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German Pages 325 [328] Year 2013
Gottfried Schramm Zweigliedrige Personennamen der Germanen
Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde
Herausgegeben von Heinrich Beck · Sebastian Brather · Dieter Geuenich · Wilhelm Heizmann · Steffen Patzold · Heiko Steuer
Band 82
Gottfried Schramm
Zweigliedrige Personennamen der Germanen Ein Bildetyp als gebrochener Widerschein früher Heldenlieder
ISSN 1866-7678 ISBN 978-3-11-032444-0 e-ISBN 978-3-11-032474-7 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalogue record for this book has been applied for at the Library of Congress Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.dnb.de abrufbar © 2013 Walter de Gruyter GmbH, 10785 Berlin/Boston Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ? Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
In meinen Göttinger Studentenjahren gehörte der Orientalist und Religionshistoriker
Hans Heinrich Schaeder 1896–1957 zu meinen wichtigsten Anregern. Auf seinen Mut, weite Räume und Zeitspannen zu überschauen, besann ich mich zurück, als ich jenes Thema wieder aufgriff, mit dem ich meinen wissenschaftlichen Weg 1951 begonnen habe. Die Anfänge meiner Neugier, die vorgermanischen Wurzeln des altgermanischen Personennamenschatzes freizulegen, hat mein Mentor noch wohlwollend begleitet. Nicht ahnen konnten wir beide, dass diese Neugier mich eines Tages in sein ureigenstes Gebiet, die altiranische Kultur, verschlagen würde, die für mich ein völliges Neuland war. Sein Rat wäre von großem Nutzen namentlich für das zweite Kapitel meiner neuen Studie geworden. Seinem Andenken sei dieses Buch gewidmet.
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Vorwort Die Grundthese dieses Buches, die sein Titel so knapp wie möglich zusammendrängt, bedarf der Erläuterung. Namen wie Bert-ram in Deutschland und Rá. -ormr in Skandinavien spiegeln einen Schatz feierlicher Dichtersprache wider: nicht in einem genauen Spiegelbild, sondern gebrochen, was im Wortsinn und übertragen gemeint ist. Zugrunde liegen beiden als Beispiel herausgegriffene Bildungen, dass sie wörtlich übersetzt sinnlos erscheinen: ‚Glanz-Rabe‘ und ‚Rat-Wurm‘ ergeben keinen zusammenhängenden Sinn. Bert und Ra. verweisen aber auf Formeln, die einem Gefeierten göttlichen Glanz und die Fähigkeit zu kluger Herrschaft zuschreiben. Die Endglieder dagegen stammen aus Epitheta, die in einem Fall einen Kämpfer als Rabenfütterer preisen, was so zu verstehen ist: Ein Mann, der auf dem Schlachtfeld durch seine erschlagenen Gegnern den Raben zum Fraß verhilft. Der Wurm dagegen stammt aus Formeln, die einem Fürsten die Abkunft von einem mythischen Drachenbezwinger nachrühmen. Namen ergeben in den meisten Fällen keinen individuellen Sinn, sondern verweisen alle zusammengenommen auf eine poetisch durchgestaltete heroische Welt. Sie sind ihr gebrochener Widerschein. Wohlgemerkt: diese These hat der Verfasser schon in seiner Dissertation 1953 vorgestellt und 1957 in ihrer Druckfassung ausgebaut. Eben diese These hat sich in der Fachwelt erstaunlich durchgängig behauptet. Warum dann aus gleicher Feder nach 50 Jahren ein zweites Buch zum selben Thema, noch dazu mit unabgewandelter Fragerichtung? Es geschah deshalb, weil der Verfasser längst mit anderen Gegenständen befasst, gerade aus einem weiten Abstand allmählich ahnte, dass er sich 1957 wesentliche Erkenntnisse hatte entgehen lassen, auf die auch andere inzwischen nicht gekommen sind. Was der Leser aufgeschlagen hat, ist somit keine zweite überarbeitete Auflage, sondern ein Neuer Schramm, ein Versuch, der tiefer bohrt, die Argumentation verfeinert und den Gesichtskreis namentlich dadurch ausweitet, dass er den Namenschatz der Germanen eingehender als bisher üblich mit sprachverwandten Namenschätzen vergleicht. Es wäre schön, wenn Jüngere weiterdenken, was ein 84 Jahre alter Verfasser hinterlässt. Ein Unikum ist das jetzt vorgelegte Buch auch darin, dass sein Verfasser schon vor 50 Jahren von der Altgermanistik zu einem ganz anderen Fach: der Osteuropäischen Geschichte überwechselte, die er seit 1965, mittlerweile emeritiert, an der Universität Freiburg im Breisgau vertritt. Seine mittlerweile historisch geschärfte Sehweise schlug sich darin nieder, dass der Verfasser die Vorgeschichte der beiden germanischen Überlieferungsstränge heute anders rekonstruiert, als bislang üblich. Bisher galt als ausgemacht, dass der Bildetyp bis in die indogermanische Grundsprache zurückreicht. Den terminus ante des Auseinanderdriftens einer vielgliedrigen Sprachenfamilie hat der Autor damals – völlig unabhängig von seinen Gedanken zu den Personennamen – mit dem Ausgriff von Ackerbau und Viehzucht nach Binneneuropa im 6.–5. vorchristlichen Jahrtausend gekoppelt. Das aber ist kein plausibler Hintergrund für eine heroische Kultur. Die Geschichte, mit der wir es in diesem Buch zu
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Vorwort
tun haben werden, ist also keine graue Vorzeit, sondern eine Frühzeit, deren Konturen wir aus schriftlich überlieferten Quellen kennen. Der zum Historiker gemauserte Philologe rechnet jetzt mit einem Niederschlag der Streitwagenkultur, die im 2. Jahrtausend v. Chr. vermutlich bei Indoiranern östlich des Kaspisees entstand und sich von dort weit über die Indogermania, auch zu Kelten und Germanen, verbreitete. Nur so wird verständlich, dass viele indogermanische Namenschätze das Pferd enthalten, das zur Zeit der Grundsprache noch nicht im Kriege verwendet wurde. Nach meinem Urteil hat sich mein Fachwechsel gelohnt, weil nur er es ermöglichte, zwei verschiedene Gebiete, Geschichte und Philologie, zu neuen Problemlösungen zusammenzuspannen. Aber der Vorteil schließt auch einen Nachteil ein. Jemand, der ein halbes Jahrhundert nicht mehr als professioneller Altgermanist zugebracht hat, ist gegen Fehltritte in der Feinarbeit weniger gefeit als der Routinier. Viele Kleinigkeiten sind ihm entfallen. Aber von wem hätte ich erhoffen dürfen, dass er mit geschärften Augen – und Ohren – meinen Text Zeile für Zeile durchgesehen und berichtigt hätte? Hier muss ich um Nachsicht, aber auch um freundliche Hinweise bitten, wo Berichtigungen angebracht sind. Wo ich spezielle Hilfe angerufen habe, ist sie mir bereitwillig gewährt worden. Für Skandinavien standen mir Thorsten Andersson und Lena Peterson in Uppsala zur Seite, für die Festlands-Germania Robert Nedoma in Wien, für die Archäologie die Herausgeber der Reihe, in denen das Buch erscheint. Für die in dieser Reihe geltenden Regeln hatte Astrid van Nahl meine Aufsätze über einzelne Personennamen eingepasst, die hier erstmals gesammelt erscheinen. Um die Endredaktion hat sich Daniel Unger mit großer Umsicht und Ordnungssinn verdient gemacht. Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Vorwort fi VII I. I.1 I.2 I.3
II. II.1 II.2 II.3 II.4 II.5 II.6
III. III.1 III.2 III.3 III.4 III.5 IV. IV.1 IV.2 IV.3
Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache fi 1 Ein altes Thema: nach fünfzig Jahren in neuem Augenschein fi 1 Lieder zum Lobpreis von Helden: Mutterboden zweier verschwisterter Sagweisen und Regelsysteme fi 5 Eine zählebige Konstellation: vornehme Gastgeber, ein Sänger und kunstsinnige Zuhörer fi 11 Ein Bauplan für Preisformeln und Namen: Teilstück einer neuartigen kriegerischen Kultur fi 15 Zur Diskussion gestellt: die Länge des Anmarschweges bis zu unserer schriftlichen Namenüberlieferung fi 15 Eine neue Waffe als Anstoß für eine Kultur neuer Art fi 21 Gebremste Wirkungen des Streitwagens im Vorderen Orient: Kein Umbau von Gesellschaften und ihres kulturellen Gefüges fi 25 In Südost- und Mitteleuropa: Freie Bahn für eine Ausrichtung ganzer Völker auf das Ideal des gefeierten Helden fi 26 Die Germanen des 1. Jahrtausends als Abwandler eines entlehnten Musters fi 28 Ein aristokratisch-heroisches Ideal bei den Germanen: älter als bisher angenommen fi 30 Die Normierung des Namenrhythmus: eine germanische Besonderheit fi 33 Auseinanderstrebende Klangtendenzen: wuchernde Freiheit bei den Kelten und strenge Regulierung bei den Germanen fi 33 Die silbische Symmetrie des Haupttyps und seine einheitlich abgestufte Betonung: ‚xx – ‘xx fi 37 Die einzig zugelassenen Varianten zum Haupttyp: dreisilbige Anfangsglieder auf -la- und -na- fi 41 Ähnliche Klänge am Namenausgang fi 43 Verwitterung durch Lautgeschichte fi 47 Grammatische Abbilder von Männlichkeit fi 55 Ein Teil von Edward Schröders Genusregel: nur Maskulina als substantivische Endglieder von Männernamen fi 55 Nicht befolgt in den Bildungen auf -kampf und -friede fi 58 Verschärfung anderswo: Selbst scheinbare Verstöße gegen die Regel gemieden fi 62
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X
Inhaltsverzeichnis
IV.4 IV.5
Eber, Bär und Wolf: Kampfgegner des Mannes als Vorbild fi 67 Der Ausgriff der Genusregel auf die Sagweisen vom Helden als Ding fi 74
V. V.1 V.2 V.3 V.4 V.5
Rollen in einer heroischen Welt fi 79 Fürsten und Edelleute: auf die gleiche Weise gepriesen fi 79 Identifikation mit anderen Volksstämmen? fi 82 Krieger und Friedenswahrer fi 86 Abkömmlinge und Knechte von Göttern, kultisch Drapierte fi 89 Das Umfeld des Helden im Spiegel der Anfangsglieder fi 92
VI. VI.1 VI.2
Anläufe zu eigenständigen Frauennamen fi 99 Am Anfang: ein bloßer Abklatsch von Männernamen fi 99 Movierungen in zwei Stammklassen als Wurzelstock der germanischen Frauennamen fi 102 Klangähnlichkeit im Endgliederschatz: bei Frauen häufiger als bei Männern fi 105 Von der sinnvollen Movierung (gott-)gegeben zum eigenständigweiblichen Endglied (Gottes-)Gabe fi 108 Sieben weitere Neueinführungen: von der überirdischen Schlachthelferin zur Anmut irdischer Frauen fi 110 Eine Tendenz zum Abbau der Paarbindungen zwischen männlichen und weiblichen Zweitgliedern fi 116
VI.3 VI.4 VI.5 VI.6
VII.
Das Gesamtbild: Kunstvolle Bauregeln für eine Gattung fi 121
VIII. VIII.1 VIII.2 VIII.3 VIII.4
Anhänge (unter Mitarbeit von Astrid van Nahl und Daniel Unger) fi 125 Namenlandschaften fi 127 Anfangsglieder mit dreisilbigen Varianten fi 136 Männliche Endglieder fi 145 Weibliche Endglieder fi 152
IX. IX.1
Aufsätze über einzelne Personennamen fi 167 Attilas Vater Mundiuch: Wirkungen eines hunnischen Fürstennamens auf die Germanen? fi 169 Etzel, Botelungs Sohn: poetische Schicksale einer genealogischen Reminiszenz fi 197 Der Name Kriemhilt und die Wanderwege der Nibelungensage fi 218 Zu einer germanischen Besonderheit in der Bildung zweistämmiger Männernamen fi 239 Von Budalungs Sohn zum Gehöft der Bu.lunge. Wanderwege und Wandlungen einer epischen Formel der Germanen fi 251 Die germanische Seherin Aurinia bei Tacitus fi 256
IX.2 IX.3 IX.4 IX.5 IX.6
Inhaltsverzeichnis
X. X.1 X.2 X.3 X.4
X.5 X.6
Register (unter Mitarbeit von Astrid van Nahl und Daniel Unger) fi 261 Abkürzungen fi 263 Verzeichnis der behandelten Themen fi 264 Verzeichnis der behandelten Namenglieder fi 267 Register der erwähnten Personennamen (mit Quellennachweisen, für Skandinavien in Zusammenarbeit mit Lena Peterson und Thorsten Andersson) fi 270 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen fi 289 Literaturverzeichnis fi 292
XI
XII
Inhaltsverzeichnis
Ein altes Thema
I.
Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
I.1
Ein altes Thema: nach fünfzig Jahren in neuem Augenschein
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Gut ein halbes Jahrhundert ist seit dem Erscheinen meines wissenschaftlichen Erstlings vergangen.1 Unter dem Titel Namenschatz und Dichtersprache. Studien zu den zweigliedrigen Personennamen der Germanen behandelte ich 1957 einen Bildetyp, der uns noch heute aus Namen wie Wil-helm, Ger-hard und Hed-wig geläufig ist. Die Hauptthese, die ich damals wagte, war diese: Es handele sich bildungsgeschichtlich um einen Ableger, hervorgegangen aus ebenfalls zweigliedrigen Preisformeln der frühen Heldendichtung. Die Namen hätten sich zwar auf mehrfache Weise von ihrem appellativen Mutterboden losgelöst. Das zeige sich namentlich darin, dass auch solche Glieder zusammengerückt werden konnten, die keinen zusammenhängenden Sinn ergaben. Da aber der Bestand der zweigliedrigen Personennamen sich in einem langen Entwicklungsgang immer von neuem auf die Heldenepitheta rückkoppelte, deren Gesamtheit wir uns ebenfalls als ein einziges, durchgestaltetes Ganzes vorzustellen haben, blieb das enge Band zwischen zwei verschiedenen Weisen des geformten Sprechens erstaunlich lange erhalten. Durch wie viele Jahrtausende, wird uns im zweiten Kapitel beschäftigen. Die experimentierende Art, in der meine Dissertation mit einem altbekannten Gegenstand umging, und die meisten Ergebnisse, zu denen ich kam, haben einen einhelligeren und dauerhafteren Anklang gefunden, als sich ein Anfänger in der Wissenschaft hätte träumen lassen. Unerwartetes, hohes Lob spendete mir 1973 Rüdiger Schmitt in einem Vortrag, der auch als Heft erschien.2 Dieser kundige Philologe mit breitem Überblick hatte, als er Elemente einer indogermanischen Dichtersprache rekonstruierte, meine Ergebnisse noch nicht berücksichtigt. Sobald er sie zur Kenntnis nahm, stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass ich als Postulat, abgeleitet aus Na-
1 Zugrunde lag die Dissertation, mit der ich 1954 in Göttingen als Altgermanist promoviert wurden. Mein Doktorvater Hans Neumann, der sich vor allem mit der deutschen Literatur des Mittelalters befasste, überließ die Aufgabe des Hauptbetreuers dem Indogermanisten und Nordisten Wolfgang Krause, der für mein Thema eine besondere Kompetenz besaß. Mein verehrter Meister Krause versah, obwohl mittlerweile völlig erblindet, seine Aufgabe als Ordinarius ohne jeden Nachteil für seine Schüler. Im Gegenteil: Ich durfte ihm meinen Entwurf Satz für Satz vorlesen und darüber diskutieren. Welchem anderen Doktoranden wird ein ähnliches Glück zuteil? Umgearbeitet, ausgebaut und mit verändertem Titel erschien meine Dissertation 1957 im Göttinger Verlag Vandenhoeck & Ruprecht als Nr. 15 der Ergänzungshefte zur Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiet der indogermanischen Sprache. 2 Schmitt 1973.
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Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
menbefunden, bereits manches vorweggenommen hatte, was er dann auf feste Stützen stellen konnte: Eine ganze Reihe von indogermanischen Sprachen stimmen in ihrem frühen, heroisch-poetischen Vokabular, aber auch in Bau und Sinngestalt ihrer zweigliedrigen Personennamen so weitgehend zusammen, dass sie aus einem gemeinsamen, grundsprachlichen Mutterboden entsprossen sein müssen. Dass man diese Folgerung freilich noch einmal überdenken muss, werden wir später hören (II.1). Natürlich freut mich das Ansehen, das mein Buch von 1957 noch heute genießt. Aber es wurmt mich zugleich, dass Namenschatz und Dichtersprache keine Kugel ins Rollen gebracht hat.3 Die Grundeinsicht, die mich in der Spur von Edward Schröder geleitet hatte, war, dass in den altgermanischen Personennamen ganz bestimmte Bauregeln walteten, die sich auf den Klang, die grammatische Struktur und die Inhalte erstreckten. Leider hat sich offenbar niemand anderes unser beider Anliegen zu eigen gemacht, jenes Regelgefüge genauer nachzuzeichnen, das einen bestimmten Bereich von gehobener, poetischer Sprache durchformte und einheitlich hielt. Ja, wer hätte überlegt, wie eine solche Ordnung sich durchsetzen und – bei hoher Traditionalität – in klaren Bahnen weiterentwickeln konnte? Wann wäre es zu einem eingehenden Vergleich der zweigliedrigen Bildungen in der Dichtung und unter den Rufnamen gekommen, der die Übereinstimmungen aber auch die Unterschiede herausgeschält hätte? Eines meiner Anliegen war, die Eigenart des zweigliedrigen Typus bei den Germanen von dem individuellen Gepräge verwandter indogermanischer Namenschätze abzusetzen. Wo ist etwas Entsprechendes auch nur für einen einzigen weiteren Namenschatz von neun verwandten ethnischen Beständen versucht worden, die sich für einen Vergleich anbieten? Nur bestätigen konnte ich Rüdiger Schmitts Klage, die indogermanische Namenkunde sei ein „ziemlich vernachlässigtes und nur wenig erforschtes Gebiet“ geblieben.4 Daran hat sich in weiteren dreißig Jahren nichts geändert. Kein Wunder danach, dass der hochinteressante Typus der zweigliedrigen Personennamen bisher erst sehr wenig für die allgemeine Kulturgeschichte abgeworfen hat. Warum drehte ich das Rad nicht selber weiter? Ganz einfach: Als mein Buch erschien, war ich, der als Altgermanist begonnen hatte, bereits im Absprung zu einem ganz anderen Fach begriffen, das meine Studentenjahre erst als ein Nebenstrang durchzogen hatte. Von nun an konzentrierte ich mich auf die Geschichte des östlichen Europas, die ich seit 1965, mittlerweile emeritiert, an der Universität Freiburg im Breisgau vertrete. Gewiss, als Historiker habe ich immer wieder auf meine Ausbildung als Philologe zurückgegriffen. Denn ich konnte aus antiken und frühmittelalterlichen Namenzeugnissen historische Schlüsse ziehen, für die meinen Fachkol-
3 Dazu meine Rezension von Schmitts Vortrag: Schramm 1974, S. 261f. 4 Schmitt 1973, S. 8.
Ein altes Thema
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legen die notwendige Doppelausbildung fehlte. Aber in all den Jahren ging es mir zu allermeist um Flüsse, Örtlichkeiten und Volksstämme, kaum je dagegen um die Namen von Personen. Die Germania spielte nur noch selten herein. Ja, die Bauregeln des zweigliedrigen Bildetyps, die mich einmal fasziniert hatten, schienen endgültig beiseite gelegt. Aber dann wurde ich 2004 von freundlichen schwedischen Kollegen zu einer namenkundlichen Tagung nach Uppsala eingeladen. Dort fand ich, der zur Historie Abgefallene, mich endlich wieder einmal in einer Runde von germanistischen Linguisten wieder. Damals kam mir der Gedanke, es würde lohnen, meine Anfangsarbeit, die bei dieser Gelegenheit mit freundlichen Komplimenten bedacht wurde, mit einer in fünfzig Jahren gewachsenen Erfahrung in eine neue Form zu gießen. Um meine Kenntnisse aufzufrischen, las ich noch einmal nach, womit ich damals an die Öffentlichkeit getreten war. Mein damaliger Gedankengang schien mir im Großen und Ganzen noch immer überzeugend. Aber mit der damals gewählten literarischen Form war ich nicht mehr zufrieden. Die vielen in den Text eingeschobenen Namenbelege unterbrachen häufig genug den Fluss der Rede. Die Gliederung erschien mir streckenweise steif und schulmäßig. Nicht alle meine Beobachtungen standen an dem Platz, wo sie für die Gesamtargumentation am meisten hergeben. Nun lockte es mich, meine Erkenntnisse in einer möglichst glatt durchlaufenden Gedankenfolge zu präzisieren. Mit einer bloßen Übererarbeitung würde es, wie mir bald aufging, nicht getan sein. Geratener erschien mir, meine Geschichte von Anfang an bis Ende noch einmal ganz neu zu erzählen: verschlankt und flüssiger. Die Namenbelege gehören meist in die Fußnoten. Ihre Fundstellen stehen in einem Register auf S. 307–339. Manchmal werde ich mir eine ausführliche Erörterung sparen können, weil ein Verweis auf meine Arbeit von 1957 ausreicht. Manches ließ sich mittlerweile noch deutlicher, noch plastischer sagen. Jedoch nicht nur formal kam ich weiter. Nein, ich lotete meinen Gegenstand nunmehr tiefer aus als das erste Mal. Altes wurde ausgebaut und Neues hinzugefügt. Nur dann und wann habe ich längere Passagen ohne wesentliche Änderungen aus meiner Erstlingsarbeit übernommen. Lediglich die Anhänge VIII.2 und VIII.4 halten sich eng an meine Arbeit von 1957. Insgesamt aber wurde auf einem vor einem halben Jahrhundert gelegten Fundament ein neuer Bau errichtet. Gar nicht versucht habe ich, fünfzig Jahre Fortschritt in der Germanistik aufzuarbeiten.5 Es empfahl sich, die Anmerkungen eher zusammenzustreichen als sie systematisch zu ergänzen. Geraten schien mir, die Argumentation von damals umzudrehen. 1957 habe ich meine Leser schrittweise auf die These hingeführt, die Preis-
5 Vier Sachkenner – Heinrich Beck, Thorsten Andersson, Lena Peterson und Robert Nedoma – waren so freundlich, meinen Textentwurf zu verbessern und Ergänzungen vorzuschlagen. Meine Sichtweise stellen sie nicht in Frage. Einem der Ratschläge, den die Kritiker meines Entwurfs geäußert haben, mag ich dann doch nicht folgen: häufiger auf weiterführende Literatur zu verweisen. Es schien mir ehrlicher, in den Anmerkungen nur solche Arbeiten aufzuführen, die mir bei der Abfassung von Nutzen waren.
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Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
formeln einer frühen Heldendichtung seien der Mutterboden des zweigliedrigen Namentypus. Da sich diese These mittlerweile längst durchgesetzt hat, konnte ich sie nunmehr zu einem – hinreichend sicheren – Ausgangspunkt meiner Überlegungen machen. Nur gegen meine semantische Deutung der Frauennamen waren inzwischen Stimmen laut geworden. Sie veranlassten mich, dieses Thema noch einmal zu durchdenken. Dabei kam ich zu der Einsicht, ich täte gut daran, meine Grundeinsichten im Einzelnen zu modifizieren und den germanischen Namenschatz in seiner weiblichen Hälfte genauer nachzuzeichnen (VI.1–6). Nunmehr werden, so hoffe ich, meine Ansichten in einer Form vorgetragen, die in den Grundzügen auf allgemeine Zustimmung hoffen darf. Am spannendsten für mich selber war, dass ich in Kapitel II eine communis opinio überprüfe, der ich mich – trotz erster Zweifel – 1957 noch angeschlossen hatte: Der von so vielen Zweigen der Indogermania kultivierte zweigliedrige Namentypus sei ein Erbe aus der gemeinsamen Grundsprache. Fünfzig Jahre Praxis als Historiker hatten mein Blick so weit geschärft, dass mir nunmehr aufging, eine Umdatierung sei an der Zeit. Denn die h e r o i s c h e Ku l t u r, der unser Bildetypus entsprungen ist, dürfte sich erst im 2. Jahrtausend v. Chr. herausgebildet haben. Als Wanderphänomen hat er sich dann von einem Ausgangsraum, den ich glaube auf der Landkarte abgrenzen zu können, über weite Entfernungen ausgebreitet. Damit wage ich mich in die Welt des Vorderen Orients des 2. Jahrtausends v. Chr. hinein, wo ich, wohlgemerkt, bloß ein neugieriger Laie bin. Vor allem zu dieser Ausweitung meines Themas erhoffe ich mir eine gründliche, interdisziplinäre und, wenn nötig, langdauernde Diskussion. Sollte es mir diesmal endlich gelingen, eine Kugel ins Rollen zu bringen, würde mich das auf meine alten Tage glücklich machen.
Lieder zum Lobpreis von Helden
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Lieder zum Lobpreis von Helden: Mutterboden zweier verschwisterter Sagweisen und Regelsysteme
Ein germanischer Fürst pflegte einen Kreis befreundeter Adliger gerne in seine Halle einzuladen, um mit ihm lauthals zu plaudern und zu zechen. Zum Festvergnügen gehörte, dass ein Sänger auftrat und das Lärmen der Runde mit einem zur Harfe vorgetragenen Sprechgesang unterbrach. Der war mit vielen alten und neuen Erzählstoffen vertraut und wusste sie mit schönen, kunstreich gebundenen Worten zu beschwören. Wohl im 8. Jahrhundert hat ein – uns dem Namen nach nicht bekannter – Autor, vielleicht ein Mönch, eine solche Szene in einem Epos festgehalten, das uns ausführlicher und manchmal ausladender als jedes andere Zeugnis Einblick in die heroische Welt der Germanen in der späten Völkerwanderungszeit gewährt.6 Die Verse 607 bis 629 lauten, aus dem Altenglischen übersetzt: Da war voller Freude der freigebige Schatzspender, Der grauhaarige und glorreiche. Es glaubte nun an Hilfe Der Gebieter der Dänen. Von Beowulf hörte 610 Der Volkshüter dessen festentschlossene Absicht. Da war Lachen der Leute, Lärm ertönte, Die Worte waren wonnesam. Wealhtheow trat ein, König Hrothgars Gemahlin, der herkömmlichen Sitte eingedenk. Die Goldgeschmückte grüßte die vergnügten Männer in der Halle, 615 Und dann reichte die freigeborene Frau den gefüllten Pokal Zuerst dem edlen Landeshüter der Ostdänen, Bat ihn, bester Laune zu sein bei diesem Biergelage, Lieb zu den Leuten. Mit Lust empfing Speise und Saalkrug der siegesstarke König. 620 Es ging da umher die edle Helmingenfrau Auf jedem Flügel der Gefolgschaft, der älteren und jüngeren, Und verteilte die leuchtenden Becher, bis sich Gelegenheit ergab, Daß sie zu Beowulf, die mit blendenden Ringen geschmückte Königin, Die Hochgemute, den Metbecher hintrug. 625 Sie begrüßte den Gautenfürst, und Gott dankte Die weise Frau mit Worten, daß sich ihr Wunsch erfüllt hatte, Daß sie von irgendeinem edlen Manne erhoffen konnte Verhütung der verhaßten Überfälle. Er erhielt den Becher, Der kühne Krieger […]7
Diese in der adligen Festgesellschaft vorgetragenen Verse waren durchsetzt mit mehr oder weniger feststehenden Formeln, die dem Hörer als vertrautes Erbe im Ohr klin-
6 Über die Entstehungszeit des Beowulfepos streiten die Gelehrten noch immer, siehe Chase 1981. 7 Die Prosaübersetzung folgt: Beowulf. Ein altenglisches Heldenepos, übertragen und herausgegeben von Martin Lehnert, Leipzig 1986, S. 43–44. Von mir kursiv gesetzt sind preisende Epitheta für Männer und Frauen.
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Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
gen sollten. In 23 Versen bringt der Dichter, der vor König Hrothgar auftritt, eine Fülle von preisenden Floskeln unter: der Gebieter der Dänen etwa, der Volkshüter, der siegesstarke König. Schon diese kleine Auswahl aus einem viel größeren Schatz, den das lange Epos ausbreitet, zeigt, auf welche Weisen die Preisformeln in den Fluss der Sätze eingeflochten sind. Sie können im Namen des Gefeierten voran- oder nachgestellt werden. Manchmal verweisen sie auf ihn zurück, ohne dass sein Name wiederholt wird. Stanzformeln oder Schablonen dieser Art benennen in der Regel keine charakteristischen Eigenschaften eines Helden, sondern passen diesen – meist ohne individuelle Züge hervorzuheben – in ein Idealbild von sozial hochgestellten Heroen ein. Die Besungenen sind beim Vortrag des Sängers anwesend, weilen in der Ferne oder gehören manchmal einer sagenhaften Vergangenheit an. So bunt die Ausdrücke wechseln mögen: Im Grunde sagen sie immer dasselbe mit ständig wechselnden Worten. Auch in der grammatischen Gestalt schält sich aus ganz verschiedenen Klängen ein einfaches, durchgängiges Muster heraus. Da gibt es unkomponierte Substantive wie Held und Recke, aber auch Adjektive wie edel und kräftig. Zweigliedrige Wendungen sind – wegen ihres prächtig volltönenden Klanges – besonders beliebt. Sie können in zwei Wörter auseinandergezogen werden: etwa den Leuten lieb und des Hortes Spender, womit der gemeint wird, der kostbares Gut unter den Mannen austeilt. Beliebt sind daneben Komposita wie land-fruma für den ‚Landesfürsten‘ und hild-freca ‚Kampfheld‘, he˘ado-grim ‚kampfgrimmig‘ und god-fremmende ‚tüchtig, tapfer‘.8 Es waren – so mein von keiner Seite in Frage gestelltes Hauptergebnis von 1957 – derartige Epitheta ornantia, also a p p e l l a t i v e , e i n e m H e l d e n b e i g e l e g t e K o m p o s i t a d e r h e r o i s c h e n D i c h t e r s p r a c h e , die das formale und inhaltliche M u s t e r für den zweigliedrigen Namentypus geliefert haben. Ja, sie waren nicht nur der Mutterboden, aus dem in grauer, ferner Vorzeit der Namentypus einmal entsprossen war, sondern dienten vermutlich auch als die Schatztruhe, der die Namenschöpfer, wenn sie neue Bauelemente einführten, in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen ihre Vorbilder entnahmen. So blieb der Ableger fortdauernd auf seinen Wurzelstock bezogen. Zwei Bestände von geformter, poetischer Sprache waren und blieben ein Paar, das eng zusammenhing. Das Verhältnis, das zwischen ihnen waltete, wird unser durchlaufendes Thema sein. Beide Sagweisen warteten mit einer Fülle von Formeln auf, die in einer ehrwürdigen Tradition bleiben wollten, aber im Einzelnen variierbar waren. Damit wurden die Hörer nicht etwa gelangweilt, sondern zu ihrer Freude immer von Neuem in ein gemeinsames Ethos und ein kostbares Herkommen eingestimmt. Milman Parry hat
8 Beispiele für die Bauvarianten der Preisformeln und ihre Einfügung in den Satzfluss altgermanischer Dichtungen siehe z.B. Schramm 1957, S. 106–119 (= Kap. V: Der Hintergrund der Männernamen: Formeln heroischer Dichtung). Zu wünschen bleibt eine gemeingermanische Erfassung und philologisch-kulturgeschichtliche Interpretation der frühen, v.a. altenglischen und altnordischen Heldenepitheta. Ein reiches, aber unübersichtlich aufgelistetes Material bietet Meyr 1889.
Lieder zum Lobpreis von Helden
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diese zu seiner Zeit noch bei den Südslawen lebendige Sangestradition aufgrund eigener Kenntnisnahme vor Ort mit der Illias und der Odyssee verglichen. Was von ihm und anderen über Gestaltungsmittel und Inhalte in bei den Südslawen blühenden Heldendichtungen festgestellt wurde, lässt sich ohne Abstriche auf unser germanisches Thema übertragen: Für ein naturnahes, ungekünsteltes Empfinden liegt gerade in der geregelten Wiederholung, in dem Einhämmern bestimmter Inhalte und Vorstellungen, im ständigen Wiedererkennen eine suggestive, aufpeitschende Wirkung.9
Ein Germane, der in einer Art von feierlichem, durch Harfenklänge untermaltem Singsang seine heroischen Verse vor adligen Festrunden vortrug, gehörte keinem fest definierten Stande an, wie wir ihn etwa von den Kelten kennen. Gelegentlich war es ein Gleichgestellter unter Gleichen, der die Gäste unterhalten und erfreuen sollte. Aber manchmal war auch einer von minderem sozialem Range hinzugebeten worden, der – vor der gleichen Runde oder anderswo – sogar die banaleren Töne eines unterhaltsamen Bänkelsängers anschlagen konnte. Im Norden sind uns analphabetische Wikinger bezeugt, die skaldische Verse aus dem Ärmel zu schütteln verstanden. Vielleicht war diese Fähigkeit schon früher verbreitet und hoch geschätzt: Laut erscholl von den Lippen aller Beowulfs Lobs: kein besserer Held, so sagten manche, sei süd- und nordwärts zwischen den Meeren auf breiter Erde (Beowulf V. 855–859). Am Hof König Hro.gars ist es ein ruhmbeladener Kämpe, der öfter zum Vortrag gebeten wird, weil er viele Sagen erinnert und kunstvoll zu dichten weiß (Beowulf V. 867–874). Was er dafür bekam, sollte wohl zugleich Lohn und Geschenk sein, während der professionelle Sänger sich seinen Unterhalt verdienen musste. Dabei blieb er auf die – kündbare – Gunst eines Herrn angewiesen war, wie der Dichter von Deors Klage beklagt. Auf den Stil des Vorgetragenen haben sich die sozialen Unterschiede unter den Sängern wohl kaum ausgewirkt. Für diejenigen, die aus ihrer Kunst einen Beruf machten, schwanken die Benennungen: Am verbreitetsten war offenbar skop, dem in der Beliebtheit wohl skald folgte.10 Davon getrennt zu halten ist der Kultredner (anord. @ ulr). Denn der trat nicht vor fröhlich zechenden Gästen auf und benutzte ein Vokabular, das sich von der heroischen Dichtung vermutlich stark unterschied. Ja, zu seiner Rolle gehörten sprachlose, mystische Erlebnisse vielleicht noch mehr als das geformte Sprechen.11 Dass der gemeinsame Urvater der weltlichen und religiösen Dichter – so Werlich – ein Opferer gewesen sein soll, der auch als Sänger und Tänzer auftrat, scheint mir allzu phantasievoll entworfen.12
9 Braun 1961, S. 75. Siehe auch Watkins 1995, bes. S. 68. 10 Wissmann 1955; von See 1964, S. 1–14. 11 de Boor 1929. 12 Werlich 1964, bes. S. 33–57.
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Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
Zurück zu dem eben erwähnten Adligen, der vor Hro.gar, seiner Familie und seinen Gästen vorträgt. Auch beherrscht er ohne professionelle Schulung, was man in dieser kunstverständigen Runde erwartet: die Vertrautheit mit altem Liedgut und mit Sagen, die er in wohlgefügten Versen ins Gedächtnis zurückruft (Beowulf, V. 870–874). Dazu gehört, so dürfen wir für unseren Zusammenhang ergänzen, dass er das Stilmittel der Preisformeln mit ihrem festen Gestänge überkommener Regeln zu handhaben weiß. Bedauerlich für uns, dass wir diesen Formelschatz der Heldendichtung leider nur in bescheidenem Umfange kennen. Denn die knappe, dramatische Erzählweise der Heldenlieder hat Elemente, die keine Informationen vermitteln, naturgemäß zurückgedrängt.13 Die Fülle der Preisformeln in der nordischen Skaldendichtung hat sich zu weit von ihren altgermanischen Wurzeln fortentwickelt, als dass wir für unseren Zusammenhang viel aus ihnen lernen könnten. Genealogische Listen in Versform haben sich ebenso wenig erhalten wie Lieder, die an der Bahre eines eben Gestorbenen erklangen. Vielleicht waren gerade diese Gattungen reichlich mit Formeln durchsetzt. Weil das Beowulfepos nicht knapp erzählt, sondern – im Anschluss an die antike Epik – einen Stoff in aller Ausführlichkeit entfaltet, konnte dieses Werk zu einer einzigartigen Fundgrube für Formeltypen werden, von denen sich sonst nur dürftige Trümmer erhalten haben. Mutatis mutandis dürfte ein Gleiches auch für die Ilias gelten, die in das vermutliche Novum einer epischen Langform eine Menge von altertümlichem Formelmaterial eingebaut hat.14 Zugespitzt: Es war gerade der nichtgermanische, von Vergil inspirierte Typus einer breit ausladenden Epik, der altgermanischen Formelelementen Unterschlupf gewährte, die anderswo nur spärlich auf uns gekommen sind.15 So lückenhaft unsere Zeugnisse für die Frühzeit bleiben: Getrost dürfen wir uns die poetische Heldenepitheta als eine wohlgeordnete, durch eine lange Tradition geprägte, aber keineswegs starre, sondern lebendig variierte Sagweise vorstellen. Über sie wird in unserem Gedankengang manches zusammenkommen. Weit unklarer bleibt, wen wir uns unter jenen Anonymi vorzustellen haben, die, wenn ein Kind getauft werden sollte, aus dem reichen Schatz ererbter Namen auswählten, aber ihn gelegentlich auch durch Neuschöpfungen bereicherten. Die zweigliedrigen Personennamen haben sich, von einer adligen Oberschicht ausgehend, über die Gesamtheit der Gesellschaft verbreitet. Wie konnte es dazu kommen, dass bei Weitergabe und Fortentwicklung auch hier Regeln von vielfach hoher Präzision beachtet wurden, obwohl jenen Bauern, aus denen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung bestand, doch kaum eine Kunstübung mit hohem Anspruch und strenger Regelhaftigkeit zugetraut werden kann? Wer wachte über die Namenverleihungen
13 Zum heutigen Einsichtsstand siehe von See (Hg.) 1978. 14 Zwei Beispiele besprach Wagner 1987, S. 356–362. 15 Zum gattungsgeschichtlichen Zusammenhang mit der Antike siehe Theodore M. Andersson 1976; Wolf 1995, bes. S. 85–116.
Lieder zum Lobpreis von Helden
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an Neugeborene, die doch Sache von unzähligen einzelnen Namengebern war? Wie konnte es geschehen, dass die Regeln für Preisformeln und Personennamen in einem sauber abgegrenzten Verhältnis zueinander blieben, wobei sie zum Teil übereinstimmten, anderswo aber auseinanderklafften? Das wird man sich wohl so vorstellen dürfen: Der Ort, an dem beide Regelsysteme nebeneinander gepflegt und verwaltet wurden, war der Umkreis von Häuptlingen. Denn hier erklang Dichtung auf anspruchsvollem Niveau. Aber gerade an Edelsitzen konnte man sich herausnehmen, auch einmal einen Namen neu einzuführen, der dann in weiteren Kreisen Nachahmer finden konnte. Manchmal wird indessen auch der Hinterwald weit entfernt von den Höfen der Edlen Neues hervorgebracht haben. Das verrät sich gelegentlich durch unheroische, unvornehme Worte, die man zugrunde legte. Aber es wurde bisweilen auch an engen geographischen Grenzen gespiegelt, die solchen bäuerischen Neuerungen gezogen waren. Wer aber stellte sicher, dass zwei verschwisterte Sagweisen zu allermeist wohlgeordnet nebeneinander herliefen? Dafür kommen am ehesten die Sänger mit ihrem feinen sprachlichen und künstlerischen Sinn in Frage. Behutsam mit dem Erbe der Preisformeln umzugehen, gehörte zu ihrem Beruf. Aber daneben blieb Platz genug für ein – wenn auch inoffizielles – Wächteramt über neu verliehene Namen. Mehr als anderen ist gerade ihnen ein Gefühl zuzutrauen, dass Preisformeln und zweigliedrige Personennamen im Heldenbilde, das sie zeichneten, aber auch in ihrer Funktion als bloße Zierstücke übereinstimmten. Diesen Wächtern war zugleich voll bewusst, dass Sinn und Form hier und dort in unterschiedlicher Weise gegeneinander ausgewogen waren. So haben sie nicht etwa dem seit alters angelegten Trend entgegengesteuert, dass sich an sinnvolle Primäroder Ausgangsverbindungen, die den Heldenepitheta entnommen waren, über die Brücken des freien Austausches von Namengliedern Sekundärfügungen anschlossen, die keinen präzisen Sinn mehr ergaben.16 Durch ein Beispiel verdeutlicht: Der emsige Sammler Förstemann konnte das Endglied -wulf in 464 verschiedenen Namenkompositionen nachweisen.17 Diese Zusammenrückungen sind alle aus der einzigen Preisformel Kampf-wolf heraus entwickelt worden, die uns allein vom Beowulfdichter bezeugt wird. Gerade die Sänger werden vermutlich entscheidend dazu beigetragen haben, dass die den meisten Komposita abgehende namentliche Eindeutigkeit durch weit strengere Bauregeln wettgemacht wird, als sie für ihr appellatives
16 Treffend weist Otto Höfler in seinen Kleinen Schriften (1992, S. 533) der Namendeutung die Aufgabe einer Klärung zu, „ob und in welchem Umfang uns Kriterien zur Verfügung stehen, die uns ermöglichen, z w i s c h e n P r i m ä r b i l d u n g u n d S e k u n d ä r b i l d u n g z u u n t e r s c h e i d e n .“ – Zu den nicht als Sinnganzes konzipierten ‚mechanischen‘ Zusammenrückungen von traditionellen Bauelementen, die nach meiner Schätzung die große Mehrzahl der zweigliedrigen Personennamen ausmachten, siehe auch Schmitt 1998, S. 79–82. 17 Förstemann 1900, Sp. 1639. Sonderegger (1998, S. 292) zählte allein in den St. Galler Urkunden über 78 Kombinationen -berht, -bert und 65 mit -hari, -heri.
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Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
Gegenüber galten. Mit Recht hat man die Namen des zweigliedrigen Typus als Gedichte en miniature gelesen. Wir könnten auch sagen: was in den Namen in nuce zusammengedrängt erschien, konnte in der Preisdichtung breiter auseinandergefaltet werden. Wenn meine Rekonstruktionen stimmen, dann hätten die Dichter als Berater von Namengebern ihr Handwerk in abgewandelter Weise weiterbetrieben: nach den Regeln, die sich für eine benachbarte Gattung eingebürgert hatten.
Eine zählebige Konstellation
I.3
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Eine zählebige Konstellation: vornehme Gastgeber, ein Sänger und kunstsinnige Zuhörer
Der angelsächsische Anonymus lässt im Beowulfepos einen Sänger vor dem Dänenkönig Hro.gar auftreten, der den Vorzeithelden Sigmund ebenso wie den Zeitgenossen Beowulf, der über ein Ungeheuer gesiegt hat, zur Harfe preist. Das sollte uns an den blinden Sänger Demodokos in der Odyssee erinnern, der zu einem anderen Saiteninstrument vor dem Phäakenkönig Alkinoos seine Kunst erschallen lässt. Der hat, um einen gestrandeten Fremdling zu ehren, einen Kreis von Vornehmen eingeladen, der gern von den Kämpfen vor Troja und damit über Heldentaten aus der nahen Vergangenheit hört. Der Schiffbrüchige, den dieser Gesang zu Tränen rührt, gibt sich erst jetzt als Odysseus und damit als einen der eben besungenen Helden zu erkennen. Gedichtet wurde die Szene wohl im 8. Jahrhundert v. Chr. Aber geschildert wird eine Welt, die schon seit dem 12. Jahrhundert unter Schutt und Asche begraben lag.18 Die Parallelität geht noch weiter. Denn die homerischen Epen stecken ebenso wie das größte angelsächsische Epos voll von zweigliedrigen Heldenepitheta.19 Deren Vorstufen aber haben sich hier wie dort in zweigliedrigen Personennamen niedergeschlagen, wie sie Alkinoos und der Sänger Demodokos, Sigmund und der Sänger Beowulf tragen. Diese Übereinstimmung spiegelt die gemeinsame Herkunft aus ein und derselben gesellschaftlich-kulturellen Tradition wider. Für uns heißt dies: Namen und Preisformeln haben einen gemeinsamen, Jahrtausende alten geschichtlichen Hintergrund und sind selber Niederschlag der gleichen langen Geschichte. Seitdem sich mein Hauptinteresse von der Philologie auf die Historie verlagert hat, scheint es mir geraten, uns, bevor wir in die Sacherörterung eintreten, aus der Vogelschau einen Überblick über die G e s c h i c h t l i c h k e i t unseres Gegenstandes zu verschaffen. Im Zentrum des kulturellen Kontextes, dem wir nachspüren, steht der R u h m , der sich auf kriegerischen Taten gründete: vorgetragen in kunstreichen Versen. Die Hörerschaft bestand aus dem Fürsten und seiner Familie, die von geladenen Gästen nicht durch soziale Trennwände geschieden wurden, sondern eine mit ihnen im Selbstbewusstsein und sozialer Geltung zusammengehörige Schicht darstellten. Dass Kulturen mit diesem Grundriss sich zu ganz verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Gegenden eines langgezogenen eurasischen Streifens immer wieder ausbilden konnten, hat ein bedeutender Oxforder Philologe, Sir Maurice Bowra, in einem klassischen Werk ausgebreitet, das aus einem reichen Lebenswerk hervorge-
18 Schadewaldt 1959, S. 54–86. Fränkel 1962, S. 6–26: Die Sänger und die Epen. 19 Zur Wortbildung der homerischen Sprache siehe Risch 1974. Bahnbrechend wirkte der – zunächst 1928 auf französisch geführte – 1971 posthum auch auf Englisch erschienene Nachweis von Milmann Parry, dass beide homerische Epen von einem bis ins klangliche Detail raffiniert durchgestalteten System von Stanzformeln für die einzelnen Helden durchwaltet waren. Den methodisch wichtigen Vergleich mit der südslawischen Heldenepik konnte Parry vor seinem frühen tragischen Tod 1935 noch einleiten.
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Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
gangen ist.20 Von seinem Spezialgebiet, den homerischen Epen, schlägt hier ein Meister der Zusammenschau die Brücke zu einer Vielzahl von Völkern, die ebenfalls eine heroische Poesie gepflegt haben. Südslawen und Mongolen konnten noch in jüngster Vergangenheit miterleben, wie Sänger, die sich an kein geschriebenes Wort gebunden wussten, ihre Hörer gefesselt haben: wechselnd zwischen Altbekanntem, weitgehend Fixiertem und Neuem, oft Improvisiertem.21 Natürlich war die Hörerschaft, die einem Sänger lauschte, nicht überall gleich vornehm. Aber es war das erlauchte Milieu eines Fürsten und seiner edlen Gästen, das auch dort als vorbildlich empfunden wurde, wo es bescheidener zuging. Wir haben durchweg mit einem Publikum zu rechnen, das sich – zu Recht oder zu Unrecht – jener Schicht zurechnete, die in der Heldendichtung dargestellt und gepriesen wurde. Seitdem die heroische Dichtung völkerübergreifend erforscht wird, sind andere Fälle ins Gesichtsfeld gerückt, in denen sich das soziale Bild der gefeierten Helden ebenso verschoben hat wie der soziale Ort der Sänger und ihrer Hörer. Besonders lehrreich war die südslawische Dichtung, deren Entstehung sich bis an die Schwelle der Gegenwart verfolgen lässt. Durch umfängliche Sammlungen von Zeugnissen sind sie mittlerweile bequem zugänglich.22 Thematisch steht hier mit beeindruckender Konstanz die furchtbare Niederlage auf dem Amselfeld von 1383 im Vordergrund, die – vereinfacht gesprochen – das Ende der bodenständigen Sozialstruktur, mit eigenem Fürsten und einem eigenen Kriegeradel, einleitete. Immer von Neuem wurde von den Dichtern eine längst untergegangene Welt in ähnlicher Weise retrospektiv beschworen, wie es auch für die homerischen Epen gilt. Aber gesungen wurde jetzt nicht mehr an Höfen und für eine abgehobene Oberschicht, sondern in der Mitte einer kämpferischen, sozial wenig geschichteten Bergbevölkerung. Diese erwies sich auch ohne eine herausgehobene Elite und heimische Fürsten durchaus fähig, eine anspruchsvolle Dichttradition in festen Bahnen der Kunstübung weiterzupflegen. Mit ähnlichen grundlegenden Verschiebungen ist für die Germania, wie ich vermuten möchte, nicht zu rechnen, bevor die Einflüsse von Christentum und klassischer Antike tief in die Tradition eingriffen. Zu unserem Glück erhielt sich in England eine stärkere muttersprachliche Schriftkultur als auf dem Festland. Das ermöglichte der Insel, manches an germanischem Erbe zu bewahren und auszugestalten, was auf dem Kontinent verschüttet wurde. Zu einem Wunder der Kulturgeschichte wurde, dass sich das karge, kaum erst erschlossene Island zu einem Refugium von altgermanischem Herkommen entwickeln konnte. England und Island werden sich für unsere Gedankengänge als die wichtigsten Fundgruben erweisen.
20 Bowra 1952. 21 Eine nach Ethnien geordnete Überschau bietet Hatto (Hg.) 1980; den Typus des Sängers charakterisiert völkerübergreifend Lord 2000. 22 Zum Folgenden siehe besonders meinen slawistischen Lehrmeister Maximilian Braun 1961 sowie Wünsch 1937.
Eine zählebige Konstellation
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Schließlich noch eine soziale Überlegung. Der zweigliedrige Namentyp und sein Mutterboden, die heroischen Preisformeln, sind in einer adligen Oberschicht entstanden und mit Kunstsinn weitergepflegt worden. Aber auch schlichte Bauern haben, was ihnen oben vorgemacht wurde, ohne Bedenken unten nachgemacht. Möglich bleibt dabei, dass bei ihnen der Anteil der zweigliedrigen Personennamen geringer blieb als im Adel und erst recht in den Fürstensippen.23 Vermuten darf man vorsichtig, dass die Häufigkeit der zweigliedrigen Namen auf der sozialen Skala nach oben zunahm.24 Einmal überschlagen werden sollte, ob die Anteile in verwandten indogermanischen Namenschätzen ähnlich verteilt waren. Der Drang, sich mit aristokratischer Attitüde zu zeigen, hat auch den k l e i n e n M a n n nicht selten dazu verführt, sich mit Requisiten zu drapieren, die für die unteren Schichten vielfach zu aufwändig waren: mit Eindeutigkeit das Schlachtross und das Schwert.25
23 Das breitgestreute Material der frühen Runeninschriften lässt noch recht genau erkennen, mit welchem Anteil ein- und zweigliedrige Personennamen in der Bevölkerung vertreten waren. Für Skandinavien erfasste Lena Peterson in ihrem Nordisk runnamnslexikon 2007 (NRL) etwa 63 % eingliedrige gegenüber 37 % zweigliedrigen Bildungen. Für die kontinentale Germania errechnete Robert Nedoma (2004) ein Verhältnis von 2:1. 24 Jeske 1996 listet neben 22 zweigliedrigen Bildungen nur sechs eingliedrige auf, die nur für das 5. und 6. Jahrhundert bezeugt sind. Ab 584 gilt bis 757 durchweg Zweistämmigkeit. 25 Green 1998 S. 69, 71, 72: Nur einzelne Stämme verlagerten ihr militärisches Schwergewicht auf die Reiterei.
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Rufnamen als Nachbarstrang einer poetischen Formelsprache
Zur Diskussion gestellt
II.
Ein Bauplan für Preisformeln und Namen: Teilstück einer neuartigen kriegerischen Kultur
II.1
Zur Diskussion gestellt: die Länge des Anmarschweges bis zu unserer schriftlichen Namenüberlieferung
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Mittlerweile kennen wir – nach meiner Rechnung – neun indogermanische Sprachen und Sprachgruppen, die an der Verbreitung des zweigliedrigen, heroischen Typus teilhaben: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Griechisch Keltisch Germanisch Baltisch Slawisch Westbalkanische Kentumidiome Ostbalkanische Satemsprachen Iranisch Indisch
Vermuten lässt sich, dass auch ausgestorbene Idiome einbezogen waren. Das gilt etwa für das von mir aufgrund von wenigen, aber aussagekräftigeren Anhalten postulierte N o r d p o n t i s c h e . Über die Namengebung im Armenischen und Tocharischen lassen sich für die Frühzeit keine Aussagen machen. Dass zwei Sprachgemeinschaften – die anatolische und italische Indogermania – aus der Reihe herausfallen, muss nicht bedenklich stimmen. Im Gegenteil: Das Maß der Übereinstimmung, das sich unter den Sprachverwandten abzeichnet, mutet sogar verdächtig durchgängig an. Später aber werden uns die beiden genannten Ausnahmen noch beschäftigen. Denn sie sind, bei näherem Zusehen, nicht aus unserer Reihe herausgefallen, zu der sie einmal gehört haben dürften, sondern zeigen im Beispiel, dass sie aus der Verbreitung des zweigliedrigen Typus unter ganz bestimmten zivilisationsgeschichtlichen Voraussetzungen ausgeklammert blieben. Die Hethiter und Lateiner werden, darauf ist am Ende dieses Kapitels zurückzukommen, gewichtige Argumente gegen die gängige Annahme liefern, der zweigliedrige Typus sei aus einer schon grundsprachlichen Wurzel entsprossen. Den Schluss, den August Fick 1874 aus der schon zu seiner Zeit imponierend langen Reihe von bauähnlichen Namenschätzen in einem durch seine Klarheit und breite Übersicht beeindruckenden Buch gezogen hat, gilt bis heute als herrschende Meinung: Hier lebe ein Erbe aus indogermanischer Grundsprache fort, das bereits
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Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
feste Formen angenommen hatte, bevor die Sprachenfamilie sich auseinanderfaltete.1 Dies Bild habe ich 1957 durch die – heute wohl allgemein angenommene – These ergänzt, dass die zweigliedrigen Personennamen, wo immer sie auftreten, wahrscheinlich Abzweigungen aus formelhaften Beiwörtern der Heldenpoesie darstellen. Ja, trotz aller Tendenzen zur Verselbstständigung haben sie sich immer von neuem auf diesen Mutterboden zurückbezogen. Der Indogermanist Rüdiger Schmitt, auf den zurückzukommen sein wird, hat diesen Ansatz bestätigt und ihn für die Seite der appellativen Heldenepitheta aus breiter Kenntnis, namentlich der griechischen, iranischen und germanischen Überlieferung, auf festere Füße gestellt, als ich es vermochte.2 Das inhaltliche Ausmaß und die Weite der Verbreitung von Strukturgemeinsamkeit in neun Namenschätzen sollten, so scheint es zunächst, jeden Sprachvergleicher neidisch machen. Denn der muss, wenn er aus dem Wortschatz oder der Grammatik urindogermanisches Erbe freilegen möchte, mit wesentlich weniger Übereinstimmungen zufrieden sein, die sich bei weit auseinanderwohnenden Ethnien abzeichnen. Für uns heißt das: Die indogermanische Herkunft der zweigliedrigen Personennamen in der Germania scheint bis heute (fast) so sicher wie die Annahme einer indogermanischen Grundsprache. Doch mir sind mit der Zeit immer mehr Zweifel an dieser so fest gegründet scheinenden, herrschenden Auffassung gekommen. Für eine wesentlich jüngere Entstehungszeit sprechen folgende sprachenübergreifende Gemeinsamkeiten: –
Wann und wo die indogermanische Grundsprache gesprochen wurde, bevor sie sich in eine Fülle von Tochtersprachen auseinanderfaltete, ist bis heute strittig. Aber auf der Hand scheint zu liegen, dass dies zu einem Zeitpunkt geschah, der dem Beginn unserer Überlieferung (in Anatolien und dann in Griechenland) um Jahrtausende vorauf liegen dürfte.3 Gewiss, die Tradition einer heroischen Kultur mit zweigliedrigen Personennamen und Preisformeln für Helden als Bestandteile hat in der Zeit, von der Ilias bis zum Beowulf, die erstaunliche Dauer von rund 2000 Jahren durchmessen. Aber, wenn man glaubhaft bleiben will, darf man diese Spanne nicht ohne genaue Prüfung um weitere Jahrtausende rückverlängern. Das Material, mit dem wir es zu tun haben, besitzt, so lässt sich vorab vermuten, zwar alte, aber nicht uralte Ursprünge, die aus der für uns noch überschaubaren Geschichte krass herausfallen. – Aus dunkler Ur-Archaik stammt dagegen der eingliedrige, unkomponierte Bautyp, der in allen verwandten Namenschätzen den komponierten Typus flankiert. Er besteht aus Bildungen, die in
1 Fick 1874. 2 Schmitt 1967. 3 Wo die Verzweigung des europäischen (vom anatolischen zu scheidenden) Astes der Indogermania im 6. Jahrtausend v. Chr. im Karpatenbecken einsetzte s. unten Anm. 30.
Zur Diskussion gestellt
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Bauweise und Sinngehalt ein buntes Gemenge darstellen. Anzunehmen ist, dass sich dies nicht als indogermanische Besonderheit erklärt, sondern bei allen Völkern zunächst einmal das Normale war. Indogermanisch ist dagegen, dass ein solches Gemenge ein Gegenüber in komponierten Bildungen fand, die ein geformtes Ganzes darstellen. Eben das deutet nicht auf ein bewahrtes Uraltgut, sondern spiegelt eine frühe kulturgeschichtliche Wende, die wir zu rekonstruieren haben. Zu diesem Umbruch gehörte auch, dass zweigliedrige Frauennamen wohl durchweg bloße Abklatsche von Bildungen mit männlich-heroischer Tönung darstellen, was für die Eingliedrigen nicht gilt. Auch das deutet auf eine kulturgeschichtliche Wende. Das gilt um so mehr, als die Tradition, die weitergegeben wurde, schließlich nicht etwa aus diversen Trümmern des Überkommenen bestand, sondern sich bei allen beteiligten Völkern als sorgsam getroffene Auswahl von Inhalten und Bauregeln verrät. Wenn die Grundanlage der neuen Namenschätze erstaunlich ähnlich geblieben ist, dann beweist dies gerade n i c h t , wie bisher angenommen, dass sie alle aus ein und demselben Wurzelstock stammen müssen. Eher im Gegenteil: Bei sehr hohem Alter hätten die Triebe aus den gemeinsamen Wurzeln viel weiter auseinanderwuchern müssen. Der zweigliedrige Typus erscheint in der Indogermania, Ethnien übergreifend, durch Grundregeln geordnet, die keineswegs besonders urtümlich erscheinen wollen. Zugrunde liegen ja Fügungen, die appellative Formeln kopierten und einen guten Sinn ergaben. Deren Bestandteile konnten aber gleichsam auseinandergehackt und zu anderen, sekundären Fügungen zusammengeleimt werden, obwohl sie keinen präzisen Sinn mehr ergaben. Das wirkt nicht wie eine aus grauer Vorzeit bewahrte kulturelle Praxis.
Alle diese Beobachtungen ließen mir den zweigliedrigen Typus in einem neuen, historischen Lichte erscheinen als noch 1957. Gewiss, h e r o i s c h e D i c h t u n g ist eine Gattung, die sich immer wieder in ganz verschiedenen Zeiten und in ganz verschiedenen Völkern eingestellt hat.4 Aber bei so speziellen Regelungen wie den eben erwähnten kommt man mit der Annahme einer einfachen Form (im Sinne von André Jolles) nicht mehr durch, die sich in unserem Fall aus dem Aussagezweck des Heldenpreises ergeben hätte und zum notwendigen Gepäck einer besonderen Art von Gemeinschaft gehören: bestehend aus Menschen, die sich in besonderer Weise ihrer Haut zu wehren hatten oder eine Mentalität von Eroberern kultivierten. Der Historiker, zu dem ich
4 S. Bowra 1952. Welche Voraussetzungen für die Ausbildung einer kriegerischen Lebensweise erforderlich waren, skizziert Keeley 1996. Mir mutet unwahrscheinlich an, dass diese Bedingungen bereits in jener grauen Vorzeit gegeben waren, aus der man den zweigliedrigen heroischen Namentypus bislang zurückführt.
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Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
längst geworden war, fragte neugierig nach: Wann, wo und unter welchen Umständen haben sich die Sagweisen ausgebildet, deren Reste in Gestalt von Preisformeln und zweigliedrigen Personennamen auf uns gekommen sind? Voran halfen mir Überlegungen, die ich – in ganz anderem Zusammenhang – jüngst über die Indogermanisierung Binneneuropas angestellt hatte. Sie sehe ich – in der Spur von Sir Colin Renfrew – mit der Ausbreitung der revolutionär neuen, agrarischen Wirtschaftsform gekoppelt.5 Dabei waren den Indogermanen, die nach meiner Ansicht zwischen 5500 und 5000 v. Chr. vom Karpatenbecken in alle Richtungen auseinanderstrebten, weitreichende Landnahmen ohne viel Gewalt möglich. Denn die bodenständigen Wildbeuter konnten den Eindringlingen, die ihnen nach ihrer Zahl und den Techniken, über die sie verfügten, weit überlegen waren, keinen anhaltenden Widerstand leisten. Heroische Kultur aber setzt wohl überall, wo sie auftritt, die Konfrontation von Gemeinschaften voraus, die ähnlich gerüstet miteinander um Ackerland, Weidegründe oder Machtsphären ringen. Dazu ist es später auch im Karpatenbecken wiederholt gekommen. Im Abstand von drei- bis vierhundert Jahren hat die besondere Fruchtbarkeit dieser Region offenbar immer wieder die Begehrlichkeit von kriegerischen Nachbarn auf sich gezogen. Die in der Antike letzte dieser Wellen spülte, wie sich archäologisch und sprachlich nachweisen lässt, Kelten ins Land, deren Sprache, als die Römer kamen, hier vielleicht bereits dominant geworden war. Aber wohlgemerkt: Es handelte sich um Auseinandersetzungen, bei denen auf beiden Seiten Ackerbauern einander gegenübertraten. Für den Siegeszug der produzierenden Landwirtschaft, die uns hier allein interessieren darf, hatten ganz andere Verhältnisse gegolten. Übrigens lehren uns die ersten Bücher des Alten Testamentes anschaulich, dass selbst ein ständiges bewaffnetes Ringen um Lebensraum nicht zu einem hoch stilisierten heroischen Selbstbewusstsein führen muss, wie sie den Preisformeln und Namen indogermanischer Völker entspricht. Bezeichnenderweise verrät die frühe Personennamengebung der Semiten in all ihren geographischen Verzweigungen eine stark r e l i g i ö s e , n i c h t k r i e g e r i s c h e Dominante. Meine Folgerung: Selbst dort, wo mit der Konfrontation wehrhafter, mit gleichen Machtmitteln kämpfender Ethnien eine wesentliche Voraussetzung für eine heroische Kultur offen war, hat diese sich keineswegs automatisch und zwangsläufig ergeben. Allmählich kam ich zu der Einsicht, dass der Wurzelgrund, wie wir ihn freizulegen haben, sich nur unter Sonderumständen und Einmaligkeiten herausbilden konnte, die, wie ich meine, nicht im Dunkel einer fernen Vergangenheit verschwimmen müssen. Vielmehr ragen sie bereits so weit in die uns überlieferte Geschichte hinein, dass wir sie zu orten, zu datieren und in ihren wesentlichen Konturen zu beschreiben vermögen.
5 Siehe Schramm 2008, S. 194–199; Schramm 2010 sowie Renfrew 1987.
Zur Diskussion gestellt
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Wann und wo wurden die Weichen gestellt, die kulturelle Phänomene möglich machten, wie sie in diesem Buch zu Tage gebracht werden? Wenn ich in diese neue Denkspur einschwenkte, dann war das schon vorbereitet, als ich 1957 meine Dissertation zum Druck vorbereitete. Damals widerfuhr mir das Glück, dass ich als junger Lehrer an einer Internatsschule im Schwarzwald zusammen mit dem Archäologen Joseph Wiesner unterrichtete. In den angeregten Gesprächen, die ich mit ihm führen konnte, beeindruckte er mich durch seine Fähigkeit, frühe Epochen der Geschichte plastisch nachzuspielen und konstruktiv zu ordnen.6 Entscheidend wichtig war für ihn, dass Pferde, erst seit Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. vor Streitwagen angeschirrt, in die Kriegführung einzogen, nachdem sie in menschlichem Gebrauch zunächst nur kostbare Opfertiere darstellten und, vor Wagen mit Götterbildern gespannt, noch auf eine andere als kultische Verwendung eingeengt worden waren. Jetzt aber begannen sie Streitwagen zu ziehen und rückten damit schlagartig ins Zentrum einer kriegstechnischen Revolution. Wie sollte ich diese für mich neue Einsicht in mein Bild von den Anfängen des zweigliedrigen Personennamen-Typus einbauen, in dem doch die Nennung von Rössern weit verbreitet ist: besonders deutlich bei Griechen, Indern und Iranern?7 Dass damit ursprünglich die kultische Rolle des Pferdes gemeint gewesen sei, konnte ich mir bei dem so eindeutig heroischen Charakter meines Namentypus nicht gut vorstellen. Vielmehr half ich mir mit einem Kunstgriff: Dann sei eben das Pferd, als die Grundsprache längst auseinandergedriftet war, in einem heroischen Kontext in einem weiten Zug durch die Indogermania gewandert, wodurch ein neues Bauelement in einen längst vorher aufgerichteten Bau eingefügt worden sei.8 Das aber würde, auf ein anderes Feld übertragen, die archäologische Faustregel durchbrechen, dass in Gräbern die jüngste darin enthaltene Münzprägung den terminus post quem für die jeweilige Bestattung liefert. Nein, die Namen mit Pferd liefern uns den ersten, verlässlichsten Anhalt für eine Datierung des zweigliedrigen Personennamen-Typus. Entstehung und Ausbreitung fallen ins 2. Jahrtausend v. Chr. Es handelt sich um eine kulturelle Neuerung aus einer Zeit, die bereits in die uns schriftlich überlieferte Geschichte hineinreicht. Meine Uminterpretation des Namenbefundes wird durch eine Gegenprobe erhärtet. Offenbar ist kein zweites und diesmal sicheres Beispiel für die Ausbreitung einer einzelnen Spracherscheinung bekannt, die in nachgrundsprachlicher Zeit die riesige Weite der Indogermania zu durchdringen vermochte und sich dabei in ein bereits voll ausgebildetes, Ethnien übergreifendes sprachliches Ensemble – welchen Inhaltes
6 Bahnbrecher war Wiesner 1939. 7 In Schramm 1957, S. 115 zitierte ich als Beispiele awnord. Iófrø. r, gall. Epomanduos, makedon. Epókillos, griech. Hippómachos, iran. Viå ta-spa, aind. Aî vajit. Einschränkend würde ich heute hinzusetzen: Der Nordwestrand der Indogermania – mit Balten und Slawen – mag von der Ausbreitung des Namenbegriffes ‚Pferd‘ nicht mehr erreicht worden sein und so eine ausgediente Variante heroischer Kultur repräsentieren. 8 So ist Schramm 1957, S. 115 zu verstehen.
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auch immer – hineinschob. Sollte das Namenwort Pferd als einziger Fall aus einer bislang durchgängigen Regel herausfallen? Die Annahme, das Namenelement Pferd sei durch eine Fernausbreitung auf bereits fertige einzelsprachliche Namenschätze implantiert worden, ist ebenso unwahrscheinlich wie eine bereits grundsprachliche Herkunft des zweigliedrigen Bildetypus. Den Mut, gründlich umzudenken, hätte mir bereits 1957 geben können, dass ein Aufsatz von 1947 eine Umdatierung gefordert hatte.9 Aber für die konnte dessen Verfasser keine genau eingegrenzte Zeit und auch keine historischen Voraussetzungen ins Feld führen. Deshalb wagte ich, damals noch ein Anfänger, nicht, das Steuer herumzuwerfen. Meine Alternative, die ich der herrschenden Meinung entgegenstelle, kann ich in einem Buch, das sich um die Germanen und damit nur um einen kleinen Ausschnitt der Indogermania dreht, nur im groben Umriss skizzieren. Ich hoffe auf eine Diskussion, aus der ein genaueres Bild hervorgehen wird. Meine Grundthese lautet: der zweigliedrige Namentypus und der dichterische Heldenpreis, dem er entstammt, ist kein Erbe aus der Grundsprache, sondern aus einem kulturellen Umbruch in sehr viel späterer Zeit hervorgegangen, der seine Wurzeln in einer neuartigen Form der Kriegführung hat.
9 Pulgram 1947.
Eine neue Waffe als Anstoß für eine Kultur neuer Art
II.2
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Eine neue Waffe als Anstoß für eine Kultur neuer Art
Das Folgende geht von der Vorannahme aus, dass drei Revolutionen der Frühzeit, die sich ungefähr dem 2. Jahrtausend v. Chr. zuordnen lassen, untereinander zusammenhängen: 1. 2. 3.
Die Entstehung einer neuen, höchst erfolgreichen Weise der Kriegführung. Eine auf den Heldenpreis ausgerichtete Dichtung in der Indogermania. Die wohl ungefähr um 1000 v. Chr. erfolgte Abfassung von umfänglichen, fixierten Wortlauten auf hohem Niveau bei Iranern und Indern.
Die zoroastrischen Avesta-Texte und die indischen Veden führen – nach meinem Eindruck – auf andere Weise die aus der Streitwagenkultur ererbten Traditionen eines anspruchsvoll geformten Sprechens von längeren Gedichten fort, die in Europa zu Heldenliedtraditionen geführt haben. Die Indoiranier verlagerten das Gewicht auf religiöse Inhalte und in der Form auf umfangreiche, genau memorierte Wortlaute, während die europäischen Sänger im Rahmen fester Vorgaben für Stil und Formelverwendung improvisieren konnten. Am Anfang dieser untereinander zusammenhängenden Umbrüche steht eine gewandelte Art Pferde im Krieg einzusetzen.10 Versuchen wir einen Ablauf zu rekonstruieren. 1. Den Anfang machte, dass südlich des Uralgebirges nach Osten expandierende Protoiraner, die aus agrarisch genutzten Gegenden in Osteuropa gekommen waren, sich auf einen Pferdenomadismus umstellten, der gegorene Stutenmilch als Hauptnahrungsmittel verwendete.11 Damit wurde eine neue Form der Kriegführung möglich, bei der ganze Stämme vom Sattel aus mit Pfeil und Bogen angriffen: offenbar mit durchschlagendem Erfolg, sodass die ganze Antike hindurch ein Steppenstreifen bis hin zum innerasiatischen Bergwall in nordiranischer Hand blieb. 2. Sobald ein Teil der indoiranischen – oder nach ihrer Selbstbezeichnung „arischen“ – Stämme östlich des kaspischen Meers nach Süden abschwenkte, kamen sie in eine neue Umwelt mit anderer Vegetation und anderem, subtropischen Klima, in
10 Man könnte erwägen, skythische Reiternomaden hätten kriegstechnisch und kulturell auf die Germanen eingewirkt, dann würde für uns der kulturelle Wanderweg kürzer und die Tatsache erklärbar, dass es für Streitwagen bei den Germanen nur wenig Anhalte gibt. Aber ein germanischer Fürst der gelegentlich vom Sattel aus seinen Stamm in den Kampf führte, hat wenig gemeinsam mit bogenschießenden Reiterhaufen ohne markante soziale Schichtung unterhalb des Anführers. Dass die Germanen militärtechnisch wie kulturell einen Auslauf der Streitwagenkultur darstellen, verdient den Vorzug. 11 Als Kompass für das Folgende dienten mir die beiden Karten über „Fahren und Reiten. Mobilität in der Eisenzeit.“ Koordiniert von Cordola Metzner-Nebelsick, in: Atlas der Vorgeschichte. Europa von den ersten Menschen bis Christi Geburt. Hg. von Siegmar von Schnurrbein. Stuttgart 2009. S. 170f.
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Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
dem es sich empfahl, die Ernährung auf Ackerbau und Rinderzucht umzustellen, ohne dabei die Haltung von Pferden aufzugeben. 3. Die Rinderzucht spaltete die Gesellschaft in eine breite Masse, die nur zum eigenen Verzehr produzierte und reichen Herdenbesitzern, denen Zeit und Mittel blieben, um sich in der Einübung auf Wagen einer neuen Beschäftigung zu widmen. 4. Die Geschicklichkeit ihrer Vorfahren, als Reiter schnell und wendig anzugreifen, wurde dabei auf die Lenkung von Gespannen verlagert, auf denen ein im Korb stehender adliger Kämpfer von einem geschulten Lenker begleitet wurde. Im Köcher wurden, getreu der reiterlichen Vergangenheit, auch Bogen mitgeführt aber zugleich ein Vorrat von Lanzen und ein Schwert, die einen Kampf auch auf kürzerer Entfernung ermöglichten. Kämpften die Reitervorfahren bloß auf Schussweite, so ihre südlichen Nachfahren zusätzlich auf Wurf- und Schlagweite, also über drei Distanzen. 5. Der Wagenlenker konnte fallen. Dann musste der Kämpfer neben ihm selber fähig sein, die Zügel zu übernehmen. Dies führte dazu, dass sich der Wagen auch zu einem Statussymbol der Oberschicht entwickelte, wie etwa bei Wettrennen oder auf der Jagd zur Schau gestellt wurde. 6. Die Reiter-Vorfahren waren in Geschwindigkeit und Wendigkeit erfahren. Diese Eigenschaften wurden nun vom Wagen verlangt: ergänzt durch hohe Stabilität, die auch heftige Erschütterungen auffing. Solche anspruchsvollen Gefährte ließen sich nicht so leicht aus jenen primitiven Wagen mit Scheibenrädern heraus entwickeln, wie sie für den Transport von Kultbildern gebraucht wurden. Dem ließ sich vermutlich leicht abhelfen, denn in Vorderasien und besonders im nördlichen Mesopotamien gab es, vom Amu-Darja unschwer zu erreichen, ein hochentwickeltes Handwerk, der gewiss zahlungsfähigen Käufern gerne lieferte, was sie brauchte. 7. Über die technische Perfektion, die auf diesem Weg erreicht wurde, kann man noch heute staunen, wenn man die wenig erhaltenen Streitwagen genauer mustert. Gut vorstellbar, dass ein Kämpfer von diesem Korb herab die ersten Breschen in die Reihen des Feindes schlagen und Unordnung stiften konnte, die es dem nachfolgenden Fußvolk leicht machten, ja, in der Lage waren, es mit geschulten Truppen der südwestlichen und südlichen Hochkulturen aufzunehmen.12 8. Die offenbar ungeheure Schlagkraft, die von den frühen Streitwagenfahrern entfaltet wurde, setzt voraus, dass sie nicht, wie in der Ilias, vereinzelt auftraten, sondern in Blöcken, die hinter- und nebeneinander gestaffelt waren, was erst den Abwurf von Lanzen strategisch wichtig werden ließ. Als Vergleichsbeispiel darf man sich den geballten Einsatz von Panzerwagen auf französischem Boden 1917 und 1918 vor Augen halten, die beide Male die Front eines starken Gegners zum Einsturz brachten.
12 Wie weit zur Expansion in neue innerasiatische Räume – Afghanistan und dem Iran – Streitwagen nötig waren, vermag ich nicht zu beurteilen. Das dazu die Bewirtschaftungsweise anderen geographischen Bedingungen angepasst werden musste, dürfen wir beiseite lassen.
Eine neue Waffe als Anstoß für eine Kultur neuer Art
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Dagegen hatten über die Front gestreute Panzerwagen 1936–39 keine strategische Wirkung: genauso wenig wie die Wagen in der Ilias. 9. Der Aufbau von Streitwagen-Heeren lässt sich auf die erste Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. datieren, denn schon um die Mitte dieses Jahrtausends gelangen, etwa gleichzeitig, die beiden größten Triumphe, die der neuen Waffe überhaupt beschieden waren: ein kurzfristiger, im ostanatolischen Reiche Mittanni, wovon im Folgenden noch die Rede sein soll, und ein anderer im Umland des mittleren Indus, wo die beiden größten Metropolen diesseits von China, die in Mohenjo-Daho und Harappa ausgegraben werden konnten, offenbar schlagartig erobert werden konnten. Dieser Sieg war von Dauer und öffnete für die Indoiraner und die Hindureligion den südasiatischen Subkontinent, dem sie bis heute über weite Strecken das Gepräge geben. 10. Die Folgen waren unterschiedlich: Im Reich von Mittanni ging die kleine Minderheit von Protoindern rasch in der hurritischen Mehrheit auf und hinterließ nur darin eine Spur, dass die Fachsprache des Pferdetrainings mit protoindischen Einsprengseln durchsetzt blieb. Für den Erfolg am Indus fehlen uns alle Schriftquellen. Der Vordere Orient schweigt und die Inschriften am Ort lassen sich bis heute nicht entziffern. Fassbar ist dagegen das gewaltige Resultat, dass hier die Indogermanisierung von weiten Teilen des indischen Subkontinents und die Weiterausbreitung der Hindureligion einsetzte. Gerne wüsste man, wie weit die Kunde von einem militärischen Triumph wanderte, dem in dieser Epoche nichts gleich kam. Immerhin vorstellen kann man sich, dass sie dazu beitrug, wenn eine heroisch-aristokratische Kulturprägung bis Mittel- und Westeuropa ausstrahlte. Zum Vergleich: die Tradition des Volkes Israel bewahrte in Ehrfurcht die Erinnerung an seinen Auszug aus Ägypten, wo es ihm mit göttlicher Hilfe gelang, sich den pharaonischen Verfolgern und ihren Wagen zu entziehen. In 2. Mose 14 agieren die Verfolger überzeugend im gestaffelten Block, dessen Größe allerdings märchenhaft aufgeplustert erscheint. Für uns ein Beispiel, wie die neue Waffe an Schrecklichkeit zunahm, je weiter die Nachrichten über sie wanderten. Um ja nicht alles über einen Kamm zu scheren: ob nun durch diese Kunde beflügelt oder davon unabhängig bleibt festzuhalten, dass die kulturellen Fernwirkungen der Streitwagengesellschaft zwar an preisenden Dichtungen festhielten, in der vieles vom Sänger nicht nur erfunden war sondern nur weitergegeben wurde. Aber in Europa dünnte die Ausgangskultur wohl darin aus, dass ihr religiöser Anteil schrumpfte während er sich im Osten, in Asien verstärkte. Dem läuft parallel, dass sich im Avesta und den Veden eine noch strengere Beibehaltung von Überkommenem durchsetzte. Umfangreiche Wortlaute in feierlicher Sprache sollten von Generation zu Generation in ihrem ursprünglichen Klang weitergegeben werden, obwohl die Umgangssprache längst zu jüngeren Lautständen übergegangen war. Um dieses Kapitel abzurunden: Wie lässt sich das Ausgangsgebiet der Streitwagenkultur geographisch lokalisieren? Um das anhand von archäologischen Funden zu untersuchen fehlt mir die fachliche Kompetenz und ein hinreichender Einblick in
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Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
den heutigen Forschungsstand. Ich wage stattdessen, von den zuvor aufgeführten Fernwirkungen, die sich von diesem mutmaßlichen Gebiete anbahnten, auf seine Lage zu schließen. Im Bilde gesprochen: für mich ergibt sich die Bestimmung eines Epizentrums aus der Verlaufsrichtung von Erdstößen, die von dort ausgelöst wurden. Ich gelange dabei in jene Turanische Niederung, die sich von der mittleren Ostküste des Kaspi bis zur zentralasiatischen Hochgebirgsschwelle erstreckt. Dieses Nordstück des subtropischen Gürtels wird im heutigen Usbekistan von fruchtbaren Talauen durchfurcht, in denen – zugespitzt – Milch und Honig flossen. Nicht zufällig hat im Hinterland des Amu mit Buchara und Samarkand als Zentren der Islam eine staunenswerte spätmittelalterliche Blüte erlebt, von der man zurückrechnen kann, was in einer gleichgebliebenen Landschaft 3000 Jahre zuvor kulturell bereits möglich war.
Gebremste Wirkungen des Streitwagens im Vorderen Orient
II.3
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Gebremste Wirkungen des Streitwagens im Vorderen Orient: Kein Umbau von Gesellschaften und ihres kulturellen Gefüges
Die Wirkung der neuen Waffe auf den Vorderen Orient, mit dem wir – endlich – auf den Boden gesicherter Überlieferung treten, war anfangs gewiss groß. Denn gerade jetzt um die Mitte des 2. Jahrtausend war im Vorderen Orient ein heftiger Kampf um die Vormacht ausgebrochen, in dem Ägypten und das Hethiterreich die größten Siegesaussichten hatten. Jeder der Rivalen hat sich damals Streitwagen zugelegt. Mit dieser Waffe jedoch waren schon bald keine Überraschungssiege mehr zu erzielen, weil die Angegriffenen gegenrüsteten. Vor der Schlacht von Kadesch, in der 1285 Hethiter und Ägypter um die Vorherrschaft von Syrien rangen, fuhren bezeichnenderweise beide Seiten mit Wagen auf, aber keine von ihnen wagte den Einsatz: wohl aus Furcht vor einem Gegenschlag. Seit ungefähr 1000 dürfte das Wettrüsten mit Wagen erlahmt sein. Auch aus einem weiteren Grunde blieben die Wirkungen dieser Waffe im Vorderen Orient begrenzt: sie ließ nämlich die Struktur der Gesellschaft in fest gegründeten Reichen weitgehende intakt. Denn hier konnten die Herrscher die Handhabung des Streitwagens in die Hände einer Spezialtruppe legen, die sie aufbauten.13 Gewiss: auch Herrscher und Oberschicht liebten es bald, auf Wagen zu paradieren und sich selber als Lenker zur Schau zu stellen. Auch die Jagd vom Wagen herunter, die auf assyrischen Reliefs so packend dargestellt ist, wird Mode geworden sein. Aber damit wurde gleichsam nur eine auf Prunk abgestellte Oberfläche der Kultur angeritzt, was sich ganz ähnlich auch in China abgespielt haben dürfte. Eine Zusammenstellung hethitischer Namen lässt vermuten, dass auch die bodenständige Namengebung unbeeinflusst blieb.14 Das wird durch einen Kulturvergleich noch aussagekräftig: immer wieder – und heute besonders – sind Eltern bei der Benennung ihrer Kinder importierten Moden gefolgt. In Vorderasien des 2. Jahrtausends v. Chr. blieben dagegen die ererbten Muster intakt. Für uns ist der Schluss zwingend, dass eine germanische Kultur, die sich rundherum aristokratisch und heroisch präsentiert, ihre Wurzeln nicht in altorientalischen Hochkulturen, sondern in ihrem nördlich-nordöstlichen Vorland besitzt. Der Weg, der sich damit abzeichnet, muss uns jetzt beschäftigen.
13 Siehe dazu Beal 1992. 14 Keine Spuren des zweigliedrigheroischen Bildetypus entdecke ich bei Laroche 1966. Damit fehlten die Vorraussetzungen für einen Heldenpreis neuer Art.
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II.4
Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
In Südost- und Mitteleuropa: Freie Bahn für eine Ausrichtung ganzer Völker auf das Ideal des gefeierten Helden
Erinnern wir uns: Dass so viele indogermanische Namenschätze im Typus zweigliedriger, heroisch getönter Bildung übereinstimmen, hat 1874 die bis heute unangefochtene Ansicht verankert, das Bau- und Inhaltsschema müsse ein Erbteil aus der gemeinsamen indogermanischen Grundsprache darstellen.15 Dafür kann man mittlerweile die Übereinstimmung in neun sprachverwandten Namenschätzen ins Feld führen. Gegen die überwältigend scheinende Beweiskraft dieser Ähnlichkeiten wog wenig, dass zwei Teile der Indogermania heraus fielen: der anatolische Zweig mit dem hethitischen als Hauptvertreter, aber auch der italische Sprachraum. Mittlerweile zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild ab, denn die beiden geographischen Ausnahmen sind nicht nachträglich aus einer Reihe herausgebrochen, sondern halten einen älteren Zustand fest, der aus der Verbreitung des zweigliedrigen Typus deshalb heraus blieb, weil es sich um Milieus handelte, in denen es keine heroisch-aristokratische Revolution und damit auch keine ihr entsprechenden Personennamen gegeben hat. In Anatolien hat der Streitwagen das Selbstbewusstsein einer Oberschicht nicht tiefer umgeprägt und auf die italische Halbinsel schob sich die Verbreitung des Streitwagens offenbar nur in Ausläufern vor.16 Nach Auskunft meines Freiburger Kollegen Gerhard Hiesel ist der Streitwagen für die Frühzeit selbst in Norditalien erst spät belegt. Dem entspricht in der Namengebung, dass in Rom ein Gaius Julius Caesar geboren werden konnte, aber keine Kleopatra. Wie lässt sich in eine Reihe bringen, dass der Weg vom mutmaßlichen Entstehungsraum der heroischen Kultur bis zu den Kelten durchweg, so weit erkennbar, über indogermanische Stationen führte? Ganz einfach: weil die vorindogermanischen Restbevölkerungen, die es auf diesem Wege durchaus gegeben haben mag, keine uns erkennbaren Kulturspuren hinterlassen haben. Erwägen kann man, dass die Weitergabe von Volk zu Volk dadurch erleichtert wurde, dass Nominalkomposita, die in den Stanzformeln der frühen Heldenlieder eine tragende Rolle spielten, allen indogermanischen Völkern geläufig waren und so das jeweilige Vorbild im Weitergabevorgang leicht durch heimische Bildung ersetzt werden konnte. Aber nötig ist diese Zusatzhypothese nicht. Der Wanderweg, dem wir nachschreiten, führte über 4000 km und durchmaß ganz unterschiedliche Landschaftsformen und Vegetationen, ohne sein heroischaristokratisches Grundmuster zu verlieren. In Zukunft wird man noch mehr darüber nachzudenken haben, wie sich andere Verhältnisse auf das übernommene Kulturgut ausgewirkt haben.
15 S. 2. u. S. 15ff. 16 Weber 1986.
In Südost- und Mitteleuropa
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Allein im Ursprungsgebiet, soviel lässt sich heute schon behaupten, blieb es bei einer gleichsam runden, unabgeflachten Streitwagenkultur, die den sozialen Aufbau ebenso wie Kriegführung, Sitte und Dichtung prägte. Im archaischen Griechenland, wie es die Ilias schildert, war der Streitwagen bereits von einem schlachtentscheidenden Gefährt zu einem Würdezeichen einiger weniger herausragender Fürsten geworden, an dem schon ein ärmerer Fürst wie Odysseus keinen Anteil mehr hatte, was er durch seine Klugheit wettmachen musste. Das ist im Grundtypus dem alten Orient verwandt, wo die Oberschicht den Streitwagen nur noch für ihr Imponiergehabe schätzte. Die große Bedeutung von Rinderherden für die Aristokratie, wie sie für das Ausgangsgebiet anzunehmen ist, hat in der Ilias nur noch Spuren hinterlassen: etwa in den Personennamen, aber auch darin, dass Könige wie Achill in der Heimat stattliche Rinderherden zurückgelassen hatten. Das aber war für den Kampf um Troja nicht unmittelbar von Ausschlag. Keltische Fürsten haben sich in Süddeutschland, wie zahlreiche Funde belegen, gerne mit ihren geschlachteten Pferdegespannen begraben lassen. Aber man kann bezweifeln, dass diese Gespanne sie auch in die Schlacht gezogen haben. Eher wahrscheinlich, dass sie allenfalls ein Heer vom Sattel aus geführt haben. Für ihre „ärmeren Vetter“, die Germanen, lassen sich Prunkwagen nur sehr selten nachweisen. Hier war also das Erbe der Streitwagenkultur auf den bescheidenen Rest geschrumpft, dass ein Häuptling vom Sattel aus sein Heer in die Schlacht führen konnte, um es anzufeuern und zu ordnen. Diese Schrumpfung schlägt sich darin nieder, dass ein Pferd am Anfang von Namen bei den Kelten noch oft, bei den Germanen nur noch selten genannt wird und unter den Endgliedern nur noch eins von einem Reiter spricht, während drei, ja vielleicht vier den Kämpfer in die Schlacht schreiten lassen.17 Der Eindruck der Schrumpfung legt sich auch nahe, wenn man frühe indoiranische Namen mit germanischen vergleicht. An den Anfängen der Streitwagenkultur waren sie wenigstens zu einem Teil noch individualisierend und hoben Vorzüge des Benannten hervor, die anderen abgingen. Der Akt des Kämpfens konnte anschaulicher vergegenwärtigt werden. Das alles kann man für die germanischen Namen nicht mehr sagen. Sie passen sozusagen auf jeden, was auf allen passte, oder genauer, was einem jeden als Ideal vorschwebte. Das könnte an einen Kupferstich erinnern, der von Abzug zu Abzug immer ungenauer und uncharakteristischer wurde. Aber damit würden wir unseren Vorfahren nicht gerecht werden. Schon auf dem langen Wanderweg des zweigliedrigen Typus hatte sich das Bild des Helden immer mehr von der lebendigen Wirklichkeit abgehoben und an Bildhaftigkeit eingebüßt, dafür aber nahm die Idealisierung des Helden immer künstlichere, ja geradezu raffiniertere Formen an, die unsere ganze Aufmerksamkeit verdienen werden.
17 Hierzu VIII.3: -ridaz (Nr. 35), dagegen -gangaz (Nr. 12), -sin@ az (Nr. 37) und wohl auch -faraz (Nr. 7), -laikaz (Nr. 27).
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II.5
Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
Die Germanen des 1. Jahrtausends als Abwandler eines entlehnten Musters
Stecken wir zunächst den Zeitrahmen ab, in dem wir uns bewegen werden. Vermuten lässt sich, dass eine Kultur des Heldenpreises nicht schlagartig aus der Indoirania bis zu den Germanen gelangte. Ich versuche eine Datierung: der Verpflanzungsvorgang wird erst um 1000 v. Chr. bei den Germanen angekommen sein als die Streitwagenkultur in ihrem Ursprungsgebiet im Abklingen begriffen war. Als Endpunkt, den es zunächst anzusteuern gilt, soll uns die Zeit um Christi Geburt gelten, wo die Germania bereits im Begriff stand auseinanderzudriften, aber über eine nach wie vor sehr einheitliche Namengebung verfügte. Diese muss damals schon durch sehr stabile, allgemein beachtete Bauregeln gekennzeichnet gewesen sein, durch die sich die Germania aufs deutlichste von allen anderen zweigliedrigen Namenschätzen, ja ganz besonders von den Kelten abhebt. Zugleich hat sich in diesem Jahrtausend der Heldenpreis in den Stanzformeln des Heldenlieds und in der Namengebung in zwei Säulen organisiert, die eng aufeinander abgestimmt blieben, aber gleichzeitig Eigenmerkmale aufwiesen. Um unser chronologisches Schema fortzuschreiben: An dem gemeinsam als kulturell kostbar empfundenen Erbe haben die Germanen im 1. Jahrtausend n. Chr., als sie schon weit auseinanderwohnten und ihre Sprachen sich bereits zur gegenseitigen Unverständlichkeit voneinander entfernt hatten, in erstaunlich weit gehender Treue festgehalten. Ja, mit der einzigen Ausnahme im Bereich der Frauennamenbildungen, die uns in Kapitel VI.6 beschäftigen wird, war das Regelsystem bei Einsetzen unserer schriftlichen Zeugnisse bereits fest verankert. Von gewissen Aufweichungen in Skandinavien abgesehen hat es sich im Grundriss nicht mehr wesentlich verändert, bis der zweigliedrige Typus um 1000 seine Produktivität einbüßte. Unsere Überlegungen werden sich, das sei vorab noch einmal betont, um einen Umstilisierungsprozess drehen, den wir nur in seinen Endergebnissen – also den Stand um Christi Geburt – genau umreißen können. Es handelt sich also in diesem Buch um eine Art philologischer Archäologie oder Paläontologie. Anzunehmen ist, dass die Neuordnung des Regelsystems nicht in großen Sprüngen oder gar auf einmal stattfand, sondern sich allmählich, in Schüben mit systemverändernden Wirkungen, vollzogen hat. Die mutmaßlich aufeinander folgenden Etappen lassen sich nicht mehr absolut datieren. Aber an mehreren Stellen kann gewagt werden, immerhin eine relative Chronologie des Nacheinanders zu rekonstruieren. Das gilt, wie mir scheint, eindeutig für die Tendenz unter den Männernamen, Ausdrucksformen für Männlichkeit zu finden. Aber noch handgreiflicher zeigt sich das in dem Parallelvorgang unter den Frauennamen, aus denen sich mehrere Anläufe des Versuchs freilegen lassen, Weiblichkeit zu spiegeln. Natürlich weiß ich, dass ich mich auf ein Glatteis bloßer Hypothesen wage, auf dem man leicht zu Fall kommen kann. Es wird mich nicht wundern, wenn mir viele Philologen auf dem Wege durch ein dunkles Jahrtausend und erst recht bei der Abste-
Die Germanen des 1. Jahrtausends als Abwandler eines entlehnten Musters
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ckung von Wegstrecken, die hintereinander durchmessen worden sind, nicht folgen mögen. Mir scheint aber, dass meine Annahmen sich zu einem Gestänge zusammenschieben, in dem die einzelnen Glieder sich gegenseitig halten und ein plausibles Ganzes ergeben. Dass man mir genau auf die Finger sehen wird, wenn ich dieses Versprechen einlöse, ist ganz in meinem Sinne. Schön wäre es, wenn meine Kritiker nicht nur den Kopf über so viel Mut schütteln, sondern überlegen würden, ob Phänomene, die ich in eine Ordnung zu bringen versuche, auf eine andere, einleuchtende Weise erklärt werden können.
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II.6
Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
Ein aristokratisch-heroisches Ideal bei den Germanen: älter als bisher angenommen
Bei den Festlandkelten, Nachbarn und kulturelle Vorbilder für die frühen Germanen, muss es schon früh Fürsten und einen Adel gegeben haben. Archäologisch wird das erhärtet durch reich ausgestattete Gräber mit hügelförmigen Erdaufschüttungen und gelegentlich durch Monumente, die darauf errichtet wurden. Sie setzen voraus, dass breitere Bevölkerungsschichten aufwendige Gemeinschaftsleistungen erbrachten, um vornehme Tote zu ehren. Die Bestatteten müssen politische und wirtschaftliche Macht besessen haben. Nach dem, was sich aus erzählenden Quellen ebenso wie aus den Ausgrabungen ergibt, lässt sich dieses Bild nicht auf die Germanen vor Christi Geburt übertragen, für die sich keine Prunkgräber und dazu gehörige Häuptlings- oder Fürstensitze abheben.18 Häuptlinge, und erst recht Könige von ganzen Stämmen, schälten sich erst heraus, nachdem die Germanen seit Caesar in ständige Kontakte mit den Römern getreten waren. Jetzt konnten Söldner im römischen Dienst Soldersparnisse ansammeln und in die Heimat mitnehmen. Ja, jetzt ließ sich auch durch Raubzüge in das Römische Reich mit seinem höheren Grad an Zivilisation eine Beute beschaffen, die nach der Rückkehr ins eigene Land die Möglichkeiten der Erfolgreichen erhöhten, sich in ihrer sozialen Stellung über die Masse der Bauernbevölkerung zu erheben. Dass Häuptlinge nicht nur als gewählte Heerführer zeitweilig herausragten oder gar Fürsten dauerhaft im Sattel saßen, scheint demnach eine Neuerung zu sein, die sich erst nach der Jahrtausendwende anbahnte. Wie verhalten sich unsere Namenbefunde zu diesem Bild, das andere historische Disziplinen entworfen haben? Meine Prämisse ist, dass der Typus der zweigliedrigen Personennamen bei den Germanen seine einzigartige Gestalt schon v o r den Kontakten mit den Römern ausgebildet haben muss. Denn anders wäre unerklärbar, dass die Namen in den einzelnen Teilen der Germania einen Ausgangsstand voraussetzen, der um Christi Geburt noch weitgehend identisch war. Wenn sich die Germanen den zweigliedrigen Typus wohl erst um 1000 v. Chr. zu eigen machten und dann auf eine bemerkenswerte Weise abwandelten, die gewiss um Christi Geburt schon fertig ausgeprägt vorlag, dann darf man behaupten, der zweigliedrige Typus, der den Befunden bei allen Germanen zugrunde liegt, sei ein Produkt des ersten vorchristlichen Jahrtausends und bezeuge für diese Epoche bereits die heroisch-aristokratische Kultur einer einigermaßen fest abgegrenzten Oberschicht. Die Unterschicht einer im Kern noch ungeschichteten Bauerngesellschaft übernahm in ihrer Namengebung zu einem guten Teil das „heroische Kulturmodell“ der Vornehmen als Fertigprodukt, ohne es aktiv mit zu tragen. Entscheidend wichtig für diesen kulturgeschichtlichen Ansatz ist, dass es Sänger gegeben haben muss, die nicht nur Preislieder vortrugen und den For-
18 Für das Folgende halte ich mich an Dick 2008.
Ein aristokratisch-heroisches Ideal bei den Germanen
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melschatz des Heldenpreises weiterentwickelten, sondern offenbar auch wesentlich beteiligt waren, wenn der Namenschatz in strenger Weise auf die Preisformeln bezogen blieb: in den Gemeinsamkeiten beider Sagweisen, aber auch in sorgfältig gegeneinander aufrecht erhaltenen Unterschieden. Wie sollen wir mit der Diskrepanz umgehen, die sich zwischen zwei Rekonstruktionen des 1. Jahrtausends v. Chr. abzeichnen? Für uns ergibt sich eine Gesellschaft mit einer offenbar dünnen, aber stabilen Oberschicht aus Häuptlingen und, davon nicht scharf abgehoben, reicheren Besitzern, die bei fürstlichen Gelagen und vermutlich auch zu anderen Gelegenheiten wie Jagden und Begräbnissen eingeladen wurden. Eine Oberschicht, die sich auf edle Abkunft und ein stattliches Erbe aus einem vornehmen Geschlecht berufen kann, spiegelt sich etwa in dem ablautenden Namenpaar A@ ala- und O@ la-. Aus der Gruppe der Edlen ragen Häuptlinge hervor, die sich durch Macht und besonderen Reichtum (-rı-kaz) auszeichnen. Sie sind es, die sich zugleich als Glieder der aristokratischen Oberschicht empfanden. Die übrige Überlieferung lässt eher auf eine noch weitgehend egalitäre Gesellschaft schließen. Lassen wir es bei dieser Diskrepanz bewenden! Sie sollte interdisziplinäre Gespräche anregen, deren Ergebnisse sich absehen lassen. In einer ersten Runde, die im Juni 2010 in Freiburg zusammenkam, wiederholte mein Kollege Heiko Steuer seine Ergebnisse von 1982: Die Gräber des 1. Jahrhunderts v. Chr. in hinreichend sicher germanischen Siedlungsgebieten ließen weder durch Beigaben noch in ihrer Anlage eine klare soziale Schichtung erkennen.19 Aber das, so fügte er jetzt hinzu, spreche noch nicht zwingend gegen eine durchlaufende aristokratische Tradition. Es sei gar nicht die Regel, dass Oberschichten sich von den Massen durch prächtige Gräber unterschieden. Als gewichtiges Argument wurde anerkannt, dass die urgermanischen Namenglieder für ‚Pferd‘ und ‚Schwert‘ ein Stratum von Reicheren voraussetzen, die in der Lage waren damit ausgerüstet in den Kampf zu ziehen.
19 Siehe Steuer 1982.
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Ein Bauplan für Preisformeln und Namen
Auseinanderstrebende Klangtendenzen
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III. Die Normierung des Namenrhythmus: eine germanische Besonderheit III.1
Auseinanderstrebende Klangtendenzen: wuchernde Freiheit bei den Kelten und strenge Regulierung bei den Germanen
Als August Fick 1874 auf die frühe griechische Namenschicht zurückging, wie sie durch die homerischen Heroennamen bezeugt ist, da stieß er – anders als in später bezeugten Namen – nicht mehr auf v i e r s i l b i g e und nur noch selten auf d r e i s i l b i g e Namenglieder: lediglich -ptólemos und -klúmenos wollte er, das vokalisch anlautende -agóras übergehend, für diese Stufe gelten lassen: „Es lässt sich“, meinte er, „somit ein ältester Zustand der griechischen Namengebung erkennen, wo, von wenigen Fünfsilblern abgesehen, der griechische Name nicht mehr als vier Silben enthielt.“1 Man mag anmerken, dass die w e n i g e n F ü n f s i l b l e r um eine Reihe weiblicher Namen zu vermehren sind, die schon bei Homer begegnen und die in ihren zweiten Gliedern konsonantische Stämme movieren: z.B. hom. Iphi-médeia neben Archi-méde-s m. usw.; heroisch Asty-kráteia neben Hippo-kráte-s m.; hom. Iphi-ánassa neben Ast´ y -anax. Aber das hebt die Bedeutsamkeit von Ficks Beobachtung nicht aus den Angeln. Ein durchaus entsprechendes Bild erwartet uns bei den Slawen. Die Menge der dreisilbigen Stämme, die sie – wie velikˆ , veselˆ , goleˇmˆ , stamenˆ , sˆb êstˆ – zur Bildung unkomponierter Namen verwendeten, fehlt in den zweigliedrigen Klangkörpern. Wo sie einmal erscheinen, da ist der Vokal Fugenvokal synkopiert etwa in tschech. Jeå it-bor. Eine sehr alte, weitverbreitete Prägung *Per-je˛ slavˆ ‚Erbe des Ruhmes‘ lässt sich zwar in d r e i B e s t a n d t e i l e zerlegen, fügt sich aber rhythmisch in den unter den Zweigliedrigen vorherrschenden Haupttyp ein. Selbst bei den Indern, die mitunter ungewöhnlich lange Namen gebrauchten, scheint sich ein Gespür für jene archaische Struktur erhalten zu haben, die bei den frühen Griechen und Slawen noch deutlicher durchschlägt. Denn als man im alten Indien daranging, bis ins einzelne gehende Regeln für die Namenwahl aufzustellen, da war man sich, so sehr man auch sonst auseinandergehen mochte, über eines einig: über die Silbenzahl, die ein Männername haben sollte. „Er gebe ihm einen zweisilbigen oder viersilbigen Namen“, heißt es, oder anderswo: „Einen Namen geben sie ihm … zweisilbig oder viersilbig; zweisilbig, wenn er ihm hohe Stellung wünscht, viersilbig, wenn er ihm göttlichen Glanz wünscht.“ In drei anderen Quellen kehrt die gleiche Empfehlung wieder. Nur eine rät auch zum Sechssilbler.2 Diese Regel bezieht
1 Fick 1874, S. 5. 2 Hilka 1910, S. 14. Im Vik nu-Pura-na wird von „geradsilbig“ gesprochen. Rätselhaft bleibt, warum für die Frauennamen ungerade Silbenzahl vorgeschrieben wird. Dafür gibt es kaum Anhalte im indischen Gebrauch (ibid., S. 17), ebensowenig wie bei anderen indogermanischen Sprachen.
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Die Normierung des Namenrhythmus
sich offenbar auf unkomponierte und komponierte Namen. Sie orientiert sich, wohlgemerkt, nicht an der Vielfalt des lebendigen, zeitgenössischen Gebrauchs, sondern lässt nur die ehrwürdigen, auf archaische Art gebildeten Prägungen gelten. Unter diesen herrschte der Typus xx – xx für die zweigliedrigen Bildungen vor, so dass man ihn zur Regel erheben konnte. Freilich muss es daneben in einer Reihe von indogermanischen Namenschätzen auch den Klangtypus x – xx gegeben haben. Einmal waren das Bildungen mit P r ä p o s i t a als Erstglied, die schon Fick zum gemeinsamen Erbe der Brudervölker rechnete. Daneben gab es wohl auch Bildungen mit vokalisch anlautendem Zweitglied, in denen der Hiatus schon früh überbrückt worden ist: sei es durch Konsonantisierung des Fugenvokals wie in skr. madhv-ad, aksl. medv-eˇˆ (‚Honig essend‘ = ‚Bär‘) oder durch sein Verstummen wie in griech. l´ y s-ippos, sei es durch Kontraktion zu Langvokalen wie in pers. Viå t-a-spa, griech. Strat-e-gós. Der altindische Namenschatz wird auch mit Bildungen, die an zweiter Stelle e i n s i l b i g e Wu r z e l n o m i n a enthalten, ein altes Erbe weiterführen. Das dürfte etwa für Deva-ja und Î akra-jit (xx – x) gelten. Ja, wenn die Griechen das Appellativ pro-phro-n ‚wohlmeinend‘ gebrauchten, dann sprach nichts dagegen, es auch als Personennamen zu verwenden. Chár-o-ps spiegelt wohl eine Vokabel mit der Bedeutung ‚angenehm aussehend‘. Der rhythmische Typus x – x war also ebenfalls, wenn auch selten, vertreten.3 Anzunehmen ist danach, dass die Tradition des zusammengesetzten Bildetypus mit Komposita begonnen hat, die in der großen Mehrheit der Fälle aus W ö r t e r n e i n f a c h e r K l a n g s t r u k t u r , ohne silbenbildende Suffixe, bestanden. Der häufigste Fall war gewiss xx – xx. Daneben erschienen x – xx, xx – x. Das läuft auf keine strenge Regulierung hinaus, sondern verrät bloß die Tendenz zu relativ kurzen Gesamtkörpern, die erst in gewissen Einzelsprachen über Bord ging. Von vornherein angelegt war aber vermutlich die Möglichkeit, das Grundmuster durch längere Bildungen zu flankieren und zu variieren. Wahrscheinlich aber faltete sich, aufs Ganze gesehen, der Namenschatz nicht ähnlich weit auseinander wie das Gegenüber der appellativen Preisformeln. Unser Augenmerk verdient, dass es innerhalb der Indogermania mit K e l t e n und G e r m a n e n gerade zwei benachbarte, kulturell eng miteinander verbundene Sprachgemeinschaften waren, die rhythmisch ganz entgegengesetzte Wege gingen und bei einer einzigartigen Polarität landeten.4 Die älteste germanische Kultur – darüber gibt es keinen Zweifel – wurde entscheidend mitgeprägt von Einflüssen, die von keltischen Stämmen in westlicher und südlicher Nachbarschaft ausgingen. Die Kelten besaßen einen durch mehrere Gründe bedingten Kulturvorsprung. Bei der Umstellung der Metallbenutzung auf das Eisen eroberten sie eine Führerrolle. Ein Gleiches gilt für den Salzabbau und Salzhandel sowie für den hohen Stand der Textil-
3 Ibid., S. 5. 4 Siehe dazu Birkhan 1970; Birkhan 1997.
Auseinanderstrebende Klangtendenzen
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handwerke. Zivilisatorisch folgenreich war der vergleichsweise kurze Abstand zu den mittelmeerischen Hochkulturen. Hinzu kamen west-östliche Verkehrsverbindungen, die bis China reichten. In Fürstengräbern, etwa in Süddeutschland, ist zutage getreten, wie wohlhabend man sich die keltische Oberschicht vorstellen darf. Die Germanen werden sich im 1. vorchristlichen Jahrtausend wie unscheinbarere, provinzielle Vettern der Kelten ausgenommen haben.5 Eine ganze Reihe von Gliedern ist beiden Sprachgruppen gemeinsam. Den Kelten fiel dabei wohl meist – wie bei -rı-k- eindeutig und bei -me-r- wahrscheinlich – die Geberrolle zu.6 Die Germanen – und offenbar sie allein – waren es, welche die einfachen rhythmischen Typen, die wir aus verwandten Namenschätzen kennen, durch eine ganze Palette von anders gebauten Elementen erweiterten. Dreisilbige Namenglieder gewannen an Boden, ja mit viersilbigen Bauelementen wurde von den Kelten Neuland betreten. So ergab sich eine Typenvielfalt, die mit den Nummern 1–3 vermutlich archaisches Erbe bewahrt, in 4–5 zwei seltene Randtypen wuchern ließen und mit 6–7 mit Novitäten aufwartete. Im Schema verdeutlicht ergab sich folgende Palette: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
xx – xx xx – x x – xx x – xxx xx – xxx xxx – xxx xxxx – x xxxx – xx
Sego-vesus Dumno-rix Vis-marus *Ver-nemetos > akym. Gorni-vert Voto-mapatus Agedo-mopatis Adiato-rix Indutio-marus
Dazu kommt noch eine Vielfalt von Kombinationen aus vier Bausteinen: etwa 9. 10. 11. 12.
Com-boio-marus Ver-cingeto-rix Epo-redo-rix Ver-condari-dubnos.7
Während die Kelten aus einer vermutlich kleinen Zahl von Trieben ein üppig verzweigtes Gewächs hervorwuchern ließen, fanden die Germanen dagegen Gefallen an Bauformen, die das Ererbte auf einige wenige, einfache Typen zurechtstutz-
5 Im Folgenden baue ich ein, was ich, über den Erkenntnisstand meiner Dissertation von 1957 hinausgehend, in einem nachgeschobenen Aufsatz dargelegt habe (Schramm 1962, hier S. 39–42). 6 Zu gall. -ric-, mar- und seinen germanischen Entsprechungen siehe Evans 1967; Wagner 1982, S. 19–24. 7 Die Beispiele nach Holder 1891–1913; Schmidt 1957, S. 33–301.
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Die Normierung des Namenrhythmus
ten.8 Im Vergleich: Vermutlich gingen sie ähnlich vor wie die Gärtner der Renaissance- und Barockzeit. Als Haupttyp schälte sich, schon bevor unsere Überlieferung einsetzt, ein in der Silbenverteilung symmetrisch gebauter H a u p t t y p heraus, der von z w e i Va r i a n t e n e i n e s N e b e n t y p s flankiert wurde. Durchgehend auf die gleiche Weise waren H a u p t - u n d N e b e n t o n platziert. Es scheint, als hätten die Germanen sich der Freiheit bedient, die ihnen die Namenschöpfung bot, um sich im Gegenüber der zivilisatorisch überlegenen keltischen Nachbarn durch eine eigene Identität und Kunstfertigkeit zu profilieren.
8 Kompetenteren überlasse ich die Prüfung, ob die keltischen Personennamen nicht auch semantisch wucherten, indem sie unheroische Inhalte hineinnahmen: etwa Bäume, Mineralien, Verwandtschaftsgrade und Körperteile; siehe Evans 1967, S. 290–296.
Die silbische Symmetrie des Haupttyps
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III.2 Die silbische Symmetrie des Haupttyps und seine einheitlich abgestufte Betonung: ‚xx – ‘xx Bei der Ortschaft Gallehus in Nordschleswig trat eine Runeninschrift von etwa 400 ans Licht, in der – mit Schriftzeichen der Ä l t e r e n Fu @ark-Reihe – der Verfertiger eines Hornes sich voller Stolz verewigt: Ek Hlewagastiz Holtijaz horna ta-widoIch Hlewagastiz Holtijaz machte das Horn.9
Wir dürfen Hléwagàstiz, dessen Betonung sich aus dem Einbau in eine Stabreimlangzeile ergibt, als Paradefall für einen silbisch symmetrischen Aufbau nehmen, in dem auf urgermanischem Lautstand die große Masse der zweigliedrigen Personennamen übereinstimmte: xx – xx. Diese Einheitlichkeit konnte sich nur ergeben, weil die Germanen bei der Regulierung ihrer zweigliedrigen Personennamen eine ganze Reihe von Bausteinen verpönten, die in allen anderen Bereichen der Wort- und Namenbildung unanstößig blieben. Gehen wir durch, welche silbischen Strukturen in dem Bildetyp, den wir freilegen, mit Bedacht vermieden wurden: –
–
In verwandten indogermanischen Namenschätzen kamen einsilbige Präpositionen vor (III.1). Unter ihnen wiederum waren pro- (im Slawischen dagegen preˇ-) besonders beliebt, weil sie zu Preisformeln passten, in denen der Held h e r v o r r a g t e oder v o r a n g i n g . In diese Tradition passen gut der angelsächsische frum-gâr ‚Häuptling‘, der als ‚Speer an der Spitze‘ bezeichnet wird, weiterhin anord. fram-lunda. r und fram-lyndr ‚hochgesinnt‘. Aus den Personennamen dagegen wurden e i n s i l b i g e A n f a n g s g l i e d e r o f f e n b a r h e r a u s g e halten. Dasselbe gilt vermutlich für zwei einsilbige Wurzelnomina als Endglieder. Gall. -rix (= rı-gs) war – als Appellativ ‚Herrscher‘ ebenso wie als Namenglied – ein Wurzelnomen ohne Stammvokal.10 Die Germanen übernahmen es samt seiner Stammklasse etwa in got. reiks ‚Herrscher‘. In ihren Personennamen aber hätte diese Lautung das strenge Klangschema gesprengt. Dem aber ließ sich leicht abhelfen: durch die Erweiterung zu *-rı-kaz oder eine Auswechslung durch das von rı-ks abgeleitete rı-kı-z ‚mächtig, reich‘. Wenn dem Schreiber einer ostgotischen Urkunde nicht mit Fri@ areikeikeis Gen. ein banaler Flüchtigkeitsfehler unterlaufen wäre, besäßen wir mit *Fri@ areikeis gewiss einen verlässlichen Beleg für diese Lösung.
9 holtijaz mit ‚Sohn des Holt‘ zu übersetzen, ist nur eine der Möglichkeiten. Alternativen wären, in dem Wort eine Herkunftsbezeichnung (‚von/aus Holt / aus dem Holz‘) zu sehen oder es als Zweitname (Kurzname mit dem Suffix -ija- wie got. Theudis) aufzufassen. 10 Siehe dazu Ellis Evans 1967, S. 242–249.
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Ginge -man etwa in dt. Herman auf ein altertümliches Wurzelnomen für *-man ‚Mann, Mensch‘ zurück, dann würde solch ein Endglied ohne Stammvokal gegen unsere rhythmische Regel verstoßen. Aber die frühen Germanen konnten, um die Regel einzuhalten, hier leicht auf jene zweisilbige Variante ausweichen, die uns Tacitus mit dem Götternamen Mannus überliefert: in einer mythischen Genealogie ein Vater der germanischen Stämme. Doch fehlt in diesem Falle ein gesichertes Gegenbild unter den Preisformeln, die wir für die Frühzeit ersetzen dürfen, weil Walfried -man im Beowulf für den ‚Bewaffneten‘ isoliert dasteht. Kommt hinzu, dass Namen auf -man auf Deutschland beschränkt bleiben. Hier stehen sie im Verbund mit -wı-b und -kind, den wohl allen dreien kein heroischer Sinn zugrunde liegt. Vielmehr handelt es sich, so die heute vorherrschende Meinung, um komponierte Diminutiva parallel zu unkomponierten Bildungen mit -l- oder -k-Suffix.11 Wieso *Waluburg, eine frühe und gerade im Ausgang verlässlich überlieferte Bildung mit dem Wurzelnomen -burg an zweiter Stelle aus der Reihe fallen konnte, wird uns später beschäftigen. Wahrscheinlich wurde hier ein ursprüngliches *-burgo- ‚bergend‘ unter Verbiegung des Sinnes abgewandelt, wofür sich ein grammatisches Motiv freilegen lässt (V.5). Die Masse der Fälle gibt dagegen eine Regelung zu erkennen, dass Namen als Hinterglieder in Personennamen die E i n s i l b e r mieden. Aber die Semnonin Waluburg auf unserem Ostrakon lehrt uns, dass Regeln, wie sie sich für germanische Personennamen einbürgerten, schon früh und in vielleicht nicht einmal seltenen Einzelfällen missachtet worden sind. Dürfen wir doch keineswegs mit G e s e t z e n wie in der Naturwissenschaft oder mit Verordnungen rechnen, wie sie den Straßenverkehr regeln. Anzunehmen sind bloß ä s t h e t i s c h e V o r g a b e n , die nicht jeder beherzigte. Auch d r e i s i l b i g e n E n d g l i e d e r n ging man ursprünglich wohl durchweg aus dem Weg. Wo sie, wie in ahd. -hetan ‚Fell‘ und -wandal ‚Wandale‘ (beide mit skandinavischen Entsprechungen) begegnen, handelt es sich vermutlich um Wandernamen aus einer späteren Zeit. Dunkel bleibt der Entstehungszusammenhang von wgot. Suniaguisidus und ahd. Landwisid, die ein ursprünglich dreisilbiges Endglied enthalten. Auch diesmal haben wir es mit seltenen Ausscherern zu tun: diesmal orientiert an einem Appellativum, das in Klang und Bedeutung mit ahd. leitid ‚Führer‘ entsprach und aus einer untergegangenen appellativen Preisformel übertragen sein mag. Dem Zweck, einsilbige Anfangsglieder zu meiden, diente, wenn man genauer hinhört, eine Bilderegel, die von Ernst Förstemann nur beiläufig vermerkt wurde, so dass Edward Schröder sie ein zweites Mal entdecken konnte.12 Für die urgermanische Zeitebene rekonstruierten beide richtig, dass Endglieder n i c h t m i t V o k a l e n a n -
11 Voetz 1978, S. 382–397. Der Bildetyp lebt bis heute fort: offiziell in Friedemann, familiär in Hansemann, Karlemann usw. 12 Das Nähere in Schramm 1957, S. 21–24. – Zum Aufkommen vokalisch anlautender Endglieder im Norden siehe unten Abschnitt 5.
