Zur Politik der Contre-Revolution in Preußen: Zwei Reden in der ersten Kammer zu Berlin nicht gehalten und gehalten [Reprint 2019 ed.] 9783111469133, 9783111102207


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German Pages 51 [52] Year 1851

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Vorwort
Rede nicht gehalten in der Adressdebatte am 8.Januar1851
Rede gehalten in der schleswig-holsteinschen Angelegenheit am 15.Februar 1851
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Zur Politik der Contre-Revolution in Preußen: Zwei Reden in der ersten Kammer zu Berlin nicht gehalten und gehalten [Reprint 2019 ed.]
 9783111469133, 9783111102207

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Zar

Politik der Contre-Revolution in Preussen.

Zwei Reden in

d e r

e r s t e n

K a m m e r

zu

B e r l i n

nicht gehalten und gehalten von

A L E X . HEINRICH VON A R N I M , W i r k l . Geb. Rath.

Zum Besten der aas Schleswig •Holstein Vertriebenen.

Berlin Verlag

von

1851.

Veit

und

Comp.

V o r w o r t. V o r einem Jahre g a b ich zwei Reden, die einen Beilrag „zur Politik der Epigonen", der A b k o m m e n (oder vielmehr Herabgekommenen)

von grösseren Vorgängern lieferten.

Heute ist mit der alten p r e u s s i s c h e n P o l i t i k Deutschland,

welche

man

jetzt

Revolution

in

nennt,

gänzlich gebrochen und die folgenden Reden können nur noch als ein Beitrag z u r P o l i t i k d e r

Contre-Revolu-

t i o n in P r e u s s e n bezeichnet werden. Die erste dieser Reden

wurde in der Sitzung

I. Kammer vom 8. Januar 1 8 5 1 ten S c h l u s s

durch

der Verhandlung über

die T h r o n r e d e Die zweite,

einen

der

übereil-

die A d r e s s e

auf

unterdrückt. am 15. Februar d. J. gehaltene

Rede

ist nach dem stenographischen Berichte abgedruckt und hier mit einigen Zusätzen versehen B e r l i n , im Februar

worden.

1851.

Der Verfasser*

R

e

d

e

nicht gehalten

in

d e r am

A d r e s s d e b a t t e 8. J a n u a r

1851.

Meine Herren I Ich stimme gegen den Antrag Ihrer Adress-Commission, von der Adresse an des Königs Majestät „Umgang zu nehmen". Wir sind nicht hier um wichtige Fragen zu umgehen, sondern um auf sie einzugehen; und wir sind „hinreichend unterrichtet" von der politischen Lage des Landes, um zu wissen, dass sie eine b r e n n e n d e ist; und wir kennen die Politik, die sie verschuldet hat, genug, um beurtheilen zu können, dass „das Ziel der eingeschlagenen neuen Politik" kein anderes sein kann, als der Ruin des Vaterlandes und dass „die gewonnenen Resultate" in nichts Anderem bestehen werden, als in dem Verlust von Ehre und Unabhängigkeit. Um mein Votum und meine Ansicht zu motiviren, muss ich auf die politische Lage des Landes eingehen und die neue Politik beleuchten, die es in diese Lage gebracht hat. Meine Herren! es ist dies ein trauriges Geschäft und in e i n e r Hinsicht auch eine vergebliche Mühe. Denn ich weiss, dass, was auch von unserer Seite hier gesagt werden mag, das Ergebniss der Abstimmung doch dasselbe, vorausbestimmte sein wird: die erste Kammer wird ebenso, wie gestern die zweite, über sich und das constitutionelle Regiment z u r T a g e s o r d n u n g ü b e r g e h e n und sich ebenfalls zu d e n A c t e n und zu d e m Ziele legen, wohin die Reaction sie gelegt wissen will.

Ich e r f ü l l e d a h e r n u r u n g e r n e i n e e r k a n n t e Pflicht, i n d e m ich

heute

vor Ihnen

spreche.

Diese

unerfreuliche

Aufgabe

ist ü b e r d i e s s e i n e s c h w i e r i g e . Es ist so U n e r h ö r t e s g e s c h e h e n , dass d e r p r e u s s i s c h e Volksvertreter, der heute diese

Tribüne

betritt, vorsichtig nach parlamentarischen A u s d r ü c k e n

suchen

m u s s , u m n i c h t g e g e n d i e R e d e f o r m e n zu Verstössen,

welche

in d e n V e r s a m m l u n g e n geworden

sind.

der neueren Verfassungsstaaten

üblich

In d e n V e r s a m m l u n g e n d e s A l t e r t h u m s k a n n t e

m a n diese Schwierigkeit nicht:

Cicero

d u r f t e so

personlich

sein, d a s s e r e i n e n s t a a l s g e f i i h r l i c h e n I n t r i g u u n t e n direct p e l l i r e n k o n n t e mit d e n W o r t e n :

w i e l a n g e willst d u

inlerunsere

G e d u l d n o c h m i s s b r a u c h c n — Und D c m o s t h e n e s m a c h t e e s s i c h in s e i n e r R e d e :

de

TruggesaWtschaft,

falsa legatione, zur

Aufgabe,

oder,

einen

aus

von dem

der Lager

d e s F e i n d e s z u r ü c k g e k e h r t e n G e s a n d t e n öffentlich d e s L a n d e s v e r r a t s sen

und des T r e u b r u c h s

an

den

Bundesgenos-

anzuklagen. D a s w a r e n a b e r h ö c h s t u n p a r l a m e n t a r i s c h e R e d e n , m . II.,

und C i c e r o ,

wie D e m o s t h e n e s ,

w e n n sie h e u t e auf d i e s e r

Tribüne d i e s e S p r a c h e führen wollten, w ü r d e n h ö c h s t w a h r s c h e i n lich v o n u n s e r e m e h r e n w e r t h e n P r ä s i d e n t e n z u r O r d n u n g rufen werden.

Um w i e viel m e h r

iniisste

kleiner Redner

befahren,

jenen

d e s Alterthums

keine

der

andere

mit

dies

Gemeinschaft

Ich h a b e d i e s

um

dem

Verdachte

einerseits

Rednerpdichlen

aller S c h w i e r i g k e i t zu e r f ü l l e n

andererseits

kann,

Lüge.

wollen, um

d a s s ich m e i n e p a r l a m e n t a r i s c h e n

k e n n e u n d , trotz und

nur vorausschicken

heutiger

Vorbildern

behaupten

als die g l e i c h e E n t r ü s t u n g ü b e r U n r e c h t u n d zu z e i g e n ,

ein

grossen

beabsichtige,

vorzubeugen,

als

mein Gefühl ü b e r die S c h m a c h d e s Vaterlandes weniger h a f t u n d w a r m , w e i l ich g e h i n d e r t bin, ihm d e n d e n A u s d r u c k zu

sei leb-

entsprechen-

geben.

Eine a n d e r e Verlegenheit Unerhörten

ge-

so viel u n d

f ü r m i c h ist d i e s e :

vielerlei

geschehen,

dass

e s ist ich

des nicht

•weiss, w o ich a n f a n g e n , n o c h w i s s e n w e r d e , w o ich a u f h ö r e n soll.

theils Ihr

Ge-

d ä c h t n i s s , theils I h r v a t e r l ä n d i s c h e s G e f ü h l h i n w e g h e l f e n .

Aber ü b e r diese Schwierigkeit wird mir

Ihr

Gedäclitniss, d e n n die Thaten u n d U n t h a t e n , um die es sich

handelt, sind noch so sehr in Jedermanns Andenken, dass' es genügen wird, sie nur andeutend zu berühren. Und Ihr preussisches Gefühl, m. H., wird mir, denke ich, gern erlassen, mich über so schmerzliche Dinge mehr zu verbreiten, als es durchaus erforderlich ist. Denn, m. H., welcher politischen Ansicht wir auch zugethan sein, wie unsere Partei-Meinungen auch auseinander gehen mögen, d a r ü b e r mindestens sind wir Alle in diesem Hause doch wohl einig, dass der politische Zustand des Vaterlandes k e i n e r f r e u l i c h e r i s t . Und wäre selbst der Eine oder der Andere so sehr von den Theoremen der Reaction beherrscht und in ihren Paradoxen befangen, dass er sich mit diesem Zustande ganz zufrieden erklärte, so wird doch selbst dieser eingestehen müssen, dass der Zustand zu t h e u e r e r k a u f t i s t und dass diese E r r u n g e n s c h a f t d e r R e a c t i o n früher zu einem geringeren Preis zu haben gewesen wäre. Wenn sie dies eingestanden, so bliebe auch der extremsten Reaction alsdann keine andere Ausflucht mehr, als der Vorwurf, der sich in der Frage ausspricht; wer ist denn Schuld daran, dass es so weit gekommen ist? wer hat denn die Grossmacht Preussens so weit herabgebracht, dass sie nur noch mit äusserster Demüthigung im Stande ist, auf den guten alten vormärzlichen Weg wieder einzulenken? Mit dieser Frage will die Reaction die Schuld unseres unleugbar traurigen Zustandes von dem Ministerium abwälzen, welches die Partei adoptirt und an Kindesstatt angenommen hat, bis die eigenen Kinder erwachsen sein werden; und mit diesem Vorwurf soll die Schuld denen zugeschoben werden, welche der preussischen Politik im März 1848 eine neue Richtung gaben. M. H., ich beantworte diesen Vorwurf indem ich ihn zurückgebe und sage: N i e m a n d A n d e r e s i s t a n u n s e r e m h e u t i g e n Zustande S c h u l d , als das N o v e m b e r - M i n i s t e r i u m , Niemand als die, welche eine übernommene Erbschaft so schlecht verwaltet, dass ihre Umstände sich von Tage zu Tage verschlimmert haben, und es am Ende so weit mit ihnen gekommen ist, dass sie unter eine f r e m d e C u r a t e l gestellt werden mussten.

