster“/rpocqall|r für den Weg der momentan ungerechtfertigterweise leidenden Christen dargestellt wird).577
Ausgehend von der in 1Petr 3,18 erscheinenden Wendung hamatyhe·r saqj_, die einen Hinweis auf den Akutheitsgrad der Gefahrenlage der Angesprochenen bieten mag, ist nun geradewegs auf 4,1 zu blicken, wo zweimal von einem p\sweim saqj_ die Rede ist (WqistoO owm pah|mtor saqj·578 ja· rle?r tµm 573 Holloway, Prejudice, 70 f. geht speziell im Blick auf 1Petr 3,14b–16a davon aus, dass die Glaubenden „physical persecution“ ausgesetzt waren. Er schreibt (vgl. ders., Prejudice, 70): „Virtually every item in this list suggests that some sort of official hearing is in view.“ 574 Gegen eine solche „Verengung“ spricht sich Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 20 aus, indem er auf den unmittelbaren Kontext der genannten Wendungen verweist und im Blick auf 1Petr 3,15 schreibt: „[I]n ihm [= im unmittelbaren Kontext] wird ausdrücklich dazu aufgefordert ,einem jedem, der danach fragt‘, Rechenschaft zu geben. 1Petr 3,15 hat also wohl eher keine Gerichtssituation vor Augen“. 575 Das in 3,13 gebrauchte Verbum jaj|y („Böses antun“) meint im Neuen Testament oftmals „misshandeln“ (so Apg 7,6.19; 12,1; 18,10; einzige Ausnahme: 14,2), eine Bedeutung, die an dieser Stelle evtl. in der Wortbedeutung von b jaj~sym mitschwingt. Vgl. dazu BAA, s.v. jaj|y. 576 Vgl. dazu Reichert, Praeparatio, 51; ebenso Claude Lepelley, Le Contexte historique de la premi re lettre de Pierre. Essai d’interpr tation, in: Ch. Perrot, tudes sur la premi re lettre de Pierre. Congr s de l’ACFEB, Paris 1979/1980, 49: „Les vocations des souffrances du Christ, auxquelles sont compar es les preuves endur es par les chr tiens asiates, constituent une image beaucoup trop forte pour de simples brimades de la part de l’entourage.“ 577 Zurecht schreibt Reichert, Praeparatio, 50 im Blick auf 2,19 f. und 2,21 ff.: „[D]er Anschluss von 2,21ff wäre kaum verständlich, wenn der Verfasser nicht auch an sehr ernsthafte und evtl. lebensbedrohliche Gefährdungen gedacht hätte.“ 578 Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 166 schreibt im Blick auf 4,1 (pah|mtor saqj_): „Man könnte wie folgt übersetzen: ,Der Gesalbte hat als vergängliches Wesen / unter den Bedingungen des irdischen Daseins gelitten‘ oder ,Der Gesalbte hat durch Menschen / durch die
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 341
aqtµm 5mmoiam bpk_sashe, fti b pah½m saqj· p]pautai "laqt_ar). Die in 4,1 ergehende Aufforderung an die Adressatenschaft, sich mit derselben Gesinnung zu bewaffnen (rle?r tµm aqtµm 5mmoiam bpk_sashe), weist hier zurück auf das Faktum von Christi Todesleiden (WqistoO … pah|mtor saqj·), wodurch ihnen quasi die gleiche Einstellung zum Todesleiden – man könnte sagen: zum Martyrium579 – (fti b pah½m saqj· p]pautai "laqt_ar) nahegelegt wird.580 So zeigt eine Zusammenschau von 1Petr 3,17.18 (… p\sweim … !p]hamem … hamatyhe·r … saqj·) und 4,1 (… pah|mtor saqj· … b pah½m saqj·), dass eine Wiedergabe der Wendung p\sweim saqj_ mit „Todesleiden“ durchaus berechtigt ist.581 Räumt man folglich auch ein, dass keiner der in der Forschung als Hinweis auf mehr oder weniger staatlich organisierte handgreifliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Gemeindegliedern erwogenen Verse582 die Beweislast zu tragen vermag, die ihm auferlegt wird,583 so wird im Blick auf den Wortgebrauch des 1Petr gleichwohl deutlich, dass gegenwärtig-reale Konflikte der Christusgläubigen mit ihrer nichtchristlichen Umgebung im Brief vorauszusetzen sind, die die Adressaten als weitestgehend ohnmächtige Opfer einer ihnen offensiv-aggressiv begegnenden Umwelt beschreiben. Dass diese Lage (lebens-)gefährlich ist, bringt der Verfasser im Rückgriff auf Leidens- bzw. Ohnmachtsterminologie konsequent zur Sprache, und er deutet mehrfach an, dass solches gegenwärtige und/oder zukünftige „Leiden“ bis hin zum Todesleiden reichen kann (vgl. vorrangig 1Petr 3,13–18; 4,1; ebenso 4,13 ff.).584
3.3 Die Rede von Gottes d}malir eQr sytgq_am in 1Petr 1,5 als Reflexion kriegerischer Verhältnisse Entsprechend seines zum Einsatz Kommens im oben skizzierten Gefahrenkontext (vgl. V./3.2.1; V./3.2.2) wird nun zu prüfen sein, wie sich das in 1Petr 1,5 gebrauchte Syntagma d}malir eQr sytgq_am bedeutungsmäßig in diesen Rahmen fügt. Dazu ist erneut auf den Text 1Petr 1,3–6 zu blicken:
579 580 581 582 583 584
Bedingungen des irdischen Daseins und der dort herrschenden Strukturen‘ gelitten. Beides wäre sinnvoll und möglich.“ Vgl. Reichert, Praeparatio, 301; ebenso Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 317: „Das ,Leiden‘ … schließt hier nach dem Kontext die Möglichkeit des ,Todesleidens‘ ein.“ Ebenso ist zu 1Petr 4,1 bei Armand Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, in: Revista Catalana de Teologia 5 (1980), 331–402, 361 zu lesen: „Le mot 5mmoia … se rapporte au fait de souffrir pendant la vie mortelle qui a caract ris aussi le Christ.“ So William J. Dalton, Christ’s Proclamation to the Spirits. A study of 1 Peter 3:18–4:6, AnBib 23, Rom 1965, 240; Goppelt, Der Erste Petrusbrief, Göttingen 1978, 268; Reichert, Praeparatio, 296. Gemeint sind v. a. 1Petr 2,12; 3,15 ff.; 4,14 f. So das Resümee von Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 23. Reichert, Praeparatio, 73.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
3 Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, 4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, 5 die ihr (momentan) im Zustand des Glaubens Schutz gewährt bekommt durch eine Kraft Gottes zur Rettung/Erhaltung (… to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour di± p_steyr eQr sytgq_am), die bereit steht, am Ende der Zeit in Erscheinung zu treten. 6 Deshalb seid ihr voll Freude, obwohl ihr momentan eine kurze Zeit, wenn es sein soll, unter vielerlei Anfechtungen leiden müsst (1m è !cakki÷she, ak_com %qti eQ d]om 1st·m kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r).
Das in 1Petr 1,6 begegnende, die momentane Befindlichkeit der Adressatenschaft des Briefes charakterisierende Verbum kupe?shai zeigt an, dass (Leidens-)Terminologie das notwendige Korrelat zum in 1,5 gebrauchten Syntagma d}malir eQr sytgq_am bildet. Als Reaktion auf die prekäre Lage und Leidensbefindlichkeit der Adressaten verursacht die von Gott gewährte d}malir eQr sytgq_am nicht Trauer und Leid, sondern sie kommt den kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r zugute und wird in diesem Sinne vom Verfasser „… als eine die bedrängte Gemeinde ermächtigende Gegenmacht gepriesen“585 (vgl. neben 1Petr 1,5 auch 1Petr 5,10).586 Wie bereits kurz erwähnt (vgl. 3.1), begegnet in 1Petr 1,5 als mit dem Syntagma d}malir eQr sytgq_am assoziierte Begrifflichkeit auffallenderweise das passivisch gebrauchte587 Verbum vqouq]y (1,4 f: eQr rl÷r to»r … vqouqoul]mour). Mit vqouq]y wird in der Profangräzität, aber auch im biblischen 585 So zurecht Reinhard Feldmeier, ,Basis des Kontaktes unter Christen‘, Demut als Schlüsselbegriff der Ethik des Ersten Petrusbriefes, in: David S. du Toit (Hg.), Bedrängnis und Identität. Studien zu Situation, Kommunikation und Theologie des 1. Petrusbriefes, BZNW 200, Berlin 2013, 249–261, 260, hier allerdings nicht im Blick auf 1Petr 1,5, sondern auf die Doxologien 1Petr 4,11 und 5,10. 586 Vgl. mit 1Petr 5,10 die dezidierte Ermutigung des Verfassers gegen Ende des Briefes: Gott wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, (wieder) aufrichten, stärken, kräftigen, auf festen Grund stellen (b d³ he¹r p\sgr w\qitor, b jak]sar rl÷r eQr tµm aQ~miom aqtoO d|nam 1m Wqist`, ak_com pah|mtar aqt¹r jataqt_sei, stgq_nei, shem~sei, heleki~sei). Die Formulierung rl÷r … ak_com pah|mtar knüpft hier an 1,6 an: ak_com %qti … kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r. Die Gott zum Handlungsträger habenden, eine (zukünftige) Aktivität beschreibenden Verben jataqt_fy („in den gehörigen Zustand versetzen, vollenden“), stgq_fy („stützen, stärken, kräftigen“) und heleki|y („mit einem Fundament versehen, befestigen“), insbesondere aber das „Kraft verleihen, stark machen“ bedeutende shem|y implizieren einen Zustand momentaner Schwäche und Schutzbedürftigkeit der Angesprochenen. So lässt sich ein Zusammenhang zwischen 1,5 und 5,10 herstellen: Die sich im Zustand des Leidens und der Passivität befindenden Glaubenden sind gleichzeitig 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am und können des göttlichen Beistandes gewiss sein. Den inneren Zusammenhang (= „trust in God’s guarding power“) zwischen der 1m dum\lei heoO … eQr sytgq_am-Konstruktion in 1,5 und den in 5,6–11 gebrauchten Begrifflichkeiten sieht auch Elliott, 1 Peter, 338. 587 Gegen Brox, Der erste Petrusbrief, 63, der das Partizip wegen des Zusatzes „durch den Glauben“ nicht passivisch, sondern eher medial verstehen will: Die Gemeinden, so Brox, stehen unter Gottes Schutz und hüten sich, um dieses Heil zu erreichen.
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 343
Sprachgebrauch für gewöhnlich ein „Sichern (von etw.)“588 angezeigt. In dieser Bedeutung kommt das Verbum gängigerweise in politisch-militärischen Kontexten zur Anwendung und steht dort für eine Sicherheitsmaßnahme/vorkehrung zur Abwehr bzw. zur Vorbeugung feindlicher (kriegerischer) Angriffe.589 In 1Petr 1,5 indiziert die Partizipialverbindung … eQr rl÷r to»r … vqouqoul]mour ebenfalls ein „gesichert bzw. abgesichert werden“: Es geht um die Gewährung von Schutz und Verteidigung angesichts Trübsal und Leiden bringender Faktoren (vgl. 1Petr 1,6; 4,12). Berücksichtigt man das gemeinsame Auftreten des Verbums vqouqe?shai mit der Formulierung d}malir eQr sytgq_am (1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am), so ist es an dieser Stelle des Weiteren naheliegend, dass dadurch die Vorstellung von einer defensiven Wehr- bzw. Verteidigungsanlage aktiviert wird. Das Syntagma d}malir eQr sytgq_am rückt seiner Semantik nach damit in nächste Nähe zu dem griechischen Term vqo}qiom (Pl.: t± vqo}qia).590 Die in 1Petr 1,5 verwendeten Begriffe wecken folglich militärische Assoziationen.591 In der griechischen Literatur (Geschichtsschreibung) kommt das Wort vqo}qiom für gewöhnlich in politisch-militärischen Kontexten zur Anwendung und beschreibt, als Vorkehrung zur Verteidigung bzw. als Sicherheitsvorkehrung zum Schutz gegen feindliche Angriffe,592 ein wesentliches Element des antiken (griechischen wie römischen) Heerwesens. In einem allgemeinen Sinn ist vqo}qiom mit „befestigte Anlage“ bzw. „Wehr-/Verteidigungsanlage“, aber auch konkret mit „Festung, Ver588 Zusammen mit weiterer Schutz-, Verteidigungs- und Wehrterminologie wie teiw_fy und bo^heia erscheint das Verbum (im passivischen Gebrauch) z. B. bei Jos. Bell. Jud. 3,12 und beschreibt hier die Sicherung von Städten: B d³ )sj\kym 1tete_wisto l³m jaqteq_r, boghe_ar d³ Gm swed¹m 5qglor· 1vqouqe?to c±q rp| te spe_qar pef_m ja· rp¹ li÷r Ukgr Rpp]ym; zur Beschreibung der Sicherung von Städten findet es sich (im aktiven Gebrauch) ebenso in Jud 3,6 (LXX): ja· jat]bg 1p· tµm paqak_am aqt¹r ja· B d}malir aqtoO ja· 1vqo}qyse t±r p|keir t±r rxgk±r ja· 5kabem 1n aqt_m eQr sullaw_am %mdqar 1pik]jtour. Der Aspekt der Sicherung der Tore einer Stadt von innen kommt in 2Kor 11,32 zum Ausdruck: 1vqo}qei tµm p|kim. Das Verbum ist hier im Sinne von „bewachen, überwachen“ negativ konnotiert (vgl. auch Gal 3,23). 589 Oftmals wird im Gebrauch des Verbums der Gedanke an kriegerische Zustände und die Sicherung/Bewachung/Belagerung gewisser Wege/Durchgänge aktualisiert. In diesem Sinn begegnet das Verbum vqouq]y z. B. bei Plutarch (Crassus 9,2: l_am … wakepµm ja· stemµm j\hodom, Dm … 1vqo}qei). 590 Zur Bedeutungsbestimmung des Partizips vqouqoul]mour weist Elliott, 1 Peter, 337, interessanterweise auf die Semantik des Substantivs vqo}qiom (Pl.) hin, geht aber leider nicht weiter auf den inneren Zusammenhang zwischen vqouq]y, vqo}qiom und d}malir (heoO) … eQr sytgq_am ein. Zum Hintergrund der in 1Petr 1,5 gebrauchten Terminologie äußert er sich folgendermaßen: „The picturesque participle vqouqoul]mour (,guarded‘) is related linguistically to the term phrouria denoting the numerous ,forts‘ or ,fortifications‘ dotting the rural areas of Pontus, Cappadocia, and Galatia (Strabo, Geogr. 12.3.28; 12.4.6; 12.5.2, 6.1) and used by local rulers and later Roman garrisons for securing the villages and countryside.“ 591 So im Blick auf die in 1Petr 1,5 gebrauchten Begrifflichkeiten auch Achtemeier, 1 Peter, 97; Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus, 76 (Anm. 90). 592 Vgl. z. B. Dion. Hal. Ant. 9,9,8,1; Jos. Ant. 13,42,1; 20,85,2; Bell. Jud. 7,370,2: ja· c±q fpka ja· te_wg ja· vqouq_ym dus\kytoi jatasjeua·; Themistius 138b,9: c]lei d³ B l³m ewhg vqouq_ym, t± d³ vqo}qia stqatiyt_m, oR stqati_tai d³ fpkym.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
