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German Pages 189 Year 2004
Schriften zum Strafrecht Heft 152
Zur Tatbestandsproblematik der §§ 331, 332 StGB unter besonderer Berücksichtigung des Drittvorteils
Von
Stefanie Wentzell
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
STEFANIE WENTZELL
Zur Tatbestandsproblematik der §§ 331, 332 StGB
Schriften zum Strafrecht Heft 152
Zur Tatbestandsproblematik der §§ 331, 332 StGB unter besonderer Berücksichtigung des Drittvorteils
Von
Stefanie Wentzell
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-11415-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde zu Beginn des Sommersemesters 2003 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Sie war im November 2001 fertiggestellt, weshalb die erst danach ergangene Drittmittel-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHSt 47, 295 ff.) nur noch für die Drucklegung berücksichtigt werden konnte, was im Übrigen auch für die bis Oktober 2003 erschienene Literatur gilt. Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Wolfgang Winkelbauer, danke ich für dessen stete Diskussionsbereitschaft und die Fertigung des Erstgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Ulrich Weber für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dank schulde ich auch der Reinhold-und-Maria-Teufel-Stiftung, Tuttlingen, die mir für meine Arbeit großzügig einen Preis zuerkannt hat. Besonderer Dank gebührt all denjenigen, die mir beim Verfassen dieser Arbeit hilfreich zur Seite standen. Erwähnen möchte ich dabei insbesondere meinen Vater, einen „alten Hasen“ der Strafrechtspraxis, der mir stets ein geduldiger Diskussionspartner war und Dr. Edward Schramm, den kritischen Geist, der mir bei der Durchsicht dieser Arbeit für die Drucklegung noch überaus wertvolle Anregungen gab. Bedanken möchte ich mich ferner bei den Mitarbeitern des Lehrstuhls von Herrn Prof. Dr. Dr. Kühl, wo ich während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft stets auf große Diskussionsfreude und Hilfsbereitschaft stieß und bei Frau Bettina Staiger, die sich in zahlreichen abendlichen Gesprächen meiner Gedanken annahm. Widmen möchte ich diese Arbeit dem Andenken meiner Mutter; sie hat mich mit ihrer ganzen Liebe und Sorge auf diesen Lebensweg gebracht. Tübingen, im Dezember 2003
Stefanie Wentzell
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
Kapitel 1 Problemaufriß
19
§ 1 Kooperationsformen in der Forschung, insbesondere der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . .
19
§ 2 Spenden- und Sponsoringpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
§ 3 Kooperatives Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
§ 4 Die §§ 153 ff. StPO sowie das Gnadenrecht innerhalb der Strafvollstreckung . . . . .
30
Kapitel 2 Ansätze einer Problemlösung
31
§ 5 Der Genehmigungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
§ 6 Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
§ 7 Steuerrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
§ 8 Der Maßstab der sozialen Adäquanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
§ 9 Eigennutz und Drittvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
§ 10 Die Drittmittel-Entscheidung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
Kapitel 3 Analyse
48
§ 11 Historische Analyse des Vorteils für einen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
I. Gesetzesentwicklung der §§ 331, 332 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
II. Der Vorteil für einen Dritten in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . .
50
8
Inhaltsverzeichnis
§ 12 Akzessorische Natur des § 331 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
I. § 331 StGB als im Strafgesetzbuch erfaßte Dienstpflichtverletzung . . . . . . . . .
53
II. Verhaltensnorm und Sanktionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
1. Begrifflichkeiten und materieller Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
2. Dienstpflichtverletzung: Verhältnis von Strafrecht zu Disziplinarrecht . .
60
III. Vereinbarkeit von akzessorischer Natur mit tatbestandlich erfaßtem Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
§ 13 Beamtenrechtliche Beurteilung von Geschenkannahmefällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
I. Fallgestaltungen eines Vorteils für einen Dritten im Beamtenrecht . . . . . . . . . .
66
1. Disziplinarrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts . .
67
2. Bewertung im beamtenrechtlichen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
II. Verwaltungsvorschriften des Bundes und des Landes Baden-Württemberg . .
74
III. Unbestechlichkeit als Dienstpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
IV. Verfassungsrechtliche Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
§ 14 Teleologische Analyse der Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
I. Rechtsgut und Pflichtwidrigkeit der §§ 331 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
II. Unterschiede in der Intensität des Rechtsgutsangriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
1. Verschiedenheit der Angriffsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
2. Qualität und Intensität der Angriffsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
III. Fortführung dieser Unterschiede in der tatbestandlichen Auslegung . . . . . . . .
88
IV. Drittzuwendungen bei der Vorteilsannahme einerseits und der Bestechlichkeit andererseits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
V. „Das Amt vollendet die Idee der Repräsentation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
VI. Vereinbarkeit mit dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
Inhaltsverzeichnis
9
§ 15 Vergleich mit Regelungen Österreichs und der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
I. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
II. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
§ 16 Vereinbarkeit mit internationalen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
Kapitel 4 Anwendung der Strafnormen
105
§ 17 Der Begriff des Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 I. Unterscheidung des Dritten in § 331 StGB und § 332 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . 106 II. Der Staat als Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 § 18 Der Vorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Der immaterielle Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Die eigene Verfügungsbefugnis in Abgrenzung zur Botenschaft . . . . . . . . . . . . 120 III. Der mittelbare Vorteil als Teil der Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Der Inhaber eines rechtlichen Anspruchs auf die Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . 124 V. Der Vertrag selbst bzw. seine Vermittlung als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 § 19 Das Merkmal: „für die Dienstausübung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Grenzen der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Unrechtsvereinbarung und Gegenleistungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 III. Dienstausübung im Gegensatz zur Diensthandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 § 20 Die Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Strafrechtliche Einordnung und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Genehmigungsmöglichkeiten und Genehmigungsbehörde bei Drittzuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Reichweite der Nebentätigkeitsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Die Reichweite aus dienstrechtlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 2. Die strafrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 IV. Kollisionen von Anzeigepflicht mit Genehmigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
10
Inhaltsverzeichnis
§ 21 Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Abkürzungsverzeichnis a.A. AblEG Abs. a.E. a.F. AG AMG Anm. Art. ArztR AT Az BAT BauGB BauR BayObLGSt BayZRPfl. BB BBG BBl. Bd. BDO BestechungsVO BGB BGBl. BGH BGHR BGHSt BIM BJM BMI BR-Drs. BRRG BT BT-Drs.
andere Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz am Ende alte Fassung Amtsgericht Arzneimittelgesetz Anmerkung Artikel Arztrecht (Zeitschrift) Allgemeiner Teil Aktenzeichen Bundes-Angestelltentarif Baugesetzbuch Zeitschrift für Baurecht Sammlung des BayObLG in Strafsachen Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bundesbeamtengesetz Bundesblatt Band Bundesdisziplinarordnung Bestechungsverordnung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Sammlung der BGH-Rechtsprechung in Zivil- und Strafsachen Sammlung der Entscheidungen des BGH in Strafsachen Bundesinnenministerium Bundesjustizministerium Bundesminister des Innern Bundesratsdrucksache Beamtenrechtsrahmengesetz Besonderer Teil Bundestagsdrucksache
12 BtMG BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BW BWGZ bzw. ders. DÖV DR DRiG DRiZ DVBl. EU EUBestG f. ff. Fn. FS GA GABl. GemHVO GG GKÖD GMBl. GVG HansOLG HdBöffD HdBVerfR HdBWissR HESt h.M. HRG HRR Hrsg. IntBestG JA JR JuS JZ
Abkürzungsverzeichnis Betäubungsmittelgesetz Bundesverfassungsgericht Sammlung der Entscheidungen des BVerfG Bundesverwaltungsgericht Sammlung der Entscheidungen des BVerwG Baden-Württemberg Die Gemeinde; Organ des Gemeindetages Baden-Württemberg (Zeitschrift) beziehungsweise derselbe Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Recht (Zeitschrift) Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsche Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Europäische Union EU-Bestechungsgesetz folgende fortfolgende Fußnote Festschrift Goltdammers Archiv für Strafrecht Gemeinsames Amtsblatt des Landes Baden-Württemberg Gemeindehaushaltsverordnung Grundgesetz Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht Gemeinsames Ministerialblatt Gerichtsverfassungsgesetz Hanseatisches Oberlandesgericht Handbuch des öffentlichen Diensts Handbuch des Verfassungsrechts Handbuch des Wissenschaftsrechts Höchstrichterliche Entscheidungen. Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der Obersten Gerichte in Strafsachen herrschende Meinung Hochschulrahmengesetz Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung
Abkürzungsverzeichnis KGK KK krit. KrV LBG LG LJKG LK LM StGB LR m.E. MedR MPG MTArB MTL m.w.N. NJ NJW NK Nr. NStE NStZ NVwZ NW OECD OLG OLGSt PharmaR PrALR RG RGSt RiA RIW Rn. S. s. SK SoldG StGB StPO StV
13
Koordinierungsgruppe Korruptionsbekämpfung BW Karlsruher Kommentar kritisch Die Krankenversicherung (Zeitschrift) Landesbeamtengesetz Landgericht Landesjustizkostengesetz BW Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs von Lindenmaier / Möhring Löwe-Rosenberg meines Erachtens Medizinrecht (Zeitschrift) Medizinproduktegesetz Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes mit weiteren Nachweisen Neue Justiz (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch Nummer Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Oberlandesgericht Sammlung der Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Straf-, Ordnungswidrigkeiten- und Ehrengerichtssachen Pharma-Recht (Zeitschrift) Preußisches Allgemeines Landrecht Reichsgericht Sammlung der Entscheidungen des RG in Strafsachen Recht im Amt (Zeitschrift) Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer Seite siehe Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch Soldatengesetz Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung Strafverteidiger (Zeitschrift)
14 UG Urt. vgl. VwV VwVfG WDO WissR wistra WP WRP W.u.K. ZBR ZDG ZRP ZStW
Abkürzungsverzeichnis Universitätsgesetz Urteil vergleiche Verwaltungsvorschrift Verwaltungsverfahrensgesetz Wehrdisziplinarordnung Wissenschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaft, Steuern, Strafrecht Wahlperiode Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) Amtsblatt Wissenschaft und Kunst des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst BW Zeitschrift für Beamtenrecht Zivildienstleistendengesetz Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
Einleitung Mitte der neunziger Jahre vermittelten schlagzeilenträchtige Korruptionsskandale, etwa in der Frankfurter Bauverwaltung oder der sog. Herzklappenskandal, der deutschen Öffentlichkeit den Eindruck, daß Entscheidungsvorgänge, wie man sie sonst nur von sog. „Bananenrepubliken“ kennt, auch in Deutschland durchaus an der Tagesordnung seien. Jährliche Schäden der öffentlichen Hand in Milliardenhöhe, gar „eine Verluderung der Geschäftssitten auf breiter Front“ wurden vermutet: „Die Spitzen bundesdeutscher Unternehmen höchstpersönlich übergeben wohlgefüllte Kuverts und schließen Beraterverträge mit Fürsprechern in Ministerien und Behörden ab.“1 Von solchen Vorwürfen herausgefordert, reagierte der Gesetzgeber mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen, zu dem auch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 – der Anlaß für diese Arbeit – gehört.2 Der Gesetzgeber setzte sich damit zum Ziel, dem Phänomen der unlauteren Beeinflussung der in seinem Namen und für ihn den Dienst versehenden Beamten und sonst im öffentlichen Dienst stehenden Personen wirksam zu begegnen. Neben den strafrechtlichen, auf das jeweilige Fehlverhalten erst reagierenden Neuregelungen gilt dies insbesondere auch für die präventiven Maßnahmen: Vorbeugend wirken sollen etwa das „Mehr – Augenprinzip“ bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, ständige Rotation innerhalb des jeweils die Vergabe vorbereitenden und durchführenden Personals, Transparenz der Verfahrensabläufe durch umfassende Dokumentation, Berichterstattung und eindeutige Zuständigkeitsregelungen sowie interne Kontrollen der laufenden und abgeschlossenen Entscheidungsvorgänge.3 Doch nicht nur der Staat, sondern auch die Wirtschaft versuchte ihrerseits dem „besonderen Übel“4 der Korruption entgegenzusteuern. Beispielsweise wurde durch die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen und den Bundesfachverband Medizinprodukteindustrie ein „Medizinproduktekodex“ aufgestellt.5 Schaupensteiner, Nachfragekonferenz, S. 58. BGBl. I (1997), 2036. Zur Entstehungsgeschichte ausführlich LK-Bauer / Gmel Nachtrag zu §§ 331 – 338 Rn. 2 ff. 3 Maßnahmenkatalog der damaligen christlich-liberalen Bundesregierung, der in einer gemeinsamen Presseerklärung des BIM und des BJM am 20. 3. 1996 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde; Stellungnahme der jetzigen Bundesregierung, BT-Drs. 14 / 3933 sowie die Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung v. 17. Juni 1998, BT-Drs. 14 / 3393, S. 20 ff. Aus der Literatur: Littwin, ZRP 1996, S. 312 f.; Möllering, WRP 1997, S. 933 ff; Schneider, DÖV 1997, S. 582 ff. 4 Schaefer, NJW 1996, S. 2489. 1 2
16
Einleitung
Dieser besteht in Verhaltensregeln für Hersteller, Lieferanten wie auch für Beschäftigte medizinischer Einrichtungen gleichermaßen, anhand derer Klarheit über die Voraussetzungen und Grenzen unentgeltlicher Zuwendungen und Rabatte auf dem Gesundheitsmarkt geschaffen werden soll. Speziell mit den strafrechtlichen Maßnahmen kam der Gesetzgeber insbesondere Forderungen der Strafverfolgungsbehörden nach, die beweisrechtliche Situation innerhalb der Straftatbestände der §§ 331 ff. StGB zu erleichtern.6 Dies sollte etwa durch ein gelockertes Beziehungsverhältnis zwischen der Zuwendung an den Amtsträger sowie der im Gegenzug dafür erbrachten Diensttätigkeit und durch eine Erweiterung der Tatbestände auf Vorgänge der Begünstigung Dritter geschehen.7 Gerade die letztgenannte Ergänzung der Tatbestände auf Vorteile für Dritte bereitet aber in ihrer Auslegung Schwierigkeiten. Sie läßt den Aktionismus des Gesetzgebers hierbei durchaus fragwürdig erscheinen. Denn Vorteile für einen Dritten verkörpern sich nicht nur etwa in dem Pelzmantel für die Ehefrau eines Amtsträgers oder in Zuwendungen für den Verein oder die politische Partei, welcher der Amtsträger angehört.8 Die in diesem Zusammenhang problematische Frage lautet vielmehr: Erfassen die §§ 331 ff. StGB jegliche Zuwendungen an Dritte, selbst wenn diese altruistisch motiviert sind oder gar der Anstellungskörperschaft des Amtsträgers zugute kommen? Der Gesetzgeber hat darauf jedenfalls keine Antwort gegeben. Ganz im Gegenteil ging es ihm bei der Einfügung des Merkmals „Dritter“ allein um eine Klarstellung für diejenigen Fälle, in denen von der Rechtsprechung ein sog. mittelbarer Vorteil für den Amtsträger konstruiert werden mußte, weil die Zuwendung nicht direkt geleistet wurde, sondern an eine Personenvereinigung (Partei, Sportverein), welcher der Amtsträger angehörte. In der Gesetzesbegründung ist zwar auch von einer Erweiterung der Tatbestände die Rede, doch ist damit ganz offensichtlich gemeint, daß dieses zusätzliche Tatbestandsmerkmal lediglich der Klarstellung der bisherigen Rechtslage dienen soll. In den entsprechenden Gesetzesmaterialien heißt es dazu: „In den Straftatbeständen der §§ 331 ff. StGB sieht der Entwurf eine Klarstellung vor, daß die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit sowie Vorteilsgewährung und Bestechung nicht davon abhängt, ob der Vorteil dem Amtsträger selbst oder einem Dritten gewährt wird oder werden soll. Eine entsprechende Erweiterung ist auch bei den Tatbeständen der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr vorgesehen.“9
Dazu Deutsch, NJW 1999, S. 820 f.; Dieners, JZ 1998, S. 183 ff. Dazu nur Schaupensteiner, NStZ 1996, S. 411. 7 BT-Drs. 13 / 5584, S. 8: „Um den Strafverfolgungsorganen eine sachgerechte Bekämpfung der Korruptionskriminalität zu ermöglichen, ( . . . ).“ 8 So der „klassische“ Vorteil für einen Dritten, der zur alten Rechtslage durch die Figur des mittelbaren Vorteils erfaßt wurde, dazu Lackner / Kühl, § 331 Rn. 6. 9 BT-Drs. 13 / 5584, S. 9. 5 6
Einleitung
17
„In der bisherigen Fassung der §§ 331 ff. StGB ist unklar, ob die Gewährung von Vorteilen, die letztendlich Dritten zukommen sollen, vom Anwendungsbereich der Tatbestände erfaßt wird. Nach der Rechtsprechung muß die Leistung für den Amtsträger selbst eine Besserstellung zur Folge haben. Sie legt das Tatbestandsmerkmal „Vorteil“ dahingehend aus, daß Zuwendungen an Dritte erfaßt werden, wenn die zugedachte Zuwendung der Amtsperson in irgendeiner Hinsicht einen mittelbaren Nutzen bringt (BGHSt 35, 128, 133). Probleme bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals bestehen daher insbesondere bei Zuwendungen an Personenvereinigungen, deren Mitglied der Amtsträger ist. Auch bei einer Vorteilsannahme durch den Amtsträger für Dritte wird jedoch das durch die §§ 331 ff. StGB geschützte Rechtsgut der Lauterkeit des öffentlichen Dienstes ( . . . ) verletzt und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Lauterkeit nachhaltig erschüttert. Da dieses Verhalten von Amtsträgern (und Vorteilsgewährenden) daher strafwürdig ist, soll durch die ( . . . ) vorgeschlagenen Regelungen und die entsprechenden Vorschläge ( . . . ) in den §§ 331 ff. StGB klargestellt werden, daß auch die Vorteilsgewährung an Dritte erfaßt wird.“10
Durch diese Gesetzesänderung geraten damit auch Vorgänge in den Verdacht korruptiver Praktiken, denen eine solche Intention völlig fremd ist und das Unrecht, das die §§ 331 ff. StGB erfassen wollen, nicht enthalten. Dies gilt insbesondere für die heute vielfältig ausgeprägten Kooperationsformen zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft. Beispiele finden sich etwa im Bereich der Medizin, wo beide Seiten im Rahmen der Drittmittelforschung zusammenarbeiten. Oder es werden Kongresse oder Fortbildungsveranstaltungen von der medizintechnischen oder pharmazeutischen Industrie durchgeführt bzw. zumindest finanziell unterstützt. Klinische Prüfungen bestimmter Präparate werden im Arzneimittelgesetz (§§ 20, 21, 40 AMG) und Medizinproduktegesetz (§§ 17 ff. MPG) sogar gesetzlich vorgeschrieben. Berührungspunkte der Interessen von Staat und Wirtschaft finden sich auch in anderen Bereichen, so etwa im Fall des Sponsorings öffentlicher bzw. gemeinnütziger karitativer oder sozialer Einrichtungen durch Unternehmen der Privatwirtschaft. Der Sinn und Zweck dieser Formen der Zusammenarbeit liegt auf der Hand: Der Staat eröffnet sich neue finanzielle Möglichkeiten, die eigenen Aufgaben erfüllen zu können; es kommt außerdem zu einem auch für die Wirtschaft nutzbringenden Austausch von Wissen und seiner praktischen Anwendung, dem „Know-How“. Schließlich wird die Akzeptanz staatlicher Entscheidungen durch eine verstärkte Bürgerbeteiligung erhöht, beispielsweise im Verfahren über den Abschluß städtebaulicher Verträge. Diese Formen ,sinnvoller Kooperation‘ von denjenigen „strafbarer Kollusion“11 innerhalb der Tatbestände der §§ 331 ff. StGB abzugrenzen, ist Gegenstand dieser Arbeit. Sie gliedert sich in eine an Beispielen orientierte Darstellung von Problemkonstellationen, die sich durch die Ergänzung des Vorteils für einen Dritten ergeben haben (Kapitel 1); es folgt im Anschluß eine kurze Übersicht über die bisher in der Literatur vorgeschlagenen Lösungsansätze (Kapitel 2); eigene Überlegungen schließen sich endlich im dritten Teil an, die den entscheidenden Ausgangspunkt 10 11
BT-Drs. 13 / 5584, S. 16. Begrifflichkeiten von Lüderssen, Gutachten.
2 Wentzell
18
Einleitung
für eine Auslegung der §§ 331 ff. StGB in deren Deliktsnatur als Amtsdelikte sehen. Sodann soll die Frage gestellt und beantwortet werden, ob und wie dienstrechtliche Vorgaben und Wertungen für die Auslegung der §§ 331 ff. StGB herangezogen werden können (Kapitel 3); schließlich endet die Arbeit in einem vierten Teil, der sich mit den eingangs dargestellten Problemkonstellationen anhand der einzelnen Tatbestandsmerkmale, der Genehmigungsregelung des § 331 Abs. 3 StGB und der Konkurrenzen auseinandersetzt (Kapitel 4).
Kapitel 1
Problemaufriß Was sich schon nach alter Rechtslage andeutete, tritt nun seit dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom August 1997 offen zutage: In ganz verschiedenen Bereichen existieren Reibungspunkte zwischen der Zielrichtung des Gesetzes, unlautere Einflüsse auf staatliche Vorgänge zu verhindern einerseits und dem Wortlaut des Gesetzes andererseits, der erheblich mehr Lebenssachverhalte erfaßt, als es der Gesetzesintention entspricht. Es zeigt sich, daß sich das in den Tatbeständen abstrakt verkörperte Unrecht – wenn überhaupt – nur schwer in dem vom Wortlaut des Gesetzes erfaßten Geschehen erkennen läßt. Im folgenden werden mögliche Problemfelder kurz dargestellt.
§ 1 Kooperationsformen in der Forschung, insbesondere der Medizin Die Kooperation von Medizin und Industrie rückte schon Mitte der neunziger Jahre in das Interesse strafrechtlicher Ermittlungen, als im Zuge des sog. „Herzklappenskandals“1 erstmals die verschiedenen Beziehungsgeflechte zwischen Ärzten, die an Krankenhäusern beschäftigt sind, und Herstellern und Lieferfirmen der medizinisch-technischen Industrie näher untersucht wurden. Der Ausgangspunkt des Verdachts lag damals zunächst in einer Schädigung der Krankenkassen: Chefärzte ordneten die Bestellung von Herzklappen an, deren Preis weit überhöht war; die Kosten dafür wurden aber nicht von den Kliniken, sondern von den Krankenkassen getragen mit der Folge, daß in strafrechtlicher Hinsicht die Tatbestände des Betruges und der Untreue in Betracht kamen.2 Als Gegenleistung erhielt der Arzt die Differenz zum regulären Listenpreis als Zuwendung, die dann aber beispielsweise als Spende oder als Vergütung für Forschung, Studien oder Fortbildung getarnt wurde.3 Damit griffen schließlich die Tatbestände der Vorteilsannahme und 1 Näher dazu Bruns, ArztR 1998, S. 237 ff.; Casimir, Dt. Ärzteblatt 1998, S. 21; Hepp, Dt. Ärzteblatt 2000, S. 2898 f.; Tondorf / Waider, MedR 1997, S. 102 ff. 2 Dazu näher Bruns, ArztR 1998, S. 238 f.; Tondorf / Waider, MedR 1997, S. 102 ff. 3 Tondorf / Waider, MedR 1997, S. 102; Kiefer / Weber / Schüller, KrV 1998, S. 216, Müller / Wabnitz / Janovsky, Wirtschaftskriminalität, 9 / 24 – 30 mit weiteren Verdachtsformen
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Kapitel 1: Problemaufriß
Bestechlichkeit und ihre Pendants im aktiven Bereich, Vorteilsgewährung und Bestechung, ein. Handelte es sich etwa nur um scheinbare Fortbildungsveranstaltungen, hinter denen sich tatsächlich eine Urlaubsreise verbarg, die das Unternehmen dann möglicherweise nicht nur dem Arzt selbst, sondern auch dessen Ehefrau finanzierte, so bestand nach altem Recht an einer Strafbarkeit aus den §§ 331 ff. StGB kein Zweifel mehr, sofern nur das Gegenleistungsverhältnis zu einer Diensthandlung nachgewiesen werden konnte.4 Denn der Arzt hatte sich allein von Umsatzinteressen leiten lassen anstatt seine Entscheidungen am Wohl der Patienten zu orientieren.5 Schwieriger wurde es, einen Unrechtsvorwurf zu begründen, allerdings schon dann, wenn es sich nicht mehr nur um als Fortbildungsreisen getarnte Urlaubsfahrten handelte,6 sondern der betreffende Arzt sich ausschließlich auf die passive fachliche Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung bzw. Kongreß beschränkt hatte.7 Denn noch zur alten Rechtslage der §§ 331 ff. StGB setzte die Rechtsprechung8 voraus, daß der Amtsträger sich – zumindest auch – persönlich in materieller oder immaterieller Hinsicht bereichert hatte. Hatte sich der Arzt allerdings auf seine fachliche Teilnahme beschränkt, so war er zunächst seiner dienstrechtlichen Verpflichtung, sich weiterzubilden, nachgekommen. Die Teilnahme erfolgte im Interesse der Anstellungskörperschaft des Arztes. Einen persönlichen Vorteil konnte diese Teilnahme nur dann begründen, wenn dem Arzt die Kosten für Verpflegung und Unterkunft erstattet wurden oder auf zweifelhafte Kriterien wie erhöhte Karrierechancen durch „Wissensmehrung“ oder „Förderung der wissenschaftlichen Reputation“ abgestellt wurde.9 Hiervon sind wiederum diejenigen Fallgestaltungen zu unterscheiden, in denen der Arzt aktiv an der jeweiligen Veranstaltung teilnahm, sei es durch einen Vortrag oder die Leitung von Fortbildungsseminaren. In diesen Fällen wie auch bei Beratungsleistungen, Dokumentationen und Studien erbrachte der Arzt seinerseits eine und Unregelmäßigkeiten. Eine ausführliche Darstellung von Beispielen aus der Rechtsprechung gibt Ulsenheimer, in: Laufs / Uhlenbruck, § 151a Rn. 9 ff. 4 Eine zweitägige Italienreise des Arztes samt Ehefrau zum Firmensitz und mehrere Essenseinladungen in Gourmet-Restaurants waren etwa Gegenstand der Entscheidung des BGH NStZ 2000, S. 90 f.; dazu auch die Anmerkung von Göben, MedR 2000, S. 194. 5 Laufs, NJW 2002, S. 1770. 6 Hierunter ist aber auch die Teilnahme an solchen Fortbildungsveranstaltungen zu fassen, bei denen die Fortbildung zur Nebensache degradiert und vielmehr das von der Firma organisierte und bezahlte, außermedizinische „Rahmen“-Programm den eigentlichen Inhalt der Veranstaltung bildet. 7 So etwa im Fall einer Oberärztin eines Kreiskrankenhauses, die allerdings entgegen sonst üblicher Gepflogenheiten an internationalen Kongressen teilnahm, was sonst regelmäßig nur bei forschenden Ärzten an Universitätskliniken der Fall ist, LG Rottweil, Geschäftsnummer 11 Ns 411 Js 91480 / 96 Ak 82 / 99. Zeitlich unterfielen diese Vorgänge allerdings der alten Gesetzesfassung der §§ 331 ff. StGB. 8 Dazu näher § 11. 9 Vgl. HansOLG Hamburg, StV 2001, 285; etwa auch Haeser, MedR 2002, S. 57.
§ 1 Kooperationsformen in der Forschung, insbesondere der Medizin
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eigene Leistung, die ihm dann im Gegenzug finanziell vergütet wurde. Auch hier ging die Rechtsprechung z.T. davon aus, daß der Arzt trotz seiner Gegenleistung einen persönlichen Vorteil erhalten hatte. Dafür wurde nicht auf die Vergütung oder das Honorar abgestellt, sondern auf die Möglichkeit, überhaupt einen solchen Vertrag über eine Nebentätigkeit abschließen zu können.10 Zurückgehend auf die Rechtsprechung des BGH11 sollte der persönliche Vorteil des Amtsträgers bereits in der Chance auf den Vertragsabschluß liegen. Für einen dem Arzt zugute kommenden, korrumpierenden Vorteil wurde es aber auch gehalten, wenn ihm bzw. genauer der von ihm geleiteten Abteilung des Krankenhauses medizinische und sonstige Geräte kostenlos überlassen und auch die Reparaturkosten für solche Geräte von der jeweiligen Herstellerfirma übernommen wurden.12 Obwohl diese Geräte zunächst der Forschungseinrichtung zugute kamen, soll der angeklagte Arzt zumindest mittelbar von diesen einem Dritten gemachten Zuwendungen profitiert haben, weil sich damit seine wissenschaftlichen Arbeitsund Entfaltungsmöglichkeiten objektiv meßbar verbesserten. Damit einhergehend habe sich auch zugleich das Ansehen des Arztes in seiner Funktion als Leiter einer besser ausgestatteten Abteilung und als Lehrstuhlinhaber gesteigert: Die Verbesserung der Karrierechancen sei „evident“ und bedürfe „keiner näheren Darstellung“.13 Der Bundesgerichtshof übernahm diese Ansicht in seinem erst sehr viel später zu diesem Sachverhalt ergangenen Urteil freilich nicht.14 In allen Fällen besaßen die beschuldigten Ärzte wiederum aufgrund ihrer leitenden Stellung innerhalb der jeweiligen Abteilung zugleich die Möglichkeit, auf Entscheidungen hinsichtlich der Beschaffung von Geräten, Medikamenten oder sonstigen Produkten Einfluß zu nehmen, die das zuwendende Unternehmen seinerseits vertrieb. Der strafrechtliche Vorwurf stützte sich deshalb in diesen Fällen regelmäßig auf eine sachwidrige Beeinflussung von Ermessensentscheidungen, nämlich der Entscheidungen darüber, welche Produkte zu bestellen sind (vgl. § 332 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Nr. 2 StGB).15
10 So der Beschluß des HansOLG Hamburg, StV 2001, 278 f. Das Landgericht hat in der Zwischenzeit den Arzt allerdings freigesprochen, dazu das Hamburger Abendblatt v. 19. 5. 2000, 1. 7. 2000, 11. 7. 2000. 11 BGHSt 31, 264 ff. 12 Beschluß des OLG Karlsruhe, StV 2000, 288. 13 So das OLG Karlsruhe, StV 2000, 289. Ähnlich auch in einem Urteil des AG Stuttgart v. 4. 12. 1998 – 14 Cs 414 Js 99309197, wo auf die Mehrung des beruflichen Ansehens abgestellt wurde, das sich aus der Durchführung von Weihnachtsfeiern der Abteilung mit Geldern von Herstellerfirmen ergebe. Ein weiterer Fall wurde in Ulm verhandelt, dazu Stuttgarter Zeitung v. 21. 11. 2000. 14 BGHSt 47, 304. 15 Die betroffenen Ärzte sahen sich trotz ihrer Beteuerung, sich in ihren Entscheidungen nicht von diesen Zuwendungen beeinflussen zu lassen, dem Vorwurf der Bestechlichkeit ausgesetzt. Denn entscheidend ist, was der Amtsträger nach außen hin erklärt und wie seine Erklärung verstanden wird, nicht aber, ob er sich insgeheim vorbehält, die Entscheidung aus-
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Kapitel 1: Problemaufriß
In den geschilderten Urteilen und Beschlüssen spiegeln sich nunmehr genau diejenigen Befürchtungen wider, die bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zum Korruptionsbekämpfungsgesetz geäußert wurden,16 und die bis heute immer wieder zu erheblicher Kritik an den tatbestandlichen Neuerungen der §§ 331 ff. StGB Anlaß gegeben haben:17 Der Gesetzgeber war zwar darum bemüht, eine Tatbestandsfassung zu finden, die jegliche Formen korruptiver Praktiken erfaßt, die sich vor allem dadurch hervorheben, daß sich Geber und Nehmer durch die Zuwendung außerhalb der vom Gesetzgeber vorgegebenen Verhaltensordnung bewegen.18 Er hat aber dennoch nicht beachtet, daß sich die Wege der Wirtschaft und des Staates, vertreten durch seine Amtsträger, nicht nur in Fällen mißbräuchlicher und strafwürdiger Korruption,19 sondern auch in solchen Fällen kreuzen, in denen es zu einer für die Allgemeinheit dienlichen Kooperation beider Seiten jenseits jeden strafbaren Unrechts kommt. Dabei ergeben sich verschiedene Kooperationsformen bereits von Gesetzes wegen: Allen voran zu nennen ist hier die in § 25 HRG und den Hochschulgesetzen der Länder verankerte Berechtigung von Hochschullehrern, zur Finanzierung von Forschungsprojekten auf solche Mittel, sogenannte Drittmittel zurückzugreifen, die gerade „nicht oder nur zum Teil aus den der Hochschule zur Verfügung stehenden Landesmitteln finanziert werden“.20 Zwar sind Drittmittel nicht ausschließlich mit Zuwendungen – Geld- wie auch Sachzuwendungen – seitens der Wirtschaft gleichzusetzen; ein beträchtlicher Anteil von Drittmitteln wird auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, sonstigen Stiftungen des öffentlichen Rechts und den Ministerien zur Verfügung gestellt.21 Diese von privater Seite erbrachten Zuwenschließlich anhand sachlicher Kriterien zu treffen, vgl. nur Schönke / Schröder / Cramer, § 332 Rn. 16. 16 Lüderssen, StV 1997, S. 318 ff.; ders., JZ 1997, S. 112 ff.; Pfeiffer, NJW 1997, S. 782 ff., Volk, Juristentag Referat, L 41 ff., ohne daß ihre Bedenken allerdings im Gesetzgebungsverfahren auf sonderlich viel Resonanz gestoßen wären. 17 Etwa von Dauster, NStZ 1999, S. 63 ff.; Göben, Forschung & Lehre 1999, S. 22 ff.; ders., MedR 1999, S. 345 ff; Lippert, NJW 2000, S. 1772 f.; Meurer, Forschung & Lehre 1997, S. 572 ff.; Ulsenheimer, in: Laufs / Uhlenbruck, § 151a Rn. 72 ff.; Walter, ZRP 1999, S. 292 ff. Anders hingegen Marx, Stellungnahme, S. 12, der die Verwendung von Drittmitteln und ihre eventuellen Mißbräuche allein dem Bereich der Untreue, § 266 StGB, konkret v.a. dem Verstoß gegen Haushaltsrichtlinien zuordnet. 18 Kerner / Rixen, GA 1996, S. 360: Kennzeichen der Korruption ist „der Mißbrauch anvertrauter Macht zu eigenem Vorteil und auf Kosten der Allgemeinheit“; die Bestechlichkeit enthält damit ein „Machtmißbrauchsverbot“. 19 Dafür sei nochmals auf die Fallgestaltungen bei Müller / Wabnitz / Janovsky, Wirtschaftskriminalität, 9 / 24 ff. hingewiesen. 20 Zur Begriffsbestimmung beispielhaft die Ausführungsbestimmungen zu den §§ 8, 59 und 119 UG des Landes Baden-Württemberg, W. u. K. 1989, S. 470.
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dungen und die damit geschaffenen Näheverhältnisse zwischen privatem Zuwender und staatlichem Empfänger allerdings geraten nunmehr – vor allem durch die ausdrückliche Erweiterung der Tatbestände auf Drittzuwendungen22 – in den Verdacht strafbaren Verhaltens,23 obwohl es sich hier bei Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Rahmenbedingungen und damit in Umsetzung des gesetzgeberischen Willens angesichts knapper staatlicher Haushalte um geradezu erwünschte kooperative und nicht korruptive Näheverhältnisse handelt.24 Nach Meinung des Bundesgesetzgebers verdient die Einwerbung von Drittmitteln ebenso wie das Engagement in der Weiterbildung sogar besonderer Honorierung.25 So wurde im Zuge der Reform der Professorenbesoldung mit § 35 BBesG eine gesetzliche Regelung geschaffen, wonach Professoren aus den von ihnen selbst eingeworbenen Drittmitteln eine sog. Forschungszulage zusätzlich zu ihrem Grundgehalt gewährt werden kann. Ziel dieser Regelung ist es, die Professorenbesoldung leistungsorientierter auszugestalten.26 Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß es in diametralem Widerspruch zu diesen Intentionen und Wertungen des Gesetzgebers steht, wenn andererseits dem Wissenschaftler die aus der Einwerbung von Drittmitteln resultierende – angebliche – berufliche Besserstellung und die konkrete Verbesserung der Karrierechancen strafrechtlich zum Vorwurf gemacht werden.27 Ein weiteres gesetzlich zwingend gebotenes Kooperationsfeld folgt aus den Vorschriften des Arzneimittel- und Medizinproduktegesetzes:28 Bevor Arzneimittel 21 Beispielhaft für das Land Baden-Württemberg etwa stammten 40% der hauptsächlich den Universitäten zugute kommenden Drittmittel des Jahres 1997 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 24% aus der Wirtschaft, vom Bund kamen 21% und im übrigen von Stiftungen, anderen öffentlichen Bereichen und den Ländern; Quelle: Stuttgarter Zeitung v. 20. 2. 1999. Wienke / Lippert beziffern den Anteil privater Drittmittel mit 30% am Gesamtaufkommen aller Drittmittel. 22 Der Hochschullehrer erhält für seine forschende Tätigkeit im Rahmen von Drittmittelprojekten kein persönliches Honorar, es handelt sich vielmehr um eine rein dienstliche Tätigkeit, § 25 I HRG. Andernfalls handelt es sich nicht mehr um Drittmittelforschung i.S.v. § 25 HRG, sondern vielmehr um Forschung sog. Auftragsforschung, die regelmäßig im Rahmen einer Nebentätigkeit ausgeübt wird, dazu Göben, MedR 1999, S. 346, siehe aber auch 1.3 der Ausführungsbestimmungen zu den §§ 8, 59 und 119 des UG des Landes Baden-Württemberg, W.u.K. 1989, S. 471. 23 Zur Vorgehensweise bei der Einwerbung von Drittmitteln und den möglichen darin enthaltenen Vorteilen für den Arzt, Lippert, NJW 2001, S. 1773, Ein anschaulicher Überblick verschiedenster Fallkonstellationen findet sich auch bei Haeser, MedR 2002, S. 55 ff. Beispiele aus der Rechtsprechung gibt Erlinger, MedR 2002, S. 60 ff. Die erste Leitentscheidung des BGH erging sogar noch zur alten Rechtslage, BGHSt 47, 295. 24 Dauster, NStZ 1999, S. 64. 25 Dazu Bundesbildungsministerin Bulmahn (SPD), in Spiegel-Streitgespräch mit Hartmut Schiedermair, Der Spiegel 17 / 2000, S. 64 ff., 65. 26 BT-Drs. 14 / 6852, S. 12. 27 Auf diese Gefahr weist auch Zieschang, StV 2001, 292 hin. 28 Dazu näher Lüderssen, JZ 1997, S. 113; Pfeiffer, NJW 1997, S. 783; Dieners, JZ 1998, S. 184 f.; Ratzel, MedR 1998, S. 99.
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Kapitel 1: Problemaufriß
oder Medizinprodukte in Verkehr gebracht werden dürfen, müssen sie ein strenges Zulassungsverfahren durchlaufen, innerhalb dessen es zu verschiedensten Formen klinischer Prüfung kommen kann, an deren letzter Stelle die Prüfung am Menschen steht.29 Diese wird regelmäßig an Universitätskliniken, Lehrkrankenhäusern und ähnlichen Anstalten durchgeführt, denn dort findet sich das notwendige KnowHow zur Durchführung der jeweiligen Tests wie auch die dazu erforderlichen Testpatienten.30 Eine Zusammenarbeit von Klinikärzten und den jeweiligen Herstellerfirmen ist deshalb unumgänglich.31 Rechtliche Grundlage bilden jeweils an die Kliniken oder an den Hochschullehrer bzw. Chefarzt persönlich vergebene Forschungsaufträge.32 Dabei geraten diese Ärzte allerdings in einen Konflikt: Einerseits liegt es schon in der Natur der Sache begründet, daß Ansprechpartner der Herstellerfirmen für diese Forschungsvorhaben nur diejenigen Ärzte sein können, welche die notwendige fachliche Qualifikation auf dem jeweiligen Forschungsgebiet besitzen. Nur sie sind überhaupt in der Lage, klinische Prüfungen durch praktische Anwendung des jeweiligen Produktes durchzuführen. Andererseits wird sich die Entscheidung der Klinikverwaltung darüber, welche Produkte für die ärztlichen Heilbehandlungen auf dem jeweiligen Fachgebiet bestellt und eingekauft werden, zweckmäßigerweise an den Erfahrungswerten der behandelnden Ärzte orientieren. Schon allein um eine optimale Patientenversorgung zu garantieren, sind die jeweiligen Ärzte in die Entscheidungsvorgänge bei Bestellungen – zumindest faktisch – eingebunden.
§ 2 Spenden- und Sponsoringpraxis In den vorangehend dargestellten Kooperationsformen der Drittmittelforschung und der Forschungsaufträge wurde neben dem Aspekt der finanziellen Mitteleinwerbung noch der weitere Zweck verfolgt, einen gegenseitigen Technologie- und Wissenstransfer zwischen Staat und privater Seite zu ermöglichen. Bei der Zusammenarbeit von öffentlicher Hand mit privaten Unternehmen in der Form des Sponsorings öffentlicher Aufgaben geht es dagegen ausschließlich um die Beschaffung finanzieller Mittel für den Staat.33 Anders aber als bei Zuwendungen, in denen die Vgl. §§ 17 ff. MPG, §§ 40 ff. AMG. Pfeiffer, NJW 1997, S. 783. 31 Walter, ZRP 1999, S. 293. 32 Ratzel, MedR 1998, S. 99. Sobald die Zahlung eines Honorars erfolgt, handelt es sich nicht mehr um „Drittmittelforschung“ i.S.v. § 25 Abs. 1 HRG; regelmäßig wird die Forschungstätigkeit dann als Nebentätigkeit geführt, dazu Göben, MedR 1999, S. 346. 33 Meininger, S. 66, 74 ff. In der Empfehlung zu Nr. 18 der Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung v. 17. 6. 1998 heißt es dazu lapidar: „( . . . ) andererseits kann Sponsoring in geeigneten Fällen zur Erreichung von Verwaltungszielen beitragen.“, BT-Drs. 14 / 3933, S. 24. 29 30
§ 2 Spenden- und Sponsoringpraxis
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private Seite als Spender oder Mäzen auftritt, gehört es zum Wesen des Sponsorings, daß sich der Sponsor aus seinen Zuwendungen34 einen eigenen Nutzen verspricht: Er bedingt sich im Rahmen eines Sponsorvertrages die Befugnis aus, sein zunächst rein altruistisches Handeln werbewirksam nach außen zu vermarkten und damit das Auftreten des eigenen Unternehmens in der Öffentlichkeit besser darzustellen.35 Im Aufgabenbereich der öffentlichen Hand bieten sich dafür vor allem Sponsoringverträge über kulturelle Projekte, im sozialen Bereich, aber auch innerhalb der Wissenschaft an.36 Allerdings existieren für diese Form finanzieller Zusammenarbeit bislang noch keine gesetzliche Verfahrensregelungen wie in den bereits zuvor dargestellten Kooperationsformen im Bereich der Medizin; die Entscheidung und die Durchführung des Sponsorings liegt vielmehr in der Hand der jeweiligen Verwaltungsbehörde, die im konkreten Einzelfall angesprochen ist.37 Grenzen ergeben sich vor allem aus dem Neutralitätsgebot des Staates, haushaltsrechtlichen Vorgaben und der Pflicht von Bediensteten der öffentlichen Hand, sich jeder Geschenkannahme zu enthalten, sofern die Zuwendung einen Bezug zum Amt aufweist.38 Wenn damit der öffentlichen Verwaltung im Abschluß von Sponsoringverträgen sehr wohl Schranken gesetzt sind, so kann Sponsoring aber dennoch „in geeigneten Fällen zur Erreichung von Verwaltungszielen beitragen“.39 Trotz dieses ausdrücklichen Bekenntnisses zugunsten einer grundsätzlichen Erlaubnis eines privaten Sponsorings öffentlicher Aufgaben besteht aber auch hier wieder vor allem durch die neu eingeführte Erweiterung der §§ 331 ff. StGB auf Drittvorteile, die sich konkret als Vorteile für den Staat verkörpern, große Rechtsunsicherheit, wie der Zusammenarbeit öffentlicher und privater Seite in der Auslegung dieser Tatbestände Rechnung getragen werden kann.40 Die praktische Notwendigkeit, eine Klärung in dieser Frage herzustellen, zeigt sich beispielhaft an folgenden Fallgestaltungen: 41 34 Sach- oder Geldleistungen oder personelle Unterstützung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, BT-Drs. 14 / 3933, S. 24 mit konkreten Beispielen. 35 „Kommunikative Nutzung des Gesponserten oder seiner Aktivitäten“, Westebbe, Hochschulsponsoring, S. 10. 36 Dazu vor allem Humpert, Potentiale des Hochschulsponsorings, 2000. Eine genauere Auflistung findet sich auch in KGK, Korruptionsbekämpfung in Baden-Württemberg 2000, S. 18. 37 BT-Drs. 14 / 3933, S. 24, wo zumindest vorläufige Leitlinien für das Vorgehen der Verwaltung aufgestellt werden. 38 Zu diesen Kriterien KGK, Korruptionsbekämpfung in Baden-Württemberg 2000, S. 19 f. 39 So ausdrücklich in der Empfehlung der Bundesregierung zu Nr. 18 der Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung, BT-Drs. 14 / 3933, S. 24. 40 KGK, Korruptionsbekämpfung in Baden-Württemberg 2000, S. 21 f.; Blessing in: Müller-Gugenberger / Bieneck, § 53 Rn. 24; Winkelbauer / Felsinger, BWGZ 1999, S. 291 ff.; ausführlich auch bei Marx, Stellungnahme, S. 10 f. 41 Weitere Beispiele bei Winkelbauer / Felsinger, Annahme von Spenden, S. 9.
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Kapitel 1: Problemaufriß
Dem Bürgermeister einer Gemeinde wurden Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe eines Druckauftrages für das örtliche Amtsblatt vorgeworfen. Ohne öffentliche Ausschreibung, die nach § 31 Abs. 1 GemHVO BW aber grundsätzlich der Vergabe von Aufträgen vorangehen muß, soll er einem Verlag den alleinigen Druck des Amtsblattes übertragen haben. Für dieses großzügige Verhalten des Gemeindeoberhauptes habe sich der Verlag im Gegenzug mit 300 000 DM als Spenden für den Bau eines gemeindlichen Brunnens erkenntlich gezeigt. Für die Staatsanwaltschaft, die den Sachverhalt anhand der neuen Gesetzeslage beurteilte, lag der im Bau des Brunnens verkörperte Vorteil für den Bürgermeister selbst in der Steigerung seines Ansehens gegenüber dem Gemeinderat, auf dessen Unterstützung er als Wahlbeamter angewiesen gewesen sei. Gestützt auf den Wortlaut des Gesetzes, der neben dem Vorteil für den Amtsträger selbst nunmehr auch den Vorteil für einen Dritten erfaßt, soll es aber auf einen solchen mittelbaren Vorteil des Amtsträgers und damit eigennütziges Verhalten nicht mehr ankommen. Vielmehr genüge jeder, auch altruistische Drittvorteil, der sich in diesem Fall in der Form einer Zuwendung von 300 000 DM an die Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts darstellte.42 In einem ähnlichen Fall kam es im Rahmen von Verhandlungen über baurechtliche Fragen zwischen einem Bürgermeister und einem ortsansässigen Gewerbeunternehmen zur Sprache, ob sich das Unternehmen zur Zahlung von Spenden an die Stadt bereit sehen könnte.43 Der Gesamtbetrag von 500 000 DM sollte sozialen Zwecken der Stadt wie Schulen und Kindergärten zugute kommen.44 Das Verfahren wegen der §§ 331 ff. StGB endete schließlich mit einer Einstellung nach § 153a Abs. 1 StPO, so daß eine endgültige gerichtliche Klärung der damit einhergehenden Rechtsfrage, wie eine solche, gemeinnützigen Zwecken zugute kommende Begünstigung strafrechtlich zu beurteilen ist, ausblieb.
42 Allerdings hatte das zuständige Heidelberger Landgericht die Eröffnung des Verfahrens abgelehnt, weil es entgegen der Staatsanwaltschaft von einem Tatzeitpunkt ausging, bei dem die Neuregelungen der §§ 331 ff. StGB noch nicht in Kraft getreten waren, LG Heidelberg v. 15. 6. 2000 – 2 Kls 15 Js 16565 / 98, dazu auch die Stuttgarter Zeitung v. 23. 6. 2000; Schwäbisches Tagblatt v. 23. 6. 2000. Für die alte Rechtslage fehlte es nach Ansicht des Gerichts an persönlichen Vorteilen des Amtsträgers: Einer möglichen Steigerung des kommunalpolitischen Ansehens fehlt es an der objektiven Meßbarkeit, so daß der Amtsträger in keiner Weise tatsächlich besser gestellt wird, S. 8 des Beschlusses. Dazu nun die Entscheidung des OLG Karlsruhe, wistra 2001, 434 ff., dessen Senat den landgerichtlichen Beschluß aufhob und das Verfahren eröffnete. 43 Stuttgarter Zeitung v. 14. 4. 2000, S. 7; Schwäbisches Tagblatt v. 13. 4. 2000. 44 Dazu Stuttgarter Zeitung v. 21. 11. 2000; Schwäbisches Tagblatt v. 21. 11. 2000.
§ 3 Kooperatives Verwaltungshandeln
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§ 3 Kooperatives Verwaltungshandeln „Das Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen gewinnt gegenüber hoheitlichen Formen des Handelns immer mehr an Bedeutung“.45 Diese Feststellung stammt zwar aus dem Jahre 1993, doch an Aktualität hat sie nichts verloren.46 Rein obrigkeitliches Handeln im Über- / Unterordnungsverhältnis weicht dabei einer engeren Zusammenarbeit von Bürger und Staat, zusammengefaßt unter dem Stichwort des „Kooperationsprinzips“ bzw. „kooperativen Verwaltungshandelns“.47 Als eines der tragenden Prinzipien bereits aus dem Umweltrecht bekannt,48 findet sich auch im Baurecht eine dahin gehende Praxis, im Rahmen von Bauleitplänen Absprachen und Verträge mit den jeweiligen Grundstückseigentümern zu treffen, um schließlich das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.49 Dieses Vorgehen der Verwaltung wurde zunächst von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erachtet50 und später schließlich vom Gesetzgeber in einem eigenen vierten Abschnitt innerhalb der Bauleitplanung unter dem Titel „Zusammenarbeit mit Privaten“ gesetzlich festgeschrieben.51 Wie schon im Umweltrecht52 steht als einer der tragenden Gründe hinter der verstärkten Zusammenarbeit von Staat und einzelnem Bürger die Notwendigkeit, einen Ausgleich verschiedenartiger, teilweise konträrer Interessen zu finden, der sich besser durch einen kommunikativen Prozeß herstellen läßt als durch imperatives, obrigkeitliches Handeln. Denn die Umsetzung eines Bebauungsplanes erfolgt schließlich durch konkrete Bauvorhaben von privater Seite und setzt deshalb voraus, daß von dieser die staatliche Planung auch für Bauvorhaben akzeptiert wird und es zu einem Konsens mit den individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen der potentiellen Bauanwärter kommt.53
Grziwotz, S. 5. Schuppert, S. 435 ff. 47 di Fabio, DVBl. 1990, 338 ff. Nichts zu tun haben diese Formen der Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit Privaten mit einem etwaigen „Soziosponsoring“; dies vermengend KGK, Korruptionsbekämpfung in Baden-Württemberg 2000, S. 18. 48 di Fabio, NVwZ 1999, S. 1153 ff. 49 Schmidt-Aßmann / Krebs, Bes. Verwaltungsrecht, 4. Kapitel Rn. 172, der die „Rechtsformen kooperativen Verwaltungshandelns“ darüber hinaus als unverzichtbares Instrumentarium des Städtebaurechts bezeichnet, ihnen eine in der Praxis „unverzichtbare Ergänzungs- und Ersatzfunktion“ bescheinigt, „indem sie die amtlichen Verfahren erleichtern und z.T. den Einsatz der Zwangsinstrumente ganz oder teilweise überflüssig machen“. 50 BVerwGE 42, 331 ff. 51 §§ 11 ff. BauGB und außerhalb des vierten Abschnittes darüber hinaus in § 124 BauGB. 52 Dazu etwa Hill, DÖV 1994, S. 279 ff. 53 Grziwotz S. 5 f., 170; Schmidt-Aßmann / Krebs, Bes. Verwaltungsrecht, 4. Kapitel Rn. 172; Steiner, Bes. Verwaltungsrecht, Rn. 94. 45 46
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Kapitel 1: Problemaufriß
Ähnlich den Gründen, sich auf ein Sponsoring öffentlicher Aufgaben – wie beschrieben – einzulassen, sind es aber auch hier die finanziellen Nöte öffentlicher Haushalte, die die Verwaltung dazu zwingen, die Kooperation mit Institutionen und Personen der Privatwirtschaft zu suchen, um damit eine weitere Einnahmequelle zu gewinnen.54 Die anfallenden Erschließungskosten, also die Kosten für den notwendigen Straßenbau, die Versorgung mit Elektrizität, Wärme, Wasser und Kanalisation sowie die darüber hinausgehenden Infrastruktureinrichtungen gehören zu einem der kostenträchtigen Faktoren bei der Ausweisung von Baugebieten.55 Vor allem kleinere Gemeinden in strukturell schwächeren Gebieten stehen dabei vor schwierigen wirtschaftlichen Entscheidungen. Denn sie haben in der Regel nicht die ausreichende Verwaltungskraft, aber auch nicht die finanziellen Mittel für die bei der Ausweisung von Wohn- und Gewerbegebieten anfallenden Kosten.56 Vor diesem Hintergrund finden sich deshalb im Baugesetzbuch (BauGB) an verschiedenen Stellen – wie bereits eingangs erwähnt – gesetzliche Regelungen über den städtebaulichen Vertrag (§ 11 BauGB), den Durchführungsvertrag im Rahmen des Vorhaben- und Erschließungsplans (§ 12 BauGB) wie auch über den Erschließungsvertrag (§ 124 BauGB).57 Den Gemeinden wird es damit zum einen ermöglicht, die Eigentümer an den Kosten für Erschließung und Infrastruktur vertraglich zu beteiligen, zum anderen können sie aber auch gleichzeitig an der durch die Baulandausweisung bedingten Bodenwertsteigerung teilhaben.58 Wie in allen vertraglichen Gestaltungen streben die beiden Parteien einer solchen Vereinbarung mit der Eingehung der eigenen Verpflichtung auch jeweils eine Gegenleistung an: Der Staat, in der Regel die Kommune, ist hier selbstverständlich aus den bereits genannten Gründen bemüht, die bei der Ausweisung von Bauland entstehenden eigenen Kosten auf den Privaten abzuwälzen. Der Private hingegen erwartet, daß die Kommune im Gegenzug einen Bebauungsplan aufstellt bzw. das Baugenehmigungsverfahren in und mit seinem Einvernehmen führt.59 Die rechtliche Ausgestaltung dieser Verträge ist im einzelnen durchaus schwierig: Nach § 2 Abs. 3 Hs. 2 BauGB kann durch Vertrag kein Anspruch eines Bürgers auf Aufstellung eines Bauleitplanes, wozu gem. § 1 Abs. 2 BauGB auch der Be54 Dazu die Beispiele im Bereich der baurechtlichen Erschließung von Müller, S. 15 – 21. „Leere Gemeindekassen“ nach Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, § 124 Rn. 7. 55 Müller, S. 11 ff. Die Überforderung der kommunalen Haushalte entstand bereits nach dem Zweiten Weltkrieg, in einer Zeit also, in der einerseits Westdeutschland wirtschaftlich zunächst am Boden lag, andererseits aber die kriegszerstörten Städte wiederaufgebaut werden mußten, um den Menschen wieder eine Wohnstatt und weiterhin den Flüchtlingsströmen aus den Ostgebieten Unterkunft zu schaffen; vgl. Müller S. 11 f. 56 Schrödter / Quaas, BauGB, § 124 Rn. 1. 57 Ausführlich dazu Birk. 58 Grziwotz, BauR 2000, S. 1437. 59 So BVerwGE 42, 333 zur Konstellation des Folgekostenvertrages; dazu auch Grziwotz, S. 171 ff.
§ 3 Kooperatives Verwaltungshandeln
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bauungsplan gehört, begründet werden. Öffentlich-rechtliche Austauschverträge unterliegen darüber hinaus dem sog. Koppelungsverbot des § 56 VwVfG,60 wonach die vertraglichen Leistungen in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen müssen, um dem „Ausverkauf von Hoheitsrechten“ entgegenzuwirken.61 Hoheitliche Entscheidungen dürfen ohne eine gesetzliche Ermächtigung nicht von wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig gemacht werden.62 Das BVerwG entschied sich dennoch für die Zulässigkeit städtebaulicher Verträge: Sofern die heute in den §§ 11, 12, 124 BauGB normierten Voraussetzungen eingehalten werden, liegt in ihrem Abschluß kein Verkauf von Hoheitsrechten, sondern ein dem „Aufwendungsersatz“ einer Geschäftsführung ohne Auftrag ähnlicher Vorgang.63 Die Geschäftsgrundlage für die insoweit einseitige Verpflichtung des Bauinteressenten (sog. hinkende Austauschverträge) bildet die Aufstellung eines Bebauungsplanes durch die Kommune.64 Wie auch bei echten zweiseitigen Austauschverträgen, so etwa den Baudispensverträgen zur Ablösung gesetzlicher Pflichten des Bürgers,65 trifft dann aber ein Vertreter der Kommune, regelmäßig der Bürgermeister, Vereinbarungen, innerhalb derer materielle Vorteile meist finanzieller Art zwar nicht ihm persönlich, so doch aber dem Staat, genauer der Kommune zugewendet werden. Ihrer Bestimmung nach handelt es sich um Gegenleistungen für ein dienstliches Handeln der genannten Art.66 Gerade hier wird ganz besonders deutlich, daß die in der jüngsten Rechtsprechung67 zu findende Argumentation, altruistische Vorteile würden nicht „für“, sondern nur „gelegentlich“ der Diensthandlung dargeboten und angenommen, nicht stichhaltig ist. Denn gerade weil hier ein Gegenleistungsverhältnis durch Koppelung von Amtstätigkeit gegen eine Zuwendung faktisch vorliegt, entstand verwaltungsrechtlich überhaupt erst die Notwendigkeit einer gesetzlichen Normierung dieser Verträge. Nach alter Rechtslage der Korruptionstatbestände wurde ein sol60 Kopp / Ramsauer, § 56 Rn. 3, die allerdings auf Folgelastenverträge nur eine analoge Anwendung des § 56 VwVfG befürworten. 61 Knack / Hennecke, § 56 Rn. 3. 62 Looman, NJW 1996, S. 1440. 63 BVerwGE 42, 340; 90, 311. 64 Looman, NJW 1996, 1442; Grziwotz, S. 171. Dazu auch die Ausführungen von BVerwGE 42, 333 und 340, wonach die Aufstellung des Bebauungsplanes und die Leistung des Bauanwärters in einem „untrennbaren Zusammenhang“ stehen. Der Folgelastenvertrag als hinkender Austauschvertrag, Knack / Hennecke, § 56 Rn. 4. 65 Klassischer Fall ist die Pflicht, bei der Schaffung von Wohnraum gleichzeitig ausreichend Stellplätze für Kraftfahrzeuge bereitzustellen. Hiervon kann der Bürger gegen Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages befreit werden, was in einem öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag geregelt wird, dazu nur Maurer, AT, § 14 Rn. 11. 66 Grziwotz, BauR 2000, S. 1440; ders., BauR 2001, S. 1532 f. Der Bürgermeister tritt hier allerdings nur in Vertretung der Gemeinde und in deren Namen auf, verpflichtet damit vertraglich nur den Staat und nicht sich selbst persönlich. Streng genommen nimmt also der „Staat“ den Vorteil an und verstößt gegen das Verbot der Vorteilsannahme. 67 OLG Karlsruhe, wistra 2001, 435.
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Kapitel 1: Problemaufriß
ches Vorgehen dagegen strafrechtlich nicht erfaßt, weil es sich hier um ausschließlich fremdnütziges Verhalten seitens des Amtsträgers handelt.
§ 4 Die §§ 153 ff. StPO sowie das Gnadenrecht innerhalb der Strafvollstreckung Kurios mutet schließlich der letzte hier darzustellende Kollisionsbereich der neuen Tatbestandsfassung der §§ 331 ff. StGB an, der seinerseits wieder, wie im übrigen alle vorangegangenen Fallgestaltungen auch, auf die Erweiterung dieser Tatbestände um den Vorteil für einen Dritten zurückzuführen ist: Unter der Prämisse, daß dem Begriff des Dritten tatsächlich jede natürliche wie auch juristische Person oder Personenvereinigung, folglich damit auch der Staat unterfällt, könnte es sich auch bei der strafprozessualen Möglichkeit, ein Strafverfahren gegen Auflage – zunächst vorläufig – einzustellen (§ 153a StPO), tatbestandlich um einen Fall der Vorteilsannahme durch den Staatsanwalt handeln. Gleichzeitig würde der Beschuldigte die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vorteilsgewährung erfüllen, sobald er der Auflage nachkommt.68 Der Staatsanwalt, Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB, fordert vom Beschuldigten die Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung. Damit soll zwar nicht er selbst persönlich diesen materiellen Vorteil erhalten, doch aber ein Dritter, nämlich die gemeinnützige Einrichtung, das Opfer oder der Staat. Im Gegenzug bietet er, von der Vorgehensweise ähnlich einem Tausch, in der Regel mit Zustimmung des Gerichts69 die Einstellung des Verfahrens an, folglich eine im Rahmen seiner hoheitlichen Tätigkeit liegende Diensthandlung. Der Vorteil für den Beschuldigten liegt demnach im Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch. Nichts wesentlich anderes gestattet das im Grundgesetz und den Landesverfassungen verankerte, dem Bundespräsidenten und den Ministerpräsidenten der Länder anvertraute Gnadenrecht, dessen Ausgestaltung – unter anderem den §§ 56 ff. StGB nachgebildet – nicht einmal durch ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung, sondern durch bloße Verwaltungsanordnungen der Exekutive getroffen worden ist. Diese wird oft selbst von einer als Bewährungsauflage festgesetzten Zuwendung begünstigt.
Graupe, S. 22; Volk, Juristentag Referat, L 42; Cramer, wistra 1999, S. 414 ff. Ohne Zustimmung des Gerichts kann eine Auflage in den Fällen der § 153 Abs. 1 S. 2 StPO, §§ 398, 399 AO erteilt werden, § 153a Abs. 1 S. 6 StPO. 68 69
Kapitel 2
Ansätze einer Problemlösung Was die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB neuer Fassung angeht, ist die Unsicherheit ihrer praktischen Rechtsanwendung auch heute noch, über sechs Jahre nach ihrem Inkrafttreten, sehr groß. Grundsätzlich besteht zwar Einigkeit darüber, die aufgezeigten Problemfälle in ihrem gesetzlich vorgesehenen Umfang nicht als strafbares Verhalten zu pönalisieren.1 Dieser Standpunkt hat sicher seine Berechtigung, wenn es sich um Zuwendungen handelt, für die eine gesetzliche Grundlage und auch ein gesetzlich geregeltes Verfahren existieren, wie es etwa in der Drittmittelforschung, in Fällen von Arzneimittel- und Medizinprodukteprüfungen, bei städtebaulichen Verträgen oder auch bei der strafprozessualen Einstellung eines Verfahrens gegen Auflage nach § 153a StPO der Fall ist, und Zuwendender wie auch Empfänger sich gerade an diesen gesetzlich vorgesehenen Rahmen halten. Doch auch für die Fälle bloßen Sponsorings, für das zwar keine gesetzliche Regelung vorgegeben ist, das aber dennoch eine allgemein anerkannte Form finanzieller Unterstützung bildet, kann nichts anderes gelten: Vom Grundsatz her handelt es sich nicht um strafbares Verhalten, selbst wenn es allgemein gültige Regelungen für die Annahme von Sponsorleistungen durch die Verwaltung noch nicht gibt.2 Der Vorschlag des Gutachters des 61. Deutschen Juristentages, Fallgestaltungen geringeren Unrechts innerhalb des Strafmaßes zu berücksichtigen,3 hilft in den beispielhaft genannten Zuwendungsfällen nicht weiter. Denn in Frage steht hier nicht, wie mit Konstellationen minderen Unrechts zu verfahren ist, sondern vielmehr, wie Konstellationen ohne jeden korruptiven Unrechtsgehalt von einer Strafbarkeit überhaupt ganz ausgenommen werden können. Herrscht nun – wie gesagt – in den bisher zu diesem Thema erschienenen Stellungnahmen noch allgemeiner Konsens darüber, daß eine unterschiedliche Reichweite von Gesetzeswortlaut einerseits und Unrechtsgehalt des davon erfaßten Verhaltens andererseits vorliegt und im Ergebnis die Anwendung der Strafnormen diesem Unrechtsgehalt gerecht werden muß, so gehen die Meinungen allerdings in 1 Dazu nur Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 27a; Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 53a („eindeutig nicht strafwürdige Fälle“); Dauster, NStZ 1999, S. 64; Schreier, S. 65 ff.; BGHSt 47, 306 ff. 2 Dazu BT-Drs. 14 / 3933, S. 24, wonach der vertretbare Rahmen von Sponsorleistungen der Entscheidung des jeweiligen Ressorts im Einzelfall überlassen bleibt. 3 So noch der Gutachter Dölling, Gutachten, C 68; ihm folgend König, JR 1997, S. 397 ff.
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Kapitel 2: Ansätze einer Problemlösung
der Frage, wo die Grenze zwischen Straflosigkeit und strafbarem Verhalten innerhalb der Straftatbestände der §§ 331 ff. StGB normativ auszumachen ist, weit auseinander.
§ 5 Der Genehmigungsvorbehalt Vorgeschlagen wurde etwa, in den vorangestellten Kooperationsformen von staatlicher und privater Seite sich einer in jedem Einzelfall zu erteilenden Genehmigung durch die vorgesetzte Behörde zu bedienen, wie es § 331 Abs. 3 StGB für Ausnahmefälle vorsieht.4 Ein „effizientes Genehmigungsmanagement“ bis hin zu einem umfassenden Genehmigungs-, Verfahrens- und Organisationsreglement soll speziell das Risiko im Umgang mit Drittmitteln für die Betroffenen minimieren.5 Dieser Gedanke liegt nahe, öffnet das Instrumentarium des Genehmigungsvorbehaltes doch den zunächst einmal in sich geschlossenen Kreis strafrechtlicher Merkmale für Bewertungen der konkreten Fallgestaltungen durch diejenigen staatlichen Stellen der Verwaltung, in deren Wirkungskreis der Amtsträger eingebunden ist, und ermöglicht auf diese Weise eine Harmonisierung mit dem zugrundeliegenden Dienstrecht. Von ihrem Charakter her handelt es sich hier allerdings nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur6 lediglich um eine ausnahmsweise erteilte Genehmigung eines in den übrigen Fällen grundsätzlich verbotenen Verhaltens, weshalb der Handlungsspielraum der genehmigenden Stellen für eine Genehmigung nur sehr begrenzt ist.7 Nicht unbeachtlich ist auch der Einwand, daß eine ausschließlich am Genehmigungsvorbehalt orientierte Problemlösung hier jedenfalls die Aufnahme und Ausgestaltung wirtschaftlicher, insbesondere finanzieller Bindungen zwischen Staat und Wirtschaft in das alleinige Ermessen der staatlichen Verwaltung stellen würde.8 Ganz entscheidend ist es aber der bloße Ausnahmecharakter einer Genehmigung, der an dieser Vorgehensweise Zweifel aufkommen läßt: Unterliegen die geschilderten Fälle gesetzlich vorgesehener Kooperationsformen von Staat und Wirtschaft schon von vornherein dem Vorbehalt der Genehmigung, kann also nur sie diese Vorgänge vor strafrechtlicher Relevanz bewahren. Wenn 4 Lüderssen, JZ 1997, S. 119; ders., StV 1997, S. 323; Blessing, in: Müller-Gugenberger / Bieneck, § 53 Rn. 24; ausdrücklich auch Bernsmann, WissR 35 (2002), S. 15 ff. 5 Ausführlich unter Darstellung einer Gesetzesinitiative „Drittmittelgesetz“ Diettrich / Schatz, MedR 2001, S. 618 ff. 6 Zur Kritik daran § 20 I. 7 Dazu nur Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, BBG, § 70 Rn. 6. 8 Lüderssen, JZ 1997, S. 119, der im übrigen das Instrument des Genehmigungsvorbehaltes zur Einschränkung offener Tatbestände als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet und auf das Fehlen eines solchen bei § 299 StGB hinweist. Möllering, WRP 1997, S. 935 kritisiert den nur „unzureichenden Schutz“ einer Genehmigung.