Denn, m. H., wer zwang denn den November die Erbschaft des März anzutreten? War denn das Ministerium d e r r e t t e n d e n T h a t , dem alle d i e Bayonette zu Gebote standen, welche frühere Ministerien zur Durchführung i h r e r Politik n i c h t benutzen durften, war denn dieses im Innern so starke und energische Ministerium nicht stark und energisch genug, um zugleich von der falschen und verderblichen d e u t s c h e n Politik zu erretten? Wenn das November-Ministerium dies n i c h t that, so haben wir das Recht, ja die Pflicht, daraus zu schliessen, dass es die März-Politik im P r i n c i p und in d e r T e n d e n z keinesweges für eine falsche, sondern für die r i c h t i g e p r e u s s i s c h e P o l i t i k hielt. Wie hätte es sonst sie fortsetzen können? wie hätte es ohne diese Ueberzeugung fast zwei Jahre hindurch mit demselben Winde segeln und, wenn auch oft lavirend, doch immer noch auf dasselbe Ziel hinsteuern können? Oder wird dies jetzt vielleicht geleugnet? Muss ich es durch Actenstücke belegen? Soll ich an die lange Reihe von Erlassen, Erklärungen, Verträgen und Institutionen erinnern, welche die Fortsetzung der früheren politischen Richtung beweisen? Oder ist etwa der preussische Verfassungs-Entwurf vom 5. December 1848 vergessen, und sein Art. 111., der eine deutsche Verfassung v o r a u s s e t z t e ? oder die feierliche Erklärung vom 3. April 1849, wodurch dem Hause Hohenzollern ein A n r e c h t auf die deutsche Kaiserkrone auf Grund des Rufes der deutschen National-Versammlung anerkannt und gewahrt wurde? oder der Unions-Vertrag und die Unions-Verfassung? oder das Erfurter Parlament, mit welchem diese Verfassung vereinbart und festgestellt ward, ein A b s c h l u s s , wonach selbst M e t t e r n i c h sagte: E r f u r t i s t f o r t a n e i n e T h a t s a c h e , m i t d e r m a n r e c h n e n m u s s . — Oder die Erklärung vom 9. März 1850, der zufolge „die aus dem Fortbestehen des Bundes hergeleiteten vermeintlichen Rechte, sollten sie mit den Waffen geltend gemacht werden wollen, als ein Bruch des Landfriedens angesehen und mit Waffengewalt zurückgewiesen werden sollten"? — Oder die Erklärung vom 15. Mai 1849, wonach die preussische Regierung mit den Bevollmächtigten der grösseren

deutschen Staaten „das in Frankfurt begonnene VerfassungsWerk wieder aufgenommen hatte", wonach, so hiess es, „ d i e s e V e r f a s s u n g in k ü r z e s t e r F r i s t d e r N a t i o n g e w ä h r e n w i r d und soll, was sie mit R e c h t v e r l a n g t u n d e r wartet, ihre Einheit, d a r g e s t e l l t durch eine einheitliche Executiv-Gewalt und ihre Freiheit g e s i c h e r t d u r c h eine V o l k s v e r t r e t u n g mit l e g i s l a t i v e r Befugniss". Das, m. H., sind alles unvergessene, theils neuerliche, theils ältere Thatsachen, und mit Recht konnte damals gesagt werden, dass „diesen Thatsachen gegenüber nur der Wahnsinn oder die Lüge die Behauptung wagen könne, d a s s P r e u s s e n die Sache der d e u t s c h e n Einheit a u f g e g e b e n , d a s s seine Regierung ihren früheren Ueberzeugungen und Zusicherungen untreu g e w o r d e n sei". M. H., ich denke, dass durch diese Worte und Thaten, denen ich noch viele andere beifügen könnte, hinlänglich schlagend bewiesen ist, dass das November-Ministerium, indem es die März-Politik bis auf die neueste Zeit fortsetzte, hiermit diese Politik für eine in i h r e m W e s e n r i c h t i g e und a u s f ü h r b a r e erkannte. Denn ich werde mich wohl hüten, bei dem darauf gesetzten Anathema, irgend einem Zweifel an der Aufrichtigkeit des Ministeriums Raum zu geben und etwa zu glauben, dass es zwei Jahre hindurch seine bessere Ueberzeugung verleugnet und mit den Fürsten und Völkern Deutschlands ein falsches Spiel getrieben habe. Ich kann aber auch mit Wahrheit sagen, dass ich diesen Verdacht nicht hege, und hätte ich auch keine andere Bürgschaft dafür, als den offnen, edlen, deutschen Character d e s Mannes, den wir seit einiger Zeit an der Spitze des November-Ministeriums v e r m i s s e n , weil sein p r e u s s i s c h e s H e r z mit seinem Widerstande gegen eine u n p r e u s s i s c h e P o l i t i k zugleich brechen musste. Wenn aber nun, nach Alle diesem und trotz Alle diesem, ein plötzlicher und vollkommener Wechsel in der Politik unseres Ministeriums eingetreten ist, wenn wir sehen, dass d a s s e l b e November-Ministerium, eine der bisherigen März - Politik diametral entgegengesetzte Richtung eingeschlagen hat, so drängt sich die Frage auf, was denn wohl diese neue Ueber-



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zeugung bewirkt und welches Moment sich denn geltend gemacht h a b e , um dem Ministerium zu beweisen, dass w a h r n i c h t m e h r w a h r , und f a l s c h n i c h t m e h r f a l s c h sei. Kann es denn a u s s e r und ü b e r w a h r und f a l s c h ein bestimmendes D r i t t e s geben, welches die Begriffe verändert und für die veränderte Handlungsweise rechtlicher Männer ein entscheidendes und rechtfertigendes Motiv abgiebt? Ja, m. H., um gerecht zu sein, m u s s ich es zugeben, e s g i e b t in d e r P o l i t i k e i n s o l c h e s D r i t t e s ; denn die Politik perhorrescirt die absoluten Gegensätze; zwischen die unbedingten Alternativen von Recht und Unrecht, von wahr und falsch drängt sich in der Politik noch ein d r i t t e s M o m e n t , welches zusammengesetzt ist aus: e i n g e t r e t e n e n U m s t ä n d e n , vollendeten Thatsachen, Nothwendigkeit, salus pub l i c a u. s. w. — W e r dieses unabweisbare Dritte ausser Acht und Berechnung lassen wollte könnte wohl ein guter Jurist, aber er w ü r d e kein guter Politiker sein. Hiernach könnte also eine Politik im Princip und in der Tendenz zwar eine r i c h t i g e sein, durch Umstände von Aussen, durch hinzugetretene n e u e Momente aber doch eine falsche und zeitweilig unausführbare und verderbliche werden. Indem ich der Politik überhaupt und somit auch der Politik unseres Ministeriums diese unerlässliche Concession mache, will ich ferner die Annahme gestatten, — obgleich nicht zugeben — (ich w e r d e darauf zurückkommen) dass w i r k l i c h solche u n b e r e c h e n b a r e , nicht selbst herbeigeführte Umstände vorhanden seien, welche den Wechsel in der Politik des November-Ministeriums zur Nothwendigkeit und zur Pflicht gemacht haben. Denn ich muss ja im Princip zugeben, dass ein vollkommener, selbst plötzlicher Wechsel d e r Politik unter dringenden Umständen zulässig, ja geboten ist. Ein solcher p o l i t i s c h e r S y s t e m s - W e c h s e l ist aber nicht anders zulässig, als unter zwei unerlässlichen Bedingungen, wovon die eine im constitutionellen Regiment, die andere im Völkerrecht begründet ist. Die erste, d i e c o n s t i t u t i o n e l l e B e d i n g u n g ist diese: j e d e r W e c h s e l d e s p o l i t i s c h e n S y s t e m s m u s s von einem M i n i s t e r - W e c h s e l begleitet

-

11

-

s e i n . Und die andere Bedingung, das v ö l k e r r e c h t l i c h e A x i o m lautet s o : a b g e s c h l o s s e n e V e r t r ä g e w e r d e n durch keinen S y s t e m s - oder Minister-W echsel berührt oder aufgehoben. M. H., ich muss hier, ehe ich weiter gehe, gleich an der Schwelle einem Einwände begegnen. Ich habe vom c o n s l i t u t i o n e l l e n R e g i m e n t gesprochen und seinen Bedingungen. Nun ist mir aber nicht unbekannt, dass es Solche giebt, die dieses Regiment von vornherein perhorresciren und durchaus gar nichts von dem wissen wollen, was man in andern Ländern C o n s t i t u t i o n a l i s m u s nennt, Solche, die diese „ f r a n z ö s i s c h e E r f i n d u n g " auf unsere Verhältnisse nicht für anwendbar erachten, sondern vielmehr behaupten, dass die Verfassung bei uns sich nach eignen Normen zu entwickeln habe und mit der in andern constitutionellen Ländern vorgegangenen Entwickelung nichts gemein zu haben brauche. M. H., dieser nationale Stolz wäre sehr zu preisen und ihn zu befriedigen bis auf einen gewissen Grad vielleicht thunlich, wenn wir eine aus dem „ u r e i g n e n G e i s t d e r N a t i o n " hervorgegangene Verfassung hätten, eine Verfassung, wie sie bis zum Jahre 1848 noch zu erhalten und auszubilden war, wenn man die Zeit nicht u n v e r a n t w o r t l i c h versäumt hätte. D a s i s t a b e r n u n v o r b e i . Wir haben im Sturm, weil 30 Jahre der Windstille unbenutzt verloren wurden, eine Constitution nach dem modernen M u s t e r erhalten, wie es die Theorie nach der historischen Praxis von England abstrahirt, ausgearbeitet und aufgestellt hat. Nach dieser c o n s t i t u t i o n e l l e n P r ä m i s s e , werden wir, wenn sie anders nicht t h a t s ä c h l i c h wieder abgeleugnet werden sollte, auch den C o n s e q u e n z e n nicht entgehen können, die sie in andern Ländern gehabt hat. Denn es sind n o t h w e n d i g e , v e r n u n f t g e m ä s s e C o n s e q u e n z e n jener Prämisse. Hiernach würde es nun im Lande „der Erb Weisheit", so genannt weil sich die Staatsweisheit dort im P a r l a m e n t e durch Ueberlieferung unverbrüchlicher parlamentarischer Grundsätze und parlamentarischer Praxis forterbt — in England würde