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l a u t e n durften. Diese Regelung ist erst, als das alte Tongefüge gründlich durcheinander geraten war, im Norden durchbrochen worden. Zu Unrecht nahm der Göttinger Altmeister jedoch an, ein Vokal am Anfang von Zweitgliedern hätte, weil er zur Synkope des vorausgegangenen Stammvokals und damit zu einem Knacklaut in der Mitte der Fügung führte, in germanischen Ohren schrill geklungen. Dass man diesen Störfall durch eine allgemeingültige Faustregel zu vermeiden suchte, ist, wie ich seinerzeit durch einen Vergleich mit der übrigen Wort- und Namenbildung nachwies, unhaltbar. Denn außerhalb des Personennamenschatzes waren solche Bildungen in ungebremster Reichlichkeit vertreten. Aufschlussreich für uns besonders, dass Germanen, die im römischen Heer dienten, unter den heimischen Göttinnen und Matronen auch die Al-aisagiae verehrten. Die Namen dieser überirdischen Gestalten machen im Anlaut ihres Zweitgliedes ohrenfällig, dass in religiösen Benennungen, die doch gewiss angenehm klingen sollten, eine Regel der Personennamen außer Acht blieb, weil sie für diesen anderen Sprachbereich nicht gedacht war. Was wurde mit der Klangrücksicht erreicht, die beim Bau der Personennamen – und nur hier! – waltete? Ganz einfach: Vokalisch anlautende Endglieder hätten den voraufgehenden Vokal verstummen lassen. Damit wäre die Symmetrie des silbischen Aufbaus durchbrochen worden und der N e b e n t o n u n m i t t e l b a r a u f d e n H a u p t t o n gefolgt. Mit der T o n v e r t e i l u n g sind wir bei unserem nächsten Thema. Dem Finderglück von Edward Schröder verdanken wir die Einsicht, dass beide Glieder von Personennamen nach einer frühen germanischen Regelung n i c h t a u f d e n g l e i c h e n K o n s o n a n t e n anzulauten pflegten. Wiederum vermutete er, es sollte ein Klang vermieden werden, der den Germanen unschön im Ohr klang. Damit irrte er erneut. Denn es handelt sich ein zweites Mal um eine Regel, durch die sich die Personennamen von allen Sparten appellativer Wortbildung und zugleich von allen sprachverwandten Namenschätzen unterschieden. Wiederum stechen die Göttinnen und Matronen auf Weihesteinen – hier vertreten durch Garmangabis – von den Personennamen ab. Auch hier liegt der Grund auf der Hand: Lediglich in den zweigliedrigen Personennamen sollte die r h y t h m i s c h e S y m m e t r i e gerettet werden. Denn nach den Regeln der Stabreimdichtung, die man als Hintergrund der zweigliedrigen Personennamen hinzudenken muss, fiel in Bildungen wie ae. góld-gífa ‚Goldgeber‘ e i n z w e i t e r H a u p t t o n auf den Anfang des Endgliedes, während diese sonst – wie in góld-sèle, góld-hwàet – bloß e i n e n N e b e n a k z e n t trugen. Wie deutlich der Unterschied zwischen den beiden Betonungsweisen empfunden wurde, zeigt sich im Usus der Dichter, einen doppelten Hauptton nur in der A n f a n g s h ä l f t e von stabenden Langzeilen unterzubringen.13 Durch den Einbau in die eingangs zitierte Stab-
13 Die frühen Ausnahmen von dieser Regel sollten einmal gesammelt werden. Auffällig häufig kommen Hl-h-, Hr-h- und W-w- vor. Das mag durch einen positiven Unterschied der Artikulation bedingt gewesen sein. Dass es gerade erlauchte Fürstennamen waren, die dem durch eine Regelaufweichung Rechnung trugen, hat die Neuerung offenbar rasch unanstößig gemacht. Im Hildebrandslied kann wewurt (V. 49), da in der zweiten Vershälfte platziert, nicht zwei Hauptakzente getragen haben. Die hier
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reimlangzeile auf dem Horn von Gallehus wird – noch ungetrübt von Lautwandlungen – ohrenfällig, wie der Haupttyp der zweigliedrigen Namen klang: Hléwagàstiz. Noch ein weiterer Betonungstyp blieb offenbar unter den Personennamen verpönt.14 Aus den Versen Otfrieds von Weißenburg lässt sich erschließen, dass Komposita auf ala- ‚all‘ den Hauptton auf das zweite Glied verlegen konnten. Aber für die günstig gelagerten Beispielfälle zweier westgotischer Königsnamen – Alatheus und Alaricus – lässt sich eben diese, die Normalität durchbrechende Akzentuierung ausschließen. Denn beide Bildungen staben mit anderen Namen der Baltensippe: Athanaricus und Athaulfus. Ein Alrekr in der Ynglinga saga war durch Alliteration mit seinem Bruder Eiríkr verbunden. Das setzt den Hauptton auf der ersten Silbe voraus. Im Analogieschluss wird man folgern dürfen, dass auch andere Appellativa, für die sich ein Hauptton auf dem zweiten Glied sichern lässt, unter den Namen keine Entsprechung hatte. Sie sind, vorsichtig vermutet, auf urgermanischen Stand d u r c h g ä n g i g a u f d i e s e l b e W e i s e b e t o n t worden. Stellt man zusammen, welche Klänge vermutlich in zweigliedrigen Personennamen, nicht aber in den sonstigen Namen- und Wortschatz gemieden wurden, dann ergibt sich folgende Liste von gemiedenen Typen: – – – –
einsilbige Anfangsglieder einsilbige Endglieder Dreisilber an zweiter Stelle ein zweiter Hauptton am Anfang des Zweitgliedes
Halten wir fest: Die Namen unterschieden sich in ihrer Klanggestalt von den Appellativkomposita der Dichtung. Beide Sparten von kunstvoll stilisierter Sprache setzen aber – jede auf ihre Weise – die gleiche Metrik der Stabreimlangzeilen voraus. Hier waren offenbar Dichter als Wächter tätig, die in dieser poetischen Metrik lebten und zugleich jene Sonderart der Namen hoch hielten, welche sie von den Preisformeln abhob (II.4). Wie aber hielt man es mit der S i l b e n z a h l d e r A n f a n g s g l i e d e r ?
durchscheinende Ausnahmeregelung trug offenbar der Tatsache Rechnung, dass an- und inlautendes w- zumindest in einzelnen Regionen verschieden ausgesprochen wurden, wobei wewurt die Poetik der Langobarden widerspiegeln mag. Dazu Schramm 1957, S. 17–20. 14 Zum Folgenden siehe Genaueres ibid., S. 16. Hier auch zu skandinavischen Personennamen, die einmal, aber vermutlich nicht ursprünglich, den Hauptton auf dem zweiten Glied trugen.
Die einzig zugelassenen Varianten zum Haupttyp
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III.3 Die einzig zugelassenen Varianten zum Haupttyp: dreisilbige Anfangsglieder auf -la- und -naAn erster Stelle der zweigliedrigen Personennamen konkurrieren zwei- und dreisilbige Bildungen. Aber die Dreisilbler bleiben in geringer Minderzahl und erscheinen zudem auf lediglich zwei Lautungen, nämlich -la- und -na-, eingeschränkt. Gegen diesen Ansatz scheint sich der Eber (urgerm. *eburaz) zu sperren, der schon seit der Frühzeit gern am Anfang von Personennamen verwendet wurde. Aber wir r e t t e n d i e R e g e l durch die Annahme, in Personennamen habe man die Klangvariante Ebra- bevorzugt. Der Eber gehörte mit Wolf, Bär und Adler zu den Tieren, die von den Dichtern mit dem Kampf zusammengebracht wurden (IV.4). Auch darin werden sie in ein und dieselbe Reihe gehören, dass sie am Anfang von Personennamen ebenso wie in den appellativen Pendants Klang- und Rhythmusspiele auslösten. Eine rhythmisch motivierte Verkürzung zu Ebra- würde also gut zu zwei anderen, an erster Namenstelle erscheinenden Tieren passen. Mit Rabe und Adler, die als Leichenfresser ebenso wie der Eber, mit dem der Held sich gerne verglich, in die Szenerie des Schlachtfeldes gehören.15 Nur ist der Unterschied zu der Langvariante in der Aussprache schon früh verwischt worden. Dazu trug gewiss bei, dass an der Überlieferung romanische Schreiber teilhatten, denen die Klangregeln germanischer Personennamen fremd blieben.16 Keine Frage aber, dass eine dritte Silbe, die -la- oder -na- lauten konnte, schon in urgermanischen Personennamen unanstößig, ja, verhältnismäßig häufig war. Fürstennamen auf A@ ala- und Ermana- legen sogar die Vermutung nahe, dass derartige Bildungen besonders eindrucksvoll-volltönend klangen und damit für Königsfamilien besonders würdig erschienen.17 Ja, denkbar erscheint, dass in diesen Fällen an der ursprünglichen Aussprache auch dann noch festgehalten wurde, als sie aufgrund eines Vokalschwundes in der Fuge bereits altväterlich klang. Anders liegt der Fall bei dem Ethnonym Winida- ‚Wende, Slawe‘. Hier ist von einer Prägung mit dem Zweitglied -harjaz auszugehen, die als einzige gemeingermanische Verbreitung fand: wgot. Venedarius, schwed. Windar. Lediglich im westfränkischen und deutschen Sprachgebiet hatte Winidher auch einige andere Fügungen mit gleichem Anfangsglied zur Seite. Hier ist damit zu rechnen, dass eine russlandgotische Prägung für den, ‚der das Heer gegen die Slawen führt‘, vom ostgotischen Herrschaftsbereich nach Norden und Westen weiterwanderte. Der ostgotische Fürst Winitarius, der nach Cassiodor im 4. Jahrhundert lebte, muss diesen Namen nicht als erster getragen haben. Aber selbst wenn der Ursprung weiter zurückliegt, mutet wahrscheinlich an, dass die Prägung *Winid-harjis lautete. Denn gerade vor -h-
15 Siehe u. Anhang VIII 2, Nr. 4 und 7. Siehe dazu generell Beck 1965. 16 Frühe Belege in Schramm 1957, S. 24. 17 Belege in Anhang VIII 2, Nr. 5 und 8.
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konnte, wie Ulfila für das 4. Jahrhundert bezeugt, der Fugenvokal früh ausfallen. Zu vermuten steht, dass wir nicht von einem Fünfsilbler mit regelwidrig ausgehendem Anfangsglied auszugehen haben, sondern von einem – freilich nicht ganz tadellos gebauten – Viersilbler. Auf jeden Fall liegt eine bloß punktuelle Regeldurchbrechung zugrunde, die man für hinnehmbar hielt, weil der Gesamtname dank der Synkope am Ende des Erstgliedes ein Viersilber blieb. In allen anderen Sprachbereichen, auch in den Preisformeln, haben germanische Wortbildner offenbar keinerlei Anstalten gemacht, dreisilbige Anfangsglieder auf die Lautungen -la- und -na- einzuschränken. Unter den Mannbezeichnungen des Beowulfepos begegnen etwa cyning-bald ‚sehr kühn‘, wæpned-man ‚bewaffneter Mann‘, heafod-mæg ‚nächster Verwandter‘. Auf dem Stein von Tune um 400 stellt sich mit wita[n]da-halaiban ‚Brotwart‘ ein runennordisches Zeugnis daneben (IV.1). Die Palette ließe sich erweitern. Mögen -la- und -na- am Ausgang des Erstgliedes auch unter Appellativa häufig gewesen sein: Eine Tendenz, Bildungen mit anders lautenden Drittsilbern zu verdrängen, zeichnet sich jedoch nicht ab. In den Personennamen blieb die Freiheit, den rhythmischen Haupttyp mit zweisilbigem Anfangsglied zu strecken, auf zwei genau bestimmte Lautungen am Ende des Anfanggliedes eingeschränkt. Das wir es mit einer streng regulierten Klangvariation zu tun haben, wird dadurch erhärtet, dass sich aus der Überlieferung eine ganze Reihe von Paaren wie Angiund Angila-, Ma@ a- und Ma@ ala-, Wanda- und Wandala-, Alja- und Aljana- freilegen lässt.18 Konstitutiv für die Bildung von K l a n g n e s t e r n war hier keineswegs eine ähnliche Bedeutung, denn der Sinn konnte durchaus differieren. Ja, mir scheint möglich, dass um einer Klangvariation willen auch Erstglieder Eingang fanden, die eine – ohne Rücksicht auf einen Sinn vorgenommene – Verkürzung und Verlängerung von sinnvollen Anfangsgliedern darstellen. Eben das kommt für Agila- und Agina- neben Agi- und A@ a- neben A@ ala- sehr wohl in Frage. Nimmt man hinzu, dass auch zwischen unterschiedlichen Fugenvokalen abgewechselt werden konnte, dann hebt sich insgesamt ein kunstvolles Klangspiel zwischen r h y t h m i s c h e r u n d l a u t l i c h e r Va r i a t i o n ab, wie es innerhalb eines sonst starr erscheinenden Klangrahmens nur an einer einzigen Stelle erlaubt war. Die aber ließ sich phantasievoll ausfüllen. Dass auf diese Weise bloß am A n f a n g d e r P e r s o n e n n a m e n gespielt wurde, steht im Einklang mit der urgermanischen Neuerung eines f a l l e n d e n d y n a m i s c h e n H a u p t a k z e n t e s . Um ihn herum ließ sich leichter variieren als am Namenende, wo der Stimmeinsatz abflachte. Welchen Ort dürfen wir in unserem Gedankengang all jenen Regelungen zuweisen, die sich mittlerweile herausgeschält haben? Die zweigliedrigen Personennamen waren s o r g f ä l t i g d u r c h g e f o r m t e K l a n g h ü l s e n , die mit ästhetischen Mitteln wettmachten, was ihnen an inhaltlicher Eindeutigkeit abging. Diese Gebilde sollten zumeist nichts Präzises aussagen, sondern vor allem gefällig und ordnungsgemäß klingen. Dafür werden sich im Folgenden noch weitere Anhalte ergeben. 18 Genauer dazu der Anhang VIII 2.
Ähnliche Klänge am Namenausgang
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III.4 Ähnliche Klänge am Namenausgang Die Bildeweise der appellativen Nominalkomposita hat bei den Germanen eine bewegte Geschichte durchlaufen.19 Uns soll diese im Folgenden nur unter einem ganz bestimmten Gesichtspunkt beschäftigen: Wieweit ließ sich die gewandelte Wortbildung in die Namenschöpfung einbauen, ohne dass dabei die klangliche Architektur aus den Fugen geriet? Eine ganze Reihe von Suffixen, mit denen bei der Bildung von nomina agentis experimentiert wurde, ergaben sich auf urgermanischem Stand d r e i s i l b i g e H i n t e r g l i e d e r : etwa in Partizipial-Komposita wie got. garda-waldands ‚Hausherr‘ und ae. brim-lı-dend ‚Seefahrer‘. Da in den Namen der zweite Baustein, wie wir wissen, durchweg zweisilbig war, kamen solche Bildungen für den zweigliedrigen Bildetyp ebenso wenig in Frage wie die Ableitungen von Verbalstämmen mit Hilfe der Suffixe -a@ -, -u@ -, -il-, -al, -ul. Das Thema, das wir nunmehr angeschlagen haben, bestätigt nicht nur, was wir schon wissen, sondern erweitert unseren Einblick in Klangrücksichten, die bei der Namenschöpfung genommen wurden. Im Folgenden wird es nicht mehr um den R h y t h m u s , sondern um die L a u t u n g des Namenausgangs gehen. Im überlieferten Germanischen sind die archaisch gebildeten nomina agentis der a- < o-Klasse – wie got. wraks ‚Verfolger‘, ahd. steinbruhil ‚Steinmetz‘ oder die Teufelsbezeichnungen widerfliez und widerris bereits ins Hintertreffen hinter die schwach flektierenden Varianten auf an- und jan-Stämme geraten.20 Aus dieser Verschiebung haben sich die Personennamen in ihrer großen Masse herausgehalten. Denn unter ihnen behaupteten die nomina agentis der a-Klasse eine starke Stellung: etwa: *-waldaz ‚waltend‘, *-re-daz ‚ratend‘, *-rı-daz ‚reitend‘, *-warjaz ‚wehrend‘ und *-gangaz ‚gehend‘.21 Zu den Personennamen stimmt diesmal die Dichterpraxis des Nordens, die ebenfalls gerne Komposita der gleichen altertümlichen Art verwendeten.22 Dagegen hat sich der jüngere Typus in der poetischen Sprache der Angelsachsen auf -an bzw. -jan bereits deutlich in den Vordergrund geschoben: etwa in bèaga brytta für den ‚(freigebigen) Brecher der Armringe‘ und in fe˘orh-bane ‚Totschläger‘. Hier scheint die sonst gängige Rollenverteilung, dass England stärker in der Tradition verharrte als Skandinavien, einmal umgedreht. Auffällig ist, dass a b l a u t e n d e Endglieder der a-Klasse in den Personennamen aus der Übung kamen, was ebenfalls aus einem Drang nach klanglicher Vereinheitlichung herrühren mag. Auf drei Ausnahmefälle sei hingewiesen. Vorweggenommen aus einer späteren Erörterung: Schon urgermanisch war eine Umschreibung des Wolfes als Waldbeller
19 Dazu Telford Carr 1939. 20 Beispiele: got. wraks ‚Verfolger‘, ahd. moretwerf ‚Maulwurf‘, matoschreck ‚Heuschrecke‘ und die Teufelsbezeichnung widerfliez und miderrı-s. 21 Beispiele: dt. Hramvolt, awnord. Haraldr, ags. Huaetred, urnord. Frawaradaz, dt. Engelrid, nord. Woduride (dat.), lgb. Landoari, urnord. La[n]dawarijaz, erul. Uligangos, dt. Widugang. 22 Meißner 1921, S. 329–333.
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(*Widugaujaz). Alem. Vidigabius setzt im 4. Jahrhundert noch die ursprüngliche, vokalische Flexion voraus. Dagegen sind got. Vidigoia und dt. Witugauuo zu einem schwach flektierten jan- Stamm übergegangen, der vielleicht unterstreichen sollte, dass hier nicht der (unheroische) Begriff ‚Gau‘ gemeint war (IV.4).23 Aus dem Beowulfepos kennen wir einen Folcwalda.24 Man möchte meinen, hier seien besonders häufige Wendungen der Dichtersprache lautgetreu verpflanzt worden: Kampfwalter, Heerwalter, Volkswalter (eddisch fólkvaldi) und Landwalter (ahd. lantwalto). Dann wäre die Regelbewahrung hier durch den Außendruck von gängigen Preisformeln gleichsam e i n g e d r ü c k t worden. Eine ganz ähnliche Seitenwirkung von einem verbreiteten Appellativ dürfte erklären, dass neben altertümlichen *-budaz > -bod, etwa in den Ortsnamen fries. Uuibodasholta und Reinbodashuson, nur in Deutschland die Variante -bodo, -boto vorkam: z.B. in Corvey Helm-bodo, in Fulda Ercan-boto.25 Hier haben – vermutlich wesentlich später als die Zeugnisse bei Tacitus – die Wörter as. bodo, ahd. boto ‚der Bote‘ und Komposita wie waltbodo ‚procurator‘ durchgeschlagen. Dass die Zahl der Ausscherer im Norden größer ist, entspricht der allgemeinen skandinavischen Tendenz, mit mehr Mut als die übrige Germania eigene Wege einzuschlagen. Welches Gut wurde geschützt, wenn derartige n-Stämme aus der Masse der Namenbildungen herausgehalten wurden, während sie sich unter den Appellativen üppig entfalteten: besonders unter den nomina agentis, denen die genannten Ausnahmefälle auf -waldan und -budan zugehören? Wiederum ging es darum, die ehrwürdig-altertümliche Einheitlichkeit des Klangbildes zu erhalten. Die Flexion zweier gotischer Worte (für ‚Tag‘ und ‚Mann‘) zeigt im Beispiel, wie weit das Lautbild von v o k a l i s c h e n und k o n s o n a n t i s c h e n Stämmen in allen Kasusformen auseinanderklaffte. (starke) a-Stämme N. dags G. dagis D. daga A. dag
(schwache) an-Stämme guma gumins gumin guman
23 Zu den linguistischen Problemen, die diese beiden Namenformen aufwerfen, siehe Schramm 1957, S. 42 Anm. 3. 24 Siehe Laur 1996. 25 Schönfeld 1911, S. 52, 128. Nicht halten lässt sich die – von mir (in Schramm 1957, S. 42) geteilte – Meinung, Tacitus spiegele mit batav. Chariovalda, markom. Catvalda eine schwachstämmige Variante von -waldaz: siehe Reichert 2003, S. 85–100. Doch bleibt unsicher, wie es zu lat. -valda kommen konnte. Besonders zu Catvalda und Chariovalda siehe Peterson 2004b, S. 666–670. Siehe auch Jungandreas 1980; Wagner 1983.
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Eine solche lautliche Gabelung des Klanges erregte etwa im verwandten Namenschatz der Griechen keinerlei Anstoß. So konnte sich bei ihnen neben Personennamen auf -me-de-s ‚herrschend‘ auch die Variante -me-do-n mit der Femininentsprechung -me-dusa breit machen. In der Germania dagegen lauschte man mit empfindlicheren Ohren und wollte die Ausgänge des zweigliedrigen Typus von einer Diskrepanz freihalten, die als Störung des Regelgefüges empfunden wurde. Unter den Appellativen waltete eine solche Rücksicht nicht. Im Gegenteil: Hier waren es – am deutlichsten bei den nomina agentis – gerade die n-Stämme, denen mehr und mehr der Vorzug gegeben wurde. Nicht gestoßen hat man sich indessen daran, dass es innerhalb der vokalischen Stammklassen markante Klangunterschiede in den l e t z t e n L a u t e n gab. Gezeigt am Beispiel der maskulinen Stämme im Gegensatz zu den a-Stämmen: anhand der gotischen Formen für ‚Tag‘ und ‚Sohn‘. N. dags G. dagis D. daga A. dag
: : : :
sunus sunaus sunau sunu
Daraus folgt: Unter den Personennamen-Endgliedern klangen die Flexionsformen von i-Stämmen wie -gasti- und u-Stämme wie -hardu- und -mundu- für unsere Ohren recht anders als die vorherrschenden a-Stämme. Aber im ästhetischen Empfinden der Namenbildner nahm sich das anders aus. Gewisse n-Stämme, die man gerne als Namenendglieder verwenden wollte, wurden in a-Stämme umgewandelt: etwa -grı-m ‚Kampfmaske‘. Im Anfangsglied für ‚Bär‘ rückte man mit den Varianten: Bera- und Berana- in die Nähe des schwachen Stammes Beran-. Aber an zweiter Stelle hielt man sich an den vokalischen Stamm *-bernuz. Nachdem sich im Appellativwortschatz der deutschen Stämme die schwach flektierende Variante bero durchgesetzt hatte, begegnen hier in Namen auch Formen wie Egilpero. Aber -bern blieb, wohlgemerkt, weiterhin in der Mehrheit. Beziehen wir die Adjektiva an zweiter Stelle der Namen in unsere Betrachtungen ein, dann ergibt sich ein genau entsprechendes Bild. Während das Griechische auch n-Stämme wie -phro-n in Namen verwandte, beschränkten sich die Germanen auf die vokalischen Stammklassen. Am reichsten vertreten waren wiederum die -a-Stämme (wie berhtaz ‚glänzend‘) samt ihren Varianten auf -ja- / -ija-. Eine wichtige Neuerung des Urgermanischen war, dass sich die Adjektive hier in parallelen Reihen organisiert haben, die sich durch Formen für U n b e s t i m m t h e i t (U) und B e s t i m m t h e i t (B) voneinander abhoben. Die Reihe U flektierte stark, die Reihe B dagegen schwach. Ihrer Bedeutung nach hätten die Namen am ehesten in die B-Reihe gepasst. Aber dann wären sie – wie die substantivischen n-Stämme – in einen allzu großen klanglichen Abstand zu den übrigen Namen getreten. So blieb es bei dem älteren Brauch, adjektivische Endglieder genau wie Sub-
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stantiva zu beugen.26 In diesem Falle bietet sich eine außergermanische Parallele an. Denn auch bei den Slawen, die für die Adjektiva ebenfalls zwei gegensätzliche Beugungsschemata entwickelten, blieben die Personennamen, archaisch wie auch sonst oft, beim Alten.27 Wenn die schwach flektierende Adjektivklasse auf die germanischen Personennamen eingewirkt hat, dann nicht speziell auf Bildungen mit adjektivischem Endglied, sondern allgemein, wie sich etwa flektierten Formen Chlotaharian, Hludowigan, ja, sogar Fremdnamen wie Petrusana ablesen lässt. England und Skandinavien blieben dagegen von dieser Mode unberührt. Zugrunde liegt in der übrigen Germania, dass unter den männlichen Nomina die Kasus Akkusativ, Nominativ und Vokativ lautlich zusammengefallen waren. Um den Akkusativ abzuheben, griff man auf den Usus der schwach flektierten Adjektiva zurück, in den bestimmten Formen den Akkusativ durch -an zu markieren, während im Altsächsischen auch die Dativform verwandt werden konnte. Einen Rest davon haben wir heute noch aus älteren Texten im Ohr, in denen es heißen konnte, man bewundere Goethen, Schillern und Kleisten. Runden wir ab, was sich in diesem Abschnitt ergeben hat! Zusammengesetzte Männernamen gehören – von Ausnahmen abgesehen – zu den s t a r k e n , v o k a l i s c h e n S t a m m k l a s s e n , die urgermanisch im Nominativ auf -z, im Genitiv auf -s und im Dativ auf -a ausgingen, während sie im Akkusativ auseinander drifteten. Gotisch ist dieser Kasus endungslos bei a- und ija-Stämmen sowie den i-Stämmen. Dagegen lautet er -i bei den ija-Stämmen, -u bei den u-Stämmen. In den Vokalen, die dem Auslaut vorangingen, wurden in Personennamen Klangunterschiede n i c h t als störend empfunden. Stattdessen mied man die schwach flektierten -an-Stämme wie got. guma ‚Mann‘, die in allen Kasus anders klangen als die vokalischen Stämme. Zugrunde liegt die Tendenz, den Auslaut klanglich zu vereinheitlichen. (Die Slawen scheinen hier auf dem gleichen Wege noch weiter gegangen zu sein als die Germanen, wenn sie i-Stämme wie gostˆ ‚Gast‘ und vlastˆ ‚Herrschaft‘ als Endglieder von Personennamen zu o-Stämmen verwandelten.) Was dem Auslaut vorausging, blieb von Vereinheitlichung unberührt.
26 Ausführlich dazu Diels 1948, S. 188–198. 27 Das Folgende hält sich an Schramm 1957, S. 40f. mit Lit.
Verwitterung durch Lautgeschichte
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III.5 Verwitterung durch Lautgeschichte Unbeschädigt überlebte die urgermanische Schöpfung eines durchgängigen Klangmusters für die zweigliedrigen Personennamen freilich nur in einem kleinen Bestand der ältesten uns erhaltenen Runeninschriften des Nordens. Die ganze übrige germanische Überlieferung zeigt dagegen Spuren von – in der Sprache durchgängigen – Lautwandlungen, die tief in die alte Rhythmik eingriffen. Schon früh erwies sich die K o m p o s i t i o n s f u g e als anfälligste Stelle. Der Auslaut des ersten Gliedes erscheint in einigen gotischen Worten und Namen wie Gut@ iuda, @ iud-spillon und wein-drugkja ebenso synkopiert wie in dem Namen einer Furt durch den Fluss Luppe: Lup-furdon neben einer parallelen Bildung Lupo-, die im Inlaut konservativ blieb. Hier handelt es sich um verstreute Neuerungen, für die sich kein schlagender Grund benennen lässt. Anders bei den frühen Zeugnissen für den Ausfall des Fugenvokals vor -h- und -w-: etwa in den Völkernamen Chas-uarii und Chatt-uarii, dem Göttinnennamen Sait-hamiae und den got. Appellativa frei-hals, gud-hu-s, @ ut-haúrn usw. Hier dürfte – durch einen Wandel der Aussprache – am Anfang von Zweitgliedern die Artikulation von -hgeschwächt und der Stimmansatz von -w- mehr und mehr vokalisch geworden sein. Das hatte zur Folge, dass der Fugenvokal hier analog zu den Bildungen mit einem Vokal am Anfang des Endgliedes ausfiel.28 Diesem Wandel der Aussprache, der allmählich um sich greift, sind auch die Namen unterworfen. Zeugnisse belegen das schon für das 4.–6. Jahrhundert: etwa quad. Vid-uarius und ogot. Gunt-elda. Ja, wenn Catvalda nicht für *Catu-valda steht, so wird diese Erscheinung schon durch Tacitus überliefert. Vermutlich ging eine halbvokalische Zwischenetappe u- voraus. Eine weitere Kürzung betraf die dreisilbigen Anfangsglieder. Während nord. Agilamu[n]don auf dem Stein von Rosseland (4./5. Jahrhundert) noch die alte Lautstruktur zeigt, ist der Fugenvokal a in quad. Agilimundus (4. Jahrhundert) bereits geschwächt, in got. Angelfrid aus der Urkunde von Arezzo (6. Jahrhundert) sowie in lgb. Adalwal und Agilulfus (7. Jahrhundert) sogar geschwunden. Etwa nord. Egilleif stimmt im 10. Jahrhundert genau dazu. Der Parallelvorgang bei den Anfangsgliedern auf -na- scheint dagegen nicht an der Kompositionsfuge angesetzt zu haben, wenn die zweite Silbe mit g begann. In solchen Fällen zeigen die ältesten Zeugnisse übereinstimmend die Synkope des zweiten Vokals: wgot. Ragnahilda (5. Jahrhundert) und ogot. Ragnaris (6. Jahrhundert), frk. Magnacarius (6. Jahrhundert). Auf frühmerowingischen Grabsteinen finden sich Ragnoaldus und Chagnoaldus. Die Formen der Kürzungen sind später nicht mehr klar geschieden worden. Bei den Langobarden und in Deutschland hat sich die Inlautsynkope allgemein durchgesetzt. Die Westfranken wechseln zwischen beiden Typen. Die Kürzung des Nebentypus mit dreisilbigem Anfangsglied hat alle germanischen Volksstämme erfasst. Die letzten ostgermanischen Personennamen, die noch
28 Zum Schwund des Fugenvokals siehe auch Wagner 2002.
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Die Normierung des Namenrhythmus
die alte Struktur aufweisen, sind ogot. Amalafrida, Amalaberga, Amalasuintha, Athalaricus und wgot. Ermenegildus. Durchweg handelt es sich um Namen aus den Königssippen des 6. Jahrhunderts, bei denen offenbar aus Pietät gegenüber erlauchten Ahnen an einer archaischen Aussprache festgehalten wurde.29 Gekürzte Namenformen des 8. Jahrhunderts liegen für Deutschland schon seit langem zusammengestellt vor.30 Die Nachweise für die übrigen Teile der Germania ließen sich leicht nachtragen. Der jüngste Schwund betraf die Fugenvokale zweisilbiger Anfangsglieder. Er erfasste im Wesentlichen nicht mehr die ostgermanischen Stämme, während er im Norden alle Fugenvokale beseitigte. In Deutschland und England war das Ergebnis uneinheitlich. Reste der alten Fugenvokale erhielten sich vor allem in Anfangsgliedern mit kurzer Stammsilbe.31 Schließlich hat auch die Entstehung von S p r o s s v o k a l e n vor r wie in ahd. wintar gegenüber got. wintrus auf das Klanggefüge der Namen eingewirkt. Denn nun traten in Deutschland neben die zweisilbigen Anfangsglieder auf -in-, -an- und -il-, -al-, die den alten Nebentypus fortsetzten, gleichberechtigt solche auf -ar- (> -er-): etwa in Freising Ostarhilt < Austra- und in St. Gallen Abarhilda < Abra-. Alle diese Veränderungen haben recht gründlich mit der alten Klangform des ersten Gliedes aufgeräumt. Deshalb kann es kaum verwundern, wenn vornehmlich in Deutschland einzelne Glieder neu eingeführt wurden, die man früher vermieden hätte: Manag- z.B. in Managold, Haled- z.B. in Helidulf, Thuring- z.B. in Thuringbraht, Hamar- z.B. in Hamarolf. Die Kürzung des Typus dreisilbiger Anfangsglieder hob den rhythmischen Unterschied zum Haupttypus auf. Denn Bildungen wie lgb. Adaluual und dt. Adabald ließen nun keinen rhythmischen Unterschied mehr erkennen. Man möchte meinen, die Variantenbildung sei damit reif für eine Erstarrung geworden. In Wirklichkeit scheinen die Binnengermanen aber auch nach Kürzung der dreisilbigen Anfangsglieder an der alten Praxis festgehalten zu haben. Ja, die Romanen in Frankreich und Italien, die gerade die klangliche Seite der Lehnnamen schätzten, haben die -l- und -n-Variationen geradezu üppig entfaltet. Das geschah gewiss nicht als Wiederentdeckung von etwas Totem. Vielmehr dürfte der spielerische Charakter von etwas Lebendigem auch Nichtgermanen gereizt haben.32 Die Variantenbildung im Anfangsglied gab offenbar mit dem Fortgang der Sprachgeschichte ihren r h y t h m i s c h e n C h a r a k t e r auf und wurde als bloße L a u t v a r i a t i o n weitergepflegt. Seine Bedeutung für den Rhythmus verlor nun auch das Prinzip des durchweg konsonantischen Anlauts im zweiten Gliede. In den Zweitelementen wurde der Stammauslaut von sprachgeschichtlichen Wandlungen ebenfalls angegriffen. Zeigen die frühesten noch den ererbten Stamm-
29 Wrede 1891, S. 186. 30 Bader 1909, S. 3. 31 Ibid. – Ferner Sievers 1942, § 168; Bergsten 1911. 32 Dazu Anhang VIII 2 zu den westfränkischen und langobardischen Varianten.
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vokal, so sind im Bibelgotischen bereits die Ultimakürzen -a- und -i- im Nominativ und Akkusativ verstummt. In diesem Kasus wurden also die meisten Endglieder der Männernamen e i n s i l b i g , während die Frauennamen ihre alte Rhythmik beibehielten. Die hier angelegte Entwicklung ist am weitesten im Altnordischen vorangeschritten, wo sich lediglich die Stammvokale der n-Klasse fortsetzen. Aber auch in den westgermanischen Sprachen finden sich einschneidende Veränderungen, die im Bibelgotischen noch fehlen. Im Nominativ und Akkusativ blieben Stammvokale allein bei jenen ja-Stämmen, im Altenglischen fast nur bei solchen mit kurzer Wurzelsilbe, und bei i-Stämmen aus der i- und u-Stammklasse mit kurzer Wurzelsilbe sowie bei den (schwachen) n-Stämmen. Die wa-Stämme vokalisierten dagegen das nun in den Auslaut tretende -w zu u > o. Das Ergebnis: Die Personennamen wurden r h y t h m i s c h u n h e i t l i c h . Denn nun gab es unter den Endgliedern beider Geschlechter solche mit einsilbigen Nominativ- und Akkusativformen neben anderen, die zweisilbige Lautungen bewahrten. Auf den ersten Blick will es scheinen, als habe diese Entwicklung jener rhythmischen Ordnung das Grab gegraben. Als eine Bestätigung dafür bietet sich an, dass die Gruppe der zweisilbigen Endglieder in Deutschland und im Norden um eine Reihe von n-Stammvarianten vermehrt erscheint: etwa dt. -bero neben älterem -bern ‚Bär‘, -bodo neben älterem -bod. In beiden Räumen wurde der zunächst seltenere Typus ohne lautgeschichtlichen Zwang häufiger. Die Region, in der die Namen sich am wenigsten gebremst über Regelungen hinwegsetzten, die auf einen jüngeren Lautstand ihren ursprünglichen Zweck verloren hatten, war Skandinavien, wo nun auch vokalisch anlautende Endglieder aufkamen. Vielleicht geschah das, weil Hariuha (um 550) auf einem Brakteaten etymologisch unklar bleibt, erst in nachurnordischer Zeit.33 Die Umstellung entsprach dem Stand der Lautgeschichte, die mit den Stammvokalen am Ausgang der Anfangsglieder von Komposita – Appellativen wie Namen – im Norden so gründlich aufgeräumt hatte, dass die rhythmische Schutzfunktion der Regelung, vokalisch anlautende Zweitglieder zu meiden, nicht mehr griff. Aber wir gingen zu weit, wenn wir annehmen würden, der Steinfraß der Lautgeschichte habe die Architektur der urgermanischen Zweigliedrigen nicht nur a n g e n a g t , sondern schließlich völlig e i n s t ü r z e n lassen. Denn von dem alten urgermanischen Regelwerk, das eine bestimmte Rhythmik festschrieb, ist mehr erhalten geblieben als man erwartet hätte. Ältere Verhältnisse schimmern auch in Skandinavien noch immer durch. Von den 30 Namenthemen, die auf Vokale anlauten und im Norden nach Parallelen in anderen germanischen Sprachzweigen als Erbe aus urgermanischer Zeit gelten dürfen, traten immerhin zwei Drittel auch in Skandinavien nur an erster Stelle auf.34 Was hat die klanglichen Konturen der Namen so altertümlich gehalten? Vermutlich spielte da-
33 Dazu Krause 1966, S. 262f. Siehe auch LUP, S. 9f. 34 Naumann 1912a, S. 147 Anm. 1.
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Die Normierung des Namenrhythmus
bei die mit voranschreitendem Mittelalter abnehmende Lust eine Rolle, neue Kombinationen auszuprobieren. Die verschwenderische Vielfalt der zweigliedrigen Namenbildungen schrumpfte mehr und mehr zusammen, während einzelne Namen sich stärker als zuvor in den Vordergrund schoben. Ja, am Ausgang des Mittelalters mutet der Personennamen-Schatz, vergleicht man ihn mit dem ein halbes Jahrtausend älteren Zustand, geradezu e i n t ö n i g an. Die Menschen gluckten mittlerweile enger beieinander als vorher. Wie es scheinen will, hätten sie also allen Anlass gehabt, die Wiederholung von Namen im engeren Umkreis zu meiden, die leicht zu Verwechslungen führen konnte. Aber die Namengeschichte lässt sich nun einmal nicht von einem simplen Kompass der Zweckmäßigkeit leiten. Zurück zu den Schicksalen, welche der Namenrhythmik bis zur karolingischen Zeit beschieden waren. Waren unsere Vorfahren früher einmal bedacht gewesen, Einsilbler aus dem Schatz der Endglieder herauszuhalten, so machte jetzt die Tendenz Fortschritte, einen allgemeinen Trend der Sprachentwicklung zu radikalisieren und zur neuen Norm der Nominative und Akkusative zu machen. Das zeigt sich in folgenden Erscheinungen: –
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Die kurzsilbigen u-Stämme -badu-, -fri@ u-, -ha@ u- und -widu- erscheinen als Endglieder westgermanisch und sind – soweit feststellbar – auch bei den Ostgermanen o h n e Stammvokal, während dieser in den appellativischen Entsprechungen, wo solche fortlebten, erhalten blieb.35 Neben ahd. fridu ‚Frieden‘ und witu ‚Holz‘, die auch in Zusammensetzungen wie ahd. krana-witu ‚iuniperus‘, ae. fen-freo. o ‚Zuflucht im Moor‘ und gu-. -wudu ‚Kampfholz‘ = ‚Speer‘ vorkommen, stehen also z.B. ogot. Angelfrid in der Urkunde von Arezzo aus dem 6. Jahrhundert und dt. Godafrid, ags. Berhtuud und Sighaeth sowie wgot. Argibad. Für den Norden lässt sich nichts Entsprechendes nachweisen. Die späteren Belege lassen keinen Schluss zu, während die älteren Runenzeugnisse noch den Stammvokal nach langer und kurzer Wurzelsilbe zeigen: Kunimu[n]diu, 1. H. 6. Jahrhundert?, Ssigadur, Mitte 5. Jahrhundert.36 Die Namen auf got. -bad, dt. -bat, ags. -bead dürften nun nicht insgesamt auf *-baduz zurückgehen, sondern zum Teil auch auf einen wa-Stamm, dessenSchwundstufenvariante *-baduz darstellt: *-badwaz, eine Maskulinentsprechung zu ae. beadu f. (Gen. beadwe), awnord bo. f. (Gen. bo. var) ‚Kampf‘. In der Lautung keltisiert erscheint dieses Endglied in markom. Maroboduus schon im 1. Jahrhundert n. Chr. Hier wurde das w, das im Nominativ und Akkusativ durch den Auslautschwund ans Wortende trat, zu u > o vokalisiert. Aber auch dieser
35 Dazu auch Schwab 1998. Die frühen altenglischen Runeninschriften liefern kein Beispiel, in frühesten Texten mit Namen ist der Stammauslaut bei kurzsilbigen u-Stämmen geschwunden; siehe Nedoma 1993, S. 123f. mit Belegstellen. 36 Zu den Verhältnissen im Namenmaterial der südgermanischen Runeninschriften siehe ausführlicher Nedoma 2004, S. 169f., 308f., 311, sowie Register, S. 445, s.v. Fugenvokale.
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neuentstandene Auslautvokal wurde dann in den Personennamen abgeworfen, so dass *-badwaz nun mit *-baduz in -bad zusammenfiel. Nur in Süddeutschland erhielt sich neben -pat auch -pato.37 Ein anderer -wa-Stamm scheint ausnahmslos verkürzt worden zu sein, denn dt. -gar z.B. in Perahtgar sollte wohl von wfrk. -garius getrennt werden, das wohl eine Romanisierung von *-geir < *-gaizaz ‚Speer‘ darstellt, während dt. -gar zu ahd. garo, Gen. gar(a)wes ‚bereit‘ gehören dürfte. Ein dritter Ausgleich betrifft die -ia-Stämme (mit langer Wurzelsilbe). In der Frühzeit dürften die Varianten *-me-raz und *-me-rı-z (Stamm me-rija-) konkurriert haben, die gall. -marus und -marius nahestehen. So stehen neben cherusk. Sigimerus (1. Jahrhundert) und Chariomerus (3. Jahrhundert), im 4. Jahrhundert alem. Vadomarius und burg. Wadamiris. In der ganzen Germania hat sich nun die erste Variante durchgesetzt, die durch den Auslautschwund im Nominativ und Akkusativ einsilbig gewordenen war: bezeugt etwa durch ags. Eomaer auf der FalstoneInschrift (um 700?) und wnord. Hró. marr. Selbst bei den in Gallien eingewanderten Westfranken ist die Neuerung allmählich durchgedrungen, während bei den Langobarden -mari als ein durch die Romanisierung versteinertes Erbe erhalten blieb.38 Es stärkt nun die r h y t h m i s c h e D e u t u n g dieses gemeingermanischen Vorgangs, dass er dem appellativen Gebrauch des Wortstammes me-r- zuwi' rr, ahd. ma-ri derlief, denn für den ist nur der -ija-Stamm überliefert (awnord mœ usw.). Bis ins Einzelne entspricht dem ein weiterer Fall. Für die Namen auf -rı-ksetzte Ivar Lindquist zwei Varianten: *-rı-kaz und *-rı-kı-z an, für die es wiederum in -rix und -rigius keltische Entsprechungen gibt. Die erste Variante ist nur noch in Fri@ areikeikeis, verschrieben für *Fri@ areikeis, Gen. im Gotischen Kalender sowie in Airikis auf dem nordischen Sparlösastein anzunehmen.39 Sonst hat sich überall einsilbiges -rı-k < *-rı-kaz durchgesetzt: auch diesmal gegen den lebendigen Wortschatz ae. rı-ce, ahd. rı-chi usw. ‚mächtig‘.40
Unberührt blieb auslautendes -i im Nominativ und Akkusativ von -wini < *-winiz, -hari < *-harjaz, -wari < *-warjaz, daneben nur ags. auch -sige < *-sigiz und die seltenen oberdt. Endglieder -hugi und -wili. In England wurde an diesem Zustand nichts mehr geändert. Vielleicht war -i halbvokalisch gefärbt und daher von kürzerer Lautdauer als -u. Das machte es möglich, so auslautende Endglieder den einsilbigen gleich zu achten. Dass gelegentlich die appellative Lautung mit erhaltenem -u auf den Namen durchgeschlagen hat, zeigen ahd. Kerwito und – dreimal in England bezeugt – Oswudu.
37 Förstemann 1900, Sp. 223, dazu Kaufmann 1968, S. 51. Siehe auch Birkhan 1970, S. 501; Piel / Kremer 1976, § 321; Nedoma 1993, S. 121f. 38 Bruckner 1895, S. 284. 39 Lindquist 1939, S. 1ff. 40 Zum Hinterglied *-rı-k(ij)a siehe Nedoma 2004, S. 155ff.
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Die Normierung des Namenrhythmus
Im Gegensatz dazu hat man in Deutschland auch die Endglieder auf -i gekürzt. Zuerst geschah das wohl zunächst bei *-winiz > win. Dieser Wandel hat offenbar zwei Ursprünge. Den einen hat Edward Schröder zu recht bei den Franken angesetzt. Denn in Fulda, Weißenburg und Lorsch herrscht die verkürzte Form bereits bei Einsetzen unserer Überlieferung.41 Aber den gleichen Weg beschritten auch die Langobarden, die – nach Bruckners Sammlung zu urteilen – durchgängig -win sprachen. Bei ihnen lässt sich mit Alboin, Audoin diese Lautung bis ins 5./6. Jahrhundert zurückverfolgen. Den Anstoß mag in beiden Fällen die Berührung mit ostgermanischen Stämmen gegeben haben, bei denen auch die i-Stämme mit kurzer Wurzelsilbe durchgängig ihren Stammauslaut eingebüßt hatten. So stimmt die ogot. Osuin und Toluin bei Cassiodor zu bibelgot. mats m. ‚Speise‘. Jünger und nicht überall durchgedrungen ist dt. (-hari >) -heri, -here > -her. Oberdt. Adaluc, Keruc, Alawill und Selpwilus neben Adalhugi, Kerhuge, Hrehtwilj und Maeltvili zeigen schließlich, dass eine analoge Entwicklung auf -hugi und -wili angelegt war. Ziehen wir aus diesem buntscheckigen Bild, das auf den ersten Blick verwirren mag, ein Fazit! Überall dort, wo die Lautgeschichte im Nominativ und Akkusativ von Männernamen den Stammauslaut des zweiten Gliedes hatte stehen lassen, setzte das Bestreben ein, den rhythmisch a u s e i n a n d e r g e d r i f t e t e n Namenschatz e r n e u t z u v e r e i n h e i t l i c h e n . Diese Tendenz machte sich nicht in einem geschlossenen Vorgang geltend, sondern in verschiedenen Schüben in oft verschiedenen geographischen Räumen. Das rhythmische Interesse war in all diesen Fällen größer als die Rücksicht auf die Bedeutung der Namenworte. Denn mit der rhythmischen Verkürzung gingen die Namen auf Distanz zu ihren appellativen Entsprechungen. In einem Fall darf man sogar vermuten, die Beziehung sei abgerissen. Mhd. -wı-n, das Nibelungenlied reimt Ortwı-n auf sı-n, dürfte darauf zurückgehen, dass nach dem Abfall des Auslautes -i in -win die Abstammungsgemeinschaft mit mhd. -wine ‚Freund‘ vergessen wurde. Das unverständlich gewordene Namenglied hat man offenbar volksetymologisch an -wı-n ‚Wein‘ angelehnt. Die Familiennamen Frowein, Leutwein und Reichwein setzen diese Tradition bis heute fort. Höchste Zeit nun, in unsere bislang lautliche Erwägung noch den A k z e n t einzubeziehen. Auch hier hat die Lautgeschichte tief in das Erbe eingegriffen. Im Beowulf, um nur ein Beispiel herauszugreifen, setzte sich die alte Betonungsweise nur im Genitiv und Dativ fort: ‚xx(x) – ‘xx > ‚x(x) – xx. Daneben zeigen Nominativ und Akkusativ die Form ohne Nebenakzent, die vielleicht schon früh für den Vokativ galt: ‘x(x) – x. Dieses Betonungsschema erscheint nur für solche Namen berechtigt, deren silbischer Aufbau sich in beiden Kasuspaaren unterschied. Oder anders gesagt: für jene Mehrzahl der Namen, in denen der Stammvokal des zweiten Gliedes geschwunden war. Wurde nun aber diese Betonung in dem Bestreben, alle Namen einheitlich zu akzentuieren, auch auf die restlichen Namen übertragen, bei denen ein solcher Unter-
41 Schröder 1923, S. 285.
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schied nicht bestand, dann konnte sich ein Ausgleich n a c h t r ä g l i c h – eben aufgrund der n e u e n B e t o n u n g – einstellen: *Sígi-frì@ u > (analogisch zu Sígi-wolf usw.) *Sígi-fri@ . Damit wäre eine Beispielformel gefunden, die alle besprochenen Erscheinungen verstehen lässt. Wohlgemerkt: Hier haben wir es nicht etwa mit einer Tendenz zu tun, die sich in jüngerer Zeit über die ganze Germania ausbreitete. Denn im Norden stoßen wir auf eine Entwicklung, die genau in entgegengesetzter Richtung verlief. Dort verschob sich in einer Reihe von Personennamen der Hauptton auf das zweite Glied: z.B. in schwed. Girmundr, isl.-lat. Herioldus, isl. Bryniulfr, Óleifr und ? orleikr.42 Diese Formen sind jedoch nur Varianten neben anderen, deren erste Silbe h a u p t t o n i g gewesen sein muss: Ge-rmundr, Haraldr, Bryniólfr, Aláfr und ? orlákr. Zur Entstehung dieser Varianten im Dativ, der – um eine Silbe länger als die anderen Kasus – unter besonderen rhythmischen Bedingungen gestanden habe, sei der Hauptakzent auf das zweite Glied umgesprungen.43 Abgestimmt auf den Befund im Beowulf würde das heißen: der im Norden nur im Dativ erhaltene s t a r k e N e b e n t o n zog den H a u p t t o n an sich. Diese Akzentuierung wurde offenbar später auf die anderen Kasus übertragen. Erinnern wir uns: Nur im Norden wurden vokalisch anlautende Endglieder freigegeben. Vielleicht war es ein durchgehender Zug Skandinaviens, mit ererbten Regeln großzügiger umzugehen als die übrige Germania.
42 Dazu Kock 1901, S. 194; 202f., 208. Erhalten blieb -ulfr in betonter Silbe. In druckschwacher Stellung wurde es dagegen zu -olfr, dessen -o- später zu -ó-gelängt wurde. 43 Janzén 1947a, S. 107ff. mit Lit. Nach Elmevik haben die Varianten -lafr, -lakr kurzen Vokal; siehe NRL, s.v. -læifr / -lafr, -læikr / -lakr.
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Die Normierung des Namenrhythmus
Ein Teil von Edward Schröders Genusregel
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IV. Grammatische Abbilder von Männlichkeit IV.1
Ein Teil von Edward Schröders Genusregel: nur Maskulina als substantivische Endglieder von Männernamen
Ein Göttinger Altgermanist war der erste – und durch ein halbes Jahrhundert der einzige! – Philologe, der aufdeckte, dass die alten Germanen den Bau ihrer zweigliedrigen Personennamen nach festen Regeln des Klanges, der Grammatik und der Sinnstruktur zu ordnen pflegten. Zwei Klangregeln hat er richtig herausgelesen, wenn auch, wie im letzten Kapitel gezeigt, unrichtig gedeutet. Edward Schröders wichtigste Beobachtung legte frei, dass der zwei-gliedrige Typus in seinen zahllos anmutenden Ausformungen in ihrer grammatischen Struktur einen einzigen, einheitlichen, in sich ausgewogenen Bau dargestellt haben muss. Es gehörte zu Schröders Eigenart, dass er, was er zu so einem wichtigen Thema zu sagen hatte, nicht etwa sorgsam, systematisch und selbstkritisch ausarbeitete, sondern über (manchmal halb improvisierte) Vorträge oder – bis 1940 – über Aufsätze so verstreute, dass der Ertrag nur noch in zwei 1938 und 1944 erschienenen Auflagen einer Blütenlese seiner namenkundlichen Erkenntnisse unter einem Deckel vereint zu lesen war.1 Das Verstreute fasse ich knapp zusammen und übersetze es dabei – hoffentlich, ohne dem Altmeister Gewalt anzutun – in meine eigene Sprache, um es in den Kontext meiner Überlegungen einbauen zu können. Die zweigliedrigen Personennamen der urgermanischen Zeit sollen in z w e i g r a m m a t i s c h e n S ä u l e n geordnet gewesen sein, die einander a n t i t h e t i s c h s y m m e t r i s c h gegenüberstanden. Wo Männernamen auf S u b s t a n t i v a ausgingen, da stets auf M a s k u l i n a , während die Frauennamen stattdessen F e m i n i n a verwendeten. Bei den Adjektiven wurde die Gegenbildlichkeit dadurch erreicht, dass sie entweder den Männern oder den Frauen zugeordnet wurden. Die nomina agentis, die Schröder nicht als eigenständige nominale Bildegruppe wahrnahm, lassen sich durch das gleiche Aufteilungsprinzip in dieses Schema einfügen. Dem grammatischen Parallelismus entsprach die Semantik. Denn während die Männernamen vom H e l d e n , dem heroischen Idealbild des Mannes, zeugen, flankieren die weiblichen Namen das korrespondierende Ideal der Frau: die Walküre oder sagen wir besser: die überirdische Schlachthelferin. Was man ehrfurchtsvoll als „Schröders Drittes Gesetz“ betitelt hat, eroberte sich durch ein halbes Jahrhundert nahezu kanonische Geltung. Dabei darf es nicht bleiben. Die kritische Überprüfung einer seinerzeit rasch hingeworfenen Generaldeutung wird uns in den Kapiteln IV und VI einige Mühe machen. Aber diese Mühe lohnt sich.
1 Schröder 1944, S. 6, 8f., 22f.
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Grammatische Abbilder von Männlichkeit
Auszugehen ist davon, dass die Germanen das ererbte indogermanische Bauschema der Nominalkomposita erheblich abgewandelt haben.2 Leitend war dabei die Tendenz, die determinierende Funktion durchgehend den Zweitgliedern zuzuweisen. An erster Stelle kamen nunmehr nur solche Elemente in Frage, die durch das Endglied determiniert wurden. Hier zunächst der Teil von Schröders Rekonstruktion, der mir bis heute einleuchtet: S u b s t a n t i v a , die in den Endgliederschatz der Männernamen eingehen, waren d u r c h w e g m a s k u l i n e n G e s c h l e c h t s . Ja, ich konnte die historischen Gründe offenlegen, aus denen sich dieser Befund ergeben hat.3 Zugrunde liegt eine Verschiebung im Felde der Nominalkomposita, mit der die Germanen schon vor Einsetzen unserer Schriftzeugnisse auffällig weit von dem ererbten indogermanischen Anlageschema abrückten. In den verwandten Sprachen waren zusammengesetzte Bildungen von jener Art häufig, die das Grundwort in der Form eines Verbalstamms an die erste Stelle rückte, während das Bestimmungswort an zweiter Stelle folgte: etwa in griech. philó-theos ‚gott-liebend‘ und lysi-méle-s ‚Glieder lösend‘. Eine germanische Besonderheit war, dass eben dieser Typus ausstarb, so dass nomina agentis nunmehr durchgängig auf dem zweiten Glied fußten: z.B. in ahd. arpi-nomo ‚Erbnehmer‘ und got. garda-waldands ‚Hausherr‘. Aus diesem Umbau ergibt sich, dass die Wort- und Namenbildung sämtliche Komposita über Bord warf, deren Zweitglieder das Objekt einer im Erstglied benannten Handlung bezeichneten. Dies entzog Personennamen vom Typus griech. mén-aichmos ‚der den Speeren standhält‘ ebenso den Boden wie Benennungen von Eignern lebender oder toter Güter wie griech. Léuk-ippos ‚der ein helles Pferd besitzt‘. Wenn die Verfügung über Dinge und Tiere an den Namen- und Wortenden von Komposita bei den Germanen gleichsam ausstarb, dann ging das mit dem Wandel zusammen, dass nun kein Platz mehr für objektbezeichnende Endglieder blieb, denen Nomina von beliebigem Genus zugrunde liegen konnten. So gehört griech. -machos m. zum Femininum máche- f. ‚Kampf‘, -kráte-s dagegen zu dem Neutrum krátos ‚Kraft‘. In dem gewandelten System, in dem die Komposita der Germanen ihr Grundwort durchweg an zweiter Stelle aufführten, eigneten sich für Männernamen nur noch solche Appellativa als substantivische Zweitglieder, die für einen Mann – in unserem Zusammenhang den vom zweigliedrigen Bildetyp beschriebenen Helden – eintreten und deshalb v o n v o r n h e r e i n m a s k u l i n waren: etwa *rı-ks ‚Herrscher‘ und *@ ewaz ‚Diener (eines Gottes)‘. In den Namenschatz wird das neue Schema von außen, aus dem appellativen Wortschatz, eingedrungen sein. Aber hier ergaben sich Auswirkungen, die nicht einfach als Spiegel der Verschiebungen unter den Appella-
2 Grundlegend dazu Carr 1939. 3 Da Schröder sich sehr weitgehend an die Angelsachsen hielt, in denen er die Kronzeugen für die ursprüngliche, unverfälschte germanische Bildetradition sah, fand er seine gewichtigste Fürsprecherin in Boehler 1930. Für Schröders Erstes Gesetz warb das viel benutzte Handbuch aus der Feder von Bach (1952, S. 90–95).
Ein Teil von Edward Schröders Genusregel
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tiven genommen werden können. Für Namen ebenso wie für Preisformeln verstand sich von selber, dass, nachdem das Pferd als möglicher Inhalt von Endgliedern ausgeschieden war, nur noch solche Tiere übrig blieben, die – wie Wolf und Bär – dem kämpfenden Helden als Vorbilder dienten. Uns werden sie später beschäftigen (IV.3). Während sich in dieser Gruppe eine Beschränkung auf m ä n n l i c h e T i e r e von allein verstand, muss stutzig machen, dass die Maskulinregel auch auf solche frühen Kenningar übertragen wurde, in denen M ä n n e r m i t D i n g e n gleichgesetzt wurden. Denn Dinge besitzen nun einmal – anders als Mensch und Tier – kein natürliches Geschlecht. Die Regel, die sich damit abzeichnet, galt für Namen, aber zugleich offenbar für die frühen Preisformeln, die uns leider viel spärlicher überliefert sind. Diese Zusammenhänge zwischen zwei Zweigen gehobener Sprache, die Schröder noch verborgen blieben, sollen in einem späteren Abschnitt dieses Kapitels freigelegt werden (IV.5). Damit ist das Programm umrissen, dem wir uns im Folgenden widmen wollen.
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Grammatische Abbilder von Männlichkeit
IV.2 Nicht befolgt in den Bildungen auf -kampf und -friede 1957 war ich Schröder darin gefolgt, dass ausschließlich maskuline Appellativa zu Grundworten von Männernamen werden konnten. Eben daran wurde ich irre, als ich bald darauf eine Reihe von Endgliedern in genaueren Augenschein nahm, die mir zunächst nur dadurch aufgefallen waren, dass sie ein und desselben Sinn – nämlich den Kampf – durch ein ganzes Bündel von Wörtern variierten. Meine Zusammenstellung von 1957 reihte so: 1. 2. 3. 4. 5.
*-badwaz / *-baduz *-gun@ az *-ha@ uz *-heldaz die Gruppe *-wı-gaz, *-wingaz, *-wı-waz (< *wigwaz) bzw. -wiuz, die sich manchmal mit *-wı-haz ‚heilig‘ vermengt hat.4
Diese Reihe fügte sich – so meinte ich 1957 – bruchlos in das Schema ein, das für substantivische Endglieder nur Maskulina zuließ. Nr. 3 ha@ u- überlebte nur als Anfangsglied von appellativen Komposita: So bleibt sein Genus ungewiss. Aber da das abstammungsgleiche air. cath ein Maskulinum ist, wird man ein Gleiches wohl auch der Germania unterstellen dürfen. Für den Rest aber kamen mir bald nach 1957 Bedenken, die ich 1962 in einem Aufsatz erläutert habe.5 Zu 1. -badwa- / -badu-, 2. -gun@ - und 4. -held- liefert nämlich der überlieferte Wortschatz a u s s c h l i e ß l i c h f e m i n i n e Entsprechungen. Damit zeichnen sich für die Urgermanen d r e i s t ö r e n d e D u r c h b r e c h u n g e n von Schröders Regel ab, dass substantivische Endglieder von Männernamen eigentlich auf Maskulina beruhen sollten. Ich half mir im ersten Anlauf mit der Hypothese, die einschlägigen Appellativa seien früh ausgestorben: im Falle von gun@ - und held- vielleicht deshalb, weil sie von ihren höchst populären femininen Varianten verdrängt wurden, die sich eine Vorrangstellung im weiblichen Endgliederschatz eroberten. Beim nochmaligen Überdenken aber kam ich mir selber auf die Schliche: Mit Hilfe einer brüchigen Hilfskonstruktion hatte ich eine Regel retten wollen, die ich dem Vorgänger Schröder ohne hinreichende Prüfung abgenommen hatte. Unter geputzter Brille mutete mir schließlich wahrscheinlicher an, dass hier d r e i F e m i n i n a z u d r e i m ä n n l i c h e n E n d g l i e d e r n umgeformt worden waren.
4 Anhang VIII 3 Nr. 50–52. Wahrscheinlich, aber nicht mit Gewißheit gehört in diese Reihe auch -laikaz, das in Anhang VIII 3 Nr. 27 erläutert wird. 5 Schramm (1962, S. 457 u. IX.4) genauer zu ha@ u-.
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Das ließ mich die wichtige Gruppe auf -kampf (antithetisch erweitert um -friede) in genauen Augenschein nehmen.6 Mit der Verletzung der Genusregel ist hier zusammenzusehen, dass Wörter, die in diese Fünfergruppe eingingen, als Appellativa fast durchweg lediglich den Kampf und den Frieden, nicht aber den Kämpfer oder Friedenswahrer bedeuteten. Ich spielte durch, ob diese Merkwürdigkeit nicht aus *-wı-gaz (Nr. 5) als Keimzelle herausgewuchert sein könnte, das nach Ausweis von awnord vígr ‚streitbar‘ neben víg n. den A k t e u r ebenso wie die A k t i o n bedeuten konnte. Sollten wir es mit Anreihungen zu tun haben, die von einem sinnvollen Ausgangsfall zu Prägungen hinüberglitten, die nicht mehr durch appellative Gegenstücke gestützt wurden? Dann wären wir auf einen Parallelfall zu Wolf und Bär gestoßen, mit denen der Held sich identifizieren konnte, während der Rabe, der sich ihnen anreihte, dazu nicht taugte (IV.4)? Überzeugen konnte mich diese Deutung schließlich nicht, weil damit dem Ausnahmefall -wı-g- zuviel Wirkkraft zugetraut würde. Nein, es muss von vornherein zwei – noch dazu vermutlich sehr häufig verwendete! – Endglieder gegeben haben, die Personen auf eine Weise bezeichneten, welche dem appellativen Gebrauch widersprach. Denn darin kam es nie vor, dass Komposita auf -kampf und -friede zugleich auch den Mann meinten, ‚der kämpft‘ oder ‚den Frieden wahrt‘. Was man drastisch als Abgleiten ins Sinnwidrige etikettieren könnte, ereignete sich nun – wohlgemerkt – nicht an irgendwelchen R ä n d e r n des Namensystems, sondern in seiner Mitte. Denn die heroische Welt, die in den Namen poetisch abgebildet werden sollte, dreht sich ja um die kriegerische Bewährung. Es gibt also gleich drei Merkwürdigkeiten, die wir unter einem Hut zu bringen haben: 1.
2. 3.
Ein ganzer Block von synonymen Endgliedern bezeichnete mit -kampf und -friede ausschließlich H a n d l u n g e n und Z u s t ä n d e , während man den H a n d e l n d e n und Z u s t a n d s w a h r e r erwartet hätte. Entsprechendes gibt es unter den appellativen Komposita nicht. Zumindest drei Endglieder brachen aus Schröders Genusregel aus: badw- u.ä. -held- und -gun@ -. Die auffälligen Unregelmäßigkeiten sind in der M i t t e eines Bereichs von geformter Sprache angesiedelt, deren Signum bei den Germanen doch gerade die Tendenz zur Regelmäßigkeit darstellt.
Meine Lösung von 1962, an der ich festhalte, lautet so: In einer einzigen Gruppe hat eine Bildeweise als Fossil überlebt, die anderswo dem frühen Umbau der germanischen Nominalkomposition zum Opfer gefallen war. Zugrunde liegt jener indogerma-
6 Nach Weimann (1966, S. 33) war „Friede“ bei den vorchristlichen Germanen nicht so sehr ein Gegenbegriff zu „Krieg“, sondern zu Chaos und Bindungslosigkeit.
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nische Typus, der auf einen Verbalstamm als Grundwort solche Endglieder folgen ließ, die ausdrücken, worauf sich die Aktion des im Erstglied genannten Akteurs bezog. Beispiele dafür sind etwa griech. lysi-méle-s ‚Gliederlösend‘, krate-sí-machos ‚in der Schlacht siegend‘ und peisí-brotos ‚Menschen lenkend‘. Die Endglieder fußten hier naturgemäß auf Appellativen beliebigen Geschlechts. Die genannten Beispiele etwa enthalten das Neutrum mélos, das Femininum máche- und das Maskulinum brotós. Im germanischen Appellativwortschatz erinnert daran wohl nur – als einziger, bereits verdunkelter Rest – die urnordische Runeninschrift von Tune um 400, die mit wita[n]da-halaiban einen ‚Brotwart‘ verzeichnet. Hätte man hier die archaische Bildeweise beibehalten, dann stünde als Anfangsglied der bloße Verbalstamm wita- zu erwarten. Wenn der hier zu witanda- entgleist ist, dann in Anlehnung an ein Kompositum *hlaiba-witandaz, das – nun tatsächlich gebräuchlich oder nur als möglich und sinnvoll vorgestellt – dem zeitgenössischen Bildestand entsprechend als Zweitglied ein Partizip enthielt. Für unsere Zehnergruppe ist von der unerweiterten Form des Anfangsgliedes auszugehen. Aber wohlgemerkt: In den Namen fehlt jede Erinnerung daran, dass -kampf und -friede nur als Objektbezeichnungen Sinn gaben, die einem Verbalstamm folgten. Die freie Kombinierbarkeit der Glieder, die das Namensystem von den Appellativa abhebt, hat diese Herkunft verwischt, weil -kampf und -friede jetzt an beliebige Erstglieder anschließen konnten. Wie vermochte sich ein verunklärter Archaismus gerade in der B e d e u t u n g s m i t t e d e s N a m e n s c h a t z e s zu erhalten? Offenbar, weil die Ehrwürdigkeit eines Erbes aus grauer Vorzeit gerade hier am ernstesten genommen wurde. Das Neue, der Gegenwart Angepasste erscheint, schaut man genauer hin, um eine archaische, fossile Mitte herumgebaut. Wo in der Germania das Neutrum ‚Sieg‘ von seiner maskulinen Variante verdrängt wurde, da lag es nahe, unsere Reihe um eben dieses Wort zu verlängern. Geschehen ist das immerhin im sonst konservativen England, während Deutschland und der Norden nicht mitzogen. Bot sich nicht auch an, die Bildungen auf -kampf, einem Dominospiel vergleichbar, gerade durch -ruhm zu ergänzen? Denn gerade der Ruhm gehörte doch – nicht nur bei den Germanen – ebenfalls in die Mitte der heroischen Welt, was sich eindrucksvoll etwa in griech. -kle-we-s > -kle-s, slaw. -slavˆ und aind. -î rava- niedergeschlagen hat, die sich quer durch die Indogermania hoher Beliebtheit unter den Namenschöpfern erfreuten? Warum stimmen die Zeugnisse nicht zu dieser Erwartung? Die Antwort: Unter den urgermanischen Appellativen war für diesen Ausgang kein Platz, weil ‚Ruhm‘ nicht in jenen engen Ausschnitt von Adjektiva einging, die von den Germanen weiterhin für besitzanzeigende Komposita verwendet wurden. Aber gerade diese Barriere war ja unter den bedeutungsverwandten Personennamen auf -kampf und -friede übersprungen worden. Eine ganze Reihe von Schubkräften hebt sich ab, die das leicht hätten bewirken können. Unter den Anfangsgliedern gab es ein ganzes Nest von Synonymen für Ruhm, deren Zusammengehörigkeit durch einen ähnlichen Klang unterstrichen wurde: Hro-da-, Hro-ma- und
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Hlewa-.7 Die beiden ersten Glieder dieser Trias hätten sich, so will es zunächst scheinen, als Maskulina besonders gut für den Ausgang von Männernamen geeignet. Aber der überlieferte Befund beweist, dass die t h e o r e t i s c h so nahe erscheinende Anreihung an die Gruppe auf -kampf in der P r a x i s offenbar unterblieb. Es gehörte zur Ästhetik der Zehnergruppe, ihren Typus zwar auf den Frieden als semantischen Paarpartner des Kampfes, aber nicht mehr auf den Ruhm ausgreifen zu lassen. Nur sorgfältig eingehegt sollte ein altertümlicher Typus überleben, der sich nicht an die Regeln der zeitgenössischen Wortbildung hielt. Dieser Befund spiegelt, wieder einmal, ein feines Formgefühl, das der germanischen Namenschöpfung und ihrer Entwicklung ein eigentümliches Gepräge verleiht.
7 Hlo-d-, das ich 1957 in die gleiche Reihe gestellt hatte, gehört nach Rooth (1970, S. 175) zu ae. hlo-d, afries. hlo-th usw. ‚Schar, Menge‘. Mir will freilich scheinen, dass in diesem Namenwort die – früh ausgestorbene – Entsprechung zu griech. klytós ‚berühmt‘ durch Vokallängung eingeschmolzen ist.
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IV.3 Verschärfung anderswo: Selbst scheinbare Verstöße gegen die Regel gemieden Unter den Nominalkomposita, die in der indogermanischen Grundsprache wohl erst durch einen bescheidenen Wurzelstock vertreten waren, bewies eine bestimmte Bildegruppe sich schon früh als besonders produktiv. Gemeint sind b e s i t z a n z e i g e n d e A d j e k t i v a , f ü r die sich – von altindischen Grammatikern übernommen – das Etikett Bahuvrı-hi ‚mit viel Reis (ausgestattet)‘ eingebürgert hat. Im Germanischen ist deren Anwendung dadurch stark geschrumpft, dass sich für den Besitz von Gegenständen darunter – für uns später wichtig: auch Waffen – andersartige Bildeweisen durchsetzten: p a r t i z i p i a l e wie ae. helm-berend ‚Helm-tragend‘ und lind-haebbend ‚Schild-habend‘ sowie s u f f i g i e r t e wie dt. groß-kopfet. Auf archaischem Stand blieb auch die Benennungsweise von k ö r p e r l i c h e n u n d s e e l i s c h e n E i g e n s c h a f t e n eingeschränkt, wie etwa asächs. gelhart ‚ausgelassenen Herzens‘ und awnord einhendr ‚einhändig‘ zeigen. Uns muss zu denken geben, dass zu Appellative auf -herz, die in der angelsächsischen Dichtersprache – nach Ausweis etwa des Beowulfepos – Bildungen wie ble-d-heort ‚fröhlichen Herzens‘ und staerche-ort ‚stark herzig‘ beliebt waren, aber k e i n e Entsprechungen unter den Personennamen haben.8 Dagegen ist das bedeutungsverwandte -mo-d- ‚Sinn, Gemüt‘ in ahd. fest-muote ‚standhaft‘ und ein-muoti ‚einträchtig‘ auch in Personennamen wie dt. Hartmuot häufig. Ein Gleiches gilt für -wilja- ‚willens‘ zu ahd. willo m. ‚Wille‘ usw. etwa in dt. Selphilus. Die Diskrepanz hat einen klaren Grund. Die Adjektivausgänge -mo-d- und -wiljawaren v o n m a s k u l i n e n G r u n d w ö r t e r n abgeleitet, -herta- dagegen von einem N e u t r u m . Die Namenbilder haben also solche Endglieder für geistige Eigenschaften verpönt, die e r s t d u r c h g r a m m a t i s c h e U m f o r m u n g e n männlich wurden. Daraus spricht dasselbe Prinzip, das uns im übernächsten Abschnitt beschäftigen wird. Während Sprachen wie das Griechische in Appellativen ebenso wie in Namen einen Helden mit einem G e g e n s t a n d b e l i e b i g e n G e s c h l e c h t s gleichsetzen konnten, haben die Germanen in Preisformeln und Namen mit substantivischem Grundwort nur n o c h M a s k u l i n a zugelassen. Das darf man sich natürlich nicht so vorstellen, dass dem Mut ein männlicheres Wesen zugeschrieben wurde als dem Herzen. Nein, hier hatte sich ein Identifikationsschema, das ursprünglich konkreten Vorstellungen entsprochen haben wird, zu einem grammatischen Prinzip von rein formalem Charakter verselbständigt. Sofern es u m D i n g e ging, machte die Dichtersprache noch mit, nicht aber beim H e r z e n , das ja im Kompositum keineswegs konkret ein K ö r p e r t e i l meinte, sondern für das G e m ü t stand. Die Überführung in ein rein grammatisches Formprinzip ohne Rückhalt an konkreten Vorstellun-
8 Siehe dazu von See 1978, S. 16–18.
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gen ist also im vorliegenden Fall bei den Personennamen noch weiter getrieben als unter den preisenden Heldenschablonen. Zu meinem Erstaunen ging mir auf, dass dieses Prinzip – wiederum ohne Rückhalt am Appellativwortschatz – in den Personennamen eine noch seltsamere Blüte getrieben hat. Denn in ihrem Bereich zeichnet sich das Bestreben ab, auch solche Endglieder zu verpönen, die nicht erst (wie im Falle -herta-) beim Einbau in ein Kompositum maskulin wurden, sondern s c h o n i n i h r e m a p p e l l a t i v e n M u s t e r von N i c h t m a s k u l i n a abgeleitet waren. Auf diese Spur brachten mich sechs Bezeichnungen von Männerkollektiven, die wohl schon zum urgermanischen Erbe gehören:9 für das V o l k : ae. le-od mit einem aus dem Urgermanischen durcherhaltenen femininen Genus. Dagegen schwankt ahd. liut zwischen m., f. und n., während anord. lió. r sich im Norden das maskuline Genus durchgesetzt hat. Im Plural bedeutet das Wort ‚die Leute‘ 2. ebenfalls für das V o l k : got. @ iuda f. 3. für das K r i e g s h e e r : ahd. folk n. 4. für die z u r T e i l n a h m e a n d e r D i n g v e r s a m m l u n g b e r e c h t i g t e S t a m m e s g e n o s s e n s c h a f t : ahd. dink n., lgb. mit s-Erweiterung in gairethinx ‚Speer-thing‘ 5. für d e n S t a m m , das G e s c h l e c h t : ahd. kunni n. aus *kunja6. für das H e e r : got. harjis m. 1.
Um je nach Bedarf den A n f ü h r e r oder die A n g e h ö r i g e n dieser Kollektive zu bezeichnen, verwendete man im Prinzip dieselben Lautungen, wie sie für die Gruppe gebräuchlich waren. Nur mussten diese erst ins maskuline Genus überführt werden, sofern die Kollektive feminine oder neutrale Etiketten trugen:10 1. 2. 3.
Ae. leod ‚Führer‘, im Plural leode ‚die Mannen‘ Salfrk. theod ‚Herr‘ Awnord. fylkir für den ‚Führer des Kriegsvolkes‘, falls dieses nomen agentis zum Verbum fylkia ‚die Krieger zur Schlacht ordnen‘ ein älteres *fulkaz abgelöst haben sollte11 4. *@ ingsaz ‚Herr der Dinggemeinschaft‘ als Götterbeiname
9 Die meisten von ihnen bezeichnen eine Gesamtethnie, die zugleich eine Heergemeinschaft darstellte. Nur fulka- war zunächst auf Teileinheiten (‚Mannschaften‘) eingeschränkt, siehe Green 1998, S. 84–101. 10 Zum kontinentalen Sprachgebrauch, der in seiner Bedeutung zwischen einem ‚Freien‘ und einem ‚Halbfreien‘ schwankt, siehe von Olberg 1981, S. 91–106. 11 S. dazu Andersson 2008.
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5. 6.
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*kunjaz für den Herrn eines Geschlechtes oder Stammes: erhalten nur als Erstglied etwa in ahd. kunirîchi, ae. cynehelm usw.12 *-harjaz als Personenbezeichnung hinterließ spärliche Spuren in dem Volksnamen Harii und – zum n-Stamm abgewandelt – in den mythischen einherjar der Edda, die man sich als Bewohner von Walhall vorstellte. In beiden Fällen sind ‚Heergenossen‘ gemeint. Aber *-harjaz konnte vermutlich – im Analogieschluss gefolgert – auch den ‚Heerführer‘ bezeichnen.
Die Wörter, die in unserer ersten Sechserliste aufgereiht wurden, erscheinen durchweg am Anfang von Personennamen wieder. Die Nr. 2 hätte sich somit nach ihrer Bedeutung vorzüglich für den Endgliederschatz geeignet (V.1). Aber die Wirklichkeit sah anders aus. Denn nur Nr. 5 -harjaz begegnet auch in Personennamen: hier früh, in großen Zahlen und mit weiter Verbreitung. Warum wurden Nr. 1–4 draußen gehalten? Man mied offenbar als Ende von Namen solche Bezeichnungen, die sich aus M a s k u l i n -A b w a n d l u n g e n a n d e r e r G e n e r a ergeben hatten: von Feminina in den Nummern 1 und 2, aus Neutra in 3 und 4. Lediglich gegen *-harjaz gab es nichts einzuwenden, weil es sich – in got. harjis m. erhalten – um ein urgermanisches Maskulinum handelte.13 Was ergibt der Vergleich mit den appellativen Preisformeln diesmal? Dass auch hier die penibel-formalistische Siebung Eigengut der Personennamen blieb, sichert als Kronzeuge das Wort ae. leod, das im Beowulf stattliche dreizehnmal den Fürsten bezeichnet, aber am Ende von Personennamen fehlt. Für die Sakralsprache ergibt sich ein gleiches Vorgehen, dem die Einzwängung in ein grammatisches Korsett erspart blieb, aus einem Weihestein, den germanische Söldner am Hadrianswall bei Housesteads für ihren Kriegsgott Marti Thingso errichten ließen.14 Der wird hier in seiner Funktion als ‚Dingherr‘ angerufen, die wir schon aus Nr. 5 unserer zweiten Liste kennen. Was sich für die Angehörigen und Führer von Kollektiven ergeben hat, ist kein Sonderbefund für ein Einzelsegment im Endgliederschatz, sondern verrät eine allgemeine Tendenz, die wahrscheinlich den gesamten zweigliedrigen Typus durchwaltete. Gut dazu stimmt ein nomen agentis wie *-gebaz ‚gebend‘, das sich auf den ersten Blick bestens für Männernamen zu eignen scheint. Denn es gehörte ja zu den Tugenden des mit Preisformeln geehrten Fürsten, dass er Gold oder anderen Schmuck frei-
12 Zu den etymologischen Unklarheiten, die der König und verwandte Bildungen aufwerfen siehe Kluge / Seebold 2002, S. 397 mit Lit. 13 Wenn sich ahd. heri allmählich zum Neutrum wandelte, das wir noch heute gebrauchen, so hatte auf die Weiterverwendung in dem hier wie oft auch anderswo traditionstreuen Namenschatz ebensowenig Einfluss wie die Drift von leod (Nr. 1 in der obigen Liste) zu anderen Genera, der nur die Angelsachsen widerstanden. 14 Gutenbrunner 1936, S. 24–30; S. 229, Nr. 100; Höfler 1979, S. 344–348.
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giebig unter seinen Getreuen verteilte.15 Das hat sich aber in den Männernamen bezeichnenderweise n i c h t niedergeschlagen. Dagegen konnte sich *-gebo- f. ‚Gabe‘ in Frauennamen schon früh einbürgern, weil hier die bemannte Person und das verwendete Grundwort in ihrem weiblichen Geschlecht übereinstimmten.16 Das Nomen agentis *re-daz ‚der Ratende, Helfende, sich Entschließende‘ konnte wohl nur deshalb in den Endgliederschatz der Personennamen eingehen, weil das gleichlautende Wort für ‚Rat, Nutzen‘ ein Maskulinum war. Gewiss gab es Ausnahmen. So verwendeten die alten Sachsen etwa in der Kombination mit Hro-da- und Hildi- das Endglied -werk ‚wirkend‘. Ja, ein Gleiches kam auch in Skandinavien vor, wo der Personennamen Sigverkr und – einen Odinsnamen kopierend – Bolverkr begegnet. Hier handelte es sich um nomina agentis, die unter den Appellativa unanstößig blieben. Aber wenn sie als Namenendglieder nur kurze Zeit in weit auseinander liegenden Regionen Anklang gefunden haben, dann vermutlich, weil sie mit dem Gleichklang mit dem Neutrum ‚Werk‘ Anstoß erregten. Den spannendsten Regelverstoß stellt eine kleine ostgermanische Gruppe auf -juks m. und -juka f. dar, die an Langobarden und Schwaben weitergegeben wurde. Warum wirkte hier der Zusammenklang mit dem Neutrum juk ‚Joch‘ nicht abschreckend? Der Ausgang dieser Gruppe war offenbar der Name von Attilas Vater, der – germanisch ausgesprochen – Mundiuks lautete und als germanische Prägung aufgefasst werden konnte. An dieser Ausgangsform hat sich eine historisch hochinteressante Gruppe von klangähnlichen anderen Bildungen angeschlossen.17 Als ein interessanter Sonderfall entpuppt sich das schon urgermanische, in Männer- wie Frauennamen begegnende – mund-. Nach afries. mund ‚Wächter‘ passte ein solches Endglied gut zum Heldenideal der Männernamen. Aber man konnte gegen seine Verwendung einwenden, es sei von dem Femininum ae. mund, ahd. munt ‚Schutz‘ abgeleitet.18 In Wirklichkeit lag vermutlich *mindan ‚gedenken, gesinnt sein, schützen‘ zugrunde, sodass *mundaz in Klang und Bedeutung mit -mo-d- parallel lief.19 Der nordische Brakteat von Tjurkö (6. Jahrhundert) weist mit dem Personennamen Kunimu[n]diu (dat.) aber einen u-Stamm aus, den wir appellativ in an. mundr m. ‚Mahlschatz‘ kennen. Dem entspricht, dass nordische Personennamen auf -mundr im Genitiv -mundar, nicht aber -munds zeigen. Doch ließ sich in diesem Falle ein traditionsreiches Endglied durch einen Kunstgriff retten. Die Überführung in einen u-Stamm scheint ein alteingeführtes Grundwort von Männernamen davor bewahrt zu haben, einer Verschärfung des Regelsystems zum Opfer zu fallen. Denn *-munduz ließ sich nicht mehr als Derivat von einem Femininum auffassen. Allerdings ging bei dem (hypothetischen) Stammklassenwechsel jeder vernünftige Sinn verloren. Denn einen
15 16 17 18 19
Dazu u.a. Marquardt 1936, S. 390f. Schramm 1957, Anhang 2 Nr. 8. Schramm 1997, S. 27–54 (entspricht Anhang IX 2 dieses Bandes). Schramm 1957, Anhang 1, Nr. 20, S. 165; Peterson 2007b. Schramm 1957, Anhang 1, Nr. 19, S. 164.
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Mann konnte niemand mit der B r a u t g a b e d e s B r ä u t i g a m s gleichsetzen. Aber der Unsinn ließ sich in Kauf nehmen, weil bei Personennamen nun einmal die Form mehr wog als die Bedeutung.20 Doch wohlgemerkt: Eindeutig liegt der Fall -mundnicht. Bei Fossilien aus einer fernen Vergangenheit sollte uns das nicht verwundern. Wie lassen sich jene Konturen deuten, die sich mittlerweile abzeichnen? Solange es nur um Dingbezeichnungen an zweiter Stelle ging, stimmten Preisformeln und Namen noch überein. Aber die im Vokabular des Heldenpreises ausgebildete Maskulinregel wurde in den Namen offenbar a u s g e w e i t e t und v e r s c h ä r f t . Denn hier sollte sogar der A n s c h e i n v e r m i e d e n werden, dass dem Grundwort, das den Träger kennzeichnen sollte, der echt maskuline Charakter abgesprochen würde. Viel strenger noch als die Schöpfer von Preisformeln waren die Namenbildner offenbar bemüht, einem Wesenszug des Benannten, eben seiner M ä n n l i c h k e i t , zu einem – salopp formuliert: w a s c h e c h t e n oder a s t r e i n e n – Ausdruck zu verhelfen. Schon der Gebrauch in poetischen Texten spricht gegen die abwegige Annahme, ein *harjaz ‚Anführer der Heergenossen‘ habe den damit Bezeichneten männlicher machen sollen als ein *liu. az oder *@ ingsaz. Vielmehr haben hier anonyme Sprachschöpfer in einem Bereich, in dem es auf einen vornehmen Eindruck ankam, das Maskulinprinzip auf weitere Wortgruppen übertragen, in denen sich grammatische Phänomene von W e s e n s a u s s a g e n gelöst hatten und nur noch A n s p r ü c h e n a n d i e F o r m genügen sollten. Das läuft zu einem guten Teil parallel mit der Entwicklung der preisenden Prägungen, aber geht in der Verselbständigung des Formalen noch über diese hinaus. Wenn es zumindest zu einem schrittweisen Übergang von W e s e n s a u s s a g e n zu r e i n f o r m a l e n R e g e l u n g e n kam: Welche Absicht wurde dabei verfolgt? Wie ich meine: Ebenso wie bei der Klangregulierung waltete hier ein ä s t h e t i s c h e r Z w e c k . Auch mit grammatischen Mitteln ließen sich nach germanischem Verständnis die kleinen Gebilde der zweigliedrigen Namen im Gefolge der Preisformeln so stilisieren, dass aufmerksame Hörer den Eindruck von Ordnung und Schönheit genossen, der ihnen oft wichtiger erschien als die Vermittlung eines Sinns. Wem ist eine solche Pflege von Ästhetik unter den besonderen Bedingungen der Namen zuzutrauen? Erinnern wir uns an eine früher gewagte Hypothese. Am ehesten waren es Dichter, die eine anspruchsvolle Hofgesellschaft mit Liedern zur Harfe erfreuten (I.3). Denn sie wussten ja – so gut wie gewiss niemand sonst – die unterschiedlichen Bauregeln für die beiden Parallelstränge der Heldenepitheta und der – hier strenger durchstilisierten – Personennamen sauber auseinanderzuhalten und wurden wahrscheinlich auch bei der Namenwahl gerne zu Rate gezogen. Die breiten Massen u n t e n werden zumeist nachgemacht haben, was ihnen o b e n vorgemacht wurde. Aber vielleicht waren gerade sie es, die – vorwiegend mit nur punktuellen Erfolgen – gelegentlich Regeln durchbrachen, die ihnen gar nicht hinreichend vertraut waren.
20 So meine heutige (gegen Schramm 1957, S. 44) verbesserte philologische Rekonstruktion.
Eber, Bär und Wolf
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IV.4 Eber, Bär und Wolf: Kampfgegner des Mannes als Vorbild Wenn sich die Regel ausbilden konnte, dass als substantivische Endglieder von Männernamen nur w a s c h e c h t e o d e r a s t r e i n e M a s k u l i n a in Frage kamen, dann hat dabei vermutlich eine – nicht mehr abmessbare – Rolle gespielt, dass sich die heroische Poesie den Helden gerne als ein wildes, starkes, für den Menschen gefährliches Tier vorstellte, das man um seinen rasenden Kampfeswut beneidete. So versteht sich ein Grieche namens lykó-urgos als ‚einer, der die Wut eines Wolfes hat‘.21 Dass der Wolf, wenn ihn nicht der Hunger treibt, einer Begegnung mit dem Menschen lieber aus dem Wege geht, wurde dabei ausgeblendet. Bär und Wolf ließen – anders als der Eber – formal offen, ob nicht auch ein Weibchen gemeint sein konnte. Das wurde nur dort, wo der Zusammenhang es erforderte, durch eine Movierung vom Maskulinum abgehoben: etwa in dt. birin und wulb.22 Aber von allein versteht sich, dass man einen Helden nur mit einem männlichen Wildtier gleichsetzen konnte. Ja, wahrscheinlich gehörte deren gleichsam prunkend demonstrierte Männlichkeit zu jenen Eigenschaften, die der Krieger bewunderte.23 Das soll im vorliegenden Abschnitt noch im Hintergrund bleiben. Aber im nächsten Abschnitt wird sich von diesen Tierkenningar eine Brücke ergeben, die eine wichtige, für sich schwer verständliche Eigenheit der germanischen Männernamen am besten verstehen lässt (IV.5). Wohl über die ganze Erde ist die archaische Vorstellung verbreitet, ein Mann, der in den Kampf stürme, werde zum reißenden Wildtier. Auch in den verwandten indogermanischen Namenschätzen wie in jener Dichtung, von der diese abgezweigt sind, spiegelt sich die urtümliche Gleichsetzung wider: in den Namen noch breiter und geschlossener als, wie mir scheint, in den Preisformeln. In der frühen Dichtung, ist – bis auf einen Rest im Angelsächsischen – im Germanischen wie im Griechischen ein altes Erbteil offenbar früh zerbröckelte. Aber es liegen noch immer genug Spuren am Tage, die von einem früheren Zustand zeugen. Parallelisieren wir erneut die beiden verschwisterten Typen geformten Sprechens. Am durchgängigsten sind in der Indogermania Namen mit -wolf.24 Dem hat sich im Berührungsstreifen mit altbodenständigen Völkern in südlichen Breiten der Löwe
21 McCone 1987, S. 101–155. – Nichts Neues ergibt für den folgenden Gedankengang G. Müller 1970a. 22 Schramm 1957, Anhang 4, Nr. 39 und 48. 23 Zu bedenken bleibt, warum nicht auch der Stier zu einem festen Bestandteil indogermanischer Namenschätze wurde, obwohl er doch auch stark und gelegentlich für den Menschen bedrohlich ist. Vorsichtig vermutet: Offenbar maß sich der Held im Geist lieber mit Wildebern, Wölfen und Bären als mit Stieren, die ihm ja nicht als feindliche Wildtiere, sondern als Teil seines zahmen Viehbesitzes vor Augen standen. 24 Förstemann 1900, Sp. 1639 stellte dazu 464 Kombinationen zusammen. Diese Häufigkeit wird von keinem anderen germanischen Endglied erreicht. Gerade im Althochdeutschen übertrifft es als Endglied alle anderen an Häufigkeit, etwa halb so oft wird es als Anfangsglied verwendet, relativ selten hingegen als Simplex, siehe Sonderegger 1998.
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25 angereiht: etwa in griech. Pantaléo-n und ind. Arjuna- sim . ha-. Stattdessen verglichen Germanen sich gern mit dem Bären.26 In der Ostgermania, wo einschlägige Komposita unter den Personennamen fehlen, sind immerhin das Erstglied Ber(an)- und das Simplex wgot. Bera überliefert. Der Eber konnte wegen seines vokalischen Anlautes nur ein Anfangsglied und – für uns noch aussagekräftiger – einen einstämmigen Personennamen abgeben. Ibor ist ein sagenhafter Langobardenführer bei Paulus Diaconus, Eofor ein Gaute im Beowulf. Alle diese Namen sind anders zu beurteilen als außergermanische Zeugnisse, die das Pferd an zweiter Stelle nennen. Denn den Mann stellte man sich ja nicht als rossgleich vor, sondern als jemanden, der Rosse zu nutzen weiß: indem er sie bändigt – wie in griech. hippó-damos, das auch als Personennamen diente – und sie dann b e s i t z t , wie der Personennamen Leuk-ippos ‚der mit den leuchtenden Rossen‘ ausdrückt, oder sie vor den Streitwagen spannt. Wolf, Löwe, Bär und Wildeber sind dagegen Tiere, die der Mensch nicht in seiner Gewalt hat und auch nicht auf der Jagd als Objekte seines Handelns ins Auge fasst. Zwei griechische Namenkomposita lassen noch deutlich erkennen, wie die wehrhaften Wildtiere am Ende von Personennamen gemeint waren. Ein Autó-lykos ist jemand, der ‚selber zum Wolf‘ wird, und ein Panta-léo-n jemand, der sich ‚ganz in einen Löwen‘ verwandelt. Mir will scheinen, hier schimmerten hocharchaische Preisformeln durch, wie sie sich ungebrochen vielleicht nur in angelsächsischen Kenningar erhalten haben, die den Krieger bezeichnen und als zweites Glied -wulf enthalten. Oft unterstrichen sie hier durch Anfangsglieder wie gu-. -, hilde-, wı-g-, heoru-, wael-, dass sie sich auf den k ä m p f e n d e n H e l d e n bezogen. Gegenstücke dazu finden sich unter den Personennamen auch in anderen Teilen der Germania. Der skandinavische Stein von Istaby aus dem 7. Jahrhundert (?) wurde, wie seine Inschrift verrät, für Hariwulafa (akk.) von einem gesetzt, der mit Ruf- und Vatersnamen Ha@ uwulafr Haeruwulafr hieß. Diese Trias bedeuten ‚Heerwolf‘, ‚Kampfwolf‘ und ‚Schwertwolf‘ und stimmen damit genau zu den genannten angelsächsischen Appellativen. Prokop berichtet von einem Ostgoten Gundúlph, den andere Ildúlph nennen. So konnte die Benennung gewiss nur im Gebrauch von Menschen abwechseln, die gewohnt waren, dass die Sänger, deren Heldenliedern sie in der Halle folgten, eine Stanzformel in gleicher Weise variierten. Im Übrigen aber stimmt die epische Überlieferung der Griechen mit den Germanen darin überein, dass die G l e i c h s e t z u n g des Mannes mit einem reißenden Tier sich in der Dichtung nur a b g e s c h w ä c h t oder gleichsam i n b l o ß e n F o s s i l i e n e r h a l t e n hat. Die Ilias kennt nur noch den Vergleich: ‚und zugleich stürzten beide aufeinander, den fleischfressenden Löwen gleich oder dem Eber, deren Kampf kaum
25 Beispiele: Epílykos, Hermólykos, nordgerm. Ha@ uwolafr. 26 Beispiele sind u.a. ags. Uigbeorn, fries. E. elbern, dt. Egilbern, awnord. Geirbjxrn.
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zu bezwingen ist‘. Anderswo: ‚Sie aber tobten wie Wölfe‘.27 Hier erscheint zur bloßen W e s e n s ä h n l i c h k e i t abgeschwächt, was einmal als W e s e n s t a u s c h gemeint war: Appellative Formeln, die der Wesensgleichheit mit dem reißenden Wildtier Ausdruck geben, haben sich im Griechischen, soweit ich sehe, n i c h t erhalten. Dieselbe Schwundtendenz zeichnet sich auch in der Germania ab. Im Norden ist sie am weitesten vorangeschritten. Denn in den Kenningar sind mit T i e r e n , wo sie im übertragenen Sinne gebraucht werden, nämlich nur W a f f e n , dagegen keine Krieger mehr gemeint. Aber Spuren der alten Vorstellung sind noch erkennbar. Bei jofurr ist der primäre Sinn ‚Eber‘ dem sekundären ‚Fürst‘ gewichen, während ‚Krieger‘ als ursprünglicher Zweitsinn von úlfr ‚Wolf‘ sich auf den ‚Rächer‘ einengte. Vielleicht gehört hierher auch der übertragene Gebrauch von bjorn in einer Eddastelle.28 Auf ein erstarrtes Erbe stoßen wir auch bei den Angelsachsen, bei denen die Doppelbedeutung von ‚Bär‘ und ‚Mann‘ unter zwei Wortvarianten aufgeteilt wurde: bera bedeutet nur noch ‚Bär‘, beorn statt dessen ‚Mann‘ oder ‚Krieger‘. Wohlerhalten ist dagegen, wie wir schon hörten, auch appellativ das Zweitglied -wulf, das den Mann als Wolf meint. Bis hierher hält sich der germanische Personennamen-Schatz in einem Rahmen, den wir aus verwandten Sprachen kennen. Eigene Wege aber gingen die Germanen, wenn wie sich an die ursprüngliche Gruppe der Mann-Tiere mit der Zeit andere Tiere anreihten, die in poetischen Kriegerbezeichnungen, soweit sich erkennen lässt, k e i n e Gegenstücke gehabt hatten. Doch standen sie immerhin in enger Bedeutungsverbindung zu jeweils einem oder gar mehreren altbezeugten Endgliedern, die den Mann als Tier bezeichneten. Für alle diese A n r e i h u n g e n bot die urgermanische Namenschicht wahrscheinlich erst Ansätze. Breiter ausgefaltet haben sie sich wohl erst später. Nicht zufällig wird unter einigen deutschen Bildungen auf -hwelf ‚Tierjunges‘ die Verbindung mit Berewelf, Berenvelf besonders häufig sein. Dass in der dichterischen Sprache eine Bezeichnung für ‚Bärenjunges‘ auch für ‚Knabe, Sohn‘ eintreten kann, erklärt uns vielleicht Personennamen auf -hu-naz, das wohl schon vor Auftreten der Hunnen zum Personennamen-Endglied wurde, aber als Goten und Hunnen sich politisch eng verbunden hatten, als H u n n e verstanden werden konnte. Ist das richtig rekonstruiert, dann handelt es sich zunächst nicht eigentlich um e c h t e z w e i g l i e d r i g e P e r s o n e n n a m e n des heroischen Typus, sondern um z w e i g l i e d r i g e K o s e n a m e n , die an Namen auf -kind wie etwa in sächs. Widukind anschlossen. Aber durch eine Umdeutung zum H u n n e n ließ sich das abändern. Eine nordische Eigentümlichkeit ist der Fuchs als Endglied. Die Annahme, Refr und Har. refr in der Landnahmezeit gingen auf keltische Anregungen zurück, ist un-
27 Ilias VII,255–257; XI,72f. 28 Helgavki.a Hundingsbana II, Str. 8,5.
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nötig. Denn der im 12. Jahrhundert schreibende Saxo Grammaticus lässt am Hofe des Norwegerkönigs zwei Isländer namens Bero und Revo auftreten, von denen der letzte eine Wette mit dem Norweger Ulvo eingeht. Das legt die Deutung nahe, der Fuchs sei im Gefolge des Bären und des Wolfs unter die Endglieder von Personennamen geraten, weil diese beiden Tiere als Kenningar für den Kämpfer eintreten konnten. Für den Fuchs galt zwar ein Gleiches nicht. Aber ein Brückenschlag zum Wolf fiel leicht, weil beide das Schlachtfeld als A a s f r e s s e r heimsuchen. Dass die A n r e i h u n g nicht alt ist und noch lange als ungewöhnlich empfunden wurde, zeigt der Fortgang der Geschichte, der Revo zum dänischen König führt: „Gefragt, wer er sei, antwortet er, er heiße ‚der Fuchs‘. Die einen lachten über diese Antwort, die anderen schüttelten den Kopf, der König aber sagte: ‚Auch der Fuchs muss eine Beute aufschnappen!‘“29 Wie konnte auch der Wurm zu einem Zweitglied werden?30 Voraus ging gewiss eine Kenning, die ihn am Namenanfang aufführte, weil ja Sagen über Lindwurmtöter zum gängigen heroischen Themenrepertoire gehörten. In den Stein von Myklebostad aus dem 6. Jahrhundert wurde (O)rumal[a]ib[az] eingeritzt.31 Weil die Dichter nicht nur Zeitgenossen ehrten, sondern oft auch der Ahnenreihe eines Fürsten gedachten, hinderte sie nichts an sagenhaften Ausmalungen. Einem Vorfahren konnte zur Befriedigung der Hörer unterstellt werden, er habe sich als Drachentöter hervorgetan. Als Endglied von Personennamen bleibt der Wurm offenbar auf den Norden und Deutschland beschränkt.32 Diese Nennung an zweiter Stelle passt gut zu den ursprünglichen Endgliedern -bär und -wolf, weil das kriechende Ungeheuer ja ebenfalls als kämpferisches Tier vorgestellt wurde und auch bei den Griechen mit Dráko-n zum Namen wurde. Die Germanen kamen kaum über Teilvergleiche hinaus: Wielands Augen funkelten wie die eines Wurms, sagt Niduds Frau in der Volundarkvi.a.33 Ganz und gar in einen Lindwurm verwandelt haben sie ihre Helden wohl nie dargestellt. Kopfschütteln weckt zunächst, dass in Deutschland – bis heute fortdauernd! – ein Wolfram und ein Heimram herumlaufen konnte, die sich ihrer Umwelt als Wolfsraben und Heimraben präsentieren. Im Norden ist das Simplex Harabanaz auf dem Järsbergstein schon für das 6. Jahrhundert bezeugt. Auf einen Mainzer Grabstein des 6./7. Jahrhunderts begegnet der Rabe erstmals auch als -ramnus.34 Die Langobarden gebrauchten dieses Endglied z.B. in Opteram. Da angelsächsische Beispiele fehlen, vermutete Edward Schröder, es handele sich um Spiegelungen des Wodankults bei
29 Hermann 1901, S. 399. 30 Beispiele: Wyrmhere im Widsith, dt. Wurmhari, Vurmhart, awnord. Ormarr. Der Tötung eines Wurmes gedenkt in einem Preislied auf Sigmund (Beowulf, V. 888). 31 Siehe auch Peterson 1994, S. 139: die ganze Sequenz sei sehr zweifelhaft. Ferner Krause 1966, S. 178f. Antonsen 1975, S. 46. welche ebenso die Unsicherheit der Lesart betonen. 32 Beispiele: Hallormr in der Landnámabók und Ketilormr in der Droplaugarsona saga, dt. Otuurm, Perhturm sowie einmal bei den Langobarden: Asturmus. 33 Volundarqvi.a, Str. 17,5. 34 Weitere Belege für die Franken und ihren Umkreis in Schramm 1957, S. 80f.
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den Franken, der auf andere Stämme ausgestrahlt hat.35 Später erwog er immerhin das Simplex Rabe als gemeingermanischen Namen, während die Verwendung an zweiter Namenstelle weiterhin auf Deutschland eingrenzte.36 Dabei schob er den Namen Valaravans, den nach Jordanes ein gotischer König des 4. Jahrhunderts trug, als etymologisch unsichere Darbietung eines Genealogisten beiseite. Das scheint mir vorschnell geurteilt. Denn dieser russlandgotische Beleg und sein in Deutschland reichlich bezeugtes Gegenstück Walurammus u.ä. halten vermutlich eine schon urgermanische Ausgangsprägung fest, die freilich zunächst noch keine oder doch nur wenige Entsprechungen zur Seite hatte. So konnte bei einzelnen Ethnien die Überlieferung versiegen, während sie bei anderen reichlicher zu fließen begann. Valaravans verweist als ‚Rabe des Schlachtfeldes‘ nicht auf den W o d a n s k u l t , sondern auf die H e l d e n d i c h t u n g , in der Rabe und Adler – ein beherrschendes Motiv und wichtiges Kennzeichen germanischer Poesie37 – dem Heer in die Schlacht folgen. Sie frohlocken über den Tod des Kriegers und verschlingen gierig die Gefallenen. Der Adler als Zweitglied wäre wohl ebenfalls früh unter die PersonennamenEndglieder geraten, wenn dem nicht die Verpönung des vokalischen Anlautes unter den Endgliedern einen Riegel vorgeschoben hätten. Im Norden, wo man sich großzügig über dieses Verbot hinwegsetzte, wurden Bildungen wie Álf- arinn und ? ór-arinn gängig. In Deutschland, wo man die ererbte Regel weiterhin hochhielt, kam es immerhin zu den Einzelverstößen von bayr. Ebar-aro im 11. Jahrhundert und Zeiz-arn im St. Gallen a. 872. Dagegen wurde wfrk. -arnus von Förstemann wohl richtig als Suffix gedeutet.38 Als germanische Mannkenningar fehlen Adler und Rabe, während die Kelten ihre Häuptlinge als schöne Raben und schneller Adler feiern konnten.39 Man braucht nicht anzunehmen, zwei keltische Metaphern hätten hier eingewirkt, weil man den Befund auch innergermanisch erklären kann. Die W a l s t a t t -V ö g e l Rabe und Adler stehen ja in einer Reihe mit dem Wolf, der das dritte der leichenfressenden Tiere in der Dichtung ist. Welch hoher Anteil an der Aasbeute den kraftstrotzenden Wölfen, Bären und Füchsen vom Raben abgejagt wird, fasziniert neuerdings die Verhaltensbiologen, weil dabei die eine Tierart durch hohe Raffinesse ausgleicht, was ihr an physischer Kraft fehlt. Die Skalden liebten es, Rabe und Wolf in Schlachtschilderungen zusammen vorzuführen.40 Die altenglische Judith-Dichtung belegt in V. 296f. die gleiche Reihung: wulfum to- willan and éac waelgı-frum fuglum to- fro-fre. Die Namenschöpfer haben dies nachgeahmt, wenn sie – einem Dominospiel vergleichbar – an den Wolf, der als Mann-Tier zum Namengrundwort geworden war, aber doch zugleich zu
35 Schröder 1938a, S. 6. 36 Ibid., S. 53. 37 Auflistungen dazu bei Gillespie 1973. 38 Förstemann 1900, S. 135. 39 Literatur dazu in Schramm 1957, S. 81 Anm. 5. 40 Meißner 1921, S. 118.
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den W a l s t a t t -T i e r e n gehörte, die a n d e r e n L e i c h e n f r e s s e r anreihten. Ein Name wie Wolfram ‚der Wolfsrabe‘ mutet bei erstem Hinhören absurd an. Aber er füllt sich mit Sinn, wenn wir jedes seiner Bauelemente auf unterschiedliche Punkte in jenem appellativem Formalschatz beziehen, der das Ganze einer heroischen Welt kunstvoll ausbreitet. Vielleicht wurde hier jemand, der ‚wie ein Wolf in die Schlacht geht‘, mit einem anderen Bilde zusammengeschoben, das den Helden als den R a b e n f ü t t e r e r – zu verstehen als T ö t e r i m K a m p f – vorstellte.41 Wie manche andere Entwicklung im Namensystem, so gab man auch diesmal um eines Spieles der Reihung willen jede präzise Sinnhaftigkeit preis. Zurück zur Gleichsetzung des Mannes mit dem Wolf und den Bären! Für beide Tiere konnte in der Dichtung Kenningar eintreten, was sich auch in den Personennamen niedergeschlagen hat. Für mich ergibt sich folgende Reihe: –
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Ags. Be-owulf bedeutete wohl nicht, wie Jacob Grimm angenommen hatte, einen ‚Bienenwolf‘, den man sich als Kenning für den Bären vorstellen kann.42 Aber wenn diese Deutung im frühmittelalterlichen England schließlich hineingelesen werden konnte, dann wohl, weil man damit an einen dichterischen Vergleich anschloss. In Bayern ist seit dem 9. Jahrhundert wiederholt der Name Sintarfizzilo bezeugt. Als Sinfjotli gelangte er nach Skandinavien. Ja, Gamillscheg wollte es in dem burg. Ortsnamen Senerclens (a. 10119 < *Sindrafitilingo-s wiederfinden. Schon in seiner rhythmischen Struktur verrät sich diese Prägung als Eindringling im Namenschatz. Mir leuchtet die Deutung als ‚jemand mit der sinterfarbenen Fessel‘ ein. Sinnverwandt damit erscheint die schwedische Umschreibung des Wolfs als guldfót.43 Auf der um das Jahr 200 verfertigten Fibel von Himlingøje lesen wir den Namen Widuhundaz, der als Waldhund zu deuten sein wird. Hund als Grundwort einer Mannkenning ist zwar den Kelten, aber nicht den Germanen geläufig. Dagegen begegnet die Tabubezeichnung Waldhund für viehverschlingende Raubtiere: in dt. holzhund, walthund, feldhund. In einem deutschen Viehsegen des 15. Jahrhunderts liegt der magische Charakter noch am Tage: … des helf mir der man, der chain übel nye hat getan und dye heyligen v wunden pehüten mein fich fon allen holzhunden …44
41 Zu nordischen Formeln, die gefallene Feinden als Speise und Beute von Rabe, Adler und Wolf umschreiben, siehe Meißner 1921, S. 202–204. Zu der offenbar beliebten Aneinanderreihung zweier Tiere im gleichen Namenkompositum siehe Beck 1986. 42 Nach Hugo Gering liegt eine entstellte Form von ‚Wolf des Gehöftes‘ zugrunde. In dieser Spur bleibt Björkman 1918. 43 Much 1929. 44 Mannhardt 1875, S. 437.
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Bei den W a l d g ä n g e r n ist vor allem an Wölfe, aber auch an Füchse zu denken. Denn meint ae. holtes gehle. a den Wolf, so bedeutet schwed. han som i skogen går den Fuchs. Für beide Wildtiere kann ihr gezähmter Verwandter, der Hund, einen verharmlosenden D e c k n a m e n abgeben. Mit einem so früh bezeugten Namen wie Widuhundaz wird wohl eher der Wolf als der Fuchs gemeint sein, weil der Wolf ja als Mannkenning alt und offenbar weit verbreitet war. Die Ausgangsverbindung Waldhund dürfte den Schlüssel für deutsche Bildungen wie Bernhund, Meginhund usw. liefern. Ja, in Erphund und Brunhund, zwei in Werden bezeugte Namen, mag man noch die Beziehung zum Wolf durchspüren. Denn ae. eorp bedeutet ‚dunkelfarbig, schwärzlich‘. Als Abschluss der Reihe noch ein Einfall. *-gauja bzw. *-gaujis ist ostgermanisch – außer in wgot. Bernhardus Ermengavi, Armegavus und Bertgavus, die Gamillscheg dem Cartulaire von Toulouse entnahm – nur in dem Namen des sagenhaften Gotenhelden Vidigoia bei Jordanes (bei Priskos) überliefert. Den gleichen Namen überliefert Ammian im 4. Jahrhundert als Vidigabius für einen Alemannenkönig. Witugauuo u.ä. ist später in Deutschland die bei weitem vorherrschende Verbindung mit -gauwo. Nimmt man diese früh und reich bezeugte Prägung für den Öffner einer Tür, durch die das Endglied Eingang in den Namenschatz fand, dann lässt sich die bisherige Deutung (zu got. gauja ‚Gaubewohner‘) verfeinern: *Widugaujo-n bzw. *-gaujaz gehört offenbar als ‚Waldbeller‘ oder ‚-heuler‘ ursprünglich zu awnord geyja ‚bellen‘, das sich auch auf das Geheul von Wölfen beziehen konnte. Dann hätten wir es mit einer alten W o l f s k e n n i n g zu tun, mit deren zweitem früh unverständlich gewordenen Gliede nachträglich die Bedeutung ‚Gaubewohner‘ verbinden konnte. Die hat in ihrem bäurischen Charakter nur unter den Anfangsgliedern, nicht aber unter den Namengrundworten überzeugende Gegenstücke.45
45 Wolfgang Mohr, der seinerzeit meine Dissertation für den Druck begutachtete, wies mich auf das Annolied Str. XL, 17ff. hin: Daz di gidouftin lichamin / Vmbigravin ci worfin lagin, / Ci ase den bellindin / Den grawin walthundin: ‚Da haben Sie den Widuhund und den Witegöge in einem Zitat‘!
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Grammatische Abbilder von Männlichkeit
IV.5
Der Ausgriff der Genusregel auf die Sagweisen vom Helden als Ding
Nicht nur mit w i l d e n T i e r e n , sondern auch mit D i n g e n konnte der Held gleichgesetzt werden, wenn diese sich durch Härte oder eine spitze Form für den Einsatz im Kampfe eigneten: ob nun für den Angriff oder zur Verteidigung. Denn das machte sie zu Wesensverwandten des Mannes. Gehen wir von einer Formel aus, die Griechen und Germanen gemein haben: –
–
–
In der Ilias wird Achill als Zaun (oder Schutzwehr) aller Achaier gefeiert, während Aias ein Zaun der Achäer heißt. Die Formel hérkos lao-n ‚Zaun der Mannen‘ erscheint, in ein Kompositum umgesetzt, auch als Personennamen: Laérke-s.46 Dem entsprechen im Beowulf eodor Scyldingar ‚Zaun der Skyldinge‘ und ein bedeutungsähnliches eorla hleo ‚Dach der Edelleute‘. Da der vokalische Anlaut des Grundwortes eine Verwendung als Zweitglied von Personennamen nicht zuließ, trat hier an seine Stelle -gar. az ‚Zaun‘.47 Die nordische Dichtersprache setzt den Kämpfer gerne mit einem Baum oder Stabe gleich.48 Das rückt die Germanen in die Nähe der Iren, die in phantasievollen Mannkenningen wie den folgenden schwelgen: Stab des schwergehäuften Kampfes, Pfeiler des Kampfes, Gebüsch des Verteilens und Wald der Freigiebigkeit.49 Gemeinsam ist Kelten und Germanen, dass sie in solchen Kenningen die Grenze zwischen Baum und Stab, also zwischen einer lebendig-wachsenden Pflanze und geschlagenem, geschäftetem Holz verschwimmen lassen. Später dürfte sich die germanische Entwicklung gegabelt haben. Bei den Angelsachsen deutet keines der Zeugnisse auf den lebenden Baum, während im Norden gerade der Typus Baum fruchtbarer ist als Stab.
Wichtig sind für uns weiterhin W a f f e n als Zweitglieder, wie sie in griechischen Personennamen, etwa in Eury-sáke-s zu sákos Schild und Aríst-aichmos zu aichme- ‚Lanze‘ auftreten. Freilich: Derartige Personennamen sind wohl weder bei den Griechen noch bei anderen Sprachverwandten der Germanen besonders populär gewesen. So wird man vorsichtig sein müssen, sie bereits jenem gemeinsamen Muster zuzuschreiben, das dem zweigliedrigen Typus in einer langen Reihe von indogermanischen Namenschätzen zugrunde liegt. Aber selbst wenn sie darin bereits einen festen Platz gehabt
46 Ilias 1,284; 6,5. 47 Beispiele: ogerm. (?) Ousígardos 6. Jahrhundert, wgot. Ortsnamen Engarde, ags. Frithugeard, fries. E. elgerd, awnord. ? orgar. r. S. Schramm 1957, S. 88, 122. 48 Meißner 1921, S. 266–272. 49 Krause 1930, S. 1ff.
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haben sollten, dann würde das nicht auf geradem Wege zu der reichen Entfaltung führen, die den Waffenwörtern an zweiter Stelle von germanischen Personennamen beschieden war. Denn das germanische Schema der Nominalkombination verschob sich ja schon früh mit dem Ergebnis, dass der Gebrauch oder Besitz von Dingen nicht mehr in einem Grundwort ohne Suffixerweiterung bezeichnet werden konnte (s. IV.3). Wie aber vermochte sich – im Widerspruch zu diesen grammatischen Voraussetzungen – gerade bei den Germanen eine starke Gruppe von Namenendgliedern herauszubilden, die W a f f e n bezeichneten? Offenbar gab es dafür einen – oder sogar zwei – klar bestimmbare Ausgangspunkte, an denen der Mann m i t g e w i s s e n W a f f e n gleichgesetzt wurde. Das wiederum öffnete anderen Waffenwörtern das Tor, für die eine solche Identifikation im appellativen Wortschatz n i c h t vorgegeben war. Beim Endglied *-gaizaz ‚Speer‘ ist – anders als bei der Verwendung am Namenanfang – nicht von der u r s p r ü n g l i c h e n Bedeutung, sondern von einem ü b e r t r a g e n e n S i n n auszugehen.50 Denn auch die antiken Festlandkelten kannten den Ger nach einem römischen Glossator des 5. Jhs. als Mannkenning.51 Diese Sagweise setzt sich bei den Germanen appellativ in ags. frum-ga-r fort, das den Fürsten als ‚Spitze der Mannen‘ umschreibt.52 Im Namenschatz scheint sich die Ausgangskenning ‚Speerschaft‘ schon auf urgermanischer Zeitebene in mehrere Sinnvarianten auseinandergefaltet zu haben: – – – –
*-gı-saz und *-gı-slaz, die als Zweitglieder von Namen wohl die Bedeutung ‚Schaft‘ fortsetzten.53 *-stabaz ‚Stab‘ *-widuz ‚Holz‘ Nur im Norden reihte sich -oddr ‚Speerspitze‘ an. Das erinnert an die Fürstenkenning ae. elinga ord, die in England wegen des vokalischen Anlauts von ord als Personennamen-Endglied nicht in Frage kam. Aber im Norden fehlt zu -oddr in Personennamen eine Preisformel als Entsprechung. So bleibt möglich, dass sich das Endglied -oddr mechanisch an andere Endglieder mit der Bedeutung Schaft anreihte.
Daneben ließ sich noch über einen z w e i t e n E i n s t i e g in die Ausbildung einer W a f f e n g r u p p e unter den Endgliedern von Personennamen gelangen. Im Beowulf erscheint die Preisformel helm Scyldinga, die den Helden als ‚Helm‘ und damit im übertragenen Sinne als ‚Schutz der Mannen‘ begreift, was sich der uralten Formel eines ‚Zaunes der Mannen‘ an die Seite stellt. Nicht eindeutig ist freilich, ob -helm
50 Beispiele: got. Radagaisus, ags. Ceolgar, dt Erminger und awnord. Hallgeir. 51 S. Servii Grammatici in Vergilii Aeneidos, 661: „GAESA viros fortes“ – Die Dingbezeichnung lebt in air. gae fort. 52 Beowulf V. 2856. 53 Siehe dazu die Verwendung als Erstglied in Schramm 1957, S. 88f., Anhang 1, Nr. 18.
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(etwa in ags. Pleghelm und dt. Sigihelm) schon urgermanisch als Endglied gebraucht wurde. Denn im Norden bleibt es auf wenige schwedische Runeninschriften beschränkt, während die westnordischen Zeugnisse eine Entlehnung aus dem Süden vermuten lassen. Auch die Bezeugung im Ostgermanischen bleibt unsicher. Denkbar danach, dass *-helmaz sich erst später an *-gaizaz anreihte.54 Ob die häufige, hier voll zu den poetischen Preisformeln passende Nennung von Waffen am N a m e n a n f a n g einen Druck auf den E n d g l i e d e r s c h a t z ausgeübt haben wird, soll uns im Abschnitt 6 dieses Kapitels eingehender beschäftigen. Der Schild will auf ersten Blick nicht schlechter als der Helm für einen Mannkenning taugen. Denn beide waren ja schützende Waffen, als die man sich einen Fürsten, der seine Mannen schirmen will, sehr wohl vorstellen kann. Aber die Germanen haben ihn appellativ in übertragener Bedeutung offenbar nie gebraucht. In Personennamen waren -rand- und -bord-, zwei ähnlich klingende Namenwörter mit eben dieser Bedeutung, wohl urgermanisch noch nicht verbreitet.55 Dagegen scheint *-brandaz ‚Schwert, Klinge‘ alt und weit beliebt gewesen zu sein.56 Als Mannkenning ist dieses Nomen indessen (wenn überhaupt) nur ein einziges Mal belegt: nämlich im Beowulfepos V. 1020. Dort wird König Hro-. ga-r als brand He˘alfdenes umschrieben, was eine erfahrene Interpretin als den ursprünglichen Wortlaut stehen lassen wollte.57 Aber wäre hier nicht allenfalls *brand He˘alfdena mit einem Genitiv Pl. als Determinator sinnvoll gewesen? Bestätigt dies nicht die in der Forschung vorherrschende Annahme, der Dichter habe be˘arn He˘alfdena ‚Høalfdenas Kind‘ gemeint, das dann von einem Kopisten zu ‚He˘alf- denes Schwert‘ entstellt worden sei? Nun, nach meinem Urteil passen simple Verschreibungen schlecht zum Gesamtcharakter unserer sehr gewissenhaft kopierenden Beowulfhandschrift, zu deren Kontrolle uns freilich weitere Handschriften fehlen. So wird man eher annehmen dürfen, dass die überlieferte Form m i t B e d a c h t gewählt worden ist. Formeln vom Typus be˘arn He˘alfdenes, die auf den Vater des Gepriesenen verwiesen, gehören wahrscheinlich zum Repertoire der altgermanischen Dichtung.58 Aber sie könnten anrüchig geworden sein, weil ihr Grundwort ein N e u t r u m war: noch dazu eines, aus dem man den Sinn infans herauslesen konnte, der nicht zu einem ausgewachsenen
54 Dazu Schramm 1957, S. 88. 55 Dt. Herrand, Wolfrant, wgot. Ortsnamen Sigrandus. Beispiele: inschriftlich ogerm.(?) Adabrandus, wgot. Gotbrandus u.a. Ortsnamen Vitbram, burg. Lesbrannus, dt. Wagbrant, awnord. Valbrandr. 56 Dt. -bord ‚Schild‘ z.B. in sächs. Heribord (11. Jahrhundert), ndt. Heggebord a. 996, bair. Snelbort a. 796. Im Norden einst Broddr und Broddi sowie nur in einer Saga Ho. broddr. 57 Marquardt 1936, S. 391–395. 58 In Schramm 1999, S. 1–9 vermute ich, dass got. *Budalungis barn ‚Sohn des Bodal-Sohnes‘ als poetisches Element in die grammatische Erzähltradition einging. Das würde, wenn es zutrifft, einen Stand spiegeln, in dem man an dem Neutrum barn als Grundwort einer Heldenformel noch keinen Anstoß nahm. – Wie sich Formeln der grammatischen Dichtertradition in der Folge der Weitergabe in Inhalt und Form verschieben konnten, erörtere ich in Schramm 1998, S. 118–138 (insbes. S. 132f.)