§ 5 Der Genehmigungsvorbehalt
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man dieser Genehmigung mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine bloß rechtfertigende Wirkung beimessen will,9 müssen diese Fallgestaltungen aus strafrechtlicher, aber auch aus dienstrechtlicher Sicht als bloße „Ausnahmegestaltungen“ innerhalb eines grundsätzlich verbotenen Verhaltens angesehen werden. Denn der „Unrechtstatbestand“ wird zunächst erfüllt. Der „Hautgout“ strafbaren, zumindest unrechtmäßigen Verhaltens würde zwangsläufig diesen Kooperationsformen anhaften,10 was aber der klaren Wertung des Gesetzgebers widerspricht, wenn er teilweise – ausgenommen das Sponsoring – sogar ausdrücklich diese Formen der Zusammenarbeit gesetzlich normiert und ausgestaltet und es sich dabei, wie immer wieder betont wird, sogar um „erwünschte“11 und teilweise auch „zwingend gebotene“ Kooperationen handelt.12 Von ihrer gesetzlich vorgesehenen Erscheinungsform haben sie nicht das geringste mit korruptiven Praktiken gemeinsam, was auch innerhalb der strafrechtlichen Bewertung zum Ausdruck kommen muß, aber im Rahmen der Genehmigung – zumindest nur unzureichend – gelingen kann. Abgesehen von dieser strafrechtsdogmatisch ausgerichteten, rein wertenden Feststellung sind die Kriterien, die § 331 Abs. 3 StGB an die strafrechtliche Anerkennung einer Genehmigung stellt, äußerst streng: So entfaltet eine Genehmigung keine strafbarkeitsausschließende Wirkung, wenn der Vorteil von dem Amtsträger gefordert worden ist. Mag eine Genehmigung auch in diesen Fällen unter dem Aspekt der ultima-ratio Funktion des Strafrechts und im Vergleich mit disziplinarrechtlichen Vorschriften noch so wünschenswert sein,13 so verbietet sie dennoch der Wortlaut des Gesetzes als äußerste Schranke der Auslegung. Dies betrifft insbesondere die skizzierten Fallgestaltungen innerhalb des öffentlichen Baurechts und der strafprozessualen Einstellungsverfügungen. Bei richterlich angeordneten Einstellungsverfügungen nach § 153a Abs. 2 StPO scheidet eine Genehmigung ohnehin von vornherein aus: Wie der Umkehrschluß ergibt, ist § 331 Abs. 2 StGB per se vom Anwendungsbereich der Genehmigungsregelung ausgeschlossen. Dennoch wird der im Einzelfall erteilten Genehmigung stets – und vor allem bei der derzeit herrschenden Rechtsunsicherheit mehr denn je14 – eine ergänzende Funktion zukommen, die vor allem bei den verschiedenen Kooperationsformen im Medizinbereich zu einer Absicherung und Klarstellung führen kann, was sich noch 9 Vgl. BGHSt 31, 284 f. und SK-Rudolphi, § 331 Rn. 39 ff. Zu dieser Einschätzung näher § 20 I. 10 In dieser Richtung gleichfalls kritisch Dittrich / Schatz, ZRP 2001, S. 523. Diese grundsätzliche Argumentation ist auch bekannt aus der Diskussion um die tatbestandliche Einordnung von ärztlichen Heileingriffen. 11 Ratzel, MedR 1998, S. 99. 12 Pfeiffer, NJW 1997, S. 783. 13 Für die Genehmigungsfähigkeit geforderter Zuwendungen innerhalb von § 331 Abs. 3 StGB Bernsmann, WissR 35 (2002), S. 18 f. 14 Zur gegenwärtigen Vorgehensweise der Kommentar von Hepp, Dt. Ärzteblatt 2000, S. 2898 f.
3 Wentzell
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Kapitel 2: Ansätze einer Problemlösung
im Bereich staatlich tolerierter Zuwendungen bewegt und wo im einzelnen die Grenzen hierfür liegen.15 Dies gilt über den Bereich der klassischen Drittmittelforschung hinaus insbesondere für solche Zuwendungen, die das Nebentätigkeitsrecht berühren. Eine beispielhafte Umsetzung in dieser Richtung erfolgte im Universitätsgesetz des Landes Baden-Württemberg (UG BW).16 Die Universitäten sind hiernach eigens dazu verpflichtet, zur Finanzierung ihrer Aufgaben „durch Einwerbung von Mitteln Dritter (Zuwendungen für Forschung und Lehre sowie Aufträge Dritter) und sonstigen Einnahmen“ beizutragen (§ 8 Abs. 2 S. 1 UG BW). Die Annahme dieser Zuwendungen erfolgt nach § 8 Abs. 2 S. 3 UG BW durch die Universität, vertreten durch ihre Drittmittelbeauftragten. Für die sich anschließende Inanspruchnahme dieser Zuwendungen durch die Mitglieder der Universität enthält § 8 Abs. 2 S. 6 UG BW eine allgemeine Zustimmungserklärung: Danach umfaßt die Erklärung der Universität über die Annahme zugleich die Zustimmung zur Inanspruchnahme der damit verbundenen Vorteile für die beteiligten Mitglieder der Universität.
§ 6 Verfassungsrechtliche Vorgaben Speziell im Bereich derjenigen Kollisionsfälle, deren Gegenstand sich in der wissenschaftlichen Forschung wie auch Lehre bewegt, liegt es nahe, auf die verfassungsrechtliche Grundlage dieser dienstlichen Tätigkeiten in Art. 5 Abs. 3 GG zurückzugreifen.17 Hierzu gehören nicht nur die bereits skizzierten Abläufe innerhalb der Drittmittelforschung einschließlich der Einwerbung von Drittmitteln,18 die bereits begrifflich ihren Verfassungsbezug offenlegen. Hinzu kommen alle gerade durch die wissenschaftliche Forschung und Lehre motivierten Tätigkeiten und Vorgänge,19 wie etwa die Verbreitung des Forschungsergebnisses genauso wie die Information über den Stand der Forschung durch die Teilnahme an Vorträgen. Selbst die Erstellung von Privatgutachten wird davon umfaßt, sofern sie nur wissenschaftlich begründet sind.20 Konkret werden demzufolge neben der Drittmittelforschung Korte, NStZ 1997, S. 515 f. konstatiert ihr eine künftig besondere praktische Relevanz. Gesetz über die Universitäten im Lande Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. Februar 2000. 17 Dazu Pfeiffer, NJW 1997, S. 782 ff.; Dauster, NStZ 1999, S. 63 ff.; diesem folgend Ulsenheimer, in: Laufs / Uhlenbruck, § 151a Rn. 73. Ausgangspunkt auch bei Walter, ZRP 1999, S. 292; vgl. auch Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 53c m.w.N. 18 Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG I, Art. 5 Rn. 336. 19 Nicht mehr vom Schutz der Wissenschaftsfreiheit umfaßt sind allerdings bloße Nebengeschäfte bzw. Vorgänge „bei Gelegenheit“ der forschenden Tätigkeit, wie etwa der Erwerb des Materials, dazu Pernice, in: Dreier, Art. 5 Rn. 34. 20 Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG I, Art. 5 Rn. 331. 15 16
§ 6 Verfassungsrechtliche Vorgaben
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auch die im Rahmen einer Nebentätigkeit erbrachten Studien, Vorträge und Gutachten, aber auch die Vermittlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in Form von Fortbildungsveranstaltungen vom verfassungsrechtlich garantierten Schutzbereich der Freiheit von Forschung und Lehre umfaßt.21 Die Freiheit von Forschung und Lehre umfaßt nicht nur eine Freiheit hinsichtlich des „Ob“ der Betätigung, sondern gleichzeitig auch des „Wie“, also welcher Mittel sich der Wissenschaftler zur Ausübung seiner Forschungsfreiheit bedient.22 Dann aber enthält Art. 5 Abs. 3 GG auch eine Vertragsfreiheit zugunsten des Wissenschaftlers, von wem er diese Mittel letztlich annimmt.23 Drittmittelforschung, Auftragsforschung wie auch das in Deutschland allerdings bislang noch wenig ausgeprägte Wissenschafts-Sponsoring24 dienen grundsätzlich der umfassenden Verwirklichung dieser Grundfreiheiten des einzelnen Wissenschaftlers. Gleichzeitig dienen die durch die finanzielle Unterstützung einhergehenden „Näheverhältnisse“ zwischen Wissenschaft und privater Wirtschaft auch dem Interesse der Allgemeinheit, als durch sie ein steter gegenseitiger Wissens- und Technologietransfer gewährleistet wird.25 Die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB sollen bei diesen Finanzierungsmodellen deshalb im Wege einer teleologischen Reduktion in all denjenigen Fällen ausscheiden, in denen diese Zuwendungen ausschließlich in die „Staats- oder Forschungssphärennützigkeit“ fallen26 und demzufolge der Allgemeinheit zugute kommen; mit anderen Worten ihre Erbringung ausschließlich im öffentlichen Interesse liegt.27 Korruptiv und damit den Anschein der Käuflichkeit hervorrufend soll eine Zuwendung in diesen Fällen erst dann sein, wenn sie für den Amtsträger einen persönlichen Vorteil in sich trägt.28 Das grundlegende Defizit einer teleologischen Reduktion, die sich ausschließlich an dem verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsbereich der Forschung orientiert, liegt darin, daß sich diese tatbestandliche Beschränkung in ihrem An21 Unter dem Überbegriff der klinischen Prüfung zusammenfassend, Pfeiffer, NJW 1997, S. 784. 22 Dauster, NStZ 1999, S. 67. 23 Dauster, NStZ 1999, S. 67 m.w.N. 24 Hermanns / Suckrow, Wissenschafts-Sponsoring, S. 3, 23 f., 47 ff. 25 Es „muß“ sogar zwingend ein Näheverhältnis aufgebaut werden, um den notwendigen Wissens- und Technologietransfer erst zu ermöglichen, Walter, ZRP 1999, S. 293. 26 So die Begrifflichkeit von Dauster, NStZ 1999, S. 66. 27 Für Fallgestaltungen, in denen es um Zuwendungen für gemeindliche Aufgaben geht, die Grenze am öffentlichen Interesse ziehend, Winkelbauer / Felsinger, BWGZ 1999, S. 294 ff. 28 Walter, ZRP 1999, S. 295 f.; Dauster, NStZ 1999, S. 66. Die noch während des Gesetzgebungsverfahrens erschienen Beiträge zu diesem Problembereich der Finanzierung medizinischer Projekte sahen hingegen konkrete Gesetzgebungsvorschläge vor, wie etwa von Pfeiffer, NJW 1997, S. 784, der die Regelung des § 331 Abs. 3 StGB ergänzen wollte, oder von Lüderssen, JZ 1997, S. 116, 120, nach dem die Unangemessenheit des Vorteils tatbestandlich zu ergänzen sei. Ähnlich wie damals Lüderssen fordert Walter, ZRP 1999, S. 296 noch heute eine Gesetzesergänzung in § 331 Abs. 1 StGB um den Passus „als unlautere Gegenleistung“.
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Kapitel 2: Ansätze einer Problemlösung
wendungsgebiet bereits von der Natur der Sache her nur auf diejenigen Fallgestaltungen beziehen kann, welche von der konkret in Rede stehenden Grundfreiheit der Wissenschaft umfaßt sind. Für den Bereich von Zuwendungen zur Finanzierung gemeindlicher Aufgaben ist zwar Art. 28 Abs. 2 GG und damit die Sicherung der gemeindlichen, von staatlicher Lenkung unabhängigen Selbstverwaltung zu erwägen, deren Existenz im besonderen durch die Schaffung und Erhaltung einer finanzielle Eigenverantwortung der Gemeinden garantiert werden soll (Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG).29 Wenn auch diese Eigenverantwortung zur Sicherung der Unabhängigkeit einen erheblichen Anteil an eigenen und nicht staatlicherseits erbrachten Einnahmen voraussetzt, zu denen auch private Entgelte und Erträge aus der Verwaltung gemeindlichen Vermögens gehören,30 so wird diese Selbstverwaltung im Ganzen nur „im Rahmen der Gesetze“ garantiert, was u. a. die Bedeutung eines die Gestaltungsfreiheit wieder beschränkenden Gesetzesvorbehaltes hat.31 Einschränkungen sind demzufolge in weitergehendem Maße möglich, als es beispielsweise bei der grundsätzlich schrankenlosen Forschungsfreiheit der Fall ist, der erst durch Kollisionen mit anderen Rechtsgütern von Verfassungsrang Grenzen gezogen werden können.32 Daneben zeigen sich aber auch Kollisionsgestaltungen in ganz anderen Bereichen, denen überhaupt kein verfassungsrechtliches Freiheitsrecht zugrunde liegt und deren Existenz gerade nicht durch Motive bestimmt wurde, welche der fundamentalen Werteordnung des Grundgesetzes entspringen. Dies gilt beispielsweise für die strafprozessuale Behandlung von Strafverfahren nach § 153a StPO, die aus ganz praktischen, aber gleichfalls legitimen Gründen der Beschleunigung und Entlastung von Tätigkeiten der Strafrechtspflege entstanden ist.33 Mittels einer verfassungsrechtlich orientierten Auslegung ließe sich zwar eine tatbestandliche Einschränkung finden, die für die Fallgruppe der forschungsrelevanten Zuwendungen sicherlich nachvollziehbar wäre. Sie könnte aber keinen Lösungsweg aufzeigen, der auf die anderen, oben dargestellten Fallkonstellationen übergreift. In letzter Konsequenz führt dies zu einer unüberschaubaren Kasuistik an Einzelfällen, die einer für den betroffenen Bürger vorhersehbaren und klaren Anwendung der Strafnormen nicht mehr zugänglich ist. Aber auch den Rechtsanwendern selbst fehlt ein allgemeinverbindlicher Maßstab für die Anwendung der Strafnormen im jeweiligen Einzelfall. Den Vorwurf einer nur einseitig orientierten Problemlösung müssen sich auch diejenigen gefallen lassen, die – wie etwa ein Vorschlag des Bundesrates34 – eine Dazu nur v. Münch / Kunig / Löwer, Art. 28 Rn. 91. v. Münch / Kunig / Löwer, Art. 28 Rn. 91. 31 BVerfGE 79, 143 ff. 32 Zu letzterem etwa Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG I, Art. 5 Rn. 375. 33 Dazu Cramer, wistra 1999, S. 414 ff. 34 Entschließung vom 27. 9. 2001, BR-Drs. 541 / 01; dazu Möhrenschlager, wistra 2001, Heft 11, S. VII. 29 30
§ 7 Steuerrechtliche Vorgaben
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selbständige gesetzliche Regelung der Drittmittelforschung außerhalb des Strafgesetzbuches fordern. Dadurch solle die Forschung mit Mitteln Dritter eine gesetzliche Erlaubnis erfahren, die schließlich dazu führe, daß die Straftatbestände der §§ 331 ff. StGB von vornherein bei Einhaltung des vorgegebenen gesetzlichen Handlungsspielraumes nicht mehr in Frage kommen.35 Dann aber müßten konsequenterweise auch für alle übrigen Konfliktbereiche außerhalb des Wissenschaftsbereiches entsprechende Ausnahmeregelungen geschaffen werden, was schon in der praktischen Umsetzung als bedenklich erscheint und möglicherweise ein uferloses Unterfangen wäre. Den Einwand der einseitigen Sonderregelung mit der Folge mangelnder Transparenz gilt im übrigen auch für Überlegungen, in den gesetzlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Drittmittelforschung in § 25 HRG36 bzw. den entsprechenden Regelungen der Länder37 oder in der von der Wissenschaftseinrichtung konkret erlassenen Drittmittelsatzung 38 jeweils spezielle Rechtfertigungsgründe zu sehen. Ganz generell spricht aber gegen den Versuch, im Rahmen der Rechtswidrigkeit nach einer Auflösung der dargestellten Friktionen zu suchen, daß in ihnen zugleich eine allgemeine Bewertung des von ihm erfaßten Handelns zum Ausdruck kommt: Mit einem Rechtfertigungsgrund wird nur ausnahmsweise ein Handeln von der Strafbarkeit ausgenommen, obwohl durch dieses Handeln in eine fremde Rechtssphäre eingegriffen, eine Verbotsnorm verletzt und damit im Ergebnis Unrecht verwirklicht wurde.39
§ 7 Steuerrechtliche Vorgaben Nach § 10b EStG40 gehören Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke (§ 52 Abs. 1 AO) zu den abzugsfähigen Sonderausgaben. Dazu auch ausführlich Diettrich / Schatz, ZRP 2001, S. 521, 525 f. Hochschulrahmengesetz in der Fassung vom 19. Januar 1999. 37 So die Überlegung von Zieschang, WissR 32 (1999), S. 116 f., der dies im Ergebnis allerdings gleichfalls ablehnt: § 25 Abs. 4 S. 2 HRG beschränkt die Verwendung von Drittmitteln stets auf einen solchen Umfang, innerhalb dessen „gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen“ dürfen; die Forschung mit Drittmitteln müsse demzufolge nicht nur haushaltsrechtlichen Vorschriften, sondern auch den Tatbeständen der §§ 331 ff. StGB weichen; im übrigen diene die ausdrückliche Berechtigung des Hochschulmitgliedes in Abs. 1 und Abs. 2 ausschließlich der dienstrechtlichen Klarstellung des Tätigkeitsfeldes, ziele aber in ihrem Regelungsgehalt nicht auf einen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund ab. 38 So die Überlegung des HansOLG Hamburg StV 2001, 282. 39 Jescheck / Weigend, AT, § 31 II 3 (S. 326); Kühl, AT, § 6 Rn. 9. 40 Neufassung vom 19. 10. 2002. 35 36
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Kapitel 2: Ansätze einer Problemlösung
Ausgaben mit dieser Zwecksetzung werden steuerlich begünstigt. Dies soll allerdings nur für solche Ausgaben gelten, die sich im Rahmen des rechtlich Erlaubten bewegen. Dieser für steuerrechtlich relevante Ausgaben41 allgemeine Grundsatz ergebe sich u. a. aus § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG, wonach Betriebsausgaben dann nicht abzugsfähig sind, wenn ihre Zuwendung eine rechtswidrige Handlung darstellt. Im Umkehrschluß wird daraus gefolgert, daß die gesetzlich vorgesehene Abzugsfähigkeit der genannten Spenden als Sonderausgaben deren Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht ausdrücklich statuiert.42 Um die Strafbarkeit in den genannten Problemfällen letztlich auszuschließen, wird deshalb aufgrund dieser steuerrechtlichen Wertungen bereits eine tatbestandliche Berücksichtigung innerhalb der Unrechtsvereinbarung vorgeschlagen,43 andere bevorzugen einen übergesetzlichen Rechtfertigungsgrund.44 Er soll in denjenigen Fällen eingreifen, in denen das Interesse an der Zuwendung von Vorteilen an den Dritten gegenüber demjenigen an einer Strafbarkeit überwiegt. Die steuerrechtliche Bewertung bestimmter Zuwendungen als rechtlich erlaubt auf einen übergesetzlichen Rechtfertigungsgrund zu stützen, leuchtet allerdings nicht ein.45 Denn ein Verhalten, das sich im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt, kann bereits kein tatbestandliches Unrecht erfüllen. Insoweit gelten hier die gleichen Erwägungen wie zur Korrektur der Problemfälle durch eine behördliche Genehmigung. Vor allem der Vorschlag einer Interessenabwägung steuerrechtlicher und strafrechtlicher Bewertungen erscheint insoweit widersprüchlich. Denn damit wird nichts anderes ausgesagt, als daß die von den §§ 331 ff. StGB geschützten Interessen tatsächlich beeinträchtigt werden. Dieser Einschätzung steht aber wiederum die Ausgangsthese entgegen, wonach diese Zuwendungen – verdeutlicht auch durch ihre steuerrechtliche Privilegierung – mit dem geltenden Recht gerade vereinbar sein sollen. Im übrigen hat diese steuerrechtliche Bewertung eine rein indizielle Bedeutung. Eine konkrete strafrechtsdogmatische Schlußfolgerung ist angesichts der unterschiedlichen Zielsetzung des Steuerrechts kaum möglich und ist auch in der Vergangenheit nicht immer konsequent verfolgt worden, wie etwa die lange währende Diskussion um die steuerliche Absetzbarkeit von Schmiergeldern belegt.
Nicht aber Einnahmen. Zum ganzen Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 53b und ausführlich Dannecker, gemeinnützige Zuwendungen, S. 47 ff. und 86 ff. 43 Dannecker, gemeinnützige Zuwendungen, S. 89 ff. 44 Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 53b a.E. 45 Im Ergebnis ebenso Schreier, S. 73 und NK-Kuhlen, § 331 Rn. 92. 41 42
§ 8 Der Maßstab der sozialen Adäquanz
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§ 8 Der Maßstab der sozialen Adäquanz Ein anderer Ansatz, der vielfach vertreten wird, sieht im Gedanken der sozialen Adäquanz bestimmter Verhaltensweisen eine Möglichkeit, die Reichweite des Tatbestandes zu korrigieren und die als „sozial adäquat“ bewerteten Vorgänge auszuscheiden.46 Dieser heute als Auslegungskriterium herangezogene Prinzip geht zurück auf Welzel, der unter dem Begriff des sozialadäquaten Verhaltens noch ganz allgemein alle Betätigungen zusammenfaßte, „die sich innerhalb des Rahmens der geschichtlich gewordenen sozialethischen Ordnungen des Gemeinschaftslebens bewegen“.47 In jüngster Zeit findet sich dieser Gedanke im Zusammenhang mit der Diskussion wieder, wie sog. berufstypisches Verhalten, etwa im Rahmen der Geldwäsche, aber auch als bloße Beihilfehandlung strafrechtlich einzuordnen ist.48 Der Gedanke ist aber auch den Bestechungsdelikten nicht fremd, sondern wurde bereits in der Vergangenheit von Literatur und Rechtsprechung zur Einschränkung der tatbestandlichen Reichweite der §§ 331 ff. StGB herangezogen, teils bei der Auslegung des Vorteilsbegriffs,49 teils in Abgrenzung zum Vorliegen einer Unrechts-vereinbarung.50 Die Anerkennung beschränkte sich allerdings auf solche Fälle, in denen es sich mehr oder minder um geringwertige Zuwendungen handelte, so daß in diesem Zusammenhang auch der Begriff des Geringfügigkeitsprinzips51 verwendet wird. Beispiele sind etwa kleine Werbegeschenke oder die üblichen Neujahrsgeschenke als kleine Aufmerksamkeiten an Verkehrspolizisten, Feuerwehrleute, Amtsboten, Gemeindediener,52 deren Motivation regelmäßig allein in der Verkehrssitte und den allgemeinen Regeln der Höflichkeit zu finden ist. Hier kann von vornherein ausgeschlossen werden, daß sich der Amtsträger dem Zuwendenden gegenüber verpflichtet fühlt, sich revanchieren zu müssen, letztlich somit der Anschein der Käuflichkeit ausgeschlossen werden kann.53 Andererseits hatte es die Rechtsprechung wiederum in einem obiter dictum als den „Regeln des sozialen Verkehrs und der Höflichkeit“ entsprechend beurteilt, wenn dem Amtsträger die Übernachtung in einem Gästehaus, Essenseinladungen in die Werkskantine oder Schroth, BT, S. 250; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 6, 14. Etwa Welzel, 11. Auflage, S. 55 f. Ausführlich zur historischen Weiterentwicklung in Literatur und Rechtsprechung Eser, FS Roxin, S. 203 ff. 48 Zu § 261 StGB etwa BGH NJW 2001, 2892; zu § 27 StGB etwa Kühl, AT, § 20 Rn. 222a. 49 Vgl. dazu BGHSt 33, 338 f.; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 23; offengelassen noch von BGHSt 31, 279 und OLG Frankfurt aM NJW 1990, 2074; abl. Kargl, ZStW 114, S. 772. 50 Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 25; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 37, 58; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 14; LK-Jescheck, § 331 Rn. 15; BGH NStZ-RR 2002, 272 ff. 51 Roxin, AT, § 10 Rn. 40 Fn 78 m.w.N. 52 Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 23; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 23; Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 53; LK-Jescheck, § 331 Rn. 15. 53 SK-Rudolphi, § 331 Rn. 23. 46 47
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ein Restaurant oder Chauffeurdienste gewährt werden,54 aber: „schon eine einzige Geldzuwendung in Höhe von 100 DM geht weit über das hinaus, was als ganz geringfügige Aufmerksamkeit angesehen werden könnte.“55 Ungeachtet der vorstehend geschilderten Beispiele ist allerdings die strafrechtliche Bedeutung dieser als sozialadäquat bzw. geringfügig eingestuften Zuwendungen auf die §§ 331, 333 StGB – wie später noch zu zeigen sein wird56 – beschränkt und innerhalb dieses engen Rahmens ohnehin gering. Denn regelmäßig existieren in den einzelnen Bundesländern bereits dienstrechtliche Verordnungen, welche die Entgegennahme von geringwertigen, durch eine Geste der Höflichkeit motivierten Zuwendungen allgemein genehmigen.57 So regelt etwa die Verwaltungsvorschrift Geschenkannahme in Baden-Württemberg geregelt, daß bei geringwertigen Aufmerksamkeiten, aber auch bei üblicher und angemessener Bewirtung aus Anlaß oder bei Gelegenheit dienstlicher Handlungen, Besprechungen oder allgemeinen Veranstaltungen die Zustimmung für die Annahme dieser Begünstigungen als allgemein erteilt anzusehen ist.58 Gerade vor dem Hintergrund der 1974 ausdrücklich in § 331 Abs. 3 StGB aufgenommenen Genehmigungsregelung stellt sich ohnehin die Frage, ob überhaupt noch ein eigenständiger Anwendungsbereich tatbestandsloser geringfügiger Zuwendungen neben den von einer Genehmigung erfaßten Fällen existiert. Denn in den bereits erwähnten dienstrechtlichen Vorschriften werden die Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit von Zuwendungen und die Einholung einer solchen Genehmigung ausdrücklich normiert, so daß insoweit von einer abschließenden Regelung gesprochen werden kann. Die Schwäche dieses Auslegungsbehelfs59 liegt aber ohnehin in seiner begrifflichen Unschärfe. Einer Generalklausel gleich, soll das Merkmal der sozialen Adäquanz – statt allein auf geringwertige Vorteile bezogen – nunmehr einen auch wertmäßig nicht mehr eingrenzbaren Bereich an Zuwendungen umfassen. Nachdem durch die neue Gesetzeslage der §§ 331 ff. StGB in den verschiedensten Lebensbereichen Problemgestaltungen auftreten, stellt sich doch die Frage, woran die Beurteilung dessen erfolgen soll, was als sozial adäquat einzustufen ist. Denn die Einordnung als sozial adäquat ist seinerseits lediglich eine Bewertung, die sich ohne zusätzliche Kriterien im tatsächlichen Bereich wie etwa der Geringfügigkeit des Vorteils nur schwer mit der notwendigen Bestimmtheit tatbestandlicher Voraussetzungen vereinbaren läßt.
54 BGHSt 15, 252; „Einladungen zu Kunden, die Kredite wünschen“, in BGHSt 31, 279; jüngst mit weiteren Beispielen auch Lesch, AnwBl. 2003, S. 262. 55 OLG Frankfurt aM NJW 1990, 2074. 56 Vgl. dazu § 14 III. 57 Eine Tatsache, die von Eser, FS Roxin, S. 199 ff. völlig übergangen wird. 58 VwV-Geschenkannahme, Die Justiz 1999, 51 f. 59 So die Einschätzung von Schönke / Schröder / Lenckner, vor § 13 Rn. 70 m.w.N. zu einer möglichen Einordnung.
§ 9 Eigennutz und Drittvorteil
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Ganz grundsätzlich stellt sich bei dem Kriterium der sozialen Adäquanz aber die ganz andere Frage, ob damit möglicherweise das Ergebnis vorweggenommen wird, welches hier überhaupt erst gewonnen werden soll, nämlich die Abgrenzung strafrechtliches Unrecht begründender Verhaltensweisen von denjenigen, die sich noch im Rahmen eines gesellschaftlichen Konsenses bewegen.
§ 9 Eigennutz und Drittvorteil Sehr viel konkreter geht schließlich ein anderer Vorschlag dahin, an der zumindest vom Wortlaut her erfolgten Erweiterung der Tatbestände auf Drittvorteile anzuknüpfen.60 Hiernach umfaßt die Erweiterung der Korruptionstatbestände auf Drittvorteile zunächst all diejenigen Fallkonstellationen, in denen nach alter Rechtslage regelmäßig ein mittelbarer Vorteil des Amtsträgers nachgewiesen werden konnte, wie etwa bei Zuwendungen an Angehörige, Freunde oder ihm persönlich nahestehende Vereinigungen. In diesen Fällen genügt nunmehr die Zuwendung an diese dem Amtsträger nahestehende Person, ohne daß dieser Vorteil in einen solchen an den Amtsträger selbst umgedeutet werden61 bzw. darüber hinaus ein mittelbar eigener Vorteil des Amtsträgers besonders nachgewiesen werden müßte.62 Im Anschluß an die Begründung des Regierungsentwurfes63 zum Korruptionsbekämpfungsgesetz wird diese Ergänzung des Tatbestandes als reine Klarstellung,64 höchstens aber als „vorsichtige Erweiterung“ bezeichnet.65 Ein „grober Fehlgriff“66 wäre es hiernach jedoch, die von der Rechtsprechung aufgrund ihres Ursprungs stets als eigennützig interpretierten Delikte nun auch auf altruistisch motivierte Handlungen zu erweitern. Denn die „Struktur“ der Bestechungstatbestände mit der Einfügung des „Dritten“ dahingehend zu ändern, habe der Gesetzgeber keinesfalls beabsichtigt.67 Folglich müsse der Begriff des Dritten restriktiv ausgelegt bzw. teleologisch reduziert werden auf diejenigen Fälle, in denen zumindest auch dem Amtsträger selbst ein Vorteil zufließt, sei dieser nun materieller oder immaterieller Art.68 60 Krey, BT 1, Rn. 669 b; Korte, NStZ 1997, S. 515; Ostendorf, NJW 1999, S. 617; im Ergebnis auch LG Bonn StV 2001, 292 ff; ausdrücklich ablehnend OLG Köln NStZ 2003, 36. 61 Krey, BT 1, Rn. 669 b. 62 Korte, NStZ 1997, S. 515. 63 BT-Drs. 13 / 6424 iVm. 13 / 5584, S. 9; dazu in der Einleitung. 64 Korte, NStZ 1997, S. 515. 65 König, DRiZ 1996, S. 361; ihm folgend Korte, NStZ 1997, S. 515; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 47 f. 66 Krey, BT 1, Rn. 669 b. 67 Korte, NStZ 1997, S. 515. 68 Krey, BT 1, Rn. 669 b; krit. dazu Kargl, ZStW 114, S. 769.
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Während vorstehend die tatbestandlichen Beschränkungen im persönlichen Fehlverhalten des Amtsträgers durch sein Streben nach eigener Besserstellung gesucht werden, differenzieren andere nach dem jeweiligen Nutznießer der Zuwendung, nähern sich den Tatbeständen also von der Seite des Dritten. So wird etwa vertreten, daß ein Strafbedürfnis erst dann entstehe, wenn der Amtsträger entweder zur eigenen Besserstellung handle oder jedenfalls kein sachlicher Grund für die Zuwendung an den Dritten bestehe.69 Fördere die Begünstigung dagegen allein Staats- oder Gemeininteressen, so entspreche sie dem öffentlichen Interesse, was sich insbesondere bei Personenvereinigung an deren Förderungswürdigkeit bemesse, wie sie etwa in der steuerrechtlichen Norm des § 52 AO zum Ausdruck komme.70 Schutzgut der §§ 331 ff. StGB wie auch der Wille des Gesetzgebers sollen es jedenfalls rechtfertigen, zumindest die Dienststelle des Amtsträgers vom Begriff des Dritten auszuklammern.71 Zu unterscheiden sei zwischen privatnützigen Zuwendungen einerseits und staatsnützigen, der Erfüllung staatlicher Aufgaben dienender Begünstigungen andererseits, die im Falle ihrer Offenlegung nicht von § 331 StGB erfaßt würden.72 Die Begründung des Regierungsentwurfes stützt jedenfalls die These von einer bloßen Klarstellung durch die Gesetzesneufassung, mag dort auch von einer „Erweiterung“ die Rede sein.73 Allerdings waren sich die Parlamentarier über den Umfang ihrer Entscheidung weder einig noch im Klaren.74 Zumindest kann man aber nicht um die Tatsache umhin, daß der Wortlaut jedenfalls um die Person des „Dritten“ ergänzt wurde, was eine gewisse Verschärfung gegenüber der früheren Rechtslage zumindest nahelegt. Schließlich erscheint dieser Ansatz, dem Eigennutz des Beamten besondere Aufmerksamkeit auch innerhalb der Tatbestandsauslegung zu schenken, durchaus plausibel. Denn betrachtet man die eingangs geschilderten Problemfälle im Überblick, so ist doch augenfällig, daß es sich hier ausnahmslos um Konstellationen handelt, die gerade nicht mehr zweifelsfrei als Fälle eines mittelbaren Vorteils bezeichnet werden können. Sie sind vielmehr hauptsächlich von altruistischen Motiven des jeweiligen Amtsträgers geprägt. Winkelbauer / Felsinger, Annahme von Spenden, S. 30. Dazu Winkelbauer / Felsinger, Annahme von Spenden, S. 28 ff.; dies. BWGZ 1999, S. 294 ff.; ähnlich auch Schreier, S. 72 f. 71 LG Bonn StV 2001, 293. 72 Kritisch Grziwotz, BauR 2001, S. 1532 f. In knappen Worten ablehnend schließlich das Beschwerdegericht OLG Köln NStZ 2002, 36 ohne ausführliche Auseinandersetzung mit der Position des Landgerichts, vgl. Erlinger, MedR 2002, S. 419 f. 73 Vgl. dazu bereits die Einleitung. 74 Dies wird vom LG Bonn StV 2001, 293 nicht gesehen. Dazu nur Hartenbach, BT-Protokoll, 13.WP, 125. Sitzung, S. 11222: „Was war das für ein schönes Schlupfloch, als der Perserteppich der Schwiegermutter und die Luxuslimousine dem Schwiegervater übereignet wurden, tatsächlicher Nutznießer aber ungestraft der ungetreue Beamte war!“; umfassende Einbeziehung forderte hingegen Geis, 13.WP, 125. Sitzung, S. 11210; 184. Sitzung, S. 16645. 69 70
§ 10 Die Drittmittel-Entscheidung des Bundesgerichtshofs
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§ 10 Die Drittmittel-Entscheidung des Bundesgerichtshofs Die erste und bislang einzige Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu einer der eingangs dargestellten Problembereiche erging schließlich am 23. 5. 2002.75 Die Besonderheit dieser Entscheidung liegt insbesondere darin, daß der Bundesgerichtshof zwar seinem Urteil einerseits die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB nach alter Rechtslage zugrundelegte. Andererseits mußte sich das Gericht aber mit einem Vorgang aus der Drittmittelforschung auseinandersetzen, dem die bislang zu dieser Thematik geäußerten Stimmen eine strafrechtliche Brisanz grundsätzlich erst durch die neue Tatbestandsfassung, insbesondere durch die Erfassung von Drittvorteilen, beimaßen. In der Sache ging es um die geschäftlichen Beziehungen eines Universitätsprofessors zu einer Medizintechnikfirma. Der Arzt war als Leiter einer kardiologischen Abteilung für Auswahl und Einsatz der verwendeten Herzklappen und Herzschrittmacher zuständig. Wie die Vorinstanz festgestellt hatten, entsprach der Preis der eingekauften Produkte deren tatsächlichem Wert. Die Medizingerätefirma gewährte dem Arzt allerdings zusätzliche, umsatzabhängige Bonusleistungen. Um bei der Mittelverwendung nicht durch die Universitätsverwaltung eingeengt zu werden, ließ der Arzt diese Extraleistungen einem von ihm selbst gegründeten Verein zukommen, dessen einziger Zweck allein in der Förderung der herzchirurgischen Abteilung des Arztes bestand. Ermöglicht wurden mit den Zuwendungen Kongreßreisen von Mitarbeitern der Herzchirurgie, weiterhin wurden büro- und medizintechnische Geräte beschafft und gewartet und schließlich Aushilfslöhne für Mitarbeiter an verschiedensten Forschungsprojekten finanziert. Schließlich kam es auch teils zu direkten Zuwendungen für die Abteilung des Arztes durch die Beschaffung medizinischer Geräte sowie einer EDV-Anlage, teils zu indirekten durch die Übernahme von Rechnungen für eben solche Anschaffungen. Während der Bundesgerichtshof den Schuldspruch wegen Untreue aufhob, bestätigte er die Auffassung des Landgerichts, wonach sich der angeklagte Arzt wegen Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB a.F. schuldig gemacht habe. Hinsichtlich des noch zur alten Rechtslage notwendigen eigenen Vorteils des Amtsträgers selbst könne es dahingestellt bleiben, ob der Angeklagte in Form von verbesserten Karrierechancen eine Besserstellung durch die Zuwendungen der Medizingerätefirma erfahren habe,76 auch der bestimmende Einfluß des Angeklagten auf die weitere Verwendung der Gelder und die daraus resultierende Verfügungsmacht sei nicht entscheidend bei der Beurteilung des Vorteils.77 Denn mittelbar sei es 75 BGHSt 47, 295. Zu diesem kontroversen Fall schon die Entscheidung OLG Karlsruhe StV 2000, 289. Zu diesem thematischen Bereich auch die spätere Entscheidung BGHSt 48, 44 ff., deren entscheidungserhebliche Fragen aber dem Bereich des § 332 Abs. 3 StGB zuzuordnen waren. 76 Mehr dazu unter § 18 I. 77 BGHSt 47, 304 f.
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durch die „im Kern ersichtlich ganz überwiegend fremdnützige Vorteilsannahme“ jedenfalls auch zu einer Verbesserung der Arbeits- und Forschungsbedingungen für den Angeklagten selbst gekommen; es sei damit eine „objektiv meßbare Verbesserung seiner persönlichen Wirkungsmöglichkeiten“ eingetreten.78 Der Bundesgerichtshof stellt zwar fest, daß „Wertungsbrüche“ entstehen, wenn Einwerbung und Annahme von Drittmitteln hochschulrechtlich zur Dienstaufgabe gemacht werden, zugleich aber strafrechtlich vom Tatbestand der Vorteilsannahme erfaßt werden. Der Senat hält deshalb auch eine einschränkende Auslegung des tatbestandlich vorausgesetzten Beziehungsverhältnisses zwischen Vorteil und Diensthandlung für geboten. Dafür genüge aber nicht, daß es sich bei den Zuwendungen ihrem sachlichen Gehalt nach um forschungsfördernde Drittmittel handle; diese Zuwendungen müßten darüber hinaus auch nach den hochschulrechtlich vorgeschriebenen Verfahrensregeln den verwaltungsinternen Stellen angezeigt oder von diesen genehmigt worden sein.79 Nur dann sei größtmögliche Transparenz und Kontrolle gewährleistet,80 die notwendig sei, um das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes zu bewahren. Diese Entscheidung stieß in der Literatur weitgehend auf Zustimmung,81 zeige sie doch einen praktikablen Weg, „wie Drittmittel legal eingeworben und angenommen werden können.“82 Kritisch wird allerdings eingewandt, daß die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Voraussetzungen für eine tatbestandslose Drittmitteleinwerbung nur dann eingreifen können, wenn hochschulrechtlich überhaupt Verfahrensregeln für die Einwerbung von Drittmittel aufgestellt worden sind, sei es durch den Landesgesetzgeber oder durch die Hochschule selbst kraft Satzungshoheit.83 Auch bestehe die Gefahr eines „Zwei-Klassen-Strafrechts“, weil sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich nur auf diejenige Drittmittelforschung beziehe, die innerhalb von Hochschulen ausgeübt werde, während er von Amtsträgern ausgeübte Forschung außerhalb derselben überhaupt nicht anspreche.84
78 BGHSt 47, 306 und fortgeführt in BGHSt 48, 49; ebenso wie schon OLG Köln NStZ 2002, 36, das ergänzend auf die ersparten eigenen Aufwendungen des betroffenen Mediziners abstellen, ohne allerdings zu hinterfragen, ob diese tatsächlich bei regelmäßig angespannter Haushalts- und Etatlage getätigt worden wären. Denn privaterseits hat sich der Mediziner jedenfalls keine Aufwendungen erspart. 79 BGHSt 47, 308. Ähnlich in dieser formalen Betrachtungsweise schon OLG Köln NStZ 2002, 37. 80 BGHSt 47, 310. 81 Kuhlen, JR 2003, S. 233 ff.; Gatzweiler, WissR 35, S. 342 ff.; Korte, NStZ 2003, S. 157; Michalke, NJW 2002, S. 3381: „vermeidet Wertungswidersprüche“; Rönnau, JuS 2003, S. 236 f.; Tholl, wistra 2003, S. 181 f; Wessels / Hettinger, BT 1, Rn. 1112a; Ambos, JZ 2003, S. 353, der aber eine zusätzliche gesetzliche Absicherung für erforderlich hält. 82 Wasserburg, NStZ 2003, S. 358. 83 So die Kritik von Kindhäuser / Goy, NStZ 2003, S. 294 zu BGHSt 47, 295. 84 Michalke, NJW 2002, S. 3382; zustimmend Rönnau, JuS 2003, S. 237.
§ 10 Die Drittmittel-Entscheidung des Bundesgerichtshofs
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Zu begrüßen ist zunächst, daß der Bundesgerichtshof das Auftreten von Wertungswidersprüchen anerkennt, wenn ein im öffentlichen Dienst tätiger Mediziner einerseits gegenüber seinem Dienstherrn kraft Gesetzes zur Einwerbung von Drittmitteln verpflichtet ist,85 er sich aber andererseits, wenn er dieser Pflicht nachkommt, dem strafrechtlichen Vorwurf der Vorteilsannahme aussetzt. Indem das Gericht von der Einhaltung der hochschulrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen auf die strafrechtliche Unbedenklichkeit der Drittmitteleinwerbung schließt, hat es sicherlich eine für die Betroffenen praktikable Vorgehensweise vorgeschlagen. Das Urteil sorgt für Rechtssicherheit nicht nur im Bereich der Forschung, sondern auch darüber hinaus, sofern ein generelles Anzeige- und Genehmigungsverfahren existiert, das die vom Bundesgerichtshof geforderte Kontrolle und Transparenz der jeweiligen Zuwendungen sicherstellt. So wurden die Grundsätze des Bundesgerichtshofs beispielsweise auf die Fallkonstellation übertragen, daß ein Amtsträger, der sich in seiner Funktion als Spitzenkandidat seiner Partei Spenden versprechen ließ, jedenfalls dann nicht den Tatbestand der Vorteilsannahme erfüllt haben soll, wenn er bei der Annahme der Zuwendungen das Parteiengesetz eingehalten hat.86 Auch im Ergebnis kann mE kein Zweifel daran bestehen, daß eine genehmigte Drittmitteleinwerbung schon tatbestandlich keinen Fall der Vorteilsannahme darstellt, es sich folglich nicht erst um eine Frage der Rechtswidrigkeit handelt.87 In der Sache verfolgt der Bundesgerichtshof dagegen eine sehr formale Betrachtungsweise, die auf der Annahme gründet, daß der Schutz des Rechtsgutes, dem der Straftatbestand der Vorteilsannahme zu dienen bestimmt ist, das Anzeigen und Genehmigenlassen des Vorteils gebiete.88 Der sachliche Gehalt von Zuwendungen als Drittmittel genügt dem Senat nicht; strafbefreiende Wirkung kommt erst der Einhaltung von Verfahrensregeln zu. Im zugrundeliegenden Fall wird dem angeklagten Mediziner deshalb auch nicht die Mitteleinwerbung und -verwendung selbst zum strafrechtlichen Vorwurf gemacht, denn dies ist seine Dienstaufgabe, sondern einzig und allein bloßes Verwaltungsunrecht, nämlich der Verstoß gegen Verfahrensregeln. Nur diese bieten nach Ansicht des Gerichts bei solchen Vorgängen die notwendige Transparenz nach außen, die ihrerseits das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes gewährleistet, kurzum: je transparenter, je legaler. Nun ist dem Strafgesetzbuch der Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften als Element tatbestandlichen Unrechts nicht fremd. Er findet sich beispielsweise in Vorschriften des Umweltstrafrechts. Im Unterschied zum Tatbestand der Vorteilsannahme war es aber dort der Gesetzgeber selbst, der durch die Merkmale „unbefugt“, „unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“ oder „ohne die erforderliche Genehmigung“ den verwaltungsrechtlichen VerfahrensverDazu nur § 25 HRG und beispielhaft § 8 Abs. 1 Hs. 2 UG BW. LG Wuppertal NJW 2003, 1405 ff. 87 A.A. Mansdorf, wistra 2003, S. 213, für den sich schon aus dem Bereitstellen von Spenden und Drittmitteln der Anschein der Käuflichkeit ergibt. 88 BGHSt 47, 309. 85 86
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stoß in die Tatbestände mit aufgenommen hat. Ein solcher Ansatzpunkt findet sich jedenfalls in der Formulierung von § 331 Abs. 1 StGB nicht.89 Erst in Abs. 3 hat der Gesetzgeber den Weg ins Verwaltungsrecht geöffnet, doch der Praktikabilität und des Ergebnisses willen muß auch eine historisch gewachsene Gesetzessystematik weichen. Weiterhin ungeklärt bleiben somit diejeinigen Fallgestaltungen, in denen für den betroffenen Bereich überhaupt kein allgemeingültiges Verfahren existiert, das die Einwerbung und Annahme von Zuwendungen, etwa Sponsoringgeldern oder Spenden, regelt. Das dienstrechtliche Zustimmungsverfahren der § 43 BRRG, § 70 BBG kann jedenfalls nicht herangezogen werden, befaßt es sich doch ausschließlich mit Zuwendungen an den Amtsträger persönlich. Auch der Bundesgerichtshof hat dieser Möglichkeit indirekt eine Absage erteilt, indem er ausdrücklich die Genehmigungsregelung des § 331 Abs. 3 StGB nicht anwenden will, die ihrerseits nach h.M. auf das dienstrechtliche Zustimmungsverfahren der § 70 BBG, § 43 BRRG iVm. der jeweiligen Landesgesetze Bezug nimmt. Die Forderung nach Transparenz und Kontrolle durch Aufsichtsorgane bei der Einwerbung von Begünstigungen für den Staat kann nur an die Adresse des Gesetzgebers gerichtet sein, seinen Bediensteten allgemeingültige Verfahrensregeln an die Hand zu geben. Aus deren Fehlen dann aber im Umkehrschluß einen strafrechtlichen Vorwurf herzuleiten, wäre doch zweifelhaft. Nicht zwingend erscheint schließlich auch die Argumentation, der angeklagte Mediziner habe jedenfalls mittelbar einen eigenen Vorteil, nämlich die „Verbesserung seiner Arbeits- und Forschungsbedingungen“, erlangt, indem Mitarbeiter Kongreßreisen ermöglicht, büro- und medizintechnische Geräte beschafft und gewartet, verschiedene Studien sowie Forschungsprojekte finanziell unterstützt oder gar finanziert wurden. Denn diese Besserstellung erfährt der Betroffene allein als in der Medizin berufstätiger Amtsträger: er erlangt sie allein in seiner dienstlichen Stellung und nutzt sie auch nur im Rahmen derselben. Das „Amt“ selbst ist Nutznießer der Zuwendung. Es liegt in der Natur der Sache, daß dieses Amt von einer natürliche Person nach außen repräsentiert werden muß. Genau dies wird aber demjenigen, der sich als Repräsentant zur Verfügung stellt, dem Amtsträger, zur Falle, indem jeder Vorteil des Amtes vom Bundesgerichtshof zu einem solchen für ihn selbst erklärt wird, obwohl er lediglich seine dienstlichen Aufgaben verrichtet. Das Gericht hat wohl die Vorstellung, daß jede dienstliche Tätigkeit zugleich auch die Erfüllung persönlichen Nutzens bedeutet, gleichsam also eine Doppelnatur besitzt. Aus der Sicht des Arbeitsrechts mag dies nur konsequent sein, stellt doch jede Arbeitstätigkeit zugleich die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit dar. Dies wiederum wird sich aber kaum als objektiv meßbarer Vorteil feststellen lassen. Tatsächlich aber kann sehr wohl zwischen der Zuwendung an das Amt auf der einen 89 Mit Rönnau, JuS 2003, S. 236 f. sollte deshalb auch besser von einer teleologischen Restriktion und nicht, wie der BGH, von einer tatbestandseinschränkenden Auslegung gesprochen werden.
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Seite und derjenigen an die Privatperson, die zur Erfüllung des Amtes tätig wird, unterschieden werden.90 Im ersten Fall wird die Person in ihrer dienstlichen Funktion als Pflichtenträger angesprochen, im zweiten Fall dagegen als Individuum und Teil der Gesellschaft, um manipulativ das Amt, das diese Person beruflich ausübt, zu unterwandern. Worin also der eigentliche persönliche Vorteil des angeklagten Mediziners liegen soll, bleibt letztlich im Dunkeln. So erkennt auch der Senat selbst an, daß es sich um eine „im Kern ersichtlich ganz überwiegend fremdnützige Vorteilsannahme“ handelt, was bei der Frage der Schuld angemessen zu berücksichtigen sei.91 Der Bundesgerichtshof hätte sich denn auch besser von einer ausschließlich materiell-rechtlichen Betrachtungsweise als entscheidendem Kriterium für eine Abgrenzung leiten lassen sollen. Diese führt im folgenden allerdings dazu, soweit man die tatsächliche Ausführungen der Entscheidung zugrundelegt, daß dem angeklagten Mediziner wegen der unstreitig in ihrem sachlichen Gehalt als Drittmitteleinwerbung zu qualifizierenden Vorgänge kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann, sofern man – wie oben dargestellt – auch seine persönliche Besserstellung verneint. Dieses Ergebnis mag zunächst auf Ablehnung stoßen, denn schließlich handelte es sich um umsatzbezogene Zuwendungen, die also gerade nicht – jedenfalls nicht allein – aus altruistischen Motiven erbracht wurden. Dieses insoweit sehr wohl auf Unregelmäßigkeiten und Beeinflussung des Wettbewerbs hindeutende und damit zumindest „anrüchige“ Beziehungsverhältnis der zuwendenden Firma zu dem angeklagten Mediziner kann aber auch der Bundesgerichtshof mit seiner Rechtsprechung nicht verhindern oder bestrafen. Denn der Mediziner hätte sich lediglich den Umgang mit den eingeworbenen Drittmitteln von der Universitätsverwaltung genehmigen lassen müssen, um dieses von Seiten des Unternehmens92 umsatzorientiert ausgestaltete Zuwendungssystem von Drittmitteln zu legalisieren. Den eigentlich problematischen Kern dieser Vorgänge, nämlich die umsatzorientierten Bonusleistungen, kann demnach auch der Bundesgerichtshof nicht erfassen.
90 Eine ähnliche Differenzierung zwischen organschaftlichem Mandatsträger einerseits und dahinterstehender Privatperson wird beispielsweise auch im Kommunalrecht regelmäßig getroffen, vgl. etwa OVG Münster JZ 1983, 25, 27; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 477. 91 BGHSt 47, 306. 92 Es stellt sich ohnehin die Frage, ob diese Umsatzorientierung überhaupt zu verhindern ist, wird sich doch ein Unternehmen vorrangig bei seiner insoweit ohne Gegenleistung erbrachten und damit wirtschaftlich zunächst ineffizienten Ausgaben sicherlich an der Intensität der Geschäftsbeziehung orientieren müssen, um die Ausgabe auch vom Unternehmenszweck her rechtfertigen zu können.
Kapitel 3
Analyse Um Sinn und Zweck der Neufassung der Korruptionstatbestände besser zu verstehen, bedarf es zuerst im folgenden deren Analyse. Sie sieht ihren Ausgangspunkt in der systematischen Einordnung dieser Tatbestände im 30. Abschnitt des Strafgesetzbuches. Als Straftaten im Amt haftet diesen Tatbeständen die Besonderheit an, daß sie sich in ihrer Existenz nicht von selbst verstehen, sondern vielmehr aus der Tätigkeit folgen, die der Amtsträger oder der für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete ausübt. Nur im Rahmen der Amtstätigkeit ist die Begehung dieser Delikte des 30. Abschnittes überhaupt erst möglich. Die Rechte und Pflichten derjenigen, die diese amtlichen Tätigkeiten ausführen, werden durch öffentlich-rechtliche Vorschriften bestimmt. Es drängt sich deshalb geradezu auf, die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB insbesondere im Lichte dieser Vorschriften näher zu betrachten, wobei das Hauptaugenmerk auf der Behandlung von Zuwendungen an oder für Dritte liegt.
§ 11 Historische Analyse des Vorteils für einen Dritten Die Entwicklung der Rechtsprechung seit 1871 bis zur Einführung der neuen Bestimmungen im Jahre 1997 ist hinlänglich belegt:1 Sowohl innerhalb der Vorteilsgewährung und ihrem Pendant der Vorteilsannahme als auch bei Bestechung und Bestechlichkeit mußte dem Amtsträger ein eigennütziges Handeln nachgewiesen werden, wobei es allerdings genügte, daß dem Amtsträger als Reflex einer reinen Drittzuwendung zugleich ein sog. mittelbarer Vorteil zugute kam.2 Die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle betrafen dabei Zuwendungen an Verwandte oder nahestehende Personen des Amtsträgers, durch die sich der Amtsträger eigene Aufwendungen ersparen konnte, wie auch Fälle, in denen Zuwendungen einem Verein oder einer Partei zugute kamen, in welchem sich der Amtsträger als Privatmann beispielsweise im Vorstand aktiv engagierte. 1 Ausführliche Zusammenstellungen der einzelnen Urteile der Obergerichte finden sich etwa bei Gribl: RG S. 19 – 27; BGH S. 28 – 44; OLG S. 45 – 55; bei Bauchrowitz, S. 31 – 75. 2 BGH NJW 1959, 346; BGHSt 14, 127 f.; nicht einleuchtend insoweit die Ausführungen des OLG Stuttgart NJW 2003, 228 f. in einem regelrecht klassischen Fall des mittelbaren Vorteils, nämlich einer Begünstigung der Ehefrau des Amtsträgers.
§ 11 Historische Analyse des Vorteils für einen Dritten
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Begründet hat der Bundesgerichtshof das Erfordernis des eigennützigen Handelns einerseits damit, daß die Erweiterung auf jedweden Drittvorteil eine Abkehr von der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts wie des Bundesgerichtshofs erfordere. Zum anderen sei sie auch unvereinbar mit dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus den Materialien und der Entstehungsgeschichte der Normen ergebe.3 Auf den Gesetzeswortlaut wurde insoweit nicht zurückgegriffen.
I. Gesetzesentwicklung der §§ 331, 332 StGB Untersucht man die Gesetzesgeschichte der Vorschriften über die Gewährung von Vorteilen an Amtsträger4 unter dem Aspekt des Drittvorteils und der Notwendigkeit eigennützigen Handelns durch den Amtsträger, so wird die soeben referierte Einschätzung des Bundesgerichtshofes bestätigt: Ein erster Hinweis findet sich im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 (PrALR),5 das in § 360 die Bestechlichkeit von Staatsdienern, sei es nun durch unmittelbare oder mittelbare Zuwendung von Geschenken, regelte. § 360. Diener des Staats, welche für die Ausrichtung ihres Amtes Geschenke oder Gaben, wozu die Gesetze sie nicht ausdrücklich berechtigen, annehmen, oder durch Andere für ihre Rechnung nehmen lassen, sollen, wenn auch kein Verdacht einer Pflichtwidrigkeit vorhanden ist, um den vierfachen Betrag des Empfangenen bestraft werden.
Auch § 366 PrALR, eine Vorschrift über die „Strafe pflichtwidriger Justizbedienter“ und zugleich Vorläufer des heute in § 331 Abs. 2 StGB unter Strafe gestellten Unrechts, wurde eingeleitet mit dem Titel: 1) bey verübten Ungerechtigkeiten aus Eigennutz; § 366. Ein Richter, welcher von Parteyen, die vor ihm Prozesse führen, Geschenke nimmt, oder sich versprechen läßt, soll schon deswegen, wenn er auch sonst keiner Pflichtwidrigkeit überführt werden könnte, seines Amts entsetzt, und wenn ein Verdacht oder Ueberführung einer solchen Pflichtwidrigkeit vorhanden ist, noch außerdem nach Vorschrift des § 361 bestraft werden.
Weitere Hinweise auf das damalige Verständnis der Gesetzgeber hinsichtlich rein altruistischer Handlungen oder notwendig eigennütziger Motivation sind auch in Quellen zu den Bemühungen um eine Gesetzesrevision in den preußischen Staaten zu finden, die von 1825 bis 1848 andauerte:6 Sowohl im revidierten Entwurf BGHSt 35, 133 f. Einen ausführlichen Überblick über die Gesetzesgeschichte allgemein findet sich etwa bei Alcalay, S. 3 ff.; umfassend und ausführlich zur historischen Entwicklung der Amtsdelikte im allgemeinen Heinrich, S. 61 ff. 5 Hattenhauer (Hrsg.), PrALR, II 20 Zweyter Theil Zwanzigster Titel Achter Abschnitt . 6 Daneben existierten in den Partikulargesetzen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eigene gesetzliche Bestimmungen, die jeweils die Vorteilsannahme durch einen Angehörigen mit Wissen des Beamten regelten, dazu Hardtung, S. 31 Fn 74. Interessant auch der bei 3 4
4 Wentzell
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des Strafgesetzbuches für die Königl. Preußischen Staaten aus dem Jahre 1833 wie auch dem nachfolgenden Entwurf aus dem Jahre 1836 wurde für den Fall der aktiven Bestechung der folgende Wortlaut vorgeschlagen: § 670.7 bzw. § 765.8 Diejenigen, welche einem Beamten oder dessen Angehörigen Geschenke oder andere Vortheile, welche denselben nicht gebühren, geben oder versprechen, sollen:
Diese Vorschläge wurden zwar durch den Entwurf von 1843 nicht übernommen,9 ebensowenig der von den sächsischen Ständen bevorzugte Wortlaut des Allgemeinen preußischen Landrechts „für ihre Rechnung“. Grund hierfür war aber nicht etwa, daß nunmehr jedwede Zuwendung erfaßt werden sollte, sondern vielmehr, daß man solche Zusätze für unnötig hielt, weil eine Strafbarkeit in diesen Fällen „sich von selbst verstehe“.10 Wenn auch der Wortlaut des StGB von 1851 keine eindeutigen Hinweise auf die tatbestandliche Voraussetzung eigennützigen Handelns des Amtsträgers enthielt, so wurde dennoch schon damals der Tatbestand auf solche Vorteile beschränkt, die der Amtsträgers unmittelbar oder mittelbar – durch einen anderen11 – selbst annahm. Eine Einschätzung, die in Rechtsprechung und herrschender Lehre bis 1997 anhalten sollte.
II. Der Vorteil für einen Dritten in Rechtsprechung und Literatur Das von der Rechtsprechung den Korruptionsdelikten zugrundegelegte tatbestandliche Erfordernis, sich auf eigennütziges Verhalten allein des Amtsträgers zu beschränken, wurde von der Literatur weithin begrüßt und übernommen. Obwohl in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts der Gesetzgeber sehr wohl Rüdorff, S. 722 zu findende Ausschnitt der württembergischen Regimentsordnung von 1498: „Nachdem Gaben und Schenkungen die Gesicht und Gehör der Menschen verblenden und verstoppen, auch ihre Gemüth und Herzen vom Weg der Gerechtigkeit abwenden, so wollen wir, daß alle Räth’, Diener und Knecht von den Unterthanen des Fürstenthums, einem und mehreren, auch von anderen – ganz keine Geschenke nehmen, noch den ihren, wie obsteht, zu empfahen oder zu nehmen gestatten sollen, in kein Weg, es wär denn ein gut Jahr, oder dergleichen Verehrungen oder Ehrung nießender Speiß und Tranks, als ein paar Tapaun, Kätz, Fisch und desgleichen, das nit überköstlich und ohngefehrlich wäre, darin angesehen und bedacht werden sollen, die Personen der Gebenden und Nehmenden.“ 7 Entwurf des Jahres 1833; nachzulesen bei Regge (Hrsg.), Gesetzrevision, Abt. 1, Bd. 3 [127]. 8 Entwurf des Jahres 1836; nachzulesen bei Regge (Hrsg.), Gesetzrevision, Abt. 1, Bd. 3 [1024]. 9 § 591: Regge (Hrsg.), Gesetzesrevision, Abt. 1, Bd. 5 [97]. 10 Regge (Hrsg.), Gesetzesrevision, Abt. 1, Bd. 5 [783]; ebenso Goltdammer, Materialien II, § 309 Anm. 7. 11 Koch, S. 243 (Anm. 19).
§ 11 Historische Analyse des Vorteils für einen Dritten
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bestrebt war, im Rahmen einer umfassenden Änderung des Strafgesetzbuches auch im Bereich der §§ 331 ff. StGB statt des „Vorteils“ den Begriff des „Entgeltes“ einzuführen und damit jeden Vorteil, gleichviel wem er zugute kommen sollte, zu erfassen,12 wurde weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur13 genauer hinterfragt, worauf sich diese Annahme, der Beamte bzw. Amtsträger müsse eigennützig handeln, überhaupt gründete. Beispielhaft für die gesamte, der Rechtsprechung zustimmende Literatur bis 1997 sei hier Binding genannt, der den Zweck, auch mittelbare Vorteile tatbestandlich miteinzubeziehen, darin sah, Verschleierungstaktiken zu unterbinden, in denen die Zuwendung zwar an einen Angehörigen des Amtsträgers adressiert sei, dennoch aber insgeheim den Amtsträger meint. Deshalb werden Zuwendungen an all diejenigen Angehörigen erfaßt, „deren Leben mit dem seinen [des Amtsträgers] so verbunden ist, daß ein Vorteil für sie auch einen für ihn bedeutet“.14 Allerdings betont Binding gleichzeitig, daß eine Erweiterung dieses kleinen Kreises von Drittzuwendungen nicht in Frage komme:15 Fordert der Amtsträger beispielsweise für einen Freund oder Kollegen einen Vorteil im Gegenzug dafür, daß er eine Amtspflichtwidrigkeit begeht, so erlange der Amtsträger selbst keinen persönlichen Vorteil, was aber notwendige Voraussetzung für die Anwendung der Vorschriften über die Bestechung sei.16 Die Erklärung aber, warum eigennütziges Verhalten des Beamten ausgerechnet notwendig vorausgesetzt werde, blieb auch er – wie im übrigen die gesamte Literatur – schuldig. Auch die Rechtsprechung17 begnügte sich mit dem Hinweis, eine am Eigennutz orientierte Auslegung entspreche dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus den Materialien und der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe.18 Wenn der Bundesgerichtshof sich zur Bekräftigung dieser Einschätzung zudem darauf berief, daß er sich andernfalls von der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts wie auch der bisherigen seiner selbst abwende,19 so kann man darin eine Abwandlung des Arguments „Es war schon immer so“ sehen, das keinerlei sachlichen Begründungsinhalt aufweist. Den Wortlaut der damaligen Fassung der Gesetze zog die Rechtsprechung nicht heran, obwohl die Variante des Sich-Versprechen-lassens auch 12 §§ 123 ff., 9 Nr. 8 der Gesetzentwürfe zu einem Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuch, Reichstag III. WP (1924 / 27) Dr. 3390 / Anlagen Band 415, S. 12. 13 Schwarze, S. 907; Meves, in: Holtzendorff (Hrsg.), S. 964; Katzenstein, ZStW 23, S. 195; v. Liszt / Schmidt, S. 819; Ebermayer / Eichelbaum / Lobe / Rosenberg, 1. Auflage, § 331 Anm. 5. 14 Binding, Lehrbuch, S. 721. 15 Binding, Lehrbuch, S. 721: „( . . . ) – weiter nicht!“ 16 Binding, Lehrbuch, S. 728. 17 Eine ausführliche Darstellung der Rechtsprechung zu Drittvorteilsfällen findet sich bei Gribl, S. 19 – 55 und Bauchrowitz, S. 31 – 75. 18 BGHSt 35, 133 f. 19 BGHSt 35, 134.
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dahin verstanden werden könnte, daß gerade der Amtsträger Empfänger der Zuwendung sein mußte. Es ist angesichts dieser spärlichen Begründung nicht weiter verwunderlich, daß an der Beschränkung dieser Tatbestände auf eigennütziges Verhalten immer wieder, wenn auch nur vereinzelt Kritik geäußert wurde. Der Wortlaut wurde als neutral bewertet: Schließlich zeige bereits die Figur des Vertrages zugunsten Dritter, daß eine Gegenleistung auch für einen Dritten gefordert und auch versprochen werden könne.20 Unter Berufung auf Sinn und Zweck dieser Vorschriften, jeden Mißbrauch der Dienstgewalt und jede pflichtwidrige Ausführung der Dienstgeschäfte von Beamten zu verhindern, wurde deshalb der Standpunkt vertreten, jede auch nur denkbare Zuwendung unabhängig von einem persönlichen Vorteil des Beamten tatbestandlich zu erfassen.21 Der Eindruck der Käuflichkeit werde unabhängig davon erweckt, ob der Amtsträger den Vorteil für sich selbst entgegennehme oder ihn statt dessen an eine gemeinnützige Einrichtung weiterleite; die Gefahr für das Rechtsgut komme sich gleich.22
§ 12 Akzessorische Natur des § 331 StGB Durch das Merkmal des Eigennutzes beschränkte die Rechtsprechung in der Vergangenheit die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB auf eine ganz spezifische Handlungsweise dieses Täterkreises: Erst das eigennützige Verhalten in der Annahme eines Vorteils vervollständigte das strafrechtliche Unrecht. Grundsätzlich ist eigennütziges Handeln dem Einzelnen aber nicht verwehrt, schützt doch das Grundgesetz in den Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG jede Entfaltung der Persönlichkeit. Dem Streben nach dem eigenen Vorteil, nach der Erfüllung seiner persönlichen Interessen wohnt damit nicht von vornherein ein Unwerturteil inne. Knüpft die Rechtsprechung dennoch eine Mißbilligung an diese Verhaltensweisen des Amtsträgers, so stellt sie zuerst einmal besondere Anforderungen an sein Verhalten, die ihn in seinen Handlungsmöglichkeiten innerhalb des ihn grundrechtlich sonst doch schützenden Bereiches einschränken. Ihre Berechtigung findet diese Beschränkung in der besonderen Pflichtenbindung, die derjenige tragen muß, der sich dem Beziehungsverhältnis zum Staat als seinem Dienstherrn unterwirft und in dieser Eigenschaft der Allgemeinheit und dem einzelnen als Vertreter des Staates entgegentritt.