12



es hiernach ganz u n d e n k b a r s e i n , dass ein Ministerium i m Amte bliebe, um das g e r a d e G e g e n t h e i l von Alle d e m z u sagen und zu thun, was es bisher gesagt und gethan h a t t e . Und ein britischer Minister, welcher erklärte, dass er seinen Minister-Sorgenstuhl zwar gern verlassen, aber doch nicht eher d a r a u s weichen w e r d e , bis es ihm v o n O b e n b e f o h l e n s e i , ein solcher Minister w ü r d e nicht allein von der erstaunten Versammlung als ein unmögliches Organ der Krone a n g e s e h e n w e r d e n , sondern die Krone selbst w ü r d e sich beeilen, einen sie so schwer compromittirenden Diener je eher j e lieber zu entfernen. Will man a b e r auch dies Vorbild der parlamentarischen Erbweisheit nicht gelten l a s s e n , so kann es wohl genügen, ganz einfach auf u n s e r e Verfassung zu deuten und an die beiden sich ergänzenden und gegenüberstehenden Artikel 4 3 und 44 derselben zu erinnern, welche sagen, dass der König unverletzlich ist und seine Minister verantwortlich sind. W a s heisst das a n d e r s , als dass der König für keine Thal seines Ministeriums verantwortlich gemacht, dass nur dieses dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann und dass es abtreten muss, ja bestraft w e r d e n kann, wenn es nicht im Stande ist, sich zu rechtfertigen. Ueber diese Artikel ist nun einmal nicht hinweg zu kommen, denn sie sind k l a r , noch auch über die ganze Verfassung, denn sie ist b e s c h w o r e n . — Zwar weiss ich wohl, dass jetzt von gewisser Seite allerlei künstliche Auslegungen über den Begrifl' vog Verfassung, sowie über den Eid auf dieselbe versucht w e r d e n ; ich d e n k e aber nicht, dass ein gerades deutsches Gemüth durch dergleichen jesuitische Interpretationen sich wird irre machen lassen. Wir haben n i c h t g e s c h w o r e n , eine v o r m ä r z l i c h e , u n g e s c h r i e b e n e und u n b e s t i m m t e Verfassung, sondern wir haben auf Befehl d e s Königs geschworen, d i e s e g e s c h r i e b e n e V e r f a s s u n g v o m 3 1 . J a n u a r 1 8 5 0 , welche bei d e r feierlichen Handlung auf d e m Tische zwischen Sr. Majestät und uns lag und welche die Königliche Hand b e r ü h r t e , g e w i s s e n h a f t z u b e o b a c h t e n , e b e n s o wie wir d e m Könige Treue und Gehorsam g e s c h w o r e n haben.

— 13 — Diese Verfassung mit allen ihren Artikeln werden und müssen wir also halten und ihre n o t w e n d i g e n , vernünftigen Folgen anerkennen, nicht weil wir diese Verfassung für eine v o l l k o m m e n e hielten und weil diese Folgen uns allemal genehm wären, sondern allein, w e i l w i r g e s c h w o r e n

haben.

Denn, m. H , wenn Sie mir noch diese Abschweifung erlauben, wir können uns sehr wohl eine bessere Constitution denken und sie s e l b s t w ü n s c h e n . kommenes

Und, damit ich ein voll-

Geständniss ablege, ich, und ich denke

Manche

meiner politischen Freunde, wir sind ü b e r h a u p t nicht so eingenommen von dem modernen constitutionellen Regiment, dass wir

es als

den

allein

möglichen

und

letzten

Aus-

d r u c k d e r S t a a t s w e i s h e i t ansähen. Wir halten diese Form am Ende doch für keine ewige, unabänderliche, sondern in der Völkergeschichte — vorausgesetzt', dass man ihre Jahrzehnte als Tage rechnet — für ephemer und für nichts als — was alle menschliche Institutionen einer andern Staatsform.

sind — für einen U e b e r g a n g

zu

Freilich, fragt man uns dann, w o -

h i n der Constitutionalismus den Uebergang bilden werde, so können wir das nicht angeben, sondern nur antworten: h i n wird er zum Uebergang dienen, w o s i c h d i e moralische den wird.

und

intellectuelle

Kraft

da-

grösste

vereinigt

fin-

Wo ist diese v e r e i n t e M a c h t j e t z t ? wir sehen

sie nirgends. — W o wird sie sein? — Wir wissen es nicht. — Und auf unsere S y m p a t h i e e n Die Zukunft gehört uns nicht. —

dürfen wir nicht hören. — Wir müssen

sie

erwarten

und unterdessen uns auf ihre Wechselfälle vorbereiten. Haben

wir aber unterdessen noch unsere Constitution

vom 31. Januar 1 8 5 0 , und s i n d wir zu ihrer gewissenhaften Beobachtung verpflichtet, weil wir sie beschworen haben, und müssen

wir uns auch ihre Consequenzen

gefallen

lassen,

weil es nothwendige sind, so müssle hiernach e r s t l i c h ,

auch

bei uns der Umschlag in der Politik eine Aenderung der Regierungs - Organe mit sich gebracht haben, die neue

Politik

hätte von einem neuen Ministerium in die Hand genommen und vertreten werden müssen.

Diesem constitutionellen Grund-

satze zuwider ist aber die neue Politik noch in den alten Händen und wird von demselben November-Ministerium

vertre-

-

14

-

t e n , w e l c h e s b i s h e r die alte vertreten hat. selbe Ministerium, tion

fortdauert,

so lange e s

in

lebendiger

so lange namentlich

vember-Ministeriums, Verantwortlichkeit

das

welches a l l e

und a l s o

Denn es ist

das-

Tradi-

Mitglied des No-

Phasen

d e s s e l b e n mit

mit U e b e r z e u g u n g

mitgemacht

hat, d e m s e l b e n angehört und ü b e r d i e s an s e i n e r S p i t z e steht. M. H., ich m e i n e ,

dass selbst diejenigen unter u n s ,

die

einen geringen W e r t h auf constitutionelle Grundsätze und constitutionellen werden,

l e g e n , doch mit mir einverstanden

dass ein Ministerium nothwendig eine

den m u s s , Stillen

Brauch dass

man

nicht

Einheit

p r o t e s t i r e n d e und c o n s p i r i r e n d c ,

und

dass

es

dem

bil-

hinterdrein eine schon lange im aber

ausser]ich

i m m e r m i t m a c h e n d e Minorität im S c h o s s e d e s s e l b e n kann

sein

Charakter

statuiren

und Begriff eines

Staats-

m a n n e s widerspricht, heute das s c h w a r z zu nennen, w a s er bis gestern für w e i s s gelten liess. — Ich meine w e n i g s t e n s nicht, dass d a s die B e d e u t u n g d e r glorreichen p r e u s s i s c h e n F a r b e n ist. Wäre

das

zichten,

jemals

zeugung

von

zu g e b e n , macht. dafür,

die

Meinung,

wieder,

einem

und

so

so

niüssten

Freund

consequenten

als

darauf

Feind,

Gange

u n s e r e j e t z i g e Isolirung

wir

die

ver-

Ueber-

in u n s e r e r

Politik

wäre permanent

ge-

Denn w e r steht denn dem Auslände, wie dem Inlande, dass

die u m g e s c h l a g e n e n Minister nicht gleich

darauf

a b e r m a l s u m s c h l a g e n ? dass nicht plötzlich eine n e u e politische F r o n t v e r ä n d e r u n g beliebt w i r d ?

Dafür

giebt

es

keine

Bürg-

schaft als d i e : für eine a n d e r e Politik a n d e r e Menschen,

welche

die alte nicht gebilligt

haben,

welche

Ueber-

zeugung

nehmen.

Es

in die

Hand

die n e u e

ist zugleich

und das Gefühl verletzend, d a s s d a s s e l b e ches

thatsächlich

Richtung

gefolgt

anerkennt, ist,

und

dass das

es

sein

widersinnig

Ministerium, wel-

bisher

durch

mit

einer

falschen

Ungeschick

und

S c h w a n k e n in d e r s e l b e n Alles w a s h o c h und wichtig im S t a a t e ist,

compromittirt

schuldigen

retten und s e l b s t es

dasselbe

hat,

nunmehr

und u n f ä h i g e n

plötzlich

mit

denselben

Händen das Vaterland

wieder

e s aus d e m A b g r u n d e ziehen will, in den

selbst

gestürzt h a t , —

dass

E n d e den b i s h e r bekämpften Principien

es

sich

des Gegners

zu

dem

zuwen-

— 15

-

det u n d mit Denen Arm io Arm geht, gegen die es noch kurz zuvor die Faust geballt hatte. Eine solche Mobilität ist nicht mit d e r W ü r d e vereinbar, w e d e r d e s Staates, noch d e s Staatsmannes, noch des Mannes. Wir sehen wohl in der Geschichte des dreissigjährigen Krieges, eine Epoche, deren ähnliche W i e d e r k e h r von Manchen b e f ü r c h t e t wird, wir sehen da wohl die heimathlosen Söldlinge bald zu d i e s e r , bald zu j e n e r Fahne s c h w ö r e n und h e u t e die Sache bekämpfen, für die sie gestern noch gestritten hatten. Aber das w a r e n R e i s l ä u f e r und Lanzknechte. — Erlauben Sie mir, m. H., Ihnen zum Schlüsse dieser constitutionellen Abhandlung noch eine gewichtige Autorität anzuführen, indem ich Ihnen eine Stelle aus einer Eingabe S t e i n ' s an den König vom April 1S00 vorlese, welche in mehr als einer Hinsicht für u n s e r e gegenwärtige Zeit geschrieben zu sein scheint. Es heisst dort: Die n e u e r e n Ereignisse, wo wir f e i e r l i c h s a n e t i o n i r t e V e r t r ä g e im Augenblick der Erfüllung umgangen und bald darauf umgestossen sahen, sind ein fürchterlich b e l e h r e n d e s Beispiel, wie nothwendig es ist, P e r s o n e n zu ä n d e r n , w e n n man M a s s r e g e l n ändern will. Die z w e i t e unerlässliche Bedingung unter d e r ein Systems- u n d Minister-Wechsel zu statuiren ist, ist die, d a s s a b g e s c h l o s s e n e und b e s t e h e n d e Verträge davon unberührt bleiben. Hier h a b e ich wohl von keiner Seite einen W i d e r s p r u c h zu erwarten, denn dies ist kein constitutioneller, sondern ein alter v ö l k e r r e c h t l i c h e r G r u n d s a t z , so alt, als die Staaten selbst und mit dessen Aufhebung ihre moralische Existenz zugleich aufgehoben sein würde. Denn w e r w ü r d e wohl noch in ein vertragsmässiges Verhältniss zu einem Staate treten wollen, w o mit jedem caduken und fallenden Ministerium die Verträge, die es geschlossen, zugleich c a d u k würden und fielen? Das hiesse den Staat als moralische P e r s o n vernichten. Nur e i n Mittel giebt e s , um einseitig Verträge, die mit d e m Staatswohl unverträglich g e w o r d e n s i n d , aufzuheben,