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Helden passte (IV.3). Da bot es sich an, be˘arn durch das lautlich benachbarte brand auszutauschen. Dieses Experiment hat offenbar keine Schule gemacht, da die Gleichsetzung des Helden mit dem Schwert aus der Reihe fiel. Bei den Angelsachsen konnte es – anders als bei den nahverwandten Friesen mit dem Ortsnamen Uuilbrandas uuic – auch in Personennamen keinen Fuß fassten. Schade, dass in diesem interessanten Einzelfall keine Klarheit zu gewinnen ist. Hier hätte, wer weiß, ein interessantes Schlaglicht auf die Wechselwirkung zwischen Namen und Preisformeln fallen können. Soviel immerhin dürfen wir wohl festhalten: dass die Namen mit dem Schwert als Endglied ebenso wie die, die den Schild an zweiter Stelle nennen, von einer erhaltenen Dichtung allenfalls durch einen einzigen, umgebogenen Rest als Kenning für den Helden gestützt werden. So wird man eher mit mechanischen Anreihungen an Speer und Helm rechnen dürfen, die frühverankerte Preisformeln darstellen. Über eine weitere Anreihung gelangte weiterhin das schon früher behandelte *-grı-maz ‚Kampfmaske‘ unter die Waffenendglieder. Insgesamt ergibt sich ein Bild, das an die im voraufgegangenen Abschnitt erinnert: Aus Mannkenningen, die den Helden mit einem T i e r oder mit einem D i n g gleichsetzte, ergaben sich zwei Urgruppen mit appellativem Rückhalt. In parallelen Anreihungsvorgängen wurde dieser Kernbestand durch Endglieder erweitert, die semantisch in der Luft hingen. Nur so rückte der Rabe und der Adler, aber auch der Schild und das Schwert unter die Endglieder. Am gewagtesten ist dieses Spiel im Norden weitergespielt worden. Denn hier erscheint – offenbar nach dem Vorbild einer keltischen Mannkenning – auch der Kessel am Ende von Namen: -ketill >kell z.B. in ? orkell.59 Die härteste Nuss gibt uns der Stein auf. Keinen Reim vermag ich mir darauf zu machen, wie er bereits auf urgermanischen Stand – nur in Personennamen? – zu einem Gleichwort für den Helden gemacht werden konnte. Als Synonym von ? orsteinn könnten im Norden ? orhallr (zu awnord. hallr m. ‚großer Stein‘) und ? orbergr (zu awnord. biarg n. ‚Berg, Fels‘?) aufgekommen sein.60 Wie fügt sich, was in diesem Abschnitt zu Tage getreten ist, in den Zusammenhang des vorliegenden Kapitels ein? Erneut wurde deutlich, dass Endglieder die M ä n n l i c h k e i t des Benannten und die daraus herrührenden kämpferischen Tugenden m i t g r a m m a t i s c h e n M i t t e l n hervorhoben, wenn aus dem Endgliederschatz die Anklänge an nichtmaskuline Appellativa herausgehalten wurden. Der Mensch und sein sprachliches Abbild sollten so kongruent wie möglich erscheinen, was durch genaue Regelungen sichergestellt wurde. Fantasievollere Deuter dagegen mögen sich ausmalen, der Kongruenzregel lägen magische Vorstellungen zugrunde,
59 Dazu genauer – mit Literatur – Schramm 1957, S. 90. 60 Im Ostgermanischen nur burg., hier aber öfter, z.B. Imelistanus a. 466, Raenestanus a. 870, ags. Aluchstan, dt. Sigistein, awnord. ? orsteinn.
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die auch Dingen – männlichen wie weiblichen – eine S e e l e zuschrieben. Mir sagt eine nüchternere Auslegung mehr zu. Wenn wir aber das am Schicksal der Endglieder auf -kampf, -friede und im Angelsächsischen auch -sieg ablesen konnten, dass auch bei verwendeten Wörtern, die den Bereich des Anfassbaren überschritten, auf ein männliches Genus geachtet wurde, dann, weil die Regel rein formal oder mechanisch fortgeschrieben wurde. Das kann sehr wohl auch für die Gleichsetzung des Helden mit Dingen gelten. Es wäre nicht das einzige Mal, dass im Namenschatz, ja diesmal auch in Preisformeln der Sinn verblasste und die Form sich selbständig machte.
Fürsten und Edelleute
V.
Rollen in einer heroischen Welt
V.1
Fürsten und Edelleute: auf die gleiche Weise gepriesen
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Die zweigliedrigen Personennamen in der Indogermania sind Ableger eines Typus von traditionellen, dichterischen Formeln des Heldenpreises. Obwohl durch das Prinzip einer weitgehenden freien Kombinierbarkeit der Namenglieder verdunkelt, schimmert der appellative Mutterboden noch überall hindurch. Für das Germanische darf man danach vermuten, dass G r u n d w o r t der Namenfügung sei durchweg a n z w e i t e r S t e l le zu suchen, weil die appellative Bildeweise von griech. arché-laos ‚der die Mannen führt‘ und krate-sí-machos ‚in der Schlacht siegend‘ mit einem vorangestellten Verbalstamm als Anfangsglied bei den Germanen schon früh verkümmerte (IV.2). Wenn wir von der k l a n g l i c h e n u n d g r a m m a t i s c h e n S e i t e nunmehr zum Sinn überwechseln, dann haben wir somit davon auszugehen, dass uns die Frage, in welcher R o l l e uns der Held vorgestellt wird, jeweils am E n d e d e r N a m e n u n s e r e s B i l d e t y p s beantwortet wird. Die Sänger der Frühzeit haben vor allem Fürsten besungen. In den Personennamen spiegelt sich das in Bildungen wie anord. Haraldr und ags. Folk-walda, die ausnahmsweise einmal einen guten, zusammenhängenden Sinn ergeben: ‚der über das Heer‘ oder ‚über das Volk Waltende‘. Auf den Fürsten werden sich auch Namen auf *-wardaz ‚dem die Wache (über die Mannen) anvertraut ist‘ beziehen.1 Das gilt durchweg auch für rı-k- ‚mächtig‘. Dagegen mag *-harjaz auch ‚dem Heere angehören‘ meinen (IV.3). In anderen Fällen kann sich ein Endglied ebensogut auf den F ü r s t e n wie auf sein G e f o l g e beziehen: etwa in -warjaz, dessen Sinn durch die urnordische Verbindung landawarijaz ‚der das Land verteidigt‘ verdeutlicht wird.2 Ein ‚Angehöriger des Heeres‘ kann, wie wir schon hörten, mit *-harjaz gemeint sein, aber ebensogut der A n f ü h r e r sein. Die Namen spiegeln also kein gesellschaftlich abgeschottetes Herrschertum, sondern eine Aristokratie, in der – über alle sozialen Abstufungen hinweg – die Vorstellung kultiviert wurde, man sei gemeinsam, unter Einschluss der Fürsten, in eine Gesellschaft von edlen Helden eingebunden. Für die nordische Skaldik gilt, dass alle Mannkenningar auch den König bezeichnen.3 Wie eng Preisformeln für den Fürsten und Personennamen wieder einmal zusammenhängen, zeigt sich besonders deutlich in einem Fall, der jene Bauregel für Personennamen durchbricht, dass Männernamen nicht auf n-Stämme auslauten sollten (III.4). Wenn neben dem verbreiteten Endglied *-waldaz auch *-waldan begegnet, dann, weil offenbar eine besonders häufige Preisformel wie *fulka-waldan u.ä. für
1 NRL, S. 247; LUP, S. 45. Siehe Schramm 1957, S. 69 sowie auch Fußnote 142. 2 Beispiele: ogot. Venetharius, frk. Chlothacharius, suev. Frumarius, lgb. Authari, schwed. Airikis Gen. 3 Meißner 1921, S. 351–363.
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Rollen in einer heroischen Welt
den ‚über das Volk Waltenden‘4 in die benachbarte Sagweise der Personennamen gleichsam hineingedrückt hat.5 Hier tritt noch offen zutage, von welcher Art Ausgangsverbindung sich die Verwendung eines Endgliedes im Schatz der Personennamen verzweigt hat. Die Fiktion der Gleichheit zwischen Männern, die von den gleichen Idealen geleitet wurden, erklärt uns, warum man offenbar Endglieder mied, aus denen sich eine s o z i a l e U n t e r o r d n u n g herauslesen ließ. Solange unser hold noch vornehmlich ‚geneigt‘ bedeutete, war eine Prägung wie Gaereholdus auf einem fränkischen Grabstein des 6. oder 7. Jahrhunderts unanstößig. Als der Sinn sich aber in eine Richtung verschob, die sich etwa in ae. drichtenhold ‚einem Herrn ergeben‘ abzeichnet, scheint man dieses Namenelement zwar als Anfangsglied bewahrt zu haben, nicht aber als Endlied, was wohl nur zum Teil darauf zurückgeht, dass es mit -(h)old < wald im Ostgermanischen dagegen mit *-wul@ us ‚Herrlichkeit‘ verschmolz. Ein paralleles Schicksal war wohl auch unserem Worte ‚treu‘ beschieden, sobald es als ‚einem Herrn treu‘ und damit sozial deklassierend verstanden werden konnte. Wenn es in Skandinavien festgehalten wurde, dann vielleicht, weil hier der Feudalismus sich verzögerte. Hier blieben Sigtryggr, Ótryggr durchaus populär: vielleicht auch deshalb, weil die unterwürfige T r e u e z u h e i d n i s c h e n G o t t h e i t e n hier länger fortwirkte. Erinnern wir uns, dass appellative Bezeichnungen im Schwange waren, die den H e e r g e n o s s e n ebensogut wie den H e e r f ü h r e r meinen konnte! Dieses Muster, das die sozialen Unterschiede innerhalb der Kampfgemeinschaft einebnete, lässt sich auf alle Heldenepitheta übertragen. Sie galten als Gemeinbesitz einer Oberschicht, die den Fürsten als würdigsten, ruhmreichsten der Helden, aber ihn zugleich als einen Krieger im Kreise der anderen Krieger begriff. Im Beowulf begegnet viermal die Formel freawine ‚Herr und Freund‘. Manneleubus bei den Burgundern und seine Entsprechungen anderswo, aber auch dt. Herliup beschreiben den Fürsten als ‚den Mannen lieb‘ oder ‚dem Heere lieb‘. Das Verhältnis lässt sich in manchen Verbindungen aber auch umdrehen. Das würde bedeuten, hier sei jemand gemeint, der ‚dem Fürsten lieb‘ ist.
4 Wo eine Namenfügung – wie hier – durch Appellative gestützt werden kann oder derartige Entsprechungen als wahrscheinlich angenommen werden dürfen, liegt es nahe, dass wir es mit Ausgangsoder Primärverbindungen zu tun haben, über die ein appellatives Etymon in den Namenschatz gelangte. Das gilt u.a. für Bernhard und Hartmut, die appellativ durch awnord. berhar. r ‚bärenstark‘ und ahd. hartmuot ‚starkmütig‘ gestützt werden. An solche Primärkombinationen konnten sich andere Bildungen mit gleichem Endglied anschließen, die keinen oder doch keinen eindeutig zusammenhängenden Sinn ergeben. Ich habe sie 1957 als Sekundärkombination getauft, siehe Schramm 1957, S. 58f. 5 Beispiele für *-waldaz: ogot. Gudoald, burg. Athanaldus, frk. Gundoaldus, urnord. ? orvaldr. Lautlich und inhaltlich benachbart ist *-wardaz ‚der Wart‘: etwa in dt. Heimwart, fries. Folcuuart, awnord. Finnvar. r.
Fürsten und Edelleute
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Übrigens: mit den ‚Mannen‘ ist der Kreis der Edelleute, die den innersten Ring um den Fürsten bilden, bereits ausgeweitet auf alle Heergenossen, die ja, ohne adlig zu sein, die Masse derer stellten, die sich derartige Namen zulegten und damit Anteil hatten an der heroischen Kultur der Oberschicht. Was das ganze Heer verbindet, wird zu einem Bande zwischen Gleichen, einander Wohlgesinnten hochstilisiert.6 Man ist einander ‚Freund‘ (*-winiz). Im Beowulf meint wine manchmal den bei seinen Leuten ‚beliebten Fürsten‘ oder in freawine den ‚freundlichen Gebieter‘, während in der Edda ein Fürst von seinen Leuten als míns vinar sprechen kann. Noch einmal aus der Vogelschau: Die Aufgaben, in denen der Held, wie ihn die Namen darstellen, auszeichnet, sind k ä m p f e n , h e r r s c h e n und r a t g e b e n . Kein einziges Endglied deutet mit Sicherheit daraufhin, dass wir auch die Funktion des s a k r a l e n O p f e r n s einbeziehen sollten, die ja nicht nur Priestern, sondern auch Fürsten zukam. Der dafür entwickelte Spezialwortschatz ist, soweit ich erkennen kann, unter den Endgliedern der Personennamen nirgends vertreten.7 Vielleicht würde sich für die frühen Heldenepitheta, über die wir leider so wenig wissen, ein entsprechendes Bild ergeben. Beide Sagweisen gaben eben, wie man sich von neuem klarmachen muss, das Leben einer Oberschicht bewusst nicht in seiner ganzen Breite, sondern in einem sorgsam abgezirkelten Ausschnitt wider. Schließlich noch ein Ausblick auf die Diskrepanz zwischen dem Ursprung der zweigliedrigen Namen in einer Oberschicht mit kriegerischen Idealen und die Ausweitung ihres Gebrauchs auf andere Schichten. Auch einfachen Bauern, die ja auch teil an den Feldzügen ihres Volksstammes hatten, stand es frei, vornehm klingende Namenbildungen zu übernehmen: so als könnten sie sich selbst einen Lebensstil wie der Adel leisten: mit Pferdebesitz und reiterlicher Übung, ebenso wie mit einer breiten Palette von teuren Waffen wie Schwert, Kampfmaske, Streitaxt und die Keule mit metallenem Kopf. Sie alle sind als Namenwörter reich bezeugt, aber gehörten nicht zur gängigen Normalausrüstung der einfachen Heeresgenossen. Auch hier erweist sich erneut, dass die Namen eine Attitüde mehr als die Wirklichkeit spiegelten.
6 Zum Verhältnis zwischen dem (offen gewählten) Heerführer und den bewaffneten Mannen – the people or freemen in arms – die durch Loyalität statt durch Gehorsam zusammengehalten werden, siehe Green 1998, S. 84–101. 7 Das einschlägige Vokabular wurde zusammengestellt von Düwel 1970, S. 219–239. Hier S. 219 ein auch für uns bedauerlicher Umstand: Über germanische Opfer und Opferriten berichtet kein unmittelbares Zeugnis.
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V.2
Rollen in einer heroischen Welt
Identifikation mit anderen Volksstämmen?
Der Phäakenkönig Alkinoos, der den schiffbrüchigen Fremdling Odysseus in seinem Haus und an seiner Tafel aufnimmt, verkörpert eindrücklich das Idealbild der Gastfreundschaft, das man sich über weite Abstände in Zeit und Raum von hochgestellten Herren machte. Obwohl Fremde sich auch als Feinde entpuppen konnten, gab es ein Gastrecht und auch die Neugier, aus dem Munde von Besuchern über andere Gegenden und Menschen zu erfahren. Der Gast, den man als freundlichen Besucher und Weggenossen empfand, konnte auch in der jenseitigen Welt zu Hause sein. So ist die in einem venetischen Alphabet geschriebene Inschrift – aus dem 2. Jahrhundert oder noch früher? – auf einem Bronzeheld von Negau in Slowenien, dem Gotte Harigast (Harigasti teiwa) geweiht.8 Aber damit lassen sich Personennamen wie Hlewagastiz auf dem Horn von Gallehus noch nicht verstehen. Denn sie werden ja von keinem Fremden, Zugereisten, sondern von einem Heimischen aus der eigenen Stammesgemeinschaft getragen. Kann man sich vorstellen, dass zu dem in zweigliedrigem Typus beschworenen Rollen auch die gehört, den Benannten als Fremden erscheinen zu lassen: manchmal sogar, wie wir noch hören werden, aus einer ganz anderen Ecke der Germania? Bis wohin spielen in solche Benennungsweisen tatsächliche Überzeugungen hinein? Und wo begann die spielerische Freiheit der Namengeber, eingebürgerte Vorstellungsdarstellungen hinter sich zu lassen? Um diese Frage wird sich der vorliegende Abschnitt drehen. Um mit der formalen Seite zu beginnen: Der Beowulfdichter liebte es, den Namen von Volksstämmen ein Anfangsglied voranzustellen, das ein bescheiden klingendes Simplex in ein prächtig klingendes, prunkendes Kompositum verwandeln sollte. So entstanden Ár-, Here-, ? éod- und Sigi-Scyldingas, Be-orht-Dena und He˘o. o-Scilfingas.9 Derartige Erweiterungen fügten dem Namen kein echtes Sinnelement hinzu. Denn was sollte man sich auch unter ‚Ehren-‘ oder ‚Volks-Skyldingen‘ vorstellen? Es handelt sich lediglich um schmückende, das Gewicht des Volksnamens vergrößernde Streckungen, wie sie auch in Appellativen wie ? eod-gestreon (großer) ‚Schatz‘ oder awnord. her-kaldr ‚sehr kalt‘ begegnen, in denen die Anfangsglieder Volk und Heer nur noch verstärken sollen, was im Endglied gemeint ist. Wenn das Anfangsglied der Wisigoten, wie vermutet worden ist, eigentlich ‚gut‘ bedeutet hat, dann wäre eine solche prunkende Erweiterung benutzt worden, um dem Pendant der Austrigoten, die auf die Himmelsrichtung Ost verweisen, eine Bildung von gleichem Klanggewicht, aber andersartigem Inhalt gegenüberzustellen. Ähnlich hielt es wohl auch der Beowulfdichter, für den es vor allem auf den Klang ankam, und für den zweigliedrige, prächtige Volksnamen auf einer Ebene mit Éast-dene, Su-. -Dene und West-Dene standen.
8 Dazu Nedoma 1995. 9 Schütte 1930, S. 129–139; siehe Storm 1957 und dazu Malone 1960, S. 200–205.
Identifikation mit anderen Volksstämmen?
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Wie hielten es die Schöpfer von Preisformeln? Sie verwendeten Volksnamen meist wohl nur unerweitert: Higela-c Geata und Beowulf Geata. Näher an den zweigliedrigen Namentypus heran führt uns dagegen die Atlaqvi. a 18,3 mit Gunnar, GeirNiflungr: einem Nibelung, dem das Prunkelement des Geres hinzugefügt wird. Auf diesem Typ fußen die Personennamen, die wir in Augenschein zu nehmen haben. Zweigliedrige Personennamen, die auf gleiche Weise in ihrem Zweitglied ein Volk nennen, unterscheiden sich darin von den Preisformeln, dass sie in der Regel nicht auf das e i g e n e V o l k des Benannten, sondern auf andere Ethnien verweisen. Wie das möglich war, lässt sich nicht in einem einzigen Denkschritt nachvollziehen. Vielleicht ist davon auszugehen, dass die Ostgermanen für die germanischen Stammverwandten in den Jahrhunderten der Völkerwanderung als richtungsgebend galten. Sie mögen vorangegangen sein, wenn ein Volksname sich auch über die innere Stammesgrenze hinaus einnistete. So steht neben wgot. Guldregudus und Theodogutus im 6. Jahrhundert, die innerhalb der g o t i s c h e n Stammesgemeinschaft bleiben, auch im 6. Jahrhundert ein G e p i d e namens Ustrigothos, der sich gibt, als sei er ein Westgote. Hier wird mitgespielt haben, dass die Untergruppen der Ostgermanen nicht etwa scharf gegeneinander abgesetzt waren und Ehen über die Stammesgrenzen hinaus den Weg zur Übertragung gebahnt haben können. Vielleicht war unser Ustrigothos der Sohn einer Westgotin, die durch Heirat unter den Gepiden aufgenommen war. Auf ähnliche Weise könnte auch dt. -swap bei Nachbarstämmen Fuß gefasst haben. Aber deutsche Namen, die auf einen G a u t e n oder D ä n e n ausgingen, lassen sich aus Nachbarschaftsbeziehungen nicht mehr erklären. Hier wird man hinzunehmen müssen, dass die Germanen, so zerstritten sie auf politisch-militärischer Ebene erscheinen mochten, selbst, nachdem sie sich über riesige Abstände ausgebreitet hatten, eine Kultur- und Wertegemeinschaft geblieben sind. Bezeichnend dafür ist, dass die großen Taten eines Einzelvolks – allen voran der Goten – als Sagen- und Heldenliedstoffe durch die Weite der Germania wandern konnten. Das angelsächsische Lied vom Wı-dsı-th ‚Weitfahrer‘ erzählt von einem Mann, der als Ertrag seiner weiten Fahrten einen langen Katalog von Sagenstoffen zusammengetragen haben will, zu dem ganz verschiedene Brudervölker beigesteuert haben. Das umfängliche Beowulfepos hat die Angelsachsen, für die es um 700 niedergeschrieben wurde, nur einmal gestreift. Ausführlich berichtet es dagegen von verschiedenen skandinavischen Stämmen sowie von den Friesen. Der Hunnenschlachtstoff, der auf frühen, blutigen Auseinandersetzungen am Donjez fußt, hat die dichterische Phantasie der Angelsachsen ebenso wie der Nordgermanen beflügelt.10 Die Germanen blieben bis tief ins Mittelalter, um es zuzuspitzen, im heroischen Erzählen immer noch eine eng verbundene Familie: voller Achtung für die Taten und die Schicksale weit entfernter Stammverwandter. Dabei waren
10 Dazu Schramm 1998, S. 118–138.
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Rollen in einer heroischen Welt
Kriege, um die sich die heroische Kultur der Frühzeit unablässig drehte, zumeist Bruderkriege mit anderen germanischen Ethnien, die einander sprachlich noch verstehen konnten. Aber alle Feindschaften haben nicht dazu geführt, sich gegenseitig schlecht zu machen oder gar zu verteufeln. Vielmehr blieb man über alle Grenzen und Gegensätze hinweg kulturell eng verbunden und über die anderen wohl informiert. Durch ein Beispiel verdeutlicht: Im Hildebrandlied stehen sich zwei Germanen gegenüber, die nicht wissen, dass sie Vater und Sohn sind. Ihr Vater bittet sein Gegenüber, ihm einen einzigen Verwandten zu nennen, den Rest könne er ergänzen, weil ihm die – von ihm als irmindeot umschriebene – ganze Germania geläufig sei. Dem entspricht bei Homer, dass der alte, weltkundige König Nestor Auskunft über Stamm, Geschlecht und Nachwuchs aller Griechen geben konnte (Ilias VII,127f.). Bei der Nennung von Kelten in germanischen Personennamen ist mit unterschiedlichen Zeitschichten und regionalen Bedingungen zu rechnen. Früh bezeugt ist mit Catuvolcus ein Fürst des germanischen Stammes der Eburonen, der – zwischen Lüttich und Aachen lokalisierbar – in keltischer Umgebung siedelte. Sein Name könnte widerspiegeln, dass Germanen als Nachbarn von Kelten diese als mindestens gleichrangig einstuften und in Personennamen die gleiche Reverenz erwiesen wie germanischen Bruderstämmen.11 Bei späteren Zeugnissen wie dt. Gebuvalah und Adalwalah scheint mir Vorsicht geboten. Ja, dt. Halbwalah klingt eher abwertend. In vielen Fällen, so möchte ich meinen, schimmert die Fortexistenz von Resten einer keltischen Vorbevölkerung durch. Wie steht es mit -hu-n- in Personennamen? Ags. Andhun sowie dt. Baldhun und Liefhun lassen vermuten, dass -hu-n- schon als Endglied eingeführt wurde, bevor – mit dem Eintritt von Ostgermanen in den hunnischen Herrschaftsverband – eine ehrende Nennung des östlichen Reiter- und Hunnenvolks denkbar wurde. Wahrscheinlich ist das Endglied mit der ganz anderen Bedeutung eines Jungtieres unter die Endglieder geraten und war hier – wie -kind-, etwa in Widukind – zunächst diminutiv, nicht heroisch gemeint (IV.4). Ja, wenn Hadubrand seinen Vater im Hildebrandlied (V. 39) abschätzig als ‚alten Hunnen‘ anredet, dann spiegelt das im Beispiel, dass die Westgermanen, bei denen allein Personennamen auf -hu-n- bezeugt sind, die Hunnen gerade n i c h t als gleichrangig anerkennen wollten. Die Ostgermanen dachten hier – nach Ausweis der nibelungischen Sagentradition – offenbar anders.12 Wenn skandinavische Personennamen auf -finnr den Kreis der Völker, die Namengrundwörter lieferten, um Finnen und Lappen erweitert, dann ist das wohl kaum als Rangerhöhung von Fremden zu deuten, die man in ihrer Kultur gerade nicht als heroische Partnerethnien verstand. Eher wurde das Tor durch einzelne Fremde aufge-
11 Da -volcus als keltische Selbstbezeichnung kaum in Frage kommt, würde in unserem einzigen Quellenbeleg eine germanische Bildung mit C- statt H- und -o- statt -a- lautlich keltisiert, siehe Much 1893, S. 167. 12 Dazu sind als wichtigste Apellativzeugnisse in der Edda Volundarqvi. a, Str. 24,2 und 34,6 die Bezeichnungen, die für Niduds von Wieland ermordeten Söhnen gebraucht werden.
Identifikation mit anderen Volksstämmen?
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stoßen, die man in das eigene nordgermanische Volk aufgenommen hatte. Die vom Individuum gelöste Verwendung an zweiter Stelle im Namen geschah vermutlich in einer rein mechanischen Anreihung.13 Konnte ein Held auch in den appellativen Formeln, mit denen ihn die Dichter priesen, mit den Angehörigen eines anderen Volkes gleichgesetzt werden? Liegen dem Bildetyp, den wir zu erklären haben, etwa Kenningar zugrunde, die den Helden aus seinem angestammten Milieu in eine andere Ethnie versetzten? Wohl kaum. Eher zeigt sich hier wieder einmal, dass die Bildner von Personennamen Grenzüberschreitungen wagten, die in den Preisformeln undenkbar blieben. Zum Vergleich: In den appellativen Epitheta konnten Männer zwar als Wölfe oder Bären vorgestellt werden. Aber die Erweiterung dieser Reihe um den Raben, der so gar nicht zum bewunderten Vorbild von Helden taugte, konnte nur in Personennamen geschehen, die sich über die Regeln der Sinnhaftigkeit kühn hinwegsetzten (IV.4). Analog ging man vor, wenn etwa ein fränkischer als Gaute präsentiert werden konnte.
13 Dazu u.a. Schramm 1957, Anhang 4 Nr. 53.
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V.3
Rollen in einer heroischen Welt
Krieger und Friedenswahrer
Aus einer früheren Erörterung wissen wir bereits, dass in keinem anderen Sinnbereich sich unter den Namenendgliedern die Synonyma derartig häufen wie für den Krieg, der früher – nur in Namen möglich – als Krieger steht (IV.2). Hier hebt sich die Mitte ab, um die sich die ganze Bedeutungsvielfalt der männlichen Grundwörter gruppiert. Eben diese zentrale Rolle sollte dann in der Skaldendichtung des Nordens verschwenderisch ausgemalt werden.14 ‚Kampf‘ erscheint dabei nur selten in der Episode geschaut. Immerhin: Das Zweitglied von dt. Adalnot, Ebernot stellt sich zu awnord hnjó. a ‚stoßen, schlagen‘, dessen Sinn sich in ahd. zu bi-hneotan ‚nieten, befestigen‘ verschob.15 Hier reiht sich ndl. Odilgrep, fries. Sigrep und wnord. Greipr an, die zu ahd. grı-fan ‚greifen‘ gehören. Nord. ? orgn´ y r im 9. Jahrhundert enthält gn´ y ja ‚lärmen‘. In diese Reihe werden wir den seit dem 10. Jahrhundert bezeugten Namen Skafhoggr stellen dürfen, wenn er zu hoggva ‚hauen‘ gehört und damit ebenfalls einen Einzelaugenblick des Kampfgeschehens beschwor. Von seltenen Durchblicken abgesehen, heben sich, glaube ich, nur wenige Arten von Teilhandlungen des Kämpfers ab: mit Sicherheit das G e h e n und das R e i t e n , wahrscheinlich aber auch -laikaz, da es offenbar auf tänzelnde Drohgebärden zur Einschüchterung des Gegners anspielt.16 Die Personennamen fassen also keine d r a m a t i s c h e n M o m e n t e wie das A n s t ü r m e n oder A n s p r e n g e n ins Auge, sondern eine L e b e n s f o r m . Das entspricht durchaus den Mannbezeichnungen der überlieferten Dichtungen. Der Unterschied besteht darin, dass sich die nomina agentis der Bewegung in der Dichtung – die Skaldik beiseitegelassen – seltener nachweisen lassen als in Namen. Im Wesentlichen ist nur nord. -rí. r produktiv. Mir scheint, die Namen hielten hier einen älteren Stand dichterischer Wortbildung fest. Auch sind unter den Personennamen die Endglieder, die den ‚Kämpfer‘ bezeichnen, reicher vertreten als in der Dichtung, wo etwa die Angelsachsen lediglich -wı-g in vielerlei appellative Fügungen variieren. Aber nur zum Teil wird der Unterschied auf ihrer größeren Altertümlichkeit beruhen. Wichtig ist daneben wohl, dass in den Namenendgliedern – wie wir schon wissen – kein Unterschied zwischen ‚Kampf‘ und ‚Kämpfer‘ gemacht wurde (IV.2). So konnte der Endgliederschatz – freilich auf Kosten der Bedeutungsschärfe – die ganze Fülle der maskulinen Bezeichnungen für Kampf aufnehmen, die der Dichtung geläufig waren. Eine Reihe von Namengrundworten zeigt die s e e l i s c h e H a l t u n g an, mit der die kriegerische Existenzform gelebt wurde. Einige Synonyma zeichnen den Helden als den K ü h n e n , B e g i e r i g e n und B e r e i t e n . Die Parallelen im Appellativwort-
14 Meißner 1921, S. 176–202. 15 Siehe Schatz 1899, S. 23f. 16 -sin@ az (Anhang VIII 3 Nr. 37) und -wadaz „schreitend“ (ebd. Nr. 43), -gangaz „gehend“ (ebd. Nr. 12) und -laikaz (ebd. Nr. 27).
Krieger und Friedenswahrer
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schatz erlauben hier den Schluss, dass diese Haltung sich im Wesentlichen auf den Kampf bezieht. Bald- gehört zu got. bal@ aba, Adv. ‚kühn, stark‘, awnord ballr.17 Eine Variante mit grammatischen Wandel begegnet in ae. beald und awnord bald: in beiden Sprachen ein wohlbekanntes Mann-Attribut der Dichtung, das freilich als Grundwort eines Kompositums nur in cyningbalde men und cirebealdum erscheint.18 Den W a g e n d e n meinen die Namen auf -nan@ -.19 Unser dt. kühn und zwei Worte für kampfbegierig sind als Heldenepitheta ebenso wie als Personennamen Endglieder bezeugt. Hdt. -gar, z.B. in Perngar, gehört – von Förstemann richtig erkannt – zusammen mit ahd. mit wâfanen garawo, ae. gearu on wîg, mhd. zu strîte gar ‚kampfbereit‘.20 Die innere Haltung des Kriegers zeigen auch zwei Grundwörter an, die nicht als Bezeichnungen rein physischer Kraft verstanden werden dürfen: -swin@ - und -hard-.21 Der Verwendung dieser Worte im Beowulf lässt sich nämlich entnehmen, dass im Wesentlichen die m u t i g e G e s i n n u n g – etwa in heardhycgend und sw´ y. ferhd – gemeint ist. Ebenso ist ‚hoch‘ in ags. Edilhech, hdt. Engilhoh usw. nicht auf die Körpergröße zu beziehen, sondern – wie in héah Heˇalfdene im Beowulf – als ‚erhaben‘ deuten. Ja, dieses poetische Attribut darf man auch am Stammesnamen Chauci und dem Odinsnamen Hár vermuten. Auch sonst wird der Mann nicht in seiner äußeren Erscheinung vorgestellt. Auffällige Ausnahmen sind Endglieder für Haar und Bart, hinter denen sich k u l t i s c h e D r a p i e r u n g e n verbergen (V.4). Wie haben wir zu verstehen, dass Namen dem Helden eine g l ä n z e n d e E r s c h e i n u n g zugeschrieben werden kann? Strahlend war ja zunächst einmal der Gott. Ja, in altenglischen Dichtungen ist beorht – von den Frauenepitheta und von der Dingbeschreibung abgesehen – nur als Beiwort von Gottvater, Christus und den Engeln bezeugt. Dagegen bezieht sich awnord bjartr in der Edda auf den Gott Freyr, in der Skaldik auch auf Helden. Hierher gehört wahrscheinlich auch hai@ - ‚hell, klar‘, das nicht von vornherein auf Frauen festgelegt war.22 Dass der Held als somit als g o t t ä h n l i c h vorgestellt wird, erinnert an die Ilias, wo Alexandros und Priamos als theo-eide-s ‚von göttlichem Aussehen‘ bezeichnet werden. Die Namen scheinen hier also eine Vorstellung zu konservieren, die in der Sprache der Preisformeln wieder verloren ging. Farben wurden – auch das stimmt zu den Griechen – ursprünglich wohl durchweg ausgeblendet. Wo die Germanen braun, rot, grün und schwarz in Namen verwenden, ist mit landschaftlichen Sonderentwicklungen zu rechnen. Die bei Westgoten häufige Bildung Gundisalvus u.ä. gehört zu ahd. salo ‚schwarz‘ und rührt vielleicht aus der Schreckbemalung des Kriegers her. Alles in allem sind also die Namengrund-
17 Beispiele: Anhang VIII 3 Nr. 2. 18 Beowulf, V. 1634; Andreas, V. 171 = verderbt aus cyne-? siehe Grein / Köhler 1912, S. 106. 19 Anhang VIII 3 Nr. 33. 20 Förstemann 1900, Sp. 601. 21 Belege im Anhang VIII 3 Nr. 22 u. 41. 22 Beispiele s. Anhang VIII 3 Nr. 21
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worte wenig anschaulich. Darin stimmen sie gut zu den Mannbezeichnungen der angelsächsischen Dichtung, während die nordischen Skalden sich in kühnen Bildern überboten. Die Männer, die als Kämpfer vorgestellt werden, haben natürlich nicht ständig gekämpft. An der Odyssee verdeutlicht: Die Phäaken lauschen mit Spannung dem Sänger Demodokos, der ihnen ausmalt, wie Helden sich um Troja streiten, sitzen aber in der geschilderten Szene friedlich beim Festmahl. Ja, sie bewohnen einen glücklichen Teil der Welt, der – wie die Insel Kreta, die hier Modell gestanden hat – durch das Meer vor Überfällen geschützt wird. Diese alttägliche, unblutige Gegenwelt schlägt sich in den Personennamen darin nieder, dass der F r i e d e von Anfang an zu den häufigsten Endgliedern germanischen Personennamen gehörte. Der Fürst, den die Namen preisen, ist eben nicht nur der Anführer in der Schlacht, sondern haben auch die Aufgabe, den Frieden zu erhalten: ob nun untereinander oder mit Nachbarn. Nach außen darf der Frieden zumindest nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Nur hat, was zu diesen Pflichten gehört, die heroische Phantasie der Dichter und Namenschöpfer weniger beflügelt als der Krieg. Ja, für die friedlichen, alltäglichen Beschäftigungen wie Ackerbau und Viehzucht interessieren sich die Namen ebensowenig wie die Preisformeln der Heldendichtung. Wie anders nimmt sich der Stolz auf Rinderherden in der indoiranischen Namengebung aus, auf deren Vorbildwirkung, wenn ich recht habe, die Anlage des zweigliedrigen Typus bei den Germanen letzthin zurückgeht (II.4)! Auch die griechische Kultur erscheint darin schon in ihren Anfängen breiter angelegt. In den Namen ist das Rind vertreten, während die Odyssee zwei Viehzüchter, Polyphem und den göttlichen Sauhirten Eumaios eingehend und sachkundig schildert. Ja, in enger zeitlicher Nähe zu den homerischen Epen konnte ein Hesiod dichten, der uns die unheldische, harte Arbeit eines Kleinlandwirts nacherleben lässt, der sich mit Mühe seinen Lebensunterhalt verdient. Erst ein Wunder der Kulturgeschichte hat am Rande der germanischen Welt, im abgelegenen Island, mit Wurzeln um 1000 eine Literatur wachsen lassen, die in ihren Sagas ausführlich und lebensnah eine Welt beschreibt, in der Menschen zunächst einmal Bauern zu sein pflegen. Die scheuen zwar nicht vor Gewalttaten zurück, aber verstehen sich nicht in stilisierender Vereinseitigung vor allem als Helden im Kriege.
Abkömmlinge und Knechte von Göttern, kultisch Drapierte
V.4
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Abkömmlinge und Knechte von Göttern, kultisch Drapierte
Was verraten die Personennamen über Bindungen an die Gesamtheit der himmlischen Mächte und an einzelne Gottheiten? Zum zweigliedrigen Bildetyp gehörte sicher von Anfang an die Vorstellung, ein Held stamme von einem G o t t e (oder von mehreren G o t t h e i t e n ) ab: dem griech. Diogene-s entsprechen gall. Divogenus, ind. Devaja. Das Gleiche meinen Epitheta, die von einem Helden aussagen, er sei v o n e i n e m G o t t g e s c h e n k t : griech. Theódo-ros, ind. Devadatta, lit. Bagidona, bulg. Bogodan usw. Dazu stellen sich in der Edda die Mannattribute áskunna Niflunga (Atlaqvi. a, Str. 27,7) go. borin Gu. mundr (Helgaqvi.a Hundingsbana I, 32,1f.). In die gleiche Reihe gehören zwei Personennamen-Endglieder, die beide auf den ‚Abkömmling‘ deuten. Dagegen scheinen in der Skaldik unter den Formeln, die auf jemandes Abstammung anspielen, solche zu fehlen, die auf göttliche Herkunft anspielen. Mir mutet als wahrscheinlich an, dass diese Namenbildungen von Urprägungen ausgingen, die eine göttliche Herkunft behaupteten und etwa in awnord. Gu. leifr und Oláfr, wenn sie zu recht als Spross eines göttlichen Ahnen gedeutet wurden.23 Denn bei -laibaz ist mit dem Sinn ‚bleibend, übriggeblieben‘ kaum durchzukommen. Auszugehen ist wohl von der Koppelung mit Guda- und Ansu- ‚Gott‘ und damit von Epithteta, die den Helden als Sproß eines göttlichen Ahnen priesen. Dafür freilich liefert, wohlgemerkt, das Formelinventar der Skaldik keinen Anhalt.24 Im Ausblick auf die Anfangsglieder ergänzt: Nur in den Namen auf Ing- scheint eine Einzelgottheit genannt zu werden, während weit häufiger und sicherer auf die Gesamtheit der Götter verwiesen wird (V.5). Wenn Sigurd in der Edda ein ‚Freund des Frey‘ genannt werden kann, dann erinnert das an die herzliche Vertraulichkeit unter Freunden, wie sie nach der Dichtung und in Namen im Kreis um den Fürsten galt.25 Ein krass anderes Verhältnis zu himmlischen Mächten tritt in Bildungen heraus, die den Mann als ‚Knecht eines Gottes‘ bezeichneten und sich damit an die Seite gallischer Namen wie Mœnicaptus ‚Gefangener des Moinos‘ stellen. In Irland wird die gleiche Vorstellungsweise etwa durch Mug Núadat ‚Gefangener des Gottes Nuado‘ belegt.26 Bei den Germanen beginnt unsere Spur mit dem Zeugnis des Tacitus aus seiner Germania c. 9, den heiligen Hain der Semnonen hätten nur G e f e s s e l t e betreten dürfen.27 Im urgermanischen Namenschatz müssen dem zwei Endglieder entsprochen haben, die beide Knecht bedeute-
23 VII 3, Nr. 25, Höfler 1954, S. 35. 24 Meißner 1921, S. 350f. 25 Dazu Naumann 1912b, S. 639. – Wie in den außergermanischen Personennamen-Parallelen handelt es sich voraussichtlich um wechselseitige Freundschaften und Liebe: Siehe etwa ind. Deva-mitra, griech. Theóphilos, serb. Bogoljub und poln. Bogumił. 26 Pokorny 1927, S. 371. 27 Fischer 1960, S. 285–300.
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Rollen in einer heroischen Welt
ten: *-@ ewaz und *-skalkaz.28 Da jede Anspielung auf soziale Unterordnung in den Personennamen verpönt war, kann hier nur eine kultische, freiwillig eingegangene Sklaverei gemeint sein, die den Helden ehrte und nicht etwa herabwürdigte. Das Christentum hat – wie in Irland – das archaisch-heidnische Erbe mit neuem Inhalt gefüllt, wenn in Deutschland etwa Cotesscalc, Kotesscalh und der Frauenname Gotesdiu begegnen. Ja, der Typus erscheint um andere Endglieder bereichert in Gotesman, Cotesdegan und Gotesdrut. Im nördlichen Deutschland treten solche Bildungen nur vereinzelt und zumeist spät auf. Häufiger sind sie dagegen auf französischem Boden: Godasmannus im Polyptychon Irminonis, während burg. Gotesman im Cartulaire von Cluny eine Entgleisung zu Guta- ‚Gote‘ verrät. Ags. Godesscealc mag ein Name aus dem Westfränkischen sein. Dass die christlichen Namengeber sich bei diesem abgewandelten Typus etwas gedacht haben, zeigt sich in dem jüngeren Kompositionstyp mit genitivischem Erstglied, den wir aus unseren – in der Spätantike entlehnten – Wochentagsnamen kennen. Auch in Irland wurde das heidnische Herkommen, christlich fortgesetzt: etwa durch Mad Isu ‚Geschorener Jesu‘. Wird der Held auch als O p f e r e r vorgestellt? Mir scheint das Material eine solche Deutung nicht verlässlich zu stützen. Denn *-wı-haz – verstanden als ‚der Weihende‘ – lässt sich in den Belegen nicht klar von -wı-g für ‚Kampf‘ trennen. Ebenfalls mehrdeutig ist -geld-, denn Beowulf und Edda erlauben auch die Deutung, dass hier auf einen Fürsten angespielt wird, der Treue durch Wohltaten b e l o h n t . Namentlich in dt. Widargelt und seinen weitverbreiteten Entsprechungen kann auch die ‚Rache‘ gemeint sein.29 Bei den Westgoten enthalten der Ortsnamen Rugando und der Personennamen Selgantis: dt. Ruadgant vielleicht ein nomen agentis, das zu anord. gandr ‚Zauber‘ gehört. Ob auch gelegentlich ein Gott am Namenende genannt wurde, weil man dem Helden die Fähigkeit zuschrieb, sich in eine Gottheit zu verwandeln? Die einschlägigen Fälle schiebe ich als zu ungewiss beiseite.30 Eindeutig erscheint mir, dass ein Held sich gelegentlich durch eine besondere Haartracht als Gott herausstaffierte. Die Sagas von Gisli Súrsson kennen einen Dänen namens Sigrhaddr. In seinem Namen wird das zweite Glied ‚Haar‘, bedeuten, während das erste auf Sigt´ y r ‚Odin‘ verwiesen haben mag. Awnord. ? orhaddr – z.B. in der Landnámabók – steht für jemanden, der in seiner Haartracht den Gott Thor nachahmt. Andere Namen lassen uns vermuten, dass die Kultmaske nicht nur eine F r i s u r, sondern auch eine B a r t t r a c h t sein konnte. Paulus Diaconus berichtet, der Stamm der Langobarden habe seinen Namen von Wodan selbst erhalten. Verschiedentlich ist angenommen worden, dass die langen B ä r t e , ja auch das gescheitelt über das Gesicht fallende Haar, welches eine Rolle in der Namengebungssage spielt, auf eine
28 VIII 3, Nr. 38 und 42. 29 Inschr. Widargildus, wgot. Vidragildus, in Beowulf Widargyld, im Widsith Wi@ ergield. 30 Schramm 1957 S. 74ff.
Abkömmlinge und Knechte von Göttern, kultisch Drapierte
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Kulttracht weisen, mit der die Erscheinung des Gottes imitiert wurde. Einige Personennamen zeigen im Endglied -bard-.31 Nicht zufällig dürfte diesem Endglied in der am häufigsten bezeugten Fügung ein Hagu- vorausgehen.32 Das erinnert an den Odinsnamen Hagbar. r, aber auch an die deutsche Maskenbezeichnung hagebart.33 Mit der Maske konnten wohl – außer Göttern – auch D ä m o n e n und, davon nicht zu scheiden, die T o t e n beschworen werden. Bei solchen Aufführungen, die Gruseln erregen wollten, trug man wohl gerne e i s e r n e K a m p f m a s k e n (ae. grı-ma m., awnord gríma f.), wie das Arrian im 2. Jahrhundert n. Chr. für die Barbarenreiter im römischen Heer bei ihren Kampfspielen überliefert.34 Altenglisch egesgrı-ma bedeutet ‚Schreckmaske, Gespenst‘ und hat ein Gegenstück in ahd. egisgrimolt ‚Dämon‘. Eine Reihe von Personennamen lässt sich anschließen.35 Da Schrecken auch durch eine Tiermaske erregt werden konnte, heißt der Wolf in den Tierepen Îsengrin u.ä. Ja, ihm wird im Wolf in der schuole (13. Jahrhundert) ein Vater namens Îsenbart beigestellt. Als Endglied von Namen fällt anord. -hedinn ‚Fell‘ als ursprünglicher Dreisilber aus der Reihe der zurückgebildeten Zweitglieder heraus (III 2). Der Name der Enkel des letzteren heißt Úlfhamr ‚Wolfsgestalt‘. Zugrunde liegen Gleichworte für die Helden, die uns der Norden mit úlfhe. nar und bjarnhe. nar aufbewahrt. Sie bezeichneten Krieger, die in Wolfs- und Bärengestalt kämpfen. Insgesamt gehört das Material, das wir besprochen haben, nicht zu dem mit einiger Sicherheit schon urgermanischen Grundbestand von Endgliedern. Ja, ihre Bezeugungen bei Ostgermanen und Angelsachsen bleibt unsicher. Nur *-grı-maz ist in vielen Verbindungen überliefert. Dabei wird man berücksichtigen müssen, dass die Kampfmaske zunächst einmal unter die W a f f e n gehört, die – wie wir schon wissen – als Endglieder von Personennamen einen früh und reich belegten, ja, expansiven Bildetypus bilden (IV.5). Wenn der Maskenträger erst in späterer Zeit zum Namengrundwort wurde, dann würde dazu die Beobachtung stimmen, dass es an Parallelen unter den dichterischen Mannbezeichnungen fehlt. Dass aber die Vorstellung des Mannes als Tier – aber ohne Hinweis auf eine Maskierung – bereits in urgermanischen Namen, aber auch in frühen Mannbezeichnungen vorkam, hat uns schon früher beschäftigt (IV.4). Insgesamt ist das Bild eindeutig: Kultisches und Magisches haben sich nur vereinzelt in die so markant heroische Welt der Personennamen hineingeschoben.
31 Bei den Ostgermanen außer umkomponierten Bildungen wgot. (Ortsname) Bardián, (Ortsname) Bardelas, burg. Bardono nur wgot. Rodbard und burg. (Ortsname) Trobart bezeugt. Im Norden begegnen Hagbar. r und Rá. bar. r. Die seltenen angelsächsischen Belege sind wohl entlehnt, siehe Forssner 1916, S. 277. 32 z.B. lgb. Acupardus, wfrk. Agobardus, dt. Hagupart, awnord. Hagbar. r. 33 Larva, schaeme vel hagebart, siehe Engelhardt 1818, S. 189. 34 Klumbach (1952) geht hier von Leichenspielen aus. 35 Burg. (in terra) Arcrim, dt. Vulfgrim, Rimgrim, awnord. ? orgrímr, Steingrímr.
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V.5
Rollen in einer heroischen Welt
Das Umfeld des Helden im Spiegel der Anfangsglieder
Zwei weitere Rollenbestimmungen wären anzureihen, die den Mann als wildes Tier und als Ding kennzeichneten. Doch sie wurden im Kapitel IV.4 und IV.5 bereits vorweggenommen. So bleibt uns nur noch, den Horizont der Betrachtung zu erweitern und die Welt, das Umfeld und die Atmosphäre einzubeziehen, in die sich der Held gestellt sieht. Was leisteten die Anfangsglieder, die im zweigliedrigen Namentyp dem Grundwort vorgeschaltet wurden? Sie sprechen in weit größerer Variationsbreite, als das für die weit weniger zahlreichen Endglieder gilt, eine Fülle von Lebensbezügen an, in die der Held einbezogen ist. Dass die Zahl der Erstglieder weit größer war als die der Endglieder, haben die Germanen mit dem zweigliedrigen Typus in anderen indogermanischen Schwestersprachen gemein. Aber leider ist dieses reichhaltige Material bislang nur in Teilfeldern überschaubar gemacht worden. Vorarbeit leisteten Hans Naumann für den skandinavischen Namenschatz und Maria Boehler für Frauennamen in England.36 Ich selber beschränkte mich 1957 auf eine grobe, gemeingermanische Umrissskizze. Auch diesmal muss ausreichen, was sich mit raschem Pinsel und in Auswahl aufs Papier bringen lässt. Diesmal werde ich weitgehend auf Namenbelege verzichten. Gehen wir wieder von den appellativen Preisformeln aus. Was wird in diesem Material dem Inhalt jenes Grundwortes hinzugefügt, dem – sei als erstes Kompositionsglied, sei es als selbständiges Wort – eine nähere Bestimmung beigegeben ist? Wo es sich um einen adjektivischen Zusatz handelt, so expliziert dieser, in welcher Haltung oder Weise der Mann das ist, was das Grundwort von ihm aussagt: dass er etwa, wie im Beowulf, als König ‚herrlich, berühmt‘ oder ‚erhaben‘ ist. Ein substantivischer Zusatz weist dagegen auf etwas hin, worauf der Mann ausgerichtet ist, wozu er in einer Beziehung steht. In den Formehr eorla hleo etwa und Fre-scyning werden in der gleichen Dichtung ‚die Krieger‘ und ‚die Friesen‘ genannt, die von den Fürsten, welchen diese Mannbezeichnungen gelten, geschützt oder beherrscht werden. Das Herrschaftsverhältnis, das in den Preisformeln heraustritt, drückt sich auch auf den Besitz, auf ein Erbgut und ein Reich beziehen: etwa in e-delwe˘ard und rı-ces weˇard. Bezeichnet das Grundwort den Mann als H a n d e l n d e n , dann kann das determinierende Glied der Verbindung manchmal das Objekt eben dieses Handelns ausdrücken: sinces brytta ‚des Kleinods Brecher‘ und beaggyfa ‚Ringspender‘. Unnötig, die vielfältigen Beziehungen, die hier zur Sprache kommen können, insgesamt erfassen zu wollen. Ja, es ist bei Lichte besehen unmöglich, weil gerade in den komponierten Verbindungen die Art der Beziehung zwischen Grundwort und determinierendem Element, also zwischen End- und Anfangsglied oft gar nicht präzisiert sein will. Bildungen wie gu-. -cyning ‚Kampf-, König‘, ga-r-ce-ne ‚speer-kühn‘ und he˘oro-grim ‚schwert-grimmig‘ sollen vom Hörer n i c h t zu Ende gedacht werden. Denn hier wird gar nicht spezifi-
36 Naumann 1912; Boehler 1930.
Das Umfeld des Helden im Spiegel der Anfangsglieder
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ziert, dass der gefeierte König sein Königtum i m K r i e g erwiesen hat oder sich mit Vorrang im S p e e r w u r f kühn und im S c h w e r t k a m p f grimmig zeigt. In Wahrheit wollen hier die ersten Glieder nicht eigentlich d e t e r m i n i e r e n , u m die im Grundwort gemachte Aussage auf einen bestimmten Geltungsbereich einengen. Es sollte vielmehr auf ein Ding, auf einen Begriff hingewiesen werden, der beispielhaft für jenen Lebensraum steht, von dem der Mann umgeben ist. Sie wollen nur eine A n d e u t u n g , nur ein Strich sein, den die Phantasie des Hörers z u m G a n z e n d e r d i c h t e r i s c h e n W e l t auszeichnen mag. So wie die Grundworte der Preisformeln letzten Endes nur ein und dieselbe Grundvorstellung – den Mann als Fürsten und Krieger – variieren, so beleuchten auch die Zusätze immer nur wieder ein und dasselbe in verschiedener Weise: das Umfeld, in dem ein Fürst, ein Krieger steht. Die umgebende Welt bestimmt ihn in seiner Haltung und seinem Handeln und wird wiederum geprägt durch ihn. Aus dieser Erkenntnis lässt sich ein Kompass für das Verständnis der ersten Glieder unserer Männernamen gewinnen. Gewiss ist eine solche Interpretation nur durch eine Summe von Einzelstudien zu bewältigen. In immer neuem Rückgriff auf das Gegenüber, die appellativen Preisformeln, muss erfragt werden, welcher Art die Primärkombination gewesen sein mögen, in denen die einzelnen Namenglieder Eingang in den Namenschatz fanden: etwa ‚Gott‘ oder, ‚Sippe‘ oder ‚Süd‘. In welcher Beziehung steht der Krieger und der Fürst zu ihnen? Aber alle Einzelstudien müssen ein gemeinsames Ziel im Auge behalten. Es gilt, Horizont und Atmosphäre d e r e i n e n W e l t zu erschließen, die mit der Gesamtheit der Anfangsglieder gemeint ist. Wieweit wird der geographische Raum angedeutet? Urgermanisches Erbgut sind wahrscheinlich drei Anfangsglieder für H i m m e l s r i c h t u n g e n : ‚Ost, Süd und West‘. Nur in fränkischen, langobardischen und oberdeutschen Namen ist auch der Norden einbezogen, weil man nur hier auch im Norden ranggleiche Stämme, Teilhaber der heroischen Welt, zu Nachbarn hatte. In Skandinavien aber lockte im Norden nichts. Dort schreckte die Kälte ab, und dort vermutete man wohl das rauhe Bergland der Riesen. Das hat sich auch in den Namen niedergeschlagen, während in der Ethnonymie anderes galt: Haben die Skandinavier sich doch selbst als N o r d m a n n e n bezeichnet. Fragt man, wie sich denn gerade Bezeichnungen von Himmelsrichtungen zu einer Sinngruppe unter den Anfangsgliedern ausbilden konnten, so wird man vermuten dürfen, dass hier komponierte Volksnamen wie Austro-gothi und ags. East-, Su-. - und West-Dene eingewirkt haben. Diese Bildungen entstammten nicht ursprünglich der Poesie, aber konnten aufgrund ihres volltönenden Klanges leicht als feierlichdichterisch empfunden werden.37 In der ältesten Schicht germanischer Namengebung war ‚Land‘ gewiss ein beliebtes Thema in Anfangsgliedern. Das lässt sich gut aus Primärkombinationen wie ‚Landesherrscher‘ und ‚Landeswalter‘ verstehen, wie sie etwa edd. landreki, landrognir
37 Siehe auch LUP, S. 23 (*Austaharjaz), 32 (*Sun@ aharjaz), 33 (*Westaharjaz).
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Rollen in einer heroischen Welt
und im Beowulf durch leof landfruma belegt werden. Eine parallele Bezeichnung für den ‚Landeswehrer‘ (*landa-warjaz) wird man erschließen dürfen. Ebenso früh und ebenso weit verbreitet war gewiss auch die parallele Bezeichnung des Herrschaftsbereiches als E r d e , wie etwa im Beowulf mit eor. cyning belegt. L a n d und E r d e bezeichnen hier keine eng begrenzte Ackerfläche, mit denen ein Siedler geheimnisvoll verwachsen ist und um deren Fruchtbarkeit er besorgt ist. Vielmehr geht es um das Territorium einer Ethnie und den Herrschaftsbereich eines Fürsten. Hier liegen politische Begriffe vor, die man als geographische Entsprechung zum Begriff V o l k auffassen darf, von dem wir noch hören werden. Recht alt, aber weniger verbreitet, waren ags. eard, as. ard m. ‚Boden, Gut, Heimat‘ und ae. e-del, ahd. uodal m. ‚Stammgut‘: etwa in gepid. Ardaricus, ags. Eardhelm, dt. Arthelm, burg. Udulardus und dt. Uadalscalch. Mögen diese Anfangsglieder auch ursprünglich der bäuerlichen Welt zugehören: in Namen wie in Preisformeln bezeichneten sie wohl eher ‚Erbland, Erbreich‘ wie etwa in ags. East-Dena e-delweard festgehalten. Für Ard- ist wohl ein derartiges appellatives Gegenstück nur zufällig nicht überliefert. Eine Reihe von weniger weit verbreiteten Anfangsgliedern geographischen Inhalts müssen wohl als jüngeres Gut im Namenschatz der germanischen Stämme gelten. In Deutschland erscheint etwa D o r f , im Norden hólm und griót ‚Gestein, Sand, Kies‘. Vielleicht wurde diesen Begriffen der Eingang durch Stammesnamen wie Hulmerugi und Greotingi geöffnet. Im Norden kommt als Einfallstor auch die Sitte in Frage, eingliedrige Bildungen um eine Prothese zu erweitern, die den Wohnsitz des Namenträgers anzeigten: etwa Mó-Bersi, Gnípa-Bar. r und Eggiar-Kálfr. In derartigen Verbindungen weist das Anfangsglied auf die Siedelgegend, nicht auf einen politischen Herrschaftsbereich hin. Das dürfte auch für deutsche Namen gelten, die an ihrem Anfang Flüsse nennen. Vermutlich hat der germanische Namenschatz mit fortschreitender Entwicklung an bäurischem Gehalt zugenommen, ohne freilich die idealisierte Lebensform des Helden, wie wir sie schon aus den Endgliedern kennen, als Kerninhalt zu verwischen. In der Regel blieb die Verbreitung solcher Neuerungen regional beschränkt. Kein Wunder, dass wir am Namenanfang vielen alten Bekannten wiederbegegnen: etwa Hild-, Gun@ - und Badu-.38 In welchen Primärkombinationen Anfangsglieder mit dieser Bedeutung in den Namenschatz eingingen, verraten etwa ae. hea. oro-f cyning ‚der kampfberühmte König‘, haele hildedeor ‚der kampfkühne Held‘ und wı-gfruma ‚der Kriegsherr‘. Aus dem Norden lassen sich hildimei. r ‚Kampfbaum, Krieger‘, gunnhvatr ‚kampflustig‘, vígdiarfr ‚kampfkühn‘ und manches andere anfügen. Durch die Endglieder sind wir bereits darauf vorbereitet, dass wir uns den Helden nicht als grobschlächtigen Haudegen vorstellen sollen. Er muss auch dem Ideal entsprechen, dass er nicht nur zu kämpfen, sondern auch richtig zu denken und klug zu
38 Zum ae. hild- vgl. Bammesberger 1980, S. 5–10.
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raten vermag.39 Dazu stimmen Preisformeln wie edd. rekkr inn rá. svinni ‚der in Raten starke Krieger‘. Ja, im Beowulf gab ‚ratend‘ (ra-edend) ein Synonym für ‚Herrscher‘ ab. Die Palette der W a f f e n öffnet sich breiter als am Namenausgang. Denn dort konnten sie sich nur den schwierigen Umweg über M a n n - K e n n i n g a r Eintritt verschaffen (IV.5). Diesmal gilt es schlicht um die Ausrüstung und damit um sichtbare, handgreifliche Beispiele für die heroische Welt. Die uns aus den Endglieder bekannte Reihe verlängert sich um bili(z) ‚Streitaxt‘, brunja- ‚Brünne‘, aska- ‚Eschenspeer‘ und heru- ‚Schwert‘. Aber warum hängte sich nicht auch der Schild an, den wir doch in Preisformeln des Beowulf wie Scyld-freca und -wiga und in edd. borr skialdar ‚SchildBaum‘ begegnen? Ja, als Nachfahr eines Skjoldr lässt sich der Name einer skandinavischen Herrschersippe deuten, der mit skjoldungr sogar zu einer allgemeinen Fürstenkenning wurde.40 Lassen wir lieber unerklärt stehen, warum Preisformeln und Namen hier auseinanderklaffen. In beiden Bereichen geformter Sprache sind eben gelegentlich verschiedene Wege eingeschlagen worden, was nicht gegen ihren engen Zusammenhang spricht. Zu denken gab mir weiterhin, dass – wenn auch nur in der einzigen Prägung Kriemhilt – das Z e l t sich an die Anfangsglieder für Waffen anreihen konnte. Mittlerweile glaube ich das Problem gelöst zu haben. Als banales Zubehör von Kriegsfahrten wäre das Zelt für die heroisch-poetische Welt kaum tauglich gewesen. Aber im 5. Jahrhundert lernten die Germanen bei ihren als Eroberern bewunderten Nachbarn, den Hunnen, prächtige Zelte kennen, die fürstliche Macht und Würde demonstrieren sollten. Wenn man das nachgeahmt haben sollte, dann würde das zu anderen Anhalten für eine H u n n e n m o d e passen.41 Bereits unter den Endgliedern sind wir dem Raben begegnet, der sich als Grundwort einer Mannbezeichnung denkbar schlecht eignet (IV.4). In die Namen ist er – wir erinnern uns – gewiss deshalb gekommen, weil er sich an den als Endglied durchaus sinnvollen Wolf anreihen konnte. Mit ihm hat er gemein, dass auch er sich von den Leichen des Schlachtfeldes nährt. In den Anfangsgliedern reiht sich der Adler an, für den das Gleiche zutrifft. Als Endglied war er aber wegen seines vokalischen Anlauts unbrauchbar. Nimmt man alle drei zusammen, dann möchte man auf drei archaische Preisformeln schließen: den Wolfs-, Raben- und Adlerfütterer. Von hier aus ließ sich, auch wenn Personennamen auf -fütterer unbezeugt sind, zu Namenzusammensetzungen mit Rabe und Adler kommen. Der Wolf konnte über seine Gleichsetzung mit dem Helden an den Anfang von Personennamen ebensogut wie ans Ende gelangen (IV.4). Wurma- wird dagegen auf ein rühmendes Epitheta für Vorzeit- oder Phantasiehelden zurückgehen, dem die Tötung von Lindwürmern zugeschrieben wurde. Wäh-
39 Beispiele für Re-da- sind wgot. Redimirus, ags. Redberct, dt. Radowin, awnord. Rá. ormr. 40 Vgl. nord. rand ‚Schild‘; siehe NRL, S. 181; Lind 1905?1915, Sp. 846. 41 Siehe Schramm 1997, darin S. 76–95: Der Name Kriemhilt und die Wanderwege der Nibelungensage (hier S. 92–95, entspricht Anhang IX 2 dieses Bandes).
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rend Rabe und Wurm in sehr begrenztem Ausmaße auch als Endglieder begegnen, blieb das Pferd den Anfangsgliedern vorbehalten. Mit ihm hat sich ja der Held – anders als mit Bär und Wolf – niemals identifiziert. Dafür wurde das Ross als treuer Begleiter in der Schlacht und zugleich als Würdemerkmal hochgehalten, durch das sich Männer von edlem Stamme aus der Masse der zu Fuß Kämpfenden heraushoben.42 Nun zum Horizont, der in den Namen abgesteckt wird. Er wird – wie Namen auf Ala- etwa wgot. Alaricus, dt. Alawit und auf Ermana-, Irmina- ‚allumfassend, weltweit‘ zeigen – unermesslich weit vorgestellt.43 Dahinter wird nicht zuletzt die Überhöhung des irdischen, auf überschaubare Regionen eingegrenzten Gebietes zur Allmacht gehören. Das sollte ihn in die Nähe der Götter rücken, denn etwa nach dem Zeugnis der Germania Kap. 39 verehrten die Semnonen in einem heiligen Heim den regnator omnium deus. Wir werden wohl annehmen dürfen, dass die Preisepitheta für irdische und überirdische Sphären – wie bei anderen Völkern auch – Überlappungen aufwiesen. Wieweit spielt die Religion in den zweigliedrigen Namentypus hinein? Gerne beschworen wird – ein Gleiches gilt für verwandte Namenschätze! – in den Anfangsgliedern die Gesamtheit der Götterwelt.44 Offen muss bleiben, inwieweit auf urgermanischer Ebene auch Einzelgötter genannt wurden.45 Voll gesichert scheint mir das nur für jenen Ing-, dessen Verehrung in historischer Zeit offenbar bereits abklang.46 Vielleicht hat er in den Namen auch Ziu zur Seite, der freilich nur westgermanisch und in wenigen Prägungen belegt ist.47 Ja, in diesem zweiten Fall kommt auch in Frage, dass Teiwa-, als es in Personennamen einging, in seiner ursprünglichen, noch nicht auf einen Einzelgott beschränkten Bedeutung als ‚Gott‘ noch lebendig war. Aber gut zu einer Paarigkeit von Ing und Ziu unter den als zunächst isolierte Namen von Einzelgöttern unter den Anfangsgliedern würde passen, dass sie genauso isoliert auch unter den frühen Runennamen vorkommen. Der Aufschwung der Kulte von Wodan, Donar und Freya hat am Anfang von Personennamen wohl außerhalb Skandinaviens offenbar nur einen bescheidenen Niederschlag gefunden.48 Das entspricht einem Grundzug der Personennamen, gerne und lange am Althergebrachten festzuhalten und so manche Neuerungen nicht mitzumachen. Der Norden spiegelt mit dem häufigen Anfangsglied Thor, zu dem in Schweden noch Frey kommt, die Religiosität
42 Ehwa: (vielleicht) in wgot. Evemundus, dt. Ehapaldingas (Ortsname), awnord. Iófrø. r; Hanha-: in burg. Hanhavaldus, ags. Homund, dt. Hahwa; Marha-: in ogot. Marabadus, burg. Marherio. Nur in wenigen süddt. Personennamen erschien Hros, hors, z.B. in Horserat. 43 Siehe Anhang VIII 2 Nr. 12. 44 Beispiele: ogot. Gudinandus, ags. Godwine, dt. Kotafrid, awnord. Gu. leikr, Anse- in wgot. Ansemundus, ags. Osred, dt. Anshram, awnord. Ásulfr. 45 Siehe oben V.4. 46 Beispiele sind etwa wgot. (Ortsname) Engomer, ags. Inguald, dt. Ingolt, nord. Yngvarr. 47 Tiowulfinga caestir bei Beda und dt. Ciolfesheim u.ä. 48 Zu Ódinkár u.a. siehe oben V.3, Anm. 25. Siehe auch NRL, s.v. Ó.inkárr; Kousgård Sørensen 1974.
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der Wikingerzeit wider, die länger als sonst in der Germania in der heidnischen Tradition blieb.49 Vielleicht haben sich auch in den Preisformeln die Einzelgötter erst allmählich nach vorne geschoben. Dann hielte die Edda mit go. borinn Gu. mundr, das auf die Abkunft von einem nicht genannten Gott angespielt, die ältere, nicht auf einen Einzelgott bezogenen Typus fest. Freys vinr Gen. für Sigurd steht dagegen für den Typus von jüngerer Individualisierung des Gottesbezugs. Gehen wir auf Abstand. Nur eine grobe Skizze konnte entworfen werden, die andere hoffentlich ergänzen und berichtigen werden. Enden möchte ich diesmal mit der Arbeitshypothese, dass aus der hochgradig stilisierten Welt des zweigliedrigen Typus – in den Namen wie in den frühen Preisformeln – vieles mit Bedacht herausgehalten wurde, weil es nicht in den Grundentwurf hineinpasste. Leider ist das reiche und regional differenzierte Material noch immer nicht systematisch geordnet und nicht für einen Vergleich vorbereitet. So muss es bei vorsichtigen und vorläufigen Vermutungen bleiben. Die Personennamen übergehen, dass auch die Krieger bei allem Heroismus zunächst einmal von Ackerbau und Viehzucht leben und auf Fruchtbarkeit und günstige Witterung angewiesen waren. In dem Grundmuster, das sich abzeichnet, erscheint sehr vieles, sogar vital Wichtiges ausgeblendet. Spärlicher als die wehrhafte und damit dem hohen Klang der Personennamen angemessene Burg sind sala-‚Herrensitz‘ und erst recht das unpoetische hu-sa- ‚Haus‘ vertreten.50 Zu kurz kommen die Gestirne und jene Seefahrt, die doch seit urgermanischer Zeit an Bedeutung für die Germanen zunahm. All dies und manches andere mehr fiel einer strengen Stilisierung zum Opfer. Noch einmal unterstrichen: Preisformeln und Personennamen malen kein Bild des Lebens in seiner Breite und Vielfalt. Vielmehr grenzen sie mit Bedacht einen ganz bestimmten, als edel und heroisch empfundenen Bereich aus. Wer Realismus und Anschaulichkeit sucht, kommt hier nicht auf seine Kosten. Den Schöpfern, die beide verschwisterte Sagweisen geschaffen und gepflegt haben, ging es um Ku n s t , wobei sie – in den Personennamen noch mehr als in den Preisformeln – sogar Züge der K ü n s t l i c h k e i t und des M a n i e r i s m u s nicht gescheut haben. Eben dass es sich um streng ausgegrenzte, in sich regulierte Sagweisen handelt, macht beide Sparten von geformter Sprache so beredt. Denn die Stilisierung, die jede von ihnen auf ihre eigene Weise durchwaltet, gibt mehr her als was man aus anderen Quellen längst weiß. Gewiss: In einer immer weiter auseinandergezogenen Germania wurde viele Namen geschaffen und weitergegeben, die das streng aussparende Muster nur noch unvollkommen berücksichten, ja ohne Scheu durchlöcherten. Aber in welchem Maße das geschah und welche Begriffe, die zunächst ausgeschlossen waren, nunmehr Ein-
49 Beispiele: awnord. ? orleifr, ? oroddr; zu schwed. Frøy siehe Wessen 1927. 50 Siehe Wagner 1997a.
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gang fanden, muss erst noch freigelegt werden. Bloß ein einziges Beispiel sei herausgegriffen. Wenn in einem rein mechanischen Austausch das Endglied -gard ‚Zaun‘, das Grundwort einer alten Mannkenning, auch als Namenanfang verwendet wurde, dann lag es nahe, den Sinn von ‚Haus‘ (got. gards) hineinzulesen und damit, wie ich zuspitzen darf, aus der Tradition auszubrechen. So viel es hier noch zu entdecken gibt: Das meiste, das aus den Rahmen fällt, wurde kein germanisches Gemeingut, sondern gelangte über einen verhältnismäßig kurzen Radius der Ausbreitung nicht hinaus. Am leichtesten konnten sie vermutlich in weitem Abstand von jenen Höfen empor sprießen, wo der Heldenpreis gepflegt und über seinen Ableger, die heroischen Personennamen, gewacht wurde. Der gleiche Umstand machte solchen Neueinführungen, die das heroische Schema durchbrachen, eine weite Ausbreitung schwierig. Die Einheitlichkeit der Namengebung blieb bei aller regionalen Differenzierung, wie sie bei der schon bei Einsetzen unserer Überlieferung weit auseinandergezogenen Germania nur natürlich erscheint, bemerkenswert groß. Gerade unser Material verrät uns, wie die Germanen über Tausende von Kilometern in den Bereichen, die uns interessieren, noch immer eng zusammenhingen und hochhielten, was ihnen allen überkommen war. Sie haben dabei – aber am wenigsten übrigens in England – immer wieder Neues eingeführt, aber das hielt sich zumeist im vorgegebenen Rahmen. Als die Namen des zweigliedrigen Typus in den ersten Jahrtausend n. Chr. in das Licht unserer Überlieferung treten, bewahrten sie nach einer langen Vorgeschichte noch immer einen einheitlichen Stil. Dabei blieb es im Großen und Ganzen, bis zu Anfang des 2. Jahrtausends n. Chr. die Lebendigkeit dieses Bildetyps zum Erliegen kam.
Am Anfang: ein bloßer Abklatsch von Männernamen
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VI. Anläufe zu eigenständigen Frauennamen VI.1
Am Anfang: ein bloßer Abklatsch von Männernamen
Über vierzig Jahre ist es her, dass ich beim Zeitunglesen auf die Mitteilung stieß, ein vietnamesischer Diplomat habe seinen zahlreichen Töchtern Namen auf den Lebensweg mitgegeben, die in deutscher Übersetzung so lauten: Kirschknospe, Harmonische Musik, Wunderbare Wolke, Jadefarbene Orchidee, Leuchtende Kirsche, Kirschbaumzweig, Wolkenschwalbe, Morgenrot und Goldene Orchidee. Das erinnert an Hiob, der die Töchter aus seiner zweiten Ehe Täubchen, Zimtblüte und Schminkhörnchen benannt haben soll. Alle diese Beispiele bilden weibliches Wesen in anschaulichen, reizvollen Gleichnissen ab. Aus dieser anheimelnden Wärme fühlt man sich jäh in die Kälte gestoßen, wenn man in die griechische Frühzeit überwechselt und etwa einige – aus der Ilias herausgegriffene – Frauennamen ins Deutsche zu übertragen versucht. Eine Hippodameia klingt, als hätten Eltern ihre Tochter dazu bestimmt, Rosse zu bändigen, während Andromáche- mit Männern oder mannhaft kämpfen soll. Laodike-: eine Richterin im Volk? Phylomedeia: eine Herrscherin über einen Volksstamm? Das Experiment zeigt, dass wir auf dem Holzweg sind. Denn in Wirklichkeit handelt es sich um reine Klanggebilde, die über ihre Trägerinnen nicht mehr aussagen, als dass auch sie – als weibliche Gefährten von Männern – in jene heroische Welt eingebunden waren, in der Helden mit prächtig klingenden Preisformeln geehrt wurden. Eben das war keineswegs eine altgriechische Spezialität, sondern durchzieht die Weite der Indogermania, soweit sie sich den Typus der zweigliedrigen Prägungen zueigen machte. Es galt anfangs, gewiss uneingeschränkt, auch für die Germanen. Die aber haben immerhin Anstalten gemacht, aus der Reihe auszuscheren. Dass ihnen das freilich nur partiell gelang, werden wir sehen. Namen wie Andromache und Hildegard bedeuten nicht ‚Männerkämpferin‘ und ‚Kampfzaun‘, sondern für sich genommen g a r n i c h t s . Es handelt sich um bloße Abklatsche von Männernamen, die selbst wiederum, wie wir wissen, nur eine in sich gebrochene Sinnhaftigkeit verraten. Wenn Andromache oder Hippodameia auf einen Andromachos und Hippodamos verwiesen, dann nicht in dem Sinne, dass sie mit diesen Namen an bestimmte Individuen erinnern wollten: weder an einen Vorfahren, an lebende Verwandte oder Autoritätspersonen im Umkreis. Vielmehr griffen die Namengeber aus dem prall gefüllten Sack der Männernamen dieses oder jenes Stück ohne handfesten Auswahlgrund heraus und formten ihn zum Femininum um, sofern nicht andere Namenbildner ihnen darin schon vorausgegangen waren. Ja, wenn Agamemnon eine seiner Töchter Iphi-anassa genannt haben soll, dann setzt das nicht zwingend voraus, dass es die Zusammensetzung Iphi-anax ‚mit Kraft herrschend‘ tatsächlich gab. Denn so gewiss viele Männernamen mit dem Anfangsglied Iphi- und dem Endglied -anax im Schwange waren: nicht auszuschließen, dass sie erst, um eine Frau zu schmücken, zusammengeschoben wurden. Dann hätten hier Anfang und
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Anläufe zu eigenständigen Frauennamen
Ende im Spiel der freien Kombinierbarkeit erst in einer weiblichen Namenprägung zueinander gefunden. Meine Formulierung von 1957, die archaischen Vornamen des zweigliedrigen Typs hätten M o v i e r u n g e n m ö g l i c h e r M ä n n e r n a m e n dargestellt, deckt die ganze Breite der überlieferten Bildungen ab. Vermuten darf man, dass es unter den u n k o m p o n i e r t e n F r a u e n n a m e n , die ganz anderen Sinn und Bauprinzipien folgten als die Komposita, auch solche gab, die auf Weibliches anspielten. Aber feste und produktive Traditionen lassen sich dafür nicht dingfest machen. Keine indogermanische Sprache hat dieses so befremdend starre, unweibliche und phantasielose Grundmuster mit Konsequenz über Bord geworfen. Ja selbst die Ansätze, zu einer eigenen, weiblichen Sinnhaftigkeit der Frauennamen zu gelangen, blieben, soweit ich erkennen kann, auf Inder und Germanen beschränkt.1 Mehr noch: Die Germanen haben in ihre Versuche, die Frauennamen zu etwas Eigenem zu verselbständigen, wie wir sehen werden, niemals auf die e r s t e n G l i e d e r ausgedehnt. Das Ergebnis dieser Halbherzigkeit waren dann oft merkwürdige Zwitter zwischen Alt und Neu. Durch ein Beispiel verdeutlicht, auf das wir zurückkommen werden: Schon bei Einsetzen unserer Überlieferung hatte sich mit -lin-øı- ‚zart‘ ein spezifisch weibliches Endglied einbürgern können. Aber gekoppelt wurde es mit beliebigen Anfangsgliedern, in denen ganz anderes zum Ausdruck kam. Die Fügung, die sich bis heute als Gerlinde erhalten hat, ergäbe, wollte man sie übersetzen, den Unsinn einer ‚Speer-Zarten‘, was vorne auf harte Männer und nur hinten auf linde Frauen passt. Soviel sei vorweggenommen: Die Germania hat in der Geschichte der Frauennamen schärfere Wendungen durchlaufen als sämtliche verwandte Namenschätze insgesamt. Erstaunlich genug: Die verschiedenen Entwicklungsschichten, die sich dabei ineinanderschoben, können aus dem überlieferten Material noch erstaunlich klar herauspräpariert werden. Auf meiner Entdeckungsfahrt durch eine ferne Vergangenheit habe ich keine andere, ähnlich spannende Wegstrecke durchmessen. Zurück zu den Anfängen des zweigliedrigen Typus. Warum spiegelt sich in seiner Bildeweise nicht wider, dass es schon früh – fassbar etwa in der Ilias und im Beowulf – auch ein weibliches Preisvokabular gegeben haben muss, welches auf weibliche Schönheit in Gestalt und Tracht, auf Anmut und ein gefälliges Wesen anspielte? Hier hilft uns, meine ich, wieder einmal die Grundeinsicht weiter, das Zeichensystem der zweigliedrigen Namen habe einen sauber abgegrenzten Sprachbereich zur Grundlage gehabt: nämlich die frühe heroische Dichtung und darin im besonderen jene Formeln, mit denen der Held in verschwenderisch wechselnden Wendungen gepriesen wurde. In diesem Segment von geformter Sprache kam es vor allem auf die Bewährung im Kampf und auf den Erwerb von Ruhm an, die beide keine weiblichen Ziele waren. Kein Wunder deshalb, dass in einer derartig verengten Sicht das andere Geschlecht ausgeblendet wird, soviel Achtung man ihm auch entgegenbringen mochte. Schon sehr früh wird es auch einzelne Preisformeln für Frauen gegeben ha-
1 Schramm 1957, S. 134.
Am Anfang: ein bloßer Abklatsch von Männernamen
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ben, die besonders auf Schönheit, kostbare Kleidung und edle Gesinnung anspielten. Manchmal werden dabei Epitheta für Göttinnen das Muster geliefert haben. Aber ein solches – verglichen mit dem Preisvokabular für Männer bescheiden entwickeltes – unkriegerisches Gegeninventar für Frauen hätte gar nicht ausgereicht, um einen geschlechtsspezifischen Namenschatz von der gleichen Fülle darauf aufzubauen, wie er für Männer zur Verfügung stand. Gerade die griechische Kultur zeigt eindrücklich, wie anders sich die Welt ausnahm, wenn man sie nicht auf jene Schlachtfelder beschränkte, wo nur Männer etwas zu suchen hatten. Frauen sind in die höfisch-gastliche Atmosphäre von Homers Phäaken als geachtete Glieder einbezogen. Ja, auf dem Olymp geht es zwar unfriedlich wie auf Erden zu. Aber die Gottheiten müssen sich, wenn sie sich streiten, nicht mit körperlichen Kräften messen, was die Göttinnen in Nachteil gebracht hätte. Hier herrschte also, zugespitzt, jene Gleichberechtigung, die es drunten auf den Schlachtfeldern nicht geben konnte. Wo die Dichtung anderer Ausschnitte des Lebens schildert als Waffengänge, spielen die Frauen von vornherein beachtliche Rollen: etwa Penelope in der Odyssee und besonders auf der Bühne des klassischen Dramas, das reich an kraftvollen Heldinnen ist. Sie spielten auf der Bühne selbstbewusstere und entschlossenere Rollen als jener Frauentyp, der den Zuschauern aus ihrer eigenen Gegenwart geläufig war. Eine Frau, Alkestis, kann, nachdem sie, um ihrem Gatten das Leben zu retten, ihr eigenes Leben zum Opfer gebracht hat, bei Euripides als ‚höchsten Ruhmes würdig‘ (eukleésteros, V. 623) gepriesen werden. Diese Formel war durch die Dichtertradition wohl nur für männliche Helden vorgegeben. Kurz: In den Personennamen setzt sich fort, dass die appellativen Preisformeln, auf denen sie fußten, sich in strenger Stilisierung auf einen extrem männlich geprägten Weltausschnitt zurückzogen.
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VI.2 Movierungen in zwei Stammklassen als Wurzelstock der germanischen Frauennamen Dass die Frauennamen in ihren Anfangsgliedern niemals auf konsequenten Abstand zu den Männernamen gingen, aus denen sie einmal hervorgegangen waren, liefert uns ein erstes eindrucksvolles Beispiel für die ungebrochene Kontinuität, die alle bewegten Wandlungen der germanischen Frauennamen überdauerte. Ein zweites Exempel begegnet uns in ihrer Flexion. Denn die blieb – wie sich um sie herum die appellative Nominalkomposition auch ändern mochte – beharrlich bei einer Aufteilung in bloß zwei nahe miteinander verwandte Stammklassen. Am deutlichsten tritt dieses Schema im romanischen Gallien zutage. Denn hier bürgerte sich für die in Massen einsickernden westfränkischen Personennamen früh ein lateinisches Wiedergabeschema ein, in dem die Ausgänge eines jeden einzelnen Endgliedes von da an konstant blieben.2 Während in Deutschland bereits zeitig eingetretene Verwitterungen das Bild der Namenenden verunklärt haben, konnte sich so in der lateinischen Wiedergabe romanischer Lehnformen ein weitgehend getreuer Spiegel ursprünglicher Verhältnisse erhalten. Die reichste Fundgrube ist das in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts entstandene Polyptychon Irminonis für die Abtei von Saint Germain des Prés, das eine Fülle von Hörigen namentlich auflistet.3 In diesem Kronzeugnis heben sich zwei Bildeblöcke ab: – –
feminin flektierende Bildungen auf -a wie Ainberga, Adalsada und Aldara ihnen gegenüberstehend wie lat. vitis, -is f. gebeugte Bildungen auf -is: etwa Rotlindis, Adalgardis und Bertefledis.
Während der erste Block eindeutig auf germanischen o---ı-z > -r durchgesetzt hat, die in der übrigen Germania untergegangen ist. In England ist für uns wichtig, dass flaed ‚Schönheit‘ und @ ry. ‚Kraft‘, die als Appellativa feminine i-Stämme darstellten, dann, wenn sie am Ende von nichtmovierenden weiblichen Endgliedern Eingang in Personennamen fanden, abweichend vom Appellativgebrauch durchweg auf -e -ijo-- ergab sich urgerm. in dem parallelen maskulinen ia- Paradigma nach langer Silbe -ija-: urgerm. belegt durch Holtijaz auf dem Horn von Gallehus.
Klangähnlichkeit im Endgliederschatz
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VI.3 Klangähnlichkeit im Endgliederschatz: bei Frauen häufiger als bei Männern? Eine der Entdeckungen, mit denen ich 1957 aufwarten konnte, war, dass sich in der Germania – ohne jede Entsprechung in anderen Namenschätzen – ein auffällig großer Anteil weiblicher Endglieder abhebt, denen sich zwei Klangtypen ablesen lassen. Die Auflistung der wahrscheinlich schon urgermanischen Zweitglieder, die im Anhang 3 wiedergegeben sind, legte folgenden Befund frei: Von 32 wahrscheinlich urgermanischen Endgliedern von Frauennamen ähnelten sich 18 in ihren Ausgängen. Mit etwa 56 Prozent hat weit mehr als die Hälfte sich zu einer einzigen Klangreihe zusammengefügt: 1. -fle-d- (5) 2. -frı-d- (6) 3. -gard- (7) 4. -gild- (9) 5. -go-d- (10) 6. -gun@ - (11) 7. -hai@ - (12) 8. -hard- (12a) 9. -held- (13)
10. -lai@ - (15) 11. -lin@ - (18) 12. -mo-d- (19) 13. -mund- (20) 14. -nan@ - (21) 15. -re-d- (23) 16. -sin@ - (25) 17. -swin@ - (26) 18. -@ ru-@ - (28) 19. -wald-? (29) 8
Hier war offenbar ein mächtiger Stilwille am Werk, dem wir auf den Grund kommen müssen. Das Klangmuster, das hier heraustritt, rüttelte nicht an der ererbten Doppelspurigkeit von -ı-- und -o--Stämmen, aber uniformierte den voraufgehenden Klangkörper. Durchweg waren nur l a n g e S t a m m s i l b e n zugelassen, denen die s t i m m l o s e S p i r a n s -@ - oder ihr stimmhafter Nachbar -. - folgte. Der Formwechsel innerhalb desselben gotischen Paradigmas wie wito@ Nom. und witodis Gen. ‚Gesetz‘, ga-nasi@ s ‚gerettet‘, Gen. Pl. ga-nasidai lässt auf eine ältere aspirische Aussprache von d als . – wie im englischen that – schließen (ursprünglich waren im Gotischen b, d und wohl auch g im Inlaut nach Vokal noch keine Verschluss-, sondern stimmhafte Reibelaute).9 Wir dürfen uns dies so ausmalen: Schon auf ältestem Stande, der sich aus der Vielzahl der verwandten Namenschätze erschließen lässt, waren die Ausgänge weiblicher Nomina und Namen auf wenige Lautungen eingeschränkt, während maskuline Wörter und Personennamen eine breitere Palette von Stammklassen aufwiesen. In
8 Ratlos macht mich, warum *-wardo- in Personennamen offenbar unbezeugt bleibt, obwohl es durch got. daúra-warda ‚Türhüterin‘ appellativ gestützt würde. 9 Krause 1968, § 49a, 107.
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den Frauennamen der Germanen fraß sich die gleiche den Klang unifizierende Tendenz gleichsam rückwärts weiter. Denn jetzt wurde auch die Qualität des letzten Konsonanten ebenso wie die Quantität der ihnen vorausgehenden Silbe einbezogen. Wie nehmen sich im Vergleich dazu die Männernamen aus? Mit der Antwort machte ich es mir seinerzeit zu leicht, da ich es 1957 versäumte, die maskulinen Endglieder ebenfalls systematisch zusammenzustellen. So verließ ich mich auf mein Gespür und nahm irrtümlich an, dass klanglich ähnlich gebaute Namen zwar auch für Männer gebraucht wurden, aber weit weniger als auf der weiblichen Seite. Bei diesem vorschnellen Urteil wäre es nicht geblieben, wenn andere meinen Torso von 1957 durch die noch fehlende Liste der männlichen Endglieder ergänzt hätten. Wenn ich dies in diesem Buch schließlich selber nachhole, gelange ich zu der Einsicht, dass es ein Fehlurteil von damals zu berichtigen gibt. Nachdem ich mich schon 1962 bei der Beurteilung der Namen auf -kampf berichtigt habe, muss ich jetzt eine zweite Korrektur vornehmen. Soll ich mich freuen, dass mir inzwischen keine Kollegen auf die Schliche gekommen sind? Das bereinigte Bild zeigt, dass die beiden von mir entdeckten Klangtypen unter den Männernamen ebenfalls auffällig häufig, wenn auch nicht so häufig wie unter den Frauennamen vertreten sind. Denn von 49 maskulinen Endgliedern wiesen immerhin 15 die Klangähnlichkeit auf, die mir von den Frauennamen geläufig war. Mit etwa 31 Prozent ist das mehr als zu erwarten wäre, wenn bloßer Zufall waltete. Es ist zahlreich genug, um eine auch hier eine angelegte Tendenz anzunehmen. Unter den appellativen Komposita – auch das müsste überpfüft werden! – dürften solche Klangbilder nur in zufälliger, weit geringerer Streuung auftreten. Da nun einmal die frühe Frauennamengebung ein Derivat des männlichen Namenschatzes ist, dürfen wir folgern, dass die Klangvereinheitlichung am Namenende sich für die Männer ausgebildet, sich aber dann in der Übertragung auf die Frauen noch stärker ausgeprägt habe. Dass bedeutet nun nicht mehr, dass wir die genannte Klangähnlichkeit als einen ersten Ansatz verstehen dürfen, die Frauennamenbildung zu verselbständigen. Für die Frauen wurde lediglich etwas in den Männernamen Angelegtes im Zahlenanteil verstärkt. Während bei den Frauennamen eine deutliche Mehrheit dem Muster der Klangähnlichkeit folgt, gilt das bei den Männern nur für ein Drittel. Was besagt dieser Unterschied? Offenbar ergab er sich aus dem Fehlen jeglicher auf Frauen bezogenen Sinnhaftigkeit in den Anfangsstadien einer eigenständiggermanischen Namenbildung. Weil in den Namen der Frauen die Rücksicht auf den Sinn noch weiter zurücktrat als bei den Männern, ergab sich hier noch mehr Raum für ein sinnfreiers ästhetisches Interesse an ähnlichen Klängen als bei den Männern. In den anderen indogermanischen Namenschätzen ist mir ein entsprechender Drang zur Klangvereinheitlichung unter den Endgliedern, ob nun weiblich oder männlich, nirgends aufgefallen. Wie lässt sich die auffällige germanische Besonderheit einordnen? Vereinheitlichte Klänge sind uns schon beim silbischen Rhythmus der Namen begegnet: Hier nicht bloß als Tendenz, sondern als ziemlich streng und allgemein durchgeführtes Stilprinzip. In allen Fällen hat sich in der Germania, anders
Klangähnlichkeit im Endgliederschatz
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als in der übrigen Indogermania, der Mangel an individueller Sinnhaftigkeit gleichsam als Ersatzerscheinung in der Gestalt eines verstärkten Interesses an einer Klangregulierung niedergeschlagen. Anders als 1957 behauptet haben die Versuche, die Frauennamen gegenüber den Männernamen zu verselbständigen, nurmehr einen bescheidenen Anfang genommen, wenn die in diesem Abschnitt untersuchte Tendenz einer Klangvereinheitlichung der Endglieder für die Frauen stärker durchschlug als für die Männer. Im Folgenden wird es darum gehen, noch eindeutigere Anhalte für einen Drang zur Eigenständigkeit der Frauennamen nachzuweisen.
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VI.4 Von der sinnvollen Movierung (gott-)gegeben zum eigenständig-weiblichen Endglied (Gottes-)Gabe Zwei Abschnitte lang wird es nunmehr darum gehen, die Wege freizulegen, auf denen unsere fernen Vorfahren zu nichtmovierenden Endgliedern für Frauen vorstießen. Das wird nicht leicht sein, weil es sich ja um Vorgänge handelt, die sich in einer Frühzeit ohne Schriftzeugnisse abspielten. Aber glücklicherweise haben sich – so pietätvoll, wie unsere Ahnen mit ehrwürdigem Erbe umgingen – von den durchmessenen Marschstrecken immerhin beredte Fußabdrücke erhalten. In ihnen blieb ein archaisches Gut, das die Entwicklung später hinter sich ließ, fortdauernd eingeprägt. Das erleichtert unser gleichsam paläontologisches Vorhaben. Eine der Bahnen, die zu eigenständigen Endgliedern führte, setzte bei jenen Movierungen ein, die zunächst die ganze Breite weiblicher Bildungen besetzt hielten. Es gab unter den zunächst einmal sinnentleerten Abklatschen von Männernamen auch solche, in denen eine Frau sich, wenn sie wollte, wiedererkennen konnte. ‚Von einem Gott oder einer Göttin abstammend‘ war sicher eine uralte Preisformel, die ebenso wie vornehme Männer auch Frauen zieren konnte, wie das auch für Adjektiven wie ‚hellglänzend‘ und ‚lieb‘ gilt.10 So wurde das schmückende Beiwort diogene-s in der griechischen Epik der Zeustocher Pallas Athene, aber auch dem Helden Achilleus beigelegt. Verständlich, dass Personennamen mit dieser Bedeutung über die Weite der Indogermania streuen. So begegnen, um nur die Femininvarianten ins Auge zu fassen, in Indien De-va-ja-- ‚gottentstammt‘. Damit begegnet im Sinn gleich und nach der Herkunft verwandt bei den Kelten -gena und -gnata. Mangels etymologischer Verwandter zu diesen Endgliedern haben die Germanen zur Kennzeichnung göttlicher Abstammung stattdessen *-laibaz m. und *-laibo- f. gebraucht, wobei ‚übrigbleibend‘ hier N a c h f a h r e n und N a c h f a h r i n n e n kennzeichnen sollten. Im Indischen hat diese Formel nicht nur die Preisung als ‚(gott)gegeben‘ zur Seite, die uns noch beschäftigen wird, sondern auch ‚-gupta-‘ f. ‚(von einem Gott) beschützt‘ und -mitra- ‚(mit einem Gott) befreundet‘. Von diesem Bündel sinnverwandter, auch auf Frauen passender Formeln war es nur ein Schritt zur Einführung nichtmovierender Endglieder, die allein auf Frauen bezogen einen guten Sinn ergaben: -mañjarı- ‚Blütendolde, Blume‘, -prabha- ‚Glanz‘ entsprechen. Als Brücken, die den Bogen von den Movierungen zu eigenständig-weiblichen Endgliedern schlugen, kommen etwa -prabha- ‚Glanz‘, ‚Schönheit‘, -lata- ‚Kletterpflanze‘, -ma-la- ‚Kranz, Girlande‘ und -garbha- ‚Mutterleib‘ in Frage.11 Im Germanischen war der entsprechende Ausgangsboden für die Entstehung eigenständig-weiblicher Endglieder wohl weit schmaler abgemessen, da die Sinntypen ‚beschützt‘ und eine Movierung von wini- ‚Freund‘
10 Siehe Anhang 3, Nr. 29 u. Anhang 4, Nr. 17. 11 Ich hielt mich an Hilka 1910, S. 149f., bei dem ich nicht erkennen kann, ob oder in welchem Ausmaß welche weiblichen Endglieder auf weiblich getönte Anfangsglieder folgten.
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unter Männernamen und Preisformeln fehlen.12 Dass die Sitte einer kultischen Knechtschaft, die dem maskulinen *-@ ewaz (27) zugrunde liegt, auch auf Frauen übertragen wurde, mag ich nicht bündig ausschließen. Aber für wahrscheinlich halte ich sie nicht. ‚Geschenk‘ war keine normale, alltägliche Bezeichnungsweise für Personen. Sie reihte sich vielmehr an die uns schon aus den Männernamen vertraute Weise an, M e n s c h e n in poetischer Sagweise mit D i n g e n gleichzusetzen. Denn ein ‚Geschenk‘ war ja im Normalfall eine S a c h e . Für die Identifizierung mit Dingen entwickelten die Germanen, wie wir schon wissen, die Besonderheit, dass sie – abweichend vom indogermanischem Herkommen – nur m a s k u l i n e G e g e n s t ä n d e in P r e i s f o r m e l n wie in Personennamen für Männer eintreten ließen. Das Femininum *-gebo- legt nahe, dass dieser grammatische Brauch auch auf die Preisung von Frauen sinngemäß übertragen wurde. Bei der Spärlichkeit von ehrenden Formeln für Frauen, die uns überliefert sind, ist nicht verwunderlich, dass wir im vorliegenden Fall nur wenige appellative Parallelen beibringen können: ae. ha-m-weor. ung f. ‚Heim-Zierde‘ für Hygelacs Tochter im Beowulf (V. 2228) und ae. -wyn(n) (38) ‚Wonne‘, das appellativ durch eala wı-fa wynn ‚die Wonne unter allen Frauen‘ im W\ds\th sowie in einem Exeterrätsel durch e-gna wynn ‚Wonne der Augen‘ gestützt wird.13 Da es an Entsprechungen außerhalb Englands fehlt, wird man wohl mit einer erst angelsächsischen Anreihung an -gifu, -geˇofu in Personennamen rechnen dürfen. Aber die Denkweise, die hier zugrunde liegt, könnte sehr wohl schon urgermanisch angelegt gewesen sein. Auch wenn manche Glieder in dieser Reihe verschollen sein mögen: Umfänglich wird der Vorrat kaum gewesen sein. Immerhin dürfte er als Mutterboden ausgereicht haben, dem eine Fülle von nordischen Kenningar entsprießen konnte, in denen Frauen mit Wörtern für ‚Erde‘ und verschiedene Baumarten umschrieben wurden.14 In der übertragenen Verwendung von Dingbezeichnungen von Grundwörtern von Personennamen und Preisformeln schälte sich eine symmetrische Regelung heraus. Genau antithetisch zu frühen Mannkenningar und frühen Dingbezeichnungen am Ende von Männernamen, in denen M a s k u l i n a für Männliches standen, wurden – wie die obigen angelsächsischen Belege zeigen – zur Kennzeichnung von Weiblichkeit F e m i n i n a verwendet. Ein zweiter – vorsichtig vermutet: jüngerer – Einstieg in eigenständig-weibliche Bildungen soll uns im Folgenden beschäftigen.
12 Hilka 1920, S. 149f. 13 Boehler 1930, S. 152. 14 Meißner 1921.
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Anläufe zu eigenständigen Frauennamen
Sieben weitere Neueinführungen: von der überirdischen Schlachthelferin zur Anmut irdischer Frauen
Die Etappe, die vor uns liegt, wird es uns schwer machen. Aber glücklicherweise gliedert sich die durchlaufende Entwicklung in Entwicklungsschübe, die wir, obwohl unserer Überlieferung vorausliegend, noch rekonstruieren können. Indes wohlgemerkt: mehr als ein Gebäude von Wahrscheinlichkeiten, das nur auf seiner inneren Schlüssigkeit beruht, kann nicht herauskommen. Als Arbeitshypothese sei vorangestellt, dass jedes neueingeführte Glied sich in einer Art von D o m i n o s p i e l anreihte, bei dem jeder Stein das Vorausgegangene zu einem Teil bewahrte, aber in einem anderen Teil zu Neuem überleitete. Dies Denkmodell hat sich mir bei meinen Einzelanalysen durchweg bestätigt. Lassen wir uns von einem berühmten griechischen Dichter in unsere nächste Aufgabe einweisen! Der Name der Athenerin Lysistrate- enthielt nicht mehr Sinn, als dass er von einem Männernamen Lysistratos abgeleitet war, der sich glatt verstehen lässt. Denn ein Held konnte poetisch als jemand umschrieben werden, der ‚das Heer der Feinde zersprengt und zur Auflösung bringt‘. Das Genie des Komödienschreibers Aristophanes hat sich herausgenommen, dem Namen Lysistrate- einen weiblichen Sinn zu unterschieben, der diesem zunächst gar nicht innewohnte. Der Meister der Bühne führte seinen Landsleuten in einem Stück, das 411 v. Chr. aufgeführt wurde, eine beherzte Frau vor, die ihre Geschlechtsgenossen aufruft, sich ihren Männern zu versagen, solange die das Männerwerk eines schier endlosen, verheerenden Krieges fortsetzen. Ihr Name wird zum Programm. Denn sie will das eigene, athenische Heer auflösen, um damit dem bösen Spuk ein Ende zu bereiten. Was trägt dieser berühmte Fall für uns aus? In neun indogermanischen Namenschätzen lag Jahrtausende lang die Möglichkeit auf der Straße, sinnentlehnte Movierungen, welche die weibliche Hälfte des zweigliedrigen Typus ausmachten, in dafür geeigneten Fällen wörtlich zu nehmen, als seien Namen auf die damit benannten Frauen zugeschnitten. Da die Männernamen nun einmal Heldenrollen beschrieben, musste ein solcher Versuch nicht selten den Anschein erwecken, es würden auch Frauen heroische Rollen untergeschoben. Es beleuchtet den zähen Konservatismus der Namengebung, dass es den Germanen vorbehalten blieb, von dieser zum Greifen bereitliegenden Möglichkeit einen dauernden Gebrauch zu machen. Mittlerweile habe ich über die Schritte, die dabei durchmessen wurden, noch einmal neu nachgedacht. Dabei gelange ich, wie ich hoffe, zu einem teils berichtigten, teils genauer ausgezeichneten Bilde. Als Ansporn wirkte der Widerspruch, der mittlerweile gegen mein Schema von 1957 laut geworden ist: am ausdrücklichsten durch Thorsten Andersson, dem ich noch heute dankbar bin, dass er mich, den Historiker, 2004 zu einem rein philologischen Namensymposium in Uppsala einlud.15 Wenn ich
15 Andersson 1990.
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damals wieder in die Atmosphäre von Altgermanisten eintauchte, die mir lange fremd geworden war, dann hat mich das auf einen Weg gelockt, an dessen Ende das vorliegende Buch steht. Den Einwand des geschätzten schwedischen Kollegen verstehe ich so: Ich hätte allzu radikal mit der von Müllenhoff und Edward Schröder entwickelten Vorstellung gebrochen, in den Frauennamen spiegele sich wider, dass jene S c h i l d m a i d e n und W a l k ü r e n , die wir aus der skandinavischen Literatur kennen, zu mythisch-überirdischen Vorbildern für irdische Frauen geworden seien. Diese Ansicht habe ich 1957 – wie ich heute zugebe: allzu rasch und unwirsch – vom Tisch gewischt, weil ich mich an die überlieferte germanische Literatur und ganz besonders an die angelsächsische Epik hielt, wo ein völlig anderes Frauenbild gezeichnet wird: irdisch, häuslich und friedlich. Wo die antike Historiographie Frauen in den Reihen kämpfender Germanen erwähnt, da stets in der Sondersituation wandernder Ethnien, die sich mit allen Kräften ihrer Haut wehren mussten. Entsprechungen dazu dürften in germanischen Heldendichtungen fehlen.16 Aber jetzt gestehe ich mir ein, dass es in der germanischen Frühzeit erst einer Anlaufstrecke bedurfte, bis dieses Bild auch auf die weiblichen Namen durchschlug. Denn die bestanden ja zunächst einmal aus scheinbar heroischen Bildungen, die man nicht einfach über Bord werfen wollte. Statt dessen interpretierte man sie, wie Aristophanes mit seiner Lysistrate-, an sorgfältig ausgewählten Punkten um und hangelte sich von dort gleichsam zu einem u n h e r o i s c h e n F r a u e n i d e a l weiter. Als Ansatzpunkt diente die mythische Vorstellung, vom Himmel stiegen wehrhafte und hilfreiche Schildmaiden zur Erde, um dem kämpfenden Helden auf dem Schlachtfeld beizustehen, aber auch die Gefallenen zu bergen. Mit einem neueingeführten, nichtmovierenden Endgliederpaar *-burgo- und -berg(o-), dem ich die bahnbrechende Rolle zuschreibe, wurde wohl erstmals eine Brücke zu den Schildmaiden geschlagen. An diesen, in Sinn und Etymologie zusammengehörenden Endgliedern verwirrt zunächst, dass ‚bergen‘ im Sinne von ‚Schutz bieten‘ doch Männersache ist. Frauen dagegen schützen nicht, sondern werden beschützt. Dass ‚bergen‘ auch die typisch weibliche Aufgabe eines Beistandes bei der Geburt bezeichnen konnte, wirft für unseren Zusammenhang nichts ab. Sehr wohl aber, dass die Schildmaiden und Walküren – hier genauer zu differenzieren würde zu weit führen – die Gefallenen vom Schlachtfeld tragen und sie so vor Aas fressenden Tieren retten. Diese Forderung der Pietät konnten, da Schlachten ja nicht daheim vor dem Hause geschlagen zu werden pflegen, in der Regel keine irdischen Frauen erfüllen. Nicht zufällig ist in Frauennamen auf *-bergo- die Koppelung mit Gun@ i- ‚Kampf‘ am frühesten und weitesten verbreitet. Diese Prägung wird den Anfang gemacht haben, wenn der Sinntyp einer ‚im Kampf die Leichen bergenden Helferin‘ Eingang in den Namenschatz fand.17
16 Bruder 1974. 17 Dazu Schramm 1957, S. 158 Nr. 1.
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Diese Bildung steht formal nicht im Einklang mit der Genusregel, die für die Männernamen galt. Denn dort gab man sich ja Mühe, bei substantivischen Zweitgliedern auch den bloßen Schein einer Ableitung von nichtmaskulinen Worten zu vermeiden. Sobald man dieses Prinzip sinngemäß auf Frauen übertrug, musste *-bergo- Anstoß erregen, weil sich daraus der unweibliche, maskuline ‚Berg‘ herauslesen ließ. Wenn Prägungen auf *-bergo- sich trotzdem einnisten konnten, dann mag dies darauf beruhen, dass die für Männernamen geltende strengere Regel erst mit Verzögerung auf die Frauennamen abfärbte. Warum aber blieb -bergo- nicht allein, sondern wurde durch ein nach Etymologie, Klang und Bedeutung verschwistertes -burg- flankiert? Wie mag sich dieser unter den Endgliedern von Frauennamen Paarigkeit ergeben haben? Mein Erklärungsvorschlag: Puristen unter unseren fernen Vorfahren konnten Anstoß daran nehmen, dass *-bergo- von dem Maskulinum Berg abgeleitet schien. Diesem scheinbaren Makel ließ sich durch die Alternative der Ablautvariante *-burgo- abhelfen. Diese ergab namentlich in der Kombination mit Walu-, die häufiger als jede andere begegnet, als ‚Bergerin der auf dem Schlachtfeld Gefallenen‘ einen guten Sinn ergab. Das Endglied *-burgo- hatte nicht das Maskulinum Berg neben sich, sondern die weibliche Burg. Das aber hieß: da *-burgo- als waschechte Femininbildung anmutete, war es über jeden Tadel erhaben. So verstanden spiegelt die Variation von *-bergo- durch *-burgo- den Einzug der verschärften Genusregel in den weiblichen Bereich, in dem sie bisher noch nicht gegolten hatte. In unserem Falle wurde, wenn ich Recht habe, ein Endglied nicht nur nach dem grammatischen Geschlecht des Appellativs bewertet, das es zu seiner Seite hatte, sondern diesem gegenüber sogar formal angeglichen, obwohl dabei sematisch Abwegiges herauskam. Dass ein hypothetisch angesetztes *-burgo- in der Tat zu -burg wurde, wird durch einen glücklichen Zufall bestätigt, der ein erhellendes Licht auf das Formbewusstsein von Germanen im Umgang mit ihrer Bildetradition wirft. Vielleicht noch im 2. Jahrhundert verschlug es eine Semnonin aus der Germania östlich der Elbe bis an den Nil. Ein Ostrakon von Elephantine hielt ihren Namen als griech. Ualuburg fest. An dieser *Waluburg verwundert, dass die Lautung, nicht wie etymologisch gerechtfertigt, auf -o- oder das später dafür eingetretene -a ausging. Damit wurde hier gegen die Klangregel verstoßen, die am Ausgang germanischer Personennamen k e i n e e i n s i l b i g e n Wu r z e l n o m i n a duldete. Ja, unsere Waluburg nahm sogar einen krassen Widersinn in Kauf, weil Frauen niemals mit einer Burg gleichgesetzt werden konnten. Diese Nachteile wurden offenbar durch den Vorteil wettgemacht, dass jetzt ein unbestreitbar feminines Substantiv – eben die Burg – als Zweitglied erschien. Damit stülpte man, pointiert gesprochen, einem Frauennamen um der Symmetrie willen jenen Genuszwang über, der am Ende von Männernamen waltete. -burg gab zwar keinen guten Sinn, aber schloss – als waschechtes Femininum – grammatisch glatt an -gebo- ‚Gabe‘ an. Warum aber machte man keinen reinen Tisch und zog -berga, das doch anstößig
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geworden war, aus dem Verkehr? Weshalb erhielten sich hier – und im Endgliederschatz nur hier! – zwei Ablautvarianten von ein und demselben Verb nebeneinander? Offenbar, weil -berga den Germanen als ein Erbstück teuer geworden war, an dem man festhielt, auch wenn es gegen eine verschärfte Genusregel verstieß. Dass altes Gut neben dem Neuen überdauerte, ist uns bereits bei den Bildungen auf -kampf begegnet (IV.2). Solche Fälle liefern uns kostbare Anhalte für die Rekonstruktion der Entwicklung, in der sich ein Stück verbaler Kultur der frühen Germanen aus dem Dunkel des 1. Jahrtausends. heraushebt. Zurück zu unseren S c h i l d m a i d e n . Dürfen wir soweit gehen, Germaninnen hätten sich in ausschweifenden Träumen in die Rolle mythisch-heroischer Schlachthelferinnen hineinversetzt, obwohl doch irdische Frauen – und damit auch die Namenträgerinnen – auf dem Schlachtfeld nichts zu suchen hatten? Mir will eine andere Deutung mehr einleuchten. Sobald man daranging, von heroisch verstandenen Movierungen zu eigenständig-weiblichen Rollenbestimmungen zu kommen, bot sich die S c h i l d m a i d für einen ersten Schritt an. Diese der mythischen Phantasie entsprungene Figur eröffnete einen Prozess, den ich mir als Dominospiel vorstelle: Die eine Hälfte des ersten Steins zeigte scheinbar einen kriegerischen Charakter, an welche sich die Movierungen anschlossen. Der andere aber führte aus dem maskulinen Heldenbild der Männernamen (und den Movierungen) heraus. Fortgesetzt wurde das Spiel wahrscheinlich durch *-ru-no- (24)‚die Raunerin‘, die sich gleichsam z u i h r e r L i n k e n an das Endgliederpaar *-bergo-, burg(o-) anlehnt, aber rechts bereits von überirdischen Figuren zu irdischen Gestalten überleitete. Das Unheimliche, Schreckende, das doch den Schildmaiden und Walküren in nicht geringerem Maße als ihre helfende Rolle anhaftete, setzte sich in *-ru-no- fort. Denn ae. burhru-ne steht für ‚Hexe‘, hellerru-ne für ‚Zauberin‘. Aber zugleich führte die rechte Hälfte an n o r m a l e , i r d i s c h e F r a u e n heran, denn ae. héahru-ne bezeichnete je eine ‚wahrsagende Priesterin‘. In der Vxluspá erscheint mit eyra-rúna die ‚ins Ohr raunende Ratgeberin‘ sogar die priesterliche Sonderrolle am Rande der irdischen Gesellschaft zu einer Eigenschaft normalisiert, die jeder Frau, nicht nur einer Priesterin, anstand. Damit sind die Namenschöpfer offenbar in kleinen Schritten von einer überirdisch-dämonisch gefärbten Rolle in eine rein irdische Sphäre hinübergeglitten. Hier, meine ich, schloss *-niwjo- (22) an, das ich als r e c h t e s E n d e unserer Dominoreihe verstehe. Denn dieses Endglied hat jede Nähe zum Unheimlichen, Überirdischen abgestreift, das der semantischen Nachbarin -*ru-no- anhaftet. Stattdessen sind wir in den Bereich von Sagweisen für edle Frauen eingetreten, die, bildlich gesprochen, v o r n e h m , a n s e h n l i c h u n d h o c h g e a c h t e t neben dem Fürsten in der Halle sitzt. Dass eine Frau als ‚Neue‘ (got. niuja) bezeichnet werden konnte, ist, soweit ich sehe, in der Germania durch keine appellative Formel belegt. Gemeint ist offenbar der Sinn von ‚frisch, jung und zart‘, der als Sekundärbedeutung für das gleiche Wort im Lateinischen, Griechischen und im Sanskrit begegnet. Dass ein germanisches Namenwort erst durch den Vergleich mit verwandten Namenschätzen sinnvoll wird, würde allerdings vorerst als Unikum dastehen (II.4). Aber mit einzelnen Fossilien, die
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aus dem überlieferten Appellativwortschatz herausfallen, wird man von vornherein zu rechnen haben. Zu einer ausgesprochen weiblichen Semantik und zugleich zu seinem grammatisch adjektivischen Charakter würde gut passen, wenn sich als nächstes Glied in der Reihe an *-niwjo- die Neueinführung *-lin@-ı (18) trat. Zwar ist eine schon urgermanische Verankerung diesmal nicht voll gesichert, weil die Ostgermanen keine Belege beisteuern und die nordischen Zeugnisse offenbar auf einem Import beruhen. Aber in die Reihe der schon vor Einsetzen unserer Überlieferung durchlaufenen Stationen passt dieses Endglied gut, denn es bietet sich für unsere Rekonstruktion als einen weiteren Dominostein an. Hatten die vorausgegangenen Neueinführungen den vorherrschenden Klangunterschied unter den Movierungen hinter sich gelassen, so schwenkte *-lin@-ı zu diesem Muster zurück. Denn auch hier folgt auf eine lange Wurzel eine d e n t a l e S p i r a n s . Fortgesetzt wird die damit begonnene Reihe durch zwei im Ausgang ähnliche Endglieder -fle-d- (5) und -frı-d- (6), die erneut ideale weibliche Eigenschaften beschwören. Auf ihrer anderen Dominoseite neuern sie dagegen grammatisch auf doppelte Weise. Einmal beruhen sie nämlich auf feminine -ı-Stämme, die hier der Klangtradition der Frauennamen entsprechend den -ı-Stämmen angepasst worden waren. Zum anderen handelt es sich um zwei notorische Abstrakta, die appellativ als Grundwörter für Personenbezeichnungen ungeeignet gewesen wären. Die Brücke zwischen Alt und Neu wurde hier vermutlich durch weibliche Preisformeln wie ags. ha-mweˇor. ung ‚Heim-Zierde‘ und wynn ‚Wonne‘ geschlagen, die gleichsam auf der Grenze zwischen Konkreta und Abstrakta ansiedelt sind. Die um den Sinn weniger bekümmerten Namenschöpfer konnten hier kühner vorgehen als die Wortbildner, wobei auch hier durchaus denkbar ist, dass wieder einmal ein und derselbe Schöpfer zwischen zwei verwandten, auswechselbaren Rollen abwechselte. Ein zum i-Stamm umgeformtes abstraktes Femininum erscheint ein drittes Mal in *-@ ru@-ı ‚Kraft‘. Inhaltlich geht dieses Endglied – das ist die andere Seite des hier vorliegenden Dominosteins – weit über die vorangegangenen Neueinführungen hinaus. Denn -@ ru-@ - meint im appellativen Gebrauch eine ‚rohe, elementare Gewalt‘, die vermutlich sogar übertraf, was man einer Schildmaid zutrauen würde.18 In altenglischen Texten bezeichnet @ ry-. den Schwall von Wassermassen, aber auch den Schwung von Speeren und Schwertern im Kampf. In Skandinavien ist das gleiche Wort eng mit der Welt der Riesen und dem großen Kriegsgott Thor verbunden. Schwenkte damit die neuernde Reihe, die mit der Schildmaid begonnen hatte, nun, nachdem sie ins Irdische und Anmutige hinübergeglitten war, zurück: sogar bis ins Heroische und Gewaltsame auf eine Weise betonend, die über die Vorstellung von der Schildmaid noch hinausging? Sollten die Namenbildner vergessen haben, dass ihr Feld sich doch mittlerweile dem friedlich anmutenden Frauenbild der Dichtung geöffnet hatte? Nein,
18 Genauer Schramm 1957, S. 136f.
Sieben weitere Neueinführungen
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*-@ ru-@-ı wurde wohl kaum deshalb zum Endglied, weil man erneut einer weiblichen Militanz huldigte. Viel wahrscheinlicher stattdessen erscheint eine rein mechanische Verpflanzung von der ersten Stelle im Namen, die – wie wir uns erinnerten – ja niemals verweiblicht worden war, an das Ende. Den Anstoß gab wohl, dass es sich nach Klang und Grammatik gut an -fle-d- und -frı-d- anreihen ließ. Wo sich Namenfügungen wie dt. Trudbert eingebürgert hatten, war der Weg zu burg. Guntrudis und ags. Osthry. nicht mehr weit. Wieder einmal hatte sich kein n e u e r S i n n , sondern eine n e u e S i n n e n t l e e r u n g breitgemacht.