Rudolphi, NJW 1982, S. 1420. Fränkel, BayZRPfl. 1920, S. 325; krit. auch Ebermayer / Eichelbaum / Lobe / Rosenberg, 4. Auflage, § 331 Anm. 3, 4; eingehend Rudolphi, NJW 1982, S. 1419 ff.; ihm folgend Sonnen, JA 1988, S. 233; Gribl, S. 92 f.; Haffke, in: Tondorf (Hrsg.), S. 28 f. 22 Rudolphi, NJW 1982, S. 1420. 20 21
§ 12 Akzessorische Natur des § 331 StGB
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Die These von der akzessorischen Natur des § 331 StGB knüpft an seine Deliktsnatur als Amtsdelikt und echtem Sonderdelikt an. Aufgrund seiner Amts- bzw. Richterstellung hat der Amtsträger, mit dem sich die §§ 331 ff. StGB befassen, in der Ausübung des jeweiligen Amtes ein Bündel herausgehobener Pflichten zu beachten. Diese Voraussetzung ist schon deshalb zwingend notwendig, weil sich die Existenz des „Amtes“ wie auch die eines „Amtsträgers“ nicht von selbst versteht, sondern eine durch Normen künstlich geschaffene ist. Um welche Pflichten es sich handelt, läßt sich in den Beamtengesetzen, Verordnungen und Tarifverträgen des Bundes wie der Länder finden. Eine ausdrückliche Verpflichtung zur Unbestechlichkeit wird dort allerdings nicht normiert. Sie wird vielmehr bereits von Art. 33 Abs. 5 GG als selbstverständlich vorausgesetzt.23
I. § 331 StGB als im Strafgesetzbuch erfaßte Dienstpflichtverletzung Als echte Amtsdelikte24 zeichnen sich die §§ 331, 332 StGB in besonderer Weise dadurch aus, daß sie bei dem als Täter in Betracht kommenden Personenkreis eine besondere Eigenschaft voraussetzen, die ein gegenüber Außenstehenden erhöhtes Maß an Verantwortung verlangt. Teilnehmern, denen diese Sonderstellung fehlt, kommt deshalb – sofern ihr Teilnahmebeitrag nicht bereits den Tatbestand der Vorteilsgewährung bzw. Bestechung erfüllt – gem. §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB eine zwingende Strafmilderung zugute. Ihnen wird dieses „Mehr“ an Verantwortung nicht abverlangt.25 Mit dieser strafrechtlichen Verantwortung korrespondiert zugleich das Maß der Pflichten, das dem Amtsträger aufgrund seines Tätigkeitsfeldes auferlegt ist. Setzen die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB eine Amtsträgereigenschaft voraus, so muß der Täter eine Verhaltenspflicht verletzen, die sich entweder gerade erst aus dem durch die Amtsträgerschaft begründeten Pflichtenkreis ergibt (so etwa die §§ 331, 332 StGB) oder zwar als allgemeine Pflicht besteht, jedoch durch ihren tatsituationsbedingten Bezug zum Amt eine herausgehobene Stellung gegenüber der allgemeinen Rechtspflicht einnimmt (so etwa § 340 StGB). Andernfalls ließe sich die tatbestandliche Anknüpfung an die Sonderstellung eines Amtsträgers nicht begründen. Eine Normierung haben diese Verhaltensnormen in den allgemeinen und besonderen Dienstpflichten gefunden, denen sich die Amtsträger und für den Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 33 Abs. 5 Rn. 46. Im Gegensatz zu den Allgemeindelikten der §§ 333, 334 StGB. 25 Nachdem die Tatbestände der §§ 333, 334 StGB sich als „vertatbestandlichte“ Teilnahmehandlungen an den dazu korrespondierenden Amtsdelikten der §§ 331, 332 StGB darstellen, wurde zu Recht scharfe Kritik an der Gleichstellung der Strafrahmen der „Teilnahmedelikte“ mit denjenigen der „Haupttaten“ durch Amtsträger geübt, weil sie gerade die Wertung der §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB mißachtet; dazu Hettinger, NJW 1996, S. 2272; Wessels / Hettinger, BT 1, Rn. 1122; ebenso Hammerstein, Juristentag Diskussion, L 149; dem widersprechend Robra, Juristentag Diskussion, L 151. 23 24
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öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten unterordnen müssen. Folgerichtig ist deshalb auch die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Einordnung dieser Tatbestände als im Strafgesetzbuch erfaßte Dienstpflichtverletzungen. 26 Wörtlich heißt es in dieser zu Wehrstraftaten getroffenen Entscheidung:27 „Zwar sind alle Wehrstraftaten zugleich Dienstvergehen. Sie unterscheiden sich aber von reinen Disziplinarverstößen in ähnlicher Weise, wie sich die echten Amtsdelikte des Strafgesetzbuches (§§ 331 ff.) vom einfachen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Dienstpflicht unterscheiden. Die im Strafgesetzbuch erfaßten Dienstpflichtverletzungen sind um deswillen zum kriminelle Unrecht erhoben, weil sie nicht wie sonstige Disziplinarverfehlungen bloß ,interne‘ Bedeutung haben, sondern eine ,externe‘ Erschütterung der Staatsautorität oder des Verwaltungsgangs befürchten lassen.“
Um noch einmal die für die hier zu behandelnde Problematik wichtige Aussage zu verdeutlichen: Das BVerfG sieht die Grundlage der §§ 331, 332 StGB in Dienstpflichtverletzungen des jeweiligen Amtsträgers, die wegen ihres besonderen Unrechts nicht nur eine Erschütterung des innerdienstlichen Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn zur Folge haben, sondern zusätzlich nach außen hin sonstige allgemeine Rechtsgüter gefährden und deshalb mit Kriminalstrafe geahndet werden.28 Dieser Einschätzung des BVerfG folgte 1974 im Anschluß an einen Entwurf aus dem Jahre 1962 auch der Gesetzgeber, indem er § 331 StGB als eine zu kriminellem Unrecht erhobene Disziplinarwidrigkeit bezeichnete.29 Nicht umsonst war auch schon 1871 die Aufnahme der damals noch als verbotene Geschenkannahme bezeichneten Vorteilsannahme in das Reichsstrafgesetzbuch stark umstritten.30 Der Einwand lautete, daß diese Fälle allein der Dienstpragmatik und den Dienstgerichten überlassen bleiben sollten, statt sie den Strafrichter entscheiden zu lassen.31 26 BVerfGE 21, 391 ff. Das Urteil aus dem Jahre 1967 hatte die Frage nach der Vereinbarkeit von Disziplinarmaßnahmen mit parallel dazu verhängten strafrechtlichen Rechtsfolgen zum Gegenstand. 27 BVerfGE 21, 405. 28 Die Beschränkung auf beamtenrechtliche Dienstpflichten in den §§ 331 ff. StGB hat ihre Ursache darin, daß zum Zeitpunkt des Urteils diese Tatbestände ausdrücklich den Begriff des „Beamten“ verwendeten, während die Regelungen für besonders Verpflichtete noch in einer separaten BestechungsVO enthalten waren. 29 1974: BT-Drs. 7 / 550, S. 270; 1962: BT-Drs. IV / 650, S. 649 (E 1962); allerdings ist der Gesetzgeber mit seiner Formulierung „Disziplinarwidrigkeit“ insoweit ungenau, als zwischen der Dienstpflichtverletzung und der disziplinarrechtlichen Rechtsfolge streng zu trennen ist und nur erstere zu kriminellem Unrecht erhoben werden kann. 30 Alcalay, S. 38 unter Hinweis auf die „Motive zu II. Entwurf zum 28.Abschnitt“; ebenso Binding, Lehrbuch, S. 729 (Anm. 2); Schwarze, S. 906 (Anm. 2); Teichmüller, S. 45. 31 Dazu Schwarze, bei Birkmeyer, Vergl. Darst. Bd. IX, S. 326 Fn 4: „Sie dehnen die kriminelle Verantwortlichkeit der Beamten auf eine ganz unerhörte Weise aus, die weder im Interesse des Dienstes, noch im Interesse der Beamten selbst liegt. Nach der Fassung ( . . . ) sind Sie z. B. nicht mehr imstande, einem Eisenbahnschaffner oder einem Briefträger ein Trinkgeld zu geben, ohne diesen straffällig zu machen ( . . . ). Ich sollte glauben, solche klei-
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Ist die Vorteilsannahme damit eine zu einem strafgesetzlichen Tatbestand erhobene Dienstpflichtverletzung,32 so hat dies zur Folge, daß zwangsläufig mit der Erfüllung des Straftatbestandes zugleich eine Dienstpflicht verletzt wird. An die Verletzung einer Dienstpflicht knüpfen ihrerseits aber wiederum zugleich auch disziplinarrechtliche Maßnahmen an. Bedingt diese Erkenntnis dann aber, daß strafrechtliche Rechtsfolgen als ein „Maior“ zum „Minus“ disziplinarrechtlicher Rechtsfolgen betrachtet werden müssen?33 Das Bundesverfassungsgericht setzte sich auch mit dieser Frage auseinander, wobei ein möglicher Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung aus Art. 103 Abs. 3 GG im Vordergrund stand. Sie wurde dahingehend entschieden, daß beide Sanktionssysteme grundsätzlich unabhängig und wesensverschieden voneinander sind und deshalb auch nebeneinander zur Anwendung kommen. Disziplinarrechtliche Maßnahmen dienen allein der Aufrechterhaltung des dienstlichen Betriebes, während strafrechtliche Sanktionen an die schädlichen Außenwirkungen der Tat durch Störung der öffentlichen Ordnung und Beeinträchtigung des von der Rechtsordnung allgemein geschützten Rechtsguts anknüpfen.34 Diese Wesensverschiedenheit beider Sanktionsformen – so die für diese Arbeit zentrale Aussage des BVerfG – schließt es aber dennoch nicht aus, daß beide Rechtsfolgen an ein- und dieselbe Dienstpflichtverletzung anknüpfen können. Dabei sei angemerkt, daß allein aus der zum Straftatbestand erhobenen Dienstpflichtverletzung sich allerdings nicht die Frage nach dem geschützten Rechtsgut beantworten läßt, wie es in der Vergangenheit zum Teil geschehen ist.35 Fehl ginge etwa die Annahme, von der Verletzung der Amts- oder Dienstpflicht auf den Schutz der Amtspflicht als allen Amtsdelikten gemeinsames Rechtsgut zu schließen.36 Mit der Erkenntnis von der Dienstpflichtverletzung als Anknüpfungspunkt für den Unrechtsgehalt der §§ 331, 332 StGB wird lediglich eine strukturelle Besonderheit dieser Tatbestände beschrieben.
nen Vergehen, soweit sie überhaupt der Erwähnung wert sind, werden besser der Rüge der vorgesetzten Behörde überlassen, als daß man deswegen den Kriminalrichter anruft.“ Mit dem Argument, die verbotene Geschenkannahme stelle lediglich eine Vorstufe für das schwere Unrecht der passiven Bestechung dar, setzten sich die Befürworter eines Straftatbestandes schließlich durch; vgl. Alcalay, S. 38 f. 32 Mayer, AT, S. 46. 33 Dazu näher § 12 II. 2. 34 BVerfGE 21, 378 ff.; 391 ff. Trotz der Wesensverschiedenheit beider Rechtsfolgen gebietet es allerdings das Rechtsstaatsgebot, in bestimmten Fällen die strafrechtlichen Sanktionen auch im Disziplinarrecht anzurechnen, um eine doppelte Bestrafung wegen der Ähnlichkeit der Sanktionsmittel zu vermeiden. 35 So noch Stock, § 34 (S. 244 ff.). 36 So aber die Schlußfolgerung von Stock, § 34 B I 1 (S. 245 f.).
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Kapitel 3: Analyse
II. Verhaltensnorm und Sanktionsnorm Um die Dienstpflichtverletzung als solche erkennen zu können, bietet sich zum einen ihre Einbindung in das abstrakte Begriffsystem „Verhaltensnorm – Sanktionsnorm“37 an. Von der Begrifflichkeit verschieden, im materiellen Gehalt dagegen gleich, findet sich in der Literatur aber auch die Unterscheidung in Primärnorm und Sekundärnorm.38
1. Begrifflichkeiten und materieller Gehalt Mit den Begriffen der Verhaltens- oder Primärnorm wird das an eine bestimmte Person gerichtete Handlungsgebot oder -verbot umschrieben.39 Für ein geordnetes, auf Rechtssicherheit und Rechtsfrieden ausgelegtes Zusammenleben von Menschen bedarf es einer Summe dieser Verhaltensnormen, die sich in einer wirksamen und homogenen Normenordnung niederschlägt.40 Anhand dieser Ordnung erst wird es dem einzelnen möglich, sein Verhalten an einer ihm nunmehr vorgegebenen Richtschnur zu orientieren, so daß ihm dann aber auch umgekehrt die Übertretung des Ge- oder Verbotes zum individuellen Vorwurf gemacht werden kann.41 Eine Verhaltensordnung allein führt sich allerdings selbst ad absurdum, wenn es ihr an „Effektivität“ fehlt, also an der Möglichkeit, die Verhaltensnormen notfalls im Rahmen eines rechtlich organisierten Verfahrens durchzusetzen.42 Das notwendige Durchsetzungsmittel ist dann die Sanktionsnorm oder Sekundärnorm, mittels derer in die Rechts- und Freiheitssphäre des Einzelnen zwar eingegriffen wird. Diese Eingriffe erfahren aber wiederum im Gegenzug durch die bestehende Verhaltensordnung zugleich eine Legitimierung.43 Zusammengefaßt wird damit die Ge- oder Verbotsnorm zum eigenständigen Bezugspunkt und löst sich von der erst nachfolgenden Frage nach einer möglichen Sanktion. Dieser Gedanke findet sich bereits in Bindings Normentheorie. Darin heißt es:44
Etwa bei Stein, S. 65 ff.; Haffke, in: Tondorf (Hrsg.), S. 19. So etwa Günther, Strafrechtswidrigkeit, S. 154 ff. m.w.N.; Frisch, Verwaltungsakzessorietät, S. 7 ff.; beispielhaft auch Rühl, JuS 1999, S. 522. 39 Stein, S. 66 f. 40 Ausführlich zu diesem Mechanismus aus der Sicht der allgemeinen Staatslehre, Zipppelius, Staatslehre, § 8 I. 41 Der individuelle Vorwurf als Ausdruck des Tatschuldprinzips, an das eine strafrechtliche Sanktion anknüpft, knapp bei Stein, S. 78 f. 42 Zippelius, Staatslehre, § 8 I. 43 Zippelius, Staatslehre, § 8 I 2 spricht hier von einem „sozialkybernetischen System“. 44 Binding, Normen, S. 134. 37 38
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„Notwendige Voraussetzung des Strafgesetzes ist ein ihm vorauf gehendes Verbot der verpönten Handlung, welches dem Strafrecht nicht angehört, und dieses Verbot kann keineswegs dadurch gerechtfertigt werden, dass die Handlung zwar nicht unstatthaft aber für das Rechtsleben höchst empfindlich ist.“
Binding selbst wies schon darauf hin, daß es sich bei diesen, dem Verhalten der Menschen eine „Richtschnur“ gebenden Verboten, die er auch als Normen bezeichnete,45 um geschriebene Gesetze wie auch Gewohnheitsrecht handeln kann. Auch muß die Norm dem Strafgesetz nicht notwendigerweise begrifflich oder gar zeitlich vorausgehen, sie kann sich auch aus der Auslegung des Strafgesetzes selbst ergeben.46 Das von Binding beschriebene Verhältnis von Norm und Strafgesetz muß demzufolge als ein rein logisches Sich-gegenseitig-Bedingen betrachtet werden,47 wie es auch bereits für das Verhältnis von Verhaltens- und Sanktionsnorm angedeutet wurde. Dieses logische Nachfolgeverhältnis schließt es aber zugleich denknotwendig aus, daß die Sekundärnorm auf die Verhaltensnorm gleichsam „zurückschlägt“. Die Unterscheidung in Primär- und Sekundärnorm entwickelt nun die Bindingsche Normentheorie in der Weise weiter, als sie einerseits zwar den Straftatbeständen vorangehende Normen anerkennt, andererseits aber davon die im Straftatbestand umschriebene spezielle Verhaltenspflicht, die sog. Primärnorm, trennt. Diese strafrechtlichen Primärnormen wurzeln inhaltlich zwar in einer außerstrafrechtlichen, teilweise im Rahmen des öffentlichen Rechts wie auch des Zivilrechts kodifizierten Normenordnung. Dennoch besitzen sie ihr gegenüber zugleich eine eigene Originalität, als sie jeweils nur einen Ausschnitt aus dem allgemeinen außerstrafrechtlichen Normenkatalog umfassen, somit eine Auswahl treffen, und zusätzlich unter strafrechtlich-teleologischen Gesichtspunkten die „Normen“ modifizieren und eigenständig ausformen.48 Die Funktion der Sekundärnorm wird schließlich vom Sanktionselement der Strafnormen („wird. . .bestraft“) eingenommen.49 Letztlich spiegelt sich in dieser Einschätzung die sehr weit zurückreichende Überlegung wider, nach der das Strafrecht als solches kein „einheitliches und selbstständiges Rechtsgebiet“ darstellt: Das Strafrecht darf nicht isoliert betrachtet, muß vielmehr in seinem lebendigen Zusammenhang mit allem übrigen Recht, es muß als Glied des ganzen positiven Rechtssystems geschaut werden.50
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Binding, Normen, S. 7. Maurach / Zipf, AT 1, § 19 Rn. 29. Maurach / Zipf, AT 1, § 19 Rn. 29 sprechen treffend von der „logischen Priorität“. Günther, Strafrechtswidrigkeit, S. 155 f. Günther, Strafrechtswidrigkeit, S. 155. Binding, Handbuch, S. 10.
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Kapitel 3: Analyse Das Strafrecht trägt seinem innersten Wesen nach einen accessorischen Charakter an sich.51
Nun ist allerdings die Einschätzung von der Akzessorietät des Strafrechts insoweit mißverständlich, als darunter teilweise auch eine begriffliche Akzessorietät52 verstanden wird.53 Diese trifft angesichts der häufig anzutreffenden rein tatsächlichen oder faktischen Betrachtungsweise von strafrechtlichen Tatbestandsmerkmalen gegenüber einer streng an zivil- oder öffentlich-rechtliche Begriffsbestimmungen anlehnenden in dieser Pauschalität anerkanntermaßen nicht zu.54 Man denke etwa an den Begriff der „beweglichen“ Sache in § 242 Abs. 1 StGB, der nicht anhand bürgerlich-rechtlicher Vorschriften, sondern rein tatsächlich im Sinne eines Fortschaffens definiert wird.55 Der hinter dem Begriff der Akzessorietät sich verbergende Gedanke, der auch für diese Arbeit der maßgebliche ist, muß vielmehr darin gesehen werden, daß die Ahndung eines bestimmten Verhaltens mit Strafe und die darin zum Ausdruck kommende gesellschaftliche Mißbilligung dieses Verhaltens nicht aus Willkür geschieht, sondern aus der Notwendigkeit, eine Rechts- und Güterordnung zu schützen. Die Betrachtungsweise der Akzessorietät ist dabei nicht etwa eine begriffliche oder entwicklungsgeschichtliche,56 sondern eine rein funktionale:57 Strafrechtliche Normen entstehen nicht aus sich selbst heraus, sondern – zumindest primär – zum Schutz bestimmter Güter, der Rechtsgüter, wie auch immer man sie letztlich inhaltlich definieren will.58 Diese existieren aber nicht neben oder außerhalb der übrigen Rechts- und Gesellschaftsordnung, sondern entspringen dieser: Dienen strafrechtliche Normen dem Schutz der Gesellschaft,59 so kann sich ihr Inhalt auch nur aus der Gesellschaft bzw. deren Ordnung ableiten lassen, sie entstehen mithin nicht 51 Binding, Handbuch S. 9. Günther, Strafrechtswidrigkeit, S. 154 umschreibt dieses Phänomen mit „Strafrecht als sekundäres Nur-Schutzrecht“; Schünemann, Unterlassungsdelikte, S. 221, 223 f. spricht von der „Sekundarität des Strafrechts“. 52 Von Schünemann, Unterlassungsdelikte, S. 221 als Akzessorietät im engeren Sinne bezeichnet. Zu weiteren Erscheinungsformen der Akzessorietät, Maurach / Zipf, AT 1, § 2 Rn. 10. 53 In dieser Weise interpretiert und darin zu recht kritisiert von Jescheck / Weigend, AT, § 7 II 2. 54 Dazu schon Bruns, Die Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken, 1938. Beispielhaft auch der nach h.M strafrechtlich eigenständige, vom Verwaltungsrecht losgelöste Rechtmäßigkeitsbegriff in § 113 Abs. 3 S. 1 StGB. Zum Verhältnis Strafrecht und Verwaltungsrecht jüngst ausführlich Rühl, JuS 1999, S. 521 ff. 55 Lackner / Kühl, § 242 Rn. 3. 56 Wie etwa von Jescheck / Weigend, AT, § 7 II 2, die hier zu recht eine Akzessorietät ausschließen. 57 Anlehnend an Zipf, Kriminalpolitik, S. 52. 58 Dazu nur Roxin, AT, § 2 Rn. 48 m.w.N. 59 Jescheck / Weigend, AT, § 1 I 1.
§ 12 Akzessorische Natur des § 331 StGB
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allein zum Selbstzweck. Gerade diese akzessorische Verbindung zu einer vorgeformten Normordnung und in deren Konsequenz die streng logische Verknüpfung von Verhaltens- und Sanktionsnormen, rechtfertigt es, der Strafe einen präventiven Zweck beizumessen. Ohne vorgelagerte Verhaltensordnung stellt sich die Sanktion als Ahndungsmaßnahme ohne Anknüpfungspunkt dar. Die Sanktion erscheint dem Betroffenen willkürlich, sieht er nicht gleichzeitig die Verhaltensordnung dahinter, deren Einhaltung ihn vor dem Eingreifen der Sanktion bewahrt hätte. Inwieweit tatsächlich aber jeder Strafnorm eine Verhaltensnorm als rechtliche Verhaltenspflicht zugrunde liegt und damit die akzessorische Natur des Strafrechts allgemein widerspiegelt,60 kann und soll an dieser Stelle nicht abschließend und allgemeingültig entschieden werden.61 Die getroffene Unterscheidung gilt aber zumindest im Bereich der §§ 331 ff. StGB, möglicherweise sogar innerhalb der gesamten Amtsdelikte, aber auch in verschiedenen Konstellationen des Wirtschaftsstrafrechts. Die Besonderheit der Institution des Amtes liegt darin, daß es sich jeweils um künstlich geschaffene Gebilde im Gegensatz zu natürlich, aus sich selbst heraus entstandenen, zufälligen Zuständen handelt. Insbesondere das „Amt“ wird überhaupt erst durch öffentlich-rechtliche Vorschriften – bildlich gesprochen – „ins Leben gerufen“,62 wie dies im übrigen für die gesamte Staatsorganisation gilt. Genauso konstituieren sich die im Wirtschaftsverkehr auftretende Organisationseinheiten wie etwa Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung erst durch die jeweiligen zivilrechtlichen Vorschriften und erlangen eine eigene Rechtsfähigkeit. Für diejenigen, die das Amt nach außen körperlich ausfüllen, die Amtsträger, aber auch für alle sonstigen, die innerhalb der staatlichen, und damit gleichsam künstlichen Organisation Tätigen gelten zwingend diejenigen Vorschriften, aus denen heraus sich die Funktionseinheit selbst konstituiert. Die Schaffung einer einheitlichen, rechtsstaatlichen Ordnung, zu der auch die Funktionseinheit des Amtes gehört, ist ureigenste Aufgabe des öffentlichen Rechts. Sie kann nicht durch strafrechtliche Sanktionsnormen anderen Handlungsmaßstäben unterworfen sein, als sie vom Schöpfer dieser künstlichen Ordnung im Rahmen des 60 Daran zweifelnd etwa Kühl, FS Lackner, S. 826, der eine mögliche Unverträglichkeit des „präventiven“ Verwaltungsrechts mit dem „repressiven“ Strafrecht zu bedenken gibt und die Bedeutung von Überlegungen hinsichtlich der Strafwürdigkeit eines Verhaltens schwinden sieht. 61 Anders gefragt müßte es lauten: Kann mittels Sanktionsnormen eine Verhaltensnorm erst konstituiert werden? Oder muß sich letztere nicht vielmehr bereits im Rahmen eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses und einer ebensolchen Überzeugung „vorgebildet“ haben, so daß strafrechtliche Sanktionsnormen zu ihrem Schutz und wirksamen Durchsetzung, – zumindest gedanklich, nicht notwendig zeitlich – erst „nachfolgend“ ergriffen werden? Ist die Schaffung einer Gesamtüberzeugung mittels Sanktionsnormen nicht vielmehr Ausdruck eines staatlichen Diktats, das gerade nicht mehr den Willen und die Überzeugung der Allgemeinheit verkörpert? 62 Eschenburg, HdBöffD, S. 36: „In der Bundesrepublik beruht die Existenz des Amtes auf Gesetzen; es ist nur in dessen Rahmen handlungsfähig.“
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öffentlichen Rechts bereits vorgegeben und dauerhaft festgelegt wurden. Nur dann bleibt eine einheitliche, in sich widerspruchsfreie Rechtsordnung gewahrt.63 Allein innerhalb dieses öffentlich-rechtlich vorgegebenen Regelungswerkes kann dann aber dem einzelnen, der seinerseits das Amt in persona ausfüllt, später der Vorwurf individuellen Fehlverhaltens gemacht werden. Seine ihm vom Dienstherrn oder Arbeitgeber vorgegebenen Rechte und Pflichten geben ihm die zwingende Marschroute seines Verhaltens vor. Das Zuwiderhandeln gegen einen Unrechtstatbestand kann dem Einzelnen nur als individuelles Fehlverhalten im Sinne eines „Andersentscheidenkönnens“64 vorgeworfen werden; im Rahmen des ausschließlich auf den öffentlich-rechtlichen Vorschriften basierenden Amtes kann sich der Amtsträger aber nur an diese ihm durch das Amt vorgegebenen Verhaltensregeln halten. Sie bedingen die künstliche Entstehung der Funktionseinheit „Amt“. Der „Gehorsam“ des Einzelnen, der das Amt nach außen hin repräsentieren soll, die an das „Amt“ und seine Ausübung gestellten Verpflichtungen zu erfüllen, ist regelrecht eine Existenzbedingung für das Funktionieren dieser künstlichen Ordnung. Die Entscheidungsmöglichkeiten des Amtsträgers werden von demjenigen Handlungsrahmen eingefaßt, den ihm die öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorgeben. Sie sind die Sollensnormen für den Amtsträger. Nur durch den Gleichlauf der strafrechtlichen Sanktions- bzw. Sekundärnormen mit den primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensmaßstäben wird eine für den einzelnen Amtsträger vorhersehbare, klare und in sich widerspruchsfreie Rechtslage geschaffen,65 die in letzter Konsequenz die notwendige Akzeptanz66 der staatlich vorgegebenen Ordnung durch den einzelnen Bürger garantiert.
2. Dienstpflichtverletzung: Verhältnis von Strafrecht zu Disziplinarrecht Betrachtet man nun von der Warte der Verhaltens- und Sanktionsnorm aus die Frage nach dem Verhältnis von Dienstpflichtverletzung zum Strafrecht einerseits und Disziplinarrecht andererseits, so wurde bereits festgestellt, daß es sich bei der Dienstpflichtverletzung um den Verstoß gegen eine Verhaltensnorm handelt. Der Charakter des Strafrechts wie des Disziplinarrechts als Summe von Sanktionsnormen liegt dann auf der Hand: „Das Strafrecht dient nur der Sanktion, nicht der Bewertung. Das Strafrecht spricht keine Verbote aus; es setzt nur die Rechtsfolgen ihrer Übertretung für seinen Wirkungsbereich fest.“67 Folgerichtig kann dann aber
63 Felix, S. 146: „. . . die Einheit der Rechtsordnung . . . – gleichsam negativ formuliert – die Freiheit einer Rechtsordnung von Widersprüchen bedeutet.“ 64 Kühl, AT, § 10 Rn. 3. 65 Zur Rechtssicherheit als Folge der Rechtsstaatlichkeit, Felix, S. 192, 235 ff. 66 Dazu auch § 14 I. 67 Maurach / Zipf, AT 1, § 2 Rn. 26.
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auch strafrechtliches Unrecht nicht losgelöst betrachtet werden von der übrigen Rechtsordnung und den Wertungen anderer Rechtsgebiete.68 Das Verhältnis der verschiedenen Sanktionsnormen untereinander, also von Strafrecht zu Disziplinarrecht, hat nun seinerseits eine lange Entwicklungsgeschichte hinter sich.69 Kurz zusammengefaßt wurde das Verhältnis beider Sanktionsformen zunächst dahin interpretiert, daß das Ergreifen von Disziplinarmaßnahmen einerseits oder Kriminalstrafe andererseits sich nach der Intensität des verwirklichten Unrechts ausrichte, so daß bei ganz besonders schwerem Unrecht folglich das Strafrecht an die Stelle des Disziplinarrechts treten sollte.70 Mit diesem quantitativen Stufenverhältnis war ein gleichzeitiges Nebeneinander strafrechtlicher und disziplinarrechtlicher Maßnahmen unvereinbar.71 Heute hat sich allerdings in dieser Hinsicht eine grundlegend andere Erkenntnis durchgesetzt. Statt eine Unvereinbarkeit der einen mit der anderen Rechtsfolge anzunehmen, besteht allgemeiner Konsens in Rechtsprechung und Literatur darüber, daß Strafrecht und Disziplinarrecht in einem „Aliud-Verhältnis“ zueinander stehen,72 folglich der Schwerpunkt im qualitativen Unterschied besteht, nicht aber in einem quantitativen zu suchen ist. Beide Regelungsbereiche werden heute mehrheitlich als völlig unabhängig zueinander betrachtet, mit der Konsequenz, daß sie nebeneinander zur Anwendung kommen und nicht miteinander konkurrieren.73 Ihre Wesensverschiedenheit wird im wesentlichen darin gesehen, daß Disziplinarrecht sich als Maßregelung für das Innenverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn versteht und dazu dient, den Treuepflichtigen „zur korrekten Erfüllung seiner Berufspflichten anzuhalten oder ihn, wenn er für einen geordneten Dienstbetrieb nicht mehr tragbar ist, aus seiner Berufsstellung zu entfernen“.74 Strafrechtliche 68 Maurach / Zipf, AT 1, § 2 Rn. 24 ff. mit weiteren Hinweisen auf diese bis heute längst nicht unumstrittene Frage; dazu etwa jüngst Felix, S. 233 ff., die eine gespaltene Beurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit verfassungsrechtlich nicht beanstandet und im Ergebnis die Vorstellung von der „Einheit der Rechtsordnung“ nicht zugunsten einer „Überkorrektur“ die Ziele der einzelnen Teilrechtsgebiete außer Acht lassen darf, S. 401 f. 69 Zur geschichtlichen Entwicklung der Abgrenzung Wiese, Verwaltungsarchiv Bnd. 56 (1965), 1. Teil S. 203 – 223; 2. Teil S. 354 – 373. Ausführlich zur geschichtlichen Entwicklung Heinrich, S. 148 ff. 70 Meves, in: Holtzendorff (Hrsg.), S. 943 f.; Heinrich, S. 152 m.w.N. 71 Wiese, Verwaltungsarchiv Bnd. 56, S. 214; Heinrich, S. 149. 72 Maurach / Zipf, AT 1, § 1 Rn. 17. 73 Nach h.M. findet deshalb auch Art. 103 Abs. 3 GG – ne bis in idem – keine Anwendung; allerdings kann eine teilweise Ähnlichkeit in den Sanktionen wie etwa Freiheitsentziehungen (im konkreten Fall § 19 WDO) nicht geleugnet werden, so daß das BVerfG über das Rechtsstaatsgebot die Grundsätze des „ne bis in idem“ beachtet. Diese Vergleichbarkeit in den Sanktionen, aber die gleichzeitige Unanwendbarkeit etwa von Art. 103 Abs. 3 GG ruft deshalb immer wieder Kritik an dieser Einschätzung des Verhältnisses von Disziplinarrecht zu Strafrecht hervor: Jakobs, AT, 3 / 16 etwa betont, daß Strafe ebenso wie Disziplinarrecht der „Erhaltung von Ordnung“ diene und demzufolge Strafrecht bereits in seiner Gesamtheit „als das vom Staat verwaltete allgemeine Disziplinarrecht der Gesellschaft“ angesehen werden könne. 74 BVerfGE 21, 404.
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Folgen knüpfen hingegen an die „externe Erschütterung der Staatsautorität oder des Verwaltungsgangs“ an, die mit dem straftatbestandlich erfaßten, individuellen Fehlverhalten des Amtsträgers einhergeht.75 Dieses Verhältnis der Sanktionsnormen zueinander und die Frage nach den Unterschieden innerhalb der „Sanktionsnormebene“ steht nun aber nicht in Widerspruch zu der Annahme, daß die Anwendung sowohl des Strafrechts wie auch des Disziplinarrechts an dieselbe tatbestandliche Voraussetzung, genauer an dieselbe Verhaltensnorm anknüpfen können.76 Pflichtverletzungen bzw. Verletzungen einer Verhaltensnorm müssen nicht in jedem Fall, können aber in ganz unterschiedliche Bereiche der Gesellschaft – im Fall strafrechtlicher Konsequenzen etwa bedingt durch den besonderen sozialschädlichen Charakter des verwirklichten Pflichtenverstoßes – Ausstrahlungswirkung entfalten, welcher wirksam nur mit dem Instrumentarium dieses jeweiligen Bereiches begegnet werden kann. Die Folgen der Sanktionierung können deshalb ganz unterschiedlicher Natur sein.77 Ihre Gemeinsamkeit liegt aber in der Mißbilligung des Ausscherens aus der Verhaltensordnung, zu deren Sicherung die verschiedenen Sanktionsmechanismen bildlich gesprochen wie die Zahnräder einer Maschine ineinander greifen. Ihre Anknüpfung an ein übergeordnetes Werturteil in Form eines Ge- oder Verbotes garantiert schließlich eine homogene Normenordnung,78 die das Verhalten des einzelnen klar und eindeutig festlegt, Sanktionen im Fall eines Verstoßes vorhersehbar macht und in sich keinen Widersprüchen ausgesetzt ist.79
III. Vereinbarkeit von akzessorischer Natur mit tatbestandlich erfaßtem Täterkreis Nachdem dargestellt wurde, daß in den Tatbeständen der Vorteilsannahme wie auch der Bestechlichkeit sich jeweils in strafrechtlicher Form Dienstpflichtverletzungen verkörpern, stellt sich im Anschluß nunmehr die Frage, inwieweit dies auf den gesamten Täterkreis der Korruptionsdelikte zutrifft. 75 BVerfGE 21, 405. Kurz zusammenfassend in Innen- und Außenverhältnis, Jähnke, Juristentag Diskussion, L 135. Eine ausführliche Darstellung der weiteren Unterscheidungskriterien unter gleichzeitiger kritischer Würdigung findet sich bei Lambrecht, S. 34 ff. 76 Stein, S. 73. 77 Hierzu das Beispiel von Stein, S. 73, wonach dieselbe Verhaltenspflichtverletzung zum einen die Bestrafung zur Vermeidung künftigen Fehlverhaltens nach sich ziehen kann, zum anderen aber auch öffentlich-rechtlich gleichzeitig der Widerruf einer Erlaubnis erfolgt und schließlich der Täter zivilrechtlich verpflichtet wird, dem Opfer eine Entschädigung zu zahlen, um die Folgen der Tat auszugleichen. 78 Zu ihrer staatstragenden Funktion etwa Zippelius, Staatslehre, § 8 I 2. 79 Mithin vor allem den Erfordernissen des Bestimmtheitsgebotes aus Art. 103 Abs. 2 GG für strafrechtliche Sanktionsnormen gerecht wird.
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Eine Kodifizierung allgemeiner wie besonderer Dienstpflichten findet sich zunächst nur für Beamte im staatsrechtlichen Sinn, deren Rechtsverhältnis zum Staat als ihrem Dienstherrn verfassungsrechtlich als Dienst- und Treueverhältnis bezeichnet wird (Art. 33 Abs. 4 GG).80 Ein Grund für diese ausführliche Normierung ist sicherlich darin zu sehen, daß der Staatsdienst bis zum ersten Weltkrieg beinahe ausschließlich von Beamten im staatsrechtlichen Sinn ausgeübt wurde,81 es folglich gerade der Beamte ist, der den klassischen, sich auf eine lange Tradition berufenden Staatsdiener verkörpert. Der Staat bedient sich heute zur Ausübung seiner Befugnisse aber gerade nicht mehr nur ausschließlich der Beamtenschaft, was sich inzwischen auch in der Auslegung des Amtsträgerbegriffes niederzuschlagen beginnt.82 Durch die Ausweitung staatlicher Aufgaben, vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge wie auch im wirtschaftlichen Engagement, wurde es zunächst notwendig, neben dem klassischen Beamten zusätzlich Angestellte und Arbeiter zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben heranzuziehen, 83 deren Anstellungsverhältnis aber auf einem privatrechtlichen Vertrag beruht. Auch in der Wahl der Rechtsform für die Wahrnehmung öffentlichen Aufgaben, vor allem im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge steht es dem Staat frei, privatrechtlich etwa in der Form einer Aktiengesellschaft nach außen hin aufzutreten. Darüber hinaus beschränkt sich der Staat dabei nicht mehr allein auf hoheitliche Tätigkeiten im Sinne eines Über- / Unterordnungsverhältnisses oder auf die Leistungsverwaltung innerhalb der Daseinsvorsorge. Der Staat wird vielmehr auch fiskalisch wie ein Privater tätig, sei es in der Bedarfsdeckung sowie erwerbswirtschaftlich, weshalb gerade in den letzteren Fällen die Anwendung der Amtsdelikte sehr bezweifelt wird.84 Weiterhin bedient sich der Staat zur Erfüllung staatlicher Aufgaben zusätzlich der Arbeit Privater, die sehr häufig aber nur staatliche Entscheidungen vorbereiten und nicht nach außen für den Staat in Erscheinung treten; hingewiesen sei nur auf die Frage nach der Amtsträgereigenschaft privater Planungsingenieure.85 Die Besonderheit des Beamtenverhältnisses gegenüber den soeben genannten weiteren staatlicherseits Beschäftigten liegt darin, daß sich der Beamte im statusrechtlichen Sinn durch seinen Amtseid einem Dienst- und Treueverhältnis unterBundesbeamtengesetz, Landesbeamtengesetze nebst Beamtenrechtsrahmengesetz. Stern, Staatsrecht I, § 11 I 2. 82 Beispielsweise sprachen die §§ 331 ff. StGB bis 1974 noch vom „Beamten“ als demjenigen, der den Sonderpflichtigen verkörpern mußte; erst mit dem Einführungsgesetz 1974 wurde der neutrale Begriff des Amtsträgers eingeführt. Nachzusehen bei Vormbaum / Welp (Hrsg.), S. 295, 394 f. 83 Stern, Staatsrecht I, § 11 I 2 f. 84 Dazu Lackner / Kühl, § 11 Rn. 9a; ausführlich darstellend Heinrich, S. 415 ff., 478 ff. 85 BGH NJW 1997, 3034; dazu ausführlich mit weiteren Nachweisen Schramm JuS 1999, S. 333. 80 81
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worfen hat, das bereits verfassungsrechtlich eine eigenständige Ausformung erlangt hat (Art. 33 Abs. 5 GG). Die Beamtengesetze des Bundes und der Länder verbieten ihnen ausdrücklich die Annahme von Geschenken; ein Verstoß begründet eine Dienstpflichtverletzung (§ 70 BBG; § 43 BRRG iVm. den jeweiligen Landesgesetzen). Für die Fälle eines privatrechtlichen Anstellungsvertrages, den etwa Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes abgeschlossen haben, gilt dies nicht ohne weiteres. Haben Rechte und Pflichten des Beamten ihren Ursprung und ihre Berechtigung gerade in seinem verfassungsrechtlich vorgegebenen Dienstund Treueverhältnis zum Staat, so scheidet eine Übertragung auf den übrigen öffentlichen Dienst regelmäßig aus.86 Von ihrem Charakter her sind sie rein intraorganisatorischer Natur und liegen in dem besonderen Treue- und Pflichtverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn begründet (Art. 33 Abs. 5 GG). In diesen Fällen, aber auch nur hier, hat der zunächst rein formale Unterschied in der Begründung der Anstellungsverhältnisse zugleich Konsequenzen auf die mit der Tätigkeit verbundenen Rechte und Pflichten, weil der Maßstab für die Dienstpflichten der Beamten, die speziell aus Art. 33 Abs. 5 GG resultieren, keine allgemeine Gültigkeit für alle übrigen besitzt. Dennoch muß auch ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis dem Umstand Rechnung tragen, daß Tätigkeiten für den Staat besondere Anforderungen stellen, so daß sich im Ergebnis die Pflichten der Vertragsbediensteten in erheblichem Umfang denen der Beamten angleichen, ohne ihnen allerdings jemals völlig gleichgestellt zu werden.87 Das Verbot der Geschenkannahme hat seinen Ursprung darin, daß sich die Maximen der Unparteilichkeit und Uneigennützigkeit der Amtsführung des einzelnen Beamten oder sonst Dienstverpflichteten zugleich als solche des Staates und seines Auftretens gegenüber dem Bürger darstellen. Der Staat selbst in der Gestalt der gegenüber dem einzelnen Bürger verselbständigten juristischen Person88 ist es zunächst, der dem Gemeinwohl verpflichtet ist und danach handeln muß.89 Gegenüber dem einzelnen Bürger tritt der Staat hierbei als ein „System von Ämtern“90 oder auch als ein Gefüge von Funktionsbereichen („Ämtern“)91 in Erscheinung. 86 Aus dem etwa das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht des Staates, Monhemius, Beamtenrecht, Rn. 253. Auch Art. 33 Abs. 5 GG hilft hierbei nicht weiter; mit öffentlichem Dienst sind hier allein Beamte im staatsrechtlichen Sinn und Richter gemeint, Monhemius, Beamtenrecht, Rn. 20. 87 Isensee, in HdBVerfR, § 32 Rn. 79. 88 Unstreitig wird der Staat heute als juristische Person und damit als Träger von Rechten und Pflichten anerkannt, Herzog, S. 101. Zum Theorienstreit über die dogmatische Konstruktion der juristischen Person, Zippelius, Staatslehre, § 13. 89 Zippelius, Staatslehre, § 27 II 1: „Der staatlichen Funktion, für einen gerechten Interessenausgleich zu sorgen, entspricht es, daß jemand, der als [ . . . ] Beamter oder Richter in einer staatlichen Rolle tätig wird, zu unparteiischem Handeln verpflichtet ist und keine Sonderinteressen bevorzugen darf. Die Verpflichtung zum Gemeinwohl ergibt sich etwa aus Hegels Trennung zwischen Gesellschaft als dem System der Bedürfnisse und dem Staat, als der Instanz, die einen Ausgleich finden muß zwischen diesen Bedürfnissen.“ 90 Krüger, Staatslehre, S. 253 f.
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Diese juristische Person kann aber als solche nicht für sich selbst handeln und bedient sich deshalb natürlicher Personen, der Amtsträger.92 Sie übernehmen für den Staat die Wahrnehmung und Ausübung von Aufgaben im Rahmen der genannten Verpflichtung nach außen. Tätig werden sie dabei nicht im eigenen Namen, sondern „im Namen des Staates“, dessen Interessen sie hier allein und ausschließlich vertreten93 und dem umgekehrt das Handeln des Amtsträgers dann als eigenes zugerechnet wird.94 Das Rechtsverhältnis, das der Staat intern zu diesen „Repräsentanten“ 95 begründet, also die rechtliche Ausgestaltung im Innenverhältnis, ändert nichts an der soeben skizzierten Pflicht aller dieser für den Staat tätigen Personen, hierbei ihr Handeln an der Verantwortung für das Gemeinwohl auszurichten.96 „In ihm [dem Amt] erscheint die Staatsgewalt für den Amtsinhaber als ein Bündel von dienstrechtlichen wie ethischen Pflichten, die im Interesse der Allgemeinheit zu erfüllen sind. ( . . . ) Die durch das Amt definierte und disziplinierte Staatsgewalt richtet sich ausschließlich aus auf das Wohl des staatlich verfaßten Volkes (,res publica res populi‘). Sie ist resistent gegen den Eigennutz der Amtsinhaber wie gegen Gruppeninteressen, obwohl diese sich im außerstaatlichen Raum legitim entfalten.“97
Diese Verpflichtung des Staates zu unparteilicher Neutralität wird dem Einzelnen, der für den Staat nach außen tritt, bildlich gesprochen wie eine zweite Haut übergestülpt. Es handelt sich mithin um eine Verpflichtung, die sich aus der Natur der Tätigkeit als einer solchen für den Staat ergibt, aus dem Amt als dem kleinsten Baustein des Staatsorganisationsrechtes, dem „Segment der Staatsgewalt, das dem einzelnen Inhaber zur treuhänderischen Wahrnehmung übertragen ist“.98 Die Unterscheidung in Beamtenrechtsverhältnisse und solche, denen ein privatrechtlicher Arbeitsvertrag zugrundeliegt, ist dabei eine reine Formalie.99 Deshalb enthalten die verschiedenen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auch Geschenkannahmeverbote, die mit denen des Beamtenrechts identisch sind.100
Zippelius, Staatslehre, § 14 I 1. Teilweise auch als Organwalter oder Organträger bezeichnet, Herzog, S. 102. 93 Herzog, S. 100. 94 Zippelius, Staatslehre, § 14 I 1. 95 Der Begriff der Repräsentanten wird hier untechnisch zur bildlichen Veranschaulichung verwendet. In der staatsrechtlichen Literatur ist dieser Begriff durchaus umstritten, weil mit ihm die von Otto v. Gierke begründete Vorstellung vom Staat als realem Organismus verbunden wird, vgl. Zippelius, Staatslehre, § 13 I 2. 96 Ebenso nun auch Stamer, S. 119 f. 97 Isensee, in HdBVerfR, § 32 Rn. 16 ff. 98 Isensee, in HdBVerfR, § 32 Rn. 16. 99 So schon BGHSt 30, 49 ff. bei der Frage des Verfalls; dies nun bestätigend auch Stamer, S. 195 f., wonach das Geschenkannahmeverbot und die Pflicht zu uneigennützigem Diensthandeln für Beamte und Angestellte sowie Arbeiter des öffentlichen Dienstes gleichermaßen gelten. 91 92
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IV. Zusammenfassung Der Tatbestand des § 331 StGB setzt eine Dienstpflichtverletzung voraus. In abstrakter Weise formuliert, verkörpert sich in dieser Dienstpflichtverletzung die Verhaltensnorm, an die das Strafrecht mit seinem sekundären Charakter als Sanktionsnorm anknüpft. Ein Übergreifen der Sanktionsnorm in den Bereich der Verhaltensnorm in dem Sinne, daß die Sanktionsnorm zugleich eine eigenständige Verhaltensnorm begründet, scheidet denknotwendig im Gefüge Verhaltens- und Sanktionsnorm aus. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der dienstrechtliche Pflichtenkatalog im Beamtenrecht des Bundes sowie der Länder eine eigenständige, ausführliche Normierung gerade auch im Hinblick auf die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung von Amtstätigkeiten erfahren hat. Ein Übergreifen kommt allenfalls dann ausnahmsweise in Betracht, wenn eine anderweitige gesetzliche Regelung fehlt.
§ 13 Beamtenrechtliche Beurteilung von Geschenkannahmefällen I. Fallgestaltungen eines Vorteils für einen Dritten im Beamtenrecht Die exemplarische Untersuchung der Drittvorteilsfälle anhand des Beamtenrechts, in speziellem §§ 70, 54, 52 Abs. 1 BBG, § 43 BRRG bietet sich an durch die Fülle der hierzu veröffentlichen Literatur und Rechtsprechung des 1. Disziplinarsenates des Bundesverwaltungsgerichts. Die in diesem Kontext interessierenden Vorschriften der §§ 70 BBG, § 43 BRRG verbieten es dem Beamten ausdrücklich, Geschenke oder Belohnungen101 anzunehmen. Ausnahmen von diesem Verbot bedürfen der Zustimmung der obersten oder letzten obersten Dienstbehörde. Mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz wurde auch der Wortlaut dieser Vorschriften nochmals neu gefaßt. Im Gegensatz zu den tiefgreifenden Veränderungen der strafrechtlichen Normen beschränkte sich der Gesetzgeber bei den beamtenrechtlichen Vorgaben jedoch auf eine bloße Klarstellung des Gesetzestextes.102 Um den Verbotscharakter dieser Vorschriften noch stärker zu verdeutlichen, stellt das Gesetz nunmehr die Zustimmung der obersten Dienstbehörde ausdrücklich als „Ausnah100 § 10 BAT, § 12 MTArB (Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder), § 12 MTL II, dem Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (GMBl., 1964, S. 174 [27. 2. 1964]), § 19 SoldG. Aber auch durch die Verweisungen in den § 46 DRiG, § 78 Abs. 2 ZDG. 101 Der Begriff der Belohnung wird dabei als der umfassendere gegenüber dem Geschenk interpretiert und mit dem Begriff des Vorteils aus den §§ 331 ff. StGB gleichgesetzt, Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 5. 102 BT-Drs. 13 / 5584, S. 8.
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me“ von dem Verbot heraus.103 Im übrigen wurde die bestehende Gesetzesfassung aber beibehalten. § 54 BBG enthält die allgemeinen Pflichten des Beamten, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (S. 1), sein Amt uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten (S. 2) und sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen, den der Beruf erfordert, unterzuordnen (S. 3). § 52 Abs. 1 BBG beinhaltet schließlich das Struktur- oder Leitprinzip, dem das Institut des Beamten als Staatsdiener grundsätzlich unterworfen ist:104 Der Beamte dient dem ganzen Volk, nicht einer Partei (S. 1), muß seine Aufgaben unparteiisch und gerecht erfüllen (S. 2) und bei seiner Amtsführung das Wohl der Allgemeinheit stets beachten (S. 3).
1. Disziplinarrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Das Bundesverwaltungsgericht beschränkt sich in seinen allgemeinen Ausführungen zu Fällen verbotener Geschenkannahme stets auf folgende Bemerkungen: „Die selbstlose, uneigennützige und auf keinen persönlichen Vorteil oder materiellen Gewinn bedachte Führung der Amtsgeschäfte ist eine der wesentlichen ethischen Grundlagen des Berufsbeamtentums. Ein Beamter, der in bezug auf sein Amt Geschenke oder sonstige Vergünstigungen annimmt, setzt das Ansehen seiner Behörde und der Beamtenschaft ohne Rücksicht darauf herab, ob sein Verhalten zugleich auch strafrechtlich von Bedeutung ist; er gefährdet das Vertrauen seines Dienstherrn in seine Zuverlässigkeit und setzt das Ansehen der öffentlichen Verwaltung in der Allgemeinheit herab; denn er erweckt zugleich allgemein den Eindruck und damit den Verdacht, für Amtshandlungen schlechthin käuflich zu sein und sich bei seinen Dienstgeschäften nicht von objektiven Notwendigkeiten und sachlichen Erwägungen, sondern von persönlichem Vorteil leiten zu lassen. Das kann im Interesse einer ordnungsgemäßen, funktionstüchtigen, zweckmäßig und sachgerecht arbeitenden Verwaltung nicht hingenommen werden.“105 „Absolute Unbestechlichkeit und die Freiheit von durch materielle Vorteile etwa verursachten sachfremden Erwägungen bei amtlichen Entscheidungen sind unabdingbare Voraussetzungen für das ordnungsgemäße Funktionieren des öffentlichen Dienstes. Die Erhaltung eines unbestechlichen und unparteilichen Beamtentums ist eine Grundvoraussetzung für einen sauberen Verwaltungsbetrieb. Zu den vornehmsten und selbstverständlichsten Pflichten eines Beamten gehört es deshalb, sein Amt uneigennützig zu versehen und Amtshandlungen nicht als käuflich erscheinen zu lassen.“106 103 Damit liegt der Schluß nahe, daß es sich bei § 70 BBG um ein repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelt. Strafrechtliche Relevanz erhält diese Einordnung bei der Frage, ob der aus dem Dienstrecht übernommenen Genehmigungsregelung in § 331 Abs. 3 StGB eine tatbestandsausschließende oder vielmehr eine rechtfertigende Wirkung beizumessen ist; näher dazu § 20 I. 104 GKÖD, § 52 Rn. 3. 105 BVerwG v. 26. 11. 1987, Az 1 D 23 / 86, Juris-Datenbank S. 6. 106 BVerwG RiA 1982, 199.
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Bereits in diesen, unabhängig von Fällen mit Drittbezug stets sich wiederholenden Bemerkungen der Rechtsprechung,107 wird die Bedeutung eines persönlichen Vorteils zugunsten des Beamten sichtbar. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts auch in denjenigen, allerdings seltenen Konstellationen, in welchen das Geschenk oder die Belohnung nicht dem Beamten selbst, sondern direkt einem Dritten zugewendet wurde, stets die Frage nach dem mittelbaren Vorteil des Beamten aus dieser Zuwendung in den Mittelpunkt ihrer Diskussion stellten. Wie schon in der strafgerichtlichen Rechtsprechung zum mittelbaren Vorteil, so hebt auch das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise auf die Entlastung des Beamten bei privaten finanziellen Ausgaben ab, wenn die Ehefrau des Beamten von ihrem Arbeitgeber, der seinerseits wieder in geschäftlichem Kontakt zum Beamten steht, plötzlich statt eines festen Stundenlohns eine Umsatzbeteiligung von 5% erhält.108 Andererseits wurde ein eigener Vorteil eines Beamten im Fall einer bezahlten Flugreise zugunsten von dessen Freundin deshalb nicht angenommen, weil vor allem auch die zahlenden Geschäftsleuten durch ihre persönliche Bekanntschaft mit ihr besonderen Wert auf deren Beisein legten, so daß unter diesen konkreten Umständen das Geschenk an die Freundin nicht dem „Ruhestandsbeamten als Vorteilsgewährung zugerechnet werden“ konnte.109 Hingegen mußte sich ein bauaufsichtführender Beamter die Zahlung von Geldbeträgen an die Gemeinschaftskasse der Arbeiter des Bautrupps als mittelbaren Vorteil zurechnen lassen, weil er sich später an einem Ausflug, der gerade aus dieser Gemeinschaftskasse bezahlt wurde, beteiligt hat.110 Zusammenfassend betrachtet wird der Vorwurf an den Beamten, seine Dienstpflichten verletzt zu haben, vom Bundesverwaltungsgericht demzufolge nur dann erhoben, wenn Geschenke und Belohnungen dem Beamten unmittelbar oder zumindest mittelbar gewährt worden sind.111 Neben diesen Fällen der Zuwendungen an „Dritte“ und nicht an den Beamten selbst und der damit einhergehenden Problematik des mittelbaren Vorteils, gibt es eine weitere Konstellation, deren Behandlung durch die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang zu nennen ist: Es sind die bereits aus dem Strafrecht unter dem Stichwort der „Verfügungsbefugnis“ bekannten Fallgestaltungen. Diese gehören streng genommen nicht in die Gruppe des mittelbaren Vorteils, weil hier der Beamte gerade einen unmittelbaren, eigenen Vorteil in Form der Verfügungsbefugnis über einen Gegenstand oder einen Betrag erhält. Damit erspart sich die Rechtspre107 Beispielhaft aus der neueren Rechtsprechung BVerwG NVwZ 1999, 658; BVerwG, Urt. v. 1. 9. 1998, Az 1 D 63 / 97; Urt. v. 25. 2. 1997, Az 1 D 22 / 96; BVerwGE 113, 32. Sie finden sich deshalb auch fast wortgleich in der zu § 70 BBG erschienen Kommentarliteratur, etwa bei Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 10; Müller / Beck / Entenmann, § 89 Rn. 6; Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, BBG, § 70 Rn. 1. 108 BVerwG, Urt. v. 14. 10. 1982, Az 1 D 122 / 81. 109 BVerwG, Urt. v. 26. 11. 1987, Az 1 D 23 / 86. 110 BVerwGE 83, 228 ff. 111 BVerwGE 113, 32; BVerwG, Urt. 25. 2. 1997, Az 1 D 22 / 96.
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chung den Rückgriff auf das Merkmal des mittelbaren Vorteils, der regelmäßig beweisrechtlich erheblich schwerer darzulegen ist als ein unmittelbarer, vor allem weil hierbei sehr häufig auf immaterielle Vorteile abgestellt werden muß. Erhält der Beamte beispielsweise Geldzuwendungen, so führt bereits die dadurch verliehene Entscheidungsmacht, zu welchen Zwecken die Gelder im weiteren verwendet werden, zu einem objektiv feststellbaren und quantitativ meßbaren Vorteil für den Beamten. Verwendet der Beamte diese Gelder später nicht für sich selbst, sondern unterstützt damit finanziell seine Angehörigen,112 leitet er es weiter an den Bautrupp, dessen Arbeiten er zu überwachen hat,113 zahlt er sie in die Gemeinschaftskasse der Dienststelle ein, deren Inhalt für Weihnachten und Betriebsferien der Dienststelle gedacht ist,114 oder spendet er es gar nachweislich wohltätigen Zwekken,115 so ändert der im Nachhinein dem Beamten fehlende wirtschaftliche Nutzen nichts an dem Vorwurf, daß er durch sein Verhalten gegen seine Pflichten zu uneigennütziger Amtsführung und achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen hat (§§ 54 S. 2, 52 BBG). Eine wichtige und richtungsweisende Entscheidung in diesem Zusammenhang erging im September 1988, die, obwohl zur Fallgruppe der Verfügungsbefugnis gehörend, gerade den Mechanismus und die Bedeutung der Drittzuwendung besonders gut veranschaulicht:116 Ein verbeamteter Bezirksbauführer hatte Gelder verschiedener Firmen angenommen und diese ganz oder teilweise dem Sportverein, dem er als Leiter der Faustsportabteilung angehörte, zur Verfügung gestellt, wie es von den Firmen auch beabsichtigt gewesen war. Dazu eine in den Urteilsgründen zitierte Zeugenaussage: „Da es mit dem Beamten nie eine Situation gegeben habe, in der er [der Geldgeber] auf den Gedanken gekommen wäre, er [der Beamte] würde für sich persönlich Geld annehmen, ( . . . ), habe er bei der Spende hinzugefügt, der Beamte solle das Geld für seinen Verein nehmen. Der Beamte habe nämlich als ,Verrückter‘ zugunsten seines Vereins gegolten. Als Auflage sei dieser Hinweis natürlich nicht gedacht gewesen. Er selbst, der Zeuge, habe an dem Sportverein des Beamten keinerlei Interesse gehabt, nicht einmal gewußt, um was es sich konkret handle. Er habe das Geld deshalb auch nicht dem Verein direkt geschickt, sondern dem Beamten G. etwas zugute kommen lassen wollen.“117
Im Gegensatz zum Bundesgerichtshof, der einen vergleichbaren Fall zu entscheiden hatte, befand das Bundesverwaltungsgericht, daß nur die Verfügungsbefugnis zu eigenem Nutzen und mit eigener Entscheidungsbefugnis die Merkmale eines Vorteils für den Beamten erfüllt.118 Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn der Dazu die Entscheidung BVerwG RiA 1982, 198 f. Dazu die Entscheidung BVerwG DVBl. 1987, 253 f. 114 Dazu die Entscheidung BVerwG, Urt. v. 25. 8. 1987, Az 1 D 7 / 87. 115 Dazu die Entscheidung BVerwG, Urt. v. 1. 9. 1998, Az 1 D 63 / 97. 116 BVerwGE 86, 74 ff. = BVerwG, Urt. v. 21. 9. 1988, Az 1 D 140 / 87. 117 BVerwG, Urt. v. 21. 9. 1988, Az 1 D 140 / 87, Juris-Datenbank S. 9; diese Ausführungen finden sich nicht in der Veröffentlichung des Urteils in BVerwGE 86, 74 ff. 112 113
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Beamte lediglich „als Bote und Übermittler einer Spende“ der zuwendenden Firma auftritt119 oder umgekehrt „als Beauftragter“ des Letztempfängers handelt.120 Dann besitzt der Beamte zwar die tatsächliche Sachgewalt, ihm fehlt aber die für die Verfügungsbefugnis erforderliche, darüber hinaus gehende Entscheidungsgewalt bzw. -kompetenz über die Sache. Wenn dagegen aber „die Art und Weise der Verwendung der Geldbeträge“ allein dem Beamten überlassen bleibt, dann handelt es sich um einen persönlichen Vorteil des Beamten.121 Dieser ausführlichen und umfangreichen Abgrenzung zur Botenschaft, wie sie im übrigen nicht nur im Fall des Sportvereines von der Rechtsprechung immer wieder vorgenommen wird,122 verkörpert in besonderem Maße die auch im Beamtenrecht geltende Voraussetzung, daß der Beamte für sich selbst zum eigenen Nutzen Geschenke und Belohnungen annehmen muß, um ihm den Vorwurf machen zu können, gegen Dienstpflichten zu verstoßen.123 Wären Drittzuwendungen völlig grenzenlos in den Anwendungsbereich des § 70 BBG einbezogen, so erschiene jede Abgrenzung zu Fallgestaltungen der Boten- oder Übermittlerstellung überflüssig. Gleichgültig, ob der Beamte für sich selbst oder für einen Dritten eine Belohnung annehmen und damit als Bote124 oder Übermittler auftreten würde, müßte die Rechtsprechung beide Fälle als verbotene Geschenkannahme bewerten, was sie aber gerade ausdrücklich ablehnt.
2. Bewertung im beamtenrechtlichen Schrifttum An diesen Vorgaben der Rechtsprechung orientieren sich auch die Erörterungen in der Literatur, wenn es um die Konstellation geht, daß einem Dritten das Geschenk oder die Belohnung zugewendet wird. Innerhalb der einzelnen Verbotsmerkmale werden Drittzuwendungen zumeist anhand der Tathandlung des Annehmens problematisiert.125 Dies hat seine Ursache darin, daß einen Vorteil nur erhält, 118 In BGHSt 35, 134 f. wird im Anschluß an BGHSt 15, 286 f. nur positiv festgestellt, daß im Fall eigenständiger Verfügungsgewalt ohne Einflußmöglichkeiten des Zuwendenden ein eigener unmittelbarer Vorteil dem Beamten zukomme. 119 BVerwG, Urt. v. 21. 9. 1988, 1 D 140 / 87, Juris-Datenbank S. 7. 120 BVerwG, Urt. v. 21. 9. 1988, 1 D 140 / 87, Juris-Datenbank S. 16. 121 BVerwG, Urt. v. 21. 9. 1988, Juris-Datenbank S. 16. In diesem Sinne auch BGHSt 35, 134 f. 122 BVerwG RiA 1982, 198 f.; BVerwG, Urt. v. 26. 11. 1987, Az 1 D 23 / 86. 123 Bezogen stets auf Konstellationen, innerhalb derer dem Beamten keine Unrechtsvereinbarung zu einer pflichtwidrigen Diensthandlung nachgewiesen werden kann und sich das Verhalten im übrigen als rechtmäßiges Diensthandeln darstellt. 124 Zivilrechtlich kann er dabei aber auch die Stellung eines Vertreters einnehmen; der Begriff der Botenschaft soll nur seine untergeordnete Position, seine Unterlegenheit und Weisungsgebundenheit im tatsächlichen bildhaft verkörpern, nicht aber zugleich im streng zivilrechtlichen Sinne gebraucht werden.
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wer die Zuwendung tatsächlich entgegennimmt. Das Annehmen versteht sich als der tatsächliche Akt der Zuwendung126 im Gegensatz zur rein rechtsgeschäftlichen Annahme durch Willenserklärungen, die durch die Tathandlung des Sich-Versprechen-lassens verkörpert wird.127 Eine entfernte Ähnlichkeit weist diese Unterscheidung mit der aus dem Zivilrecht bekannten Abgrenzung von Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft auf. Die Besonderheit der Drittzuwendung liegt nun darin, daß hier gerade nicht der Beamte das Geschenk oder die Belohnung tatsächlich entgegennimmt, sondern ein Dritter. Nachdem aber § 70 BBG ausdrücklich nur vom Beamten als demjenigen spricht, der das Geschenk oder die Belohnung nicht annehmen darf, wäre einer Umgehung dieses Verbotes durch Zuwendungen an Dritte Tür und Tor geöffnet.128 In der Literatur wird deshalb wie schon in der Rechtsprechung einhellig vertreten, daß mittelbar dem Beamten gewährte Vorteile den unmittelbaren gleichzustellen sind.129 Ihre Besonderheit liegt darin, daß zwar der Vorteil einer dritten Person zugewandt wird, aber für den Beamten erkennbar „die Zuwendung des Vorteils an ihn das eigentliche Ziel der Zuwendung darstellt.“130 Der Dritte wird nicht um seiner selbst willen, sondern allein deshalb mit einem Geschenk oder einer Belohnung bedacht, weil er in einer besonderen Beziehung zum Beamten steht.131 Als Empfänger des Vorteils kommen demzufolge neben dem Beamten selbst „auch ihm nahestehende Dritte wie Angehörige, Freunde oder Personengemeinschaften (Verein o.ä.), deren Mitglied der Beamte ist bzw. an deren Wohlergehen er ein sonstiges Interesse hat, in Frage.“132 Obwohl in diesen Fällen die tatsächliche Entgegennahme des Vorteils nicht durch den Beamten selbst erfolgt, rechtfertigt es die persönliche Bindung des Beamten gerade zu diesem Dritten, daß hier eine Zurechnung der Annahme durch einen Fremden zu Lasten des Beamten erfolgt und er sich wegen eines Verstoßes gegen das Verbot, Geschenke anzunehmen, verantworten muß.133 125 Battis, BBG, § 70 Rn. 4; GKÖD, K § 70 Rn. 22 f.; Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, BBG, § 70 Rn. 3; Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 39; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 6. 126 GKÖD, K § 70 Rn. 21. 127 Ausdrückliche Erwähnung findet das Sich-Versprechen-lassen nur in den strafrechtlichen Tatbeständen der §§ 331, 332 StGB. 128 Dennoch ablehnend Winkelbauer / Felsinger, Annahme von Spenden, S. 16. 129 Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 14; Thiele, ZBR 1958, S. 34; Fischbach, § 70 Anm. II 1; Claussen / Janzen, BDO, Einleitung C Rn. 23a; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 6; GKÖD, K § 70 Rn. 22; Battis, BBG, § 70 Rn. 4; Claussen / Ostendorf, Korruption B Rn. 20 f.; Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, BBG, § 70 Rn. 3; Müller / Beck / Entenmann, § 89 Rn. 2. 130 Claussen / Ostendorf, Korruption B Rn. 21; ähnlich GKÖD, K § 70 Rn. 22. 131 GKÖD, K § 70 Rn. 22; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 6. 132 Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 24. 133 Selbstverständlich scheidet eine Zurechnung für den Fall aus, daß der Beamte nichts von einer Zuwendung weiß. Der Dritte muß mit Wissen und Wollen des Beamten die Zuwendung annehmen; GKÖD, K § 70 Rn. 22. Um dem Vorwurf der Pflichtverletzung zu entgehen,
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3. Stellungnahme Das Verbot nach § 70 BBG, § 43 BRRG, Geschenke in bezug auf das Amt anzunehmen, umfaßt zunächst von seiner Formulierung her den weitest möglichen Kreis von Sachverhaltskonstellationen, in denen man sich vorstellen kann, daß es gerade die Amtsstellung des Beamten ist, die den Zuwendenden zu seiner Handlung veranlaßt. Negativ formuliert werden von diesem Verbot nur diejenigen Geschenke an den Beamten ausgenommen, die der Beamte ausschließlich wegen einer privaten Tätigkeit oder Beziehung erhält. Dann empfängt er nicht in seiner Eigenschaft als Beamter, sondern nur und ausschließlich als Privatperson das Geschenk. Sobald allerdings zu dieser privaten Beziehung eine solche zum Amt hinzutritt, vereint sich die Eigenschaft als Privatperson mit der des Beamten bzw. mit der Stellung in seinem Amt, so daß ein Bezug zum Amt nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Dann aber ist es der Person, die hier zugleich auch als die ein Amt bekleidende angesprochen ist, verboten, Geschenke anzunehmen.134 Bei dieser weiten Auslegung der erfaßten Fälle möglicher Geschenkannahmen muß aber notwendigerweise das Geschenk vom Beamten selbst angenommen werden. Sofern er es ausnahmsweise nicht persönlich entgegennimmt, sondern es einem Dritten zugute kommt, muß zwischen dem Beamten und dem Dritten in der Weise eine Verbindung hergestellt werden können, daß der Beamte einen eigenen, persönlichen Nutzen aus der Zuwendung erhält. Anderenfalls ließe sich dieses Beziehungsverhältnis zum Amt schon überhaupt nicht erst feststellen. Denn es ist der Beamte selbst, der das Amt bekleidet und verkörpert, nicht aber der Dritte, der die Zuwendung entgegennimmt. Bezugssubjekt der Verpflichtung aus § 70 BBG ist der Beamte selbst. Abstrahiert betrachtet schlägt § 70 BBG die Brücke zwischen der Person, die hinter dem Amt steht und ihrer Eigenschaft als Träger eines Amtes, das die Person von Berufs wegen ausfüllt. Dabei umfaßt § 70 BBG im Gegensatz zu den strafrechtlichen Vorschriften die weitest mögliche Vielzahl unterschiedlicher Fallgestaltungen, innerhalb deren die Privatperson auf ihre berufliche Tätigkeit hin von außen durch Dritte angesprochen werden kann. Nicht erforderlich ist ein konkretes Gegenleistungsverhältnis der Zuwendung zu einer Diensthandlung wie es von § 332 StGB vorausgesetzt wird. Es genügt vielmehr der bloße „Bezug zum Amt“, was letztlich nichts anderes bedeutet, als daß die Zuwendung ohne Bestehen des Beamtenverhältnisses nicht erbracht worden wäre.135 Um gerade dies allerdings feststellen zu können, muß die Belohnung entweder ihm selbst persönlich erbracht worden sein oder, wenn sie tatsächlich einem muß der Beamte entweder eine Zustimmung der obersten Dienstbehörde beantragen oder „alle ihm zustehenden rechtlichen, moralischen und sonstigen tatsächlichen Einflußmöglichkeiten auf den nahestehenden Dritten nutzen, um ihn zur Rückgabe zu bewegen,“ Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 39. 134 GKÖD, K § 70 Rn. 27. 135 Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 7.