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ohne d a d u r c h die m o r a l i s c h e E x i s t e n z des Staates zu vernichten, das ist, indem d e r Staat seine m a t e r i e l l e E x i s t e n z dafür einsetzt, d. h. durch den K r i e g , d u r c h Suspendirung des R e c h t s z u s t a n d e s , durch Berufung an d a s GottesUrtheil d u r c h die Waffen. M. H., ich m u s s um Entschuldigung bitten w e g e n dieser Ausführung, die eigentlich zum v ö l k e r r e c h t l i c h e n A. B. C. g e h ö r t , wie die v o r h e r g e h e n d e zum constitutionellen g e h ö r t e . Aber ich bin wohl entschuldigt, w e n n es sich zeigt, d a s s d i e s e Anfangsgründe, w e n n vielleicht auch g e k a n n t , doch thatsächlich v e r k a n n t w e r d e n . O d e r hat d a s November-Ministerium denn vielleicht diese G r u n d s ä t z e befolgt? — Wir wissen Alle das Gegentheil. Nicht allein ist es im Amte geblieben, um mit e i g n e r H a n d das zu z e r s t ö r e n , w a s es bisher gepflegt hatte, s o n d e r n es hat auch d a r a n gerührt, w a s selbst durch einen MinisterW e c h s e l hätte u n b e r ü h r t bleiben sollen: e s h a t a b g e s c h l o s s e n e und b e s t e h e n d e feierliche Verträge einseitig gebrochen und vernichtet. H a b e ich diese Verträge noch zu n e n n e n ? o d e r ist Einer in d i e s e r V e r s a m m l u n g , d e r nicht w ü s s t e , d a s s P r e u s s e n e r s t l i c h einen U n i o n s - V e r t r a g mit d e r Mehrzahl d e r d e u t schen Fürsten geschlossen und zum Theil bereits in Ausführ u n g g e b r a c h t und d a s s es z w e i t e n s im Verein mit diesen Staaten in Erfurt eine Vereinbarung getroffen hatte mit d e n d e u t s c h e n Stämmen in j e n e n Staaten und in P r e u s s e n ? und d a s s d i e s e b e i d e n feierlichen Verträge von u n s e r e r Regierung neuerlich gebrochen und für null und nichtig erklärt sind? Das, m. H„ g e h ö r t zu dem U n e r h ö r t e n , das ich a n d e u tete und w o f ü r ich kein W o r t zu linden wusste. Unerhört, d e n n ein n e u e r e s ähnliches Beispiel, d a s einzige, das ich kenne, ist nicht zutreffend. Es b e g a b sich nämlich in F r a n k r e i c h , d a s s ein n e u e s Ministerium einen kurz v o r h e r mit Grossbritannien abgeschlossenen Vertrag nicht a n e r k e n n e n u n d in Ausführung bringen lassen wollte. Ein allgemeiner Schrei d e r Entrüstung e r h o b sich ü b e r dieses völkerrechtswidrige Verfahren. Gewiss mit Recht. Aber d i e s e s Verfahren hatte vor d e r Handlungsweise u n s e r e r Regierung wenigstens d a s

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voraus, dass ein Minister-Wechsel Statt gefunden hatte. Und ferner war Frankreich bereit, seinen Vertragsbruch mit den Waffen in der Hand zu behaupten, d i e G r o s s m a c h t g e g e n d i e G r o s s m a c h t . — Die G r o s s m a c h t P r e u s s e n hat nur den k l e i n e n Fürsten, die zu schwach sind, sie zu bewahren, die Verträge zerrissen, Preussen hat nur d e r d e u t s c h e n N a t i o n den Contract vor die Fiisse geworfen, den sie nicht anders wieder aufnehmen könnte, als durch einen A u f s t a n d , den das Gesetz verdammt und gegen welchen hinreichende Mittel der Repression zu Gebote stehen; gegen' eine Grossmacht ist unsere Regierung n i c h t vertragsbrüchig geworden, auf die Gefahr eines K r i e g e s hin, vielmehr hat sie von den G r o s s m ä c h t e n den F r i e d e n erkauft um das Handgeld der Verträge mit den kleinen Bundesgenossen und um den Preis ihrer Aufopferung. M. H., ich habe vorhin die Annahme zugelassen, aber nicht zugegeben, dass durch hinzugetretene Ereignisse und unberechenbare, nicht herbeigeführte Umstände die von unserem November-Ministerium befolgte deutsche Politik später unausführbar, also eine falsche geworden sein könnte; und ich habe zugegeben, dass für diesen Fall ein System-Wechsel, den freilich dann ein Wechsel der Personen begleiten musste, zulässig, ja geboten gewesen wäre. Es bleibt mir jetzt zu zeigen, dass irgend solche bestimmende Umstände von Anfang an nicht vorhanden gewesen, und dass, wenn sie später eintraten, dergleichen Schwierigkeiten doch lediglich durch das Verhalten unserer Regierung herbeigeführt worden sind, dass diese mithin aus ihnen keinen Entschuldigungsgrund für ihre veränderte Politik herleiten kanu. Denn, wenn ich mir selbst einen Stein in den Weg werfe, so steht es mir doch wohl nicht zu, d a m i t zu rechtfertigen, dass ich gestrauchelt und nicht vorwärts gekommen bin. Von Aussen stellten sich solche Schwierigkeiten auf der von dem November-Ministerium betretenen Bahn nicht entgegen. Die grossen Mächte verharrten i n a b w a r t e n d e r S t e l l u n g , der alte Nebenbuhler Oesterreich war durch inneren Aufstand gelähmt. Die Bahn war geebnet flir den h i s t o r i s c h e n B e r u f P r e u s s e n s in D e u t s c h l a n d und

2



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sie ebnete sich im Verlauf der frankfurter National-Versammlung immer m e h r , und am Ende s o weit, dass auf ihr die Krone von Deutschland unserem Königshause entgegengetragen werden konnte. M. H., was erfolgte, ist bekannt: das November-Ministerium stiess mit wenig verhehlter Geringschätzung die Kaiserkrone zurück, und indem diese zu Boden fiel, bildete sie das erste grosse Hinderniss auf der Laulbahn Preussens. Ich k a n n und w i l l nichts weiter hierüber sagen als dies: Friedrich der Grosse würde die Kaiserkrone angenommen haben, in der festen Zuversicht, dass es ihm ein Leichtes sein werde, ihr auch auf l e g a l e m W e g e den r e c h t e n I n h a l t zu geben u n d sie von den S e r v i t u t e n zu befreien, womit o e s t e r r e i c h i s c h e u n d u l t r a m o n t a n e I n t r i g u e im Bunde mit d e m o c r a t i s c h e r V e r b l e n d u n g sie belastet hatte. Aber es war damit für Preussen noch nicht Alles verloren, sein historischer Beruf wäre noch nicht aufzugeben g e w e s e n , die äusseren Umstände in und ausser Deutschland waren noch immer gunstig, — wenn das November-Ministerium, nach Verlust einer kostbaren Zeit, sich nicht mit eigner Hand einen neuen Fels des Anstosses in den Weg gewälzt hätte: ich meine den, nach glücklichem Abschluss des Unionsund Verfassungswerkes berufenen F ü r s t e n - C o n g r e s s und die ajuf ihm beliebte I n t e r p r e t a t i o n d e s U n i o n s - V e r t r a g e s . Es begab sich hier das U n g l a u b l i c h e , N i e d a g e w e s e n e , dass dieser Vertrag zwar als geschlossen und fortbestehend betrachtet, einem jeden Theilnehmer aber freigestellt w a r d , ob er darin bleiben wolle oder nicht. So ward der Vertrag in seinem Wesen selbst aufgehoben und damit nichts Sinnigeres zu Tage gefördert, als ein g e s c h l o s s e n e r K r e i s sein würde, der zugleich o f f e n wäre. Die Folgen dieser neuen november-ministeriellen Begriffsbestimmung Hessen nicht auf sich warten: die abgefallenen Könige waren n u n m e h r gerechtfertigt, andere Fürsten entsagten mehr oder minder dem Bunde, dessen ausgesprochene Auflösung sie erkannten. So liess das November-Ministerium die Union zu G r u n d e g e h e n ; und mit ihr ging die so lange

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von demselben befolgte d e u t s c h e P o l i t i k zu E n d e , und d e r historische Beruf P r e u s s e n s für diese Zeit v e r l o r e n , z u E n d e u n d v e r l o r e n durch keine a n d e r e als selbstverschuldete und selbstherbeigeführte ungünstige Verhältnisse und Umstände und durch selbstverschuldeten Zeitverlust. Das w a r ' s , w a s ich zu zeigen h a t t e , u n d ich g e h e hier nicht w e i t e r , sondern w e n d e mich zu einem E i n w u r f oder V o r w u r f , den man mir machen könnte. Man könnte mich nämlich daran erinnern, wie ich erklärt habe, dass ich von Haus aus keinen Zweifel in die Aufrichtigkeit des November-Ministeriums setze, und mich fragen, wie sich damit die Schuld r e i m e , die ich ihm an selbstgeschaflenen Hindernissen z u s c h r e i b e ; man könnte hiernach an m e i n e r Aufrichtigkeit zweifeln, w e n n ich sagte, dass ich keinen V e r d a c h t a b s i c h t l i c h e r T ä u s c h u n g gegen u n s e r e Regierung hege. Ich kann diese Versicherung hier nur w i e d e r h o l e n , ich glaube nicht, und w e r d e ohne Beweis nie glauben, dass das N o v e m b e r - Ministerium von Hause aus mit Vorbedacht und Hintergedanken die Fürsten und Völker Deutschlands h a b e täuschen w o l l e n . Schwieriger ist freilich die hiernach mir obliegende g e n ü g e n d e Erklärung des politischen Verfahrens u n s e r e r Staatslenker, schwierig nicht sowohl als zu f i n d e n d e , sondern als z u g e b e n d e Erklärung. Denn wenn auch d e r Beobachter von Menschen und Verhältnissen ü b e r das H a u p t - M o t i v dieses Verfahrens nicht zweifelhaft sein k a n n , so wird es ihm doch nicht leicht, dasselbe durch ein a n g e m e s s e n e s und zulässiges W o r t zu bezeichnen. Doch es bedarf dessen wohl nicht, u n d ein J e d e r wird sich selbst sagen können, um w a s es sich handelt, wenn er sich erinnert, dass das S c h w a n k e n , die T e r g i v e r s a t i o n e n und Z w e i d e u t i g k e i t e n in d e r Politik u n s e r e r Regierung vornehmlich mit d e m Zeitpunkte eintraten und vorwaltend w u r d e n , wo Oesterreich wieder gekräftigt auf den Kampfplatz trat und wo n o t o r i s c h auch von a n d e r e r Seite D r o h u n g e n einliefen, und dass d e r U m s c h l a g zuerst in W a r 2*