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VI.6 Eine Tendenz zum Abbau der Paarbindungen zwischen männlichen und weiblichen Zweitgliedern Bisher ließen sich die Phasen einer langen Entwicklung nur durch Hypothesen erschließen, weil es uns bis um Christi Geburt an schriftlichen Belegen fehlt. Dann aber setzt eine geschriebene Überlieferung ein, die durch das ganze erste Jahrtausend unserer Zeitrechnung kontinuierlich anschwoll. Sie erlaubt uns, aus der Nähe mitzuerleben, wie sich ein bis dahin noch ziemlich einheitlicher – behelfsmäßig als urgermanisch etikettierter – Stand der Namengebung auseinanderfaltete. Gerade für die Frauennamen – ja, eigentlich nur bloß für diese – lässt sich ein Wandel freilegen, der weit über Stammesgrenzen hinausgriff und jenes Grundmuster, das die eine Hälfte der zweigliedrigen Namen ordnete, gründlich veränderte. Diesen Wandel habe ich 1957 in Beispielen angedeutet, aber noch nicht als einen durchgängigen Strukturwandel beschrieben. Niemand anders hat die Lücke gefüllt. Diesmal möchte ich mich auf grobe Umrisse beschränken und die Feinarbeit solchen Kollegen hinterlassen, die sich von der Menge der nunmehr breit ausgefächerten Zeugnisse nicht entmutigen lassen. Bei der Rekonstruktion früher, unseren Quellen vorausgehenden Bildetypen erwies sich als durchlaufende Linie, dass den Germanen – so deutlich wie keinem sprachverwandten Volk – das Verhältnis der Frauennamen zu den Männernamen zum Problem wurde. Bei ihnen brach mehrmals – mit jeweils anderem Erscheinungsbild – die Tendenz durch, den Frauennamen mehr Eigenständigkeit einzuhauchen, als im System der bloß mechanischen Ableitung von Männernamen angelegt war. Das geschah zunächst, wie wir gesehen haben, durch n e u e i n g e f ü h r t e E n d g l i e d e r, die weibliche Inhalte beschworen, ohne dass sich dadurch ein neues, homogenes Gesamtbild ergab. Es blieb bei einer U n e i n h e i t l i c h k e i t , die sich krass von den weit homogeneren Männernamen abhob und hellhörige Zeitgenossen offenbar zu stören begann. Die Abhilfe, die nunmehr in einer letzten Runde versucht wurde, ging in einer bisher noch unerprobten Richtung voran. Während die – am frühesten von der übrigen Germania abgelösten – Ostgermanen vielleicht außen vor blieben oder doch erst spät, unter fränkischem Einfluss, Anschluss fanden, wurde die übrige Germania von einem mächtigen Sog erfasst, der sie in eine g r ü n d l i c h e U m o r d n u n g hineinzog. Treibend war das Bestreben, jene seit alters eingebürgerten Paarbildungen der Frauenendglieder mit männlichen Partnern aufzulösen, die noch immer für die Mehrheit der Endglieder galt. Während bislang, in Beispielen gesprochen, *-gun@ az und *-gun@-ı, *-waro- und *-waraz i m G e s p a n n g e t r a b t waren, ging man jetzt zu Einspännern über. Da die Zahl auf der Frauenseite kleiner war als bei den Männern, bot sich, damit die Frauen bei dem Wandel nicht auf der Strecke blieben, als einfache Lösung an, von den vorliegenden Paaren lediglich den weiblichen Teil fortbestehen zu lassen. Dabei obsiegte etwa *-gardı- (7) über *-gar. az, während *-laugaz von *-laugo- (16) verdrängt wurde. So bahnte sich eine symmetrische Architektur mit zwei nach dem Geschlecht geschiedenen Säulen an. Was zumindest tendenziell
Eine Tendenz zum Abbau der Paarbindungen
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herauskam, waren, wohlbemerkt, zwei rein formal konstituierte Hälften des Namenschatzes, die alle Semantik außer Acht ließen. Im Beispiel verdeutlicht: -gard- erhielt sich nur auf der weiblichen Seite, obwohl es nach seiner Bedeutung ‚Zaun, Schutzwehr‘ eigentlich nur für Männer sinnvoll war. Eine sichere Ausnahme ist -wald- (29), wo das Maskulinum den Platz behauptete, während das Femininum einging. Das geschah vermutlich deshalb, weil es sich um einen in Männernamen besonders beliebtes Endglied handelte. Wenn mit -hard- keine Frauennamen bezeugt sein dürften, dann bleibt denkbar, dass auch sie früh einer starken männlichen Konkurrenz weichen mussten. Erneut bewährt sich diesmal die Faustregel, dass bei Umbauten im germanischen Namensystem resistente Reste aus früheren Zuständen erhalten blieben, die uns bei historischen Rekonstruktionen helfen (V.1, VI.1). In welcher regional und zeitlich auseinander gefalteten Weise die genannte Tendenz Fortschritte machte, bleibt klarzustellen. Es müsste aber auch genauer nachgezeichnet werden, dass es auch Bewegungen gab, die – gegenläufig zum Trend – einige neue männlich-weibliche Paare einkreuzten. Beim Abbau der ererbten Paarigkeit ist England am weitesten gegangen. Kein Wunder danach, dass Schröder sich vor allem an diesen Teil der Germania gehalten hat und in der besten Kennerin der altenglischen Frauennamen eine entschiedene Parteigängerin fand.19 Hier war, zugespitzt, nicht der englische Garten des 18. Jahrhunderts vorgegeben, in dem der Natur mehr freie Entfaltung gegönnt wurde. Vielmehr waren – dieser Vergleich wurde im vorliegenden Buche schon einmal benutzt – streng stilisierende, zurechtstutzende Gärtner der Renaissance und des Barock am Werke. Wohl die meisten Reste des Alten haben sich im Norden mit Paaren wie Ásleifr m. neben Ásleif f. (14) und Geir-laugr m. neben Geirlaug f. (19) gehalten. Nicht erkennen kann ich, dass der ältere Zustand sich mit Vorzug dort hielt, wo die Bedeutung eines Endgliedes für beide Paarpartner einen guten Sinn ergab. So ist für -laug m. (16) umstritten geblieben, was damit ursprünglich gemeint war. Dem steht in Deutschland der abweichende Befund gegenüber, dass es hier offenbar nur wenige Paare gab, die – wie in Hartmut und Almut, Herat und Konrad – dem Zuge der Zeit widerstanden (16; 23). Deutschland und Skandinavien unterscheiden sich auch darin von England, dass beide Räume n e u e E n d g l i e d e r p a a r e einführten. Das gilt etwa für dt. -wint (47), das vielleicht zu überwinden gehört. Ja, in deutschen Regionen wurden den bisher nur am Ende von Männernamen vertretenen Bären und Wölfe die Bärin und die Wölfin gegenübergestellt (39; 48). Dt. -bru-n f. (40) mag lautlich aus einem Kompositum wie Albru-n abstrahiert worden sein. Aber es ließ sich als ‚die Braune‘ verstehen, was auf ein Synonym zur Bärin hinausläuft. Zugleich gehört -bru-n indessen in eine spezifisch
19 Dazu Boehler 1930, S. 190. Ihre Parteinahme erscheint – mehr als ihr bewusst war – wohl durch den Umstand bedingt, dass Schröder sich vor allem an die angelsächsischen Befunde hielt.
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deutsche Klanggruppe innerhalb der weiblichen Endglieder, weil es mit dem alteingeführten -ru-n und der Neueinführung -du-n reimt. Skandinavien ergänzte -álfr durch -elfr ‚Elfe‘ und -bjorn ‚Bär‘ durch -bera ‚Bärin‘ zu neuen movierenden Paaren. Dass auch vokalisch anlautende Endglieder möglich wurden, öffnete -unn(r) ‚liebend‘ das Tor. Wie -bera sind auch -finna, -gríma und -katla durch ihre schwache Flexion als Neuerung kenntlich.20 Offensichtlich entfernte sich der Norden wieder einmal am weitesten vom altgermanischen Herkommen. Wie stellt sich in der Rückschau die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Frauen- und Männernamen dar? Ansätze, die Frauen aus der Abhängigkeit der Benennung von Männern zu lösen, gibt es sonst, wie schon gestreift, wohl in größerem Ausmaß nur in Indien.21 Zu prüfen bleibt, ob hier auch weibliche Anfangsglieder um sich griffen, was auf eine weit radikalere Verselbständigung hinauslaufen würde, als wir sie aus der Germania kennen. Denn die Germanen haben streng daran festgehalten, dass beide Geschlechter in den Anfangsgliedern übereinstimmten, die eindeutig auf die heroische Namenwelt bezogen waren. So blieben alle Tendenzen, die weibliche Namengebung zu verselbständigen, partiell und in sich gebrochen. Im krassen, schon früh gestreiften Beispiel: Wenn ein Mädchen auf den Namen Gerlinde getauft wird, dann geht das auf ein urgermanisches Vorbild zurück, das an seinem Ende das Ideal eines zarten, linden Wesens beschwört. Das Anfangsglied aber bedeutet ‚Ger, Speer‘. Damit aber erscheint der Versuch, ein maskulines Erbe zu verweiblichen, wieder aufgehoben. Denn diese Wurfwaffe gehörte nicht in die Hände von Frauen und erfordert in ihrem Gebrauch andere Eigenschaften als ausgerechnet ein lindes Wesen. ‚Speer-zart‘ ist Unsinn. Dem mit Macht voranschreitenden Versuch, die Frauennamen von ihren männlichen Vorbildern durch Abbau der Paarbindung zu lösen, gelang es nie, den Frauennamen ein durchgängig weibliches Siegel aufzudrücken. Denn einige Movierungen ließen sich nicht verdrängen, was das Bild uneinheitlich erhielt. Zum anderen waltete dort, wo der weibliche Teil eines maskulin-femininen Paares übrigblieb, keinerlei Rücksicht darauf, ob sich einem Endglied auch ein weiblicher Sinn unterschieben ließ. Der letzte Anlauf, eine Eigenständigkeit der Frauennamen zu verwirklichen, ließ die Semantik gänzlich außer Acht und beschränkte sich auf Formales. Erinnern wir uns: Die Movierungen, mit denen eine lange Bildegeschichte begonnen hatte, sagten n i c h t s über das Wesen von Frauen aus und der schließlich erreichte Endstand nur w e n i g . Grund genug, sich am Ende dieses Kapitels noch einmal an die so zart-poe-
20 Das Umsichgreifen der schwachen Flexion erfasste auch ein altererbtes Endglied, siehe Peterson 1981a. Zur Geschichte der Auslautverhältnisse siehe Peterson 1981b. 21 Mir fehlen die nötigen Kenntnisse, um einen germanisch-indischen Vergleich auszuführen und zu vertiefen. Meine Beispiele stammen aus Hilka 1910, S. 149. – Leider hat Hilka nach einem Jahrhundert keinen Nachfolger gefunden, der den reichen Schatz altindischer Personennamen neu aufarbeitet und noch breiter erfasst. Ein Werk, das dieses leistet, hätte ich gut gebrauchen können.
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tisch benannten Töchter des vietnamesischen Diplomaten zu erinnern, mit denen wir unsere Überlegungen über Frauennamen begonnen hatten. Ein letztes Mal zu Schröders Genusregel, die besagt, die germanischen Frauennamen seien in ihren Bauprinzipien wie in ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf das weibliche Ideal der S c h l a c h t h e l f e r i n bezogen gewesen: parallel oder antithetisch zu den Männernamen. Von dieser Auslegung, die lange vorgeherrscht hat, ist bei unserer nunmehr abgeschlossenen Rekonstruktion kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. Aber das Abgebaute ließ sich durch keinen gleich einfachen Grundriss ersetzen. Wer sich tiefer in eine lange Bildegeschichte hineingedacht hat, wird aufhören, die Dinge auf unzulässig vereinfachende Formeln zu bringen. Ein Wort abschließend über den Altmeister Schröder. Meine Ehrfurcht und Dankbarkeit habe ich ihm, dem ich manchmal auf dem morgendlichen Weg zu meiner Göttinger Volksschule noch begegnet bin, stets bewahrt. Er experimentierte als erster mit der Annahme, die Germanen hätten den zweigliedrigen Namentypus in ein strenges Regelsystem eingebunden. Seiner Spur bin ich gefolgt. Bei der Vorbereitung meiner Dissertation gab mir Auftrieb, dass sich die grammatischen und klanglichen Regeln eines berühmten Philologen schon im kurzen Anlauf durch einen Anfänger erschüttern ließen. Oft sind eben nicht die Antworten, die einer findet, fruchtbar und zukunftsweisend, sondern die Themen und Fragen, an die er sich wagte.
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Das Gesamtbild
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VII. Das Gesamtbild: Kunstvolle Bauregeln für eine Gattung gehobener Sprache Welche Wesensmerkmale ergeben sich in diesem Buch für die zweigliedrigen Personennamen der Altgermanen? Ihr Mutterboden sind frühe Preislieder, die ein Sänger zu Ehren eines hochgestellten Helden vortrug: beim Begräbnis, beim Gelage in erlauchter Runde oder beim feierlichen Gedächtnis der Ahnen. In diesem vermutlich reichen Schatz von Epitheta, zu dem viele Generationen beigetragen haben, waren nominale Komposita nicht die einzige Aussageweise, aber doch ein besonders häufiger und leicht variierbarer Typus. Aus diesem Strang heroischer Kultur haben sich zweigliedrige Personennamen herausgebildet, die in ihrem grammatischen Bau zunächst nicht von den Komposita des Heldenpreises unterschieden waren. Der uns beschäftigende Bildetypus von Personennamen ist vermutlich im 1. Jt. v. Chr. aus einem fernen Entstehungsraum im nördlichen Vorland des Alten Orients zu den Germanen gekommen. Hier wurde er zu einem Spielplatz sprachlicher Produktivität, die weit origineller anmutet als in jedem anderen indogermanischen Namenschatz. Schon in dem von den Germanen übernommenem Muster war es üblich, dass in Heldenepitheta das Grundwort – ob nun an erster oder zweiter Stelle des Kompositums platziert – oft verschwenderisch variiert werden konnte. Die Formel ‚kampfkühn‘ etwa ließ sich durch ‚speerkühn‘ oder ‚wolfskühn‘ variieren, aber gelegentlich wurden dabei, aus Lust an der Vielfalt, auch die Grenzen einer strengen Sinnhaftigkeit überschritten. Altenglisch cyne-bald kombiniert ‚kühn‘ mit einem Erstglied für ‚Geschlecht‘, was keinen zusammenhängenden Sinn ergibt. Cyne ist bei Lichte besehen nur ein ornamentaler Vorspann ohne präzisen Inhalt. Es war die Freude am Variieren, die den Tochtertypus der zweigliedrigen Personennamen ins Ungemessene ausufern ließ. Im Germanischen, wo die Grundwörter von Komposita durchweg an zweiter Stelle standen, lief dies darauf hinaus, dass die Endglieder, die insgesamt einen noch leicht überschaubaren Bestand darstellten, mit der sehr viel größeren Zahl von Anfangsgliedern so kombiniert werden konnten, dass eine riesige unüberschaubare Menge von Zusammenrückungen möglich wurde. Es hat den Anschein, als seien unsere Vorfahren in einem unendlichen Spiel wie mit den Klötzchen eines Legobaukastens verfahren. Es störte dabei nicht, dass schlechtweg unsinnige Gebilde entstanden. Im Beispiel etwa: ahd. Baugulf scheint den ‚Armring-‘ oder ‚Spangen-Wolf‘ zu bedeuten, Wurm-heri den ‚Lindwurm-Heerführer‘. Aber dabei blieben die einzelnen Bausteine für die Germanen des 1. Jahrtausends v. Chr. noch meistens verständlich. Wo das nicht mehr galt, überlebte doch ein Gespür, dass es sich um ehrwürdig-archaische Bestandteile handelte, die einmal verstehbar gewesen waren. Wie ist es also insgesamt mit der Sinnhaftigkeit eines Typus bestellt, der bei allen germanischen Stämmen üppig wucherte? Es gab eine Minderzahl von Bildungen, die
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mit Heldenformeln identisch waren: etwa Bernhard ‚bärenstark‘, Hartmut ‚starkmütig‘ und Hildolf ‚Kampfwolf‘. Hier kann man einer Zusammenfügung individuelle Aussagekraft unterstellen. Der großen Masse der Namen aber wird man erst gerecht, wenn man sie als Fügung von jeweils zwei ausgewählten Bausteinen versteht, die stellvertretend für das ganze der idealisierten Heldenwelt stehen. Wiederum im Beispiel erläutert: Baugulf ergibt erst einen Sinn, wenn man baug- als Verweis auf die – in Heldenformeln festgeschriebene – Rolle von Anführern verweist, die den Kreis ihrer Getreuen mit kostbaren Ringen oder Spangen beschenkte. Das Endglied -ulf dagegen nimmt Bezug auf die uralte Vorstellung, dass der Held, wenn er in die Schlacht stürmt, sich in einen reißenden Wolf verwandelt. Schon die frühen Preisformeln der Heldendichtung, die wir am reichhaltigsten aus der angelsächsischen Dichtung kennen, loben an dem Helden keine bestimmten, sondern nur ihm eigene Eigenschaften. ‚Speerkühn‘ heißt nicht, dass dem Benannten eine besondere Meisterschaft im Speerwurf zugeschrieben wird, was ja bei einem Neugeborenen, der den Namen bekam, auf eine gewagte Prophezeiung hinauslaufen würde. Der Säugling könnte ebenso gut ‚schwertkühn‘ heißen. Einen Menschentypus, kein Individuum, haben die Formeln der Heldendichtung und der heroischen Personennamen im Auge. Mit der einen Prägung ist immer auch die Gesamtheit der anderen mit gemeint: die Ganzheit eines bestimmten Weltausschnittes gemeint, der in der Heldendichtung allein interessiert. Daher die Kennzeichnung einer kollektiven, auf das Ganze des Namenschatzes bezogenen Sinnhaftigkeit. Oder anders: Ein Personenname hat nur selten für sich genommen einen Sinn, aber er verweist durchweg auf den Sinn des Ganzen, dem er zugehört. Diese Aussagen lassen sich bereits für das Bildemuster wagen, dass die Germanen von außen übernommen haben. Ihre ganz eigene, nirgendwo sonst begegnende Stärke war es, die Einordnung des Einzelnamens in eine Gruppe, ja in ein Ganzes, in Sprache umzusetzen. Dafür haben sie Mittel eingesetzt, die in dieser Funktion in keiner anderen Ethnie begegnen. Eine germanische Neuerung war, dass auch grammatische Mittel eingesetzt wurden, um geschlechtsspezifische Eigenschaften hervorzuheben. Dabei wurde der Zusammenhalt unter den Männernamen mit anderen Mitteln gekennzeichnet als das für die Frauennamen galt. Ergänzend dazu gab es bereits bei den Heldenepitheta den Brauch, substantivische Endglieder auf Maskulina einzuschränken: Ein Held konnte so als ein Ger oder ein Helm, aber nicht als eine Brünne bezeichnet werden. In den Namen erscheint dieses Denkmuster ausgeweitet, wenn etwa von Adjektiven auf ‚Mut‘ und ‚Herz‘, die dem Benannten einen starken Mut oder ein festes Herz zuschrieben, im Namenschatz nur noch Entsprechungen mit dem Maskulinum ‚Mut‘, nicht aber mit dem Neutrum ‚Herz‘ als Zweitglieder zugelassen wurden. Entsprechend verfuhr man bei Bezeichnungen für Anführer oder Heeresgenossen, die von Bezeichnungen für Gemeinschaften abgeleitet waren: ‚Heer‘, im Urgermanischen noch ein Maskulinum, war so auch in Namen häufig, während die Bedeutungsentsprechungen, die von Nichtmaskulina abgewandelt waren, vermieden wurden. Bei den Frauennamen
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drang im 1. Jahrtausend, über das wir bereits Zeugnisse haben, die Tendenz vor, die anfangs offenbar vorherrschende Paarigkeit von männlichen und weiblichen Endgliedern, wie sie sich dt. z.B. in Al-mut und Hart-mut gehalten hat, aufzubrechen und die männlichen Partner solcher Paare aus dem Verkehr zu ziehen. So ergaben sich – wenn auch allein im Altenglischen mit einiger Konsequenz – nebeneinander zwei ganz unterschiedliche Blöcke von Endgliedern, die einen nur für Männer, die anderen nur für Frauen. Das enthüllt sich als ein Mittel unter anderen, eine Eigenständigkeit der Frauennamen gegenüber den Männernamen herauszukehren. Höchst bezeichnend für die Germania ist, dass nur hier e i n h e i t l i c h e K l a n g m u s t er durchgesetzt wurden, die keinem einzelnen Namen für sich ablesbar waren, sich aber klar abhoben, wenn man das Kollektiv aller Namen abhörte. Die Normierung des Rhythmus, die sich im krassen Gegensatz zu den üppig wuchernden Klangformen durchsetzen konnte, die bei den Kelten begegnen, legten sich die frühen germanischen Namenschöpfer auf Gebilde fest, die durchweg einen H a u p t a k z e n t vorn auf dem Erstglied und einen N e b e n a k z e n t zu Anfang des Zweitgliedes aufwiesen. Nicht weniger und nicht mehr als zwei Silben durften die Endglieder enthalten, während für die Anfangsglieder auch Dreisilbigkeit zugelassen war: aber eingeschränkt auf Lautungen, die auf -la- oder -na- endeten. Das rhythmische Gefühl, das bei diesen Regelungen waltete, entstammt Dichtungen, die in Stabreimzeilen verfasst waren. Aber führte bei den Namen zu einer strengeren Eingrenzung der Klangmöglichkeiten als bei ihren Vorbildern, den Heldenepitheta. Was sagen alle diese Regulierungen für diesen zweigliedrigen Typus aus? Sie lassen erkennen, dass der Klang – ja noch genauer: der Zusammenklang – der Namen einen gewichtigen Teil ihres Wesens ausmachte und sie von der übrigen Sprache – nicht im einzelnen, sondern als Kollektiv – absetzen sollte. Hier drückt sich aus, dass ein Name eben nicht, wie Wörter, etwas oder jemanden beschreiben und durch bestimmte Eigenschaften von anderen abheben soll. Die Funktion des Namens ist vielmehr eine bestimmte Person mit einem Kennzeichen zu versehen, das sie von anderen Personen abhebt. Eben, weil diese Funktion weit wichtiger war als jede Aussage über den Benannten, verlagerte sich das Wesen des Namens, verglichen mit Wörtern, in einem erheblichen Maße von der Bedeutung der Namenglieder auf ihren Klang. Unser zweigliedriger Typus spielte in seinem importierten Grundmuster inhaltlich auf das Wertsystem einer heroischen Welt an. Aber bei den Germanen gewann dieser einen eigenen Charakter, der ihn von dem Nachbarstrang der Heldenepitheta, aber auch von anderen indogermanischen Namenschätzen unterscheidet, durch die klangliche Abstimmung des Einzelnamens auf das Kollektiv. In keiner anderen indogermanischen Sprache gibt es dazu eine klare Entsprechung.
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Das Gesamtbild
VIII. Anhänge (unter Mitarbeit von Astrid van Nahl und Daniel Unger)
Namenlandschaften
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VIII.1 Namenlandschaften A Das Gesamtbild Die Synthese, die in diesem Buch versucht wird, umgreift die ganze Germania vom Beginn einer schriftlichen Namenüberlieferung um Christi Geburt bis um 1000, als die Fülle der verwendeten Bildungen schrumpfte und kaum noch neue aufkamen. Bemerkenswert erscheint, dass uns unter den offenbar ins 1. Jt. v. Chr. zurückreichenden Namengliedern auch zwei Wörter für ‚Schwert‘ – Heru- und -brandaz – sowie Helma-, -helmaz ‚Helm‘ und Brunja- ‚Brünne‘ – begegnen. Alle drei Waffen sind für so frühe Zeit archäologisch noch nicht als Teile germanischer Kriegsausrüstung gesichert.1 Aber im Berührungsstreifen zu den Kelten und später zu den Römern darf man wohl damit rechnen, dass die kostbaren, aus Metall bestehenden Waffen den Germanen schon früh bekannt waren und von ihnen geschätzt wurden: wohl zunächst vor allem zur Demonstration adliger Vornehmheit, die sich von der Masse der Heergenossen absetzte. Mit den Bronzehelmen von Negau in Slowenien, von denen einer eine germanische Weiheinschrift für einen Gott Harigast trägt, reiht sich ein Schriftzeugnis für ‚edle Waffen‘ im Gebrauch von Germanen an, das auf den germanischen Gebrauch von Bronzegerät zumindest für kultische Zwecke, vielleicht schon im 2. Jh. v., hinweist. In den vier Anhängen wird die weitgehende Beibehaltung des ererbten Anlagemusters, aber auch seine Abwandlungen in den verschiedenen Teilräumen der Gemeinschaft von Sprache und Kultur, die durch Wanderungen weit auseinander driftete, erfasst, und zwar durch drei besonders aufschlussreiche Teile des Bildemusters. Sie werden in übersichtlichen Listen erfasst, die verhältnismäßig seltene Sonderfälle in der Regel ausblenden. Die Fundstellen für Einzelnamen werden erst im Schlussregister ausgewiesen. Das geschieht – soweit möglich – nach Werken, denen sich entnehmen lässt, wie viele andere Kombinationen eines Anfangs- oder Endgliedes für eine bestimmte Namenlandschaft belegt sind. Appellativa, die zu Namengliedern führten, werden in der Regel nur aus einer germanischen Sprache zitiert. Der Zusatz usw. besagt, dass ein Wort auch in verwandten Idiomen vorkommt. Unter „Deutsche Stämme“ werden Franken und Alemannen verstanden, für die der Einfachheit halber das „Etikett“ Deutschland verwendet wird. Gesondert gekennzeichnet werden dagegen Sachsen und Friesen.
1 Belege bei Schramm 1957 und im Anhang 3.
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Anhänge
B Ostgermanen Ostgermanische Wanderstämme sind schon früh in den Horizont der griechisch-lateinischen Antike getreten. Mit der Amala-Sippe des 4.–5. Jh.s wird erstmals die Namenabfolge eines germanischen Herrscherhauses verlässlich fassbar. Durch neuere Forschungen, die namentlich Joseph M. Piel und Dieter Krämer zu verdanken sind, ist der Namenschatz der iberischen Westgoten mittlerweile gründlich erschlossen. Das meiste ergibt sich aus Konzilakten, die zwischen 633 und 700 im Königreich Toledo entstanden, und einer Urkundentradition, die bis ins 12.–13. Jh. reicht. Ergänzend ausgewertet wurden die zahlreichen Orte, die nach Besitzern benannt wurden. Mit einer großen Zahl hinreichend sicheren Prägungen ist der westgotische Teilbereich der Ostgermania reich, aber nicht so reich wie die anderen Großregionen fassbar. Die Zeugnisse erfassen zu allermeist geistliche Personen und sind für die Frauennamen spärlich gesät. Der philologischen Interpretation machen nicht so sehr die romanischen Neubildungen Schwierigkeiten als die Tatsache, dass sich die Belege in der – von Karl dem Großen 778 als Bollwerk gegen die Araber errichteten – spanischen Mark massieren. Gerade hier sind vermutlich viele fränkischen Namen eingeströmt. Die Anhänge 2–4 belegen, dass die Ostgermanen den urgermanischen Stand der Namenbildung um Christi Geburt treuer als jeder andere Zweig der Sprachverwandten bewahrt und nur durch wenige Neueinführungen angereichert haben. Untereinander unterschieden sie sich im Namenschatz offenbar ebenso wenig wie im Lautstand. Öfter als die übrigen Germanen dürften sie Ethnonyme wie Rugier als Zweitglied von PN verwendet haben. Das hohe Ansehen der Goten führte dazu, dass ihr Name auch in anderen Teilen der Germania am Ende von PN erscheint. Die bei den Westgoten häufige Prägung Gundisalvus zu ahd. salo ‚schwarz‘ spiegelt wohl eine Schreckbemalung des Kriegers (Schramm 1957 S. 63).
Literatur: Fiebiger, Otto / Schmidt, Ludwig: Inschriftensammlung zur Geschichte der Ostgermanen (Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, Phil.-Hist. Klasse 60, Abh. 3). Wien 1917. Kampers, Gerd: Personengeschichtliche Studien zum Westgotenreich in Spanien. Münster 1979. Meyer-Lübke, Wilhelm: Romanische Namenstudien I: Die alt-portugiesischen Personennamen germanischen Ursprungs (Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Klasse 149). Wien 1904. Piel, Joseph M.: Blüte und Verfall der westgotisch-hispanischen Personennamen. Sonderdruck aus: Quatrième Congrès International de Sciences Onomastiques. 2 Bde. Uppsala 1952 / 1954. Piel, Joseph M.: / Kremer, Dieter: Hispano-gotisches Namenbuch. Der Niederschlag des Westgotischen in den alten und heutigen Personen- und Ortsnamen der Iberischen Halbinsel. Heidelberg 1976.
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Wagner, Norbert: Ostgotische Personennamengebung. In: Dieter Geuenich / Wolfgang Haubrichs / Jörg Jarnut (Hgg.): Nomen et gens. Zur historischen Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 16). Berlin / New York 1997, S. 41–57. Wrede, Ferdinand: Über die Sprache der Ostgoten in Italien (Quellen und Forschungen zur Sprachund Culturgeschichte der germanischen Völker 68). Straßburg 1891.
C Früh aus der Binnengermania abgedriftet: Burgunder und Langobarden Die Burgunder am Mittelrhein sind im 5. Jh. von den Hunnen abgedrängt worden. In der Westschweiz und Burgund gelangen ihnen später Reichsbildungen, die dann von den Franken geschluckt wurden. Die Langobarden, die um 400 von der Unterelbe nach Süden aufbrachen, setzten sich nach langer und weiter Wanderung schon seit 568 in Norditalien fest, wo ihr Lombardenreich sich schließlich bis nach Mittelitalien ausweiten konnte. Erst Karl der Große hat diese Beute dem Frankenreich einverleibt. Die Kenntnis des Namenschatzes dieses germanischen Volkes konnte mittlerweile durch eine gründlichere Auswertung der Urkunden und Ortsnamen erheblich erweitert werden. Im Gegensatz zu den Burgundern haben wir es also mit einem namenhistorisch gut belegten Zweig der altgermanischen Sprachfamilie zu tun.
Literatur: Arcamone, Maria Giovanna: Die langobardischen Personennamen in Italien. Nomen und gens aus der Sicht der linguistischen Analyse. In: Nomen et gens. Zur historischen Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen. Hg. v. Dieter Geuenich, Wolfgang Haubrichs und Jörg Jarmut. Berlin / New York 1997, S. 157–175. Arcamone, Maria Giovanna: L‚antroponimia germanica a Pisa durante l‘eta longobarda. In: Filologia e Critica. Studi in onore di Vittorio Santoli. Hg. v. Dieter Geuenich und Ingo Runde (Deutsche Namenforschung auf sprachgeschichtlicher Grundlage 2). Hildesheim / Zürich / New York 2006, S: 137–152. Arcamone, Maria Giovanna: Die langobardische Athroponymie zwischen Germania und Romania. In: Namen des Frühmittelalters als sprachliche Zeugnisse und als Geschichtsquellen. Hg. v. Albrecht Greule und Matthias Springer (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 66, Berlin / New York 2009, S. 137–143). Bleiker, J.: Das Burgundenproblem in germanistischer Sicht, Vox Romana 22, 1963, S. 13–58. Bruckner, Wilhelm: Die Sprache der Langobarden (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker 75). Straßburg 1952 (Unveränderter fotomechanischer Nachdruck Berlin 1969). Gamillscheg, Emil: Romania Germanica. Sprach- und Siedlungsgeschichte der Germanen auf dem Boden des alten Römerreiches (Grundriss der germanischen Philologie 11), 3 Bde. Berlin / New York 1970. Jarnut, Jörg: Prosopographische und sozialgeschichtliche Studien zum Langobardenreich in Italien (568–774) (Bonner Historische Forschungen 38). Bonn 1972. Jarnut, Jörg / Käuper, Sascha: Langobardische Prosopographie und Langobardisches Namenbuch. Erfahrungen und Erwartungen. In: Person und Name. Methodische Probleme bei der Erstellung
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eines Personennamenbuches des Frühmittelalters. Hg. v. Dieter Geuenich, Wolfgang Haubrichs und Jörg Jarnut (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 32). Berlin 2002, S. 250–264. Morlichio, Elda: Antroponimia longobarda a Salerno – I nomi del Codex Diplomaticus Cavensis (Romanica Neopolitana 17). Neapel 1985. Onesti, Nicoletta Frankovich: Vestigi longobarde in Italie (568–774). Lessico e antroponimia (Proto 6). Rom 1999. Onesti, Nicoletta Frankovich: Gli antroponimi di origine longobarda in Italia meridionale. In: I Longobardi die ducati di Spoleto e Benevento. Atti di XVI Congresso internazionale di studi sull‚ alto medioevo. Spoleto 20–23 ottobre 2002, Benevento 24–27 ottobre 2002 (Atti dei Congressi XVI). Spoleto 2003 Wackernagel, Wilhelm: Sprache und Sprachdenkmäler der Burgunden. In: Karl Binding. Das burgundisch-romanische Königreich. Teil 1: Geschichte des burgundisch-romanischen Königreichs. Leipzig 1874. – Unveränderter Nachdruck Aalen 1969. Wagner, Norbert: Aufgaben bei der Erforschung der Langobardennamen. In: Beiträge zur Namenforschung 35 (2000). S: 141–169.
D Die Westfranken In dem eroberten Teil der Galloromania konnte Chlodwig I. um 500 ein Reich errichten, das sich bald ausweitete und für uns mit einem rasch anwachsenden Belegmaterial aufwartet. Das germanische Importgut wurde von Marie-Therèse Morlet 1968 umfassend zugänglich gemacht. Die reichste Fundgrube ist das sog. Polyptychon Irminonis, in dem das Kloster St. Germain des Près im frühen 9. Jh. seine Hörigen verzeichnet hat. Wertvoll ist dieses Material u.a. für den von den romanischen Entlehnern gleichsam eingefroren beibehaltenen Auslautstand der abgebenden Westfranken, aber auch für den romanischen Umgang mit einem Lehngut, das man inhaltlich oft gar nicht verstand und deshalb willkürlich behandelte. So begegnen in diesem Namenraum häufiger als in der Lombardei Neubildungen die germanische Muster eigenwillig abgewandelt haben. S. u. Anhang VIII 2 c.
Literatur: Le Blant, Edmond (Hg.): Inscriptions chrétiennes de la Gaule antérieures au VIIIe siècle. Hg. und mit Anmerkungen versehen von Edmond Le Blant. 2 Bde. Paris 1856–1865 (Unveränderter Nachdruck Hildesheim 1999). Neuß, Elmar: Westfränkische Personennamen. Probleme ihrer Analyse und Auswertung für die Sprachgeschichte. In: Beiträge zur Namenforschung, N. F. 13. Heidelberg 1978, S. 121–174. Polyptychum Irminonis abbatis = Polyptyque de l’abbaye de Saint-Germain des Prés. Rédigé au temps de l’abbrès Irminon et publié d’après le manuscrit de la Bibliothèque Nationale par Auguste Lognon (Publications de la Sociètè de l’Histoire de Paris). Bd. 1: Introduction. Bd. 2: Texte du Polyptyque. Paris 1886–1895. Polyptyque de l’abbé de Saint-Remi de Reims. Ou deìnombrement des manses, des serfs et des revenus de cette abbaye, vers le milieu du neuvième siècle de notre ère Polyptyque de l’abbé de S. Rémi de Reims par Benjamin Guérard. Paris 1853.
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Schützeichel, Rudolf: Das Ludwigslied und die Erforschung des Westfränkischen. Rheinisches Vierteljahrsblatt 31, 1966/67, 291–306. Schützeichel, Rudolf: Das westfränkische Problem. In: Franz Petri (Hg.): Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich. Darmstadt 1973, 578–638.
E Mittel- und Oberdeutschland Es ist dieser Raum der mit einer nirgendwo sonst erreichten Zeugnisfülle aufwartet. Der stupende Fleiß des Bibliothekars Ernst Förstemann hat mit seinem Altdeutschen Namenbuch Band 1 (in 1. Aufl. Nordhausen 1856, in 2., völlig umgearbeiteter Aufl. Bonn 1900) in bis heute nicht überholten Listen die gesamte kontinentalgermanische Überlieferung bis etwa 1000 ausgebreitet. Germanistikprofessoren an den Universitäten haben manchmal auf diesen Außenseiter herabgesehen: zu Unrecht, wie mir zum ersten Mal aufging, als ich sah, dass die angebliche Entdeckung Eduard Schröders, dass germanische Zweitglieder nicht vokalisch anlauteten, zuvor schon Förstemann gelungen war. Diese Erkenntnis half ihm bei Entscheidungen in der Frage, ob ein Name auf ein Zweitglied oder auf ein Suffix ausgeht. In der Regel entschied er richtig. Dass manche seiner Etymologien mittlerweile überholt sind, ist nur natürlich. Für eine geographische Binnendifferenzierung des Riesenstoffs, den es zu bewältigen gilt, gibt es bislang wenig Ansätze und noch weniger gesicherte Erkenntnisse. Auch L. Friedrich (Die Geographie der ältesten deutschen Personennamen. Gießen 1922. = Beiträge zur deutschen Philologie Bd. 7) lässt keine klaren Konturen erkennen. Um die bemüht sich auch das vorliegende Buch nicht. Nach vorläufigen Eindrücken scheint es keine sauber abgegrenzten Teilräume mit klaren Merkmalen, sondern nur gleitende Übergänge gegeben zu haben, die sich nicht an die Dialektgrenzen hielten. Wir können mit der vereinfachten Vorstellung arbeiten, dass die zusammenbleibenden Teile der Binnengermania bis zu ihrer Erstarrung um 1000 eine noch immer weitgehend homogene Namengebung enthalten haben. Dagegen gibt es – in Anhang 1 beispielhaft nachgewiesen – durchaus Erscheinungen, die das südliche Deutschland von den Sachsen, Angelsachsen und Nordgermanen absetzten.
Literatur: Förstemann, Ernst: Altdeutsches Namenbuch. Band 1: Personennamen. Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. Bonn 1900 (Nachdruck München / Hildesheim 1966). Friedrich, Ludwig. Die Geographie der ältesten deutschen Personennamen. (Beiträge zur deutschen Philologie Bd. 7). Gießen 1922 Schönfeld, Moritz: Wörterbuch der altgermanischen Personen- und Völkernamen, nach der Überlieferung des klassischen Altertums bearbeitet (Germanische Bibliothek 1. Sammlung germanischer Elementar- und Handbücher, Reihe 4: Wörterbücher). Heidelberg 1911. – Zweite, unveränderte Aufl. Heidelberg 1965 (Germanische Bibliothek, Reihe 3). Socin, Adolf: Mittelhochdeutsches Namenbuch nach oberrheinischen Quellen des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts (Basel 1903, Nachdruck Hildesheim 1966.)
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Vgl. ferner die sehr umfangreichen Personennamensammlungen der Monumenta Germaniae Historica. Libri Memoriales et necrologia. Nova series; hier insbes. Bd. 1.: Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau (Einleitung, Register, Faksimile). Hg. v. Johanne Autenrieth, Dieter Geuenich und Karl Schmid. Hannover 1979.
F Sachsen, Friesen Im Allgemeinen sind uns aus der frühen altsächsichen Sprache bis zum späten 8. Jh. nur wenige Runenzeugnisse überliefert. Erst im Zuge der Eingliederung der sächsischen Gebiete in das Frankenreich – und dem damit verbundenen Vordringen der karolingischen Kirchenorganisation und Klosterkultur – setzt eine umfangreichere Verschriftlichung des verhältnismäßig breiten sächsischen Namenschatzes ein, häufig (neben Franken und wohl auch Einheimischen) durch Angelsachsen oder zumindest in England ausgebildeten Personen, wie etwa dem in York ausgebildeten Friesen Liudger, auf welchen die Anfänge der hier besonders ergiebigen Urkunden des Werdener Klosters zurückgehen Sehr viel unübersichtlicher zeigt sich das Bild, welches uns der Namenschatz der friesischen Sprache bietet (die selbst womöglich, so die These Hans Kuhns, auf einen nichtgermanischen Ursprung zurückgeht und sich erst nach und nach – auf friedliche Weise – den von Osten eindringenden Germanen anglich). Aufgrund der höchst unterschiedlichen Quellenlage ist bisher eine einheitliche Definition friesischer PN nur ansatzweise möglich, weswegen bis zur Zeit des Hochmittelalters hauptsächlich geographische Kriterien zur Eingrenzung des friesischen Sprachgefüges herhalten müssen. Diesen Vorbehalt eingerechnet, spielen auch hier als Quelle für den friesischen Namenschatz die Urkunden des Werdener Klosters eine wichtige Rolle (deren sächsischer Namenschatz übrigens eine Reihe von Frisismen enthält), vor allem aber das, wenn auch nicht sehr umfangreiche, sogenannte Victorburer Strafregister vom Ende des 13. Jhs. aus der Gegend von Aurich.
Literatur: Bohn, Konrad: Untersuchungen zu den Personennamen der Werdener Urbare. Greifswald 1931. Brons, Bernhard. Friesische Namen und Mittheilungen darüber. Walluf (b. Westfalen) 1972 (Nachdruck der Ausgabe von 1877). His, Rudolf: Das Strafrecht der Friesen im Mittelalter. Leipzig 1901. Kuhn, Hans: Vorgermanische Personennamen bei den Friesen (1960). In: Ders.: Kleine Schriften. Aufsätze und Rezensionen aus den Gebieten der germanischen und nordischen Sprach-, Literaturund Kulturgeschichte. Dritter Band: Namenforschungen / Sonstiges. Hg. v. Dietrich Hofmann. Berlin / New York 1972.; S. 174–183. Schlaug, Wilhelm: Studien zu den altsächsischen Personennamen des 11. und 12. Jahrhunderts (Lunder germanistische Forschungen 30). Lund / Kopenhagen 1955. Sjölin, Bo / Timmermann, Ulf u.a.: „Friesen“ (Eintrag) in: Beck, Heinrich / Steuer, Heiko / Timpe, Dieter (Hg.): Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Zweite, völlig neu bearbeitete und
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stark erweiterte Auflage. Zehnter Band (Friesen, Otto von – Gelübde). Berlin / New York 1998; insbesondere S. 6–14 u. 17–26. Springer, Matthias: Saxones und Saxonia im Altertum und im Frühmittelalter. In: Namenkundliche Informationen 81/82, 2002, S. 155–177. Tiefenbach, Heinrich u.a.: „Sachsen“ (Eintrag) in: Beck, Heinrich / Geuenich, Dieter / Steuer, Heiko: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Zweite, völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Sechsundzwanzigster Band (Saal – Schenkung). Berlin / New York 2004; insbesondere S. 24–31. Timmermann, Ulf: Systeme attributiven Gebrauchs von Rufnamen in den friesischen Sprachräumen des Mittelalters, insbesondere in Nordfriesland. In: Akten des 18. Internationalen Kongresses für Namenforschung. Trier 1996. Vries, Wobbe de: Friese persoonsnamen. Assen 1952.
G England Die angelsächsische Überlieferung bietet 100 PN der Frühzeit, die Beda Venerabilis (731) in seiner Historia Ecclestasia verzeichnet (s. Hilmer Sträne: Old English Personal Names in Bede‚s History. An Etymological-Phonological Investigation. Lund 1939 = Lund Studies in English VIII). Bis ins 3.–4. Jh. blicken auch die Herrschergenealogien für acht angelsächsische Teilregionen zurück. Die ergiebigste Fundgrube ist der nordhumbrische Liber vitae. Im Kloster Lindisfarne begonnen und in Durham bis 840 weitergeführt, bietet er eine ständisch gegliederte Stifterliste, in denen die Weltgeistlichen und Mönche überwiegen. Der reiche Bestand angelsächsischer PN wird ergänzt durch ON, aus denen sich PN freilegen lassen. Mit rund 25 000 Belegen ergibt sich etwa ein Drittel des in Deutschland bezeugten Materials. Mit 70 Erst- und 140 Zweitgliedern bleibt England etwa im gleichen Abstand hinter Deutschland zurück wie Skandinavien. Die Angelsachsen haben eine Reihe ererbter Endglieder preisgegeben und nur wenige neu eingeführt. Was Edward Schröder als altertümlichsten Namenbestand der Germania eingestuft hat, entpuppt sich bei Lichte besehen als ein zu Recht gestutztes Erbe. (s.o., S. 129f.). Die Regionen übergreifende Schrumpfung des altgermanischen Namenschatzes gegen Ende des 1. Jt.s n. Chr. ging in England besonders rasch vonstatten. Schon seit der Landnahme im 5. Jh. ist der angelsächsische Namenschatz mit skandinavischen Importen durchsetzt worden, die in der Regel uneingeschmolzenes Fremdgut blieben.
Literatur: Björkmann, Erik Nordische Personennamen in England in alt- und frühmittelenglischer Zeit. Ein Beitrag zur englischen Namenkunde (Studien zur englischen Philologie XXXVII). Halle a. S. 1910. Boehler, Maria: Die altenglischen Frauennamen (Germanische Studien 98). Berlin 1930 (unveränderter Nachdruck Nendeln 1967).
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Clark, Cecily: Englisch Personal Names. In: Medieval Prosopography 8/1 (1987), S. 31–60. Feilitzen, Olof von: Some Continental Germanic Personal Names in England. In: Early English and Norse Studies. Presented to Hugh Smith in Honour of his Sixtieth Birthday. Ed. Arthur Brown and Peter Foote. London 1963, 46–61. Forssner, Karl Thorvald: Continental-Germanic Personal Names in Old and Middle Englisch Times. Diss. Uppsala 1916. Gerchow, Jan: Die Gedenküberlieferung der Angelsachsen. Mit einem Katalog der libri vitae und Necrologien (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 20). Berlin / New York 1988. Insley, John: Kontinentalgermanische Personennamen in England im Jahrhundert nach der normannischen Eroberung. In: Name und Gesellschaft im Frühmittelalter. Hg. v. Dieter Geuenich und Ingo Runde (Deutsche Namensforschung auf sprachgeschichtlicher Grundlage 2). Hildesheim / Zürich / New York 2006, S. 259–272. Searle, William George: Onomasticon Anglo-Saxonicum. A List of Anglo-Saxon Proper Names from the Time of Beda to that of King John. Cambridge 1897. Smart, Veronica: The Personal Names on the pre-Viking Northumbrian coinages. In: Coinage in Ninth-Century Northumbria. The Tenth Oxford Symposium on Coinage and Monetary History. Ed. D. M. Metcalf (BAR British Series 180). Oxford 1987, S. 245–255. Sträne, Hilmer: Old English Personal Names in Bede‚s History. An Etymological-Phonological Investigation. Lund 1939
H Skandinavien Die nordgermanische Namenüberlieferung beginnt im 4.–7. Jh. mit rund 70 im älteren Fu@arkalphabet abgefassten Runeninschriften, die Lena Peterson philologisch sorgsam aufgearbeitet hat. Die späteren Quellen gabeln sich in zwei Stränge: einen ostnordischen in Dänemark und Schweden, und einen zweiten in Norwegen und Island, der – kulturgeschichtlich bedingt – weit mehr Namen beisteuert als der Osten, und von E. H. Lind 1931 in einer umfangreichen Belegsammlung zugänglich gemacht wurde. Den Beleglisten für die einzelnen Prägungen stellte Lind jeweils die normalisierte Schreibung voran. Diese wird, da philologisch sauber abstrahiert, in unseren Text übernommen, weil die originalen Graphien nur verwirren würden. Dieser reichere, westnordische Bestand wird unseren Betrachtungen zugrunde liegen. Nur gelegentlich spielen in den Gedankengang dänische und schwedische Zeugnisse hinein, für die ebenfalls – wie beim hohen Stand der skandinavischen Namenforschung zu erwarten – solide Aufarbeitungen vorliegen. Bahnbrechend waren Hans Naumanns Altnordische Namenstudien, die für Skandinavien eine markante Ablösung vom altgermanischen Erbe offenkundig machten. Die Eigenmerkmale fallen im Norden stärker ins Auge als irgendwo sonst in der Germania. Nützliche Ansätze zu einer gesamtnordischen Synthese bietet der von Assar Janzén herausgegebene Sammelband Personennamen von 1947.
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Literatur: Jacobsen, Lis / Moltke, Eric (Hgg.): Danmarks Gamle Personnave. Unter Mitwirkung von Anders Baeksted und Karl Martin Nielsen. Bd. 1: Text. Bd. 2: Atlas. Bd. 3: Register. Bd. 4: Zusammenfassung. Kopenhagen 1941/42. Janzén, Assar (Hg.): Personnamn (Nordisk kultur 7). Stockholm / Oslo / Kopenhagen 1947. Lind, Erik Henrik: Norsk-isländska dopnamn ock fingerade namn från medeltiden. Uppsala 1905 / 1915. Supplementband (abgek.: Sb.) Oslo 1931. Naumann, Hans: Altnordische Namensstudien (acta germanica N. R. 1). Berlin 1912a. Naumann, Hans: Zur altnordischen Namengebung. Eine Studie zur vergleichenden Namenkunde. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift 4, S. 630–640.
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VIII.2 Anfangsglieder mit dreisilbigen Varianten a) Wahrscheinlich urgermanische Varianten Die folgende Liste beruht im Wesentlichen auf ostgermanisch-hochdeutschen Entsprechungen. Die Vermutung, dass in diesen urgermanisches Erbe fortlebt, das bei den Sachsen, Angelsachsen und in Skandinavien verkümmert ist, wird durch einzelne Restformen im nördlichen Bereich gestützt. 1. Agi-: Ogerm. z.B. wgot. Agiulfus; burg. Aiero; dt. z.B. Agihar; wnord. Ogmundr; ags. z.B. Ecgsuith. Agila-: Ogerm. nur wgot. Agil(a); burg. Agilbertus; qua nbn nd. Agilimundus; dt. z.B. Egilbern, Ailbern, -bert, -ger u.a.; nord. Agilamu[n]don, Gen., auf dem Stein von Rosseland; sonst – außer einstämmigem Egill – nur Egilleif. Ags. Aegel- ist vielleicht vom Festland entlehnt. Agina-: Einstige gemeingermanische Verbreitung wird, obwohl ein ostgermanischer Beleg nur in wgot. Agnitrudie f. vorliegt, wahrscheinlich durch die nordische Parallele Agnarr (Ynglingasaga und Grimnísmál) zu alam. Agenarichus und anderen binnengermanischen Namen belegt. Ags. Aegen-, Ain- wurde für entlehnt erklärt. Freilich ist Aegenulf elfmal bezeugt und Aynsie weist ein speziell englisches Endglied auf. Bedeutung: Die Ausgangsform Agi- gehört zu got. agis ‚Schrecken‘, ahd. egetier ‚schreckliches Tier‘. Zum Teil hat sich damit vielleicht ein anderer Stamm (s. z.B. as. eggia ‚Schneide, Spieß‘, ae. ecgbana ‚Töter mit dem Schwert‘) gekreuzt. Für die -l- und -n-Erweiterungen sind keine appellativischen Vorbilder bezeugt: awn. ógn ‚Furcht, Schrecken‘ ist nur eine entfernte Parallele zu Agina-; got. agls, ae. egle sind wegen ihrer Bedeutung (‚hässlich, scheußlich‘) als Muster für Agila- untauglich. In beiden Fällen handelt es sich wohl um reine Klangvarianten. 2. Ama-, -i-?: Spärlich überliefert. Wichtig ist das Zeugnis von wgot. und wfrk. Aming, das mit dt. Amalunc sowie wgot. Amanung, wfrk. Amanug zu vergleichen ist. Hierher gehören wfrk. Amichar, wohl auch bair. (ON) Amertshusen und burg. Amichelda, Amigeldis. Amala-, Amana-: Amalaricus und entsprechenden Namen der ostgotischen Königssippe steht ein wgot. Amansvindu gegenüber. Die gleiche Doppelheit findet sich in Deutschland wieder: s. z.B. schwäb. Amalhart; Amanulf; St. Gall. Amulfrid, Amanolt. Bedeutung: Ausgangsform war wohl Amala- zu awn. aml ‚eifrig, heftig‘. 3. Angi-?: Wgot. (ON) Angeriz (kann auch auf Angil- oder Ing(il)- zurückgehen); schwäb. Engiburg ist wohl eine Klangvariante ohne appellative Entsprechung. Angila-: Auch hier ist – gegenüber ostgotischer, freilich von Naumann angezweifelter Bezeugung in der Urkunde von Arezzo (Angelfrid) und vielen hochdeutschen, westfränkischen und langobardischen Belegen, z.B. Engilpirin – ein Schwund im nörd-
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lichen Bereich zu vermerken. Zweifelhaft bleibt, ob wnord. Ongull als Rest zu werten ist: wahrscheinlich handelt es sich um einen Beinamen (‚Angel‘), der später zum Hauptnamen wurde. Engilborg – neben Ingiborg – dürfte durch dt. Engelburg beeinflusst sein. Deutscher Herkunft ist auch ags. Engel-. Angel@ eof gehört zu den Namen in der mercischen Königsgenealogie, die außerenglisches Gepräge zeigen. Angana-, Angina-: Geht edd. Angant´ y r wirklich auf einen gotischen PN Ongen@ eow, im Beowulfepos dagegen auf einen schwedischen Namen zurück, die beide fuld. Angandeo entsprechen, dann ist hier ein gemeinger-manischer Erbname erhalten. Das Anfangsglied begegnet sonst nur dt. z.B. in schwäb. Enginbold und wfrk. Anganildis f. Bedeutung: Ang- gehört wohl zu ággo-nes „hastae Francorum“ bei Agathias u.a., Angila- zum Stammesnamen Angeln. Für Angan- lässt awn. angan ‚Wonne‘ eine ursprüngliche Eigenbedeutung möglich erscheinen. 4. Ara-: Wgot. Aragili, Arafredi, quad. Araharius; dt. z.B. Arahad. Ags. Arvald bei Beda gehört zu a-r- ‚Ehre‘ oder ist verschrieben für Arn-. Arnu-, Arana-, Arina-: Skyth. (wohl < ogerm.) Arnigisclus, ags. z.B. Earnuulf; dt. z.B. Arnhelm, wnord. z.B. Arndís erweisen ein gemeingermanisches Arnu-. Demgegenüber fehlen angelsächsische und wohl auch sächsische Belege für Aran-, Arin-. Ogot. ist Arintheus, wgot. Arangisclus, burg. Arenberga, Aramberto bezeugt. Dazu stimmen dt. Arindeo, Aranhilt u.a. sowie nord. Arinbiaurk (Runeninschrift auf Man) und Arinbiorn. Bedeutung: Der germanische n-Stamm aro-n- (dt. aro) ‚Adler‘, in der Kompositionsfuge ara-, hatte eine Nebenform arnu- (awn. ornu). Diese zeigt die Schwundstufe des Suffixes -o-n in der Form, die ursprünglich in der Kompositionsfuge und vor konsonantisch anlautender Endung angebracht war: idg. -n- > -nu-, vgl. -r- > -ru-, bezeugt durch den Übergang des Plurals von got. bro@ ar ‚Bruder‘ zur u-Klasse und durch got. bro@ rulubo ‚Bruderliebe‘. Dass Arana-, Arina- als Vermittlungsformen zwischen vokalischem und konsonantischem Stamm zu deuten sind, bestätigen die parallelen Formen für ‚Bär‘, s.u. Nr. 7. 5. A@ a-: Got. Atharidos, wgot. Athaulfus; dt. z.B. Adolach, sächs., z.B. Adbraht, Adiman. Dagegen ist ags. Ae. - selten und nicht ganz gewiss, da vielleicht aus Ae@ el- verschliffen. Für den Norden gesichert ist nur A. ils, Athisl, A. ill < *A. gisl. A@ ala-: Ogot. z.B. Athalaricus; wgot. Adalmudis; burg. Adalgadus; dt., lgb., wfrk. oft, z.B. Adalfrid, Adalbodo. A@ ana-: Der guten Bezeugung bei den Ostgermanen (z.B. wgot. Athanaricus und Athanagildus, burg. Atenulfus) ist, da die langobardischen Belege für Adenulf fast alle unteritalienisch sind und gotisch beeinflusst sein dürften, nur ein deutscher Vollname – schwäb. Adangrim – entgegenzustellen. Vielleicht gehört Atano auf der Scheibenfibel von Soest hierher. Bedeutung: Gegenstücke unter den Appellativkomposita finden sich nur für A@ ala-, z.B. as. adalboran ‚von edlem Geschlechte‘, ae. ae. elcyning ‚edler König‘. Dass ein Zu-
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sammenhang von A@ ana- mit got. a@ nam ‚den Jahren‘ empfunden wurde, sei nicht ausgeschlossen. Aber zumindest A@ a- war wohl nur Klangvariante ohne eigene Bedeutung. 6. Awja-: Wgot. z.B. Auredus, Awimund, Awileib u.a. binnengermanische Belege. Wnord. z.B. Eymundr, Eysteinn. Awila-: Ohne sichere ogerm. Belege; burg. (ON) Auloldo Signum; dt. z.B. Aulbod. Awin-: Skir. Onoulphos, wgot. z.B. Onemundus; burg. Aunemundus; ags. Eansig; dt. Aongoz, Ongis u.a.; östergotländ. Auno, Akk. Eine weitere nordische Entsprechung wird vielleicht bezeugt durch Eanmund, falls dieser Name nicht aus nord. Anundr, Onundr umgedeutet ist. Auf eine Form mit Fugenvokal -i- führen vielleicht die burgundischen Namen zurück, die nicht -a- in der Fuge enthalten haben können, sowie ags. Aenheri, das wahrscheinlich eine umgelautete Folgeform von germ. au zeigt. Bedeutung: Kögel und Lindquist haben Awi- mit Recht von *a(g)wjo- ‚Wasserland‘ abgerückt und zu got. awilui@ ‚Danklied‘, run. auja ‚Heil‘ gestellt. Förstemann hat in der Etymologie von Auna- wohl den rechten Weg gezeigt, indem er Aul- und Aun- als Erweiterungen von Awi- auffasste, d.h. im Sinne der vorliegenden Arbeit: als früh verdunkelte rhythmische Varianten. 7. Bera-: Ogot. Beremud; wgot. z.B. Berilli; (ON) Bergunde (mehrfach); dt. z.B. Bereheri, vereinzelt auch sächs. Bermer oder aus Bernmer?. Bernu-, Berana-, Berina: Neben Formen wie north. Beornuini, dt. Bernacar, Berndag; wnord. Biarngrímr stehen ostgermanische und hochdeutsche Varianten mit Vokaleinschub: wgot. Berenaldus, Berenaria; dt. z.B. Beranwich, Berinher. Bedeutung: Wie für ‚Adler‘ (s.o. Nr. 4) gab es auch für ‚Bär‘ zwei germanische Varianten: *bero-n- (ahd. bero, ae. bera); in der Komposition: *bera- neben *bernu- (awn. bjxrn, ae. beorn). Der Gebrauch in den Namen entspricht Nr. 4. 8. Erma-, Irmi-: Ogerm. dürfte inschr. Ermeri … sein; wgot. Ermulf. Wgot. Erme- verdrängte schließlich Ermen-; sueb. Hermericus, Heremegarius, warn. Ermégisklos, dt. z.B. bair. Irmburch. Ermana-, Irmina-: Ogot. Ermanárichos u.ä.; wgot. Ermenfred; ags. begegnet selten, z.B. Iurminburg; thüring. Herminefredus; dt., wfrk., lgb. häufig z.Z. Ermenbald. Nord. Iormun- nur in sagenhaften und mythologischen Namen. Bedeutung: Ermana-, Irmina- gehört zu einem Anfangsglied für ‚groß, weit, allumfassend‘ z.B. im ahd. irmingot. Erma- ist wohl nur eine rhythmische Verkürzung ohne appellative Entsprechung. 9. Imi-: Wgot. Imafrita, burg. Imbertus und (ON) Les Imberts; dt. Emihild, schwäb. Immolf. Gehören damit Ími, Ímir und zwei mythologische Vollnamen: Ímgerdr, Ímaldr zusammen, bleibt wegen der abweichenden Quantität der Anfangsvokal fraglich. Imil-?: Burg. Imelistanus; dt. (selten) z.B. Imilperga, -truda in den Bruderschafts-
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büchern. Imin-?: Wgot. Himnerith: dt. (selten) z.B. schwäb. Yminsind, bair. Iminolf. Die ostgermanische Bezeugung der Varianten Imil- und Imin- (und damit ihre Zugehörigkeit zu der ältesten Schicht der Variation) bleibt unsicher. Bedeutung: unklar, da Bruckners Erklärung durch skald. imr ‚Wolf‘ mit Recht als fraglich bezeichnet wurde. 10. Ma@ a-: Ogot. Mathesuintha; burg. (ON) Maffenz; dt. z.B. Matheri, Mathgis, auch sächs.: Mathgrim. Ma@ la-, Ma@ ala-?: Ma@ la- ist erhalten in fuld. Mahaldrud, salzb. Mahalcoz und anderen deutschen Namen. Darin ist -@ l- lautgerecht zu -hl- > -hal- geworden. Dagegen weist wahrscheinlich wgot. Madalhafré, sicher aber Madelbert, Madalger auf Ma@ ala-. Entsprechend Madali auf der Runenfibel von Bad Ems. In Corvey findet sich Madalwyn. Bedeutung: Die Etymologie von Ma@ a- ist unsicher. Förstemanns Hinweis ' d ‚Maß, Ehre‘ setzt seinen Ansatz Ma-d- voraus, den er durch westfränkiauf ae. mœ sche Namen auf Med-, -med = me-d stützen wollte. Ogerm. Mathesuintha usw. verlangen aber Ma@ -. Das Rechte bezeichnet wohl, wenn es sich nicht um eine bedeutungslose Kurzvariante handelt, Förstemanns anderer Hinweis auf gall. matu- ‚gut‘ in keltischen Namen (ebd.). Ma@ la-gehört zu ogot. ma@ l, wfrk. mallum, ahd. mahal mit der Grundbedeutung ‚Gerichtsrede, Gerichtshandlung‘. Ma@ ala- dürfte eine Vermittlungsform zwischen Ma@ a- und Ma@ la- (vgl. Nr. 4 und 7) (ohne appellative Entsprechungen?) gewesen sein. Ogerm. unsicher; daher fraglich, ob schon urgerm. 11. Wanda-: Wgot. z.B. Wandemirus, burg. Vandamodia, Wandinodis; dt. z.B. Wantfrid, schwäb. Wanderich. Die spärlichen und späten angelsächsischen Belege bezeichnete Forssner als entlehnt. Runnenord. Wa[n]daradas, Gen., wnord. Vandrá. r. Wandala-, Wandila-: Ogot. Vandalarius; wgot. (ON) z.B. Guandalari, burg. Wandalmuda; dt. z.B. Wendilbert, Wantilpurc, mehrfach auch in Sachsen: Wendildag, Windilmod. Im Norden nur Vandill m. und Vendill. Bedeutung: Da germanisch wand- mehrdeutig ist (vgl. got. wandjan ‚wenden‘, got. wandus ‚Stab, Zweig‘, ae. wandweorpe ‚Maulwurf‘, awn. vandr ‚schlimm, übel‘), steht es schlecht um die Etymologie von Wanda-. Wandala- entspricht dem Volksnamen Wandalen.
b) Binnengermanische Varianten In Ober- und Mitteldeutschland erscheinen weitere Variantenpaare, die sich sämtlich auch bei den Westfranken, meist auch bei den Langobarden nachweisen lassen. Die Produktivität der Variation bei den Binnengermanen dürfte den Schwund des Fugenvokals in dreisilbigen Anfangsgliedern überdauert haben. Hier wandelte sich also die rhythmische Variation zu einer bloßen Lautvariation. Durch die lebendige Weiterentwicklung der rhythmischen Variation heben sich
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die Binnengermanen deutlich von den Ostgermanen, die wahrscheinlich den urgermanischen Stand erhielten, sowie von den Sachsen, Angelsachsen und Nordgermanen ab, die selbst von den urgermanischen Varianten nur wenige Reste erhielten. 12. Alja-, Aljan-: Neben Eliland, Alihilt, in denen sich das alte germanische Namenglied Alja- ‚fremd‘ fortsetzt, stehen schwäb. Ellinlind, fuld. Ellengund und andere oberund mitteldeutsche, vor allem salzburgische Namen. Dazu wfrk. Alanteus. Ellen- u.ä. gehört zu got. aljan, ahd. ellan ‚Stärke‘. 13. Auda-, Audal-: Neben altem Aud- ‚Reichtum‘ stehen salzburg. Aodalgoz, Aodalgis in Verbrüderungsbüchern und anderen deutschen Namen, die freilich schwer von O@ al- > Uodal- zu scheiden sind; lgb. Autelgrim und wfrk. Audelbertus. Es handelt sich wohl um reine Klangvarianten. 14. Daga-, Dagi-, Dagan-, Dagin-: Neben ggerm. Dag- stehen dt. z.B. schwäb. Tagembert, Salzburg. Dagnouar, schwäb. Taginrad sowie wfrk. Daintrudis und lgb. Tachinpertus, Tachinolfu, Tachimbald. 15. Era-, Eran-, Erin-: Mit unklarer Bedeutung. Neben dt. Erachar, Ernwin erscheint eine Vermittlungsform z.B. in Eranbald, Erinbert sowie in wfrk. Erambert, Erimgaudus: Die Lautverhältnisse erinnern an Nr. 4. Ern- gehört wohl zu ahd. ernust, ae. eornest ‚Zweikampf‘. In Er- ist danach auch ein kurzes e zu vermuten; vielleicht darf man ostgermanische Namen wie rug. Erarius bzw. Erarichos, ogot. Ereleuva dazustellen. Dass es auch ein Namenglied Er- zu ahd. e-ra ‚Ehre‘ gab, wird durch burg. Aisberga wahrscheinlich. 16. Faga-, Fagin-: Eine Variante zu Fag- (z.B. in Fagalind; auch ogerm. bezeugt) erscheint in niederrhein. Feginger, Faginolf, schwäb. Feginhilt u.a. sowie bei den Westfranken in Fagenold, Fainildis u.a. Beide Formen gehören zu got. fagino-n ‚sich freuen‘. Spezielles Vorbild für Fagin- war wohl eine Adjektivbildung, die in ae. faegen, awn. feginn ‚froh‘ erhalten ist. 17. Gama-, Gamal-, Gaman-: Dt. Gamadrud (Libr. confrat), Gamrich, bair. Gammolf, u.a.; wfrk. Gamard. – Dt. Gamalher, Camalrat u.a.; wfrk. Gamalbertus, -berga – Dt. Camanolt, Kamanolf u.a. Gamal- gehört zu awn. gamall, ae. gamol, ahd. gi-gamalod ‚alt‘; Gaman- zu ahd. gaman ‚Freude‘. Gam- ist vielleicht nur verkürzt. 18. Gı-sa-, Gı-sal-, Gı-sil-: Gemeingermanisch waren gewiss die Varianten Gı-sa- und Gı-sla- ‚Schaft, Geisel‘, die auch als Endglieder bezeugt sind. Oberdt. Gı-sil-, z.B. in Gisildrud; Kisilheid lassen eine Vermittlungsform annehmen, die vielleicht ein appellativisches Vorbild hatte (lgb. gisil ‚Pfeilschaft‘). Auch eine -a-Erweiterung dürfte es gegeben haben. Doch können Formen wie Gisalburg, Gisalfrid auch den hier regelge-
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rechten Sprossvokal enthalten. Denkbar, dass Gı-sala- zur ältesten Schicht der Varianten gehört, im Ostgermanischen aber durch Synkope wieder an Gı-sla- angeglichen wurde. 19. Guda-, Gudal-: Typisch für die westfränkischen Namen ist eine Klangvariante Godal- neben God-: allein im Polyptychon Irminonis erscheinen 21 verschiedene Verbindungen mit diesem Anfangsglied. Lgb. sind Godelpertus und Godelprand u.ä. mehrfach bezeugt. Auf deutschem Boden stimmen dazu z.B. schwäb. Godolbert und Godolrich, Godalthrud und einige andere Namen. 20. Gun@ i-, -a-, Gun@ al-, Gun@ il-: Eine Nebenform zu dt. Gund-, das Entsprechungen bei allen germanischen Stämmen hat, ist vor allem in Gundalperht u.ä. bezeugt. Dieselbe Prägung erscheint auch mehrfach bei den Langobarden sowie wfrk. Auffällig ist, dass Gamillscheg im burgundischen Raum zehnmal den Namen Gundul(d)ricus nachweisen konnte. 21. Haga-, Hagi-, Hagu-, Hagan-, Hagin-: Bildungen auf Hag- sind auch im Norden bezeugt; in der ostgermanischen Überlieferung lassen sie sich nicht von Ag- scheiden. Dazu treten erweiterte Formen in dt. Hagnger, Heginolf. Wfrk. Chagnerich ist für das Jahr 693 bezeugt, ja, der Grabstein von Gaillardon erweist Chagnoaldus schon für die Zeit um 500. Haga-, Hagu- ist mehrdeutig. Awn. hagr ‚geschickt‘ lässt sich damit verbinden. Daneben kommen zwei weitere Wörter – mhd. hage-bart ‚Maske‘ und as. hagu-stald ‚(Hagbesitzer =) junger Mann‘, beide auch als Namen bezeugt – als Ausgangsverbindungen in Frage. Die Einführung der Variante Hagan- bzw. Hagin- wurde vielleicht angeregt durch ahd. hagan-‚Dornstrauch‘ neben hac ‚Dorngebüsch‘. 22. Hai@ a-, Hai@ an-, Hai@ in-: Hai@ - zu awn. hei@ u ‚hell, klar‘ ist außerhalb des binnengermanischen Raums auch im Norden (Hei. rekr) bezeugt. Nur in Deutschland erscheint dagegen Haithanrich, Heidinrich u.ä. Hier dürfte eine reine Klangvariante vorliegen. 23. Ingwa-, Ingu-, Ingil-, Ingin-: Gemeingermanisch ist Ingwa-, Ingu-, die den Götternamen Ing- widerspiegeln. In Deutschland erscheinen – vielleicht als reine Klangvariante – außerdem Ingilhilt, Ingildan usw., im Westfrankenreich Ingalgaudus und sehr viele andere Namen mit dem gleichen Anfangsglied. Ags. Ingelburgus ist wohl entlehnt. Für Ingin- verzeichnet Förstemann neben einigen westfränkischen Belegen nur ein deutsches Beispiel: Inginald in den Bruderschaftsbüchern. Doch erweist Ingengeat in der northumbrischen Königsgenealogie dieses Anfangsglied zwar nicht als bodenständig in England, aber doch als altes Namenwort. Im Klangverhältnis steht Ingzu Ang-, s.o. Nr. 3, z.B. in Angegeaz, Ingengeat in der nordhumbr. Königsgenealogie und Angantyr und Ingen@ eon in zwei Überlieferungszweigen des Hunnenschlachtstoffes, s. Schramm 1998, S. 118–138.
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24. Isa-, Isi-, Isan-: Isa-, ‚Eis‘ (offenbar mit magischer Bedeutung) ist wohl ein gemeingermanisches Namenglied: wgot. (ON) Villa Yserigo; burg. (frk.?) Ixerius; dt. z.B. Isker; wnord. z.B. Ísarr, Ísridr. Nur in England scheint es lediglich entlehnte Belege zu geben. Daneben sind nun deutsche, westfränkische und langobardische Namen auf Isan- reich bezeugt: dt. z.B. Isanbard, Isanbald; wfrk. z.B. Isamberga, Isangildis; lgb. z.B. Isenbardo. Sie nehmen nach Niederdeutschland hin ab, bei den Friesen dürften sie fehlen und in England entlehnt sein. Isan- schließt wohl an die westgermanische Variante des Wortes ‚Eisen‘ (ae. -ısen neben -ısern) an. Die ältere Form -ısarn wird in dem ostgotischen Königsnamen Hisarnis stecken, der als (wgot.) Isarnus in Südfrankreich wieder erscheint; außerdem in wnord. Iarnger. r. Mag danach Isarna- vielleicht schon in urgermanischen Vollnamen vorgekommen sein: Ein rhythmisches Variationsverhältnis zu Isa- wurde wohl erst auf Grund der westgermanischen Lautung Isan- empfunden. 25. Maga-, Magi-, Magin-: Mag- ist dt., z.B. in sächs. Magbald, Magiher, wfrk. z.B. in Macbertus, lgb. in Magipert, aber auch burg. belegt. Magin- tritt darüber hinaus noch in England auf: s. z.B. Maginbern, Meginolf, wfrk. Magenardus; lgb. Maginualdus; burg. s. Gamillscheg; ags. Maegenric. Der west- und ostnordische Frauenname Magnhildr ist wohl entlehnt. Magin-, zu ahd. magan, megin ‚Kraft‘ darf danach als westgermanisches Namenwort, Mag- als binnengermanische Verkürzung eventuell unter Anlehnung an (got.) magus ‚Knabe‘ gelten; burg. Mag-, Magin- wird auf wfrk. Einfluss zurück gehen. 26. Raga-, Ragi-, Ragin-: Während Ragina- zu got. ragin n. ‚Rat‘, awn. regin n. pl. ‚die Götter‘ ein gemeingermanisches Anfangsglied ist, z.B. in wgot. Raganhilda, dt. Raginbald, ags. Raegnmaeld, wnord. Ragnbixrg, dürfte die Verkürzung Rag- eine binnengermanische Besonderheit ohne Bedeutung sein. In Deutschland sind z.B. schwäb. Ragiprand, niederrh. Reguhart bei den Westfranken etwa Ragoildis, bei den Langobarden Ragichisius bezeugt. 27. Sigi-, Sigil-: Zu Sigi(z)- ‚Sieg‘, einem bei allen Germanen besonders beliebten Namenwort, erscheint eine deutsche, westfränkische und langobardische Erweiterung Sigil- z.B. in Sigilpalt, Sigilolf; wfrk. Siclehildis; lgb. Sigelbertus. Unklar bleibt, ob eine eigene Bedeutung anzusetzen ist (vgl. den Volksnamen Sigulo-nes). 28. Wada-, Wadi-, Wadal-, Wadil-: Neben Wad-, das wohl als gemeingermanisch gelten darf, finden sich oberdeutsche Formen wie Guadalsada und Wetilgrim in den Gebetsbruderschaftsbüchern (manchmal sind sie schwer von Uodal-, Uadal- zu scheiden); wfrk. ist etwa Wadalbertus im Pol. Irm., lgb. Wadelberga überliefert. Wad- ist mit verschiedenen Fugenvokalen (-i- und -a-) bezeugt: Wadi- gehört zu got. wadi n. ‚Wette, Pfand‘, Wada- hängt wohl mit ae. wadan ‚gehen‘ zusammen, vgl. *-wadaz ‚Gänger‘ s.u. VIII 3, Nr. 43.
Anfangsglieder mit dreisilbigen Varianten
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29. Wara-, Warja-, War(i)n-: Wara- und Warja- sind in der Überlieferung schwer voneinander zu scheiden und haben wohl schon im urgermanischen Namenschatz nebeneinander bestanden. Daneben erscheint Warn- in schwäb. Varnebert; wfrk. Warnuinus; lgb. Warniprandus usw., burg. Warnerio. Viel häufiger ist aber in Deutschland Warin- z.B. in Werinkis, Werinleih – ja, diese Form begegnet nicht nur bei den Westfranken (z.B. in Warimbertus) und Langobarden (Warimbertus), sondern auch bei den Angelsachsen wieder: z.B. in Uernbercht, Uernfrith. Das Lautverhältnis von War(j)a, Warna-, Warina- entspricht Ara-, Arnu-, Arina- (bzw. Arana-) s.o. Nr. 4. In der Bedeutung handelt es sich um eine Kontamination. Waran-, Warja-, Warna- stimmen zu drei sinnähnlichen Worten: ae. waru f. ‚Schutz‘, ahd. weri f. ‚Verteidigung‘, ae. wearn f. ‚Widerstand‘. Warna- entspricht aber auch dem Volksnamen Warnen (Varni bei Jordanes, Uárnoi bei Prokop). Zu diesem gab es eine Nebenform Warin- (Varini bei Tacitus, ähnlich bei den anderen Autoren des 1./2. Jh.s; Wernum, Waernum, Dat., im W\ds\. V. 25; 59), die Werinkis usw. erklärt.
c) Zu den westfränkischen und langobardischen Varianten In den Reichen der Westfranken und Langobarden sind nicht nur die bisher aufgeführten Varianten sehr viel häufiger gebraucht worden als bei den Stämmen auf deutschem Boden, sondern außerdem wurden weitere Anfangsglieder um -il, -al, -le, -ne u.ä. verlängert oder verkürzt. Diese eigentümliche Stiltendenz ist aus der Wirkung der germanischen Namen auf die romanische Bevölkerung der eroberten Gebiete zu erklären. Es ist erstaunlich, wie rasch und gründlich die romanische Namengebung germanisiert worden ist. Gewiss gibt es auch anderswo Beispiele, dass Unterworfene die Namen ihrer Herren annahmen. Aber hier reicht offensichtlich eine rein soziologische Erklärung des Vorgangs nicht aus. Man muss darüber hinaus annehmen, dass die Barbarennamen einen besonderen Reiz auf die Romanen ausübten, die an die eintönige lateinische Namengebung gewöhnt waren. Nicht so sehr der poetisch-kriegerische Sinn war es, der anzog, denn zumeist werden die Romanen gar nicht verstanden haben, was die germanischen Namenworte bedeuteten. Vor allem lockte sie der fremdartig-volltönende Klang. Eben deshalb dürfte sie das Spiel erfreut haben, das die Binnengermanen noch als einen lebendigen Brauch mitbrachten: das Spiel mit den Lauten im Namen, das einmal ein Spiel mit dem Rhythmus gewesen war. Die Romanen und, von ihnen wiederum beeinflusst, die halbromanisierten Germanen spielten es nun weiter; und wenn auf germanischem Volksboden die mit einem bestimmten Sinn verbundene Lautung nur in einer beschränkten Anzahl von Fällen dem freien Spiel des Klanges aufgeopfert worden war, so gab es nun keine Hemmungen mehr. Die Variation begann üppig zu wuchern. Zeitgenössische Texte zeigen den Vorgang aus der Nähe. In einer Quelle aus dem Langobardengebiet wird eine Frau Sigiberga, daneben aber auch Sighelberga (i. J. 840)
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genannt. Anderswo erscheint ein Ingfredus auch als Ingelfredus (i. J. 887), schließlich – im Jahre 892 – ein Imedruda auch unter dem Namen Immeldruda. So zügellos war das Spiel geworden, dass in dem Namen ein und desselben Menschen die Varianten wechseln konnten. Eine der Weisen, wie neue Varianten entstehen konnten, lässt das Polyptychon Irminonis erkennen: Zwei sicherlich romanische Eheleute namens Boso und Acleberta, Hintersassen der Abtei St. Germain des Prés in Paris, haben aus ihren Namen einen neuen zusammengestückt, den sie ihrer Tochter gaben: Bosleberta. Damit erhielt das (in Vollnamen seltene) Bos- eine Nebenform Bosle-, der man nicht mehr ansieht, dass sie aus einer Anleihe bei der alten Variante Agil- (> Acle-) zu Agi- hervorging. Nachahmer haben die beiden Namenschöpfer freilich nicht gefunden. In Frankreich breiteten sich nun auch -r-Varianten nach dem Muster von Austar< Austra- neben Austa-, Westar- < Westra- neben Westa- usw. aus. Gelegentlich wird auch ein t in die Fuge eingeschoben: Germanische Vorbilder sind dabei nicht sicher zu greifen. Seltsame Namen wie Givroldus, Winerildis, Waratlindis und Ercantildis sind so entstanden. -l-, -n- und -r-Variationen sind nun nur für den westfränkischen und langobardischen Bereich typisch: für Gebiete also, die von Binnengermanen überlagert wurden, bei denen diese Variationen noch lebendig waren. Wo Ostgermanen herrschten, bei denen sie lange erstarrt waren, sind romanische Weiterbildungen selten bezeugt, am wenigsten in Spanien und Portugal. Ja, die romanisierten Westgoten zeigen die umgekehrte Tendenz, die alten -l- und -n-Varianten zu tilgen. So verzeichnet Meyer-Lübke Adaulfus u.ä., Ermefredus, Ermigildus usw., aber keine Namen mit Adal- und Ermen-. Für Adaulfus erwog er Dissimilation; aport. Erme- aber vermochte er nicht aus Ermen- herzuleiten. Hier hat offenbar die ursprünglich seltenere Variante Erma- das häufige Namenwort Ermana- verdrängt, und vielleicht setzte sich auch A@ a- gegenüber A@ ala- durch. Außerdem haben die Romanen der iberischen Halbinsel in Namen, deren Anfangsglieder durch die Tradition des königlichen Hauses dreisilbig geblieben waren (s.o.), die erste Silbe fallengelassen, die bei romanischer Aussprache vor dem Nebenakzent lag: Athànagíldus > Tanagildus; ebenso entstanden Tanaredus, Tanoy, vielleicht auch Maloquinici < Amàla. Erstmals lässt sich dieser Lautausfall in Lesarten wie Malasuntha, Malasintha für den Namen der Ostgotin Amalasuintha nachweisen. Dagegen scheinen auf burg. Boden die s-Varianten, die vornehmlich im ostgermanischen Namenschatz vertreten waren, weiterentwickelt worden zu sein, während sich im nordfranzösisch-westfränkischen Bereich nur wenige Ansätze der gleichen Tendenz finden. Burgundisch-romanische Namen dieser Art sind z.B. Alisiardus, 13. Jh., Brunissard (achtmal), Mancserius, 10. Jh., (ON) Ramsoldingis, 10. Jh., Sparsuifa, 12. Jh., Vuindesmodis, 10. Jh. Auch Fuldiscondam wird man wohl (entgegen Gamillschegs Ansatz) Fuldis-condam abteilen dürfen. Die romanischen Namengeber haben demnach die unterschiedliche Art der germanischen Stämme, die Klangvariation in den Personennamen zu pflegen, nicht nur übernommen, sondern noch schärfer ausgeprägt.
Männliche Endglieder
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VIII.3 Männliche Endglieder Die folgende Liste stellt die Elemente zusammen, die wahrscheinlich schon vor Christi Geburt über die ganze Germania verbreitet waren. Erschlossen wurde dieser Bestand aus dem Erbe, der sich in der Weite der in VIII 1 aufgeführten Namenlandschaften erhalten hat. Außerhalb unseres Horizontes bleibt, wie der urgermanische Endgliedervorrat sich später in den einzelnen Namenlandschaften differenziert hat: durch einen nur regionalen Wegfall von Erbgut wie durch Neueinführung. Nur in VIII 4 erschien es für die Frauennamen ratsam nachzuzeichnen, wie eine strukturelle Entwicklung im 1. Jt. n. Chr. regionsspezifisch und Regionen übergreifend weiterging. Unsere Liste weist 49 wohl schon urgermanische Endglieder von Männernamen aus, denen in VIII 4 nur 31 Zweitelemente von Frauennamen gegenüberstehen. Ähnliche Zahlenunterschiede zwischen den Geschlechtern zeichnen sich auch in den anderen indogermanischen Namenschätzen ab, wo der zweigliedrige Typus vorkam. 1. -badwaz, -baduz: Gepid. Usdibadus, ogot. Wisibadus, dt. Odpad, ags. (selten) z.B. in Helmbaed; wnord. nur als Erstglied z.B. in Bo. varr. Zugrunde liegt eine appellativ nicht erhaltene Maskulinentsprechung zu ae. beadu, awn. bo. f. ‚Kampf‘ (s.o. IV 2). 2. -baldaz, -bal@ az: Wgot. Winibald, burg. Eisenbaldus, dt. Raginbold, ags. Aedilbald, im Norden fehlend. Zu got. bal@ aba adv., awn. ballr ‚kühn, stark‘ mit grammatischem Wechsel ae. beald; ae. beald. In Heldenepitheta sind etwa ae. cyningbalde men und cirebealdum bezeugt. 3. -bardaz: Wgot. Rodbardus, burg. Trobart, wfr. Agobard, dt. Hagupart, awn. nur Hag-, Rá. bar. r, ags. wohl bloß in Lehnnamen. Zu ahd. bard usw. ‚Bart‘. Ahd. hagebart für einen Maskenträger lässt darauf schließen, dass in den Namen eine kultische Barttracht gemeint ist (s.o. V 4). 4. -berhtaz: Wgot. Sigubertus, burg. Agilbertus, frk. Hildibertus, dt. Hadupreht, ags. Ceolbercht zu got. bairhts, ahd. beraht ‚hell, glänzend‘, das in PN am Ende von Männernamen wohl die Vorstellung spiegelt, der kämpfende Held erstrahle in göttlichem Glanz (s.o. VIII 2, Nr. 7) 5. -beruz, -bernuz: Dt. Egilbern, ae. Osbern, wnord. Geirbiorn. Der Bär (ahd. bëro usw. awn. biorn) spiegelt als PN-Endglied die poetische Gleichsetzung des Helden mit einem reißenden Wildtier (s.o. IV 4). 6. *-budaz: z.B. in ags. Onboth, fries. (ON) Reinbodashuson, dt. Ercanboto: ein schwundstufiges nomen agentis zu got. biudan, ae. béodan, ahd. biotan, awn. bjó. a ‚(ge-)bieten, ankündigen‘, zu dem eine Vollstufe in wnord. Vígbjó. r vorliegt. Dieser
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Name lässt sich nach dem nomen agentis awn. vígbo. gut als ‚Kampfankündiger‘ deuten. Dass *-budaz auch als ‚Gebieter‘ verstanden werden konnte, legt z.B. ahd. waltboto ‚procurator‘ nahe. 7. -faraz: ‚der Wandernde‘ zu got. faran, wgot. Golafara (?), lgb. Sinfarus, dt. Adalfarus. 8. -fri@ uz: Ogot. Sisifridos, wgot. Viliefredus, dt. Ermefrid, ags. Badufrith, wnord. Ísro. r zu ahd. fridu, anord. fri. r ‚Friede‘: vermutlich ohne Entsprechung am Ende von appellativen Mannbezeichnungen. Die Einbürgerung als Namenendglied erfolgte als Gegenstück zu den PN auf -kampf (s.o. IV 2). 9. -funsaz: Wgot. Vilifonsus, burg. Airfonnus, dt. Herifuns, ags. Uigfus, urnord. Vigfuss. Zu ahd. funs ‚tapfer, bereit‘: wohl aus einem Heldenepitheton ‚bereit zum tapferen Kampf‘ abstrahiert. 10. -gaizaz: Got. Radagaisus, dt. Erminger, ags. Ceolgar, wnord. Hallgeir. Zu ahd. ge-r usw. ‚Speer‘: An das Ende von PN gelangt das Wort als Heldenkenning, die sich in ags. frumga-r für den Fürsten erhalten hat. Erst später konnte dieses Endglied auch zusammen mit anderen Waffenwörtern als PN-Ausgang verstanden werden, die über die Kenningar hinausgingen (s.o. IV 3). 11. -gandaz: Wgot. (ON) Rugando, burg. Selgantis, dt. Ruadgant, ags., wnord., dt. wohl nomen actionis zu awn. erhaltenem gandr ‚Zauber‘ (s.o. V 4). 12. -gangaz: Erul. Uligangus, gepid. File-gagos, dt. Widugang: zu ahd. gangan usw. ‚gehen‘, am Ende von PN wohl im Sinne eines ‚der in den Kampf schreitet‘, besonders in der häufigen Verbindung Wolfgang ‚der wie ein Wolf in die Schlacht zieht‘ (vgl. o. IV 4). 13. -gar. az: In germ. Visigardos, wgot. Adalgardus, fries. E. elgard, ags. Frithugeard, wnord. ? orgar. r geht das Endglied auf die uralte Fürstenkenning ‚Zaun der Mannen‘ zurück, die sich etwa in ags. eodor Scyldinga erhalten hat. Wegen seines vokalischen Anlauts musste dieses Wort am Ende von PN durch das gleichbedeutende -gardaz ersetzt werden, das im Awn. als gar. r ‚Zaun‘ überlebte (s.o. IV 5). Angespielt wird damit auf die vom Fürsten erwartete Friedenswahrung: innerhalb des eigenen Stammes und z.T. auch darüber hinaus (s.o. V 3). 14. -gastiz: Ogot. Cunigastus, frk. Arvagastus, dt. Widogast, frühnord. Hlewagastiz. Dass ‚der Gast‘ zum Endglied von PN werden konnte, beruht wohl auf der Vorstellung, dass einem Fremden von Rang die gleiche Ehre gebührte wie den eigenen Hochgestellten. Harigastis teiwa ‚dem Gotte Harigast‘ auf der ältesten bisher gefundenen Ru-
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neninschrift zeigt, dass auch Gottheiten in diesem Sinne als Gäste betrachtet werden konnten. Verwandt sind die Namen anderer Volksstämme als Zweitglieder (s.o. V 2). 15. -gautaz: Got. als Anfangsglied in Gauterit, dt. Regingaoz, wnord. Valgautr. Gemeint ist mit diesem Endglied der Angehörige eines skandinavischen Volkes, das über sein Ansehen bei verwandten Stämmen zum PN-Endglied werden konnte. Daran reihten sich später, von diesen ausgehend, die Goten an (vgl. o. V 2). 16. -geldaz: Wgot. Athanagildus, dt. Radgeld, ags. Ingeld, fehlt im Norden. Bei den Westgoten sind offenbar -gilds und -hilds (Nr. 23) zusammengeflossen. Zu ahd. geltan usw. ‚lohnen, vergelten, opfern‘. Was damit in PN gemeint war, bleibt unklar (s.o. V 4). 17. -gernaz: Ogot. Aligernus, wgot. Fritigernus, dt. Fastgern, ags. selten, z.B. in Heregeorn. Zu got. faihu-gairns ‚habsüchtig‘, ahd. gern(i) ‚begehrend‘. In den PN vermutlich hervorgegangen aus dem awn. bezeugten Heldenepitheton hergiarnr. Ineinander geschoben erscheinen: 18. -gı-saz in ogot. Wiligis, burg. Vimugisi (ON), dt. Aragis, ags. Ernegis. 19. -gı-slaz in wandal. Godigisclus, frk. Badegiselus, nord. Asugisalaz (Gen.). Beide Wörter bedeuten a) ‚Pfeilschaft‘ lgb. gı-sil, gı-sele, awn. gı-s(e)-, aber auch b) ‚Geisel‘ mundt. gı-s(e) ahd. gı-sal. Wie beide Bedeutungen zusammenfließen konnten, ist nicht eindeutig. Der ‚Geisel eines Gottes‘ entspricht u. Nr. 38 -skalkaz ‚Sklave‘ (s.o. V 4). 20. -gun@ az: Ein nur schwach und lediglich bei Westgoten und Westfranken bezeugtes Endglied mit der Bedeutung ‚Kampf‘ wurde wahrscheinlich früh durch das sehr häufige weibliche Gegenstück gun@-ı zurückgedrängt (s.o. IV 11). 21. -hai@ az, -hai@ uz: Got. Argaithus, wfrk. Alfaidus, dt. Albheid, wnord. Nerei. r liegt ein Appellativ für ‚heiter, klar‘ (awn. hei@ r) zugrunde (s.o. V 3). 22. -harduz: wgot. Asnardus, ags. Bearnheard, dt. Gisalhart. Zu Got. -hardus ‚stark‘, in ahd. harti zum i-Stamm umgeformt. In den PN der Urgermania fehlte offenbar eine Femininentsprechung, obwohl sie einem unter Frauennamen häufigen Klangtypus entsprochen hätte (VI 3). Zwei Erklärungen kommen in Frage: a) feminine u-Stämme fielen, wie im Got. erhalten, im Nom. mit dem Maskulinum zusammen, und machten sie damit als Endglieder, in denen es auf klare Geschlechterunterscheidungen ankam, ungeeignet. b) Eine Umformung zu einem i-Stamm f., wie sie bei i-Stämmen offenbar anstandslos vollzogen wurde, mag für u-Stämme vermieden worden sein, weil der Abstand zwischen u und -ı als zu weit empfunden wurde. -ha@ uz: Ogot. Theudahathus, burg. Antado, dt. Wilihad, ags. Bercthae. , frühn. Ssigaduz gehen auf ein Endglied aus, das als Appellativ nur am Ende von awn. Komposita
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erhalten ist. Wahrscheinlich handelte es sich (wie air. cath ‚Kampf‘) um ein Maskulinum (s.o. IV 2). 23. -heldaz: Dass es zu hildı- ‚Kampf‘ auch ein mask. Pendant gab, belegt frühnord. Heldaz (s.o. IV 2). Als Endglied ist dies nur inschriftlich und undatiert belegt durch Rasnehildus: wegen -i- statt -e- offenbar ogerm. Den Befund bei den Westgoten verunklärt, dass -hilds, falls dort vertreten, mit -gilds zusammenfiel. Der Parallelfall -gun@ az m. neben -gun@ i f. (s.o. Nr. 20) macht wahrscheinlich, dass hier wie dort ein Kampfwort zum PN-Endglied wurde. 23a. -helmaz (?): Ags. Pleghelm, dt. Sigihelm zu got. hilms usw. ‚Helm‘ (s.o. IV 5). 24. -hrabnaz: Ogot. Valaravans, burg. (wohl wfränk. beeinflusst) Gislarannus, lgb. Opteram. Skandinavisch nur als Simplex Harabanaz vertreten. Der Rabe (ahd. hraban usw.) konnte sich als PN-Endglied an den ‚Wolf‘ anreihen, da auch der Rabe als Tier gedacht wurde, das sich auf dem Schlachtfeld von Leichen ernährt (s.o. IV 4). 25. -laibaz: Ogerm. Dagalaifus (4. Jh.), ags. Cynelaf, awn. Ólafr zu germ. *bi-leiban ‚(übrig)bleiben‘ und bezeichnete in PN vermutlich den Abkömmling, der in der mutmaßlichen Primärverbindung ‚von einem Gott Abstammenden‘ unter die Endglieder von PN gelangte. 26. -lai@ -: Burg. Arledi, wfr. Wulfoledus, dt. Dietleid. Ein spärlich bezeugtes Endglied, gehört zu ahd. lı-dan ‚gehen‘ und bezeichnete als PN-Endglied den Helden, der in die Schlacht schreitet. 27. -laikaz: Wgot. Gesalecus, dt. Hiltileih, ags. Cuthlac, frühnord. Hadulaikaz gehört zu got. laikan ‚hüpfen, springen‘ mit germ. Parallelen, deren Bedeutung ‚Tanz‘ uns nur mittelbar weiterhilft. Gemeint war in den PN wohl das Mitglied einer Mannschaft, die bei Beginn des Kampfes den Gegner durch tänzelnde Drohgebärden einschüchtern wollte. In den Belegen überwiegen die Verbindungen mit ‚Speer‘ oder ‚Kampf‘ an erster Stelle. Sie halten fest, dass hier nicht auf Tanz und Spiel (got. laiks, ahd. leih) angespielt wird, sondern, dem heroischen Charakter der Namen entsprechend, auf die rhythmischen Drohgebärden, mit denen die Mannschaften in die Schlacht zogen. Als Anfangsglied wohl deshalb gemieden, weil hier das Missverständnis als ‚Tanzund Spielvergnügen‘ nahegelegen hätte, die nicht zu zweigliedrigen PN passten. 28. -laugaz: Schwach bezeugt im schwäb. ON Burlougeswac, wnord. Herlaugr usw. Diesem Endglied steht eine ebenfalls nur dt. und ngerm., aber in reichlicher Bezeugung fassbare Femininvariante -laugo- gegenüber, s. Anhang IV Nr. 16. Damit konkurrierte wohl eine grundstufige Variante -lugaz, die bloß in dt. Berolog, Ansologus und ags. Baeglog, -lug erhalten ist. Zugrunde liegt ein Verb liugan, das im Gotischen mit
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dem Sinn ‚verheiraten‘ bezeugt ist. Diese Bedeutung, die für die PN aus dem Rahmen fallen würde, geht wohl auf älteres ‚eine eidliche Verbindung eingehen‘ zurück. Die Seltenheit der Vollstufe mit -au- in Männernamen dürfte damit zusammenhängen, dass man bei der Verschärfung der Genusregel für Endglieder Anstoß daran nahm, wenn ein Mann im Grundwort seines Namens (scheinbar) ein Femininum (ahd. usw. ‚Lauge‘) enthielt. 29. -leubaz: wgot. Adeliuvus, ags. Cyneleof, burg. Harileubus, dt. Meginliub (vgl. hierzu VIII 4, Nr. 17) 30. -me-raz, -me-rı-z: Zu ahd. ma-ri ‚berühmt‘: populär geworden vielleicht durch die Fernwirkung zahlreicher keltischer Namen auf -marus (s.o. II 4). 31. -mo-daz: Ogot. Beremud, wgot. Thorismodus, erul. Filimuth, dt. Hartmuot, ags. Huaetmod, wnord. ? ormó. r. Das Endglied stammt aus Heldenepitheta, die auf die Gesinnung abzielen und sich in ahd. hartmuot ‚starkmütig‘ erhalten haben (s. dazu o. IV 3). 32. -munduz: Quad. Agilimundus, burg. Ansemundus, dt. Sigismund, frühnord. Kunimu[u]diu Dat. sind wohl von einem untergegangenen Verbum *mindan ‚gesinnt sein‘ abgeleitet, das durch got. gamunds ‚Erinnerung‘ und asächs. madmuati ‚sanftmütig‘ durchschimmert. Als die bloß scheinbare Zugehörigkeit zum Femininum ahd. munt ‚Schutz‘ zu stören begann, man aber nach der Paarigkeit mit dem ebenfalls beliebten mundı- f. festhalten wollte, wich man nun durch Stammklassenänderung auf ein Maskulinum awnord. mund, einen u-Stamm aus, in Kauf genommen wurde dabei, dass die neue Bedeutung der Brautgabe des Bräutigams (Mahlschatz) nicht in das heroische Sinnraster der zweigliedrigen PN passte (s. IV 3). 33. -nan@ az: Ogot. Gudinandus, burg. Eunandus, dt. Willinand, ags. Beagno@ : ein nomen agentis ‚der Wagende‘ zu ahd. nindan usw. 34. -re-daz: Wgot. Gunderedus, ags. Huaetred, dt. Enginrat, frühn. Frawaradaz. Zu ahd. ra-dan usw., dessen Doppelbedeutung ‚raten‘ mhd. ga-nende ‚kühn‘ und ‚walten‘ z.B. in awn. har. rá. r ‚mit Stärke waltend‘ enthält, damit auf zwei Fähigkeiten anspielt, die beide von einem Fürsten erwartet wurden. 35. -rı-daz: Ogerm. (z.B. in ogot. Hildeirith) meist nicht von -re-daz (Nr. 34) zu unterscheiden: burg. Fulcridus, dt. Engilrid, frühnord. Woduride Dat. Zugrunde liegen in den PN wohl Preisformeln, die einen hochgestellten Helden im Sattel vorstellten. Die – im Gegensatz zum In-die-Schlacht-Schreiten – verhältnismäßig spärlichen Hinweise auf das Reiten in End- und Anfangsgliedern spiegeln für die urgermanische Zeit
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wohl wider, dass Pferde zunächst nur als Würdezeichen und zur beschleunigten Bewegung dienten, dagegen kaum im Kampf eingesetzt wurden (s.o. II 4). 36. -rı-kaz, -rı-kiz: wandal. Gaisericus, ogot. Theodericus, lgb. Gaidericus, ags. E. ilric, frühnord. AerikR. Zu ahd. rı-chi usw. ‚mächtig, reich‘ eine Entlehnung aus dem Keltischen, das mit -rix, -rigius auch die Muster für die häufigen PN mit diesem Zweitbestandteil lieferte. 37. -sin@ az: Gepid. Thorisin, burg. ON. Autsidingus, dt. Ercansint, ags. Uidsith: ein nomen agentis zu germ. *sin@ an ‚gehen‘, erschließbar etwa aus got. -sin@ s ‚Gang‘, sandjan ‚senden=gehen machen‘. 38. -skalkaz: Ogot. Gudiscalcus, wgot. Godiscsalcus, burg. Ingescalcus, dt. Engilscalc, fries. Godescalc. Got. skalks usw. ‚Knecht, Sklave‘ wurde zum Endglied von PN durch die Vorstellung freiwilliger kultischer Knechtschaft von Fürsten (vgl. Nr. 42, V 4) 39. -stabaz?: Ogerm. nur Simplex als Stavila, dt. Sigistab, schwed. Gøtstav. Der Stab (ahd. stab usw.) gelangte in die PN durch die Gleichsetzung des Helden mit einem Speer, vgl. Nr. 10. 40. -stainaz: Ogerm. nicht belegt, burg. Imelistanus, dt. Sigistein, ags. Aluchstan, frühnord. Hástainn, wnord. ? orsteinn. Ein Rätsel bleibt, wie ‚der Stein‘ zum Endglied von PN werden konnte (s.o. IV 5). 41. -swin@ az: Wgot. Chindasuinthus, dt. Waldsuindus, ags. – nur noch in Frauennamen, s.u. Anhang 4 – durch swı-. f. verdrängt. Zu ahd. swind usw. ‚stark‘. 42. -@ ewaz: Ogot. Alatheus, erul. Fanotheus, rug. Feletheus, dt. Herideo, frühnord. W[u]l@ u@ ewaz, später zu -@ iófr entgleist? Zu got. ? ius, runennord. ? ewaz ‚Knecht‘: zu verstehen als ein Held, der sich freiwillig in die kultische Knechtschaft unter einen Gott begibt (s.o. V 4). 43. -wadaz in ogot. Sunhivadus, wgot. Gundivadus, dt. Engilwat, ein nomen agentis für ‚den, der (in die Schlacht) geht‘ zu ahd. waten, awn. va. a ‚schreiten‘ usw. (entsprechend oben Nr. 12). 44. -waldaz: Ogot. Gudoald, wgot. Gontualdo, burg. Hanhavaldus, frk. Gundoaldus, ags. Helmuald, wnord. ? orvaldr: zu got. waldan usw. ‚walten‘ und Fürstenepitheta wie awn. allvaldr ‚Allherrscher‘ und fólkvaldr ‚Volksfürst‘. 45. -walhaz: Erul. Sindval, dt. Gebuvalah, ags. Alduach. Gemeint ist ‚der Kelte‘ (ahd. walah usw.). Dieses wohl älteste Beispiel für die Aufnahme eines nicht zur germ.
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Stämmefamilie gehörenden Fremdvolkes in den Endgliederschatz von PN spiegelt das Ansehen von Kelten in der frühen Germania wieder (s.o. V 2). 46. -waraz: Got. Thuruarus, Ags. Leofwara, wfrk. Bertoara, dt. Gaisuar. Ein nomen agentis zu asächs. waron, awn. vara usw. ‚bewahren, behüten‘, das auf Eigenschaften verweist, die man sich von einem Hochgestellten wünschte. 47. -wardaz: Dt. Heimwart, fries. Folcuuard, ags. Cynewerd, wnord. Finnvar. r. Zu ahd. wart usw. ‚Hüter‘, z.B. in Heldenepitheta wie ae. we˘ard Scildinge ‚Herr der Skyldinge‘, goldwe˘ard ‚Goldhüter‘, landwe˘ard ‚Landhüter‘ und awn. men-ordr ‚Herr über die Schätze, Fürst‘. 48. -warjaz: Lgb. Landari, frühnord. La[n]dawarijaz, appellativ als ahd. Landtwari ‚der das Land verteidigt‘. 49. -widuz: Dt. Situwit, ags. Berhtuud, wnord. Finnvi.r. ‚Baum, Speerschaft‘ in awn. Kriegerkenningen wie dolgvi. r, ? ingvi. r. Zur Gleichsetzung des Helden mit wachsendem oder geschäftetem Holz (s.o. IV 5). Zwei klangähnliche Wortfamilien haben sich in der Namenüberlieferung so ineinander geschoben, dass sie nicht immer klar gesondert werden können (50–55): 50. -wı-gaz in wgot. Ervigus, dt. Theotwig, ags. nur in Aluuig a. 742, frühnord. als Simplex uigaz ‚Kämpfer‘. 51. -wingaz, got. Aidoiggos, dt. Radoing, nord. nur in sagenhaften Vingi. 52. -wı-waz < *wı-gwaz bzw. -*wiuz: in wgot. Alavivus, wfrk. Wandalveus gehört in das gleiche Nest ähnlich lautender Endglieder. Frühnord. Bezeugt ist das Simplex Wiwaz. 53. -wı-haz: Ogerm. unsicher, dt. Sigiwih, ags. Aluych, dän. Alewı-h in Beowulf, wnord. Randvér. 54. -windaz: wnord. Eyvindr. Sonst wohl verdrängt durch die Femininentsprechung 31 a. Zu ahd. obarwindan ‚überwinden‘. 55. -winiz: Got. Odoin, lgb. Alboin, ags. Eadwine, dt. Abeuin. ‚Der Freund‘ (ahd. wini usw.) hat als Endglied von PN offenbar zwei Wurzeln: „den Freund der Mannen‚ und ‘den Freund eines Gottes‚ als Fürstenepitheta (s.o. V 1, V 4).
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VIII.4 Weibliche Endglieder a) Wahrscheinlich urgermanische Endglieder Als wahrscheinlich urgermanisch gelten erneut Endglieder, die bei Ost-, West- und Nordgermanen (dem Namenkundler leisten diese dem Sprachhistoriker zweifelhaft gewordenen Termini noch Dienste) bezeugt sind. Darüber hinaus gibt es nun Endglieder, deren Spuren lediglich bei den Ostgermanen fehlen. Da uns nun aber die Überlieferung gerade über die ostgermanischen Frauennamen besonders kärglich unterrichtet, bleibt urgermanisches Alter eines Gliedes trotz einer solchen Lücke wahrscheinlich. Gewagter erscheint die gleiche Beurteilung bei Endgliedern, die ostund westgermanisch bezeugt sind, aber im Norden fehlen. Denn etwa seit dem 10. Jahrhundert lassen sich solche Lücken nicht mehr durch eine unzureichende nordische Überlieferung erklären. Da nun aber alle drei komponierten Frauennamen, die sich in frühen nordischen Runeninschriften finden (Agilamu[n]don, Alugod und Ä sbu@ ) Endglieder enthalten, die im Norden später nicht mehr gebraucht wurden, muss für diesen Raum ganz allgemein mit beträchtlichen Verlusten an alten Endgliedern gerechnet werden. Deshalb wird im Folgenden angenommen, dass ost-westgermanische Entsprechungen, an denen nicht auch der Norden teilhat, urgermanisches Gut festhalten. Ausnahmen bilden freilich *-guto- (Nr. 34) und *-juka (Nr. 35), welche sich offenbar von germanischen Einzelvölkerschaften aus verbreiteten. Nicht aufgenommen wurden die bei West- und Ostgermanen spärlich bezeugten Namen, die ahd. wı-b oder got. qens, qino, ae. cwe-n ‚Frau‘ enthalten (z.B. wgot. (ON) Salaguifre, dt. Gailwib; wgot. Ildequina, ags. Lefquen), denn hier handelt es sich wohl um Kosenamen, die von den übrigen zweigliedrigen Namen geschieden werden müssen. Dass unter diesen Voraussetzungen tatsächlich Zusammengehöriges gesammelt wurde, wird durch das Vorwiegen von d und @ als letztem Konsonanten bestätigt. Gerade diese Klangtendenz tritt in den sicherlich jüngeren Endgliedern nicht oder doch nicht mehr eindeutig heraus und darf als Merkmal der urgermanischen Bildung von Frauennamen gelten (s.o. VI 3). 1. *-bergo-: Ogot. Gundeberga; burg. Aisberga; ags. Eormenbeorge; wfrk. Gundeberga; dt. Gundiberga; wnord. Gunnbiorg. Früh und reich bezeugtes Endglied. Nur ags. selten, aber aber wohl nicht entlehnt. Stammklasse: Nach wfrk. -berga, ags. -beorge, wnord. -bixrg zur o--Klasse. Eine dt. -ı-/ijo-- Variante -birg < *-birgı- erstmals in Haribrig, 5./6. Jh., auf der Weimarer Fibel A (vgl. die Glosse halspiriga neben sonstigem halsberga). Bedeutung: Keine Movierung, da der einzige entsprechende Männername (wnord. ? orbergr) eine typisch nordische Bildung ist, die kein urgermanisches Vorbild gehabt haben dürfte. Während eine Erklärung von ogot. Amalaberga als ‚deren Schutz die Amaler sind‘ unvereinbar ist mit dem germ. Gebrauch des Bahuvr\hi-Typus, be-
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stimmte Wrede *-bergo- richtig als nomen agentis zu got. baírgan. Die Bedeutung war offenbar vielschichtig: 1. ‚die Gefallene Bergende‘, vgl. Edda: at @ ú nám biargir, 2. ‚die Schützende‘, vgl. ahd. halsberga ‚Nackenschutz‘, beinberga ‚Beinpanzer‘; 3. (in PN unwahrscheinlich) ‚die Geburtshelferin‘, vgl. Edda: Biargrúnar skaltu nema, ef @ ú biarga vilt / ok leysa kind frá konom. 2. *-berhto-: Wgot. Silberta; burg. Ricuberta; ags. nur Roetberhtae (Falstoneinschrift) um 700?; wfrk. Acleberta; dt. Gaoiverta. Außerhalb Frankreichs nur selten bezeugtes, im Norden ganz fehlendes Endglied. Stammklasse: Wfrk. burg. -berta erweist o--Stamm, der bei dem adjektiven Charakter des Endgliedes dem appellativen Gebrauch entspricht. Einen Übergang zur -ı-/ijo--Klasse zeigt burg. Sendiberti (mit nicht latinisierter Endung), im selben Jahr wie Ricuberta. Bedeutung: Movierung von *-berhtaz ‚hell, glänzend‘ z.B. in ags. Ceolbeorht, dt. Hadupraht. Mit seiner Dreierkonsonanz vor dem Stammvokal fällt *-berhto- aus dem klanglichen Rahmen der urgermanischen Endglieder von Frauennamen. Enthalten diese doch sonst nur Folgen von höchstens zwei Konsonanten, deren zweiter meist d bzw. @ ist. Dass *-berhto- dennoch verwendet wurde, erklärt sich durch das Vorbild der dichterischen Formelsprache: zu ae. beorht, awn. bjort als poetischem Frauenattribut s. etwa se-o beorhte mægd; beorht gebedda; wlitebeorht ides; biort = Gu. rún; in gaglbiarta; in sólbiarta brú. r. 3. *-budo-: Lgb. (?) Arsiboda; dt. (?) Ljupota; nord. Ä sbu@ , Stein v. Ravnehilde; nord. (Sage) Aurbo. a. Seltenes Endglied, fehlt ogerm. ags. Stammklasse: Run. -bu@ (und wohl auch lgb. -boda) erweisen die bei einem nomen agentis zu erwartende o-Klasse; nord. -bo. a zeigt Übergang zur schwachen Flexion. Es handelt sich um eine Movierung von -budaz (VIII 3, Nr. 6). 4. *-burgo-z, -burg: Semnon. Waluburg (Ostrakon v. Elephantine, Ägypten); burg. Istiburgis; ags. Hildiburg: wfrk. Adalburgis; dt. Engilburc; schwed. früh und reich bezeugt. Allerdings ogerm. nur burg.; wnord. (-borg, -burg) nicht bodenständig, sondern schwed. bzw. wgerm. beeinflusst. Stammklasse: Allgemein dürfte das in Waluburg bezeugte Wurzelnomen zugrunde liegen, der zu got. baúrgs ‚Burg, Stadt‘ stimmt. (Die lat. Endung -is in wfrk. burg. -burgis erweist keinen -ı-/ijo--Stamm, sondern spiegelt den Übergang von ahd. burg zur i-Klasse wider.) Bedeutung: Die Metapher ‚Burg‘ für Menschen statt ‚Zufluchtstätte, Schutz‘ ist aber ' gburg, Beowulf V. 2887) bezeugt und für ‚Frau‘ kaum nur für ‚Stamm, Sippe, Volk‘ (mœ denkbar. Zu der interpretatorischen Schwierigkeit tritt der absonderliche rhythmische Charakter (got. baúrgs war ja von jeher einsilbig!). Beide Rätsel lösen sich, wenn man hier eine bereits urgerm. Entgleisung von *-burgo- > -burg annimmt. Dann läge eine nachträgliche Anlehnung der Schwundstufenvariante von Nr. 1 an das Appella-
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tivum ‚Burg‘ vor, und Waluburg lässt sich – entgegen Schröders Deutung a.a.O. – als Ausgangsverbindung ‚eine die Schlachttoten bergende Frau‘ verstehen. 5. *-fle-dı-: Wgot. Meroflidis; ags. Elffled; wfrk. Siggifledis, merow.; dt. Gunthflath. Isl. Sigrflió. ist wohl eine Neubildung mit Hilfe von awn. (poet.) flió. ‚Weib‘, das nach ' d entnommen wurde. Nur ags. und wfrk. dt. reich beS. Bugge ags. Namen auf -flœ zeugt. Stammklasse: Wfrk. -fledis, ags. -fled, wgot. flidis erweisen \-/ijo-Flexion, die sich von der i-Flexion des Appellativs abhebt. Bedeutung: Keine Movierung. Denn männliche Gegenstücke im Polyptychon Irminonis – z.B. Ingelflid – sind romanische Entartungen der weiblichen Namen). Zu ae. fl?d, mhd. vla-t f. ‚Sauberkeit, Glanz, Schönheit‘: ein Nomen der i-Klasse, das in PN in die -ı-Klasse eingeordnet wurde (s.o. VI 2, VI 5). In Namen adjektivisch als ‚die Schöne, Glänzende‘ zu fassen. 6. *-frı-d-: Got. Ulifrida, Inschrift an der Mauer von Konstantinopel; ogot. Amalafrida; ags. Egelfride; wfrk. Ermenfrida, Raginfridis, Gunnfrí. , dt. Engilfrit. Nur ags. seltenes Endglied. Bedeutung: Zu awn. Frí. r ‚schön‘ Stammklasse: In PN ursprünglich ist wohl die o--Klasse, während die damit konkurrierende Flektion als -ı-Stamm eine bereits frühe Anlehnung an -hildı- (Nr.11) erklärt. 7. *-gardı-: Wgot. nur Jadgarda, burg. nur Anseardis; ags. nur Licgeard, Hildi(g)arda; wfrk. Ermengardis; dt. Blicgard; wnord. ? orger. r. Ogerm. wohl nur zufällig spärlich bezeugt; bei den Angelsachsen wohl von -geard m. verdrängt. Stammklasse: Wfrk. -gardis, wnord. -ger. r erweisen -ı/ijo--Flexion. Für eine Movierung von *-gardaz ‚Zaun‘ s.o. VIII 3 Nr. 13. 8. *-gebo-: Ogerm. nur wgot. Frogevva; ags. Hroedgifu, Godiva; dt. Thietgeba. Dt. Otigeba u.ä. geht auf eine fränkische Umformung von ags. Eadgifu zurück. Auf dem Festland sehr selten und im einzigen westgotischen Beleg vielleicht verschrieben. Dagegen 28 Verbindungen bei den Angelsachsen. Stammklasse: Ags. -gifu erweist o--Klasse. Zur Bedeutung ‚Gabe‘ s.o. VI 4. 9. (?) *-gildı-: Wgot. (ON) Villavigild: < *-gildis; burg. Vistrigilde; wfrk. Adalgildis; dt. Suanagilt. Ags., wnord., wgot. unsicher; dt. selten, aber wfrk. gut bezeugt. Stammklasse: -ı-/ijo--Flexion nach wfrk. -gildis (mit altem Umlaut!). Da *-geldaz wahrscheinlich nomen agentis war, wäre eher die o--Klasse zu erwarten. Offenbar hat hier *-hildı- eingewirkt. Vermutlich eine Movierung von -geldaz (VIII 3 Nr. 20), für die eigentlich die o--Klasse zu erwarten stünde. Der Ausgang -ı- erklärt sich wohl aus einer Anlehnung an -hildı(s.u. Nr. 13).
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10. -go-d-: Wgot. Adalgudis; burg. Adalgud(is); wfrk. Ermengudis; dt. unsicher; nord. Alugod. Selten, aber gut bezeugtes Endglied. Das u in wfrk. -gudis deutet auf Entlehnung aus dem Ogerm. Stammklasse: Wgot. burg. wrfk. -gudis weisen durch die Endung -is, aber auch durch das durch i-Umlaut aus o- entstandene u- auf -ı-/ijo--Flexion, die einem adjektiven Endglied ursprünglich nicht angemessen war. In nord. Alugod scheint die Endung aus Platzmangel fortgelassen zu sein. ' rgo-d Bedeutung Zu asächs. go-d usw. ‚Gut‘, der durch die ae. go-d gu-. cyning, æ@ elingœ als Bestandteil der Heldenepitheta alteingeführt, aber als Endglied von PN wohl nur westgotisch bezeugt ist: z.B. in der ON Sesgudos. Dass eine Movierung, die auch für Frauen sinnvoll erschien, das männliche Gegenstück, von dem sie abgeleitet ist, verdrängte, würde zu einem jüngeren germanischen Trend passen, der nicht mehr nach Spanien ausgriff. (VI 6). ‚Gut‘ in dichterischen Frauenepitheta wird z.B. durch as. thiu goda thiorna (= Maria), awn. gó. rar meyar Gymis überliefert. 11. *-gun@ -ı : Wgot. Sigigundia; burg. Radagundis; ags. Eadgyth; wfrk. Ansegundis; dt. Alagu[n]@ ; wnord. Arngunnr. Überall neben *-hildı- häufigstes Endglied. ˜@ (mit Umlaut!), wnord. -gunnr zur Nach wgot. -gundia, burg. wfrk. -gundis, ags. -gy -ı-/ijo--Klasse gehörig. Eine nordische schwach flektierte Variante z.B. in wnord. ? orgunna. Es handelte sich um eine Movierung zu schwach bezeugtem (wohl durch die weibliche Entsprechung zurückgedrängtem) *-gun@ az (IV 2). Die romanische Namenüberlieferung bietet im 7. Jh. wfrk. Baudegund, Bercundus; sowie Ortsnamen westgotischen Ursprungs in Südfrankreich (Saligundo und Algonno) und auf iberischem Boden (z.B. Abegondo, Adragondo, Bergondo). Man mag hier – wie auch anderswo – zweifeln, ob die Romanen germanisches Erbe verbildet haben (indem sie ein maskulines Endglied nach femininem Vorbild schufen) oder gerade Altes erhielten. Das letztere wird nahegelegt durch die Inschrift des Steines von Skråmsta in Uppland: saksi let kera merki @ esa iftir aist fa@ ur sin auk ? orgun sun sin. Die Herausgeber sahen in ? orgun den Nominativ eines auch sonst bezeugten Frauennamens und interpretierten: ‚Saxi ließ dieses Zeichen nach seinem Vater Aist machen, und ? orgunn nach ihrem Sohn.‘ Hätte der Ritzer freilich dieses überliefern wollen, so würde er ein zweites iftir nicht ausgelassen haben. Erik Brate hat mit größerem Recht ? orgunn als Akkusativ eines Männernamens aufgefasst und sich damit zu der alten Deutung des Bureus bekannt; Saxo curavit fieri signum hoc in memoriam Eisti patris sui Et ? orGundi filii sui (Weitere schwedische Runenzeugnisse, auf die Naumann verwiesen hat, sind keine sicheren Anhalte, da sie auch -kunnr enthalten können.) Dem Endgliederpaar *-gun@ az m.: *-gun@-ı f. müssen zwei Appellative *gun@ az m. und gun@-ı f. ‚Kampf‘ entsprochen haben, von denen allerdings nur das letztere erhalten geblieben ist (awn. gunnr). Eine dritte Variante *gun@ o- f. zeigt sich in ae. gu-. . *Gun@ az lässt sich etymologisch gut stützen durch eine Entsprechung mit grammatischem
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Wechsel: got. gunds m. ‚Eitergeschwür‘ < ‚Wunde‘ < ‚Schlag‘. Das Paar *gun@ az: *gun@-ı hat eine Sanskritparallele in hata m. ‚Schlag‘, hatya- f. ‚Tötung‘. 12. *-hai@ -ı : Wgot. (ON) Vallesvilles < *Balahaidis (?); wrfk. Albhaidis, dt. Grimheit; wnord. Álfhei. r; ags.: Ó. Sächs. -heith z.B. in Megenheith ist wohl hochdeutscher Import. Nach wfrk. -haidis (später: -ais), wnord. hei. r zur -ı-/ijo--Klasse, obwohl ein Adjektiv zugrunde liegt. Eine Movierung zu spärlich bezeugtem *-hai@ az, *-hai@ uz, VIII 3 Nr. 21. 12a. *-hardı- (?) Gegen meine Dissertation rechne ich -hardı- (bisher 43) lieber zu den schon urgermanischen Endgliedern, weil ich mir schwer vorstellen kann, dass man sich urgermanisch eine klanglich so gut in die Gruppe passende Movierung entgehen ließ. 13. *-hildı-: Ogot. Tanilldi (Bronzefibel aus Italien); burg. Chrodechildis; ags Aedilhild; wfrk. Lenteildis; dt. Bertichildis; wnord. Gauthildr. Das häufigste Endglied in germanischen Frauennamen war nach ogot. -illdi, burg. wfrk. -(ch)ildis, wnord. -hildr ein -ı-/ijo--Stamm. Eine nord. schwach flektierte Variante z.B. in wnord. Ragnhilda. Bedeutung: Movierung zu einem nur wgot. häufiger bezeugten (wohl – wie bei Nr. 11 – von der weiblichen Entsprechung zurückgedrängten) -held- m. (VIII 3 Nr. 23). Es bleibt unklar, ob es eine ija-, i- oder u-Variante zu *-heldaz gab oder ob die deutschen Namen von den so viel häufigeren weiblichen Gegenstücken auf -hildı- beeinflusst wurden.) Wie bei Nr. 11 sind zwei Appellativvarianten mit der Bedeutung ‚Kampf‘ anzunehmen, von denen sich nur die weibliche (*hildı-) z.B. in ahd. hiltiu, Dat. erhalten hat. Ein Appellativ *heldaz m. erscheint vielleicht in leichter Umformung und kontaminiert mit einem anderen Etymon (zu ahd. hellan ‚klingen‘) in awn. (poet.) hjaldr, Gen. hjaldrs ‚Geschwätz, Lärm, Streit‘. Dass *heldaz nicht nur nomen actionis, sondern auch nomen agentis ‚Kämpfer‘ war, lässt sich durch den Namen der Kelten stützen, wenn Celta zu Recht als ‚Krieger‘.interpretiert wurde (s. Rhys bei Holder). 14. *-laibo-: Ags. Oslava; dt. Albleib; wnord. Alaifu (Dat.?); wnord. Ólxf. Abgesehen von diesem nordischen Namen selten, aber gut bezeugtes Endglied. Ein o--Stamm nach nord. -laifu, -Iof, offenbar, weil es sich um nomen agentis (zu got. bi-leiban ‚bleiben‘) handelte, eine Movierung zu *-laibaz ‚Nachkomme, Spross‘ (VIII 3, Nr. 25). 15. *-lai@ -: Wgot. Alalaz; burg. Richleida; dt. Crotleid: ein sehr spärlich bezeugtes Endglied. Wgot. -laz spricht für -ı-/ijo--Flexion. Burg, -leida könnte dagegen die bei einem nomen agentis zu erwartende o--Flexion wiedergeben. Bedeutung: Eine Movierung des ebenfalls seltenen -lai@ az s.o. VIII 3 Nr. 24a.