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Dritten zugewendet wurde, ihm durch einen besonderen Umstand als eigene zugerechnet werden können. Denn eine darüber hinausgehende ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung zwischen Beamten und Zuwendenden des Inhalts, daß der Vorteil nur um der Diensthandlung willen geleistet werden soll, wie sie zumindest § 332 StGB auch nach neuer Fassung noch voraussetzt, fordert § 70 BBG gerade nicht. Nur über die mittelbare persönliche Zuwendung des Vorteils an den Beamten kann die Verbindung zwischen dem außen stehenden Dritten und dem Beamten hergestellt werden. Dann erst läßt sich überhaupt von einer „Belohnung“ oder einem „Geschenk“ sprechen, einer Zuwendung, die der „Beamte“, wie es ausdrücklich der Wortlaut des Gesetzes vorsieht, und nicht ein Dritter „annimmt“. Erst daraufhin kann festgestellt werden, ob es sich inhaltlich um ein Geschenk oder eine Belohnung im Sinne der Merkmale des Tatbestandes der Dienstpflichtverletzung handelt. Denn die Pflichten des BBG und der Vorwurf ihrer Verletzung können nur den Beamten, nicht aber einen außenstehenden Dritten treffen. Bezugsobjekt der Zuwendung, sei es nun in der Form des Geschenkes oder einer Belohnung, ist der Beamte als individuelle Persönlichkeit. Grundsätzlich kann weder ein Dritter das Geschenk „annehmen“; schon gar nicht aber werden Zuwendungen erfaßt, die ausschließlich dem Amt selbst dargeboten werden, als dessen Vertreter bzw. verkörperte Funktionsstelle der Amtsträger nach außen tritt. Die Dienstpflicht des § 70 BBG konkretisiert zunächst das Innenverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherren. Schon ihrer Natur nach kann aber nur der Beamte der Adressat der Pflicht sein, nur er soll und muß Angebot und Annahme eines Geschenkes zurückweisen. Wird das Geschenk nicht ihm selbst zugewendet, so muß es sich aber um eine Fallgestaltung handeln, in der ausnahmsweise dennoch auch er selbst zumindest im übertragenen Sinne das Geschenk erhält, als er sich nämlich das einem Dritten gegebene Geschenk seinem Wesen nach sich selbst zurechnen lassen muß, weil er selbst einen eigenen Nutzen davon hat. Dann ist auch er der Adressat der Zuwendung. Dies gilt etwa dann, wenn die Ehefrau eines Beamten ein Geschenk erhält, das der Beamte selbst nie gekauft hätte. Denn der Erwerb dieser Vermögenswerte bedeutet eine Vermehrung der gemeinsamen finanziellen Basis innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft des Beamten zu seiner Ehefrau. Als solcher ist ein derartiges Geschenk stets auch ein mittelbarer Vorteil für den Amtsträger selbst. Für alle anderen Fälle aber, in denen dem Amtsträger die Zuwendung ihrem Sinn und ihrer Wirkung nach nicht zugerechnet werden kann, hat das Verbot des § 70 BBG keinerlei Bedeutung. Der Wortlaut des § 70 BBG unterstreicht diese Einschätzung. Ausdrücklich schreibt das Gesetz vor, daß es „der Beamte“ sein muß, der das Geschenk oder die Belohnung angenommen hat. Nur dann kann ihm selbst der Vorwurf einer Verletzung seiner Pflichten gemacht werden. Zwar unterliegen die beamtenrechtlichen Vorschriften nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, so daß ihre Auslegung weniger strengen Maßstäben unterworfen ist als denen eines strafrechtlichen Tatbestandes.136 Dies hatte beispielsweise zur Folge,
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daß die Einbeziehung von Drittzuwendungen in das beamtenrechtliche Verbot der Geschenkannahme weder von der Literatur noch von der Rechtsprechung jemals in Zweifel gezogen wurde. Stets aber muß es sich um solche Zuwendungen handeln, die der Beamte – wenn auch mittelbar im Wege der Zurechnung – angenommen hat. Dem Postulat des § 70 BBG liegt notwendigerweise zugrunde, einem Verstoß gegen die Pflicht zu uneigennützigem Verhalten zu begegnen, weil er zumindest den Anschein der parteilichen Amtsführung durch den Beamten hervorruft (§ 54 S. 2 BBG).137 Der Verdacht der Parteilichkeit kann zunächst bereits dadurch aufkommen, daß der Beamte, wie es der Straftatbestand der Bestechlichkeit voraussetzt, sich zu einer Diensthandlung bereit erklärt, durch die er seine Dienstpflichten verletzt. Diese für die §§ 332, 334 StGB einerseits notwendige und hinreichende Voraussetzung, ist andererseits nicht notwendige Voraussetzung für den beamtenrechtlichen Vorwurf der verbotenen Geschenkannahme. Dort wird diese Art der Unrechtsvereinbarung gerade nicht als Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes gefordert. Der Anschein der Parteilichkeit resultiert vielmehr aus der bloßen Annahme eines Geschenkes, dessen Zuwendung motiviert wurde durch die Amtsstellung, die der Beamten beruflich einnimmt. Mit anderen Worten verstößt der Beamte durch die Annahme eines Geschenkes gegen ein Gebot, das wiederum zwangsläufig einer allgemeinen Dienstpflicht entspringt: Ihm, dem Beamten wird geboten, sein Amt uneigennützig zu führen. Erst wenn er hiergegen verstößt, kann dem Beamten der Vorwurf der Unparteilichkeit durch die Annahme eines Geschenkes gemacht werden.138
II. Verwaltungsvorschriften des Bundes und des Landes Baden-Württemberg Auf Bundesebene dient als Leitfaden und Orientierungspunkt für die Beurteilung von Geschenkannahmefällen bisher noch immer ein Runderlaß des Bundesinnenministeriums vom 20. 3. 1962.139 Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 6. In diesem Sinne auch Fischbach, § 70 Anm. 11; Claussen / Janzen, BDO, Einleitung C Rn. 22a. 138 Der Anschein der Parteilichkeit kann aber auch durch die Bezugnahme zu einer pflichtwidrigen Diensthandlung hervorgerufen werden. Ebenso ruht nicht nur § 70 BBG auf § 54 S. 2 BBG. Einem Verstoß gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung soll auch § 59 BBG vorbeugen, der eine Befreiung des Beamten von denjenigen Amtsgeschäften vorsieht, die einen persönlichen Bezug zu ihm selbst oder zu einem seiner Angehörigen aufweisen. 139 GMBl. 1962, 120 ff.; zwar hat am 17. 6. 1998 die damalige Bundesregierung eine Richtlinie zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung herausgegeben, BT-Drs. 14 / 3933, doch wie der Name schon sagt, beschränkt sich ihr Inhalt auf präventive Maßnahmen. 136 137
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Zur Frage des Adressaten der Zuwendung heißt es darin:140 „Für die Anwendbarkeit des § 70 BBG ist es auch ohne Bedeutung, ob der Vorteil dem Beamten unmittelbar oder – z. B. bei Zuwendungen an Angehörige – nur mittelbar zugute kommt.“
In derselben Weise lautete auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg zu § 89 LBG vom 18. 5. 1992:141 „Zuwendungen an die Familienangehörigen sind als mittelbare Belohnung oder Geschenk anzusehen und somit ebenfalls nicht erlaubt.“
Anläßlich der die Tatbestände wie auch die Strafrahmen betreffenden Verschärfungen der §§ 331 ff. StGB durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz erarbeiteten das Innenministeriums und das Finanzministeriums des Landes Baden-Württemberg eine neuerliche Verwaltungsvorschrift, die das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch Landesbedienstete zum Gegenstand hat.142 Im Gegensatz zu anderen Bundesländern hat Baden-Württemberg das Verbot der Geschenkannahme für seine Landesbeamten bereits dem neuen Wortlaut des § 70 BBG angepaßt. Darin heißt es zur Person des Vorteilsempfängers: 143 „Für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist es auch ohne Bedeutung, ob der Vorteil dem Beamten unmittelbar oder – zum Beispiel bei Zuwendungen an Angehörige oder Vereine, denen er angehört – nur mittelbar zugute kommt.“
Diese Passage aus der Verwaltungsvorschrift der beiden Ministerien erhellt zumindest den Blick auf die durch die Behörden gehandhabte Auslegung des § 89 LBG Baden-Württemberg. Hiernach muß es sich stets um einen Vorteil handeln, der dem Beamten selbst zugute kommt. Andernfalls ließe sich die ausdrückliche Erwähnung des mittelbaren Vorteils nicht erklären. Ganz im Gegenteil deutet der Wortlaut sogar darauf hin, daß es sich bei mittelbaren Vorteilen um eine Erweiterung des Tatbestandes handelt, die nicht ohne weiteres erkennbar ist, so daß wohl zur Vermeidung des Mißverständnisses, daß nur unmittelbare Vorteile erfaßt würden, hier noch einmal dieser zusätzliche Anwendungsbereich ausdrücklich erwähnt wird. Aus diesen Ausführungen ergibt sich aber zugleich der Schluß, daß ein über das Erfordernis der Zurechenbarkeit für den Beamten hinausgehender Anwendungsbereich nicht vorgesehen ist, wie ihn aber etwa das Strafgesetzbuch mit seiner Formulierung „für sich oder einen Dritten“ nahelegt. Vielmehr muß das Geschenk oder die Belohnung auch nach dieser Verwaltungsvorschrift dem Beamten selbst zugute kommen, wobei es nach der Rechtsprechung des BVerwG genügt, daß nach dem Willen des Vorteilsgebers das Geschenk dem Beamten letztlich zugute kommen soll und dieser das Ansinnen des Gebers erkennt. 140 141 142 143
GMBl. 1962, 120, 121. GABl. 1992, 417 ff.; abgedruckt auch bei Müller / Beck / Entenmann, § 89 LBG. VwV-Geschenkannahme v. 4. 11. 1998, Die Justiz 1999, 50 ff. 2.2 der VwV-Geschenkannahme, Die Justiz 1999, 51.
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Weiter heißt es zwar auch:144 „Die beabsichtigte Weitergabe von Vorteilen an Dritte (z. B. Verwandte, Bekannte, andere Bedienstete, Gemeinschaftseinrichtungen oder soziale Einrichtungen) oder für Gemeinschaftsveranstaltungen rechtfertigt nicht deren Annahme; auch in diesen Fällen muß die zuständige Behörde der ausnahmsweisen Annahme zustimmen.“
Diese zweite Textpassage widerspricht obigen Ausführungen allerdings nicht, denn sie bezieht sich nur auf diejenigen Fälle, in denen der Vorteil zuerst an den Beamten selbst gelangt, dieser folglich die tatsächliche Sachgewalt über ihn erlangt. Nur dann wird überhaupt erst eine Weitergabe möglich.
III. Unbestechlichkeit als Dienstpflicht Eine Dienstpflicht zur Unbestechlichkeit145 als geschriebenes Gebot existiert in den beamtenrechtlichen Vorschriften nicht. Sie findet weder in den allgemeinen Pflichtenkatalog der §§ 52 ff. BBG, noch in den Einzeltatbeständen der §§ 58 ff. BBG ausdrückliche Erwähnung. Auch das Verbot der Geschenkannahme in § 70 BBG setzt nur ihre Existenz voraus, begründet sie aber nicht als Gebot. Dennoch ist die Dienstpflicht zur Unbestechlichkeit unabdingbare Voraussetzung dafür, staatliches Handeln im Sinne eines gerechten Ausgleiches der Interessen für den Bürger zu garantieren.146 Nur auf diese Weise, also durch die Garantie der sachlichen Richtigkeit von Entscheidungsvorgängen, kann eine auf Rechtssicherheit für den Einzelnen aufbauende Verwaltungstätigkeit sichergestellt werden, die den rechtsstaatlichen Vorgaben der Vorhersehbarkeit und Überprüfbarkeit staatlichen Handelns genügt.147 Unbestritten gilt sie deshalb als wesentliche Grundlage für jedes öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis.148 In ihrem normativen Gehalt ergibt sich die Dienstpflicht zu unbestechlicher Amtsführung aus einer Gesamtschau der allgemeinen Dienstpflichten, die als Generalklauseln in den Beamtengesetzen des Bundes wie der Länder den verschiedenen Einzeltatbeständen vorangestellt sind.149 Handelt der Beamte dem Verbot der Geschenkannahme oder der – strafrechtlich relevanten – Vorteilsannahme zuwider, so verletzt er typischerweise zunächst das Gebot zur uneigennützigen Amtsführung aus § 54 S. 2 BBG.150 Darüber hinaus verhält sich der Beamte auch nicht 2.2 der VwV-Geschenkannahme, Die Justiz 1999, 51. Unbestechlichkeit wird an dieser Stelle nicht im beschränkten Sinne des § 332 StGB verwendet, sondern umfassender, den gesamten Bereich möglicher Vorfeldkonstellationen aus den § 70 BBG, § 331 StGB und § 332 StGB einschließend. 146 Zippelius, Staatslehre, § 27 II 1. 147 Zippelius, Staatslehre, § 37 II 3. 148 BVerwGE 73, 196; 100, 175; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 2; Claussen / Janzen, BDO, Einleitung D Rn. 6. 149 Zur gesetzestechnischen Ausgestaltung in Leitprinzip, Generalklausel und Einzeltatbeständen, GKÖD, K § 52 Rn. 3. 144 145
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der Achtung und dem Vertrauen gemäß, wie es sein Amt erfordert, § 54 S. 3 BBG.151 Beide Generalpflichten wurzeln ihrerseits im Leit- oder Strukturprinzip des § 52 Abs. 1 S. 2 BBG, wonach der Beamte seine Aufgaben gerecht und unparteiisch zu erfüllen und sich in seinem Amtshandeln allein am Wohl der Allgemeinheit zu orientieren hat.152 Innerhalb des strafrechtlichen Vorwurfs der Bestechlichkeit ist es schließlich vornehmlich die vorsätzliche Verletzung bzw. die zumindest vorsätzlich ins Auge gefaßte Verletzung153 der aus Art. 20 Abs. 3, 1 Abs. 3 GG resultierenden grundlegenden Pflicht zu recht- und gesetzmäßigem Handeln, die den über die Strafbarkeit entscheidenden Verstoß gegen eine Dienstpflicht darstellt. Besondere Bedeutung erhalten diese Pflichtverletzungen vor allem für die Tathandlungen des Forderns und des Sich-Versprechen-lassens von Vorteilen, die gerade nicht von den § 43 BRRG, § 70 BBG erfaßt werden.154 Der disziplinarrechtliche Vorwurf kann sich in diesen Fällen deshalb nicht auf den Verstoß gegen den Einzeltatbestand der verbotenen Geschenkannahme, sondern nur auf den Verstoß gegen die genannten Generalpflichten stützen.155
IV. Verfassungsrechtliche Schranken Trotz der Vorstellung, daß mittels des Amtes die individuellen Neigungen derjenigen Person, die das Amt ausfüllt – der Amtsträger oder -walter –, nahezu vollständig ersetzt werden durch gemeinwohlorientierte Pflichten und Rechte, bleibt es dennoch das Individuum, das hier diese Pflichten und Rechte nach außen wahrnehmen und erfüllen muß.156 Insoweit ist aber der Amtsträger zugleich Träger von 150 BVerwG, Urt. v. 25. 8. 1987, Az 1 D 7 / 87, Juris-Datenbank S. 5; BVerwGE 86, 76; BVerwG, Urt. v. 7. 12. 1988, Az 1 D 42 / 88, Juris-Datenbank S. 2; BVerwGE 103, 41; BVerwG NVwZ 1997, 588 f.; BVerwG ZBR 1996, 52 f. hat demzufolge konsequent für den Fall, daß lediglich die „Unkosten“ durch die Zuwendungen gedeckt werden, einen Verstoß gegen § 70 BBG und folglich auch gegen § 54 S. 2 BBG abgelehnt. 151 BVerwG NVwZ 1997, 588 f. ohne überhaupt auf § 70 BBG zurückzugreifen. BVerwG, Urt. v. 25. 2. 1997, Az 1 D 22 / 96, Juris-Datenbank S. 5. 152 GKÖD, K § 52 Rn. 3, 5; Battis, BBG, § 52 Rn. 6. § 52 BBG wiederum gestaltet nur das verfassungsrechtliche Dienst- und Treueverhältnis des Beamten zum Staat als seinem Dienstherrn gesetzlich aus (Art. 33 Abs. 4 GG), Battis, BBG, § 52 Rn. 2. 153 Es handelt sich hier um im Vorfeld der Verletzung angesiedelte Gefährdungstatbestände, die es nicht voraussetzen, daß es tatsächlich zu einer gegen die Dienstpflichten verstoßenden Diensthandlung gekommen ist, sondern sich mit einer bloßen „Unrechtsvereinbarung“ über eine solche begnügen. 154 Ganz h.M. in der Literatur, vgl. Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 40; GKÖD, K § 70 Rn. 24; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 6. 155 Beispiele aus der Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 14. 10. 1982, Az 1 D 122 / 81; BVerwG NVwZ 1997, 588 f. 156 Nach Herzog, S. 95, das „ausschlaggebende Element“ in der Organisation des modernen Staates.
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Grundrechten. Ein grundrechtsfreier Raum, wie es die Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis auch für das Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn vertrat, existiert nicht. Dies hat das BVerfG für den Strafvollzug ausdrücklich festgestellt und ist auch für das Beamtenverhältnis in der Zwischenzeit allgemein anerkannt.157 Die Grundrechte und im besonderen das Recht auf freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) sowie die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) garantieren auch dem jeweiligen Amtsträger, daß er „Eigennutz und Eigenwilligkeit“ in „egozentrischer Selbstverwirklichung“ frei entfalten kann.158 Diesen Freiheiten steht das Amt, in dem sich der Staat dem Bürger präsentiert und dessen Zweckbindung sich allein an den Interessen der Allgemeinheit zu orientieren hat, gleichsam als „Gegenethos“ gegenüber.159 Die darin manifestierten besonderen Pflichten des Amtsträgers zu uneigennütziger und unparteilicher Tätigkeit rechtfertigt sich durch ihre Aufgabe, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu sichern.160 Dieses verfassungsmäßige Schutzgut161 erlaubt aber nur solche Grundrechtseingriffe durch das Verbot der Geschenkannahme, die sich noch im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zum angestrebten Zweck halten, einen funktionsfähigen öffentlichen Dienst zu gewährleisten.162 Diese Grenze wird so lange eingehalten, als auch dem Beamten selbst der Vorwurf gemacht werden kann, seine dienstlichen Interessen durch sein Verhalten zu beeinträchtigen. In diesem Rahmen werden lediglich die Schranken konkretisiert, denen auch die individuellen Freiheiten des Handelns und des Eigentums, wie sie typischerweise bei der Zuwendung von Geschenken berührt werden,163 unterworfen sind. Überschritten ist die Grenze allerdings, wenn die Zuwendung ausschließlich dem privaten Bereich des Beamten zuzuordnen und in diesem auch das Motiv für ihre Leistung zu finden ist.
V. Zusammenfassung Anhand der Auswertung von Rechtsprechung, Literatur und den von den Ministerien erlassenen Verwaltungsvorschriften zu den jeweiligen Bestimmungen über das Verbot der Geschenkannahme kann folgendes festgestellt werden: Dem Beamten ist es nur verboten, Geschenke oder Belohnungen für sich persönlich zu eige157 Beispielhaft OVG Koblenz NJW 1987, 340. Zum besonderen Gewaltverhältnis Maurer, § 8 Rn. 26 ff. 158 Isensee, in HdBVerfR, § 32 Rn. 17. 159 Der Begriff stammt von Isensee, in HdBVerfR, § 32 Rn. 17. Zur Gemeinwohlorientierung des Beamtenethos, Battis, BBG, § 52 Rn. 4. Zumindest für Beamte existiert in Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 GG hierfür eine normative Ausprägung. 160 Battis, BBG, § 70 Rn. 2; Duttge, ZRP 1997, S. 75. 161 Dazu BVerfGE 55, 237. 162 Dazu schon BVerwGE 100, 176. 163 Bei der Frage des Genehmigungsvorbehaltes, BVerwGE 100, 176.
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nem Nutzen in seiner Eigenschaft als Amtsträger anzunehmen. Auch Geschenke an Dritte werden von diesem Verbot erfaßt. Dies gilt aber nur für die Fälle, in denen der Beamte in einem persönlichen Näheverhältnis zu dem Dritten steht und dieses Näheverhältnis im privaten Bereich wurzelt. Erst dann rechtfertigt sich die Zurechnung der Geschenkannahme durch den Dritten als Annahme durch den Beamten selbst. Nimmt der Beamte diese Zuwendung an den Dritten stillschweigend hin, so kann ihm dieses Verhalten als eigener Pflichtenverstoß zur Last gelegt werden.
§ 14 Teleologische Analyse der Tatbestände Während in den vorangegangenen Ausführungen die Notwendigkeit von Verhaltenspflichten noch sehr allgemein darin gesehen wurde, eine homogene gesamtgesellschaftliche Normenordnung zu schaffen, soll nun konkret das den §§ 331 ff. StGB zugrundeliegende Rechtsgut164 näher betrachtet und in die Bewertung dieser Tatbestände miteinbezogen werden. Denn unter der Einsicht, daß strafrechtliche Sanktionen heute unstreitig stets auch einen Zweck, sei es in spezial- oder generalpräventiver Hinsicht verfolgen, muß sich die Auslegung der Tatbestandsmerkmale notwendigerweise immer das zu schützende Rechtsgut vor Augen halten. In den Grenzen des Wortlautes kommt deshalb einer am Rechtsgut orientierten Auslegung eine zentrale Stellung bei der Bewertung strafrechtlicher Normen zu.165
I. Rechtsgut und Pflichtwidrigkeit der §§ 331 ff. StGB Die Frage nach dem Rechtsgut der Korruptionsdelikte betrifft eine der umstrittensten Fragen dieser Tatbestände, wie eine Vielzahl von Monographien und Aufsätze belegt.166 Bis zur ersten Novellierung der Korruptionsdelikte im Jahre 1974, die diese seit ihrer Einführung durch das Reichsstrafgesetzbuches erfahren hatten, erstreckte sich 164 Das im übrigen vom BVerwG als identisch mit dem des § 70 BBG bewertet wird, BVerwG, Urt. v. 25. 2. 1997, Az 1 D 22 / 96, Juris-Datenbank S. 4; ebenso Wagner, Juristentag Diskussion, L 118. 165 Kritisch zur Bedeutung einer rechtsgutsorientierten Auslegung allerdings, Günther, Strafrechtswidrigkeit, S. 151; nach Roxin, AT, § 2 Rn. 16 ein „Beurteilungsmaßstab“ für die Schaffung und Auslegung jeder Einzelvorschrift. 166 Graupe, Die Systematik und das Rechtsgut der Bestechungsdelikte; Geerds, Über den Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte und seine Konsequenzen für die Rechtsprechung und Gesetzgebung; Schwieger, Der Vorteilsbegriff; Schlüchter, Zur (Un-)Lauterkeit in den Volksvertretungen, in FS Geerds, S. 713 ff.; Schröder, H., Das Rechtsgut der Bestechungsdelikte und die Bestechlichkeit des Ermessensbeamten, GA 1961, S. 289 f.; Loos, Zum „Rechtsgut“ der Bestechungsdelikte, in FS Welzel S. 879 ff. Jüngst dazu ausführlich Heinrich, S. 239 ff., Kargl, ZStW 114, S. 782 ff. und Dannecker, gemeinnützige Zuwendungen, S. 47 ff.
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das Meinungsspektrum auch auf Ansichten, die den Schwerpunkt in der konkreten Zuwendung eines Vorteils für eine Diensthandlung sahen und demzufolge vom Schutzgut der Unentgeltlichkeit der Amtshandlungen167 bzw. vom Schutz des staatlichen Gebühren- und Abgabenwesens168 ausgingen. Diesen, nur vordergründig verkürzend auf die äußere Hingabe einer Zuwendung abstellenden Ansichten widersprach der Gesetzgeber erstmals 1974 im Zuge der umfassenden Änderungen durch das EGStGB ausdrücklich, als er sich zur Lauterkeit des öffentlichen Dienstes als geschütztem Rechtsgut bekannte:169 Die Vorschriften sollen „die Käuflichkeit von Diensthandlungen und die Befangenheit der Bediensteten durch einen Vorteil bei der Erfüllung ihrer Pflichten und damit auch eine Verfälschung des Staatswillens verhindern“.
Ziel aller gegenwärtig vertretenen Positionen ist es, die Funktionsfähigkeit des Staates,170 wie sie durch die Amtsträger, die besonders Verpflichteten, die Richter und Schiedsrichter als verselbständigtes „Macht- und Wirkungsgefüge“171 repräsentiert wird, weiterhin zu garantieren. Vermögensinteressen des Dienstherrn scheiden als Schutzgut hingegen aus.172 Wie dieses Ziel allerdings näher konkretisiert werden kann, darüber gehen die Meinungen auseinander: Teilweise wird in einer rein objektiven Betrachtungsweise auf den Schutz vor Verfälschung des Staatswillens173 bzw. auf die Sachlichkeit der Amtsführung174, etwas allgemeiner auch auf die Reinheit der Amtsführung175
167 Binding, Lehrbuch, S. 715, 730; Birkmeyer, S. 311; Baumann, Zur Problematik, S. 7 ff., der insoweit von einer h.M. spricht; ebenso Kaufmann, JZ 1959, S. 376 f. m.w.N. 168 Wagner, Amtsverbrechen, S. 230 ff., 271 ff. 169 BT-Drs. 7 / 550, S. 269 f. 170 Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 9; Otto, BT, § 99 Rn. 1: sachgerechtes Funktionieren der Verwaltung; Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 3: generelle Gefährdung des Staatsapparates; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 4: Schutz der staatlichen Verwaltung; Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 3. Loos, FS Welzel, S. 879 ff. konstruierte in seiner Darstellung zum möglichen Rechtsgut der §§ 331 ff. StGB hingegen die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung als Gegenpol zur Verfälschung des Staatswillens. Er übersah dabei allerdings, daß der verfälschte Staatswillen gerade die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung beeinträchtigt, beide Elemente also nicht getrennt nebeneinander, sondern vielmehr in einer Reaktionskette zueinander stehen. 171 Zippelius, Staatslehre, § 9 I 1. 172 Darauf wird von der Rechtsprechung immer wieder ausdrücklich hingewiesen. Diese Frage hat nicht nur rechtsdogmatische Bedeutung, sondern wirkt sich praktisch vor allem darin aus, daß die §§ 331 ff. StGB nicht zu einer Verletzung individueller Interessen führt, so daß es einen „Verletzten“ weder i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB, BGHSt 30, 46, BGH NStZ 1999, 560, NJW 2001, 2560 noch i.S.v. § 172 StPO gibt, OLG Nürnberg NJW 1997, 1320. Dazu auch unten § 17 II. 173 BT-Drs. 7 / 550, S. 269 f.; Dölling, JuS 1981, S. 574; Schmidt, Rn. 267.
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abgestellt und damit auf Gefahrenmomente, die diese Funktionsfähigkeit „von innen“ her untergraben können;176 andere hingegen sehen eine Garantie der staatlichen Autorität im Schutz „von außen“, indem das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Richtigkeit staatlichen Handelns nicht beeinträchtigt werden dürfe.177 Nahe liegt es allerdings, zwischen beiden Richtungen kein Alternativverhältnis anzunehmen, sondern vielmehr eine Kombination beider Elemente herzustellen, wie es in der Literatur, teilweise unter dem Stichwort des „komplexen Rechtsguts“, teilweise ohne Nennung desselben, getan wird.178 1974 hatte es der Gesetzgeber noch offengelassen, ob neben der Lauterkeit des öffentlichen Dienstes auch das Vertrauen der Allgemeinheit in diese Unbefangenheit der genannten Sonderpflichtigen und damit in die sachliche Richtigkeit ihrer Handlungen als Schutzgut mitumfaßt ist179 Für das Korruptionsbekämpfungsgesetz war dagegen die Sorge um das Vertrauen der Allgemeinheit in staatliches Handeln der eigentlich entscheidende Beweggrund, überhaupt gesetzgeberisch tätig zu werden. Neben dem Rechtsgut der Lauterkeit des öffentlichen Dienstes180 zur Wahrung der Integrität der Staatsorgane und der öffentlichen Verwaltung181 wurde in den einzelnen Entwürfen die besondere Bedeutung des „Vertrauens der Bürger in die Integrität des Staates als einer der Eckpfeiler unserer Gesellschaft auch in Zukunft“ herausgestellt.182 Die besondere Gefahr der Korruption liege in 174 Geerds, JR 1996, S. 310, der allerdings den Unrechtsgehalt von Strafnormen im Anschluß an Welzel weniger im Erfolgsunwert als vielmehr im Verhaltensunwert sieht und deshalb den zentralen Unwert des eigennützigen Verhaltens des Beamten betont, das schließlich zur Gefährdung der verwaltenden Staatstätigkeit führt; dazu ausführlich Geerds, Unrechtsgehalt, S. 49 ff. 175 BGHSt 10, 241; 14, 130. 176 SK-Rudolphi, § 331 Rn. 3, der die hier dargestellte Unterscheidung in „innen“ und „außen“ vornimmt. 177 BGHSt 15, 96 f.; 30; 48; NJW 2001, 2560; BGHSt 47, 307; Otto, BT, § 99 Rn. 1; Rengier, BT II, § 60 Rn. 7; Schaupensteiner, NStZ 1996, S. 414; Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 3. 178 BGH NStZ 1985, 499; Arzt / Weber, BT, § 49 Rn. 2, die allerdings auch den Schutz des Bürgers als „Leitgedanken“ miteinbeziehen; Dölling, Gutachten, C 49; Haft, BT, S. 293; Joecks, Vor §§ 331 ff. Rn. 1; Krey, BT 1, Rn. 660; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 1; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 12 f.; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 9; Ransiek, StV 1996, S. 450; Schlüchter, FS Geerds, S. 715; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 4; Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 3; Winkelbauer / Felsinger, BWGZ 1999, S. 291. 179 BT-Drs. 7 / 550, S. 270 f. Ausdrücklich miteinbeziehend dagegen E 1962, BT-Drs. IV / 650, S. 648 f. 180 Teilweise unter Bezugnahme auf BT-Drs. 7 / 550; vgl. BR-Drs. 298 / 95, S. 6, 8; BT-Drs. 13 / 5584, S. 15, 16; BT-Drs. 13 / 4118, S. 2. 181 BR-Drs. 298 / 95, S. 4. 182 BT-Drs. 13 / 6424, S. 1; BT-Drs. 13 / 5584, S. 1; Maßnahmenkatalog der BReg. v. 20. 3. 1996, S. 2; BT-Drs. 13 / 8079, S. 2; BT-Drs. 13 / 4118, S. 2; ähnlich BT-Drs. 13 / 617; BT-Drs. 13 / 3353, S. 1, 8; BR-Drs. 571 / 95, S. 1; BR-Drs. 298 / 95, S. 1; Marschewski BTProtokoll 13.WP 184. Sitzung S. 16650.
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der Erschütterung gerade dieses Vertrauens,183 weshalb der Gesetzgeber zum Schutze des Rechtsstaates ein effektives Vorgehen vorsehe: „Demokratie, Rechtssicherheit und auch das Vertrauen der Bürger in ihren Staat lassen sich auf Dauer nur bewahren, wenn nicht Recht und Gesetz durch Schmiergelder ins Rutschen geraten“.184
Die besondere Bedeutung des Vertrauens der Bürger, die im Gesetzgebungsverfahren so einmütig hervorgehoben worden ist, findet sich in der allgemeinen Staatslehre unter dem Begriff der „Akzeptanz“. Dem Staat als Institution und damit gegenüber dem Bürger eigenständigen Gebilde kommt die Aufgabe zu, die Gemeinschaft, zu der sich die Bürger zusammengeschlossen haben, frei von Widersprüchen gerecht zu organisieren.185 Innerhalb des Gemeinwesens muß ein Ausgleich geschaffen werden, damit dem Einzelnen ein möglichst hohes Maß an eigener Entfaltung der Persönlichkeit zukommt, aber zugleich übergeordnete Gemeininteressen wie auch die Freiheit und Entfaltung der übrigen Individuen garantiert und geschützt werden.186 Zu diesem Zweck genügt aber nicht die Schaffung eines organisierten Gemeinwesens schlechthin. Vielmehr muß sich dieses Gemeinwesen zugleich eines Macht- und Wirkungsapparates bedienen, um diese Ordnung durchsetzen zu können.187 In der Folge tritt damit der Staat dem Bürger als Inhaber der Staatsgewalt gegenüber. Staatsgewalt soll hier im Sinne einer „originären, selbstorganisationsfähigen, ungeteilten und möglichst rechtlich gebundenen Macht des Staates“188 bzw. in der Weise verstanden werden, daß „die Inhaber staatlicher Rollen mit der Befugnis ausgestattet sind, das Verhalten in dieser Gemeinschaft verbindlich zu regeln, und mit den Machtmitteln das vorgeschriebene Verhalten zu erzwingen, äußerstenfalls auch durch den Einsatz physischer Gewalt.“189 Notwendiges Gegenstück zur Staatsgewalt als Herrschaft über Menschen ist aber der Gehorsam bzw. die Bereitschaft der Menschen, diese Herrschaft zu akzeptieren und den Anordnungen und Regeln Folge zu leisten.190 Gerade der demokratisch verfaßte Staat sieht die Staatsgewalt nur als auf Zeit übertragen an; denn grundsätzlich geht alle Staatsgewalt vom Volke aus, das durch Wahlen diese Gewalt für einen bestimmten Zeitraum überträgt. Auch unter diesem Aspekt der demokratischen Legitimation erweist sich das Vertrauen der Bevölkerung in staatliches Handeln, um wieder zum ursprünglichen Begriff zurückzukehren, als unverBT-Drs. 13 / 3353, S. 1, 8. Schmidt-Jortzig, BT-Protokoll 13.WP 184. Sitzung S. 16654. Zum Ablauf einer solchen Gefährdung die von Noack ausführlich dargestellte fünfstufige politische Zersetzungslehre in Kriminalistik 1995, S. 483. 185 Zippelius, Staatslehre, § 9 I 1. 186 Zippelius, Staatslehre, § 17 I. 187 Zippelius, Staatslehre, § 17 II. 188 Katz, Rn. 26. 189 Zippelius, Staatslehre, § 9 I. 190 Zippelius, Staatslehre, § 9 II. 183 184
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zichtbares Element. Wenn demgegenüber am Schutzgut des Vertrauens der Allgemeinheit in jüngster Zeit Kritik geäußert wurde, es fehle ihm neben der Sachlichkeit der Amtsführung an inhaltlicher Eigenständigkeit, so daß ein Schutz mittels strafrechtlicher Normen in keinem Verhältnis zur Bedeutung dieses Vertrauens stehe,191 erscheint dies angesichts der dargelegten staatsstützenden Funktion schließlich nicht gerechtfertigt. Klargestellt werden soll aber, in welchem Verhältnis beide Elemente, die Sachlichkeit der Amtsführung und das in sie gesetzte Vertrauen der Allgemeinheit zueinander stehen. Vertrauen kann nur dann existieren, wenn die Sachlichkeit der Verwaltung hergestellt und gesichert ist, was allerdings umgekehrt nicht möglich sein wird: Vertrauen beeinflußt nicht die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns. Der Verfall des Vertrauens ist lediglich eine weitere, zeitlich und entwicklungsbedingte spätere Folge eines korrumpierbaren oder bereits korrumpierten Systems.192 Bereits vor diesem Hintergrund sollte deshalb nicht pauschal von einem komplexen Rechtsgut gesprochen werden, innerhalb dessen der Eindruck vermittelt wird, es handle sich bei dem Erfordernis der Sachlichkeit der Amtsführung und dem hierin gesetzten Vertrauen um gleichrangige Elemente auf einer Ebene.193 Ganz im Gegenteil stehen beide in einem Stufenverhältnis zueinander, was das aus der Käuflichkeit von Amtshandlungen erwachsende Gefahrenpotential betrifft: Wenn in diesem Zusammenhang von den zwei Seiten einer Medaille gesprochen wird,194 dann trifft diese Aussage zwar die enge Verbundenheit des Vertrauens der Allgemeinheit mit der Sachlichkeit der Amtsführung. Allerdings kann sich das Vertrauen nur als „Rückseite“ der Sachlichkeit präsentieren, niemals als erster Anknüpfungspunkt.195 Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes erfährt damit einen nur mittelbaren strafrechtlichen Schutz. Der unmittelbare Unrechtskern liegt hingegen in einer tatsächlichen Gefährdung der Sachlichkeit der Amtsführung,196 an dem allein sich das allgemeine Vertrauen orientieren kann und messen lassen muß, dem Vertrauenstatbestand. Denn für sich allein genommen ist das ausschließlich subjektive Empfinden des „Vertrauens in etwas“ bzw. als Gegenstück des „Mißtrauens“ verschiedenartigen Einflüssen unterworfen und damit zugleich mittels dieser Einflüsse lenkbar, letztlich manipulierbar.197 „TrügeStächelin, S. 311. Stufe 3 in der politischen Zersetzungslehre Noacks, Kriminalistik 1995, S. 483. 193 So aber etwa Kargl, ZStW 114, S. 787: „. . . zwei getrennte Aspekte.“ 194 SK-Rudolphi, § 331 Rn. 4. 195 Ransiek, StV 1996, S. 450 spricht von der Abhängigkeit des Vertrauens von der Sachlichkeit der Amtsführung. 196 Im Ergebnis ebenso Dölling, Gutachten, C 49; ders. in ZStW 2000, S. 335; Gribl, S. 72 ff.; Ransiek, StV 1996, S. 450. 197 In der Sache ebenso Ransiek, StV 1996, S. 450. 191 192
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risches Vertrauen“198 kann auf mangelnder Information beruhen, unberechtigtes Mißtrauen auf bewußt lancierter Fehlinformation. Die Frage nach der Berechtigung des Vertrauens kann sich deshalb nur stellen, wenn sich das Vertrauen an einem einheitlichen, objektiv feststellbaren und sachlichen Anknüpfungspunkt orientiert, dem der Sachlichkeit der Amtsführung.199 Die eigenständige Bedeutung des Vertrauens der Allgemeinheit innerhalb des „komplexen Rechtsgutes“ wird zwar stets damit begründet, nur auf diese Weise eine „widerspruchsfreie Erklärung der Gesamtregelung“ finden zu können:200 Allein dadurch lasse sich innerhalb des § 331 StGB die Strafbarkeit von Zuwendungen für bereits vorgenommene pflichtgemäße Diensthandlungen rechtfertigen.201 Es darf aber nicht übersehen werden, daß es sich bei § 331 StGB um ein reines Gefährdungsdelikt handelt, unabhängig davon, welches Rechtsgut man favorisiert.202 Beispielsweise muß der Nachweis, daß eine Diensthandlung tatsächlich vorgenommen wurde, nicht erbracht werden. Bereits das einseitige Zuerkennengeben seitens des Amtsträgers, einen Vorteil im Gegenzug für die Vornahme einer Diensthandlung anzunehmen, kann beispielsweise in der Alternative des Forderns bereits zur Vollendung des Tatbestandes führen. In der genannten Konstellation der Zuwendung für eine in der Vergangenheit liegende Diensthandlung besteht die Gefahr für das Rechtsgut deshalb darin, daß der Amtsträger sich auf die Zukunft gesehen bei seinen Entscheidungen aus dem Gefühl der Dankbarkeit bzw. Verbundenheit heraus leiten läßt und durch die Annahme eines Geschenkes, wie es vor 1974 noch tatbestandlich umschrieben wurde, seine Unabhängigkeit innerhalb von Entscheidungsvorgängen aufgegeben hat.203 Die Sachlichkeit der Amtsführung und damit mittelbar das Vertrauen der Allgemeinheit ist in diesen Fällen zwar nicht mehr derart intensiv gefährdet wie bei zukünftigen Diensthandlungen, doch kann diese Gefährdung auch hier nicht verleugnet werden. Dies sind die unterschiedlichen Intensitätsgrade hinsichtlich der Rechtsgutsgefährdung, die unter § 331 StGB zusammengefaßt werden. Sie zeigen sich etwa auch am gegenüber dem Tatbestand nur engen Anwendungsbereich der Genehmigungsregelung in § 331 Abs. 3 StGB, der für die Alternative des Forderns eines Vorteils nach dem Wortlaut des Gesetzes gerade nicht anwendbar ist. Auch für die Konstellationen der §§ 332 Abs. 3 bzw. 334 Abs. 3 StGB muß deshalb das Vertrauen der Allgemeinheit nicht als unmittelStächelin, S. 311. Eine treffende Charakterisierung von Willensbildungsprozessen in demokratischen Strukturen findet sich bei Zippelius, Staatslehre, § 16 I 3. 200 Lackner / Kühl, § 331 Rn. 1. 201 Haft, BT, S. 293. Das Vertrauen der Allgemeinheit wird auch regelmäßig für die Unbeachtlichkeit der Mentalreservation in § 332 Abs. 3 bzw. § 334 Abs. 3 StGB herangezogen, die sich gerade durch die Gefährdung des Vertrauens der Allgemeinheit erklären lasse, Schönke / Schröder / Cramer, § 332 Rn. 16. 202 Dazu nur Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 3; krit. Kargl, ZStW 114, S. 786, der bereits bei einer tatbestandlichen Vorteilsannahme das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes nachhaltig erschüttert sieht. 203 Ransiek, StV 1996, S. 450. 198 199
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bares Rechtsgut bemüht werden. Zeigt sich der Amtsträger im Vorfeld einer künftigen Diensthandlung, wie es der Wortlaut vorsieht, zu einer Pflichtwidrigkeit bereit, so liegt darin eine über § 331 StGB hinausgehende Gefährdung – wohlgemerkt nicht Verletzung – der Sachlichkeit der Amtsführung. Denn kommt es tatsächlich zu einem solchen Pflichtverstoß, was der Tatbestand zu seiner Vollendung allerdings nicht voraussetzt, so ist das genannte Rechtsgut unmittelbar verletzt. Wenn auch der Amtsträger von vornherein insgeheim die Erbringung der Diensthandlung selbst ausschließt oder doch zumindest den Verstoß gegen Dienstpflichten, so muß er sich dennoch des von ihm gesetzten Anscheins der Pflichtwidrigkeit mindestens im Maße eines Eventualvorsatzes bewußt sein. Von diesem tatbestandlich geforderten subjektiven Handlungsteil wird dann aber auch die zusätzliche Gefahr der Käuflichkeit erfaßt, als sich nämlich der Amtsträger dadurch erpreßbar macht, in Loyalitätskonflikte geraten und sich veranlaßt sehen kann, den Verlockungen der – zunächst nur scheinbar vermittelten – Käuflichkeit zu erliegen. Deshalb muß auch hier nicht auf eine Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit abgestellt werden, weil sich dessen Gefährdung zwangsläufig mittelbar aus der Beeinträchtigung der sachlichen Amtsführung ergibt.
II. Unterschiede in der Intensität des Rechtsgutsangriffs Die §§ 331, 333 StGB einerseits und die §§ 332, 334 StGB andererseits schützen zwar gleichermaßen die Sachlichkeit der Amtsführung, die wiederum das in sie von der Allgemeinheit gesetzte Vertrauen vermittelt. Beiden Deliktsgruppen liegt auch ein gemeinsamer Unrechtskern, nämlich die sog. Unrechtsvereinbarung,204 zugrunde, innerhalb derer die Zuwendung eines Vorteils in ein als Unrecht zu bewertendes Beziehungsverhältnis zur Dienstausübung bzw. zu einer Diensthandlung gestellt wird. Insoweit hat sich durch die neue Gesetzesfassung nichts geändert, wenngleich im Rahmen von Vorteilsannahme und -gewährung nicht mehr eine Diensthandlung, sondern vielmehr die bloße Dienstausübung Anknüpfungspunkt der Zuwendung sein kann.205
1. Verschiedenheit der Angriffsmittel Ausgehend von der zentralen, strukturellen Gemeinsamkeit beider Deliktsgruppen, der Unrechtsvereinbarung, lassen sich aber auch ihre Unterschiede verdeutlichen. Der Begriff der Unrechtsvereinbarung umschreibt in einer wertenden Be204 Nach anfänglichen Zweifeln soll sich daran auch durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997 nichts geändert haben, so jedenfalls die heute einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dazu ausführlich § 19 II. 205 LK-Bauer / Gmel, §§ 331 – 338 Rn. 12, 13; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 78 ff.; dazu ausführlich unter § 19.
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trachtung die Qualität des Beziehungsverhältnisses zweier Anknüpfungspunkte, bestehend aus den Merkmalen der Vorteilszuwendung als dem einen Element und dem Bezugsobjekt dieser Zuwendung in Form der Dienstausübung bzw. einer Diensthandlung als dem anderen. Mit dem Begriff der „Vereinbarung“ wird zwar das in den §§ 331 ff. StGB vorausgesetzte Gegenleistungsverhältnis beschrieben, das den Tatbestand der Vorteilsannahme vom rein dienstrechtlichen Verbot der Geschenkannahme unterscheiden soll, zu einer „Unrechts“vereinbarung wird dieses Verhältnis aber nur aus einer Gesamtschau der vom Gegenleistungsverhältnis in Beziehung gesetzten Zuwendung mit dem jeweiligen dienstlichen Handeln. Betrachtet man deshalb diese beiden Bezugspunkte jeweils für sich, um das darin enthaltene Unrecht näher zu lokalisieren, ergibt sich für die beiden Deliktsgruppen folgendes Bild: Die von den Tatbeständen der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung geforderten Unrechtsvereinbarung verlangt eine Verknüpfung zu überhaupt einer dienstlichen Tätigkeit, die sich hier gerade als eine pflichtgemäße darstellt. Eine rechtsgutsbezogene Gefährdung findet sich darin nicht. Zum Angriff auf die Sachlichkeit der Amtsführung kommt es statt dessen durch das erste Element innerhalb des Beziehungsverhältnisses, nämlich durch das Fordern, Sich-Versprechen-lassen oder gar Annehmen eines Vorteils, also durch die intendierte oder gar erfolgte Entgegennahme eines Vorteils, die in ein Gegenleistungsverhältnis zu einer dienstlichen Tätigkeit gestellt wird. Indem sich der Amtsträger seine amtliche Dienststellung zu seinem eigenen, persönlichen Vorteil zunutze / gefügig macht, unterwandert er die staatliche Repräsentationsfunktion des Amtes. Es ist also dieser Mißbrauch zu eigenen Zwecken, weshalb das Beziehungsverhältnis von Vorteilszuwendung und dienstlicher Tätigkeit als Unrechtsvereinbarung einzustufen ist. Für die §§ 332, 334 StGB besteht das rechtsgutsrelevante Moment innerhalb der Unrechtsvereinbarung freilich in der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung, also im Bezugsobjekt der Zuwendung. In ihr verkörpert sich die Auflehnung des Amtsträgers oder sonstigen Sonderpflichtigen gegenüber dem Staat als demjenigen, den er nach außen hin repräsentiert. Durch diese Pflichtwidrigkeit kommt es zu einem schweren und elementaren Verstoß des jeweils in die Pflicht Genommenen in einer auf Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit angelegten Staatsordnung: der Verstoß gegen Recht und Gesetz, an die jede staatliche Gewalt bereits durch die Verfassung in Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG gebunden ist.
2. Qualität und Intensität der Angriffsmittel Ausgehend von der Sachlichkeit der Amtsführung als unmittelbarem Rechtsgut zeigt sich die Pflichtwidrigkeit einer Diensthandlung in den §§ 332, 334 StGB – personalisiert ausgedrückt – als der unmittelbare Antagonist der zu schützenden Sachlichkeit. Anders stellt sich dagegen die Sachlage innerhalb der §§ 331, 333 StGB dar. Dort wird gerade nicht vorausgesetzt, daß es zu einem solchen Verstoß
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gegen Dienstpflichten bei Vornahme bzw. Zusage der Diensthandlung kommt. Wie bereits festgestellt konzentriert sich das Gefahrenpotential dort allein auf die in der Entgegennahme usw. eines Vorteils selbst liegende Pflichtwidrigkeit. Diese verkörpert für sich gesehen unabhängig von der Vornahme der Diensthandlung bereits eine Dienstpflichtverletzung. Erst durch diese Beschränkung auf pflichtgemäßes dienstliches Handeln erlangt § 331 StGB einen gegenüber § 332 StGB eigenständigen Anwendungsbereich. Zweifelsohne spiegelt sich in den §§ 331, 333 StGB dann aber ein weit geringeres Gefährdungsmoment wider, als es bei den §§ 332, 334 StGB der Fall ist. Die §§ 331, 333 StGB sind in jeder Handlungsvariante abstrakte Gefährdungsdelikte,206 gleichgültig, welche Rechtsgutsauffassung man favorisiert. Bereits Eberhard Schmidt brachte diesen Unterschied auf den Punkt:207 Der große Qualitätsunterschied besteht darin, daß die pflichtwidrige Amtshandlung „den Staatswillen verfälscht“, daß sie das vom Staat durch seine Organe zu Leistende depraviert und das staatliche Handeln auf die Seite des Unrechts drängt. Der Beamte, der sich dazu – noch dazu gegen Bezahlung – hergibt, verwirklicht schwerstes Unrecht. Damit ist aber qualitätsmäßig das nach § 331 zu beurteilende Handeln gar nicht vergleichbar.
Denn schon weit im Vorfeld wollen Vorteilsannahme und -gewährung einer späteren Manipulation staatlicher Entscheidungen dadurch vorbeugen, daß sie die Entstehung persönlicher Beziehungsgeflechte eines Amtsträgers mit außenstehenden Dritten unterbinden, die sich gerade entwickeln, wenn außerdienstliche Zuwendungsverhältnisse aufgebaut werden. Diese Geflechte wiederum bergen nämlich die Gefahr in sich, daß der Amtsträger aus den unterschiedlichsten Motiven, etwa Freundschaft, Dankbarkeit, Erpressbarkeit, Gier oder Geldnot, in Versuchung gerät, nicht mehr nur wie bisher eine rechtmäßige, sondern eine pflichtwidrige Diensthandlung vorzunehmen bereit ist. Steht eine solche Manipulation schließlich im Raum, so geht das strafrechtliche Unrecht von Vorteilsannahme bzw. -gewährung in Bestechlichkeit bzw. Bestechung über. Die §§ 332, 334 StGB ebenfalls in die Deliktskategorie der abstrakten Gefährdungsdelikte einzuordnen ist dagegen nur für diejenigen zwingend, die vom Vertrauen der Allgemeinheit als Schutzzweck der §§ 331 ff. StGB ausgehen. Bevorzugt man dagegen – wie dargelegt mit guten Gründen208 – den Schutz der sachlichen Amtsführung vor Verfälschung, so gestaltet sich eine Einordnung weniger eindeutig. Handelt es sich um einen Vorteil für ein künftiges pflichtwidriges Handeln, so werden die §§ 332, 334 StGB dem Bereich konkreter Gefährdungsdelikte zugeordnet.209 Hiergegen ließe sich allerdings – rein formal betrachtet – die inner206 So etwa Kaufmann, JZ 1959, S. 377 einerseits und SK-Rudolphi, § 331 Rn. 4, Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 3 andererseits. Wohl noch zur alten Gesetzesfassung zweifelnd, nach neuer aber nun zustimmend Lüderssen, JZ 1997, S. 115, Diettrich / Schatz, MedR 2001, S. 617. Krit. dagegen Kargl, ZStW 114, S. 786. 207 Schmidt, S. 149. 208 Dazu oben § 14 I.
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halb des materiellen Strafrechts dazu gebräuchliche formale Gesetzestechnik einwenden: Im Vergleich zu den konkreten Gefährdungstatbeständen innerhalb der Straßenverkehrsdelikte,210 der §§ 318, 323 StGB oder beispielsweise der §§ 325 Abs. 2, 328 Abs. 3 StGB211 fehlt den §§ 332, 334 StGB der typischerweise vom Tatbestand ausdrücklich geforderte, konkrete Gefährdungseintritt, der die Einordnung dieser Deliktsart in die Kategorie der Erfolgsdelikte rechtfertigt. Auch der materielle Gehalt dieser konkreten Gefahren wird dahingehend interpretiert, daß der Eintritt des Verletzungserfolges bei konkreten Gefährdungsdelikten allein vom Zufall als einem ungewissen und nicht mehr vom Willen des Täters steuerbaren Geschehensablaufes abhängen muß.212 Bei künftigem Handeln muß freilich zur Vollendung des Tatbestandes die Diensthandlung nicht mehr vorgenommen werden, wie die §§ 332 Abs. 3, 334 Abs. 3 StGB ergeben. Unrechtsvereinbarungen, die sich auf künftiges Handeln beziehen, beschreiben rein gefährdendes Verhalten. Ob allerdings die künftige Diensthandlung nachfolgend vom Amtsträger noch vorgenommen wird, steht dagegen weiter allein in dessen Macht- und Entscheidungsbereich und resultiert folglich nicht aus einem rein zufälligen Geschehensablauf. Andererseits verlangt die Rechtsprechung unter Berufung auf den Wortlaut für die Alternative einer in der Vergangenheit liegenden Diensthandlung, daß diese auch tatsächlich vorgenommen worden ist.213 Andernfalls sei lediglich täuschungsrelevantes Unrecht verwirklicht, das von § 263 StGB erfaßt werde. In einer solchen Konstellation setzt also die Vollendung des Tatbestandes – zumindest nach der Rechtsprechung – gar die Verletzung der Sachlichkeit dienstlichen Handelns voraus. Die §§ 332, 334 StGB zeigen sich in dieser Alternative also im Lichte von Verletzungsdelikten.
III. Fortführung dieser Unterschiede in der tatbestandlichen Auslegung Diese Unterschiede in der qualitativen Abstufung der Gefährdung des Rechtsgutes setzen sich zunächst im auffallend hohen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe in § 332 Abs. 1 StGB nF. gegenüber Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe in § 331 Abs. 1 StGB n.F. fort. Auch der Versuch wird allein in § 332 Abs. 1 S. 3 StGB ausdrücklich unter Strafe gestellt, obwohl es sich bei der Bestechlichkeit gegenüber der vor 1974 geltenden Fassung gegenwärtig nur noch um ein Vergehen handelt.214
209 So etwa Baumann, BB 1961, S. 1057; Dölling, JuS 1981, S. 574 Fn. 76; Schmidt, S. 149. 210 §§ 315, 315a, 315b, 315c StGB. 211 Eine weitere Aufzählung findet sich etwa bei Tröndle / Fischer, 13a Vor § 13. 212 Zur Rechtsprechung bei Lackner / Kühl, § 315c Rn. 22. 213 BGHSt 29, 300: „vorgenommen hat“.
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Eine weitere Ausprägung fand der Unterschied zwischen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit darin, daß der Gesetzgeber 1974 die Genehmigungsregelung nur für den Fall der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung, nicht aber für die Formen der Bestechlichkeit bzw. Bestechung einführte. Damit wurde die bereits in der Rechtsprechung vertretene Linie,215 daß eine Genehmigung bei pflichtwidrigen Diensthandlungen niemals in Frage komme, gesetzlich festgeschrieben.216 Eine unterschiedliche Behandlung erfahren aber auch die unter dem Begriff der Sozialadäquanz zusammengefaßten Fälle geringwertiger und nach der Verkehrssitte üblicher Zuwendungen.217 Im Bereich der §§ 331, 333 StGB wird heute allgemein ein Tatbestandsausschluß218 für all diejenigen Fälle angenommen, in denen die Vorteilsannahme, nach den Grundsätzen der sozialen Adäquanz beurteilt, „sich völlig im Rahmen der normalen, geschichtlich gewordenen sozialen Ordnung des Lebens“ bewegt.219 Dem Gedanken der Sozialadäquanz, der teilweise auch mit dem Begriff „Geringfügigkeitsprinzip“ umschrieben wird,220 kommt damit innerhalb der Korruptionsdelikte zumindest die Funktion eines Auslegungsbehelfs einzelner tatbestandlicher Merkmale zu.221 Unabhängig von der Frage, welche Merkmale des Tatbestandes anhand der Sozialadäquanz konkret eine Korrektur erfahren,222 entfalten sozialadäquate oder 214 Die Abstufungen, daß § 334 Abs. 1 StGB bereits bei drei Monaten Freiheitsstrafe beginnt und der minder schwere Fall nur eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren gegenüber drei Jahren in § 333 Abs. 1 S. 2 StGB vorsieht, lassen sich ebenso wie die mangelnde Versuchsstrafbarkeit der Bestechung dadurch erklären, daß es sich im Fall des § 334 StGB – zumindest auch – um eine vertatbestandlichte Beteiligungsregelung an der Tat des Sonderpflichtigen handelt, die sonst nach allgemeinen Grundsätzen zur Milderungsmöglichkeit des §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB führen würde. 215 OLG Hamburg HESt 2, 341 (Nr. 191); BGH in GA 1960, 113 ff. 216 BT-Drs. 7 / 550, S. 272. 217 Zur grundsätzlichen Kritik an diesem Auslegungsbehelf bereits unter § 8. 218 Während innerhalb der §§ 331, 333 StGB Rechtsprechung wie auch Literatur die Frage der Sozialadäquanz heute ausschließlich als Problem des Tatbestandes erörtern, ist im übrigen diese Einordnung im Deliktsaufbau nicht unbestritten, vgl. nur BGHSt 23, 226, 228. Ebenso Schönke / Schröder / Lenckner, vor § 13 Rn. 70; Hirsch, ZStW 74, S. 87; Roxin, AT, § 10 Rn. 36. 219 Welzel, Strafrecht 11. Auflage, S. 56; zust., um nur einige zu nennen Zipf, ZStW 82, S. 633 ff.; Schaffstein, ZStW 72 (1960), S. 375; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 23. 220 Roxin, AT, § 10 Rn. 40 Fn 78; Blessing in: Müller-Gugenberger / Bieneck, § 53 Rn. 15. 221 Schönke / Schröder / Lenckner, vor § 13 Rn. 70; Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 16 Rn. 35; Jescheck / Weigend, AT, § 25 IV 1, 2 (S. 252 f.), wonach die Sozialadäquanz sehr unbestimmt ist und damit als Auslegungsmaßstab zu Unsicherheiten führt, weshalb es nur als letztes Mittel verwendet werden sollte; kritisch auch Roxin, AT, § 10 Rn. 37 – 42, wonach die Sozialadäquanz kein besonderes „Merkmal“ des Tatbestandes darstelle, aber auch als Auslegungsprinzip durch präzisere Kriterien, wie etwa die Geringfügigkeit, ersetzt werden könne. 222 Innerhalb der Unrechtsvereinbarung, Lackner / Kühl, § 331 Rn. 10; LK-Jescheck, § 331 Rn. 9; Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 25; im Rahmen des Vorteils BGHSt 33, 338 f.; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 23 m.w.N.; Blessing in: Müller-Gugenberger / Bieneck, § 53 Rn. 15.
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geringwertige Vorteile nur innerhalb der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung eine tatbestandsausschließende Wirkung, nicht aber innerhalb der Bestechung oder Bestechlichkeit.223 Nicht richtig ist somit die Annahme, daß im Fall des § 332 StGB bis auf das Merkmal der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung der Tatbestand des § 331 StGB im übrigen voll erfüllt sein müsse.224 Ebenso ungenau ist deshalb auch der in der Literatur zu § 332 StGB häufig anzutreffende Kommentar, der Begriff des Vorteils sei mit demjenigen in § 331 StGB identisch.225 Der theoretische Hintergrund für die genannte Differenzierung liegt dabei in folgendem: Zunächst einmal wurzelt der Bereich der Sozialadäquanz in anerkannten sozialen Verhaltensnormen.226 Zwar sind auch diejenigen Verhaltensregeln, die durch Gesetz oder Gewohnheitsrecht bereits eine normative Verankerung gefunden haben, als geschichtlich gewachsen und von der Gesellschaft akzeptiert einzustufen. Diesen Verhaltensregeln fehlt aber bereits aus der Tatsache ihrer Normierung heraus, zumindest nach demokratischem Verständnis, jegliche Sozialschädlichkeit. Denn ihr Inhalt legitimiert sich über die im Parlament gefundene Mehrheit mittelbar durch die vom Volk getragene Staatsgewalt und steht damit im gesellschaftlichen Konsens. Entspricht ein Verhalten Recht und Gesetz, so ist es zunächst einmal rechtskonform227. Es ist damit – allerdings nur im weiteren Sinne – zugleich sozialadäquat, denn dieses Verhalten kann sich zu seiner Rechtfertigung auf Recht und Gesetz, auf Normen stützen. Einer darüber hinausgehenden Legitimierung durch Prinzipien der Sozialadäquanz bedarf es strenggenommen in Fällen des rechtskonformen Verhaltens nicht. Eine Gemeinschaft, sei es nun das Zusammenleben eines jeden als Mitglied seiner Familie oder das der Gesamtheit einer Gesellschaft, basiert aber nur zu einem Teil auf Verhaltensregeln, die eine gesetzliche Normierung erfahren haben. Die Sozialadäquanz im engeren Sinne beschreibt vielmehr diejenigen Bereiche, in denen eine derartige Normierung gerade fehlt; kurz gesagt handelt es sich um außerrechtliche Ordnungsvorstellungen,228 die aus ihrer geschichtlichen Übung 223 BGH LM StGB § 331 Nr. 1; BGH NStZ 1998, 194; Schmidt, Rn. 265; Dreher / Tröndle, 47. Auflage, § 332 Rn. 8; LK-Jescheck, § 332 Rn. 4; ausdrücklich auch Eser, FS Roxin, S. 201. Fälschlicherweise den bagatellartigen Charakter eines Betrages von 10 DM innerhalb einer möglichen Strafbarkeit aus Bestechlichkeit hervorhebend, Geerds, JR 1987, S. 170 f. In Österreich ist diese nur beschränkte Beachtlichkeit geringwertiger Geschenke sogar ausdrücklich im Gesetz verankert, § 304 Abs. 4 ÖsterrStGB. 224 So aber Dreher / Tröndle, 47. Auflage, § 332 Rn. 1, die aber gleichzeitig von einem Tatbestandsausschluß sozialadäquater Vorteile im Rahmen des § 331 StGB ausgehen, Dreher / Tröndle, 47. Auflage, § 331 Rn. 22. 225 Etwa in Lackner / Kühl, die den Vorteilsbegriff in § 332 überhaupt nicht mehr erwähnen; Schönke / Schröder / Cramer, § 332 Rn. 21; SK-Rudolphi, § 332 Rn. 11; Tröndle / Fischer, § 332 Rn. 9. 226 Zipf, ZStW 82, S. 633. 227 Zipf, ZStW 82, S. 637.
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heraus mehrheitlich von der Gesellschaft als nicht sozialschädlich, sondern vielmehr als gemeinschaftskonform angesehen werden. Vergleicht man nun beide Bereiche des rechtskonformen und des sozialadäquaten Verhaltens, so kommt ersterem gegenüber letzterem eine stärkere Position zu: Durch seine Normierung besitzt ersteres gegenüber dem (bisher) rein gesellschaftlich anerkannten Verhalten eine größere Durchsetzungskraft und nimmt deshalb eine Vorrangstellung ein. Im Gegenzug stellt die Sozialadäquanz nur ein die gesetzliche Regelung ergänzendes Prinzip dar und ist damit gegenüber der gesetzlichen Regelung subsidiär.229 Nach diesen grundsätzlichen Ausführungen ergibt sich damit für die §§ 332, 334 StGB folgendes Bild: Die Tatbestände der Bestechlichkeit und der Bestechung setzen jeweils eine pflichtwidrige Diensthandlung voraus, also ein nicht mehr rechtskonformes Verhalten, das dann erst recht nicht mehr vom Bereich der Sozialadäquanz im weiteren Sinne umfaßt sein kann. Stellt man dagegen die §§ 331, 333 StGB, die tatbestandlich von pflichtgemäßen Diensthandlungen bzw. – nach jetzigem Gesetzesbegriff – pflichtgemäßer Dienstausübung ausgehen, so bildet dort ein rechtskonformes Verhalten den Anknüpfungspunkt der Zuwendung. Aus diesem Umstand, daß die §§ 332, 334 StGB an ein nicht mehr rechtskonformes Verhalten anknüpfen, weil das darin unter Strafe gestellte Verhalten dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns der Verwaltung aus Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG zuwiderläuft, folgt ganz selbstverständlich, daß eine Korrektur des Tatbestandes über den Aspekt der Sozialadäquanz von Verhaltensweisen niemals in Frage kommen kann.230 Zusammengefaßt: Als sozial adäquat können nur Verhaltensweisen bezeichnet werden, die in einer Gesamtschau der Umstände von einer allgemeinen gesellschaftlichen Konsens und Billigung getragen werden. Der vorsätzliche Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit als elementarem Verfassungsgrundsatz, motiviert durch eine Zuwendung gleichgültig welchen Umfanges, ist niemals konsensfähig.
IV. Drittzuwendungen bei der Vorteilsannahme einerseits und der Bestechlichkeit andererseits Dieses Unrechtsgefälle zwischen den Delikten der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung auf der einen Seite und der Bestechlichkeit und Bestechung auf der anderen, das – wie gezeigt – in ganz vielfältigen Facetten und Nuancen dieser Normen und ihrer Auslegung zum Ausdruck kommt, rechtfertigt auch innerhalb von Zipf, ZStW 82, S. 637. Zipf, ZStW 82, S. 637. 230 Dazu auch die Ausführungen von Merges, S. 176, der allerdings zu Unrecht bei „ganz und gar unbedeutenden Pflichtverstößen“ hiervon eine Ausnahme machen möchte. 228 229
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Drittzuwendungen eine differenzierte Betrachtungsweise und kann daher wohl kaum den Charakter einer „per se ganz unplausiblen ad-hoc-Konstruktion“231 besitzen. Während § 331 StGB die bloße Annahme etc. eines Vorteils als Dienstpflichtverletzung ahndet und damit an einen Verstoß allein gegen die Verhaltensnorm des § 70 BBG anknüpft, trifft dies nicht den Charakter des § 332 StGB, dessen Unrechtsgehalt sich aus der unmittelbaren Gefährdung einer an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientierten Amtsführung ergibt. Während eine bloße Geschenkannahme im Sinne des § 70 BBG und damit in der Folge auch eine Vorteilsannahme nach § 331 StGB von der Möglichkeit ihrer Genehmigung ausgehen, durch die Genehmigung der Beamte folglich gerade nicht dienstpflichtwidrig handelt,232 bedeutet derselbe Vorgang im Zusammenhang mit einer pflichtwidrigen Diensthandlung immer eine Verletzung von Dienstpflichten. Der akzessorische Charakter des § 331 StGB233 zu den §§ 70, 54 S. 2 BBG macht es notwendig, daß dem Sonderpflichtigen ein eigennütziges Verhalten durch Annahme etc. eines persönlichen Vorteils nachgewiesen wird. Anders bei § 332 StGB: Dort liegt das tatbestandlich erfaßte Unrecht bereits in der (beabsichtigen) Verabredung eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die oberste durch die Verfassung aus Art. 20 Abs. 3, 1 Abs. 3 GG festgeschriebene Dienstpflicht gesetzmäßigen und damit rechtsstaatlichen Handelns. Auch hier handelt es sich um ein akzessorisches Delikt, als sich die zugrundegelegten Verhaltensnormen aus den allgemeinen Dienstpflichten des Sonderpflichtigen ergeben. Das in besonderem Maße verwerfliche Verhalten, sich gegen Recht und Gesetz zu stellen, hat bereits in den Tatbestandsmerkmalen des § 332 StGB, der Rechtswidrigkeit sowie in den Rechtsfolgen zu einer gegenüber § 331 StGB strengeren Auslegung geführt. Es überlagert nunmehr auch das noch bei der Vorteilsgewährung maßgebliche Kriterium des Eigennutzes in der Weise, daß letzteres selbst bei geringfügigen Zuwendungen für die Bestechlichkeit keine Relevanz mehr erlangt. Das Rechtsgut der sachlichen Amtsführung wird in gleicher Intensität berührt. Das Bezugsobjekt der Zurechnung, nämlich die pflichtwidrige Diensthandlung, genauer: bereits die Pflichtwidrigkeit als die Modalität der Diensthandlung, bewirkt eine derart schwerwiegende Gefährdung des Rechtsguts und charakterisiert den Unrechtskern des Tatbestandes so deutlich, daß es einer Beschränkung der Strafbarkeit auf Fälle rein persönlicher Vorteile nicht bedarf. Vielmehr tragen hier die persönlichen Zuwendungen, kommen sie dem Verpflichteten auch nur mittelbar zugute, den gleichen Unrechtsgehalt in sich wie diejenigen, die dem Staat oder einer anderen Person als dem Amtsträger als Vorteil zufallen.
231 So aber der Einwand von NK-Kuhlen, § 331 Rn. 48 gegenüber dem Vorschlag einer Differenzierung von Ostendorf, NJW 1999, S. 617. 232 Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 12; GKÖD, K § 70 Rn. 34. 233 Dazu oben § 12.
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Entscheidend innerhalb der Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit ist allein die Feststellung, daß sich der Sonderpflichtige durch eine von einem Außenstehenden erbrachte – gesetzlich nicht vorgesehene – Zuwendung motivieren läßt, eine pflichtwidrige Diensthandlung vorzunehmen oder zumindest eine solche im Gegenzug für diese Zuwendung anzubieten. Aus diesem Beziehungsverhältnis zu einer gegen jeden rechtsstaatlichen Grundsatz verstoßenden Diensthandlung resultiert ein Gefährdungsmoment, das sich unabhängig davon ergibt, wer letztlich Empfänger dieser Zuwendung ist. Sie kann als persönlicher Vorteil anzusehen sein oder ob im Namen des Staates zugunsten desselben, etwa für den Bau sozialer Einrichtungen, Zuwendungen gefordert, versprochen oder angenommen werden. Die Gefährdung der sachlichen Amtsführung und der mittelbar bewirkte Vertrauensverlust sind ausschließliche Folge der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung. Einer zusätzlichen Pflichtverletzung aus einem Verstoß gegen die Uneigennützigkeit der Amtsführung bedarf es hierzu nicht. V. „Das Amt vollendet die Idee der Repräsentation“ Der moderne Staat zeigt sich nach außen als ein System von Ämtern.234 Darin liegt die Repräsentation des Staates als Institution gegenüber der Gesellschaft, dem Volk. Von der Idee her soll sich das Amt losgelöst von der menschlichen Persönlichkeit des Amtsträgers bewegen, der dieses Amt innehat.235 Seine Individualität, die negativen wie positiven Eigenschaften, spielen keine Rolle. „Die Persönlichkeit mußte sich fügen, zurücktreten; das Amt war alles.“236 Dennoch: „Das Amt kann des Menschen nicht entraten, wenn es sich in Wirksamkeit setzen will.“237 Die Grundsätze, denen das Amt selbst unterworfen ist, formen damit zwangsnotwendig den Amtsträger in seinem Handeln, machen ihn berechenbar und garantieren eine sichere und dauerhafte Leistung, das Amt vollendet die Idee der Repräsentation.238 Der Amtsträger gibt damit in seinen Handlungen und Entscheidungen nicht einen persönlichen, eigenen, auf individueller Einsicht beruhenden Entschluß wieder, sondern handelt innerhalb seiner Zuständigkeit allein nach dem einem Amt innewohnenden Amtsauftrag, der sich aus dem Gemeinwesen herleitet. Die Konstruktion des Amtes hat damit den Zweck, „die Staatstätigkeit von den Unzulänglichkeiten des Menschen unabhängig zu stellen und ihre Akte ungeachtet etwaiger persönlicher Fehlsamkeit zu voller sachlicher Wirkung gelangen zu lassen.“239 Die 234 Herzog, Staatslehre, S. 95, 100; Eschenburg, HdBöffD, S. 36: „Die Ämter stellen die „Allgegenwart“ des Staates dar und sichern die Ständigkeit seiner Existenz.“ 235 Zum Ganzen Krüger, Staatslehre, § 19. 236 Krüger, Staatslehre, § 19 III 1. 237 Krüger, Staatslehre, § 19 III 1. 238 Krüger, Staatslehre, § 19 I 1. Zur Idee der Repräsentation ders., Staatslehre, § 18. 239 Krüger, Staatslehre, § 19 III 1.