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s c h a u vorbereitet und in Ol m u t z vollbracht wurde, in einem Augenblicke, wo der K r i e g vor der Thür zu sein schien. Aber ich b e k e n n e , Erklärung ist. deutete M a n g e l

dies

noch keine

hinreichende

oft mit p o s i t i v e n E i g e n s c h a f t e n

die j e n e n e g a t i v e und

dass

Denn auf d e m politischen F e l d e ist d e r angeEigenschaft

mit Hülfe d e r e n

einigermassen

gepaart,

übertragen

auch noch politische Erfolge

errungen

w e r d e n können. D i e s e überhaupt, auch bei einer ehrenhaften und mulhigen Gesinnung, nicht entbehrlichen Eigenschaften h e i s s e n : politische

Geschicklichkeit

und Klugheit,

scher Tact und diplomatische Der bei uns

vorhandene

diplomati-

Erfahrung.

Mangel d i e s e r

Eigenschaften

ist nun leider eine eben s o weltbekannte als b e k l a g e n s w e r t h e Thalsache.

Mag e s s e i n , d a s s d i e s e Klage schon früher ge-

rechtfertigt war, m a g auch Blücher Recht gehabt haben, d a s s die F e d e r Schwert

bei

uns

immer

erworben,

wieder

von

verdorben,

Haugwitz

bis

was

das

Hardenberg,

soviel ist g e w i s s , d a s s die I n f e r i o r i t ä t u n s e r e r Politiker und Diplomaten noch nie s o kläglich zu T a g e g e k o m m e n ist,

als

in der n e u e s t e n Zeit. Wie ist dies

aber

auch a n d e r s möglich, wenn

scher Dilettantismus, ohne Vorkenntnisse

und o h n e K e n n t n i s s von

n e n , V e r h ä l t n i s s e n und F o r m e n sich der

alten

politi-

o h n e diplomatische T r a d i t i o n e n ,

Meisterschaft

in

der

Perso-

selbstgenügsam

dort

traditionellen

K u n s t d e s M a c c h i a v e l g e w a c h s e n g l a u b t ; und wenn plomatische ten R o u é s

der

unterfangen!



auch b e s s e r e Sie mir,

di-

N e u l i n g e ohne a l l e Schule mit den bekann-

m. H.,

floren tiner Ein s o l c h e s

Schule

zu verhandeln

naives S e l b s t v e r t r a u e n

M ä n n e r vor d i e s e m bei uns nicht. dass

ich Ihnen zum B e l e g e

sich

hatten

Erlauben

mitlheile,

was

S t e i n antwortete, als ihm d e r König im J a h r e 1 8 0 6 d a s Ministerium d e r a u s w ä r t i g e n Angelegenheiten ü b e r t r a g e n wollte. Er s c h r i e b : „Es

war ein G r u n d s a t z einer durch schmähliche Er-

fahrungen d e r jetzigen Zeit als weise b e w ä h r t e n Vor-

-

21



zeit, dass in den mannichfaltigen Geschäften innerer und äusserer Administration J e d e r von seiner frühen Jagend an durch speciellen Beitrag

aus eigner,

auf

einen Zweck gerichteten Ausbildung und Erwerbung von Fähigkeiten, für ein einzelnes Fach der Geschäfte bestimmt werde, in dem er alsdann, durch mannigfaltige Erfahrung gereift, den Grad von Vorzüglichkeit zu erreichen bestrebt war, welchen zu erreichen Natur und Umstände ihm gestatteten.

Als noch ein ge-

setzlicher Zustand der öffentlichen Staatsrechtsverhältnisse in Europa bestand, ehe die Frage des Rechts in diesen Verhältnissen

als eine Thorheit zuerst b e -

seitigt, später vernichtet ward, da war der Beruf des Diplomatikers, des Ministers der auswärtigen Verhältnisse ein Beruf vielumfassender, s c h w e r und langjährig erworbener Kenntnisse, dem, welcher sich ihnen nicht ganz und von der ersten Jugend an hingegeben hatte, nie in dem Grade vertraut, worin sie Derjenige besass, welcher sich diesen Beruf früh und ganz e r wählt hätte. „Zwar ist in den Verwirrungen und Verheerungen, worin Alles unterging

was unsern Vätern Fortschrei-

ten im Glück, was unverwüstliche Kraft im Unglück gewährte, auch dieser Grundsatz, ziehung auf d i e s e s ,

nicht blos in Be-

sondern überall

verschwunden,

indem Jeder sich für Alles tauglich glaubt, wovon er sich einen bestimmten Begriff bilden kann;

als

ob

frühe Bildung und fortdauernde Erfahrung nicht die eigentliche und wahre ausgezeichnete Tauglichkeit in jedem Geschäfte verschafften.

W a s aber die Folgen

von diesem Selbstvertrauen oder von dem nach gleicher Beurtheilung gewährten Vertrauen sind, liegt nur zu sehr eben

in dem

Gange

der Öffentlichen

Ge-

schäfte, seitdem alle alte Verhältnisse aus ihren Angeln gehoben, seitdem alle ehemalige bewährte Grundsätze der Staatsverhältnisse versäumt

und vernichtet

wurden, am Tage, und wenn ich gegen diese

nicht

-

22

-

als Aeusserung und Empfindung des Augenblicks, sondern als lebendige und tief b e g r ü n d e t e Ueberzeugunt geäusserte Grundsätze handelte, wenn ich in meinem fünfzigsten Jahre, nachdem ich 27 Jahre im Dienste Ew. Kgl. Majestät und Ihrer Kgl. Vorgänger in gan> verschiedenen Geschäften, welche mich ganz beschäftigt h a b e n , diente, in ein mir f r e m d e s Departemen' ministerieller Geschäfte übertreten wollte, so würdt ich mich einer Inconscqucnz schuldig machen, weicht eben dem Vertrauen, wodurch Ew. Kgl. Majestät be wogen wurden, mir diesen ehrenden Antrag zu thun nicht entspräche." Sie sehen, m. II., ein g r o s s e r G e i s t wie S t e i n hatU d a s Selbstvertrauen n i c h t , d e m h e u t i g e k l e i n e G e i s t e i sich u n g e s c h e u t überlassen. Die Früchte dieser unseligen S u f f i s a n z liegen uns leider vor Augen: es ist seit zwei Jahren kaum e i n e Verhandlung von unserer Regierung geführt, bei d e r sie nicht der Kürzeren gezogen hätte, oder, — wie das unartige Publikun sagt, d ü p i r t w o r d e n w ä r e . — Gewiss trägt diese constatirte, aber leider noch immer nicht b e w u s s t e U n z u l ä n g lichkeit unserer politischen und diplomatischei F ü h r u n g dazu bei, um, a u s s e r d e m A n d e r e n , das fortw ä h r e n d e Z u r ü c k w e i c h e n und die zuletzt v o l l k o m m e n e N i e d e r l a g e , d e n p o l i t i s c h e n B a n k c r u t t des NovemberMinisteriums zu erklären, wenn auch nicht zu e n t s c h u l d i g e n ; denn es ist eine S c h u l d , eine s c h w e r e S c h u l d sich in G e s c h ä f t e zu d r ä n g e n , von denen man n i c h t s v e r s t e h t , noch v e r s t e h e n k a n n . Ich m u s s wohl zum Belege meiner Behauptung einige Beispiele anführen, damit ich nicht in den Verdacht k o m m e aus einem gewissen Z u n f t s t o l z e (weil ich eben zu dei diplomatischen Z u n f t gehöre) ungerecht gegen d a s zu sein was durch Personen gethan wird, die nicht g e l e r n t e Politiker und Diplomaten sind. Ich weiss mich von diesem Vorurtheile frei; ich g l a u b e , dass es ebenso g e b o r n e , wie g e l e r n t e Politiker geben kann; aber e i n s von beiden m u s s man wenigstens sein.

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-

Doch urtheilen Sie selbst, m. H. — Lassen Sie uns aas der Menge a n g l ü c k l i c h e r V e r h a n d l u n g e n , u n n ö t h i g e r C o n c e s s i o n e n und v e r u n g l ü c k t e r V e r s u c h e aller Art, kurz aus der Masse kläglicher Thatsachen gleich das n e u e s t e Factum hervorheben, welches uns durch Vermittelung der englischen und französischen Regierungs - Organe bekannt geworden ist. Wir ersehen aus dem, durch eine b e r e c h n e t e I n d i s c r e t i o n veröffentlichten Circular des Fürsten Schwär» zenberg vom 7. December, dass unser Unterhändler nach Olmütz ging, o h n e zu w i s s e n , ob d e r ö s t e r r e i c h i s c h e Pr e m i e r s i c h auch zum Ren dez-vous ein f i n d e n w e r d e . M. H., es ist u n m ö g l i c h , dass man biesigerseits gewusst hat, w a s man damit that; mit Bewusslsein k o n n t e ein preussisches Ministeriufa die Ehre und Würde des Staats nicht so frevelhaft blossstellen. Zwar hätte ein g e s u n d e s preussisches Gefühl dies schon sagen können; aber, in Ermangelung dessen, würde die Kenntniss diplomatischen Dec o r u m s den Kundigen doch avertirt haben, dass eine solche Reise ins feindliche Lager, 6chon an sich wenig schicklich, auf gut G l ü c k aber durchaus unzulässig sei. Was hätte unser Abgesandter denn wohl thun können, wenn Fürst Schwarzenberg, trotz der b e s c h e i d e n e n Bitte, ausgeblieben wäre? — Was anders, als nach vergeblichem Rarren unverrichteter Sache wieder abziehen und heimkehren? Einem solchen Affront setzte man sich aus, weil man nicht f ü h l t e und nicht w u s s t e , was man that! Wenn man diesen Affront nicht erfuhr, so ist dies nur dem grossmüthigen Entschlüsse des jungen Kaisers zuzuschreiben; oder vielmehr dem richtigen politischen Tacte des Wiener Cabinets. Denn es konnte berechnen, dass ein preussisches Ministerium, welches ihm auf diese Art entgegenkam, keine andere Position mehr zu nehmen im Stande sein werde; und dass ein Bevollmächtigter, der als ein A u f w a r t e n d e r nach Olmütz käme, es nur als ein D i e n e n d e r wieder verlassen würde. Dieses Beispiel wäre hinreichend, um die ganze H a l t u n g s l o s i g k e i t unserer ministeriellen Diplomatie zu charakterisiren;

-

24 —

ich will aber doch noch die Thatsache anführen, wodurch die Missgesandtschaft

nach Olmütz veranlasst ward.