schanzung“ wiederzugeben.593 Dabei erscheint vqo}qiom häufig in direktem Zusammenhang mit weiterer Schutz- oder Wehrterminologie wie fpkom („Waffe“/meist pluralischer Gebrauch: fpka), te?wor („Mauer“, „Feste“, „Wehr“, „Wall“ aus Erde/ Steinen) und/oder dem dazugehörigen Verbum teiw_fy („eine Mauer/Feste errichten, mit einer Mauer umgeben, befestigen, sichern“).594 Während das Wort vqo}qiom für einen befestigten militärischen Standort (vor Schlachten) steht und als Ausgangspunkt militärischer Verteidigung dient, handelt es sich bei te?wor, wiederzugeben mit „Befestigungsmauer“, für gewöhnlich um die Umwehrung von vqo}qiom.595
Betrachtet man vqouq]y folglich als mit d}malir eQr sytgq_am assoziierte Begrifflichkeit und geht man davon aus, dass d}malir eQr sytgq_am (kontextuell bedingt) wie vqo}qiom vorzustellen ist, so stünde im Hintergrund des in 1Petr 1,5 gebrauchten Wortclusters der Gedanke an das Bewahrtwerden bzw. Abgesichertwerden der Angesprochenen durch eine von Gott gewährte „Wehr-, Befestigungs- bzw. Verteidigungsanlage“596 (vqo}qiom = „Festung, Wehr, Verschanzung“) zur Abwehr feindlicher Bedrohungen (von außen):597 Die Glaubenden werden beschützt,598 d. h. bewehrt durch Gottes d}malir eQr 593 Vgl. LSJ, s.v. vqo}qiom: „fort, fortification“, auch: „garrison“, of a place. Dem deutschen Fremdwort „Garnison“ (bzw. dem englischen „garrison“ und dem französischen „garnison“ ) vergleichbar kann das in politisch-militärischen Kontexten begegnende vqo}qiom auch im Griechischen für beides stehen: (1) Für den (militärischen) Standort einer Truppe (= auch: „fester Platz, Festung“); (2) für die (an diesem militärischen Standort stationierte) Einheit von Soldaten (= Truppe des Standorts, Besatzung). Im Folgenden wird die vqo}qiom-Begrifflichkeit in der unter (1) aufgeführten Bedeutung gebraucht. 594 U. a. bei Thukydides und Plutarch findet sich das Substantiv vqo}qiom in politisch-militärischen Kontexten oftmals in Verbindung mit Waffen-, ebenso wie mit te?wor, teiw_fy- Terminologie, vgl. z. B. Thuk. Hist. 3,18,4: ja· peqiteiw_fousi Lutik^mgm 1m j}jk\ "pk` te_wei· vqo}qia d’ 5stim Ø 1p· t_m jaqteq_m 1cjat\jod|lgtai; 7,4,5: diajol_sar owm stqati±m ja· t±r maOr 1nete_wisetq_a tq_a vqo}qia; Herodian Ab excessu divi Marci 6,7,5,5: t\ te stqat|peda ja· t± vqo}qia 1pilek]steqom teiw_sar ja· pkgq~sar 6jasta toO ¢qisl]mou stqatoO; Plutarch Camillus 2,8,3: t|te pq_tom Amacj\shgsam rp¹ t_m wiki\qwym vqo}qia jatasjeuas\lemoi ja· stqat|pedom teiw_samter 1m t0 pokel_ô; Plutarch Aemilius Paullus 8,7,3: ja· t± les|ceia wyq_a ja· vqo}qia ja· p|keir fpkym ja· wqgl\tym pokk_m ja· syl\tym !jlaf|mtym 1lpepkgj~r; Jos. Bell. Jud. 7,370,2: ja· c±q fpka ja· te_wg ja· vqouq_ym dus\kytoi jatasjeua·; Themistius 138b,9: c]lei d³ B l³m ewhg vqouq_ym, t± d³ vqo}qia stqatiyt_m, oR stqati_tai d³ fpkym. 595 Vgl. z. B. Diod. Sic. Hist. 14,17,12,3: … 1te_wise vqo}qia, ja· tµm Rjamµm 1m aqto?r jat]kipe d}malim; Maxim. Tyr. Diss. 35,7,11: … ja· vqouq_ym 1piteiw_sei ja· stqatop]dym. 596 Dieser Gedanke mag auch in 1Petr 5,10 zum Ausdruck kommen: Gott richtet auf, stützt, kräftigt und (be-)festigt die Glaubenden, d. h. er versieht sie mit einem Fundament (= dem Fundament eines Gebäudes gleichkommend). 597 Möglich wäre, dass die d}malir eQr sytgq_am auch am „Tag der Heimsuchung“ (2,12) Schutz gewährt, sodass die Lebenserhaltung der Glaubenden angesichts des nahen göttlichen Endgerichts gesichert ist. Verweise auf das kommende Gericht Gottes finden sich z. B. in 1,17: pat]qa 1pijake?she t¹m !pqosypok^lptyr jq_momta jat± t¹ 2j\stou 5qcom; 2,23: paqed_dou d³ t` jq_momti dija_yr; 4,5: oT !pod~sousim k|com t` 2to_lyr 5womti jq?mai f_mtar ja· mejqo}r; 4,17: b jaiq¹r toO %qnashai t¹ jq_la !p¹ toO oUjou toO heoO (vgl. auch das Schriftzitat in 4,18!) 598 Zur positiven Konnotation des Verbums vqouq]y, insofern als es ein auf eine Gottheit zurückzuführendes „Gesichertwerden“ im Sinne von „umlagert, behütet, bewahrt, beschützt
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 345
sytgq_am, die sie (wie eine Mauerfront) umgibt und ihnen Zuflucht in feindlicher Umgebung (vgl. 1Petr 2,12; 3,13–18; 4,13 ff.) bietet.599 Geht man nun weiter von der bedeutungsmäßigen Äquivalenz von d}malir eQr sytgq_am und vqo}qiom in 1Petr 1,5 (1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am) aus, so wäre dies wiederum durchaus ein starkes Indiz für eine lokale Lesart der Präposition 1m:600 Die d}malir eQr sytgq_am stellte dann – als befestigter Standort – einen geschützten Raum dar (gleichzeitig auch ein Annäherungshindernis für feindliche Faktoren), in dem die angesprochene rle?r-Gruppierung sicher bewahrt wird.601 werden“ beschreibt vgl. auch Soph. Oed. Rex. 1479: da_lym se vqouq^sar t}woi; ebenso Phil 4,7: B eQq^mg toO heoO … vqouq^sei t±r jaqd_ar! 599 Vgl. ähnlich Apollin. Fragm. Ps. 39,14 (dazu die Ausführungen unter II./1.5). 600 Zum lokalen oder instrumentalen Gebrauch der Präspositon 1m (V. 5) äußert sich u. a. Schrage, Der erste Petrusbrief, 71 folgendermaßen: „Dabei ist ,Gottes Macht‘ entweder als Wächter vorgestellt (,durch‘) oder als Sphäre (,in‘), in der die Glaubenden (vgl. zu V.21) bewahrt und festgehalten werden, bis in der ,letzten Zeit‘ (vgl. zu V.20) das bereitstehende Heil endgültig und umfassend hervortritt.“ 601 Möglicherweise wird mit der d}malir eQr sytgq_am-Formulierung in 1,5 darüber hinaus auf die rettende Wirkung der Taufe angespielt, die (wie auch das Evangelium, vgl. 1,23; 2,2) in der Auferstehung Christi gründet (vgl. 1,3: b he¹r … !macemm^sar Bl÷r … di’ !mast\seyr YgsoO WqistoO). Wie an späterer Stelle im Textverlauf der Passus 1Petr 3,20 f. zeigt, ein Abschnitt, an dem (dia)s]feim-Terminologie in auffallender Dichte begegnet (vgl. dazu auch 1,5.9.10; 2,2), stellen Arche wie Taufe (= einst die Arche, jetzt die Taufe, vgl. das pot]-mOm-Schema in 3,20 f.) ein von Gott gewährtes Mittel zur Rettung akut gefährdeter Personen dar: In den Tagen Noahs wurden mittels der Arche wenige durch das Wasser hindurch gerettet (vgl. 3,20: … jatasjeuafol]mgr jibytoO, eQr Dm ak_coi … dies~hgsam di’ vdator; vgl. hier wohl eher die lokale als instrumentale Bedeutung von di\ [+ Gen.], so auch Johann E. Huther, Kritisch-Exegetisches Handbuch über den 1. Brief des Petrus, den Brief des Judas und den 2. Brief des Petrus, KEK XII, Göttingen 1852, 130 f.; Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 255). Die Präposition eQr des Sätzchens …, eQr Dm ak_coi, …, dies~hgsam di’ vdator ist hier wohl wie ein 1m zu lesen (vgl. zu dieser Option Reichert, Praeparatio, 252), wodurch die Verbindung zu 1,5 (1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am) noch offensichtlicher wird: d}malir eQr sytgq_am (1,5) wie jibyt|r (3,20) sind beidesmal als eine Schutz und Wehr bietende Verteidigungsanlage vorzustellen, in welcher sich die jeweiligen von akuter Lebensgefahr Betroffenen verschanzen und welche deren Lebenserhaltung sichert. Zur Arche als Rettungsmittel vgl. auch Reichert, Praeparatio, 253: „Geht es demnach in 3,20c um das dias]feshai der wenigen in der Arche, dann ist die Arche zugleich als Mittel vorgestellt, durch das die Rettung erfolgt.“ In 3,21 (d ja· rl÷r !mt_tupom mOm s]fei b\ptisla … di’ !mast\seyr YgsoO WqistoO!) wird daraufhin das rettende Wasser der Taufe (als „gegenbildliches“ Wasser) dem Tod und Vernichtung bringenden Wasser der Sintflut gegenübergestellt (Das Relativpronomen f weist dann auf vdyq zurück, vgl. dazu Huther, Kritisch-Exegetisches Handbuch über den 1. Brief des Petrus, 135 f; Brox, Der erste Petrusbrief, 176; 177 u. a.). Zu übersetzen wäre 3,20 f. dann: „… beim Erbauen der Arche, in der wenige … gerettet wurden durch das Wasser hindurch, welches auch euch als Antityp jetzt rettet, als Taufe.“ Da die Rettungsaussage in 3,20 (mit der Arche als einstigem Rettungsmittel) den Anknüpfungspunkt für die Erörterung der Taufe als jetzigem Rettungsmittel in 3,21 bietet, und da man sich die in 1,5 (in einem Kontext, der ebenfalls die rettende Wirkung der Taufe thematisiert, vgl. 1,3–5!) erwähnte d}malir (heoO) eQr sytgq_am ebenfalls als ein bergendes Rettungsmittel vorzustellen hat, welches in Analogie zu Arche und Taufe im Rahmen akuter Bedrohung von Gott zum Schutz und zur Garantie des physischen Überlebens
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
Eine instrumentale Deutung von 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am macht aber aus der oben erläuterten Perspektive ebenso Sinn und zwar insofern, als die d}malir eQr sytgq_am (in der Bedeutung „Wehr-/Verteidigungsanlage, Festung“) ein (von Gott kommendes, Unheil abwehrendes) Rettungsmittel darstellt,602 durch welches die rle?r beschützt werden.
3.3.1 Geschützte Befindlichkeit in Gottes d}malir eQr sytgq_am (1,5) und der Aufruf zum „sich Wappnen“ (4,1) Die Untersuchung hat bis hierher ergeben, dass durch den gemeinsamen Gebrauch des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am (vorzustellen wie vqo}qiom) und des Verbums vqouq]y in 1Petr 1,5 militärische Assoziationen geweckt werden: Die Befindlichkeit der Glaubenden in Gottes d}malir eQr sytgq_am (wiederzugeben mit „Verteidigungs- bzw. Wehranlage“/„Festung“ zur Sicherung der Lebenserhaltung) impliziert die Abwehr kriegerischer Bedrohungen sowie den Schutz (vgl. vqouqe?shai) der Bedrohten. Nimmt man nun erneut den übergreifenden Gefahrenkontext, in den 1Petr 1,5 gestellt ist, in den Fokus und fragt, ob sich darin weitere Begrifflichkeiten auffinden lassen, die sich kohärent zu der in 1Petr 1,5 verwendeten Formulierung erweisen, so vermag ein innerer Zusammenhang zu 1Petr 4,1 insofern hergestellt zu werden, als dort mit bpk_sashe (+ Akk.) ein Verbum auftaucht, das – in Analogie zu der in 1,5 gebrauchten Partizipialkonstruktion (eQr rl÷r) to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am – ebenfalls auf die seitens des Verfassers angesprochene rle?r-Gruppierung verweist und seiner Semantik nach gleichermaßen die Vorstellung von kriegerischen Verhältnissen aktiviert: Da nun Christus im Fleisch gelitten hat, bewaffnet auch ihr euch mit derselben Gesinnung (Einsicht/Einstellung); denn derjenige der im Fleisch gelitten hat, hat mit der Sünde Schluss gemacht. (WqistoO owm pah|mtor saqj· ja· rle?r tµm aqtµm 5mmoiam bpk_sashe, fti b pah½m saqj· p]pautai "laqt_ar).
Der in 1Petr 1,5 zur Anwendung kommenden Wehr- bzw. Verteidigungsterminologie (d}malir eQr sytgq_am, vqouqe?shai) vergleichbar, enstammt das in bereitgestellt wird, mag das 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am in 1,5 u. U. Konsequenz der Taufe sein. 602 Mit Blick auf die profangriechische Literatur war festgestellt worden, dass d}malir eQr sytgq_am in Kontexten, die von der politisch-militärischen Ohnmacht einer Entität handeln, oftmals für Geldmittel stehen kann, die seitens vermögender Instanzen zur Rettung dieser Entität bereitgestellt werden: Vermeintlich einflussreiche Personen bringen zu deren Gunsten ihr Vermögen zum Einsatz, um die Lebenserhaltung der sich in akuter Lebensgefahr Befindenden zu sichern (vgl. II./5.1.3; II./5.2.2.3). Dieser Gedanke klingt womöglich auch in 1Petr 1,18 f. an (eQd|ter fti oq vhaqto?r, !qcuq_\ C wqus_\ 1kutq~hgte 1j t/r lata_ar rl_m !mastqov/r patqopaqad|tou, !kk± til_\ aVlati ¢r !lmoO !l~lou ja· !sp_kou WqistoO): Die Gemeinde wurde nicht mit vergänglichem Silber oder Gold, d. h. mit irdischen Geldmitteln, losgekauft (= erlöst, vgl. Röm 3,24!), sondern mit dem Blut Christi.
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 347
4,1 gebrauchte Verbum bpk_feshai (+ Akk.) der Militärsprache. Im Kontext von 4,1–3 wird bpk_feshai medial („sich wappnen, sich bewaffnen, sich rüsten mit etw.“) wie übertragen gebraucht:603 „Wappnet euch mit Einsicht“.604 Wie die in 4,1 zweimal begegnende, „Todesleiden“605 bedeutende Wendung p\sweim saqj_ indiziert, ist das Verbum bpk_feshai an dieser Stelle, der d}malir eQr sytgq_amFormulierung in 1Petr 1,5 f. vergleichbar,606 in einen Leidenskontext gestellt: Die Aufforderung ja· rle?r tµm aqtµm 5mmoiam bpk_sashe schließt in 4,1 an das Faktum von Christi Todesleiden an (WqistoO owm pah|mtor saqj· …), wodurch den Adressaten eine gleiche Einstellung zum Todesleiden (pahe?m saqj_) nahegelegt wird.607 (Leidens-)Terminologisch wie thematisch knüpft der Verfasser mit 4,1 dabei insofern an die Einheit 3,13–18 an, als er einen Konnex zwischen der leidvollen Befindlichkeit Christi (im Fleisch) und der prekären Situation, in der sich die angesprochenen Gemeinden momentan befinden, herstellt (vgl. den Verweis auf Christi Leiden und Tod in 3,18: fti ja· Wqist¹r 5pahem… hamatyhe·r … saqj· …).