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Unzulänglichkeiten des einzelnen, seine Persönlichkeit verkörpern damit regelrecht den Widersacher des Amtes, den es „auszumerzen“ gilt, um der Idee des Amtes zur Vollendung zu verhelfen.240 Die Sanktionen der §§ 331, 332 StGB verteidigen diese Unverbrüchlichkeit in der Wahrnehmung des Amtsauftrages, sichern das Amt gegen die individuelle Auflehnung des Amtsträgers als Person. Sie bestrafen gerade diese Zuwendung zur Individualität, dieses Sich-Abwenden von den Vorgaben des Amtes. Im Rahmen der Bestechlichkeit vollzieht sich dieses persönliche Fehlverhalten, dieses Sich-Auflehnen gegen das Amt und das Sich-Zuwenden zur eigenen Persönlichkeit durch das Ansinnen einer gegen Dienstpflichten, gegen Recht und Gesetz verstoßenden und damit rechtswidrigen Diensthandlung. Eine solche Auflehnung zeigen die von § 331 StGB erfaßten dienstlichen Handlungen gerade nicht. Der Vorwurf eines persönlichen Fehlverhaltens, eines SichAbwendens vom Amt und den Vorgaben über dessen Erfüllung läßt sich nur in der persönlichen Bereicherung durch die Annahme eines Geschenkes oder sonstigen Vorteils finden. Vollzieht sich eine Zuwendung unabhängig von einem persönlichen Vorteil des Amtsträgers, dann wendet sich der Amtsträger nicht vom Amt ab durch gleichzeitiges Hinwenden zu individuellen Neigungen. Er wendet sich damit nicht gegen das Amt, er greift es nicht an durch seine Individualität bzw. Persönlichkeit. „Der Amtsträger soll keinerlei andere Beweggründe und Überlegungen als die sachlichen des Amtes mehr kennen, ja er soll persönlicher Auffassungen und Bestrebungen nicht einmal mehr fähig sein.“241 Mit § 331 StGB wird lediglich die „Unpersönlichkeit seiner Motivation“242 gesichert.243
VI. Vereinbarkeit mit dem Wortlaut Dogmatisch betrachtet kommt es durch die an den Dienstpflichten des betroffenen Amtsträgers orientierte Auslegung zu einer Tatbestandseinschränkung von Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Auf den ersten Blick mag dieser gerade den Eigennutz des Amtsträgers hervorkehrenden Betrachtungsweise der Tatbestände dem vermeintlich eindeutigen Wortlaut der Gesetze widersprechen, die seit 1997 den „Dritten“ als Zuwendungsempfänger miteinschließen. 244 Dem ist aller240 Allerdings stets unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dazu schon oben § 13 IV. 241 Krüger, Staatslehre, § 19 III 2. 242 Krüger, Staatslehre, § 19 III 2c; ders., § 19 III 2a, aa: „Der Kampf gegen die persönliche Motivation ist wohl der schwerste Kampf, den der Staat um seine Durchsetzung zu führen hatte und in gewissem Sinne immer noch zu führen hat.“ 243 Isensee, in HdBVerfR, § 32 Rn. 17: „Das Amt ist kein Medium egozentrischer Selbstverwirklichung. Es verkörpert das Gegenethos zu Eigennutz und Eigenwilligkeit, wie von den Grundrechten freigesetzt werden.“ 244 So etwa Rönnau, JuS 2003, S. 235 und NK-Kuhlen, § 331 Rn. 47.
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dings entgegenzusetzen, daß es keineswegs zwingend ist, den Begriff des „Dritten“ in seinem Anwendungsbereich so weit zu verstehen, daß darunter jede beliebige andere natürliche wie juristische Person fällt. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, war sich selbst der Gesetzgeber über die Reichweite des „Dritten“ nicht im Klaren, sollten darunter doch zuvorderst die Fallgruppe der bislang als mittelbarer Vorteil benannten Zuwendungen erfaßt werden.245 Der Wortlaut selbst stellt lediglich als äußerste Grenze der Auslegung eine zwingende Interpretationsdirektive dar. Der Begriff des „Dritten“ selbst ist dagegen neutral. Er ist einer unbegrenzt weiten Auslegung genauso zugänglich wie einer einschränkenden. „Dritter“ besagt zunächst nur, daß es sich um eine vom Amtsträger verschiedene Person handeln muß, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ob der „Dritte“ in einem Beziehungsverhältnis zum Amtsträger stehen darf oder nicht und welcher Natur dieses Verhältnis im bejahenden Falle sein sollte, darüber kann dem Begriff des „Dritten“ keine Aussage entnommen werden. Folglich steht er dann aber auch einer am Eigennutz des Amtsträgers orientierten Auslegung nicht entgegen.
VII. Zusammenfassung Vorwerfbare Pflichtverletzung innerhalb des § 331 StGB ist der Verstoß gegen die §§ 70, 54 S. 2 BBG durch Verquickung persönlicher Vorteile mit der beruflichen Ausübung eines öffentlichen Amtes. Im Gegensatz hierzu beinhaltet § 332 StGB als überragende und dem Sonderpflichtigen vorwerfbare Pflichtverletzung den Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Bindung an Recht und Gesetz. Ihre herausragende Stellung innerhalb der Gefährdung des dahinterstehenden Rechtsgutes der sachlichen Amtsführung und mittelbar des Vertrauens der Allgemeinheit hat zur Folge, daß bei den §§ 332, 334 StGB strafbarkeitsbeschränkende Kriterien wie Sozialadäquanz der Zuwendung, Streben nach der eigenen, persönlichen Besserstellung oder die Genehmigung der Zuwendung entfallen.
§ 15 Vergleich mit Regelungen Österreichs und der Schweiz I. Österreich Die Strafvorschriften Österreichs zur Bestechungsdelinquenz weichen zu großen Teilen, insbesondere in der Systematik der Tatbestände wie auch im Umfang der Strafbarkeit von den deutschen Regelungen ab.246 Kurzer Betrachtung unterliegt deshalb auch nur der Drittvorteil und die Behandlung geringfügiger Zuwendungen. Dazu schon die Nachweise in § 9. Überhofen, in: Eser / Überhofen / Huber, S. 384 ff.; ders., S. 241 ff. Seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998 (BGBl. I [1997] / 153) verlangen die Tatbestände allerdings 245 246
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Österreich kennt anders als Deutschland bereits seit längerem den Dritten als Zuwendungsempfänger sowohl in der einfachen wie auch in der schweren Bestechung (§ 304 Abs. 1, § 304 Abs. 2 ÖStGB). Wenn sich überhaupt in der Literatur zum Begriff des Dritten eine Stellungnahme findet, so beschränkt sich diese allerdings auf das Beispiel der Ehefrau oder eines Verwandten als potentiellem Dritten.247 Der Umfang der diskutierten Drittzuwendungsfälle konzentriert sich damit auf Konstellationen des mittelbaren Vorteils, weil trotz des insoweit neutralen Begriffs des Dritten noch immer die Vorstellung herrscht, der bestechliche Beamte müsse zum privaten Nutzen handeln, sei es zu seinem eigenen oder zu dem einer ihm nahestehenden Person oder Institution.248 Erfolgt eine Geschenkannahme beispielsweise für Zwecke der Universität, so scheidet eine Geschenkannahme durch einen Beamten ebenso aus wie in dem Fall, dass die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Tagung gefördert wird, sofern der wissenschaftliche Charakter der Veranstaltung klar überwiegt.249 Für den Fall geringwertiger Vorteile, deren Grenze nach der Rechtsprechung bei 1000 öS liegt,250 ist in § 304 Abs. 4 ÖStGB ausdrücklich Straflosigkeit für den Beamten vorgesehen. Diese Regelung gilt nur für die einfache Bestechung, nicht aber für die schwere Form, und beschränkt sich wie die deutsche Genehmigungsregel nur auf angenommene und versprochene Vorteile; innerhalb der Tathandlung des Forderns bleibt es hingegen bei der Strafbarkeit auch geringfügiger Vorteile251 und entspricht damit der Unterscheidung, wie sie auch im deutschen Strafrecht vorgenommen wird.
II. Schweiz In der Schweiz kam es im Frühjahr 2000 zu einer umfassenden Reform des Bestechungsstrafrechts.252 Die zuvor noch im Schweizerischen Strafgesetzbuch verkeinen Vermögensvorteil mehr, sondern begnügen sich wie in Deutschland mit dem einfachen Begriff des Vorteils. Darüber hinaus wurde die Geschenkannahme durch Beamte (§ 304) ergänzt um „Beamter eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder ein Gemeinschaftsbeamter“. 247 Leukauf / Steininger, § 304 Rn. 8, § 308 Rn. 8; Foregger / Serini, § 304 Abs. 3, § 306 Abs. 1. 248 Fuchs, MedR 2002, S. 65. 249 Fuchs, MedR 2002, S. 66 f. 250 Überhofen, S. 259. 251 Zagler, in: Triffterer, § 304 Rn. 32 ff. 252 Revision des Korruptionsstrafrechts (Änderung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes), Änderung vom 22. Dezember 1999, BBl. 2000, 65. Einen Überblick über die neuen Vorschriften gibt Möhrenschlager, wistra 2000, Heft 3, S. VII. Sehr umfassend Auskunft über Motivation und Auslegung der einzelnen Vorschriften gibt die Botschaft des Schweizerischen Bundesrates über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes (Revision des Korruptionsstrafrechts) sowie über den Beitritt der
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streut liegenden Vorschriften253 werden nunmehr in einem eigenen 19. Titel zusammengefaßt, wobei die Tatbestände wie im deutschen Recht einerseits nach ihrer aktiven wie passiven Begehungsform, andererseits nach schwerer und einfacher Bestechung unterschieden werden. Gemeinsamkeiten mit der jüngsten deutschen Rechtsentwicklung zeigen sich vor allem inhaltlich: Zu nennen ist zunächst einmal das Kernstück dieser Tatbestände, das Beziehungsverhältnis von Vorteil und Amtstätigkeit. Wie schon der deutsche Gesetzgeber, so sah sich auch die Schweiz der Schwierigkeit ausgesetzt, daß sie einerseits bereits bloße „Goodwill-Zahlungen“ tatbestandlich erfassen wollte. Andererseits erschien die Formulierung „im Zusammenhang mit dessen / seiner amtlichen Tätigkeit“ in ihren Auslegungsmöglichkeiten zu weit.254 Man entschied sich schließlich, wie in Deutschland auch, für eine „Lockerung der Äquivalenz“, wobei aber weiterhin „nur solche Zuwendungen erfaßt werden sollen, die auf eine Beeinflussung des Amtsträgers abzielen.“255 Das strenge Äquivalenzverhältnis zwischen Vorteil und amtlicher Handlung wurde für die Fälle der Bestechung und des Sich-Bestechen-lassens dagegen beibehalten. Diese für den Bereich des Beziehungsverhältnisses von Vorteil und Amtstätigkeit noch parallele Entwicklung von deutschem und schweizer Recht, endet allerdings in der Behandlung von Drittvorteilen. Zur alten Rechtslage verlangten noch alle Tatbestände einen mindestens dem Amtsträger mittelbar zugute kommenden Vorteil.256 Während Zuwendungen an nahe Angehörige davon unstreitig erfaßt waren, gab es Abgrenzungsschwierigkeiten in solchen Fällen, in denen Zuwendungen an Vereine oder politische Parteien erbracht wurden, denen der Amtsträger rein ideell nahestand. Teilweise sollte es genügen, daß die Zuwendung an den Dritten den Amtsträger in seinen dienstlichen Handlungen irgendwie beeinflußt, andere sprachen sich wiederum dafür aus, daß die Drittzuwendung zu einer objektiv meßbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Wertsteigerung beim Amtsträger führen müsse.257 Obwohl sich damit die Ausgangslage identisch darstellte wie in Deutschland, erweiterte die Schweiz nur die Schweiz zum Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr v. 19. April 1999, BBl. 1999, 5497 ff. Einen umfassenden Überblick unter dem Schwerpunkt der Drittmittelforschung gibt Pfeifer, MedR 2002, S. 68 ff. 253 Zur alten Rechtslage ausführlich Balmelli, Die Bestechungstatbestände des schweizerischen Strafgesetzbuches; zusammenfassend Vest, in: Eser / Überhofen / Huber, S. 537 ff. und Überhofen, S. 295 ff. 254 Botschaft, 213.2. Die begrifflichen Pendants in der deutschen Diskussion lauteten „Anfüttern“ und „Zusammenhangsklausel des Bundesrates“. 255 Botschaft, 212.4, 213.2. Die Formel hierfür lautet allerdings nicht „für die Dienstausübung“, sondern „im Hinblick auf die Amtsführung“, wird aber inhaltlich gleich zu behandeln sein. 256 Stratenwerth, § 58 Rn. 6; Botschaft, 212.24. 257 Zum Streitgegenstand Balmelli, S. 152. 7 Wentzell
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Tatbestände der Bestechung und des Sich-Bestechen-lassens auf Drittvorteile. „Unter den Gesichtspunkten des Rechtsgüterschutzes und der Strafwürdigkeit ist es denn auch völlig unerheblich, ob der Vorteil dem Amtsträger selber oder einem Dritten zukommen soll, sofern der Zusammenhang zwischen Vorteil und Amtspflichtverletzung hinreichend dargetan ist.“258 Anders als in Deutschland kam es dagegen nicht zu einer Ergänzung um den Dritten als weiteren Zuwendungsempfänger innerhalb der einfachen Bestechung, „weil es hier an einer konkreten Gegenleistung (Amtshandlung) fehlt, die auch objektiv ausreichend mit einer Zuwendung an einen außenstehenden Dritten in Verbindung gebracht werden könnte.“259 Zusammengefaßt hat damit die Schweiz zwar innerhalb der schweren Bestechung das Erfordernis persönlicher Vorteile entfallen lassen. Alleiniger Maßstab strafbaren Verhaltens ist in diesem Tatbestand deshalb die Pflichtwidrigkeit der Amtshandlung260 geworden. Innerhalb der einfachen Bestechung bleibt dagegen beim Merkmal des persönlichen Vorteils. Zugleich aber wird nun die „Anfütterungsphase“ tatbestandlich miteinbezogen. Es macht sich bereits derjenige Beamte strafbar, der persönliche Zuwendungen entgegennimmt, ohne daß ein Bezug zu einer konkreten Amtshandlung festgestellt werden kann, folglich mit den Zuwendungen nach und nach ein günstiges, vertraulicheres Klima zu dem Beamten geschaffen werden sollen. Die Frage nach der Strafbarkeit bereits dieser Vorfeldhandlungen ist unabhängig davon, ob auch Drittzuwendungen tatbestandlich erfaßt werden. Angesichts dieser Tatbestandslösungen verwundert die Stellungnahme des Schweizerischen Bundesrates zur Frage der gerade in der deutschen Diskussion besonders problematischen Fälle der Drittmittelfinanzierung und des Sponsorings nicht:261 „Natürlich geht es beim Sponsoring und der Drittmittelfinanzierung zur Erfüllung von staatlichen Aufgaben um ein von der Korruption radikal abweichendes Ziel: um die offen deklarierte oder ohne weiteres deklarierbare, verantwortungsvolle freiwillige Übernahme einer öffentlichen Aufgabe durch Private. Es geht bereits von der Idee her nicht darum, Beamte private Vorteile für ihre Amtsführung und schon gar nicht für pflichtwidrige Handlungen zukommen zu lassen.“ „( . . . ) Die Abgrenzung [von echter Drittmittelfinanzierung und ,Anfüttern‘] verlagert sich hier auf die Seite der ,nicht gebührenden‘ Vorteilszuwendung. Die meisten Fälle werden Botschaft, 212.24. Botschaft, 212.24. 260 Der pflichtwidrigen Amtshandlung gleichgestellt ist dabei jede Ermessenshandlung, gleichgültig, ob die tatsächliche Entscheidung an einem Ermessensfehler leidet oder sich noch im Rahmen des sachlich vertretbaren hält. Denn auch in letzterem Fall leidet die Entscheidung – zumindest nach Ansicht des Schweizerischen Bundesrates – an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel, weil die Entscheidungsinstanz befangen sei, Botschaft, 212.32. 261 Botschaft, 213.4.; dazu auch eingehend Pfeifer, MedR 2002, S. 70 ff. 258 259
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allerdings schon deshalb ausgeschieden, weil die Drittmittel regelmässig einer Institution, also einem echten Dritten und nicht Einzelpersonen persönlich gewährt werden.“
§ 16 Vereinbarkeit mit internationalen Übereinkommen Strafrechtliche Lösungen müssen im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen der Rechtsanwendung auch noch in der Gegenwart regelmäßig nur den Maßstäben der eigenen, nationalen Rechtsordnung genügen.262 Dies mag seine Ursache darin haben, daß das Strafrecht bzw. die Legitimation der staatlichen Strafgewalt „enger als andere Bereiche mit der nationalen Souveränität verknüpft ist“.263 Wenn auch angesichts „zunehmender wirtschaftlicher und politischer Integration“264 immer eindringlicher die Forderung nach einem einheitlichen Strafgesetzbuch auf europäischer Ebene gestellt wird,265 so ist zumindest gegenwärtig der europäische Einfluß im Bereich des Strafrechts sehr begrenzt.266 Eine Ausnahme von dieser geringen staatenübergreifenden Harmonisierung von Sanktionsnormen macht allerdings der Bereich der Korruption.267 Ausgangspunkt korruptionsrechtlicher Bestrebungen auf europäischer Ebene war das auf Vorschlag der Europäischen Kommission zustande gekommene „Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften“268, dem am 26. 7. 1995 alle Mitgliedsstaaten der EU zugestimmt hatten. Nach seinem Inhalt sollen Betrügereien zu Lasten der Gemeinschaften durch besonders weitreichende Strafgesetze erfaßt werden.269 Dieses Übereinkommen gab zugleich den Anstoß für ein ergänzendes (Erstes) Protokoll. Dieses forderte den umfassenden Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften gerade im Bereich der Erhebung, Verwaltung oder Bewilligung von Gemeinschaftsmitteln vor Gefahren, die aus möglichen Bestechungshandlungen von und gegenüber den hierfür zuständigen Gemeinschaftsbeamten resultieren.270 Seine Transformation in das 262 Dazu Musil, NStZ 2000, S. 68 ff; Kühl, ZStW 109, S. 780, 786 ff.: „ein europäisches Einheitsstrafrecht auf EU-Ebene in absehbarer Zeit nicht zu erwarten“, S. 779. 263 Oppermann, Rn. 1260. 264 Oppermann, Rn. 1260. 265 Vgl. etwa die Ausführungen von Sieber, JZ 1997, S. 369 ff.; zumindest ist die Tendenz festzustellen, die nationalen Strafrechtssysteme zu harmonisieren, so Dannecker, JZ 1996, S. 869. 266 Maßnahmen auf europäischer Ebene hatte Art. K.3 II b EUV ermöglicht, die sich nach den Änderungen durch den Amsterdamer Vertrag in Art. 34 II EUV wiederfinden; eingehend dazu Musil, NStZ 2000, S. 69. 267 Ausführlichst dazu Korte, wistra 1999, S. 81 ff. 268 ABl. Nr. C 316 vom 27. 11. 1995, S. 48 ff. 269 Dazu etwa Dannecker, JZ 1996, S. 876 f. 270 Protokoll vom 27. 9. 1996, ABlEG Nr.C 313 / 1 v. 23. 10. 1996; abgedruckt in BT-Drs. 13 / 10424 S. 8 – 10. Das Zweite Protokoll vom 19. 6. 1997, ABlEG Nr. C 221 / 11
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nationale Recht fand dieses Protokoll durch das EU-Bestechungsgesetz (EUBestG).271 Gleichzeitig erfüllte die Bundesrepublik Deutschland durch diese Umsetzung auch ihre Verpflichtung aus dem Übereinkommen vom 26. 5. 1997 über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der EG oder der Mitgliedstaaten der EU beteiligt sind.272 Die gesetzlichen Regelungen sehen dabei – allerdings beschränkt auf die Tatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung – insbesondere eine Gleichstellung von inländischen Amtsträgern mit Amtsträgern der Mitgliedstaaten und der Organe der Europäischen Union vor (Art. 2 § 1 EUBestG).273 Kurze Zeit zuvor war bereits das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung (IntBestG) in Kraft getreten.274 Dessen Grundlage bildete ein internationales Übereinkommen vom 17. 12. 1997,275 das vom Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet worden war,276 und sich vornehmlich den Schutz der wirtschaftlichen Entwicklung und der internationalen Wettbewerbsbedingungen zum Ziel gesetzt hatte.277 Gegenstand dieses Gesetzes war zunächst die Ausdehnung des Amtsträgerbegriffes für den Anwendungsbereich der Bestechung (§ 334 StGB). Dieser umfaßt nunmehr nicht nur nach deutschem Recht verpflichtete Amtsträger,278 sondern auch Richter und Amtsträger ausländischer Staaten und internationaler Organisationen. Des weiteren wurde ein neuer Straftatbestand geschaffen, in dem die Bestechung ausländischer v. 19. 7. 1997 behandelt Fragen der „Geldwäsche“, der „Verantwortlichkeit juristischer Personen“ sowie der „Einziehung und des Verfalls“, vgl. näher Korte, NJW 1998, S. 1464 ff. 271 Gesetz v. 10. 9. 1998, BGBl. II, 2340, in Kraft seit dem 22. 9. 1998. 272 ABlEG Nr.C 195 / 1 v. 25. 6. 1997. Noch nicht abgeschlossen sind Ergänzungen der „Bestechung im privaten Sektor“, dazu Möhrenschlager, wistra 1999, Heft 3, S. IX f. und BR-Drs. 910 / 98. 273 Weiterhin wird eine Regelung für die Anwendung deutschen Strafrechts im Fall von Taten, die im Ausland begangen werden, getroffen; BGBl. II (1998), 2340. 274 Gesetz v. 10. 9. 1998, BGBl. II, 2327; in Kraft getreten am 15. 2. 1999. 275 Text abgedruckt in BT-Drs. 13 / 10428 S. 9 – 16 und BGBl. II (1998), 2329. 276 Es begann mit einer Entschließung vom 27. 5. 1994 (C (94) 75 / FINAL) des Rates der OECD, der zunächst einmal den Mitgliedsstaaten wirksamere Bekämpfungsmaßnahmen im Bereich derjenigen Bestechungshandlungen, die sich auf den internationalen Geschäftsverkehr bezogen. Nach einer eingehenden Revision dieser Empfehlung und deren Annahme durch den Rat am 23. 5. 1997 (C (97) 123 / FINAL) sollte ein internationales Übereinkommen in Angriff genommen werden, das bei einer Konferenz auf Diplomatenebene in Paris vom 18. bis 21. 11. 1997 ausgehandelt wurde, vgl. die Denkschrift zum Übereinkommen, BT-Drs. 13 / 10428, S. 20. 277 Präambel des Übereinkommens, BGBl. II (1998), 2329; Krause / Vogel, RIW 1999, S. 488 ff. 278 Nach der früheren Rechtslage lehnte sich der Amtsträgerbegriff an § 7 AO an, der wiederum eine Bestellung des Amtsträgers nach deutschem Recht voraussetzte, was aber bei ausländischen Beamten und den meisten Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften nicht der Fall ist, vgl. ausführlich Heinrich, S. 554 ff., LK-Gribbohm § 11 Rn. 20. Zur Frage, warum bisher eine solche Strafbarkeit fehlte und woher der Handlungsbedarf resultierte, vgl. die Darstellung bei Korte, wistra 1999, S. 81, 82.
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Abgeordneter im Zusammenhang mit dem internationalen geschäftlichen Verkehr geregelt wird (Art. 2 § 2 IntBestG).279 Beide Regelungsbereiche, sowohl der des EuBestG wie auch der des IntBestG, ergänzen damit zwar den Umfang des Kreises der Sonderpflichtigen, wie ihn § 11 Abs. 1 Nr. 2 – 4 StGB definieren. Allerdings erfolgte die gesetzliche Regelung bisher noch außerhalb des Strafgesetzbuches, weil weitere Übereinkommen seitens des Europarates zwar geplant sind, deren Abschluß aber bisher noch auf sich warten ließ.280 Doch auch die vom Europarat in Straßburg bisher ausgearbeiteten Abkommen lassen keine weitergehenden Vorschriften gegenüber den dargestellten internationalen Regelungen erwarten.281 In jüngerer Zeit beschlossen wurden ein Abkommen über die Bekämpfung der internationalen Korruption auf staatlicher wie auf privatwirtschaftlicher Ebene282 und ein zweites Abkommen283, in dem sich die Unterzeichnerstaaten zum Schutz von Opfern korruptiver Praktiken verpflichten, diesen auf zivilrechtlicher Ebene Haftungs- und Entschädigungsmechanismen zur Seite zu stellen und damit auch auf diesem Wege zur Korruptionsbekämpfung beizutragen.284 Interessant für die hier zu behandelnde Thematik ist aber weniger die auf internationaler Ebene vordringliche Gleichstellung innerhalb des Amtsträgerbegriffs, sondern vielmehr der in den Übereinkommen vorausgesetzte Inhalt derjenigen Straftatbestände, auf die jeweils Bezug genommen wird, also die Tatbestände der Bestechlichkeit sowie der Bestechung. Im Fall des EUBestG findet sich für die Bestechlichkeit folgende Formulierung:285
279 Darüberhinaus gelten die deutschen Strafvorschriften auch in Fällen, in denen ein Deutscher die Tat im Ausland begeht, unabhängig vom Recht des Tatorts (Art. 2 § 3 IntBestG) wie diese erweiterten Straftatbestände des IntBestG nun auch Vortaten im Sinne von § 261 I 2 Nr. 2a StGB sind (Art. 2 § 4 IntBestG). Dazu auch Heinrich, S. 558. 280 Borchmann, NJW 2000, S. 260. 281 Einen Überblick bietet Pieth, in: Pieth / Eigen, S. 342 ff., 612 ff.; kritisch König, JR 1997, S. 404; Möhrenschlager, wistra 1999, Heft 12, S. V f. 282 Vom 27. 1. 1999; Council of Europe-Treaty ETS No. 173: Criminal Law Convention on Corruption. 283 Vom 4. 11. 1999; Council of Europe Treaty ETS No.174: Civil Law Convention on Corruption. 284 Vgl. den Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarates für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1997, in dem auch über die Leitlinien der Multidisziplinären Gruppe über Korruption (GMC) berichtet wird, BT-Drs.13 / 11309, S. 5. 285 Im Protokoll, das im Anschluß an den Gesetzestext in BGBl. II (1998), 2340, 2342 f. abgedruckt ist. Durch die weitere Umsetzung des Übereinkommens vom 26. 5. 1997 über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union beteiligt sind, konnte auf das Erfordernis der Verletzung finanzieller Interessen verzichtet werden und es genügte wegen der schon zuvor erbrachten Ausdehnung der §§ 332, 334 StGB durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz der bloße Verweis auf die §§ 332, 334 StGB.
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Kapitel 3: Analyse
Bestechlichkeit (1) Für die Zwecke dieses Protokolls ist der Tatbestand der Bestechlichkeit dann gegeben, wenn ein Beamter vorsätzlich unmittelbar oder über eine Mittelsperson für sich oder für einen Dritten Vorteile jedweder Art als Gegenleistung dafür fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, daß er unter Verletzung seiner Dienstpflichten eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes vornimmt oder unterläßt, wodurch die finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften geschädigt werden oder geschädigt werden können. (2) Jeder Mitgliedsstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die in Absatz 1 genannten Handlungen Straftaten sind.
Ganz ähnlich lautet die im OECD-Übereinkommen definierte Form der Bestechung:286 Bestechung (1) Jeder Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um nach ihrem Recht jede Person mit Strafe zu bedrohen, die unmittelbar oder über Mittelspersonen einem ausländischen Amtsträger vorsätzlich, um im internationalen Geschäftsverkehr einen Auftrag oder einen sonstigen unbilligen Vorteil zu erlangen oder zu behalten, einen ungerechtfertigten geldwerten oder sonstigen Vorteil für diesen Amtsträger oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, damit der Amtsträger in Zusammenhang mit der Ausübung von Dienstpflichten eine Handlung vornimmt oder unterläßt. (2) Jeder Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die Beteiligung an der Bestechung eines ausländischen Amtsträgers einschließlich der Anstiftung der Beihilfe und der Ermächtigung unter Strafe zu stellen. Der Versuch der Bestechung und die Verabredung zur Bestechung eines ausländischen Amtsträgers stellen in demselben Maß Straftaten dar wie der Versuch der Bestechung und die Verabredung zur Bestechung eines Amtsträgers dieser Vertragspartei. (3) . . . (4) Im Sinne dieses Übereinkommens a) . . . b) . . . c) umfaßt der Ausdruck „im Zusammenhang mit der Ausübung von Dienstpflichten eine Handlung vornehmen oder unterlassen“ jede Nutzung der Stellung des Amtsträgers innerhalb oder außerhalb seines ihm übertragenen Zuständigkeitsbereichs.
Nach den Gesetzesänderungen im Bereich der §§ 331 ff. StGB durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz im Jahre 1997 hielt es der Gesetzgeber nun nicht mehr für notwendig, über die genannte Erweiterung im Rahmen des Amtsträgerbegriffes hinaus eine weitere Veränderung innerhalb der Tatbestandsmerkmale der §§ 332, 286 Im Übereinkommen, das im Anschluß an den Gesetzestext in BGBl. II (1998), 2327, 2330 f. abgedruckt ist. Im Gegensatz zum EUBestG wurde im Übereinkommen der OECD nur die aktive Bestechung im Wettbewerb unter Strafe gestellt, worin sich durch die unterschiedlichen Interessen der Unterzeichnerstaaten widerspiegeln, dazu Korte, wistra 1999, S. 82 f.
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334 StGB vorzunehmen. Denn die seit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz geltende Gesetzesfassung entspricht seiner Meinung nach den internationalen Vorgaben, nachdem vor allem die §§ 332, 334 StGB „nunmehr auch die Drittzuwendung unter Strafe“ stellen.287 Diese Entscheidung kann sicherlich insoweit kritisiert werden, als zumindest das IntBestG sich im Bereich der Korruptionsdelinquenz den Zusammenhang des Vorteils mit der Ausübung der Dienstpflichten genügen läßt. Dieser ist aber nach deutscher Gesetzeslage nur in den §§ 331, 333 StGB vorgesehen. Die §§ 332, 334 StGB verlangen demgegenüber ein von der tatbestandlichen Reichweite engeres Gegenleistungs- bzw. Äquivalenzverhältnis.288 Zurückkommend auf die Drittzuwendungen, die ganz ausdrücklich in beiden Formulierungen erwähnt werden, gibt nur der erläuternde Bericht zur Denkschrift des EUBestG näheren Aufschluß darüber, was unter diesem Begriff zu verstehen ist:289 2.3 Der Straftatbestand erfaßt auch den Fall, daß der Beamte nicht für sich selbst, sondern für einen Dritten, wie seinen Ehegatten oder Lebenspartner, einen engen Freund, eine politische Partei oder eine sonstige Organisation, beispielsweise eine Zuwendung oder einen sonstigen Vorteil verlangt.
Angesichts der Formulierung „oder sonstige Organisation“ kann man darauf schließen, daß die Gesetzesfassung tatbestandlich den Eigennutz des Amtsträgers nicht verlangt; auch finden sich keinerlei sonstige Hinweise auf das Erfordernis der eigennützigen Verhaltensweise des Amtsträgers. Wenn die Unterzeichnenden der jeweiligen Abkommen eine solche Restriktion beabsichtigt hätten, wäre sie darin aufgenommen worden. Denn es handelt sich hier um ein die Strafbarkeit begrenzendes Merkmal. Auch für die dem OECD-Übereinkommen zugrundeliegende und damit für das IntBestG maßgebliche Auslegung des „Dritten“ als Zuwendungsempfänger wird ein Beziehungsverhältnis des Amtsträgers zu diesem Dritten abgelehnt.290 Auf internationaler Ebene erfahren Drittzuwendungen demzufolge eine völlig unbeschränkte Auslegung. Es stellt sich damit die Frage, wie dies mit der vorgeschlagenen Lösung zu vereinbaren ist. Doch auch in dieser Hinsicht läßt sich, auf den ersten Blick vielleicht überraschend, ein Einklang herstellen: Bereits das Übereinkommen im Bereich der Europäischen Gemeinschaften bezog sich lediglich auf solche Bestechungshandlungen, die eine Verletzung der Dienstpflichten zum Gegenstand haben.291 Der bundesdeutsche Gesetzgeber setzte das Protokoll in der Folge auch nur für den Bereich der Bestechlichkeit und der Bestechung in 287 288 289 290 291
Denkschrift BT-Drs. 13 / 10424, S. 13; ebenso Zieschang, NJW 1999, S. 106. Weitere Kritik von Gänßle, NStZ 1999, S. 544 f. BT-Drs. 13 / 10424, S. 17. Krause / Vogel, RIW 1999, S. 490; ihnen folgend Taschke, StV 2001, S. 79. Protokoll BT-Drs. 13 / 10424, S. 9; ebenfalls abgedruckt in BGBl. II (1998), 2343.
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nationales Recht um.292 Gleiches gilt für das IntBestG. Auch hier beschränkte der Gesetzgeber die Umsetzung auf die Straftatbestände der §§ 332, 334 StGB.293 Im Unterschied zu den genannten Beschlüssen auf Europäischer Ebene war eine solche Begrenzung der Verpflichtung zur Umsetzung allerdings dem Inhalt des Übereinkommens nicht zu entnehmen. Dieser war vielmehr neutral formuliert, so daß sicherlich zu Recht die kriminalpolitische Frage gestellt werden kann, warum zur effektiven Abwehr von korruptiven Praktiken im internationalen Geschäftsverkehr dieser Bereich nur von den §§ 332, 334 StGB, nicht aber auch von den §§ 331, 333 StGB erfaßt werden sollte.294 Andererseits läßt sich aber zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen ein Konsens in der Ahndung korrupten Verhaltens nur im Bereich von Vorteilen für pflichtwidriges dienstliches Handeln erkennen. Sonst aber bestehen doch erhebliche Unterschiede, weshalb sich eine Begrenzung in der Umsetzung zumindest unter diesem Aspekt rechtfertigt.295 Der dargestellte Lösungsansatz steht damit den internationalen Verpflichtungen, denen sich das deutsche Recht stellen muß, nicht entgegen. Die Strafbarkeit bestechlichen Verhaltens nach § 332 StGB ist frei von einer zusätzlichen Beschränkung auf persönliche Vorteile. Sie bemißt sich ausschließlich an dem in den Vorsatz der Beteiligten aufgenommenen Gegenleistungsverhältnis eines Vorteils für den Amtsträger zu einer gegen die Dienstpflichten verstoßenden Diensthandlung. Eine Korrektur anhand eigennützigen Verhaltens erfolgt nur in den Tatbeständen der Vorteilsannahme wie Vorteilsgewährung, die aber gerade nicht, wie dargelegt, von der Pflicht zur Umsetzung internationaler Beschlüsse in nationales Recht betroffen sind.
292 Art. 2 §§ 1, 2 des EUBestG, BGBl. II (1998), 2340. Der Gesetzgeber hätte auch die bloße Vorteilsannahme bzw. -gewährung miteinbeziehen können, was aber im Gegensatz zu den §§ 332, 334 StGB nicht zwingend war. 293 Taschke, StV 2001, S. 79. 294 Zur Kritik Gänßle, NStZ 1999, S. 543, 544. Der Gesetzgeber begründete seinen Schritt damit, daß eine Angleichung auch im Bereich rechtmäßiger Diensthandlungen nicht ausdrücklich verlangt werde, sofern die Strafbarkeit wegen pflichtwidriger Diensthandlungen auch die Beeinflussung im Bereich von Ermessensentscheidungen umfasse, vgl. BT-Drs.13 / 10428, S. 6 mit Verweis auf die Erläuterungen Nr. 3 BT-Drs. 13 / 10428, S. 23. 295 Dölling, ZStW 112, S. 353.
Kapitel 4
Anwendung der Strafnormen Handelt es sich ausnahmsweise um die Konstellation einer Drittzuwendung, die unter dem Verdacht steht, einen Straftatbestand der §§ 331 ff. StGB zu erfüllen, so wurde im vorangegangenen Kapitel dargestellt, welche Besonderheit dabei trotz des vermeintlich eindeutigen Gesetzeswortlautes seit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz zu beachten ist: Der Vorwurf, strafrechtliches Unrecht begangen zu haben, setzt in den Tatbeständen der Vorteilsannahme wie -gewährung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal jeweils ein eigennütziges Handeln des Amtsträgers voraus (§§ 54 S. 2, 52 Abs. 1 BBG). Der Vorteil muß dem Beamten als Privatperson zugute kommen; er selbst muß Adressat und Empfänger der Zuwendung sein. Dies ist augenfällig in all denjenigen Fällen, in denen er selbst die Zuwendung tatsächlich entgegennimmt oder dies zumindest vereinbart wird, was für die Alternativen des Forderns wie des Sich-Versprechen-lassens genügt. Doch auch bei Zuwendungen an Dritte scheiden die Tatbestände der §§ 331, 333 StGB wie schon nach alter Rechtslage vor 1997 nicht von vornherein aus, sondern nur in denjenigen Fällen, in denen dem Amtsträger die Zuwendung an den Dritten nicht als eigene zugerechnet werden kann. Wird aber dem Amtsträger zugleich ein mittelbar eigener Vorteil aus dieser Drittzuwendung zuteil, so ist dieser Fall einer unmittelbaren Zuwendung an den Amtsträger strafrechtlich wie dienstrechtlich gleichzustellen. Bei den Tatbeständen der Bestechung wie der Bestechlichkeit hingegen kann auf das ungeschriebene Merkmal des eigennützigen Verhaltens verzichtet werden. Die diesen Tatbeständen zugrundeliegende Dienstpflichtverletzung verkörpert sich bereits in der Bereitschaft des Amtsträgers, eine gegen Recht und Gesetz verstossende Diensthandlung gegen Zuwendung eines Vorteils, für wen auch immer, vorzunehmen.1 Die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale zeigt nun gerade in Fällen von Drittzuwendungen immer wieder Schwierigkeiten auf, namentlich im Bereich möglicher Vorteile, denen häufig mit einem sehr weiten Verständnis dieser Merkmale begegnet wird. Gleichzeitig erschöpfen sich aber die eingangs dargestellten Problemfälle nicht nur auf Konstellationen, in denen die Zuwendung einem Dritten gegenüber erfolgt. Die folgende Erörterung der verschiedenen Elemente dieser Straftatbestände beschränkt sich deshalb nicht nur auf die Berührungspunkte mit 1
Bzw. zu unterlassen, § 336 StGB.
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Kapitel 4: Anwendung der Strafnormen
Drittzuwendungsfällen, sondern setzt sich zugleich mit den darüber hinausgehenden Fragen innerhalb des Vorteils, der Unrechtsvereinbarung, der Genehmigung und schließlich der Konkurrenzen auseinander.
§ 17 Der Begriff des Dritten Logische Konsequenz aus der differenzierten Anwendung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals des Eigennutzes in den §§ 331, 333 StGB einerseits und den §§ 332, 334 StGB andererseits ist es, daß sich diese Differenzierung auch in der Auslegung des Merkmals „Dritter“ jeweils widerspiegelt. I. Unterscheidung des Dritten in § 331 StGB und § 332 StGB Wie bereits dargelegt, hat sich an der Rechtslage der Vorteilsannahme sowie Vorteilsgewährung nach neuer Gesetzesfassung insoweit2 nichts geändert, als elementarer Bestandteil dieser Tatbestände weiterhin ein eigennütziges Handeln des Amtsträgers ist. Geht es um den Vorwurf der Vorteilsannahme, so muß Bezugssubjekt des Vorteils der Amtsträger selbst sein. Normativer Anknüpfungspunkt dieses Tatbestandes ist eine Verletzung der beamtenrechtlichen Dienstpflicht, die sich für die Vorteilsannahme in dem dienstrechtlich verankerten Verbot der Geschenkannahme widerspiegelt, das seinerseits an das Gebot der uneigennützigen Amtsführung des § 54 S. 2 BBG anknüpft. Im Fall der Zuwendung an einen Dritten handelt es sich demzufolge nur dann um Verschleierungstaktiken zur Umgehung dieses Gebotes, wenn dem Amtsträger zumindest ein mittelbarer Vorteil zugute kommt. Andernfalls kann ihm persönlich der Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung nicht gemacht werden. Daraus folgt aber zwangsläufig, daß als Dritter regelmäßig nur solche Personen, Personenvereinigungen oder Institutionen in Frage kommen,3 zu denen der Amtsträger eine persönliche Bindung oder Beziehung hat.4 Denn sie ist die Voraussetzung dafür, daß der zunächst einem Dritten gewährte Vorteil sich überhaupt – wenn auch nur mittelbar – als ein eigener des Amtsträgers auswirken kann. 2 Läßt man die neue Begrifflichkeit „für die Dienstausübung“ in den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB außer Betracht. 3 Gribl, S. 16 f., nennt diese Fälle der besonderen Beziehung des Dritten zum Amtsträger solche der unmittelbar unechten Drittzuwendung. Diese doch sehr verwirrende Bezeichnung hat sich aber in der Literatur nicht durchsetzen können. Er unterscheidet dabei in Zuwendungen an Angehörige, Förderung dienstlicher Belange und Zuwendungen an Vereinigungen, Freunde oder Bekannte des Amtsträgers. 4 Schenkungen an die Ehefrau, die Geliebte, den Geliebten, oder auch die Vermehrung des vom Täter als Testamentsvollstrecker verwalteten Vermögens wurden von der Rechtsprechung der Gruppe mittelbarer Vorteilsfälle unterstellt, vgl. Pfeiffer / Maul / Schulte, § 331 Rn. 5.
§ 17 Der Begriff des Dritten
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Wer nun konkret als Dritter in Frage kommt, richtet sich nach der Gestaltung des Einzelfalles; entscheidend wird der nicht immer leicht zu erbringende Nachweis des für den Amtsträger erwachsenen mittelbaren Vorteils sein.5 Angehörige und Freunde des Amtsträgers, Vereine, in denen er sich engagiert, oder Parteien, deren Mitglied er ist, gehören jedenfalls zum Kreis derer, die als mögliche Dritte im Sinne der Vorteilsannahme und erst recht im Sinne der Bestechlichkeit in Betracht kommen. Darüber besteht in Literatur wie Rechtsprechung allgemeiner Konsens.6 Diese Beschränkung auf eigennütziges Verhalten des Amtsträgers gilt im Rahmen der §§ 332, 334 StGB nicht mehr. Bezugssubjekt des Vorteils kann jedermann sein, unabhängig von der Person des Amtsträgers. Dieser wird bereits durch das Erfordernis einer konkreten oder doch konkretisierbaren Unrechtsvereinbarung zwischen ihm und dem Zuwendenden, durch die eine Diensthandlung in der Hand des Amtsträgers zu einem käuflichen Objekt gemacht wird, vom Tatbestand in die Tathandlungen eingebunden. Angesichts der Schwere des im Verkauf einer gegen Recht und Gesetz verstoßenden Diensthandlung liegenden Unrechts und der bereits darin verkörperten Dienstpflichtverletzung wird ein – in den Fällen der §§ 331, 333 StGB allerdings noch vorausgesetztes – eigennütziges Handeln des Amtsträgers nicht verlangt. Als Dritter im Sinne von § 332 StGB kommt demzufolge von vornherein jede Person oder Institution in Betracht, unabhängig davon, ob der Amtsträger zu diesem Dritten in einer persönlichen Beziehung steht bzw. ob er ein persönliches Interesse in Form eines eigenen mittelbaren Vorteils an der Zuwendung hat.
II. Der Staat als Dritter Von der Rechtsprechung wurde schon in früheren Entscheidungen der Staat selbst, in dessen Interessenkreis der Amtsträger oder der für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete tätig wird, als dritter Zuwendungsempfänger anerkannt. Voraussetzung war, daß dem Amtsträger aus der Zuwendung an den Staat zugleich ein eigener mittelbarer Vorteil zuteil wurde.7 Gegen diese Einschätzung regte sich nun allerdings im Zuge der Veränderungen durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz erstmals Widerspruch:8 Der Staat selbst sei Träger des Rechts5 Die Praxis greift hierbei in letzter Zeit verstärkt auf rein immaterielle Vorteile zurück, die sich vor allem unter dem Stichwort der „Mehrung von Ehrgeiz, Eitelkeit und Ansehen“ zusammenfassen lassen. Dazu näher unten, § 17 I. 6 Dazu nur SK-Rudolphi, § 331 Rn. 22. 7 OLG Hamburg HESt 2, 344 f. (Nr. 192); OLG Oldenburg Niedersächsischer Rechtspfleger 1950, 179. 8 Aus der Rechtsprechung das LG Bonn StV 2001, 292; aus der Literatur beispielhaft Wienke / Lippert, WissR 35 (2002), S. 239.
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Kapitel 4: Anwendung der Strafnormen
gutes der §§ 331 ff. StGB.9 Das Opfer dieser Taten – der Staat – könne aber nicht zugleich der kriminell begünstigte Dritte sein, der durch seinen „Agenten“ – den Amtsträger – nach außen handelt.10 Der Wortlaut jedenfalls ermögliche es, zumindest die Anstellungskörperschaft des Amtsträgers vom Kreis möglicher Dritter auszuschließen.11 Schließlich stellten rein staatsnützige Zuwendungen weder für die Makellosigkeit der Amtsführung noch für das Vertrauen der Bevölkerung in diese Amtsführung eine Gefährdung dar.12 Unterstellt man zunächst, der Staat sei tatsächlich der Rechtsgutsträger der hier zu behandelnden Delikte, so greift die auf diese Weise begründete Straflosigkeit des Amtsträgers auf den Unrechtsgehalt jedes Straftatbestandes zurück: auf die – neben einer Pflichtverletzung – notwendige Rechtsgutsverletzung durch den Täter.13 Ähnliche teleologische Deutungen, die schließlich zur Straflosigkeit des Täters führen, finden sich auch zu anderen Tatbeständen: Beispielsweise scheidet im Bereich der Hehlerei (§ 259 StGB) nach Rechtsprechung wie Literatur zumindest dann die Strafbarkeit des Hehlers aus, wer dieser die Sache nur deshalb ankauft, weil er sie dem Verletzten zurückgeben möchte.14 Problematisiert wurde in diesem Fall nur die Alternative des Sich-Verschaffens.15 Die Tathandlung des Verschaffens einem Dritten wurde überhaupt nicht erst erwogen: Der Unrechtsgehalt der Hehlerei liegt nach überwiegender Meinung in der Aufrechterhaltung und Verfestigung (Perpetuierung) einer rechtswidrigen Vermögenslage.16 Davon kann aber im genannten Fall des Verschaffens gerade zugunsten des Berechtigten an der Sache nicht die Rede sein, so daß der Berechtigte17 als Dritter im Sinne des Gesetzes von vornherein ausscheidet.18 Gleiches wird auch für die seit dem Volk, Juristentag Referat, L 42; ebenso Bernsmann, WissR 35 (2002), S. 13. Volk, Gedächtnisschrift, S. 423. 11 Dauster, NStZ 1999, S. 65, der allerdings diese Beschränkung dann im Hinblick auf das Rechtsgut schließlich ablehnt. 12 LG Bonn StV 2001, 293. 13 Schönke / Schröder / Lenckner, vor § 13 Rn. 8. 14 BGH wistra 1988, 25 mit Verweis auf BGHSt 5, 51 (jeweils obiter dicta), wobei unklar bleibt, ob hier bereits objektiv der Tatbestand ausscheidet, oder sich die Straflosigkeit aus den Wertungen des subjektiven Tatbestandes, beispielsweise aus der Bereicherungsabsicht ergibt; BayObLGSt 1959, 78; Schönke / Schröder / Stree, § 259 Rn. 19; LK-Ruß, § 259 Rn. 18. Höchst umstritten ist eine solche Rückveräußerung an den Berechtigten allerdings für die Alternative des Absetzens, dazu ausführlich Wessels / Hillenkamp, BT 2, Rn. 868 m.w.N. 15 Etwa von Wessels / Hillenkamp, BT 2, Rn. 852. 16 Rengier, BT I, § 22 Rn. 1. 17 Allerdings muß anhand der Vortat exakt festgestellt werden, wer der Berechtigte ist. Im Fall eines Diebstahls als Vortat kann es dann, wenn den Gewahrsam eine andere Person innehatte als der Eigentümer, zu mehreren Berechtigten kommen, sofern man mit der wohl herrschenden Meinung davon ausgeht, daß von § 242 StGB sowohl der Gewahrsam wie auch das Eigentum geschützt werden. 18 Entscheidende Rolle spielte der Unrechtsgehalt der Hehlerei für die Rechtsprechung etwa auch in der Frage, ob bei Absatzbemühungen an einen 9
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6. Strafrechtsreformgesetz in den §§ 242, 246 StGB ergänzte Drittzueignungsabsicht vertreten:19 Dient die Wegnahme allein dazu, dem Eigentümer die Sache wieder zu beschaffen, und ist der Gewahrsamsträger seinerseits nicht gegenüber dem Eigentümer schutzwürdig, etwa weil er selbst die Sache gestohlen hatte, so verletzt der Wegnehmende nicht das Rechtsgut Eigentum. Ganz im Gegenteil handelt er zum Schutz des Rechtsgutsträgers, so daß der Eigentümer als strafbarkeitsbegründender „Dritter“ ausscheidet.20 Andere Beispiele, in denen die Strafbarkeit deshalb entfällt, weil der Rechtsgutsträger selbst in das Tatgeschehen verstrickt ist, finden sich etwa im Bereich der Anstiftung, die heute als mittelbarer Angriff auf das Rechtsgut neben dem Haupttäter bewertet wird: Stiftet der Beteiligte den Haupttäter zum Diebstahl an einer Sache an, die ihm – dem Anstifter – selbst gehört, er die Sache aber irrtümlich für eine ihm gegenüber fremde hält, so scheidet eine Anstiftung zu einem vollendeten Diebstahl aus. Der Anstifter selbst ist der Rechtsgutsträger, so daß er auch nicht mittelbar das Rechtsgut in der Weise angreifen kann, daß es ihm gegenüber Schutz durch Strafnormen genießen müßte.21 Die Person des Dritten, wie sie in den Delikten teils im objektiven Tatbestand miteinbezogen wird, teils im subjektiven Tatbestand innerhalb einer überschießenden Innentendenz integriert ist, greift in das strafrechtliche Geschehen zwar nicht als Beteiligter i.S.v. § 28 Abs. 2 StGB ein. Dennoch aber unterliegt sie der strafrechtlichen und damit rechtsgutsbezogenen Beurteilung insoweit, als sie vom Täter selbst zur Erfüllung des Tatbestandes instrumentalisiert wird. Über den Dritten erfüllt der Täter erst den Tatbestand. Der Dritte dient dem Täter dabei als Werkzeug im untechnischen Sinn.22 Um ein Werkzeug für den Angriff auf das Rechtsgut handelt es sich aber nur, wenn das Werkzeug selbst nicht mit dem Rechtsgutsträger identisch ist. Denn zu klären bleibt es auch innerhalb abstrakter Gefährdungsdelikte, „ob im konkreten Fall das geschützte Rechtsgut durch die strafbewehrte Tätigkeit überhaupt gefährdet werden kann.“23 Wäre tatsächlich der „Staat“24 Träger Mitsch, ZStW 1999, S. 69. Nach Mitsch, ZStW 1999, S. 69 scheidet der Eigentümer hingegen wohl in jedem Fall als Dritter „selbstverständlich“ aus. Nachdem allerdings die heute h.M. auch den Gewahrsam als selbständig geschütztes Rechtsgut neben dem Eigentum anerkennt, kann der Eigentümer m.E. zumindest dann Dritter i.S. der Gesetze sein, wenn der Gewahrsam eine eigenständige Schutzbedürftigkeit gegenüber dem Eigentum innehat. Dabei könnte vergleichend das Verhältnis von Gewahrsamsträger und Eigentümer im Bereich des Antragserfordernisses von § 247 StGB herangezogen werden, vgl. BGHSt 10, 400 ff. 21 Kühl, AT, § 20 Rn. 139. Bedingt durch seine irrtümliche Annahme, es handle sich um eine fremde Sache, kommt eine Strafbarkeit wegen vollendeter Anstiftung zum untauglichen Diebstahlsversuch in Frage. 22 Nicht als Werkzeug i.S.v. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. 23 So Endriß, NStZ 1998, S. 464, zur abstrakten Gefährdung durch das Handeltreiben in § 29 BtMG. Auch der BGH stellte in seiner Entscheidung zum Absetzen bzw. zur Absatzhilfe i.S.v. § 259 Abs. 1 StGB an einen verdeckten Ermittler der Polizei entscheidend auf die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage zurück, BGHSt 43, 110 ff. 19 20
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des Rechtsgutes, das den §§ 331 ff. StGB zugrunde liegt, so schiede er als möglicher Dritter im Sinne der §§ 331 ff. StGB folglich aus. Damit stellt sich nunmehr die entscheidende Frage, wer überhaupt Träger des Rechtsgutes der §§ 331 ff. StGB ist. Nun hat sich zwar an anderer Stelle bereits gezeigt, daß gerade die Bestimmung des Rechtsgutes in diesem Bereich besondere Schwierigkeiten bereitet.25 So kontrovers die Frage des Rechtsgutes selbst behandelt wird, so viel Einigkeit besteht doch darin, daß die Delikte der §§ 331 ff. StGB nicht dem Bereich eines Angriffs gegen Rechtsgüter des Individuums bzw. Einzelnen zuzuordnen sind, sondern vielmehr der Kategorie der Delikte zum Schutz der Allgemeinheit bzw. Gesamtheit.26 „Natürlich steht auch bei diesen Gütern letztlich der einzelne Mensch als Benefiziar im Hintergrund, sie sind aber so weit mediatisiert, daß sie mit Fug als Güter der Allgemeinheit bezeichnet werden können, über die ein einzelner weder generell noch im konkreten Fall wirksam verfügen kann.“27
Durch die §§ 331 ff. StGB wird – wie bereits an anderer Stelle dargelegt – die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung geschützt. Von einem „Funktionieren“ kann aber nur dann gesprochen werden, wenn sich die Entscheidungen der Verwaltung an Recht und Gesetz, also an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientieren. Diese Bindung an Recht und Gesetz verkörpert in einer demokratischen Staatsform die Autorität des Staates. In letzter Konsequenz wird hierin der Staat im rechtselementaren und staatsphilosophischen Sinn als Gemeinwesen des Staatsvolkes durch die §§ 331 ff. StGB geschützt. Hiervon zu unterscheiden ist derjenige, zu dessen Gunsten der Schutz durch die Straftatbestände garantiert wird, nämlich die Allgemeinheit als der Rechtsgutsträger der §§ 331 ff. StGB. Das bedeutet aber nicht, daß der Staat niemals selbst als Träger eines Rechtsgutes in Frage käme. Der Staat bzw. die öffentliche Verwaltung wird dann nicht im rechtselementaren Sinn, sondern im rechtstechnischen Sinne als das juristisch personifizierte Gemeinwesen betrachtet:28 In der Form der „juristischen Staatsperson“ kann auch der Staat zum selbständigen und eigenverantwortlichen Träger von Rechten und Pflichten werden. Als juristische Person wird er dann der natürlichen Person gleichgestellt. Dies hat schließlich u. a. zur Folge, Der Staat in seiner Erscheinung als verselbständigte juristische Person. Dazu § 14 I. 26 Diese Einteilung der Straftatbestände des Besonderen Teils ist heute allgemein anerkannt, Maurach / Zipf, AT 1, § 19 Rn. 10 f. Binding, Normen, S. 358, beispielsweise hatte noch vertreten, daß Träger eines jeden Rechtsgutes nur die „Gesamtheit“ sein könne. – Nur Wagner, S. 230 ff., nimmt konsequent zu seiner Ansicht, zumindest in der Alternative des Forderns komme es zu einem Eingriff in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Bürgers aus Art. 2 I GG, ein individuelles Rechtsgut des Einzelnen an. – Zu einer möglichen Unterscheidung innerhalb der Universalrechtsgüter, neuerdings Hefendehl, GA 1999, S. 584 ff., die für die hier zu behandelnde Thematik aber keine neuen Aufschlüsse gibt. 27 Weigend, ZStW 98, S. 57. 28 Zu dieser Unterscheidung Wolff / Bachof / Stober, § 4 Rn. 1 ff. 24 25
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daß den ihm zustehenden Interessen der gleiche Schutz zukommt wie denen einer natürlichen Person, schließlich damit auch der des Strafrechts. Dies gilt insbesondere für Eigentumsdelikte wie auch für Vermögensdelikte. Die Möglichkeit der Rechtsgutsträgerschaft beschränkt sich demzufolge aber auf Delikte zum Schutz des Individuums bzw. Einzelnen. Steht ein Rechtsgut der Allgemeinheit zu, so folgt daraus, daß über dieses Rechtsgut – wenn überhaupt – auch nur die Allgemeinheit disponieren kann.29 Diese läßt sich allerdings nicht in einem einheitlichen Willen zusammenfassen. Denn die gewählten Volksvertreter selbst formieren sich in Pluralität, in Meinungsvielfalt, so daß sich nur höchst selten ein einheitlicher Wille bilden lassen wird. Allein diese faktische Gegebenheit läßt jede Dispositions- resp. Verfügungsmöglichkeit der Allgemeinheit30 und folglich auch die Einwilligung als möglicher Rechtfertigungsgrund in diesem Deliktsbereich vollständig ausscheiden. Nur in den engen Grenzen der ausdrücklich geregelten Genehmigungsvorbehalte wie beispielsweise des § 331 Abs. 3 StGB iVm. § 70 BBG finden die Institute des Einverständnisses bzw. der Einwilligung ein ihnen ähnliches Pendant in der Gruppe der Delikte gegen Universalrechtsgüter. In strafprozessualer Hinsicht ist der Staat deshalb auch nicht antragsbefugt im Rahmen eines Klageerzwingungsverfahrens nach den §§ 172 ff. StPO, wobei der Begriff des Verletzten hier anders als in § 77 Abs. 1 StGB nicht beschränkt wird auf den Rechtsgutsträger.31 Verletzter und damit zur Stellung eines Antrags befugt ist vielmehr jeder, der eine unmittelbare Beeinträchtigung seiner Rechte oder rechtlich anerkannten Interessen durch die Tat geltend machen kann.32 Behörden, öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten steht aber nur in denjenigen Fällen ein eigenes Antragsrecht zu, in denen ihnen zur Erfüllung ihrer Aufgaben bestimmte Rechtsgüter unterstellt wurden, wie etwa das ihnen zugeordneten Vermögen oder Eigentum.33 Nachdem es sich im Fall der §§ 331 ff. StGB ausschließlich um „gemeinschaftsbezogene Rechtsgüter“ handelt, scheidet ein Antragsrecht sowohl des Dienstherrn wie auch eines von der Bestechung betroffenen Bürgers aus.34 Mit gleicher Argumentation entfällt schließlich auch der Verletztenbegriff des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB, wie der Bundesgerichtshof unlängst entschieden hat, so daß auch die Ablehnung einer Verfallsanordnung nicht mit dem Hinweis erfolgen kann, der Staat als Verletzter könne bei einer Tat nach den §§ 331, 332 StGB einen Anspruch nach § 73 Abs. 1 S. 2 StGB geltend machen.35 Marx, S. 82: Alle Individuen sind „Miteigentümer“ dieser Rechtsgüter. Weigend, ZStW 98, S. 52; Marx, S. 82. 31 Dazu Lackner / Kühl, § 77 Rn. 6. 32 OLG Düsseldorf NStZ 1995, 49; OLG Celle NStZ 1988, 568. 33 OLG Hamm NJW 1958, 640; LR-Rieß, § 172 Rn. 59. 34 OLG Nürnberg NJW 1997, 1320; OLG Koblenz OLGSt Nr. 13 zu § 172 nF; KKSchmid, § 172 Rn. 28; Kleinknecht / Meyer-Goßner, § 172 Rn. 12; LR- Rieß, § 172 Rn. 97. 35 BGH NStZ 1999, 560; BGHSt 30, 46. 29 30
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Als Konsequenz bleibt deshalb festzuhalten, daß der Staat sehr wohl als Dritter in Betracht kommt und in dieser Eigenschaft nicht von vornherein kraft systematischer bzw. dogmatischer Gründe ausscheidet.36 Denn Rechtsgutsträger ist die Allgemeinheit und nicht der Staat, weder im rechtselementaren Sinn noch im rechtstechnischen. Auch wenn der Staat Dritter und damit Zuwendungsempfänger sein kann, so ändert dies nichts daran, daß zugleich der Staat bzw. stellvertretend der Dienstherr es ist, der eine Genehmigung für die Annahme von Vorteilen im Rahmen der § 70 BBG, § 331 Abs. 1, Abs. 3 StGB aussprechen kann. Im Fall des „Dritten“ geht es um das Verständnis des Staates als juristischer Person. In dieser Eigenschaft nimmt er die gleiche Rangstellung ein wie eine juristische Person des Privatrechts oder eine natürliche Person. Im Rahmen der Genehmigung hingegen tritt der Staat als Vertreter der Allgemeinheit auf, der an ihrer Stelle bzw. für sie im Einzelfall eine „Einwilligung“ erteilt, weil der Allgemeinheit naturgemäß die Möglichkeit fehlt, einen einheitlichen Willen zu bilden. Kraft Gesetzes repräsentiert der Dienstherr insoweit die Allgemeinheit. Hierauf wird noch näher einzugehen sein.37
§ 18 Der Vorteilsbegriff Ein Vorteil ist „jede unentgeltliche Leistung materieller oder immaterieller Art, die den Täter besserstellt und auf die er keinen rechtlich begründeten Anspruch hat.“38 Diese Definition eines „Vorteils“ im Sinne der §§ 331 ff. StGB findet sich in Rechtsprechung und Literatur immer wieder.39 Abgesehen von Vorteilen rein wirtschaftlicher Art, die sich unter dem Begriff des materiellen Vorteils zusammenfassen, besteht im übrigen sehr viel Unsicherheit, was im einzelnen noch als vorteilhaft für den Amtsträger bezeichnet werden kann. Zumindest aus dem Umkehrschluß des „Vorteils“ ergibt sich, daß nicht erfaßt sind „Nachteile“.40
I. Der immaterielle Vorteil Strafbares Verhalten nach § 331 StGB41 setzt voraus, daß dem Beamten ein eigener, persönlicher Vorteil zugute kommt. Dies folgt aus der Notwendigkeit Im Ergebnis ebenso ausdrücklich Diettrich / Schatz, MedR 2001, S. 616. Dazu § 20 II. 38 Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 17. 39 BGHSt 47, 304; BGHR StGB § 332 Abs. 1 S. 1, Vorteil 5 m.w.N.; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 4; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 19; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 12. 40 Nicht geklärt zu werden braucht im Rahmen dieser Untersuchung, ob der Erhalt des „status quo“ als Vorteil anzusehen ist, ablehnend im Disziplinarrecht BVerwG ZBR 1996, 53, was strafrechtlich aber höchst streitig ist, dazu ausführlich NK-Kuhlen, § 331 Rn. 38. 36 37
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eigennützigen Verhaltens durch den Amtsträger. Sofern im Fall einer Drittzuwendung ein Näheverhältnis zwischen dem Dritten und dem Amtsträger besteht, wird dies den Nachweis eines mittelbar eigenen Vorteils erleichtern und seine Existenz indizieren, doch verzichtet werden kann auf diesen Nachweis nicht. Mittel der Zurechnung eines Drittvorteils an den Beamten bleibt dessen eigener Nutzen aus der gegenüber dem Dritten erfolgten Zuwendung. Was nun den Inhalt dieses mittelbaren Vorteils anbelangt, so unterliegt er denselben Voraussetzungen, wie sie auch für die Definition des unmittelbaren Vorteils gelten. Die Unterscheidung von unmittelbarem und mittelbarem Vorteil liegt in der Person des Zuwendungsempfängers begründet, nicht aber in den Voraussetzungen des Vorteils selbst. Diese blieben ihrerseits von den Neuerungen durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz unberührt: Nach heute fast einhelliger Meinung42 erschöpft sich der Begriff des Vorteils nicht nur in Zuwendungen rein materieller Art, die objektiv meßbar die rechtliche oder wirtschaftliche Lage des Empfängers verbessern und folglich mit dessen Vermögen im weitesten Sinne zusammenhängen.43 Für eine Beschränkung des Tatbestandes auf materielle Vorteile spräche zwar, daß der vermögensrechtliche Bezug eine zuverlässige Möglichkeit bietet, einen Vorteil objektiv meßbar festzustellen und damit eine klare und eindeutige Grenze des strafbaren Bereichs ziehen zu können.44 Doch im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut etwa des Betruges sehen die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB keinen „Vermögensvorteil“ vor. Vor allem vor dem Hintergrund des Rechtsgutes, eine von sachlichen Erwägungen getragene Amtstätigkeit zu garantieren, erscheint es unerläßlich, auch sog. immaterielle Zuwendungen in den Vorteilsbegriff mit einzubeziehen. Immaterielle Vorteile strafrechtlich relevant eindeutig einzugrenzen, gestaltet sich schwierig. Streitig ist heute insbesondere, welche Qualität sie aufweisen müssen. Das schon 1812 erstmals erwähnte Lehrbuchbeispiel eines Vorteils, den Amtsträger an einer Blume riechen zu lassen,45 fällt dabei noch in die Kategorie geringfügiger und damit strafloser Zuwendungen. Dagegen erscheint die unter dem Stichwort des immateriellen Vorteils gern genannte Formel der bisherigen Rechtsprechung von der „Befriedigung des Ehrgeizes, der Eitelkeit und des Ansehens“46 einer fast uferlosen Auslegung fähig. Die Literatur plädiert deshalb mehr41 Selbstverständlich gehört der Eigennutz des Amtsträgers auch zu den Voraussetzungen einer Strafbarkeit des Extraneus nach § 333 Abs. 1 StGB. 42 Lediglich Geerds, Unrechtsgehalt, S. 63 ff.; ders., JR 1996, S. 311 hegt Zweifel, ob tatsächlich neben materiellen auch immaterielle Vorteile erfaßt werden sollen. 43 Zur Definition Schmidt, Rn. 6 und 21. 44 Geerds, JR 1996, S. 311. 45 Feuerbach, Themis, S. 210; von Baumann, BB 1961, S. 1059 als „Fälle der Blumenbenutzung“ bezeichnet. 46 RGSt 64, 291; 77, 78; RG HRR 1940, Nr. 172; RG DR 1943, 76 f.; BGHSt 14, 128; 33, 339 f.; OLG Hamburg HESt 2, 342 (Nr. 192) m.w.N. („Befriedigung des Ehrgeizes, der Eitelkeit oder des Geltungsbedürfnisses“); OLG Oldenburg Niedersächsische Rechtspflege 1950, 179; OLG Zweibrücken NStZ 1982, 205; jüngst bestätigt von OLG Karlsruhe wistra 2001,
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heitlich dafür, nur solche immateriellen Vorteile zu erfassen, die „objektiv meßbar“ sind.47 Dabei soll es allerdings nicht auf eine besondere Höhe ankommen,48 entscheiden soll vielmehr die Erkennbarkeit des Vorteils als solchem und damit die tatsächliche Besserstellung des Amtsträgers.49 Für die objektive Meßbarkeit der Zuwendung hat sich nunmehr auch der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einem obiter dictum zu seiner Drittmittel-Entscheidung ausgesprochen, dem es eher fernliegend erscheint, Ansehensmehrung und Steigerung der wissenschaftlichen Reputation als Vorteile anzuerkennen. Denn „eine solche Betrachtung würde den Bereich der objektiven Meßbarkeit oder Darstellbarkeit eines Vorteils verlassen und ins Unbestimmte abgleiten.“50 Ob dies Entscheidung auch zu einer allgemeinen Richtungsänderung in der Rechtsprechung führen wird, bleibt abzuwarten, weil gerade in der jüngeren Vergangenheit die Strafrechtspraxis eine gegenläufige Tendenz hin zu einem sehr weit gefaßten Verständnis immaterieller Zuwendungen eingeschlagen hat, wie im folgenden zu zeigen sein wird. Allgemeiner Konsens in Rechtsprechung und Lehre besteht zumindest in der Einschätzung, daß die Gewährung unentgeltlichen Geschlechtsverkehrs einen Vorteil iS der §§ 331 ff. StGB darstellt.51 Auf Kritik gestoßen52 sind hingegen Ausführungen, wonach bereits „der Ruf der Zuverlässigkeit in seinen Versprechungen, die Erlangung oder Festigung von Freundschaften und die Erringung der Gunst einer 435. Zu Recht weisen allerdings LK-Jescheck, § 331 Rn. 9 und Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 19 darauf hin, daß es sich hier lediglich um beiläufig gemachte Aussagen der Rechtsprechung handelt, die keine Entscheidungserheblichkeit für den jeweiligen Fall besaßen. Ein Grundsatzurteil in dieser Frage fehlt bislang. Stark zweifelnd nun auch BGHSt 47, 295, 304. 47 Baumann, BB 1961, S. 1059 f.; Blessing, in: Müller-Gugenberger / Bieneck, § 53 Rn. 17; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 21; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 4; Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 19; Joecks, § 331 Rn. 5; Blei, PdW, Nr. 354; Rengier, BT II, § 60 Rn. 8 ff.; Küper, S. 408; Schroth, BT, S. 209; ohne Einschränkung hingegen die Befriedigung der Eitelkeit und des Geltungsbedürfnisses befürwortend Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 12. 48 Diese ließe sich ohnehin nur anhand eines wirtschaftlichen Maßstabes beziffern, der im Bereich immaterieller Vorteile aber bereits per definitionem gerade keine Rolle spielen darf, will man tatsächlich nicht nur Vermögensvorteile anerkennen. 49 Baumann, BB 1961, S. 1060 Fn. 26; in diesem Sinne auch Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 19. 50 BGHSt 47, 304 f. 51 RGSt 9, 166; 71, 369; BGHR § 331 Vorteil 1; LK-Jescheck, § 331 Rn. 11; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 21. Teilweise wurde und wird die Gewährung unentgeltlichen Geschlechtsverkehrs auch im Bereich des materiellen Vorteils angesiedelt, Bauchrowitz, S. 28 ff., was von Schwieger, S. 161 ff., zu Recht kritisiert wird: Ersparte Aufwendungen bilden hier lediglich einen „Umsetzungsakt“ aus der Gewährung sexueller Dienste, die aber ihrerseits als die konkret feststellbare Zuwendung ausschließlich nicht-wirtschaftlicher Natur sind. Nachfolgende Umsetzungsakte bzw. Reflexwirkungen finden lediglich innerhalb des mittelbaren Vorteils Beachtung, der seinerseits überhaupt nur als Reflex eines unmittelbaren Vorteils erst wahrnehmbar wird. 52 Kritisiert von OLG Hamburg HESt 2, 345 (Nr. 192); SK-Rudolphi, § 331 Rn. 21.