M. H„ ich würde es nicht glauben, wenn es nicht leider ein b e k a n n t e s ,

unleugbares

Factum

wäre: der öster-

reichische Gesandte setzte unserer Regierung einen T e r m i n v o n 2 4 S t u n d e n , innerhalb welcher die von unseren Truppen besetzte Etappen-Strasse in Kurhessen dem

baierischen

Executions-Corps geöffnet sein müsse! D a s bot man der Grossmacht Preussen! — Und was antwortete das preussische Ministerium darauf? Es w a r keine andere Antwort auf diese Impertinenz als: Zusendung der Pässe an den Gesandten, mit B e i b e h a l t u n g d e s T e r m i n s , nämlich f ü r s e i n e A b r e i s e . — Diese Antwort

hätte,

wenn

auch

die

Kenntniss

des

diplomatischen

Brauchs fehlte, das Ehrgefühl, das p e c t u s eingeben müssen, welches den S t a a t s m a n n Unsere

macht, wie den R e d n e r .

Staatsmänner antworteten

gar nicht. —

war Alles, wozu sie sich erheben konnten

r i e t h e n ; und das Resultat der Berathungen war d i e nach Olmütz,

die Z u f l u c h t

Das

— Aber sie b e Flucht

bei Fürst Schwarzenberg vor

dem D r o h e n seines Agenten! Doch dieser war auch grossmüthig: als er den Entschluss wegen Olmütz erfuhr, verlängerte er die Frist a u s Bewegung

auf 4 8

eigner

Stunden!

Es ist zu vermuthen,

dass man diese z w e i t e

Beleidi-

gung eben so wenig spürte, als die e r s t e . M. H., lassen

Sie es damit genug sein und lassen Sie

mich hier schliessen.

Ich k a n n auch nicht weiter.

Ich müsstc

Ihnen hier zeigen, was nach Allem diesem aus der p r e u s s i s c h e n E h r e u n d U n a b h ä n g i g k e i t geworden ist, und ich fühle mich nicht mehr stark genug für diese Ich habe für diese h ö c h s t e n meiner

Jugend

gestritten

Leichenschau.

G ü t e r d e s V a t e r l a n d e s in und

geblutet;

ich habe

sie

nachher a u f e i n e m a n d e r n F e l d e nach Kräften z u w a h ren gesucht. und

Erlassen Sie einem alten preussischen K r i e g s -

F r i e d e n s k ä m p f e r , unsere Todeswunden

und die u n r ü h m l i c h e n sie empfingen.

aufzudecken

Wahlstätten herzuzählen,

Ich müsste

Sie über W a r s c h a u

wo wir und O l -

— 25 — m ü t z , wo d e m A d l e r die F l ü g e l g e k n i c k t wurden, in den D i p l o m a t e n - C l u b zu F r a n k f u r t führen, dessen Executions-Beschlüsse wir v o l l s t r e c k e n h e l f e n , ohne sie m i t b e s c h l o s s e n zu h a b e n ; oder nach H e s s e n , wo wir bei unserer Demüthigung S p a l i e r gebildet und vor unserer Schmach das G e w e h r p r ä s e n t i r t h a b e n ; odernach Hols t e i n , wo unsere braven Truppen gezwungen werden sollen, an der Seite von C r o a t e n und R o t h m ä n t e l n ihre Waffen gegen die d e u t s c h e n B r ü d e r zu kehren, die vor Kurzem noch ihre W a f f e n b r ü d e r waren. Erlassen Sie mir auch, Ihnen die f r e m d e n C a b i n e t e zu zeigen, in deren politischen Calcüls die Monarchie Friedrichs des Grossen nur noch pro memoria figurirL Es ist genug und schon zuviel! Ich will Sie nicht noch näher an den Rand des Abgrundes führen, wo Preussen und seine Ehre versunken liegen. Beklemmung ergreift jedes preussische Herz bei dem Blick in diese Tiefe. Denn der Abgrund ist tiefer, als er in den Jahren 1805 und 1806 war, H a u g w i t z ist übertroffen, und wir haben e i n z w e i t e s J e n a gehabt, schmählicher als das erste, weil man sich dort wenigstens g e s c h l a g e n h a t t e . Wir sind u n b l u tig und u n r ü h m l i c h geschlagen worden, weil wir die Bereitschaft einer halben Million k a m p f b e g i e r i g e r T r u p p e n zu einer D e m o n s t r a t i o n benutzten, d e r e n E i t e l k e i t m a n d e n F e i n d w i s s e n Hess. Und wir werden im F r i e d e n g e s c h l a g e n und g e k n e c h t e t w e r d e n , weil wir d e n F r i e d e n um j e d e n P r e i s w o l l t e n . Und e b e n d e s w e g e n werden wir dennoch den Frieden n i c h t erhalten können. Unwürdige und verspätete Nachgiebigkeit hat noch n i e den Sturm dauernd beschworen, weder den des K r i e g e s , noch den der R e v o l u t i o n . Der e i n e oder der a n d e r e wird über das h e r a b g e w ü r d i g t e V a t e r l a n d kommen, vielleicht b e i d e . Gott schütze Preussen in dieser l e t z t e n Krisis!

R

e

d

e

gehalten

in der schleswig-holsteinschen Angelegenheit am

M

eine H e r r e n !

15.

F e b r u a r

1 8 5

1.

D e r B e r i c h t Ihrer C o m m i s s i o n ü b e r m e i n e n und

m e i n e r politischen F r e u n d e Antrag in B e t r e f f S c h l e s w i g - H o l s t e i n s trägt auf l ' e b e r g a n g zur e i n f a c h e n T a g e s o r d n u n g a n .

Ich k a n n

Ihnen nicht v e r h e h l e n , d a s s j e n e r B e r i c h t u n s e r e E r w a r t u n g e n nicht g e t ä u s c h t und d i e s e r V o r s c h l a g uns k e i n e s w e g e s ü b e r r a s c h t hat.

S c h o n als wir d e n Antrag stellten, m a c h t e n w i r uns k e i n e

Illusion ü b e r d a s L o o s , w e l c h e s s e i n e r w a r t e ,

s o w o h l in d e r

C o m m i s s i o n , als a u c h d e m n ä c h s t in d i e s e r K a m m e r , denn wir wissen,

d a s s bei allen p o l i t i s c h e n

dieser Kammer eine compacte

Fragen

d a s Ministerium

und „ t r o t z

Alledem

und Alle

d e m " t r e u e Majorität hat, u n d wir k e n n e n d e n G e b r a u c h , sie von i h r e r G e w a l t m a c h t . sen,

I c h b e d a u r e , e s s a g e n zu

a b e r sie b e d i e n t s i c h

ihrer U e b e r m a c h t ,

d e r O p p o s i t i o n zu u n t e r d r ü c k e n des

um

in

das

den müsWort

u n d die S t i m m e d i e s e r S e i t e

Hauses (links

zu e r s t i c k e n .

einige T h a t s a c h e n a n z u f ü h r e n Erinnern Sie sich, Wochen

einen

Verletzung

deutend)

Ich will mir, z u m B e w e i s e d i e s e r

einbrachten,

Nichunterstützung

erlauben.

meine Herren,

dringenden

Antrag

und

vereitelt

Behauptung,

dass

haben.

dass

wegen Sie

wir

einer

diesen

Wenn

wir

vor

Antrag für

durch

eine

g e l e g e n h e i t von d i e s e r W i c h t i g k e i t k e i n e Unterstützung so müssen

einigen

VerfassungsAnfinden,

wir wohl für i m m e r d a r a u f v e r z i c h t e n , n o c h i r g e n d

einen dringlichen A n t r a g in d e r K a m m e r

durchzubringeo.

-

27

-

Mit den gewöhnlichen Anträgen geht e s uns nicht viel besser.

Sie werden an Commissionen gewiesen, die wiederum

aus der ministeriellen Majorität zusammengesetzt

sind.

Der

Vorsitzende und der Berichterstatter gehören ihr natürlich an. In ihren Händen liegt es nun, die einfachsten Anträge wochenlang zu —

berathen.

Es

wird wenigstens nicht

geleugnet

werden wollen, dass dies mit dem vorliegenden Antrage der Fall gewesen ist. (Links:

Hört,

hört!)

Er ist vom 2 0 . v. Mts. datirt, und die Commission

hat

ihre Schlusssitzung nicht eher gehalten, als am Abend des Tages, wo die Nachricht von der Uebergabe von Friedrichsort und Rendsburg hier eingetroffen war. (Links:

Hört,

hört!)

Kommt es endlich zur Discussion, so wird sie von Seiten der ministeriellen Majorität möglichst bald geschlossen.

Ich

erinnere Sie an die Discussion über die Adresse, wo es nur mit Mühe erlangt werden konnte, dass von j e d e r Seite zwei Redner gehört wurden. geständniss; werden

Es war dies eben kein grosses Zu-

denn der dritte Redner,

musste,

war

der

welcher noch

Berichterstatter,

gehört

und dieser

war

wieder ein ministerieller. Von den Interpellationen brauche ich wohl nicht erst zu sprechen, dies Mittel ist uns gänzlich abgeschnitten.

Sie w e r -

den von dem Ministerium entweder gar nicht oder ungenügend, oder mit Anführung irriger Thatsachen beantwortet.