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16. *-laugo-: Dt. Hiltilouc; wnord. Droplaug. Die Überlieferung ist in den beiden Gebieten, auf die sie sich beschränkt, reichlich: 23 Verbindungen in Deutschland, 22 im Norden. Ein o--Stamm (nach wnord. -laug), wie er für ein nomen agentis regelgerecht ist. Bedeutung: Movierung zu selten belegtem *-laugaz. Da die konsequente Zweitstellung im Namen für ein nomen agentis spricht, dürfte Finnur Jónsson zu Recht auf got. liugan ‚heiraten‘, eig. ‚eine eidliche Verbindung eingehen‘ verwiesen haben (ablautend zu diesem Wort afries. logia ‚heiraten‘, ir. luige < *lugio- ‚Eid‘). Beim Femininum kann es sich um eine bedeutungskräftige Movierung handeln, da uns die Heiligung von Verträgen durch weibliche Gottheiten im Namen der Matronae Gavadiae (zu got. gawadjon ‚verloben‘, dt. wetten = ‚zum Pfand für eine Abmachung setzen‘) durch eine Priesterin in Tacitus‚ Bericht über die Seherin Veleda bezeugt ist. 17. *-leubo-: Ogot. Ereleuva; burg. Sedeleuba; ags. Aelfleof; wfrk. Gundileubane, cas. obl.; dt. Ratleuba. Im Norden nicht, ags. nur dreimal und spät, dagegen got. und dt. reich bezeugt. Wfrk. -leubane lässt durch die Umformung zum n-Stamm hindurch einen ursprünglichen o--Stamm durchscheinen, der für die Movierung eines Adjektivs regelgerecht ist. Movierung zu *-liubaz ‚lieb, geliebt‘, VIII 3, Nr. 29, aber später auch mit hineininterpretiertem weiblichen Sinn: ‚die einem Gotte liebe (Frau)‘. 18. (?) -lin@ i: Burg. Theudelinda; ags. Hildilid bzw. -litha, Wlflith (vielleicht Verschreibung); wfrk. Adalindis; dt. bereits viermal auf rheinischen Grabsteinen des 6./7. Jh.s z.B. in Radelindis, aber sächs. nur aus dem hochdt. Raum entlehntes -lind z.B. in Aethelinth; ngerm. nur Iólinn, das myth. Sigrlinn in der Edda, H Hv., einem wohl von Süden gekommenen Sagennamen nachgeschaffen sein dürfte. Da die Ostgermanen nur durch burg. Belege vertreten sind und die nord. Zeugnisse offenbar nicht bodenständig sind, erscheint urgerm. Alter des Endgliedes ungesichert. Stammklasse: Wfrk. dt. -lindis weisen auf die -ı-Flexion. Dass das Femininum eines Adjektivs dieser Flexion folgt, wurde in diesem Falle wohl gestützt durch eine appellative Variante: im Ahd. steht der a-Stamm lind (mit o--Femininum) neben dem ijaStamm lindi (mit -ı-/ijo--Femininum). Bedeutung: Hier liegt keine Movierung vor, da burg. Ododalintus m.; wfrk. Frotlindus m. romanische Entartungen sein dürften und die Bedeutung nur auf Frauen passt. Zu ahd. lind(i), asächs. lı-thi ‚weich, zart, lind‘. 19. -mo-d-: Wgot. Adalmudis; burg. Vandamodia; ags. Esmoda; wfrk. Letmodis; dt. Sigimot; onord. (run.) ku@ mu@ u.a.; (dän.) Reginmó. a. Wenn dieses Endglied ags. nur selten und spät, wnord. überhaupt nicht begegnet, dann wohl deshalb, weil es in dem Konkurrenz mit der populären männlichen Gegenstück (VIII 3, Nr. 31) unterlag. Stammklasse: Die Belege aus Frankreich weisen vornehmlich – freilich nicht durchweg – auf die -ı-Flexion. Da im Norden die n-Stämme meist Varianten zu Endgliedern
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eben dieser Flexionsklasse sind (-gunnr: -gunna – hildr: -hilda), lässt sich dem dän. -mó. a vielleicht ein Fingerzeig in die gleiche Richtung entnehmen. Möglich aber ist auch, dass onord. -mó. den alten nordischen Gebrauch festhält: denn die o--Flexion eines movierten Adjektivs würde der appellativen Regelung entsprechen. 20. -mund-: Gepid. Rosemunda; wgot. Braidimunda; wfrk. Adalmundi[s], Teudemunda; dt. Amunde bzw. -mundis. Frühnord. Agilamu[n]don, Gen. Im Norden selten, aber gut bezeugtes Endglied, in der übrigen Germania beliebt. Stammklasse: Wfrk. -mundis (neben -munda) weist auf -ı-/ijo--Klasse hin. Der n-Stamm urnord. -mundon könnte dazu eine frühe Variante sein (vgl. -gunnr: -gunna, -hildr: -hilda). Bedeutung: Movierung von *-munduz z.B. in nord. Kunimu[n]diu, Dat., quad. Agilimundus. Zur Bedeutung des maskulinen Endglieds s.o. Anhang VIII 3, Nr 32. 21. -nan@ -: Ogot. Theodenanda bzw. -nantha; ags. Wilno. e, Gen., (Var.: -node); wfrk. Bacnanda, Sesenanda; dt. nur Pernanda: ein selten, aber gut bezeugtes Endglied. Ogot. -nantia deutet auf -ı-/ijo--Klasse, wfrk. -nanda dagegen auf o--Flexion. Wahrscheinlich konkurrierten beide Flexionsweisen. Bei dem nomen agentis- (bzw. Adjektiv-) Charakter des Endgliedes dürfte die o--Flexion ursprünglich sein. Bedeutung: Movierung zu *-nan@ az ‚wagend‘ (VIII 3, Nr. 33). 22. *-niwjo-: Wfrk. Marconivia, merow. Ringinschrift; Baudonivia; lbg. Godania; dt. Selfniu; wnord. Oddn´ y . Fehlt bei Ostgermanen, Angelsachsen, Sachsen, dafür reichlicher bezeugt im Norden sowie im südlicheren Deutschland, hier mit Varianten -niu, -niwi und (wenn hierher gehörig) -ni. Stammklasse: Nach wfrk. -nivia, wnord. -n´ y zur jo--Klasse gehörig, was ganz zu got. niuja ‚die Neue‘ stimmt. Bedeutung. Keine Movierung, von Jacob Grimm wohl richtig gedeutet: Da ‚neu‘ (got. niujis, ahd. niwi) als Grundwort eines Frauennamens keinen rechten Sinn gibt, griff er auf ‚jung‘, die Nebenbedeutung des sprachverwandten gr. neós zurück und erklärte *niwjo- als ‚die Jugendliche, die Jungfrau‘ (VI 5). ‚Jung‘ als schmückendes Beiwort von Frauen in der Dichtung: z.B. swı-de ge˘ong (= Hygd), ge˘ong, goldhroden (= Freawaru); Gu. rúno ungo; mey frumunga (= Brynhild in der Edda). 23. *-re-do-: Wgot. Alazed; burg. (in terra) Guldredane; wfr. Waldrada; dt. Selparat. Nur wfrk., lgb., dt. häufig; ags., ngerm. fehlend. In England wohl von -red, -raed m. verdrängt, als dessen Movierung *-re-do- f. in den weiblichen Namenschatz gelangte. Stammklasse: Wfrk. -rada (nur vereinzelt -radis), wgot. -zed weisen auf o--Flexion, die für die Movierung eines nomen agentis regelgerecht ist. Burg. -redane zeigt jungen Übergang zur schwachen Deklination.
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24. *-ru- no-: Wgot. Gunderona; ags. Leofruna; wfrk. Childeruna; dt. Liutrun; wnord. Gu. run. Besonders dt. und ngerm. häufig bezeugtes Endglied. Wfrk. -runa, wnord. -rún erweisen o--Flexion, die sowohl für ein Adjektiv wie für ein nomen agentis regelgerecht ist. Bedeutung Keine Movierung. Wird im Allgemeinen als Bahuvr\hi-Endglied zu got. runa f. ‚Geheimnis, Beschluss‘, ahd. ru-na, ae. ru-n ‚geheime Unterredung‘ aufgefasst. Da aber die appellativen Gegenstücke nirgends Adjektivcharakter haben und zudem den für nomina agentis typischen Übergang zur schwachen Flexion zeigen, ist vielleicht eher ‚die Geheimnisse Kündende‘ anzusetzen: Ein nomen agentis, das freilich nicht nach der üblichen Art gebildet ist, da das Verbum ae. runian, awn. reyna der janKlasse zugehört. Ahd. o-rru-no m. ‚geheimer Ratgeber‘, awn. eyraru-no, Akk., Edda, ‚vertraute Gattin‘, würden danach ursprünglich ‚die ins Ohr Raunenden‘ bedeutet haben. Wie dies Wort in den Namenschatz gelangte, wird in VI 5 erörtert. *-ru-no- drückt aus, dass es der Frau zukommt, geheimes Wissen zu verwalten (ru-ne healdan, Exeterrätsel Nr. 87). Ae. héahru-ne ‚prophetissa, divina‘ und burhru-ne ‚parca‘ deuten dazu an, dass besonders an die Frau als Priesterin und Weissagerin gedacht wurde. Ein spezieller Hinweis auf den Umgang mit Runen ist kaum zu vermuten. 25. -sin@ -: Wgot. Leudesinda; burg. Airsenda; wfrk. Childesindis, Adalsinda; dt. Bertisindis. Die wgot. Überlieferung ist vielleicht angereichert durch Übergänge von -swin@-ı (Nr. 26). Im Norden dürfte -sin@ - f., eine Movierung von -sin@ az (VII Nr. 3) zusammen mit dem maskulinen Paarpartner ausgestorben sein. England steuert nur sein Wı-dsı-th bei. Während wfrk. -sindis gegenüber -sinda vorherrscht und durch frühe dt. Belege bestätigt wird, haben die burg. Zeugnisse durchweg -a. Danach ist wohl mit früher Konkurrenz von -ı-/ijo-- und o--Deklination zu rechnen, die sich durch den Doppelcharakter von *sin@ az m. als nomen actionis (mit -ı-/ijo--Movierung) und nomen agentis (mit o--Movierung) erklärt. Bedeutung: Movierung von *-sin@ az VIII 3, Nr. 37. 26. -swin@ -: Ogot. Amalasuintha; burg. Cassoendis; ags. Badusui. ; wfrk. Bertsuindis, oberdt. Gisalsuind, sächs. Alfsvith. Stammklasse: Der Name der Amalasuintha zeigt in den antiken Quellen durchweg a-Ausgang, ebenso wie der Name der Westgotin Gailsuinda u.ä. in den fränkischen Quellen. o--Flexion im Gotischen ist danach wahrscheinlich. Dagegen weisen wfrk. -suindis, burg. -soendis auf die -ı-/ijo--Deklination. Eine frühe Konkurrenz beider Flexionsklassen in den Namen würde einem appellativen Variantenpaar entsprechen: as. svı-th (ija-Stamm mit -ı-/ijo--Movierung). Bedeutung: Movierung zu *-swin@ az, s.o. VIII 3, Nr. 41.
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27. (?) *-@ iwı-: Wfrk. Adalteia: lgb. Wingidiu; dt. Godadeo. Für einstige weitere Verbreitung von *-@ iwı-, spricht We˘alh@ e˘ow (aus dem Geschlecht der Helminge): ein wahrscheinlich skandinavischer Name im Beowulfepos. Stammklasse: Wahrscheinlich -ı-/ijo--Flexion nach dem Appellativ ahd. diu, got. @ iwi (dessen Stammsilbe ursprünglich lang war: < frühurgerm. *@ egwı-. Unter den Beowulfbelegen zeigt nur einer n-Flexion (æt We˘alh@ e˘on, V. 629). Er spiegelt wider, dass im ae. Wortschatz eine schwach flektierte Variante @ eowe Übergewicht über @ eowu errungen hatte. Bedeutung: Movierung zu *-@ ewaz ‚(Götter)Knecht‘ z.B. in ogot. Alatheus, dt. Herideo, nord. W[u]l@ u@ ewaz, s.o. Anhang VIII 3, Nr. 42. In dt. Gotesdiu f. u.ä. kann -diu christlich verstanden worden sein (‚ancilla dei‘). 28. *-@ ru-@ -ı : Wgot. Agnitrudie; burg. Guntrudis; ags. Osthry. ; wfrk. Landetrudis; frk. Munetrudis; wnord. Arn@ rú. r. Im Allgemeinen reich bezeugt. Etwas seltener sind die wnord. Belege, die aber kaum mit Janzén (S. 138) in Personennamen als Lehngut angesehen werden dürfen. Stammklasse: Die Flexionsformen der ags. und wnord. Belege zeigen, dass das Namenendglied nicht – wie das Appellativa @ ry-. – als i-Stamm, sondern als -ı-Stamm gebeugt wurde, s. VI 2. Bedeutung: Keine Movierung (da lgb. Seantrudus m. als romanische Entartung gelten muss): zu awn. @ rú. , ae. @ ry-. f. ‚Kraft‘. Wfrk. -drudis, das mit freilich nicht gleicher Häufigkeit neben -trudis erscheint, lgb. -truda, das allmählich -druda verdrängt, und dt. -trut neben -drut zeigen eine Umdeutung des unverständlich gewordenen Endgliedes zu ahd. tru-t ‚lieb, geliebt‘. 29. -waldo-: Ogot. Hisdevalde (Var.: Hildivade, Hildeviade); burg. Vassalda; wfrk. Aclevolda, Leutalda; lgb. Summoalda, Ingeralda; dt. inschr. mater Optova … filio usw., bei Behrens 1950 S. 6 ergänzt zu *Optovalda; Wandrewolda. Bezeugung ist unsicher, da dem ogot. Beleg auch -vada, Movierung zu -vadus z.B. in ogot. Sunhivadus (zu wadan ‚gehen‘) zugrunde liegen kann. Bedeutung: Für eine Movierung des nomen agentis *-waldaz (VIII Nr. 44) flektiert das Endglied regelgerecht als o--Stamm. Eine Nebenform -valdis ist wohl eine romanische Entgleisung. 30. -waro-: Ogot. Hildevara; burg. Leucioara; ags. Berctuara; wfrk. Sigoara; dt. Raginwara; wnord. Hervor. Gut bezeugtes Endglied. Vgl. auch Nr. 36. Stammklasse: Ags. -uaru, wfrk. -oara, wnord. -vor deuten auf o-Flexion, die für die Movierung eines nomen agentis (bzw. eines Adjektivs) regelgerecht ist. Ursprünglich eine bloße Movierung von *-waraz m. (VIII 3 Nr. 47), in die später ein weiblicher Sinn hineingelesen werden konnte, wie er etwa in: bixrt baugvara ‚glänzende Armringwahrerin‘ in einer Strophe aus der Frid@iófssaga belegt ist.
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31. -wı-ho-: Wgot. Ildoia, wfrk. Fridovigia; Alavia; dt. Drudwih; onord. in mehreren Verbindungen, wnord. nur @ orvé (Landnahmebuch u. ö.). Ogerm. ngerm. selten, ags.: Ó. Stammklasse: Wfrk. -vigia, -via geben wohl die Aussprache *-vija < -wı-ha wieder, sprechen somit nicht gegen wnord. -vé, das -ı-/ijo--Flexion bezeugt. Bedeutung Movierung von *-wı-haz, VIII 3, Nr. 53.2 32. -windaz: dt. Ostwind, wnord. Eyvind zu ahd. ubarwindan ‚überwinden‘.
b) Ostgermanische Endglieder Die konservativen Züge des ogerm. Namenschatzes treten in den Frauennamen besonders deutlich heraus. Hier und da mag den weitgewanderten Stämmen urgerm. Gut verloren gegangen sein, doch haben sie diese Verluste kaum je durch neueingeführte Endglieder wettgemacht. Bezeichnend ist, dass die wenigen Neuerungen durchweg Movierungen sein dürften. 33. -fara: Ogot. Sendefara, Wilifara, Theudifara; wfrk. Sicfara; Burgundofara. Da deutsche Belege zu fehlen scheinen, werden die westfränkischen auf eine Entlehnung bei den Ostgermanen zurückgehen. Bedeutung: Eine o-Movierung zu *-faraz s.o. VIII 3, Nr 7. 34. *-guto-: Ogot. Ostrogotha, Thiudigoto, Töchter Theoderichs (die erstere könnte identisch sein mit der vom Anonymus Valesianus erwähnten Arenagni = Ariagne; ‚Ostgotin‘ wäre dann nur ein Beiname gewesen, der die gotische Ariagne von der zeitgenössischen byzant. Kaiserin A. abheben sollte); wgot. Levecota; gepid. Austrigusa. Von weiten Entlehnungswegen dieses Endglieds durch die Germania zeugen etwa burg. Suavegotta (verheir. mit Theudebert I., Kg. d. Fr.); ags. Eorcongotae (Enkelin des Königs Eorconbeorht v. Kent); wfrk. Susgosa, Gundegosa; dt. Spancozza; Ratgozza. Das Endglied – ein weibliches Gegenstück zu *-guta ‚Gote‘ z.B. in ogot. Ostrogotha – scheint in der ogot. Königsfamilie aufgekommen zu sein. Nicht zufällig werden auch Belege außerhalb der Ostgermania besonders in vornehme Familien weisen, denn die Ausbreitung von *-guto- erklärt sich wohl durch die Heiratsverbindungen der großen ostgermanischen Häuser. Wfrk. -gosa lässt langobardische Vermittlung vermuten, die auch für obdt. -cozza wahrscheinlich ist.
2 Eine nur in Frauennamen bezeugte Variante (ablautend und mit grammatischem Wechsel), zu der sich awn. veig f. „(Kampf-) Kraft“ vergleichen lässt, liegt vor in wnord. Namen, z.B. Solveig, zu denen sich eine einzige dt. Parallele nachweisen lässt: Choldwaih. Vielleicht gehörten auch *-waigo-, *-waihobereits der urgermanischen Schicht an.
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35. *-juka: Lediglich in burg. Guntheuca (Gregor v. Tours, MGh SS rer. Merov I / 1, 2. Ausg. 1951, S. 103), Guntiucha (Pseudo-Fredegar, Chlotachar) und in dt. Cartdiuha. Wohl im burg. Königshause eingeführt in Abwandlung eines hunn. PN, s.u. Anhang IX 2. 36. (?) -we-ra: Ogot. Sisewera u.ä., wgot. Gelvira u.ä. ö.; burg. Leuvera; wfrk. Gunthivera, Sunnovira. Es liegt zwar nahe, ein ostgermanisches Namenglied anzunehmen, das von den Westfranken entlehnt wurde. Es kann sich aber auch um altererbtes *-we-ro- handeln, das im deutschen Schriftbild mit -waro- (s.o. Nr. 30) zusammenfallen musste. Bedeutung: Wohl eine Movierung zu *-we-rs ‚wahr, freundlich‘ in (burg.?) Salaverus, got. Uerikas. Dass die Movierung hier – wie bei -laugo- (s.o. Nr. 16) – auf die Rolle der Frau bezogen werden konnte, Verträge zu heiligen, legen ahd. wa-ra f. ‚Friedens- oder Treuegelübde‘, nord. Vár ‚Göttin der Eidschwüre‘ nahe.
c) Ein westgermanisches Englied? 37. -wı-s-: Ags. Cynuise; wfrk. Hildois; lgb. Geroisa (Lehnname?); dt. Adelwiz. Bedeutung: Seltene Movierung des ebenfalls seltenen -wı-s z.B. in dt. Ebarwis, zu ae. wı-s ‚weise‘ (als dichterisches Epitheton für einen Mann z.B. Beowulf V. 1845, für eine Frau V. 1927) bzw. nomen agentis zu ae. wı-san ‚führen‘, vgl. ae. herewı-sa, hildewı-sa als Beiworte Beowulfs. Sehr wohl möglich ist, dass -wı-s- bereits urgerm. als Englied verwendet wurde, aber ogerm. und ngerm. verloren ging.
d) Angelsächsische Endglieder? 38. -wyn(n): Sewenna; Beornwynne, Gen. Häufig und in vielfältigen Verbindungen gebraucht. Bedeutung: Zu ae. wynn f. ‚Wonne‘, verwendet wie in Cynewulfs Crist, V. 71 (Codex Exoniensis): eâla wîfa wynn ‚der Stolz, die beste aller Frauen‘ (s. Boehler, S. 153), vgl. auch e-gna wyn ‚Wonne der Augen‘ = Jungfrau, Exeterrätsel Nr. 107. Als einziges weibliches Endglied lediglich ags. bezeugt, aber hier für ‚Wonne‘ als Preisformel für Frauen verlässlich gestützt. Danach wird in VI. 5 versuchsweise mit einem nur in England erhaltenen Erbe aus urgerm. Zeit gerechnet. Anm.: Ags. -we-n – von Böhler zu ae. we-n f. ‚Hoffnung, Erwartung, Meinung‘ gestellt – wurde durch O. V. Feilitzen in: Modern Language Notes 62 (1947) S. 155–165 – teils auf Irrtümer von Schreibern zurückgeführt, teils mit -wynn gleichgesetzt.
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e) Deutsche Endglieder In Deutschland sind mehr Endglieder von Frauennamen bezeugt als in jedem andern germanischen Raum. Auch diesmal zeigt sich also der alle anderen Stammesgruppen übertreffende Reichtum des deutschen Namenschatzes. Ja, während die Produktivität der Namengeber in den andern Räumen bereits zu jener Zeit erlahmt sein dürfte, in der die Überlieferung reichlicher zu fließen beginnt, dürften in Deutschland noch im 9. Jh. hier und dort neue Namenglieder – darunter auch Endglieder von Frauennamen – eingeführt worden sein. Es muss einem genaueren Studium der deutschen Namen überlassen werden, ganz vereinzelte Belege zu prüfen und zu deuten. Hier werden nur häufiger bezeugte Endglieder aufgeführt. 39. -birin: Ospirin; Altbirn. Insgesamt 35 vor allem oberdt. Bildungen. Eine burg. Entsprechung, Gitsa(t)berna erklärt sich wohl durch fränk. Einfluss. Unklar bleibt das Verhältnis zu wnord. Namen wie Asbera, Hallbera, die nicht in der Form, aber in der Bedeutung (‚Bärin‘) mit den deutschen übereinstimmen, sowie zu eingliedrigem isl. Birna. Wahrscheinlich kam es in Deutschland und im Norden unabhängig voneinander zu Movierungen von ‚Bär‘; in Deutschland vielleicht erst nach der Landnahme der Westfranken, da diese keine Belege beisteuern. Bedeutung: Zu ahd. birin ‚Bärin‘ neben bern, bero ‚Bär‘ in PN wie dt. Egilbern, Adalbero, VIII 3 Nr. 5. 40. -bru- n: Etwa acht Verbindungen, z.B. in Lorsch: Thiadbrun, Adalbrun. Bedeutung: Movierung des seltenen -bru-n m. z.B. in dt. Uilbrun, lgb. Gualabrunus, das sich vielleicht an die Waffen bezeichnenden Endglieder angereiht hat, da ‚braun‘ in der Dichtung ein beliebtes Waffenepitheton ist (s. Schramm 1957 S. 170 Nr. 40). -bru-n kann aber auch als Umschreibung von ‚Bär‘ eingeführt worden sein. Die Einführung der Movierung -bru-n f. wurde wohl – wie bei -du-n, s.u. Nr. 41 – durch das Reimverhältnis zu -ru-n, s.o. Nr. 24 befördert. 41. -du- n: In vier Namen der Lorscher Überlieferung z.B. Ragdun; Manadun. Männliche Entsprechungen nicht bezeugt; Bedeutung unklar, vgl. burg. Dunimius. Die Einführung dieses Endgliedes wurde wohl durch das Reimverhältnis zu -ru-n, s.o. Nr. 24, befördert, vgl. auch o. Nr. 40. 42. -gı-s: Wfrk. Adalgisa; lbg. Anselgisa; dt. Bergise; Liutgis, Ramigis. Bedeutung: Seltene Movierung, die bei Romanen etwas an Bedeutung gewann: zu -gı-s m. z.B. in dt. Arogis, das sich zu -gisil z.B. in frk. Badegiselus verhält wie mnd. nrh. gı-s(e) ‚Geisel‘ zu ahd. gı-sal ‚Geisel‘, vgl. auch awn. vandill neben vondr ‚Zweig‘. Die wfrk. a-Endung lässt auf o--Movierung (eines Substantivs) und damit auf eine jüngere Bildung schließen. Für die Einführung von -gı-s f. kann die Sitte ausschlaggebend gewesen sein, als Geiseln vornehme Mädchen zu bevorzugen.
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43. -hart: Wfrk. Ragenardis, dt. Authardis. Dieses Endglied, eine Movierung von -hart m. ‚stark‘ z.B. in dt. Gisalhart (VIII 19a), ist wfrk. recht gut, dt. immerhin durch neun Belege vertreten, „die trotz ihrer geringen Zahl sich doch über alle deutschen Gebiete zu verbreiten scheinen“ (Förstemann I Sp. 751). 44. -sno-t: Wfrk. nur Hildisnodis (Pol. Regin.) dt. Hildisnot, Angilsnot und einige weitere Verbindungen. Das Fehlen einer Endung in dt. -snot erweist das o als lang und erlaubt die Rückführung auf *-snau@ az bzw. *-snaudaz. Da die von Förstemann Sp. 1352 vorgeschlagene Verbindung mit got. snutrs, dt. snottar lautlich unmöglich ist und awn. snau. r (zu snió. a), mnd. snode wegen der Bedeutung (‚entblößt, arm‘) abseits liegen, steht eine Erklärung aus. 45. -wı-t: Wfrk. Winuidis, Adalwis; dt. Teudwit (burg. Sebuida, geht wohl auf fränkischen Einfluss zurück). *-frı-dı- s.o. Nr. 6 ist zwar keine Movierung zu *-fri@ uz m., man wird aber eine Klangbezeichnung zwischen beiden Endgliedern empfunden haben. Dem Paar *-fri@ u- z: frı-dı- könnte eine Entsprechung beigegeben worden sein, indem man zu *-widuz ‚Holz, Baum‘ z.B. in dt. Situwit ein weibliches Gegenstück *-wı-dı- einführte, das nach seiner Bedeutung (ahd. wı-t ‚weit‘) eigentlich als Namengrundwort ungeeignet war. 46. -wulb: Dt. Heriulb, Odulbis, wfrk. Reginulfa und lgb. Zitolfa sind wohl von den deutschen Bildungen unabhängige, romanische Movierungen zu -ulfus m. Bedeutung: Eine appellat. ahd. wulpa ‚Wölfin‘ kopierende Movierung zu -wolf, vgl. Bär: Bärin VIII 3, Nr. 39. Dass es sich um junges Eigengut des deutschen Namenraums handelt, wird wahrscheinlich durch das Fehlen überzeugender Gegenstücke bei Westfranken und Langobarden sowie durch die Tatsache gestützt, dass die Wölfin in der Dichtung ein dämonisches Wesen ist: Grendels Mutter wird Beowulf V. 1599 brimwyl(f) genannt, und Thor rechtfertigt seinen Kampf mit den Berserkerfrauen durch das Argument, diese seien eigentlich keine Weiber, sondern Wölfinnen (vargynior) gewesen, Edda, Hrbl. Str. 39, 1. Erst in einer Spätzeit konnte deshalb wohl -wulb zum Namenglied werden.
f) Nordgermanische Endglieder Die starken Wandlungen im nordischen Namenschatz, die sich wohl vornehmlich zu Beginn der Wikingerzeit vollzogen, haben auch die Frauennamen betroffen. Eine Reihe aus urgermanischer Tradition stammender Endglieder ging verloren (darunter alle bisher in frühen Runeninschriften überlieferten), dafür wurden neue eingeführt. Diese, obwohl an Zahl nicht einmal bedeutend, wurden so häufig verwendet, dass der
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nordische Frauennamenschatz den ausgeprägtesten Eigencharakter unter allen germanischen Traditionen aufweist. Das hier zusammengestellte Material bleibt zu ergänzen durch einiges ostnordische Eigengut, das durch die großen, noch nicht abgeschlossenen Runenpublikationen zugänglich gemacht wird. 47. -elfr: Nur in norw. Skialdelfr (ON Skaellaellfuae rud); isl. ? orelfr; dazu der unkomponierte Name Elfr in norw. ON. Eine schwach flektierte Variante ? orelfa in Norwegen seit dem 14. Jh. Bedeutung: Movierung von -álfr- m. ‚Albe‘ z.B. in Brandálfr, ? orálfr; das vielleicht im Anschluss an Mannkenningar wie víg-álfr, brand-álfr zum Namenglied wurde. 48. -ey: In acht Verbindungen, z.B. wnord. Biargey, ? orey. Eine schwach flektierte Variante -eyia nur in Angeyia. Keine Movierung, erklärt sich wohl mit Nordenstreng als die ‚Heilspendende, Beglückende‘, vgl. got. awi-liu@ n. ‚Dank‘, (nord. run.) auja ‚Heil‘. 49. -bera in vier Verbindungen, z.B. Ásbera; ? orbera. Enthält -bera ‚Bärin‘ und erklärt sich wie ahd. -birin s.o. Nr. 39 Awn. bera ‚Bärin‘ dient im Namenschatz zur Movierung von -bjxrn m. ‚Bär‘ z.B. in wnord. Geirbiorn. Über das Verhältnis zu dt. Namen auf -birin s.o. Nr. 39. 50. -dís: In 18 Verbindungen, z.B. in Arndís, Eydís, um 1000. Eine schwach flektierte Variante zu Arndís; Arndísa. Keine Movierung. Zu awn. dís ‚vornehme Frau, Mädchen‘, poet. z.B. dís skioldunga für Brynhild, Edda, Br. Str. 14,3. 51. -finna: In vier Verbindungen, z.B. Dyrfinna, seit etwa 1100; Gu. finna, seit etwa 1000; ? orfinna, um 1000. Movierung zu -finnr m. ‚Lappe, Finne‘ z.B. in @ orfinnr. Die schwache Flexion bezeichnet einen jüngeren, speziell nordischen Movierungstypus, der vielleicht den einstämmigen Bildungen abgelesen war: Ein früher Beleg für Finna ist schwed. (run.) Fino, um oder vor 500. 52. -gríma: In drei Verbindungen, z.B. Hallgríma; ? orgríma. Movierung von -grímr ‚Kampfmaske‘ z.B. in ? orgrímr. Zum schwachflektierten -gríma vgl. o. Nr. 53 (einstämmiges Gríma erstmals im Landnahmebuch). Als von den nordischen Namen unabhängige romanische Bildungen sind wohl wfrk. Hrotgrima (Pol. R.); lgb. Madelgrima zu beurteilen. 53. -lo. : Außer durch drei myth. Namen -Gunnlo. , Sunnlo. , Svafrlo. nur durch spätes Sig(r)l?. bezeugt. Bedeutung: Ohne männliche Entsprechung, offenbar nomen agentis zu awn. la. a
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‚laden, bewirten‘, das gut zu Frauennamen passt. In Frage kommt als Grundlage ein archaisches Verb für die Herbeizitierung magischer Kräfte. 54. -katla: In fünf Verbindungen, z.B. isl. Hallkatla; Oddkatla ist eine Movierung von -kell < -ketill m. ‚Kessel‘ z.B. in ? orkell. Zur schwachen Flexion (-katla) vgl. o. Nr. 53 (einstämmiges Katla seit dem 10. Jh. bezeugt). 55. -unn(r), -u. r: In zehn Verbindungen, z.B. wnord. Steinunnr; ? orunn(r), Landnahmeb. u. ö. Erst im 14. Jh. erscheint eine schwach flektierte Variante in Hrei. unna, Iórunna. Da Unnr m. nur als Odinsname, nicht aber als Endglied von Männernamen bezeugt ist, liegt wohl keine Movierung vor. Janzén 1947 stellt -unnr richtig zu awn. unna ‚lieben‘, hält aber für möglich, dass es teilweise identisch sei mit awn. unnr ‚Welle‘, da diese Bedeutung für das Simplex Unnr (erstmals im Landnahmebuch) durch den gleichlautenden Namen einer Ägirstochter gefordert werde. Eben dieser mythische Name kann aber sehr wohl auf einer Volksetymologie beruhen. -unn erklärt sich als nomen agentis der o--Klasse. Unklar bleibt, ob die -ı-/ijo--Variante -unnr als Angleichung an -gunnr, s.o. VIII 4, Nr. 11, oder als Adjektivbildung ‚liebreich, bereit zu lieben‘ aufzufassen ist. Vergleichbare Bildungen wurden zusammengestellt von I. Lindquist in: Namn och bygd 27 (1939) S. 9ff.
IX. Aufsätze über einzelne Personennamen
Attilas Vater Mundiuch
IX.1
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Attilas Vater Mundiuch: Wirkungen eines hunnischen Fürstennamens auf die Germanen?
(Erschienen in: Gottfried Schramm, Ein Damm bricht. Die römische Donaugrenze und die Invasion des 5.–7. Jahrhunderts im Lichte von Namen und Wörtern. München: R. Oldenbourgh 1997, S. 27–55)
1. Alem. Cartdiuha f. 1.1 Im Jahre 778 beurkundeten zwei Adelige, Lantbert und Hiuto, dass sie von ihren Besitzungen im Ramackeuwi, also der Gegend von Biberach, Ochsenhausen und Laupheim in Oberschwaben, einige Hörige an das Kloster St. Gallen schenken würden.1 Diese im krausen Latein der Zeit abgefasste Schenkung war für das Seelenheil zweier toter Geschwister bestimmt: pro animabus fratre nostro Fuccone et sorore nostre Cartdiuha. Das zweite Glied im Namen dieser Frau ist bis heute rätselhaft geblieben. Jacob Grimm hatte zunächst erwogen, ob sich dahinter ahd. diuwa ‚Magd‘ verberge.2 Später aber fügte er auch unseren Namen als ein Steinchen in das große Mosaik der Zeugnisse ein, die das kosmisch-mythische Lebensgefühl der Frühzeit darlegen sollten. Got. ? eihvo ‚Donner‘ werde ursprünglich der Name einer Gewittergottheit gewesen sein. Ein dazu ablautendes ahd. diuha sei, in der Verbindung mit dem Vorderglied Cart- < Gardi-, so zu deuten: ‚die im haus, auf der erde, in der welt donnernde, offenbar eine donnergöttin, wie Theihvô, oder wenn man auf menschen auslegen wollte, wenigstens wolkendrängende zauberin, in jedem fall hat die benennung mythischen gehalt und ursprung‘.3 Gewiss, das ist geistvoll und liebenswert, aber es ist Grimm und nicht Cartdiuha. Kosmische Kräfte wie der Donner passen schlecht in den Kreis der germanischen Namenworte, und unter den Endgliedern, die sich noch strenger als die viel zahlreicheren Anfangsglieder in dem eng gesteckten Rahmen eines heroisch-poetischen Wortschatzes halten, sind sie vollends unwahrscheinlich. Es empfiehlt sich also, nach einer besseren Lösung auszuschauen. 1.2 Welche Lautung mag der Schreiber gehört und in ein Schriftbild umgesetzt haben? Wenn er hier iu vor -ha und anderswo, in den Namen Liuta und Hiuto, auch vor -ta und -to schreibt, dann dürfen wir dahinter wohl eo, io vermuten, denn diese Varianten von iu galten ja oberdeutsch in den genannten Positionen.4 Und wenn er -td-
1 2 3 4
Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, bearb. v. H. Wartmann I. Zürich 1863, Nr. 82. Grimm 1826, S. 455. Grimm 1865, S. 409. Braune 1987, § 47.
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Aufsätze über einzelne Personennamen
setzt und folglich ein Zweitglied -diuha annimmt, dann hat ihm vielleicht ein etymologischer Zusammenhang vorgeschwebt, von dem unten noch einmal die Rede sein soll (6.2). Gehört haben, und darauf kommt es hier an, wird er statt -td- wohl nur -t-. Denn eine Doppelkonsonanz, ob nun -td- oder ein durch die gleiche Graphie wiedergebbares -tt-, wäre hinter r für schwäbische Münder unaussprechbar geblieben. Wir gelangen also zu *Kartioha. Teilt man, diesmal im Einklang mit Jakob Grimm, daraus das wohlbekannte Anfangsglied Karti- < Gardi- ab, dann bietet sich als Endglied, das in westgermanischen Rufnamen ja nicht vokalisch anzulauten pflegte, nur -joha, an. Dass wir damit auf dem richtigen Wege sind, erweist sich, wenn wir die in Schwaben aufgenommene Spur weiterverfolgen und zwar zu den Langobarden.
2. Langob. Kildeoch; Godeoch m. 2.1 In zwei langobardischen Königsnamen ist die männliche Entsprechung -joh für eine wesentlich frühere Zeit bezeugt. Als König Rothari i.J. 643 die Gesetze seines Volkes aufzeichnen ließ, da befahl er, der Sammlung die Namen seiner sechzehn Vorgänger vorauszuschicken, die seit jener Zeit regiert hatten, wo die Langobarden den Königstitel übernahmen. In dieser Folge erscheint als vierter Kildeoch und als fünfter dessen Sohn Godeoch.5 Wie mögen diese Namen im 5. Jh. geklungen haben, als ihre Träger lebten? Statt der G-/K-Schwankung in unserer Quelle galt gewiss G-, und die Verschiebung von -k zu -h war noch nicht eingetreten. Schwierigkeiten machen nur die Fugenvokale. Hinter -e- kann sich älteres -a-, aber auch -i- verbergen.6 Gild- statt Geld- gibt keinen Hinweis, denn es muss im Langobardischen nicht durch ein Folge-i bedingt sein: einem ahd. werageld entspricht ja langob. wergild. Wenn hier -i- angesetzt, also mit den Varianten Gildi- und Gôdi- statt Gelda- und Gôda-7 gerechnet wird, dann sei betont, dass dieser Ansatz nicht zwingend begründet werden kann. Erst wenn der Leser die ganze zur Debatte stehende Namengruppe kennt, wird er merken, dass der Fugenvokal -idie Wahrscheinlichkeit für sich hat. Die Ausspracheentwicklung von -ijo- zu -eo- in
5 Edictus ceteraeque Langobardorum leges (Bluhme 1869, S. 12; enthält u.a. Edictus Rothari). – Auf Bluhmes Text fusst die Bearbeitung und Übertragung von Beyerle 1947. 6 Mehrere a-Stämme zeigen im Edictus Rothari den Fugenvokal -e-: gairethinx § 167 u. ö., launegild § 175 u. ö., stolesaz(o) § 105. 7 Die Beurteilung der langobardischen Belege wird dadurch erschwert, dass Gôd- und God- sich meist nicht scheiden lassen. Godoaldus, Godoin neben Godilandus, Godimundus sind danach keine sicheren Zeugnisse für a- und i-Stamm-Varianten. Vielleicht sind im Zuge der Latinisierung mit -o- und -i- mögliche lateinische Fugenvokale substituiert worden. Die übrigen Belege haben wie Godeoch doppeldeutiges -e-, s. Bruckner 1895, S. 259. Die langob. PN enthaltenden ON bei Gamillscheg (1934–1936, Bd. 3, S. 315) verraten den ursprünglichen Fugenvokal ebensowenig wie die deutschen Zeugnisse bei Förstemann 1901, Sp. 659–663.
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unserer Quelle fände ihr Gegenstück in -ija- > -ea: langob. frea ‚frei‘ f., Frea = ahd. Frı-ja.8 Danach lauteten die beiden Namen wohl ursprünglich *Gildijok und *Gôdijok. Cartdiuha, auf die selbe Lautstufe gebracht, ergibt (zumindest im Akk.) *Gardijoka. Vergleicht man die drei Bildungen, dann zeichnen sich mehrere Übereinstimmungen ab: alle drei Namen haben G- im Anlaut; alle drei zeigen im ersten Glied eine lange Stammsilbe und -d- als letzten Konsonanten. Möglich, allerdings vorerst nicht erhärtet, ist ein Zusammenklang auch im Fugenvokal: -i-. 2.2 Ein merkwürdiges Phänomen! Die Schöpfer der wenigen Namen auf -jok- fühlten sich bei der Wahl eines Anfangsgliedes offenbar nicht frei und ungebunden, sondern hielten sich an solche Glieder, die eine ganz bestimmte Klanggestalt zeigten. Die Namen auf -jok- sind verschiedene Ausfüllungen ein und desselben Klangmusters. Welche Geschichte mag dieses Klangmuster gehabt haben? Am meisten verraten die Quellen über das Auslaufen der Tradition bei den Langobarden. Wahrscheinlich war das Gespür für die hier waltenden Klangbeziehungen schon im 7. Jh. nicht mehr lebendig. Denn als ein unbekannter Autor um die Mitte dieses Jahrhunderts die dürre Königsliste des Edictus durch mündliche Kunde aus der Frühgeschichte der Langobarden anreicherte, da ersetzte er – oder war es ein Abschreiber? – das Anfangsglied Gildi- im Namen des vierten Königs durch Aldi-. Bei Paulus Diaconus, der zu Ende des 8. Jh. seine Langobardengeschichte schrieb, erscheint der Name in noch anderer Weise zu Hildeoc entstellt. Nur den Namen des fünften Königs bewahren beide richtig.9 Gudeoc bei Paulus und Cartdiuha in der Laupheimer Urkunde für St. Gallen – das dürften also die letzten, in ihren Klangbezügen von niemandem mehr begriffenen Reste der Tradition im 8. Jh. sein. 2.3 Wie aber war das wohl schon im 7. Jh. wieder vergessene Klangmuster entstanden? Schuf es erst Kildeoch, als er seinem Sohn einen an den eigenen angelehnten Namen gab? Oder wurde bereits der dritte König der Langobarden, Let, von einem Vorbild geleitet, als er seinen Sohn und Nachfolger Kildeoch nannte? Wer versucht, darauf zu antworten, der muss sich auf den Boden der bloßen Mutmaßung wagen. Unser einziger Richtpunkt ist dabei das erste gesicherte Datum zur langobardischen Geschichte, das Jahr 488. Die Origo berichtet, Odoaker sei mit einem alanischen Heer in das Land der Rugier eingefallen, das wir in Südmähren und Niederösterreich vermuten dürfen, und habe viele Gefangene weggeschleppt. Dadurch ermöglichte er den Langobarden unter Godeoch, das Gebiet des Nachbarstammes zu besetzen.10 Da wir aus andern Quellen wissen, dass Odoaker 488 zum letzten Mal ge-
8 Zu Lgb. -k > -h, wergild, frea s. Mitzka 1951. 9 Mon. Germ. hist. SS. rer. Langob., ed. Georg Waitz, S. 3 und S. 56f. 10 Ebd. S. 3.
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gen die Rugier zog, lässt sich ein Ereignis aus der Herrschaftsperiode des Godeoch datieren.11 War dieser damals noch nicht älter als Anfang vierzig, also nach 445 geboren, dann kann sein Vater Kildeoch sehr wohl nach 425 geboren sein.12 Und seit 425 etwa wird der Großvater Let von einem Burgunder gewusst haben, dessen Name ihn zu der Prägung des Namens Kildeoch zu inspirieren vermochte. Dieser Burgunder war, wenn die Quellen im folgenden recht gedeutet werden, ein Prinz und sein Vater einer der drei berühmten Könige, die nach der Sage in Worms saßen. Ja, sollte Kildeoch gar nach 437 geboren und früh gestorben sein, dann wäre sein Name dem eines vor kurzem zur Herrschaft gelangten Königs nachgeschaffen. Denn nach dem Tode des Vaters und seiner beiden Onkel war der Prinz nunmehr zusammen mit seinem Bruder auf den Thron erhoben worden.
3. Burgund. Gundiocus m.; Gundeuca f. 3.1 Anno 437 brachen hunnische Truppen in das Burgunderreich links des Rheines ein. König Gundahar und mit ihm eine große Zahl von Stammesgenossen fielen. Die dezimierten Burgunder konnten sich nun nicht mehr gegen den Druck der Nachbarstämme halten und gingen 443 auf römischen Reichsboden über. An der oberen Rhone und in der West-schweiz, wo Aetius ihnen Land anwies, blühte ein neues burgundisches Reich auf. Von den beiden, bis zum Tode Hilperichs gemeinsam regierenden Brüdern war Gundiok wohl der energischere. Er führte das Heer 446 an der Seite der Westgoten gegen die Sueben, während Hilperich daheimblieb. Gundiok erweiterte das Reich nach Westen und wählte sich eine Hauptstadt in dem neuerworbenen Landstrich; Hilperich residierte dagegen weiter in Genf. Wir wissen nicht, wer die Burgunder auf den Katalaunischen Feldern anführte: wahrscheinlich auch damals Gundiok.13
11 S. dazu Klebel 1939, S. 52. 12 Leider sind die Herrschaftsjahre, die in wenigen Hss. des Edictus hinzugefügt sind, so unterschiedlich und fragwürdig, dass sie zur chronologischen Klärung nicht genutzt werden können. Hs. Brescia: Kildeoch 11 J., Godeoch, 12 J.; Hs. Paris: K. 4 J., G. 12 J.; eine von Palmerius (t 1475) benutzte Hs.: K. 24 J., G. 16 J.; s. Klebel 1939, S. 58f. 13 Für die geschichtlichen Zusammenhänge vgl. Binding 1868; Jahn 1874; de Claparède 1909 (mit dem wohl richtigen Grund für die Übersiedlung der Burgunder vom Rheinland auf römisches Gebiet); Schmidt 1934. – Nur durch ein Résumé in Der Wormsgau 3 H. 6 (1957), S. 384–390 zugänglich war mir die Berliner Diss. (masch.) 1956 von Peter Wackwitz: Gab es ein Burgunderreich in Worms? W. erschüttert die von Julius Reinhard Dieterich, Ernst Stein, Henri Grégoire und Franz Altheim angeführten Gründe für die These, Gundahars Reich sei am Niederrhein zu suchen. Aber auch die durch Walthariuslied, Thi.reksaga und Nibelungenlied gegebene Lokalisierung in Worms lasse sich nicht durch historische Zeugnisse erhärten. Gesichert sei – durch Prosper Aquitanus – lediglich die linksrheinische Lage.
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Wie mag sein Name in burgundischem Munde geklungen haben? Wenn Gregor von Tours Gundevechus schrieb, dann ließ er den Namen auf jenes Zweitglied enden, das ihm aus dem Namen des Frankenkönigs Chlodovechus wohlvertraut war.14 Ihm folgt Müllenhoff, wenn er den originalen ostgermanischen Ausgang als -uih ansetzte.15 Nun ist aber Gregors Schreibung korrigiert worden, und zwar von dem sog. Fredegar, der Gregors Chronik im 7. Jh. auszog und fortsetzte.16 An zwei Stellen zeigen die Handschriften Gundioc(h)us; nur an einer Gundeveus.17 Korrekt ins Fränkische übertragen, so dürfen wir Fredegar auslegen, ging der Name nicht auf -wech, sondern auf -jok aus. Das ursprüngliche ostgermanische Lautbild schimmert noch durch die, im Anfangsglied freilich korrumpierte, Schreibung Gnudiuchum (Akk.) der Jordaneshandschriften hindurch.18 In einem Brief des Papstes Hilarus ist sie vielleicht nur durch einen Buchstabentausch entstellt: Gunduici (Gen.) für *Gundiuci.19 Wenn das Anfangsglied, germ. Gun@ i-, in allen Wiedergaben -d- hat, dann deshalb, weil @ nach n im Burgundischen stimmhaft geworden war. Wenn diesen Wandel in unserem Namen nicht wie in burg.-roman. Nantia < *Nan@ ja ein Folge-j verhinderte,20 dann lässt das darauf schließen, dass der Fugenvokal i hier nicht, wie an sich denkbar, synkopiert worden war. Anzusetzen ist nach allem *Gundijuks. Spanien, wohin der Name weiterwanderte, liefert Belege, die damit gut vereinbar sind.21 3.2 Dieser Name könnte zum Vorbild für die langobardischen und deutschen Namen auf -jok(a), -joh(a) geworden sein und damit jenes kunstvolle Spiel eingeleitet haben, dem wir nachspüren. Auf heimischem Boden, bei den Burgundern, hat er dagegen, wenn die Quellen uns nichts vorenthalten, nur eine einzige, gewiss augenfälligere,
14 Gregor v. Tours II K. 28 ed. Krusch-Levison (Mon. Germ. hist. SS. rer. Merov. 2I/1), S. 73. 15 Unter Mundiuchus im Index von Mommsens Jordanes-Ausgabe = Mon. Germ. hist. Auct. Antiq. V/P.1, S. 152. Auch Schmidt (1934, S. 177) setzt Gundowech an, und der Name weist nach de Boor (1939, S. 257) „das merovingische Namensglied -vech auf. Denn so ist es aus der Wirrnis der Historikerschreibungen heraus zu erklären. Daran zweifelt man heute wohl nicht mehr“. Dass die Schreibungen stattdessen -juks voraussetzen, erkannte von Kralik (1913, S. 7f.). 16 Zu diesem Autor s. Nonn 1989, Sp. 884. 17 Fredegar ed. Krusch = Mon. Germ. hist. Script. rer. Merov. II, S. 90 Z. 5; S. 99 Z. 15; S. 253 Z. 30. Gundiocus hat auch die bis ins 7. Jh. reichende Fortsetzung der Prosper-Chronik (Mommsen 1892, S. 305 ad a. 457). Gundioc(h)o erscheint in Lesarten der Passio Sancti Sigismundi regis, wohl 8. Jh., neben vorherrschenden, Gunduico Abi, ed. Krusch, Mon. Germ. hist. Script. rer. Merov. II, S. 333. 18 Daneben – in je einer Hs. – Gnudiacum, Gnuncdiuchium, Jordanes ed. Mommsen, S. 117 Z. 2. -ch- für auslautendes germ. -k(s) ist häufig in griech. Wiedergaben von -rîk(s), wie Theudérichos, Rudérichos. Die lat. Autoren haben hier das traditionelle -rix, daneben -ricus, doch schreibt auch Ammian Agenarichus, Mederichus: freilich in alemannischen, also möglicherweise schon verschobenen Namen. Das Material s. bei Schönfeld 1911. 19 Mansi, Sacrorum Conciliorum nova et amplissima collectio, VII, Florenz 1762, Sp. 937. 20 Gamillscheg 1934–1936, Bd. 3, S. 193. 21 Gontioki a. 889, Gonteiogo a. 907, a. 942, Gontigogo a. 927, s. Piel und Kremer 1976, S. 166.
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aber doch kunstlosere Nachwirkung gehabt. Zu Gundioks Namen wurde ein weibliches Gegenstück, eine Movierung, geschaffen. Nach Gregor von Tours, Buch III, Kap. 6 ließ der Merowinger Chlodomer, ein Sohn Chlodwigs, den Burgunderkönig Sigismund töten und fiel dann selbst im Kampf gegen Sigismunds Bruder Godomar. Chlodomers Bruder Chlothar I. heiratete a. 524 die eben erst verwitwete Schwägerin Guntheuca. Chrodihildis, die Mutter des Toten, nahm die Söhne zu sich, die dieser von Guntheuca hatte. Dass diese Guntheuca ebenso wie ihre Schwiegermutter eine burgundische Prinzessin war, wird dadurch bestätigt, dass einer ihrer Söhne den burgundischen Königsnamen Gunthahar erhielt. Wahrscheinlich war sie eine Enkelin Gundioks, vielleicht eine Tochter Gundobads.22 Die Namensform hat Gregor wieder einmal ans Fränkische angeglichen, wenn er das erste Glied, Gunth- auf @ als letzten Konsonanten verzeichnet. Bei Fredegar aber erscheint an einer Stelle die originale Lautgestalt mit d für @ nach n wiederhergestellt: Gundeucam (Akk.).23 Das zweite Glied dagegen hat Gregor in der burgundischen Form belassen und nicht, wie Gundevechus, nach dem Muster von Chlodovechus umgestaltet: offenbar, weil die Franken keine weiblichen Gegenstücke von -wech m. gebrauchten. Eine Angleichung an ein fränkisches Modell bot sich also gar nicht an. Zu rekonstruieren ist *Gundijuka. 3.3 Alle späteren Namen auf -juka und -joh(a), ein burgundischer, zwei langobardische und ein deutscher, lassen sich nach unseren bisherigen Überlegungen auf das eine Urmodell *Gundijuks zurückführen. Unerweisbar aber scheint zunächst, wieviele noch ältere Glieder die Traditionskette hatte, die schließlich zu Gundiok führte, da uns die spärlichen Quellen aus einer früheren Zeit ja keinen weiteren Namen auf -juk- zutragen. Ein Argument spricht dann aber dafür, dass es, wenn es sie überhaupt gab, nicht viele waren. Wenn -juk- an ein notorisches Neutrum, got. juk, ahd. joh anklingt, dann verstößt das gegen die grammatischen Bilderegeln der komponierten Männernamen, die als substantivische Endglieder nur Maskulina zulassen.24 Zudem war Joch ein Wort von bäuerlich-prosaischem Klang. Juka aúhsne, ‚ein Joch Ochsen‘, hat sich laut Ulfila (Lukas 14,15) der eine der zum großen Abendmahl Geladenen gekauft, und eine
22 Binding 1868, S. 286, allerdings mit hinfälliger Begründung: nach der Passio S. Sigismundi ertränkten die Franken Kg. S. im Brunnen jussu fratris regis Clodomeri, zu interpretieren als „auf Befehl von S.‚s Schwager Chlodomer“. Die kritische Edition von Krusch, a.a.O. verzeichnet diesen Zusatz für keine der Hss. Selbst der am nächsten kommende Codex Divionensis erweist sich als für den Beweisgang unergiebig: iussu regis sui Clodomeri … iactaverunt. 23 Fredegar, ed. Krusch, S. 277, Z. 6; -d- auch in den Lesarten. An anderer Stelle erscheint auch in diesem Text Guntiucham, Lesart Gunthiocam, ebda., S. 104 Z. 22. -e- bei Gregor und Fredegar wird als Versuch gelten dürfen, die Lautfolge -ij- (Fugenvokal i + Anlaut -j des zweiten Gliedes) graphisch wiederzugeben. 24 Schramm 1957, S. 45–50.
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Weiterbildung erscheint in gajuk hraiwadubon ‚ein Paar Turteltauben‘ (Luk. 2, 24). Auch in den anderen germanischen Sprachen greifen wir nirgends eine Bedeutungsentwicklung von Joch, die -juk- als ein Namenelement der ältesten und strengen Stilperiode wahrscheinlich machen könnte, in der offenbar weit durchgängiger als später auf den poetisch-heroischen Charakter der komponierten Bildungen geachtet wurde.25 Gewiss ließe sich -juk als Schwundstufe zu got. ga-jukan ‚kämpfen‘ und damit von einem Stamme ableiten, der sich in seiner Bedeutung bestens zum Namenelement eignete. Aber in der Frühzeit sind offenbar selbst solche Endglieder gemieden worden, die bloß lautlich mit nichtmaskulinen Substantiven zusammenfielen. Das mag lange Zeit verhindert haben, daß -juk- zum Namenbestandteil wurde.26 Wenn nun die jüngere Überlieferung allein aus dem Namen des Gundiok erklärt werden kann und die philologische Prüfung zumindest gegen eine längere, Gundiok vorausgehende Tradition, gegen eine bereits urgermanische Herkunft spricht, dann darf man erwägen, ob nicht Gundiok der erste Germane war, der einen Namen auf -juk- trug. 3.4 Wer verlieh ihm seinen Namen? Und wann ist seine Geburt anzusetzen? Es läge nahe, die erste Frage auf sich beruhen zu lassen, denn es ist umstritten, wer Gundioks Vater – und damit der Namengeber – war. Da es aber im Vorhergehenden möglich war, zwei (langobardische) Schöpfer neuer Namen zu identifizieren und damit zwei Namenprägungen aus der Anonymität herauszureißen, die sie sonst zu umgeben pflegt, soll von dieser Möglichkeit auch hier Gebrauch gemacht werden, selbst wenn dafür Stellung bezogen werden muss in einem Historikerdisput, der von beiden Seiten mit großem Scharfsinn durchgefochten worden ist. Carl Binding bestritt, dass Gundiok und Hilperich Söhne des Gundahar waren. Denn nach Prosper von Aquitanien sei dieser 437 mit seiner ganzen Sippe umgekommen, und zwei weitere Quellen bezeugten, dass eine Nachfolger aus einer anderen Sippe stammten. Nach der Passio Sancti Sigismundi regis wurde Gundiok von den Burgundern ex suo genere, d.h. aus seinem eigenen oder allenfalls: aus dem Geschlecht der Burgunder, auf den Thron erhoben. Kaum denkbar, dass damit die Erbfolge eines
25 Theodor v. Grienberger, der als erster Kildeoch, Godeoch mit Gundiocus und Mundzucus zusammenstellte (1897, S. 133), wurde durch eine griechische Parallele zu den -juk-Namen, Hermozygos, davon abgehalten, die Deutungsschwierigkeit zu erkennen und daraufhin das Problem bis zu Ende durchzudenken. Ein einzelner griechischer Beleg bei Hippokrates gibt uns aber noch kein Recht, hier ein uraltes, indogermanisches Namenendglied anzusetzen. Der griechische Name wird, ohne jeden Zusammenhang mit den germanischen Namen, nach dem Vorbild von Appellativkomposita auf -zygos entstanden sein. Dabei bleibt freilich rätselhaft, wie diese ihrer Bedeutung nach abseits liegenden Bildungen auf die Namenprägung einwirken konnten. 26 Dass die Namen auf -juk- die Ausnahme von der Regel darstellen, die ich selbst aufgestellt hatte, merkte ich ebd., S. 487. Das spornte mich schon bald an, die -juk-Namen nunmehr eingehender zu untersuchen.
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Königssohnes auf seinen Vater gemeint sei. Nach Gregor von Tours stammte Gundiok von dem Westgoten Athanarich ab. Damit sei die eine verwandtschaftliche Beziehung des neuen Königshauses bezeichnet. Die andere ergebe sich aus der gemeinsamen Herrschaft von Gundiok und Hilperich, deren offenbar gleiches Anrecht bei der Thronerhebung berücksichtigt worden sei. Danach war also Gundioks Geschlecht mit dem des Gundahar eng versippt und besaß nach dem Tode des letzteren die besten Rechte auf die Nachfolge.27 Bindings Kontrahenten haben dagegen geltend gemacht, daß die zugrundegelegten Quellen keine so verlässlichen Nachrichten böten, wie Binding behauptete.28 Ja, sie machten entscheidende Gegenargumente geltend. Der heilige Sigismund spricht von den Amtsvorgängern seines Großvaters Gundiok als proavi generis mei.29 Besonders wichtig ist der Titel 3 des burgundischen Rechtsbuches.30 Denn er legt fest, dass frei bzw. unfrei bleiben solle, wer schon „unter unsern Vorvätern königlichen Angedenkens“ frei oder unfrei gewesen sei. Diese Vorväter (auctores)31 zählt der König, der hier seinen Willen kundgibt, in der folgenden Reihenfolge auf: Gebeccam Gondomarem Gislaharium Gundaharium patrem quoque nostrum et patruum (Lesart: patruos). Binding glaubte, hier spreche Gundioks Sohn und Nachfolger Gundobad und auctores werde Vorgänger im Königsamt bedeuten. Aber Gundobad kam erst 473 zur Herrschaft, und seine ältesten Konstitutionen setzen sogar erst gegen Ende des 5. Jh. ein. Eine Bestimmung über Personen, die noch unter Gibika gelebt hatten, der vor a. 411 starb, wäre eine Bestimmung über Tote gewesen! Mehr noch: warum sollte Gundobad zwar Gibika und Gundahar samt seinen Brüdern, also die vorvorletzte und vorletzte Herrschergeneration mit Namen genannt haben, nicht aber die unmittelbar voraufgehende: seinen Vater und Onkel?
27 Binding 1868, S. 39; 300. Dazu Prosper Aquitanus ad a. 435 (Mommsen 1892, S. 475): [Gundacharius pace] non diu potitus est, siquidem illum Chuni cum populo suo ab stirpe deleverint (Hier nimmt aber ab stirpe „mit Stumpf und Stiel“ keinen ausdrücklichen Bezug auf die Sippe -stirps- des Gundahar! Die Nachricht ist, wie das Fortleben der Burgunder zeigt, übertrieben). Passio Sancti Sigismundi regis, ed. Krusch, Mon. Germ. hist. SS. rer. Merov. II, [Burgundiones] Gallias petierurnt et more barbarico terras vel populos imperalibus didonibus subiugatas invaserunt, regeque ex suo gernere levato nomine Gunduico … (Dass hier vielleicht die Thronerhebung eines minderjährigen Königssohnes gemeint ist, s. Claparède 1909, S. 59f.). Gregor v. Tours II, K. 28 = ed. Krusch-Levison I, S. 73: … Gundevechus rex Burgundionum ex genere Athanarici persecutoris … (Dass G. von einem bekannten Christenverfolger abstammte, ist vielleicht eine tendenziöse Behauptung). An Binding schließt sich Schmidt (1934, S. 177) im wesentlichen an. 28 Jahn 1874, S. 360–65; Claparède 1909, S. 52–60. 29 In einem Brief an den Kaiser Anastasios I, 516/8, ed. Peiper in: Mon. Germ. hist. Auct. Antiq. VI/1, S. 100. Z. 7f. 30 Mon. Germ. hist. LL II/1, ed. v. Salis, S. 43: De libertatibus servorum nostrum. Si quos apud regiae memoriae auctores nostros, id est: Gibicam, Gundomarem, Gislaharium, patrem quoque nostrum et partuum liberos liberasve fuisse constiterit in eadem libertate permaneant; quicumque sub eisdem fuerunt obnoxii servituti, in nostro dominio perseverent. 31 Daß auctores Vorfahren, nicht Amtsvorgänger bedeutet, erläutert de Boor 1939, S. 260f.
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3.5 Nach diesen Einwänden muss man wohl umdatieren, umkonstruieren und bessern. Hier spricht nicht Gundobad, sondern sein Vater Gundiok. In dem Zusatz ist statt patruum die Lesart patruos zu bevorzugen, die in drei Handschriften begegnen. Dann sind hier keine weiteren Herrscher gemeint, sondern erläutert wird nur das Verwandtschaftsverhältnis des Sprechers zu den drei letztgenannten: „unter Gondomar, Gislahar, Gundahar = unserm Vater und unsern Onkeln.“ Claparède hat selbst hervorgehoben, dass sich mit dieser Deutung nicht quoque hinter patrem verträgt: „ … und außerdem unter dem Vater …“, und für diese Unstimmigkeit einen frühen Abschreiber haftbar gemacht.32 Eine solche missverstehende Umgestaltung des Textes liefe durchaus parallel mit dem Ersatz von patruos durch patruum, nur dass sich quoque in allen, patruum nur in einem Teil der Handschriften findet. In beiden Fällen liegt wohl der Versuch vor, eine Bestimmung in der als Werk des einen Königs Gundobad verstandenen Lex Gundobada vom Vater auf den Sohn umzumünzen.33 Nach allem dürfte wohl die Ansicht, dass mit Gundiok und Hilperich keine neue Dynastie ans Ruder kam, die besseren Argumente für sich haben. Deshalb soll sie in diese Studie übernommen werden. Das Maß an Unsicherheit, das bleibt, ist in unserem Zusammenhang zu verschmerzen. Aber selbst wenn die richtigen Argumente berücksichtigt wurden: darf man, wie Claparède, in Gundahar ohne weiteres den Vater Gundioks sehen? Gondomarem Gislaharium Gundaharium patrem [quoque] nostrum et patruos muss doch nicht notwendigerweise chiastisch verstanden und patrem auf Gundaharium bezogen werden. Möglich bleibt ja auch die Parallelordnung von Namen und Zusatz: Gundomar, unser Vater; Gislahar und Gundahar, unsere Onkel. Hier seien beide Möglichkeiten offengelassen: als Vater Gundioks soll Gundahar oder sein Bruder gelten, dessen Name wohl nach dem des Enkels in Godomar zu bessern ist. Wann wurde Gundiok geboren? Wenn er, nach zumindest dreißigjähriger Herrschaft, a. 473 starb und die einzige Ehe, die nachweisbar ist, etwa 450 schloss, so ist wahrscheinlich, dass er als junger Mann auf den Thron kam. Ja, Claparède und de Boor äußerten die bestechende Vermutung, Gundiok und sein Bruder seien 437 noch minderjährig gewesen und hätten darum nicht mitgekämpft. So möge sich die Tatsache erklären, dass sie die Katastrophe überstanden.34 Uns soll als hypothetische Geburtszeit Gundioks der Anfang der zwanziger Jahre gelten. 32 Claparède 1909, S. 59. 33 Falls der Titel 3 des burgundischen Rechtsbuches zu Recht als Bestimmung Gundioks, nicht Gundobads, aufgefasst wurde, fällt damit auch de Boors in dem genannten Aufsatz vorgetragene geistvolle These, Gundiok und Hilperich seien die Söhne von Kriemhild und Siegfried gewesen. Hauptstütze dieser These war der fränkische Einschlag in den burgundischen Königsnamen nach 437: Hilperich, -vech und Sigi-. Da aber Sigi- zu wenig charakteristisch für ein bestimmtes Volk ist und -vech nur durch eine falsche Interpretation von Gundioks Namen gewonnen wurde, bleibt höchstens Hilperich: zu wenig, um darauf ein Gebäude errichten zu können. 34 Claparède 1909, S. 59f. – Davon wohl unabhängig de Boor 1939, S. 259.
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3.6 Aus dieser ungefähren Geburtszeit lässt sich nun eine Erklärung für die merkwürdige Tatsache gewinnen, dass ein burgundischer Prinz einen Namen erhielt, dessen zweites Glied gegen die traditionellen Bauregeln der Personennamen verstieß, obwohl die burgundischen, nicht anders als die gotischen Königsnamen, sonst durchaus konservativ waren: anders als im langobardischen Königshaus, wo man nicht vor ausgefallenen, ja banalen Namen zurückscheute. Zu Anfang der zwanziger Jahre des 5. Jh. konnte man nämlich im Rheinland sehr wohl von einem mächtigen Manne wissen, dessen Name germanisch klang und die Phantasie germanischer Namenschöpfer anzuregen vermochte.
4. Mundíuchos für *Mundijuks m.: ein hunnischer Name, germanisch ausgesprochen und griechisch aufgezeichnet 4.1 Der Mann, von dem nun zu handeln ist, war der Vater Attilas. Von ihm wüssten wir vermutlich nichts, wenn nicht Priskos in seiner Geschichte von Byzanz und von Attila auch ihn erwähnt hätte. Ein Fragment, das sich von diesem Buch erhalten hat, überliefert uns den Namen als Mundíuchon Akk.35 Diese Form muss der Interpretation zugrundegelegt werden, denn die andern Autoren, die den Namen verzeichnen, dürften aus Priskos geschöpft haben. Jordanes schreibt Mundzuco Abl., wobei -dz- wie anderswo in Scandza, Burgundzones usw für -di- steht.36 Verstümmelt ging der Name in die Chronik des Theophanes Homologetes, Anf. 9. Jh., ein: Mundíu Gen., und diese Form gab Anfang des 14. Jh.s wohl Anlass zu einer falschen Assoziation bei dem Kirchenhistoriker Nikephoros Kallistos Xantophilos, der – ebenfalls als Genitiv – Numidíu, verzeichnet.37 Schon Müllenhoff hat den Namen Mundiuch mit Gundiok zusammengestellt. Die Übereinstimmung im zweiten Teil dieser Namen, den er auch im Namen des Merowingers Chlodowech wiederzuerkennen glaubte, verleitete ihn zu dem Schluss, der Hunne habe einen germanischen Namen getragen. Dieser Meinung, die gelegentlich wieder in der Forschung auftauchte, widersprachen mehrere ungarische Gelehrte: Mundiuch sei ein hunnischer Name.38 Dass diese letztere Ansicht das Richtige trifft, machen zwei ganz verschiedene Gedankengänge wahrscheinlich. Wenn Attila auf dem Höhepunkt seiner Macht – um 450 – als grauhaarig geschildert wird,39 so ist anzunehmen, dass er um 400, wohl
35 Priskos in: Hist. Graeci min., S. 326 Z. 9. 36 Jordanes XXX, 180; XLX, 257 ed. Mommsen = Mon. Germ. hist. Auct. Antiq. V/1, S. 105 u. 124. Zur Schreibung -dz- s. Müllenhoff ebd., S. 152. 37 Die Stellen bei Moravcsik: Byzantinoturc. II, S. 169. 38 Müllenhoff zu Jordanes: Getica, S. 152. – Lit. bei Moravcsik: Byzantinoturc II, S. 194. 39 Jordanes, Getica 183, S. 105 Z. 19: canis aspersus.
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möglich sogar einige Jahre früher, geboren wurde.40 Er hatte noch einen älteren Bruder, Bleda. Daraus ergibt sich, dass Mundiuch, der Vater der beiden, schwerlich nach 380, wahrscheinlich aber vor 373 geboren wurde; äußerstenfalls also wenige Jahre, nachdem zum ersten Mal Germanen von den Hunnen unterworfen wurden. Für diese ersten Jahre kann man nicht damit rechnen, dass das Verhältnis von Siegern und Besiegten sich bereits eingespielt und germanische Kultur ihren festen und geachteten Platz in der Umgebung hunnischer Großer gefunden hatte. Das aber musste vorausgehen, bevor ein vornehmer Hunne germanisch benannt werden konnte. Auch das Klangbild hilft uns weiter. Um a. 500 trug der Sohn eines Gepidenkönigs – nach der einen überlieferten Formvariante – den Namen Mundo. Der Name, wäre er ostgermanisch, müsste bei Jordanes auf -a auslauten. Da der Träger als ein Nachkomme Attilas ausgewiesen ist, wird er seinen – vermutlich mit Mundiuch verwandten – Namen wohl diesem hunnischen Strang seiner Abstammung verdanken.41 4.2 Die Behauptung, Priskos gebe mit Mundíuchos einen hunnischen Namen wieder, den er aus germanischem, wahrscheinlich gotischem Munde gehört habe, lässt sich noch um eine Nuance verfeinern, wenn man berücksichtigt, was Priskos über seine Reise von 448 an Attilas Hof erzählt. In dem bunten Völkergemisch, das er dort antraf, konnten nur einige wenige Griechisch: Gefangene, denen diese Sprache von Hause aus geläufig war. Die andern beherrschten – jeweils neben ihrer Muttersprache – Hunnisch oder Gotisch oder Latein.42 Priskos, der von diesen drei Sprachen nur eine verstand, wird sich an die Lateinsprechenden gehalten haben, und unter denen waren gewiss auch Goten. Ein Gote, vermutet Thompson, übersetzte ihm später das hunnische Totenlied auf Attila, das dann Jordanes aus Priskos schöpfte, und dieses Lied begann: Praecipuus Hunnorum rex Attila, patre genitus Mundzuco. Ähnlich können auch die Preislieder auf den Hunnenherrscher und seine Kriegstaten angefangen haben, die von zwei – möglicherweise gotischen – Sängern bei jenem Bankett Attilas vorgetragen wurden, an dem Priskos teinahm. Und wenn auch Thompson nicht glaubt, dass damals Goten anwesend waren: warum sollte nicht Priskos‚ Tischnachbar, ein Barbar, der Latein konnte und ihm den Inhalt übersetzt haben wird, zu diesem Volke gehört haben?43 Ob Priskos bei dieser oder einer anderen Gelegenheit erstmals von Mundiuch hörte: seinen Namen dürfte er in lateinischem Kontext von einem Germanen erfahren haben.
40 Thierry (1884, I, Kap. 2) setzte danach Attilas Geburt auf ca. 395–400 an. 41 Das Nähere s. Schramm 1997, S. 121 (Nr. 6.18). 42 Priskos in: Hist. Gr. min., S. 305 Z. 17–22. 43 Ebda., S. 317 Z. 13–5; S. 318 Z. 12f. – Dazu Jordanes, Getica 257, S. 124 nach Priskos. Vgl. Thompson 1948, S. 216.
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4.3 Eine letzte Aussage, die sich über die Informanten des Priskos machen lässt, sei hier aus 6.1 vorweggenommen. Priskos hörte die hunnischen Fürstennamen von pietätvollen Vasallen, die das fremde Sprachgut zwar germanisch aussprachen, aber nicht an muttersprachliche Bildemuster anlehnten. Dass es außer den in der Umgebung der Hunnenherrscher gebrauchten getreuen Formen noch adaptierte, germanisierte Namenlautungen gab, lässt sich für die Namen von Attilas beiden Onkeln und für eine seiner Gemahlinnen wahrscheinlich machen.44 Der Name seines Vaters erforderte eine solche Adaptation nicht, denn er ließ sich, einmal germanisch ausgesprochen, bereits germanisch deuten. Es schien sich – wie bei Attila, dem Namen seines berühmten Sohnes – um eine gutgermanische Bildung zu handeln. An sie wurden – so die zentrale These dieses Kapitels – ähnlich klingende Lautungen angeschlossen. Der neue Namentyp auf -juks verstieß, wie früher erwähnt, gegen eine Bauregel der zweigliedrigen Männernamen, da hier ein Endglied mit einem Neutrum, got. juk ‚Joch‘ gleichklang. Aber ein solcher Regelverstoß wurde durch die mächtige, ebenso gefürchtete wie bewunderte Sippe, der Mundiuch entstammte, gleichsam entschuldigt und geadelt. Welche Assoziationen legte die Lautung Mundiuks nahe? Mundi- war den Goten aus ihrem eigenen Namenschatz wohlvertraut. Munderich hatte etwa einer der ihren geheißen, dessen Rolle i.J. 375 wenig glücklich gewesen war, als Ost- und Westgoten gemeinsam den Hunnensturm am Dnjepr aufzuhalten versuchten. Auch der Rest des Namens ließ sich germanisch erklären, wenn man -juks abteilte. Wurde recht vermutet, dass der Vater des Gundiok – Gundahar oder Godomar – als erster von dieser Möglichkeit Gebrauch machte, dem Namen eines erlauchten Hunnen eine Anschlussbildung nachzuschaffen? 4.4 Soll ein König aus einer Dynastie, in der Namentradition etwas galt, seinen Sohn nach dem Vorbild eines Hunnen benannt haben, dann setzt dies gewiss voraus, dass dieser Hunne nicht nur ein Häuptling von der Art war, wie es manche gab, sondern sich als ein besonders Mächtiger, vielleicht der Mächtigste heraushob. Wenn die vorgetragene These glaubhaft sein soll, muss versucht werden, die Machtstellung Mundiuchs aus den Quellen zu belegen. Leider bieten sich uns nur dürftige Anhalte. Jordanes schöpfte aus Priskos, dass Attila ein Sohn Mundzuks gewesen sei. Dessen Brüder Oktar und Roas hätten vor Attila das Königtum innegehabt: freilich noch keineswegs über alle, denen später Attila gebot.45 Rua begegnet 432 als Alleinherrscher der Teilvereinigung hunnischer Stämme, die Attila ausweiten sollte. Die beiden Brüder waren vorher gestorben: Oktar endete wohl um 430 auf einem Feldzug gegen die rechtsrheinischen Burgunder; Mundiuch zu einem unbekannten Zeitpunkt. Ein vierter Bruder, Oïbarsios, der keinen Anteil an der Herrschaft hatte, überlebte sie alle.
44 S. Schramm 1997, Kap. II.4, S. 114–122. 45 Jordanes, Getica 180 Z. 4, S. 105.
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4.5 Wie war die Macht verteilt, als Oktar und Mundiuch noch lebten? Altheim behauptete mit Bestimmtheit, schon damals sei Rua als der älteste Bruder Qaghan gewesen, dem seine beiden jüngeren Brüder als å ads zur Seite standen.46 Aber woher will er wissen, dass Rua tatsächlich der Erstgeborene war? Berücksichtigt man, dass Mundiuch – wie schon hervorgehoben – wohl spätestens um a. 380 geboren wurde und Rua a. 434 starb, dann kann man sich gut vorstellen, dass Mundiuch der ältere von beiden war und einen Vorrang vor den jüngeren Brüdern, so wie zunächst Bleda vor Attila, genoss. Von dem letzteren ist eine Äußerung überliefert, die unsere Annahme stützen kann, dass Mundiuch kein Unterkönig, sondern zumindest primus inter pares gewesen ist. Ein Mann namens Vigilas, erzählt Priskos, hatte dem Hunnenkönig 449 gestanden, im Auftrag von Theodosios II. einen Mordanschlag gegen ihn geplant zu haben. Attila schickte darauf zwei Boten nach Konstantinopel. Der eine sollte das Gold vorzeigen, mit dem Vigilas seinen hunnischen Helfer hatte bezahlen wollen, und den Kaiser und seinen Eunuchen Chrysaphios fragen, ob sie es wiedererkannten. Dem anderen aber wurde aufgetragen, dem Kaiser zu sagen: Theodosios sei allerdings der Sohn eines edlen Vaters, aber auch Attila sei vornehmer Abkunft und halte als Nachfolger seines Vaters Mundiuch seinen Adel in Ehren; Theodosios hingegen habe seinen ererbten Adel verscherzt, indem er ihm, Attila, tributpflichtig und daher sein Vasall geworden sei. Deshalb sei es frevelhaft, wenn er ihm, Attila, dem Höherstehenden, den das Schicksal zum Herrn über ihn gesetzt habe, wie ein treuloser Sklave hinterrücks nachstelle. Er könne diesen Anschlag erst als gesühnt betrachten, wenn ihm der Eunuch Chrysaphios zur Bestrafung ausgeliefert würde.47
Der Vater Theodosios‚ II. war Arkadios, der als ältester Sohn Theodosios‘ des Großen die östliche Reichshälfte geerbt hatte, während seinem jüngeren Bruder Honorius die Herrschaft über den Westen zufiel. Wenn Attila voller Stolz hier seinen Vater neben Arkadios stellt, dann wird Mundiuch kaum ein jüngerer Bruder gewesen sein, der Rua als dem älteren nachgeordnet war. Und wenn Attila, der Führer des hunnischen Stämmeverbandes, von sich sagt, er sei dem Vater nachgefolgt (tÌn patwra Moynd›oyxon diadejˇmenon), dann wird Mundiuch nicht weniger hoch geachtete Konföderaten, sondern den Kern des Verbandes befehligt haben: den vornehmsten Stamm oder die vornehmsten Stämme. Mit der Ermordung Bledas stieg Attila nach eigner Überzeugung nicht höher auf, als sein Vater gestanden hatte, sondern trat an den väterlichen Platz. Den Onkel Rua wird er nur als Platzhalter empfunden haben. Dass Attila seine Vorrangstellung unter den Hunnen als Erbteil seines Vaters, nicht des Onkels, verstand, ist vielleicht auch der tiefere Sinn, der in den drei ersten Versen des Totenliedes steckt: Pracipuus Hunnorum rex Attila, patre genitus Mundzuco, fortissimarum gentium dominus. 46 Altheim 1951, S. 98. 47 Priskos in: Hist. Graeci min., S. 324 Z. 22–29. Übers. v. E. Doblhofer s. Byzantinische Geschichtsschreiber, hg. E. v. Ivánka Bd. 4. Graz-Wien-Köln 1955, S. 61.
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Dass wir von den Taten Mundiuchs nichts wissen, obwohl er mächtig, ja der mächtigste Hunne seiner Zeit gewesen sein dürfte, ist nicht verwunderlich. Erst ab a. 432 beginnen ja unsere Quellen reichlicher zu fließen. Nur die Dürftigkeit unserer Nachrichten wird Thompson auf einen zeitlichen Ansatz gebracht haben, mit dem sich die hier behauptete Namenbeziehung kaum vereinbaren lässt. Erst um 420, ja vielleicht noch etwas später, meint er, kam jene Konföderation zustande, an deren Spitze später Lua stand. Frühestens 420, so müssten wir fortfahren, begründete Mundiuch seine Macht, die ihn heraushob aus der Zahl der hunnischen Häuptlinge. Aber schon gegen Anfang der zwanziger Jahre dürfte ein burgundischer König seinen Sohn Gundiok genannt haben! Nicht einleuchten will, dass eine Neuigkeit vom Tage ihren Niederschlag in der Namengebung einer germanischen Dynastie gefunden haben sollte. Um Thompsons Chronologie überprüfen zu können, müssen wir einen Blick auf den Wandel in der Organisation der Hunnen werfen, der sich in den ersten Jahrzehnten des 5. Jh. vollzog. 4.6 Die Hunnen traten in die europäische Geschichte ein als ein Haufen von Einzelstämmen.48 Diese mochten gelegentlich zusammenwirken, blieben aber selbständig und waren durch keinen festen Verband und keine Oberherrschaft geeint: Heer- und Weidegemeinschaften von jeweils vielleicht 5000 Reiternomaden, die Familien eingerechnet. Die dauerhafteste Einheit war der etwa 500 Angehörige umfassende Familienklan. Die Stämme darf man sich kaum als solide gefügte Verbände vorstellen. Ein gefestigtes Führeramt gab es kaum. Die Hunnen, so konnte Ammianus Marcellinus noch um 392 schreiben, werden nicht durch die strenge Hand von Königen gebändigt. Ihnen sind Häuptlinge genug, die keine Ordnung stiften, sondern nur Vernichtungszüge anführen.49 Zu diesem Häuptlingstyp gehört wohl noch Uldis, der sich a. 400 bei den Byzantinern durch die Abwehr eines germanischen Aufrührers beliebt machen wollte, 406 mit seinen Hunnen und Alanen in Stilichos Sold trat und dann 408 über die untere Donau nach Thrakien eindrang.50 Diesem Manne fehlen die entscheidenden Merkmale, welche die späteren Könige der Hunnen auszeichnen. Er regiert nicht mit Verwandten zusammen, und d.h.: seine Truppen sind kein gefügter Verband aus mehreren Stämmen. Er bricht nicht aus einem Lager in gemessener Entfernung von der Grenze der östlichen Reichshälfte zu kurzen Feldzügen auf, sondern agiert einmal hier, einmal dort, zeitweilig sogar in römischem Dienst. Ihn umgeben keine Getreuen, auf die er sich verlassen kann. Die Oströmer bestachen nämlich seine Unterführer, so dass er sich, seines Anhangs weitgehend beraubt, über die Donau retten mußte. Die
48 Thompson 1948, S. 59–61. 49 Ammianus Marcellinus XXXI 2.7 (Clark 1915, Bd. 2, S. 558): aguntur autem nulla servitate regali, sed tumultuario primatum ductu contenti, perrumpunt quidquid inciderit. 50 Dass sich die Fernwirkungen des zu Anfang des 5. Jh. verstärkten hunnischen Drucks bis Spanien bemerkbar machten, behauptet Casimiro Torres Rodriguez 1956.
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Weströmer nennen ihn regulus, nicht rex. Alles in allem: ein abenteuernder Häuptling oder allenfalls: ein ehrgeiziger Heerkönig mit noch ungefestigter Macht.51 4.7 Inzwischen dürften sich aber bereits – in der für die Hunnen typischen Koppelung – in ihrem Hinterland die Phänomene Königtum und Mehrherrschaft ausgebildet haben. Die beiden ersten Anhalte dafür haben wir für zwei weit auseinanderliegende Stellen. Beide Zeugnisse weisen in die Zeit um 410. Nach Stilichos Fall 409 schloss Westrom einen Vertrag mit den Hunnen, die Italien bedrohten. Offenbar handelte es sich um die Pannonien gegenüberliegenden Hunnen. Unter den Geiseln, die damals gestellt wurden, war wohl auch Aetius. Es ist nicht anzunehmen, dass ein so vornehmer Römer, der schon als Geisel bei Alarich gedient hatte, in die Hände von Häuptlingen wie Uldis ausgeliefert wurde. Er wird sich in ein festes Lager und in königliche Hände begeben haben. In der Tat deutete ein Dichter später an, dass Aetius die wilden Könige zu friedlichen Beziehungen mit Rom bewog: saevi condemnant proelia reges.52 Dass reges hier kaum als nichtssagender poetischer Plural abgetan werden darf, legt ein Zeugnis über das Jahr 412 (oder 413) nahe. Damals fuhr eine oströmische Gesandtschaft nach Norden zu den Hunnen am Schwarzen Meer. Diese hatten Könige, deren Geschicklichkeit im Bogenschießen gerühmt wird. Einer von ihnen, Charaton, wird als der Erste der Könige herausgehoben: tân ®hgân prâto«.53 In den Folgejah-
51 Maenchen-Helfen (1973, S. 67) möchte den Zusammenhalt seines Reiches weder überschätzt noch unterschätzt wissen. Ohne jedes Fragezeichen behauptet Altheim (1951, S. 98), Uldis-Huldin sei Bruder und Unterregent jenes Charato gewesen, der durch das im folgenden besprochene Olympiodorfragment bezeugt wird. Ihnen seien dann Rua und seine Brüder gefolgt. Hier hat Thompson (1948, S. 59) mit Recht davor gewarnt, die wenigen Namen, die wir aus der Hunnengeschichte vor Attila kennen, ohne Rückhalt an den Zeugnissen einer einzigen Dynastie zuzuschreiben. Ohne Altheims genealogische Kombinationen zu übernehmen, postuliert auch János Harmatta (1953, S. 107f.) ein hunnisches Reichszentrum um 412 in Südrussland, das frühestens 420 nach Ungarn überführt worden sei. Wenn aber Ammian um 392 noch keine gefestigte Herrschaftsbildung kennt und die archäologischen Zeugnisse einer politischen Führerschicht erst mit dem 5. Jh. einsetzen, ist es schwer, sich schon für 412 ein einziges „Reichszentrum“ vorzustellen: die Annahme von zumindestens zwei Zentren – noch ohne „Reich“ – ist wahrscheinlicher. 52 Flavius Merobaudes aus Spanien, ed. Vollmer = Mon. Germ. hist. Auct. Antiq. XIV, Panegyricus II ca. 446 (auf Aetius), S. 11 Z. 4f. 53 Olympiodor aus dem ägyptischen Theben in: Historici Graeci minores I Fragment 18, S. 457. Der wichtige Bericht ist leider nur in Form einer allzu knappen Inhaltsangabe überliefert. Zu absurden Deutungen verführte die Nachricht, ein gewisser Donatos sei, durch einen Eid getäuscht, in gemeiner Weise erschlagen worden, worauf die Gesandten den Oberkönig Charato nur durch königliche Geschenke beschwichtigen konnten. Nach Thompson (1948, S. 58) war D. der Vorgänger Charatons als Erster der Könige! Richtig Altheim (1951, S. 202f. Anm. 26): D. wird nicht als König bezeichnet. – Mehr noch: nicht einmal ausdrücklich als Hunne! Er könnte ein in hunnische Dienste getretener Römer oder Grieche gewesen sein, der (da die Gesandtschaft zu den Königen der Hunnen und zu D. ging) die des Griechischen unkundigen Hunnen gegenüber Byzanz mitvertrat. Der Mord an einem solchen Manne ließ sich noch am ehesten durch mitgebrachte Geschenke abgelten.
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ren wurde Konstantinopel durch eine neue Mauer geschützt. Darf man vermuten, dass der Grund für die Gesandtschaft auch hier die Bedrohung der Hauptstadt und das Ziel friedliche Beziehungen waren? Vielleicht verhandelte man diesmal mit jenen Hunnen, deren Machtbereich sich bis an das Nordufer der unteren Donau vorschob. Offenbar trat jede Reichshälfte damals in Kontakt mit einem Stammesverband. Beide Verbände standen unter Königen, deren Sitze sich wahrscheinlich nicht unmittelbar an den Grenzen des römischen Reiches, sondern im hunnischen Hinterland befanden. Ob sich weiter im Osten noch weitere Konföderationen bildeten, ist eine Frage, die man – bei dem Fehlen schriftlicher Zeugnisse – an die archäologischen Fundkarten wird stellen müssen, die wir Joachim Werner verdanken. Dass – nach Werner – seit etwa 400 im ganzen hunnischen Riesenraum der gleiche soziale Wandel, die Ausbildung einer Schicht von Fürsten und Magnaten, greifbar wird, legt nahe, dass wir die neuen politischen Strukturen, die sich in der Nähe der Grenzen verraten, auch weiter im Innern vermuten dürfen.54 4.8 Thompson hat nun geleugnet, dass sich in dem Reich von Attilas Vorgänger die Konzentration der Kräfte fortsetzte, die um 410 in Erscheinung trat.55 Aber warum? Spricht nicht das wenige, was wir über die Zeit von 409 bis 434 wissen, eher für Kontinuität der Verbände als für einen Rückfall in die alte Unordnung? Zwischen Westrom und den Hunnen, deren Mittelpunkt wir in Ungarn vermuten dürfen, erhielt sich der Frieden. Zumindestens dreimal wird Truppenhilfe gestellt: 409 gegen Alarich, 425 für den Gegenkaiser Johannes und Aetius, 432 für Aetius. Die Beziehungen, die der letztere als Geisel angeknüpft hatte, bleiben in der Folgezeit sein sicherster Rückhalt. Ist es nicht wahrscheinlich, dass er es bei seinen drei Aufenthalten im Hunnenlande mit demselben Stammesverband, ja mit derselben Dynastie zu tun hatte? Die klare Politik friedlicher Nachbarschaft, die beide Seiten im Westen befolgten, darf man im Osten wohl nicht annehmen. Aber es wird die ganze Zeit hindurch einen Zusammenhalt der Hunnen an der unteren Donau gegeben haben, der sich auch dann noch erhielt, als die Hunnenherrscher im Westen ihre Macht nach Osten ausgedehnt hatten: 434 fielen die Donauhunnen von Rua ab und gingen ein Bündnis mit Ostrom ein. 4.9 Alles in allem dürfte kaum etwas dagegen, aber manches für die Annahme sprechen, dass die Konföderationen, die um 410 heraustraten, nicht wieder zerfielen. Vielmehr dürfte sich im Attilareich der Westverband durchgesetzt haben, der sich mittlerweile die Gruppe an der unteren Donau angegliedert hatte. Ist das richtig, dann kann Mundiuch sehr wohl schon vor 420 geherrscht haben. Ja, es gibt eine Priskosstelle, die die Vermutung nahelegt, dass bereits sein Vater König in der Westgruppe
54 Werner 1956, S. 94. – Vgl. dazu Altheims Kritik in Altheim und Haussig 1958, S. 30–56. 55 Thompson 1948, S. 59f.
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war. 448 trug Chrysaphios dem Maximinos die Botschaft an Attila auf, „er möge nicht darauf bestehen, daß Gesandte von höchstem Rang an ihn geschickt würden; das sei weder bei seinen Vorfahren noch den übrigen Skythenherrschern geschehen.“56 Man ist zunächst versucht, ein ãpÏ tân a\toÜ progfinvn zu übersetzen: „bei seinen Verwandten, die ihm im Amt voraufgegangen waren (d.h. bei seinem Vater und den Onkeln)“. Für den Begriff ‚Amtsvorgänger‘ standen den Griechen ja nur Umschreibungen, kein einfaches Wort zur Verfügung. Aber für einen solchen Gebrauch von prógonoi, wo der Großvater nicht mitgemeint ist, muss ein Beleg erst noch gefunden werden. Wahrscheinlich ist, dass die prógonoi hier den auctores im Titel 3 des burgundischen Gesetzbuches entsprechen: Großvater, Vater und dazugerechnet: die beiden Onkel (und vielleicht Großonkel), die nicht eigentlich Vorfahren waren. Mit der Auffassung, daß die Dynastie schon in der Generation vor Mundiuch, Oktar und Rua Vertragspartner der Byzantiner war, verträgt sich gut, wenn die Gesandten des letzteren mit denen der Oströmer einen „väterlichen“, d.h. doch wohl: einen schon ererbten, durch eine gemeinsame diplomatische Tradition geheiligten Eid austauschten: pˇtrion ƒrxon çmfisante«.57 Ja, es scheint, dass wir über die Nibelungenüberlieferung der Germanen sogar den Namen von Attilas Großvater ahnen können.58 4.10 So dürfte sich eine Dynastie und ein Stammesverband (mit dem Zentrum im Umkreis der Theiß?) schon früh gefestigt haben: wahrscheinlich vor 409. Es ist denkbar, dass die Germanen, die 405/06 nach Gallien und Italien einströmten, im Zusammenhang mit diesem Prozess verdrängt worden waren. Welche Kräfte beförderten den Aufstieg des westlichen Hunnenverbandes? Harmatta hat in einem geistreichen Aufsatz spekuliert, die Reichsbildung der Hunnen sei eine Flucht nach vorn gewesen, mit der sich die Aristokratie einem Klassenkampf zu entziehen versuchte, der sich angesichts des Zerfalls der alten Klanorganisation abzeichnete.59 Aber kommt die gestaltende Kraft, die Harmatta aus marxistischer Sicht der Dynastie absprechen wollte, nicht doch den Königen zu? Ging das Hunnenreich nicht aus einer planmäßigen Umsetzung von Macht in Geld hervor? Die wilden Könige nahmen sich die Schätze, die ihnen Westrom zu bieten hatte, nicht auf Plünderzügen, sondern im Frieden. Für die hunnischen Truppen, die das Imperium brauchte, musste es zahlen: nicht nur den Söldnern selbst, sondern auch den Königen, die die Truppen gestellt hatten. Später kamen dazu noch oströmische Tribute. Mit diesem Geld wird sich die Dynastie ihre ergebenen Magnaten (logádes), eine stets einsatzfähige Garde und getreue Vasallen herangezogen haben. In dieser durch Jahrzehnte zäh befolgten Politik liegt wohl der Grund, warum die Herrscher der Westgruppe schließ-
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Priskos in: Hist. Gr. min., S. 289 Z. 27–32. – Übers. bei Doblhofer (wie o. Anm. 47), S. 27. Priskos in: Hist. Gr. min., S. 277 Z. 25; Doblhofer (wie o. Anm 47), S. 16. S.u. II 2.4 Harmatta 1953.
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lich auch die östliche Nachbargruppe in die Hände bekamen, ja Attila seine Macht über die noch weiter im Osten sitzenden Hunnen ausdehnen konnte.
5. Die Geschichte der -juk- Namen 5.1 Damit ist die Spur, die mit einem deutschen Frauennamen des 8. Jh.s begann, bis zu ihrem mutmaßlichen hunnischen Ausgang zu Beginn des 5. Jh.s durchverfolgt. Nun gilt es, der erschlossenen Entwicklung nochmals nachzugehen: diesmal in umgekehrter Richtung, mit raschen Schritten und mit (gespielt) festem Auftritt. Eigentlich müsste das Folgende in die Vorsichtsform gefasst werden: Es könnte vielleicht so gewesen sein. Um der Einfachheit der Sätze willen, und nur deshalb, soll es stattdessen heißen: So war es. Um 420 herrschte in Ungarn ein Hunnenkönig, der Mundzˇuk oder ähnlich hieß. Er war der primus inter pares in der zweiten Generation einer Dynastie, die zu Beginn des 5 Jh. an die mittlere Donau vorgestoßene Hunnenstämme zu einem Verband zusammengeschlossen hatte. Der hunnische Fürst stand in guten Beziehungen zu Westrom und war auch Vertragspartner der Byzantiner. Zu den Vasallen, die er mit Hilfe von römischem Geld an sich band und für seine Ziele einsetzte, gehörten auch Ostgermanen. In ihrem Mund lautete sein Name Mundiuks. Das ließ sich als Mundijuks und damit als germanische Bildung verstehen: das vertraute Mundi- mit einem ungewohnten, aber deutbaren Endglied -juks gekoppelt. Mit der Kunde von dem Hunnenfürsten gelangte sein Name zu den freien Germanen. Ihn hörten auch die Burgunder, die, von den Hunnen abgedrängt, zu beiden Seiten des Rheins am Rande des Gebietes hunnischer Herrschaft oder doch hunnischer Raubzüge saßen. Einer der drei gemeinsam regierenden burgundischen Könige, Gundahar oder Godomar, kam gegen Anfang der zwanziger Jahre auf den Einfall, dem gefürchteten und doch bewunderten Manne etwas von seiner sagenhaften hunnischen Kampf- und Herrschergewalt abzuborgen und seinem Sohn mit in die Wiege zu legen. In einem Spielakt schuf er dem Sohn einen neuen, auf Mundijuks reimenden Namen Gundijuks. Gundi- schloss dabei an Gundahar und darüber hinaus an all die ändern G-Namen der burgundischen Königssippe an. Der neugebildete Name fügte sich also harmonisch in das germanische Herkommen ein. Einer von Gundijuks Söhnen leitete vom Namen des Vaters einen Frauennamen ab, den er seiner Tochter mitgab: Gundijuka. 5.2 Diese Namenschöpfung war eine Variante jenes ersten Spielaktes, aber nicht eigentlich ein neuer. Eine neue Wendung erfuhr das Spiel bei den Langobarden im böhmisch-mährischen Raum. Dort herrschte König Let, der wie schon sein Vorgänger keinen traditionsgeheiligten, keinen eigentlich königlichen Namen trug. Er scheute nicht davor zurück, einen neuen Namen zu schöpfen, auch wenn dieser sich nicht – wie der des Burgunders Gundijuks, der Let das Vorbild zu seiner Neuschöpfung lie-
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ferte – in die geprägte Namentradition der Dynastie einfügte. Eine solche Tradition gab es bei den Langobarden ja gar nicht. Wenn nun Let (in der Zeit zwischen 425 und 470 etwa) seinen Sohn und Erben Gildijok nannte, dann reimte der neue Name nicht auf seine Vorbilder, sondern wandelte Gundijuks durch ein in anderer Weise klangähnliches Anfangsglied ab. Aus diesem Spielakt abstrahierte Gildijok später eine Spielregel, nach der er seinem Sohn den Namen Gôdijok schuf. Ein königliches Spiel dürfen wir vermuten, das in Herrscherhäusern erfunden und weiterentwickelt wurde. Und eben dieses Muster erlaubt uns, seinen Weg zu verfolgen. Denn andernfalls würde unsere dürftige Überlieferung für eine Rekonstruktion nicht ausreichen. Nur: die schwäbische Adlige Cartdiuha trägt in unserer Gruppe auf *Gardijuka zurückgehenden Namen, der in einer Königsdynastie begegnet. Aber auch hier bliebe möglich, dass – wie für Gundijuks in Spanien bezeugt – ein Name, hier *Gardijoka, aus dem Gebrauch eines Herrscherhauses von einer Adelsfamilie kopiert wurde. Ob es noch weitere Namen der Gruppe gab, wer sie schuf und wer sie aufgriff: all das behalten uns die kargen Quellen vor. 5.3 So könnte es – zu diesem Ergebnis kam ich 1960 – gewesen sein. Nun hat ein Spezialist für schwierige Fälle unter den germanischen Personennamen, Norbert Wagner, meinen Gedankengang überprüft und eine ganze Reihe von Einwänden angemeldet:60 –
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Mundiuch sei nirgends als König bezeugt. Eine unentbehrliche Vorbedingung für meine These, die „Vorbildhaftigkeit seines Namens“ sei somit ungesichert. Nun, ich habe, glaube ich, durch genügend Argumente erhärtet, dass, wenn man drei hunnische Herrscher zu Söhnen hatte, man selbst bereits eine erhebliche Macht in den Händen hielt und Vertragspartner der Byzantiner war. Im übrigen könnte die behauptete Fernwirkung seines Namens auch nach seinem Tode stattgefunden haben, als seine Söhne das Andenken des Vaters, wie für Attila bezeugt, mit Stolz bewahrten. Das nichtgermanische Endglied -juk könnte über eine alanischen Gemahlin König Gundahars zu den Burgundern gelangt sein. Das würde ein hunnisches Vorbild für die Neuprägung Gundijuks entbehrlich machen. Nun, zwischen alanischen und hunnischen Bildungen ist, so schlecht wir beide Sprachen kennen, im Einzelfall meist schwer zu unterscheiden. Für meine zentrale These wäre unwesentlich, ob die germanischen Anschlussbildungen sich auf einen alanischen Namen in hunnischem Gebrauch oder auf eine hunnische Prägung bezogen.
Anders aber, wenn hier, wie es mein Kritiker offenbar erwägt, überhaupt kein hunnisches Vorbild hineinspielt. Aber dahinter steht ja die bloß theoretische Möglichkeit
60 Wagner 1979.
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einer genealogischen Verbindung zwischen Burgundern und Alanen. Ich bin bei meinem Ansatz, glaube ich, ohne solche luftigen Konstruktionen ausgekommen und meine, damit besser zu fahren. –
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Gegen meine These soll die politische Lage der 30er Jahre des 5. Jh.s sprechen, in denen die Burgunder ja gerade als erbitterte Feinde der Hunnen bezeugt sind. Eben das ist eins der wichtigsten historischen Elemente, die in die Nibelungensage eingeflossen sind. Diese Kritik scheint mir doppelt brüchig. Einmal kann der erste, um 430 anzusetzende Zusammenstoß zwischen Burgundern und Hunnen, von dem wir wissen, sehr wohl eine Zeit weit friedlicherer Beziehungen abgelöst haben. Ja, noch viel schwerer wiegt für mich, dass wir nicht unterstellen dürfen, Menschen ließen sich nur von der Kultur ihrer F r e u n d e beeinflussen, während sie für die Kultur ihrer F e i n d e immun blieben. Die erstaunlichen Kriegserfolge der Hunnen haben sicher auch solche Germanenstämme beeindruckt, die sich ihrer Botmäßigkeit zu entziehen vermochten. Sie nachzuahmen konnte ein Mittel sein, ihnen etwas von ihrem sagenhaften Glück abzuborgen. Als Einwand ist wohl auch der Hinweis zu verstehen, über Beziehungen zwischen den Burgundern in ihren mittelrheinischen Sitzen und den Langobarden in Böhmen und Mähren, die nach a. 445 das Namenspiel weitergespielt haben sollen, sei nichts bekannt. Nun, der Unterrichtungshorizont in den Königsfamilien der Völkerwanderungszeit war gewiss weit gesteckt, und nicht nur Hildebrand konnte damals von sich sagen: chund ist mir al irmindeot. Die 400–500 Kilometer Abstand zwischen den Aufenthaltsräumen zweier germanischer Stämme werfen, so möchte ich meinen, kein ernsthaftes Vermittlungsproblem auf. Wenn ein Burgunderfürst schon seinem Sohn das Heil eines Hunnen zuwenden wollte, dann hätte er, so meint Wagner, doch am ehesten seinen Namen einfach wiederholt, denn in der Burgunderdynastie war damals, wie wenig später zweimal belegt, die Weitervererbung von Namen ein eingebürgerter Brauch.61 Mir scheint, mein Kritiker traue sich hier ein allzu sicheres Urteil zu, wie das Gehirn eines Germanen im 5. Jh. eigentlich hätte funktionieren sollen. Ich halte mich lieber an die überlieferten Befunde, die in unserem Fall auf ein etwas Besonderes, Kompliziertes schließen lassen. Und das suche ich zu erklären. Die Schwäbin Cartdiuha müsse, meint Wagner, ganz heraus bleiben, denn der Name bedeute doch offensichtlich Dienerin des Hauswesens.62 Nun, germanische Namen, die ihre Träger als Diener oder Dienerinnen hinstellen, sind nur dann sinnvoll und ursprünglich, wenn sie in ihrem Anfangsglied auf Gott oder einen Gott verweisen und damit von der Denkfigur der kultischen Knechtschaft zeu-
61 Dieses Argument lieferte Wagner 1993, S. 138. 62 Wagner 1993, S. 138.
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gen.63 Wenn das in der für Cartdhiuha unterstellten Bildung nicht der Fall war, dann tat eine Adlige, die sich doch kaum als Dienstmagd verstanden haben wird, gut daran, sich bei ihrem Namen gar nichts oder nur wenig zu denken. Mit einer angeblich evidenten Bedeutung ist hier gerade nicht weiterzukommen. Im übrigen ist der Abstand zwischen -diuha und -deo, der, hätte Wagner recht, hier eigentlich zu erwarten stünde, für meinen Geschmack allzu breit. Schließlich soll, wenn ich den Kollegen recht verstehe, die Annahme eines außergermanischen Einflusses, mit der er selber in seiner ersten Kritik an meiner These gearbeitet hatte, entbehrlich sein. Denn -juk- lasse sich auch als ein Element verstehen, das sich in Rufnamen aus einer Kombination der Suffixe -ja- + -uk- ergeben habe. Das will mir allzu künstlich erscheinen. Was auch immer sich unter den unkomponierten Namen ausgebildet haben mag, in deren unfeierlich-banaler Sphäre viel krauser Wildwuchs möglich war: wer wollte ernsthaft annehmen, es könne auf den doch stärker traditionsgeheiligte und – bei allen Einschränkungen, auf die ich immer Wert gelegt habe – stärker sinnbezogenen Strang der zweigliedrigen Namen abgefärbt haben? Wem die Einwirkung eines hunnischen Namens gegen den Strich geht, der möge lieber mit nomina agentis zu got. ga-jukan ‚kämpfen‘ rechnen. Denn dass Namenschöpfer ausnahmsweise den Gleichklang eines Endgliedes mit einem Neutrum in Kauf nahmen, ist – wenn auch vermutlich erst später – bei den deutschen Bildungen auf -werc vorgekommen.
5.4 So gibt es – nach Prüfung aller von Wagner gemachten Einwände – nichts, was ich fallenlassen müsste. Nein, es kann sich sehr wohl so zugetragen haben, wie ich es seinerzeit rekonstruierte. Und mir will scheinen, ein zwar spärlich gestreutes, aber aussagekräftiges Material liefere uns genug Argumente, um meine Ansicht wohlbegründet erscheinen zu lassen. Und wenn es so zuging, dann haben wir hier die Geschichte einer einzigartigen Schöpferlaune vor uns. Gewiss ist auch sonst die Prägung zweigliedriger Namen in ihrem innersten Wesen Spiel. Doch war die Spielregel simpel und öffnete, statt die Schöpferkraft einzuengen, unendliche Möglichkeiten. Jedes von den Anfangsgliedern, die die Tradition bereithielt, konnte nach der Regel mit jedem traditionellen Endglied gekoppelt werden. Es genügte, wenn auch nur ein Bruchteil der erlaubten Kombinationen tatsächlich vollzogen wurde, um aus der großen, aber noch überschaubaren Zahl von Gliedern eine schier unüberschaubare Fülle von Fügungen zu gewinnen. Hier dagegen trafen wir auf eine Spielregel, die nicht unendlich viele, sondern nur einige wenige Bildungen zuließ. Eine Spielregel von pedantischer Akkuratesse.
63 Schramm 1957, S. 70–74.
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6. Namenphilologisches Vergleichsmaterial 6.1 Was vorgetragen wurde, ist ein Sonderfall, ein Kuriosum, gewiss, aber in gewissen Teilphänomen doch vergleichbar mit anderweitig Nachweisbarem. Stellen wir zusammen, was sich zum Vergleich anbietet! Ein hunnischer Fürstenname, so lautete die These, wurde durch Umdeutung germanisiert. Es klang im 3. Abschnitt schon an, dass auch die Namen seiner Brüder – freilich in anderer Weise: durch Umformung – germanisiert wurden. Das muss hier ausgeführt werden. Der eine Attilaonkel heißt bei Priskos Rúas, und auf diese Form geht auch Roas bei Jordanes zurück. Hier verrät sich keine nachträgliche Anlehnung an ein germanisches Muster. Dagegen darf Ro-ílas bei Theodoret von Kyros († um 458) als eine ostgermanische Erweiterung um das hypokoristische Suffix -la aufgefaßt werden. In noch anderer Weise erscheint der Name adaptiert bei dem Kirchenhistoriker Socrates Scholasticus († um 450): Rugas. Hier wurde die hunnische Lautung volksetymologisch an den Namen der Rugier angeglichen. Die gleiche Umformung wird auch durch eine westliche Quelle, die bis 452 reichende südgallische Chronik, bezeugt: Ruga, hier freilich abwechselnd mit einer hypokoristischen Erweiterung Rugila.64 Insgesamt dürften die Ostgermanen für ein und denselben Mann vier verschiedene Namenvarianten gebraucht haben: Rúa, Rûila, Ruga, Rugila. Der andere Onkel des Attila wird von Jordanes Octar genannt. Bei Priskos, aus dem Jordanes schöpfte, mag – die Formen Ruas, Roas zum Vergleich hinzugezogen – der Name Oktar oder Uktar gelautet haben. Socrates Scholasticus, der offenbar den gleichen Fürsten erwähnt, bietet wiederum eine adaptierte Form: Uptaros.65 Der Anfang ist hier zu Ufta- ‚oft, reichlich‘ germanisiert. Leider lässt sich nicht sagen, ob dies Etymon nur appellativisch oder auch im Namen vorkam; ob also der hunnische Name in eine schon bestehende Namentradition eingepasst wurde oder eine solche erst begründete: der nächstjüngere Beleg eines Ufta-Namens, Optila (für 455)66 lässt beide Möglichkeiten offen. Die Annahme, dass es Ufta-Namen vorher noch nicht gab, würde am besten die Tatsache erklären, dass Sokrates den Namenausgang durch -aros, nicht -aris wiedergibt, also in einer Form, die die originale hunnische Lautung ohne germanische Umformung voraussetzt. Wenn zweigliedrige Namen auf Ufta- vorerst fehlten, dann stimmt gut dazu, dass der Fremdname zunächst nur teilweise germanisiert wurde. Doch ist auch möglich, dass die Schreibung des Sokrates nur ungenau ist und auf eine bereits vollständig adaptierte Form *Uftaharjis zurückgeht.
64 Belege bei Moravcsik: Byzantinoturc. II, S. 222f. 65 Jordanes, Getica 180, S. 105. – Socrates Scholasticus, ed. Hussey VII K. 30. 66 Mon. Germ. hist. Auct. Antiq. Chron. min. II/1, S. 86.
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Unsicher also, ob der hunnische Fürstenname, der in getreuer germanischer Wiedergabe Uktar gelautet haben mag, die Tradition der Ufta-Namen begründete. Mit größerer Wahrscheinlichkeit darf man aber behaupten, erst dieser Hunnenname habe bewirkt, dass *Ufta-harjis zu der am weitesten verbreiteten und häufigsten unter den Ufta-Verbindungen wurde. Sie allein ist gotisch, burgundo-romanisch und deutsch bezeugt. Ja, bei den Goten sind Optaris und Ufitahari die beiden einzigen Belege für zweigliedrige Ufta-Namen, und aus Deutschland kennen wir für Oftheri u.ä. sechs, für keine andere Kombination mehr als zwei Namensträger.67 Mag hier ein Detail auch unklar bleiben, so zeichnet sich doch ein geschlossener Umriss ab: die Namen aller drei Hunnenherrscher, die Attila voraufgingen, haben ihre Geschichte unter den Germanen gehabt. Sie wurden in einer (nur bei Mundiuch auch vom Schriftbild gespiegelten) germanischen Aussprache, im Übrigen wohl aber den hunnischen Originalen getreu gebraucht von den Informanten des Priskos, d.h. offenbar den germanischen Vasallen der Hunnenfürsten. In verschiedener Weise adaptiert wurden die Namen durch andere Germanen, die der Hunnendynastie fernerstanden: durch bloße Umdeutung und Neuprägungen mit gleichem Endglied im Falle Mundiuch; durch ein Suffix bei Ro-ílas; durch volksetymologische Eingriffe bei Rug(il)a und Uptaros. Zwei von den drei Namen dürften sich auf den späteren germanischen Namenschatz ausgewirkt haben: Mundiuch in den -juk-Namen, Oktar in den Ufta-Namen oder zumindest im Vorherrschen der Verbindung *Ufta-harjis. 6.2 Der Vermutung, dass der hunnische Name Mundiuch auf die germanische Namenwelt einwirkte, lässt sich zur Seite stellen, dass ein weiterer Name eines Hunnen bei den Germanen bekannt wurde und sogar als Personenname in Gebrauch kam. Es ist der Name, der uns nach einer in der Edda auftretenden Variante als Ham. ir geläufig ist.68 Reizvoll an diesem Fall ist für uns, dass eine mit Mundiuch klangähnliche Bildung zugrunde liegen dürfte: freilich – anders als ich anfangs glaubte – im Hunnischen kaum ein Erbname, sondern eine Lehnlautung aus einer iranischen Sprache. Schon Jordanes erzählte die Geschichte dieses Helden, der zusammen mit seinem Bruder den Ermanarich töten wollte, um die tote Königin zu rächen, die der König wegen Untreue hatte hinrichten lassen. Zu der Namensform Ammius bei Jordanes machte der sog. Ekkehart von Aura, der den Autor zu Anfang des 12. Jh. auszog, eine Anmerkung: Ammius könne derselbe sein, der vulgariter, d.h. in der deutschen Sagenüberlieferung, Hamidiech genannt werde. Wie dieser Name in den voraufgehen-
67 Got. Óptaris, zu 536, bei Prokop von Caesarea ed. Haury 1905, II, S. 59. Ik Ufitahari papa (von St. Anastasia in Ravenna) im gotischen Teil der Urkunde von Neapel, um 551; im lateinischen Teil von dem Notar Deusdedit entstellt zu Optarit, s. Scardigli 1973, S. 277. Burgund.-rom. Obterius a. 904 und drei weitere Ufta-Namen bei Gamillscheg 1934–1936, Bd. 2, S. 154. Dt. Oftheri u.ä. sowie einige andere Oft-Namen bei Förstemann 1901, Sp. 1475. 68 Zur Ham.irsage s. Schneider 1928–1934, S. 243–252.