Wird mittels der in 1Petr 1,5 gebrauchten Terminologie (1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am) der Gedanke an eine kriegerische Auseinandersetzung aktualisiert, so scheint auch in der metaphorischen, den politisch-militärischen Bereich zum Bildspender habenden Rede vom „sich Bewaffnen“ in 4,1 eine Konfliktsituation durch, die als kriegerischer Zustand vorzustellen ist:608 Das bpk_sashe „implies the warlike conditions under which 603 Im Neuen Testament erscheint bpk_feshai nur an dieser Stelle. Übertragen gebraucht und mit Akk. der Beziehung vgl. auch Soph. El. 995 f.: bpk_feshai h\qsor; dazu Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 267 (Anm. 12). 604 Weitere militärische Metaphorik, auf die im Folgenden näher einzugehen sein wird, findet sich in 1Petr 1,13: Di¹ !mafys\lemoi t±r asv}ar t/r diamo_ar rl_m; 2,11: paqajak_ … !p]weshai t_m saqjij_m 1pihuli_m, aVtimer stqate}omtai jat± t/r xuw/r; 4,12; 5,4: jolie?she t¹m !laq\mtimom t/r d|ngr st]vamom (zu neutestamentlicher Kriegs- und Waffenmetaphorik außerhalb des 1Petr vgl. z. B. Auch 1Thess 5,12; Röm 13,2; 2Kor 6,7; 2Kor 10,3–5; Eph 6,11–17). Zu der Vorstellung, dass in 1Petr 1,5; 2,11; 4,1 und 5,4 ein Komplex militärischer Metaphern vorliegt vgl. bereits Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 360–368. Insgesamt stammt die Entdeckung, dass der Verfasser des 1. Petrusbriefes eine Art Metaphernnetz über seinen Text spannt, von Troy W. Martin, Metaphor and Composition in 1 Peter, Atlanta 1992. 605 So Reichert, Praeparatio, 296 (vgl. Anm. 4) u. a.; vgl. dazu auch V./3.2.2. 606 Auch die d}malir eQr sytgq_am-Formulierung ist in 1Petr 1,5 f. in einen Leidenskontext gestellt: to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour di± p_steyr eQr sytgq_am… kupgh]mter 1m poij_koir peiqaslo?r. 607 Vgl. Reichert, Praeparatio, 301 f.; vgl. ebenso dies., Praeparatio, 343 (Anm. 1). 608 So auch Brox, Der erste Petrusbrief, 191: „Das Bild von der ,Rüstung‘ und ,Bewaffnung‘ entspricht … der tatsächlich als kämpferisch erlebten Auseinandersetzung dieser frühen Christengeneration mit ihrer Umwelt“ (vgl. dazu auch Röm 6,13; 13,12; Eph 6,11–17). Zurecht weist Reichert, Praeparatio, 341 f. präzisierend darauf hin, dass der in 4,1–3 zum Ausdruck gebrachte Konflikt ein Stück weit grundsätzlicher gesehen ist als in 3,14–16, insofern als er nicht aufgeht im Gegenüber zwischen Adressaten und Nicht-Christen, sondern zurückgeführt wird auf den Kontrast zwischen dem „Willen Gottes“ und den „Begierden der Menschen“, „der die ,restliche Zeit des Lebens im Fleisch‘ zur Kampfsituation macht.“ Dagegen liest Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, 141 f., die in 1Petr 4,1 erscheinende Kriegsmetaphorik und Aufforde-
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Christians live within the surrounding culture.“609 Akute Bedrohung, die von feindlichen, Krieg bringenden Faktoren610 ausgeht, fordert ein „sich Bewaffnen, sich Rüsten“ (bpk_sashe [+ Akk.]) und zeigt, dass der Verfasser des Briefes die momentane Lage der Christusgläubigen im Konflikt mit einer irritationenträchtigen nichtchristlichen Umwelt als Situation der Anfechtung und als Kampfessituation (= als kriegerischen Zustand) deutet.611 Inwiefern erweist sich der Aufruf zum „sich Wappnen/Bewaffnen“ (bpk_sashe) in 4,1 nun als semantisch anschlussfähig an 1,5 (… eQr rl÷r, to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am)? Festzuhalten bleibt, dass in 1,5 von einer als „Wehr-/Verteidigungsanlage“ vorzustellenden d}malir (heoO) eQr sytgq_am die Rede ist, welche angesichts akuter (Kriegs-)Gefahr die momentane Form göttlicher Schutzgewährung (eQr rl÷r to»r … vqouqoul]mour) zugunsten der Gläubigen darstellt und in welcher sich diese zur Sicherung ihres Überlebens zu verschanzen vermögen. In Zusammenschau mit der in 4,1 gebrauchten Kriegsmetaphorik, dem Aufruf zum „sich Wappnen/Bewaffnen“ (bpk_sashe), lässt sich nun dreierlei schlussfolgern: 1. Geht man davon aus, dass sich die Adressaten des 1Petr angesichts momentaner, „kriegerischer“ Bedrohung an einem von Gott bereitgestellten, gesicherten, da umwehrten Standort befinden, der ihre Erhaltung sicherstellt (1,5: 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am), so zeigt 1Petr 4,1–3, dass sich für diese ein „sich (zur Verteidigung) rüsten“ (bpk_sashe) im Krieg gegen eine feindlich gesonnene (auf die Seite der Sünde gehörende) Umwelt nicht erübrigt. Die in Gottes d}malir eQr sytgq_am Behüteten bleiben weiterhin massiven Angriffen seitens ihrer Umwelt ausgesetzt (vgl. neben 1,6; 4,12 u. a. 1Petr 2,12; 3,13–18; 4,13 ff.), was aus den dezidierten Auffoderungen, sich für den Kampf bereitzuhalten und zu den Waffen zu greifen, hervorgeht: Neben der Aufforderung in 4,1 (bpk_sashe) weist auch der Gebrauch von !maf~mmuli in 1Petr 1,13 in diese Richtung (… !mafys\lemoi t±r asv}ar t/r diamo_ar rl_m). Indem die von Gott bereitgestellte d}malir eQr sytgq_am vom Verfasser als befestigter militärischer Standort (vor möglichen bevorstehenden Schlachten) präsentiert wird, kann sie gleichzeitig als Ausgangspunkt für kommende Verteidirung zur Bewaffnung nicht als gegen eine nichtchristliche Umwelt gerichtet, sondern gegen die Begierde: „Bemerkenswerterweise wird sie (= die Metaphorik) jedoch nicht gegen die als feindich erlebte Mitwelt benutzt, was zumindest sprachlich den Vergeltungszusammenhang perpetuieren würde: Der miles Christianus kämpft, bewaffnet mit der Gesinnung dessen, der als Gerechter für die Ungerechten gelitten hat (1Petr 3,18), gegen das Böse (vgl. 1Petr 5,8 f.), aber nicht gegen die Bösen.“ 609 Achtemeier, 1 Peter, 277. 610 Vgl. dazu neben den gleichbedeutenden Formulierungen 1pihul_ai !mhq~pym, bo}kgla t_m 1hm_m in 4,2.3 den Verweis auf die "laqt_a in 4,1; vgl. ebenso die Rede von den gegen die Seele streitenden 1pihul_ai saqjija_ in 2,11. 611 Vgl. Goppelt, Der Erste Petrusbrief, 271; 312; Schrage, Der erste Petrusbrief, 109; Reichert, Praeparatio, 301.
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gungsoperationen der Angegriffenen verstanden werden: Man befindet sich 1m dum\lei … eQr sytgq_am, d. h. in geschützter Umgebung und wappnet sich von dort aus für bevorstehende Kämpfe aller Art. 2. Aus dem Gesamtzusammenhang des Briefes geht hervor, dass das bpk_sashe nicht als metaphorische Aufforderung zum Angriff, sondern nur zur Verteidigung gemeint sein kann: Angesichts einer Situation des ständigen Angegriffenwerdens seitens nichtchristlicher Faktoren, welche einer „Kampfessituation“ gleichkommt,612 geht es um ein „sich bewehren“; d. h. um ein „sich mit Waffen zum Schutz gegen Angriffe versehen“.613 Exakt in dieser Bedeutung wäre bpk_sashe in 1Petr 4,1 wiederzugeben: Das Verbum markiert den aktiven (nicht aggressiven!) Widerstand614 der Christen gegenüber einer feindselig eingestellten nichtchristlichen Umwelt.615 In diesem Kampf kann das Leiden (bzw. das sich Bewaffnen mit derselben Einstellung zum Todesleiden, wie sie Christus zueigen war) als (Verteidigungs-)Waffe vorgestellt werden (4,1),616 und zwar insofern, als den Gegnern dadurch die Angriffsfläche entzogen wird.617 3. Die semantische Anschlussfähigkeit von 4,1 (bpk_feshai) an 1,5 (d}malir eQr sytgq_am, vqouqe?shai) ist folglich insofern gewährleistet, als an beiden Stellen kriegerische Assoziationen weckende Abwehr- und Verteidigungsterminologie zum Einsatz kommt.618
612 Vgl. dazu speziell 2,11: paqajak_ … !p]weshai t_m saqjij_m 1pihuli_m, aVtimer stqate}omtai jat±. Dazu schreibt Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 362: „Le verbe stqate}olai … signifie ,Þtre enr l dans l’arm e‘, ,servir comme soldat dans la milice‘. Pourtant, la construction stqate}omtai + jat± indique une action belligerante … qu’il faut traduire ,combattre contre‘, ,faire la guerre ‘. Le pr sent de l’indicatif indique qu’on est en plein combat… L’auteur donc r sume dans le passage-pont de 2,11–12 la confrontation entre les chr tiens et tout ce qui s’oppose leur nouveau vie, si diff renci e, de celle des nonchr tiens (t± 5hmg).“ 613 Vgl. im Blick auf 1Thess 5,8 auch Gerber, Paulus und seine ,Kinder‘, 183: „Sie [die metaphorische Aufforderung 1Thess 5,8] setzt voraus, dass Kriegsgefahr besteht, fordert … nicht zur Aufrüstung, sondern zur Wappnung gegen Angriffe.“ 614 Vgl. dazu interessanterweise auch Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 362: „Le contexte global de l’ p tre insinue que l’attaque constante des forces anti-chr tiennes doit Þtre contrecarr e par une r sistance active … mais non agressive.“ 615 Dies geht implizit auch aus dem engeren und weiteren Kontext hervor, wo der Verfasser zum defensiven Verhalten der Christusgläubigen gegenüber der feindlichen Offensive seitens einer nichtchristlichen Umwelt aufruft, vgl. v. a. 3,8 f.: lµ !podid|mter jaj¹m !mt· jajoO C koidoq_am !mt· koidoq_ar; 3,13 f.: t_r b jaj~sym rl÷r 1±m toO !cahoO fgkyta· c]mgshe; 3,17: jqe?ttom … !cahopoioOmtar …p\sweim C jajopoioOmtar. 616 Vgl. Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 361: „La souffrance, comme attitude assimil e, est leur armure pour se d fendre de tout ce qui combat (2,11) contre eux.“ 617 Vgl. Reichert, Praeparatio, 301 f. 618 Dass es sich bei Wörtern wie fpkom und vqo}qiom um Abwehr- und Verteidigungsterminologie handelt, welche in militärischen Kontexten zur Anwendung kommt, zeigen Belege bei Jos. Bell. Jud. 7,370,2: ja· c±q fpka ja· te_wg ja· vqouq_ym dus\kytoi jatasjeua·; Themistius 138b,9: c]lei d³ B l³m ewhg vqouq_ym, t± d³ vqo}qia stqatiyt_m, oR stqati_tai d³ fpkym; Plut.
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3.3.2 1m dum\lei … vqouqoul]mour … eQr sytgq_am (1,5) und bpk_sashe (4,1) als Komplex militärischer Metaphern Zurecht hat Armand Puig T rrech in seinem Aufsatz „Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre“619 darauf hingewiesen, dass der Autor des 1Petr in 1,5 (1m dum\lei heoO vqouqoul]mour); 2,11 (stqate}omtai jat± [+ Gen.]); 4,1 (bpk_sashe) und 5,4 (… vameqyh]mtor toO !qwipo_lemor jolie?she t¹m !laq\mtimom t/r d|ngr st]vamom)620 Metaphorik aufgreift, die dem Sinn nach zusammengehört und ursprünglich dem Militärwesen entstammt. Als Bildspender all dieser militärischen Metaphern mag, so Puig T rrech, die Eroberungspolitik des römischen Reiches sowie die militärische Präsenz der Römer in Asia Minor ab der 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. fungiert haben,621 von welcher das Umfeld der Adressaten des 1Petr622 stark geprägt wurde:623 Zu Schutz und Sicherung der römischen Kolonien entwickelte sich v. a. ab der Regierungsperiode Vespasians gerade in gefährdeten Grenzprovinzen ein militärisches Verteidigungswesen, welches sich konkreten Ausdruck im Bau von Befestigungsanlagen und in der Aufstockung
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Aemilius Paullus 8,7,3: ja· t± les|ceia wyq_a ja· vqo}qia ja· p|keir fpkym ja· wqgl\tym pokk_m ja· syl\tym !jlaf|mtym 1lpepkgj~r; vgl. ebenso Apollin. Fragm. Ps. Zum vollständigen Titel vgl. bereits Anm. 580. Auch in 1Petr 5,4 („…werdet ihr [angesprochen werden hier die pqesbut]qoi] den unverwelklichen Ruhmeskranz empfangen“) greift der Verfasser des 1Petr ein Bild aus dem Militärwesen auf. So ist bei Polybios zu lesen, dass durch das Bekränzen von Soldaten herausragende militärische Leistungen honoriert werden (6,39): Wenn eine Stadt im Sturm erobert wird, wird denen, die als erstes die Stadtmauern erklimmen, ein goldener Kranz verliehen (to?r d³ p|keyr jatakalbamol]mgr pq~toir 1p· t¹ te?wor !mab÷si wqusoOm d_dysi st]vamom); gleichermaßen werden auch diejenigen, die zu Zeiten der Schlacht Bürger oder Bundesgenossen vor dem Feind beschützten und dadurch deren Leben retten (!) konnten (to»r rpeqasp_samtar ja· s~samt\r timar t_m pokit_m E sull\wym …) von den Geretteten auf dieselbe Weise bekränzt (stevamoOm). Vor diesem Hintergrund kommt der in 1Petr 5,4 erwähnte Kranz als militärische Metapher, so ist bei Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 364 zu lesen, einer corona militis gleich. Vgl. den Überblick bei Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 361 (einschl. Anm. 208), der auf den Zeitraum 58–72 n. Chr. (= Ende der Regierungsperiode Neros und frühe Regierungszeit Vespasians) verweist, wo es insbesondere in den römischen (Teil-)Provinzen Galatien und Kappadokien zu beträchtlichen militärischen Reorganisationsmaßnahmen kommt. Vgl. die in 1Petr 1,1 angesprochenen kleinasiatischen (Teil-)Provinzen Pontus, Galatien, Kappadokien, Asien und Bithynien: … 1jkejto?r paqepid^loir diaspoq÷r P|mtou, Cakat_ar, Jappadoj_ar, )s_ar, ja· Bihum_ar. Dazu Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 361 f.: „On peut supposer que l’usage d’une terminologie d’origine militaire avait une r sonance chez les destinataires, du fait que leur entourage tait fortement impr gn de la pr sence de l’arm e… mon avis, il est l gitime d’ tablir une connexion entre les deux faits (la symbologie militaire qu’on trouve dans 1P et la pr sence de l’arm e dans la vie des destinataires de l’ p tre), car l’intention de l’auteur est apparue jusqu’ maintenant de facon claire: relier son message au milieu de ceux qui vont le recevoir.“
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 351 römischer Besatzungstruppen verlieh.624 Die im 1Petr an verschiedenen Stellen auftauchenden, dem Militärwesen entstammenden Bilder wären folglich unter dem Eindruck der starken Präsenz der römischen Besatzungsmacht in den Gebieten der angeschriebenen Gemeinden entstanden, der im 1Petr vorliegende Sprachgebrauch ist in diesem Sinne „consonant with the military presence in Asia Minor.“625 Der Verfasser des 1Petr, so insgesamt die These Puig T rrechs, weiß um die militärische Präsenz der römischen Besatzungsmacht in den angeschriebenen Gemeinden und bedient sich in 1Petr 1,5; 2,11; 4,1; 5,4 eines Komplexes militärischer Metaphern, die er aus dem politisch-militärischen Umfeld seiner Zeit übernommen hat.