Wir haben

neulich ein Beispiel dieser Art gehabt, und als, darauf gestützt, eine sachgemässe Abänderung der Geschäfts - Ordnung b e a n tragt wurde, war dem Ministerium wieder seine Majorität zur Hand, um diesen Antrag zu verwerfen; diejenigen Mitglieder,

welche

es stimmten

in der Commission

sogar

dafür

ge-

stimmt hatten, im Plenum dagegen. Ich denke, diese Beispiele werden genügen, um das systematische Verfahren der Majorität gegen diese Seite des Hauses (nach

der Linken d e u t e n d ) in ihr rechtes Licht zu stellen.

Die Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben, werden es nun rechtfertigen, wenn wir statt einer Interpellation oder statt

eines

dringlichen

Antrages,

was

der Wichtigkeit

des



Gegenstandes Form

eines

allerdings

28

-

angemessener

g e w ö h n l i c h e n Antrages

diese Weise

uns

das W o r t

schnitten w e r d e n ;

gewesen

aber der W e g ,

den

die

Es konnte auf

wählten.

wenigstens

wäre,

nicht gänzlich

abge-

wir wählen mussten,

war d e r längere, und e r ist noch möglichst ausgedehnt

wor-

d e n ; und heute steht u n s d a s als vollendete Thatsache g e g e n über,

was

möglich then ist? weil

durch war.

u n s e r e n Antrag

wenigstens

beklagenswer-

schweigen,

mehr

Thatsache o d e r hätten

weil

sie nicht

zu

ändern

wir g a r unseren Antrag nicht stellen sollen,

wir so gut als

Erfolg?

zu verhindern

Sollen wir nun zu dieser

gar

keine

Hoffnung

hatten

Sollten wir e t w a feig v e r s t u m m e n ,

auf

weil

seinen

das R e d e n

uns e r s c h w e r t ist und ;un Ende doch nichts hilft? (Bravo links.) Das sei f e r n !

J e g e r i n g e r wir an Zahl sind, desto

h a b e n wir die Verpflichtung,

mehr

laut und deutlich zu r e d e n ,

so

lange uns das R e d e n noch gestattet ist, und immer und i m m e r w i e d e r zn protestiren g e g e n Unrecht und Gewalt. ( B r a v o links.) W e n n dies auch für den Augenblick materiell nichts fruchtet, so dient e s doch dazu, dem Lande zu zeigen, dass w e n i g stens

eine Minderheit

auch

nicht stillschweigend

das

was die Majorität laut zu billigen sich nicht s c h e u t ; u n s e r e geringe Zahl legt, so uns.

ist sie

uns eine verstärkte Verpflichtung

auch

Ein Vorzug,

billigt,

und wie

ein Vorzug

weil

sie

aufer-

und eine Ermuthigung

uns vor dem Lande die

für

Verant-

wortung abnimmt für alles d a s , was aus dieser K a m m e r die Reaction

über

das

Land

noch

ergehen

lassen

könnte;

und

eine E r m u t h i g u n g : denn wir fühlen, dass wir uns nur b e r e i chert

haben

durch

den

Verlust

von

Mitgliedern,

die

den

S c h a t t e n , in dem wir k ä m p f e n , nicht ertragen k o n n t e n , dass wir an m o r a l i s c h e r Kraft g e w o n n e n haben, indem wir n u m e risch pressa

verloren. ist j a

Bei auch

dem von

W a h r h e i t g e w e s e n und Dies sei auch

unsere

kleinen Häuflein, bei jeher

in Zeiten

für b e s s e r e Zeiten Aufgabe

des

der

ecclesia

Druckes

bewahrt

auf Hoffnung; und so

die

worden. lassen

S i e uns u n t e r d e s s e n in u n s e r e r Unterdrückung die so mannigfach im Vaterlande u n t e r d r ü c k t e Rechtspartei vergegenwärtigen

— 29

-

und ihr zeigen, dass es in der vielgeschmähten constitutionellen Partei noch Männer giebt, die mit keinem Unrecht transigiren. Vielleicht werden wir auf diese Art dem täglich z u n e h m e n d e n Glauben, jener H o f f n u n g d e r V e r z w e i f l u n g entgegenwirken, dass eine Aenderung und B e s s e r u n g u n s e r e s gegenwärtigen Zustandes nur noch von einer ganz a n d e r e n Partei, als der constitutionellen, zu e r w a r t e n sei. Ich k o m m e jetzt zu unserem Antrage und dem Berichte Ihrer Commission. Besorgen Sie a b e r nicht, m. H., d a s s ich die Gelegenheit benutzen w e r d e zu einer u m f a s s e n d e n historischen und rechtlichen Ausführung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit. Das Zurückgehen auf den Beginn d e r selben läge mir zwar sehr nahe, ich h a b e e s nicht zu fürchten, und wenn es mir darauf ankäme, mich persönlich zu rechtfertigen, so w ü r d e ich d e r Versuchung kaum widerstehen. Denn ich bin wiederholentlich dieser Sache w e g e n angegriffen, u n d die Verantwortung dafür ist mir fast ausschliesslich zugeschoben worden, obgleich sie mir f o r m e 11 und c o n s t i t u t i o n e 11 nicht zukommt. Denn als Preussen den bedrängten H e r z o g t ü m e r n zur Hülfe eilte, stand nicht etwa ich, sondern Graf von ArnimBoitzenburg an der Spitze des Ministeriums, und ein b e k a n n t e s Schreiben — das preussische Programm in der schleswigholsteinischen Angelegenheit — ist von keinem Minister contrasignirt, sondern hat nur eine Unterschrift, deren Träger Niemandem auf Erden, sondern allein d a verantwortlich ist, w o nicht unsere, wo eine ewige und göttliche Verfassung, die schon ü b e r 18 Jahrhunderte besteht, zur Anwendung kommt. (Bravo links.) Dessenungeachtet lehne ich die m o r a l i s c h e Verantwortlichkeit für den Beginn, wohl für den Fortgang der schleswigholsteinischen Angelegenheit, nicht ab, und ich fühle mich dabei in meinem Gewissen so ruhig, als ich es Anderen nur wünschen kann. (Bravo links.) Eben so wenig, wie ich die dunkelsten Blätter d e r n e u e s t e n politischen Geschichte Preussens hier vor Ihnen aufschlagen w e r d e , eben so wenig w e r d e ich auch rechtlich die schleswigholsteinische Angelegenheit von Anfang an wieder aufnehmen.

-

30 —

Es hiesse dies, für die Einen — W a s s e r ins Meer tragen — für die Anderen — der toll und blind reagirenden Sturmund Springflut mit Gründen beweisen wollen, dass sie nicht die letzten D ä m m e d u r c h b r e c h e n müsse. (Bravo links.) Für Alle, die sehen w o l l e n , ist das Recht der Herzogthümer sonnenklar; bei denen a b e r , welche Augen haben, um n i c h t zu sehen, und Ohren, um n i c h t zu hören, welche zu Hause mit der Revolution zu brechen b e h a u p t e n und gleichzeitig ein Casino-Ministerium unterstützen, welches die Revolution fortsetzt und befestigt und einen König zugleich mit seinen d e u t s c h e n Unterthanen knechtet, (Lebhafter Beifall links.) bei diesen e b e n so absonderlichen Moralisten als Politikern w ü r d e meine Mühe doch eine verlorene sein. Ich w e r d e mich daher darauf b e s c h r ä n k e n , die Thatsachen zu b e h a n d e l n , die meinem doppelten Antrage zum G r u n d e liegen, und den Bericht Ihrer Commission dabei zu beleuchten. Es ist Ihnen bekannt, m. H , dass neben dem österreichischen Commissarius auch ein preussischer zur sogenannten Pacification d e r H e r z o g t ü m e r nach Kiel g e s e n d e t w u r d e . Ein solches diplomatisches Mitgehen, nebst dem mililairischen Zusehen und Geschehenlassen, wird nach österreichischem Sprachg e b r a u c h die Cooperation P r e u s s e n s genannt. Wir hatten davon bereits ein glänzendes Beispiel in Kurhessen. Jetzt sollte die dort cinstudirte Statistenrolle noch auffallender gemacht w e r d e n ; denn es kam ja darauf an, dass Preussen vor aller Welt seine v o l l s t ä n d i g e S i n n e s ä n d e r u n g b e w i e s e . W ä h r e n d daher P r e u s s e n in Kurhessen die von dem sogenannten Bundestage (an dem es nicht Theil nimmt) a n g e o r d n e t e E x e c u t i o n v o r d e m R i c h t e r s p r u c h durch die Anwesenheit seiner Truppen sanetionirt und durch ihr Zurückweichen gefördert hatte, sollte es jetzt in den H e r z o g t ü m e r n die Befehle d e s Auslandes, den Willen d e r londoner Conferenz (gegen den P r e u s s e n protestirt h a t ) , s e l b s t mit a u s f ü h r e n helfen. Das w a r die Busse von Canossa, die d e m Staate Friedrich'« d e s Grossen auferlegt w a r d , ohne Zweifel nach

Anleitung eines landes.

31

-

hiesigen busspredigenden Organs des Aus(Sehr gut! von der Linken.)