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den Jahrhunderten klang, wissen wir aus später noch einmal zu berührenden deutschen Namenzeugnissen des 8.–11. Jh.s: Hamatheoh, Hamadeoh u.ä. Die letzten Laute dieser Formen führen auf got. -juks zurück und damit auf denselben Namenausgang, wie ihn *Mundijuks, die mutmaßliche Wiedergabe eines hunnischen Fürstennamens durch die Germanen, aufwies. Wer hier aufhorcht und sich an die lockende Aufgabe macht, nun auch den ursprünglichen Anfang von Hamatheoh zu rekonstruieren, wird sich allerdings bald in heikle Fragen verstrickt sehen. Dt. Hamatheoh stimmt im Anlaut nicht mit der Kurzform Ammius überein, die Jordanes überliefert. Kaum glaublich, dass der im allgemeinen sorgfältige Jordanes hier die weniger authentische Lautung brächte. Eher ist H- sekundär und leitet sich aus einer Abstimmung auf den Bruder her, dessen Name – Sarus bei Jordanes, Sarelo bei Ekkehart – an sarwa- ‚Rüstung‘, ahd. saro, anklang: Hama-, das nach ahd. hamo ‚Haut, Hülle, Decke‘ bedeutet haben wird, könnte als Sinnreim dazu konstruiert sein. Eine zweite Schwierigkeit bereitet der Anlaut von -theo, -deoh, -diech: @ , in der älteren, d in den jüngeren Formen. @ (> d) – das müsste auch gotisch ein @ gewesen sein und wenn es in der gotischen Wiedergabe eines Fremdnamens auftrat, dann hätte auch jene nichtgermanische Sprache, der unser Name entstammt, ein @ gekannt. Da dieser Laut aber in bekannten Sprachen des eurasischen Gürtels nicht eben häufig vorkommt, wird man zögern, ihn dieser unbekannten Sprache zuzuschreiben. Ob nicht auch hier eine volksetymologische Umgestaltung des Anlautes (von d zu @ ) das Rätsel löst: auch diesmal nicht bereits bei den Goten, sondern erst beim Bekanntwerden der Sage in Deutschland vollzogen? Angenommen, die gotische Wiedergabe lautete -diuks, dann lag zunächst kein Anlass vor, dies germanischer, verständlicher zu machen, da die Goten ja ga-dauka ‚Hausgenosse‘ sagten, zu dem *-diuks abzulauten schien. Erst in Deutschland, wo diese Vokabel offenbar fehlte, konnte man versucht sein, den Namen durch Anlehnung an ein vertrautes Wort der eigenen Sprache anzupassen. Dafür bot sich ahd. theoh > deoh ‚Oberschenkel‘ an. Dies lautlich am nächsten liegende Appellativ eignete sich seinem Sinn nach freilich wenig für einen Gebrauch im Namen, und eben deshalb wird es zu einer erneuten Umwandlung gekommen sein, die sich in Deutschland nur teilweise, im Norden – wohin der Name mit der Sage weiterwanderte – aber ganz durchsetzte: -@ eoh wurde durch das nächstliegende, traditionelle Namenendglied -@ eo ‚Knecht, Gefolgsmann‘ ersetzt, der Name also zu dt. Hamathio u.ä., ngerm. *Hama@ ewar > Ham. ir umgestaltet.69 Sobald man somit diesen letzteren, längst bekannten Adaptionsvorgang als zweite Etappe einer Einbürgerung mithilfe der Volksetymologie versteht, dann ergibt sich *Amadiuks als älteste Form in germanischem Munde. Die nichtgermanische Vorform der Lehnlautung bewahrte uns durch einen glücklichen Zufall Prokop auf, der einen Hunnenfürsten um a. 500 namens Ambazuke-s bezeugt. Neben dieser Schreibung im Gros der Handschriften, die wohl Aba- wiedergibt,
69 Dt. z.B. Hamathio, Lorsch 8. Jh. u.a. s. Förstemann 1901, Sp. 745. Vgl. auch Heusler 1910, S. 97–107.
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begegnet die Lesart Amazuke-s.70 Meine Annahme korrigierend, hier liege eine mit Mundiuch verwandte heimische Bildung zugrunde, hat ein Orientalist darin iran. amabazuka ‚mit starken Armen‘ wiedererkannt.71 Eine Parallele zu den germanischen Namen, die an Mundiuch anschließen, zeichnet sich darin ab, dass auch hier eine exotische Lautung durch heimisches Sprachgut verständlich gemacht wurde. Nur geschah dies auf die Weise, dass man bei der Wanderung des Hamdir-Stoffes durch Deutschland in den Ausgang einer ostgermanischen Lehnlautung zunächst das klanglich am nächsten benachbarte Appellativ und erst in einem zweiten Schritt ein traditionelles Namenendglied, -deo(h), hineinlas. So landete man bei einem altgeführten Namenelement, während Mundiuch den Namenschatz, wie wir hörten, hingegen um ein neues Element bereicherte. Ja, diesmal teilte man kein Endglied ab, um es in andern Kombinationen zu verwenden, sondern der ganze Name wurde durch die Sage weitergetragen. Und da gerade in Deutschland manche Eltern es reizvoll fanden, ihrem Kind den Namen eines berühmten Sagenhelden mitzugeben, erstaunt es nicht, dass wir in unserer Heimat auf eine ganze Reihe von Trägern des Namens Hamadeo(h) u.ä. treffen. Der Name scheint schon im Gebrauch gewesen zu sein, als in der 2. Hälfte des 8. Jh. unsere Quellen reichlicher zu fließen beginnen, und wird von Förstemann bis ins 11. Jh. nachgewiesen.72 Um auf den Anfang der Studie zurückzulenken: die Nachbarschaft dieses Namens im schwäbischen Raum mag es bewirkt haben, dass der Schreiber von 778 einen Frauennamen so buchstabierte, als handle es sich um ein weibliches Gegenstück zu Hamadeoh: Cartdiuha. Geheimnisst man zuviel in ein d hinein, wenn man sich die Annahme gestattet, dass in Cartdiuha die Ausstrahlungen zweier hunnischer Namen ähnlichen Klanges aufeinandertrafen: die eine die Namenlautung, die andere die Form ihrer schriftlichen Fixierung bedingend? Die germanischen -juk-Fügungen und dt. Hamatheoh stimmen, wenn das Vorhergehende richtig war, darin überein, dass sie auf fremdsprachige Muster mit -dzˇuk, -juk- o.ä. zurückgehen. Und hier wie dort stießen wir auf die Umdeutung (im zweiten Fall nach Umgestaltung) fremder Namen zu Komposita aus zwei germanischen Elementen: got. *Mundi-juks und dt. Hama-theoh. Hier enden die Übereinstimmungen und beginnt der Unterschied. Das konstruierte Endglied -theoh wurde nur im ursprünglichen Verbande, das durch eine ähnliche falsche Abstraktion gewonnene -juks dagegen in neuen Kombinationen gebraucht.73
70 S. Schramm 1997, S. 124 (Nr. 8.1). 71 Doerfer 1973, S. 33. Vgl. dazu Schramm 1997, S. 96. 72 Förstemann 1901, Sp. 745. 73 1960 hatte ich, der Autorität von Ferdinand Sommer vertrauend, geglaubt, eine Strukturparallele zu der falschen Abstraktion, die zu den germanischen Rufnamen auf -juk- führte, liege uns in den griechischen Personennamen auf -andros vor, denen nichtgriechische Namen Kleinasiens zugrunde lägen. Mein Kollege Oswald Szemerényi wies mich jedoch darauf hin, dass die gegenteilige Meinung von Paul Kretschmer, der -andros als genuin-griechisches, seit alters mit -e-no-r konkurrierendes Ele-
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6.3 Wenn vermutet wurde, an Mundi- sei ein erstes Klangspiel Mundi-: Gundi- angeschlossen worden und an Gundi- wiederum ein zweites, Gundi-: Gildi-: Gôdi-: Gardi-, dann ist nun darauf hinzuweisen, dass die spielerische Klangeinheit der Gruppe mit Hilfe von Namenelementen geschaffen wurde, die schon in einem andern, auf den Zusammenhang einer Gruppe tendierenden Vorgang ihre Rolle gespielt hatten. Es ist ein auffälliges Merkmal der Frühstufe germanischer Namenbildung, auf die sich die Namentraditionen der germanischen Völker zurückführen lassen, dass sie – soweit sich erschließen lässt – unter den Endgliedern der Frauennamen über Erwarten viel langsilbige Bildungen mit d oder @ als letztem Konsonanten aufwies: insgesamt 19 von 31, also fast 60 Prozent. Diesem Befund kann man eine Tendenz der Frühzeit ablesen, aus spielerischer Freude am Gleichklang die Frauennamen lautlich aufeinander abzustimmen.74 Wenn auch unsere Belege bei weitem nicht ausreichen, um uns zu erlauben, das Bewahrte, die Verluste und die Neuerungen im burgundischen und langobardischen Namenschatz zu quantifizieren, so darf doch als wahrscheinlich gelten, dass die Frauennamen bei diesen wie allen andern Stämmen im 5. Jh. und noch in der nächstfolgenden Zeit im wesentlichen auf der Stufe der alle Germanen umgreifenden Gemeinsamkeit verharrten. Der alte Endgliederbestand wäre dann also durch Verluste nur wenig verarmt und durch Neuerungen erst wenig bereichert gewesen. Der Zusammenklang der Mehrzahl aller weiblichen Endglieder dürfte den Burgundern und Langobarden noch eine lebendige, zwar nicht gewusste, aber doch gespürte Wirklichkeit gewesen sein. Zu ältesten Traditonsgut, das wahrscheinlich bei all den genannten Stämmen fortlebte, machen die zusammenklingenden Endglieder fast 60 Prozent aus. Unter den zusammenklingenden Endgliedern finden wir auch -mund-, -gun@ -, -gôd- und -gard- sowie (vielleicht) -gild-. Damit waren in diese Gruppe möglicherweise alle jene Elemente einbegriffen, mit deren Entsprechungen unter den Anfangsgliedern -jukverbunden oder doch – im ersten Falle – als verbunden aufgefasst wurde. Deshalb darf man formulieren: der Boden für das Klangspiel, das die -juk-Namen erkennen lassen, war bereitet durch ein älteres Klangspiel. Die Klangvereinheitlichung unter den weiblichen Endgliedern war nie konsequent zu Ende geführt worden. Die Tendenz erzielte keine alleingültige Norm, und es erhielten sich durchaus Glieder, die eine ganz andere Klangstruktur zeigten: einige, wie -rûn- und -burg- gehörten sogar zu den beliebtesten. Die Klangvereinheitlichung ging auch nicht soweit, dass der Anlaut mit einbezogen worden wäre: neben den genannten Gliedern auf -g- standen etwa -hild-, -swin@ - und -@ rû@ -. Das Verhältnis der beiden zum Vergleich stehenden Phänomene lässt sich danach genauer bestimmen.
ment verstand, mittlerweile durch Zeugnisse in Minoisch B bestätigt würde. Parallel dazu versteht sich die alte Doppelheit von -patros und -pato-r. 74 S. o. VI 3.
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Allen Zeitgenossen war ein Spiel mit dem Klang geläufig, dessen Regel sich nach außen – gegenüber anderen, weniger spielerischen Möglichkeiten der Gestaltung – nicht als verbindliche Konvention durchgesetzt hatte und nach innen so weit gefasst war, dass sich mindestens 18 Glieder zusammenstellen ließen, die der Regel entsprachen. Dies alte Spiel mit dem Klang, in das viele hunderte von Namen einbezogen waren, beförderte, dass ein neues, strengeres Spiel sich ausbilden konnte. Es galt nur für ein einziges Endglied (in einer männlichen und einer weiblichen Variante) und vollzog sich nach einer enger gefassten und konsequent eingehaltenen Regel. Nur wenige Namen wurden nach dieser Regel gebildet, und nicht viel mehr hätten sich bilden lassen. Der größeren Kunst, oder Künstlichkeit, dieser Regel entspricht nicht zufällig das exklusive Milieu, in der sie aufgestellt und, wie es scheint, einzig befolgt wurde. Den Anfang des Spiels machte ein burgundischer König, der sich an einem hunnischen Fürsten orientierte; ein langobardischer König gestaltete es um, und wir dürfen vermuten, daß es Eigengut von wenigen Herausgehobenen, ein königliches Spiel, blieb. Die Allgemeinheit rezipierte es nicht. 6.4 Dass Völker sich ihre Namen abzuborgen pflegten, hat a. 551 der Gotenhistoriker Jordanes als eine Regel aufgestellt, die er u.a. durch die Personennamen belegte, die von den Germanen entlehnt wurden. Besonders wies er auf die Übernahme durch sein eigenes Volk hin, von dem Teile in hunnischer Vasallität gestanden hatten: Gothi plerumque mutuantur Hunnorum.75 Damit ordnet sich, was dieser Beitrag für den Einzelfall Mundiuch behauptet, einem Typus von germanischen Namenanleihen bei den Hunnen zu, den uns ein kundiger Beobachter als häufige Erscheinung der Völkerwanderungszeit vorstellte.
7. Der kulturgeschichtliche Kontext: Hunnenmoden bei den Germanen des 5. Jh.s Die These, um die sich die vorliegende Studie dreht, lässt sich nicht nur durch namenphilologisches Vergleichsmaterial stützen. Für sie spricht weiterhin, dass sie mit einer kulturellen Beeinflussung rechnet, die sich auch anderweits wahrscheinlich machen lässt. Wie stark die Kultur der Steppenvölker auf die Germanen der Völkerwanderungszeit ausstrahlte, lässt sich besonders eindrücklich durch die Sitte der Schädeldeformation belegen, die bei Säuglingen vorgenommen wurde und tief in das angestammte ästhetische Empfinden eingriff. Sie hat sich bei den Alanen des 1.–3.Jh. ausgebreitet und griff, wohl im engen Zusammenhang mit dem Aufbau eines Hunnenimperiums, auf einen Gürtel von benachbarten Germanenstämmen über. Dazu gehörten neben Thüringern, Baiern und Alemannen auch jene Burgunder und Lango-
75 Jordanes, Getica 59.
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barden, bei denen sich die -juk-Namen ausbildeten.76 Ja, später wird zu erwägen sein, ob sich im Namen Kriemhilt nicht eine Wertschätzung des Zeltes – als Ort fürstlicher Prachtentfaltung und Machtdemonstration – niedergeschlagen hat, die von den Hunnen auf die Burgunder übergegangen ist.77 Schließlich begegnet bei den Burgundern mit Gundaharius, *Godomarius und Gislaharius die Gesamtherrschaft von drei Brüdern als eine feste, nicht durch die besonderen Umstände eines schwerintegrierbaren Großreiches oder durch den Kompromiss zwischen Rivalen erklärbare Institution. Die drei Brüder Walamir, Thiudimir und Widemir herrschten nach Jordanes gleichzeitig über die Ostgoten: gerade zu der Zeit, als diese aus der hunnischen Vasallität heraustraten. Ich stelle zur Diskussion, ob hier nicht die für Steppenvölker typische Mehrherrschaft von Brüdern Pate gestanden hat, wobei die wichtigste Wirkung vom (west-)hunnischen Dreierregiment des Vaters und des Onkels von Attila (Mundiuch, Octar und Rua) ausging.
8. Fazit Zu Teilphänomen des behandelten Vorganges gibt es also Vergleichsmaterial. Wenn es ausgebreitet wurde, dann freilich nicht, um dem Leser Sand in die Augen zu streuen und durch den Aufweis von Parallelen eine hypothetische Entwicklung schließlich als unbezweifelbares Faktum hinzustellen. Nein, die Verbindung, die zwischen Cartdiuha und Mundiuchos hergestellt wurde, ist kein gesichertes Ergebnis, sondern eine These. Sie wurde gewagt, weil die Überlieferung uns sechs Namenzeugnisse von so auffälliger Ähnlichkeit anbietet, dass es zu billig wäre, wollte man für sie den bloßen Zufall haftbar machen, und zu bequem, wenn man eine Erklärung nicht zumindest versuchte. Die These beruht auf Voraussetzungen, für die sich Gründe von sehr unterschiedlicher Stichhaltigkeit ins Feld führen lassen. Für eine hinlänglich genaue Rekonstruktion der Lautungen, die die Aufzeichner der einschlägigen Belege wiederzugeben versuchten, gibt es wohl Anhalte genug. Um die chronologischen Ansätze, mit denen die These steht und fällt, ist es dagegen schlechter bestellt. Wurde etwa Kildeoch, was man nicht bündig ausschließen kann, vor Gundiok geboren, dann müssten sich unsere Fäden verwirren. Unbeweisbar ist schließlich, dass die spärliche Überlieferung alles wesentliche Material aufbewahrt hat und uns keine Namen vorenthält, in deren Licht sich ein ganz anderes Bild abzeichnen würde. Man mag für die These geltend machen, sie sei immerhin die einfachste und klarste Erklärung des von den Quellen Gebotenen. Aber das gibt nur einen schwachen Halt. Denn wer wollte der Namengeschichte befehlen, nur auf geraden Wegen voranzuschreiten?
76 Lit. bei Wagner 1979, S. 31. 77 S. u. IX 3.
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IX.2 Etzel, Botelungs Sohn: poetische Schicksale einer genealogischen Reminiszenz (Erschienen in: Gottfried Schramm, Ein Damm bricht. Die römische Donaugrenze und die Invasion des 5.–7. Jahrhunderts im Lichte von Namen und Wörtern. München: R. Oldenbourgh 1997, S. 55–75 Überarbeitete Fassung von „Etzels Vater Botelung“, in: Beiträge zur Namenforschung, N.F. 1, 1966, S. 266–290)
1. Das Problem 1.1 Man möchte meinen, dass die vielen Emsigen, die nach uraltem Gut in der nibelungischen Sagentradition fahndeten, bereits jeden Stein mehr als einmal umgedreht und abgeklopft haben. Ein kleiner Trost für uns Spätkommer: zumindest ein Steinchen hat man, ohne es gründlich zu prüfen, am Wege liegen lassen. Es ist der Vatername König Etzels, der sich aus umschreibenden Formeln herauslösen lässt: der Bodelinges son heißt der berühmteste Hunne in dem um das Jahr 1170 geschriebenen Servatius des Heinrich von Veldeke, Botelunges kint im Nibelungenlied.78 Dass diese Erwähnungen nicht allein stehen, ist – auch wenn wohl niemand die Parallelstellen vollzählig zusammentrug – längst bekannt. Wiederholungen und – mit rîchez Botelunges barn, des fürsten, Botelunges suon u.ä. – Variationen der Formeln, die bei den beiden Großen begegnen, fanden sich in mehreren weniger bedeutenden Dichtungen des 13. Jh.s.79 Einen Hinweis, dass die mündliche Sagenüberlieferung einmal mehr von Botelung zu berichten wusste, als dass er Etzels Vater war, liefert auch die jüngere Heldenpoesie nicht. Lediglich ausgewalzt zu einem ganzen Satz erscheint die dürftige genealogische Angabe in der wohl zwischen a. 1210 und a. 1220 gedichteten Klage, die sich an das Nibelungenlied anlehnt: Botelunc sîn vater hiez, / der im vil gewaltes liez / nach sînem tôde unz an die stunt.80 Wenn sich, ebenfalls in der ersten Hälfte des 13. Jh.s, der Verfasser des Wolfdietrich A unterrichteter geben kann, dann gewiss nur, weil er seine Phantasie hat spielen lassen. Bei ihm weist eine Schwester Botelungs die Liebe des (aus älterer Wolfdietrich-Tradition übernommenen) Sabene, der ihrem Bruder dient, zurück und heiratet Hugdietrich von Kunsteno-
78 Die epischen Werke des Henric von Veldeke, I, hg. v. Theodor Frings und Gabriele Schieb, 1956 V. 3366, S. 102; Das Nibelungenlied. Nach der Ausgabe von Karl Bartsch, hg. v. Heinrich de Boor, 18. A. 1965 Strophen 1314, 1372. 79 Die Klage, V. 2827 (Edzardi 1875, S. 183): der Botelunges suon. – Heinrich der Vogler, Dietrichs Flucht (um a. 1275) hg. v. Ernst Martin in: Deutsches Handbuch II, 1866 V. 5352, S. 139 richez Botelunges barn; V. 7900, S. 179 Botelunges barn. – Biterolf und Dietleib (um a. 1260), V. 66 (Jänicke 1866, S. 6) daz Botelunges kint; V. 94 (Jänicke 1866, S. 17) dem sune Botelunges zuo; V. 48 (Jänicke 1866, S. 28) der Botelunges suon; V. 97 (Jänicke 1866, S. 49) des fürsten Botelunges suon. 80 Die Klage, V. 93–95 (Edzardi 1875, S. 94).
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bel. Als dessen Gefolgsmann steigt Sabene, der bî Botelunge fürsten ambet nie gewan, zum Herzog auf und rächt sich an der Frau, die ihn verschmäht hat, indem er sie des Ehebruchs bezichtigt.81 1.2 Neben dem Ertrag, den die erzählende Literatur abwirft, gibt es eine zweite, ebenfalls zeitig beobachtete Spur und zwar im Schatz der deutschen Personennamen. Bodalung (u.ä.) ist hier seit dem 8. Jahrhundert nachweisbar.82 Die Vermutung, dass sich dieser Überlieferungszweig aus dem oft geübten Brauch herleitet, bei der Benennung von Kindern auf Namen der Sage zurückzugreifen,83 Botelung also nicht zu den jüngeren Anreicherungen des nibelungischen Personals gehört, ließ sich durch die Liederedda stützen, die mit Bu. li eine (freilich mit Suffix abweichende) Entsprechung bietet.84 Was hätte, nachdem die Zeugnisse im Großen und Ganzen bekannt waren, noch die Neugier der Interpreten wachrufen sollen? Eine Diskrepanz unter den Formen, die sich im deutschen Raum finden, hat der Entdecker, Karl Müllenhoff, als lautgeschichtlich leicht begründbar hingestellt und damit weiterem Nachdenken entzogen. Und sonst? Eine geschichtliche Reminiszenz schien nicht vorzuliegen. Denn Attilas Vater trug einen Namen, der in der Wiedergabe des Priskos, eines verlässlichen oströmischen Zeugen des 5. Jh.s, Mundiuchos lautet.85 Danach war anzunehmen, die Erzähler hätten zu einer Zeit, als man von den Hunnen nurmehr das wusste, was die Sage festhielt, den vergessenen (gelegentlich germanisch gedeuteten, aber in Wirklichkeit hunnischen) Namen von Attilas Vater durch einen Griff in den überreichen Vorrat gut germanischer Bildungen ersetzt oder einen neuen Namen eigens für die genealogische Ausstaffierung Etzels geschaffen: nach Müllenhoff eine Bildung, die auf das herrschsüchtige Wesen der Hunnenführer anspielte.86 Nicht nur, dass sich hier keine Brücke zur tatsächlichen Geschichte der Völkerwanderungszeit schlagen ließ: auch für die Entwicklung der Sage stand ein Aufschluss nicht zu erwarten. Offenbar war
81 Wolfdietrich, 1. Hälfte: Der echte Teil der Ambraser Handschrift (Wolfdietrich A), hg. v. Hermann Schneider, 1931 Strophe 193. 82 Belege bei Förstemann 1901, Sp. 322f. Ortsnamen, die den Personennamen enthalten, s. Förstemann 1913, Sp. 501–503. 83 Zu dieser Sitte s. Socin 1903, S. 572f.: „Im Namenschatz des 8. und 9., weniger des 10. Jh. sind Anklänge an die Heldensage so häufig wie im 12. und 13. … Aus dem 11. Jh. fehlen dagegen Belege fast ganz.“ Weitere Literatur bei Bach 1953, S. 274f. 84 S. etwa Müllenhoff 1856, S. 162: „alles dieses … weist auf ein hohes alter.“ 85 Zu diesem s.o. IX 2.4. 86 Müllenhoff 1856, S. 161f. Müllenhoff ging von einer hypothetischen Vokabel got. bud(u)ls aus, dem er die Bedeutung „gebieterisch, herrschsüchtig“ zuschrieb: „man wird nicht sagen können, die sage habe den rechten namen für Attilas vater vergessen, sondern viel richtiger wird man annehmen daß sie ihn nie gekannt und das ihr fehlende nach der vorstellung ergänzt hat die sie von der Herrschaft des Hunnenkönigs gefaßt hatte.“ Ähnlich aufzufassen ist wohl Alexander Jóhannesson 1956, S. 607: Budli … bu. lungr m. (abgeleitet von Bu. li) „fürst, könig“, eig. „der herrscher“.
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der Name, der in der Formel Sohn des … aufbewahrt wurde, ein sehr altes, vor der Verzweigung und der damit schon bald verbundenen Differenzierung der Tradition eingeführtes Detail. Blieb höchstens zu klären übrig, ob die eddische Form oder die deutsche Bildung auf -ung der ursprünglichen Gestalt dieses Details am Nächsten steht.87 1.3 Eine Nachlese dürfte indessen mehr lohnen, als man bislang gemeint hat. Denn es lässt sich mit einiger Sicherheit zeigen, dass die deutsche Überlieferung hier altertümlicher ist als die skandinavische. Das aber besitzt sagengeschichtlich einen gewissen Wert für die vergleichende Beurteilung der beiden Traditionen. Ergiebiger noch könnte sein, dass die über verschiedene deutsche Stammesgebiete verteilten Belege für Bodalung (u.ä.) vielleicht – nicht mehr darf man behaupten! – einen neuen Anhalt für die Vermutung liefern, der Nibelungenstoff sei auf zwei Wegen in unser Land gelangt. Schließlich kann man den Versuch wagen, der manch einem als Taschenspielertrick anmuten wird: Von dem beim ersten Hinhören so gut germanisch klingenden Bodalung lässt sich das patronymische Suffix -ung abtrennen und aus dem verbleibenden Rest den hunnischen Namen von einem Vorfahren Attilas herauspräparieren. Sollte es sich bei seinem Träger um den Großvater handeln, dann ist mit aller gebotenen Vorsicht zu erwägen, ob er, mag auch keine historische Quelle von ihm berichten, als der eigentliche Begründer der hunnischen Erobererdynastie anzusprechen ist. So öffnet sich von jeder der drei Stufen aus, über die unser Gedankengang voranschreitet, der Blick auf überlieferungsgeschichtliche Zusammenhänge. In Kauf zu nehmen ist freilich, dass die Erörterung namentlich in ihren beiden letzten Teilen keine zwingenden Schlüsse zu bieten vermag, sondern nur die mehr oder minder große Wahrscheinlichkeit verschiedener Lösungen abwägen kann. Mehr lässt nun einmal das spärliche und vieldeutige Material nicht zu. Aber gerade das Durchprobieren von verschiedenen Argumentationen ist – hier und an anderen Stellen des vorliegenden Bandes – hoffentlich von exemplarischem Wert. Gerade in der Erforschung der altgermanischen Personennamen sind, so möchte ich meinen, die methodisch verfeinerten Spezialstudien noch immer viel dünner gesät als in der Ortsnamenphilologie.
2. Nordgerm. Bu. li 2.1 Wo die Liederedda Atlis Vater erwähnt, lautet sein Name Bu. li. Botelunc in deutschen Dichtungen hebt sich davon durch ein (wenn auch nicht mit Eindeutigkeit, so doch mit Wahrscheinlichkeit) patronymisches Suffix ab.88 Wir haben zu überlegen,
87 Lediglich konstatiert, nicht erklärt wird der Unterschied der Tradition bei Bach 1952, S. 125: „Botelunc … ist nicht der Sohn des Bu. li der nord. Überlieferung, also des Vaters von Atli und Brynhild, sondern dieser selbst.“ 88 Die Zitate im folgenden nach der Edda-Ausgabe. von Gustav Neckel, 4. Auflage v. Hans Kuhn 1962.
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wie sich diese Diskrepanz historisch auflösen lässt. Entgleiste Bu. li – um die nordische Lautung zugrundezulegen – in Deutschland zu einem Bu. li-Sohn? Oder ist gerade Bu. li-Sohn die ursprüngliche Benennung, Bu. li dagegen eine sekundäre Generationsverschiebung? Um eine Antwort wagen zu können, müssen wir beide Wege ausschreiten und abschätzen, welcher von ihnen am ehesten der tatsächlich durchlaufenen Entwicklung entspricht. 2.2 Nehmen wir also zunächst an, die Edda bewahre mit Bu. li das Ursprüngliche. Dann hätte ein störender Faktor verhindert, dass im Nibelungenlied die eigentlich zu erwartenden Formen *Botel(e) oder (analog zur Erweiterung Blœdelîn neben Blœdel, dem Etzel-Bruder) *Botelîn erscheinen. In diesem Fall wären der als n-Stamm zu deutende Name eines Sachsen, Bodoloni (Gen.), aus dem Anfang des 9. Jh.s, in zweiter Linie die im 8.–9. Jh. wesentlich besser bezeugte, stark flektierte Variante Bodalus (u.ä.).89 Reflexe einer archaischeren Stufe der Sagenüberlieferung, während die gleichfalls im 8. Jh. einsetzenden, zahlreicheren Belege für Bodalung die Umschreibung Etzels als Bodalo-Bu. li-Sohn widerspiegeln oder schon aus der Entgleisung von Bodalo zum Bodalo-Sohn herrühren. Gegen dieses Stemma spricht ein lautliches Argument. Gewiss variiert der zweite Vokal in den deutschen Formen: Podolungo teste in einer St. Galler Urkunde von a. 795 hat o, Bodelunc in der fuldischen Überlieferung (nach der lautlich vielleicht modernisierenden Abschrift einer Urkunde aus den Jahren 750–79) dagegen e, während Putulunc a. 804–807 in den Freisinger Traditionen und andere oberdeutsche Belege u zeigen.90 Aber bei allem für das Althochdeutsche und Altsächsische typischen Schwanken der Mittelsilbenvokale dominiert doch mit Eindeutigkeit jenes a, von dem aus sich das mit wenigen Ausnahmen durchgängige und noch in mhd. Botelunc erhaltene o der Anfangssilbe am besten erklären lässt. Ausgeschlossen, dass hier eine Namenbildung vorliegt, die ahd. butil ‚Büttel‘ entspräche.91 Einzurechnen ist, dass die altsächsische Form, die in der nach Skandinavien gelangenden Sagenfassung vorkam, den Vokal der Zweitsilbe durch eine Kontraktion ebenso herausgeworfen haben mag wie *Atlo (statt *Attilo), auf dem ags. Ætla beruhen wird und nord. Atli beruhen kann.92 Aber durch diesen Ausfall wäre Bodalo nicht mit *Budilo zu einer Form verschmolzen. Denn der durch das ursprünglich
89 Bodoloni s. Mon. Germ. hist. Leges II, l, S. 233 Z. 12; Bodalus, Bodolus (elsässisch a. 747 u. ö.) s. Diplomata, hg. v. Jean-Marie Pardessus, 1849, II, S. 406 u. ö. Vgl. auch salzburgisch Podal, 8. Jahrhundert, Mon. Germ. hist. Necrologiae II, S. 31, Sp. 3 Z. 24; andere, namentlich oberdeutsche Belege bei Förstemann 1901, Sp. 322. – Auf dt. Bodal(o) u.ä. wird nord. Bu. li zurückgeführt von Mone 1836, S. 72; de Vries 1961, S. 63. 90 Zu Podolungo, Bodelunc, Putulunc s.u. Anm.49, 54, 55. 91 Zu butil wird Bodal- u.ä. von de Vries 1961, S. 63 gestellt. 92 Kluge (1895, S. 447) zu ags. Ætla: „eine gewanderte lautform, die nicht ohne weiteres mit dem Hd., sondern mit einer parallelen ndd. lautform Atlo gleichsteht.“
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folgende a bedingte Vokal o der Anfangssilbe hätte sich mit großer Wahrscheinlichkeit erhalten. So kämen wir zu *Bo. li, nicht aber zu dem allein bezeugten Bu. li. Diese Schwierigkeit lässt sich kaum dadurch ausräumen, dass man -al- in den deutschen Formen als jungen Ersatz für -il- wertet. Denn wie sollte sich eine Prägung mit dem geläufigsten Personennamen-Suffix -il-, die noch dazu durch das Appellativ butil gestützt worden wäre, durch eine ausgefallene -al-Bildung haben verdrängen lassen? 2.3 Zu einem glatten Ergebnis gelangen wir dagegen, wenn wir den umgekehrten Weg gehen und Bodalung als die ursprüngliche Benennung von Etzels Vater verstehen. In der nordischen Entsprechung (und, falls in ihrer altsächsischen Vorform der Mittelsilbenvokal synkopiert war: schon in dieser) musste das o der Anfangssilbe unter Einfluss des Suffixes -ungr zu u werden. Bu. li erklärt sich somit am einfachsten als Abstraktion aus ebendieser Form. Zu meiner Überlegung stimmt, dass die älteste unter den in Skandinavien erhaltenen Dichtungen über den Burgundenuntergang, in dessen Umkreis wir den ursprünglichen Ort Etzels (und damit auch seines Vatersnamens) zu suchen haben, zwar die Bu. lungar erwähnt, den in jüngeren Liedern so oft beschworene Bu. li dagegen noch nicht verzeichnet. Dies ehrwürdige Denkmal ist die Atlakvi.a: nach Felix Genzmer ein Werk jenes norwegischen Hofskalden Thorbjörn Hornklofi, der gleich nach der Seeschlacht im Hafrsfjord a. 872 das Haralds- oder Rabenlied dichtete.93 Gegen Ende der Atlakvi.a heißt es in Strophe 40, daß Gudrun, um ihren Bruder Gunnar zu rächen, die Halle und alle, die darin waren, in Flammen aufgehen ließ: forn timbr fello, fiarghús ruco, bœr Bu. lunga, brunno oc scialdmeyiar inni, aldstamar, hnigo í eld heitan. Die alten Balken fielen, die Schatzhäuser rauchten, Das Gehöft der Budlunge, es verbrannten auch die Schildmaiden Drinnen, des Lebens beraubt, hinsanken sie ins heiße Feuer.94
Der Bildeweise nach steht Bu. lunga zwar noch näher bei Botelunc als Bu. li, aber der pluralische Gebrauch zeigt bereits den Anfang nordischer Eigenentwicklung an. Die Budlungen sind zu verstehen als das Geschlecht, dem Atli angehört. Gewiss ist an ihn und seine beiden Söhne gedacht. Über den Rest der Sippe besaß man im Norden, wo Blödel offenbar unbekannt blieb oder vergessen wurde, wohl keine detaillierten Vor-
93 Genzmer 1926. Reichardt (1926, S. 323–326) bietet bestätigende Argumente, hält aber die Zuweisung des Rabenliedes an @orbjorn H. – angesichts einer konkurrierenden nordischen Überlieferung, die ?jó.olfr ór Hvini als Verfasser nennt – für ungewiss. de Vries (1941, S. 46f.) verwirft, ohne Genzmers Argumente zu widerlegen, die Gleichsetzung der Autoren von Rabenlied und Atlaqvi.a und hält eine Entstehung des letzteren Textes vor dem 9. Jh. für denkbar. 94 Atlaqvi.a V. 42.
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stellungen. Wieso ist Etzel, im Nibelungenlied Botelunges kint, hier einer unter anderen Budlungen geworden? 2.4 Auszugehen ist in dieser Frage von der Schwierigkeit, wie sich die Wissenstradition von Etzels Vater im Kontext alliterierender Dichtungen fortführen ließen. Denn – und dies wird sich uns später als ein Anzeichen unter anderen darstellen, dass unser Name kein Produkt germanischer Dichterphantasie ist – die Formel *Atli, Bu. lungs sonr sperrte sich nun einmal gegen den Einbau in eine Stabreimzeile. Der Notbehelf, zu dem man in Deutschland gegriffen haben dürfte, erhielt sich offenbar als ein versteinertes Stück poetischer Überlieferung bei den Reimdichtern des 12.–13. Jh.s, die keinen Gebrauch von der durch eine gewandelte Verstechnik eingeräumten Möglichkeit machten, die Formel des Bodelinges son u.ä. hinter den Namen Etzel zu rücken. Für Botelunc sucht man etwa im Nibelungenlied vergebens nach einer syntaktischen Entsprechung zu Sîfrit, der schoenen Sigelinden kint und Hagene, daz Aldrîânes kint.95 Botelunc begegnet vielmehr hier wie in den anderen Dichtungen, die ihn in formelhafte Wendungen einbauen, stets als Bestandteil von Umschreibungen, losgelöst vom Namen des Sohnes: sol ich gesunt belîben und Botelunges kint oder: swaz Botelunges kint / im gegeben hête, daz was nu gar verswant.96 Es scheint nun, dass man in Skandinavien die Wissentradition von *Bu. lungr auf eine andere Weise poetisch bewältigte. Man dürfte den Namen zum Bau einer alliterierenden Formel benutzt haben, die Atlis vom Vater überkommenen Königssitz bezeichnete: *bœr Bu. lungs oder *Bu. lungs bœr. Sobald sich der dichterische Gebrauch des Namens auf diese Wendung einengte, musste sich die Wissentradition trüben. Nun trat ja nicht mehr eindeutig heraus, wer *Bu. lungr eigentlich gewesen war: Sein Name wurde zum bloßen Klangdekor der hunnischen Welt. Wenn er – vom Dichter der Atlakvi.a oder schon von einem Vorgänger97 – in den Plural überführt wurde, dann darf man das auf die Fernwirkung der beiden zusammengehörigen Namen (H)niflungar und Giúkungar, der Nibelungen und Gibichungen, zurückführen.98 Konkreter gesprochen: das markanteste Requisit der hunnischen Welt, die schließlich in Flammen versinkende Halle, wurde parallelisiert mit dem berühmten Hort, der die Vorstellung von der nibelungischen Gegenwelt beherrschte. Auf der einen Seite arfi Niflunga und hodd Niflunga99 und, durch Ummodelung entstanden, boer Bu. lunga auf der andern: damit hatte man genaue Entsprechungen.
95 Das Nibelungenlied. Nach der Ausgabe von Karl Bartsch hg. v. Helmut de Boor Wiesbaden 161961 Strophen 483, 539. 96 Ebd. Strophen 1314, 1372. 97 Vermutungen über ein nordisches Lied, das der Dichter der Atlakvi.a benutzte, s. bei Genzmer 1926, S. 122f. 98 Hniflungar, Niflungar. s. Edda, I, Index. – Giúcungar: Sigur.arqvi.a in scamma V. 35; Dráp Niflunga (Prosaeinleitung). 99 Atlaqvi.a V. 11 und 26.
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2.5 Die neugeschaffene Bezeichnung Bu. lungar setzt zwar nicht zwingend voraus, dass man sich die Angehörigen dieses Geschlechtes als Nachfahren eines Bu. li vorstellte, so wie die Giúkungar Söhne des Giúki waren. Eine solche Deutung würde etwa bei den Niflungar versagen, die man augenscheinlich nicht als die Sippe eines *Nifli begriff. Aber die Interpretation als Patronymikon lag in der Nachbarschaft der Giúkungar immerhin nahe. So braucht es nicht wunderzunehmen, wenn in jüngeren Eddaliedern ein Bu. li Gestalt annahm. Sein Name, ein Kunstprodukt nordischer Dichttradition, gehörte bald zur gängigen Ausschmückung der Nibelungenszenerie in der eddischen Poesie, wahrend sich der Budlungen-Strang lediglich in der Skaldenvokabel bu. lungr ‚Fürst‘ fortsetzte, die vielleicht aus dem Kontext der Atlakvi.a gewonnen worden war.100 Wo mag Bu. li erstmals Eingang in ein Lied gefunden haben? Zwei Antworten sind denkbar. Nicht bündig ausschließen lässt sich, dass er seinen ersten Platz im Zusammenhang von Sigurd-Dichtungen eroberte, indem er – durch den Stabreim angelockt – zum Vater von Gunnars Gattin wurde. Brynhildr, Bu. la dóttir heißt sie in Brot af Sigur.arqvi.o,101 und diese Formel hat Entsprechungen in Gripisspá,102 Gu.rúnarqvi.a I,103 Sigur.arqvi.a in scamma,104 Helrei. Brynhildar.105 Zu einer eleganteren Lösung kommt man jedoch, wenn man nicht vom SigurdKomplex ausgeht, zu dem die Budlungen gar nicht gehörten, sondern vom zweiten Nibelungenstoff: dem Burgundenuntergang. Genauer: von seiner Gestaltung in dem an Bu. li-Belegen reichsten Lied, den Atlamál, die, bei weitgehender Scheu vor wörtlichen Anspielungen, inhaltlich auf der Atlakvi.a aufbauen.106 Die erste Stelle107 bietet den Namen bezeichnenderweise in der an die Atlakvi.a gemahnenden Kombination mit boer dar. Von Gunnar, Högni und ihrem Gefolge, die zu den Hunnen kommen, heißt es:
100 Ein früher liegender und im Bereich der Personennamen-Bildung, nicht der Dichtung vollzogener Parallelvorgang zur Abstraktion von Budli dürfte in Deutschland zu Bodalus, Podal u.ä., s.o. Anm. 11, geführt haben. Für die Unabhängigkeit der Entstehung spricht, dass im Norden nur der n-Stamm Bu. li bezeugt ist, während in Deutschland der starke Stamm Podal u.ä. das Gros der Belege stellt. Zum Erstglied von komponierten Personennamen wurde das neugewonnene Bodal- z.B. in Bodalgises marca, einer Flurbezeichnung aus dem Wormsgau ca. a. 800–815?, s. Codex Laureshamensis Nr. 1117, und in Podaloltus, dem Namen eines a. 839–872 im Zürichgau nachweisbaren advocatus, s. Sprandel 1958, S. 74. – Belege für das Appellativ bu. lungr s. bei Sveinbjörn Egilsson / Finnur Jónsson 1913–1916, S. 68. 101 V. 8 und 14. 102 V. 27. 103 V. 23 und 27. 104 V. 15 und 30. 105 V. 4. 106 de Vries (1942, S. 158 Anm. 6) weist Datierungen ins 10. und 11. Jahrhundert zurück und ninmt aus stilistischen Gründen das 12. Jahrhundert als Entstehungszeit an. 107 Atlamál V. 38.
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bœ sá @ eir standa, er Bu. li átti; hátt hric@ o grindr, er Hxgni kní. i. Das Gehöft sahen sie stehen, das Budli besaß, Laut knirschten die Türen, die Högni rüttelte.
Offenbar hat gerade der syntaktische Entwurf dieser Stelle, der in der ersten Zeile eine Entsprechung zu Hogni in der zweiten erheischte, die Abstraktion eines Bu. li aus der Gruppenbezeichnung Bu. lungar provoziert oder doch die in der Bildung eines Plurals Bu. lungar bereits angelegte genealogische Konstruktion explizit gemacht. Das Gehöft der Budlungen könnte hier deshalb zum Gehöft, das Budli besaß, geworden sein, weil sich nur bei dieser Formulierung ein poetisch wirkungsvoller stilistischer Gleichlauf mit der Folgezeile ergab.108 Die weiteren fünf von den Atlamál beigesteuerten Belege dürften sich ohne Gewaltsamkeit von diesem einen Ausgangspunkt her erklären lassen. Denn vier von ihnen führen nur aus, was mit dem Ansatz eines Vaters der Budlungen gleichsam mitgegeben war. *ætt Bu. la109 ‚Budlis Geschlecht‘ liest sich als Variation von Bu. lungar; Brœ. r várom fiórir, er Bu. la mistom ‚Brüder waren wir vier, die wir Budli verloren‘110 als eine aus der gleichen Benennung entwickelte Aussage, wobei der Dichter mit der Zahl 4 wohl seiner Phantasie freien Lauf ließ. Wenn Atli, der sonr Bu. la genannt wird,111 seine Länder als Hinterlassenschaft Budlis (me. an lond @ au lágo, er mér leif. i Bu. li) bezeichnet,112 dann erinnert das an boer … er Bu. li átti. An beiden Stellen wird der Stammvater als Vorbesitzer des Erbguts präsentiert. 2.6 Nur eine Spur mehr Farbe gewinnt Budli, von dem wir sonst nur hören, dass er Söhne, Häuser und ein Reich hinterließ, in Vers 63,113 wo Hialli, dem Atli das Herz herausschneiden lässt, um Högni zu täuschen, der Koch Budlis genannt wird. Dies Epitheton für eine Gestalt, die in der Atlakvi.a114 ohne jeden Hinweis auf ihren Beruf und ihren früheren Dienstherren eingeführt ist, wurde dem Dichter der Atlamál offensichtlich durch die Stabreimpraxis eingegeben: Tóco @ eir brás Bu. la, oc bruc. o til knífi.
108 Hempel (1931, S. 128) bemerkt in diesem Liede „Neigung zu rhythmischem, z.T. auch syntaktischem Gleichlauf, wo inhaltlich Verschiedenheit herrscht.“ 109 Atlamál V. 76. 110 V. 55. 111 V. 90. 112 V. 96. 113 V. 96. 114 V. 22.
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Auch die übrigen Eddalieder, die Budli nennen, wiederholen oder variieren nur die beiden Grundvorstellungen vom Vater und Erblasser. Als Sohn Budlis erscheint Atli in Gu.rúnarqvi.a II,115 Gu.rúnarqvi.a III,116 Sigur.arqvi.a in scamma,117 anderswo als der, dem Budli ein reiches Erbteil vermacht hat: an Dienern und Gefolgsleuten in Sigur.arqvi.a in scamma118 und – wohl nahegelegt durch das Bild der Atlis Gold unter seine Mannen ausstreuenden Gudrun – an Goldschätzen in Gu.rúnarqvi.a II.119 Hier zweigte vielleicht jene Tradition ab, in der die von Zwergen geschmiedeten BudliSchwerter (Bu. lanautar) in Hildibrands Sterbelied120 stehen: Jeder der Halbbrüder Hildibrand und Asmund besaß eines aus dem Erbe, das ihr Muttervater hinterließ. Asmunds zerbrach im Kampf mit dem unerkannten Verwandten. Aus einem im Umkreis des Nibelungenunterganges angesiedelten Liede könnte – so dürfen wir unsere zweite, einleuchtendere Lösung des zur Debatte stehenden Problems abschließen – der Name auf die Sigurd-Dichtungen übertragen worden sein. Wohl möglich also, dass sich aus unserer Erörterung ein kleiner Beitrag zur relativen Chronologie der eddischen Heldenlieder gewinnen läßt. 2.7 Was aber ergibt unsere Analyse für das Verhältnis der deutschen und nordischen Überlieferung? Keineswegs darf man das Resultat einer größeren Altertümlichkeit des deutschen Astes nibelungischer Namentradition verallgemeinern. Denn dass die Namen in den Denkmälern aus Deutschland nicht durchweg einem archaischeren Sagenstand entsprechen, erweist schon Gêrnôt, der dem historisch bezeugten Mitkönig der Burgunder (Gondomarem, Akk., zu verbessern in *Godomarem, im Rechtsbuch dieses Volkes)121 ferner steht als anord. Gothormr/Guthormr. Aber generalisieren darf man die Warnung, man solle die Eddalieder nicht ohne sorgfältige Gegenprobe als besonders konservative Stücke der Nibelungenüberlieferung auffassen. Für den Verfasser fügt sich das Ergebnis des Botelunc-Bu. li-Vergleichs gut zu seiner Untersuchung über Kriemhilt auf der einen und nord. Gu. rún, Grímildr auf der anderen Seite, die ebenfalls auf die Priorität der deutschen Form hinauslief.122
115 V. 27. 116 V. 1. 117 V. 56. 118 V. 70. 119 V. 26. 120 V. 2. 121 Mon. Germ. hist. Leges II, 1, S. 43. Die Emendation von Gond- zu God- ist gerechtfertigt 1., weil Gond- nicht als Gund- < Gun@ - verstanden werden kann, das im benachbarten Namen Gundaharium korrekt erscheint, 2., weil der hier Erwähnte einen Enkel Godomarius hatte, 3., weil sich -n- leicht als Schreiber-Assoziation an Gundaharium erklärt, 4., weil God- durch nord. Gothorms gestützt wird. 122 S. u. IX 3.
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3. Dt. Bodalung u.ä. 3.1 Bereits Müllenhoff fiel auf, dass von den althochdeutschen Repräsentanten des Namens Botelunc, die, nachweisbar seit dem 8. Jh., über verschiedene deutsche Stammesgebiete verstreut sind, nur einige sich auf geradem Wege zu jener Form weiterentwickelt haben können, die uns die mittelhochdeutschen Dichter überliefern.123 Wenn wir diesem Hinweis nachgehen, sehen wir uns alsbald in einen neuen, von unseren bisherigen Überlegungen ganz unabhängigen Problemkomplex verstrickt. Die Orientierung – das sei gleich zu Beginn hervorgehoben – wird uns diesmal durch mehrere Umstände erschwert. Einmal sind die Belege spärlich gesät: es dürfte sich, zumindest außerhalb Baierns, um einen nicht gerade häufigen Personennamen gehandelt haben. 3.2 Zum anderen müssen wir mit der Doppeldeutigkeit des Buchstabens d fertigwerden, hinter dem sich im Fränkischen nach Herkunft und Aussprache verschiedene Laute verbergen können. Schließlich lässt sich die mutmaßliche Variantenbildung im vorliegenden Fall auf mancherlei Weise historisch interpretieren. Ginge es in diesem Beitrag nicht primär um namenkundliche Argumentationsweisen, täten wir gut daran, den Fuß rasch aus dem Dickicht zurückzuziehen. Zunächst zu dem Befund, der die Grundlage der Deutung abgibt. Fasst man scharf zu, dann darf man nur eines der Zeugnisse des 8. und 9. Jahrhunderts ohne Vorbehalt zu Botelunc stellen: Botalincus a. 739 in einer Hörigenliste, die im elsässischen Kloster Weißenburg, auf südrheinfränkischem Sprachboden, aufgezeichnet wurde. Da für den Inlaut eine – im Anlaut häufige – romanisierende Schreibung von t statt th wohl kaum in Betracht kommt, unterscheidet sich dieser Beleg unseres Namens (der älteste, den wir besitzen) von Botelunc nur durch eine frühere Lautstufe und – was in unserem Zusammenhang nicht ins Gewicht fällt – durch eine etwa im Servatius wiederbegegnende Suffixvariante -ing.124 Dass die übrigen südrheinfränkischen Bezeugungen aus Weißenburg alle d statt t haben, kann – aber muss nicht – eine lediglich scheinbare Abweichung bedeuten. Denn in den Urkunden dieses Klosters bleibt für germ. d im 8. Jh. t in der Minderzahl gegenüber d.125 Möglicherweise geben uns also Bodalingus und Bodalungo (Abl.) – Formen, die ein und denselben Hörigen in der Gegend von Zabern a. 774 bezeichnen – und Bodaling in einer Zeugenreihe von a. 790 bloße Schreibungsvarianten von Botalincus.126
123 Müllenhoff 1856, S. 161f. 124 Traditiones possessionesque Wizenburgenses, hg. v. Johann Kaspar Zeuss 1842, S. 20. – Zum Lautstand der Weißenburger Urkunden s. Socin 1883, S. 101–276. Ebd., S. 102: Die Abschreiber der Urkunden haben die Eigennamen nicht in Ansprache und Orthographie ihrer eigenen Zeit umgesetzt. 125 Socin 1883, S. 242f. 126 Traditiones (wie Anm. 47), S. 56, 116, 167
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3.3 Nur mit Hilfskonstruktionen lässt sich dieser Ansatz auf den übrigen fränkischen Sprachbereich übertragen. Bodelunc, ein Besitzer an der unteren Lahn, erscheint in einer Fuldaer Urkunde von a. 750–59, die – wie alle Urkunden dieses Klosters vor a. 776 – in der Mainzer Kanzlei aufgesetzt sein wird.127 Die philologisch verlässlichsten, da in Abschriften von etwa a. 828 erhaltenen fuldischen Dokumente aus dieser Zeit zeigen in den einschlägigen Namen, soweit es sich nicht um traditionelle Schreibungen westfränkischen Ursprungs handelt, regelmäßig verschobenes t, während d aus @ entwickelt ist.128 Danach möchte man auch d in Bodelunc aus @ herleiten. Aber zu bedenken ist einmal, dass unser Zeugnis dem Codex Eberhardi, einer Kopiensammlung des 12. Jh.s entstammt, die das Namenmaterial der Originale meist in zeitgenössische Formen übersetzt hat. Der Beleg ist also vielleicht für die Rekonstruktion des Befundes im 8. Jh. unergiebig. Zu bedenken ist auch, dass bei einem Namen wie unserem, der wohl nicht zu den gängigen gehörte, die Dialektform, die der Urkundenschreiber aus dem Munde des Namenträgers hörte, beibehalten und nicht der Kanzleinorm angepasst wurde. Und an der unteren Lahn wird man für germ. d > t im Anund Inlaut jene (durch Konsonantenschwächung entstandene) stimmlose Media gesprochen haben, die im heutigen Rheinfränkischen bewahrt ist und in den Denkmälern des 9. Jh.s aus diesem Sprachraum meist als d (seltener als t) erscheint.129 Bodalung zu a. 813 im Necrologium Fuldense fällt dagegen, wenn der Name wirklich in diesem Jahr eingetragen wurde, in jenen vorhrabanischen Abschnitt der fuldischen Überlieferung, der durch einen starken bairischen Einschlag in der Schreibersprache gekennzeichnet wird.130 Denkbar also, dass wir es hier mit einem – für das Fränkische unergiebigen Reflex – des oberdeutschen Befundes zu tun haben, dem wir uns nun zuwenden wollen. 3.4 Baiern und Alemannen machen es uns leichter, weil bei ihnen ein d im Schriftbild nur aus @ entstanden sein kann. Dies neue d bieten im 8.–9. Jh. Passau und das salzburgische Stift St. Peter in sämtlichen sieben einschlägigen Belegen, während die Freisinger Traditionen es in 13 von 16 Belegen haben.131 Dazu stimmen die alemanni-
127 Urkundenbuch des Klosters Fulda, bearb. v. Edmund Ernst Stengel I, 1 1956 Nr. 114; Kletschke 1933. 128 Kletschke 1933, S. 123. 129 Zum Codex Eberhardi s. Kletschke 1933, S. 3. – Zum rheinfränkischen Lautstand im 9. Jahrhundert s. Pietsch 1876, S. 408; Braune 1987, § 163 A. 3. 130 Schannat 1729 (mit unzuverlässigen Lesungen!), S. 465, Sp. 2. – Zur Schreibersprache s. Pongs 1913; Baesecke 1921, S. 276. 131 Die Belege für St. Peter in Salzburg s. Mon. Germ. hist. Necrologiae, II, hg. v. Sigismund HerzbergFränkel, 1890; für Passau s. Monumentorum Boicorum collectio nova, Bd. 18 T. 2 o.J.; für Freising s. Die Traditionen des Hochstifts Freising I, hg. v. Theodor Bitterauf 1904. Die Formen: Podalunc 1. Salzburg, S. 11, Sp. 4 Z. 18 (8.–9. Jahrhundert). – 2. Passau, S. 63 Nr. LXXVIII (undatiert), S. 15 Nr. XV (a. 754: Bodalunc), S. 57 Nr. LXXI (a. 806–814: Podalungus). – 3. Freising: Nr. 27, S. 56 (a. 756–776); Nr. 11, S. 39 (a. 758); Nr. 79, S. 103 (a. 776–777); Nr. 129, S. 139 (a. 790–794); Nr. 307, S. 265 und Nr. 309 a.,
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schen Gegenstücke aus St. Gallen: Podolungo teste in einer Schenkungsurkunde von a. 795, Bodalung in einer Liste von Fuldaer Mönchen, die ein St. Galler Confrater im 9. Jh. anlegte, wobei er die originalen Lautformen, wenn sie ihm zu stark von seiner Mundart abwichen, in die heimische Lautung umsetzte.132 Vielleicht ist der hier Erwähnte identisch mit dem im Fuldaer Nekrolog verzeichneten Mönch. Das Fazit: Podalunc – so die beiden ältesten, a. 756–776 und a. 758 in Freising geschriebenen Zeugnisse – darf als repräsentativ für die gesamte oberdeutsche Botelung-Tradition der älteren Zeit gelten. In einer selteneren Spielart begegnet daneben t: Freising hat a. 804–807 und a. 821 Putulunc, a. 853 Putalunc, St. Gallen gegen Anfang der a. 826 begonnenen Verbrüderungsbücher Putulu(n)gt.133 3.5 Welche Schlüsse haben wir aus diesem Befund zu ziehen? Angesichts der Schwierigkeiten, die uns die fuldische Überlieferung bereitet, ist man versucht, reinen Tisch zu machen und für ganz Deutschland eine Grundform mit @ anzusetzen. Dann wären lediglich für den ältesten fränkischen Beleg Botalincus und für die oberdeutsche Nebenform mit t Sondererklärungen nötig. Mhd. Botelunc stellte sich dann als eine junge Entgleisung dar, die sich sogar plausibel machen ließe. Denn ein Name, dessen Klanggestalt nicht durch das Gegenüber eines geläufigen Appellativs abgeschirmt wurde, könnte der Vokabel boto > bote ‚Bote‘ angeähnelt worden sein. Als Parallele böte sich an, dass ja auch der Name eines Botelungsohnes auf diese Weise entgleiste. Während ags. Blæda (bei Beda Venerabilis) den Vokal œ > a- > e- zeigt, der zu dem historischen Ble-das, Attilas Bruder, stimmt, ist Blœdel(în) im Nibelungenlied augenscheinlich dem Adjektiv bloede ‚schwach, zaghaft‘ angeglichen worden.134 Es gibt nun aber mittelbare Anhalte, dass die d- > t-Form Botelunc bereits althochdeutsche und altsächsische Entsprechungen gehabt hat. Mit Bodalunc (u.ä.) sind nämlich die schwach- und starkstämmigen Formen ohne -ung- oder -ing-Suffix zusammenzusehen, die oben als Abstraktionen aus dem Namen von Etzels Vater erklärt wurden. Zu Botelunc stimmen Bodoloni (Gen.), der Vatername einer den Franken zu
S. 266 (a. 813); Nr. 427, S. 367 (a. 819); Nr. 459, S. 391 (a. 822); Nr. 517, S. 441 (a. 825: Podalungo Abl.); Nr. 742, S. 617 (a. 855); Nr. 896, S. 701 (a. 864–875: Podalungum Akk.) – Podolunc: Freising Nr. 85, S. 106 (a. 777) – Podulunc: Freising Nr. 619, S. 529 (a. 836). 132 Urkundenbuch der Abtei Sanct Gallen, bearb. v. Hermann Wartmann, 1863, S. 132; Mon. Germ. hist. Libri confraternitatum S. Galli hg. v. Paul Piper, 1884, S. 194 Sp. 136, Z. 12. Zu -@ - > -d- im Alemannischen s. Wilkens 1891, S. 83; Baesecke 1928, S. 115. 133 Freising: Nr. 209, S. 199; Nr. 739, S. 615; Nr. 455, S. 389; Mon. Germ. hist. Libri confraternitatum S. Galli, S. 151, Sp. 3 Z. 23 und 26. – Entsprechend Putulungo (Abl.) in einem Güterverzeichnis des Bistums Salzburg aus dem Ende des 8. oder Anfang des 9. Jahrhunderts, s. Indiculus Arnonis und Breves Notitiae Salzburgenses, hg. v. Friedrich Keinz, 1896, S. 45 (Kap. XV, Abschn. 4). 134 Zu Blaedla s. Bedae opera historica I, London 1954, S. 64. Der Name ist auch als Personenname bezeugt, s. Müller 1901, S. 70. – Ble-das s. Historici Graeci minores I 1870, S. 302, Z. 27 u. ö. Zu dem Hunnen Ble-da s. Schramm 1997, S. 109 (II.4 / 3.8) u. S. 118 (II.4 / 6.6).
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Anfang des 9. Jahrhunderts ausgelieferten sächsischen Geisel, Botalastat für Buttelstedt, Kreis Weimar, in einem Güterverzeichnis von etwa a. 780 und Botelesdorf, ein mittelrheinischer Ort bei Mayen in einer Urkunde Papst Alexanders III. von a. 1178.135 Danach dürfte Müllenhoffs Annahme, in althochdeutscher Zeit hätten zwei Varianten konkurriert, nach wie vor die größere Wahrscheinlichkeit für sich haben. Und wir können nun einmal nicht mehr tun, als das jeweils Wahrscheinlichste herauszufiltern. Im folgenden wird mit einer auf Bodalung zurückgehenden Form gerechnet, die sich von den Franken aus über ganz Mittel- und Norddeutschland verbreitet haben dürfte, und einem bairischen und alemannischen Pendant, das, wollte man eine bodenständige Vorstufe der erhaltenen Zeugnisse erschließen, auf *Bo@ alung beruht. 3.6 Die oberdeutsche Nebenform Putulunc (u.ä.) erklärt sich kaum aus einem Übergreifen der fränkischen Spielart. Eher wurde hier der Anlaut der zweiten Silbe auf die Tenuis p- ausgerichtet. Einer solchen Anähnelung im Konsonantismus würde mit einer Assimilation im Vokalismus parallellaufen. Alle oberdeutschen Belege mit t unterscheiden sich nämlich auch durch ein u in der ersten Silbe vom vorherrschenden Typus, der o hat. Hier wirkte offenbar das Suffix -unc in Etappen zurück. Es glich sich – wenn wir das einmalige Putalunc nur als ungenaue, durch die oberdeutsche Hauptform beeinflusste Schreibung verstehen dürfen – den Vokal der Mittelsilbe an. Das aus a umgesetzte u erzwang wiederum den Wandel von o zu u in der Anfangssilbe. 3.7 Einmal angenommen, die Gabelung in zwei Hauptvarianten sei zu recht behauptet worden: wie lässt sie sich erklären? Hier ist, ehe wir den Hebel ansetzen, ein methodischer Vorbehalt am Platze. Die Unterscheidungsmerkmale der beiden Varianten sind zwei Dentale, die im Lautsystem benachbart waren, ja in Teilen Deutschlands einander zeitweilig so nahe rückten, dass sie in der Schrift oft nicht unterschieden wurden. Die enge Beziehung der Laute prägte sich u.a. darin aus, dass sie in Fällen des grammatischen Wechsels alternierten. Kommt hinzu, dass unser Name, wie auch immer seine Grundform anzusetzen ist, kein geläufiges Namenwort oder Appellativ enthielt und somit gegen Verballhornungen weniger gefeit war als das Gros der Personennamen. Bei einer Ausgangslautung mit d möchte man eine die Variantenbildung bremsende Wirkung dem as. bodlôs ‚Haus und Hof‘ zutrauen, aber gerade dies Wort hat keine althochdeutsche Entsprechung. Ahd. boto ‚Bote‘ könnte zwar eine Grundform mit @ attrahiert haben, aber muss nicht unbedingt, wenn die Tendenz zur Umgestaltung gerade in entgegengesetzter Richtung – von d zu @ – gewiesen haben sollte, ein wirksames Hemmnis dargestellt haben. Denn die Nachbarschaft zu boto,
135 Mon. Germ. hist. Leges II, 1 S. 233, Z. 12; Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae, bearb. v. Otto Dobenecker I, 1896 Nr. 70, S. 21 (zu Botalastet danke ich Dr. Herbert Wolf in Marburg für freundliche Auskünfte); Urkundenbuch zur Geschichte der … mittelrheinischen Territorien, hg. v. Hermann Bayer, II 1865, S. 67.
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dem das für Bodalung charakteristische l-Element abging, braucht von den Sprechern nicht empfunden worden zu sein. Nach allem befinden wir uns in einem Raum großer potenzieller Veränderlichkeit, wo ein kleiner Anstoß hinreichte, den Wandel – ob von d zu @ oder andersherum – auszulösen. Wenn wir – was man eigentlich immer tun sollte, wenn man sich an ein Rätsel wagt – überschlagen, wie groß unsere Chancen sind, die richtige Lösung zu finden, müssen wir zugeben: in unserem Falle nicht groß. Wir haben ja, da es vielleicht nur um einen kleinen Anstoß geht, von vornherein damit zu rechnen, dass sich mehrere gleich überzeugende Thesen aufstellen lassen, die vielleicht alle fehlgehen, weil die eine der Varianten auf einen banalen Ausrutscher der Sprache zurückgehen mag, der sich allen Interpretationskünsten entzieht. 3.8 Wagen wir uns trotz der Reserve, die uns diese Überlegung auferlegt, an unser Problem. Eine Erklärung hat bislang wohl nur Müllenhoff versucht.136 Er ging von einem got. *Budl- aus, neben das (wie häufig im Germanischen, wenn d vor l stand) eine -@ l-Variante, *Bu@ l-, getreten sei, und verglich z.B. ahd. hemo-dil: heimo-ti ‚Heimat‘, ahd. stadal ‚Stall‘: stat ‚Stätte‘, ahd. knuodil: knuot ‚Geschlecht‘, got. ne-@ la: ae. naedl ‚Nadel‘. Diesen Ansatz eines großen Philologen kann man kaum bündig widerlegen. Aber er schließt – bei einer Auslegungsversion – zwei Hilfsannahmen ein, die rein hypothetisch bleiben, während er sich, auf eine zweite Weise interpretiert, als unnötig kompliziert erweist. Unterstellen wir – von Müllenhoffs eigener Intention abweichend – zunächst, die @ -Variante habe sich am Ende eines Wanderweges, der bei den Ostgermanen begann und über die Franken südostwärts führte, bei den Baiern ausgebildet. Dies würde voraussetzen, dass der Usus, -@ l-Spielarten zu -dl-Grundformen zu schaffen, unter den Baiern während der für die Übernahme in Frage kommenden Jahrhunderte noch im Schwange war. Das erscheint insgesamt fraglich und für die besondere Position nach kurzer Stammsilbe, die in unserem Fall vorliegt, doppelt unsicher. Denn gerade in dieser Position griff die westgermanische Eigenheit, bestimmte Lautverbindungen im Auslaut, zu denen auch dl gehörte, durch einen Sprossvokal zu trennen, zuerst auf das Wortinnere aus. Die ältesten althochdeutschen Quellen haben nach kurzer Stammsilbe bereits das sekundäre a, z.B. in fogales ‚des Vogels‘, während der im Altsächsischen durchweg recht gut bewahrte ältere Stand ohne Sproßvokal frühalthochdeutsch in der Regel nur nach langer Stammsilbe erhalten geblieben ist.137 Wir wissen danach nicht, ob die Franken überhaupt eine Form *Budlung (ohne sekundäre Mittelsilbe) weitergeben konnten. Und allein diese Form, nicht aber das überlieferte Bodalung, kommt als Grundlage einer @ l-Variante nach der Art von got. ne-@ la, as. nathla in Frage. Es gibt weiterhin keinen Anhalt dafür, dass a in Bodalung als Sproßvokal in-
136 Müllenhoff 1856, S. 161f. 137 Braune 1987, S. 65.
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terpretiert werden muss. Sehr wohl möglich, dass es schon in der ostgermanischen Grundform unserer Überlieferung enthalten war. In diesem Falle schiede eine deutsche Variantenbildung der genannten Art von vorn herein aus. 3.9 Bleibt als Alternative die von Müllenhoff eigentlich anvisierte Lösung, dass beide Varianten ostgermanischen Ursprungs sind. Übersetzt man diesen philologischen Ansatz in Geschichte, dann kommt man auf das – wie sich zeigen wird – für unser Problem durchaus ergiebige Deutungsmuster zweier verschiedener Übernahmevorgange: Die Franken hörten den Namen in der d-Variante von den Burgundern, während die Baiern ihn dagegen in der @ -Variante von anderen Ostgermanen, wahrscheinlich von den Goten bezogen. Wer diese Explizierung des bei Müllenhoff Angelegten genauer durchdenkt, dem drängt sich der Schluss auf, dass wir gar nicht von zwei ostgermanischen Varianten ausgehen müssen, um bei den überlieferten deutschen Formen zu landen. Denn diese lassen sich aus einer einzigen ostgermanischen Form (mit d) bereits überzeugend herleiten. Wir müssen nur einkalkulieren, dass die lautlichen Übernahmebedingungen in den ostgermanisch-westgermanischen Berührungszonen nicht überall gleich waren. Die Franken hatten, gleichgültig, ob sie intervokalisches d aus burgundischem Munde in spirantischer oder medialer Form hörten, keinen Anlass, für diesen Laut einen anderen als ihre eigene Media d einzusetzen. Die Baiern dagegen, die germ. d früh durch die Verschiebung zu t verloren, dafür aber ihr @ eher als die anderen deutschen Stämme zur stimmhaften Spirans . , der Vorstufe von d, lenisierten, mussten versucht sein, ein gotisches intervokalisches d durch ihr neues . wiederzugeben, zumal wenn die Aussprache, was durchaus möglich erscheint, identisch war.138 Dass diese Wiedergabe sich über die etymologischen Lautentsprechungen hinwegsetzte, nach denen got. d in bair. t hätte transponiert werden müssen, braucht nicht wunderzunehmen. Bei einem ausgefallenen Namen fiel ja die korrekte Übersetzung schwerer als bei Appellativen, sofern man sie an heimisches Wortgut assoziieren konnte. Zudem war das Gotische trotz aller Verwandtschaft kein Bruderdialekt, in den man sich ohne ernste Hindernisse einfühlen konnte, sondern eine andere Sprache. 3.10 Die These, die sich aus der Überprüfung von Müllenhoffs noch immer bedenkenswerten Ausführungen ergeben hat, ist, das sei noch einmal betont, nicht notwendigerweise richtiger als die Behauptung des Vorgängers. Sie dürfte aber gegenüber der Annahme einer oberdeutschen Variierung der fränkischen Form den methodischen Vorzug haben, dass sie ohne lautchronologische Zusatzvermutungen aus-
138 S. dazu Braune 1987, § 166f.; Krause 1963, § 49,4: „Daß b, d und wahrscheinlich auch g einstmals im Gotischen im Inlaut nach Vokal stimmhafte Reibelaute b, d waren, ist auf Grund von Wechselformen wie hlaifs: hlaiba, sta@ s: stada usw. (§ 107) sicher. Ob dafür zu Ulfilas Zeit bereits stimmhafte Verschlußlaute eingetreten waren, ist nicht entscheidbar.“
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kommt. Auch besitzt sie gegenüber dem Ansatz von zwei ostgermanischen Varianten den Vorteil größerer Einfachheit. Sie stünde freilich noch immer auf allzu schwachen Füßen, wenn es nicht einen Namen gäbe, dessen Varianten in der deutsachen Überlieferung sich auf eine durchaus entsprechende Weise aus zwei verschiedenen Übernahmevorgängen erklären lassen, ja, wie es scheint, in diesem Fall kaum anders erklärt werden können: frank. Cre-mhilte, Kriemhilt und bair. Crı-mhilt.139 Hinzukommt, dass Andreas Heusler bereits aus stoffgeschichtlichen Erwägungen auf eine Doppelheit der nibelungischen Traditionsstränge in Deutschland schließen konnte.140 Mit dieser zweifachen Rückendeckung darf man wohl behaupten, dass die Herleitung der Botelunc-Varianten aus zwei verschiedenen Entlehnungen ein und derselben ostgermanischen Namenform die bislang glatteste Erklärung ist. Zu Kriemhilt stimmt Botelunc auch darin, dass der Dichter des Nibelungenliedes, obwohl im bairischen Raum wirkend, auf die fränkische und nicht auf die bairische Variante zurückgriff. Doch zeichnet sich auch ein Unterschied in der Geschichte beider Namen ab. Während die mutmaßlich von den Goten an die Baiern weitergereichte *Krı-mhild nicht (oder nicht wesentlich) über den Siedelraum des letzteren Stammes hinausgelangte, setzte sich Podalunc zumindest auch bei den Alemannen durch. Zweierlei wird zu bedenken sein, will man diese Differenz erklären. Einmal war Kriemhild eine für die Nibelungensagen zentrale Gestalt, während auf Etzels Vater lediglich die karge Formel Botelungs Sohn verwies. Zum andern wurde der Unterschied zwischen d > t und @ > d, zwei gleichhäufigen und eng benachbarten Lauten, gewiss nicht so markant empfunden wie der Abstand zwischen dem geläufigen -ı und dem seltenen e-2 > ie. Nimmt man beides zusammen und unterstellt man – analog zu Crı-mhilt – eine Erstentlehnung durch die Baiern, dann lässt sich ausmalen, der bairische Podalunc habe als eine bescheidene Randfigur unbemerkt in das Gehege konkurrierender Sagenfassungen einbrechen und sein alemannisches Pendant *Potalunc verdrängen können, während die im Zentrum des Interesses stehende und unverwechselbare *Kre-mhild durch Crı-mhilt vorerst nicht zu verdrängen war.
4. Ein hunnischer Kern? 4.1 Unsere Überlegungen haben ergeben, dass die Sagenüberlieferung des Namens von Etzels Vater, die sich am getreuesten in Deutschland erhalten hat, auf eine ostgermanische Grundform zurückgehen dürfte. Können wir noch ausmachen, ob diese Grundform zu den jüngeren Ausschmückungen einer Erzähl- und Dichttradition gehört, die den echten Namen von Attilas Vater nie enthalten oder früh preisgegeben hatte? Diese Deutung liefe darauf hinaus, dass wir eine für die authentische Genealo-
139 S.u. IX 3. 140 Heusler 1921, S. 29.
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gie des großen Eroberers unergiebige Bildung untersuchen. Oder handelt es sich vielmehr um einen sehr alten Ersatz für den bei Priskos Mundiuchos lautenden Hunnennamen:141 zu einem Zeitpunkt vorgenommen, in dem man über die Generationenfolge in der hunnischen Dynastie noch recht genau informiert war? Es will scheinen, als muteten wir uns mit dem Versuch, hier eine Antwort zu finden, allzu viel zu. Die Anfänge der nibelungischen Tradition sind nun einmal über weite Strecken in tiefes Dunkel getaucht. Es muss schon ein glücklicher Zufall im Spiele sein, wenn uns bei dem Unterfangen, eine Frage aus diesem Bereich zu lösen, der spärliche Schein des wenigen, was wir sicher wissen, zu Hilfe kommt. Niemandem sei es verübelt, wenn er an dieser Stelle die Lektüre abbricht, weil er der vielen Hypothesen über die Frühgeschichte der Nibelungensagen nachgerade überdrüssig ist. Wenn sich unsere Untersuchung über die Schwelle hinaus vortastet, an der Anlass genug gegeben scheint, endgültig einzuhalten, dann deshalb, weil wir in unserm besonderen Fall nicht bar aller Anhalte sein dürften und weil es in diesem Beitrag nicht so sehr um vollgesicherte Endresultate als um methodische Experimente geht. Wiederum gilt es abzuwägen: Welche der möglichen Lösungen – jüngere Zutat oder altes Substitut – hat die größere Wahrscheinlichkeit für sich? Gegen die These eines spätostgermanischen Rückgriffs auf eine germanische Bildung lassen sich drei voneinander unabhängige Einwände vorbringen. 4.2 Es ergibt sich einmal, dass in den bei einer solchen Deutung am ehesten vergleichbaren Fällen, wo das historische Namenmaterial der germanischen Hunnensagen offenbar schon früh abgewandelt bzw. bereichert wurde, das Muster Attila gewesen sein dürfte. Als Angleichung an Attila erklärt sich, wenn der Name seines Bruders, Ble-das bei Priskos, von dem Angelsachsen Beda in der a. 731 vollendeten Kirchengeschichte seines Volkes als Blaedla und vom Dichter des Nibelungenliedes als Bloedel(în) aufgeführt wird.142 Hierher gehört wohl auch, dass in dem durch eine besonders archaische Namenkollektion ausgezeichneten Hunnenschlachtlied der Hervararsaga Hlöds hunnischer Großvater Humli heißt.143 Als Grundform wird man wohl got. *Hu-nila anzusetzen haben, das im Altnordischen leicht an humli ‚Hopfen‘ angeglichen werden konnte. *Hu-nila aber wird durch seine Stabbindung mit Hlx. r, ihre Anspielung auf die Hunnen und die Klangausrichtung auf Attila als frühe Dichterinvention ausgewiesen. Spätere, im Suffix ebenfalls auf Etzel (und Bloedel) bezogene Erfindungen sind gewiss die Spielleute Wärbel und Swämmel(în) im Nibelungenlied, die in Worms die Einladung ihres hunnischen Herren ausrichten.
141 Dazu o. IX 1.4. 142 S.o. Anm. 56. 143 Edda, S. 302 u. ö. – Zur Altertümlichkeit der Namen im Hunnenschlachtlied vgl. Schramm 1965, S. 3–9, und 1983, S. 214–217.
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Auf die Grundform von Botelunc – wie man sie auch rekonstruieren mag – hat dagegen der Name des Sohnes, Attila, nicht eingewirkt. Weder wählte man, was bei nachträglicher Einführung doch nahegelegen hätte und den Dichtern zustatten gekommen wäre, eine mit Attila stabende, vokalisch anlautende Prägung, noch verwendete man das häufigste aller Namensuffixe, -il-: auf *Budilungs lässt sich die deutsche Überlieferung ja unter keinen Umständen zurückführen. Unser Name könnte allenfalls in Anlehnung an die Amalungen, das Geschlecht Dietrichs von Bern, gewählt worden sein.144 Aber die gewiss frühe Verbindung der Dietrich- und Nibelungenstoffe liefert noch keinen überzeugenden Grund für eine solche Annahme. 4.3 Eine weitere Überlegung ist anzuschließen. Unter den Namen, die von Dichtern und Erzählern neu in die Sage eingeführt wurden, heben sich zwei Typen ab. Es gab zunächst durchsichtige, gewöhnliche Bildungen. Dazu gehören Dancrât und Gîselher, die im Nibelungenlied an die Plätze von Gibiche und Godomar getreten sind, und aus einer früheren Zeit Humli, wenn er oben richtig interpretiert wurde. Außerdem kamen – namentlich zur Kennzeichnung des fremdartigen Milieus der Hunnen – krause, ausgefallene Bildungen in Frage, wie wir sie mit Wärbel und Swämmel kennengelernt haben. Bodalung – wir zitieren die deutsche Form – stimmt zu keinem der beiden Typen. Denn während der Stamm bud- (den wir wohl zu got. ana-biudan ‚befehlen‘ stellen dürfen) als Anfangs- und Endglied von Namen reichlich bezeugt ist, scheint die l-Ableitung *budl- oder *budal- aus dem Rahmen der geläufigen Namenelemente gefallen sein. Andererseits klang der Name für germanische Ohren gewiss nicht absonderlich oder gar exotisch. Auch diesmal ist also Bodalung, als neueingeführter Name gedeutet, atypisch. 4.4 Und schließlich ein Drittes. In vielen Namen ist das -ng-Suffix als reines Klangelement ohne semantische Funktion zu werten: etwa in ostgot. Evingus, dt. Hrodunc, nord. I. ungr. Doch in den Fällen, wo wir nach Abstreichen von -ing- oder -ung- einen möglichen Personennamen übrigbehalten, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein patronymischer Sinn vorliegt oder doch vorlag, ehe er sich mit der Aufnahme einer solchen -ng-Bildung in den Bestand der allen offenstehenden Normalnamen verwischte. Auf der Hand liegt das bei Appositionen wie ags. Finn Folcwalding, Eorconbeorht Eadbalding. Aber es gilt etwa auch für dt. Amalunc. In unserem Fall, wo die These einer ostgermanischen Neueinführung zur Debatte steht, ist noch besonders zu berücksichtigen, daß die große Masse der suffigierten ostgermanischen Personennamen auf -ila und -ika (mit Femininentsprechungen) ausgeht. Wenn in England und –
144 Die Amelunge erscheinen im Nibelungenlied, Biterolf, Alpharts Tod, ?i.rekssaga. Jordanes, Getica, S. 79 hat Amali (Amal, a quo et origo Amalorum decurrit), wohl eine unkorrekte Latinisierung (statt *Amalungi), da der in den Plural überführte Name des Stammvaters als Bezeichnung für seine Sippe ohne Gegenstücke sein dürfte (die Paarigkeit Völkername: Heros eponymos ist hier wohl herauszuhalten, weil dabei der Völkername primär ist).
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in geringerem Maße – bei den Skandinaviern -ung- als Namensuffix ohne patronymischen Sinn Raum gewonnen hat, dann deshalb, weil hier durch einen Rückgang der -l- und -k-Bildungen Platz frei geworden war. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die ostgermanische Grundform von Bodalung patronymisch gemeint war. Etzels Vatersname hätte dann auf den Namen des Großvaters oder eines Vorfahren auf einer noch höheren Sprosse in der Geschlechterfolge verwiesen. Rechnet man auch jetzt noch mit einer Neueinführung, dann wird man den Mut haben müssen, den frühen Erzählern und Dichtern eine Freude an genealogischen Konstruktionen über zumindest zwei (für die Handlung gleichgültige) Generationen vor Etzel zuzuschreiben. Eben dieser Spaß ist aber wenig glaubhaft. 4.5 Somit legen drei verschiedene Argumentationen übereinstimmend die Deutung nahe, dass wir es nicht mit einer jüngeren Ablagerung, sondern mit sehr altem Gut zu tun haben. Es gehört dem untersten Stramm der germanischen Hunnenüberlieferung zu und dürfte, da es jede Ausrichtung auf den Namen Attila vermissen lässt, am ehesten aus solider historischer Information herrühren. 4.6 Warum ging nun aber nicht jener authentische Name von Attilas Vater in die Sage ein, um den sich das vorige Kapitel drehte (IX.1)? Dabei ließ dieser Name sich doch, germanisch ausgesprochen, als germanisches Personennamen-Kompositum *Mundijuks deuten, und eine solche Interpretation ermöglichte wohl, dass einer der drei gemeinsam regierenden und später zu Sagenberühmtheiten gewordenen Burgunderkönige, wahrscheinlich Gundaharius, seinen Sohn auf den Namen Gundiocus = *Gundijuks, also auf eine Reimbildung zum Namen des Hunnenherrschers taufen ließ. Von der burgundischen Dynastie aus lässt sich ein schmaler Strang von -juk-Kompositionen über das langobardische Herrscherhaus bis hin zu einer schwäbischen Adelsfamilie des 8. Jahrhunderts verfolgen. Eine Übernahme von Mundiuch in die Sage war also, so will es scheinen, ohne Schwierigkeiten zu bewerkstelligen. Doch mag der Schein trügen. Die spärlichen germanischen Nachwirkungen von Mundiuch, die wir greifen können, lassen sich auf einen Kontaktmoment um a. 420 zurückverfolgen, als man am burgundischen Hof, aber vielleicht auch in einer weitergesteckten Zone germanischer Berührungen mit den unbezwingbar scheinenden Eroberern aus der Steppe für hunnische Einflüsse empfänglich war.145 Die ersten Ausformungen der Sage, in der Etzel und der Hinweis auf seinen Vater ihren Ort hatten, sind später anzusetzen. Sie fallen in eine Zeit, in der die Germanen für die exotische Faszination, die von den Hunnen ausging, gewiss nicht mehr so aufgeschlossen waren wie vielleicht manche unter ihnen ein oder mehrere Menschenalter vorher. Die bedeutete, so möchte man meinen, auch eine psychologische Barriere für die Übernahme von *Mundijuks in die Sagentradition. Sollte der Vater (oder Ahn) des Mundiuch einen Na-
145 S. dazu o. II.1.7
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men getragen haben, der germanischen Ohren glatter einging, dürfte es nahegelegen haben, eine Umschreibung als Sohn des … oder Nachkomme des … einzuführen, zumal wenn sich dabei eine klangliche Parallele zu dem ostgotischen Königsgeschlecht der Amalungen ergab, die den Ostgermanen des 5.–6. Jahrhunderts geläufig waren und die nach Ausweis des Nibelungenliedes und anderer mittelhochdeutscher Dichtungen zum alten Namenarsenal der Dietrich-Tradition gehören.146 4.7 Wie mag der Vorfahr Attilas, auf dessen Spur wir gekommen sind, wohl geheißen haben? Wiederum sind mehrere Möglichkeiten durchzuerwägen. Wenig wahrscheinlich ist, dass wir an den gesuchten Namen herankommen, indem wir -lungs abtrennen. Denn dieses Suffix ist in germanischen Namen äußerst spärlich belegt – in Deutschland darf nur Harilung u.ä.147 als gesichert gelten – und im gotischen Appellativwortschatz fehlt es. Das Suffix ist also (wie im Völkernamen Greuthungi und im Sippennamen mhd. Amelunge) -ungs. Nimmt man das als hinlänglich gewiss an, steht man vor neuen Alternativen. Die ostgermanische Grundform kann *Budls oder *Budla, aber auch – da, wie wir schon wissen, a in der Mittelsilbe der althochdeutschen Vorformen von Botelunc nicht notwendigerweise erst sekundär eingeführt wurde – *Budals oder *Budala gelautet haben.148 Dass im deutschen PersonennamenSchatz Bodal (u.ä.) recht gut, die schwach flektierte Variante Bodalo dagegen nur unsicher überliefert ist, erlaubt es nicht, uns für *Budls oder *Budals zu entscheiden. Denn Bodal wird – nicht anders als nord. Bu@ li – nur eine Abstraktion aus der -ungBildung sein, die für die Aufschlüsselung der letzteren unergiebig bleibt.149 Schließlich ist auch denkbar, daß die ostgermanischen Urheber der uns beschäftigenden Prägung nur einen hunnischen Beinamen Mundiuchs, bestehend aus dem Vatersnamen
146 S.o. Anm. 65. – Die ostgermanische Vorform der Bildung Bodalung könnte durchaus ein hunnisches Vorbild in einem patronymischen Beinamen des Mundiuch haben, der in der Art von BUTAUL in den – keiner bestimmten altaischen Sprache mit Sicherheit zuweisbaren – wahrscheinlich bolgarischen Inschriften des Goldschatzes von Nagy-Szent Miklos (s. Benzing 1959, S. 690) gebildet gewesen sein mag. Wie mich Horst Wilfried Brands (Frankfurt a.M.) freundlicherweise belehrt, ließe sich BUTAUL als Buta-ugul „Sohn des Buta“ deuten. Dem Kollegen Brands habe ich auch für die im folgenden verarbeiteten altaistischen Informationen zu danken. 147 Förstemann 1901, Sp. 764. 148 Wer die Resultate des 2. Abschnitts nicht billigt, müsste entweder in den vier in Frage kommenden Formen @ für d einsetzen oder zusätzlich zu den vier d-Formen noch vier mit @ als mögliche Grundformen gelten lassen. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Herleitung der Botelunc-Tradition aus einer einzigen ostgermanischen Grundform mit d nachträglich gestützt wird durch die Argumentation des vorliegenden Abschnittes, dass Botelunc auf einem hunnischen Personennamen aufbaut. Denn ein ostgermanisch als @ wiedergebbarer Laut kommt zwar in zwei altaischen Sprachen, dem Turkmenischen und dem Baschkirischen, vor. Aber dabei dürfte es sich um verhältnismäßig rezente – dialektbedingte – Entwicklungen handeln (Hinweis von Horst Wilfried Brands). Vgl. auch Poppe 1960. 149 Zu Bodal(o) s.o. Anm. 11 und 22.
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mit angehängtem ‚Sohn?, nachgeschaffen haben.150 Trifft das zu, dann muss es eine germanisch adaptierte Form für den isolierten Namen des Mundiuch-Vaters (oder Vorvaters) nicht unbedingt gegeben haben. Was der damit erschlossene Name bedeutet haben mag, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Denn das nur durch wenige Trümmer bezeugte Hunnische steht – hier muss ich meine ursprüngliche Annahme berichtigen – mit keinem bekannten Idiom in einer sicher erkennbaren Verwandtschaft (IX 1, 4.1). 4.8 Wichtiger für uns: Wen haben wir uns unter dem Namenträger vorzustellen? Einen nobody aus der Steppe, zu einer Zeit lebend, in der die Hunnen bis nach Mitteleuropa vorzustoßen vermochten, ohne – nach dem Zeugnis des Ammianus Marcellinus – durch eine feste Königsgewalt gezügelt zu werden?151 Oder bereits einen Herrscher, der Geschichte machte? Sollte er wirklich der Vater des Mundiuch und nicht, was philologisch kaum mit Sicherheit auszuschließen ist, ein Urahn gewesen sein, dann könnte die um a. 410 (früher als häufig behauptet) anzusetzende Konsolidierung eines westhunnischen Reiches mit dem Zentrum vermutlich in Ungarn gerade ihm zuzuschreiben sein (Schramm 1997, I.1./4.5–9). In diesem Falle hätte uns ein glücklicher Zufall in einer Sagenüberlieferung, die gelegentlich sehr Altes mit erstaunlicher Treue durch die Jahrhunderte festhielt, den Namen des eigentlichen Begründers der Attila-Dynastie aufbewahrt, über den wir keine Notiz eines Zeitgenossen oder eines späteren Geschichtsschreibers besitzen.
150 Vgl. o. Anm. 68. 151 Ammianus Marcellinus XXXI 2.7 (Clark 1915, Bd. 2, S. 558): aguntur autem nulla severitate regali sed tumultuario primatum ductu contenti, perrumpunt quidquid inciderit.
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Aufsätze über einzelne Personennamen
IX.3 Der Name Kriemhilt und die Wanderwege der Nibelungensage (Erschienen in: Gottfried Schramm, Ein Damm bricht. Die römische Donaugrenze und die Invasion des 5.–7. Jahrhunderts im Lichte von Namen und Wörtern. München: R. Oldenbourgh 1997, S. 76–95)
1. Ildico = Kriemhilt? 1.1 Im Jahre 453 nahm, wie der Geschichtsschreiber Jordanes uns a. 551 in seiner Gotengeschichte berichtet, der alternde Attila post innumerabiles uxores, ut mos erat gentis illius, noch einmal eine Frau zur Ehe und starb in der Hochzeitsnacht an Blutsturz. Bei dem Toten fand man morgens die in Tränen aufgelöste, in ihren Schleier eingehüllte Braut: puellam Ildico nomine decoram valde.152 Nach verbreiteter Auffassung erfahren wir hier eine für den legeren, vertraulichen Gebrauch bestimmte Namenvariante, der unser Hildchen entsprechen würde. Der eigentliche, offizielle Name der jungen Ostgermanin soll in der Form Kriemhilt der deutschen Nibelungentradition auf uns gekommen sein.153 Es ist an der Zeit, diese zählebige These unter eine namenkundliche Lupe zu nehmen. Jordanes beruft sich für den Bericht vom Tode des großen Hunnenherrschers auf einen Gewährsmann: ut Priscus historicus refert. Somit verdankt er, wie an manchen anderen Stellen der Getica, sein Wissen (mittelbar) den verlorenen Teilen eines Werkes, das Vorgänge der Jahre 433–471 behandelte und einen Zeitgenossen Attilas, den oströmischen Diplomaten und Geschichtsschreiber Priskos aus der thrakischen Stadt Panion, zum Verfasser hatte. Die Namen aus dem Umkreis des hunnischen Hofes, die sich bei Priskos finden oder aus seinen Aufzeichnungen anderen Geschichtsschreibern zugeflossen sind, lassen sich anhand überprüfbarer Einzelbeispiele insgesamt charakterisieren: Priskos gebrauchte Formen, die sich überall dort, wo andere Überlieferungen Varianten bieten, als die authentischeren Lautungen erweisen und jede Spur von Nichtoffiziellem vermissen lassen.154
152 Mon. Germ. hist. Auct. antiq. V/1 1882 254, S. 123 Z. 18. 153 In diesem Sinne etwa Müllenhoff 1856, S. 159; Stark 1868, S. 52 Anm. 2; Holz 1920, S. 70f., und wohl auch Wolff [1928], S. 75. Für Heusler (1955, S. 25) und von Kralik (1940, S. 317) ist Grı-mhild ein durch Ildico als historisch gesicherter Name. Baesecke (1936, S. 373) verstand Ildico mit Vorbehalt als Kurzform von *Gre-mhild. – Ganz abwegig Schütte (1936, S. 51), der den zu Ildico angeblich gehörigen Vollnamen als Hildegund rekonstruiert. – Dass der Anklang von Ildico und Kriemhilt auf bloßem Zufall beruhen könnte, ist angedeutet bei Boer 1906, S. 105. 154 Zum Folgenden s.o. IX 1, bes. 4.1f., 6.1.
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1.2 So begegnet der Name von Attilas Onkel in einer derartig verwirrenden Fülle von Spielarten (Rhuílas, Rhúas, Rugila, Rhu ˜as), dass der Historiker Thompson hier die Waffen strecken zu müssen glaubte. Die originale Form lasse sich nicht ermitteln.155 Sichtet man aber das Material, dann gelangt man zu der Annahme, dass Priskos uns mit Rhu ˜as diejenige Form überliefert, die dem hunnischen Urbild am nächsten kommt, während die übrigen Zeugnisse auf germanische Adaptationen zurückführen. Eine entsprechende Überlegung kann man zum Namen eines anderen Attila-Onkels Úptaros bei Socrates Scholasticus, Octar bei dem aus Priskos schöpfenden Jordanes anstellen. Offensichtlich gehen die Informationen des Priskos nicht erst über diverse germanische Zwischenstationen auf den hunnischen Hof zurück. Vielmehr hat sich hier ein an der Gestalt Attilas besonders interessierter Diplomat teils auf möglichst direktem Wege selber Auskunft besorgt, teils von den Erkundigungen profitiert, die der Kreis der Lenker oströmischer Reichspolitik eingezogen hatte. 1.3 Das gilt auch für Ildico. Die Byzantiner waren gewiss interessiert an einer möglichst genauen Unterrichtung über das Ende ihres großen Widersachers, das für sie eine erregende politische Wende bedeutete. Dass insbesondere Priskos präzise und detaillierte Nachrichten sammelte, verrät der Bericht des Jordanes über die Leichenspiele und seine wörtliche Wiedergabe des Preisliedes auf den toten Herrscher. Auch hier ist die Quelle Priskos. Darf es da als wahrscheinlich gelten, dass dieser den Namen einer Frau, die in diesem Zusammenhange eine sicher viel besprochene Rolle spielte, in einer hypokoristischen Form zitierte? Man könnte sich allenfalls ausmalen, auf der Wanderung der alarmierenden Neuigkeit durch die Weite der Germania sei ein Hildchen für die offizielle Namenform eingetreten. Das Hypokoristikon wäre dann ein Merkmal abgegriffener, bereits zerredeter Zustände des Berichtes, auf denen unser Autor gewiss nicht fußt. Der hunnische Hof mit seinem strengen Zeremoniell, das uns Priskos selber eindrücklich geschildert hat, war kaum ein Milieu, wo man zu Außenstehenden in einer vertraulichen Namenform (ja, nur in dieser!) von einer Person sprach, der eine herausgehobene Funktion bei Hofe zugefallen war. Nach allem wird Ildico die offizielle Namensform, ja wahrscheinlich den einzigen Namen wiedergeben, den die puella decora valde getragen hat. Dazu nun eine – von den bisherigen Überlegungen ganz unabhängige – Bestandsaufnahme, wie im Frühmittelalter die germanischen Nebennamen gebaut waren, die im ungezwungeneren Gebrauch für den Hauptnamen eintreten konnten.156 Die spärliche Hinterlassenschaft der Frühzeit lässt drei Typen erkennen.
155 Thompson 1948, S. 223. 156 Über die germanischen Nebennamen und die einstämmigen Hauptnamen, denen sich die ersteren formal zuordnen, fehlt eine moderne Untersuchung. Als Materialsammlung noch immer nützlich, aber bezeichnend für die Unschärfe der älteren Namenforschung, die einstämmige Namen durchweg mit Hypokoristika gleichzusetzen liebte, ist Stark: Die Kosenamen.
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1.4 {1.5} Die Aussteller zweier Urkunden aus dem westfränkischen Raum nennen sich: Ego Nivo sive Nivardus; Ego Bertrada seu Berta.157 Die beiden Zeugnisse zeigen den ersten, wahrscheinlich am seltensten verwandten Typ von Nebennamen: eines der beiden Glieder – hier das Anfangsglied – wurde aus dem Hauptnamen herausgelöst und von seiner vokalischen Stammklasse in die schwache Deklination überführt. 1.5 {1.6} Wir stoßen zweitens auf einen – offenbar häufiger gebrauchten – Typus, für den einige Beispiele zitiert seien: aus Eugipps Leben des Heiligen Severin ein Feletheus Rugorum rex, qui et Feva, aus Gregors von Tours De virtutibus S. Martini ein Franke Chardegysilus cognomento Gyso und aus der Überlieferung des 8, Jh.s Iduberga sive Itta (die Gemahlin Pippins I.) und eine Schwäbin Hitta sive Hildeberga.158 Dieser Typ unterscheidet sich von dem ersten dadurch, dass der Nebenname das aus dem Hauptnamen entnommene Glied nicht intakt erhielt, sondern seine Lautung in der Weise von Kinderaussprachen zurechtstutzte. 1.6 {1.7} Ein dritter, wohl ebenfalls häufig verwendeter Typus zeigt statt der im zweiten Typus gelegentlich schon recht undeutlichen Klangbeziehung des Nebennamens zum Hauptnamen einen lautlich völlig selbständigen Nebennamen. Gregor von Tours bezeugt einen Gundegisilum Sancto-nicum comitem cognomento Dodonem, und aus einer Urkunde von 557 kennen wir einen Ostgoten Rosemud qui Faffo connominatur.159 Hier liegen reine, jeder Sinnhaftigkeit entzogene Lallbildungen vor, die in vielen Fällen Wiederholung des Anlautkonsonanten, gelegentlich verbunden mit der schon aus dem zweiten Typ vertrauten Doppelung des letzten Konsonanten, aufweisen. 1.7 {1.8} Für zwei der genannten Typen sind schon früh Erweiterungen um ein schwach flexiertes Suffix -il- bezeugt. So stellt sich frk. Theodila., das als Nebenname von Theodetrudis i.J. 627 bezeugt ist, zum ersten Typus.160 Dem dritten Typ zugehörige, erweiterte Lallbildungen kennen wir aus dem 6. Jh. für einen Ostgotenkönig Badvilla qui et Totila dicebatur und für die Gemahlin des Merowingers Gunthram: Austrechildis cognomento Bobila.161 Gewiss muss man auch annehmen, dass -l-Erweiterungen des zweiten Typs gebräuchlich waren. So bietet uns – um nur zwei Beispiele herauszugreifen – die süddeutsche Überlieferung zwei Hauptnamen Hittilo und Ruo-
157 Diplomata, chartae … ad res Gallo-francicas spectantes, ed. J. M. Pardessus, Bd. 2 Paris 1843, S. 128 (a. 662), S. 328 (a. 721). 158 Schönfeld 1911, S. 86; Mon. Germ. hist., Script. rer. Merov. 1/2 1885, S. 644; ebd. II 1888, S. 475: secus pedes beatae Idubergane sive Ittane; Wirtemberg. Urkundenbuch, hg. v. Kgl. Staatsarchiv Stuttgart Bd. l Stuttgart 1849, S. 16. 159 Mon. Germ. hist., Script. rer. Merov. I/l, 1885, S. 339; I papiri diplomatici raccolti … dall‚ Abbate Gaetano Marini, Rom 1805, S. 122 Z. 44. 160 Diplomata ed. Pardessus Bd. l Paris 1843, S. 227. 161 Schönfeld 1911, S. 41, 240f.; Mon. Germ. hist., Script. rer. Merov. II 1889, S. 108.
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zela.162 Von diesen Bildungen steht zu vermuten, dass sie ihren Eingang in den Namenschatz als Nebennamen gefunden haben. In beiden Fällen handelt es sich um umgemodelte Namenglieder, erweitert um das Suffix -l-. Den Brauch, Nebennamen mit dem -l-Suffix zu bilden, wird man vielleicht als altes germanisches Erbe verstehen dürfen, das bei den Ostgermanen und im fränkisch-deutschen Bereich lebendig blieb. In England und Skandinavien, wo wir, überschaut man die Bildeweise der unkomponierten Rufnamen, insgesamt eine Abkehr von der Suffigierung zu verzeichnen haben, wäre dann die alte Sitte verkümmert. 1.8 {1.9} Eine viel engere Verbreitungszone lässt sich für jene Nebennamen mit dem -k-Suffix abstecken, die in unserm Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit verdienen. Nicht nur skandinavische und angelsächsische, sondern auch ostgermanische und westfränkische Belege fehlen, so scheint es. Dafür bietet Deutschland, vor allem der sächsische Raum, manches Hierhergehörige. Den ersten Typ, dem man Ildico – handelte es sich um einen Nebennamen – zuordnen müsste, repräsentiert etwa Wielicha: eine Form, die für Wieldruda, eine schwäbische Gräfin des ausgehenden 11. Jh.s, bezeugt ist. Ein einige Jahrzehnte früher auftretendes Brüderpaar aus Westfalen, Godescalcus und Bernuuardus, wird in der Vita Meinwerci als Godica, Benneka zitiert.163 Das liefert uns neben einem weiteren Beleg für den ersten Typ auch ein Beispiel für den zweiten. Wenn ein Annalist dem Namen des 982 zum Erzbischof von Magdeburg gewählten Walthardus hinzusetzte: qui et vocabatur Dodico und die Tochter Ottos, die bei Widukind von Corvey und anderen Autoren Liutgarda heißt, in einer genealogischen Aufstellung als Dudicha aufgeführt wird,164 dann stoßen wir auf Lallbildungen und damit auf den dritten Typ von Nebennamen. 1.9 {1.10} Das Bild einer Verbreitung der Nebennamen-Suffixe -l- und -k-, das sich hier abzeichnet, erscheint gewiss beeinträchtigt von der Spärlichkeit unserer Überlieferung. Aber es wird dadurch bestätigt, dass die Bildeweise appellativer Deminutiva dieselben geographischen Unterschiede aufweist. Während England und Skandinavien keine produktiven Verkleinerungssuffixe kannten, konkurrierten zwischen Rhein und Elbe -l- und -k-. Die Scheidung in einen nördlichen Streifen mit dominantem -k-/-ch- und einen südlichen, in dem -l- herrscht, dürfte die Schärfe, die sie in der heutigen Dialektgeographie zeigt, erst allmählich gewonnen haben. Das Ostgermanische gebraucht offenbar nur -l-Deminutiva: Ulfila hat barnilo- n. ‚Kindchen‘ und mawilo- f. ‚Mädchen‘. Für die Westfranken wird ein Gleiches anzunehmen sein. Die Bildung suffigierter Nebennamen und appellativer Deminutiva wurde also offensicht-
162 Ebd. Necr. II 1890, S. 22 Z. 51, I 1888, S. 249 (10.IV.). 163 Codex Hirsaugiensis, S. 32 (Mon. Germ. hist. Script. V 1834, S. 457: Wieliga); Wirt. Urkb. l, S. 287; Regesta historiae Westfaliae, ed. Heinrich August Erhard, Bd. 1 Münster 1847, S. 67; Vita Meinwerci, ed. Franz Tenckhoff, Script. rer. Germ. in us. schol. 1921 Kap. LXXV. 164 Mon. Germ. hist. Script. XVI 1858, S. 155; ebd. I 1826, S. 620.
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lich in gleicher Weise gehandhabt. Eben das haben die Interpreten übersehen, die den durch seine Endung eindeutig als ostgermanisch ausgewiesenen Namen Ildico als Nebennamen von Kriemhilt erklärten. Denn -k-Deminutiva fehlen bei Ulfila, und wir haben keinen Anlass zu der Vermutung, er enthalte uns eine bei den Ostgermanen gebräuchliche Bildeweise vor. 1.10 {1.11} Wer an der Entsprechung Ildico: Kriemhilt festhalten will, wird sich mit einer Zusatzhypothese behelfen müssen: *Hildika-, eine Germanin aus dem Bereich, für den Nebennamen und appellative Deminutiva auf -k- bezeugt sind, sei von den Ostgermanen an Attilas Hof *Hildiko- genannt worden. Dass Attila ein Mädchen aus dem Raum der deutschen Stämme zur Frau nahm, ist zwar nicht ausgeschlossen. Denn im hunnischen Heer von 451 zogen auch Thüringer mit.165 Ja, unsere Nachrichten sind ja so dünn gestreut, dass wir sehr wohl für möglich halten müssen, die Bündnispolitik der Hunnen habe im nordwestlichen Vorfeld ihres Reiches noch andere Stämme eingebunden. Aber man sollte sich eingestehen, dass man sich, sobald derartige Erwägungen in die Interpretation des Namens Ildico eingebaut werden, durch Nadelöhre zwängt, um eine brüchig gewordene Konstruktion zu stützen, die ihrem Wesen nach einer unbeschwert Verbindungslinien ziehenden Phase der Forschung zugehört. Wir würden mit einer solchen Verknüpfung in die Romantik zurückfallen. Viel einfacher und glaubhafter ist die These, dass Ildico gar nicht Nebenname, sondern Hauptname der puella decora valde war. Der Wandale Heldica166 liefert uns für das gleiche 5. Jh. ein männliches Gegenstück, das ebenfalls durch nichts als bloßer Nebenname ausgewiesen wird. Hier wie dort handelt es sich augenscheinlich um Bildungen, in die wir nichts Verkleinerndes, die Distanz Aufhebendes hineinlesen dürfen. Es handelt sich um einen Stamm, der dem heroisch-poetischen Wortschatz des zweigliedrigen Typus entnommen ist, erweitert um ein Suffix -k-, das hier wie in zahlreichen anderen Bildungen in der ursprünglichen Funktion der Namensuffixe verstanden werden muss: als reines Klangelement, das die Namen, in denen es erscheint, keiner speziellen Gebrauchssphäre zuweist. Da hild- ein besonders beliebtes Namenwort war, ja als Endglied von Frauennamen häufiger als alle andern gebraucht wurde, braucht es nicht zu erstaunen, wenn sich die Zusammengehörigkeit von Ildico und Kriemhilt als bloß scheinbar erweist. 1.11 {1.12} Unsere Namenanalyse hat auf zwei Wegen zum gleichen Ergebnis geführt. Was folgt aus diesem Ergebnis für das Bild, das wir uns von den Anfängen der nibelungischen Sagentradition zu machen haben? Andreas Heusler arbeitete mit der eigenartigen Vorstellung einer Rückprojektion in zwei Etappen. Die vermeintliche Paarigkeit von Ildico und Kriemhilt brachte ihn, wie so viele andere, zu der Annahme,
165 Sidonius Apollinaris, Carmen VII 323, Mon. Germ, hist., Auct. antiq. VIII 1887, S. 211. 166 Victor Vitensia, Historia persecutionis Africanae provinciae, ebd. III/1, S. 16 Z. 17.
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die Gestalt von 453 sei gleichsam in die Ereignisse von 436/37 hineinkopiert worden, wobei Kriemhilt zur Schwester der drei Burgundenkönige wurde. Personal und Szenerie des Stoffs vom Untergang der Burgunden – die vier Geschwister und die Rheingegend – seien dann auf einen ganz unabhängig entstandenen Siegfriedstoff übertragen worden.167 Diese zweite Rückprojektion hat wohl nur in Dietrich von Kralik einen weiteren markanten Vertreter gefunden, während das Gros der Forscher sich namentlich durch Helmut de Boor überzeugen ließ, dass Heuslers Konstruktion gekünstelt ist. Es erscheint in der Tat plausibler, dass, bevor sich die Burgundensage ausbildete, bereits der Grund zu einer ersten Sage gelegt war, in der die drei Bruderkönige auftraten. Die Entstehung einer weiteren nibelungischen Sage, die den im Umkreis von Siegfried auftretenden Personenkreis noch einmal beschwört, ohne in der Motivation des Geschehens an die erste Sage anzuschließen, lässt sich vielleicht um eine Nuance leichter als bisher ausmalen, sobald man mit der Ildico-Kriemhilt-Gleichung nun auch Heuslers erste, der opinio fere communis entsprechende Rückprojektion verwirft. 1.12 {1.13} De Boor hat unser Namenproblem nicht neu durchdacht. Aber es passt durchaus in das Bild, das er entwarf, wenn man den erwiesenermaßen authentischen Namen der Brüder den Namen der Schwester als wahrscheinlich historisch zuordnet. Dafür sprechen die Argumente, dass eine Übertragung des Namens der vermeintlichen Akteurin von 453 nicht zu stützen ist und, wie aus dem zweiten Teil unserer Erörterung vorweggenommen sei, Kriemhilt auf eine altertümliche und ausgefallene Bildung zurückgehen dürfte, die kaum erst auf einer späteren Etappe der Sagentradition eingeführt und auf den Platz des ursprünglichen, echten Namens der burgundischen Prinzessin gerückt wurde.168 Eine dem Publikum aus der Siegfried-Geschichte bereits vertraute Frauengestalt, die – wir zitieren vorerst die mittelhochdeutsche Form – Kriemhilt hieß; die Erinnerung an den Tod ihrer drei Brüder im Kampf gegen die Hunnen; weiterhin die Nachricht, dass Attila tot an der Seite einer Frau gefunden wurde; vielleicht schließlich der vage Namenanklang von Kriemhilt und Hildiko-: das alles lässt den Gedanken, hier habe die Schwester ihre Brüder gerächt, und damit die Entstehung der Burgundensage ohne Mühe begreifen. Nicht, wie es am extremsten Heusler und Kralik vertraten, Späteres wurde in Früheres hineinprojiziert und zwar teils in einen Zusammenhang von Ereignissen, die sich in der tatsächlichen Historie vorher abgespielt hatten, teils
167 Heusler 1955, S. 28. 168 von Kralik 1940; von Kralik 1941; de Boor 1939. De Boors historische Rekonstruktion ist, auch wenn er sie nach Lage der Dinge nicht durch direkte Zeugnisse stützen konnte, glaubhafter als alle immer von neuem unternommenen, im Ansatz der Denkweise des 19. Jh.s verhafteten Experimente, den Kern des Siegfriedstoffs mit geschichtlichen Überlieferungen zu verknüpfen, die nichts mit den Burgundern des 5. Jh.s zu tun haben, s. etwa Lintzel 1934. – In einem Detail distanzierte ich mich o. in IX 1. Anm. 33 von de Boor.
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in einen Erzählzusammenhang, der, wann auch immer entstanden, gemäß der spezifischen Chronologie der Sage dem Burgundenstoff vorgeordnet wurde. Vielmehr formte das Bild der Posteriora sich durchweg unter dem Eindruck der Priora. 1.13 {1.14} Gewiss wird man noch andere Hypothesen über die Anfänge der Nibelungensagen aufstellen können. Ja, es ist auf dem Reflexionsstand, den wir mittlerweile erreicht haben, sogar geraten, sich auf verschiedenen Bahnen zurückzutasten. Denn über Vorgänge des 5. und 6. Jh.s – einer Zeit, in der das meiste für unsern Zusammenhang Wissenswerte im Dunkeln liegt – darf man heute nicht mehr so dezidierte, eingleisige Aussagen machen wie etwa Heusler. Die Wahrscheinlichkeit ist nun einmal nicht groß, dass die spärlichen historischen Zeugnisse über die Völkerwanderungszeit und eine verwitterte, immer von neuem umgestaltete nibelungische Tradition der Forschung noch Anhalte genug an die Hand geben, die sie befähigen, die Sagenursprünge zutreffend zu rekonstruieren. Die Aufzählung mehrerer hypothetischer Abläufe, die sich die mit dem Befund vereinen lassen, den die Überlieferung bietet, dürfte der heiklen Situation am ehesten gerecht werden. Für unsere Untersuchung, die ein spezielles Problem anvisiert, mag der bloße Hinweis genügen, dass hier noch weiter nachzudenken ist. 1.14 {1.15} So sehr es am Platze erscheint, das durch das Namenargument gewandelte Bild erneut durchzudiskutieren: auf keinen Fall darf man unser Ergebnis, dass Ildico und Kriemhilt getrennt werden müssen, als Bestätigung der Theorie eines vergleichenden Literaturhistorikers auffassen, die beachtlichen Widerhall in der Fachwelt gefunden hat: der Tod Attilas bilde überhaupt keine Keimzelle der Burgundensage.169 Vielmehr sei von einem späteren Ereignis (an dem Ildico nicht beteiligt war) auszugehen: dem Erbstreit, der am hunnischen Hof nach dem Tode Attilas ausbrach. Der Autor stützt seine Theorie auf einen bereits von Jacob Bleyer und Georg Baesecke herangezogenen Passus in den Gesta Hungarorum des Simon von Kéza (um 1280).170 Bei der Auswertung ging Wais, einer Unsitte gewisser Sagenforscher folgend, rasch darüber hinweg, dass es sich zunächst einmal um ein Stück mittelalterlicher Geschichtsschreibung handelt. Statt eine genaue Prüfung voranzuschicken, welche
169 Wais 1953, S. 32–37, 60–94. Eine Weiterführung von W.s These bei Stroheker 1958, S. 236–239. – Im folgenden lege ich eine bei Werner Schröder in Marburg 1984 angefertigte Staatsarbeit zugrunde, in der Wais überzeugend kritisiert wird: Helmut Wilke: Zur Stellung der ungarischen Nibelungenüberlieferung in der Stoffgeschichte des Nibelungenliedes. Seine Ergebnisse lassen sich noch durch den Nachweis ergänzen, dass die Namenformen des Kriemhild-Passus bei Kéza nicht, wie Bleyer und Wais annahmen, auf spätostgermanische Formen zurückgehen. Gute Argumente gegen Bleyer schon bei Moór 1925, S. 252–283; Hauptmann 1935. Ebd. zur Kéza-Überlieferung richtig: „Nicht Ostgoten und Slaven, sondern Deutsche, vor allem Bayern sind also der Hunnensage zu Gevatter gestanden.“ 170 Alexander Domanovszky (Hg.): Scriptores rer. Hungaric., Bd. I. Budapest 1967, S. 161ff.; Bleyer 1906, S. 429ff.; Baesecke 1940, S. 209, 268.
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historiographische Quellen der Autor benutzte und welche redaktionelle Konzeption ihn beim Schreiben seines Werkes leitete, fragt Wais sogleich, ob Kézas Kriemhilt-Bericht nicht ein getreuer Spiegel ältester Nibelungentradition sein könne. Und siehe da: alles Wesentliche enthüllt sich denn auch als alt, uralt: als pannonisch-gotisches Urgestein oder als frühes deutsches oder langobardisches Gut. In Wirklichkeit verrät sich Kézas Darstellung der Frühzeit auf Schritt und Tritt als hochmittelalterliche Chronistenkompilation, der bestimmte politische Tendenzen zugrunde liegen. Was hier an nibelungischem Stoff aufgegriffen wurde, ist gewiss nichts anderes als das, was der madjarische Autor von deutschen Nachbarn in Ungarn hören konnte. Ob das Nibelungenlied oder eine niedere Erzähltradition ihren Schatten wirft, lässt sich bei der Kürze des Berichts und der eigenwilligen Linienführung seines Autors nicht entscheiden. Verwirft man Kézas Werk als für die nibelungische Frühgeschichte unergiebig, dann bleibt es nach wie vor wahrscheinlich, dass die Spekulationen über eine Ermordung Attilas durch eine Frau, von denen wir erstmals durch den spätestens a. 518 schreibenden Kanzler Kaiser Justinians, Marcellinus Comes, hören,171 zum Kristallisationskern des Burgundenstoffes wurden. Richtig dürfte bei Wais lediglich sein, dass der Zusammenbruch des Hunnenreiches, bei dem die Attilasöhne rasch von der Bildfläche verschwanden, mit in die Sage einging.172 Freilich geschah das in der Weise, dass der Tod des großen Herrschers mit den bald eintretenden Folgen zusammengezogen wurde.
2. Kriemhilt = Gr\ mhild? 2.1 Genauso hartnäckig wie die Ansicht, Ildico sei das Hypokoristikon des Kriemhiltnamens, hält sich die Rückführung der philologisch rätselhaften Form Kriemhilt auf ein oft bezeugtes, durchsichtiges Namenkompositum mit dem Anfangsglied grı-ma‚Kampfmaske‘.173 Ein zweites Mal muss die namenkundliche Kritik einsetzen, und auch diesmal wird sich daraus ein Beitrag zur Sagenforschung ergeben. In welchen Lautungen ist uns der Name überliefert?
171 Mon. Germ, hist., Auct. antiq. XI 1904, S. 86. 172 Hier sieht Beyschlag (1961, S. 225) „ein bleibendes Verdienst des Waisschen Buches“. Freilich steht das wenige mit guten Gründen Vertretbare bereits bei Heusler (1955, S. 25): „Einen dritten geschichtlichen Anstoß könnte man darin finden, daß Attilas Söhne … bald nach des Vaters Tod verschwinden.“ 173 S. u.a. Heusler: ebd.; Wolff: Die Helden, S. 79; Kralik: Die Sigfridtrilogie, S. 448; Helmut Rosenfeld in: ZfdPh 81 (1962), S. 311. Ernst Schwarz: Deutsche Namenforschung I Göttingen 1949, S. 25, erklärt Kriemhilt aus einer durch das Aussterben des Appellativums grı-ma bedingten Anlehnung an grim ‚grimmig‘. Diese Ansicht verträgt sich nicht mit dem sprachlichen Befund. – Zu grı-ma in Personennamen s. Schramm: Namenschatz, S. 74–77.
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Wir danken es der Sitte, dass Eltern ihre Kinder gelegentlich nach Gestalten der Sage benannten, wenn uns schon seit dem 8. Jh. Belege aus den meisten Teilen Deutschlands zu Gebote stehen. Scheidet man aus dem von Karl Bohnenberger gesammelten und gesichteten Material die Belege auf Grı-m- aus, deren Zugehörigkeit zur Kriemhilttradition reines Postulat ist, dann bleibt eine stattliche Anzahl von Zeugnissen, die im Anlaut K-, oberdt. auch Ch-, übereinstimmen, während es für den Vokal des Anfangsgliedes zwei Varianten, jede mit eigener Verbreitungszone, gibt.174 Im Bereich der Franken, Alemannen und Thüringer herrschen seit dem 8. Jh. Belege mit e – aufzufassen als e-2 – und seiner Fortentwicklung ie vor. So erscheint 766 Kriemhilt im Codex Laureshamensis, und in einer 785 in Worms ausgestellten Urkunde wechselte, wenn die Abschrift getreu ist, Cremhilte mit Chriemhilte. Die fuldische Überlieferung, in die dieses Dokument einging, verzeichnet für 890 den thüringischen Ortsnamen Criemhilterod, hinter dem sich vielleicht Krimderode bei Nordhausen verbirgt. Luzern hat für 881 Chriemhilt. Auf e-2 geht auch fru Kremol in einer dänischen Ballade zurück. Im südostdeutschen, vornehmlich wohl im bairischen Raum sind dagegen vor dem Nibelungenlied Zeugnisse mit e-2 > ie sehr selten. Stattdessen dominiert i. So bietet etwa das 784 begonnene Salzburger Verbrüderungsbuch Crimhilt, die Freisinger Überlieferung für 806 Chrimhilt. i erscheint neben ie in der Nibelungenhs. E, einmal in A und (mit einer Ausnahme) durchgängig in der Klage. ei-Schreibungen in jüngeren Texten – z.B. Chreimhilt in Nibelungenliedhandschriften – stützen die Länge des i in der bairischen Hauptform, neben der es eine Variante mit kurzem i gegeben haben mag. 2.2 Wie erklärt sich dieser Befund? Hier blieb Bohnenberger in traditionellen Bahnen. Auch für ihn stand es außer Frage, dass die herkömmliche These das Rechte treffe: zugrunde liege Grı-mhild. Und er erläuterte, eine erste Entgleisung von G- zu K- habe sich noch über den ganzen deutschen Raum verbreitet. Eine zweite (ı- > e-2) sei dagegen Sondergut der westlichen Stämme geblieben. Als Hauptargument für die Herleitung aus Grı-mhild hat man immer wieder angeführt, dass diese Form, nicht aber die überlieferte K-Lautung mit den Namen der drei Brüder und jenes Gibeche stabe, der im Nibelungenlied zwar nicht mehr zur Burgundersippe gehört, ursprünglich aber den Platz von Kriemhilts Vater einnahm. Aber dies Argument beweist in Wirklichkeit das Gegenteil von dem, was man bislang damit beweisen wollte. Hätte Siegfrieds Frau in der Tat den Namen Grı-mhild getragen, der so gut zum Namen der Verwandten stimmte und zudem jedem Germanen wohlvertraut klang, so hätte es starker Kräfte bedurft, um aus der Allerweltsbildung Grı-mhild die Rarität Krı-mhild zu machen und damit die erste von Bohnenberger postulierte Entgleisung zu bewerkstelligen. Denn gerade im Kontext der Stabreimdichtungen, mit denen wir zu rechnen haben, wäre doch Grı-mhild durch Alliteration mit den Ver-
174 Karl Bohnenberger in: Beitr. z. Gesch. d. dt. Spr. u. Lit. 24 (1899), S. 221–31.
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wandtennamen gegen jede Umgestaltung des Anlauts abgesichert worden! Was aber sollte die Klammer gesprengt und Grı-mhild aus der Fünferbindung herausgelöst haben? Und wie will man zudem motivieren, dass im Westen der so häufige Laut i durch e-2, den seltensten Vokal des Althochdeutschen, ausgewechselt wurde, ohne dass sich dabei ein verständliches Namenglied ergab? Das Schema der Verirrung in zwei Etappen läuft somit darauf hinaus, dass sich – wenn wir einmal Begriffe der Textkritik auf die gesprochene Sprache übertragen dürfen – eine lectio facilis über eine lectio difficilior zur lectio difficillima entwickelt haben soll. 2.3 Auf der Suche nach einer Erklärung für den K-Anlaut haben Bohnenberger und andere darauf hingewiesen, eine parallele Entgleisung sei doch für eine andere Sagentalt bezeugt: niederdt. Gûdrûn wurde zu oberdt. Kûdrûn. Aber diese Wandlung fällt nicht mehr in die Zeit der Stabreimdichtung. Gûd- war außerdem eine ingväonische Form, die bei mitteldeutscher Vermittlung, die den medialen Anlaut nicht mehr klar heraustreten ließ, soweit von oberdt. Gund- abwich, dass es sich süddeutschen Hörern nicht mehr aufdrängte, was sie hier hätten substituieren sollen. Keiner der hier wirkenden Umstände lässt sich auf die Entstehung der Form Kriemhilt übertragen. Um nur einen Punkt herauszugreifen: die Sagengestalt Kriemhilt dürfte, anders als Kûdrûn, nicht von Norden nach Süden gewandert sein.175 2.4 Den Vokalismus von Cre-mhild und C(h)rı-mhild glaubte Baesecke ohne die Annahme jener zweiten Entgleisung erklären zu können, für die Bohnenberger keine Ursache benennen konnte.176 Während Baesecke K- wie die Vorgänger als Variante von G- verstand (wohl so: die Franken hätten versäumt, den Anlaut des aus Baiern bezogenen Namens durch G- zu ersetzen), wertete er e-2 als alt. Gre-m- müsse als eigenständiges Namenglied angesehen werden, das mit Grı-m- lediglich etymologisch verwandt sei. Zwischen Gre-m- und Grı-m- liege das gleiche Ablautverhältnis wie zwischen got. keinan ‚keimen‘, skeirs ‚hell‘ und ahd. kien ‚Pechfackel‘, skiari ‚schnell‘ vor. Den bairischen Personennamen C(h)rı-mhild wollte Baesecke völlig von Cre-mhild trennen. Es handle sich nicht um den Namen von Siegfrieds Gemahlin, sondern um die bairische Entsprechung des gängigen ahd. Personennamens Grı-mhild, der auch der ursprüngliche, in der eddischen Überlieferung festgehaltene Name von Siegfrieds Schwiegermutter sei. Diese These ist in mehrfacher Hinsicht brüchig. Selbst wenn sich für den postulierten Ablaut -ı: e-2 eindeutigere Beispiele vorweisen ließen, als Baesecke anzuführen vermochte: die Bedeutung von mnd. greme ‚Schmutz‘, das er als einzigen Anhalt für gre-m- beibringen konnte, spricht eher gegen die Annahme, dass dieser Stamm zur Bildung von einem jener zweigliedrigen Namen verwandt wurde, die doch durch ein
175 Schneider: Germ. Heldensage 1. Bd., S. 80. 176 Georg Baesecke in: Beitr. z. Gesch. d. dt. Spr. u. Lit. 60 (1936), S. 373f.; ders.: Vorgeschichte, S. 267f.