Liegt der Bezug zum Militärwesen als Spenderbereich der Metaphern stqate}eshai jat± (+ Gen.) und bpk_feshai in 2,11; 4,1 offen zutage, so wird dieser, so Puig T rrech weiter, in 1,5 über den gemeinsamen Gebrauch der Begriffe d}malir und vqouq]y hergestellt:626 Durch das gebündelte Auftreten der d}malir-vqouq]y-Terminologie, die in 1Petr 1,5 zur Anwendung kommt, wird die Vorstellung von einer garnison627 (= „militärischer Standort, Standquartier einer Schutz- bzw. Besatzungstruppe“, auch: „Besatzungstruppe, Besatzung“)628 aktiviert. Der Gedanke von „Sicherung“, d. h. „Absicherung“ gegenüber einer feindlich eingestellten Umwelt schwingt demnach im Gebrauch der Konstruktion 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour mit und bildet den Horizont der dem Militärwesen entstammenden Metaphorik. Die Genitivverbindung 624 Vgl. dazu Albino Garzetti, From Tiberius to the Antonines: a history of the Roman empire AD 14–192, London 1974, 247; Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 361; 364 (Anm. 208; 214) verweist auf eine „construction de fortifications et l’augmentation des garnisons“, und er schreibt gerade im Blick auf letztere: „Les garnisons … taient une r alit proche pour les gens“. Die römisch-militärische Präsenz konkretisierte sich darüber hinaus in Kappadokien in der Stationierung zweier Legionen (= der XII Fulminata und der XVI Flavia Firma). 625 So auch Elliott, 1 Peter, 713 (eben im Verweis auf Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re pitre de Pierre, 360–368). 626 Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 363: „Le verbe vqouq]y d signe l’action de la sentinelle qui garde les entr es d’une ville, d’un campement ou d’une position militaire, en contr lant ceux qui y passent, avec mission de surveillance et protection … De son c te, dans l’arm e, d}malir est un des termes pour d signer une force militaire, une force de combat.“ 627 Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 363: „La conjonction des deux mots dans 1P 1,5 renvoie l’id e d’une garnison, d’un d tachement.“ 628 Das französische Wort „garnison“ kann im Deutschen (äquivalent zum deutschen Fremdwort „Garnison“ bzw. zum englischen „garrison“) auf verschiedene Weise wiedergegeben werden: Es kann einen militärischen „Standort“ (ein militärisches „Standquartier“) bezeichnen, ebenso wie die „Truppe“ o. „Besatzung“, die an eben diesem Ort stationiert ist. Der Kontext zeigt, dass Puig T rrech mit „garnison“ wohl eher letztere deutsche Wiedergabe im Sinn hat (vgl. ders., Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 363 f.: „dans l’arm e, d}malir est un des termes pour d signer une force militaire, une force de combat … La protection divine est plus forte que n’importe quelle garnison de l’arm e imp riale qui les entoure“). Die vorliegende Untersuchung, die von einer bedeutungsmäßigen Äquivalenz der Begrifflichkeiten d}malir eQr sytgq_am und vqo}qiom ausgeht, versteht „garnison“ dagegen mehr im Sinne von militärischer „Standort“ bzw. „Standquartier“ (als Ausgangspunkt für militärische Verteidigung); vgl. dazu bereits die Ausführungen unter V./3.3.1; V./3.3.2.
352
Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
d}malir heoO zeigt dabei an, dass die Verteidigungsfähigkeit der Christusgläubigen von Gott kommt. Die Glaubenden werden durch eine von Gott kommende militärische garnison beschützt: „Dieu garde et prot ge, comme le fait une garnison militaire, ceux qui ont cru et croient en lui … Les destinataires doivent se sentir s rs, car c’est Dieu lui-mÞme qui les surveille et prot ge contre les ennemis.“629
3.3.3 1Petr 1,5 als Spiegelung einer Belagerungssituation? Geht man nun mit Puig T rrech davon aus, dass in 1Petr 1,5; 2,11; 4,1 und 5,4 ein Komplex von Metaphern vorliegt, die dem Sinn nach zusammengehören und deren bildspendender Bereich das Militärwesen ist, so ließe sich dieser Komplex ggf. um weitere militärische Metaphorik erweitern, die im 1Petr zur Anwendung kommt: Und zwar lässt sich eine solche – so die These dieser Studie – auch in 1,13 (di¹ !mafys\lemoi t±r asv}ar t/r diamo_ar rl_m) und 4,12 (lµ nem_feshe t0 1m rl?m puq~sei) eruieren. Hier werden mit !maf~mmuli (t±r asv}ar) und puq~sir Begrifflichkeiten genannt, die einen Bezug zum Militärwesen aufweisen können und sich in jedem Fall durchaus kohärent zu den in 1Petr 1,5; 2,11; 4,1 und 5,4 indizierten Vorstellungen verhalten. Liegt in der Rede vom „Umgürten der Hüften“ in 1,13 Waffenmotivik vor (vgl. Jes 11,5; 52,7; 59,17),630 so steht p}qysir in kriegerischen Kontexten in der Regel für das „Verbranntwerden“ bzw. den „Brand“ (einer Stadt oder eines Heerlagers, vgl. bereits V./3.2.1);631 dies als Folge des in Brand (pOq)632 Setzens durch feindliche Angreifer.633 629 Puig T rrech, Le Milieu de la Premi re p tre de Pierre, 363. 630 Bereits Gerhard Sellin, Der Brief an die Epheser, KEK 8, Göttingen 2008, 480 weist darauf hin, dass sich in Eph 6,14–17 sechs metaphorische Aussagen finden, „welche die Mittel für den Sieg im Kampf vorstellen, wobei an die typische Ausrüstung eines römischen Legionärs gedacht sein wird“, die aus Gürtel (V. 14), Panzer (V. 14), Sandalen (V. 15), Schild (V. 16), Helm (V. 17) und Schwert (V. 17) bestand. Dabei dient der Gürtel „der Schürzung des Gewandes, um Beinfreiheit im Kampf zu haben. Deutlicher als durch das Kompositum peqifys\lemoi kommt das zum Ausdruck im !mafys\lemoi 1Petr 1,13“ (so ders., Der Brief an die Epheser, 480, Anm. 57). Vgl. zur Waffenmetaphorik in Eph 6,11–17 neuerdings die Ausführungen von Nils Neumann, Die pamopk_a Gottes. Eph 6,11–17 als Reflexion der Belagerung einer Stadt, in: ZNW 106/1 (2015), 40–64. Neumann weist – in Anknüpfung an die sich bei M.C. Bishop und Jonathan C.N. Coulston, Roman Military Equipment. From the Punic Wars to the Fall of Rome, London 1993, 96–98 findenden archäologischen Belege – interessanterweise darauf hin, dass auch der Gürtel zur Ausstattung des römischen Legionärs gehörte. 631 Dass es sich auch bei der in 1Petr 4,12 genannten p}qysir, welche den Adressaten des 1Petr in den Augen des Verfassers keinen Anlass zum Befremden geben soll, um einen Begriff handelt, der den Gedanken an Krieg und feindlichen Angriff zu aktualisieren vermag, zeigt ein Blick in die antike Geschichtsschreibung. So findet man z. B. bei Polybios in seiner Beschreibung des römischen Heerlagers (6,31) die Vorstellung, dass der das Lager umgebende (Erd-)Wall (w\qan) eine äußerst wichtige Schutzfunktion erfüllt: Im Falle eines nächtlichen feindlichen Angriffs können weder Feuer noch Wurfgeschosse bis zu den Truppen vordringen: 1m ta?r 1pih]sesi ta?r mujteqima?r oute pOq oute b]kor 1nijme?tai pq¹r aqto»r.
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 353
In den in 1Petr 1,5.13; 2,11; 4,1.12 und 5,4 zur Sprache gebrachten militärischen Bildern manifestiert sich demnach die Bezugnahme des 1Petr auf einen Zustand, in dem sich die Adressaten befinden und der von diesen als kriegerischer Zustand empfunden wird. Im Folgenden wird zu zeigen sein, dass sich dieser Zustand sogar noch konkreter fassen lässt: Nämlich insofern als oben genannte Belege möglicherweise die Situation eines Belagerungskrieges bzw. des Kampfes um eine Stadt reflektieren. In seinem Aufsatz „Die pamopk_a Gottes. Eph 6,11–17 als Reflexion der Belagerung einer Stadt“634 stellt Nils Neumann die sehr profilierte These auf, dass der Verfasser des Epheserbriefes in Eph 6,11–17 die Situation eines Belagerungskrieges bzw. des Kampfes um eine Stadt reflektiert, der bereits so weit fortgeschritten ist, dass der Nahkampf unmittelbar bevorsteht, bei dem sich beide Konfliktparteien von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.635 Die momentane Gefahrenlage, in der sich die Adressatengemeinde des Eph befindet, kommt damit einer Kampfsituation gleich, wie sie in den Schriften des Polybios und Josephus an zahlreichen Stellen belegt ist:636 Wie die Verteidiger auf der Festungsmauer einer Stadt sollen die Briefadressaten im Belagerungskampf auch unter äußerem Druck durch feindliche Faktoren (= die Mächte des Bösen, vgl. Eph 6,11.12.16) und ausgerüstet mit pamopk_a (toO heoO)637 standhalten.
Da die Vorstellung von einer kriegerischen Konfliktsituation und von der Notwendigkeit des sich Verschanzens in einer befestigten Anlage/Festung (1m dum\lei heoO … eQr sytgq_am),638 die gleichzeitig als Ausgangspunkt für weitere militärische Verteidigungsoperationen dient, offensichtlich Bildspender von 1Petr 1,5.13; 4,1 ist, lässt sich die These Neumanns im Hinblick auf den im 1Petr erscheinenden Metaphernkomplex auf modifizierte Weise fruchtbar machen. Demnach käme die momentane Lage der vom Verfasser des 1Petr angesprochenen Gemeinden einem konkreten kriegerischen Zustand, nämlich einem Belagerungskrieg gleich: Im Kampf gegen eine feindlich gesonnene 632 Zum Feuer (pOq) bzw. Feuer Legen als Mittel im Kampf gegen Feinde vgl. z. B. Polyb. Hist. 1,48,4; 5,100,4 f.; 16,30,4; Jos. Bell. Jud. 3,205; 3,284; 5,279; 5,473–478. 633 Dass das Verbranntwerden brennbarer Ziele einer Stadt (beispielsweise brennbarer, da hölzerner Mauerbefestigungen) auch durch den Einsatz von Brandgeschossen seitens der Angreifer erfolgen kann, führt Neumann, Die pamopk_a Gottes, 52 ff. aus; Belege finden sich bei Paul B. Kern, Ancient Siege Warfare, Bloomington 1999, 289.300.302 f. 634 Neumann, Die pamopk_a Gottes, 40–64, bes. 59–64. 635 Vgl. Neumann, Die pamopk_a Gottes, 56–59; 62–64. 636 Zu zahlreichen Belegen aus dem Werk des Polybios und Josephus vgl. Neumann, Die pamopk_a Gottes, 48–62. 637 Als adäquate Gegenmittel im Kampf beschreibt der Text des Eph (vgl. 6,14–17) bildhaft Wahrheit, Gerechtigkeit, Glauben, Errettung, Geist und Wort Gottes; vgl. Neumann, Die pamopk_a Gottes, 63 f. 638 Zur Wiedergabe der Wendung d}malir eQr sytgq_am in 1Petr 1,5 im Sinne von vqo}qiom (= „Wehr-, Verteidigungs-, Befestigungsanlage“, „befestigter Ort“, „Festung“) vgl. die Ausführungen unter V./3.3.1; V./3.3.2.
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
nichtchristliche Umwelt werden die Angesprochenen in einer von Gott bereiteten Festungsanlage (1,5: 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am)639 vor feindlichen Angriffen bewahrt, die ihr Überleben momentan (noch) sicherstellt. Allerdings droht dieser Festung bereits die Einnahme durch die feindlichen Angreifer (vgl. 2,11; 4,12), was ein sich Bereitmachen und sich zum Kampf Rüsten seitens der Angegriffenen erfordert (im Text angezeigt durch 1,13: !mafys\lemoi t±r asv}ar und 4,1: bpk_sashe; vgl. dazu auch die präzisen Ausführungen zum sich Bewaffnen in Eph 6,11.13–17!).640 In dieser akuten Situation fungiert die d}malir eQr sytgq_am aus 1,5 gleichzeitig als Ausgangspunkt für die weitere militärische Verteidigung: Es geht um ein sich Bereithalten und um ein zu den Verteidigungswaffen Greifen, man wappnet sich gegen die sich annähernden feindlichen Angreifer;641 denn, wie 4,12 signalisiert, sehen sich die in Gottes Festung (= in der Defensive) Befindlichen (to»r 1m dum\lei heoO vqouqoul]mour … eQr sytgq_am) bereits dem seitens der Angreifer initiierten Feuer ausgesetzt (lµ nem_feshe t0 1m rl?m puq~sei; vgl. Eph 4,16!).642 Es war von der Annahme ausgegangen worden, dass sich in 1Petr 1,5.13; 2,11; 4,1.12 (vgl. ebenso 5,4.10 f.) ein Komplex militärischer Metaphern ausfindig machen lässt, der eine kriegerische Belagerungssituation reflektiert. In einer Reihe von Metaphern spiegelt sich dabei die kriegerische Auseinandersetzung zwischen zwei Konfliktparteien, einer offensiv Unterdrückenden643 und einer defensiv Unterdrückten.644 In 1Petr 1,5 greift der Verfasser in diesem Zusammenhang auf das Bild vom Bewahrtwerden der Glaubenden in Gottes Verteidigungs- bzw. Wehranlage (d}malir eQr sytgq_am) zurück: Die Möglichkeit des sich Verschanzens der unterlegenen, unterdrückten Größe (= der Adressatenschaft) in einer Schutz und Wehr schaffenden Festung (1,5), die gleichzeitig als Ausgangspunkt für militärische Verteidigungsoperationen 639 Vgl. dazu evtl. Eph 6,10: 1mdumaloOshe 1m juq_\ ja· 1m t` jq\tei t/r Qsw}or aqtoO. 640 Vgl. Neumann, Die pamopk_a Gottes, 48. 641 Dass man in dieser prekären Situation auf Gottes Schutz und Beistand zählen kann, zeigt des Weiteren 5,10 f.: j d³ he¹r p\sgr w\qitor, b jak]sar rl÷r eQr tµm aQ~miom aqtoO d|nam 1m Wqist`, ak_com pah|mtar aqt¹r jataqt_sei, stgq_nei, shem~sei, heleki~sei. aqt` t¹ jq\tor. 642 Möglicherweise fügen diese der Befestigungsmauer durch „brennende Geschosse“ (Schmähungen? Verleumdungen?) Schaden zu. Aus Belegen bei Polybios (vgl. Hist. 5,4,8; 5,100,4–5) und Josephus (Jos. Bell. Jud. 3,167; 7,309.311.315 f.) geht hervor, dass Angreifer den Einsatz von brennenden Geschossen gerne nutzten, um die (z. T. aus brennbaren Materialien bestehenden) Stadtmauern der belagerten Stadt zu schwächen oder zu zerstören. Vgl. dazu Neumann, Die pamopk_a Gottes, 54 f.; 56. Eine ähnliche Vorstellung begegnet in Eph 6,16, wo der Verfasser seine Adressaten auffordert, den Glauben als defensives Wehrmittel zu gebrauchen, um sich im Kampf gegen die feindlichen Angreifer – die Mächte des Bösen – zu verteidigen und deren „feurige Geschosse“ abzuwehren: Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen (1m p÷sim !makab|mter t¹m huqe¹m t/r p_steyr, 1m è dum^seshe p\mta t± b]kg toO pomgqoO t± pepuqyl]ma sb]sai). 643 Anspielungen finden sich u. a. in 1Petr 1,6; 2,11; 3,13 ff.; 4,12. 644 Vgl. den übergreifenden Leidenskontext, in den die Aussagen 1Petr 1,5.13; 4,1; 5,10 gestellt sind.