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Respektsperson“53 als Vorteile iS der §§ 331 ff. StGB ausreichen sollen. Ein Vorteil wird aber auch bereits in der Möglichkeit gesehen, das Lob und die Anerkennung des Vorgesetzten zu erringen, sofern dies vom Amtsträger bezweckt wird.54 Mit Beginn der umfangreichen Ermittlungen im Zuge des sogenannten „Herzklappenskandals“ läßt sich allerdings in der Rechtsprechung der Amts-, Land- und Oberlandesgerichte, was den Umfang dieser immateriellen Vorteile angeht, eine deutliche Ausdehnung feststellen. Das Amtsgericht Stuttgart55 beispielsweise verurteilte einen Arzt wegen Bestechlichkeit gem. §§ 332 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB, der als Leiter einer Abteilung an einem städtischen Krankenhaus zur Ausrichtung von Weihnachtsfeiern seiner Abteilung finanzielle Zuwendungen von Pharmafirmen entgegengenommen hatte.56 In den Gründen heißt es zur Frage des eigenen Vorteils auf seiten des Arztes:57 „Der Angeklagte organisierte als Leiter der Abteilung jährlich die Weihnachtsfeier, um, wie er sagte, die Arbeit seiner Mitarbeiter zu würdigen und neue Motivation für zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen. Mit den finanziellen Zuwendungen der Pharmafirma konnten die Bewirtungskosten der Abteilungsweihnachtsfeiern beinahe vollständig bezahlt werden. Der Angeklagte profitierte insoweit davon, daß er zum einen als Organisator der Feiern durch das Sponsoring bewirken konnte, daß diese überhaupt stattfanden und auch jeweils in größerem Rahmen stattfinden konnten, ohne daß die Mitarbeiter dadurch finanziell stark belastet wurden. Durch die wichtige psychologische und soziale Funktion der Feiern wurde zum anderen die Abteilung durch finanzielle Zuwendungen Dritter seelisch aufgebaut, so daß ein weiteres Funktionieren und eine Zusammenarbeit gefördert wurde. Gerade dafür war der Angeklagte als Abteilungsleiter auch verantwortlich. Es entsprach seinen Interessen, daß er als Verantwortlicher für das Funktionieren seiner Abteilung sorgt und dadurch auch berufliches Ansehen erlangt.“
In einem Beschluß des Oberlandesgerichtes Karlsruhe,58 der die kostenlose Überlassung medizinischer und sonstiger Geräte an einen Chefarzt eines Universitätsklinikums und die Übernahme von Reparaturkosten für solche Geräte durch die Industrie zum Gegenstand hatte, führt das Gericht aus: „Daß bereits hierdurch [die kostenlose Überlassung eines Ultraschallgerätes] ( . . .. ) gleichzeitig das Ansehen des Angeklagten als Leiter der besser ausgestatteten Abteilung und 53 So die mit dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt wenig in Zusammenhang stehenden Ausführungen des Reichsgerichts, DR 1943, 76, 77. 54 OLG Zweibrücken JR 1982, 382. 55 AG Stuttgart, Urt. v. 4. 12. 1998, Az.: B 14 Cs 414 Js 99 309 / 97. 56 Er tat dies mit Wissen um die Intention der Pharmafirmen, ihn – den Arzt – hinsichtlich späterer Medikamentenbestellungen seitens des Krankenhauses günstig zu stimmen. Diese werden zwar von der Krankenhausapotheke nach außen getätigt, er kann aber als Abteilungsleiter intern dennoch seinen Einfluß auf die Art der Medikamente gelten machen. 57 AG Stuttgart, Urt. v. 4. 12. 1998, Az.: B 14 Cs 414 Js 99 309 / 97, S. 8 f. 58 Beschluß v. 30. 3. 2000, StV 2001, 288. Zu entscheiden war über die Eröffnung des Hauptverfahrens, die vom Landgericht noch abgelehnt worden war.
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Lehrstuhlinhaber auch im Sinne einer konkreten Verbesserung seiner Karrierechancen gesteigert wurde, ist evident und bedarf keiner näheren Darstellung.“
Das Amtsgericht Tuttlingen sowie das Landgericht Rottweil stellten in einem Fall von Fortbildungsreisen einer Ärztin eines Kreiskrankenhauses neben der Ersparnis eigener Aufwendungen zugleich auf die durch die berufliche Fortbildung bewirkte „Mehrung ihres Ansehens“ und die damit verbundene „Erhöhung der Karrierechancen“ ab.59 In einem ersten Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg ist die Rede vom „Fortbildungsgewinn“ als immateriellem Vorteil.60 Wenig später kam es zu einem zweiten Beschluß, in dem es wie folgt heißt:61 „Hinzu treten ergänzend immaterielle Vorteile aus der Kongreßteilnahme durch Wissensmehrung und Förderung der wissenschaftlichen Reputation, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch reputationsbeeinflußte Steigerung der Nachfrage für entgeltliche Vortragsleistungen bei späteren Veranstaltungen auch meßbar ist.“
Nicht im Bereich der Medizin, aber im Hinblick auf die Voraussetzungen des immateriellen Vorteils ganz ähnlich behandelt, spielt der Fall eines Bürgermeisters, der für seine Gemeinde die Spende eines Verlages zum Bau eines Brunnens angenommen hatte. Die in der Anklage gegen ihn erhobenen Vorwürfe stützen sich dabei vor allem auf die Steigerung des Ansehens und auf eine insgesamt – auch gegenüber dem Gemeinderat – erfolgte Verbesserung seiner kommunalpolitischen Stellung, wenn der Bürgermeister nach außen als „Geldbeschaffer“ auftreten kann.62 Im Überblick betrachtet fällt an den genannten Urteilen auf, daß für den Bereich immaterieller Vorteile sich die Vorwürfe auf die Steigerung des wissenschaftlichen Renommees und Ansehens, des Rufes nach außen, der Verbesserung von Aufstiegs- und Karrierechancen u.ä. konzentrieren.63 Die erste Besonderheit dieser verschiedenen Fallgestaltungen liegt nun darin begründet, daß sich die hier fraglichen immateriellen Vorteile für den jeweiligen Amtsträger nur im Zusammenhang 59 AG Tuttlingen, Urteil v. 8. 2. 1999, Geschäfsnummer: 5 Cs 411 Js 91480 / 96, S. 8; LG Rottweil, Urteil v. 27. 1. 2000, Geschäftsnummer: 11 Ns 411 Js 91480 / 96 Ak 82 / 99, S. 15. 60 HansOLG Hamburg StV 2001, 279 mit Verweis auf Göben, MedR 1999, S. 348. 61 HansOLG Hamburg StV 2001, 285. 62 So die Anklage der Staatsanwaltschaft. Das Landgericht hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens u. a. mit der Begründung abgelehnt, daß die geltend gemachten persönlichen Vorteile nicht meßbar seien, Beschluß v. 15. 6. 2000, Az.: 2 Kls 15 Js 16565 / 98. Im Ergebnis bestätigt von OLG Karlsruhe wistra 2001, 434 f. 63 Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Freiburg genügt es, wenn – im konkreten Fall – Ärzte ihre wissenschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten erweitern, die Karrierechancen bewahren und durch Veröffentlichungen ihr Renommee steigern können, so zumindest war es in einem Artikel der Stuttgarter Zeitung v. 30. 9. 1999, S. 8 zu lesen, in dem es um Zahlungen auf Drittmittel- und Kongresskonten ging, aus denen der verfügende Arzt die sachliche und personelle Ausstattung seiner Abteilung ebenso wie Fortbildungsveranstaltungen von Mitarbeitern und Kongresse finanzierte. Ausdrücklich auch Haeser, MedR 2002, S. 57.
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mit der Erfüllung dienstlicher Pflichten ergeben:64 Zu Recht haben deshalb das OLG Hamburg und nun auch der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs deshalb die Frage gestellt, ob ausschließlich durch dienstliches Engagement errungenes Ansehen und Renommee tatsächlich noch als persönliche Vorteile verstanden werden können, oder ob es sich nicht vielmehr nur um Reflexe aus der Erfüllung dienstlicher Pflichten selbst handelt,65 zu deren grundlegenden Maximen etwa eines Beamten gehört, daß er sich seinem Beruf voll und ganz widmet, § 54 S. 1 BBG. Eine zweite Besonderheit der genannten Beispielsfälle findet sich darin, daß zu dem für die Strafbarkeit maßgeblichen Zeitpunkt den Amtsträgern die tatsächliche Steigerung des Renommees, Ansehens, Rufes oder gar eine Beförderung als Beleg für verbesserte Karrierechancen nicht nachgewiesen werden konnte.66 Alle genannten Entscheidungen gründen zunächst allein auf Prognosen darüber, was in Zukunft eintreten kann, aber nicht notwendigerweise muß. Den Amtsträgern wurden durch die Zuwendungen, die sich meist an Dritte richteten,67 zunächst bloße Verwertungschancen bzw. günstige Gelegenheiten geboten, auch selbst aus diesen Drittzuwendungen Kapital zu schlagen. Ob und in welchem Umfang dies tatsächlich geschah, konnte sich aber erst in Zukunft zeigen, also lange Zeit nach dem strafrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt des Annehmens, Forderns oder Sich-Versprechen-lassens. Schon der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung zur Beamtenbestechung durch sexuelle Gewährungen entschieden, daß die bloße Gelegenheit, mit einer Prostituierten in unentgeltlichen sexuellen Kontakt zu kommen, den Begriff des Vorteils der §§ 331 ff. StGB noch nicht erfüllt.68 Erst der unentgeltlich gewährte Geschlechtsverkehr selbst oder sonstiger sexueller Kontakt kommen als Vorteile in Betracht. Andernfalls, so das Gericht, würden die Konturen des Vorteilsbegriffs verwischt und aus dem Zusammenhang mit den eigentlichen Tathandlungen herausgerissen, denn Gelegenheiten bieten sich auch demjenigen, der völlig untätig bleibt und überhaupt nie daran gedacht hat, sie wahrzunehmen.69 64 Zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ist ein Beamter beispielsweise nach § 42 II Bundeslaufbahnverordnung verpflichtet, was aber auch schon der Pflicht zur vollen Hingabe im Beruf immanent ist, § 54 S. 1 BBG, vgl. Battis, BBG, § 54 Rn. 3. Inzident begründet sich aber schon aus dem Gedanken des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses damit aber auch die Pflicht des Dienstherrn, für ausreichende Fortbildungskapazität zu sorgen, was aber gerade angesichts der knappen Mittel öffentlicher Haushalte nur unzureichend realisiert werden kann, vgl. Krautzer, S. 27. 65 So das OLG Hamburg HESt 2, 341 Nr. 192, S. 345 und BGHSt 47, 304. 66 Die Befriedigung des Geltungsbedürfnisses kann beispielsweise dann einen Vorteil darstellen, wenn sie durch eine besondere Ehrung oder durch die Einführung in bestimmte Gesellschaftskreise nach außen hin sich objektiv konkretisiert, so die beamtenrechtliche Literatur, Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 20; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 5. 67 Etwa im Fall des Bürgermeisters war Adressat der Zuwendung die Gemeinde, nicht der Bürgermeister persönlich. 68 BGH NJW 1989, 914 ff. 69 BGH NJW 1989, 915. Es hätte allerdings bei dieser Sachlage an eine versuchte Bestechlichkeit gedacht werden können, dazu Bottke, JR 1989, S. 433.
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Die Diskussion um „Gelegenheiten“, aber auch „Chancen“ als mögliche Vorteile ist auch aus einem ganz anderen Zusammenhang bekannt, nämlich aus dem Bereich des Betruges (§ 263 StGB) und wird dort unter den Begriff der Exspektanzen geführt:70 Innerhalb des Betruges zur Umschreibung möglicher Vermögensbestandteile gebräuchlich werden unter der Bezeichnung der Exspektanzen regelmäßig „tatsächliche Anwartschaften“ verstanden.71 Diese sind zu unterscheiden von solchen Anwartschaften, die sich bereits zu öffentlich- oder zivilrechtlichen Rechtspositionen, sei es nun in der Form von Ansprüchen oder Rechten, „verdichtet“ haben.72 Letztere werden allgemein als Vermögensbestandteile anerkannt, was innerhalb faktischer Exspektanzen erst dann der Fall ist, wenn sich die zukünftigen Erwerbsaussichten so weit konkretisiert haben, daß ihnen „der Geschäftsverkehr schon für die Gegenwart wirtschaftlichen Wert beimißt.“73 Bei ihnen kann dann nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit ein Vermögenszuwachs erwartet werden.74 Nicht ausreichend, und darin besteht Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, sind hingegen „allgemein unbestimmte Aussichten sowie vage Hoffnungen oder Möglichkeiten“.75 Diese Grundsätze aus dem Bereich eines Vermögensdeliktes auf die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB zu übertragen,76 mag vielleicht auf den ersten Blick auf Ablehnung stoßen, zumal die §§ 331 ff. StGB gerade nicht auf bloße Vermögensvorteile beschränkt sind und dem Schutz eines ganz anderen Rechtsgutes dienen. Dieser Einwand hätte allerdings nur dann seine Berechtigung, wenn der Problemkreis der Exspektanzen und tatsächlichen Anwartschaften sich allein durch die vermögensrechtliche Natur des Betruges bedingen würde. Mit ihnen wird aber nur die Frage erörtert, ab welchem Stadium zukünftige Vermögenswerte überhaupt als strafbewehrte Vorteile in Betracht kommen. Liegen sie denn vor, so müssen sie selbstverständlich innerhalb des § 263 StGB weiterhin den Vermögensbegriff im Sinne der Vorschrift erfüllen.77 Entscheidender Gesichtspunkt ist demnach nicht, 70 Bisher in diesem Zusammenhang nur verwendet von Lüderssen, Gutachten, S. 37. Angedeutet zu einem anderen Fall auch schon von Tenckhoff, JR 1989, S. 35. 71 LK-Tiedemann, § 263 Rn. 135, Lackner / Kühl, § 263 Rn. 34; Schönke / Schröder / Cramer, § 263 Rn. 87; SK-Samson / Günther, § 263 Rn. 121 f. („faktische Exspektanzen“, „faktische Anwartschaften“). 72 LK-Tiedemann, § 263 Rn. 134. 73 LK-Lackner, 11. Auflage, § 263 Rn. 134 ff. 74 BGHSt 17, 147; BGH GA 1978, 332 f. Eine hinreichende Konkretheit wird regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn die tatsächliche Anwartschaft im Rahmen rechtlich bestimmter Abläufe und damit innerhalb normativ gesetzter Vorgaben zur Entstehung gelangt ist, LKTiedemann, § 263 Rn. 135. 75 LK-Lackner, 11. Auflage, § 263 Rn. 134; Schönke / Schröder / Cramer, § 263 Rn. 87 jeweils m.w.N. 76 Zumindest Ähnlichkeiten stellte auch Tenckhoff, JR 1989, S. 35 fest. 77 Nur dann handelt es sich um „vermögensrechtliche“ Exspektanzen.
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ob es sich bei der „Exspektanz“ bereits um ein vermögenswertes Gut handelt. Die Frage ist vielmehr, ob sich die „Exspektanz“ schon derart konkretisiert und sich dem Vermögen desjenigen, dem der erwartete Vermögensvorteil zukommen soll, derart genähert hat, daß sie bereits in den strafrechtlich relevanten Schutzbereich des Vermögens des unmittelbar Begünstigten gelangt ist bzw. bereits wirtschaftlich Einfluß auf das Vermögen des unmittelbar Begünstigten gewonnen hat. Beschrieben wird hier allein die Intensität bzw. Konkretheit eines Gegenstandes oder Wertes, der im Fall des Betruges sich selbstverständlich nur vermögensrechtlich erfassen läßt, in anderen Tatbeständen, denen nicht diese ausschließlich vermögensbezogene Schutzrichtung innewohnt, ist der Inhalt der Exspektanz entsprechend ein anderer. Für den Bereich der §§ 331 ff. StGB bedeutet dies beispielsweise, daß Erwartungen und Hoffnungen, die sich auf immaterielle Werte wie die Karriere oder das Ansehen beziehen, nur dann strafrechtlich von Belang sind, wenn sie durch den Grad der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens eine derart konkrete Gestalt angenommen haben, daß sie einem tatsächlich gegenwärtig zugewendeten Vorteil gleichgestellt werden können. Überblickt man die dargelegten Beispielsfälle anhand dieser Kriterien, so sind diese für die dort genannten immateriellen Vorteile noch nicht erfüllt: Es spricht keine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Besuch von Fortbildungsveranstaltungen zugleich erhöhte Karrierechancen erwarten läßt, sofern nicht Laufbahnverordnungen oder dienstliche Anweisungen gerade den Besuch dieser Veranstaltungen zur Voraussetzung für das weitere Fortkommen machen. Denn durch die Teilnahme an diesen Veranstaltungen erfüllt der Beamte zunächst einmal lediglich seine Pflicht gegenüber seinem Dienstherrn, seine fachspezifischen Kenntnisse auf dem neuesten Stand zu halten. Ob aus der durch industrielle Aufträge initiierten Forschung tatsächlich solche Ergebnisse und Erkenntnisse gewonnen werden können, daß Veröffentlichungen dem Wissenschaftler später zu gesteigertem Renommee verhelfen, erscheint gerade im naturwissenschaftlichen Bereich nicht im Voraus berechenbar. Dies gilt um so mehr, wenn der betroffene Amtsträger beispielsweise bereits das Maximum seiner beruflichen Laufbahn erreicht hat. Ob schließlich gemeindliche Aktivitäten im Bereich der Kunst tatsächlich auf sonderlich viel Gegenliebe treffen, daß sie das Ansehen eines Bürgermeisters nachhaltig steigern, ist zunächst dann fraglich, wenn es sich um Kunstwerke handelt, die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden bzw. kommunale Kunstförderung überhaupt auf Ablehnung stößt, etwa in Zeiten „knapper Kassen“. Eine differenzierte Betrachtung erscheint folglich durchaus angebracht, um nicht „eine auf Gefühlen anderer basierende Spekulation“78 pauschal als Vorteil mit Strafe zu bewehren.
78 Treffend Geerds, JR 1987, S. 170, der sich dabei konkret auf eine Steigerung im Ansehen der Kollegen des Amtsträgers bezieht.
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II. Die eigene Verfügungsbefugnis in Abgrenzung zur Botenschaft Von Zuwendungen an Dritte und ihrer strafrechtlichen Bewertung zu unterscheiden sind Fallgestaltungen, in denen der Amtsträger ihm zunächst selbst erbrachte Zuwendungen an Dritte weiterleitet, insbesondere an Parteien oder Vereine, denen er privaterseits nahe steht. Ausgehend von der beamtenrechtlichen Vorgabe,79 daß Bezugsobjekt des Vorteils der Beamte als individuelle Persönlichkeit sein muß, erklärt es sich, daß es die disziplinarrechtliche Rechtsprechung als grundsätzlich unerheblich ansieht, ob der Beamte die ihm zur tatsächlichen Verfügungsgewalt übergebenen Zuwendungen für sich selbst verwendet oder gemeinnützigen Organisationen zukommen läßt. Waren die Zuwendungen an ihn selbst adressiert und besaß er eigene, selbständige und unabhängige Entscheidungsgewalt darüber, wem die Zuwendungen zugute kommen sollten, so hatte er die „faktische Verfügungsbefugnis“ über die Zuwendungen inne und damit eine „Belohnung“ i.S.v. § 70 BBG. Abzugrenzen sind diese Konstellationen allerdings von Fällen, in denen der Beamte lediglich die Stellung eines Boten oder Übermittlers einnimmt. Dann unterwirft sich der Beamten ausschließlich fremden Interessen. Ein eigener Vorteil in Form einer Sach- und Entscheidungsgewalt über die weiterzuleitenden Zuwendungen an Dritte scheidet aus. Für die strafrechtliche Beurteilung gilt insoweit nichts anderes: Bereits das Reichsgericht vertrat hinsichtlich des Annehmens eines Vorteils die Auffassung, daß der Beamte den Gegenstand des Geschenkes entweder behalten „oder doch über ihn als eigenen, für eigene Zwecke“ verfügen müsse.80 Diese Einschätzung wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt: Erhält der Beamte die Möglichkeit, über Vorteile, zumeist Gelder, frei zu verfügen, so ist es dem Zuwendenden gleichgültig, wie die Vorteile verwandt werden; er wird auch regelmäßig keinen Einfluß mehr darauf nehmen können, zu welchen Zwecken sie konkret eingesetzt werden, so daß der Empfänger bereits durch diese eigenständige Entscheidungsbefugnis einen eigenen Vorteil erhält.81 Nicht ausreichend ist hingegen die tatsächliche Sachherrschaft, die der Beamte auch dann erhält, wenn er lediglich für einen anderen einen Vorteil fordert oder annimmt.82 Dann handelt er wie schon in den eingangs genannten Fällen des Beamtenrechts als Bote oder Übermittler – im Fall des § 153a StPO als Vertreter der Staatsanwaltschaft nach § 142 Abs. 1 GVG –, Dazu bereits oben § 13. RGSt 58, 266, 65, 52 f., wonach bei einem Handeln ausschließlich als staatlicher Bevollmächtigter eine Bestechung ausscheidet. Davon zu unterscheiden ist die Konstellation in RGSt 51, 87 ff., in der Geber und Nehmer vereinbart hatten, daß der Amtsträger den Vorteil für sich entgegennimmt und behält, letzterer aber später die Zuwendung an einen Dritten weiter verschenkte. 81 BGHSt 15, 286 f.; 35, 134 f. 82 BGHSt 14, 127; Kaiser, NJW 1981, S. 322. 79 80
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nicht aber für sich selbst. Eigennütziges Verhalten könnte ihm in dieser Konstellation nur über die Figur des mittelbaren Vorteils nachgewiesen werden. Dem Fall der Botenschaft, in der dem Inhaber der Sachgewalt keinerlei Entscheidungsbefugnis über die Gegenstände zusteht, ist auch derjenige gleichzustellen, in dem der Inhaber der Sachgewalt zwar Entscheidungen über die Verwendungen treffen kann, er aber in seinem Verwendungszweck gebunden ist durch Vorgaben des Zuwendenden. Diese Entscheidungsbindung ist beispielsweise im Rahmen der Drittmittelforschung anzutreffen: § 25 HRG und die jeweiligen Bestimmungen der Landeshochschulgesetze bieten verschiedene Möglichkeiten, wie eingeworbene Drittmittel zu verwalten sind. Gleichgültig aber, ob diese Mittel in den Haushaltsplan der Hochschule eingestellt werden,83 die Hochschule ausschließlich verwaltend und verwahrend auftritt84 oder der Wissenschaftler von der Befugnis Gebrauch macht, die Drittmittel auf einem gesonderten Konto selbst zu verwalten,85 besitzt immer der mit dem Forschungsvorhaben betraute Wissenschaftler, zu dessen Finanzierung die Drittmittel eingesetzt werden, die Befugnis, über die Drittmittel selbst in eigener Regie zu verfügen.86 Diese Verfügungsbefugnis stellt sich aber, anders als in dem vom BGH hierzu entschiedenen Fall der Weiterleitung von Geldern an politische Parteien, nicht als persönlicher Vorteil des Wissenschaftlers dar. Vielmehr hat der Drittmittelgeber den Zweck und das Ziel seiner Zuwendung vorbestimmt: Sie sind ausschließlich zu Forschungszwecken zu verwenden, § 25 Abs. 4 S. 2 HRG. Der Wissenschaftler darf nicht mehr wie über „eigenes“ Vermögen ohne Fremdbestimmung, sondern einzig und allein innerhalb des Forschungszweckes „frei“ verfügen. Darin liegt überhaupt das Wesentliche, das die Zuwendungen zu Drittmitteln i.S.v. § 25 HRG werden läßt, die dem Einsatz zu Forschungszwecken an Hochschulen dienen. Ein Vorteil des Wissenschaftlers in Form der freien Verfügungsbefugnis scheidet demzufolge in den Fällen der gesetzlich vorgesehenen Drittmittelforschung von vornherein aus. Die gleiche Zweckbindung findet sich auch im umgekehrten Fall, daß sich der Wissenschaftler aus einem Drittmitteltopf der Universität bedient. Auch hier unterliegt die Verwendung der Mittel einer – in diesem Fall von 83 Dieses sog. Drittmittelverfahren ist vom Gesetz als Regelfall vorgesehen, § 25 Abs. 4 S. 1 HRG, vgl. Sandberger, HdBWissR, 2. Auflage, S. 1097. – In Baden-Württemberg existieren dazu in den §§ 59, 8 UG weiterführende Regelungen. 84 Sog. Verwahrkontenverfahren, vgl. Hailbronner, HRG, § 25 Rn. 18. 85 Dieses sog. „Sonderkontenverfahren“ sieht § 25 Abs. 4 S. 4 HRG ausdrücklich vor, vgl. BT-Drs. 10 / 2883, S. 23 und Hailbronner, HRG, § 25 Rn. 18. 86 BT-Drs. 10 / 2883, S. 23 für das Verwahrkontoverfahren. Das Sonderkontenverfahren ist dabei „am stärksten auf die Person des Wissenschaftlers ausgerichtet, da er allein sämtliche Entscheidungen hinsichtlich Verfügung über Drittmittel, Anstellung von Personen, Abrechnung gegenüber dem Drittmittelgeber etc. trifft“, Hailbronner, HRG, § 25 Rn. 18. Doch auch im Drittmittelverfahren bleibt intern weiterhin der Wissenschafler befugt und berechtigt, über die konkrete Verwendung der Drittmittel im Einzelfall zu entscheiden, auch wenn Vertragspartner nach außen die Hochschule ist, Heckmann, HdBWissR, 1. Auflage, S. 981; Reich, § 25 Rn. 10.
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der Universität direkt bestimmten – Zweckbindung. Allerdings kann dann eine Mittelverwendung, die sich außerhalb des Forschungszweckes bewegt, aber sehr wohl den Tatbestand einer Untreue (§ 266 StGB) erfüllen. Die Anerkennung der faktischen Verfügungsbefugnis als Vorteil stieß in der Literatur jedoch nicht nur auf Zustimmung. Vorgeworfen wurde ihr, daß im konkreten Fall die Verfügungsmöglichkeit gerade nicht im erforderlichen Äquivalenzverhältnis zur Vornahme der Diensthandlung stehe.87 Die zur Verfügung gestellten Gelder hätten vielmehr lediglich die Vornahme der Diensthandlung erleichtert, in dem nunmehr ein erfahrener Insider über deren sinnvolle Verwendung entscheiden konnte.88 Diese Argumente sprechen allerdings nicht gegen die grundsätzliche Anerkennung der faktischen Verfügungsmöglichkeit als Vorteil, sondern stellen vielmehr die Frage nach einer klaren Abgrenzung zur Botenschaft. Diese kommt immer dann in Betracht, wenn der Beamte entweder nur für den Zuwendenden in dessen Namen, quasi als Erklärungsbote, oder auf seiten des Empfängers als Empfangsbote tätig wird.
III. Der mittelbare Vorteil als Teil der Unrechtsvereinbarung Die Akzessorietät des § 331 StGB von den dienstrechtlichen Vorgaben der §§ 70, 54 S. 2 BBG ist nur dann gewahrt, wenn dem Amtsträger selbst ein eigener Vorteil – zumindest mittelbar – zugute kommt. Noch vor Einführung des Korruptionsbekämpfungsgesetzes wurde gegen die Existenz eines mittelbaren Vorteils vereinzelt der Einwand erhoben, daß dieser von den beiden Parteien, dem Vorteilsgeber einerseits und dem Amtsträger andererseits, nicht in die zwischen ihnen getroffene Unrechtsvereinbarung aufgenommen worden sei.89 Gegenstand dieser Übereinkunft, die das in den Tatbeständen der §§ 331 ff. StGB enthaltene Unrecht erst begründe, sei lediglich der unmittelbare Vorteil, also derjenige Vorteil, der direkt an den Zuwendungsempfänger geleistet wird, wie etwa der Pelzmantel an die Ehefrau. Vereinbart werde aber gerade nicht zwingend die damit gleichzeitig verbundene, indirekte Zuwendung an den Amtsträger; diese sei nur „Reflex“ bzw. „Motiv“ des unmittelbaren Vorteils.90 Jedenfalls könne aus der Vereinbarung eines Drittvorteils nicht notwendig auf eine objektiv vorteilhafte Auswirkung auf den Amtsträger selbst geschlossen werden, die für diesen auch erkennbar war.91
Kuhlen, NStZ 1988, S. 436; Tenckhoff, JR 1989, S. 34. Tenckhoff, JR 1989, S. 34. 89 Gribl, S. 24 ff.; vgl. auch die Auseinandersetzung bei Kuhlen, NStZ 1988, S. 437 f. 90 Gribl, S. 24 ff. 91 So das OLG Karlsruhe wistra 2001, 435, das zugleich betont, altruistische Vorteile würden nicht „für“, sondern nur „gelegentlich“ der Diensthandlung hingegeben. 87 88
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Der Ausgangspunkt der genannten Kritik ist allgemein anerkannt und von der Rechtsprechung auch bestätigt worden: Wie die Bezeichnung Unrechts„vereinbarung“ bereits andeutet, bestimmen gerade die Parteien durch eine gegenseitige Übereinkunft,92 worin der vom Zuwendenden aufzubringende Vorteil liegen soll. Demzufolge scheiden die §§ 331 ff. StGB nach überwiegender Meinung dann aus, wenn zwischen den Parteien ein Dissens in bezug auf den Vorteil existiert.93 Eine Unrechtsvereinbarung liegt beispielsweise auch dann nicht vor, wenn der Vorteilsgeber glaubt, zur Zahlung einer „Gebühr“ verpflichtet zu sein, obwohl es sich in Wirklichkeit um eine gebührenfreie Diensthandlung handelt. Der Amtsträger nimmt die Gelder in einem solchen Fall nur heimlich für eigene Zwecke entgegen.94 Strafrechtlich zu beurteilen ist ein solches Verhalten nach den Straftatbeständen einer Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) und eines Betruges (§ 263 StGB), nicht aber nach denen der §§ 331 ff. StGB. Nun gehören Fälle von Drittzuwendungen, in denen einem mittelbaren Vorteil entscheidende Bedeutung zukommt, nicht in die Kategorie eines Dissenses. Ganz im Gegenteil sind sich hier beide Parteien über den Gegenstand des unmittelbaren Vorteils einig. Worüber zugegebenermaßen allerdings in diesen Fällen regelmäßig nicht gesprochen wird, ist der mit dem unmittelbaren gleichzeitig erbrachte mittelbare Vorteil. Erfolgt nun keine ausdrückliche Vereinbarung über diese Art des Vorteils, so kann daraus dennoch nicht der Schluß gezogen werden, daß dieser ganz entscheidende mittelbare Vorteil95 überhaupt nicht in die Vereinbarung miteinbezogen worden ist. Denn um es mit Begriffen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre des Zivilrechts zu verdeutlichen: Vereinbarungen können auch konkludent oder, zwar unpräziser, aber in diesem Zusammenhang deutlicher, stillschweigend zur besseren Verschleierung geschlossen werden. Wissen beide Parteien bei der Vereinbarung des unmittelbaren Vorteils, daß hier als Reflex gleichzeitig auch dem Amtsträger selbst ein Vorteil zugute kommt, dann ist letzterer dem unmittelbaren Vorteil immanent. Bildlich gesprochen stellt er nur die Kehrseite ein- und derselben Medaille dar, auf deren einer Seite, quasi für jedermann gut sichtbar, zur Tarnung und Verschleierung der unmittelbare Vorteil an eine dritte Person prangt, auf deren anderer Seite, zur Verdeckung nach unten gerichtet, allerdings der mittelbare Vorteil für den Amtsträger selbst steht. Dann ist aber auch dieser mittelbare Vorteil stets zwingender Bestandteil der Unrechtsvereinbarung. Unmittelbarer und mittel92 Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 20; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 10. Dies schließt aber nicht aus, daß auch eine erpreßte Unrechtsvereinbarung möglich ist, BGHSt 9, 245. 93 LK-Jescheck, § 331 Rn. 5; Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 19; a.A. Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 4, 26 ff., der aber zumindest voraussetzt, daß der Amtsträger subjektiv in der Annahme handelt, der Geber sei von dem Zusammenhang unterrichtet, d. h. der Amtsträger muß eine korrespondierende Willenserklärung seines Gegenparts zumindest herbeiführen wollen. 94 RGSt 65, 52 ff. 95 Nach der hier vorgestellten Lösung weiterhin für die §§ 331, 333 StGB entscheidende mittelbare Vorteil.
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barer Vorteil können in einem solchen Fall nur als gemeinsames, einheitliches Ergebnis einer Zuwendung betrachtet werden. Eine Beschränkung dieser Tatbestände auf ein ausdrücklich vereinbartes Beziehungsverhältnis von Vorteil und Diensthandlung,96 das nicht nur bei der Gewährung mittelbarer, sondern konsequenterweise dann auch bei der Gewährung unmittelbarer Vorteile gelten müßte, wird weder vom Gesetzeswortlaut vorausgesetzt noch scheint sie unter dem Aspekt eines umfassenden Rechtsgüterschutzes angebracht. Schließlich geht sie an der Lebenswirklichkeit vorbei und bietet Gelegenheit, die Tatbestände leicht zu umgehen, von den damit einhergehenden Schwierigkeiten bei dem Nachweis einer ausdrücklich getroffenen Vereinbarung ganz abgesehen. Nicht zu Unrecht behandelt die Rechtsprechung ein ausdrückliches wie auch ein konkludent vereinbartes Äquivalenzverhältnis zwischen Vorteil und Diensthandlung gleich, allerdings ohne nähere Erläuterung in diesem Punkt.97
IV. Der Inhaber eines rechtlichen Anspruchs auf die Zuwendung Das Tatbestandsmerkmal des „Vorteils“ im Sinne der §§ 331 ff. StGB wird, wie bereits eingangs erwähnt, definiert als eine materielle oder immaterielle Zuwendung, auf die der Empfänger keinen fälligen und durchsetzbaren Rechtsanspruch hat. Leistungen, die der Erfüllung eines kraft öffentlichen Rechts begründeten Gebührenanspruchs dienen, werden demzufolge nicht vom Tatbestand erfaßt.98 Gemeint sind diejenigen Fallgestaltungen, in denen ein Amtsträger für sich selbst Gebühren erheben darf, wie etwa die von § 352 StGB erfaßten Notare oder verbeamteten Veterinäre.99 Ein Vorteil scheidet weiterhin auch dann aus, wenn der Anspruch auf die Leistung aus einem privat begründeten Vertrag stammt,100 so etwa die infolge eines wirksam begründeten Werkvertrages erbrachte Leistung des Werkunternehmers, sofern dieselbe der vertraglich vereinbarten entspricht.101 Erstmals aufgeworfen wurde nun im Zuge der tatbestandlichen Ergänzung auf Drittvorteile die Frage nach einer solchen Person, die Inhaber eines Anspruchs ist: So Gribl, S. 26. BGH wistra 2000, 97 ff. = NStZ 2000, 319 f.: „( . . . ) – ausdrückliche oder konkludent getroffene – Unrechtsvereinbarung ( . . . )“; BGHSt 15, 239 ff.; RGSt 39, 199: Der Zweck der Geschenke kann sich auch „aus den Umständen ohne weiteres ergeben“. 98 SK-Rudolphi, § 331 Rn. 19. 99 Dazu die Beispiele von Dornseifer, JZ 1973, S. 268 Fn. 4. 100 Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 18. Gegen die Anerkennung privater Ansprüche wendet sich lediglich Schwieger, S. 186 ff., der auf diese Weise aber sehr weit in die allgemeine Handlungsfreiheit des Amtsträgers eingreift und Fälle, die dem Bereich der Nötigung zuzuordnen sind, zwanghaft dem Universalstichwort des „Anscheins der Käuflichkeit“ unterstellen will. 101 BGH NStZ 1991, 550 f. 96 97
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Entfällt die Annahme eines korrumpierenden Vorteils im Fall einer Drittzuwendung nur dann, wenn der Amtsträger selbst einen Anspruch auf die Leistung hat oder genügt es vielmehr, daß der Dritte einen rechtlich wirksamen und durchsetzbaren Anspruch vorweisen kann? In der Kommentarliteratur wird weitgehend vertreten, daß auch der Dritte Anspruchsinhaber sein kann.102 Es gibt aber auch eine Stellungnahme zugunsten der erstgenannten Alternative, derzufolge ausschlaggebend allein der persönliche Anspruch des Amtsträgers gegen den Leistenden sein soll.103 Begründet wird diese Sichtweise mit dem Ziel eines umfassenden Rechtsgüterschutzes: Denn zum einen sei die Einbeziehung des Dritten in die Unrechtsvereinbarung nicht notwendig, zum anderen könnten Drittansprüche leicht manipulativ zur Verschleierung begründet werden. Diese Argumentation kann aber schon deshalb nicht überzeugen, weil Verschleierungsgeschäfte ausschließlich Schwierigkeiten in der Beweisführung bereiten. Materiell-rechtlich unterfallen auch diese Geschäfte, in denen nur zum Schein eine Verbindlichkeit begründet wird, den Tatbeständen der §§ 331, 332 StGB. Sie sind regelmäßig schon zivilrechtlich unwirksam (§ 117 Abs. 1 BGB). Für die Bestimmung des materiellen Inhalts der Korruptionstatbestände sind Beweisschwierigkeiten argumentativ wertlos. Denn die Frage der Beweisführung stellt sich erst im Anschluß an die Feststellung, welche Auslegung die Tatbestandsmerkmale im einzelnen erfahren. Das Merkmal des Vorteils allein daran zu messen, ob der Amtsträger einen rechtlichen Anspruch auf diese Zuwendung hat, widerspricht bereits dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes: Einerseits sollen „Vorteile für einen Dritten“ – nach teilweise vertretener Ansicht sogar unbeschränkt – erfaßt werden, andererseits soll aber das Merkmal des Vorteils ganz unabhängig von derjenigen Person, die denselben erhalten hat, nämlich dem Dritten, bestimmt werden. Der Wortlaut des Gesetzes legt aber ausdrücklich fest, daß es sich auch um einen Vorteil für den Dritten und nicht um einen solchen für den Amtsträger handeln kann. Dann aber können und müssen aus dessen Warte auch die Voraussetzungen des Vorteilsbegriffes erfüllt sein. Besitzt also der Dritte einen rechtlich wirksam begründeten Anspruch104 auf die ihm zugedachte bzw. gewährte Zuwendung, so scheidet das Tatbestandsmerkmal des „Vorteils für einen Dritten“ bereits begrifflich aus. Daneben sind auch solche Konstellationen denkbar, in denen sowohl dem Amtsträger wie auch dem Dritten ein Forderungsrecht auf die Zuwendung zusteht. Dies ist regelmäßig bei Verträgen zugunsten Dritter der Fall (§§ 328 ff. BGB). Entfällt in der Person des Dritten bereits der unmittelbare Vorteil im strafrechtlichen Sinn, weil dessen Voraussetzungen nicht erfüllt werden, so gilt dies kon102
Lackner / Kühl, § 331 Rn. 4; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 35; Volk, Juristentag Diskussion, L
121. Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 15. Neben dem ausgeglichenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in tatsächlicher Hinsicht. 103 104
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sequenterweise auch für den in den §§ 331, 333 StGB erforderlichen mittelbaren Vorteil beim Amtsträger selbst: Der mittelbare Vorteil begründet seine Existenz erst durch einen unmittelbaren Vorteil, der einem Dritten erbracht wurde; seiner Natur nach ist er insoweit akzessorisch. Beide Vorteilsarten sind wiederum die zwei Seiten ein- und derselben Medaille, die den Oberbegriff des „Vorteils“ wiedergibt. Nur für den Begriff des Vorteils selbst kommt es entscheidend darauf an, ob ein Anspruch auf die Zuwendung besteht. Durch die akzessorische Natur des mittelbaren Vorteils entfällt dieser aber bereits dann, wenn der Dritte die Zuwendung rechtliche wirksam für sich beanspruchen kann.
V. Der Vertrag selbst bzw. seine Vermittlung als Vorteil Nachdem im Bereich der §§ 331, 333 StGB das ursprünglich sehr enge Korsett der Unrechtsvereinbarung, also der Verbindung von Vorteil und Diensthandlung zumindest gelockert wurde, gewinnt die Auslegung des Vorteilsbegriffes bzw. ihre Reichweite mehr denn je an Bedeutung für den Umfang und die Beurteilung strafbaren Verhaltens. Dies verdeutlicht sich nicht nur im Bereich der immateriellen Vorteile zur Befriedigung des Ehrgeizes, der Eitelkeit oder des Ansehens. Wie sich vor allem im Zuge des Herzklappenskandals und damit bereits zur alten Rechtslage der Bestechungsdelikte zeigte, eröffnen sich neue Problemfelder auch auf dem in der Medizin weit verbreiteten Gebiet der Nebentätigkeiten, das dort in ganz besonderem Maße die Zusammenarbeit und den Dialog von Wissenschaft und Wirtschaft widerspiegelt. Der strafrechtliche Vorwurf an die Ärzteschaft knüpft dafür an Verträge an, in denen sich ein Arzt im Rahmen von Nebentätigkeiten beispielsweise zu Vorträgen, Beratungsleistungen, Fortbildungen, Dokumentationen oder Studien verpflichtet hat; die Verträge über diese Nebentätigkeiten schließt der Arzt wiederum mit einem Industrieunternehmen ab, das entweder mit ihm selbst oder zumindest mit dem Krankenhaus, in dessen Anstellung der Arzt steht, zusammenarbeitet.105 Abzugrenzen sind hiervon Fallgestaltungen, in denen der Amtsträger von seiner Anstellungskörperschaft selbst dazu eingeladen wird, einen Vortrag zu halten. Wird das Honorar des Arztes dann von einem Unternehmen bezahlt, das zugleich Sponsor der Tagungsveranstaltung ist, so bleibt dennoch die staatliche Stelle derjenige Vertragspartner, der diese Nebentätigkeit vermittelt und vergeben hat. Das private Unternehmen tritt in einem solchen Fall für den Staat lediglich in Vorlage der finanziellen Honorierung. Nun gelten im Zusammenhang mit derartigen Verträgen strafrechtlich ganz allgemein folgende Grundsätze: Damit Leistungen an einen Amtsträger für sich 105 So der Sachverhalt, der dem Beschluß des HansOLG Hamburg vom 14. 1. 2000 zugrunde lag, StV 2001, 277 ff.; vgl. auch HansOLG Hamburg vom 11. 7. 2000, StV 2001, 284 ff.
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gesehen nicht schon vom Begriff des Vorteils iS der §§ 331 ff. StGB erfaßt werden, muß über sie zuvor ein zivilrechtlich wirksamer Vertrag zwischen Zuwendendem und Empfänger abgeschlossen worden sein. Bei einer Prüfung anhand der zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138, 134 BGB bleibt selbstverständlich ein möglicher Verstoß gegen das strafrechtliche Korruptionsverbot der §§ 331 ff. StGB zunächst außer Betracht, denn dessen Voraussetzungen müssen erst noch gesondert festgestellt werden.106 Der aus einem rechtswirksam geschlossenen Vertrag resultierende Anspruch des Amtsträgers auf die Zuwendung des Außenstehenden spiegelt zwar die Vereinbarkeit der vertraglichen Vereinbarung mit der Rechtsordnung wider, die Feststellung der zivilrechtlichen Wirksamkeit genügt aber für sich allein nicht, um die betreffende Zuwendung vom strafrechtlichen Vorteilsbegriff auszunehmen. So hat der 10. Senat des Bundesgerichtshofes für Zivilsachen etwa unlängst zugunsten eines Angestellten des öffentlichen Dienstes entschieden, daß die einer Geschenkannahme zugrundeliegende Schenkung sowie das Vollzugsgeschäft auch dann zivilrechtliche Wirksamkeit entfalten, wenn der Angestellte damit zugleich gegen das Verbot der Geschenkannahme aus § 10 BAT verstoßen hat.107 Neben einem wirksamen Vertrag, aus dem ein Rechtsanspruch des Amtsträgers auf die Zuwendung resultiert, muß es sich darüber hinaus um einen entgeltlichen Vertrag handeln, innerhalb dessen sich die Leistung des Außenstehenden und die Gegenleistung des Amtsträgers in einem angemessenen Ausgleichsverhältnisses gegenüberstehen.108 Werden auch diese Voraussetzungen erfüllt, so ist damit gewährleistet, daß der Amtsträger mit der Leistung keinen über seine eigene Gegenleistung hinausgehenden Vorteil erhält, wie es etwa bei gemischten Schenkungen der Fall ist. Mit der Zuwendung wird vielmehr nur diejenige, meist vermögensrechtliche Lücke in seinem Güterbestand geschlossen bzw. kompensiert, die bei ihm durch seine von ihm selbst erbrachte Gegenleistung entstanden ist. Von einer objektiven Verbesserung109 der in diesem Fall rein wirtschaftlichen Vermögenslage 106 Der klassische Zirkelschluß, worauf auch Lüderssen, Gutachten, S. 44 Fn. 80 zu recht hinweist, der aber durchaus vertreten wird, vgl. etwa bei Stach, NJW 1988, S. 943 ff. 107 Entscheidende Frage war schließlich, ob § 10 BAT ein Verbotsgesetz iS von § 134 BGB darstellt mit der Folge, daß der Schenkungsvertrag nichtig gewesen wäre, was er im Ergebnis aber ablehnte; BGH NJW 2000, 1186 ff. Kommt man allerdings zu dem Ergebnis, daß ein Verstoß gegen die strafrechtlichen Vorschriften der §§ 331 ff. StGB vorliegt, so sind alle vertraglichen Absprachen auf dieser Basis schließlich nach § 134 BGB nichtig. 108 Im Fall eines Werkvertrages, BGH NStZ 1991, 550 f. Klarstellend sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß in diesen Fällen die Leistung an den Amtsträger persönlich gerichtet ist und sich für einen wirksamen Anspruch auch die vertragliche Gegenleistung nur eine außerdienstliche sein darf, vgl. GKÖD, K § 70 Rn. 15. Persönliche Zuwendungen für Diensthandlungen gehören dagegen dem klassischen Bereich strafbaren Verhaltens an; Ausnahmen hiervon können nur durch Gesetz begründet werden, etwa Ansprüche von Notaren oder verbeamteten Tierärzten, vgl. beispielsweise in Baden-Württemberg §§ 12, 13 LJKG. 109 So die immer wiederkehrende Ausdrucksweise der Rechtsprechung, BGHSt 35, 133; 31, 279.
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des Amtsträgers kann in einem solchen Fall nicht die Rede sein. Folglich muß sich der Amtsträger dennoch den Vorwurf strafbewehrter Vorteilsannahme und disziplinarrechtlich zu verfolgender verbotener Geschenkannahme gefallen lassen, wenn er beispielsweise als Honorierung für eine wissenschaftliche Ausarbeitung ein überhöhtes Entgelt erhält oder er beim Kauf eines PKW weniger bezahlen muß, als es sonst bei handelsüblichen Rabatten der Fall wäre.110 Im „Mehrwert“ liegt dann das Geschenk bzw. die Belohnung.111 Mit der Feststellung des Vorteils und in der Folge eines strafbaren Verhaltens nach den §§ 331 ff. StGB sind schließlich alle112 vertraglichen Absprachen, die der Straftatbestand zum Gegenstand hat, nach § 134 BGB nichtig. Stellt man sich den Begriff des Vorteils bildlich als Gegenstand auf einer Waagschale vor, so kann so lange nicht von einem Vorteil gesprochen werden, wie beide Seiten sich noch in der Waage halten können: Mit dem Kriterium des wirksamen, entgeltlichen Vertrages steht dem Anspruch des Amtsträgers zugleich die Verpflichtung zur eigenen Gegenleistung gegenüber, so daß in rechtlicher Hinsicht ein Ausgleich sichergestellt ist. Mit dem Kriterium des angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung kommt es schließlich auch in tatsächlicher Hinsicht zu einem Gleichgewicht beider Seiten. Sowohl rechtlich als auch tatsächlich wird die Zuwendung von außen durch eigene Anstrengungen des Amtsträgers kompensiert. Von diesen allgemeinen Grundsätzen macht die Rechtsprechung allerdings in bestimmten Fällen eine Ausnahme. Selbst wenn Leistung und Gegenleistung in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen, die Zuwendung des Außenstehenden also keinen Vorteil für den Amtsträger darstellt, kann zur Beantwortung der Frage, ob es sich dabei um eine korrumpierende Leistung handelt, zwar nicht auf die vertraglich erbrachte Zuwendung als Vorteil abgestellt werden. Der Vorteil soll aber dann in der Verschaffung des Vertrages selbst liegen können. Vom Reichsgericht erstmals vertreten, bezogen sich die dort zu entscheidenden Fälle mehrheitlich auf die Vermittlung von Nebentätigkeiten zugunsten des Amtsträgers.113 Die110 Oder im Vergleich zum üblichen Werklohn eine zu niedrige Vergütung vereinbart wurde, BGH NStZ 1991, 551; Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 11a; Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 23 m.N. aus der Rechtsprechung; Battis, BBG, § 70 Rn. 3; GKÖD, K § 70 Rn. 18. Beispiele aus der Praxis bei Claussen / Ostendorf, Korruption B Rn. 17 ff. 111 Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 23. Dieses tatsächliche Ausgleichsverhältnis läßt sich allerdings nur in denjenigen Bereichen eindeutig feststellen, in denen es allgemein akzeptierte Tarife oder Preise gibt; im übrigen bleibt es eine Wertungsfrage des Einzelfalles, so letztlich Dingeldey, NStZ 1984, S. 505. 112 Vgl. Palandt / Heinrichs, § 134 Rn. 13. Würde nur der überschießende Betrag entgegen § 139 BGB zu einer Teilnichtigkeit führen, so würde dieses Ergebnis dem Gesetzeszweck, solche Zuwendungen überhaupt zu unterbinden, nicht gerecht werden. Für diese – untechnisch gesprochen – geltungserhaltende Reduktion einer solchen Vereinbarung sind schutzwürdige Belange der Parteien angesichts der besonderen Bedeutung des Rechtsguts nicht ersichtlich. 113 RG DR 1943, 77; ebenso RG, HRR 1939 Nr. 1492; RGSt 77, 78.
§ 18 Der Vorteilsbegriff
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ser Einschätzung schloß sich der Bundesgerichtshof an:114 Eine bezahlte Nebentätigkeit wird trotz ausgeglichenen Leistungs- und Gegenleistungsverhältnisses zu einem strafbaren Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. StGB, wenn sie gerade mit Rücksicht auf die amtliche Tätigkeit dem Amtsträger angeboten und damit zugewendet wird.115 Der Vorteil liegt dann „bereits im Abschluß eines Vertrages, der Leistungen an den Amtsträger zur Folge hat“116 bzw. „in der Chance des Vertrages“.117 Dem entspricht im übrigen auch die Auslegung des Belohnungsbegriffes innerhalb des dienstrechtlichen Verbotes der Geschenkannahme, wonach der Verbotstatbestand nicht nur durch eine überhöhte Vergütung erfüllt wird, sondern auch durch die Vermittlung oder Vergabe einer Nebentätigkeit, die der Beamte oder Angestellte ohne diese Initiative nicht erhalten hätte.118 An diese Rechtsprechung knüpft nunmehr auch der eingangs erwähnte, gegen die Ärzteschaft erhobene Vorwurf an. Trotz angemessener Vergütung der verschiedenen Nebentätigkeiten wird der Vorteil für einen Arzt bereits in der Möglichkeit gesehen, einen Vertrag mit einer Firma abzuschließen, in dem er sich verpflichtet, gegen ein angemessenes Honorar einen Vortrag zu halten, Studien durchzuführen oder Gutachten anzufertigen.119 Die Gefahr dieser Auslegung, nämlich daß die Industrie nunmehr davon Abstand nehmen wird, Ärzten für ihre Forschung und Weiterbildung auch weiterhin Unterstützung zu gewähren, liegt auf der Hand. Um ihr wirksam begegnen zu können, wurde vorgeschlagen, auch die Chance auf den Vertrag dahingehend zu untersuchen, ob ihre Einräumung auf rechtsgültigen, zivilrechtlich wirksamen Willenserklärungen beruht, kurz: ob der Arzt bereits auf den Vertrag als solchen einen wirksamen zivilrechtlichen Anspruch geltend machen kann bzw. ob einem solchen Anspruch ein gesetzliches Verbot entgegensteht, was anhand öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher Kriterien zu untersuchen sei.120 Ein rechtsgültiger Vertrag mit 114 BGHSt 31, 264 ff.; 18, 263 ff.; weiterer Nachweis auch bei Pfeiffer / Maul / Schulte, § 331 Anm. 4. Ausdrücklich dieser Rechtsprechung zustimmend NK-Kuhlen, § 331 Rn. 52 ff. 115 Nun läßt sich gerade innerhalb von typischen Nebentätigkeiten wie Vorträgen oder Gutachten nur schwer einschätzen, wieviel wert die vom Amtsträger geleistete Tätigkeit tatsächlich ist, denn ein objektiv feststellbarer Marktwert ist in diesem Bereich nur schwer vorstellbar. Mit Annahme, daß bereits der Vertrag selbst den Vorteil darstellen könne, hat sich die Rechtsprechung unausgesprochen dieser im einzelnen schwierigen Beweisfragen enthoben. 116 BGHSt 31, 280. 117 Lüderssen, JZ 1997, S. 114. 118 Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 5; Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 20; GKÖD, K § 70 Rn. 18. 119 HansOLG Hamburg StV 2001, 279 und 284 f. 120 Lüderssen, Gutachten, S. 38 f., 41 ff. Insoweit verkennt m.E. Zieschang, JZ 2000, S. 95 die Ausführungen Lüderssens, wenn er diesen dahingehend interpretiert, es müsse lediglich die rechtliche Wirksamkeit des Hauptvertrages vorliegen, daß auch im späteren Verfügungsgeschäft für den Arzt kein Vorteil mehr liege. Dies ist aber auch von BGHSt 31, 264 ff. niemals in Zweifel gezogen worden. Vielmehr geht es um die Frage, ob „die Einräumung der
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Kapitel 4: Anwendung der Strafnormen
angemessener und üblicher Vergütung enthalte für den Arzt keinen Vorteil im Sinne der Bestechungstatbestände.121 Diese Argumentation wirft allerdings das Problem auf, daß in der Konstellation, in der nach der Rechtsprechung bereits die Chance auf den Vertrag bzw. dessen Vermittlung einen Vorteil darstellen, der Vertrag über die Erbringung der Nebentätigkeit seinerseits unbestritten zivilrechtlich wirksam ist und sich darüber hinaus Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis bewegen. Dann aber wird auch jede Willenserklärung, welche die Chance auf einen Vertrag eröffnet, in gleicher Weise rechtliche Gültigkeit besitzen. Durch den „Kunstgriff“, bereits die Einräumung des Vertrages als strafrechtlich relevanten Vorteil anzusehen, hat es der Bundesgerichtshof nicht mehr für notwendig gesehen, auf die innerhalb des Vertrages erbrachte Zuwendung abzustellen, um das Merkmal des Vorteils anzunehmen. Damit hatte sich der Bundesgerichtshof zum einen des schwierigen Nachweises entledigt, ob die vom Amtsträger erbrachte Dienstleistung innerhalb der Nebentätigkeit durch eine ihr entsprechende, adäquate Gegenleistung ausgeglichen wird. Zum anderen spielt die Existenz eines wirksamen rechtlichen Anspruchs auf die Leistung aus dem eigentlichen Vertrag für die Beurteilung, ob in der Vermittlung des Vertrages ein Vorteil zu sehen ist, keine Rolle mehr: Auf die Gültigkeit des Vertrages kommt es, wie die Rechtsprechung ausdrücklich hervorhebt, nicht an, weil andernfalls „die Bestechungstatbestände stets durch die Vereinbarung eines Vertragsverhältnisses zwischen Amtsträger und Leistungsgeber ausgeschlossen werden“ könnten.122 Die Einschätzung, daß bereits die Vermittlung eines Vertrages selbst den Vorteil darstellen kann, wurde von der Rechtsprechung hauptsächlich im Zusammenhang mit Verträgen über Nebentätigkeiten geäußert. Im Anschluß daran stellt sich aber sogleich die Frage, worin sich die Chance auf einen Vertrag über eine Nebentätigkeit von solchen Vertragschancen unterscheidet, die sich dem Beamten als Privatperson bei allen entgeltlichen Verträgen des täglichen Lebens bieten. Noch das Reichsgericht ging in konsequenter Anwendung dieser Grundsätze davon aus, daß auch im Abschluß eines Kaufvertrages ohne Rücksicht auf die Angemessenheit des Kaufpreises eine besondere Form der Vorteilsgewährung gesehen werden kann.123 Der Bundesgerichtshof hingegen, sei es nun bewußt oder unbewußt, verfolgte diesen Ansatz für Verträge außerhalb einer Nebentätigkeit zu recht nicht mehr weiter, sondern stellte – konkret im Fall eines Werkvertrages – allein auf die rechtliche und tatsächliche Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung ab.124 Chance des Vertrages auf einer rechtsgültigen Vereinbarung beruht“, so Lüderssen, Gutachten, S. 38. Zur Kritik an dieser Auffassung NK-Kuhlen, § 331 Rn. 52. 121 Günter, MedR 2001, S. 458. 122 BGHSt 31, 280. 123 RG DR 1943, 77. 124 BGH NStZ 1991, 551.
§ 18 Der Vorteilsbegriff
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„Ein Staat, [ . . . ], müßte, wenn nicht Bestechung und Bestechlichkeit in unendlicher Massenhaftigkeit vorkommen sollen, sein Beamtentum in völlige Abgeschiedenheit bringen und von allen menschlichen Beziehungen abkapseln.“125
Diese von Eberhard Schmidt geäußerte Einschätzung zum immateriellen Vorteilsbegriff trifft auch hier die von der Rechtsprechung nur unzureichend bedachte Schwierigkeit, daß sich zwar jeder Amtsträger im Rahmen seiner Tätigkeit einer besonderen Pflichtenstellung unterwirft, aber stets ein Ausgleich zu seinen individuellen verfassungsrechtlich verbürgten Rechten hergestellt werden muß.126 Schließlich muß auch das Strafrecht dem Beamten ausreichenden Raum zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit innerhalb seiner individuellen Privatsphäre gewähren. Man denke etwa an die durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte wissenschaftliche Forschungsfreiheit. So ist es auch ihnen letztlich nicht mehr zumutbar, im tagtäglichen Umgang außerhalb der Amtsgeschäfte jedes Rechtsgeschäft auf die innere Motivation des jeweiligen Geschäftspartners hin zu untersuchen. Nur für den Bereich des Nebentätigkeitenrechts hat der Gesetzgeber mit den besonderen Regelungen der Genehmigungs- und Anzeigepflicht eine gesetzliche Eingriffsgrundlage geschaffen, auf deren Basis dem Sonderpflichtigen im Rahmen seiner grundsätzlich umfassenden Handlungsfreiheit eine besondere Vorsicht vor Interessenkollisionen zugemutet werden kann.127 Dennoch stellt sich nunmehr die Frage, worin sich Verträge über Nebentätigkeiten qualitativ von allen übrigen entgeltlichen Verträgen unterscheiden, die der Amtsträger als Privatperson tagtäglich abschließt, worin also ihre Besonderheit liegt, die sie gegenüber anderen Verträgen auszeichnet und die es rechtfertigt, sie als Vorteile für den betroffenen Amtsträger zu qualifizieren. Denn zunächst allein unter dem Gesichtspunkt eines ausgeglichenen Leistungsund Gegenleistungsverhältnisses betrachtet, kommt es auch innerhalb einer Nebentätigkeit zu einer Minderung des Vermögens auf seiten des Amtsträgers, als dieser seine Arbeitsleistung in die Waagschale legt, und diese Leistung durch das Honorar lediglich einen Ausgleich findet. Andererseits ist es dennoch nicht von der Hand zu weisen, daß trotz eines ausgeglichenen Leistungs- und Gegenleistungsverhältnisses in einem solchen Fall ausnahmsweise von einem gewinnbringenden Einsatz der Arbeitskraft gesprochen werden kann,128 auch wenn es sich wie gesagt um ein ausgeglichenes Verhältnis beider Leistungen handelt. Im Fall eines Vertrages über andere vermögenswerte Güter, etwa bei Kaufverträgen oder Werkverträgen, wird dagegen mit dem Attribut „gewinnbringend“ stets ein Schmidt, Rn. 19. Ein besonderes Gewaltverhältnis, das eine weitgehende Beschränkung der Grundrechtssphäre des Sonderpflichtigen rechtfertigen könnte, ist schon aus öffentlich-rechtlicher Sicht heute überholt und darf auch über das Strafrecht faktisch nicht begründet werden. Dazu schon oben § 13 IV. 127 Vgl. nur Ossenbühl / Cornils, S. 6. 128 So Pfeiffer / Maul / Schulte, § 331 Anm. 4. 125 126
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zugunsten einer Vertragspartei unausgeglichenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung beschrieben. Die Besonderheit der Arbeitskraft, die der Amtsträger bei einem Vertrag über eine Nebentätigkeit als eigene Leistung in das Vertragsverhältnis einbringt, ist darin zu sehen, daß ihr, so lange sie „ungenutzt“ bei ihrem Träger verbleibt, keinerlei Vermögenswert bzw. wirtschaftlicher Wert zumindest im strafrechtlichen Sinne beigemessen wird. Die Arbeitskraft ist zunächst einmal eine unveräußerliche Fähigkeit des einzelnen Individuums, so daß ihr etwa auch im Rahmen des Betruges kein vermögensrechtlicher Wert zukommt:129 „Die Arbeitskraft ist die Summe derjenigen ausgebildeten, körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Menschen, welche es ihm ermöglichen, sich selbst in seinem subjektiven Wert abzubilden und durch die Erzeugung objektiver (i.d.R. wirtschaftlicher) Werte Geld oder andere Vermögensgegenstände zu erwerben.“130
Die eigene Arbeitskraft als höchstpersönliches Gut erlangt allenfalls dann eine vermögensrechtliche Wertschätzung, wenn sie angefordert wird bzw. wenn sich jemand bereit erklärt, sie wirtschaftlich im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages zu bewerten und damit zu honorieren. Das individuelle Gut der Arbeitskraft wandelt sich dann in den Vermögenswert der Arbeitsleistung.131 Die Ermöglichung dieses Umstandes rechtfertigt es davon zu sprechen, daß hier die Arbeitskraft gewinnbringend eingesetzt wird, als sie nunmehr den Gegenstand eines vermögenswerten Gutes bildet, auch wenn die erbrachte Arbeitsleistung und das Honorar in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Anders sieht es hingegen bei sonstigen Vertragsverhältnissen aus, bei denen etwa vom Amtsträger Geld oder andere Vermögensgegenstände im Rahmen eines Gegenleistungsverhältnisses eingesetzt werden: Diese Gegenstände sind bereits vor Abschluß des Vertrages vermögenswerte und wirtschaftlich meßbare Güter. Werden sie in ein angemessenes Gegenleistungsverhältnis gestellt, so kommt es durch den Vertrag selbst nur zu einem Tausch dieser Vermögenswerte. Gewinn kann also in diesem Fall nur dann erzielt werden, wenn die Gegenleistung des Vertragspartners den wirtschaftlichen Wert der Leistung des Amtsträgers übersteigt. Allerdings reicht selbstverständlich ein bloßer Vorteil für den Amtsträger – auch in der Form einer rechtmäßigen Nebentätigkeit – noch nicht aus, um auf die Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestandes schließen zu können. Für die dienstrechtlich verbotene Geschenkannahme muß außerdem ein Beziehungsverhältnis zwischen der Vergabe der Nebentätigkeit und der dienstlichen Tätigkeit des Amtsträgers BGH NJW 2001, 981; LK-Tiedemann, § 263 Rn. 138. Lampe, FS Maurach, S. 377, der Hegel folgend neben der objektiv-erwerbswirtschaftlichen Seite auch die subjektiv-individuelle Verwirklichung des Menschen in der Arbeitskraft berücksichtigt. 131 Zu diesen innerhalb des Betruges aufgestellten Grundsätzen, LK-Tiedemann, § 263 Rn. 138 f.; näher dazu auch BGH NJW 2001, 981. 129 130
§ 19 Das Merkmal: „für die Dienstausübung“
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bestehen. Ausgehend von der jeweiligen Motivation des Zuwendenden ist dieser Bezug noch nicht vorhanden, wenn der Vortrag oder das Gutachten allein dazu dienen, von der Fachkenntnis des Beamten zu profitieren oder den rechtlichen Standpunkt des Beamten oder der Behörde kennenzulernen.132 Den Charakter einer Belohnung in bezug auf das Amt erhält die Vergabe der Nebentätigkeit erst dann, wenn mit ihr das Klima zum Beamten verbessert werden soll, sei es nun, um vergangene Dienste zu honorieren oder um eine besondere Vertrauensgrundlage für künftige dienstliche Kontakte zu schaffen.133 Nachdem strafrechtlich zumindest nach Auffassung des Gesetzgebers der bloße Bezug bzw. Zusammenhang des Vorteils zum Amt für die Erfüllung des seit 1997 neu gefaßten Tatbestandes der Vorteilsannahme134 noch nicht genügen soll, muß für den Bereich der Vorteilsannahme sowie -gewährung ein Äquivalenzverhältnis zur dienstlichen Tätigkeit insgesamt hergestellt werden, was auch immer darunter im konkreten Einzelfall zu verstehen ist. Was hingegen die Tatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung anbetrifft, so wurde die alte Rechtslage beibehalten. Die Vergabe der Nebentätigkeit muß als Gegenleistung für eine konkrete oder doch konkretisierbare dienstliche Handlung des Amtsträgers erfolgen. Diese wiederum liegt aber regelmäßig nicht in den Handlungen, die der Amtsträger im Rahmen seiner Nebentätigkeit erbringt, sofern es sich um eine private Nebentätigkeit und nicht um ein Nebenamt handelt.135
§ 19 Das Merkmal: „für die Dienstausübung“ Der Schwerpunkt der Diskussion über die endgültige Gesetzesfassung der strafrechtlichen Vorschriften, wie sie mit dem „Gesetz zur Bekämpfung der Korruption“ 1997136 schließlich in Kraft trat, lag in der Beantwortung der Frage, ob und in welcher Weise dienstliches Handeln eines Amtsträgers und die Zuwendung eines Vorteils zukünftig miteinander verknüpft sein sollen. In Deutschland137 verlangte das Gesetz bisher die Zuwendung eines Vorteils „als Gegenleistung“ gerade „dafür, daß er“ – der Amtsträger – „eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme“, kurz als „Unrechtsvereinbarung“ bezeichnet. Die Rechtsprechung hatte zwar die Anforderungen an diese VereinGKÖD, K § 70 Rn. 18; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 5. Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 5. 134 Sowie der Vorteilsgewährung. 135 BGHSt 18, 267. 136 BGBl. I (1997), 2038. 137 Zum internationalen Vergleich sei auf das von der Bayerischen Staatskanzlei in Auftrag gegebene Gutachten des Max-Planck-Instituts / Fr.i.Brs. von Eser / Überhofen / Huber verwiesen. 132 133
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barung hinsichtlich künftiger Diensthandlungen bis 1997 bereits so weit eingeschränkt, daß die dem Vorteil als Äquivalent gegenüberstehende Diensthandlung nicht mehr nach „Zeitpunkt, Anlaß und Ausführungsweise in allen Einzelheiten“ zum Zeitpunkt der Zuwendung feststehen mußte.138 Vielmehr genügte bereits ein gegenseitiges Einverständnis139 in einem solchen Umfang, daß die „ins Auge gefaßte Diensthandlung“ „ihrem sachlichen Gehalt nach nur in groben Umrissen erkennbar und festgelegt“ war.140 Dennoch beklagte die Praxis, daß ein wesentlicher Teil strafwürdiger Praktiken tatbestandlich nicht erfaßt werden könne, der stets mit den Stichworten des für die „Organisierte Kriminalität typischen Anfütterns“ und der „Klimapflege“ umschrieben wurde.141 Unter dem Begriff des „Anfütterns“ werden gemeinhin diejenigen Sachverhaltskonstellationen zusammengefaßt, in denen dem Amtsträger meist zu anfang geringwertige, später auch umfangreichere Zuwendungen gemacht werden, um bei ihm ein „allgemeines Wohlwollen“ hervorzurufen, sich seine „Geneigtheit“ zu sichern142 und damit seine spätere Manipulierbarkeit vorzubereiten.143 Die Besonderheit dieser Fälle liegt darin, daß eine konkrete oder konkretisierbare Diensthandlung als Gegenleistung, wie sie die alte Gesetzesfassung forderte, in diesem Stadium regelmäßig noch nicht erwartet oder verlangt wird.144 Vielmehr werden zunächst nach dem „Gießkannenprinzip“ Aufmerksamkeiten an eine ganze Reihe von Mitarbeitern verteilt, um deren „Empfänglichkeit“ auszutesten.145 Sanktionsrechtlich erfaßt werden konnten diese Anbahnungsversuche nur auf Seiten des Amtsträgers und dabei auch nur durch die Annahme eines Disziplinarverstoßes, weil durch dieses Verhalten zumindest eine verbotene Geschenkannahme in bezug auf das Amt verwirklicht wurde (§ 70 BBG). Möchte man nun der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht146 beipflichten, so scheint es dem Beispielhaft etwa die Ausführungen von BGHSt 32, 291 m.w.N. Im Fall des Forderns genügt bereits das einseitige Verlangen des Amtsträgers mit dem Willen, daß der Vorteilsgeber das Beziehungsverhältnis erkennen möge, BGHSt 10, 241. 140 BGH NStE Nr. 2 zu § 334 StGB m.w.N.; BGH NStE Nr. 3 zu § 332 StGB. 141 Schaupensteiner, Kriminalistik 1996, S. 237, 241; ders., Nachfragekonferenz, S. 59; Schubert, Nachfragekonferenz, S. 54. 142 So etwa Schaupensteiner, Kriminalistik 1997, S. 699, 700; ausführlich bei Vahlenkamp / Knauß, S. 298 ff. 143 Kerner / Rixen, GA 1996, S. 355, 381. 144 So die ständige Rechtsprechung der Obergerichte, vgl. BGHSt 15, 251; BGH NStZ 1984, 24; 1999, 561; wistra 2000, 97 f. 145 Eine ausführliche Beschreibung dieser Vorgänge findet sich bei Vahlenkamp / Knauß, S. 298 f. 146 Krey, BT 1, Rn. 669a; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 18; Wessels / Hettinger, BT 1, Rn. 1109; Korte, NStZ 1997, S. 513, 514; Schaupensteiner, Kriminalistik 1997, S. 699, 700; Joecks, § 331 Rn. 12; Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 23; Rengier, BT II, § 60 Rn. 29 ff.; Lesch, AnwBl. 2003, S. 261; einschränkend hingegen Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 7 („Anbahnungszuwendungen regelmäßig nicht für die Dienstausübung bestimmt“); SK-Rudolphi, § 331 Rn. 29a; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 10a. 138 139
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Gesetzgeber gelungen zu sein, unter Beibehaltung der den Tatbeständen schon bisher innewohnenden Unrechtsvereinbarung genau diese Korruptionspraktiken nunmehr auch strafrechtlich auf Geber- wie Nehmerseite zu erfassen. Kritiker wenden allerdings ein, daß es sich, sofern der neue Wortlaut überhaupt eine Veränderung gegenüber der alten Rechtslage beinhalten sollte,147 letztlich nur um eine „Öffnung des Tatbestands für Plausibilitäts- und Beweisfragen“ handle, die „mit erheblicher Unschärfe im Randbereich erkauft“ worden sei.148 Ohne hier den Anspruch der Vollständigkeit zu erheben, sollen an dieser Stelle einige Eckpunkte der neuen Gesetzeslage zumindest verdeutlicht werden, um vor allem möglichen Mißverständnissen in der Auslegung vorzubeugen.