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heroisch-poetisches Pathos gekennzeichnet waren. Und wenn man gre-ma- dabei, wie grı-ma-, als Schreckmaskierung versteht, so wäre das nur ein – durch überlieferte Bedeutungen nicht gestützter – Notbehelf.177 Weiterhin stört, dass der Name Gre-mhild, der nach Baesecke einer bairischen Fassung der Nibelungensage entstammt, lediglich außerhalb Baierns bezeugt sein soll. Baesecke half sich mit dem Argument, in Baiern, wo man Kriemhilt als grausame Mörderin der Brüder besungen habe, sei ihr Name als Personenname unschicklich gewesen, während man sie am Rhein, in der Heimat Siegfrieds, positiver eingeschätzt habe. Hätten sich die Namengeber in der Tat von moralischen Skrupeln leiten lassen, so hätte doch der Name Hagano überall verpönt gewesen sein müssen! Mehr noch. Wir kennen aus Bohnenbergers Materialsammlung bereits bairische Belege, die eindeutig die Sagenfigur Kriemhilt meinen und i statt jenem ie zeigen, das man, wenn Baesecke recht hätte, in der bairischen Erzähltradition durchgängig erwarten müsste. Schließlich bleibt, wenn man C(h)rı-mhild als bairische Entsprechung von Grı-mhild auffasst, die in mehreren Zeugnissen auftretende Lautung Ch- unerklärt. Hier musste Baesecke, um Ch- als Variante von K-/G- fassen zu können, die Liste der Unwahrscheinlichkeiten vollmachen und auf eine These von Karl Müllenhoff zurückgreifen, die ebenso geistreich wie bedenklich ist.178 2.5 Müllenhoff ging aus von der Konfusion der Verben krimmen und grimmen im Mittelhochdeutschen. Wenn grimmen, das gemeinhin ‚wüten, zürnen‘ heißt, auch als Variante von krimmen ‚die Klauen zum Fange krümmen‘ begegnet, dann zeigt sich, dass krimmen als strengoberdeutsches Gegenstück von grimmen aufgefasst werden konnte. In diese Konfusion sei Grı-mhilt mit hineinbezogen worden, da die nibelungische Dichttradition dem Verbum krimmen wohl schon im 7.–8. Jh. jene besondere Bedeutung im Leben von Siegfrieds Gattin angewiesen habe, die in der 1. Aventiure des Nibelungenliedes heraustritt. Hier träumt Kriemhilt, wie si züge einen valken starc schoen und wilde, den ir zwên arn erkrummen. Diese Erklärung traut einer einzigen, in eine lange Geschichte eingebetteten Vokabel allzu große Wirkungen zu. Allzu unbekümmert wird außerdem vom Nibelungenlied auf den Wortlaut von Dichtungen zurückgeschlossen, die ein halbes Jahrtausend früher entstanden. Man wird einen zuvor gebrauchten Ausdruck wiederaufgreifen dürfen: Müllenhoffs These zwängt sich durch zu viele Nadelöhre, um noch Vertrauen erwecken zu können (1.11). Verständlich, dass Heusler den Anlaut von Kriemhilt nicht auf den Spuren Müllenhoffs erklären wollte.179 Heusler nahm an, dass die Entgleisung sich beim Übertritt in andere Dialektgebiete eingestellt habe, wobei verschiedene Wege in Frage kämen. Dabei war er
177 In diesem Sinne argumentiert, ganz in Baeseckes Spur, Klaas Heeroma: Grimhild und Kriemhilt. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 3 (1960), S. 17–21. 178 Müllenhoff, Zeitschr. f. dt. Altert. 12 (1885), S. 299–302. 179 Ebd. 52 (1910), S. 105. – In der Deutung der Vokalvarianten e-2 und -ı schließt sich Heusler an Baesecke an.
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sich freilich darüber im klaren, dass allein ein mundartlicher Ausspracheunterschied die Verballhornung noch nicht plausibel macht. 2.6 Der phantasievollste Einfall stammt von einem dänischen Philologen.180 Die Sage habe Hildiko mit einer andern Gemahlin Attilas, Kreka, gekoppelt. Die Kontamination Kriechhild sei dann unter Anlehnung an Grı-m- zu Kriemhilt umgestaltet worden. Dass eine so verschränkte Konstruktion das Rechte treffen könnte, scheint von vornherein wenig wahrscheinlich. Sie zerbricht wohl vollends, wenn man einen ihrer Pfeiler – den Namen Kreka – belastet. Der griechischen Bezeugung Kréka bei Priskos entsprechen in der germanischen Sage die Formen Herkia (Atlis Sklavin und Geliebte in der Gu.rúnarkvi.a III) und Erka (@i.reks saga) sowie Herche und Helche in den deutschen Traditionen.181 Diese Formen sind nicht aus Kréka herzuleiten. Ursprünglicher klingt dagegen e-rékan u.ä., da sich von hieraus eine Brücke zu Erka, Herche schlagen lässt.182 Kréka wird dagegen widerspiegeln, dass Ostgermanen sich den Namen als Kre-ka ‚die Griechin‘ zurechtlegten. Damit schwindet wohl auch die letzte Hoffnung, Frau Helche vermöchte uns bei der Deutung des Namens Kriemhilt zu helfen. 2.7 Hier dürfen wir wohl die Aufzählung der verwickelten Erklärungen, die bislang vorgetragen wurden, abbrechen. Eine vollständige Liste wäre noch länger. So recht überzeugt hat keine Interpretation.183 Vielleicht darf man die heute vorherrschende Meinung dahingehend zusammenfassen, dass die Misslichkeiten aller Herleitungen aus Grı-mhilt durchaus gesehen werden. Doch hält man aber mangels einleuchtender Versuche, das Problem anders zu lösen, gleichsam achselzuckend an der althergebrachten Ansicht fest, irgendwie müsse Kriemhilt ja doch wohl auf Grı-mhild zurückgehen.
3. Ahd. Kriemhilt < burgund. *Kre-mahildi o.ä. 3.1 Nach soviel Kritik endlich ein Gegenvorschlag, der beiden Varianten – der westdeutschen und der südostdeutschen – gerecht wird! Cremhilt, die älteste fränkische Form, ist entlehnt aus burg. *Kre-ma- oder Kre-mi-hildi. Bei diesem Ansatz braucht man nicht von dem seltenen e-2 auszugehen, sondern darf dem Urbild den gängigen Vokal e-1 zuschreiben. Der burgundische Name gelangte zu den Franken oder Alemannen, als diese statt des alten e-1 bereits a- sprachen. Ein nun übernommenes Kre-m-, in dem ost-germ. e-1 als frk. alem. e-2 > ie erhalten blieb, gehört in eine Reihe mit got. Kre-ko-s:
180 Gudmund Schütte in: Arkiv f. nord. Fil. 24 (1908), S. 23 Anm.; ders.: Gotthiod (wie Anm. 2) II, S. 50f 181 Heusler 1910, S. 105f. 182 Dazu u. II.4. 183 Für Schneider: Germ. Heldensage 1, S. 80 blieb Kriemhild das „große namengeschichtliche Problem“, da K- nicht befriedigend erklärt sei.
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ahd. Criehhe, Kriah(h)i ‚Griechen‘; lat. me-(n)sa > got: me-s: ahd. mias; got. fe-ra: ahd. fiara ‚Seite, Gegend‘184 und gewiss auch mit einem dreimal bezeugten deutschen Personennamen: Mierolt, Miarold.185 Denn hier handelt es sich offenbar um entlehntes ostgerm. *Me-ra-walds, das neben dem bodenständigen Ma-rold u.ä. Fuß fasste. Nach Südostdeutschland wurde burg. *Kre-ma-hildi o.ä. dagegen durch gotische oder den Goten sprachlich eng benachbarte ostgermanische Vermittler eingeschleust. Diese Mittelsmänner gingen mit dem Laute e-1 anders um als die Burgunder. Während im Burgundischen e-1 nur vor i und u zu -ı wurde,186 führten die übrigen Ostgermanen diesen Wandel in allen Positionen durch. Schon die Ulfila-Bibel bietet gelegentlich die jüngere Lautung in Schreibungen wie leikeis, birusjos neben lekeis ‚Arzt‘, berusjos ‚Eltern‘. Vom Sprachstand der Spätzeit legen viele Namen, etwa die auf -mı-r und -rı-d, Zeugnis ab. Auch das Krimgotische hat in mine, schliepen -ı aus e-: bibelgot. me-na ‚Mond‘, sle-pan ‚schlafen‘.187 Im althochdeutschen Wortschatz scheint zwar eine Entlehnung mit diesem sekundären ostgerm. -ı zu fehlen. Denn von den Wörtern mit -ı für lat. -ı wie prı-s, pı-na dürfte wohl keins durch Ostgermanen vermittelt worden sein. Hier ist vor allem an galloromanische Kulturausstrahlung zu denken. Ja, man hat auch irische Einflüsse annehmen wollen.188 Dafür gibt es aber ein Lehnwort aus einer ostgermanischen Sprache, das statt bibelgot. o-, das ahd. zu uo geworden wäre, u- zeigt, also jenen Übergang eines geschlossen ausgesprochenen o- zu u- im Ostgermanischen widerspiegelt, der dem Wandel von e- zu -ı parallel lief: mu-ta ‚Zoll, Maut‘ < bibelgot. mo-ta.189 3.2 Der regional unterschiedliche Vokalismus, den die deutschen Bezeugungen erkennen lassen, lässt sich durch die Annahme von zwei verschiedenen Wanderwegen erklären, durch die der burgundische Name auf Kre-m- nach Deutschland gelangte. Das eine Mal wurde er direkt an die fränkischen oder alemannischen Nachbarn weitergegeben, das andere Mal dagegen über gotische oder ähnliche Vermittlung von den Baiern übernommen. Dieser Ansatz lässt west- und mitteldt. Kre-m- > Kriem- und südostdt. Krı-m, Chrı-m- ohne die Annahme zweier Entgleisungen von G- zu K- und von -ı zu e- (oder e- zu -ı) bedenklich erscheinen, solange keine plausiblen Auslösemomente 2 2 namhaft gemacht werden können.
184 Zu fiara s. Ernst Aufderhar: Gotische Lehnwörter im Althochdeutschen, Diss. Marburg 1933, S. 18ff. 185 Förstemann 1901, Sp. 1121. 186 Gamillscheg 1934–1936, Bd. 3, S. 182f. 187 Bremer 1886, S. 7–12; Krause: Hdb. d. Gotischen, S. 73. 188 Leo Weisgerber: Rhein. Vjbl. 17 (1952), S. 8ff. 189 Ernst Schwarz in: Aus Verfassung und Landesgeschichte, Fs. f. Theodor Mayer, Bd. I Lindau 1954, S. 37; Kluge-Seebold: Etym. Wb. d. dt. Spr., S. 469.
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3.3 So weit, so gut. Aber was soll denn Kre-ma- bedeuten? Auf diese Frage wagte ich 1965, als ich mich erstmals über Kriemhilt äußerte, noch keine Antwort. Lieber ließ ich die Etymologie offen, weil ja schon die Franken, die das e- der burgundischen Lautung nicht in ihr a- übersetzten, den Namen wohl kaum mehr verstanden. Ein Gleiches möchte ich für die oberdeutsche Form Chrı-mhilt behaupten. Dunkle Etyma – daran ist festzuhalten – sind in frühbezeugten germanischen Personennamen keineswegs seltene Ausnahmen. Sie dürfen uns nicht verleiten, einen Namen so lange hinzutrimmen, bis eine Allerweltsprägung herauskommt. Der Name Kriemhilt gibt vielmehr die wertvollen Auskünfte, die sich ihm ablesen lassen, erst her, wenn wir die überlieferten Formen respektieren und die Etymologie der ursprünglichen Prägung hintanstellen. Nun: ein bisschen mehr, als ich 1965 zu vermuten wagte, ist mir mittlerweile doch eingefallen. Aber damit warte ich erst am Schluss auf, weil es unsicher bleibt, ja, selbst wenn es sicher wäre, für den eigentlichen Gedankengang meiner Studie nichts abwirft. 3.4 Vordringlicher für unseren Gedankengang ist indessen, auf die nordische Sagentradition einzugehen. Denn in Skandinavien ist die sonst nur mit Kunstgriffen erschlossene Lautung Grı-mhild für Siegfrieds Gattin tatsächlich bezeugt, wenn auch lediglich in zwei Überlieferungen, die jüngere niederdeutsche Sagenfassungen widerspiegeln. Nach Saxo Grammaticus besang ein sächsischer Sänger 1131 in einem wundervollen Lied notissimam Grimildae erga fratres perfidiam.190 Als Rächerin des Gatten erscheint Gr\mildr auch in der @i.rekssaga von etwa 1230. Gr\mildr repräsentiert hier, und das verkompliziert die Deutung, nicht notwendigerweise eine niederdeutsche Form, sondern kann auf eine Einpassung des Gehörten in die nordische Tradition zurückgehen. Der gleiche Name Grı-m(h)ildr erscheint nämlich, allerdings in anderer Funktion, in vier nibelungischen Liedern der Edda, von denen die Atlamál in grœnlenzko (mit drei Belegen) am bedeutsamsten für die Sagengeschichte sind. Den Namen trägt die – der Uote des Nibelungenliedes entsprechende – Gemahlin Giukis, während ihre Tochter, die Kriemhilt der deutschen Sage, durchweg Gu. rún heißt. Stützt die Form Grı-mhildr die herkömmliche These, dass Kriemhilt auf Grı-mhild zurückgeht? Diese Frage ist nicht zu trennen von verwickelten sagenhistorischen Problemen. Hält die Namenverteilung in der Liederedda den ältesten Zustand des Stoffes fest, während die deutsche Überlieferung eine jüngere Umgestaltung widerspiegelt? Oder ist mit einer frühen Gabelung in eine Kriemhilt- und eine GundrunTradition zu rechnen?191 Oder gibt es noch eine dritte Lösung? 3.5 Bruinier und der zu diesem Komplex ausführlichste Interpret, Baesecke, nahmen an, dass die Edda hier aufs Getreuste die älteste fränkisch-burgundische Fassung des 190 Saxonis Gesta Danorum, edd. J. Olrik/H. Raeder, Bd. l Kopenhagen 1931, S. 355. 191 In diesem Sinne von Kralik: Die Sigfridtrilogie, S. 285; Wais: Frühe Epik l, S. 37; Rosenfeld in: Zeitschr. f. dt. Phil. 81 (1962), S. 311.
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Siegfriedstoffes konserviert, in der Grı-mhild die Mutter Gundruns und der drei Burgunderkönige gewesen sei.192 Kriemhilt – oder wie Baesecke rekonstruiert: Gre-mhild – habe ihren ursprünglichen Platz im Umkreis von Etzels Tod. Hier spukt wieder einmal Ildico, wenn sich Baesecke auch nicht fest an die vielberufene Gleichung binden wollte. Derselbe Gelehrte versuchte, seine Ansicht durch stoffgeschichtliche Erwägungen plausibel zu machen. Mit dem in Baiern vollzogenen Rollentausch, der aus der Rächerin der Brüder die Rächerin des ersten Gatten werden ließ, sei der Name Gundru-n aus der deutschen Überlieferung verschwunden. Nun habe man auch den Namen der Mutter, Grı-mhild, durch Uote ersetzt, um einer Konfusion mit dem Namen der Tochter aus dem Wege zu gehen. Man könnte meinen, es sei für unsern Gedankengang das Bequemste, diese Deutung anzunehmen. Sie impliziert ja, daß die eddische Form Grı-mhildr aus der Erörterung der Form Kriemhilt ganz herausbleiben muss. Doch wurde schon ausgeführt, dass Baesecke auf philologischen Ungereimtheiten aufbaute. Zu ergänzen ist das durch Bedenken gegen die Annahme, zwei nibelungische Traditionen, die burgundisch-fränkische und die gotisch-bairische, hätten – hier ohne jeden Zusammenhang untereinander – den gleichen oder doch fast gleichen Namen aufgegriffen: die eine, um ihn für die Mutter, die andere, um ihn für die Tochter zu verwenden. Hier wird wohl dem blinden Spiel des Zufalls zuviel aufgehalst. Erscheint nicht die Vermutung einleuchtender, dass der eddische Name Grı-mhildr, obwohl er die Mutter bezeichnet, sagengeschichtlich doch etwas mit der deutschen Kriemhilt zu tun hat? 3.6 Sagt man hier Ja, dann ergibt sich freilich daraus noch kein Nein zu unserer Herleitung von Kriemhilt aus *Kre-m-. Denn während, wie wir sahen, Kriemhilt nicht überzeugend aus Grı-mhild erklärt werden kann, darf es keineswegs erstaunen, wenn in Teilen des germanischen Raumes der absonderliche Name Kre-mhild gegen die vertraute Form Grı-mhild, die lectio facilior, ausgewechselt worden wäre.193 In der Tat lässt sich der so gern als besonders altertümlich angesprochene Namenbefund der Edda als eine spezifisch nordische Umgestaltung deutscher Vorlagen begreifen. Beide Namen, Gu. rún und Grı-mhildr, wären dann Substitute für jene Bildung auf Kre-m-, die den Hörer nur zu leicht in Verwirrung bringen konnte. Wenn die lautlich dem Original am nächsten stehende Form Grı-mhildr, die möglicherweise bereits auf niederdeutsche Informanten zurückgeht, entweder zunächst
192 Johannes Weygard Bruinier: Die germanische Heldensage. Leipzig 1915, S. 82; Baesecke: Deutsche Philologie, Gotha 1919, S. 89; ders. in: Beitr. z. Gesch. d. dt. Spr. u. Lit. 60 (1936), S. 871–80. – Die Ansicht, dass in Grı-mhildr der ursprüngliche Name der Mutter der Nibelungenkönige und in Gu. rún der ihrer Tochter fortlebe, schon bei Boer: Untersuchungen 1, S. 106. 193 Eine zweimalige Adaptation eines unverständlichen Namenbestandteils lässt sich für eine andere Sage wahrscheinlich machen. Ahd. Hama-theoh u.ä. zeigt Anlehnung eines ungermanischen Namens an theoh „Oberschenkel“; Hama-theo u.ä. (nord. Ham. ir) die Einführung des geläufigen Namenendgliedes -theo „Knecht“, s.o. IX.1, 6.2.
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beiseitegelassen oder sogleich auf den für die Sage unwichtigeren Platz der Mutter abgeschoben wurde, dann könnte mitgespielt haben, dass zwar Grı-m- auch ein im Norden übliches Namenglied darstellte, aber gerade die Komposition mit -hildr nicht als Personenname eingeführt war. Ja, vielleicht stand einer Verwendung dieses Namens für eine Zentralgestalt der Sage im Wege, dass Grı-mhildr bereits als Hexenname gebraucht wurde.194 Wenn nun – aus welchem Grund auch immer – ein Ersatzname für Sigurds Gattin erst in der weiteren lautlichen Umgebung von Kriemhilt gesucht wurde, dann empfahl sich Gu. rún vor den meisten andern Bildungen. Einmal handelt es sich um einen im Norden häufigen Frauennamen. Zum andern stimmte er im Anfangsglied mit dem Namen des vornehmsten der drei Brüder, nord. Gunnarr, überein. Unentscheidbar bleibt, ob die hier angenommene doppelte Substitution der gleichen Zeit angehört oder ob die nordische Benennung der Mutter später als Gu. rún eingeführt wurde: etwa, indem man anlässlich der Übernahme einer durch Nebenfiguren bereicherten Sagenfassung auf den gleichsam brachliegenden Namen Kriemhilt zurückgriff. Wohlgemerkt: es sollte nur aufgezeigt werden, was sich im Norden abgespielt haben könnte. Für unsere Analyse ist allein wichtig, dass die skandinavische Überlieferung uns keineswegs nötigt, die lectio difficilior Kriemhilt auf die bequemere, aber durch die deutschen Zeugnisse nicht gestützte Form Grı-mhild zurückzuführen. Die Herleitung der gesamten Tradition aus *Kre-ma- oder Kre-mi- lässt sich alles in allem glatter bewerkstelligen. 3.7 Unsere zweite Namenanalyse hat damit gewiss nur einen bescheidenen Beitrag zur Erhellung der Sagengeschichte geleistet. Aber auch ein engbegrenztes Ergebnis dürfte von Wert sein, wenn es auf einem Wege gewonnen wurde, der von den Gedankengängen der Literarhistoriker ganz unabhängig ist. Zunächst zur westlichen Variante Kre-m- > Kriem-. Heusler nahm an, die ältesten Lieder von Siegfrieds Tod und vom Untergang der Burgunden seien von Franken im 5./6. Jh. gedichtet worden.195 Hermann Schneider glaubte diese These noch präzisieren zu können. Im fränkischen Raum sei ‚vor 500? ein Burgundenlied und wohl im ausgehenden 6. Jh. ein Siegfriedlied entstanden.196 Nun haben wir das früheste frän-
194 Grimhildr begegnet in den Fornaldarsogur einmal als g´ y gia, einmal als zauberkundige Hexe, einmal als böse Stiefmutter. Dabei handelt es sich um die einzigen nordischen Belege für diesen Namen außerhalb der nibelungischen Tradition, s. Otto L. Jiriczek in: Zeitschr. f. Litteraturgesch. NF 7 (1894), S. 67f. Offenbar wurde dieser Gebrauch des Namens durch den Sinn des Namenelementes Grı-ma- nahegelegt: anord. grı-ma f., ags. grı-ma m. bedeutet die Kampfmaske und Schreckmaske, deren Träger als Dämon, als Tier oder als Repräsentant der Toten erscheinen wollte, vgl. etwa ae. egesgrı-ma „Schreckmaske, Gespenst“, ahd. egisgrı-molt „Dämon“. 195 Heusler: Nibelungensage, S. 6, 26. 196 Schneider: Germ. Heldensage I, S. 202, 384, 388. – Zur besonderen Bedeutung der Franken für die Entfaltung der Heldendichtung ders.: Kleinere Schriften zur germanischen Heldensage und Literatur des Mittelalters, Berlin 1982, S. 8f.
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kische Zeugnis mit a (statt altem e-1) erst für etwa 500. Auch wenn man berücksichtigt, dass archaische Schreibungen das Bild verunklären mögen, scheint der Wandel erst gegen Anfang des 7. Jh.s allgemein durchgedrungen zu sein.197 Und das bedeutet, dass eine geraume Zeit lang im fränkischen Bereich ein burg. *Kre-m- wohl noch zu *Kra-mgeworden wäre. Denn auch die Sprecher, die bereits a- artikulierten, hätten – solange ihnen die altertümliche e--Aussprache noch häufiger im Gespräch mit Stammesgenossen begegnete – wahrscheinlich e- in einem Lehnnamen nicht beibehalten, sondern in a- umgesetzt. Somit dürften Heusler und Schneider mit ihren zeitlichen Ansätzen zu früh gegriffen haben. Wenn Stroheker annimmt, dass die engen Berührungen zwischen Franken und Burgundern im Raum von Chalons-sur-Saône-Dijon-Besançon um die Wende vom 6. zum 7. Jh. das Weiterwandern der Sage ermöglichten,198 dann vereint sich das gut mit dem sprachlichen Befund. Dabei ist freilich ein Vorbehalt angebracht. Die zentrale Bedeutung für die Gestaltung des Stoffs und für seine Vermittlung in den deutschen Raum, die Heusler und Schneider den Franken zuschrieben, ist keineswegs sicher erwiesen. Mit Baesecke darf man annehmen, dass die Sage sich bei den Burgundern ausformte.199 Was man an merowingischen Anklängen entdecken wollte, kann sehr wohl darauf beruhen, dass wir von den Burgundern sehr wenig und von den Westfranken eine Menge wissen. Eine burgundische Sage aber konnte auch über die Alemannen weiterwandern. Für diesen Fall versagt die Datierung anhand des Wandels von e- zu a-, da der Übergang im Alemannischen für unsern Zusammenhang zu früh liegt. 3.8 Unser zweites Ergebnis, dass die bairische Variante Krı-m-, Chrı-m- des Kriemhiltnamens spätostgermanische Vermittlung voraussetzt, bestätigt noch einmal, was längst als ausgemacht gilt: die besondere Gestalt, die der Nibelungenstoff im deutschen Südosten gewann, ist nicht zu verstehen ohne starke Einflüsse vonseiten der Goten oder ihnen nahestehender Stämme, wobei an die engen Beziehungen der landnehmenden Baiern zum Ostgotenreich des 6. Jh.s, aber auch an die Berührungen mit jenen Restostgermanen zu denken ist, auf die bairische Siedler beim Eindringen in den österreichischen Raum stießen. Krı-mhild reiht sich an ein anderes Namenzeugnis, das Ernst Schwarz interpretiert hat: Rüedegêr im Nibelungenlied. Diese Form sticht ab von dem verbreiteten Personennamen Hruodgêr > Ruodgêr. Schwarz sah hier ein spätostgermanisches Muster durchschimmern, mit dem die Baiern erst konfrontiert wurden, als im Althochdeut-
197 Bremer 1886, S. 1ff. – Nach Rudolf Schützeichel: Die Grundlage des westlichen Mitteldeutschen. Tübingen 1961, S. 29 liegt der Wandel e- > a- zeitlich im Dunkeln. Das Fränkische scheine am längsten zu widerstehen. 198 Deutsche Vierteljahresschr. für Lit- und Geistesgesch. 32 (1958), S. 232ff. 199 Baesecke: Vorgeschichte bes., S. 247f.
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schen der Fugenvokal nach langer Silbe bereits ausgefallen war.200 Im philologischen Detail sind Krı-mhild und Rüedegêr gewiss unterschiedlich zu beurteilen. Denn etwas spezifisch Ostgermanisches hat sich hier wie dort nicht an der gleichen Stelle erhalten. Die Gründe für die Diskrepanz liegen auf der Hand. Wenn die Baiern das u- im Anfangsglied des entlehnten Männernamens (*Hru-di-) nicht ebenso getreu konservierten wie -ı in Krı-m-, dann erklärt sich das aus einer Anpassung an Hruod-. Dies Namenelement war ihnen wohlvertraut, während sie zu Krı-m- keine Entsprechung im eigenen Namenschatz hatten. Dagegen rührt die Synkope des Fugenvokals, durch die sich Krı-mhild von Rüedegêr abhebt, schwerlich erst aus einer Einpassung in die althochdeutsche Norm her. Denn etwa die Form Guntelda zeigt, dass gotische Namen schon im 6. Jh. den Fugenvolkal vor h verloren hatten.201 Es handelt sich also um Unterschiede, die keineswegs ausschließen, dass die Formen Rüedegêr und Krı-mhild, die augenscheinlich auf ostgermanische Vorbilder zurückgehen, in denselben überlieferungsgeschichtlichen Zusammenhang gehören. Möglich bleibt freilich auch, daß Rüedegêr auf eine jüngere, Krı-mhild auf eine ältere Entlehnung zurückgeht. 3.9 So gut die Form C(h)rı-mhild sich in anderseits gesicherte Bezüge einfügt: in einem Punkt hält sie uns an, die eingebürgerten Vorstellungen zu korrigieren. Heusler, dem die meisten Forscher gefolgt sind, wollte die Vermittlerrolle der ehemaligen Vasallenvölker Attilas, die diesem im Gegensatz zu den Franken ein ehrendes Andenken bewahrten, auf den Heldenstoff von Dietrichs Flucht beschränkt wissen. Ein bairischer Dichter, dem der Dietrichstoff vertraut war, habe das positive Etzelbild in die aus Franken nach Baiern gelangte Sage vom Burgundenuntergang eingeführt und den Part des Verräters an den Gästen von dem Hunnen auf Kriemhilt übertragen.202 Dem wird man, wenn die Geschichte des Kriemhiltnamens in unserem Beitrag richtig rekonstruiert wurde, nicht mehr gut zustimmen können. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Ostgermanen den Baiern nicht nur Frühformen der Dietrichsage, sondern auch einen Stoff weiterreichten, in dem Kriemhild auftrat. War dies (wie zu vermuten steht) der Burgundenuntergang, dann wird darin – angesichts der Wertschätzung der ehemaligen Untertanen Attilas für ihren einstigen Oberherren – Kriem-
200 Ernst Schwarz (wie Anm. 38), S. 39ff. Diese Herleitung scheint mir nicht durch die jüngere Forschung erschüttert, die in der Annahme ostgermanischer Wortweitergaben ins Altbairische merklich zurückhaltender geworden ist, s.u.a. Peter Wiesinger: Gotische Lehnwörter im Bairischen. Ein Beitrag zur sprachlichen Frühgeschichte des Bairischen. In: Helmut Beumann und Werner Schröder (Hgg.): Frühmittelalterliche Ethnogenese im Alpenraum. Sigmaringen 1985 S. 153–200. Reinhart Wenskes: Wie die Nibelungen-Überlieferung nach Bayern kam. In: Zeitschrift für bayrische Landesgeschichte 36 (1973), S. 393–449 nimmt an, als Vermittler hätten Sippen gewirkt, in denen nibelungische Personennamen gepflegt wurden. Sie hätten – auf verschiedenen Zeitebenen – das Personal der Dichtung angereichert. 201 Schramm: Namenschatz, S. 29. 202 Heusler: Nibelungensage, S. 29.
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hild kaum anders als in jener neuen, von Etzel übernommenen Rolle der unerbittlichen Feindin ihrer Brüder agiert haben, durch die sich später das Nibelungenlied von den Eddaliedern unterscheiden sollte. Die ‚schöpferische Umgestaltung des Burgundenuntergangs‘, die Heusler einem donauländischen Dichter des 8. Jh.s zuschrieb, wäre dann – ohne dass sich Ort und Zeit genauer bestimmen lassen – im Umkreis ostgermanischer Stämme anzusiedeln, die den Stoff mittelbar oder unmittelbar von den Burgundern bezogen hatten und sich mit der negativen Zeichnung Etzels nicht abfinden mochten.
4. Was bedeutete *Kre-m-? 4.1 Am Schlusse soll, wie versprochen, noch einmal auf die heikle Frage der Etymologie des Anfanggliedes von Kriemhilt eingegangen werden. 1965 hatte ich sie bewusst offengelassen, und das ließ eifrigere Etymologen, als ich es bin, nicht ruhen. Die Deutungen, die mittlerweile vorgeschlagen wurden, scheinen mir durch die Bank verfehlt. Hatten Baesecke und Heeroma ein Wort für Schmutz ins Spiel gebracht und mit der Annahme gerechtfertigt, damit sei hier eine aufgeschminkte Schreckmaske gemeint,203 so wurde dieser gewagte Vorschlag noch durch die Vermutung von Heinrichs überboten, es läge ein in rheinischen Dialekten als krêm, krime bezeugtes Wort für Muttersau zugrunde. Arme Kriemhilt!204 Anderswo wurde uns eingeredet, zwei germanische Namenetyma, das eine auf gr-, das andere auf hr- hätten sich vermischt, und das Produkt sei dann zu cr- romanisiert worden.205 Solche luftigen Konstruktionen kann man sich natürlich in beliebiger Zahl ausdenken. Aber welcher kritische Leser würde sich so etwas zu eigen machen? Gewiss ereignet sich dann und wann Unwahrscheinliches. Aber einmal unterstellt, auch in unserem Fall habe sich ein Name auf verschlungenem Wege fortentwickelt: wie könnten wir ihn, wenn wir nur sein Endergebnis kennen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rekonstruieren? In Wirklichkeit jedoch besteht gar kein Anlass, mit einer hochkomplizierten Entwicklung zu rechnen. Und erst recht darf man hier keine Romanisierung ansetzen, die alle wohlbekannten Lautersatzregeln durchbricht! Nur den Kopf schütteln kann ich, wenn die angebliche Romanisierung von gr- zu cr- von einem weiteren Autor 1985 wiederaufgewärmt wurde.206 Ein solcher Ausweg
203 Klaas Heeroma: Griemhild und Kriemhilt. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 83 (1960), S. 17–21. 204 Heinrich Matthias Heinrichs: Sivrit-Gernot-Kriemhilt. In: Zeitschr. f. dt. Altertum 86 (1955–56), S. 279–288. 205 Henning Kaufmann: Untersuchungen zu altdeutschen Rufnamen. In: Grundfragen der Namenkunde 3 (1965), S. 238–240. 206 Harald Tiefenbach: Der Name Kriemhilt. In: Beitr. z. Namenf. 20 (1985), S. 19–26.
Der Name Kriemhilt und die Wanderwege der Nibelungensage
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müsse in Erwägung gezogen werden, weil meine Vermutung, die nordgermanische Nibelungentradition habe ein unverständliches krı-m- oder kriem- zu einem vertrautklingenden grı-m- umgemodelt, doch allzu gewagt erscheine. Dabei gehört das Vorgehen, das ich unterstelle, zum Alltag der Wort- und Namenentwicklung. Man lese nur einmal nach, welche – präzise rekonstruierbaren! – Lautgeschichten zu den deutschen Formen Armbrust und Hängematte geführt haben. 4.2 Nach soviel Sackgassen wage ich – zögernd und ohne mich festzulegen – einen eigenen Vorschlag.207 Für ahd. krâm, ein starkes Maskulinum der a- oder i-Klasse, und seine schwachstämmige Femininvariante krâma sichern Glossen des 11.–12. Jh.s die Bedeutung Zelt. Da diese Vokabeln außerdem eine Bude bezeichnen und die Fortentwicklung zu dem seit mittelhoch-deutscher Zeit bezeugten Sinn von Kram, Ware erklärt werden muss, wird Zelt hier als Verkaufszelt zu begreifen sein. Eine Benennung, die ursprünglich einer leichten und leicht abbaubaren Überdachung galt, ging später auf den darunter verkauften Kram über. Nun, dies Wort wollte mir anfangs auch nicht wesentlich besser als Schmutz und Muttersau vorkommen. Wer weiß, ob ich damit nicht ähnlich wie die Franken und Oberdeutschen reagierte, als sie im Zusammenhang des Nibelungenstoffes von einer Kre-mhild erfuhren, gerade kein krâm substituierten, weil damit etwas für den hohen Ton der zweigliedrigen, zumeist heroisch-poetisch klingenden Namen denn doch zu Banales beschworen worden wäre. Die Welt oder die Bühne jenes Helden, den dieser Namentyp in immer neuen Variationen vorstellte, enthält – über jene Waffen hinaus, mit denen der Krieger sich bewährt – als Staffage wenig Dingliches. Das Zelt als ein bloßes Zubehör des Krieges passt, so sagte ich mir lange, allzu schlecht in diese hochstilisierte Bühnenausstattung hinein. Aber dann überlegte ich mir, dass sich das aus der Sicht des burgundischen Fürstenhauses im 5. Jh. vielleicht anders darstellte. Hier ist der Name von Attilas Vater, Mundiuch, durch Anschlussbildungen aus germanischen Sprachelementen gleichsam weitergesponnen worden (IX 1). Dieser Vorgang lässt sich aus der Faszination herleiten, die von einem unerhört siegreichen Reitervolk ausging. Die Oberschicht von Reiternomaden konnte ihren kostbarsten, aus Ererbtem, Erworbenem und aus Beute zusammengesetzten Besitz nicht in einer Halle zeigen, sondern nur im Zelt. Als Stätte der Pracht, von Empfängen und Gelagen wuchs das Zelt in der Vorstellung der Reitervölker in eine Würdestellung hinein, die es bei Bauernvölkern nicht besitzt. Sollte das auf die Burgunder ausgestrahlt haben? Nun, das führt uns nur weiter, wenn kre-m- bei den Burgundern nicht zum Verkaufszelt eingeengt war, sondern allgemein Zelt meinte. Für diesen nicht spezifizier-
207 Schramm: Namenschatz, S. 93–105. – Zu ahd. krâm(a), (gi)zelt konsultierte ich Jochen Splett: Althochdeutsches Wörterbuch Bd. 2, 1993, S. 480 Gerhard Köbler: Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes. Paderborn 1993, (ohne überzeugende Etymologie); ders.: Althochdeutsch-neuhochdeutsch-lateinisches Wörterbuch 3 Teil I, S. 560, Teil II, S. 1247; Kluge-Seebold: Etym. Wb. d. dt. Spr., S. 409, S. 808f.
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ten Sinn wendet das Althochdeutsche (gi)zelt an, das auf *teldaz zurückweist und durch telda- ‚bedecken‘ erklärt wird. Nicht zufällig aber wird dieses Wort an rom. tenta, tenda ‚Zelt‘ anklingen. Es scheint, dass sich die Germanen eine vulgärlateinische Vokabel so zurechtstutzten, dass sie wie eine gutgermanische Bildung klang. Das Erbwort, das dabei verdrängt wurde, könnte sich auf deutschem Boden gut in der Nische der Spezialbedeutung eines Verkaufszeltes forterhalten haben, während es bei den Burgundern, auf die tenta nicht ausgestrahlt haben muss, in seinem alten Bedeutungsumfang, als Zelt jeder Art, erhalten blieb. Wenn diese Deutung zutrifft, dann bekäme die früher entwickelte These einer Hunnenmode unter den Germanen des 5. Jh.s eine zusätzliche Stütze, die sie wohl gebrauchen kann. Aber genau dieser Vorteil warnt mich vor der Gefahr, ich könne, wie es mir gelegentlich widerfährt, auf mich selber hereinfallen. So überlasse ich es lieber andern, die Wahrscheinlichkeit meines Deutungsvorschlags abzuschätzen.
Zu einer germanischen Besonderheit in der Bildung zweistämmiger Männernamen
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IX.4 Zu einer germanischen Besonderheit in der Bildung zweistämmiger Männernamen (Erschienen in: Beiträge zur Namenforschung 13, 1962, S. 39–53) Der Typus der zweistämmigen Personennamen wie Gerhard und Friedrich, Mechthild und Adelheid ist keine germanische Neuschöpfung. Er begegnet im Westen bei den Kelten, im Südosten bei den Illyriern und Griechen, im Osten bei Balten, Slawen, Iranern und Indern wieder. Kein Zweifel, dass wir es hier mit einem aus der Zeit indoeuropäischer Sprachgemeinschaft ererbten Bildemodell zu tun haben.208 Wenn schon der erste, flüchtige Rundblick verrät, dass die germanischen Namenschöpfer eine ehrwürdige Tradition fortführen, dann ist damit freilich nur das eine Wesentliche festgestellt. Das andere, nicht minder Bedeutsame ergibt sich erst bei genauerem Hinschauen: die alte Tradition ist durch die Germanen umgestaltet worden, und zwar in einer Weise, für die es kein rechtes Gegenstück bei einem sprachverwandten Volke gibt. Die andern indoeuropäischen Gruppen, bei denen die Tradition der zweistämmigen Namen lebendig blieb, haben die ererbten Bauprinzipien im wesentlichen beibehalten und nur im Namenwortschatz geneuert. Und diese Bauprinzipien waren wohl die selben, die auf der indoeuropäischen Stufe auch für die Bildung der Appellativkomposita galten. Wie es scheint, zeichnen sich nur bei den Germanen markante Unterschiede zwischen früher Wortbildung und Namenbildung ab. Nur sie unterwarfen die Namenkomposition besonderen ‚Spielregeln‘, die einen auffälligen Abstand zur Appellativkomposition schufen. Die Entwicklung, die zu diesem Unterschied führte, dürfte im wesentlichen schon abgeschlossen gewesen sein, als die germanischen Stammesgruppen im Namenschatz zu differieren begannen: in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt also. Soweit sich erkennen lässt, vollzog sich diese Entwicklung nicht nur unabhängig von den Nachbarvölkern im alten Europa, sondern in einem Fall sogar in ausgesprochenem Gegensatz zu dem kulturell anfangs führenden Volke, den Kelten. Der Fall, der hier gemeint ist, betrifft die rhythmische Gestaltung der Namen. Es lässt sich wahrscheinlich machen, dass auf urgermanischer Stufe die zweistämmigen Namen in Tonverteilung und silbischem Aufbau sehr weitgehend vereinheitlicht wurden. Ein Doppelmodell prägte sich aus, gebildet aus einem Haupttypus, dem die meisten Namen folgten, und einem weniger häufig vorkommenden Nebentypus. Halten wir uns an
208 Eine Vermutung von Ernst Pulgram in Lg. 22 (1947) 189ff., die Mode der zweistämmigen Namen habe sich erst nach dem Auseinanderrücken der indoeur. Völker und daher auch nicht über alle ausgebreitet, hat Michel Lejeune in Onomastica 2 (1948) 287 als sehr unwahrscheinlich bezeichnet. Dem pflichtete ich 1962 bei, aber gebe jetzt – in II.3 – Pulgram recht.
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Beispielnamen aus Runeninschriften des 4./5. Jh., dann repräsentiert Hléwa-gàstiz den Haupttypus, Ágila-mùn[n]don dagegen den Nebentypus. Gewiss lassen sich Erwägungen darüber anstellen, welche gesamt-sprachgeschichtlichen Vorgänge die Ausbildung dieses Paares beförderten: nützliche Erwägungen, die doch das Rätsel nicht gänzlich lösen können. Auch wenn die Geschichte der Sprache dazu beigetragen hat, dass sich das Doppelmodell ausformte, so waren es doch letzthin die frühen germanischen Namenschöpfer, die eine Vielfalt rhythmischer Möglichkeiten freiwillig auf zwei reduzierten. Ganz anders die Kelten, die neue Namen erfanden! Sie legten sich nicht auf ein einziges Musterpaar fest, sondern wechselten innerhalb einer stattlichen Reihe rhythmischer Modelle. Wie sich vermuten lässt, entwarfen sie über die aus indoeuropäischer Tradition ererbten noch neue Typen. Und das würde heißen: sie betonten den Spielcharakter der Namenschöpfung in umgekehrter Weise wie die Germanen – durch Erweiterung statt Einengung der Möglichkeiten. Bei den Kelten bezeugt – z.B. in Segovesus und Catugnatos – sind Entsprechungen zu dem germ. Haupttyp xx – xx, der schon indoeuropäisch der am häufigsten vertretene gewesen sein dürfte. Belatumara f. und Camulogenus sind als x xx – xx aufzulösen: das ist der germ. Nebentyp. Darüberhinaus gibt es zumindest noch acht weitere silbische Strukturen: xxxx – x x Vismarus xxxx – x x x *Vernemetos > acymr. Gornivet xxx x – x Dumnorix xxx x – x x x Catutigernos xx x x – x Lucotorix xx x x – x x x Agedomopatis xxxx–x Adiatorix xxxx–xx Indutiomarus. Ja, die Kelten reihten sogar drei Glieder aneinander und erfanden so neue rhythmische Variationen wie Com-boio-marus, Ver-cingeto-rix, Epo-redo-rix, Epo-[ste]rovidus, Epa. -atechio-rix, Ri[c]o-ver-iugus und Ver-condari-dubnus209 Die Diskrepanz zwischen Kelten und Germanen, die sich hier auftut, ist wohl mehr als ein Unterschied im linguistischen Detail. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die zweistämmigen Personennamen aus Elementen des gehobenen, dichterischen Wortschatzes zusammengesetzt und damit in viel stärkerem Maße als etwa die geographischen Namen ein Stück Kultur waren, dann dürfen wir sagen: hier sind wir auf ein kulturelles Eigenmerkmal der Germanen gestoßen.
209 Zum Vorigen s. Gottfried Schramm, Namenschatz und Dichtersprache. Studien zu den zweigliedrigen Personennamen der Germanen = Ergänzungshefte zu KZ. Nr. 15 (Göttingen 1957), bes. S. 25–28. – Die keltischen Belege (auch im folgenden) nach Alfred Holder, Alt-celtischer Sprachschatz, 3 Bde. (Leipzig 1891–1913).
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Nimmt man hinzu, dass sich das rhythmische Modellpaar in vorliterarischer Zeit ausgeformt haben muss, wo Keltisches und Germanisches sonst nur zu oft nicht sicher geschieden werden kann, dann darf man verstärken: eines der ältesten ausreichend gesicherten Spezifika germanischer Kultur. Wer die allgemeine Bedeutung der rhythmischen Besonderheiten des germanischen Personennamenschatzes eingesehen hat, wird weiterfragen. Gibt es im gleichen Überlieferungsbereich nicht weitere frühe Eigenheiten? Gewiss. Man braucht sich nur dem grammatischen Bau zuzuwenden. Den wichtigsten Hinweis gab Edward Schröder: als substantivische Endglieder westgermanischer Männernamen seien lediglich Maskulina gebraucht worden210. Und da Schröder nur auf Grund von anfechtbaren Deutungen annahm, dass der Namenschatz der Nord- und Ostgermanen hier andere Züge aufweist, lässt sich die These allgemeiner fassen: das Merkmal galt für alle Germanen211. Damit ergibt sich wiederum ein markanter Unterschied zu allen ändern Namenschätzen indoeuropäischer Völker. Bei den Griechen und Slawen, um nur diese herauszugreifen, konnten Substantiva aller drei Genera als Zweitglieder von Personennamen verwendet werden. In gr. Andrónikos und Themistokles stecken etwa das Femininum níke ‚Sieg‘ und das Neutrum kléos ‚Ruhm‘, in slaw. Stanislav und Vojte˘ch die Feminina slava ‚Ruhm‘ und techa ‚Trost‘. Die Beispiele zeigen, dass nichtmaskuline Appellative zu Maskulinendgliedern umgeformt, mutiert wurden. Diese Mutierung war durch zwei besonders häufige Formen von Appellativkomposita vorgegeben: durch verbale Rektionskomposita wie gr. lusimelés; ‚gliederlösend‘ zu mélos n. und Bahuvrihis wie poly-morphos ‚viele Gestalten habend‘ zu morphé f. Berücksichtigt man, dass der erste dieser beiden Typen im Germanischen ausgeschieden, der zweite zurückgedrängt wurde und sich stattdessen der Typus des Determinativkompositums wie Haustür, Halskette und Brustbein üppig ausbreitete, dann scheint sich ‚Schröders Regel‘ als ein bloßer Spiegel von Verschiebungen im Bereich der Appellativkomposition zu erklären. Es wurde aber andernorts ausgeführt, dass Namen und Wörter hier nur bis zu einer gewissen Grenze übereingehen212. Ein Rest ist aus den neuen Konturen der Appellativkomposition nicht mehr verstehbar. Warum wurden von den – in einem verengten Bereich noch fortlebenden – Bahuvrihis nur solche mit von vorn herein maskulinem Endglied in Personennamen gebraucht, z.B. (in dt. Hartmuot und Hreht-vili) = ‚Mut‘ und ‚Wille‘, nicht aber ‚Herz‘ und ‚Hand‘? Und warum wurden selbst scheinbar mutierende Bildungen unter den Namen gemieden: solche, die zum zweiten Gliede Anführer-Bezeichnungen nach der Art von frk. theod
210 Erstmals in einem Straßburger Vortrag von 1901, über den ein Kurzbericht vorliegt: Edward Schröder, Deutsche Namenkunde, 1. Aufl. (Göttingen 1938) S. 13 211 Zu ‚Schröders Regel‘ s. Schramm, a.a.O. S. 45–52. 212 Ebd. S. 47f.
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m. zu ahd. diota i. ‚Volk‘ und ae. leod m. zu leod f. ‚Volk‘213 hatten, während Günther, Walther und viele andere Namen ein germ. *harjaz ‚Heerführer‘ ausweisen, das sich in seiner Bildeweise nur dadurch von den ebengenannten Beispielen abhob, dass die zugehörige Gruppenbezeichnung, got. harjis ‚Heer‘, zufällig ein Maskulinum war? Hier muss man annehmen, dass ein grammatisches Merkmal, das als formale Begleiterscheinung der Determinativbildungen unter den germanischen Komposita häufig war, in den Namen als ein Formprinzip von eigenem Wert verallgemeinert, zur ‚Namen-Spielregel‘ gemacht wurde. Diese Auswertung, die der Verf. aus seinen Studien von 1957 übernimmt, schließt ein, dass Schröder recht hatte, wenn er sein Prinzip (zumindest bei den Westgermanen) ohne Einschränkung gelten ließ. Aber darf man ihm hier vorbehaltlos folgen? Dafür scheint zu sprechen, dass offenbar das Prinzip des von vorn herein maskulinen Grundwortes von den Namen auf den dichterischen Wortschatz ausstrahlte. Es gibt im Ae. und Awn. nämlich eine Gruppe von Dingmetaphern für den Helden, etwa hjalmstafr ‚Helm-Stab‘ und brynpings apaldr ‚des Brünnen-Dings Apfelbaum‘ im Norden, eorla hleo ‚Obdach der Edelleute‘ und heim Scyldinga ‚Helm der Scyldinge‘ in England, deren Grundworte durchweg Maskulina sind: wiederum im Unterschied zu indoeuropäischen Parallelen (im Keltischen und Griechischen), die Grundworte beliebigen Geschlechtes enthalten. Erst die These, dass die Dichter, die sonst an den Namenschatz abzugeben pflegten, hier einmal eine Erscheinung von dort übernommen haben, vermag wohl diese Eigentümlichkeit zu erklären214. Und wenn in der Tat die ‚Schrödersche Regel‘ über ihren ursprünglichen Geltungsbereich hinaus ausgriff: kann man dann noch bezweifeln, daß sie innerhalb ihres eigentlichen Feldes durchweg galt? Der Verf. gesteht, dass er diese Frage seinerzeit allzu rasch mit Nein beantwortete. Und dabei wird es, wenn man das Material noch einmal sichtet, nicht bleiben dürfen. Es gibt, das darf nicht länger bemäntelt werden, Ausnahmen. Um diese soll es im folgenden gehen. Zunächst Belege, die nicht zur Regel stimmen, aber so klar als isolierte Sonderfälle erkennbar sind, dass sie die Allgemeingültigkeit der Regel eher bestätigen als in Frage stellen.
213 In die Reihe der wegen ihrer Zugehörigkeit zu nichtmaskulinen Gruppenbezeichnungen gemiedenen Herrscherbenennungen wurde ebd. S. 47 auch germ. *kunjaz (zu ae. cyn n. ‚Geschlecht‘) geteilt. Nach Hans-Dietrich Kahl in Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch., Germ. Abt. 77 (1960), bes. S. 162f., S. 224f., iat aber zu beachten, dass es sich um etymologisch unterschiedliche Bildungen handelt. *kuniz (so ist die germ. Ausgangsform anzusetzen!) meint den Fürsten in seiner magisch-sakralen Funktion und gehört zu können, lat. gnosco, Ht. zˇyn?s < *geniós ‚Hexenmeister‘; cyn(n) jedoch zu Iat. gigno, genus. – Das schließt freilich nicht aus, dass die Fürstenbezeichnung *kuniz und das Gruppenwort *kunjo- ohne etymologische Berechtigung als zusammengehörig, paarig aufgefasst werden konnten. 214 Schramm, a.a.O. S. 87.
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Ein burgundischer König des 5. Jh. heißt Gundiocus, und mit dem gleichen Endglied sind zwei langobardische Königsnamen des gleichen Jahrhunderts gebildet: Kildeoch und Godeoch. Burg, -juks und Igb. -jok > -joh gehören augenscheinlich zu einem Neutrum, got. juk ‚Joch‘. Um diese Regelwidrigkeit zu erklären, bedarf es einer ausführlichen Erörterung, aus der hier nur das Ergebnis übernommen werden kann215. *Gundi-juks entstand wohl als eine reimende Gegenbildung zu dem hunnischen Namen *Munjuq (bei Priskos: Mundíuchos), den Attilas Vater trug, und die Igb. Namen werden dem burg, nachgeschaffen worden sein. Offenbar wurde hier also der ungermanische, aber – bei germ. Aussprache als *Mundiuks – germ. deutbare Name eines berühmten Fürsten zum Vorbild für einige wenige Prägungen, die gegen die Regel verstießen. In allgemeinen Gebrauch kam das Endglied -juk- nie. Nur in einem einzigen Beleg ist ahd. grana f. (awn. grpn) als Namenendglied bezeugt: bei den Langobarden i. J. 898.216 Wilhelm Bruckner hat Ansegranus zu Recht mit dem Odinsnamen Sidgrani verglichen217. Sí. -grani ‚Langbart‘ ist eine Variation von einem andern Odinsnamen, Langbar. r, und eben dieser erklärt uns den Stammesnamen der Langobarden. Die langen Bärte, aber auch das gescheitelt übers Gesicht fallende Haar, von dem uns die Namengebungssage dieses Volkes berichtet, müssen eine Kulttracht gewesen sein, durch die die Bindung an den Gott Wodan betont wurde. Und wenn ein Langobarde Ansegranus ‚der mit dem Götterbarte‘ heißt, dann ist das wohl so zu deuten: ein Epitheton aus dem kultischen Bereich wurde in einem Einzelfall auch als zweistämmiger Männername gebraucht, obwohl er nicht der üblichen Bildeweise folgte. Nicht zufällig geschah dieser Verstoß gegen die Regel gerade bei den Langobarden, denn Ansegranus ist ja nichts als eine – nur aus anderen Worten komponierte – Entsprechung zum Langobardennamen. Damit sind gewiss nicht alle vereinzelten Ausnahmen aufgezählt. Es würde sich lohnen, die weiteren zu sammeln. Nicht immer wird es – wie in den beiden genannten Fällen – möglich sein, die Umstände anzugeben, die den Regelverstoß beförderten. Aber versuchen sollte man es immerhin. Für unsern Zusammenhang aber ist nur am Rande wichtig, dass es bei dem ein oder anderen germanischen Stamm einmal zu einer Bildung wider die Regel kam. Ungleich bedeutsamer dagegen, dass es auf Femininen aufbauende Endglieder bereits im urgermanischen Namenwortbestand gegeben haben muss, den wir aus Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen germanischen Namentraditionen erschlie-
215 Darüber der Verf. in der Festschr. f. Ernst Schwarz: Eine hunnisch-germanische Namenbeziehung?. Jahrb. f. frank. Landesforsch. 20 (1960) 129–155. Die Bemerkungen über -juk- in: Namenschatz und Dichtersprache S. 48 und 169 sind damit überholt. 216 Als Zeuge für einen Besitztausch im bergamaskischen Dorfe Albegno: Ansegranus de Cevate, s. Historiae patriae monumenta ed. iussu Regis Caroli Alberti, XIII = Codex diplomaticus Langobardiae (Turin 1873) Nr. CCCLXXIX. 217 Wilhelm Bruckner, Die Sprache der Langobarden = Quellen und Forschungen zur Sprach- und Cultur-Geschichte der germanischen Völker 75 (1895) S. 33. Vgl. Schramm, Namenschatz S. 75f.
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ßen können. Und zwar hier in einer Gruppe von Endgliedern, die ‚Kampf‘ bedeuten. Diese Gruppe muss hier, unvoreingenommener, als das 1957 geschah218, noch einmal auf das Genus der zugrundeliegenden Appellativa hin durch gesehen werden. Keinen Anstoß erregt *-laikaz, z.B. in ogerm. Gesalecus, ags. Cuthlac, dt. Hiltileih, ngerm. HadulaikaR. Dt. leih, ae. läc und ihre Entsprechungen sind ja Maskulina. Zu einem Simplex männlichen Geschlechtes mag auch *-ha@ uz gehören, das etwa in ogot. Theodahathus, ags. Bercthaed, dt. Wilihad und ngerm. SsigaduR begegnet. Freilich lässt sich das Genus von germ. ha@ u-, einem offenbar schon in vorliterariseher Zeit aus dem Gebrauch gekommenen Wort, nicht mehr eindeutig bestimmen. Im appellativen Bereich ist es lediglich als Anfangsglied von Zusammensetzungen und auch hier fast nur im poetischen Vokabular der Angelsachsen bezeugt. Im Beowulf treffen wir etwa die ‚Kampfbrünne‘ (headu-byrne) und das aus dem Drachenmaul züngelnde Kampffeuer (headu-fyr), und von solchen Bildungen gibt es noch 25 andere. Im Deutschen fehlen dazu alle Gegenstücke. Im Norden lässt sich nur eines entdecken: in der Ragnarsdrápa des frühesten uns bekannten Skalden, Bragi. Nimmt man Ernst Albin Kocks Kritik an Finnur Jönssons Deutung von Vers 10 an, dann heißt es nicht Letrat … ho. glamma man sto. va, sondern Lætrat … ho. glamma man sto. va ‚ … lässt nicht zum Stehen kommen die Lust des Kampfwolfs, d.h.: den Kampf‘.219 Damit scheidet der einzige Beleg aus, den man für das appellative Simplex ha@ uangeführt hat. Bleibt der Gott Ho. r. Gewiss kein verlässlicher Beweis, dass ha@ uein Maskulinum war, da ja nicht bündig auszuschließen ist, dass hier ein feminines oder neutrales Appellativ zum Namen einer männlichen Gottheit mutiert wurde. Aber wenn man das klarste etymologische Gegenstück, das irische Maskulinum cath ‚Kampf‘ hinzunimmt, dann darf man zumindest vermuten, daß ha@ u- männliches Geschlecht hatte. Dass -ho. auch als Grundwort eines Walkürennamens in der Snorraedda erscheint220, spricht nicht gegen einen maskulinen Gebrauch von ha@ u-: auch der Name der Walküre Herfiotur ‚Heerfessel‘ hat ja ein Maskulinum zum Endglied. Anzuschließen ist eine Gruppe von etymologisch eng zueinander gehörigen Endgliedern: *-wı-gaz, *-wingaz, -wı-waz (< *-wigwaz) bzw. *-wiuz und *-wihaz. Bei *-wigaz (wgot. Ervigus, dt. Theotwig, ags. Aluuig usw.) kann man wiederum von einem Maskulinum ausgehen: ae., as., ahd. wı-g ‚Kampf‘. Gleichzeitig aber auch von dem awn. Adjektiv vígr ‚streitbar‘. Schließlich von ae. nomina agentis wie scyld-
218 Ebd. S. 60f. Dazu s.o. IV 2. 219 Ernst A. Kock, Notationes norrcenae, Anteckningar till Edda och Skaldediktning = Lunds Universitets Årskrift N. F. Avd. l, Bd. 19 Nr. 2 (1923) § 156 gegen Finnur Jónsson, Den Norsk-Islandske Skjaldedigtning B Rettet tekst 1. Bd. (Kopenhagen 1912) S. 2. 220 Geirho. ist unsicher überliefert. Das Walkürenpaar Grimnísmál 36, 6 heißt im Arnamagnaeanus Goll ok Geirromul, im Cod. Reg. Goll ok Geirolul. Die authentische Lautung bewahrt wohl das Snorraedda-Fragment der arnamagn. Bibl.: goll, geironul; nach B. Sijmons – H. Gering, Die Lieder der Edda/ Komm. 1. Hälfte (Halle/S. 1927) S. 205, zu isl. ana ‚anstürmen‘. Die übrigen Snorrihss. haben stattdessen Geiropd, und danach emendiert Neckels Eddaausgabe auch Grimn. 36, wohl kaum zu recht.
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wiga ‚Schildkämpfer‘: eine Schwundstufenvariante, die sich – in einer altertümlicheren Form mit vokalischer Stammklasse, *-wigaz- aus den meisten Namenbelegen durchaus herauslesen ließe; die aber auch eine bedeutungsgleiche Entsprechung in der Vollstufe (*-wı-gaz) gehabt haben kann. Alle vier Deutungen sind mit ‚Schröders Regel‘ zu vereinbaren. Dass wgerm. wı-g gelegentlich, ngerm. víg ‚Kampf‘ durchweg als Neutra gebraucht werden, es also eine wohl schon frühe Genusvariante zu dem Maskulinum gegeben hat, verunklärt das Bild wohl kaum. *-wı-haz, z.B. in ags. Aluych, dt. Sigiwih, ngerm. Randvér wird man nach ahd. wı-h und seinen außerdeutschen Gegenstücken als Adjektiv auffassen dürfen. Nur mag die Bedeutung in der Frühzeit noch nicht auf ‚heilig‘ festgelegt gewesen sein. Daneben hat wı-h- vielleicht ‚streitbar‘ bedeutet: wie awn. vígr, zu dem es in grammatischem Wechsel steht. Got. weihan, ahd. wı-han heißt ja ‚kämpfen‘. Ein Adjektiv – vielleicht auch ein nomen agentis: damit sind wir immer noch nicht auf eine Ausnahme von ‚Schröders Regel‘ gestoßen. Über die beiden letzten, zur gleichen etymologischen Gruppe gehörigen Wörter lässt sich nichts aussagen, da sie in literarischer Zeit offenbar schon ausgestorben waren. Als Ausnahmen müssen nun aber die übrigbleibenden Kampfwörter gelten: -badwaz bzw. -baduz, -gun@ az und -heldaz. Nur das erste ist als Endglied von Männernamen allgemein bekannt. Wenn der Markomanne Marbod keinen keltischen Namen trug, dann beginnen die germ. Zeugnisse schon mit dem 1. Jh. n. Chr.: Maroboduus. Wgot. Argibad, die dt. Belege auf -bat, -pato u.a. und einige wenige ags. Namen wie Helmbaed gehören hierher. Dass es auch Männernamen auf -gun@ - und -held- gegeben hat, wurde meist verkannt. Edw. Schröder glaubte, es hier mit typisch weiblichen Endgliedern zu tun zu haben. Und doch gibt es wenn auch nicht zahlreiche, so doch eindeutige Zeugnisse von Männernamen mit diesen beiden Zweitelementen: etwa wfrk. Baudegund und schwed. @ orgunn (auf dem Stein von Skråmsta, Uppland); wgot. Gumildus und – im i-Vokalismus vielleicht von den sehr viel häufigeren Frauennamen auf -hild beeinflußt – frk. Macthildus. Zu diesen drei Endgliedern bietet der überlieferte Wortschatz ausschließlich feminine Entsprechungen. Ae. erscheint beadu, beado f., Gen. beadwe, und dieses Wort lautet awn. bo. f., Gen. bo. var: besonders in Kenningar wie bo. var T´ y r ‚Kampf-T)r = Krieger‘, bo. var byrgi ‚Schlacht-Burg = Schild‘. Zum weiblichen Genus im Germanischen stimmt wahrscheinlich die keltische Überlieferung: dort ist Bodb eine krähengestaltige Schlachtgöttin, also ein dämonisches Wesen, das eine frühe Form des Walkürentypus erkennen lässt. Ein Femininum ist auch awn. gunnr < *gun@-ıR – wiederum, wie bo. , ein Wort der Dichtersprache und gern in Kenningar verwendet: gunnar lundar ‚Kampf-Bäume = Krieger‘, gunnar eldr ‚Schlacht-Feuer = Schwert‘. Das Ae. weicht hier vom Nordischen nur in der Stammklasse, nicht im Geschlecht ab: gu-d < *gun@ o-, Gen. gu-de. Eindeutig feminin schließlich das awn. hildr < *hildı-R, das die Dichter in den gleichen Positionen wie gunnr gebrauchen: hildar bor. ‚Kampf-Bord = Schild‘, hildar st´ y rir ‚Kampf-Steurer = Krieger‘. Mit gleichem Geschlecht ae. hild und ahd. hilt(i)a: dô sie to dero hiltiu ritun. Der Verf. hat seinerzeit versucht, die Allgemein-
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gültigkeit von ‚Schröders Regel‘ zu retten, indem er in allen drei Fällen mit früh ausgestorbenen Maskulinvarianten zu den drei tatsächlich bezeugten Feminina awn. bo. , gunnr und hildr rechnete. Man gestatte ihm, dass er jetzt gegen sich selbst polemisiert! Einmal mag man sich wohl durch eine derartige (ebenso unwiderlegbare wie unbeweisbare) Hypothese aus der Affäre ziehen, aber gleich dreimal – das ist zuviel. Nun verlangen die authentischen Belege ihr Recht gegenüber den Formen mit dem leidigen Sternchen. Wahrscheinlich ist, dass die drei Wörter s t e t s u n d a u s s c h l i e ß l i c h Feminina waren. Und wenn diese als Endglieder von Männernamen gebraucht wurden: ergibt sich daraus nun, dass es insgesamt nichts mehr ist mit dem Prinzip des von vorn herein maskulinen Grundwortes? Wohl kaum. So rasch lässt sich nicht beiseiteräumen, was zuvor für die Wirksamkeit des Prinzips angeführt wurde: die Meidung von Bahuvr\hibildungen mit femininen Grundworten, ja, selbst von scheinbar mutierenden Endgliedern; die Ausstrahlung auf die dichterischen Metaphern. Wir müssen uns stattdessen vergegenwärtigen, dass die drei ‚regelwidrigen‘ Endglieder nicht aus drei ganz verschiedenen Ecken des Namenwortschatzes zusammengesucht werden mussten, sondern in einem einzigen Nest von Synonymen zusammenlagen: unter den KampfWorten. Galten für diese Gruppe etwa Sonderbedingungen? Erinnern wir uns: Schröders Regel kann, wenn sie überhaupt haltbar ist, nur eine germanische Neuerung gewesen sein. Und wenn die Kampf-Worte nicht zu ihr stimmen, dann lässt sich das so auslegen: sie bewahren eine ältere, archaische, indoeuropäische Struktur. In der Tat erscheinen Kampf-Worte beliebigen Geschlechtes als Endglieder von Namen in verwandten Sprachen. Im Griechischen steht etwa Neptólemos (zu ptólemos m. ‚Krieg‘) neben Lysímachos (zu máche- f. ‚Schlacht‘). Im keltischen Namenschatz haben nicht nur die Namen auf *-ha@uz (die offenbar kein Genusproblem aufwerfen) ihre Gegenstücke z.B. in Lovocatus und Divicatus, sondern auch die auf *-badwaz: etwa in den Männernamen Ateboduos und abret. Catuodus < *Catubodvos sowie in dem Frauennamen Atebodua. Die Vermutung, dass wir auf einen Archaismus gestoßen sind, lässt sich nun dadurch erhärten, dass die germanischen Zweitglieder der Kampf-Wortgruppe sich auch unter einem andern Aspekt als hochaltertümlich erweisen. Während -wı-gaz nicht notwendig als ‚Kampf‘ zu deuten ist, sondern sich – nach awn. vígr ‚streitbar‘ und ae. scyldwiga – auch als Adjektiv oder nomen agentis auffassen lässt, gibt es für *-badwaz, *-ha@ uz, *-gun@ az und *-heldaz keine appellativen Anhalte dafür, dass wir vom nomen actionis auf ein nomen actoris ausweichen dürfen. Ein Kompositum mit ‚Kampf‘ als Grundwort – denn bei den Germanen waren die Endglieder stets die Grundworte der Komposita – ist aber als Personenbezeichnung nach den Regeln germanischer Wortbildung sinnlos. Verständlich wird es erst, wenn man auf die indoeuropäische Stufe der Wortkomposition zurückgeht. Hier gab es einen (im Germanischen ausgestorbenen) Typus mit verbalem Vorderglied, zu dem etwa gr. kratesí-machos ‚in der Schlacht siegend‘ und mene-ptólemos ‚im Krieg standhaltend‘ gehören. Von derartigen Bildungen mit dem Grundwort an erster Stelle wird man aus-
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gehen müssen, wenn man nach der Entstehung der griechischen, aber ebenso der germanischen Namen mit Kampf-Endgliedern fragt. Wiederum dürfte hier ein archaischer Zug auf die eine Gruppe von germanischen Namenworten beschränkt sein. Gewiss, den ‚Frieden‘ muss man noch hinzunehmen, der uns aus Otfried, Wilfried und so vielen anderen Namen vertraut ist. Aber hier handelt es sich ja um ein Wort, das auf ‚Kampf‘ ganz offensichtlich sinnbezogen ist. Auch an eine angelsächsische Besonderheit ist noch zu erinnern. In England wurde das nur hier vom Neutrum zum Maskulinum gewordene ‚Sieg‘ auch als Endglied gebraucht: auch dies Wort sinnbezogen auf ‚Kampf‘. In den übrigen Fällen, wo zunächst ein nomen actionis resp. acti vorzuliegen scheint, darf man wohl mit nomina agentis rechnen.221 Soweit sich erkennen lässt, stehen also die Kampf-Endglieder in ihrer Altertümlichkeit wiederum allein. Woher, wird man fragen müssen, dieser doppelte Archaismus? Er sei hier erklärt aus dem besonderen Ort, den diese Gruppe innerhalb des Gesamtgefüges der zweistämmigen Namen innehat. Dazu ist es ratsam, etwas weiter auszuholen. Die komponierten Namen, die uns bei einer ganzen Reihe von indoeuropäischen Völkern begegnen, gehören nicht nur dadurch zusammen, dass sie eben aus je zwei Wortstämmen aufgebaut sind. Sie bilden auch inhaltlich eine feste Einheit. So viele, oft verschwenderisch viele Namenworte und Verbindungen jeder einzelne Namenschatz aufweist: sie alle explizieren und variieren doch nur eine einzige Idee; beschreiben einen einzigen, scharf umrissenen Idealtypus von Mann. Wie merkwürdig diese die Vielfalt zusammenhaltende Gemeinsamkeit ist, erkennt man, sobald man außerindoeuropäische Namen zum Vergleich heranzieht. Ob man die altägyptische Überlieferung222 oder den zeitgenössischen Namenschatz von afrikanischen oder indianischen Stämmen223 mustert – in der Regel stößt man auf ein Nebeneinander von Namentypen, die ganz verschiedenen Lebenssphären und Vorstellungsbereichen entstammen. Da werden Menschen nach Pflanzen, Tieren, Gegenständen, kurz: nach einem Stück Umwelt genannt. Oder ein Umstand wird festgehalten, der – oft nur für den Namengeber selbst erkennbar – mit der Geburt des Namenträgers verbunden ist: eine Zeitangabe, ein Ereignis, ein Stück von einem Ausspruch, der damals getan worden ist. Ein frommer Wunsch, eine simple Zahl, eine Eigenschaft, all das kann zum Namen für ein Kind werden. In den unkomponierten Namen einiger indoeuropäischer Völker (und hier wieder in solchen Namen, die aus
221 Die Deutung der Kampf-Endglieder als indoeur. Archaismen ist bereits erwogen bei Schramm, Namenschatz S. 49. Allerdings wird daneben eine weitere Erklärungsmöglichkeit herangezogen, die den Verf. heute weniger überzeugt. 222 S. dazu Hermann Ranke, Die ägyptischen Personennamen, Bd. 2 (Glückstadt/New York 1952). 223 S. dazu u.a. G. O. Whitehead, Personal Names among the Bari, in Man 47 (1947) 45f. (über einen Stamm am Oberen Nil); Heinz Wieschhoff, Names and Naming Customs among the Mashona in Southern Rhodesia, in The American Anthropologist 39 (1937) 497–503; Enrico Cerulli, Les noms personnels en Somali, in Onomastica 2 (1948) 139–142
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anderen Elementen als die zweistämmigen und ihre Kurzvarianten bestehen) lässt sich diese – man möchte sagen: natürliche, normale – Vielfalt ebenfalls nachweisen224. Für den Sonderfall, die Einheitlichkeit der zweistämmigen Formationen, gibt es immerhin ein überzeugendes Gegenstück in dem reichen Bestande der zweiteiligen altsemitischen Namen, von denen uns vor allem die israelitischen geläufig sind. Auch sie bilden nach Form und Sinn eine Einheit. Handelt es sich doch um zweigliedrige Bildungen und zumeist um Satznamen nach der Art von Michael ‚wer ist wie Gott?‘, Jochanan ‚Jahve hat Huld erwiesen‘. Inhaltlich bieten sie durchweg religiöse Aussagen, die in die Nachbarschaft der Poesie gehören. Martin Noth betont die ‚enge Beziehung, die die Namen zur Sprache der religiösen Dichtung haben, die im Kultus wurzelt. So standen die Bekenntnisnamen besonders dem Hymnus, die Vertrauensnamen dem Vertrauenslied oder den Vertrauensaussagen im Zusammenhang anderer Dichtungen, die Danknamen dem Danklied, die Wunschnamen vielfach dem Klagelied in der Diktion nahe.‘225 Auch die indoeuropäischen Namenkomposita sind vor dem Hintergrund von Dichtung zu verstehen, allerdings einer recht andersartigen: einer frühen Form heroischer Poesie. Und der Mann, den diese Bildungen in immer neuen Variationen beschreiben, ist nicht in erster Linie der Gläubige, Fromme, sondern der Krieger, der Held. Es scheint den Namenforschern noch nicht genügend klar geworden zu sein, welch wichtiges Kulturdokument sie in den indoeuropäischen Personennamen aus zwei Gliedern vor sich haben. Das strengstilisierte Kriegerideal, auf das die tausende von Einzelnamen verschiedener Völker ausgerichtet sind, erscheint im wesentlichen frei von allen spezifisch bäuerlichen Werten und Begriffen und räumt der Religion nur einen beschränkten Platz ein. Die eigentlichen Begriffe des Kultus fehlen, wenn wir absehen von dem indoiranischen Zweig, der sich hier weiter als die andern von den Wurzeln entfernt hat. Sogar die Einzelgötternamen waren auf den Frühstufen germanischer und griechischer Namenbildung vermutlich erst spärlich vertreten. Im Slawischen hat sie wohl kaum erst das Christentum verdrängt. Die Idee eines vom Bauerntum scharf, vom Priestertum recht scharf abgegrenzten Kriegertums, wie sie sich in den Namen abzeichnet, dürfte nach neueren Einsichten
224 S. dazu u.a. Fritz Bechtel, Die einstämmigen Personennamen des Griechischen, die aus Spitznamen hervorgegangen sind = Abh. d. Kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, phil.-hist. Kl., N. F. 2 (1898) Nr. 5; K. Charuzin, K voprosu o drevne-russkich nekalendarnych imenach, in Etnograficeskoe obozrenie 5 (1893) 122–128 (vgl. ebd. S. 141–145 und Bd. 2, S. 168 bis 173); Gustav Weigand, Die bulgarischen Rufnamen, ihre Herkunft, Kürzungen und Neubildungen, in XXV1.–XXIX. Jahresber. d. Inst. f. rumän. Spr. zu Leipzig (1921) 104–192; Henri Boissin, Les prénoms chez les Slaves du Sud, in Revue des Etudes Slavea 17 (1951) 41–51. 225 Martin Noth, Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung = Beitr. z. Wiss. v. Alten und Neuen Testament 3. F. H. 10 (Stuttgart 1928) S. 218f.
Zu einer germanischen Besonderheit in der Bildung zweistämmiger Männernamen
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nicht etwa eine weit über verschiedene Frühkulturen verbreitete Vorstellung gewesen sein. Es war vor allem Georges Dumezil, der in immer neuen, zunächst kühn-spekulativ anmutenden, aber dann an festem Boden gewinnenden Studien herausgearbeitet hat, dass nur bei den Indoeuropäern (bei anderen Völkern höchstens dann und dort, wo sie unter indoeuropäischem Einfluss standen) das Leben als in drei Funktionen aufgegliedert begriffen wurde: in Kultus, Waffenhandwerk und Erwerb. Diese ‚dreiteilige Ideologie‘ half nicht nur dazu, das soziale Leben zu verstehen oder sogar – am markantesten wie im indischen Kastensystem – in bestimmte Formen zu gießen.226 Die zweistämmigen Namen – ob wir die griechischen, slawischen oder germanischen nehmen – spiegeln in aller Klarheit die ‚zweite Funktion‘. Man hat nur zu beachten, dass auch die Herrschaft, die dem Fürsten zukommt, hier an den Krieg angeschlossen erscheint. Die Stellung des Königs, so hat Dumezil betont, ist in den andern Überlieferungsbereichen nicht einheitlich, sie wechselt in Raum und Zeit. Mal steht der Herrscher über oder doch außerhalb der drei Funktionen. Dann wieder erscheint er als Vertreter der ersten, priesterlichen Funktion oder verrät eine Mischung von Elementen aus allen drei Funktionen. Besonders ausgeprägt sind dabei meist Züge aus der zweiten, kriegerischen Funktion, der der König ja in der Regel entstammt.227 Wenn innerhalb des heroisch bestimmten Kreises der Namenworte auch solche vorkommen, die offenbar den Fürsten meinen, dann dürfen wir sagen: hier wird kein Unterschied gemacht zwischen Kriegeradel und Herrschertum. In den Namen – und das heißt wohl auch: in der frühen heroischen Dichtung – ist der Fürst der erste der Helden. Was besagt das alles für die besondere grammatische Frage, von der wir ausgegangen waren? Nun, wenn die germanischen Namenkomposita – wie die der andern Indoeuropäer – Ausdruck der ‚zweiten Funktion‘, Kriegernamen, waren, dann sind die ‚Kampf‘ bedeutenden Endglieder keine beliebige Synonymengruppe, sondern die eigentliche Mitte des Namensystems, wo die Funktion, um die es geht, am unmittelbarsten gekennzeichnet wird. Dass dem so ist, kann man den Frauennamen noch deutlicher ablesen als den Männernamen: unter jenen sind ja die beiden durch die Jahrhunderte und durch die meisten germanischen Räume beliebtesten Endglieder gerade zwei Kampf-Worte gewesen: *-gun@ i und *-hildi. Gerade im Zentrum des Namengefüges ist also eine Insel von archaischer Gestalt stehengeblieben. Während sich ringsum die Konturen wandelten, erhielt sich hier ein Stück versteinertes Erbe. Wenn man das Bild gebrauchen darf: die Achse der Tradition zeigte sich gegenüber der Tendenz, das Alte umzugestalten, am härtesten.
226 Eine übersichtliche Zusammenstellung eigner und fremder Forschungsergebnisse zu diesem Komplex gab Georges Dumézil in seinem Büchlein: L’Idéologie tripartie des Indo-Européens = Collection Latomus 31 (Brüssel 1958). – Ich selber glaube heute nicht mehr, dass Dumézils Dreigliedrigkeit auf die Germanen passt. Denn in ihrer Gesellschaft waren die Priester kein Stand, sondern nur spärliche Einsprengsel. 227 Ebd. S. 32f.: Le problème du roi.
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Wenn all das, was bisher geschlossen wurde, richtig war, dann ergibt sich: eine einfache, aber in ihrer Grobheit anfechtbare Analyse von Wandlungen des Namensystems im Germanischen lässt sich durch eine verfeinerte, geschichtlichere ersetzen. Gewiss sind nun die Dinge komplizierter geworden. Aber dürfen wir denn – angesichts einer jahrtausendealten Tradition – etwas anderes erwarten als eben komplizierte Strukturen? Und noch eine Bemerkung zum Abschluss. In diesem Beitrag ging es um ein Merkmal, durch das sich die germ. Namen abheben von denen der übrigen Indoeuropäer. Der Komplex der Besonderheiten germ. Personennamengebung, in den damit hineingeleuchtet wurde, ist bis heute erst ungenügend aufgehellt. Vor allem fehlt eine neuere und eingehende Analyse der unkomponierten Namen, die unter vergleichenden Gesichtspunkten durchgeführt werden muss. Nur das Wichtigste kann hier angedeutet werden. Während die Kurzvarianten zu zweistämmigen Namen in einzelnen Sprachen mit einer verschwenderischen Fülle von Suffixen erweitert werden können (im Griech.: über 50; im Slaw.: über 100), lassen sich im Germ. wesentlich weniger Namensuffixe als bei den meisten Sprachverwandten nachweisen. Ja, in den verschiedenen germ. Stammes-Überlieferungen geht auch die geringe Zahl allmählich noch weiter zurück. In den einstämmigen Namen, die sich nicht als Kurzvarianten zu zweistämmigen erklären, fehlen – im Gegensatz zu den verwandten Sprachen – Suffixe fast völlig. Zu westbalk. Longarus ‚lang‘ und Cornuinus ‚mit dem Horn‘ lauten etwa die ags. Entsprechungen Lang und Horn. Auch in diesem Bereich begegnen wir also der Tendenz zur formalen Vereinheitlichung wieder, die sich bereits unter den zweistämmigen Namen als germ. Grundmerkmal abgezeichnet hatte.
Von Budalungs Sohn zum Gehöft der Bu.lunge
IX.5
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Von Budalungs Sohn zum Gehöft der Bu.lunge. Wanderwege und Wandlungen einer epischen Formel der Germanen
(Erschienen in: Studia Anthroponymica Scandinavica 17, 1999, S. 5–9) Zweimal wird König Etzel im Nibelungenlied nicht bei seinem Namen genannt, sondern als Botelungs kint umschrieben. Entsprechungen dazu, in denen die Vokabel kint mit sinngleichen Wörtern abwechselt, finden sich bei Heinrich von Veldeke und im 13. Jh. bei weiteren Heldendichtern.228 Zugrunde liegt eine bei Burgundern oder Goten aufgekommene epische Formel. Nachzutragen bleibt meinen früheren Überlegungen eine Konkretisierung, wie denn die Formel, mit der Attila umschrieben werden konnte, ursprünglich geklungen hat.229 Attilas Vater hieß, wie der Geschichtsschreiber Priskos überliefert, Mundiuch. Dahinter wird sich eine hunnische Bildung verbergen, die Mundiuk o.ä. lautete. Für Ostgermanen hörte sich das als Mundi-juks an: als handle es sich um eine Komposition aus zwei germanischen Namenelementen. Das erste Glied klang altvertraut, das zweite ungewohnt, aber verständlich. Dieser hunnische Name gab vermutlich den Anstoß zu einer kleinen, einzigartigen Gruppe von germanischen Namenschöpfungen, die wir durch die Fürstensippen der Burgunder und Langobarden bis in eine schwäbische Adelsfamilie des 8. Jh. verfolgen können.230 Die Sequenz begann mit Gundi-juks und -juka f. und setzte sich mit Go-di-juk und Gildi-juk fort, um schließlich mit Gardi-juka zu enden. Damit ergibt sich eine Reihe von Klanggebilden streng paralleler Machart. Sie lässt uns ohrenfällig nachempfinden, welche Wirkungen dem Namen eines Hunnen beschieden sein konnten, der vom Nachruhm seines großen Sohnes mitzehrte. Eben dieser Befund schließt die Annahme aus, die Dichter germanischer Heldenlieder hätten den authentischen Namen von Attilas Vater deshalb gemieden, weil er für ihre Hörer zu exotisch klang. Nein, gegen den Namen Mundi-juks sprach nur eins: wenn Dichter dem Namen Attila die Kennzeichnung als Sohn des Mundiuchs nachzustellen versuchten, dann wollte dies nach den Regeln stabender Dichtung nicht innerhalb derselben Verszeile gelingen, denn A- und M- ergeben kein alliterierendes Paar. Umgekehrt gefolgert: die bei der Totenfeier für Attila erklingende Reihung: praecipuus Hunnorum rex Attila, patre genitui Mundzuco, fortissimarm gentium dominus Jordanes: Getica 99, S. 124 Z. 13f.) gibt offenbar kein germanisches, also wohl ein hunnisches Preislied wieder. 228 Die Stellen verzeichne ich in meinem Aufsatz von 1966, jetzt neu vorgelegt in Schramm 1997. 229 Wenn ich das Botelungthema – so kurz nach der erschienenen zweiten Version meines Aufsatzes – ein drittes Mal erörtere, dann, weil ich mich inzwischen tiefer in die Typologie der Veränderung von epischen Formeln hineingedacht habe. S. dazu meinen Aufsatz von 1998. 230 Schramm 1997, II 1: Attilas Vater Mundiuch: Wirkungen eines hunnischen Fürstennamens auf die Germanen?
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Ja, selbst wenn man Attila, statt ihn beim Namen zu nennen, als Mundiuchs Sohn umschreiben wollte, erwies sich die Formel als sperrig. Denn es gab offenbar kein gotisches Wort, das Sohn bedeutete und auf das gleiche m- wie Mundiuch anlautete. All diesen Schwierigkeiten aber vermochte ein findiger Dichter sich durch einen Kunstgriff zu entwinden. Er brauchte nämlich nur zu nutzen, dass Attilas Großvater Budalo.ä. (mit ungewissem Auslaut) geheißen hatte. Die germanischen Vasallen des großen Hunnenherrschers konnten deshalb seinen Vater in feierlicher Ausdrucksweise Mundijuks Budalungs nennen. Im poetischen Kontext ließ sich die zweigliedrige Formel zu Budalungs ‚Sohn des Bodalungs‘ verkürzen, während man Attila als Bodalungis baúr oder Bodalungis barn ‚Sohn bzw. Kind des B.‘ umschreiben konnte. Die darin verwendeten Appellativa baúr und barn leiteten sich beide von got. bairan ‚tragen, gebären‘ ab. Es handelte sich also – für den poetischen Geschmack der Völkerwanderungszeit vermutlich ein Leckerbissen! – um Wörter, die bedeutungsgleich, klangähnlich und stammverwandt waren. Ja, es stand den Sängern frei, die Folge Bodalungs Sohn gelegentlich zum Sohn Bodalungs umzudrehen. So ergab sich ein Vorrat von vier Varianten, zwischen denen die Poesie, wenn von Attila in einer umschreibenden Formel die Rede sein sollte, beliebig abwechseln konnte. Dieses Viererschema ist, wohlgemerkt, eine bloße Vermutung. Aber erst wenn wir von diesem hypothetischen Ursprung ausgehen, wird bei der Musterung der tatsächlich belegten Formen verstehbar, was sonst in der Luft hängen würde. Auf diese Weise erklärt sich, warum die mittelhochdeutschen Heldendichter das Etikett Botelunges kint u.ä. nicht als Apposition dem Namen Etzel folgen lassen, sondern durchweg als Umschreibung verwenden, bei der ein Hörer wissen musste, wen sie bezeichnete. Offenbar hatte sich ein Kunstgriff, der seinerzeit durch die Stabreimtechnik bedingt worden war, von seinem ursprünglichen Zweck gelöst und überlebte nun als versteinertes Erbe, das seine ursprüngliche Funktion eingebüßt hatte. Was mag aus den stabenden ostgermanischen Formeln, die wir als Arbeitshypothese eingeführt haben, geworden sein, sobald die ersten Lieder vom Untergang der Nibelungen aus dem Milieu von Ostgermanen, in dem sie entstanden waren, zu deutschen Stämmen weiterwanderten? Nun, Dietrichs Flucht von Heinrich Vogler hat im ausgehenden 13. Jh. mit Botelunges barn und rîchez Botelunges barn offenbar die eine der oben vermuteten Formulierungen getreu bewahrt. Andere Dichter nutzten dagegen die Freiheit einer Moderne, die sich vom Stabreim abgewandt hatte, und ersetzten barn durch kint oder son. Der Parallelstrang mit baúr hätte eigentlich abreißen müssen. Denn bur, wie die althochdeutsche Entsprechung geklungen haben müsste, war den Westgermanen, wenn sie es je besessen hatten, mittlerweile abhanden gekommen. Aber wer sich die bœr Bu. lunga der eddischen Atlakvi.a (Str. 40) vorspricht, dem drängt sich auf, dass die baúr-Variante offenbar keineswegs ausstarb. Sie überlebte vielmehr dank einer Retusche, die Klang und Sinn verschob. Meine These: wer auf deutschem Sprachboden eine ehrwürdige Formel nicht einfach über Bord werfen wollte, konnte das Erbstück durch einen Eingriff in seine Lautung retten, indem er ahd. u, das hier statt got.
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aú = o zu erwarten stand, zu einem ú längte. Damit wandelte sich Bodalunges barn oder Bodalunges son zu Bodalunges bu-r. Diese neue Formel bezeichnete ein Haus, das Etzel von seinem Vater Bodalung geerbt hatte.231 Der bei deutschen Stämmen eingetretene Wechsel bewahrte die Hörer von Heldenliedern nicht nur vor dem Verlust eines liebgewordenen Klangbildes. Nein, er gab zugleich den Dichtern eine Formel für jene sagenberühmte Halle an die Hand, in der die Nibelungen verbrannten. Denn auf Anhieb musste einleuchten, dass der mächtige Attila den Herrschersitz seines Vaters geerbt hatte. Da man sich aber nicht mehr entsann, dass dieser Hunne Mundiuch geheißen hatte, folgerte man aus der Formel Bodalungs Sohn, der Hauptname (und nicht etwa nur die patronymische Beifügung!), den Etzels Vater geführt hatte, habe Bodalung gelautet. Bodalungs Gestalt blieb freilich farblos: eine bloße genealogische Reminiszenz und damit ohne Widerstandsfähigkeit, sobald sich ein erneuter Veränderungsdruck geltend machte. An der Tragödie in Attilas Halle nahmen nach dem ältesten, ursprünglichen Szenario zwei ethnische Gruppen, nämlich Burgunder und Hunnen, teil. Jene gotische Umgestaltung des Stoffes, die über Österreich nach Bayern gelangte, fügte noch die G o t e n hinzu. Die Herrschersippen der Burgunder und der Goten konnten nach der poetischen Tradition auch als Gibichungen und Amalungen, d.h. als Nachfahren eines jeweiligen Spitzenahnen umschrieben werden. Wenn – mit Burgundern und Goten – zwei Völker gegenübertraten, deren Herrschergeschlechter sich mit Hilfe des gleichen altertümlichen Suffixes -ung als Nachfahren eines Stammvaters bezeichneten, so war nur noch ein winziger Schritt nötig, um auch die Hunnen, das dritte Volk auf dem gleichen Kampfplatz, in die Formelreihe auf -ung einzupassen. Denn man brauchte nur den einen Bodalung zu einer Sippe von Bodalungen zu erweitern. Weil diese zweite Verschiebung sehr wohl bereits auf deutschem Boden – vor der Weiterwanderung nach Skandinavien – eingetreten sein kann, sei sie mit deutschem Lautstand rekonstruiert: got. *baúr Budalungis ‚Sohn des Bodal‘ wurde zu ahd. *bu-r Bodalunges ‚Haus des Bodalung‘ umgemodelt, aus dem durch eine zweite Retusche *bu-r Bodalungo hervorging. Sobald diese gewandelte Formel im Kontext von Nibelungenliedern nach Skandinavien weiterwanderte, ergab sich als neue Schwierigkeit, dass eine gehörte Lautung in der neuen Umgebung keinen guten Sinn mehr ergab. Denn anord. búr bedeutete ‚Vorratshaus, Frauengemach‘ und passte somit nicht zu Attilas Halle. Dem ließ sich durch eine erneute Retusche abhelfen, die búr durch das in Sinn und Klang benachbarte bœr ‚Gehöft, Häusergruppe‘ ersetzte. Damit aber sind wir bei jenem eddischen bœr Bu. lunga angelangt, das es zu erklären galt. Am Ende einer Reihe von bloß hypothetischen, erschlossenen Formeln steht ein tatsächlich bezeugtes, kostbares Stück nordischer Dichtersprache. Was auf dem Erkenntnisstand der
231 Beiseite bleiben darf diesmal die Gestalt von Bu. li. Er wurde, wie ich in Schramm 1997, II.1–3 erläuterte, erst aus Bu. lunga abstrahiert.
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bisherigen Forschung als eine Mutation anmutete, für die niemand einen wahrscheinlichen Grund zu benennen wusste, erklärt sich nunmehr aus einer langen Vorgeschichte, in der ein Erbstück in mehreren, durchaus plausiblen Veränderungsschritten abgewandelt wurde. Es war, wie bekannt, die westliche (ursprüngliche) Version des Nibelungenunterganges, die in den Norden gelangte. Nach dieser Fassung lädt Attila die Brüder seiner burgundischen Frau an den Hunnenhof, weil er sie zur Preisgabe des Geheimnisses zwingen will, wo der Nibelungenhort versteckt sei. In einer jüngeren, wahrscheinlich gotischen Version wurde die Handlung umgebaut, weil sich ein negatives Attilabild nicht mit jenen guten Erinnerungen an den großen Hunnenherrscher vertrug, die bei den Ostgermanen, einstmals seinen Vasallen, fortlebten. Nunmehr rächte sich Siegfrieds Frau, die mit Etzel eine zweite Ehe eingegangen war, an ihren Brüdern, die Siegfrieds Tod verschuldet hatten. Diese Fassung gelangte – wohl über die ostgermanischen Reste, die von den landnehmenden Bayern in Österreich angetroffen wurden – nach Deutschland.232 Mein Aufsatz von 1966 zeigte, dass die beiden lautlichen Varianten, unter denen der Name von Etzels Vater – im 8.–9. Jh. als Rufname gebraucht oder im 12.–13. Jh. in Heldendichtungen eingebaut – in der deutschen Überlieferung begegnet, aus eben diesen zwei Wegen erklärt werden kann, wenn wir den zeitlichen und räumlichen Abstand einrechnen, der sie trennt. Burg. *Budalungs wurde offenbar früh an die Rheinfranken weitergegeben und wanderte – mit unverschobenem Lautstand – von dort nach Skandinavien weiter. Hier ergaben sich durch Überführung in den Plural die Bu. lungar. Im Westen des althochdeutschen Sprachraums nahm die Lautung an der Verschiebung von d zu t teil, das etwa das Nibelungenlied Botelung bietet. Dagegen setzt abair. Podalung u.a. voraus, dass ein von den Ostgermanen entlehnter *Budalungs einen Lautstand antraf, auf dem es bereits ein aus @ gewandeltes d gab, während sich altes d zu t gewandelt hatte. Durchaus regelgerecht also, wenn in der bairischen Lehnform d, statt sich zu t zu wandeln, erhalten blieb. Diesen Gedankengang möchte ich jetzt verlängern. Leicht ließe sich vorstellen, noch ein weiterer Unterschied hänge mit den beiden auseinanderliegenden Weitergabewegen zusammen. Könnte die von boer Bu. lunga vorausgesetzte Umprägung von got. baúr (oder burg, bur) zu ahd. bu-r und zugleich: die Preisgabe von *Bu. alungis barn, dem Paarpartner von *Budalungs bur, eine Besonderheit der westlichen Trasse gewesen sein, die über die Franken nach Skandinavien führte? Noch eine letzte Vermutung drängt sich auf. Wenn der deutschen Heldendichtung die Formel *baúr Budlungis abhanden kam, während ihre Variante mit barn fortlebte und in ihrem zweiten
232 Eine klassisch gewordene Rekonstruktion rechnet mit zwei frühen Strängen, einem fränkischen und einem bajuwarischen, s. Heusler 1955. Überlegungen zum Namen Kriemhilt führten mich dazu, von zwei Fassungen auszugehen, die bei den Burgundern und im gotischen Umkreis entstanden, s. Schramm 1997, II 3.3 8–9, II 2.2 7–10.
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Glied durch andere Wörter variiert wurde: greifen wir hier nicht ein mit der Lautwandlung Botelung (statt Bodelung) gekoppeltes Spezifikum des östlichen Wanderweges? Auf diese Frage wage ich nicht zu antworten. Denn Sicheres lässt sich diesmal – leider – den verstreuten Trümmern eines alten Erbes nicht mehr ablesen.
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IX.6 Die germanische Seherin Aurinia bei Tacitus (Erschienen in: Namenwelten. Hgg. von Astrid van Nahl, Lennart Elmevik und Stefan Brink [Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 44]. Berlin, New York 2004, S. 577–582) Im Kapitel 8 der um 95 n. Chr. entstandenen Germania rühmt der Autor dem Volke, das er beschreibt, die Hochschätzung nach, mit der es seinen Frauen begegne. Zwei Seherinnen nennt er als Beispiele besonderer Verehrung beim Namen: Aurinia und – zur Zeit Kaiser Vespasians (a. 69–79) sogar wie ein göttliches Wesen verehrt – Veleda. Aurinia machte es den Grundlegern einer modernen Germanistik schwer. Wilhelm Wackernagel, neben Jacob Grimm wohl das hellste Licht in ihrer Reihe, glaubte 1837 das Rätsel mit einem Patentrezept zu lösen. Den Vorzug verdiene die mehrfach begegnete Lesart Albrinia, aus der sich ein glatt verständliches *Albruna freilegen lasse. Ihm haben Germanisten vom Rang eines Karl Müllenhoff, Karl Helm und Jan de Vries zugestimmt. In der bis heute maßgeblichen Erläuterung der Germania, die 1937 – ein Jahr nach dem Tod ihres Verfassers Rudolf Much – erschien, steht Albruna in der Textrekonstruktion.233 Diese Entscheidung wird später begründet. Zwar sei meist Aurinia überliefert. Daneben aber fände sich die Lesart Albrinia: in der Handschrift b über der Zeile, in B am Rande sowie im Text noch in etlichen Handschriften. Muchs Standardwerk, das an dieser Stelle in Wackernagels Spur bleibt, belehrt uns noch 1967 in seiner 3., von Wolfgang Lange philologisch betreuten Auflage: Auriniam lasse sich unbedenklich in Albrunam bessern. Möglicherweise, meinte Much, ergibt sich ein sprechender Name: ‚diejenige, die mit dem geheimen Wissen der albischen Geister ausgestattet ist‘ oder ‚die vertraute Freundin elbischer Wesen‘. Das Weitere in meinen Worten verdeutlicht: *Albruna und Veleda seien vielleicht, um den Seherinnen-Beruf der beiden kenntlich zu machen, an die Stelle derjenigen Namen getreten, die ihnen bei der Geburt verliehen worden waren.234 Erst im Jahre 2002 ist dieses Kartenhaus endlich eingestürzt, nachdem eine schwedische Philologin den textgeschichtlichen Befund unvoreingenommen geprüft hat.235 Durch das Mittelalter erhielt sich die Germania nur in einer einzigen Abschrift. Diese wurde durch den Besitzer, das Kloster Hersfeld, im 15. Jh. an einen italienischen Humanisten verkauft und wanderte so nach Italien, wo sie verloren ging. Glücklicherweise hatten mehrere Kopisten den kostbaren Text übertragen. Den Namen Aurinia hielten sie in unterschiedlichen Formen fest. Wer die differierenden Lesarten unvoreingenommen vergleicht, muss mit Lena Peterson zu dem Schlusse kommen, in der Hersfelder Abschrift könne keine andere Form als Aurinia gestanden haben. Wir dürfen fortfahren: So wird schon Tacitus geschrieben haben. 233 Germania, S. 164. 234 Germania, S. 169. 235 Peterson 2002, S. 148–151.
Die germanische Seherin Aurinia bei Tacitus
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Lena Petersons Argumentation lässt sich durch eine Überlegung ergänzen, wie sich ein so zählebiger Irrtum wie Albruna hat einbürgern können. Seit Wackernagel glaubte man, die Alternative, dass die Lesart Albrinia nur eine Entgleisung von dem doch weit besser bezeugten Aurinia sei, komme nicht ernsthaft in Frage. Denn ein ursprüngliches Au- hätte nur jemand zu Alb- entstellen können, dem geläufig war, dass die alten Germanen ihr Wort für die Alben oder Elfen, also weibliche, wohltätige Schutz- und Hausgeister, gerne am Anfang von Personennamen verwandten. Da ein solches Wissen aber keinem italienischen Abschreiber des 15. Jh.s zuzutrauen sei, könne Au- nicht gut zu Alb- entgleist sein. Eher dürfte sich umgekehrt ein Kopistenfehler von Alb- zu Au- eingeschlichen haben. Das scheint mir falsch gedacht. Denn ein Italiener, der Alb- statt des ursprünglichen, authentischen Au- einkreuzte, brauchte kein Germanisch zu können. Reicht es doch schon, dass ihm die Anlautgruppe Albaus zahlreichen heimischen Wörtern und Namen vertraut war. Dagegen war au- selten geworden, nachdem altes au wie in oro ‚Gold‘ in weiten Teilen der Romania zu o monophthongiert worden war. Au- wurde nun nur noch im klassizistischen Rückgriff auf lateinisches Wortgut wiederbelebt: etwa aureo ‚golden‘, aura ‚Luftzug‘ und aurora ‚Morgenröte‘. Der Abschreiber, dem Alb- statt Au- in die Feder floss, verfiel also gerade nicht auf eine exotisch-fremdartige Lautung, sondern hielt sich an heimische Klangbilder. Albinia hörte sich keineswegs fremdartiger an als Aurinia, eher im Gegenteil. Wie leicht konnte sich Aurinia im Gehör eines Abschreibers mit Albinia kontaminieren, wie ein Ort am Tyrrhenischen Meer rund 120 Kilometer nordwestlich von Rom heißt! Aber natürlich kommen auch andere Assoziationen in Frage, bei denen ebenfalls alles Germanische aus dem Spiel blieb. Man sieht: Wackernagels Einfall ist ein Nagel, der nichts halten kann. Gewundert hat mich noch zusätzlich, dass so viele kundige Germanisten ihrem Vorgänger Wackernagel eine Konjektur abnahmen, die mit dem Ausfall des Fugenvokals am Ende des Erstgliedes rechnete. Ein solcher jüngerer Sprachstand ist aber im vorliegenden Lautkontext für das 1. Jh. n. Chr. noch ganz unwahrscheinlich. Wenn schon forsch konjiziert, dann bitte zu *Albiruna. Aber auch damit stünden wir nicht besser da als unsere von zünftiger Wissenschaft noch unbeschwerten Altvordereren, die sich einen rätselhaften Arminius als Hermann zurechtlegten. Wir müssen zurück zu Aurinia. Wie aber lässt sich – diese Frage hat Frau Peterson ausgespart – diese etymologisieren? Ich besinne mich auf meine wissenschaftlichen Anfänge als Germanist und wage mich an das offengebliebene Problem. Das Fadenende bekomme ich durch Moritz Schönfeld in die Hand, der sich 1910 gegen die Emendation *Albruna gewandt hatte und Aurinia wieder in ihr Recht einsetzen wollte. Weil er diese Lautung nicht aus dem Germ. zu deuten wusste, behalf er sich mit der Annahme, die Seherin könne doch, wie so viele Germanen, einen Lehnnamen aus einer anderen Sprache getragen haben: vielleicht aus dem Keltischen? Hier scheint mir eine Überlegung angebracht, unter welchen Stammklassen die Frauennamen im Germ. und seinen Nachbarsprachen auftreten. Die idg. Feminin-Klasse auf -ia setzt sich bei den Germanen geraden-
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Aufsätze über einzelne Personennamen
wegs in jo--Endungen fort, die aber auf Zweisilber mit kurzen Stammsilben beschränkt bleiben. In anders gebauten Lautkontexten, zu denen auch die uns hier interessierenden Dreisilber gehören, setzte sich statt dessen eine Variante auf -ijo-- durch, die ihren Nom. Sg. auf -ı- bildete. Wäre nun eine keltische Aurinia von Germanen entlehnt worden, dann hätte sie sich in deren Munde automatisch in eine *Aurinı- verwandeln müssen. Schönfelds Vermutung wird also durch den Befund zwar nicht widerlegt, aber auch nicht gestützt. Wie aber machten sich Lateiner germ. PN mit dem gleichen Ausgang wie *Aurinızu eigen? Für eine Antwort steht uns glücklicherweise ein reiches Material zur Verfügung, weil die frühen Germanen eine ausgesprochene Vorliebe für zweigliedrige Frauennamen auf -ı- an den Tag legten.236 Im Lat. und Roman. sind daraus i-Stämme mit dem Nominativ auf -is (wie etwa Brunichildis und Radegundis) geworden, denen nur eine Minderheit von Wiedergaben auf -ia gegenübersteht. Wenn sich für den Fluss Elbe seit Ende des 8. Jh.s neben Albis die Variante Albia ausbreitete, dann spiegelt sich darin das Sprachgefühl von Autoren wieder, die im Ahd. wurzelten. In diesen Zweig des Germ. hatten sich etwa neben sunte ‚Sünde‘, die regelgerechte Fortsetzung von *sunti, Varianten auf -ea, -ia geschoben, die aus dem Akk. in den Nom. verpflanzt worden waren.237 Für einen lat. Muttersprachler wie Tacitus ergibt die Lautung Albia somit nichts. Hilft uns dagegen weiter, auf welche Weise unser Autor den Namen der Ems überliefert? Die germ. Prägung *Amisı- erscheint bei seinen beiden Vorgängern Pomponius Mela und Plinius d. Ä. regelgerecht zu Amisis u.ä. transponiert. Der jüngere Zeuge Tacitus ist indessen zu der ungenaueren Wiedergabe Amisia übergegangen. Aber auch dieser Befund beruht auf Voraussetzungen, die für Aurinia nicht gelten. Gegen Ende des 1. Jh.s, als Tacitus schrieb, war die Ems nämlich schon wieder hinter den geschrumpften geographischen Horizont der Römer verschwunden. Nun schlug in dem gewandelten Schriftbild durch, dass einem Lateiner solche FN, die auf -a auslauteten, namentlich aus Gallien und Germanien, weit geläufiger waren als Bildungen auf -is. Bei Fernwissen liegen Unregelmäßigkeiten näher als bei Nahwissen, in dem sich Unregelmäßigkeiten durch ständig fließende Neuinformationen wieder wegzukürzen pflegen.238 Auf einem derartigen Fernwissen kann unsere Aurinia kaum beruhen. Kurz: Wir müssen uns für -ia erneut nach einer anderen Erklärung umsehen. Jene Landsleute, auf deren Nachrichten Tacitus zurückgriff, wenn er von zwei germ. Seherinnen berichtet, waren keine Griechen, denen heimische weibliche Namen wie Briseis und Alkestis, Chrysis und Phyllis im Ohr klangen. Ein Hellene war wohl deshalb kaum versucht, germ. -ı- anders als durch -is wiederzugeben. Ein Lateiner wurde dagegen mit mächtiger Sogkraft in eine andere Richtung gezogen. Denn ihm war eine
236 Schramm 1957, S. 122–128, 157–168; VI.2. 237 Meineke 2001, S. 243f. 238 S. dazu Schramm 1997, S. 125–144.
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ganze Reihe vornehmer römischer Geschlechter vertraut, deren weibliche Angehörige Lavinia, Verginia, Calpurnia, Plinia, Licinia usw. hießen. Im Falle von Aurinia setzte sich die regelwidrige Wiedergabe -nia gegen das regelgerechte -nis gewiss deshalb durch, weil sie durch prestigeträchtige römische Frauennamen gestützt wurde. Der Traditionsstrang, der die Erinnerung an eine Seherin Aurinia wach erhielt, war so dünn, dass die ursprüngliche, ungenaue Wiedergabe niemals aufgrund von Neuinformationen berichtigt wurde. Dazu ein Vergleichsfall: Die Weser heißt im Lat., wie uns Pomponius Mela um a. 40 erstmals bezeugt, Visurgis. Zugrunde liegt germ. *Wisurı-, in dem man ein g vergeblich sucht. Der Hörfehler, der den Entlehnern unterlief, wurde niemals revidiert, weil das Wissen der Lateiner vom Weserstrom ausdünnte, nachdem Germanicus a. 16 n. Chr. von seinen Ufern trotz des errungenen Sieges wieder an den Rhein zurückbeordert worden war. Damit haben wir einen ersten, bisher noch nie beobachteten Stolperstein aus dem Wege geräumt. Die lat. Wiedergabe von germ. -i in Aurinia durchbricht zwar eine Regel. Aber lehnpsychologisch lässt sich die Abweichung leicht nachvollziehen. Anlass, mit dem komplizierten Fall einer Entlehnung ins Germ. zu rechnen, haben wir dagegen nicht. Fahren wir fort, Aurinia von h i n t e n h e r aufzudröseln. Mit -inı- hat sich ein Suffix herausgeschält, das wir aus dem Appellativwortschatz zur Genüge kennen. Mit Saúrini ‚Syrerin‘ bezeugt uns Ulfila erstmals eine bestimmte Bildeweise von Movierungen, die Maskulina in Feminina umsetzen. Im Dt. ist sie bis heute lebendig geblieben. So hat der Bär eine Bärin neben sich, der Wirt eine Wirtin und der Ire eine Irin. Auf den ersten Blick wäre es in unserem Falle am einfachsten, Aurinia nach dem Muster von ahd.-lat. vidua Liutin zu deuten, das die ‚Witwe eines Liuto‘ bezeichnet und zu späten Nachfahrinnen etwa eine Neugebauerin und die Kohlschmiedin hat.239 Sollen wir uns Aurinia als Frau, Witwe oder Tochter eines Auro vorstellen? Besser nicht. Denn ein bloßer Nebenname, der die Benannte einem bestimmten Manne zuordnete, klingt für eine Seherin kaum wahrscheinlich. Eher wird hier gar kein Bezug auf eine bestimmte Person genommen, sondern das Suffix auf eine Weise gebraucht, die es seiner ursprünglichen Movierungsfunktion entkleidete. Was in Saúrini einen guten Sinn hat, wird in Aurinia streng genommen g a r n i c h t s bedeuten. Denn ein Rufname will ja im Normalfalle keine Aussage über einen Menschen treffen, sondern ihn lediglich kenntlich machen und von anderen Personen abheben. Das aber läuft auf einen zweiten Stolperstein hinaus, mit dem nicht so leicht wie mit dem ersten fertig zu werden ist. Denn wenn -inı- hier wirklich in einem weiblichen PN enthalten war, dann durfte man doch erwarten, dass es dazu Gegenstücke im überlieferten germ. Namenschatz gibt: wohlgemerkt unter den gleich nach Geburt verliehenen Erstnamen und nicht etwa nur unter den erst später hinzugetretenen Zweitnamen. An solche Fälle aber kann ich mich – wohlgemerkt: dem Material schon seit langen Jahrzehnten ferngerückt – beim besten Willen nicht entsinnen. Aber auch
239 Vgl. dazu Kaufmann 1968, S. 7.
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Aufsätze über einzelne Personennamen
ohne solche Stützen scheint mir der Befund, den Aurinia bietet, durchaus normal. Im Bereich der einstämmigen PN der Germanen dürfte eine ursprüngliche, vermutlich breite Vielfalt von Suffixen in einem vermutlich langwierigen Schrumpfungsvorgang, der übrigens eine Parallele im Altindischen hat, auf einen bescheidenen Rest zusammengeschmolzen sein. Während im Griech. über 50, im Slaw. über 100 Rufnamensuffixe begegnen, scheinen mir für das Germ. nur etwa z e h n häufiger bezeugt. Ja, es hat den Anschein, die Ausholzung sei im Norden der Germania besonders weit gediehen. Denn in England und Skandinavien sind sogar die auf dem Kontinent ungebrochen häufigen -l- und -k-Ausgänge selten geworden. Einbezogen in den Rückgang war auch -ed-, das wir in Veleda kennengelernt haben. Später begegnet nur noch – etwa in asächs. Harid, ahd. Thietida – die Variante -id-. Leicht vorstellbar, dass auch -inı- der Reduktion zum Opfer gefallen ist. Ob sich auf diesem Wege nun etwas für unser aktuelles Problem ergibt oder nicht: auf jeden Fall würde es sich lohnen, über meine Annahme eines weit in die Zeit und den Raum ausgreifenden Schrumpfungsvorgangs nachzudenken, den ich mir als ein wichtiges Stück onomastischer Bildegeschichte in der Germania vorstelle. In der Erforschung der germ. PN kommen nämlich über vielen Einzelerörterungen die allgemeineren Probleme zu kurz. Wir brauchen Erörterungen über thematisch, geographisch und zeitlich weiter gesteckte Komplexe als landläufig üblich, wenn allmählich hinter vielen Bäumen der Wald erkennbar werden soll. Wie aber steht es mit dem Grundwort, auf dem *Aurinı- aufbaute? Diesmal liegen keinerlei Stolpersteine im Wege. Im anord. Wortschatz, der sich für uns am ergiebigsten erweist, begegnet aurr < *auraz unter drei verschiedenen Bedeutungen: ‚Wasser‘ u.ä., ‚Sand‘ und ‚Glanz‘. Welcher Sinn in unserem Namenfalle zugrunde liegt, mag schon unsere Aurinia trotz ihrer seherischen Fähigkeiten nicht mehr durchschaut haben. Denn während wir bei der Deutung zweigliedriger PN zur Richtschnur nehmen können, dass ihre Bestandteile in der Regel – wenn auch keineswegs durchwegs – dem heroisch-poetischen Wortschatz des Heldenpreisliedes entstammen, konnte in einen eingliedrigen Namen im Prinzip j e d e s Wort aus j e d e r b e l i e b i g e n Bedeutungssphäre eingehen. ‚Wasser‘, ‚Sand‘, ‚Glanz‘: wer wollte entscheiden, was in unserem Falle ursprünglich gemeint war? Schauen wir zurück. Was hat unser Erkundungsgang an hinreichend Sicherem erbracht? Einmal, dass -ia in Aurinia, das bei erstem Hinsehen nicht zu einem germ. Muster passen will, eine Adaption an lat. Vorbilder sein dürfte. Weiterhin, dass keinerlei Anlass besteht, hinter Aurinia etwas anderes als eine genuin-germ. Prägung zu vermuten.
X.
Register
(unter Mitarbeit von Astrid van Nahl und Daniel Unger)
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
X.1
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
ae. afries. ags. ahd. aind. air. Akk. aksl. akym. alem. aport. as. awn. bair. batav. bibelgot. burg. cherusk. dän Dat. dt. eburon. erul. f. fries. frk. frühnord. fuld. Gen. gepid. germ. ggerm. GN griech. got. hom. hunn. ind. Inf. iran. isl. lat. lgb. lit. Libr. confr. m. makedon.
= altenglisch = altfriesisch = angelsächsisch = althochdeutsch = altindisch = altirisch = Akkusativ = altkirchenslawisch = altkymrisch = alemannisch = altportugiesisch = altsächsisch = altwestnordisch = bai(e)risch = batavisch = bibelgotisch = burgundisch = cheruskisch = dänisch = Dativ = deutsch = eburonisch = erulisch = Femininum = friesisch = fränkisch = frühnordisch = fuldisch = Genitiv = gepidisch = germanisch = gemeingermanisch = Göttername = griechisch = gotisch = homerisch = hunnisch = indisch = Infinitiv = iranisch = Isländisch = lateinisch = langobardisch = litauisch = Libri Confraternitatum = Maskulinum = makedonisch
markom. merow. mhd. myth. n. ndl. nord. north. norw. nrh. oberdt. ogerm. ogot. ON onord. öster-gotländ. PN Pol. Irm. Pol. R. quad. rom. rug. sächs. salfr. salzburg. Sb. schwäb. schwed. semnon serb. skir. skr. skyth. slaw. sueb. thüring. tschech. urgerm. urnord. urslaw. Var. VN warn. wfrk. wgot. wnord.
= markomannisch = merowingisch = mittelhochdeutsch = mythisch = Neutrum = niederländisch = nordisch = northumbrisch = norwegisch .= niederrheinisch = oberdeutsch = ostgermanisch = ostgotisch = Ortsname = ostnordisch = östergotländisch = Personenname = Polyptychum Irminonis = Polyptychum S. Remigii = quadisch = romanisch = rugisch = sächsisch = salfränkisch = salzburgisch = Supplementband = schwäbisch = schwedisch = semnonisch = serbisch = skirisch = sanskrit = skythisch = slawisch = suebisch = thüringisch = tschechisch = urgermanisch = urnordisch = urslawisch = Variante = Völkername = warnisch = westfränkisch = westgotisch = westnordisch
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X.2
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Verzeichnis der behandelten Themen
Die durch Anführungszeichen hervorgehobenen Begriffe beziehen sich auf Erwähnungen in den Personennamen; die arabischen Ziffern verweisen auf die Seitenzahlen im Text, die römischen Ziffern ggf. auf den entsprechenden Anhangsteil, die in Klammern gesetzten Zahlen auf die entsprechende Anhangsnummer.