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 355
dient (1,13; 4,1), wird dadurch eingeräumt. Abschließend wird nun ein Auszug aus Josephus’ De Bello Judaico präsentiert, anhand dem man schön erkennen kann, wie Belagerungskriege generell die Mittel für die in 1Petr 1,5 gebrauchte Metapher bereitstellen. So ist bei Josephus zu lesen, dass in der Schlacht um Jerusalem (im Jahre 70 n. Chr.) die innere Stadt und der Tempel der römischen Belagerung unter Titus erst standhalten; unter äußeren Druck seitens der römischen Gegner geraten, nutzen die Aufständischen schließlich sogar den Tempel als letzte Bastion und damit als Festung645 (Jos. Bell. Jud. 6,121):646 Sie [die jüdischen Aufständischen] erwiderten die Vorstellungen der Überläufer mit groben Schmähungen und stellten über den heiligen Thoren die Skorpionen, Katapulten und Ballisten auf, sodass der Tempel selbst wie eine Festung aussah (t¹m d³ ma¹m aqt¹m vqouq_\), während die geweihten Räume, die ihn umgaben, wegen der Menge der daselbst aufgehäuften Leichen einem Totenacker glichen. Nach dem erfolgreichen Durchbruch der Römer heißt es weiter (Jos. Bell. Jud. 6,232–240): Unterdessen hatten die römischen Soldaten bereits Feuer an die Thore [des Tempels] gelegt, und das überall schmelzende Silber eröffnete den Flammen den Zugang zu dem hölzernen Gebälk (Edg d³ ta?r p}kair oR stqati_tai pqos/com t¹ pOq, ja· peqitgj|lemor b %qcuqor died_dou taw]yr eQr tµm nuke_am tµm vk|ca), von wo sie prasselnd hervorbrachen und die Hallen ergriffen. Als aber die Juden ringsum den Brand (t¹ pOq) auflodern sahen, da entsank ihnen mit der Leibeskraft auch der Mut; vor lauter Schrecken getraute sich niemand Widerstand zu leisten, sondern wie gelähmt standen sie da … Den ganzen Tag und die folgende Nacht hindurch wütete das Feuer (t¹ pOq 1pejq\tei); denn die Römer konnten die Hallen nur einzeln und nicht alle zugleich in Brand setzen. Tags darauf beorderte Titus einen Teil des Heeres zum Löschen … und hielt nun mit ihnen allen [seinen Offizieren] Kriegsrat wegen des Tempels (peq· toO maoO). Die einen meinten, man solle dem Kriegsrecht freien Lauf lassen; denn so lange der Tempel, dieser Sammelpunkt aller Juden, noch stehe, würden sie niemals aufhören, an Empörung zu denken. Andere äusserten ihre Ansicht dahin, dass man, wenn die Juden den Tempel räumten und niemand mehr zu seiner Verteidigung das Schwert ziehe (lgde·r 1p’ aqtoO t± fpka he_g), ihn erhalten, 645 Vgl. hierzu insgesamt erneut die Ausführungen von Neumann, Die pamopk_a Gottes, 61 f., der im Blick auf Eph 6,11–17 zurecht die These aufstellt, dass sich die Reflexion des Belagerungskampfes im Eph den jüngsten Ereignissen des jüdischen Krieges verdanken mag: Denn die Rede von der pamopk_a toO heoO in Eph 6 verhält sich, so Neumann, durchaus kohärent zur Beschreibung der christlichen Gemeinschaft als „Tempel“ in Eph 2,19–22: „Die Gemeinschaft der Glaubenden wäre dann nach dem Epheserbrief bildhaft als Tempel zu verstehen, der unter dem äußeren Druck durch die Mächte des Bösen zur Festung wird, welche es mit Hilfe von Gottes Waffenrüstung zu verteidigen gilt.“ 646 Griechischer Text: Benedikt Niese (Hg.), Flavii Iosephi opera, Bd. 1–7, Berlin 1885–90 (ND 1955); deutsche Übersetzung: Heinrich Clementz, Des Flavius Josephus Jüdische Altertümer. Geschichte des jüdischen Krieges. Kleinere Schriften, Bd. 1–4, Wien 1899 (ND Darmstadt/Köln 1960/67).
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Zu Gebrauch und Bedeutung von d}malir
wenn sie dagegen bei ihrem Widerstand beharrten, ihn verbrennen solle (jatavk]ceim); denn dann sei er eben eine Festung und kein Tempel (… vqo}qiom c\q, oqj]ti ma¹m eWmai).
Blickt man auf die bei Josephus gebrauchten Wendungen, so lassen sich gewisse Parallelen zu den im 1Petr begegnenden Vorstellungen und Bildern erkennen. Wie einst den jüdischen Aufständischen der Jerusalemer Tempel als Zuflucht und Verteidigungs- bzw. Wehranlage diente (vgl. Jos. Bell. Jud. 6,121.240: b ma|r als vqo}qiom), werden momentan die Adressaten des 1Petr (durch den Glauben) in einer von Gott bereiteten Festung behütet (1,5: d}malir [heoO] eQr sytgq_am als vqo}qiom). Bietet die in 1Petr 1,5 genannte Festung den Gefährdeten gegenwärtig als Verschanzung Schutz vor den gegnerischen Angriffen, so ist sie gleichzeitig Ausgangspunkt für defensiven Widerstand und Verteidigungsoperationen (vgl. 1Petr 1,13; 4,1: !mafys\lemoi t±r asv}ar … bpk_sashe; vgl. ebenso Jos. Bell. Jud. 6,240: lgde·r 1p’ aqtoO t± fpka he_g!) gegen die feindlichen Attacken der Angreifer (vgl. 1Petr 1,6; 2,11; 3,13 ff.; 4,12 u. ö.; vgl. ebenso Jos. Bell. Jud. 6,121.232.234.235.240). Dem Jerusalemer Tempel vergleichbar, der in der Schlacht gegen die Römer als Festung (vgl. Jos. Bell. Jud. 6,121.240: vqo}qiom) diente und den diese nach ihrem Eindringen in die Stadt Jerusalem in Brand gesteckt hatten (vgl. Jos. Bell. Jud. 6,121: jatavk]nai t± ûcia; 6,232: pqos/com t¹ pOq; 6,234: toO maoO jaiol]mou; 6,235: t¹ pOq 1pejq\tei; 6,240: jatavk]ceim), ist auch die in 1,5 angesprochene Befestigungsanlage feindlichen Angriffen ausgesetzt, auch sie wird gegenwärtig mit einem Brand (vgl. 4,12: p}qysir) konfrontiert, der den Bau in seinen Grundfesten zu erschüttern droht.
3.4 Zusammenfassung In 1Petr 1,5.13; 2,11; 4,1.12 (5,4) liegt allem Anschein nach ein Komplex militärischer Metaphern vor, deren Bildspender Krieg, Kriegsgefahr und kriegerische Belagerung ist. Der Verfasser bedient sich dieser Metaphorik, die er vermutlich aus dem politischen Umfeld seiner Zeit übernommen hat, um damit die traurige Lage, in der sich die im 1Petr angesprochenen Briefadressaten befinden (vgl. dazu speziell 1,6; 4,12), zum Ausdruck zu bringen. Diese prekäre Lage impliziert Leiden sowie das Unvermögen, sich aus eigenem Vermögen gegen Krieg bringende Faktoren, eine ihnen gegenüber feindlich eingestellte, nichtchristliche Umwelt647 zur Wehr zu setzen.648 Gleichzeitig bildet sie exakt den Rahmen, in dem das Wortcluster um d}malir und sytgq_a 647 Zur Mitwelt als Verursacher des Leidens vgl. z. B. 1Petr 2,12.15.19.20.23; 3,9.13 f.16.17; 4,4 f.; 4,14 ff. 648 Signalcharakter kommt dabei der im 1Petr gebrauchten Leidensterminologie zu: vgl. 1,6: kup]y; 2,19: kup^; 2,19.20.21.23; 3,14.17.18; 4,1.15.19; 5,10: p\swy; 3,8: sulpah^r; 1,11; 4,13; 5,1.9: pah^la.
Der Aussagegehalt des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am im 1. Petrusbrief 357
im Allgemeinen sowie die Formulierung d}malir eQr sytgq_am im Besonderen in 1Petr 1,5 in Erscheinung tritt. Die Verknüpfung der in 1,5 gebrauchten d}malir heoO eQr sytgq_am-Verbindung mit dem Verbum vqouqe?shai lässt es dabei als sehr wahrscheinlich gelten, dass die Wendung in diesem Zusammenhang in der Bedeutung von vqo}qiom (= „Festung, Wehr, Verschanzung“) wiederzugeben ist, sodass hier Schutz-, Abwehr- bzw. Verteidigungsterminologie zur Anwendung kommt. Mit der Genitivkonstruktion d}malir heoO eQr sytgq_am wird des Weiteren anzeigt, dass die Verteidigungs- und Widerstandsfähigkeit gegenüber einer feindlich eingestellten, Leiden bringenden paganen Umwelt von Gott kommt:649 Die Angesprochenen finden als Glaubende (vgl. di± p_steyr) Schutz (vor Kriegsgefahr) in einer von Gott gewährten „Wehr-, Befestigungs- bzw. Verteidigungsanlage“ (1m dum\lei heoO vqouqoul]mour eQr sytgq_am), welche feindlichen Bedrohungen wehrt und ihnen Zuflucht in feindlicher, paganer Umgebung (vgl. 1Petr 2,12; 3,13–18; 4,13 ff.) bietet, d. h. ihr Überleben momentan (noch) sicherstellt. Dass dieser Festung bereits die Einnahme durch die feindlichen Angreifer droht (vgl. 2,11: stqate}olai jat± [+ Gen.]; 4,12: p}qysir), was ein sich Bereitmachen und ein sich zum Kampf Rüsten seitens der Angegriffenen erfordert, zeigen 1Petr 1,13 und 4,1, beides Passagen, wo sich mit !mafys\lemoi t±r asv}ar t/r diamo_ar rl_m und bpk_sashe weitere Wehr- und Verteidigungsterminologie findet. Insofern als die Adressaten dort aufgefordert werden, sich im Krieg gegen die Mitwelt zur Verteidigung (nicht zum Angriff!) zu rüsten, verhalten sich die genannten Wendungen durchaus kohärent zu der in 1Petr 1,5 verwendeten Formulierung:650 Die von Gott bereitgestellte d}malir eQr sytgq_am fungiert in dieser akuten Situation gleichzeitig als Ausgangspunkt für die weitere militärische Verteidigung: Es geht um ein sich Bereithalten und um ein zu den Verteidigungswaffen Greifen im Kampf gegen sich feindlich annähernde Angreifer.
649 Vgl. dazu bereits 2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; 12,7–10 (dazu die Ausführungen unter V./2.1.1; V./2.1.2; V./2.1.4; V./2.1.5). 650 Speziell auch zu Apollin. Fragm. Ps. 39,14 (vgl. II./1.5).
VI. Zusammenfassung und Auswertung: Der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie durch Paulus und den Verfasser des 1. Petrusbriefes vor dem Hintergrund der (profan-)griechischen außerbiblischen Rede von d}malir und s]feim, sytgq_a (d}malir eQr sytgq_am) Überblickt man abschließend alle bisher untersuchten neutestamentlichen Stellen, an denen die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie im Allgemeinen und das Syntagma d}malir eQr sytgq_am im Besonderen gebraucht wird (vgl. V./2.; V./3.), so fällt auf, dass es sich bei der Wortgruppe um Terminologie handelt, die bei den behandelten neutestamentlichen Autoren mit einer gewissen Regelmäßigkeit in Gefahrenkontexten erscheint. Wie der philologische Befund zeigt, entspricht dies der Verwendung von d}malir und s]feim, sytgq_a (d}malir eQr sytgq_am) in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität, ebenso wie in der untersuchten jüdischen Literatur in griechischer Sprache.1 Thematisiert werden bei Paulus und im 1. Petrusbrief Gefährdungen, die von einer feindlich gesonnenen Umwelt ausgehen.2 Auch ist an einer Stelle von (mehr oder weniger akuter) Krankheit die Rede.3 Des Weiteren wird die Gefährdung angesichts Gottes andringendem Zorn und bevorstehendem Vernichtungsgericht erwähnt (vgl. 1Kor 1,18–2,5; Röm 1,16).