I. Grenzen der Auslegung Vergleicht man die im Vorfeld eingebrachten Vorschläge149 einer möglichen Neuregelung mit der heutigen Gesetzesfassung, so steht zumindest eindeutig fest, was nicht mehr vom Anwendungsbereich der §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB erfaßt wird. Denn ganz bewußt hat sich der Gesetzgeber gerade gegen diejenige Variante entschieden, nach der sich derjenige Amtsträger wegen Vorteilsannahme strafbar machen sollte, „[ . . . ], der im Zusammenhang mit seinem Amt einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, [ . . . ]“.150
Dieser, vom Bundesrat im Dezember 1995 auf der Grundlage eines Entwurfes des Landes Berlin151 eingebrachte Gesetzentwurf152 – auch als Entwurf „von der Praxis für die Praxis“ bezeichnet153 – sah es vor, die Unrechtsvereinbarung völlig zu streichen und statt dessen die Annahme eines Vorteils ohne Nachweis einer Gegenleistung als strafbares Unrecht genügen zu lassen, sofern sich der Zuwendende „davon leiten läßt, daß der Empfänger ein bestimmtes Amt bekleidet oder bekleidet hat“.154 Ausgenommen bleiben sollten allein diejenigen Fälle, in denen der Vorteil sich ausschließlich auf ein privates Verhältnis zwischen Geber und Amts147 Keine Veränderung sieht König, JR 1997, S. 397, 399; zweifelnd auch Wolters, JuS 1998, S. 1105 148 Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 23. 149 Zu den Gesetzesvorschlägen ausführlich LK-Bauer / Gmel Nachtrag zu §§ 331 – 338 Rn. 10 ff. 150 Der von Gribl, S. 126 ff. dargestellte Streitpunkt wurde damit eindeutig entschieden. 151 BR-Drs. 298 / 95. 152 Bundesrat 690. Sitzung 1995, Protokoll S. 512 und BT-Drs. 13 / 3353. 153 Peschel-Gutzeit, Nachfragekonferenz, S. 38. 154 BT-Drs. 13 / 3353, S. 11; sofern eine konkretisierbare Diensthandlung als Gegenleistung vereinbart wurde, sollte nach § 331 Abs. 1 S. 2 StGB ein höherer Strafrahmen zur Anwendung kommen.
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träger bezieht.155 Damit aber entsprach dieser Vorschlag der bereits geltenden Regelung in § 70 S. 1 BBG,156 worin die Annahme von Geschenken „in bezug auf das Amt“ untersagt wird. Diese Identität war es schließlich, die auch den Haupteinwand gegen diesen Vorschlag begründete. Denn es kam in ihr nicht mehr das besondere strafrechtliche Unrecht zum Ausdruck, das es rechtfertigen konnte, hier neben dem Disziplinarrecht auf die „ultima ratio“ der Sanktionsnormen zurückzugreifen.157 Nachdem auch der Vorschlag, tatbestandsmäßig nur solche Vorteile zu erfassen, die geeignet sind, „den Amtsträger bei der lauteren Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu beeinflussen,“158 niemals ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, fand schließlich der Vorschlag des 61. Deutschen Juristentages, die „( . . . ) §§ 331,333 StGB sollten bereits dann eingreifen, wenn der Vorteil für die dienstliche Tätigkeit gewährt wird oder gewährt werden soll, ohne daß die Vereinbarung einer bestimmten Diensthandlung erforderlich ist. ( . . . )“,159
eine letztlich breite Zustimmung, der dann vom Rechtsausschuß des Bundestages in den heute geltenden Gesetzeswortlaut aufgenommen worden ist. In der Begründung heißt es dazu:160 „Mit dieser Formulierung wird klargestellt, dass weiterhin eine Beziehung zwischen der Vorteilsannahme und den Diensthandlungen des Amtsträgers bestehen muß. Lediglich eine hinreichend bestimmte Diensthandlung als ,Gegenleistung‘ muß nicht mehr nachgewiesen werden.“
Auch heute genügt es also nicht, wenn ausschließlich das Amt bzw. die Amtsstellung zum Anlaß genommen wird, dem Amtsträger eine Zuwendung zukommen zu lassen. Der bloße Hinweis, daß sich Vorteilsgeber und Amtsträger ausschließlich dienstlich kennen und infolgedessen Zuwendungen auch nur dienstlich motiviert sein können, reicht auch weiterhin nicht aus. Das verwirklichte Unrecht dieses Pflichtverstoßes bewegt sich noch ausschließlich im Innenverhältnis zum Dienstherrn.161 Statt dessen muß auch weiterhin der Nachweis eines Beziehungsverhältnisses zwischen Vorteilszuwendung und dienstlichem Handeln des Amtsträgers erbracht werden: Die Unrechtsvereinbarung als gemeinsamer Unrechtskern der Tatbestände sollte unangetastet bleiben. BT-Drs. 13 / 3353, S. 11. Kerner / Rixen, GA 1996, S. 381: „in sprachlicher Variation, aber der Sache nach identisch.“ 157 Wagner, Juristentag Diskussion, L 118 f.; Möhrenschlager, Juristentag Diskussion, L 130 f. 158 Dazu Juristentag Diskussion, Vorschlag II 2 Alternative 2, L 189; Schlicht, Juristentag Diskussion, L 116; Böttcher, Protokoll des Rechtausschusses, S. 2. 159 Angenommen mit 71:39:6 Stimmen, Beschlüsse L189; Dölling Gutachten, C 65. 160 BT-Drs. 13 / 8079, S. 15. 161 Zur Unterscheidung disziplinarrechtliche und strafrechtlicher Sanktionen in einen internen und externen Wirkungskreis bereits § 12 II. 2. 155 156
§ 19 Das Merkmal: „für die Dienstausübung“
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Dies gilt es auch für die pauschal unter dem Stichwort der Klimapflege zusammengefaßten Konstellationen zu beachten. Verfolgen die Zuwendungen zunächst den alleinigen Zweck, beim Amtsträger ein allgemeines Wohlwollen gegenüber dem Zuwendenden hervorzurufen, so wird auch dies nicht für die Erfüllung des Straftatbestandes genügen. Denn ausschlaggebend wäre in einem solchen Fall lediglich der Status des Amtsträgers. Auch nach der neuen Gesetzesfassung hinzukommen muß vielmehr eine wie auch immer geartete Gegenleistung als Kernelement der Unrechtsvereinbarung,162 so daß eine vom Vorsatz umfaßte Verknüpfung der Vorteilszuwendung mit der Dienstführung163 des Beamten festgestellt werden kann. Schon der Begriff „Dienstausübung“ umschreibt ein „bewegendes, aktives“ Moment. Das „Amt“ kann niemals Gegenleistung für eine Zuwendung sein, denn der Begriff ist ein statischer; das Amt bleibt allein das ideelle Motiv bzw. der Beweggrund für die Zuwendung. Eine Zuwendung aus der Motivation heraus, dass der Amtsträger ein „bestimmtes Amt bekleidet“,164 genügt zwar § 70 BBG, für die „Dienstausübung“ im Sinne der §§ 331, 333 StGB muß dagegen auch weiterhin ein Beziehungsverhältnis zur dienstlichen Tätigkeit oder Amtsführung des Amtsträgers festgestellt werden können.165 Allein die Behauptung, Zuwendungen der „Klimapflege“, zur Sicherung des „allgemeinen Wohlwollens“ würden nunmehr von den §§ 331, 333 StGB erfaßt, trifft deshalb in dieser Pauschalität nicht zu, sondern bedarf einer sorgfältigen Überprüfung des jeweiligen Einzelfalles. Dem entsprechend hat auch der Berichterstatter des Juristentages diese Formulierung interpretiert:166 „Vertretbar erscheint es demgegenüber, mit den Bestechungstatbeständen auch Zuwendungen zu erfassen, die – ohne Vereinbarung einer bestimmten Diensthandlung als Gegenleistung – in dem Bewußtsein vorgenommen werden, daß der Amtsträger hierfür irgendeine dienstliche Tätigkeit vorgenommen hat oder künftig vornehmen werde. [ . . . ] Mit dem hier vorgeschlagenen Tatbestand könnte z. B. der Fall erfaßt werden, daß ein Bauunternehmer einem Bürgermeister mit den Worten ,auf gute Zusammenarbeit‘ 100 000 DM überreicht, ohne auf ein bestimmtes Vorhaben anzuspielen. [ . . . ] Wird an einer – wenn auch nicht näher konkretisierten – dienstlichen Tätigkeit als Gegenleistung und damit an einer Unrechtvereinbarung in abgeschwächter Form festgehalten, dürfte hinreichend sichergestellt sein, daß sozialadäquate Verhaltensweisen, die bisher zum Teil mit Hilfe des Erfordernisses der Unrechtsvereinbarung aus dem Tatbestand herausgehalten worden sind, auch künftig nicht unter den Tatbestand fallen. Sieht man den für das beamtenrechtliche Verbot der Geschenkannahme erforderlichen Bezug auf das Amt immer dann als gegeben an, wenn die Amtsstellung der entscheidende Anlaß für die Zuwendung ist, und verlangt man hierfür nicht stets das Bewußtsein, daß irgend162 163 164 165 166
So auch Ulseinheimer, § 151a Rn. 81. LG Kiel StraFo 2002, 302. Beispielhaft GKÖD, K § 70 Rn. 25 und BT-Drs. 13 / 3353, S. 11. Ebenso LG Kiel StraFo 2002, 302, das den Vorsatz schließlich verneinte. Dölling, Gutachten, C 64 f.
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Kapitel 4: Anwendung der Strafnormen
eine Gegenleistung des Beamten erfolgen soll, bleibt auch ein Bestechungstatbestand mit abgeschwächter Unrechtsvereinbarung in seiner Reichweite hinter dem beamtenrechtlichen Verbot zurück.“
II. Unrechtsvereinbarung und Gegenleistungsverhältnis Sprach das Gesetz bis 1997 in allen Tatbeständen davon, daß die Zuwendung von Vorteilen „als Gegenleistung für“ eine Diensthandlung erfolgen mußte, so wurde diese Formulierung stets als Indiz für ein besonderes Beziehungsverhältnis von Vorteil und Diensthandlung interpretiert. Umschrieben wurde dieses Verhältnis allgemein mit dem Stichwort der sog. Unrechtsvereinbarung.167 Was sich allerdings inhaltlich dahinter verbergen sollte, darüber war und ist sich die Literatur angesichts der weiterhin geltenden Fassung der §§ 332, 334 StGB uneins. Vor dem Hintergrund des Wortlautes wird dieses Beziehungsverhältnis gern als ein echtes Gegenleistungsverhältnis im Sinne eines zivilrechtlichen „do-ut-des“ umschrieben, so daß sich die §§ 331 ff. StGB als das klassische „Erkaufen“ einer dienstlichen Handlung darstellen.168 Kritisiert wird an dieser Auffassung allerdings, daß sie sich nur schwer mit den strafrechtlich genauso relevanten Konstellationen vertrage, in denen der Bestechungslohn einer Diensthandlung erst nachfolgt („eine Diensthandlung vorgenommen hat“).169 Favorisiert wird deshalb häufig die Umschreibung als Äquivalenzverhältnis,170 einem Beziehungsverhältnis, innerhalb dessen der Vorteil gerade um der Diensthandlung willen zugewendet wird.171 Inhaltlich verstanden umschreibt aber sowohl der Vergleich mit dem Institut der zivilrechtlichen Rechtsgeschäftslehre als auch der Begriff des Äquivalenzverhältnisses einen ganz bestimmten, hinter den §§ 331 ff. StGB stehenden, identischen Mechanismus: Ein Vorteil wird gleichsam einem synallagmatischen Vertrag des Zivilrechts172 in ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis zu einer Diensthandlung bzw. nunmehr in den §§ 331, 333 StGB zu einer Dienstausübung gestellt. Es wird damit ein Gegenseitigkeitsverhältnis aufgebaut, innerhalb dessen die Existenz oder zumindest die angestrebte Existenz einer Diensthandlung zum motivierenden Faktor für die Zuwendung wird bzw. dieselbe gar bedingt.173 Prägnant ist insoweit auch der Vergleich mit einem „regelwidrigen Tausch von Vorteilen“.174 BGHSt 15, 97. BT-Drs. 7 / 550, S. 271; Dreher / Tröndle, 47. Auflage, § 331 Rn. 17; Gribl, S. 131. 169 SK-Rudolphi, § 331 Rn. 27; Maurach, BT, 5. Auflage, S. 749; Kuhlen, NStZ 1988, S. 438, der infolgedessen von einem asymmetrischen Äquivalenzverhältnis spricht. 170 NK-Kuhlen, § 331 Rn. 80 m.w.N.; Schmidt, Rn. 118 ff; ebenso in BGH NStZ 1999, 560; OLG Düsseldorf NJW 1987, 1214. 171 Lackner / Kühl, § 331 Rn. 10. 172 So findet sich in der Rechtsprechung gern die Formulierung „vertragsmäßige Willensübereinstimmung beider Teile“, OLG Düsseldorf NJW 1987, 1214 m.w.N. 173 Gribl, S. 133 spricht von einem „echten do-ut-des“. 167 168
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Auch die Vorstellung vom Äquivalenzverhältnis baut auf diesen Vorgängen auf, so daß es nicht verwunderlich ist, daß beide Begrifflichkeiten teilweise sogar in einem Atemzug genannt werden.175 Bedenklich erscheint aber an diesem Begriff, daß die Formulierung „Äquivalenz“ darüber hinaus auch eine Wertung dahingehend enthält, daß der Vorteil als gleichwertiger Ersatz bzw. Entsprechung zum Bezugsobjekt anzusehen ist. Das erscheint deshalb bereits als sehr fragwürdig, weil der „Wert“ einer Diensthandlung tatsächlich weder objektiv bestimmbar ist, noch in diesen Tatbeständen relevant wird, sondern nur als subjektive Bewertung beider Parteien anzusehen ist. Auch bei der Beurteilung geringfügiger Zuwendungen geht es nicht darum, daß dieselben etwa den „Wert“ der Diensthandlung nicht ausgleichen würden und infolgedessen den Tatbestand nicht erfüllen, sondern es geht um eine Gesamtbeurteilung des Verhaltens, ob überhaupt eine Gegenleistung erbracht wurde oder nicht. Erst dann kann beurteilt werden, ob die Gegenleistung einen gleichwertigen Ersatz einer Leistung darstellt. Nun hat der Gesetzgeber im Zuge des Korruptionsbekämpfungsgesetzes gerade diesen Passus des Gegenleistungsverhältnisses zu einer Diensthandlung in den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB gestrichen und durch die Wendung „für die Dienstausübung“ ersetzt, was zunächst auf weitreichende Konsequenzen für die tatbestandliche Auslegung hindeutet. Allerdings relativiert sich dieser Eindruck, zieht man zur Auslegung den Willen des Gesetzgebers in dieser Frage hinzu, der sich wie schon die Mehrheit der Mitglieder des 61. Juristentages ganz ausdrücklich für die Beibehaltung der geschilderten „Unrechtsvereinbarung“ – dem Unrechtskern176 – als unverzichtbares Merkmal dieser Tatbestände ausgesprochen hat.177 Der Vorgang des „Abkaufens“ dienstlicher Tätigkeiten muß demzufolge auch weiterhin dem tatsächlichen Geschehen immanent sein, will man die Beteiligten strafrechtlich zur Verantwortung ziehen.178 Volk, Gedächtnisschrift für Zipf, S. 421 ff; ebenso Braum, NJ 1996, S. 453. Dreher / Tröndle, 47. Auflage, § 331 Rn. 17; BGH StV 1994, 82 f. ließ eine Entscheidung in dieser Streitfrage gleichfalls dahingestellt. 176 BGH wistra 1983, 258 ff. Kritisch zu dieser Aussage Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 14, die betonen, daß es für die Tatvarianten des Forderns (passive Seite) bzw. Anbietens oder Versprechens (aktive Seite) gerade nicht zu einer solchen Unrechtsvereinbarung kommt. Allerdings entfällt die Unrechtsvereinbarung auch in diesen Varianten nicht, sondern verlagert sich noch weiter in den subjektiven Bereich des Täters hinein, als dieser den Abschluß der Unrechtsvereinbarung, im Gegensatz zu den übrigen Varianten, nur einseitig erstrebt und damit sich Beweisschwierigkeiten möglicherweise verschärfen. Dennoch ändert dies an der tatbestandlichen Notwendigkeit einer Unrechtsvereinbarung nichts und steht der Aussage vom „Unrechtskern“ der Bestechungsdelikte nicht im Wege. Im einen Fall muß er von beiden Seiten subjektiv angestrebt werden, es muß zu einer Willensübereinstimmung kommen, etwa im Versprechen lassen, das Fordern hingegen verzichtet auf diese Einverständlichkeit und läst eine einseitig erstrebte Unrechtsvereinbarung genügen, vgl. auch BGHSt 10, 241; 15, 88 ff.; bestätigt in jüngster Zeit von BGH NStZ 2000, 439 f. 177 BT-Drs. 13 / 8079, S. 14, anlehnend an den Vorschlag des Deutschen Juristentages 1996, der eben dieses vorsah. 174 175
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Unter Beibehaltung des Beziehungsverhältnisses hat sich lediglich das Bezugsobjekt verändert:179 Von der konkreten oder doch konkretisierbaren Diensthandlung hin zur „dienstlichen Tätigkeit im allgemeinen“. 180 Vergleichend kann man hierzu auch die Gesetzesentwicklung dieser Tatbestände seit der Einführung des Reichsstrafgesetzbuches heranziehen.181 Darin zeigt sich, daß es für die Anerkennung der „Käuflichkeitsstruktur“ nicht notwendigerweise des gesetzlich formulierten Gegenseitigkeitsverhältnisses bedarf. Denn schon einmal, nämlich bis zum Einführungsgesetz 1974, begnügte sich das Gesetz mit den Worten: Ein Beamter, welcher für eine in sein Amt einschlagende, an sich nicht pflichtwidrige Handlung Geschenke oder andere Vorteile annimmt, [ . . . ]
Auch damals wurde der Tatbestand von Rechtsprechung182 wie Literatur183 nur in der Weise verstanden, daß das Geschenk „als ein Äquivalent oder eine Gegenleistung auf die in das Amt einschlagende Handlung bezogen“ sein müsse.184 Die Notwendigkeit der Unrechtsvereinbarung auch nach neuer Gesetzesfassung hat aber zur Folge, daß auch weiterhin diejenigen Zuwendungen nicht erfaßt werden, die schon nach alter Rechtslage gerade wegen dieses Erfordernisses der Unrechtsvereinbarung aus dem Tatbestand ausschieden. Dies gilt namentlich für alle Zuwendungen, die nur gelegentlich einer Diensthandlung oder aus ihrem Anlaß erbracht werden, wie es regelmäßig in Fällen anzutreffen ist, in denen sich der Außenstehende lediglich aus Dankbarkeit für das dienstliche Handeln des Amtsträgers erkenntlich zeigt oder zeigen will. Hier konnte zwar auch nach alter Rechtslage eine konkrete Diensthandlung festgestellt werden, es fehlte aber an dem erforderlichen Gegenleistungsverhältnis.185 Eine Abgrenzung kann sich zumindest grob daran orientieren, ob eine Zuwendung gerade deshalb erfolgte, „weil“ eine dienstliche Tätigkeit im Raume stand – kausal zielgerichtete Motivation – oder ob sie lediglich erbracht wurde, „als“ eine solche stattgefunden hatte – 178 Nach Braum, NJ 1996, S. 453 gewinnen die Tatbestände der §§ 331 ff. StGB überhaupt erst durch das Merkmal der Unrechtsvereinbarung eine generalpräventive Wirkung, als damit die Folgen dieses unerlaubten Tauschgeschäftes für die Täter erst vorhersehbar werden. 179 Im Ergebnis ebenso Zieschang, WissR 32 (1999), S. 126. Ebenso LG Kiel StraFo 2002, 302. 180 So eine häufig anzutreffende Umschreibung der Dienstausübung, allerdings ohne nähere Ausführung, was sich dahinter verbergen soll; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 8; Rengier, BT II, § 60 Rn. 19. 181 Ebenso Zieschang, WissR 32 (1999), S. 125; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 79. 182 RGSt 2, 129; 19, 20, 22; 51, 87; 77, 76; BGHSt 15, 91. 183 Alcalay, S. 39 m.w.N.; v. Liszt / Schmidt, S. 819; Welzel, 11. Auflage, S. 540. 184 RGSt 2, 129. 185 OLG Düsseldorf NJW 1987, 1213 f. Allerdings wird in diesen Fällen regelmäßig das dienstrechtliche Verbot der Geschenkannahme eingreifen, so daß schlußendlich ein Amtsträger nur diejenigen Zuwendungen bedenkenlos annehmen kann, für deren Annahme seitens der obersten Dienstbehörde eine allgemeine Genehmigung erteilt wurde, vgl. etwa für BadenWürttemberg, Die Justiz 1999, S. 51 f.
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zeitliche oder modale Motivation.186 Letztlich muß aber der konkrete Einzelfall über die jeweilige Einordnung entscheiden.187 Erfolgte die Zuwendung aus Dank für eine vorangegangene Diensthandlung, so kann aber darin zumindest auch die Gewährung eines Vorteils für künftiges dienstliches Handeln mitenthalten sein, was aber wiederum voraussetzt, daß auch hier ein Gegenleistungsverhältnis zu einer künftigen dienstlichen Tätigkeit besteht.188 Allerdings darf aus der heute geltenden Formulierung nicht der Schluß gezogen werden, es genüge bereits jede Zuwendung, die gar die Dienstausübung erst ermöglicht189 oder ihr zumindest „zugute kommt“190. Nimmt beispielsweise ein an einem Universitätsklinikum beschäftigter Arzt Medizingeräte kostenlos entgegen und verwendet sie im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit für das Krankenhaus,191 so erfolgen zwar diese Zuwendungen nach dem alltäglichen Sprachgebrauch „für die Dienstausübung“ des Arztes, weil sie gerade und ausschließlich nur innerhalb des ärztlichen Dienstes und damit in der Ausübung desselben verwendbar sind und dieselbe erst ermöglichen, erleichtern oder sogar verbessern. Dieser Dienstausübung fehlt aber der Charakter der „Leistung“, die vom Vorteilsgeber erkauft werden soll.192 Spiegelbildlich zur Person des Sonderpflichtigen, der eine „Gegenleistung“ in Form eines Vorteils erhält, muß auch der Geber zur Komplettierung des „do-ut-des“-Verhältnisses eine „Leistung“ anstreben, ganz im Sinne des bereits erwähnten „regelwidrigen Tausches von Vorteilen“. Die mittels des Vorteils ermöglichte Dienstausübung verhält sich in ihrer Zielrichtung dagegen regelmäßig neutral gegenüber dem Vorteilsgeber,193 der ganz im Gegenteil eine auf ihn als Bezugsobjekt gerichtete Leistung anstreben muß, wie beispielsweise die klassische
186 So Teichmülller, S. 44, dessen Unterscheidung aber insoweit nur bedingt zutrifft, als auch bei Geschenken aus reiner Dankbarkeit für eine Diensthandlung gerade letztere den kausalen Antrieb für die Zuwendung geben wird. 187 Baumann, Zur Problematik, S. 23 beurteilt diese Abgrenzung bloß gelegentlich einer Diensthandlung erbrachter Zuwendungen als unsicher; ebenso schon Teichmüller, S. 44 f. 188 BGHSt 15, 223. 189 Dazu OLG Zweibrücken NStZ 1982, 204 f. 190 Walter, ZRP 1999, S. 294; dazu auch NK-Kuhlen, § 331 Rn. 79, 82. 191 Dazu bereits der Fall, den der Beschluß des OLG Karlsruhe zum Gegenstand hatte, StV 2001, 288. 192 Deshalb ist hier eine Unterscheidung etwa zwischen der Behandlung von Privatpatienten mit der Folge eines privaten Handelns im Gegensatz zur Behandlung von Kassenpatienten mit der Folge einer Diensthandlung i.S. der §§ 331 ff. StGB völlig unnötig. Der Verwendung der Geräte mangelt es bereits am Charakter einer Leistung, auf die der Zuwendende im Rahmen des do-ut-des-Verhältnisses abzielt. Dies verkennend etwa Dahm, MedR 1992, S. 255. 193 Forschungstätigkeiten wie auch Heilbehandlungen oder die Verwendung von Geräten sind zwar dienstliche Tätigkeiten und sind damit Teil der „Dienstausübung“ i.S.v. § 331 Abs. 1 StGB, werden aber regelmäßig nicht zu gegenleistungsfähigen Diensthandlungen gehören. Ausnahmefälle sind zwar konstruierbar, etwa eine bevorzugte Behandlung zu lasten anderer Patienten, tauchten aber bisher noch nicht in der Rechtsprechung auf.
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Beeinflussung von Entscheidungsvorgängen, an denen der Geber als möglicher Begünstigter ein besonderes Interesse hat.194
III. Dienstausübung im Gegensatz zur Diensthandlung Wenngleich auch weiterhin wie schon zur alten Rechtslage ein Gegenleistungsverhältnis nachgewiesen werden muß, so hat sich doch – zumindest begrifflich – das Bezugsobjekt der Gegenleistung verändert. Vormals noch Diensthandlung sieht das Gesetz heute in den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB den Terminus der Dienstausübung vor. Was hierunter nun im Einzelnen zu verstehen ist, worin vor allem die eigentlichen Unterschiede zur alten Rechtslage bestehen, wird sich erst durch Entscheidungen der Rechtsprechung in der Praxis konkretisieren lassen. Hatte der BGH in seinen jüngeren Entscheidungen noch ausgeführt, „das Einverständnis der Beteiligten braucht sich nur darauf zu beziehen, dass der Amtsträger innerhalb seiner Obliegenheiten nach einer gewissen Richtung hin tätig werden soll“195
so könnte zumindest nunmehr auch auf den Nachweis dieser „gewissen Richtung“ verzichtet werden, sofern nur feststeht, daß der Amtsträger tätig werden soll. Allerdings ist hier zu bedenken, daß trotz alledem noch immer geklärt werden muß, ob ein pflichtgemäßes oder gar pflichtwidriges dienstlichen Verhalten vorliegt. Nur so kann der Unrechtsgehalt des jeweiligen Verhaltens festgestellt werden – verwiesen sei nur auf die unterschiedlichen Strafrahmen der §§ 331, 333 StGB und §§ 332, 334 StGB. Dann aber, und dies hat der Gesetzgeber in seiner hauptsächlich von der Schließung etwaiger Strafbarkeitslücken motivierten Gesetzesänderung nicht beachtet, muß überhaupt zunächst festgestellt werden, ob eine Diensthandlung vorgenommen wurde und gegebenenfalls welche. Die Unterscheidung in pflichtgemäßes und pflichtwidriges Handeln bedingt regelrecht die Existenz eines wenigstens konkretisierbaren dienstlichen Handelns.196 Der Gutachter des 61. Juristentages hatte beispielhaft für den neuen Gesetzeswortlaut solche Abreden genannt, in denen Vorteile mit dem für beide Seiten erkennbaren Wunsch zugewendet werden, die künftige Zusammenarbeit gut zu gestalten, auch wenn diese im einzelnen noch nicht konkretisiert werden kann.197 Als Indiz für ein derartiges Gegenleistungsverhältnis können – wie schon zur alten 194 Insoweit verwirrend Göben, MedR 1999, S. 346, der die Dienstausübung als den konkret-funktionalen Dienstaufgabenbereich definiert und infolgedessen nunmehr jede drittmittelgeförderte Forschung tatbestandlich erfaßt sieht. Die Forschung selbst ist aber gerade nicht die Gegenleistung für die Vorteile. 195 BGH NStZ 1989, 74; ähnlich BGHSt 32, 291 m.w.N.; 39, 47. 196 So bereits die ständige Rechtsprechung zur alten Rechtslage, RGSt 64, 335 f.; BGHSt 15, 217 ff.; BGH LM § 333 Nr. 6. 197 Dölling, Gutachten, C 65; ders., ZStW 2000, S. 343 ff.
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Rechtslage – etwa gegenwärtige oder sicher feststehende zukünftige Geschäftsbeziehungen dienen198 oder zumindest eine Beziehung des Gebers zum Aufgabenbereich des Amtsträgers,199 also zur ausübenden Tätigkeit selbst. Begrifflich wird jede Diensthandlung nach alter Rechtslage auch von der Umschreibung der Dienstausübung nach neuer Rechtslage umfaßt, denn letztere stellt insoweit die Summe aller möglichen Diensthandlungen eines Amtsträgers dar. Dagegen ist mit dem Begriff der „Diensthandlung“ schon implizit eine Beschränkung auf deren Inhalt verbunden. Die allgemeine Bezeichnung der Dienstausübung greift hingegen über den materiellen Gehalt des dienstlichen Handelns hinaus auch auf die äußeren Umstände der dienstlichen Tätigkeiten und damit auf deren „Art und Weise“. Auch kann dieser „Begleitumstand“ von Diensthandlungen sehr wohl zum Gegenstand eines Gegenleistungsverhältnisses gemacht werden, ähnlich der zivilrechtlichen Vereinbarung, eine Nebenpflicht zur Hauptpflicht zu erheben. Nach alter Rechtslage sollte es noch allein auf die sachliche Entscheidung selbst ankommen, nicht auf Umstände des äußeren Entscheidungsvorganges. Diese bedingen kein „do-ut-des“-Verhältnis zu einer Diensthandlung und schieden deshalb als Element einer Unrechtsvereinbarung folgerichtig aus.200 Nach neuer Gesetzeslage scheint es, als würden diese äußeren Umstände nunmehr von den §§ 331, 333 StGB erfaßt werden.201 Doch mag es auch kriminalpolitisch noch so sehr wünschenswert sein, jede vermeintliche „Lücke“ des Tatbestandes zu füllen, so muß sich doch immer wieder vor Augen gehalten werden, daß strafrechtliche Sanktionen nur das letzte Mittel sein dürfen, mittels dessen auf ein als normabweichendes Fehlverhalten erkanntes Geschehen reagiert wird. Damit einher geht notwendigerweise ein fragmentarischer Charakter des Strafrechts,202 innerhalb dessen sich der Anwendungsbereich der Tatbestände in dem durch das dahinterstehende geschützte Rechtsgut gesteckten Rahmen zu halten hat. Unter den Begriff der Dienstausübung sollten demzufolge nur diejenigen dienstlichen Verhaltensweisen und Tätigkeiten fallen, die tatsächlich zu einer Gefährdung für die Sachlichkeit der Amtsführung, dem zugrundeliegenden vorrangigen Rechtsgut dieser Delikte,203 führen können. Mit der Sachlichkeit der Amtsführung wird wiederum der Inhalt des Tätigwerdens eines Amtsträgers beschrieben, der sich dabei ausschließlich an Recht und Gesetz zu orientieren hat. 198 Wie im übrigen auch bereits zur alten Rechtslage, BGHSt 15, 223, die gerade im Bereich künftigen Diensthandelns nur sehr geringe Anforderungen an den Nachweis der Diensthandlung stellte. 199 BGH wistra 2000, 97, 98, ein Fall noch zur alten Rechtslage, in dem der BGH aber den Nachweis zu einer künftigen pflichtwidrigen Diensthandlung aber als nicht erbracht angesehen hat. 200 BGHSt 39, 45 ff.; zur alten Rechtslage in dieser Frage auch Gribl, S. 131 ff. 201 So Rengier, BT II, § 60 Rn. 31; dagegen Schreier, S. 89. 202 Jescheck / Weigend, AT, § 7 II (S. 52) m.w.N. 203 Dazu § 14 I.
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Sind aber ausschließlich die freundliche Art und Weise des Amtsträgers gelegentlich seiner Dienstverrichtungen der Anlaß für eine belohnende Zuwendung, so gehören diese, die Dienstausübung nur begleitenden Umstände zwar auch zum dienstlichen Verhalten, doch werden sie niemals für sich gesehen Einfluß nehmen können auf die Sachlichkeit der Amtsführung im Sinne einer inhaltlichen Richtigkeit. Zwar ist der Beamte zu achtungswürdigem Verhalten innerhalb wie außerhalb des Dienstes verpflichtet, § 54 S. 3 BBG. Doch handelt es sich bei der Annahme einer solchen Zuwendung um einen Verstoß gegen Dienstpflichten, die der Dienstherr auf disziplinarrechtlichem Wege verfolgen und ahnden kann und muß. Die §§ 331 ff. StGB umfassen lediglich den Ausschnitt derjenigen Dienstpflichtverletzungen, die sich als Gefährdung für die inhaltliche Entscheidungsfindung im Rahmen der Amtstätigkeiten darstellen.204 Keine dienstlichen Handlungen iSd. §§ 331 ff. StGB sind nach alter wie neuer Rechtslage auch diejenigen Tätigkeiten, die im Rahmen einer Nebenbeschäftigung erbracht werden. Sie sind dem privaten Bereich zuzuordnen.205 Dies gilt, wie die Rechtsprechung ausdrücklich festgestellt hat, auch dann, wenn die Nebentätigkeit „besondere Kenntnisse und Erfahrungen erfordert, die ihm durch sein Amt vermittelt worden sind, es sei denn, daß gerade diese Beratungstätigkeit zu seinem dienstlichen Aufgabenbereich gehört“.206 Relevant kann diese Einordnung vor allem im Bereich der Medizin werden, wo dem Arzt bei Forschungstätigkeiten beispielsweise die Wahl offen steht, einen Forschungsauftrag im Rahmen der Drittmittelforschung, also im Rahmen seiner Haupttätigkeit durchzuführen, oder als Auftragsforschung, für die er dann zwar eine eigene Vergütung erhält, diese Forschung dann aber nur als Nebentätigkeit durchführen kann.
IV. Zusammenfassung In wie weit sich die Vorstellungen des Gesetzgebers von der Beibehaltung der Unrechtsvereinbarung einerseits und der Erweiterung des Tatbestandes andererseits tatsächlich von der Rechtsprechung umsetzen lassen, bleibt abzuwarten. Denn bereits die gesetzliche Unterscheidung in pflichtgemäßes und pflichtwidriges Verhalten macht es letztlich erforderlich, das dienstliche Verhalten in seinem sachlichen Gehalt zu konkretisieren. Selbiges gilt aber auch für das vom Gesetzgeber
204 In einer solchen Zuwendung für die freundliche und zuvorkommende Tätigkeit in der Vergangenheit kann allerdings zugleich das Ansinnen enthalten sein, den Amtsträger für die Zukunft nicht nur in seiner Art zu bestärken, sondern auch bei künftigen Entscheidungen zu eigenen Gunsten geneigt zu machen. Dann ist die Grenze strafbaren Verhaltens überschritten, so schon zur alten Rechtslage BGHSt 39, 47 ff. 205 BGHSt 11, 127 f.; 18, 59 ff.; 266 f.; 31, 281; mit weiteren Nachweisen NK-Kuhlen, § 331 Rn. 66. 206 BGHSt 31, 281.
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weiterhin vorgesehene Gegenleistungsverhältnis, also dem besonderen Kausalzusammenhang zwischen Vorteil und dienstlicher Tätigkeit.207 Das Bestreben des Gesetzgebers war es zwar, sowohl eine Erweiterung der Tatbestände herbeizuführen, ohne damit zugleich eine Strafbarkeit für Zuwendungen „im Zusammenhang mit dem Amt“ zu schaffen, als auch die Unrechtsvereinbarung als „Unrechtskern“ gleichzeitig beizubehalten. Dies ist aber nicht möglich. Entweder bekennt man sich zur Beibehaltung der Unrechtsvereinbarung und damit zur Notwendigkeit eines Beziehungsverhältnisses, das aber immer einen nachzuweisenden Anknüpfungspunkt zur Dienstausübung voraussetzt. Allein die Tatsache, daß der Zuwendungsempfänger ein Amt inne hat, genügt nicht, weil es sich dabei um eine Zuwedung „im Zusammenhang mit dem Amt“ handeln würde, die gerade vom Gesetzgeber verworfen wurde. Stellt man hingegen auf das Bemühen des Gesetzgebers ab, die Tatbestände im Besonderen auf die Fälle der „Klimapflege“ und des „Anfütterns“ zu erweitern, muß man sich von dem Strukturelement der Unrechtsvereinbarung lösen hin zu einer bereits durch das Innehaben eines Amtes ausgelösten Verdachtsstrafbarkeit: Bereits die Zuwendung an einen Amtsträger begründet den Verdacht, daß irgendwann in der Zukunft eine Gegenleistung erfolgen kann und bereits diese hypothetische Möglichkeit der künftigen Gegenleistung rechtfertigt es dann, strafrechtliche Folgen daran anzuknüpfen. Dann aber haben sowohl das strafrechtliche Verbot der Vorteilsannahme als auch das beamtenrechtliche Geschenkannahmeverbot identische Anwendungsbereiche, die – jedenfalls vom Gesetzgeber – nie bezweckt waren, weshalb dieses weite Verständnis der Tatbestände letztlich abzulehnen ist.
§ 20 Die Genehmigung Auch eine weiterhin am Eigennutz des Amtsträgers orientierte Auslegung der Vorteilsannahme wie der Vorteilsgewährung wird jedenfalls in den verschiedenen Konstellationen der Drittmittelforschung nur bedingt weiterhelfen. Zwar genügt die Mehrung des Renommees und des wissenschaftlichen Ansehens, das sich etwa aus der Durchführung von Forschungsaufträgen ergeben kann, für sich gesehen noch nicht, um einen Vorteil i. S. der §§ 331 ff. StGB annehmen zu können.208 207 So zumindest nach alter Rechtslage die Rechtsprechung RGSt 2, 129; Alcalay, S. 41; Welzel, 11. Auflage, S. 540. Die im problematischen Bereich künftiger Diensthandlungen wegweisende Entscheidung BGHSt 32, 290 ff. hatte die Anforderungen an den Nachweis künftiger Diensthandlungen ohnehin bis auf ein Minimum herabgesetzt: Feststehen mußte nunmehr nur noch ein bestimmter Aufgabenbereich oder Kreis von Lebensbeziehungen, innerhalb dessen der Amtsträger nach einer gewissen Richtung tätig werden sollte. Diese Tendenz weiterführende Entscheidungen, BGHR § 332 Abs. 1 S. 1 Unrechtsvereinbarung 2 und Unrechtsvereinbarung 4; BGH NStZ 1999, 561 jeweils zur alten Rechtslage. 208 Dazu § 17 I.
10 Wentzell
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Tatvorwürfe stützen sich deshalb auch darüber hinausgehend auf die in den Arbeitsverträgen den Chefärzten erteilte Nebentätigkeitserlaubnis, bei Privatpatienten die eigenen Dienste privat in Rechnung stellen zu dürfen,209 was bei kostenloser Überlassung hochwertiger neuer Geräte schließlich zu vermehrten Einnahmen auf seiten der privat liquidierenden Ärzte führen soll.210 Teilweise wurde in diesem Zusammenhang auch auf eine Verbesserung der „wissenschaftlichen Arbeits- und Entfaltungsmöglichkeiten“ der Abteilung und damit auch des abteilungsleitenden Chefarztes abgestellt, so daß in der Überlassung der Geräte objektiv meßbare, wenn auch „nicht quantifizierbare“ Vorteile zu sehen seien.211 Die Besonderheit all dieser Beispiele liegt darin, daß es gerade der Staat ist – wohlgemerkt nicht der Rechtsgutsträger –, der als Dritter diese Zuwendungen empfängt und deren Einwerbung gegebenenfalls sogar ausdrücklich honoriert. Zwar kommt also der Staat sehr wohl als Dritter im Sinne dieser Tatbestände in Betracht.212 Dennoch gibt der Staat durch sein Verhalten dem einzelnen Amtsträger gegenüber zu verstehen, daß er die Einwerbung von Drittmitteln und die Beschaffung von Geräten sowie alle sich daraus ergebenden Reflexwirkungen zugunsten des Arztes in diesen Fällen als im Rahmen der Tätigkeit rechtmäßiges Handeln akzeptiert. In Baden-Württemberg ist diese Zustimmung nunmehr ausdrücklich im Gesetz verankert. Nach § 8 Abs. 2 S. 6 UG umfaßt die Erklärung der Universität, Drittmittel anzunehmen zugleich die Zustimmung für die beteiligten Mitglieder der Universität, die damit verbundenen Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen. In Kriterien des Strafrechts ausgedrückt, erinnern diese Vorgänge an die Institute des Einverständnisses und der Einwilligung, die allerdings wegen des zugrundeliegenden Universalrechtsgutes keine Anwendung finden.213 Gleichsam einem Ersatz
OLG Köln NStZ 2002, S. 36; ebenso Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 27. An dieser Stelle soll dahingestellt bleiben, ob diese Behauptung angesichts der im Gegenzug von den Chefärzten dem Krankenhaus zu erbringenden Nutzungsentgelten u.ä. tatsächlich zutrifft, vgl. etwa S. 52 ff. des Papiers des Arbeitstreffens am 17. Mai 1996 in der Lutherstadt Wittenberg unter dem Thema „Neugestaltung von Struktur und Finanzierung der Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt“. Eine genaue Prüfung des Einzelfalles erscheint zumindest angezeigt. 211 Diese Argumentation erscheint allerdings als krampfhafter Versuch, immaterielle Vorteile des Ansehens und des wissenschaftlichen Rufes, die für sich gesehen überhaupt keine Vorteile darstellen, materielle wirtschaftliche Substanz zu verschaffen. Die kostenlose Bereitstellung der Geräte mag ein materiellen Vorteil darstellen, aber zunächst nur für die Einrichtung, der sie zur Verfügung gestellt wurden und nicht für den Chefarzt selbst in persönlicher Hinsicht. Die Anwendung bzw. Benutzung der Geräte an sich beinhaltet ihrerseits ebenfalls keinen Vorteil für den Arzt; die Geräte dienen in diesem Fall zunächst nur als Arbeitsmittel. Erst mögliche Reflexe, bspw. neue Forschungsergebnisse, können sich in zukünftige, bis dato aber ungewisse Vorteile umwandeln, die aber wiederum lediglich dem Bereich unbeachtlicher Exspektanzen angehören. 212 Dazu oben § 16 II. 213 Dazu schon § 16 II. 209 210
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für die sonst geltenden allgemeinen Regeln greift deshalb, wie insbesondere aus dem Bereich des Umweltstrafrechts bereits hinlänglich bekannt, das Institut einer behördlichen Genehmigung derartige „Willenserklärungen“ auf und verleiht ihnen unter bestimmten Voraussetzungen auch strafrechtliche Bedeutung (§ 331 Abs. 3 StGB).
I. Strafrechtliche Einordnung und Rechtsfolgen Strafrechtliches Verantwortenmüssen kann nur im Einklang mit der übrigen Rechtsordnung entstehen und auch nur dann gegenüber dem Einzelnen effektiv im Hinblick auf einen Strafzweck durchgesetzt werden. Es wird deshalb vielfach unter dem Stichwort der „Verwaltungsakzessorietät“ eine am Verwaltungsrecht orientierte Einordnung der Genehmigung innerhalb des strafrechtlichen Unrechts vorgenommen:214 Handelt es sich aus verwaltungsrechtlicher Sicht um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, so soll einer Genehmigung nur rechtfertigende Wirkung zukommen, wohingegen im Fall eines rein präventiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt bereits der Tatbestand ausgeschlossen werde.215 Die hinter diesen Begrifflichkeiten liegende Wertung begreift das durch repressive Verbote erfaßte Verhalten als ein grundsätzlich sozialschädliches und damit unerwünschtes. Die Genehmigung stellt in solchen Fällen eine echte Ausnahme von grundsätzlich verbotenem Verhalten dar. Sie erweitert damit, so zumindest die herrschende verwaltungsrechtliche Lehre, den Rechtskreis des Bürgers.216 Anders liegen die Dinge hingegen im Fall eines präventiven Verbotes, mittels dessen der an sich von Verfassungs wegen erlaubte Handlungsspielraum des Bürgers zwar zunächst eingeschränkt wird. Zweck dieses Verbotes ist es, den an sich freien Gestaltungsspielraum im Rahmen einer förmlichen Kontrollerlaubnis an andere Interessen bzw. materiell-rechtlichen Rechtsvorschriften anzupassen bzw. einen Ausgleich mit diesen herstellen zu können.217 Für die strafrechtliche Einordnung der Genehmigung wird aus dieser verwaltungsrechtlich jeweils unterschiedlichen normativen Einordnung der Schluß gezogen, daß im Fall sozialschädlichen Verhaltens das tatbestandlich geschützte Rechtsgut bereits verletzt oder gefährdet, mithin das vom Tatbestand abstrakt vertypisierte Unrecht bereits verwirklicht wird. Lediglich solche „Gegeninteressen“, die das öffentliche Interesse an der Einhaltung des Verbotes besonders überwiegen, geben den Ausschlag dafür, eine ausnahmsweise Befreiung von dem grundsätzlichen Verbot zu erteilen. Liegt der Genehmigung allerdings ein sozial erwünschtes 214 Dazu etwa Winkelbauer, Zur Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts, 1985; eine ausführliche Übersicht über die verschiedenen Ansichten gibt LK-Hirsch, Vor § 32 Rn. 160 f. 215 Vgl. dazu Kühl, AT, § 9 Rn. 119 ff. 216 Vgl. Maurer, § 9 Rn. 55. 217 Vgl. Maurer, § 9 Rn. 51 ff.; Wolff / Bachof / Stober, § 46 Rn. 44 ff.
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Verhalten zugrunde, so wird deren Nicht-Erteilung zwingender Bestandteil des Tatbestandes. Denn nur auf diese Weise kann überhaupt der Unrechtsgehalt der Tat erfaßt werden. Dieser wird nämlich nicht in dem für sich gesehen sozialadäquaten Verhalten selbst, sondern in dem ungenehmigten bzw. genehmigungswidrigen Verhalten verkörpert. Die Genehmigung dient in einem solchen Fall allein der Einhaltung förmlicher Verfahrens- und materieller Rechtsvorschriften. Wurde eine Genehmigung erteilt, so scheidet eine Rechtsguts- wie auch Pflichtverletzung und folglich der Unrechtstatbestand aus. Im Fall der §§ 70 BBG, 43 BRRG218 hat der Gesetzgeber die Gelegenheit des Korruptionsbekämpfungsgesetzes bewußt dazu genutzt, das Verbot der Geschenkannahme im Wortlaut des Gesetzes nochmals deutlich klarzustellen und den Ausnahmecharakter der Genehmigung zu unterstreichen.219 Während damit im Sinne eines repressiven Verbotes die generelle Sozialschädlichkeit des durch die Geschenkannahme – des verbotswidrigen Handelns – entstandenen, die Unparteilichkeit des Beamten bedrohenden Loyalitätskonfliktes herausgestellt wird, trifft diese Einschätzung für das der Genehmigung unterliegende Verhalten gerade nicht zu: Eine Genehmigung darf nach den das Ermessen der Behörde grundsätzlich lenkenden Verwaltungsvorschriften überhaupt nur dann erteilt werden, wenn von vornherein jeder Anschein der Käuflichkeit durch die Annahme eines Geschenkes oder einer Belohnung ausgeschlossen werden kann.220 Es darf ausdrücklich nur sozialadäquates Verhalten genehmigt werden, das etwa gesellschaftlichen Sitten und der Höflichkeit entspricht oder wegen seiner Geringfügigkeit nicht zu beanstanden ist.221 Nicht widerstreitende Interessen verlangen hier nach einer Genehmigung, sondern die Besonderheit, daß schon überhaupt kein Interesse des Staates und 218 Und nur die im Rahmen des Dienstrechts geltenden Maßstäbe und Kriterien zur Erteilung einer Genehmigung sind hier für die Einordnung des Genehmigungsvorbehaltes von Interesse, weil überhaupt nur eine Genehmigung des Dienstherrn in Betracht kommt, der sich seinerseits an die öffentlich-rechtlichen Vorschriften – Gesetze wie Richtlinien – halten muß. Spricht etwa SK-Rudolphi, § 331 Rn. 40 davon, daß eine Genehmigung nur für diejenigen Zuwendungsfälle zu erwägen sei, die zwar das Rechtsgut der sachlichen Amtsführung gefährden, aber wegen entgegenstehender höherrangiger Interessen genehmigt werden, so geht diese Einschätzung vollständig an den eindeutigen verwaltungsrechtlichen Vorgaben vorbei, wonach gerade nur in Bezug auf das Rechtsgut ungefährliche Verhaltensweisen genehmigt werden dürfen, dazu nur BT-Drs. 13 / 5584, S. 10. Mag auch die nachfolgende dogmatische Einordnung der erteilten Genehmigung eigenen strafrechtlichen Grundsätzen folgen, wie etwa Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 44 behauptet, so beantwortet dies nicht die Frage, welche konkreten Fallgestaltungen inhaltlich überhaupt als genehmigungsfähig angesehen werden können. 219 BT-Drs. 13 / 5584, S. 8. Zum Regel-Ausnahme-Verhältnis ausdrücklich auch Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, BBG, § 70 Rn. 6. 220 BMI v. 20. 3. 1962, GMBl. S. 120; VwV-Geschenkannahme, Die Justiz, S. 50 ff.; GKÖD, K § 70 Rn. 29; Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 11; Schütz / Kathke, § 76 NW LBG Rn. 42. Im übrigen entspricht dies auch den Vorstellungen des Gesetzgebers, BT-Drs. 13 / 5584, S. 10. 221 GKÖD, K § 70 Rn. 29.
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damit stellvertretend für die Öffentlichkeit an der Einhaltung dieses Verbotes existiert.222 Dies verleiht aber dem Genehmigungsvorbehalt in § 70 BBG ganz im Sinne einer bloßen Kontrollerlaubnis den Charakter einer nur vorläufigen Schranke, durch die schließlich eine behördliche Kontrolle von Zuwendungen im Rahmen eines förmlichen Verfahrens ermöglicht wird.223 In den Worten der verwaltungsrechtlichen Termini gesprochen handelt es sich hier um einen Zwitter in Form eines repressiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt bzw. Kontrollerlaubnis.224 Über die strafrechtliche Einordnung der Genehmigung entscheidet aber allein das ihr – der Genehmigung – zugrundeliegende Verhalten. Wenn aber das von einer Genehmigung nach § 70 BBG erfaßte Verhalten die geschützten Interessen, allen voran die Sachlichkeit der Amtsführung225 unberührt läßt, gilt dies in gleicher Weise auch gegenüber den strafrechtlich bewehrten Gütern der §§ 331, 333 StGB. Obwohl es sich aus verwaltungsrechtlicher Sicht um ein repressives Verbot handelt, wird mit der Genehmigung dem Beamten ausdrücklich eine tatbestandsausschließende „Unbedenklichkeitsbescheinigung“226 für sein konkretes Verhalten erteilt: Mangels Beeinträchtigung der hinter dem Verbot stehenden Interessen, was im Rahmen eines förmlichen Verfahrens festgestellt wurde, kann sein konkretes Handeln denknotwendig auch nicht den abstrakt vertypten Rechtsgutsangriff im 222 Anders Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 2, § 79 Rn. 27, die hier Geschenke aus Höflichkeit oder besonderer Dankbarkeit nur im Rahmen einer Abwägung „konkurrierender Werte“ durch die Genehmigung zurücktreten lassen, damit aber die verwaltungsrechtlichen Vorgaben mißachten. Genauso SK-Rudolphi, § 331 Rn. 40, der auch solche Fallkonstellationen als genehmigungsfähig in Betracht zieht, die gerade aber anhand dieses Vorgehen der Verwaltung, wonach allein Geschenke, die nicht den Anschein der Käuflichkeit erwecken, überhaupt nur genehmigungsfähig sind, wird allerdings in Zweifel gezogen mit der Begründung, daß sich in den Fällen, in denen das hinter dem Verbot stehende Interesse nicht berührt werden, die Ausgestaltung der Genehmigung als Ermessensentscheidung nicht erklären lasse, vgl. Hardtung, S. 122 f., der – auf die bloße Innenrechtsbindung von Verwaltungsvorschriften verweisend – daraus den Schluß zieht, daß eine Genehmigung im konkreten Einzelfall auch aufgrund überwiegenden Interesses möglich sein müsse. Bei Abwägung der Interessen stehen einer solchen Genehmigung aber die spätestens seit 1997 ausdrückliche Wertentscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer absoluten Unparteilichkeit der öffentlichen Verwaltung entgegen, die ausreichende Alimentation zur Sicherung der Unabhängigkeit von zusätzlichen Einkünften und die Tatsache, daß es sich stets um „auch“ amtsbezogene Zuwendungen handeln muß, rein private Zuwendungen, die dem Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Privatsphäre des Beamten unterliegen, schon von den Voraussetzungen her nicht erfaßt werden, so daß diese Rechte des Einzelnen in einer Abwägung nur eingeschränktes Gewicht entfalten. 223 Was im Ergebnis der Vorgehensweise im Rahmen einer Erlaubnis innerhalb eines präventiven Verbotes entspricht, vgl. Maurer, § 9 Rn. 51 – 53. 224 Hardtung, S. 121 spricht dagegen pauschal von einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. 225 BVerwGE 83, 232. 226 Diesen Terminus im Rahmen präventiver Verbote verwendend, Winkelbauer, NStZ 1988, S. 202.
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Rahmen des objektiven Straftatbestandes erfüllen.227 Die Genehmigung wirkt folglich tatbestandsausschließend.228 Die anhand der verwaltungsrechtlichen Kriterien des präventiven und repressiven Verbotes getroffene Einordnung einer Genehmigung innerhalb des strafrechtlichen Unrechts als tatbestandsausschließend bzw. rechtfertigend muß demzufolge als eine „widerlegbare Vermutung“ verstanden werden.229 Sie wird für den Regelfall zutreffen, im Fall der §§ 70 BBG, 331 Abs. 3 StGB allerdings, wie dargelegt, nicht. Praktische Relevanz hat die Beantwortung der Frage, ob eine Genehmigung tatbestandsausschließend oder nur rechtfertigend wirkt, allerdings in denjenigen Fällen, in denen es sich um eine zwar rechtswidrige, aber mangels Nichtigkeit verwaltungsrechtlich weiterhin wirksame Genehmigung handelt. Diese entfaltet vor dem Hintergrund einer einheitlichen Rechtsanwendung zwar grundsätzlich auch im Strafrecht tatbestandsausschließende wie auch rechtfertigende Wirkung. Schwierigkeiten bereiten allerdings Fälle, in denen die Genehmigung rechtsmißbräuchlich zustande kam, weil mit Rücksicht auf die im Rahmen des Tatbestandes uneingeschränkte Wirkung des Art. 103 Abs. 2 GG die verwaltungsrechtliche Wirksamkeit der Genehmigung zugunsten des Täters auch im Fall der Täuschung oder Drohung gilt.230 Innerhalb der §§ 331 ff. StGB wird diese Problematik allerdings schon dadurch entschärft, daß § 331 Abs. 3 StGB nur im Rahmen pflichtgemäßen dienstlichen Handelns zur Anwendung gelangt. Täuscht also der Beamte seinen Dienstherrn über den Amtsbezug und werden die Zuwendungen in Wahrheit für pflichtwidrige Diensthandlungen erbracht, so hat die Existenz einer verwaltungsrechtlich wirksamen, nur zurücknehmbaren Genehmigung strafrechtlich keine Bedeutung. Das Problem des Mißbrauchs stellt sich deshalb nur innerhalb der Vorteilsannahme wie der Vorteilsgewährung, weil überhaupt nur hier eine verwaltungsrechtliche Genehmigung strafrechtlich relevant werden kann. Doch auch hier löst sich diese Problematik in den meisten Fallgestaltungen dadurch auf, daß Genehmigungen als Verwaltungsakte in der Weise inhaltlich bestimmt sind, daß sie sich nur auf den vom Beamten mitgeteilten Umfang der Zuwendung beschränken.231 Täuscht der 227 Zugrunde liegt hier natürlich die Prämisse, daß die hinter dem Verbot des § 70 BBG stehenden Interessen und das Rechtsgut der §§ 331 ff. StGB sich insoweit gleichen, was aber angesichts der in dieser Arbeit dargelegten Ausführungen zur akzessorischen Natur des § 331 StGB auf der Hand liegt, ebenso BVerwGE, Urt. v. 25. 2. 1997, Az.: 1 D 22 / 96. 228 So schon Winkelbauer, NStZ 1988, S. 203; Roxin, AT, § 17 Rn. 46; wohl auch Michalke, FS Rieß, S. 774 f.; für vorangegangene Genehmigungen ebenso Bernsmann, WissR 35 (2002), S. 19 f. 229 Kühl, AT, § 9 Rn. 123 m.w.N. 230 Zum Ganzen m.w.N. Kühl, AT, § 9 Rn. 128 ff. 231 Zur Grundlage und Reichweite der Bindungswirkung einer Genehmigung, etwa Fluck, Verwaltungsarchiv 79 (1988), S. 412 ff.: „Bei der Genehmigung einer Anlage bestimmt der
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Beamte die genehmigende Stelle über Art oder Umfang der Zuwendung oder gar die Person des Zuwendenden, so beschränkt sich die Genehmigung auf diese vorgetäuschte, scheinbare Zuwendung. Nur diese Zuwendung wird genehmigt, nicht aber die tatsächlich in Wahrheit erbrachte, denn für jene wurde gerade keine Genehmigung erteilt. Das Handeln außerhalb des durch die Genehmigung abgesteckten Rahmens steht dem Handeln ohne Genehmigung gleich. Der Inhalt und die Grenze wird auch hier nur anhand der Auslegung der Genehmigung im konkreten Einzelfall ermittelt werden können. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist der Antragsteller dazu verpflichtet, genaue Auskünfte über Art und Wert des Geschenkes oder der Belohnung sowie die Art des dienstlichen Bezuges232 zu erbringen: Es wird sich hier deshalb regelmäßig – anders als möglicherweise im Umweltstrafrecht – eine eindeutige Grenze feststellen lassen.233 Im Umweltstrafrecht hat sich diese Problematik allerdings durch Einführung des § 330d Nr. 5 StGB deutlich entschärft, dessen Anwendungsbereich aber mehrheitlich auf den 29. Abschnitt beschränkt wird.
II. Genehmigungsmöglichkeiten und Genehmigungsbehörde bei Drittzuwendungen Grundsätzlich gilt, daß der Vorwurf eines korrumpierenden Vorteils sich nicht auf ein Verhalten beziehen kann, das der Staat seinerseits dem Amtsträger, sei es nun in der konkreten Situation oder bereits von vornherein, gestattet hat. Zu denken wäre hier etwa an das Beispiel der kostenlosen Überlassung von Geräten durch Unternehmen der Medizinprodukteindustrie, die der Ausstattung des Arbeitsplatzes dienen und als solche dem Arzt wissentlich und willentlich zu dessen Verfügung gestellt werden. Die damit reflexartig verbundene Verbesserung seiner medizinischen und möglicherweise auch wissenschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten, sofern man diese überhaupt als Vorteil anerkennt, wird durch die seitens der Klinikumsverwaltung abgeschlossene vertragliche Vereinbarung mit dem Zuwendenden wenigstens genehmigt234 und damit vom Straftatbestand ausgenommen.235 Eine ausdrückliche Regelung in diesem Sinne findet sich nunmehr im Universitätsgesetz von Baden-Württemberg.236 Antragsteller durch seinen Antrag und die unterbreiteten Planungsunterlagen den Entscheidungsgegenstand“ (S. 414). 232 Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 9. 233 Zur Überschreitung der Genehmigung und damit genehmigungslosen Handelns im Umweltstrafrecht, OLG Frankfurt NJW 1987, 2755 f.; Schönke / Schröder / Cramer / Heine, vor § 324 Rn. 17b m.w.N.; SK-Horn, § 324 Rn. 4a, 8. 234 Vgl. zu dieser Möglichkeit auch Dieners / Lembeck / Taschke, PharmaR 1999, S. 158. 235 Bedacht werden muß, daß Chefärzte, sofern sie zugleich eine Professur innehaben, zwei Dienstherren haben: Zunächst im Rahmen des Anstellungsverhältnisses mit dem Klinikum als Chefarzt und im Rahmen der Professur als Wissenschaftler, wobei hier als Dienstherr der Wissenschaftsminister fungiert. Auch in einem solchen Fall sollte nicht in juristische
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Gleiche Grundsätze müssen auch für die Möglichkeit der Privatliquidation von Chefärzten gelten: Diese wird in den Chefarztverträgen zur Ausübung als Nebentätigkeit gestattet; dahinter stand zumindest ursprünglich der Gedanke, auf diese Weise fachlich renommierten Ärzten ein angemessenes Gehalt bieten zu können, das allein mit den durch die öffentliche Hand zur Verfügung gestellten Mitteln nicht zu finanzieren ist.237 Nutzt der Arzt nun im gestatteten Umfang diese ihm erlaubte und eingeräumte Möglichkeit der Privatliquidation, die ihm der Staat ganz bewußt zur Erzielung eigener Einkünfte an die Hand gegeben hat, so handelt es sich auch hierbei um genehmigte Vorteile seitens des Dienstherrn. In diesem Zusammenhang wurde jedoch die Frage aufgeworfen, in wieweit gerade in Zuwendungsfällen an den Staat als Dritten mögliche Interessenkonflikte entstehen, da auch der Staat seinerseits durch die oberste Dienstbehörde für die Genehmigung von Zuwendungen zuständig ist.238 Im Fall von Klinikärzten wird dies regelmäßig die Behördenspitze in Person des Verwaltungsdirektors, des Präsidenten oder Universitätsrektors sein.239 Zunächst scheint deshalb der Schluß nahezuliegen, daß hier der Begünstigte – der Staat – zugleich sich selbst und seinen Helfern die Begünstigungen legitimieren kann, indem er eine Genehmigung erteilt. Deshalb soll beispielsweise statt des Klinikums allenfalls der Träger der medizinischen Einrichtung die Genehmigung iS der §§ 70 BBG, 331 Abs. 3 StGB erteilen können.240 Rein abstrakt betrachtet handelt es sich dabei zunächst nur um einen scheinbaren Interessenkonflikt, der sich aus den verschiedenen Funktionen und Rollen des Staates ergibt. Ganz im Sinne eines Januskopfes tritt der Staat zunächst als juristische Person und damit als Träger von Rechten und Pflichten nach außen in Erscheinung, zugleich aber verkörpert der Staat von seiner Ideensetzung her die Vertretung der Allgemeinheit nach außen und muß sich in seinen Entscheidungen am öffentlichen Interesse orientieren. Seine Verselbständigung als juristische Person hat nicht etwa zur Folge, daß auch eigene, gegenüber der Allgemeinheit verselbständigte Interessen entstanden wären. Im Rahmen des möglichen Zuwendungsempfängers tritt der Staat als verselbständigte juristische Person in Erscheinung, während dies im Rahmen der Genehmigung gerade nicht der Fall ist: Hier vertritt der genehmigende Staat nur das öffentliche Interesse, nicht aber handelt er aus egoistischen Motiven. Beide Grundlagen können sich in einer Institution vereinigen. Rabulistik verfallen werden, sondern vielmehr eine auch für den Bereich der Wissenschaft übergreifende Genehmigung angenommen werden, sofern nur eine der beiden staatlichen Stellen ihr Einverständnis zum Ausdruck gebracht hat. 236 § 8 Abs. 2 S. 6 UG. 237 Papier des Arbeitstreffens in Wittenberg vom 17. Mai 1996, S. 5. 238 Bei Dieners / Lembeck / Taschke, PharmaR 1999, S. 158. 239 Ulsenheimer, in: Laufs / Uhlenbruck, § 151a Rn. 90. 240 Dieners / Lembeck / Taschke, PharmaR 1999, S. 158.
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Allerdings muß daneben beachtet werden, daß selbstverständlich Interessenkonflikte dann zu Tage treten, wenn sich diese – abstrakt betrachtet – gerade nicht widersprechenden Funktionen dennoch in einer natürlichen Person, also in einem Amtsträger, vereinigen. Um hier parteiischen Entscheidungen vorzubeugen, aber auch um die Transparenz der Entscheidungsfindung zu garantieren, sind innerhalb der staatlichen Organisation die Zuständigkeiten auf verschiedene Träger zu verteilen.