Adjectiva 6, 45f., 60, 62f. „Anführer“ 41, 63f., 66, 79f., 88, 122 Angelsachsen 5f., 11f., 7, 43, 62, 68f., 72, 74, 77f., 83, 102, 117, 122f., VIII 1 132, 133f., VIII 2 136, VIII 4 162 (38) Attila 65, IX 1, IX 2, IX 3 218, 252ff., IX 5 Aurinia (germanische Seherin bei Tacitus) IX 6 Beowulf (als Quelle für die Tradition des germanischen Preislieds) 5ff., 11ff., 16, 82f., 87, 90, 92, 100 / (als Quelle für Personennamen) 38, 44, 52f., 62, 64, 68, 72, 76, 80f., 94f., 103, VIII 3 151 (53), VIII 4 160 (27), 162 (37) Binnengermanen s. Deutsche Stämme, Westfranken, Langobarden Botelung (Vatername Etzels im Nibelungenlied) IX 2, IX 5 Burgunder VIII 1 129f., VIII 2 144, VIII 3 150 (40), IX 1 172ff., 186ff., IX 2 203f., IX 3 (insbesondere 229ff. u. 234f.), IX 4 243, IX 5 252ff. Cartdiuha (schwäb. Adlige aus dem Urkundenbuch der Abtei St. Gallen) IX 1 169f., 188f., 193, 196 Chlodwig I VIII 1 130, IX 1 173f. Christliche Einflüsse auf germanische PN 12, 90 Deutsche Stämme 38f., 44, 48f., 52, 60, 70f., 83, 90, 93f., 117f. VIII 1 127, 131f., VIII 2 139ff., VIII 4 163f., IX 2 IX 1 192ff., IX 2 206ff. / (Alemannen) IX 2 206ff. / (Baiern) 72, IX 2 206ff., IX 3 228, 232, 234, IX 5 253f. / (Franken) 52, IX 2 205f., 208ff., IX 3 226f. / (Schwaben) 65, IX 1 169f. „Dinge“ 56f., 62, 66, 74ff., 92ff., 109 / („Baum“ bzw. „Holz“) 50f., 74f., VIII 3 151 (49), VIII 4 164 (45) / („Erde“) 94, 109 / („Kessel“) 77, VIII 4 166 (54) / („Pflanzen“) 108f. / („Schaft“) 75, VIII 2 140 (18), VIII 3 147 (19) / („Stab“) 74f., VIII 2 139 (11), VIII 3 150 (39) / („Stein“) 77, 94, VIII 3 150 (40) / („Zaun“)
74, 98, 117, VIII 3 146 (13), VIII 4 154 (7); s.a. „Waffen“, „Zelt“ Edda (als Quelle für Personennamen) 69, 81, 84, 89f., 95, VIII 4 153 (1), IX 1 191ff., IX 2 199ff., IX 3 231ff. Farben 87f. Flussnamen 47 „Frieden“ 50, 58ff., 78, 86ff., VIII 3 146 (8), Friesen 44, 65, 77, 83, VIII 1 132f. Fürsteneigenschaften 5f., 37, 64f., 76, 79ff., 86ff., 92ff., 122, VIII 3 149 (34) Genusregel, Schrödersche 2, 55ff., 58ff., 62ff., 67ff., 74ff., 111, 119, 122, IX 4 241f. „Geographische Begriffe“ 93f. Germanen (Sonderstellung in der Ausbreitung zweigliedriger Personennamen) 7f., 15f., 27, 28f., 30f., 33ff., 37ff., 55ff., 62ff., 75ff., 79, 83f., 98, 100, 103, 105ff., IX 4, IX 6 / (im Verhältnis zu den Griechen) 45, 56, 62, 67ff., 74, 103, 110ff., 116ff., 121; s.a. Klangmerkmale germanischer PN, Kollektive Bedeutung germanischer PN Götternamen 87, 90f. / (im Unterschied zu Bilderegeln germanischer PN) 39f. / (auf Götter bezogene PN und Götterepitheta) 63, 90, 108f. / („Gott“) 96 Griechen (PN) 15f., 27, 33f., 45, 67ff., 74, 82, 87f., 99ff., 103, 110, 113 (Homerische Epen) 7f., 11f., 16, 22f., 27, 68, 74, 84, 87f., 100, 108, IX 4 241, 258 Gundahar (Burgunderkönig) IX 1 172ff., 180, 186, IX 2 215 Ham.ir, Hamidiuch (nord. Sagengestalt) IX 1 191ff. Hethiter s. Sonderstellung der anatolischen und italischen Indogermania Hildebrandlied 39, 84 Hunnen IX 1 178ff., IX 2 212ff., IX 3 218ff. / (Verdrängung der Burgunder) VIII 1 129, IX 172 / (Hunnenschlachtstoff) 83 / (Einflüsse auf
Verzeichnis der behandelten Themen
germanische Personennamen) 65, 69, 83f., 95, IX 1 (insbes. 212ff.), IX 2 (insbes. 212ff.), IX 5 / (Hunnenmode im Germanischen) 83f., 95, IX 1 195f., IX 3, 237f.; s.a. „Zelt“ Ildico IX 3 Indien 15, 21, 23. 33f., 100, 103, 108, 113, 118 Indogermanen 13, 15ff., 21ff., 26, 37, 56, 621, 67, 92, 110 / (Besonderheit indogermanischer Frauennamen) 4, 17, 28, 99ff., 103f., 106 / (Frage nach vermeintlichem indogermanischen Erbe zweigliedriger Personennamen) 2, 15ff. Indoirania (als Ursprung einer heroischen Kultur) 15f., 21ff., 28, 88 Israeliten IX 4, 248 Jordanes 70, 73, IX 1 178ff., IX 1 190ff., 195, IX 3 218f., IX 5 251 „Kampf“ 9, 41ff., 50, 58ff., 78, 81, 86ff., 90, 92, 94, 106. 111, 113, VIII 3 145 (1), 148 (23), 151 (50), VIII 4, 156 (13), IX 4 244ff. Kelten 7, 15, 18, 26f., 28, 30, 33ff., 50f., 71f., 74f., 84, 103, 108, VIII 1 127, IX 4 239ff., 246 / (Keltische Einflüsse auf germanische Personennamen) 35f., 77, 84, VIII 3 149 (30), 150 (36), 150f. (45) Klangmerkmale germanischer PN (nach Haupttyp) 2, 28, 34ff., 37ff., 44ff., 52, 55, 105ff., 122 / (Ausnahmen vom Haupttyp) 41ff. / (lautgeschichtliche Verwitterung) 47ff. / (Tendenz zur Klangvereinheitlichung) 105ff. „Knecht“ 89ff., 109, VIII 3 150 (38), 150 (42), VIII 4 160 (27), IX 188f. Kollektive Bedeutung germanischer PN 27, 28, 122ff. Körperliche Attribute in germanischen PN 87f., 102f. / („Kraft“ bzw. „Stärke“) 102f., VIII 2 140 (12), VIII 3 145 (2), 147 (22), VIII 4 160 (28) / („Schönheit“) 102f., 113f., VIII 4 154 (5), 154 (6) Kriemhilt 95, IX 2 205, 212f., IX 3 Landwirtschaft 18, 22, 88, 94, 97 Langobarden 48, 51f., 65, 93, VIII 1 129f., VIII 2 139f., 143f., IX 1 170ff., IX 4 243f. „Maske“ 45, 77, 81, 90f. VIII 2 141 (21), VIII 3 145 (3), VIII 4 165 (52) Magie 81, 91, VIII 2 142 (24), 146 (11), IX 3 225ff. Mundiuch (Vater Attilas) 65. IX 2 198., 215, IX 4 243, IX 5 251
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Nordgermanen 7f., 13, 28, 38, 44, 49f., 53, 60, 69f., 74, 77, 79f., 83, 84f., 93f., 96f., 102, 110f., 118, VIII 1 134f., VIII 2 136, VIII 4 164ff. IX 2 199ff. Ostgermanen 37, 40, 41f., 44ff., 48, 52, 65, 73, 82ff., 104, 116, VIII 1 128f., VIII 4 161f. (insbes. (34)), IX 2 211ff., IX 3 218ff., 234f., IX 5 251ff. Pferde 13, 19ff., 21ff., 27, 96 / („Pferd“) 19f., 31, 57, 68, 81 / („Reiten“) 27, VIII 3 149f. (35); s.a. Streitwagen Polyptychon Irminonis 102, VIII 1 130, VIII 2 144 Preislieder 1, 5ff., 11ff., 17, 21, 27, 28f., 30f., 37, 40, 68, 79ff., 121 / (Frage nach indogermanischen Ursprüngen) 15ff., IX 4 248ff. / (gesellschaftliche Konstellation) 5, 7ff., 11ff., 22f., 25, 30f., 66, 79f., 90, 121, XI 4 248ff. / (Preisformeln) 1ff., 6, 11, 13, 18, 27, 28f., 37, 40, 42, 57, 59, 63f., 66, 67f., 72, 74ff., 79ff., 83, 85, 86ff., 92ff., 99ff., 103f., 122 Priskos IX 1 178ff., 184f., 190f., IX 2 198, 213, IX 3 218f. Religion 21, 23, 39, 80f., 87, 89ff., 96f., 108f., 113, VIII 4 159 (24), IX 4 248f. / („Heiligkeit“) 58; s.a. „Magie“ Romanen 41, 48, 51, 102, 113, VIII 2 143f. Römer IX 1 181f. (römische Einflüsse auf germanische Kultur) 8, 30, 39, VIII 1 127, IX 6 258f., s.a. Sonderstellung der anatolischen und italischen Indogermania „Ruhm“ 11, 60f. Sachsen 46, VIII 1 132f., VIII 2 136 Slawen 11f., 15, 19, 33, 37, 41, 46, 103, XI 4 231 Sonderstellung der anatolischen und italischen Indogermania 15f., 26 Spielcharakter der germanischen PN 27, 48, 72, 82, 121ff., IX 1 189 Stabreimdichtung 3, 37ff., 41f., 52, IX 3 226f., IX 5 251ff. Streitwagen 19f., 21ff., 25, 26f., 28f. Substantiva (in Männernamen) 6, 45f., 56ff., 58ff., 62ff., 67 / (in Frauennamen) 58 Tacitus 38, 44, 47, 89, IX 6 „Tiere“ 67ff., 91 (Adler) 41, 71, 77, 92, 95, VIII 2 137 (4) / (Bär) 34, 41, 45, 49, 57, 59, 67ff., 85, 91, 96, 117f., VIII 2 138 (7), VIII 3 145 (5), VIII 4 163 (39), 163 (40), 165 (49) / (Eber) 41, 67ff. (Fuchs) 69ff., 73 / (Hund) 73 / (Löwe)
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Register
67f. / (Rabe) 41, 59, 71f., 77, 85, 95f. VIII 3 148 (24) / (Wolf) 9, 41, 43f., 57, 59, 67ff., 85, 91, 95f., 104, 117, 122, VIII 4 164 (46) / (Wurm – myth.) 70, 95f.; s.a. Pferde Völkernamen 47, 82ff., 93f., VIII 1 128, VIII 4 165 (51) „Waffen“ 38, 62, 69, 74ff., 91, 95, VIII 1 127 / („Brünne“) 95, 122, VIII 1 127 / („Helm“) 62, 75ff., 122, VIII 127, VIII 3 148 (23a) / („Schild“) 62, 74, 76f., 95 / („Speer“) 50, 74f., 77, 92f., 95, 100, 118, 122, VIII 3 146
(10), VIII 3 150 (39), 151 (49), / („Schwert“ bzw. „Klinge“) 13, 31, 76f., 81, 92f., 95, 127 / (Streitaxt) 81, 95; s.a. „Maske“, „Zelt“ Walküre (bzw. Schildmaid) 55, 110ff. Westfranken 41f., 47, 51, 90, 93, 102, VIII 1 130f., VIII 2 139ff., 143f. Westgermanen 84, VIII 4 162 (37); siehe auch Angelsachsen, Deutsche Stämme, Friesen, Langobarden, Sachsen, Westfranken W¯ıds¯ıth 83, 109 „Zelt“ 95, IX 3 237f.
Verzeichnis der behandelten Namenglieder
X.3
267
Verzeichnis der behandelten Namenglieder
Die arabischen Ziffern verweisen auf die entsprechenden Seiten im Text, die römischen Ziffern auf die entsprechenden Stellen im Anhang (Abschnitt, Seite und Nummer)
Agi-, Agila-, Agina- 42, VIII 2, 136 (1), VIII 2 144 -agóras 33 Ala- 40, 96 Alja-, Aljan(a)- 42, VIII 2 140 (12) -álfr, -elfr 118, VIII 4 165 (47) Ama-, Ami- (?), Amala-, Amana- VIII 2 136 (2) -anax 99 Angana-, Angi- (?), Angila-, Angina- 42, VIII 2 136f. (3) Anse- 96 Ansu- 89 Ara-, Arana-, Arina-, Arnu- 71, VIII 2 137 (4) Ard- 94 Aska- 95 A@a-, A@ala-, A@ana- 31, 41, VIII 2 137f. (5), 144 Auda-, Audal- VIII 2 140 (13) Awila-, Awin-, Awja- VIII 2 138 (6) -bad, -badu-, -baduz, -badwaz, -bead 50f., 58f., 94, VIII 3 145 (1), IX 4 245ff. Bald-, -baldaz, -bal@az 87, VIII 3 145 (2) -bard-, -bardaz 90, VIII 3 145 (3) Baug- 122 -bera-, Beran-, Berana-, Berina-, -bern, bernu-, -bernuz, -bero, -beruz, -bjorn ˛ 45, 49, 68, 77, 118, VIII 2 138 (7), VIII 3 145 (5) -berga, -bergo 111ff., VIII 4 152f. (1) -berhtaz, -berhto 9, 45, 87, VIII 3 145 (4), VIII 4 153 (2) Bili(z)- 95 -birin VIII 4 163 (39) -bod, -bx., -bodo, -boto, -budaz, -budo 44, 49, 50, VIII 3 145f. (6), VIII 4, 153 (3) -bord- 76 -brandaz 76f., VIII 1 127 -brun 117, VIII 4 163 (40) Brunja- 95 -burg, -burgo, -burgoz 38, 111f., VIII 4 153f. (4), IX I 194 Cart- IX 169f. Daga-, Dagan-, Dagi-, Dagin- VIII 2 140 (14) -dasa 103
-dís VIII 4 165 (50) -diuha IX 1 170, 189 -diuks IX 1 192 -dun 118, VIII 4 163 (41) Ebra- 41 Ehwa- 96 Era-, Eran-, Erin- VIII 2 140 (15) Erma-, Ermana-, Irmi-, Irmina- 41, 96, VIII 2 138 (8) -ey VIII 2 144, VIII 4 1165 (48) Faga-, Fagin- VIII 2 140 (16) -fara, -faraz 27, VIII 3 146 (7), VIII 4 161 (33) -finna, -finnr 84, 118, VIII 4 165 (51) -fled-, -fled¯ı 104f., 114f. Frey- 96 -fr¯ıd- 50, 104f., 114f., VIII 3 146 (8), VIII 4 154 (6) Fulka- 63 -funsaz VIII 3 146 (9) -gaizaz 51, 75f., VIII 3 146 (10) Gama-, Gamal-, Gaman- VIII 2 140 (17) -gandaz, -gandr VIII 3 146 (11) -gangaz 46, 93, VIII 3 146 (12) -gar, -garo 51, 87 -garbha 108 -gard-, -gar.az, -gard¯ı- 74, 98, 105, 116f., VIII 3 146 (13), VIII 154 (7), IX 194 -garius 51 -gasti, -gastiz 45, VIII 3 146f. -gauja, -gaujaz, -gaujis, -gauwo 73 -gautaz VIII 3 147 (15) -gebaz, -gebo 64f., 109, 112, VIII 4 154 (8) -geir 51 -geld-, -geldaz, -gild-, -gild¯ı (?) 90, 105, VIII 3 147 (16), VIII 4 154 (9) -gena 108 -genes¯ı, -genesja 103 -gernaz VIII 3 147 (17) Gildi- IX 1 171, 194 -gifu, -gëofu 109 -g¯ıs, -g¯ısaz 75, VIII 3 147 (18), VIII 4 163f. (42) G¯ısa-, G¯ısal-, G¯ısil-, -g¯ıslaz 75, VIII 2 140f. (18), VIII 3 147 (19)
268
Register
-gnata 108 -god- 105, VIII 4 155 (10), IX 1 194 -grim, -gríma, -gr¯ımaz, -grímr 45, 77, 91, 118, VIII 4 165 (52), IX 3 225ff. Gu.a-, Guda-, Gudal- 89, VIII 2 141 (19) -gun@-, Gun@a-, Gun@al-, Gun@i-, Gun@il-, -gun@az, -gun@¯ı, 58f., 94, 105, 111, 116, VIII 2 141 (20), VIII 3 147 (20), VIII 4 155f. (11), IX 1 173, 194, IX 4 244ff. -gupta 108 Guta-, -guto 68, 90, VIII 4 161 (34) Haga-, Hagan-, Hagi-, Hagin-, Hagu- 91, VIII 2 141 (21), IX 3 228 -hai@-, Hai@a-, Hai@an-, Hai@in-, -hai@az, -hai@¯ı, -hai@uz 87, 105, VIII 2 141 (22), VIII 3 147 (21), VIII 4 156 (12) Haled- 48 Hama- IX 1 192 Hamar- 48 Hanha- 96 -hard-, -hard¯ı, -harduz 45, 87, 103, 105, 117, VIII 3 147 (22), VIII 4 156 (12a) -hari, -harjaz, -heri 9, 41, 51, 64, 66, 79, IX 4 242 -hart VIII 4 164 (43) -ha@u-, -ha@uz 50, 58, VIII 3 147f. (22), IX 4 244ff. -hedinn 91 -held-, -heldaz 58f., 105, VIII 3 148 (23), IX 4 245ff. -helm, -helmaz (?) 75f., VIII 1 127, VIII 3 148 (23a) Heoru- 68 -her, -here 52, 64 -herta- 62f. Heru- 95, VIII 1 127 -hetan 38 Hlewa- 61 Hlod- 61 Hild-, Hilde-, Hildi-, -hild¯ı, -hildr 65, 68, 94, VIII 4 156 (13), IX 1 194, IX 3 222, IX 4 245 -(h)old 80 -hrabnaz, -ramnus 70, VIII 3 147 (24) Hroda- 60, 65 Hroma- 60 Hros- / Hors- 96 -hugi 51 -hun-, -hunaz 69, 84 -husa- 97 -hwelf 69 Imi-, Imil- (?), Imin- (?) VIII 2 138f. (9) Ing-, Ingil-, Ingin, Ingu-, Ingwa 89, 96, VIII 2 141 (23)
Iphi- 99 Isa-, Isan-, Isi- VIII 2 142 (24) -juka, -juks 65, VIII 4 152, 162 (35), IX 1 173ff., 180, 186ff., IX 5 251 -katla, -ketill 77, 118, VIII 4 166 (54) -kind 38, 84 -kles, -klewes 60 -klúmenos 33 -krátes 56 Krem-, Krema-, Kriem-. IX 3 229ff. -laibaz, -laibo 89, 108, VIII 3 148 (25), VIII 4 156 (14) -laikaz 58, 86, VIII 3 148 (27), IX 244 -lai@ 105, VIII 3 148 (26), VIII 4 156 (15) -lata 108 -laug, -laugaz, -laugo 116f., VIII 148f. (28), VIII 4 157 (16) -leubaz, -leubo VIII 3 149 (29), VIII 4 157 (17) -lin@ 100, 105, 114, VIII 4 157 (18) -lo. VIII 4, 166 (53) -machos 56, 60 Maga-, Magi-, Magin- VIII 2 142 (25) -mala 108 -man 38 Manag- 48 -mañˆjar¯ı 108 Marha- 94 -mari, -marius, -marus, -mer-, -meraz, -merija, -mer¯ız 35, 51, VIII 3 149 (30) Ma@a-, Ma@ala- (?), Ma@la- 42, VIII 2 139 (10) -medes, -medon, -medusa 45 -mitra 108 -mod- 62, 65, 105, VIII 3 149 (31), VIII 4 157f. (19) -mund-, Mundi-, -mundr, -mundu, -munduz 45, 65f., 105, VIII 3 149 (31), VIII 4 158 (20), IX 1 186, 194 -nan@, -nan@az 87, 103, VIII 3 149 (33), VIII 4 158 (21) -niwjo 113f., VIII 4 158 (22) -oddr 75 O@ala- 31 -pat, -pato 51 -phron 45 -prabha 108 -ptólemos 33 Raga-, Ragi-, Ragin- VIII 2 142 (26) -rand- 76, 95 Reda-, -red, -redaz, -redo 43, 65, 95, 105, VIII 3 149 (34), VIII 4 158 (23)
Verzeichnis der behandelten Namenglieder
-r¯ıdaz 27, 43, VIII 3 149 (35) -ri6r 86 -rigius, -rik-, -r¯ıkaz, -r¯ıkiz, -rix 31, 35, 37, 51, 56, 79, VIII 3 150 (36) -run, -runo 113, 118, VIII 4 159 (24), IX 1 194 -sala- 97, VIII 1 128 Scyld- 95 -sige, -sigiz 51 Sigi-, Sigil- VIII 2 142 (27) -sim . ha- 103 -sin@, -sin@az 27, 86, 105, VIII 3 150 (37), VIII 4 159 (25) -skalkaz 90, VIII 3 150 (38) -slav˜ 60 -snot VIII 4 164 (44) -îrava 60 -stabaz (?) 75, VIII 3 150 (39) -stainaz VIII 3 150 (40) -swap 83 -swin@-, -swin@az 87, 104, 105, VIII 3 150 (41), VIII 4 159 (26), IX 1 194 Teiwa- 96 -@ewaz, -@iw¯ı 56, 90, 109, VIII 3 150 (42), VIII 4 160 (27) -theo, -deoh, -diech IX 1 189, 192 Thor- 96 -@ru@-, -@ru@¯ı 104f., 114f.,VIII 4 160 (28), IX 1 194 Thuring- 48 -u6r, -unn(r) 118, VIII 4 166 (55) Ufta- IX 1 190f. -ulf 122 -unc, -ung, -ungr IX 2 199, IX 5 253 -volcus 84 Wada-, Wadal-, -wadaz, Wadi-, Wadil- 86, VIII 2 142 (28), VIII 3 150 (43)
269
Wael- 68 -wald-, -waldan, -waldaz, -waldo 43f., 79f., 105, 117, VIII 3 150 (44), VIII 4 160 (29) -walhaz VIII 3 150f. (45) Walu- 112 Wanda-, Wandala-, Wandila-, -wandal 38, 42, VIII 2 139 (11) Wara-, -waraz, -waro 116, VIII 2 143 (29), VIII 3 141 (46), VIII 4 160 (30) -wardaz, -wardo 79f., VIII 3 151 (47) -wari, Warja-, -warjaz 43, 51, 79, VIII 2 143 (29), VIII 3 151 (48) War(i)n- VIII 2 143 (29) -wera (?) VIII 4 162 (36) -werc, -werk 65, IX 189 -widuz 50, 75, VIII 151 (50) -w¯ıg-, -w¯ıgaz 58f., 68, 90, VIII 3 151 (50) -w¯ıhaz, -w¯ıho, -w¯ıhuz 58, 90, VIII 3 151 (53), VIII 4 161 (32) -wili 51 -wilja- 62 -windaz, -wint 117, VIII 3 151 (54), VIII 4 161 (32) -wingaz, -winz 58, VIII 3 151 (51) Winida- 41 -win, -w¯ın, -wine, -wini -winiz 51f., 89, VIII 3 151 (55) -w¯ıs- VIII 4 162 (37) -w¯ıt 60, VIII 4 164 (45) -w¯ıwaz 58, VIII 3 (52) -wulb¯ı, -wulfaz 9, 68, VIII 4 164 (46) -wul@uz 80 Wurma- 95 -wyn(n) 109, 114, VIII 4 162 (38) Ziu- 96
270
X.4
Register
Register der erwähnten Personennamen (mit Quellennachweisen, für Skandinavien in Zusammenarbeit mit Lena Peterson und Thorsten Andersson)
Die kursiv gesetzten arabischen Zahlen verweisen auf die entsprechenden Seiten im Text, die römischen Ziffern ggf. auf den entsprechenden Abschnitt im Anhang (Abschnitt, Seite und ggf. Nummer)
Abarhilda dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 13 48 Abegondo (ON) wgot., Sachs S. 24 VIII 4 155 (11) Abeuin dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 12 VIII 3 151 (55) Acleberta wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XVII § 39 VIII 4 153 (2) Aclevolda wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IV § 21 VIII 4 160 (29) Acupardus lgb., Bruckner S. 264 91 Adabald dt., Förstemann Sp. 154 48 Adabrandus ogerm. (?) 5. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 317 76 Adalbodo dt., Förstemann Sp. 164 VIII 2 137 (5) Adalbrun dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 338 VIII 4 163 (40) Adalburgis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX § 9 VIII 4 153 (4) Adalfarus dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 165 VIII 3 146 (7) Adalfrid dt., Förstemann Sp. 165 VIII 2 137 (5) Adalgadus burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 102 VIII 2 137 (5) Adalgardus wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX § 302 VIII 3 146 (13) Adalgardis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. III § 44 102 Adalgildis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. II § 6 VIII 4 154 (9) Adalgisa wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX § 196 VIII 4 163 (42) Adalgud(is) burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 102 VIII 4 155 (10) Adalgudis wgot. 7. Jh., Gamillscheg III S. 102 VIII 4 155 (10) Adalhugi dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 173 52 Adalindis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. II § 57 VIII 4 157 (18) Adalmudis wgot., Gamillscheg I S. 309 VIII 2 137 (5), VIII 4, 157 (19) Adalmundi(s) wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XV § 36 VIII 4 158 (20)
Adalnot dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 177 86 Adalsada wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. II § 102 102 Adalsinda wfrk. 8. Jh., Förstemann Sp. 178 VIII 4 159 (25) Adalteia wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XXII § 67 VIII 4 160 (27) Adaluc dt., Förstemann Sp. 173 52 Adaluual lgb. 6. / 7. Jh., Schönfeld S. 2 48 Adalwal lgb. 6. / 7. Jh., Schönfeld S. 1 47 Adalwalah dt., Förstemann Sp. 179 84 Adalwis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XII § 31 VIII 4 164 (45) Adangrim dt. 7. Jh., Förstemann Sp. 183 VIII 2 137 (5) Adaulfus wgot., Meyer-Lübke S. 14 VIII 2 144 Adbraht sächs., Förstemann Sp. 155 VIII 2 137 (5) Adeliuvus wgot. 7. Jh., Piel-Kremer S. 62, VIII 3 149 (29) Adelwiz dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 182 VIII 4 162 (37) Adenulf lgb., Försteman Sp. 183 VIII 2 137 (5) Adiatorix gall., Holder I Sp. 41 35, IX 4 240 A6ils wnord., Lind Sp. 4 VIII 2 137 (5) Adiman sächs., Förstemann Sp. 156 VIII 2 137 (5) Adolach dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 156 VIII 2 137 (5) Adragondo wgot., Sachs S. 24 VIII 4 155 (11) Aedilbald ags. 9. Jh., Müller S. 123 VIII 3 145 (2) Aedilhild ags. 7. Jh., Boehler S. 29 VIII 4 156 (13) Aegenulf, ags., Forssner S. 15ff. VIII 2 136 (1) Aelfleof ags. 11. Jh., Boehler S. 24 VIII 4 175 (17) Aenheri ags., Ström 13 Anm. VIII 2 138 (6) Aethelinth sächs. 11. Jh., Schlaug S. 66 VIII 4 157 (18) Agedomopatis gall., Holder I Sp. 56 35, IX 4 240 Agenarichus dt. 4. Jh., Schönfeld S. 3 VIII 2 136 (1), IX 1 173
Register der erwähnten Personennamen
Agihar dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 22 VIII 2 136 (1) Agil(a) wgot. 6. Jh., Schönfeld S. 3 VIII 2 136 (1) Agilamu[n]don nord. 4. / 5. Jh., C. J. S. Marstrander: Rosselandssteinen, in: Universitet in Bergen Årbok. 1951 (hist.-antiqu. rekke. nr. 3), S. 3ff. 47, VIII 2 136 (1), VIII 4 152 (20), IX 4 240 Agilbertus burg. Gamillscheg III S. 96 VIII 2 136 (1), VIII 3 145 (4) Agilimundus quad. 4. Jh., Schönfeld S. 4 47, VIII 2 136 (1), VIII 3 149 (32), VIII 4 158 (20) Agilulfus lgb. 7. Jh., Schönfeld S. 4 47 Agiulfus wgot. 5. Jh, Schönfeld S. 4 VIII 2 136 (1) Agnarr wnord., Lind 6f. VIII 2 136 (1) Agnitrudie wgot., Piel S. 409 VIII 2 136 (1), VIII 4 160 (28) Agobardus wfrk. 8. Jh., Förstemann Sp. 18 91, VIII 4 145 (3) Aidoiggos got. 5. Jh., Schönfeld S. 5 VIII 3 151 (51) Aiero burg. 9. Jh., Gammillscheg III S. 96 VIII 2 136 (1) Ailbern, -bert, -ger dt., Förstemann Sp. 29 VIII 2 136 (1) Ainberga wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XV § 72 102 Airfonnus burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 96 VIII 3 146 (9) Airikis schwed. 8. Jh. (Gen.), Lindquist 51, 79 Airsenda burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 96 VIII 4 159 (25) Aisberga burg. 5. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 92 VIII 2 140 (15), VIII 4 152 (1) Alaifu wnord. 6. Jh. (?), Krause Nr. 62 VIII 4 156 (14) Alalaz wgot., Gamillscheg I S. 305f. VIII 4 156 (15) Alagu(n)q dt. 7. Jh. (oder älter?), Krause Nr. 97 VIII 4 155 (11) Alanteus wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. II § 14 VIII 2 140 (12) Alaricus wgot. um 400, Schönfeld S. 9ff. 40, 96 Alatheus wgot. 4. Jh., Schönfeld S. 11 40, VIII 3 150 (42), VIII 4 160 (27) Alavia wfrk. 9. Jh., Förstemann Sp. 55 VIII 4 161 (31) Alavivus wgot. 4. Jh., Schönfeld S. 11f. VIII 3 151 (52) Alawill dt., Förstemann Sp. 55 52 Alawit dt., Förstemann Sp. 54 96 Alazed wgot., Gamillscheg I S. 306 VIII 4 158 (23) Albhaidis wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 68 VIII 4 156 (12)
271
Albheid dt., Förstemann Sp. 68 VIII 3 147 (21) Albleib dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 69 VIII 4 153 (14) Alboin lgb. 5. Jh., Schönfeld S. 12 52, VIII 3 151 (55) Aldara wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XXIV § 140 102 Aldualch ags. 9. Jh., Müller S. 157 VIII 3 150 (45) Alew¯ıh dän., W¯ıds¯ı6 VIII 3 151 (53) Alfaidus wfrk., Pol. Irm. XVI § 31 VIII 3 147 (21) Álfarinn wnord., Lind Sp. 11 77 Álfhei6r wnord. 10. Jh., Lind Sp. 13 VIII 4 156 (12) Alfsvith sächs. 12. Jh., Schlaug S. 70 VIII 4 159 (26) Algonno (ON) wgot., Gamillscheg I S. 307 VIII 4 155 (11) Aligernus ogot. Schönfeld S. 13 VIII 3 147 (17) Almut nhd., Seibicke 1 S. 92f. 117, 123 Alrekr wnord., Lind Sp. 21 40 Alihilt dt., Förstemann Sp. 82 VIII 2 140 (12) Alisiardus burg.-rom. 13. Jh., Gamillscheg III S. 98 VIII 2 144 Altbirn dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 57 VIII 4 163 (39) Aluchstan ags. 9. Jh., Müller S. 157 77, VIII 3 150 (40) Alugod nord. 3. Jh., Erik Moltke: E runenskriften opstået i Danmark?, in: Fra Nationalmuseets Arbejdsmark, Kopenhagen 1951, S. 48 VIII 4 152, 155 (10) Aluych ags. 9. Jh., Müller S. 157f. VIII 3 151 (53) Aluuig ags. 8. Jh., Sweet S. 432 VIII 3 151 (50), IX 4 249 Amalaberga ogot., Anton Scherer: Zum Sinngehalt der germanischen Personennamen, in: Beiträge zur Namenforschung. 4, 1953, S. 18 48, VIII 4 152 (1) Amalafrida ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 15 48, 104, VIII 4 154 (6) Amalaricus ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 15 VIII 2 136 (2) Amalasuintha ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 15 48, 104, VIII 4 159 (26) Amalhart dt., Förstemann Sp. 93 VIII 2 136 (2) Amalunc dt., Förstemann Sp. 90 VIII 2 136 (2), IX 2 214 Amanolt dt., Förstemann Sp. 96 VIII 2 136 (2) Amansvindu wgot. 9. Jh., Aemilius Hübner: Inscriptiones Hispaniae Christianae, Berlin 1871, Nr. 215 VIII 2 136 (2)
272
Register
Amanug wfrk., Förstemann Sp. 96 VIII 2 136 (2) Amanung wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 8 VIII 2 136 (2) Amanulf dt., Förstemann Sp. 96 VIII 2 136 (2) Amelung mhd., Förstemann Sp. 90 IX 2 216 Amertshusen (ON) dt. 11. Jh., Förstemann-Jellinghaus I Sp. 119 VIII 2 136 (2) Amichar wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 96 VIII 2 136 (2) Amichelda burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 126 VIII 2 136 (2) Amigeldis burg. 11. Jh., Gamillscheg III S. 126 VIII 2 136 (2) Aming wfrk. 6. Jh. u. wgot. 8. Jh., Förstemann Sp. 88 VIII 2 136 (2) Amulfrid dt., Förstemann Sp. 92 VIII 2 136 (2) Amunde / -mundis dt., Förstemann Sp. 24 VIII 4 158 (20) Andhun ags. 7. / 8. Jh., Ström S. 159 84 Andromach¯e griech., Passow I / 1 S. 215 99, 103 Andromachos griech., Passow I / 1 S. 215 99 Andrónikos griech., Passow I 1 S. 216 IX 4 241 Angandeo dt., Förstemann Sp. 119 VIII 2 137 (3) Anganildis wfrk., Pol. Irm. XX § 38 VIII 2 137 (3) Angant´yr nord., Edda Hunnenschlachtlied 1 VIII 2 137 (3) Angelfrid ogot. 6. Jh., Wrede S. 144 47, 50, VIII 2 136 (3) Angelqeof ags., Schröder S. 28ff. VIII 2 137 (3) Angeriz (ON) wgot., Sachs S. 71 VIII 2 136 (3) Angeyia wnord., Lind Sp. 29 VIII 4 165 (48) Angilsnot dt., Förstemann Sp. 117 VIII 4 164 (44) Anseardis burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 99 VIII 4 154 (7) Ansegranus lgb., Bruckner S. 33 IX 4 243 Ansegundis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX, § 14 VIII 4 155 (11) Anselgisa lgb. 9. Jh., Bruckner S. 225 VIII 4 163 (42) Ansemundus wgot. 7. Jh., Bezzenberger 84, VIII 3 149 (32) Anshram dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 128 96 Ansologus dt. um 600 (?), Förstemann Sp. 129 VIII 3, 148 (28) Antado burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 100 VIII 3 147 (22) Anundr nord., S. Bugge, PBB 12, 1887, S. 14f. VIII 2 138 (6)
Aodalgis, -goz dt., Förstemann Sp. 205 VIII 2 140 (13) Aongoz dt., Förstemann Sp. 208 VIII 2 138 (6) Arafredi wgot., Gamillscheg I S. 308 VIII 2 137 (4) Aragili wgot., Meyer-Lübke S. 13 VIII 2 137 (4) Aragis dt. 6. Jh., Förstemann Sp. 136 VIII 3 147 (18) Arahad dt., Förstemann Sp. 137 VIII 2 137 (4) Araharius quad. 4. Jh., Schönfeld S. 23 VIII 2 137 (4) Aramberto burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 100 VIII 2 137 (4) Arangisclus wgot. 7. Jh., Julian von Toledo S. 805 VIII 2 137 (4) Aranhilt dt., Förstemann Sp. 141 VIII 2 137 (4) Archiméd¯es griech., Passow I / 1 S. 407 33 (in terra) Arcrim (ON) burg. 10. Jh., Gamillscheg III 91 Ardaricus gepid. 5. Jh., Schönfeld S. 24 94 Arenberga burg. 6. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 101a VIII 2 137 (4) Argaithus got. 3. Jh., Schönfeld S. 208 VIII 3 147 (21) Argibad wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 8 50, IX 4 245 Arinbiaurk nord., Lind Sp. 32 VIII 2 137 (4) Arinbiorn nord., Lind Sp. 32 VIII 2 137 (4) Arindeo dt., Förstemann Sp. 140 VIII 2 137 (4) Arintheus ogot. 4. Jh., Schönfeld S. 26 VIII 2 137 (4) Arístaichmos griech., Bechtel S. 31 74 Arjunasim . ha ind., Hilka S. 81 68 Arledi burg., Gamillscheg III S. 127 VIII 3 148 (26) Armegavus wgot., Gamillscheg I S. 308 73 Arndís wnord. 10. Jh., Lind Sp. 39 VIII 2 137 (4), VIII 4 156 (50) Arndísa wnord. 14. Jh., Lind Sp. 40 VIII 4 165 (50) Arngunnr wnord., Lind Sp. 46 102, VIII 4 155 (11) Arnhelm dt., Förstemann Sp.140 VIII 2 137 (4) Arnigisclus skyth 6. Jh., Schönfeld S. 29 VIII 2 137 (4) Arnqru6r wnord. 9. Jh., Lind Sp. 58 VIII 4 160 (28) Arogis dt. 7. Jh. (?), Krause Nr. 97 VIII 4 163 (42) Arsiboda lgb. (?) um 600, Krause Nr. 95 VIII 4 153 (3) Arthelm dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 755 94 Arvagastus dt. 9. Jh., Schönfeld S. 31 VIII 3 146 (14)
Register der erwähnten Personennamen
Asbera wnord., Lind Sp. 63 VIII 4 163 (39), 146 (49) Ä sbuq nord. 11. Jh., Lis Jacobsen / Erik Moltke: Nyt navnestof i gamle runeindskrifter, in: Namn och bygd 23, 1935, S. 181 VIII 4 152, 153 (3) Ásleif wnord., Lind Sp. 81 117 Ásleifr wnord., Lind Sp. 81 117 Asnardus wgot., Gamillscheg I S. 309 VIII 3 147 (22) Asturmus lgb. 8. Jh., Bruckner S. 228 70 Ast´yanax griech., Passow I / 1 S. 123 33 Astykrateia griech., Passow I / 1 S. 124 33 Asugisalas nord. 6. Jh. (Gen.), Krause Nr. 39, VIII 3 147 (18) Ásulfr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 91 96 A´svajit ind., Hilka S. 119 19 Atano dt. 7. Jh., Krause Nr. 98 VIII 2 137 (5) Atebodua kelt., Holder I Sp. 253 IX 4 246 Ateboduos kelt., Holder I Sp. 253 IX 4 246 Atenulfus burg. 10. Jh., Sachs S. 34f. VIII 2 137 (5) Athalaricus ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 33 48, VIII 2 137 (5) Athanagildus wgot. 6. Jh., Schönfeld S. 34 VIII 2 137 (5), VIII 3 144 (16) Athanaldus burg., Gamillscheg III 80 Athanaricus wgot. 4. Jh., Schönfeld S. 34f. 40, VIII 2 137 (5) Atharidos got., R. Löwe, PBB 47, 1923, S. 430 VIII 2 137 (5) Athaulfus wgot. 5. Jh., Schönfeld S. 33 40, VIII 2, 137 (5) Athisl wnord., Lind Sp. 5 VIII 2, 137 (5) Audelbertus wfrk., Pol. Irm. XX § 15 VIII 2 140 (13) Audoin lgb., Bruckner S. 229 52 Aulbod dt., Förstemann Sp. 207 VIII 2 137 (6) Auloldo signum (ON) burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 103 VIII 2 138 (6) Aunemundus burg. 5. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 72 VIII 2 138 (6) Auno östergotländ. (Akk.), Brate-Wessén Nr. 91 VIII 2 138 (6) Aurbo6a nord., Edda Hyndlolió6 30 VIII 4 153 (3) Auredus wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 8 VIII 2 138 (6) Aurinia germ. 1. Jh. (lat. Überlieferung), Germania S. 164 IX 6 Austaharjaz urnord., LUP S. 23 93
273
Austrigusa gepid. 6. Jh., G. Waitz (Hg.) Monumenta Germaniae historica, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum saec. VI–IX, 1878, Kap. 4, S. 4 VIII 4 161 (34) Autelgrim lgb. 10. Jh., Förstemann Sp. 205 VIII 2 140 (13) Authardis dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 193 VIII 4 164 (43) Authari lgb. 7. Jh., Schönfeld S. 39 79 Autólykos griech., Passow I / 1 S. 449 68 Autsidingus (ON), burg. 8. Jh., Gamillscheg III S. 42 VIII 3 150 (37) Awileib dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 218 VIII 2 138 (6) Awimund dt. 5. / 6. Jh., Krause Nr. 98 VIII 2 138 (6) Aynsie, ags., Forssner S. 15ff. VIII 2 156 (1) Bacnanda wfrk. Förstemann Sp. 231, VIII 4 158 (21) Badegiselus dt. 6. / 7. Jh., Behrens S. 7 u. 24 VIII 3 147 (19), VIII 4 159 (26) Badusui6 ags. 8. / 9. Jh., Boehler S. 35 VIII 4 159 (26) Badufrith ags. 9. Jh., Müller S. 158 VIII 3 146 (8) Baeglog ags. 9. Jh., Müller S. 158 VIII 3 148 (28) Bagidona lit. 89 Baldhun dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 240 84 Bardelas (ON) wgot., Sachs S. 42 91 Bardián (ON) wgot., Sachs S. 42 91 Baudegund wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 251 VIII 4 155 (11), IX 4 245 Baudonivia wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 251 VIII 4 158 (22) Baugulf dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 252 121f. Beagnoq ags. um 700, Krause Nr. 6. VIII 3 149 (33) Bearnheard ags. 9. Jh., Müller S. 124 VIII 3 147 (22) Belatumara kelt., Holder I Sp. 370 IX 4 240 Beornwynne ags. 8. Jh. (Gen.), Boehler S. 39 VIII 4 162 (38) Beornuini north., Müller S. 159 VIII 2 138 (7) B¯eowulf ags., Beowulf 72 Beranwich dt., Förstemann Sp. 271 VIII 2 138 (7) Bercthae6 ags. 9. Jh., Müller S. 160 VIII 3 147 (22), IX 4 244 Berctuara ags. 8. / 9. Jh., Boehler S. 38 VIII 4 160 (30) Bercundus wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 251 VIII 4 155 (11)
274
Register
Bereheri dt., Förstemann Sp. 262 VIII 2 138 (7) Beremud ogot. 6. Jh., Schönfeld, S. 49 VIII 2 138 (7), VIII 3 149 (31) Berenaldus, -naria wgot., Meyer-Lübke S. 20 VIII 2 138 (7) Bergise dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 262 VIII 4 163 (42) Bergondo wgot., Sachs S. 38 VIII 4 155 (11) Bergunde (ON) wgot., Sachs S. 38 VIII 2 138 (7) Berhtuud ags. 8. Jh., Searle S. 296 50, VIII 3 151 (49) Berinher dt., Förstemann Sp. 269 VIII 2 138 (7) Berili wgot., Meyer-Lübke S. 19 VIII 2 138 (7) Bernacar dt., Förstemann Sp. 271 VIII 2 138 (7) Berndag dt., Förstemann Sp. 267 VIII 2 138 (7) Bernhund dt., Bohn S. 199 73 Bermer sächs., Förstemann Sp. 264 VIII 2 138 (7) Bernhard nhd., Förstemann Sp. 269 80, 122 Bernmer sächs. (?), Förstemann Sp. 264 VIII 2 138 (7) Bero wnord. 12. Jh., Lind Sp. 122 70 Berolog dt., Förstemann Sp. 263 VIII 3, 148 (28) Bertefledis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XVI § 15 102 (Arnaldus) Bertgavus wgot., Gamillscheg I S. 311 73 Bertichildis dt., G. Behrens: Der BertichildisGrabstein von Kempten bei Bingen, in: Germania 21, 1937, S. 133f. VIII 4 156. (13) Bertisindis dt. 6. / 7. Jh., Behrens S. 22f. VIII 4 159 (25) Bertoara wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. VII § 40 VIII 3 151 (46) Bertsuindis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. V § 33 VIII 4 159 (26) Biargey wnord. 10. Jh., Lind Sp. 135 VIII 4 165 (48) Biarngrímr wnord., Lind Sp. 135 VIII 2 138 (7) Birna isl. 10. Jh., Lind, Sp. 142 (Sb. Sp. 171) VIII 4 163 (39) Blicgard dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 312 VIII 4 154 (7) Bodalung dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 322f. IX 2, IX 5. Bo6varr wnord., Lind Sp. 183 VIII 3, 145 (1) Bogodan bulg., Miklosich Nr. 11 89 Bogoljub serb., Miklosich Nr. 11 89 Bogumił poln., Miklosich Nr. 11 89 Bolverkr wnord., Lind Sp. 1083 65 Bosleberta wfrk., Pol. Irm. XVII § 39 VIII 2 144
Botelung dt., Nibelungenlied Str. 1314 u. 1372 IX 2 Braidimunda wgot., Gamillscheg I, S. 312 VIII 4 158 (20) Brandálfr wnord., Lind Sp. 162 VIII 4 165 (47) Broddi wnord. 10. Jh., Lind Sp. 170 76 Broddr wnord., Lind Sp. 170 76 Brunhund dt. um 900, Bohn S. 199 73 Brunissard burg.-rom., Gamillscheg III S. 110 VIII 2 144 Bryniólfr wnord. 9. Jh., Lind Sp. 177 53 Bu6li nord., Edda Sigur6arqvi6o 8 IX 2 199ff. Burgundofara wfrk. 7. Jh., Förstemann, Sp. 351 VIII 4 161 (33) Burlougeswac (ON) dt. 11. Jh., Förstemann Sp. 1015 VIII 3 148 (28) Camalrat dt., Förstemann Sp. 592 VIII 2 140 (17) Camanolt dt., Förstemann Sp. 593 VIII 2 140 (17) Camulogenus kelt., Holder I Sp. 726f. IX 4 240 Cartdiuha dt., Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, Theil I, bearbeitet von H. Wartmann, Zürich 1863, S. 88 VIII 4 162 (35), IX 1 169ff. Cassoendis burg. 11. Jh., Gamillscheg III S. 134 VIII 4 159 (26) Catubodvos abret., Holder I Sp. 847 IX 4 246 Catugnatos kelt., Holder I Sp. 850 IX 4 240 Catuodus kelt., Holder I Sp. 847 IX 4 246 Catutigernos kelt., Holder III Sp. 1165 IX 4 240 Catuvolcus eburon. 1. Jh. v. Chr., Holder I Sp. 856 84 Catvalda markom. (?) 1. Jh. n. Chr., Schönfeld S. 62 44, 47 Ceolbercht ags. 9. Jh, Muller S. 162 VIII 3 145 (4) Ceolgar ags. 9. Jh., Müller S. 162 80, VIII 3, 146 (10) Chagnerich dt. 7. Jh., Förstemann Sp. 719 VIII 2 141 (21) Chagnoaldus wfrk. um 500, Le Blant Nr. 575 E 52, VIII 2 141 (21) Chariomerus cherusk. 1. Jh. n. Chr., Schönfeld S. 128 51 Chariovalda batav. 1. Jh. n. Chr., Schönfeld S. 128 44 Chasuarii (VN) um 100 n. Chr. (Tacitus), Schönfeld S. 129 47 Chatuarii (VN) 1. Jh. n. Chr., Schönfeld S. 131 47 Chauci (VN) 1. Jh. n. Chr., Schönfeld S. 131 87 Childeruna wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 835 VIII 4 159 (24)
Register der erwähnten Personennamen
Childesindis wfrk. 6. Jh., Förstemann Sp. 839 VIII 4 159 (25) Chindasuinthus wgot. 7. Jh., Schönfeld S. 138 VIII 3 150 (42) Chlodowech merow., Schönfeld S. 139 IX 1 173f. Chlothacharius dt. 6. Jh., Monumenta Germaniae historica Scriptores rerum Merovingicarum I / 1, 2. Ausg. 1950 S. 546f. 79 Chrodechildis burg. 6. Jh., Wackernagel S. 396 VIII 4 156 (13) Ciolfesheim (ON) dt. 8. / 9. Jh., Förstemann-Jellinghaus II Sp. 1464 96 Comboiomarus gall., Schmidt S. 178 35, IX 4 240 Cotesdegan dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 689 90 Cotesscalc dt., Förstemann Sp. 688 90 Cr¯emhilte, Chriemhilte dt. 8. Jh., Karl Bohnenberger: Kriemhilt, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 24 (1899), S. 221–231 IX 2 212, IX 3 Crotleid dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 908 VIII 4 156 (15) Cunigastus ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 67 VIII 3 146 (14) Cuthlac ags. 9. Jh., Müller S. 164 VIII 3 148 (27), IX 4 244 Cynelaf ags. 9. Jh., Searle S. 156 VIII 3, 148 (25) Cyneleof ags, Searle S. 156, VIII 3 149 (29) Cynewerd ags., Gerchow Nr. k 58 VIII 3 151 (47) Cynuise ags. 7. Jh. (Akk.), Boehler S. 157 VIII 4 162 (37) Dagalaifus ogerm. 4. Jh., Schönfeld S. 68 VIII 3 148 (25) Dagnouar dt., Förstemann Sp. 397 VIII 2 140 (14) Devadatta ind., Hilka S. 80 89 Devaja ind., Hilka S. 79 34, 89 Devamitra ind., Hilka S. 110 89 Dietleid dt., Förstemann Sp. 998 VIII 3 148 (26) Diogen¯es griech., Passow I / 1 S. 693 89 Divicatus kelt., Holder I Sp. 1289 IX 4 246 Divogenus gall., Holder I Sp. 1296 89 Drakon ¯ griech., Passow I / 1 S. 720 70 Droplaug wnord. 10. Jh., Lind Sp. 803 VIII 4 157 (16) Drudwih dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 427 VIII 4 161 (31) Dumnorix gall., Schmidt S. 199 35, IX 4 241 Dunimius burg. 8. Jh., Gamillscheg III S. 113 VIII 4 163 (41)
275
Dyrfinna wnord. seit etwa 1100, Lind Sp. 207 VIII 4 165 (51) Eadgyth ags. 7. Jh., Boehler S. 66 VIII 4 155 (11) Eadwine ags., Searle S. 191f. VIII 3 151 (55) Eanmund nord. (?,), Beowulfsage V. 2611 VIII 2 138 (6) Eansig ags., Müller S. 166 VIII 2 138 (6) Eardhelm ags. 9. Jh., Müller S. 166 94 Earnuulf ags., Müller S. 167 VIII 2 137 (4) Ebararo bayr. 11. Jh., Förstemann Sp. 440 71 Ebarwis dt., Förstemann Sp. 447 VIII 4 162 (37) Ebernot dt., Förstemann Sp. 444 86 Ecgsuith ags., Müller S. 167 VIII 2 136 (1) E6elbern fries., Förstemann Sp. 162 68 E6elgerd fries., 11. Jh., Bohn S. 155 VIII 3 146 (13) Edilhech ags. 9. Jh., Müller S. 124 87 E6ilric ags., Müller S. 125 VIII 3 150 (36) Egelfride ags. 11. Jh., Boehler S. 28 VIII 4 154 (6) Egilbern dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 29 68, VIII 2 136 (1), VIII 3 145 (5), VIII 4 163 (39) Egill, wnord., Lind Sp. 209 VIII 2 136 (1) Egilleif wnord. 10. Jh., Lind Sp. 211 47, VIII 2 136 (1) Egilpero dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 29 45 Ehapaldingas (ON) dt., Förstemann-Jellinghaus I Sp. 804 96 Eiríkr wnord., Lind Sp. 223ff. 40 Eisenbaldus burg., Gamillscheg III S. 61 VIII 3 145 (2) Elffled ags. 7. Jh., Boehler S. 15 VIII 4 154 (5) Eliland dt., Förstemann Sp. 82 VIII 2 140 (12) Ellengund dt., Förstemann Sp. 85 VIII 2 140 (12) Ellinlind dt., Förstemann Sp. 85 VIII 2 140 (12) Emihild dt., Förstemann Sp. 953 VIII 2 138 (9) Engarde (ON) wgot., Sachs S. 107 74 Engelburg dt., Förstemann Sp. 111 VIII 2 137 Engiburg dt., Förstemann Sp. 107 VIII 2 136 (3) Engilborg wnord., Lind Sp. 632 VIII 2 137 (3) Engilburc dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 111 VIII 4 153 (4) Engilfrit dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 112 VIII 4 154 (4) Engilhoh dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 114 87 Engilpirin dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 110 VIII 2 136 (3) Enginbold dt., Förstemann Sp. 119 VIII 2 137 (3) Enginrat dt., Förstemann Sp. 119, VIII 3 149 (34)
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Register
Engelrid dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 116 43, VIII 3 149 (35) Engilscalc dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 117 VIII 3 150 (38) Engilwat dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 118 VIII 3 150 (43) Engomer (ON) wgot, Gamillscheg I S. 317 94 Eofor ags., Beowulf 68 Eomaer ags. um 700 (?), Sweet S. 127 51 Eorcongotae ags. 7. Jh., Ström, S. 19 VIII 4 161 (34) Eormenbeorge ags., Boehler S. 156 VIII 4 152 (1) Epa6atechtorix kelt., Holder I Sp. 1442f. IX 4 240 Epílykos griech., Passow I / 2 S. 1083 68 Eporedorix gall., Holder I Sp. 1452f. 35, IX 4 240 Epokillos makedon.-illyr., H. Krahe: Würzburger Jahrbücher für Altertumswissenschaften 1, (1946), S. 179 19 Epo(a)manduos gall., Holder I Sp. 1447 19 Epo[ste]rovidus gall., Holder I Sp. 1454 IX 4 240 Erachar dt., Förstemann Sp. 454 VIII 2 140 (15) Erambert wfrk. 8. Jh., Förstemann Sp. 455 VIII 2 140 (15) Eranbald dt., Förstemann Sp. 454 VIII 2 140 (15) Erarius, -richos rug., Schönfeld S. 75 VIII 2 140 (15) Ercanboto dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 460 44, VIII 3 145 (6) Ercansint dt., Förstemann Sp. 463 VIII 3 150 (37) Ercantildis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XIII § 27 VIII 2 144 Ereleuva ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 75 VIII 2 140 (15), VIII 4 157 (17) Erimgaudus wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. V § 39 VIII 2 140 (15) Erinbert dt., Förstemann Sp. 455 VIII 2 140 (15) Ermanárichos ogot. 5. Jh., Schönfeld S. 76 VIII 2 138 (8) Ermefredus wgot., Meyer-Lübke S. 25 VIII 2 144 Ermefrid dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 471 VIII 3 146 (8) Ermégisklos warn. 6. Jh., Schönfeld S. 133f. VIII 2 146 (8) Ermenbald dt., Förstemann Sp. 475 VIII 2 138 (8) Ermenegildus wgot. 6. Jh., Schönfeld S. 77 48 Ermenfred wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 9 VIII 2 138 (8)
Ermenfrida wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. VI, § 16 VIII 4 154 (6) Ermengardis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. V, § 98 VIII 4 154 (7) (Bernhardus) Ermengavi wgot., Gamillscheg I S. 313 73 Ermengudis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. VII, § 37 VIII 4 155 (10) Ermeri[…] ogerm. 5. Jh., Schönfeld S. 76 VIII 2 138 (8) Ermigildus wgot., Meyer-Lübke S. 25 VIII 2 144 Erminger dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 477 75, VIII 3 146 (10) Ermulf wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 9 VIII 2 138 (8) Ernegis ags., Searle S. 234, VIII 3 147 (18) Ernwin dt., Förstemann Sp. 457 VIII 2 140 (15) Erphund dt. 10. Jh., Bohn S. 199 73 Ervigus wgot., Meyer-Lübke S. 36 VIII 3 151 (50), IX 4 244 Esmoda ags. 11. Jh., Searle S. 235 VIII 4 157 (19) Eunandus burg., Fiebiger-Schmidt Nr. 103 VIII 3 149 (33) Eurysák¯es griech., Passow I / 2 Sp. 1258 74 Evemundus wgot., Meyer-Lübke S. 8 96 Eydís wnord. um 1000, Lind Sp. 245 VIII 4 165 (50) Eymundr wnord., Lind Sp. 250 VIII 2 138 (6) Eysteinn wnord., Lind Sp. 252 VIII 2 138 (6) Eyvind wnord., Lind Sp. 257 VIII 4 161 (32) Eyvindr wnord., Lind Sp. 256f. VIII 3 151 (54) Fagalind dt., Förstemann Sp. 493 VIII 2 140 (16) Fagenold wfrk., Förstemann Sp. 494 VIII 2 140 (16) Faginolf dt., Förstemann Sp. 494 VIII 2 140 (16) Fainilidis wfrk. (Polyptichon Reginonis), Förstemann Sp. 494 VIII 2 140 (16) Fanotheus erul. 6. Jh., Schönfeld S. 85 VIII 3 150 (42) Fastgern dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 501 VIII 3 147 (17) Feginger dt., Förstemann Sp. 494 VIII 2 140 (16) Feginhilt dt., Förstemann Sp. 494 VIII 2 140 (16) Feletheus rug. 6. Jh., Schönfeld S. 86 VIII 3 150 (42) Fil¯egagos gepid. 6. Jh., Schönfeld S. 87 VIII 3 146 (12) Filimuth erul. 6. Jh., Schönfeld S. 87 VIII 3 149 (31)
Register der erwähnten Personennamen
Finnvar6r wnord. 10. Jh., Lind Sp. 274 80, VIII 3 151 (47) Finnvi6r wnord. 9. Jh., Lind Sp. 274 VIII 3 151 (49) Fino schwed. um oder vor 500 (run.), Krause Nr. 72 VIII 4 165 (51) Folcuuard fries. 11. Jh., Bohn S. 100 80, VIII 3 151 (47) Folcwalda ae., Beowulf 44, 79 Frawaradaz nord. um 400, Krause Nr. 66 43, VIII 3 149 (34) Fridovigia wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 539 VIII 4 161 (31) Fr¯ıja ahd., Walther Mitzka: Das Langobardische und die althochdeutsche Dialektgeographie, in: Zeitschrift für Mundartforschung 20 (1952), S. 1–7 IX 1 171 Friqareikeis got. (Gen.), Streitberg S. 472 (hier wohl verschrieben als Fri@areikeikeis) 37, 51 Frithugeard ags. 9. Jh., Searle S. 247 VIII 3 146 (13) Fritigernus wgot. 4. Jh., Schönfeld S. 96 VIII 3 147 (17) Frogevva wgot., Meyer-Lübke S. 27 VIII 4 154 (8) Frotlindus 35 wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XXIV § 136 VIII 4 157 (18) Frøy wnord., Elias Wessen: Nordiska namnstudier (Uppsala Universitets årskrift 1927,1; Filos., språkvet. och hist. vet. 3). Uppsala 1927 97 Frumarius suev. 5. Jh., Schönfeld S. 96 79 Fulcridus burg. 11. Jh., Gamillscheg III S. 118 VIII 3 149 (35) Gaereholdus dt. 6. / 7. Jh., Behrens S. 16 80 Gaidericus lgb. 8. Jh., Bruckner S. 251 VIII 3 150 (36) Gailsuinda wgot. 6. Jh., Förstemann Sp. 569f: VIII 4 159 (26) Gaisericus wandal. 5. Jh., Schönfeld S. 99 VIII 3 150 (36) Gaisuar dt. Förstemann Sp. 8. Jh., Förstemann Sp. 590 VIII 3 151 (46) Gamadrud dt., Förstemann Sp. 591 VIII 2 140 (17) Gamalberga, -bertus wfrk., Förstemann Sp. 592 VIII 2 140 (17) Gamalher dt., Förstemann Sp. 592 VIII 2 140 (17) Gamard wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 592 VIII 2 140 (17) Gammolf dt., Förstemann Sp. 592 VIII 2 140 (17) Gamrich dt., Förstemann Sp. 592 VIII 2 140 (17)
277
Gaoiverta dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 623 VIII 4 153 (2) Garmangabis germ. (GN), Schönfeld S. 103 39 Gauthildr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 305 102, VIII 4 152 (13) Gauterit got. 5. Jh., Schönfeld S. 103 VIII 3 147 (15) Gebuvalah dt. 7. Jh., Förstemann Sp. 636 84, VIII 3 150 (45) Geilwih dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 570 VIII 4 152 Geirbjorn wnord. 12. Jh., Lind Sp. 312 68, VIII 3 145 (5), VIII 4 165 (49) Geirlaug wnord. um 900, Lind Sp. 313 117 Geirlaugr wnord. 12. Jh., Lind Sp. 314 117 Gelvira wgot., Meyer-Lübke S. 29 VIII 4 162 (36) Gerlinde dt., Seibicke II S. 155 118 G¯ermundr wnord., Lind Sp. 316 53 Geroisa lgb. 11. Jh. (Lehnname?), Bruckner S. 256 VIII 4 162 (37) Gesalecus wgot. 5. / 6. Jh., Schönfeld S. 107 VIII 3 148 (27), IX 4 244 Gisalburg dt., Förstemann Sp. 651 VIII 2 140 (18) Gisalfrid dt., Förstemann Sp. 652 VIII 2 140 (18) Gisalhart dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 652 VIII 3 147 (22), VIII 4 164 (43) Gisalsuind dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 655 VIII 4 159 (26) Gisildrud dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 651 VIII 2 140 (18) Gislarannus burg. 8. Jh., Gamillscheg III S. 122 VIII 3 148 (24) Gitsa(t)berna burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 120 VIII 4 163 (39) Givroldus wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX § 162 VIII 2 144 Godadeo dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 685 VIII 4 160 (27) Godafrid dt. um 700, Förstemann Sp. 679 50 Godania lgb. 8. Jh., Bruckner S. 259 VIII 4 158 (22) Godasmannus wfrk., Pol. Irm. IX § 122 90f. Godelpertus, -prand lgb., Bruckner S. 260 VIII 2 141 (19) Godeoch lgb. 7. Jh., Friedrich Bluhme: Edictus ceteraeque Langobardorum leges = Monumenta Germaniae historica 4, 1868, S. 2 IX 1 170ff., IX 4 243 Godescalc fries., Bohn S. 99 VIII 3 150 (38) Godesscealc ags., Förstemann Sp. 689 90 Godigisclus wandal. 5. Jh., Schönfeld S. 111f. VIII 3 147 (19) Godilandus lgb., Bruckner S. 259 IX 1 170
278
Register
Godimundus lgb., Bruckner S. 259 IX 1 170 Godiscalcus wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 9 VIII 3 150 (38) Godiva ags. 11. Jh., Boehler S. 78 VIII 4 154 (8) Godoaldus lgb., Bruckner S. 259 IX 1 70 Godoin lgb., Bruckner S. 259 IX 1 170 Godolbert dt., Förstemann Sp. 686 VIII 2 143 (19) Godolrich, -thrud dt.; Förstemann Sp. 687 VIII 2 141 (19) Godwine ags. 10. Jh., Searle S. 265 96 Golafara wgot. 11. Jh., Piel-Kremer S. 327 VIII 3 146 (7) Gontualdo wgot. um 1000, Piel-Kremer S. 164 VIII 3 150 (44) Gornivet akym., Holder III Sp. 219 33, IX 4 240 Gotbrandus wgot., Gamillscheg I. S. 315 76 Gotesdiu dt., Förstemann Sp. 689 90, VIII 4 160 (27) Gotesdrut dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 688 90 Gotesman burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 125 90 Gothormr wnord., Lind Sp. 397 IX 2 205 Gøtstav onord., Personnamn S. 181, Anm. 520 VIII 3 150 (39) Greipr wnord. 11. Jh., Lind Sp. 354 86 Greuthungi (VN) ogot., Schönfeld S. 113 IX 2 216 Gríma wnord., Lind Sp. 356 VIII 4 165 (52) Grimheit dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 671 VIII 4 156 (12) Grím(h)ildr nord., Edda Gu6rúnarqvi6a onnor 17 IX 3 231 Guadalsada dt., Förstemann Sp. 1493 VIII 2 142 (28) Gualabrunnus lgb., Bruckner S. 316 VIII 2 163 (40) Guandalari (ON) wgot. 11 Jh., Sachs S. 99 VIII 2 139 (11) Gudeoc lgb., Bruckner S. 259 IX 1 171 Gu6finna wnord. seit etwa 1000, Lind Sp. 372 VIII 4 165 (51) Gudinandus ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 115 96, VIII 3 149 (33) Gudiscalcus ogot. 6. Jh., Ludwig Schmidt: Die letzten Ostgoten, in: Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-Historische Klasse, Bd. 10 (1943), S. 10 VIII 3 150 (38) Gu6leifr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 337 89 Gu6leikr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 381 96
Gu6mundr nord., Edda Helgaqvi6a Hundingsbana onnor 13 89, 96 Gudoald ogot. 8. Jh., Ludwig Schmidt: Die letzten Ostgoten, in: Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-Historische Klasse, Bd. 10 (1943), S. 10 80, VIII 3 150 (44) Gu6rún wnord. 10. Jh., Lind Sp. 390 VIII 4 159 (24) Guldredane burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 160 VIII 4 158 (23) Guldregudus wgot., Meyer-Lübke S. 55 83 Gumildus wgot. 7. Jh., Julian v. Toledo S. 767 IX 4 245 Gundalpehrt dt., Förstemann Sp. 712 VIII 2 141 (20) Gundeberga ogot. 6. Jh. / wfrk. 6. Jh., Anton von Premerstein: Zu den Inschriften der Ostgermanen, in:, ZfdA. 66, 1923, S. 76 VIII 4 152 (1) Gundegosa wfrk. 9. Jh., Förstemann Sp. 701 VIII 4 161 (34) Gunderedus wgot. 9. Jh., Piel-Kremer S. 166 VIII 3 149 (34) Gunderona wgot., Meyer-Lübke S. 33 VIII 4 159 (24) Gundeucam burg. 7. Jh. (Akk.), Fredegar ed. Krusch = Monumenta Germaniae historica Scriptores rerum Merovingicarum, Bd. 2, S. 277, IX 1 172ff. Gundiberga dt. 7. Jh., Förstemann Sp. 698 VIII 4 152f. (1) Gundihildi ogot., Wrede S. 185 103 Gundileubane wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 706 VIII 4 157 (17) Gundioc(h)us, Gundevechus burg. 7. Jh., Fredegar ed. Krusch = Monumenta Germaniae historica Scriptores rerum Merovingicarum 2, S. 90 (Z. 5), 99 (Z. 15), 253 (Z. 30) IX 1 172ff., IX 4 243 Gundisalvus wgot., Meyer-Lübke S. 33 87, VIII 1 138 Gundivadus wgot., Meyer-Lübke S. 32 VIII 3 150 (43) Gundoaldus frk. (frühmerow.), G. Behrens: Ein frühmerowingischer Grabfund von Großkarben, in: Germania 17, 1933, S. 290f. 80, VIII 3 150 (44) Gundul(d)ricus burg., Gamillscheg III S. 124f. VIII 2 141 (20)
Register der erwähnten Personennamen
Gundúlph ogot. 6. Jh. (Prokop), Schönfeld S. 117 68 Gunnfrí6r wnord. 9. Jh., Lind Sp. 408 VIII 4 154 (6) Gunnibiorg wnord. 14. Jh., Lind Sp. 405 VIII 4 152 (1) Gunnlo6 wnord., Lind Sp. 416 VIII 4 166 (53) Guntelda ogot., Fiebiger-Schmidt Nr. 232 47 Guntheuca burg., Gregor von Tours, s. Monumenta Germaniae hististorica, Scriptores rerum Merovingicarum, I / 1, 21951, S. 103 VIII 4 162 (35) Gunthflath dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 700 VIII 4 154 (5) Guntiucha burg. 6. Jh., Förstemann Sp. 711 VIII 4 162 (35) Gunthivera wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 710 VIII 4 162 (36) Guntrudis burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 124 115, VIII 4 160 (28) Guqormr wnord., Lind Sp. 397 IX 2 205 Gutqiuda (VN), Schönfeld S. 123 47 Haduleikaz nord. 5. Jh. (?), Krause Nr. 61 VIII 3 148 (27), IX 4 244 Hadupreht dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 792 VIII 3 145 (4) Haeruwul[a]fiz nord. 7. Jh. (?), Krause Nr. 62 68 Hagano dt., Förstemann Sp. 718 IX 3 228 Hagbar6r wnord. 14. Jh., Lind Sp. 446. 91, VIII 3 145 (3) Hagnger dt., Förstemann Sp. 712 VIII 2 141 (21) Hagupart dt., Förstemann Sp. 716 91, VIII 3 145 (3) Hahwa dt. 5. / 6. Jh., Krause Nr. 98 96 Haithanrich dt., Förstemann Sp. 737 VIII 2 141 (22) Halbwalah dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 740 84 Hallbera wnord., Lind Sp. 455 VIII 4 163 (39) Hallgeir wnord. 10. Jh., Lind Sp. 464 75, VIII 3 146 (10) Hallgríma wnord. 11. Jh., Lind Sp. 465 VIII 4 165 (52) Hallkatla isl. 10. Jh., Lind Sp. 467 VIII 4 166 (54) Hallormr wnord., Lind Sp. 469 70 Hamarolf dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 746 48 Hamadeoh dt, Förstemann Sp. 745 IX 1 192f. Ham6ir nord., Edda Ham6ismál 6 IX 1 191ff. Hanhavaldus burg. 5. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 72 96, VIII 3 150 (44)
279
H[a]rab[a]naz nord. 6. Jh., Krause Nr. 41 70, VIII 3 148 (24) Haraldr awnord., Lind Sp. 485ff. 43, 53, 79 Har6refr wnord., Lind Sp. 852 69 Haribrig dt. 5. / 6. Jh., Krause Nr. 98, 3 VIII 4 152 (1) Harileubus burg., Gamillscheg III S. 127 VIII 3 149 (29) Harilung dt., Förstemann Sp. 764 IX 2 216 Hariuha nord. 6. Jh., Krause Nr. 36 49 Hariwul[a]fa nord. 7. Jh. (?, Akk.), Krause Nr. 63 68 Hartmuot dt., Förstemann Sp. 756 62, VIII 3 149 (31), IX 4 241 Hartmut dt., Förstemann Sp. 756 80, 117, 122f. Hásteinn nord., Lind Sp. 491 VIII 3 150 (40) Haquwol[a]fz nord., Krause Nr. 51 68 Haquwulf[a]z nord. 7. Jh. (?), Krause Nr. 63 68 Heggebord dt. 10. Jh., Förstemann Sp. 716 76 Heginolf dt., Förstemann Sp. 712 VIII 2 141 (21) Hei6rekr wnord., Lind Sp. 502f. VIII 2 141 (22) Heidinrich dt., Förstemann Sp. 737 VIII 2 141 (22) Heimram dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 732 70 Heimwart dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 735 80, VIII 3 151 (47) Heldaz frühnord. 6. Jh., Krause Nr. 86 VIII 3 148 (23) Helidulf dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 742 48 Helmbaed ags. 9. Jh., Müller S. 172 VIII 3 145 (1), IX 4 245 Helmbodo dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 809 44 Helmuald ags., Gerchow Nr. h 63 VIII 3 150 (44) Herat dt., Förstemann Sp. 777 117 Heregeorn ags. 9. Jh., Müller S. 172 VIII 3 147 (17) Heremegarius sueb. 5. Jh., Schönfeld S. 76 VIII 2 138 (8) Heribord sächs. 11. Jh., Förstemann Sp. 767 76 Herideo dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 779 VIII 3 150 (42), VIII 4 160 (27) Herifuns dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 769 VIII 3 146 (9) Herlaugr wnord., Lind Sp. 522 VIII 3 148 (28) Herliup dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 784 80, VIII 4 164 (46) Hermericus sueb. 5. Jh., Schönfeld S. 76 VIII 2 138 (8) Herminefredus dt. 6. Jh., Schönfeld S. 134 VIII 2 138 (8)
280
Register
Hermolykos griech., Passow I / 2 S. 1175 68 Herrand dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 777 76 Hervor wnord. 8. Jh., Lind Sp. 533 102, VIII 4 160 (30) Hildegard dt., Seibicke II S. 391f. 99 Hildeoc lgb., Bruckner S. 267 IX 1 171 Hilderith ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 136 VIII 3 149 (35) Hildevara ogot. 6. Jh., Wrede S. 82 VIII 4 160 (30) Hildibertus dt., Förstemann Sp. 823 VIII 3 145 (4) Hildiburg ags., Boehler S. 137f. VIII 4 153 (4) Hildi(g)arda ags. 12. Jh, Boehler S. 142 VIII 4 154 (7) Hildilid / -litha ags. 7. Jh., Boehler S. 133f. VIII 4 157 (18) Hildisnodis wfrk. (Pol. R.), Förstemann Sp. 836 VIII 4 164 (44) Hildisnot dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 836 VIII 4 164 (44) Hildevara ogot. 6. Jh., Wrede S. 82 VIII 4 160 (30) Hildolf dt., Förstemann Sp. 839 122 Hildois wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. II, § 23 VIII 4 162 (37) Hiltileih dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 831 VIII 3 148 (27), IX 4 244 Hiltilouc dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 832 VIII 4 157 (16) Himnerith wgot. 6. Jh., Schönfeld S. 138 VIII 2 139 (9) Hiuto dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 846 IX 1 169f. Hippodameia griech., Passow I / 2 S. 1491f. 99 Hippodamos griech., Passow I / 1 S. 1492 99 Hippokrat¯es griech. Passow I / 2 S. 1493 33 Hippomachos griech., Passow I / 2, S. 1494 19 Hisarnis ags., Schönfeld S. 139 VIII 2 142 (24) Hisdevalde ogot. 6. Jh. (Var.: Hildivade, Hildeviade), Paul Ewald: Die Papstbriefe der Brittischen Sammlung (Fortsetzung und Schluss), in: Neues Archiv der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters, Bd. 5, 1880, S. 533 VIII 4 160 (29) Hlewagastiz nord. 5. Jh., Krause Nr. 76 37, 40, 82, 103, IX 4 240 Ho6broddr wnord. (Sage), Edda Helgaqvi6a Hundingsbana in fyrri 35 76 Holtijaz nord. um 400 (?), Krause Nr. 76 104
Homund ags. 9. Jh., Müller S. 109f. 96 Horserat dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 867 96 Hramvolt dt., Förstemann Sp. 873 43 Hrei6runna wnord. 14. Jh., Lind Sp. 574 VIII 4 166 (55) Hrehtwilj dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1251 52, IX 4 241 Hro6g ¯ ar ¯ ags., Beowulf 76 Hró6marr wnord. 9. Jh., Lind Sp. 584 51 Hroedgifu ags. 8. / 9. Jh., Boehler S. 89 VIII 4 154 (8) Hrotgrima wfrk., Förstemann Sp. 903 VIII 4 105 (52) Huaetmod ags., Gerchow Nr. h 137 VIII 3 149 (31) Huaetred ags. 7. Jh., Sweet S. 124 43, VIII 3 149 (34) Iarnger6r wnord., Lind Sp. 615 (Sb. Sp. 493) VIII 2 142 (24) Ibor lgb., Bruckner S. 244 68 Ildoia wgot., Meyer-Lübke S. 37 VIII 4 161 (31) Ildúlph ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 117 68 Imafrita, wgot. Fiebiger-Schmidt Nr. 268 VIII 2 138 (9) Les Imberts (ON) burg., Gamillscheg III S. 132 VIII 2 138 (9) Imbertus burg. 7. Jh., Gamillscheg III S. 132 VIII 2 138 (9) Ími, -ir wnord., Lind Sp. 623 VIII 2 138 (9) Ímaldr wnord., Lind Sp. 622. VIII 2 138 (9) Imedruda lgb. 9. Jh., Bruckner S. 270 VIII 2 144 Imelistanus burg. 5. Jh., Gamillscheg III S. 129 77, VIII 2 138 (9), VIII 3 150 (40) Ímgerdr wnord., Lind Sp. 623 VIII 2 138 (9) Imilperga, -truda dt., Förstemann Sp. 954 VIII 2 138 (9) Iminolf dt., Förstemann Sp. 955 VIII 2 139 (9) Immeldruda lgb. 9. Jh., Bruckner S. 270 VIII 2 144 Immolf dt., Förstemann Sp. 952 VIII 2 138 (9) Indutiomarus gall., Schmidt S. 226 35, IX 4 240 Ingalgaudus wfrk., Pol. Irm. XX § 12 VIII 2 141 (23) Ingelburgis ags. 1100, Boehler S. 94 VIII 2 141 (23) Ingelfredus lgb. 9. Jh., Bruckner S. 271 VIII 2 144 Ingeld ags., Müller S. 143 VIII 3 147 (16) Ingelflidis wfrk., Pol. Irm. IX § 72 VIII 4 154 (5) Ingengeat north., Schröder S. 28ff. VIII 2 141 (23) Ingeralda lgb. 10. Jh, Bruckner S. 271 VIII 4 160 (29)
Register der erwähnten Personennamen
Ingescalcus burg. 11. Jh., Gamillscheg III S. 132 VIII 3 150 (38) Ingfredus lgb. 9. Jh., Bruckner S. 271 VIII 2 144 Ingiborg wnord., Lind Sp. 632 VIII 2 137 (3) Ingihilt dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 962 VIII 2 141 (23) Ingildan dt., Förstemann Sp. 964 VIII 2 141 (23) Inginald dt., Förstemann Sp. 967 VIII 2 141 (23) Ingolt dt., Förstemann Sp. 964 96 Inguald ags. 9. Jh., Müller S. 171 96 Iófrødr wnord. 11. Jh., Lind Sp. 647 19, 96 Iólinn ngerm. 12. Jh., Lind Sp. 650 VIII 4 157 (18) Iórunna wnord. 14. Jh., Lind Sp. 654 VIII 4 166 (55) Iphianassa griech., Passow I / 2, S. 1518 33, 99 Iphigeneia griech., Passow I / 2, S. 1518 103 Iphimedeia griech., Passow I / 2. S. 1518 33 Irmburch dt., Förstemann Sp. 969 VIII 2 138 (8) Isamberga wfrk., Pol. Irm. XXIV § 175 VIII 2 142 (24) Isanbald dt., Förstemann Sp. 973 VIII 2 142 (24) Isanbard dt., Förstemann Sp. 973 VIII 2 142 (24) Isangildis wfrk., Pol. Irm. XXIV § 175 VIII 2, 142 (24) Isarnus wgot., Gamillscheg I S. 317 VIII 2 142 (24) Ísarr wnord., Lind Sp. 658 VIII 2 142 (24) Isenbardo lgb. 8. Jh., Bruckner S. 272 VIII 2 142 (24) Isker dt., Förstemann Sp. 971 VIII 2 142 (24) Ísridr wnord., Lind Sp. 658 VIII 2 142 (24) Ísro6r, wnord., Lind Sp. 660 VIII 3 146 (8) Istiburgis burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 126 VIII 4 153 (4) Iurminburg ags., Müller S. 175 VIII 2 138 (8) Ixerius burg. (frk.?) 9, Jh., Gamillscheg III S. 133 VIII 2 142 (24) Jadgarda wgot., Gamillscheg I S. 314 VIII 4 154 (7) Jeˇsitbor tschech., Miklosich Nr. 470 33 Kamanolf dt., Förstemann Sp. 593 VIII 2 140 (17) Katla wnord. 10. Jh.ff., Lind Sp. 681 VIII 4 166 (54) Kerhuge dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 581 52 Keruc dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 581 52 Kerwito dt., Förstemann Sp. 586 51 Ketilormr wnord. um 1000, Lind Sp. 687 70 Kildeoch lgb. 7. Jh., Friedrich Bluhme: Edictus ceteraeque Langobardorum leges = Munumenta Germaniae historica 4, 1868, S. 2 IX 1 170ff., IX 4 243 Kisilheid dt., Förstemann Sp. 652 VIII 2 140 (18)
281
Konrad dt., Förstemann Sp. 373 117 Kotafrid dt., Förstemann Sp. 679 96 Kotesscalh dt. Förstemann Sp. 688 90 Kriemhilt dt., Nibelungenlied Str. 299 u.a. 95, IX 2 205, 212, IX 3 Kunimu[n]diu nord. 6. Jh. (?, Dat.), Krause Nr. 86 50, 65, VIII 3 149 (32), VIII 4 158 (20) Kuqmuq onord. (run.), K. G. Ljunggren: En ölänsk runsten och de fornnordiska namnen på -mó6r, in: Arkiv för nordisk filologi 49, 1933, S. 68ff. VIII 4 157 (19) Laérk¯es griech., Passow II / 1 S. 6 74 Landari lgb., Bruckner S. 276 VIII 3 151 (48) La[n]dawarijaz urnord. 5. Jh., Krause Nr. 74 43, 79, 94, VIII 3 151 (48) Landetrudis wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 1006 VIII 4 160 (28) Landoari lgb., Bruckner S. 276 43 Landwisid dt., Förstemann Sp. 1011 38 Laodik¯e griech., Passow II / 1 S. 19 99 Leofruna ags. 8. Jh., Boehler S. 146 VIII 4 159 (24) Leofuara ags., Gerchow Nr. i 35 VIII 3 151 (46) Lenteildis wfrk. um 500, Schönfeld S. 153 VIII 4 156 (13) Lesbrannus burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 137 76 Letmodis wfrk. 9. Jh., Förstemann Sp. 1000 VIII 4 157 (19) Leuciora burg., Gamillscheg III S. 137 VIII 4 160 (30) Leudesinda wgot. 9. Jh., Piel S. 409 VIII 4 159 (25) Leukippos griech., Passow II / 1 S. 44 56, 68 Leutalda wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX, § 52 VIII 4 160 (29) Leuvera burg. 5. Jh., Wackernagel S. 404 VIII 4 162 (36) Levecota wgot., Meyer-Lübke S. 38 VIII 4 161 (34) Licgeard ags. 11. Jh., Boehler S. 160 VIII 4 154 (7) Liefhun dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1026 84 Liuta dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1032 IX 1 169 Liutgis dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1041 VIII 4 163 (42) Liutrun dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 835 VIII 4 159 (24) Ljupota dt. (?), Förstemann, Sp. 320 VIII 4 153 (3) Lovocatus kelt., Holder II Sp. 294 IX 4 246 Lucotorix kelt., Holder II Sp. 303 IX 4 240 Lupfurdon (ON) dt. 2. Jh., Förstemann-Jellinghaus Sp. 151 47
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Register
Lysimachos griech., Passow II / 1 S. 95 IX 4 246 Lysistrat¯e griech., Passow II / 1 S. 96 110f. Lysistratos griech., II / 1 S. 96 110 Macbertus wfrk., Pol. Irm. IX § 162 VIII 2 142 (25) Macthildus dt. um 600, Behrens S. 133ff. IX 4 245 Madahalfré wgot. 14. Jh., Gamillscheg I S. 319 VIII 2 139 (10) Madalger dt., Förstemann Sp, 1113 VIII 2 139 (10) Madalwyn dt., Förstemann Sp. 1115 VIII 2 139 (10) Madelbert dt., Förstemann Sp. 1112 VIII 2 139 (10) Madelgrima lgb. 8. Jh., Bruckner S. 282 VIII 4 165 (52) Maegenric ags., Müller S. 176 VIII 2 142 (25) Maeltvili dt., Förstemann Sp. 1086 52 Maffenz (ON), burg. 13. Jh., Gamillscheg III S. 139 VIII 2 139 (10) Magbald sächs. 11. Jh., Förstemann Sp. 1068 VIII 2 142 (25) Magenardus wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. III § 51 VIII 2 142 (25) Magiher dt., Förstemann Sp. 1069 VIII 2 142 (25) Maginbern dt., Förstemann Sp. 1072 VIII 2 142 (25) Maginualdus lgb. 8. Jh., Bruckner S. 282 VIII 2 142 (25) Magipert lgb. 8. Jh., Bruckner S. 282 VIII 2 142 (25) Magnacarius dt. 6. Jh., Schönfeld S. 158 47 Magnhildr wnord. u. onord., Lind Sp. 753 (Sb. Sp. 599) VIII 2 142 (25) Mahalcoz dt., Förstemann Sp. 1082 VIII 2 139 (10) Mahaldrud, dt., Förstemann Sp. 1082 VIII 2 139 (10) Malasintha, -suntha ogot., Schönfeld S. 16 VIII 2 144 Maloquinici wgot., Meyer-Lübke S. 11 VIII 2 144 Manadun dt., Förstemann Sp. 1091 VIII 4 163 (41) Managold dt. 7. Jh., Förstemann Sp. 1092 48 Mancserius burg.-rom. 10. Jh., Gamillscheg III S. 138 VIII 2 144 Manneleubus burg. 5. Jh., Wackernagel S. 405 80 Marabadus ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 161 96 Marconivia wfrk. (merow.), Le Blant II, Nr. 20 B VIII 4 158 (22) Marherio burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 139 96 Maroboduus markom. 1. Jh. n. Chr., Schönfeld S. 163 50, IX 4 245 Matheri dt., Förstemann Sp. 1110 VIII 2 139 (10)
Mathesuintha ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 165 VIII 2 139 (10) Mathgis dt., Förstemann Sp. 1109 VIII 2 139 (10) Mathgrim sächs., Förstemann Sp. 1110 VIII 2 139 (10) Mederichus dt. 4, Jh., Schönfeld S. 166 IX 1 173 Megenheith sächs., Schlaug S. 21 VIII 4 156 (12) Meginhund dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1078 73 Meginliub dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1078 VIII 3 149 (29) Meginolf dt., Förstemann Sp. 1081 VIII 4 142 (25) Meroflidis wgot. 6. / 7. Jh. oder später, Le Blant II, Nr. 222 VIII 4 154 (5) Miarold dt., Förstemann Sp. 1121 IX 3 230 Mierolt dt., Förstemann Sp. 1121 IX 3 230 Mœnicaptos kelt., Holder II S. 606 89 Mundiuch hunn. (nach griechischer Schreibweise), Priskos: Historici Graeci minores S. 305 IX 1 169ff., IX 2 198, 215, IX 4 243, IX 5 251 Munetrudis dt. 6. / 7. Jh., Behrens S. 7 VIII 4 160 (28) Nerei6r wnord. um 800, Lind Sp. 786 VIII 3 147 (21) Odpad dt., Förstemann Sp. 189 VIII 3 145 (1) Oddkatla wnord., Lind Sp. 802 VIII 4 166 (54) Oddn´y wnord. 10. Jh., Lind Sp. 804 VIII 4 158 (22) Odilgrep ndl. 9. Jh., Förstemann Sp. 1187 86 Ó6inkárr wnord., Lind Sp. 806 96 Ododalintus burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 103 VIII 4 157 (18) Odoin ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 174 VIII 3 151 (55) Odulbis dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 205 VIII 4 164 (46) Oftheri dt., Förstemann Sp. 1475 IX 1 191 Ogmundr wnord. Lind Sp. 1231 VIII 2 136 (1) Óláfr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 817 53, 89, VIII 3 148 (25) Ólof wnord. 9. Jh., Lind Sp. 817 102, VIII 4 156 (14) Onboth ags., Searle S. 366. VIII 3 145 (6) Onemundus wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 10 VIII 2 138 (6) Ongenqeof, ags., Beowulf VIII 2 137 (3) Ongis dt., Förstemann Sp. 208 VIII 2 138 (6) Xngull wnord., Lind Sp. 1251 (Sb. Sp. 889f.) VIII 2 137 (3) Onoulphos skir. 5. Jh., Bezzenberger S. 10 VIII 2 138 (6)
Register der erwähnten Personennamen
Onswini ags. 7. Jh. (Dat.), Sweet S. 128 103 Xnundr nord., S. Bugge, PBB 12, 1887, S. 14f. VIII 2 138 (6) Optaris ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 178 IX 2 215 Opteram lgb. 9. Jh., Bruckner S. 290 VIII 3 148 (24) Ortw¯ın dt. (Sage), Nibelungenlied Str. 1288 u.a. 52 Orumal[a]ib[az] nord., Krause Nr. 59 70 Osbern ae, Searle S. 371. VIII 3, 145 (5) Oslava ags. 7. Jh., Boehler S. 105 VIII 4 156 (14) Ospirin dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 123 VIII 4 163 (39) Osred ags. 9. Jh., Müller S. 177 96 Ostarhilt dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 215 48 Osthry6 ags. 7. Jh., Boehler S. 105 115, VIII 4 160 (28) Ostrogotha ogot., Schönfeld S. 230 VIII 4 161 (34) Ostwind dt., Förstemann Sp. 213 VIII 4 161 (32) Osuin ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 178 52 Oswudu ags. 7. / 8. Jh., Searle S. 380 51 Otigeba dt. 11. Jh., Hans Neumann: Die deutsche Kernfabel des Herzog-Ernst-Epos, in: Euphorion 45, 1950, S. 150f. VIII 4 154 (8) Ótryggr wnord., Lind Sp. 824 80 Otuurm dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 205 70 Ousígardos ogot. (?) 6. Jh., Förstemann Sp. 1485 74 Pantaléon ¯ griech., Passow II / 1 658 68 Perahtgar dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 285 51 Perhturm dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 298 70 Perjeslav ˛ ˜ urslaw., Max Vasmer: Russisches etymologisches Wörterbuch. Zweiter Band (L-Ssuda), Heidelberg, 1955, S. 342 33 Pernanda dt., Förstemann Sp. 264 VIII 4 158 (21) Perngar dt., Förstemann Sp. 268 87 Phylomedeia griech., Illias 99 Pleghelm ags., 9. Jh., Müller S. 177 76, VIII 3 148 (23a) Podalunc dt., Förstemann Sp. 322 IX 2 212 Putalunc dt., Förstemann Sp. 322 IX 2 208 Putulunc dt., Förstemann Sp. 322 IX 2 208 Radagaisus got. 4. / 5. Jh., Schönfeld S. 182 75, VIII 3 146 (10) Radagundis burg. 7. Jh., Gamillscheg III, S. 163 VIII 4 155 (11), IX 6 258 Rá6bar6r (in ON) wnord. 14. Jh., Lind Sp. 835 91, VIII 3 157 (3)
283
Radelindis dt. 6. / 7. Jh., Behrens S. 19f. VIII 4 157 (18) Radgeld dt. 10. / 11. Jh., Bohn S. 149 VIII 3 147 (16) Radoing dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1219 VIII 3 151 (51) Rá6ormr wnord., Lind Sp. 836 95 Radowin dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1219 95 Raegnmaeld ags., Müller S. 178 VIII 2 142 (26) Raenestanus burg. 9. Jh., Gamillscheg III S. 142 77 Ragdun dt., Förstemann Sp. 1241 VIII 4 163 (41) Ragenardis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. VI, § 58 VIII 4 164 (43) Ragichisius lgb. 9. Jh., Bruckner S. 293 VIII 2 142 (26) Raginbald dt., Förstemann Sp. 1223 VIII 2 142 (26), VIII 3 145 (2) Raginfridis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. VI, § 16 VIII 4 154 (6) Raginwara dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1238 VIII 4 160 (30) Ragiprand dt. Förstemann Sp. 1241 VIII 2 142 (26) Ragnahilda wgot. 5. Jh., Schönfeld S. 184 47, VIII 2 142 (26) Ragnaris ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 184 47 Ragnbiorg wnord., Lind Sp. 839 VIII 2 142 (26) Ragnhilda wnord. 14. Jh., Lind Sp. 842 VIII 4 156 (13) Ragnoaldus frk. (frühmerow.), Behrens S. 290f. 47 Ragoildis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX § 231 VIII 2 142 (26) Ramigis dt., Förstemann Sp. 1244 VIII 4 163 (42) Ramsoldingis (ON) burg.-rom. 10. Jh., Gamillscheg III S. 89 VIII 2 144 Randvér wnord., Lind Sp. 846 VIII 3 151 (53), IX 4 245 Rasnehildus ogerm., Schönfeld S. 185 VIII 3 148 (23) Ratgozza dt., Förstemann Sp. 1213 VIII 4 162 (34) Ratleuba dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1216 VIII 4 157 (17) Redberct ags. 9. Jh., Müller S. 178 95 Redimirus wgot., Gamillscheg I S. 321 95 Refr wnord., Lind Sp. 851 69 Regingaoz dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1229 VIII 3 147 (15)
284
Register
Reginmó6a onord. (dän.), Lind Sp. 853 VIII 4 157 (19) Reginulfa wfrk., Förstemann Sp. 1240 VIII 4 164 (46) Reguhart dt., Förstemann Sp. 1241 VIII 2 142 (26) Reinbodashuson (ON) fries. 10. / 11. Jh., Bohn S. 217 44, VIII 3 145 (6) Revo wnord., Saxo-Grammaticus 70 Richleida burg., Gamillscheg I S. 305f. VIII 4 156 (15) Ri[c]overiugus kelt., Holder II Sp. 1183 IX 4 240 Ricuberta burg. 8. Jh., Gamillscheg III S. 144 VIII 4 153 (2) Rimgrim dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1275 91 (Bernardus) Rodbard wgot., Gamillscheg III S. 317 91 Rodbardus wgot., Gammilscheg III S. 317 VIII 3 145 (3) Roetberhtae ags. um 700?, Sweet S. 144 VIII 4 153 (2) Rosemunda gepid., 7. Jh., Schönfeld S. 194 VIII 4 158 (20) Rotlindis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. VIII § 20 102 Ruadgant dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 900, 90, VIII 3 146 (11) Rudérichos ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 195 IX 1 173 Rüedegêr dt., Nibelungenlied Str. 2137 u.a. IX 3, 234f. Rugando (ON) wgot., Sachs S. 69 90, VIII 3 146 (11) Ruodger dt., Förstemann Sp. 898 IX 3 234 Saithamiae (GN), Schönfeld S. 197 47 Sakrajit ´ ind., Hilka S. 83 34 Sasthisim . ha¯ ind., Hilka S. 99 103 Sebuida burg., Gamillscheg III S. 141 VIII 4 164 (45) Sendiberti burg. 8. Jh., Gamillscheg III S. 149 VIII 4 153 (2) Salaverus burg. (?), Schönfeld S. 197 VIII 4 162 (36) Saligundo (ON) wgot. 12. Jh., Gamillscheg I S. 322 VIII 4 155 (11) Sedeleuba burg. 6. Jh., Wackernagel S. 408 VIII 4 157 (17) Segobertus wgot. um 900, Piel / Kremer, S. 239 VIII 3 145 (4) Segovesus gall., Schmidt S. 266 35, IX 4 240
Selfniu dt. 8. Jh, Förstemann Sp. 1312 VIII 4 158 (22) Selgantis burg, 9. Jh., Gamillscheg III S. 148 90, VIII 3 146 (11) Selparat dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1312 VIII 4 158 (23) Selpwilus dt., Förstemann Sp. 1312 52, 62 Sendefara ogot. 6. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 230 VIII 4 161 (33) Senerclens (ON) burg. 11. Jh., Gamillscheg III S. 90 72 Sesenanda wfrk. 9. Jh., Förstemann Sp. 231 VIII 4 158 (21) Sesgudos (ON) wgot., Sachs S. 108 VIII 4 155 (10) Sewenna ags. 7. Jh., Boehler S. 112 VIII 4 162 (38) Sicfara wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XII, § 2 VIII 4 161 (33) Siclehildis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. II § 6 VIII 2 142 (27) Sí6grani lgb., Bruckner S. 33 IX 4 243 Sigelbertus lgb. 10. Jh., Bruckner S. 303 VIII 2 142 (27) Siggifledis merow., Le Blant II Nr. 244 VIII 4 154 (5) Sighaeth ags. 9. Jh., Müller S. 179 50 Sighelberga lgb. 9. Jh., Bruckner S. 303 VIII 2 143 Sigiberga lgb. 9. Jh., Bruckner S. 303 VIII 2 143 Sigigundia wgot., Meyer-Lübke S. 46 VIII 4 155 (11) Sigihelm dt., Förstemann Sp. 1327 76, VIII 3 148 (23a) Sigilolf dt., Förstemann Sp. 1334 VIII 2 142 (27) Sigilpalt dt., Förstemann Sp. 1334 VIII 2 142 (27) Sigimerus cherusk. 1. Jh. n. Chr., Schönfeld S. 204 51 Sigimod dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1329 VIII 4 157 (19) Sigismund dt. 5. Jh., Förstemann Sp. 1317 VIII 3 149 (32) Sigistab dt., Förstemann Sp. 1331 VIII 3 150 (39) Sigistein dt., Förstemann Sp. 1331 77, VIII 3 150 (40) Sigiwih dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1333 VIII 3 151 (53), IX 4 244 Sigoara wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. IX, § 98 VIII 4 161 (30) (Stephanus) Sigrandus (ON) wgot., Gamillscheg I S. 322 76 Sigrep fries. 11. Jh., Bohn S. 294 86 Sigrhaddr dän., Lind Sp. 885 90
Register der erwähnten Personennamen
Sigrflió6 isl., Sophus Bugge: Svensk Ordforskning, in: Arkiv för Nordisk filologi 4, 1888, S. 118ff. VIII 4 154 (5) Sig(r)lo6 norw. 14. /15. Jh., Lind Sp. 881 VIII 4 166 (53) Sigur6r nord., Edda Sigur6arqvi6a in scamma 89 Sigtryggr wnord. 9. Jh., Lind Sp. 888 80 Sigverkr wnord., Lind Sp. 901 65 Silberta wgot., Meyer-Lübke S. 45 VIII 4 153 (2) Sindrafitilingós burg., Gamillscheg III S. 90 72 Sindval erul. 6. Jh., Schönfeld S. 208 VIII 3 150 (45) Sinfarus lgb., Bruckner S. 305 VIII 3 146 (7) Sinfjo.tli nord., Edda Helgaqvi6a Hundingsbana in fyrri 33 72 Sintarfizzilo dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1338 72 Sisewera ogot., Wrede S. 152 VIII 4 162 (36) Sisifridos ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 208 VIII 3 146 (7) Situwit dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1316 VIII 3 151 (49), VIII 4 164 (45) Skaellaellfuae rud (ON), norw. 14. Jh., Lind Sp. 914 VIII 4 165 (47) Skafhoggr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 906 86 Skialdelfr norw., Lind Sp. 914 VIII 4 165 (47) Skioldr wnord., Lind Sp. 920 95 Snelbort dt., Förstemann Sp. 1350 76 Solveig wnord., Lind Sp. 940 161 (31) Spancozza dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1355 VIII 4 161 (34) Sparsuifa burg.-rom. 12. Jh., Gamillscheg III S. 150 VIII 2 144 Ssigaduz frühnord. 5. Jh., Krause Nr. 84 50, VIII 3 147 (22), IX 4 244 Stanislav serb., Miklosich S. 100 IX 4, 241 Stavila ogot. 8. Jh., Ludwig Schmidt: Die letzten Ostgoten, in: Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-Historische Klasse, Bd. 10 (1943), S. 10 VIII 3 150 (39) Steingrímr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 953 91 Steinunnr wnord. 9. Jh., Lind Sp. 960 VIII 4 160 (55) Strat¯egós griech., Passow II / 2 S. 1563 34 Suavegotta burg. 6. Jh, Wackernagel S. 409 VIII 4 161 (34) Summoalda lgb. 8. Jh., Bruckner S. 307 VIII 4 160 (29)
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Sunhivadus ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 218 VIII 3 150 (43), VIII 4 160 (29) Suniaguisidus wgot., Piel-Kremer S. 257 38, VIII 4 154 (9) Sunnlo6 wnord., Lind Sp. 976 VIII 4 166 (53) Sunnovira wfrk., Le Blant Nr. 89 VIII 4 162 (36) Sunqaharjaz urnord., LUP S. 32 93 Susgosa wfrk. 6. Jh., Förstemann Sp. 1372 VIII 4 161 (34) Svafrlo6 wnord., Lind Sp. 982 VIII 4 166 (53) Tachimbald lgb., Bruckner S. 241 VIII 2 140 (14) Tachinolfu, -pertus lgb., Bruckner S. 241 VIII 2 140 (14) Tagembert dt., Förstemann Sp. 397 VIII 2 140 (14) Taginrad dt., Förstemann Sp. 397 VIII 2 140 (14) Tanaredus wgot., Meyer-Lübke S. 15 VIII 2 144 Tanilldi ogot., Fiebiger-Schmidt Nr. 236 VIII 4 156 (13) Tanoy wgot., Meyer-Lübke S. 15 VIII 2 144 Teudemunda wfrk. 8. Jh., Förstemann Sp. 1442 VIII 4 158 (20) Teudwit dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1451 VIII 4 164 (45) Terra Fuldiscondam (ON) burg.-rom., Gamillscheg III S. 117 VIII 2 144 Themistokles griech., Passow I 2 S. 1387 IX 4 241 Theodahathus ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 227 IX 4 244 Theodenanda /-nantha ogot. 6. Jh., F. X. Zimmermann: Der Grabstein der ostgotischen Königstochter Amalafrida Theodenanda in Genazzano bei Rom, in: Beiträge zur alteuropäischen Kulturgeschichte, Festschrift für Rudolf Egger, Bd. 2, Klagenfurt 1933, S. 330ff. VIII 4 158 (21) Theodericus ogot. 5. / 6. Jh., Schönfeld S. 232f. VIII 3 150 (36) Theodogutus wgot. 10. Jh., Piel S. 410 83 Theódoros ¯ griech., Passow I / 2, S. 1389 89 Theóphilos griech., Passow I / 2, S 1396 89 Theotwig dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1451 VIII 3 151 (50), IX 4 244 Theudahathus ogot., Schönfeld S. 227 VIII 3 147 (22) Theudelinda burg. 6. Jh., Wackernagel S. 411 VIII 4 157 (18) Theudrichos got. 5. Jh., Schönfeld S. 232 IX 1 173 Theudifara ogot. 6. Jh., Wrede S. 153 VIII 4 161 (33)
286
Register
Qewaz runennord. um 400 (?), Krause Nr. 43 VIII 3 150 (42) Thiadbrun dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 338 VIII 4 163 (40) Thietgeba dt., Förstemann Sp. 1430 VIII 4 154 (8) Thiudigoto ogot., Schönfeld S. 230 VIII 4 161 (34) Qórarinn wnord., Lind Sp. 1141 71 Qorbera wnord. 11. Jh., Lind Sp. 1143 VIII 4 165 (49) Qorbergr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 1143ff. 77, VIII 4 152 (1) Qorbiorg wnord., Lind Sp. 1147 102 Qorelfa norw. 14. Jh.ff., Lind Sp. 1156f. VIII 4 165 (47) Qorelfr isl. 10. Jh., Lind Sp. 1156 VIII 4 165 (47) Qorey wnord. 10. Jh., Lind Sp. 1157 VIII 4 165 (48) Qorfinna wnord. um 1000, Lind Sp. 1157 VIII 4 165 (51) Qorgar6r, wnord. 12. Jh., Lind Sp. 1159 102, VIII 3 146. (13) Qorger6r wnord. 9. Jh., Lind Sp. 1167 102, VIII 4 154 (7) Qorgn´yr wnord. 9. Jh., Lind Sp. 1172 86 Qorgríma wnord. 10. Jh., Lind Sp. 1173 VIII 4 165 (52) Qorgrímr wnord., Lind Sp. 1173 91, VIII 4 165 (52) Qorgunn (Dat.), onord. 11. Jh, Wessén-Jansson II Nr. 459 VIII 4 155 (11), IX 4 245 Qorhaddr wnord., Lind Sp. 1175 90 Qorhallr wnord. 10. Jh., Lind Sp. 1176 77 Thorisin gepid. 6. Jh., Schönfeld S. 236 VIII 3 150 (37) Thorismodus wgot. 5. Jh., Schönfeld S. 236 VIII 3 149 (31) Qorkell wnord., Lind Sp. 1187 77, VIII 4 166 (54) Qorlákr wnord., Lind Sp. 1187ff. 53 Qorleifr wnord., Lind Sp. 1197 97 Qormódr wnord., Lind Sp. 1198 VIII 3 149 (31) Qoroddr wnord., Lind Sp. 1202 97 Qorsteinn wnord., Lind Sp. 1207 77, VIII 3 150 (40) Qorunn(r) wnord., Lind Sp. 960 VIII 4 166 (55) Qorvaldr wnord. 9. Jh., Lind Sp. 1213 80, VIII 3 151 (44) Qorvé wnord., Lind Sp. 1216 VIII 4 161 (31) Thuringbraht dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1468 48 Thuruarus got. 6. Jh., Schönfeld S. 239 VIII 3 151 (46)
Toluin ogot. 5. / 6. Jh., Schönfeld S. 240 52 Trobart (ON) burg., Gamillscheg III S. 153 91, VIII 3 145 (3) Trudbert dt., Förstemann Sp. 424 115 Uadalscalch dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1192 94 Udulardus burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 141 94 U¯erikas got., R. Loewe, PBB 47, 1923, S. 410 VIII 4 162 (36) Uernbercht, -frith ags., Müller S. 182 VIII 2 143 (29) Ufitahari ogot., Förstemann Sp. 1475 IX 1 191 Uidsith ags. 9. Jh., Müller S. 183 VIII 3 150 (37) Uigbeorn ags., Gerchow Nr. w 33 68 Uigfus ags. 9. Jh., Müller S. 183 VIII 3, 146 (9) Úlfhamr wnord. (Hálfdanar saga Bronufostra), Lind Sp. 1049 91 Ulifrida got., A. M. Schneider: Gotengrabsteine aus Konstantinopel, in: Germania 41, 1937, S. 176 VIII 4 154 (6) Uligangos erul. 6. Jh., Schönfeld S. 245 43, VIII 3 145 (12) Ulvo wnord., Saxo Grammaticus 70 Usdibadus gepid. 6. Jh., Schönfeld S. 247 VIII 3 145 (1) Ustrigothos gepid. 6. Jh., Schönfeld S. 248 83 Uuibodasholta (ON) fries. 10. / 11. Jh., Bohn S. 217 44 Uuilbrandas uuic (ON) fries. 10. Jh., Bohn S. 101 77 Uuilbrun dt. um 900, Bohn S. 272 163 VIII 3 (40) Vadomarius dt. 4. Jh., Schönfeld S. 249 51 Valaravans ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 251 71, VIII 3 148 (24) Valbrandr wnord., Lind Sp. 1065 76 Valgautr wnord., Lind Sp. 1068 VIII 3 147 (15) Vallesvilles (ON) wgot., Gamillscheg I S. 17 VIII 4 156 (12) Vandalarius ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 252 VIII 2 139 (11) Vandamodia burg. 7. Jh., Gamillscheg III S. 156 VIII 2 139 (10), VIII 4 157 (19) Vandill wnord., Lind Sp. 1074 (Sb. Sp. 806) VIII 2 139 (11) Vandrá6r wnord. Lind Sp. 1044 (Sb. Sp. 806) VIII 2 139 (11) Varini (VN), Schönfeld S. 257f. VIII 2 143 (29) Vassalda burg. 13. Jh., Gamillscheg III S. 157 VIII 4 160 (29)
Register der erwähnten Personennamen
Veleda germ. 1. Jh. (lat. Überlieferung), Germania S. 164, IX 6 256 Vendill wnord. 15. Jh., Lind Sp. 1074 (Sb. Sp. 806) VIII 2 139 (11) Venedarius wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 12 41 Venetharius ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 260f. 79 Vercingetorix gall., Holder III, Sp. 190ff. 35, IX 4 240 Vercondaridubnos gall., Holder III, Sp. 204 35, IX 4 240 Vernemetos kelt., Holder III Sp. 219 35, IX 4 240 Vidigabius dt. 4. Jh., Schönfeld S. 263 44, 73 Vidigoia got. 5. Jh., Schönfeld S. 263 44, 73 Vidragildus wgot., Meyer-Lübke S. 53 90 Viduarius quad. 4. Jh., Schönfeld S. 264 47 Vígbjó6r wnord., Lind Sp. 1096 VIII 3 145 (6) Vigfuss urnord., Lind Sp. 1098f. VIII 3 146 (9) Vilifonsus wgot., Meyer-Lübke S. 53 VIII 3 146 (9) Viliefredus wgot., Meyer-Lübke S. 53 VIII 3 146 (8) Villa Yserigo (ON) wgot. 12. Jh., Sachs S. 72 VIII 2 142 (24) Villavigild (ON) wgot., Gamillscheg I S. 324 VIII 4 154 (9) Vimugisi (signum) (ON) burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 159 VIII 3 147 (18) Vingi wnord., Lind Sp. 1113 VIII 3 151 (51) Vismarus kelt., Holder I Sp. 256 35, IX 4 240 Viˇstaspa ¯ (= Hystaspes) iran. 19, 34 Vistrigilde burg. 5. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 88 VIII 4 154 (9) Vitbram (ON) wgot. 12. Jh., Gamillscheg I 76 Vojt˘ech tschech., Miklosich S. 44 IX 4 241 Vuindesmodis burg.-rom. 10. Jh., Gamillscheg III S. 159 VIII 2 144 Vulfgrim dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1651 91 Vulfoledus wfrk. 7. Jh., Förstemann Sp. 1655 VIII 3 148 (26) Vurmhart dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1666 70 Wadalbertus wfrk., Pol. Irm. XV § 94 VIII 2 142 (28) Wadamiris burg. 6. Jh., Wackernagel S. 413 51 Wadelberga lgb. 9. Jh., Bruckner S. 315 VIII 2 142 (28) Wagbrant dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1488 76 Waldrada wfr. 9. Jh., Pol. Irm. IX § 27 VIII 4 158 (23) Waldsuindus dt. 7. Jh. (?), Förstemann Sp. 1512 VIII 3 150 (41)
287
Waluburg semnon. 2. Jh. n. Chr. (oder später?, Ostrakon von Elephantine, Ägypten), Schröder, Namenkunde S. 60ff. 38, 112, VIII 4 153f. (4) Walurammus dt., Förstemann Sp. 1518 71 Wandalmuda (FN) burg. 12. Jh., Gamillscheg III S. 156 VIII 2 139 (11) Wandalveus wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XIV § 29 VIII 3 151 (52) Wa(n)daradas runennord. (Gen.), Krause Nr. 71 Anm. VIII 2 139 (11) Wandemirus wgot. 7. Jh., Julian von Toledo S. 780 VIII 2 139 (11) Wanderich dt., Förstemann Sp. 1526 VIII 2 139 (11) Wandinodis burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 156 VIII 2 139 (11) Wantfrid dt., Förstemann Sp. 1526 VIII 2 139 (11) Wantilpurc dt., Förstemann Sp. 1528 VIII 2 139 (11) Waratlindis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XII § 3 VIII 2 144 Warimbertus lgb. 9. Jh., Bruckner S. 319 VIII 2 143 (29) Warnebert dt., Förstemann Sp. 1541 VIII 2 143 (29) Warnerio burg. 10. Jh., Gamillscheg III S. 157 VIII 2 143 (29) Warnen (VN), Schönfeld S. 258 VIII 2 143 (29) Warniprandus lgb. 8. Jh., Bruckner S. 319 VIII 2 143 (29) Warnuinus wfrk., Pol. Irm. XII § 3 VIII 2 143 (29) W˘ealhq˘eon ae., Beowulf VIII 4 160 (27) Wendilbert dt., Förstemann Sp. 1528 VIII 2 139 (11) Wendildag sächs., Förstemann Sp. 1528 VIII 2 139 (11) Werinkis dt., Förstemann Sp. 1543 VIII 2 143 (29) Werinleih dt., Förstemann Sp. 1545 VIII 2 143 (29) Westaharjaz urnord., LUP S. 33 93 Wetilgrim dt., Förstemann Sp. 1334 VIII 2 142 (28) Widargelt dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1574 90 Widargildus ca. 8. Jh. (inschr.), Schönfeld S. 262 90 Widargyld ags., Beowulf 90 Widogast dt. 4. Jh., Förstemann Sp. 1568 VIII 3 146 (14) Widugang dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1568 43, VIII 3 146 (12)
288
Register
Widuhu[n]daz nord. um 200 (Fibel v. Himlingøjo), E. Moltke: E runenskriften opstået i Danmark?, in: Fra Nationalmuseets Arbejdsmark, Kopenhagen 1951 S. 47ff. 72 Widukind sächs. 8. Jh., Förstemann Sp. 1566 79, 84 Wilifara ogot. 6. Jh., Fiebiger-Schmidt Nr. 231 VIII 4 161 (33) Wiligis ogot. 6. Jh., Schönfeld S. 266 VIII 3 147 (18) Wilihad dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1601 VIII 3 147 (22), IX 4 244 Wilinand dt. 8. Jh., Förstemann Sp. 1604 VIII 3 149 (33) Wilno6e ags 7. / 8. Jh. (Gen., Var.: -node), Boehler S. 129 VIII 4 158 (24) Windar schwed. (bei Saxo Grammaticus) 41 Windilmod sächs., Förstemann Sp. 1530 VIII 2 139 (11) Winerildis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XII § 10 VIII 2 144 Wingidiu lgb. 8. Jh., Bruckner S. 323 VIII 4 160 (27) Winibald wgot. 7. Jh., Bezzenberger S. 12 VIII 3 145 (2)
Winidher dt., Förstemann Sp. 1619 41 Winitarius ogot. 4. Jh., Förstemann Sp. 1619 41 Winuidis wfrk. 9. Jh., Pol. Irm. XII § 24 VIII 4 164 (45) Wisibadus ogot 6. Jh., Schönfeld, S. 268 VIII 3 145 (1) Wiqergield ags. (Sage), W¯ıds¯ıth 90 Witugauuo dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1568 44, 73 Wiwaz nord. um 400, Krause Nr. 55 VIII 3 151 (52) Wlflith ags. 7. Jh. (vielleicht Verschreibung), Boehler S. 133f. VIII 4 157 (18) W[u]lquqewaz nord. um 300, Krause Nr. 78 VIII 3 150 (42), VIII 4 (27) Woduride nord. vor 400 (?, Dat.), Krause Nr. 55 43, VIII 3 149 (35) Wolfram dt., Förstemann Sp. 1654 70, 72 Wolfrant dt., Förstemann Sp. 1658 76 Wurmheri dt., Förstemann Sp. 1666 70, 121 Wyrmhere ags., W¯ıds¯ıth 70 Yaksadas¯ ¯ ı ind., Hilka S. 149 103 Yminsind dt., Förstemann Sp. 955 VIII 2 139 (9) Yngvarr wnord., Lind Sp. 1117 96 Zeizarn dt. 9. Jh., Förstemann Sp. 1388 71 Zitolfa lgb. 9. Jh., Bruckner S. 325 VIII 4 164 (46)
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen
X.5
289
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen
Bechtel, Friedrich 1917. Die historischen Personennamen des Griechischen bis zur Kaiserzeit. Halle a.d. Saale. Behrens, Gustav 1950. Das frühchristliche und das merowingische Mainz. Nach den Bodenfunden dargestellt (Kulturgeschichtliche Wegweiser des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz 20). Mainz. Beowulf. Das angelsächsische Heldenepos über nordische Könige. Neue Prosaübersetzung, Originaltext, versgetreue Stabreimfassung. Übersetzt, kommentiert und mit Anmerkungen versehen von Hans-Jürgen Hube. Wiesbaden 2005. Bezzenberger, Adalbert 1874. Über die A-Reihe der gotischen Sprache. Eine grammatische Studie. Göttingen. Boehler, Maria 1930. Die altenglischen Frauennamen (Germanische Studien 98). Berlin (unveränderter Nachdruck Nendeln 1967). Bohn, Konrad 1931. Untersuchungen zu den Personennamen der Werdener Urbare. Greifswald. Bruckner, Wilhelm 1952. Die Sprache der Langobarden (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker 75). Straßburg (Unveränderter fotomechanischer Nachdruck Berlin 1969). Das Nibelungenlied. Nach der Ausgabe von Karl Bartsch, hg. v. Helmut de Boor. 22. revidierte und von Roswitha Winiewski ergänzte Auflage. Wiesbaden 1996. Edda. Die Lieder des Codex regius nebst verwandten Denkmälern. Hg. v. Gustav Neckel. 5., verbesserte Aufl. von Hans Kuhn (Germanische Bibliothek, Reihe 4: Texte). Heidelberg 1983. Fiebiger, Otto / Schmidt, Ludwig 1917. Inschriftensammlung zur Geschichte der Ostgermanen (Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, Phil.-Hist. Klasse 60, Abh. 3). Wien. Forssner, Karl Thorvald 1916. Continental-Germanic Personal Names in Old and Middle Englisch Times. Diss. Uppsala. Förstemann, Ernst 1900. Altdeutsches Namenbuch. Band 1: Personennamen. Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. Bonn (Nachdruck München / Hildesheim 1966). Förstemann, Ernst 1913 / 1916. Altdeutsches Namenbuch Band 2 (in 2 Hälften): Orts- und sonstige geographische Namen (Völker-, Länder-, Siedlungs-, Gewässer-, Gebirgs-, Berg-, Wald-, Flurnamen u.dgl.) Bonn (Nachdruck München 1983). Gamillscheg, Emil 1970. Romania Germanica. Sprach- und Siedlungsgeschichte der Germanen auf dem Boden des alten Römerreiches (Grundriss der germanischen Philologie 11), 3 Bde. Berlin / New York. Gerchow, Jan 1988. Die Gedenküberlieferung der Angelsachsen. Mit einem Katalog der libri vitae und Necrologien (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 20). Berlin / New York. Hilka, Alfons 1910: Beiträge zur Kenntnis der indischen Namengebung. Die altindischen Personennamen. Indische Forschungen H. 3. Breslau. Holder, Alfred 1961. Alt-Celtischer Sprachschatz. 3 Bde. Leipzig 1891–1913. – Unveränderter Nachdruck Graz. Jacobsen, Lis / Moltke, Erik (Hg.) 1942. Danmarks Runeindskrifter. Unter Mitwirkung von Anders Baeksted u. Karl Martin. Kopenhagen. Janzén, Assar (Hg.) 1947. Personnamn (Nordisk kultur 7). Stockholm / Oslo / Kopenhagen. Julian von Toledo 1862. Historia Wambae regis (Historia rebellionis Pauli adversus Wambam, um 680). In: Migne, Patrologia Latina 96. Paris, S. 763ff. Krause, Wolfgang 1937. Runeninschriften im älteren Fu@ark (Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft, Geisteswissenschaftliche Klasse 13, 4). Bd. 1: Text. Bd. 2: Tafeln. Halle a. d. Saale.
290
Register
Le Blant, Edmond (Hg.) 1856–1865. Inscriptions chrétiennes de la Gaule antérieures au VIIIe siècle. Hg. und mit Anmerkungen versehen von Edmond Le Blant. 2 Bde. Paris (Unveränderter Nachdruck Hildesheim 1999). Lind, Erik Henrik 1931. Norskisländska dopnamn ock fingerade namn från medeltiden. Uppsala 1905 / 1915. Supplementband (abgek.: Sb.) Oslo. Lindquist, Ivar 1940. Religiösa runtexter, 2. Sparlösastenen (Skrifter ug. av Vetenskaps-Societeten i Lund 24). Lund. Löwe, Richard 1923: Gotische Namen in hagiographischen Texten. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Literatur 47, S. 407–433. LUP = Peterson, Lena 2004a. Lexikon över urnordiska personnamn (LUP). Online im Internet: URL http://www.sofi.se/SOFIU/lup/index.htm Meyer-Lübke, Wilhelm 1904. Romanische Namenstudien I: Die alt-portugiesischen Personennamen germanischen Ursprungs (Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Klasse 149). Wien. Miklosich, Franz 1927: Die Bildung der slavischen Personen- und Ortsnamen. Heidelberg. 1. Die Bildung der slavischen Personennamen (Manualneudruck nach den Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, phil.-hist. Kl., Jg. 1860). 2. Die Bildung der Ortsnamen aus Personennamen im Slavischen (Manualneudruck nach der angegebenen Reihe, Jg. 1865). Müller, Rudolf 1909: Untersuchungen über die Namen der nordhumbrischen Liber Vitae (Palaestra 9). Berlin. Passow, Franz 1841: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Neu bearbeitet und zeitgemäss umgestaltet von Dr. Val. Chr. Fr. Rost und Dr. Friedrich Palme. 2 Bde. Des ursprünglichen Werkes fünfte Auflage. Leipzig. PBB = Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (zuerst hg. v. Hermann Paul und Wilhelm Braune). Piel, Joseph M. 1952 / 1954. Blüte und Verfall der westgotisch-hispanischen Personennamen. Sonderdruck aus: Quatrième Congrès International de Sciences Onomastiques. 2 Bde. Uppsala. Piel, Joseph M. / Kremer, Dieter 1976. Hispanogotisches Namenbuch. Der Niederschlag des Westgotischen in den alten und heutigen Personen- und Ortsnamen der Iberischen Halbinsel. Heidelberg. Polyptychum Irminonis abbatis = Das Polyptychon von Saint-Germain-des-Prés. Studienausgabe. Hg. von Konrad Elmshäuser, Andreas Hedwig, Köln-Weimar-Wien, 1993. Polyptychum S. Remigii = Le polyptyque et les listes de cens de l’abbaye de Saint-Remi de Reims (IXe-XIe siècles). Edition critique p. Jean Pierre Devroey. Paris 1984. Sachs, Georg 1932: Die germanischen Ortsnamen in Spanien und Portugal (Berliner Beiträge zur Romanischen Philologie 2, 4). Jena / Leipzig. Schlaug, Wilhelm 1955: Studien zu den altsächsischen Personennamen des 11. und 12. Jahrhunderts (Lunder germanistische Forschungen 30). Lund / Kopenhagen. Schmidt, Karl Horst 1957: Die Komposition in gallischen Personennamen. In: Zeitschrift für celtische Philologie 26. Tübingen, S. 33–301. Schönfeld, Moritz 1911: Wörterbuch der altgermanischen Personen- und Völkernamen, nach der Überlieferung des klassischen Altertums bearbeitet (Germanische Bibliothek 1. Sammlung germanischer Elementar- und Handbücher, Reihe 4: Wörterbücher). Heidelberg. – Zweite, unveränderte Aufl. Heidelberg 1965 (Germanische Bibliothek, Reihe 3). Schröder: Edward 1944. Deutsche Namenkunde. Gesammelte Aufsätze zur Kunde deutscher Personen- und Ortsnamen. Festgabe seiner Freunde und Schüler zum 80. Geburtstag. Göttingen 1938. – Zweite, stark erweiterte Aufl. hg. von Ludwig Wolff. Göttingen. Searle, William George 1897. Onomasticon Anglo-Saxonicum. A List of Anglo-Saxon Proper Names from the Time of Beda to that of King John. Cambridge.
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen
291
Seibicke, Wilfried 1998: Historische Deutsches Vornamenbuch. In Verbindung mit der Gesellschaft für deutsche Sprache. 3 Bde. Berlin / New York. Streitberg, Wilhelm (Hrsg.) 1919. Die gotische Bibel. Der gotische Text und seine griechische Vorlage mit Einleitung, Lesarten und Quellennachweisen sowie den kleinern Denkmälern als Anhang (Germanische Bibliothek II. Abt., 3. Band). Zweite verbesserte Auflage. Heidelberg. Ström, Hilmer 1939: Old English Personal Names in Bede’s History. An Etymological-Phonological Investigation (Lund Studies in English VIII). Lund. Wackernagel, Wilhelm 1874. Sprache und Sprachdenkmäler der Burgunden. In: Karl Binding. Das burgundisch-romanische Königreich. Teil 1: Geschichte des burgundisch-romanischen Königreichs. Leipzig 1874. – Unveränderter Nachdruck Aalen 1969. Wrede, Ferdinand 1891. Über die Sprache der Ostgoten in Italien (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker 68). Straßburg. ZfdA = Zeitschrift für deutsches Altertum.
292
X.6
Register
Literaturverzeichnis
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