In 2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; 12,7–10 ist die Wortgruppe um d}malir und s]feim, sytgq_a in einen engeren und weiteren Bezugsrahmen gestellt, der Gefährdungen umfasst, die das irdische, leibliche Dasein betreffen: Es geht um die persönliche Lebenserhaltung bzw. das physische Überleben des im Dienste Christi stehenden Paulus (und seiner Mitarbeiter), angesichts prekärer, ihn mit Tod und Sterben konfrontierender Umstände.4 Ähnlich verhält es sich mit 1 Vgl. dazu die Ausführungen unter II. und III.; ebenso die Zusammenfassung der Ergebnisse unter IV. 2 Vgl. 2Kor 1,8–11; 4,7–12; dies kann in der Wahrnehmung dieser Autoren sogar einem kriegerischen Zustand gleichkommen, vgl. 2Kor 6,3–10; 1Petr 1,5. Vgl. dazu neben V./2.1.1; V./2.1.2; V./ 2.1.4; V./3.3 insgesamt die Ausführungen unter II./1. und II./4. sowie III./2. und III./3. 3 Vgl. 2Kor 12,7–10; dazu die Ausführungen unter II./3. (und III./1.) 4 Begrifflichkeiten, die (Todes-)Gefahr, die durch äußere Faktoren verursacht wird, indizieren, sind im Blick auf 2Kor 1,8–11 u. a. hk?xir und !p|jqila toO ham\tou, gekoppelt an mejq|r und h\mator. In 2Kor 4,7–12 signalisieren gefahrvolle Umstände u. a. das 1m pamt_ (4,8), im gemein-
Zusammenfassung und Auswertung
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1Petr 1,5: Wie der engere und weitere Kontext zeigt, in dem das Syntagma d}malir eQr sytgq_am vorkommt, befinden sich die Briefadressaten aktuell in einer prekären, bedrängten Lage, sie werden „bekriegt“ von einer irritationenträchtigen nichtchristlichen Umwelt,5 die als Verursacher vielfältiger Leiden wahrgenommen wird.6 Anders als in 2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; 12,7–10 und 1Petr 1,5 erweisen sich in Röm 1,16 (und 1Kor 1,18–2,5)7 „alle Menschen“ (bzw. die Gattung „Mensch“) als von Gefahr betroffen und gegenwärtig unter dem unheilvollen Einfluss von ihnen feindlich gesonnenen, sie mit Tod und Vernichtung konfrontierenden Faktoren stehend.8
Zeichnet sich die Rede von d}malir in Verbindung mit Rettungs- bzw. Erhaltungsaussagen (s]feim jtk., N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.] usw.) in 2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; 12,7–10 und 1Petr 1,59 grundsätzlich durch Anschlussfähigkeit an den klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Sprachgebrauch aus, so stechen vor allem im Blick auf Röm 1,16 (und 1Kor 1,18–2,5) und den dortigen d}malir eQr sytgq_am-Gebrauch die paulinischen Akzentuierungen und Abweichungen von der (profan-)griechischen Verwendung des Syntagmas ins Auge. Zum einen kommt das Syntagma d}malir eQr sytgq_am in Röm 1,16 in einem eschatologischen (Gefahren-)Kontext zur Anwendung10 (vgl. Röm 1–8; speziell: 1,18–3,20).11 Zum anderen koppelt Paulus die Wendung an das alttestamentliche
5 6 7 8 9
10 11
samen Gebrauch mit dem Wortcluster um m]jqysir, h\mator, eQr h\matom paqadid|mai (4,10–12). Im Blick auf 2Kor 6,3–10 ist erneut auf 1m pamt_ zu verweisen, sowie auf die daran anschließenden Umstandsbeschreibungen: 1m hk_xesim, 1m !m\cjair, 1m stemowyq_air, 1m pkgca?r, 1m vukaja?r, 1m !jatastas_air, 1m j|poir, 1m !cqupm_air, 1m mgste_air (6,4 f.). Im Blick auf den Passus 12,7–10 vgl. die Wendung … 1d|hg loi sj|kox t0 saqj_, %ccekor Satam÷, Vma le jokav_f, in 12,7. Vgl. dazu die Ausführungen unter V./3.3.1; V./3.3.2; V./3.3.3, wo die These vertreten wird, dass in 1Petr 1,5.13; 2,11; 4,1.12 ein Komplex militärischer Metaphern vorliegt, die die Situation eines Belagerungskrieges reflektieren. Vgl. 1Petr 2,12.15.19.20.23; 3,9.13 f.16.17; 4,4 f.; 4,14 ff. (vgl. dazu die Ausführungen unter V./ 3.2.2). Vgl. dazu ähnlich Apollin. Fragm. Ps. 39,14 LXX (II./1.5). Der Begriff „Kosmos“ meint in 1Kor 1,18–2,5 offensichtlich „Menschenwelt“, vgl. dazu Exkurs XIII. Vgl. zur bedrohten Gattung „Mensch“ bereits die Ausführungen unter II./1.1.2; II/1.1.3; II/1.3; II./1.4. Vgl. dazu auch insgesamt die Ausführungen zu De mundo unter II./2, wo der Kosmos als Empfänger potentieller Vernichtung präsentiert wird (im Blick auf Röm 1,16 vgl. II./2.3). An allen diesen Stellen in der Bedeutung „Widerstandskraft“ bzw. „(Wehr-)Kraft (oder -mittel) mit lebenserhaltender Funktion“; vgl. dazu die Bedeutungsbestimmungen in V./2.1.1; V./2.1.2; V./2.1.4; V./2.1.5; im Blick auf 1Petr 1,5 vgl. die Bedeutungsbestimmung von d}malir eQr sytgq_am („Wehr“, konkreter: „Wehr-/Verteidigungsanlage, Festung, Verschanzung“) in V./3.3. Vgl. dazu im Blick auf die jüdische Literatur in griechischer Sprache evtl. auch Philo Somn. 1,86 f. (Exkurs VI.); Fug. 95–96. Vgl. dazu speziell die Ausführungen unter V./2.2.2. Dies gilt auch für die Verwendung von d}malir und s]feim in 1Kor 1,18–2,5 (vgl. Exkurs XIII).
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Zusammenfassung und Auswertung
Sünder-Motiv: Gefahr droht der sündigen Menschheit im sich anbahnenden Vernichtungsgericht Gottes (vgl. 1,18–3,20; 3,23).12 Eine weitere auffällige Differenz zwischen Paulus und den klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Autoren besteht darin, dass Paulus die sich momentan in prekärer Lage Befindenden und Rettungsbedürftigen, die Sünder, Feinde Gottes nennt (vgl. dazu speziell Röm 5,6–10).13 D. h. gerade nicht die eqsebe?r werden im Römerbrief zu Empfängern von d}malir eQr sytgq_am, sondern die !sebe?r!14 Mit der Bereitung von d}malir eQr sytgq_am stellt Gott Röm 1,16 zufolge selbst aktiv das Mittel zur Verfügung, das den eschatologischen Untergang bzw. das Zugrundegehen im bevorstehenden Endgericht von den davon Begünstigten abwendet.15
Im Hinblick auf 2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; 12,7–10 fällt des Weiteren auf, dass die Befindlichkeit der jeweiligen in (Lebens-)Gefahr geratenen Entität (Paulus [inklusive seiner Mitarbeiter]) im Text stets durch Verben und/oder entsprechende Umstandsbeschreibungen zum Ausdruck gebracht wird, die „in Gefahr sein“, „ohnmächtig sein“ bzw. „(Mangel) leiden“ (= an einem für die Lebenserhaltung notwendigen Gut) indizieren.16 Auch der Verfasser des 1Petr greift durchgängig auf Leidensterminologie zurück, um die prekäre Lage seiner Adressatenschaft zu beschreiben.17 Augenfälligerweise greift insbesondere Paulus zur Darlegung der Gefahrenlage in diesem Zusammenhang auf das Verbum !poqe?m zurück (so in 2Kor 1,8; 4,8: [1n-]!poqe?shai; zu verweisen ist an dieser Stelle auch auf die Ersetzung von !poqe?shai durch das Synonym rsteqe?shai18 in Röm 3,23). Die Analysen zur Bedeutung von d}malir in Verbindung mit s]feim, sytgq_a (d}malir eQr sytgq_am) in der klassischen, hellenistischen (hellenistisch-jüdischen) und kaiserzeitlichen Gräzität ließen erkennen, dass die Terminologie oftmals in nächster Nähe von Begrifflich12 Vgl. dazu V./2.2.2; V./2.2.3; V./2.2.4. 13 Vgl. dazu neben V./2.2.2 v. a. die Ausführungen unter V./2.2.6. 14 Anders als im Römerbrief heißt es z. B. in P.Oxy. 11.1381, dass die Frommen/tugendgemäß Lebenden (die eqsebe?r) Empfänger der toO heoO d}malir syt^qior sind und eben gerade nicht die Gottlosen, Lasterhaften und Schlechten (die !sebe?r) unter den Menschen (vgl. Exkurs VIII). Bei Philo begegnet oftmals die Rede von den feindlichen Ägyptern bzw. den feindlichen Fremdvölkern, die er, im Unterschied zu den sich durch Frömmigkeit auszeichnenden Hebräern (den eqsebe?r), gleichzeitig als Gottlose (!sebe?r) und Feinde der Tugend qualifiziert (vgl. dazu III./2; III./3). An keiner Stelle werden diese zu Empfängern von sytgq_a bzw. d}malir eQr sytgq_am: vielmehr begegnet Gott ihnen strafend-züchtigend und sie werden zu Adressaten von ekehqor, vhoq\ (vgl. Vit. Mos. 2,247–256; Virt. 44 ff.; Sacr. AC 131 u. ö.). 15 Vgl. dazu Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1, 524. 16 In Bezug auf 2Kor 1,8–11 vgl. 1,8: 1napoqe?shai (toO f/m); 1,5–7: p\sweim, p\hgla; 1,6: hk_beshai. Im Blick auf 2Kor 4,8 f. vgl. u. a. den Gebrauch von hk_beshai, !poqe?shai, di~jeshai. Zu den in 2Kor 6,4 f. zur Sprache gebrachten Umstandsbeschreibungen vgl. bereits Anm. 4. Charakteristische 1m-Kontruktionen finden sich darüber hinaus in 2Kor 12,9: 1m !sheme_ô; 12,10: 1m !sheme_air, 1m vbqesim, 1m !m\cjair, 1m diyclo?r ja· stemowyq_air …; vgl. ebenso den Gebrauch von !shemoOm in 12,10. Vgl. auch die !shem^r-Terminologie in 1Kor 1,25.27; 2,3. 17 Vgl. 1Petr 1,6: kupe?m; 2,19: kup^; 2,19.20.21.23; 3,14.17.18; 4,1.15.19; 5,10: p\sweim; 3,8: sulpah^r; 1,11; 4,13; 5,1.9: pah^la. 18 Vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.2.3 sowie Exkurs X.
Zusammenfassung und Auswertung
361
keiten wie %poqor, !poq_a, !poqe?m (und/oder weiterer mit !-privativum gebildeter Wörter) begegnet.19 Gebraucht Paulus die Verben (1n-)!poqe?shai, rsteqe?shai also an einigen Stellen in der näheren Umgebung von d}malir und s]feim, sytgq_a (d}malir eQr sytgq_am), so eröffnen sich hierdurch semantische Anküpfungsmöglichkeiten an die (profan-)griechische Verwendung.20 Es ist exakt diese anhand von eben genannten terminologischen Indizien fassbare Lage der Ausweglosigkeit, der Ohnmacht und des Unvermögens, sich aus eigener Kraft gegenüber Tod bringenden Faktoren zur Wehr zu setzen, welche den weiteren Rahmen bildet, in dem die d}malir-Begrifflichkeit in Verbindung mit s]feim, sytgq_a, f_m, fy^ bei den behandelten neutestamentlichen Schriftstellern (speziell: in 2Kor 4,7–12; 6,1–10; Röm 1,16;21 1Petr 1,5) zur Anwendung kommt.22 Wie in der klassischen, hellenistischen (hellenistisch-jüdischen) und kaiserzeitlichen Gräzität verweist die Wortgruppe (bzw. das Syntagma d}malir eQr sytgq_am) in jedem Gefahrenkontext auf eine vermögende Instanz, die die Möglichkeit besitzt, für die sich momentan im Zustand der Ohnmacht, Wehr- und Hilflosigkeit befindende, daher rettungsbedürftige Entität etwas zu tun, nämlich durch Bereitung einer ihr zugehörigen d}malir zu deren Gunsten sytgq_a (Rettung/[Lebens-]Erhaltung) zu bewirken und dadurch drohendes Unheil von ihr abzuwenden. Das Erneuerungspotential der neutestamentlichen Texte gegenüber den (profan-)griechischen außerbiblischen Quellen besteht nun darin, dass durchgängig Gott (oder Christus, vgl. 2Kor 12,9) als Initiator23 einer speziellen d}malir (in der allgemeinen Bedeutung „Kraft“/„Vermögen“ oder „Mittel“) auftritt, die das Überleben (auf der Erde und/oder im Eschaton) der jeweiligen von Gefahr betroffenen Größe (namentlich Paulus [und seine Mitarbeiter] als in Gefahr geratene Einzelperson[en]; die Gattung „Mensch“) sichert.24
19 Vgl. dazu IV., speziell Anm. 10, 11 und 12. 20 Vgl. z. B. Plat. Prot. 321c 1–7; Them. Ep. 20,20; Philo Vit. Mos. 2,247; 2,251; 2,250; Virt. 48; Quaest. in Ex. 2,2. 21 Vgl. auch 1Kor 1,18–2,5! 22 In 2Kor 1,8–11 würde man das Erscheinen von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie eigentlich erwarten, stattdessen begegnet, um die von Gott initiierte Errettung des Paulus zum Ausdruck zu bringen, die Verbalkonstruktion N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen. [1j tgkijo}tou ham\tou]). In 2Kor 12,7–12 ist die Rede von einer d}malir toO WqistoO, die, so geht aus dem Kontext hervor, als d}malir eQr sytgq_am zu interpretieren ist. 23 So in 1Kor 1,18–2,5; 2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; Röm 1,16; 1Petr 1,5. Dass eine (oder mehrere) Gottheit(en) als Träger bzw. Initiator(en) von d}malir eQr sytgq_am auftreten, zeigen u. a. folgende außerbiblische griechische Belege: Plat. Prot. 320c 8–322d 5; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24; Joh. Stob. Anth. 3,3,28; Ps.-Arist. Mund. 6, 397b 16–20 ff.; P.Oxy. 11.1381,217 f (!). Vgl. im Blick auf christliche außerbiblische Autoren ebenso Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX. Im Blick auf die jüdische Literatur in griechischer Sprache finden sich Verweise auf Gott (in seiner Rolle als [Welt-]Schöpfer und -erhalter) durchgängig auch bei Philo: Opif. 64,5–66,8; Virt. 48 ff.; Migr. 124 u. ö. 24 D. h. die d}malir dient der Sicherung des physischen (2Kor 1,8–11; 4,7–12; 6,3–10; 1Petr 1,15) oder eschatologischen (1Kor 1,18–2,5; Röm 1,16) Überlebens.
362
Zusammenfassung und Auswertung
In der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität wurde die Gewährung von d}malir eQr sytgq_am seitens einer vermögenden Instanz (z. B. einer Gottheit) gängigerweise durch den Gebrauch von d}malir eQr sytgq_am (und äquivalenten Formulierungen wie z. B. d}malir syt^qior) in direkter Verbindung mit einem Verbum des Gebens/Gewährens/Darreichens zum Ausdruck gebracht.25 Dass Gott bzw. Christus Handlungsträger einer d}malir mit rettender/erhaltender Wirkung ist, signalisiert nun speziell bei den behandelten neutestamentlichen Autoren die Genitivkonstruktion d}malir (toO) heoO26 (eQr sytgq_am) bzw. d}malir (toO) WqistoO27 (beidesmal wohl Genitivus auctoris): Gott ist als vermögende, kraftbesitzende Instanz der Geber der d}malir (eQr sytgq_am), der Mensch als unvermögende, kraftlose Entität dagegen ihr Empfänger.28 Da die Genitivkonstruktion d}malir heoO eQr sytgq_am (= in artikelloser Gestalt) in den paganen Quellen nicht belegt ist und da des Weiteren nur die Genitivverbindung d}malir heoO, nicht aber die Gesamtkonstruktion d}malir heoO eQr sytgq_am in der Septuaginta begegnet,29 könnte im Blick auf letztere eine relativ eigenständige Bildung neutestamentlicher Autoren vorliegen.