III. Reichweite der Nebentätigkeitsgenehmigung Kommt eine Nebentätigkeit an sich als Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. StGB,241 aber auch als Geschenk bzw. Belohnung nach den § 43 BRRG, § 70 BBG nach ständiger Rechtsprechung in Betracht, so erstaunt es, daß in der Vergangenheit mögliche Überschneidungen beider Regelungsbereiche nicht angesprochen wurden. Es stellt sich dabei die Frage, ob die Genehmigung der Nebentätigkeit möglicherweise zugleich die Genehmigung der damit einhergehenden Zuwendung von Vorteilen miteinschließt. Nicht ohne Grund sah das Korruptionsbekämpfungsgesetz anfänglich auch Gesetzesänderungen innerhalb der beamtenrechtlichen Vorschriften über Nebentätigkeiten vor. Diese wurden erst später auf Initiative des Rechtsausschusses hin in einem gesonderten Gesetz – nämlich dem 2. Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz242 – verabschiedet.243 Dienstrechtlich sind zwar beide Materien getrennt voneinander geregelt, wenn einerseits § 70 BBG es grundsätzlich verbietet, Geschenke anzunehmen und Ausnahmen nur nach besonderer Genehmigung zuläßt, andererseits die §§ 64 – 66 BBG differenzierte Beurteilungs- und Genehmigungsmaßstäbe im Hinblick auf die Ausübung einer Nebentätigkeit normieren. Dennoch drängt sich der Gedanke auf, daß unter gewissen Umständen bereits eine der beiden Genehmigungsarten ausreichen könnte, um beide grundsätzlichen Verbote „aufheben“ zu können. Daß diese Frage nicht ohne praktische Bedeutung ist, zeigt ein Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg:244 Das Gericht245 hatte sich mit dem Verhalten eines Oberarztes an einem Universitätsklinikum zu befassen, in dessen Verantwortungsbereich die Auswahl und Verwendung von Herzkathetern,
Dazu schon oben § 18 V. BGBl. I (1997), 2294. 243 BT-Drs. 13 / 8079, S. 14. Es sollte damit der Eindruck vermieden werden, daß die Ausübung einer Nebentätigkeit per se bereits in den Verdacht der Korruption gerät. Zum Ablauf des Gesetzesverfahrens ausführlich Ossenbühl / Cornils, S. 16 ff. 244 StV 2001, 277 ff. Daran anschließend auch HansOLG Hamburg StV 2001, 284 ff. 245 Vorangegangen war die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts, das Hauptsacheverfahren nicht zu eröffnen. 241 242
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ebenso wie die Mitwirkung an deren Bestellung fiel. Für die in den Bestellungen liegenden Diensthandlungen soll die Herstellerfirma dieser Katheter dem Arzt Reise-, Hotel- und Teilnehmerkosten bezahlt haben, die durch Kongresse entstanden waren, an denen der Arzt nicht nur passiv als Zuhörer, sondern vor allem aktiv als Vortragender teilgenommen hatte. Das Oberlandesgericht wertete weiterhin Verträge über die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen, Dokumentationen, Studien und Beratertätigkeiten als Vorteile im Sinne der §§ 331 ff. StGB, wobei entscheidend auf den Vertragsschluß selbst abgestellt wurde und nicht auf ein etwaiges Mißverhältnis zwischen erbrachter Leistung und gezahltem Honorar. In seinen Ausführungen nahm das Oberlandesgericht auch zu der Frage Stellung, wie sich eine Nebentätigkeitsgenehmigung sowie eine Sonderurlaubsgenehmigung zur Genehmigung über die Annahme von Geschenken verhalten. Was die Entscheidung für den konkreten Fall anbelangte, wurde diese dem Gericht insoweit leicht gemacht, als der Arzt bei seiner Anzeige der Nebentätigkeit die vorgesetzte Stelle nicht wahrheitsgemäß über den Sachverhalt aufgeklärt hatte. Die Genehmigung der Dienstbehörden erlangte strafrechtlich schon deshalb keine Bedeutung, weil sie für einen anderen – vom Arzt fälschlich behaupteten Sachverhalt – erteilt worden war.246 Für die allgemeine Frage, inwieweit Urlaubs- und Dienstreisegenehmigungen sowie Nebentätigkeitsgenehmigungen im Bereich des § 331 Abs. 3 StGB bedeutsam werden können, äußert das Gericht allerdings Bedenken, als sich diese Genehmigungen bereits funktionell von denjenigen bezüglich der Vorteilsannahme unterscheiden.247 Dieser Einwand erscheint angesichts der verschiedenen Regelungsnormen zunächst durchaus plausibel.248 Allein für den Fall, daß der Behörde zur Herbeiführung ihrer Entscheidung über die Genehmigung oder bei der bloßen Anzeige (vgl. § 42 Abs. 1 S. 4 BRRG; § 66 Abs. 2 S. 1 BBG) einer Nebentätigkeit bzw. einer Urlaubs- oder Dienstreise durch den Beamten sämtliche auch für den Bereich der Vorteilsnahme relevanten Sachverhaltsangaben unterbreitet werden, könne darin zugleich konkludent die Genehmigung zur Annahme des darin liegenden Vorteils gesehen werden.249 Die genehmigende Behörde muß gerade über diejenigen Tatsachen informiert worden sein, die wesentlich sind für die Erteilung einer entsprechenden Genehmi246 Die Genehmigung wurde für einen anderen Sachverhalt erteilt, der den Wirkungskreis des genehmigenden Verwaltungsaktes begrenzt. 247 Beschluß, S. 28 unter Berufung auf Dieners / Lembeck / Taschke, PharmaR 1999, S. 164. Folgend Ulsenheimer, in: Laufs / Uhlenbruck, § 151a Rn. 88. 248 Vereinzelt wird sogar die Meinung vertreten, der Genehmigungsvorbehalt des § 331 Abs. 3 StGB sei eigenen, strafrechtlichen Voraussetzungen unterworfen, die nicht mit denen des öffentlichen Dienstrechtes übereinstimmen, so etwa Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 43. Allerdings werden auch diese Kritiker nicht abstreiten können, daß ein dienstrechtlich erlaubtes Verhalten auch strafrechtlich nicht anders bewertet werden kann, vgl. Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 33. 249 Beschluß, S. 28 f.
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gung. Dies ist notwendige Grundvoraussetzung für jede, in bezug auf die Annahme eines Vorteils konkludent abgegebene Willenserklärung, gleichgültig, ob dieselbe nur innerhalb des Zivilrechts ihre Wirkung entfalten soll oder wie hier im Bereich des öffentlichen Rechts einen zustimmenden Verwaltungsakt seitens einer Behörde darstellt. Aus diesem Grund bereits vermag es die Genehmigung eines Sonderurlaubes oder einer Dienstreise regelmäßig nicht, diejenige einer Geschenkannahme einzuschließen: Nach der Urlaubsverordnung der Landesregierung von BadenWürttemberg250 kann zwar ein Urlaub zur Teilnahme an Tagungen, Lehrgängen und Veranstaltungen, soweit sie fachlichen Zwecken dienen und in dienstlichem Interesse sind, genehmigt werden (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 UrlVO). Doch eine Aufklärung seitens des Amtsträgers, wie diese Tagungen u.ä. finanziert werden, ist nicht vorgeschrieben. Mitgeteilt werden muß lediglich, um was für eine Veranstaltung es sich handelt; vom Dienstvorgesetzten geprüft wird hierbei nur, ob der Beamte oder sonstige Amtsträger vom Dienst fern bleiben darf, nicht jedoch die Frage, wie sich die Teilnahme an der Veranstaltung finanziert.251
1. Die Reichweite aus dienstrechtlicher Sicht Die Überlegung, daß die Genehmigung der Nebentätigkeit zugleich die Zustimmung beinhalten kann, die in ihrer Ausübung erhaltenen Geschenke252 anzunehmen, erinnert auf den ersten Blick an eine Konzentration von Genehmigungen, wie sie der Gesetzgeber an anderen Stellen des besonderen Verwaltungsrechts, etwa in § 13 BImschG, vorsieht. Diese vom Gesetzgeber ausdrücklich beabsichtigte Zusammenfassung von Zuständigkeiten ergreift dort aber nur solche Fallgestaltungen, in denen beispielsweise die Errichtung einer einzigen Anlage unter verschiedenen rechtlichen Aspekten beurteilt werden muß, die aber ihrerseits in die Zuständigkeitsbereiche ganz unterschiedlicher Behörden fallen. Vorliegend stellt sich die Sachlage jedoch anders dar: Die Regelungen gehören derselben Gesamtmaterie – öffentliches Dienstrecht – an und für beide Entscheidungen ist der oberste Dienstherr von Gesetzes wegen zuständig, sofern er nicht von seiner Delegationsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat (§ 70 S. 2 BBG; § 65 Abs. 4 BBG). Die Bündelung mehrerer Genehmigungen in ein- und demselben Genehmigungsvorgang ist dem Dienstrecht auch nicht fremd. So können beispielsweise 250 Verordnung der Landesregierung Baden-Württembergs über den Urlaub der Beamten und Richter (Urlaubsverordnung – UrlVO) in der Fassung v. 6. Oktober 1981, GBl. 1981, S. 521 ff. 251 Dieners / Lembeck / Taschke, PharmaR 1999, S. 164: Gilt für die Fälle des Sonderurlaubs wie des Erholungsurlaubs. Im Ergebnis identisch HansOLG Hamburg StV 2001, 283; 287. 252 „Geschenke“ können etwa das über den sonst üblichen Vergütungsrahmen hinausgehende Honorar sein, nach der Rechtsprechung – wie bereits dargelegt – aber auch die Nebentätigkeit als solche.
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Genehmigungsvorbehalte aus dem Nebentätigkeitsrecht und aus der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit miteinander kollidieren. Der Beamte muß beispielsweise für die Erstattung eines Gutachtens eine Genehmigung der obersten Aufsichtsbehörde einholen, sofern er mit dessen Inhalt Angelegenheiten preisgibt, die der amtlichen Verschwiegenheitspflicht unterfallen (§§ 61 Abs. 1, Abs. 2, 62 Abs. 2 BBG). Da aber Gutachten in der Regel im Rahmen einer Nebentätigkeit erbracht werden, gilt die Genehmigung der Nebentätigkeit nach § 65 Abs. 1 S. 1 BBG sachgerechterweise zugleich als in der Aussagegenehmigung mitenthalten. 253 Voraussetzung bleibt allerdings stets, daß tatsächlich eine Beurteilung stattfindet, welche die Voraussetzungen beider Pflichtgebote vollständig erfaßt, so daß ein funktioneller Unterschied beim Zusammentreffen beider Genehmigungsvorbehalte gerade nicht zu erkennen ist. Nun steht bei den Vorschriften über Nebentätigkeiten des Beamten im Vordergrund zunächst einmal die Sorge um seine Pflicht, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (§ 36 S. 1 BRRG, § 54 S. 1 BBG),254 so daß die über die amtliche Diensttätigkeit des Beamten hinausgehende Belastung der Arbeitskraft mit einer zusätzlichen Nebentätigkeit durch den Vorbehalt ihrer Genehmigung (§ 42 Abs. 1 S. 1 BRRG; § 65 Abs. 1 S. 1 BBG) möglichst gering gehalten werden soll (§ 42 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BRRG, § 65 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BBG). Vor diesem Hintergrund mag der Einwand des Oberlandesgerichtes, zwischen einer Nebentätigkeits- und einer Geschenkannahmegenehmigung bestünden funktionelle Unterschiede, erklärlich erscheinen. Denn die Genehmigung zur Annahme eines Geschenkes will sicherstellen, daß Abhängigkeitsverhältnisse vermieden werden, innerhalb derer sich der Beamte möglicherweise in seinen Entscheidungsprozessen nicht mehr ausschließlich von sachlichen Erwägungen leiten läßt und somit der Anschein der Käuflichkeit von Entscheidungen entstünde.255 Allerdings übersieht das Gericht, daß der genannte Aspekt der Arbeitsbelastung nicht der einzige ist, der für die Genehmigungsfähigkeit einer Nebentätigkeit eine Rolle spielt. Ein Versagungsgrund kann auch darin liegen, daß sich der Beamte durch die Nebentätigkeit in Interessens- und Loyalitätskonflikte verstrickt und deshalb seine Unabhängigkeit oder Unbefangenheit bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben gefährdet ist, vgl. § 42 Abs. 2 Nr. 4 BRRG; § 65 Abs. 2 Nr. 4 BBG.256 Diese bereits gesetzlich in den genannten Bestimmungen verankerte Tendenz des Nebentätigkeitsrechts wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht257 er253 Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, BBG, § 62 Rn. 7; Battis, BBG, § 62 Rn. 4; Müller / Beck / Entenmann, § 80 Rn. 3; selbiges soll auch im umgekehrten Fall gelten, so daß eine Entscheidung nach den §§ 61, 62 Abs. 2 BBG nur im Einklang mit den Vorschriften über die Nebentätigkeit ergehen kann, sofern deren Anwendungsbereich eröffnet ist, GKÖD-Zängl, K § 62 Rn. 37. 254 Vgl. dazu die ausführliche Begründung in BVerwGE 84, 299, 301. 255 Für alle Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Art. 79 Anm. 2a mit Nachweisen der Rechtsprechung. 256 Vgl. Müller / Beck / Entenmann, § 83 Rn. 6. 257 BVerwGE 84, 302.
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kannt und nunmehr durch das 2. Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz vom 9. September 1997258 nochmals konkretisiert.259 Mit der Erweiterung der Aufklärungspflichten über Art und Umfang der Nebentätigkeit hinaus auf das Entgelt und geldwerte Vorteile (§ 42 Abs. 5 S. 2 Hs. 1 BRRG, § 65 Abs. 6 S. 2 Hs. 1 BBG), soll es gerade zu einer erleichterten Aufdeckung kommen, ob mit der Nebentätigkeit zugleich „versteckte Vorteile in bezug auf das Amt des Antragstellers verbunden sind oder dessen Unparteilichkeit, Unbefangenheit oder Uneigennützigkeit bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben gefährdet wird.“260
Was demzufolge den Prüfungsumfang im Rahmen einer Nebentätigkeitsgenehmigung anbelangt, so umfaßt dieser heute zwingend, neben anderen, mit der Wahrung der Unbefangenheit, Uneigennützigkeit und Unparteilichkeit gerade diejenigen Aspekte, denen entscheidende Bedeutung auch im Rahmen des Genehmigungsvorbehaltes zu einer Annahme von Geschenken zukommt. Zu beachten ist allerdings, daß in einer Nebentätigkeitsgenehmigung die Genehmigung für ein Geschenk nur im Umfang des mitgeteilten Sachverhaltes liegen kann. Vor den Änderungen durch das 2. Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz war der Beamte lediglich dazu verpflichtet, über Art und Umfang der Nebentätigkeit gegenüber seinem Dienstherrn Angaben zu machen. Erst seit 1997 umfaßt diese Pflicht auch Angaben über Entgelte und geldwerte Vorteile aus der Nebentätigkeit (§ 42 Abs. 5 S. 2 Hs. 1 BRRG, § 65 Abs. 6 S. 2 Hs. 1 BBG nF), wobei unter letzterem nach einem Rundschreiben des BMI261 „Sach- und Dienstleistungen oder deren verbilligte Abgabe – z. B. kostenlose oder vergünstigte Eintrittskarten, Reisen, Unterkunftsmöglichkeiten oder Einkaufsgutscheine – in Betracht“ kommen. Stellt sich damit die Frage, ob eine Vergütung oder ein sonstiger geldwerter Vorteil im obigen Sinne aus der Nebentätigkeit ein genehmigtes Geschenk im Sinne der § 43 BRRG, § 70 BBG darstellen, so kommt die Nebentätigkeitsgenehmigung als Zustimmung zur Annahme des Geschenkes vor 1997 nur dann in Betracht, wenn der Beamte, ohne hierzu verpflichtet gewesen zu sein, die Höhe der Vergütung oder den Erhalt des Vorteils angegeben hatte und der Dienstherr damit in Kenntnis derselben eine Genehmigung nach § 65 Abs. 1 BBG erteilte.262 Wird schließlich BGBl. I, 2294; in Kraft getreten am 18. 9. 1997. Zur Zielsetzung etwa das Rundschreiben des BMI zur Durchführung des Zweiten Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes vom 3. 9. 1997 – D I 1 – 210 295 / 33a, abgedruckt bei v. Zwehl, Anhang IX: „Es geht um die volle Wahrung der Interessen des Dienstherrn und der Allgemeinheit an dem ganzen Einsatz des Beamten für seinen Beruf und darum, daß der Beamte sein Amt pflichtgemäß, unparteiisch sowie unbefangen wahrnimmt und schon den Anschein möglicher Interessens- und Loyalitätskonflikte durch eine Zweitbeschäftigung vermeidet.“ 260 Stellungnahme der Bundesregierung BT-Drs. 13 / 6426, S. 12. 261 Vom 3. 9. 1997 – D I 1 – 210 295 / 33a, abgedruckt bei v. Zwehl, Anhang IX. 262 Zur allgemeinen Frage, welche Wirkung einer rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Genehmigung, die gegenüber dem Beamten als Verwaltungsakt ergeht, zukommt, vgl. Kühl, AT, § 9 Rn. 128 ff. 258 259
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ausnahmsweise der Vorteil sogar in der Chance des Vertrages über eine Nebentätigkeit bzw. in seiner Vermittlung gesehen, so umfaßt selbstverständlich die Genehmigung nach § 65 Abs. 1 BBG, diese Nebentätigkeit ausüben zu dürfen, zugleich auch die wegen des Geschenkcharakters dieses Vertragsverhältnisses notwendige Genehmigung i.S.v. § 70 BBG. Eine zweite notwendige Voraussetzung für die Bündelung verschiedener Genehmigungen bildet die Zuständigkeit des Genehmigenden. Zwar sieht das Gesetz sowohl im Fall der Genehmigung einer Nebentätigkeit als auch einer Geschenkannahme grundsätzlich die oberste Dienstbehörde als genehmigende Stelle vor (§§ 65 Abs. 4 BBG, 70 S. 2 BBG). In beiden Fällen wird aber zugleich die Möglichkeit eingeräumt, diese Genehmigungsbefugnis auf eine untergeordnete Stelle zu delegieren, so daß ausnahmsweise auch hierarchisch unterschiedliche Ebenen innerhalb der Dienstvorgesetzten für die jeweilige Genehmigung zuständig sein können. Doch wird in dieser Konstellation in gleicher Weise zu verfahren sein wie schon bei einem Zusammentreffen von einer Aussage- mit einer Nebentätigkeitsgenehmigung: Die Entscheidung der höheren Behörde ist stets abzuwarten;263 sofern jedoch die höhere Behörde als Entscheidungsträger auftritt, genügt deren Genehmigung, die diejenige der niedrigeren Stelle umfaßt. Denn deren Zuständigkeit beruht allein auf Delegation und nicht auf originärer Zuständigkeit.
2. Die strafrechtliche Dimension Hat der Beamte eine Genehmigung seiner Nebentätigkeit erhalten, so kann ihm damit zumindest für den Fall, daß er seinen Dienstherrn vollumfänglich über deren Art, Umfang und Vergütung aufgeklärt hat und ihm derselbe damit in voller Kenntnis der Umstände eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt hat, weder der Vorwurf einer dienstrechtlich verbotenen Geschenkannahme noch einer strafrechtlich verbotenen Vorteilsannahme gemacht werden. Die für §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB erforderliche Genehmigung zur Annahme dieser Vorteile ist in der Genehmigung über die Nebentätigkeit enthalten, so daß die Straftatbestände der Vorteilsannahme wie -gewährung, die in der Zuwendung der vertraglichen Vergütung wie auch in der Vermittlung des Vertrages selbst liegen könnten, ausscheiden.264
Battis, BBG, § 62 Rn. 4; Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, BBG, § 62 Rn. 7. Ebenso Meurer, Forschung & Lehre 1997, S. 374; Dieners / Lembeck / Taschke, PharmaR 1999, S. 164. Von dieser Möglichkeit muß auch BGHSt 31, 285 ff. ausgegangen sein, denn die irrtümliche Annahme des Amtsträgers, die Nebentätigkeit sei von der generellen Nebentätigkeitsgenehmigung im Dienstvertrag umfaßt, wurde als vorsatzausschließender Erlaubnistatbestandsirrtum honoriert. Ergeht eine Genehmigung, obwohl die Nebentätigkeitschance als Gegenleistung für eine pflichtwidrige Diensthandlung erbracht wurde, so zeigt diese Genehmigung weder im Beamtenrecht noch im Strafrecht Wirkung. 263 264
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Zu beachten gilt es aber, daß – wie schon im Dienstrecht – auch innerhalb des Korruptionsstrafrechts eine generell erteilte Genehmigung, bestimmte Nebentätigkeiten durchführen zu dürfen, den Anforderungen, die an eine Genehmigung der Geschenkannahme gestellt werden, nicht gerecht wird.265 Mögliche persönliche Interessenkonflikte, wirtschaftliche Verflechtungen und sonstige insoweit relevante Gegebenheiten bedingen sich aus der Individualität des einzelnen Amtsträgers, so daß nur die Beurteilung des konkreten Einzelfalles ausreichend Klarheit über deren Vorliegen verschafft. Eine antizipierte und generalisierende Beurteilung durch das Nebentätigkeitsrecht erscheint daher nur unzureichend.266
IV. Kollisionen von Anzeigepflicht mit Genehmigungspflicht Die vorangegangenen Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf solche Fälle, in denen es sich um eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit handelt, für deren Ausübung in jedem Fall eine förmliche Genehmigung eingeholt werden muß. Schwieriger stellt sich die Lage jedoch dann dar, wenn zwar einerseits die § 43 BRRG, § 70 BBG eine Zustimmung des obersten Dienstherrn für Geschenke oder Belohnungen erfordern, aber andererseits die davon betroffene Nebentätigkeit zugleich nach den §§ 64 ff. BBG eine Privilegierung erfährt, als sie gerade von einer Genehmigungspflicht ausdrücklich ausgenommen wird (§ 66 Abs. 1 BBG). Kollisionen einer Genehmigungspflicht aus dem Geschenkannahmeverbot mit einer nebentätigkeitsrechtlichen Genehmigungsfreiheit scheiden selbstverständlich in all denjenigen Fällen aus, in denen die Genehmigungsfreiheit aus der Unentgeltlichkeit der Nebentätigkeit resultiert. In diesem Fall setzt der Beamte seine Arbeitskraft ausschließlich selbstlos und folglich nicht zu Erwerbszwecken ein. Die Nebentätigkeit ist für den Beamten dann ein rechnerisches Minus und damit weder ein Vorteil im beamtenrechtlichen noch im strafrechtlichen Sinne. Anders verhält es sich aber, wenn der Beamte für eine nach § 66 Abs. 1 BBG genehmigungsfreie Nebentätigkeit ein Entgelt oder zumindest einen geldwerten Vorteil267 erhält, die jeweils im Sinne einer echten Vergütung und nicht eines lediglich angemessenen Auslagen- und Aufwendungsersatzes verstanden werden:268 Auch der „gewinnbringende“ Einsatz der eigenen Arbeitskraft wird in den Fällen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 – 5 BBG privilegiert und von der Pflicht zur Einholung einer Dieners / Lembeck / Taschke, PharmaR 1999, S. 164. Allerdings sind generelle Genehmigungen, die speziell auf das Geschenkannahmeverbot zugeschnitten sind, sehr wohl zulässig und werden auch verwendet, um zumindest den Rahmen noch sozialadäquater Zuwendungen zu bestimmen, vgl. etwa VwV-Geschenkannahme, Die Justiz, S. 51 f. 267 Beispielhaft genannt werden hier kostenlose oder vergünstigte Eintrittskarten, Reisen, Unterkunftsmöglichkeiten oder Einkaufsgutscheine; vgl. bei v. Zwehl, S. 63. 268 BR-Drs. 553 / 96, S. 20. 265 266
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Nebentätigkeitsgenehmigung freigestellt. Dies wird aber wiederum dadurch unterlaufen, als gerade eine entgeltliche Nebentätigkeit – wie dargestellt – ihrerseits sich vorteilhaft für den Beamten auswirkt und deshalb nach den § 70 BBG, § 43 BRRG eine Genehmigungspflicht zur Folge haben kann, sofern der erforderliche Bezug zum Amt nachzuweisen ist. Diese Friktion, die sich insbesondere für die Privilegierung schriftstellerischer, wissenschaftlicher, vortragender oder auch begutachtender Nebentätigkeiten feststellen läßt (§ 66 Abs. 1 Nr. 3, 4 BBG), hat der Gesetzgeber allerdings 1997 im Rahmen des 2. Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes entschärft. Für Hochschullehrer schon früher vorgesehen (§ 176a BBG i.V.m. § 52 HRG), wurde eine nun allgemein für Beamte geltende aktive269 Anzeigepflicht in den vorstehend genannten Fällen eingeführt, wenn dem Beamten für diese Tätigkeit ein Entgelt oder ein sonstiger geldwerter Vorteil gewährt wird (§ 66 Abs. 2 S. 1 BBG).270 Auch diese strengeren Pflichten unterworfene Ausgestaltung des Nebentätigkeitsrechtes soll nach dem Willen des Gesetzgebers dazu beitragen, „die volle Wahrung der Interessen des Dienstherrn und der Allgemeinheit an dem ganzen Einsatz des Beamten für seinen Beruf“ zu garantieren und schließlich damit gewährleisten, „daß der Beamte sein Amt pflichtgemäß, unparteiisch sowie unbefangen wahrnimmt und schon den Anschein möglicher Interessen- und Loyalitätskonflikte durch eine Zweitbeschäftigung vermeidet“.271 Bei dieser Anzeigepflicht handelt es sich zwar um ein gegenüber der „klassischen“ Genehmigung verkürztes förmliches Verfahren.272 Denn der Beamte hat bereits mit der bloßen Unterrichtung des Dienstherrn über Art, Umfang und Entgelt der Nebentätigkeit seine Pflichten erfüllt und muß keine ausdrückliche Zustimmung seitens des Dienstherrn mehr abwarten, um mit der Ausübung der Tätigkeit beginnen zu können. Solange die Dienstbehörde aber in Kenntnis der Gesamtumstände keine Versagung der Nebentätigkeit nach § 66 Abs. 2 S. 3 BBG ausspricht, gibt sie dem Anzeigenden stillschweigend zu verstehen, daß er gerade nicht „bei ihrer Ausübung dienstliche Pflichten verletzt“.273 Nichts anderes wird aber auch mit einer ausdrücklich erteilten Genehmigung erklärt, sei es nun im Rah269 Im Gegensatz zur bereits zuvor existierenden passiven Auskunftspflicht auf Verlangen der Dienstbehörde in § 66 Abs. 2 S. 2 BBG. 270 Die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit dieser „Anzeigeklausel“ anzweifelnd, Duttge, ZRP 1997, S. 76. Kritisch auch der Bundesrat, BT-Drs. 13 / 6424, S. 5. – Zum Verhältnis Anzeigepflicht und § 331 Abs. 1 StGB auch Michalke, FS Rieß, S. 780 f. 271 Rundschreiben des BMI zur Durchführung des Zweiten Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes vom 3. 9. 1997 – D I 1 – 210 295 / 33 a, abgedruckt bei v. Zwehl, Anhang IX. 272 An jeglicher förmlichen Überprüfung des Einzelfalles fehlt es schließlich, wenn beispielsweise der Erlaß einer „Drittmittelsatzung“ als Genehmigung im Sinne von § 70 BBG in Betracht gezogen wird, HansOLG Hamburg StV 2001, 287. 273 So der Umkehrschluß aus dem Gesetzeswortlaut von § 66 Abs. 2 S. 3 BBG; Michalke, FS Rieß, S. 780, weist darauf hin, daß in diesem Fall das Beamtenrecht selbst die Annahme des Geldes erlaubt.
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men einer Nebentätigkeitsgenehmigung nach den § 65 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BBG oder einer Geschenkannahmegenehmigung nach § 70 BBG. So lange die Behörde keine Untersagungsanordnung verfügt, liegt der Nebentätigkeit des Beamten damit eine stillschweigende behördliche Erlaubnis zugrunde.274 Bei bloßen anzeigepflichtigen Nebentätigkeiten ist damit ein förmliches Genehmigungsverfahren, an dessen Ende die ausdrücklich erteilte Genehmigung steht, gesetzlich nicht vorgesehen. Dann stellt sich aber die Frage, ob die bloße Anzeige der Nebentätigkeit verbunden mit deren Duldung durch die Behörde überhaupt den Straftatbestand der Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 3 StGB ausschließen kann. Denn nach strafrechtlichen Grundsätzen schließt die Zuwendung eines genehmigungsfähigen Geschenkes oder einer Belohnung bzw. sonstigen Vorteils, für das aber tatsächlich keine Genehmigung eingeholt wurde, die Erfüllung des Straftatbestandes gerade nicht aus.275 In diesen Fällen begründet erst die Nicht-Einhaltung des förmlichen Kontrollverfahrens der Genehmigung das strafrechtliche Unrecht im Verhalten des Beamten, obwohl das Geschenk aus der Sicht des Dienstrechtes als sozial konform eingestuft wird.276 Auch hier muß aber dem akzessorischen Charakter des § 331 StGB Rechnung getragen werden. Denn dienstrechtlich ist der Beamte ausdrücklich davon befreit, eine Genehmigung einzuholen; seine Pflicht beschränkt sich vielmehr darauf, seinem Dienstherrn Art, Umfang und finanziellen Ertrag der Nebentätigkeit anzuzeigen. Ist der Amtsträger aber dieser Pflicht ordnungsgemäß nachgekommen, so scheidet der Vorwurf dienstrechtlichen und damit auch akzessorisch strafrechtlichen Fehlverhaltens aus. Das Schweigen des Dienstherrn auf die nebentätigkeitsrechtliche Anzeige hin bzw. die darin zum Ausdruck kommende stillschweigende behördliche Erlaubnis ist strafrechtlich als konkludent erteilte Genehmigung auch einer damit einhergehenden Geschenk- bzw. Vorteilsannahme einzuordnen. Es handelt sich hier auch nicht mehr um eine bloße Duldung seitens der Behörde, sondern ganz im Gegenteil um eine – wenn auch nur stillschweigende – Willenserklärung, die einer ausdrücklich erteilten Genehmigung, die den Regelfall der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB bildet, gleichzustellen ist.277 Denn dieses Anzeigeverfahren hat in Art und Umfang eine ausdrückliche Normierung Duttge, ZRP 1997, S. 76. Dies ist strafrechtlich weitgehend unbestritten, vgl. Schönke / Schröder / Lenckner, vor § 32 Rn. 62. 276 Genehmigungsfälle verkörpern ihrem sachlichen Gehalt nach deshalb gerade keine „Befreiung“ von einem Verbot, sondern vielmehr eine „Erlaubnis“, dazu schon oben § 20 I. 277 Schönke / Schröder / Lenckner, vor § 32 Rn. 63a; LK-Hirsch, vor § 32 Rn. 170 ff. m.w.N. Die Begrifflichkeiten sind allerdings an dieser Stelle nicht immer präzise; gern werden die Voraussetzungen einer (aktiven) Duldung mit denen der konkludenten Genehmigung gleichgesetzt, wenn etwa Jakobs, AT, 16 / 29a eine „Duldung“ nur anerkennen will, wenn sie „eine konkludente (und formgemäße) Erlaubnis enthält“. So lange es sich allerdings, wie vorliegend im Fall des § 66 Abs. 2 S. 2, 3 BBG, um ein gesetzlich angeordnetes und durch die Anzeigepflicht ausdrücklich bestimmten Förmlichkeiten unterworfenes Vorgehen der Behörde handelt, liegt keine insoweit „informellen“ Voraussetzungen unterworfene Duldung vor. 274 275
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gefunden, so daß dem Schweigen der Behörde in diesem Fall ein ganz bestimmter Erklärungsinhalt schon kraft Gesetzes zugewiesen wird. Weiterhin hat der anzeigende Amtsträger – was den Umfang seiner Mitteilungspflichten angeht – die gleichen Obliegenheiten wie im Rahmen einer förmlichen Genehmigung und schließlich ist auch der Kenntnisstand des Anzeigeempfängers insoweit identisch zu demjenigen, der eine förmliche Genehmigung nach § 70 BBG erteilt. Das „minus“ aus dem Fehlen einer förmlichen „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ wird durch den besonderen Grundrechte-Bezug dieser Nebentätigkeiten ausgeglichen. Die konkludente Erteilung kann deshalb in diesen Fällen der ausdrücklichen gleichgestellt werden.
§ 21 Konkurrenzen Das Konkurrenzverhältnis der verschiedenen Tatbestände wurde in der Rechtsprechung zunächst dahingehend interpretiert, daß zwar die Tatbestände der §§ 332, 334 StGB gegenüber denen der §§ 331, 333 StGB im Grunde dasselbe, nur in der Ausprägung bzw. Intensität ein wesentlich schwerwiegenderes, sozialschädliches Verhalten beinhalten, sich aber dennoch gegenseitig ausschließen sollten.278 Begründet wurde dieses Vorgehen damit, daß letztere Straftatbestände ausschließlich die Käuflichkeit pflichtgemäßer Diensthandlungen verbieten, wohingegen erstere sich ausdrücklich auf pflichtwidrige Diensthandlungen beziehen.279 Diese Einschätzung orientierte sich am damaligen Gesetzeswortlaut,280 der in § 331 StGB von einer „an sich nicht pflichtwidrigen Handlung“ im Gegensatz zur „Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält“ in § 332 Abs. 1 StGB sprach. Die Auffassung, tatsächlich handle es sich um ein Verhältnis von Grundtatbestand zu Qualifikation, die sich auf vereinzelte Stimmen in der Literatur stützen konnte,281 wurde unter Verweis auf die allgemeinen Prinzipien der Spezialität abgelehnt. Denn eine Diensthandlung könne entweder nur pflichtgemäß oder nur pflichtwidrig sein, was sich jeweils gegenseitig ausschließe.282 Diese Einschätzung hielt die Rechtsprechung dann allerdings Anfang der 80er Jahre nicht mehr aufrecht und gab der bis dato nur vereinzelt in der Literatur ver278 BGHSt 12, 146 ff. m.w.N.; zustimmend auch der überwiegende Teil der Literatur, vgl. die Nachweise bei Schönke / Schröder, 10. Auflage, § 331 Anm. I. 279 BGHSt 12, 147. 280 Die Tatbestände erfuhren erst 1974 ihre erste einschneidende Änderung seit Einführung des Reichsstrafgesetzbuches 1871. 281 So etwa Maurach, BT, 2. Auflage, S. 621, der hier die pflichtwidrige Diensthandlung als den qualifizierenden Umstand hervorhob, allerdings dann ab der 4. Auflage, S. 710, schließlich dem BGH folgte. 282 BGHSt 12, 148.
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tretenen Ansicht283 den Vorzug, daß sich Vorteilsannahme / Vorteilsgewährung und Bestechlichkeit / Bestechung im Verhältnis von Grundtatbestand und Qualifikation zueinander bewegen.284 Die Rechtsprechung sah sich in dieser Annahme durch das Vorgehen des Gesetzgebers bestätigt, der 1974 den Passus der „an sich nicht pflichtwidrigen“ Diensthandlung im Rahmen des EGStGB ersatzlos gestrichen hatte; damit werde nun von den §§ 331, 333 StGB jegliche Diensthandlung umfaßt. Kurzum: Nach der Rechtsprechung sollen die §§ 331, 333 StGB pflichtgemäße wie pflichtwidrige Diensthandlungen umfassen, was zu der dogmatischen Schlußfolgerung führt, daß es sich bei § 332 StGB und damit auch bei § 334 StGB um Qualifikationen der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung handeln soll. Die Gleichartigkeit des Grundtatbestandes ermöglichte es dem Bundesgerichtshof auch, zwischen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit das damals gebräuchliche Rechtsgebilde eines Fortsetzungszusammenhangs anzunehmen.285 Mit der Einschätzung des Qualifikationstatbestandes entschied sich damit zudem das Konkurrenzverhältnis der Tatbestände einfacher und schwerer Bestechlichkeit im Sinne einer Spezialität.286 Die Literatur folgt dieser von der Rechtsprechung nunmehr vertretenen Ansicht mehr oder weniger widerspruchslos,287 wobei teilweise zumindest betont wird, daß § 331 StGB nur „nicht pflichtwidrige Handlungen“ umfasse, was sich aus einem Rückschluß aus § 332 StGB ergebe; in Zweifels- wie in Irrtumsfällen sei aber dennoch auf § 331 StGB zurückzugreifen.288 Nachdem die Rechtsprechung die Figur des Fortsetzungszusammenhangs aufgegeben hat, besteht zumindest in dieser Hinsicht kein praktisches Bedürfnis mehr, notwendigerweise ein Qualifikationsverhältnis anzunehmen, so daß gerade nach der durchgreifenden Neufassung 1997 es durchaus angebracht erscheint, das Verhältnis beider Tatbestände nochmals zu untersuchen. 283 Seit der 10. Auflage vertraten Schönke / Schröder, § 331 Anm. I ein solches Qualifikationsverhältnis mit der Begründung, daß § 332 StGB die konkretere und damit gesteigerte Form einer Gefährdung des Rechtsgutes verkörpere, während § 331 StGB bereits die abstrakte Gefährdung erfasse. 284 BGH NStZ 1984, 24. 285 Zu den subjektiven und objektiven Voraussetzungen der seit BGHSt 40, 138 ff. aber überholten fortgesetzten Handlung, Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 54 Rn. 79 ff. 286 Die Gesetzeskonkurrenz der Spezialität ist aber nicht nur für das Verhältnis von Grundund Qualifikationstatbestand kennzeichnend. Beispielsweise ist auch § 249 StGB speziell zu den §§ 240, 242 StGB. 287 SK-Rudolphi, § 331 Rn. 5, 18 mit Verweis auf die Intensität der Rechtsgutsgefährdung und den klaren Gesetzeswortlaut; Schönke / Schröder / Cramer, § 332 Rn. 1; Lackner / Kühl, § 332 Rn. 2; Dölling, Gutachten, C 52; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 128. 288 LK-Jescheck, § 331 Rn. 11; Tröndle / Fischer, § 331 Rn. 9. Inkonsequent auch Arzt / Weber, BT, § 49 Rn. 19, die einerseits die §§ 331, 332 StGB nach der Einhaltung der Pflichten voneinander abgrenzen, auch ihre „streng logische“ Unterscheidung betonen, aber dennoch von einem qualifizierten Fall des § 332 StGB gegenüber § 331 StGB ausgehen.
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Die für die Einordnung als Qualifikation und damit in der Folge für die Konkurrenzsituation entscheidende Frage liegt darin, welche Formen dienstlichen Handelns von den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB erfaßt werden. Denn daß pflichtgemäßes Handeln nicht etwa mit pflichtwidrigem Handeln gleichzusetzen ist, eine Diensthandlung nicht pflichtgemäß und pflichtwidrig zugleich sein kann, pflichtwidriges Handeln schon gar nicht ein „mehr“ zum „weniger“ des pflichtgemäßen Handelns darstellt, sondern etwas ganz anderes verkörpert und beide deshalb in einem aliud-Verhältnis289 zueinander stehen, liegt auf der Hand. Ein Qualifikationsverhältnis mit der Folge der Spezialität beim gleichzeitigen Zusammentreffen beider Tatbestände wäre nur dann möglich, wenn die §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB jedwedes Amtshandeln erfassen, gleichgültig, ob dieses als pflichtwidrig oder pflichtgemäß einzuordnen ist. Diese Annahme wäre jedenfalls mit dem Wortlaut der §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB vereinbar, zumal es der Gesetzgeber selbst war, der 1974 das Merkmal „pflichtgemäß“ aus den §§ 331, 333 StGB strich.290 Allerdings überzeugt sie nur auf den ersten Blick. Denn sie widerspricht nicht nur dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers und der Systematik dieser Delikte, sondern auch der differenzierenden Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der Vorteilsannahme bzw. -gewährung einerseits und der Bestechung bzw. Bestechlichkeit andererseits: So heißt es in den Gesetzesmaterialien zur Streichung des Zusatzes „pflichtgemäß“ ausdrücklich, „daß die Vorschrift hier nur diejenigen Diensthandlungen betrifft, deren Vornahme oder Unterlassung ( . . . ) keine Verletzung der Dienstpflicht enthält oder enthalten würde, ergibt sich aus der Gegenüberstellung mit § 332 Abs. 1.“291
Von dieser Überzeugung getragen hat der Gesetzgeber 1974 konsequenterweise die Genehmigungsmöglichkeit von Zuwendungen ausdrücklich nur in die §§ 331, 333 StGB aufgenommen. Würde man von §§ 331 Abs. 1 bzw. 333 Abs. 1 StGB sowohl pflichtwidriges wie auch pflichtgemäßes Diensthandeln, also jegliche Diensthandlung erfaßt sehen wollen, so würde sich konsequenterweise nach § 331 Abs. 3 bzw. 333 Abs. 3 StGB damit auch die Möglichkeit einer Genehmigung für pflichtwidrige Diensthandlungen eröffnen. Denn im systematischen Gefüge der verschiedenen Absätze bezieht sich der dritte Absatz in seinem Anwendungsbereich schrankenlos auf den jeweilig ersten Absatz dieser Paragraphen, der Anwendungsbereich der Genehmigung wird insoweit durch die Tatbestandsreichweite des ersten Absatzes bestimmt. Arzt / Weber, BT, § 49 Rn. 19. So BGH NStZ 1984, 24 und folgend Puppe, JR 1984, S. 233, die dem Gesetzgeber sogar unterstellt, bei der Streichung des Wortes „pflichtgemäß“ bewußt sich für die Einbeziehung von pflichtwidrigen Diensthandlungen entschieden und damit statt Exklusivität nunmehr das Verhältnis der Spezialität eingeführt zu haben. 291 BT-Drs. 7 / 550, S. 271. Dies verkennt auch Puppe, JR 1984, S. 233 in ihren Ausführungen zum Verhältnis der §§ 331, 332 StGB. 289 290
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Dennoch wird niemand ernsthaft auch nur in Erwägung ziehen wollen, eine gegen Zuwendung pflichtwidrig erfolgte Diensthandlung jemals von seiten des Dienstvorgesetzten genehmigen zu können. Die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB beziehen sich lediglich auf pflichtgemäßes Diensthandeln, was ein e contrarioSchluß aus dem Fehlen einer solchen Regelung in den §§ 332, 334 StGB ergibt, und schließlich würde sich eine solche Genehmigung in einen unlösbaren Widerspruch zum Rechtsgut der Lauterkeit amtlichen Handelns und des darin erbrachten Vertrauens der Allgemeinheit befinden. Bestimmt aber mangels anderweitiger ausdrücklicher Beschränkungen allein der systematische Bezug zum ersten Absatz die Reichweite der Genehmigung, so bleibt als logische und für den Gesetzesadressaten nachvollziehbare Deutung diese: §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB beziehen sich allein auf pflichtgemäßes Diensthandeln. Wollte man gleichwohl von den §§ 331, 333 StGB pflichtwidriges Handeln erfaßt sehen wollen, bliebe nur die gewagte Konstruktion einer unbenannt teleologisch motivierten Reduktion des Anwendungsbereiches der Genehmigung, der sich aber nur schwer in die Systematik der Delikte einbinden ließe. Aber nicht nur der gesetzgeberische Wille steht der Annahme der Bundesgerichtshofes entgegen, sowohl pflichtgemäßes wie auch pflichtwidriges Verhalten sei von § 331 StGB erfaßt. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt,292 werden die Merkmale der verschiedenen Tatbestände auch in unterschiedlicher Weise ausgelegt: Nur innerhalb von § 331 StGB gehören sozialadäquate Vorteile, die sich im Rahmen geringfügiger Höflichkeitsgeschenke halten, nicht zum Kreis strafrechtlich relevanter Vorteile.293 Bezieht sich allerdings ein geringfügiges Geschenk auf eine pflichtwidrige Diensthandlung, beispielsweise 2,50 Euro für die gegen das Datenschutzgesetz verstoßende und damit dienstpflichtwidrige Weitergabe von Informationen, so besteht kein Zweifel, daß hier der Tatbestand der §§ 332, 334 StGB erfüllt wird.294 Die Erklärung für diese unterschiedliche Bewertung des Merkmals „Vorteil“ wie auch des „eigennützigen Verhaltens des Amtsträgers“, ist darin zu suchen, daß der Vorteil in seiner Auslegung nicht als isoliertes Tatbestandsmerkmal begriffen werden darf, sondern vielmehr nur als Teil eines Ganzen, genauer als Teil der Unrechtsvereinbarung, die diesen Tatbeständen auch heute noch als gemeinsamer Unrechtskern zugrunde liegt.295 Einerseits verbietet es Siehe dazu bereits § 13 III. So zumindest die ganz überwiegende Meinung, wenn auch die Einzelheiten, etwa Umfang und genauer Inhalt sozialadäquater Vorteile im einzelnen umstritten sind, vgl. etwa SK-Rudolphi, § 331 Rn. 23. 294 Das Beispiel entstammt BGH NStZ 2000, 596 ff. Meist wird eine Unterscheidung des Vorteilsbegriffes nach §§ 331, 333 StGB und §§ 332, 334 StGB in der Kommentarliteratur schon gar nicht erst vorgenommen, weil es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt, vgl. etwa Lackner / Kühl, § 331 Rn. 4 f. und § 332 Rn. 2; eine Ausnahme insoweit LK-Jescheck, § 332 Rn. 4. Auch die Rechtsprechung spricht im Rahmen der Bestechung und Bestechlichkeit Fälle der Sozialadäquanz bzw. Geringfügigkeit gar nicht erst an. 295 Schönke / Schröder / Cramer, § 331 Rn. 3. 292 293
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gerade das Beziehungsverhältnis des Vorteils zu einer pflichtwidrigen Diensthandlung und der darin liegende Unrechtsgehalt im Hinblick auf die Sachlichkeit der Amtsführung, geringfügige, sozialadäquate Zuwendungen vom Begriff des Vorteils auszunehmen. Andererseits ermöglicht es gerade das Beziehungsverhältnis zu einem pflichtgemäßen dienstlichen Handeln den Vorteilsbegriff innerhalb der §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB in dieser Hinsicht einschränkend auszulegen. Vor diesem Hintergrund erscheint es deshalb nur konsequent, innerhalb der Vorteilsgewährung wie auch der Vorteilsannahme ein Beziehungsverhältnis zu rechtmäßigem und pflichtgemäßem Diensthandeln vorauszusetzen, das sich seinerseits in der unterschiedlichen Auslegung der wortidentischen Tatbestandsmerkmale und der besonderen Regelung der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB nach außen hin zeigt. Die Tatbestände der §§ 331, 333 StGB einerseits und der §§ 332, 334 StGB andererseits schließen sich damit gegenseitig aus, was im Schrifttum mit den Begriffen der Heterogenität, Exklusivität oder auch Alternativität beschrieben wird.296 Dennoch zeichnen sie sich aber zugleich durch die Besonderheit aus, daß sie dasselbe Rechtsgut, nämlich die sachliche Wahrnehmung amtlicher Geschäfte zum Gegenstand haben und – geradezu typisch für ein Qualifikationsverhältnis – in der Begehungsweise der Bestechlichkeit bzw. Bestechung aus der Sicht des Rechtsgutes dessen konkretere Gefährdung liegt, als sie in den §§ 331, 333 StGB zum Ausdruck kommt. Die in den letztgenannten Tatbeständen verankerte abstrakte Gefährdung beschränkt sich auf das Unrecht, in Beziehung zur dienstlichen Tätigkeit Zuwendungen angenommen zu haben, während in den §§ 332, 334 StGB bereits das Ansinnen, den Willen des Staates im Einzelfall zu verfälschen, konkret festgestellt werden muß. Von der Intensität der im Delikt jeweils abstrakt vertypten Rechtsgutsgefährdung her läßt sich deshalb sehr wohl eine Art Stufenverhältnis erkennen.297 Wenngleich auch insoweit die Annahme eines Qualifikationsverhältnisses zunächst naheliegen mag,298 sprechen doch die besseren Gründe dafür, die Eigenständigkeit der §§ 332, 334 StGB in den Mittelpunkt zu rücken und sie als „erschwerte eigenständige Delikte“ zu bezeichnen.299 Für die Konsequenzen im Bereich von Zweifels- und Irrtumsfragen ergibt sich damit grundsätzlich folgendes Bild:300
296 Zu den Begrifflichkeiten Hruschka, S. 389; zur Alternativität auch Klug, ZStW 68, S. 402, 403, 409 f. 297 Aus dieser Warte läßt sich auch die Unterscheidung in einfache und schwere Bestechung bzw. Bestechlichkeit begreifen. 298 Darauf bezugnehmend etwa SK-Rudolphi, § 331 Rn. 5, 18, den diese unterschiedliche Rechtsgutsgefährdung zur Annahme eines Qualifikationsverhältnisses veranlaßt. 299 So Maurach, BT, 5. Auflage, S. 753. Deutlich auch bei Henkel, JZ 1960, S. 509. 300 Sich ausdrücklich gegen die „Exklusivitätspostulate“ wegen Friktionen u. a. im Bereich der Irrtümer aussprechend, Puppe, JR 1984, S. 229 ff.
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Ist zweifelhaft, ob das dienstliche Handeln pflichtgemäß oder pflichtwidrig war, so gilt in dubio pro reo, daß es sich um eine pflichtgemäße Diensthandlung gehandelt haben muß. Denn dienstliches Handeln kann entweder pflichtwidrig oder pflichtgemäß sein, tertium non datur.301 Rechtsprechung und Literatur beschränken die Anwendung des in-dubio-pro-reo-Grundsatzes heute nicht mehr nur auf Qualifikationsverhältnisse, in denen bereits begrifflich-logisch die Qualifikation eine bloße Steigerung des Grundtatbestandes ist. Es genügt vielmehr ein sog. „normativ-ethisches Stufenverhältnis“302 zwischen den Verhaltensweisen, so daß etwa auch im Verhältnis von Mittäterschaft und Beihilfe zumindest letzteres wegen des geringeren Unwertgehaltes im Zweifel anzunehmen ist.303 Auch wenn sich § 331 StGB und § 332 StGB – wie dargelegt – wesensmäßig unterscheiden, so liegt dennoch beiden Tatbeständen dasselbe Rechtsgut zugrunde. Ihre Angriffsrichtung wie auch die Eigenart der tatbestandlichen Handlungsweisen des Forderns, Sichversprechenlassens und Annehmens sind identisch. Es ist lediglich die Intensität der darin enthaltenen Rechtsgutsgefährdung, die zu einer Abstufung im Unrechtsgehalt führt. Dies begründet damit aber das für den Zweifelssatz gerade typische Verhältnis des „Schwächeren zum Stärkeren“.304 In der Irrtumskonstellation, daß der Amtsträger irrig von einer pflichtwidrigen Diensthandlung ausgeht, tatsächlich sich das dienstliche Handeln später aber als ein rechtmäßiges darstellt, objektiv folglich ein Fall des § 331 StGB, subjektiv hingegen § 332 StGB vorliegt, verwirklicht der Amtsträger einen untauglichen, gem. § 332 Abs. 1 S. 3 StGB strafbaren Versuch.305 Anders hingegen in der umgekehrten Konstellation: Geht der Amtsträger irrig davon aus, der Vorteil werde für eine pflichtgemäße Diensthandlung zugewendet, handelt es sich tatsächlich aber um eine pflichtwidrige, objektiv also § 332 StGB, subjektiv hingegen nur § 331 StGB, so scheidet eine vollendete Vorteilsannahme deshalb aus, weil ein pflichtgemäßes Handeln etwas anderes darstellt als ein pflichtwidriges, das eben nicht von § 331 StGB erfaßt wird. Mangels Erfüllung des objektiven Tatbestandes von § 331 StGB handelt es sich der Sache nach auch hier um einen wiederum untauglichen Versuch einer Straftat nach § 331 StGB. Der Versuch der Vorteilsannahme wie im übrigen auch der Vorteilsgewährung ist allerdings nicht unter Strafe gestellt, so daß dem Amtsträger lediglich im Rahmen eines Dazu schon Henkel, JZ 1969, S. 509. BGHSt 39, 55 ff. m.w.N. 303 BGHSt 23, 206 f. 304 Zum Ganzen Jescheck / Weigend, AT, § 16 II 2 m.w.N. 305 LK-Jescheck, § 332 Rn. 13. Dies gilt aber nur für die passive Form dieser Delikte; im Rahmen des § 334 Abs. 1 StGB ist der Versuch hingegen nicht strafbar. Im einzelnen ist hier sehr viel umstritten, vor allem muß beachtet werden, daß es sich bei der Pflichtwidrigkeit um ein normatives Tatbestandsmerkmal handelt, vgl. OLG Naumburg OLGSt § 333 StGB Nr. 1 S. 5 m.w.N.; Schönke / Schröder / Cramer, § 334 Rn. 9 f. einerseits; SK-Rudolphi, § 334 Rn. 8, 11 andererseits. 301 302
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Kapitel 4: Anwendung der Strafnormen
disziplinarrechtlichen Verfahrens der Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung gemacht werden kann.306 Dieses Ergebnis befremdet nun insoweit, als zwar die in § 331 StGB und § 332 StGB verankerten Angriffsmittel auf das Rechtsgut der sachlichen Amtsführung sich jeweils gegenseitig ausschließen, dennoch aber in der Intensität der Rechtsgutsgefährdung selbst ein von der Bewertung her gestuftes Verhältnis zueinander bilden, was schließlich auch zur Anwendung des in-dubio-pro-reo-Grundsatzes führt. In der genannten Irrtumskonstellation nun zeigt der Amtsträger objektiv ein von der Rechtsgutsgefährdung her als intensiver und vom Unrechtsgehalt her damit auch als schwerer zu beurteilendes Verhalten im Gegensatz zu einem Amtsträger, der auch objektiv nur den Tatbestand des § 331 StGB erfüllt. Subjektiv unterscheidet er sich von letzterem nicht, er besitzt lediglich den Vorsatz einer in § 331 StGB beschriebenen Tat. Obwohl dieser Amtsträger damit objektiv ein schwereres Unrecht verwirklicht, muß er sich lediglich disziplinarrechtlich verantworten. Das Reichsgericht versuchte dieser Friktion dadurch zu begegnen, daß es unter ausdrücklicher Anerkennung des Exklusivitätsverhältnisses von pflichtgemäßem und pflichtwidrigen Diensthandeln den Tatbestand der Vorteilsannahme unter Anlehnung an dessen Gesetzesgeschichte als umfassenden Auffangtatbestand interpretierte.307 Zwar sollte es „verfahrensrechtlich“308 ausscheiden, in der Pflichtwidrigkeit lediglich einen straferhöhenden Umstand zu sehen, in Zweifels- wie in Irrtumsfällen komme § 331 StGB aber dennoch zur Anwendung, sofern nur ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Vorteilsannahme und Amtshandlung festgestellt werde.309 Ein solches Vorgehen konterkariert allerdings die Annahme eines aliud-Verhältnisses von pflichtgemäßem und pflichtwidrigem Handeln und die Friktion wird deshalb letztlich mittels verbotener Analogie aufgelöst. Konsequenterweise muß hier vielmehr für diese Konstellation eine Strafbarkeitslücke festgestellt werden, die sich aus dem besonderen Verhältnis beider Tatbestände zueinander ergibt. Ob tatsächlich für deren Schließung die Strafbarkeit des Versuchs der Vorteilsannahme eingeführt werden sollte, erscheint dagegen zweifelhaft, denn der Anwendungsbereich der § 331 StGB reicht nicht nur durch seinen Charakter als abstraktes Gefährdungsdelikt sehr weit in das Vorfeld einer Rechtsgutsgefährdung. Auch durch die erfaßten Tathandlungen des Forderns und Sich-Versprechen-lasSo bereits Schmidt, Rn. 202. RGSt 56, 402 ff.: „( . . . ) und wenn der Wortlaut des § 331 StGB für Fälle der vorliegenden Art diesem gesetzgeberischen Zwecke nicht vollständig gerecht zu werden scheint, so liegt dies nur an seiner, dem ihm zugrunde liegenden Rechtsgedanken nicht ganz entsprechenden Fassung.“ (S. 403). 308 Was auch immer das heißen mag. 309 RGSt 56, 403; bezugnehmend BGHSt 12, 148; dieser Begründung ausdrücklich folgend auch Kaufmann, JZ 1959, S. 376. – Gedacht werden könnte in diesem Zusammenhang auch an die Tatbestandsauslegung des § 160 StGB, innerhalb dessen gleichfalls wegen vollendetem Delikts bestraft wird, wenn der Täter nur subjektiv glaubte, der Falschaussagende handle gutgläubig. 306 307
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sens tritt bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Vollendung in der Verwirklichung der Straftatbestände ein. Nicht zuletzt gibt das Disziplinarrecht bei konsequenter Anwendung genügend Möglichkeiten, in diesen Fällen reglementierend einzugreifen.
Zusammenfassung Die am Beginn dieser Untersuchung gestellte Frage, ob die §§ 331 ff. StGB mit der Ergänzung auf Vorteile für einen Dritten nunmehr jede Zuwendung erfassen, auch wenn dieselbe rein altruistisch motiviert ist, bedarf nach den vorangegangenen Überlegungen einer differenzierten Antwort: § 331 StGB1 verbietet es dem Amtsträger, für sich zu eigenem Nutzen Vorteile anzunehmen. Nimmt der Amtsträger lediglich aus rein altruistischen Motiven eine Zuwendung entgegen, wie es beispielsweise im Fall von Zuwendungen für die Anstellungskörperschaft geschieht, so scheiden die Tatbestände der Vorteilsannahme und -gewährung aus. Anders lautet hingegen die Entscheidung im Bereich der §§ 332, 334 StGB. Der „Verkauf“ einer gegen Recht und Gesetz verstoßenden Diensthandlung stellt bereits für sich gesehen eine unrechtsbegründende Pflichtverletzung dar, die in Bezug auf das Rechtsgut der Sachlichkeit amtlichen Handelns derart schwerwiegend ist, daß sich auch ein Handeln zugunsten eines Dritten strafrechtlich nicht positiv für den Amtsträger auswirkt. Für die Anwendung der §§ 332, 334 StGB ist es ohne Bedeutung, ob die Zuwendung altruistisch motiviert ist; sie bleibt als Gegenleistung für eine pflichtwidrige Diensthandlung ein strafrechtlich relevanter Vorteil. Die dogmatische Begründung für diese Auslegung liegt darin, daß die §§ 331 ff. StGB auf einem Verstoß gegen dienstliche Verhaltenskodices fußen, denen jeder Amtsträger zur Sicherstellung eines rechtsstaatlichen Handelns im Namen und für den Staat unterliegt: Innerhalb des § 332 StGB2 verletzt der Amtsträger durch das Inaussichtstellen einer pflichtwidrigen Diensthandlung bereits seine aus Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG folgende Pflicht zu rechtsstaatlichem Handeln. Außerhalb dieses rechtsstaatswidrigen Verhaltens – also im Rahmen des § 331 StGB – kann einem Amtsträger hingegen nur dann der persönliche Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung gemacht werden, wenn er entgegen § 54 S. 2 BBG eigennützig und zum Zwecke der persönlichen Bereicherung handelt.3 Denn die Eigenschaft als Amtsträger ist es überhaupt erst, die den Anwendungsbereich der §§ 331 ff. StGB eröffnet. Die Besonderheit dieses „Repräsentanten des 1 Selbstverständlich ist damit auch eigennütziges Handeln des Amtsträgers für den spiegelbildlichen Tatbestand der Vorteilsgewährung notwendig. 2 Auch hier gilt spiegelbildlich Selbiges auch für den Tatbestand des § 334 StGB: Der Vorteilsgeber verleitet den Amtsträger bzw. hat jedenfalls dieses Ansinnen zu einer pflichtwidrigen Diensthandlung. 3 Im Fall des § 333 StGB richtet sich dagegen der Vorwurf an den Zuwendungsgeber, der als notwendiger Teilnehmer den Amtsträger zu einem eigennützigen Verhalten verleitet bzw. verleiten will.
Zusammenfassung
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Staates“ liegt wiederum in dessen – gegenüber dem Bürger – herausgehobenen Pflichtenstatus begründet, wie er in den Beamtengesetzen und Verordnungen sowie den tariflichen Vereinbarungen für Angestellte des öffentlichen Dienstes verankert ist. Diese Feststellung bedingt damit schließlich eine an diesen Pflichten orientierte – gleichsam akzessorische – Auslegung. Ein solches Verständnis wird sowohl den verfassungsrechtlichen Wertungen des Art. 5 Abs. 3 GG als auch den steuerrechtlichen Vorgaben gerecht: Der Anspruch auf die Freiheit der Forschung bzw. auf steuerrechtliche Begünstigungen wird in beiden Fällen im Wege einer Güterabwägung von den Straftatbeständen der §§ 332, 334 StGB verdrängt, weil sich der Amtsträger zu einer pflichtwidrigen, rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechenden Diensthandlung bereit erklärt. Dagegen beschränkt sich die Strafbarkeit aus den §§ 331, 333 StGB auf die Verletzung der dienstrechtlichen Pflicht zu uneigennützigem Verhalten, die es dem Amtsträger verbietet, seine amtliche Tätigkeit von persönlichen Bereicherungen abhängig zu machen. Erst diese Privatnützigkeit4 begründet einen Pflichtenverstoß, der es im Rahmen einer Güterabwägung dann seinerseits rechtfertigt, die verfassungsrechtlichen und steuerrechtlichen Wertungen zurücktreten zu lassen. Zu den weiteren Ergebnissen dieser Arbeit gehört es, daß das Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ eine zwischen Vorteilsannahme bzw. -gewährung einerseits und Bestechlichkeit bzw. Bestechung andererseits unterscheidende Interpretation erfährt ebenso wie es innerhalb des Vorteilsbegriffs oder der Möglichkeit einer Genehmigung schon immer geschieht. Im Bereich der §§ 331, 333 StGB muß die Drittzuwendung dem Amtsträger selbst als eigene zugerechnet werden können, um dem Amtsträger den Vorwurf einer persönlichen Verfehlung machen zu können. Innerhalb der §§ 332, 334 StGB wird dieser Vorwurf bereits durch die Verknüpfung einer pflichtwidrigen Diensthandlung mit einer Zuwendung begründet, also an den mißbräuchlichen „Verkauf“ von Hoheitsrechten, der auch durch altruistische Motive nicht zu rechtfertigen ist. Der Begriff des „Dritten“ ist deshalb in diesen Fällen weit auszulegen und schließt auch den Staat, in der Regel die Anstellungskörperschaft als Begünstigten, mit ein.5 Weiterhin muß sich ein strafrechtlich relevanter Vorteil aus Gründen der Bestimmtheit auf objektiv meßbare Vorteile beschränken und umfaßt nicht bloße Chancen, Gelegenheiten und spekulative, zukünftige Möglichkeiten wie die Mehrung des Ansehens, des Rufs und der eigenen Reputation. Wird die Zuwendung an einen Dritten gewährt, so müssen die Voraussetzungen eines Vorteils nicht nur in der Person des Amtsträgers, sondern auch beim jeweiligen „Dritten“ selbst erfüllt sein. Besitzt dieser einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf die Zuwendung, scheidet ein „Vorteil“ im Sinne der §§ 331 ff. StGB aus.6
4 5 6
So die Begrifflichkeit des LG Bonn StV 2001, 293. Siehe § 17. Siehe § 18 IV.
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Zusammenfassung
Sodann genügt nach der Rechtsprechung bereits ein Vertrag selbst als Zuwendung eines Vorteils an einen Amtsträger, wenngleich Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Diese Aussage der Rechtsprechung ist jedoch dahingehend zu präzisieren, daß es sich dabei um Nebentätigkeitsmöglichkeiten handelt, innerhalb derer ein Amtsträger seine Arbeitskraft gewinnbringend vermögensrelevant einsetzen kann. Davon abzugrenzen sind dagegen sonstige Verträge des täglichen Lebens.7 Des weiteren ist im Bereich der tatbestandlichen Neuformulierung „für die Dienstausübung“ der Vorteilsannahme wie -gewährung die Prämisse von der Beibehaltung der Unrechtsvereinbarung unter gleichzeitiger Erweiterung der Tatbestände, wie es der Gesetzgeber anstrebte, nicht realisierbar. Entweder bekennt man sich zur Unrechtsvereinbarung als Unrechtskern, was weiterhin den Nachweis eines Beziehungsverhältnisses zur Dienstausübung und damit in letzter Konsequenz doch wieder zu einer zumindest konkretisierbaren Diensthandlung notwendig macht. Oder man erweitert den tatbestandlichen Anwendungsbereich auf Fälle der Klimapflege und des Anfütterns durch Aufgabe der Unrechtsvereinbarung, wodurch aber der Straftatbestand der Vorteilsannahme mit dem Umfang des beamtenrechtlichen Geschenkannahmeverbotes gleichzieht.8 Gerade im letzteren Fall erscheint dann aber eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorteilsannahme auf egoistisch motivierte Handeln des Amtsträgers insoweit zwingend, um eine persönliche Dienstpflichtverletzung durch den Amtsträger als Primärverletzung und nicht reines Verwaltungsunrecht zum Gegenstand strafrechtlicher Sanktionen zu machen. Im Bereich der Genehmigung, die nach der hier vertretenen Ansicht tatbestandsausschließend wirkt, kommt die Arbeit zu dem Ergebnis, daß Nebentätigkeitsgenehmigungen auch die darin verkörperte Geschenkannahme umfassen, die von der Rechtsprechung zu recht in dem bloßen Vertragsabschluß über eine solche Tätigkeit gesehen wird. Dem Genehmigungsverfahren ist im übrigen das dienstrechtlich vorgesehene Anzeigeverfahren bei schriftstellerischen, wissenschaftlichen, vortragenden oder auch begutachtenden Nebentätigkeiten gleichzustellen.9 Schließlich stellt sich das Konkurrenzverhältnis der Vorteilsannahme bzw. -gewährung einerseits und der Bestechlichkeit bzw. Bestechung andererseits als aliudVerhältnis und nicht als das eines Grundtatbestandes zur jeweiligen Qualifikation dar, auch wenn die beiden Deliktsgruppen in gestufter Intensität ein gemeinsames Rechtsgut gefährden.10
Siehe § 18 V. Siehe § 19. 9 Siehe § 20. 10 Siehe § 21. 7 8
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Sachregister Abgabenordnung 37 ff. Akzessorietät vom Dienstrecht 52 ff., 92 Anfüttern 98, 134 Anspruch auf Zuwendung 124 Anspruchsinhaber 24 Anzeigepflicht 159 Äquivalenzverhältnis 138 Arbeitskraft siehe Vorteil Ärzte siehe Medizin Beamtenrecht 66 ff. Befreiungsvorbehalt 147 ff. Bestechlichkeit, Bestechung – Mittel des Rechtsgutsangriffs 85 – Qualität und Intensität des Rechtsgutsangriffs 86 – Rechtsgut 79 ff. Botenschaft 120 ff. Bürgermeister 26, 116 Dienstausübung 133 ff., 142 ff. Diensthandlung 134, 142 ff. Dienstpflicht 76 ff. Dienstpflichtverletzung 53 ff. Disziplinarrecht 53 ff., 60 ff., 67 ff., 136 Dritter 94 f., 106 ff. Drittmittel 19 ff., 32 ff., 34 ff., 43 ff., 98, 121 Drittmittel-Entscheidung des BGH 43 ff. Drittvorteil 41 ff., 48 ff., 97 f., 103 ff., 113, 151 ff. – Geschichte 48 ff. – im Beamtenrecht 66 ff. Eigennutz 41 ff., 92 Erlaubnisvorbehalt 147 ff. EU-Bestechungsgesetz 99 ff. Exspektanzen 118 f. Forschung 34 ff.
Gefährdungsdelikt 87 Genehmigung 32, 89, 145 ff. Genehmigungsbehörde 151 Geringfügigkeitsprinzip 39 ff. Geschenkannahme 66 ff., 74 ff. Herzklappenskandal 15, 19 ff., 115 ff., 126 ff. Internationale Abkommen 99 ff. Irrtum 167 Klimapflege 98, 134 Konkurrenzen 162 ff. Kooperationsprinzip 27 Medizin 19, 115 ff., 129 ff., 153 ff. Nebentätigkeitsgenehmigung 153 ff. OECD 100 Österreich 95 f. Rechtfertigungsgrund 37 Rechtsgut 79 ff. – Träger 110 f. Repräsentation 93 ff. Sanktionsnorm 56 ff. Schweiz 96 ff. Sozialadäquanz 39 ff., 89 ff. Spenden 24, 69 f., 116 Sponsoring 24, 98 – kommunales Sponsoring 25 ff. Steuerrecht 37 ff. Strafvollstreckung 30 Unbestechlichkeit als Dienstpflicht siehe Dienstpflicht Universitätsgesetz BW 34 Unrechtsvereinbarung 122 ff., 133 ff., 138 ff.
188 Verfahrenseinstellung 30 Verfassungsrecht 34 ff., 77 f. Verfügungsbefugnis 120 ff. Verhaltensnorm 56 ff. Verletzungsdelikt 88 Verwaltungshandeln 27 Vorteil 112 ff. – Arbeitskraft 131 ff.
Sachregister – immaterieller 112 ff. – mittelbarer 41, 97, 113, 122 – Vertrag 126 Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung – Mittel des Rechtsgutsangriffs 85 – Qualität und Intensität des Rechtsgutsangriffs 86 – Rechtsgut 79 ff.