Geht man zudem davon aus, dass der bei Paulus und dem Verfasser des 1. Petrusbriefes in Gefahrenkontexten begegnende Ausdruck d}malir ([toO] heoO/WqistoO) in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie in der Regel in der Bedeutung „Widerstandskraft“ bzw. „(Wehr-)Kraft (oder -mittel) mit rettender/lebenserhaltender Funktion“ zur Anwendung kommt (so in 2Kor 4,7; 6,7; 12,9; Röm 1,16; speziell in 1Petr 1,5:30 „Wehr-/Verteidigungsanlage, Festung, Verschanzung“), indem dadurch überall die Vorstellung von Abwehr/ Abwendung (bevorstehender) (Todes-)Gefahr aktiviert wird, so lassen sich sprachliche Übereinstimmungen bzw. terminologische Berührungspunkte mit der (profan-)griechischen außerbiblischen Rede von d}malir eQr sytgq_am eruieren: Als mit d}malir eQr sytgq_am assoziierte Begrifflichkeiten begegneten dort – je nach Kontext – materielle (offensive/defensive Wehr-)Mittel wie
25 Z. B. in Verbindung mit paq]weim, did|mai, dyqe?shai oder lgwam÷shai. So z. B. in Plat. Prot. 320e 3: … to?r d’ %opkom dido»r v}sim %kkgm tim’ aqto?r 1lgwam÷to d}malim eQr sytgq_am; Lysias 12,14: s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am; Philo Virt. 48–50: to?r d’ eqtek]si ja· kupqo?r … b he¹r t±r sytgq_our dum\leir 1lpaq]swem. 26 So in 1Kor 1,18.24; 2,5 (d}malir heoO); 2Kor 4,7 (d}malir toO heoO); 6,7 (d}malir heoO); Röm 1,16 (d}malir heoO eQr sytgq_am); 1Petr 1,5 (d}malir heoO eQr sytgq_am). 27 In 2Kor 12,9: d}malir toO WqistoO. 28 Auf syntaktischer Ebene wird der Empfänger von d}malir eQr sytgq_am an manchen Stellen im Dativ (Dativus commodi) angezeigt, so z. B. in Röm 1,16; 1Petr 1,5. Vgl. dazu auch Plat. Prot. 320e 1–3; Lysias 12,14; Mund. 398a 1–6; 398b 6–10; Galen Hipp. III Epid. III 17a,772. 29 Vgl. dazu Exkurs IX. 30 Im Blick auf 1Petr 1,5 ist folgende Überlegung wichtig: Die sytgq_a wird erst „am Ende der Zeit“ in Erscheinung treten (vgl. eQr sytgq_am 2to_lgm !pojakuvh/mai 1m jaiq` 1sw\t\), nicht dagegen die von Gott gewährte d}malir eQr sytgq_am: Diese schützt, wie das Partizip Präsens vqouqoul]mour indiziert, die Glaubenden bereits in der Gegenwart und schafft ihnen Wehr vor den Angriffen, die von einer feindlich gesonnenen nichtchristlichen Umwelt ausgehen.
Zusammenfassung und Auswertung
363
Waffen oder Geldmittel (fpkom31, vqo}qiom32, wq/la33), aber auch immaterielle Mittel wie Recht bzw. Gerechtigkeit, Weisheit oder Verstand (d_jg,34 sov_a,35 k|cor, moOr36).37 Wie der außerbiblische Befund zeigt, war die Option, d}malir eQr sytgq_am als übergeordneten Ausdruck von fpkom, vqo}qiom etc. zu deuten, den antiken griechischsprachigen (nicht-jüdischen und jüdischen) Lesern bzw. Hörern demnach wohl geläufig. Schreiben nun sowohl Paulus als auch der Verfasser des 1Petr in Konfrontation mit einer irritationenträchtigen, feindlich gesonnenen Umwelt, „das Überleben der rettenden Kraft Gottes zu“38, indem die von Gott kommende d}malir todbringenden Faktoren wehrt,39 so verwundert es nicht, dass die d}malir-Begrifflichkeit (in Verbindung mit s]feim, sytgq_a) speziell in 2Kor 6,1–10; 12,7–10 und 1Petr 1,5 in gedanklicher Verbindung zu Wehrterminologie steht (vgl. 2Kor 6,7: fpkom40; 12,9: !qje?m41; 1Petr 1,5: vqouqe?shai; 4,1: bpk_feshai42). Wird d}malir eQr sytgq_am in den paganen Quellen (insbesondere im platonischen Protagoras) daneben auch mit Recht/Gerechtigkeit (d_jg) bzw. Weisheit (sov_a) als göttlicher Schickung an den Menschen in Verbindung gebracht, so mag die paulinische Rede von d}malir (heoO) eQr sytgq_am und dijaios}mg (heoO) in Röm 1,16 f.; 3,21–26; 5,1743 sowie von d}malir heoO (eQr sytgq_am) und sov_a in 1Kor 1,18–2,544 bei den (nicht-jüdischen) Hörern/ Lesern des Römerbriefes und des 1. Korintherbriefes entsprechende Assoziationen geweckt haben. Die identifizierten sprachlichen Strukturen zeigen also, dass Paulus, ebenso wie der Verfasser des 1. Petrusbriefes mit der Assoziierung von d}malir (eQr sytgq_am) und fpkom, vqo}qiom auf der einen Seite, d}malir (eQr sytgq_am) und sov_a, dijaios}mg auf der anderen Seite möglicherweise auf einen Vorstellungskomplex rekurrierten,
31 Vgl. z. B. Plat. Prot. 320e 1 ff.; Philo Virt. 48 f.; Joh. Stob. Anth. 3,3,28; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX. 32 Vgl. dazu speziell Philo Somn. 1,102–112. (vgl. Exkurs II). 33 Vgl. z. B. Lysias 12,8–14; Them. Ep. 20,121.129 f.; Apollin. Fragm. Ps 39,14 LXX. 34 Vgl. Plat. Prot. 322c 1–4; 322d 4 f. 35 Vgl. Plat. Prot. 321c 7–321d 3. 36 Vgl. Philo Opif. 66,8; Philo Somn. 1,103; Maxim. Tyr. Diss. 20,6,24; Joh. Stob. Anth. 3,3,28. 37 Vgl. dazu insgesamt die Zusammenfassung unter IV. 38 Schmeller, Christsein nach dem 2. Korintherbrief, 62. 39 Vgl. dazu die Gegenüberstellung … hkib|lemoi !kk’ oq stemowyqo}lemoi, !poqo}lemoi !kk’ oqj 1napoqo}lemoi, diyj|lemoi !kk’ oqj 1cjatakeip|lemoi, jatabakk|lemoi !kk’oqj !pokk}lemoi … in 2Kor 4,8 f. Implizit geht dies auch aus der Wendung … rp³q t/r hk_xeyr Bl_m t/r cemol]mgr 1m t0 )s_ô in Verbindung mit !pºjqila toO ham²tou in 2Kor 1,10 hervor. 40 Vgl. V./2.1.4. 41 Vgl. V./2.1.5. 42 Vgl. V./3.3.1; V./3.3.2. 43 Vgl. V./2.2.5; V./2.2.7. 44 Vgl. Exkurs XIII.
364
Zusammenfassung und Auswertung
der in der kulturellen „Enzyklopädie“ der intendierten Leser-/Hörerschaft dieser Autoren vorhanden war.45
In Übereinstimmung mit klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Autoren,46 bei denen die gemeinsame Verwendung von d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie und Begrifflichkeiten, die einen Gunsterweis bzw. den Erweis einer Wohltat/Gabe zum Ausdruck bringen, belegt ist,47 begegnet gerade bei Paulus die Wendung d}malir (toO) heoO/WqistoO in Verbindung mit s]feim (bzw. N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.]), sytgq_a auffälligerweise in nächster Nähe von Gunstterminologie (w\qir, eqeqces_a, dyqe\ [samt den dazugehörigen Verben]):48 Bei der Gewährung von d}malir zum
45 Im Umkehrschluss konnte diese intendierte Leser-/Hörerschaft die impliziten Zusammenhänge erkennen (z. B., dass zwischen d}malir eQr sytgq_am in 1,16, rsteqe?shai in 3,23 und dyqe\ t/r dijaios}mgr in 5,17 eine gedankliche Verbindung besteht, ähnlich der in Plat. Prot. 321b 7–322 a 2 aufgezeigten: !poq_ô owm sw|lemor b Pqolghe»r Fmtima sytgq_am t` !mhq~p\ evqoi, jk]ptei Jva_stou ja· )hgm÷r tµm 5mtewmom sov_am … ja_ ovty dµ dyqe?tai !mhq~p\; ebenso Prot. 322c 1–3: Fe»r … de_sar peq· t` c]mei Bl_m lµ !p|koito p÷m, :ql/m p]lpei %comta eQr !mhq~pour aQd_ te ja· d_jgm, Vm’ eWem p|keym j|sloi te ja· deslo· vik_ar sumacyco_) und bei Bedarf ergänzen. 46 Vgl. dazu insbesondere Autoren wie Polybios, den Verfasser der Briefliteratur des Themistokles und Philo, die sich durch eine große zeitliche und kulturelle Nähe zum Neuen Testament auszeichnen. Ähnliches gilt für P.Oxy. 11.1381. 47 Vgl. dazu u. a. den Gebrauch von w\qir jtk., eqwaqist]y jtk., und/oder dyqe?shai jtk.–Terminologie in Polyb. Hist. 3,109; Them. Ep. 20, 106–121. Die philonische Verwendung der Wortgruppe (so Zeller, Charis, 33 ff.; Wolter, Der Brief an die Römer, 91 f.; 253 f. mit weiteren Stellenangaben) zeichnet sich gerade dadurch aus, dass mit den Begrifflichkeiten w\qir, eqeqces_a, dyqe\ etc. das Handeln Gottes charakterisiert wird, für welches es auf Seiten der Begünstigten keinerlei Voraussetzung gibt: vgl. dazu z. B. Migr. 118 f.124; Plant. 86–92; Quaest. in Ex. 2,2. Zur Kontrastierung von d}malir eqeqc]tir (d}malir eQr eqeqces_am) und d}malir jokast^qior (d}malir eQr j|kasim) (beidesmal mit Gott als Handlungsträger) vgl. darüber hinaus Sacr. AC 131; Abr. 144; vgl. speziell zu Röm 1,16 f.; 3,21–26; 5,12–21 auch P.Oxy. 11.1381, Zeile 215–223: … eQr p\mta … t|pom diepevo_tgjem B toO heoO d}malir syt^qior. l]kky c\q … !pacc]kkeim 1p[i]vame_ar dum\leyr te lec]hg eqe[q]cetgl\tym … dyq^lata. Wie in Röm 1,16 sticht hier, durch p\mta angezeigt, die universale Ausbreitung der Unheil abwehrenden bzw. Heil bringenden Kraft Gottes (B toO heoO d}malir syt^qior) ins Auge (vgl. dazu auch Mund. 398a 1–6; 398b 6–10; s. speziell die Ausführungen unter II./2.3). Ebenso wie in Röm 1,16 f. (vgl. die Parallelisierung von eqacc]kiom, d}malir heoO eQr sytgq_am und dijaios}mg heoO) ist die toO heoO d}malir syt^qior in P.Oxy. als göttliche Schickung an den Menschen zu verstehen. Röm 1,16 f.; 3,21–26 und 5,12–21 vergleichbar steht die vom Gott Asklepios initiierte d}malir syt^qior in direktem Zusammenhang mit der Größe seiner Wohltaten und Geschenke (lec]hg eqe[q]cetgl\tym … dyq^lata). 48 Vgl. z. B. den Gebrauch von N}eshai (+ Akk.) 1j (+ Gen.), w\qisla, eqwaqist]y in 2Kor 1,10–11 sowie von d}malir toO heoO, w\qir, eqwaqist_a in 2Kor 4,7.15: Hier wird die Rettung des Lebens des Paulus als von Gott kommende/s Gunst/Geschenk interpretiert, welche/s auch den Korinthern zugute kommt (und für welche/s diese folgerichtig Dank sagen); vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.1.1; V./2.1.2; V./2.1.3; vgl. ebenso den parallelen Gebrauch von d}malir (toO WqistoO/juq_ou) und w\qir lou (= toO WqistoO/juq_ou) in 2Kor 12,9: Die d}malir Christi wehrt als göttliche Gunst lebensbedrohlichen Faktoren (hier: Krankheit); vgl. dazu V./2.1.5; ebenso den gemeinsamen Gebrauch von d}malir heoO eQr sytgq_am in Röm 1,16 und w\qisla (1,11);
Zusammenfassung und Auswertung
365
Zweck der sytgq_a (Rettung/Erhaltung) des in Bedrängnis geratenen Paulus bzw. der in Bedrängnis geratenen Gattung „Mensch“ handelt es sich um eine Gunstbezeugung Gottes. Abschließend ist nun noch gesondert auf Röm 1,16 einzugehen. Es wurde dargelegt, dass die paulinische Rede von d}malir eQr sytgq_am ihren besonderen Charakter und ihr einzigartiges Gepräge dadurch erhält, dass das Syntagma in Röm 1,16 mit dem paulinischen Evangelium in Verbindung gebracht wird.49 Auch wurde gezeigt, dass es sich beim eqacc]kiom (bzw. beim k|cor toO stauqoO) allem Anschein nach insofern um eine d}malir eQr sytgq_am handelt, als es den Unheil abwehrenden Tod bzw. das Sterben einer Einzelperson in Gestalt Jesu Christi kundtut.50 So verstanden, handelt es sich beim Tod Jesu Christi um die d}malir eQr sytgq_am51 im engeren, eigentlichen Sinne:52 Gott wird als der im Tod Christi d}malir eQr sytgq_am (bzw. seine Gunst) Gewährende vorgestellt;53 und das von Paulus, dem Gesandten Gottes, bereitwillig54 verkündete Evangelium wäre deswegen eine d}malir eQr sytgq_am, da es eben diesen Inhalt zugunsten, d. h. zur Rettung/Erhaltung der (unter der Sünde stehenden, daher von Gottes Zorn und Vernichtungsgericht bedrohten) Gattung „Mensch“55 kundgibt.56
49 50 51
52 53 54
55 56
dyqe\m, w\qir toO heoO (3,24); w\qir (toO heoO), w\qisla und dyqe\, d~qgla (5,12–21); waq_feshai (8,32); vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.2.6; V./2.2.7, speziell: V./2.2.7.2. Vgl. V./2.2.1; vgl. auch die Rede vom „Wort vom Kreuz“ in 1Kor 1,18–2,5, vgl. Exkurs XIII. Vgl. dazu V./2.2.6; V./2.2.7; V./2.2.8; ebenso Exkurs XIII. In der Bedeutung: „Mittel zur Abwehr des Untergangs“, „des Zugrundegehens“ im (End-)Gericht; „Mittel zur (Lebens-)Erhaltung“ im Eschaton. Vgl. dazu insgesamt Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd.1, 516 f., die zurecht darauf hinweist, dass Paulus als Unheil, vor dem die von Christi Tod Begünstigten bewahrt werden, in 1 Thess 1,10 und Röm 5,9 jeweils den Zorn Gottes und damit den Untergang im sich anbahnenden Endgericht nennt. Der bereits vor dem Eintritt in diese Gefahrensituation stattgefunden habende Tod Christi bewirkt allerdings, so Eschner, die Bewahrung der zu Christus Gehörenden vor dem Untergang in eben dieser Notlage. Mit Christi Tod können die zu Christus Gehörenden ihrer Rettung bereits in der Gegenwart sicher sein: die Krise ist überstanden. Vgl. dazu auch die auffällige Parallelisierung von „Wort vom Kreuz“, Christus und d}malir heoO in 1Kor 1,18.24.30. Vgl. dazu den impliziten Zusammenhang, der zwischen Röm 1,16 f.; 3,21–26; 5,12–21 besteht. In terminologischer Hinsicht lässt sich zudem eine Nähe zwischen Röm 1,15.16 und Lysias 12,14; Polyb. Hist. 3,109 erkennen: An allen diesen Stellen wird durch den gemeinsamen Gebrauch von d}malir (eQr sytgq_am, t/r sytgq_ar) und pq|hulor, pqohul_a die Bereitschaft bzw. Bereitwilligkeit, ein Mittel zur Rettung/Erhaltung zugunsten einer in prekäre Lage geratenen Entität zu gewähren, d. h. Hilfe in der Not zu leisten, zum Ausdruck gebracht. Dies allerdings unter der Bedingung der p_stir, vgl. Röm 1,16; 3,21–26. Hinsichtlich der paulinischen Assoziierung von d}malir eQr sytgq_am mit dem Tod eines Menschen vgl. u. a. Belege wie Eurip. Phoen. 890: dort erscheint die mit d}malir eQr sytgq_am bedeutungsmäßig deckungsgleiche Wendung lgwamµ sytgq_ar. Vgl. dazu insgesamt die Zusammenfassung unter IV. (speziell Anm. 42); ebenso die Ausführungen unter V./2.2.6. Dass Paulus mit der Rede vom Tod bzw. der Hingabe Christi „für“ die Sünder die in der antiken griechischen Literatur weit verbreitete Vorstellung vom einmaligen, Unheil abwendenden Sterben einer Einzelperson zugunsten (= zur Rettung) einer von akuter Gefahr bedrohten
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Zusammenfassung und Auswertung
Daneben könnte man vermuten, Paulus knüpfe insofern an den profangriechischen Sprachgebrauch an, als er durch den gemeinsamen Gebrauch von d}malir eQr sytgq_am in 1,16 und !pok}qysir in 3,24 den Gedanken an einen (Frei-)Kaufvorgang57 aktualisiert. Speziell die Textpassagen Lysias 12,13 f. und Them. Ep. 20,121 ff.58 ließen nämlich erkennen, dass d}malir eQr sytgq_am für Geldmittel stehen kann,59 die seitens einer freundschaftlich gesonnenen bzw. gesellschaftlich verpflichteten Einzelperson (bereitwillig)60 gewährt werden, um einen in akute Gefahr Geratenen, politisch-gesellschaftlich Ohnmächtigen den ihm nachstellenden, politischen Gegnern zu entreißen und damit die ernste, lebensbedrohliche Lage zu dessen Gunsten zu wenden. Bei Paulus liegen die Dinge im Blick auf 1,16 f. und 3,21–26 ähnlich: Hier ist Gott die Instanz, die (über Vermittlung des Paulus) d}malir eQr sytgq_am bereitwillig61 gewährt, d. h. durch Christi Tod (im übertragenen Sinne) „freikauft“ bzw. „Geldmittel aufbringt“, um drohendes Unheil, Zorn und Vernichtung von den von Gefahr Betroffenen (den p\mter, vgl. 3,23) abzuwenden.62 Dass es sich bei d}malir eQr sytgq_am darüber hinaus um eine Formulierung handelt, die in der unmittelbaren Umgebung von jq_meim jtk.–Terminologie begegnet, zeigten die Analysen zur Verwendung des Syntagmas bei Hippokrates und Galen:63 Wenn gewisse (An-)Zeichen am Körper des erkrankten Patienten auftreten, die „ein großes Potential in Richtung Erhaltung“ besitzen (vgl. den synonymen Gebrauch von d}malir eQr sytgq_am und Nopµ eQr sytgq_am), so darf man berechtigte Hoffnung auf das Überleben bzw. die baldige Genesung (sytgq_a) eines akut Erkrankten haben. Ähnlich verhält sich die Sache bei Paulus (vgl. Röm 1,16):64 Auch wenn die Lage der Gattung „Mensch“ angesichts des andringenden Zornes und Vernichtungsgerichts Gottes als äußerst ernst zu beurteilen ist, so spricht aufgrund des In-ErscheinungTretens ausschlaggebender Indikatoren (= des Evangeliums von der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus) in der Gegenwart bereits alles dafür, dass die momentane kritische Lage zugunsten der zu Christus Gehörenden zukünftig „in Richtung Rettung/Erhaltung“65 umschlagen wird.
57 58 59 60 61 62 63 64 65
Größe (= Vaterland, Polis, Einzelperson) aufgreift, zeigt die bereits mehrfach erwähnte Monographie von Eschner, Gestorben und hingegeben „für“ die Sünder, Bd. 1 und 2. Vgl. dazu die Ausführungen unter V./2.2.6 (speziell auch: Anm. 328); V./2.2.8. Vgl. II./5.1.3 und II./5.2.2.3. Vgl. bei Lysias den Gebrauch von wq/la, wqglat_feshai, t\kamtom (!qcuq_ou), !qc}qiom in 12,6 f.8–11.14; vgl. ebenso den Gebrauch von dyqe\ in Them. Ep. 20,130. Vgl. ebenso die Gleichsetzung von d}malir eQr sytgq_am und wq/la bei Apollin. Fragm. Ps. 39,14. Vgl. Lysias 12,14: s» owm taOta p\swomt_ loi pq|hulom paq\swou tµm seautoO d}malim eQr tµm 1lµm sytgq_am. Vgl. Röm 1,15: t¹ jat’ 1l³ pq|hulom! Wie in Them. Ep. 20,121 ff. handelt es sich bei der d}malir eQr sytgq_am-Gewähr in Röm 1,16 gleichzeitig um einen Gunsterweis, vgl. den Gebrauch von w\qir in 3,24: dijaio}lemoi dyqe±m t0 aqtoO w\qiti di± t/r !pokutq~seyr t/r 1m Wqist` YgsoO. Vgl. II./3, speziell: II./3.2.2.2; II./3.2.2.3 ; II./3.2.3; II./3.3. Vgl. dazu speziell die Zusammenfassung unter V./2.2.8. Der Gegensatz wäre „in Richtung Tod/Vernichtung“, vgl. Röm 1,32; 2,12; 8,1.
Zusammenfassung und Auswertung
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Sei es also, dass im einen Kontext der Akzent eher auf der sytgq_a im Eschaton liegt (vgl. Röm 1,16; 1Kor 1,18–2,5) und im anderen Kontext eher die irdische sytgq_a im Blick ist (vgl. 2Kor 4,7–12; 6,3–10; 12,7–10; 1Petr 1,5): Die prekäre Lage wird, wie der Gebrauch von d}malir in Verbindung mit Rettungs- bzw. (Lebens-)Erhaltungsaussagen (s]feim, sytgq_a, N}eshai [+ Akk.] 1j [+ Gen.], f_m, fy^) durch die entsprechenden neutestamentliche Autoren indiziert, für den- bzw. diejenigen, der/die sich momentan in akuter, Leib und Leben bedrohender Gefahr befindet/befinden und davon ausgehend auf Gottes helfende Intervention hofft/hoffen,66 mit Sicherheit zum Guten gewendet, d. h. zum Heil ausschlagen.
66 Vgl. den Gebrauch von 1kp_r in Röm 5,1–5; 1Petr 1,3 ff. Vgl. dazu auch das Futur von N}eshai in 2Kor 1,10; den Gebrauch von eqdoje?m in 2Kor 12,10 (vgl. ebenso die futurischen Aussagen in 2Kor 4,14: eQdºter fti b 1ce¸qar t¹m j¼qiom YgsoOm ja· Bl÷r s»m YgsoO 1ceqe? ja· paqast¶sei s»m rl?m).
VII. Schlussbetrachtung und Ausblick In dieser Studie wurde sich anhand von semantischen Kontextanalysen auf die Suche nach der Bedeutung des griechischen Begriffs d}malir in Verbindung mit s]feim jtk.–Terminologie begeben. Der Akzent der Analyse lag dabei auf der Erforschung des Syntagmas d}malir eQr sytgq_am, welches in der griechischen Literatur der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Zeit weit verbreitet war, aber auch bei neutestamentlichen Autoren, namentlich: bei Paulus und dem Verfasser des 1. Petrusbriefes auf modifizierte Weise (vgl. Röm 1,16; 1Petr 1,5: d}malir heoO eQr sytgq_am) Verwendung fand. Der griechische Quellenbefund legt damit die Annahme nahe, dass diese neutestamentlichen Autoren ein schon der paganen Sprache vertrautes Syntagma benutzten. Zur Klärung des semantischen Horizontes des neutestamentlichen Syntagmas d}malir (heoO) eQr sytgq_am galt es in diesem Sinne zunächst das in der klassischen, hellenistischen und kaiserzeitlichen Gräzität belegte Syntagma d}malir eQr sytgq_am auf seinen Bedeutungs- bzw. Aussagegehalt hin zu untersuchen, d. h. das zum Verstehen des Syntagmas erforderliche Hintergrundwissen zu rekonstruieren. Die Sichtung einschlägiger außerbiblischer Quellentexte hatte ergeben, dass Gefahr die Schnittmenge aller Kontexte bzw. Äußerungssituationen ist, in denen die Terminologie zum Einsatz kommt: Eine durch Passivität, Ohnmacht, Wehr- und Mittellosigkeit gekennzeichnete Entität befindet sich in ernster, lebensbedrohlicher, tödlicher Gefahr; doch durch die Gewährung von d}malir eQr sytgq_am seitens vermögender Instanzen besteht die Möglichkeit, der drohenden Gefahr zu wehren und die (Lebens-)Erhaltung der betroffenen Größe sicherzustellen. Diese Erkenntnis ließ sich in einem nächsten Schritt auch im Hinblick auf die d}malir eQr sytgq_am-Verwendung neutestamentlicher Schriftsteller, des Paulus sowie des Verfassers des 1. Petrusbriefes fruchtbar machen. Ausgehend vom philologischen Befund der klassischen, hellenistischen (hellenistischjüdischen) und kaiserzeitlichen Gräzität und anhand entsprechender terminologischer Indizien ließen sich Anknüpfungspunkte der neutestamentlichen Autoren an den außerbiblischen griechischen Sprachgebrauch eruieren. Zudem wurden im Blick auf den Römerbrief (speziell: Röm 1,16–5,21) und den 1. Petrusbrief (1Petr 1,5–4,12) implizite Zusammenhänge erkennbar und begreiflich. Sowohl die Gestalt der Formulierung d}malir eQr sytgq_am selbst, ihr Erscheinen im Verwendungszusammenhang von Gefahr (mit möglicher Todesfolge), ihr häufiges Auftreten in der unmittelbaren Umgebung des Verbums !poqe?m, !poqe?shai (bzw.
Schlussbetrachtung und Ausblick
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des synonymen rsteqe?shai) sowie das oftmals mit d}malir eQr sytgq_am assoziierte Wehr-/Verteidigungs-Motiv lassen darauf schließen, dass die (profan-)griechische Rede von d}malir eQr sytgq_am bzw. die Rede von einer d}malir, die den Zweck bzw. das Ziel der sytgq_a verfolgt, die Terminologie für die neutestamentlichen d}malir eQr sytgq_am-Wendungen bereitgestellt hat. Angesichts des hohen Maßes an syntaktischer wie semantischer Übereinstimmung zwischen den außer- und innerbiblischen Belegen, in denen das Syntagma zum Einsatz kommt, kann vor dem aufgezeigten Hintergrund begründet angenommen werden, dass die behandelten neutestamentlichen Autoren, Paulus und der Verfasser des 1. Petrusbriefes, in ihrem d}malir eQr sytgq_am-Gebrauch an eine bereits bestehende pagane Wortverbindung anknüpften1 bzw. auf ein in der damaligen Gesellschaft vorliegendes Sprachmuster zurückgriffen.
Auf der Grundlage der bisherigen Textanalysen kann also davon ausgegangen werden, dass das Syntagma d}malir eQr sytgq_am das Potential hat, einen bestimmten Ausschnitt aus der Enzyklopädie des antiken Menschen zu aktivieren. Die Weichen für weitere Analysen, die unter Hinzuziehung zusätzlichen antiken Quellenmaterials erfolgen, sind damit gestellt. Denn das im Rahmen dieser Forschungsarbeit untersuchte griechische Textmaterial bedarf der Ergänzung. Durch die Befragung weiterer Quellen, griechischer Inschriften und Papyri, insbesondere aber auch weiterer jüdischer Literatur in griechischer Sprache sowie Texte christlicher Autoren der patristischen Zeit, könnten die bereits vorgenommenen Deutungen überprüft und abgesichert, aber auch ergänzt bzw. komplettiert werden.
1 Auch charakteristische Abweichungen der neutestamentlichen Rede von d}malir eQr sytgq_am vom außerbiblischen griechischen Sprachgebrauch waren festgesellt worden: Es bleibt zu vermuten, dass insbesondere in der durchgängigen, von der Septuaginta beeinflussten Rede von d}malir heoO eQr sytgq_am das Erneuerungspotential der neutestamentlichen Texte besteht.
VIII. Literaturverzeichnis 1. Textausgaben und Übersetzungen An dieser Stelle sind nur die Textausgaben und Übersetzungen jener Schriften antiker Schriftsteller aufgeführt, die in der vorliegenden Studie einer Analyse unterzogen werden. Hinweise auf weitere antike Schriften beziehen sich auf die Ausgaben, die in der TLG-Quellensammlung verzeichnet sind (vgl. Luci Berkowitz, Karl A. Squitier, Thesaurus Linguae Graecae: Canon of Greek Authors and Works, New York/Oxford 21986). Apokalypse des Mose Merk, Otto, Meiser, Martin, Das Leben Adams und Evas, JSHRZ II/5, Gütersloh 1998. Tischendorf, Constantinus (Hg.), Apocalypses Apocryphae: Mosis, Esdrae, Pauli, Iohannis, item Mariae Dormitio, additis evangeliorum et actuum apocryphorum supplementis, Leipzig 1866, 1–23. Apollinaris von Laodicea Mühlenberg, Ekkehard (Hg.), Apollinaris von Laodicea: Fragmenta in Psalmos, Psalmenkommentare aus der Katenenüberlieferung, Bd. 1, Patristische Texte und Studien 15, Berlin 1975. Aristobulus Denis, Albert-Marie, Fragmenta pseudepigraphorum quae supersunt Graeca, Pseudepigrapha Veteris Testamenti Graece 3, Leiden 1970. Holladay, Carl R., Aristobulus Cassandreus, Fragments from Hellenistic Jewish Authors Vol. III, Chico 1995. Aristoteles Frantzius, Alexander von (Hg.), Aristoteles’ Vier Bücher Über die Teile der Tiere: Griechisch und deutsch und mit sacherklärenden Anmerkungen, Aristoteles Werke 5, Leipzig 1853 (ND Aalen 1978). Gohlke, Paul (Hg.), Aristoteles, Über den Himmel; Vom Werden und Vergehen, Die Lehrschriften 4,2, Paderborn 1958. –, Über Die Glieder Der Geschöpfe, Die Lehrschriften 8,2, Paderborn 1959. Kullmann, Wolfgang (Hg.), Aristoteles: Über Die Teile Der Lebewesen, Berlin 2007. Louis, Pierre, Aristote. Les parties des animaux, Paris 1956. Ross, William David, Aristotelis physica, Oxford 1950 (ND 1966). Seidl, Horst, Biehl, Wilhelm, Apelt, Otto (Hg.), Aristoteles, Über die Seele: griechischdeutsch, Philosophische Bibliothek 476, Hamburg 1995. –, Christ, Wilhelm von, Bonitz, Hermann (Hg.), Aristoteles’ Metaphysik: griechischdeutsch, Hamburg 1987.
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