Man bestellte dazu, n a c h K i e l einen preussischen General, a n d i e E l b e unsere braven, edlen preussischen Truppen, die mit Pontons cooperiren mussten, damit Ungarn und Italiener über sie binwegmarschiren und sich in unserem Rücken und Flanke festsetzen könnten. So sollte wahrscheinlich schon symbolisch vorbedeutet werden, was die Geschichte einst staunend berichten wird, dass zur Herrschaft Oesterreichs in Nord-Deutschland, und somit zu seiner absoluten Reichs-Gewalt Preussen s e l b s t als Brücke dienen musste. (Bravo von der Linken.) Bei der Eröffnung der Conferenzen in Kiel legte der österreichische Commissarius die Vollmacht des Pseudo-Bundestages, der preussische eine Vollmacht im Namen seiner Regierung und ihrer Verbündeten vor. Unter letzteren waren die in Frankfurt nicht repräsentirten deutschen Staaten zu verstehen, denn nur durch die Addition dieser beiden StaatenGruppen konnte die Totalität des deutschen Bundes dargestellt werden in dessen Namen und Vollmacht Oesterreich und Preussen laut der olmützer Punctation zu agiren behaupten. Dass Preussen ausdrückliche Vollmachten von seinen Verbündeten erhallen habe, ist schon deswegen zu bezweifeln, weil es sie vorher gar nicht darum angegangen hatte; und ob demnach ihre Zustimmung stillschweigend vorauszusetzen war, gebe ich der Beurtheilung anheim. D a s weiss ich aber, dass von dreien dieser Staaten — und nicht von den unbedeutendsten der entschlafenen Union, — diese Zustimmung n i c h t vorausgesetzt werden konnte; denn, m. H., von diesen drei Staaten lagen protestirende Erklärungen gegen ihre Betheiligung an der sogenannten Pacification der H e r z o g t ü m e r durch den Bund, so wie überhaupt gegen die Behandlung dieser Sache durch den Bund vor. Ohne Zweifel waren diese Proteste der Statthalterschaft bekannt, als der preussische Commissarius wiederholt versicherte, die Vollmachten s e i n e r Verbündeten habe Preussen, w i e

-

32

-

Oeslerreich die der seinigen habe. Was sollte die Stalthalterschaft dazu sagen? Sie sagte nichts, m. H., sie nahm stillschweigend die Vollmachten und Versicherungen des preussischen Commissarius als vollgültig an. Einmal entschlossen, Gewalt für Recht über sich ergehen zu lassen, scheint sie diese Resignation auch auf die Mittel ausgedehnt zu haben, deren man sich bediente, um die Gewalt als Recht erscheinen zu lassen. (Bravo von der Linken.) Sie hoffte vielleicht auch, durch diese Schonung auf der andern Seite einige Schonung für das unglückliche Land zu erwirken. Wie falsch diese auf ein b e s s e r e s Gefühl gestützte Berechnung war, sollte sich bald zeigen. Das Ergebniss d e r Verhandlungen zu Kiel liegt uns zuvörderst in den beiden Proclamationen der Statthalterschaft vor; denn diese Proclamationen sind nicht allein nicht desavouirt, sondern auch v o r ihrer Publication den beiden Bundes-Commissarien mitgetheilt und von ihnen approbirt worden. (Hört, hört! auf der Linken.) Ja! diese waren mit ihrem Inhalte so einverstanden, dass sie dagegen eine Proclamation, welche sie anfangs im Namen des Bundes selbst zu erlassen beabsichtigt hatten, nunmehr zurückzogen. Ich werde mir erlauben, die betreffende Stelle des Protokolls vom 11. Januar, mit der Zustimmung der hohen Kammer, zu verlesen. (Liest:) „Geschehen auf dem Schlosse zu Kiel, den 11. Januar 1851. . ... Zugleich verliest der D e p a r t e m e n t s - C h e f F r a n c k e die Entwürfe einer Proclamation der Statthalterschaft an d a s V o l k und an d i e A r m e e , mit deren In« h a l t e die Herren Commissare s i c h v ö l l i g e i n v e r s t a n d e n e r k l ä r t e n , mit dem Hinzufügen, dass sie sich jetzt die am 6. d. M. übergebene Proclamation zurückerbäten, da dieselbe nunmehr nicht erlassen werden solle". Aus der also autorisirlen Proclamation an die SchleswigHolsteiner ersehen wir nun, dass der deutsche Bund beschlossen hat, den Frieden vom 2. Juli selbst durchzuführen und

-

33

-

dabei die Rechte Holsteins und die altherkömmlich b e r e c h tigten Verhältnisse zwischen Schleswig und Holstein zu wahren. Dasselbe besagt mit Mehrerem das von den BundesCommissarien a c c e p t i r t e Submissions-Schreiben der Statthalterschaft von demselben Datum (11. Januar), welches ich mit Erlaubniss der hohen Kammer die Ehre haben werde, vorzutragen: (Liest:) „Die Statthalterschaft der H e r z o g t ü m e r SchleswigHolstein hat den Inhalt d e r von den Herren Commissären im Auftrage und Namens des deutschen Bund e s übergebenen Mittheilungen einer gewissenhaften Erwägung unterzogen und unterlässt nicht, in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Landesversammlung, in Nachstehendem ihre Entschliessung den Herren Commissären zur Kenntniss zu bringen: Das Recht dieser Lande und ihres Fürsten ward von Dänemark verletzt, von Deutschland anerkannt und mit deutschen Waffen vertheidigt. Der im Namen des deutschen Bundes geschlossene Friedensvertrag vom 2. Juli 1850 wahrte diese Rechte und überliess den H e r z o g t ü m e r n , dieselben durch eigenen Kampf zur Geltung zu bringen. Der Kampf ist bis jetzt fortgeführt; die H e r z o g t ü m e r halten fest und treu an ihrem ungeschmälerten Rechte. Wenn aber nunmehr der deutsche Bund selbst die Durchführung des Friedens übernommen und die Verheissung gegeben hat, die Rechte Holsteins und das altherkömmlich berechtigte Verhältnis zwischen Holstein und Schleswig zu wahren, so hat die Statthalterschaft kein Bedenken tragen können, die Erklärung abzugeben, dass sie die in dem Schreiben vom 6. d. Mts. Namens des deutschen Bundes gestellten und in dem Schreiben vom 7. d. Mts. näher erläuterten Anforderungen zur Ausführung bringen wird. Demgemäss ist heute dem kommandirenden General der Befehl zur sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten gegeben worden. 3

-

34 —

Da die Vollziehung tlcr übrigen Anforderungen von d e m gleichzeitigen Zurückziehen der dänischen Truppen aus S ü d - S c h l e s w i g abhängig sieht die Statthalterschaft näheren

g e m a c h t ist,

in dieser Hinsicht

Benachrichtigung

so

einer

entgegen.

Die R e c h t e d e s Bundeslandes Holstein und seine auf R e c h t und Herkommen

beruhenden

Beziehun-

gen zum H e r z o g t u m S c h l e s w i g haben die Herzogtümer

bisher treu gewahrt.

Die Statthalterschaft stellt diese R e c h t e und die Wohlfahrt des Landes unter den Schutz de§ deutschen

Bundes,

welchem

dagegen

die Pflicht o b -

liegt, dem Bundesgliede, das willig den Anordnungen

der

Gesammtheit

dige Vertretung

d e s Bundes

und Sicherung

folgt, vollstän-

seiner

Rechte

zu

gewähren. Kiel, den 11

Januar

Die Statthalterschaft

1851.

der H e r z o g t ü m e r

Schleswig-

Holstein, (gez.) (gegengez.)

R e v e n 11 o u.

Francke.

Krohn.

R e h h o ff.

Fontenav." Und aus d e r e b e n so genehmigten und autorisirien Proclaniation an

die A r m e e

Commissare

erfahren wir f e r n e r ,

des Bundes

dass,

nachdem

die erwähnte Ausführung des

die Frie-

dens vom 2. Juli und die Wahrung der gedachten R e c h t e und Interessen ü b e r n o m m e n h a b e n , die Feindseligkeiten sind,

die

dunische

Armee sich zurückziehen,

eingestellt

die schleswig-

holsteinische R e n d s b u r g und Friedrichsort nebst den dazu gehörigen R a y o n s b e s e t z e n wird, Eider

zurückgehen und

schaft, j e d o c h den

bis

übrigens aber

bis hinter die

zu zwei Dritttheilen

mit Beibehaltung

der Cadres,

der

Mann-

beurlaubt wer-

wird. Ich e r i n n e r e Sie daran, meine Herren, dass laut d e r ver-

lesenen

Stelle

des

Protokolls

\om

11. J a n u a r

diese

Anord-

nungen als das E n d - R e s u l t a t d e r Conferenzen zu Kiel und der definitive Willens-Ausdruck werden

müssen.

d e s deutschen Rundes

betrachtet



35



Wie sind nun diese Anordnungen u n d Bestimmungen d e s deutschen Bundes ausgeführt w o r d e n und in Erfüllung gegangen? M. H.! Als die Bundes - C o m m i s s a r i e n bestimmten und v e r s p r a c h e n , dass die Feindseligkeiten eingestellt und die beiderseitigen Armeen zurückgezogen w e r d e n sollten, hatten sie nichts weiter versäumt, als sich d e r Zustimmung Dänem a r k s zu versichern, und nichts Anderes vergessen, als dass sie gegen Dänemark nicht mit Gxecution drohen konnten, wie in Holstein, denn Dänemark ist eine Grossmacht für uns, ja mehr als e i n e Grossmacht, die wir seit zwei Jahren daran g e w ö h n t h a b e n , ihren Willen gegen P r e u s s e n und den d e u t schen Bund zu behaupten und durchzusetzen. Der preussische Commissar musstc b e s o n d e r s vergessen h a b e n , dass in Kop e n h a g e n eine energische revolulionaire Gewalt am Ruder ist, mit der man n o c h nicht brechen darf. Die natürliche Folge dieses Versäumens und Vergessens w a r nun die, dass die dänische A r m e e , anstatt sich zurückzuziehen, vorrückte, und dass die dänische Regierung ihre alten Ansprüche auf Rendsburg und Friedrichsort erneuerte. Wie sollte sie auch nicht? Hatte denn die olmützer Punctation diese E i d e r - D ä n e n - P r ä t e n s i o n nicht bereits anerkannt, indem sie das Zurückziehen d e r Truppen hinter die Eider ohne Vorbehalt anordneten und d a d u r c h die Abtretung eines deutschen G e b i e t s t e i l s , die Zerstörung einer Gränzfestung und die Vernichtung eines deutschen Hafens mit einem Fed e r z u g e decretirte? Ein Blick auf die Karte und einiges Eingehen auf die Territorial-Verhältnisse hätten hingereicht, um die Aufstellung dieses gefährlichen Präjudizes zu vermeiden. Die Staatsmänner von Olmütz w ü r d e n d a r a u s ersehen haben, dass die Eider nicht durchaus die Gränze bildet zwischen Schleswig und Holstein, dass diese auf verschiedenen Puncten mehr nördlich liegt; sie würden ferner gelernt h a b e n , dass das Kronwerk von Rendsburg nebst Rayon von j e h e r und bis auf die neuesten Zeiten zum deutschen Gebiete g e r e c h net worden ist. Denn, um n u r Einiges anzuführen: die Bevölkerung zahlte bereits die Steuern an das deutsche Reich, war in der Bundes-Matrikel des deutschen Bundes begriffen 3*

-

36

-

und wählte nach d e m dänischen G e s e t z von 1 8 3 4 zu den holsteinischen. nicht zu den s c h l e s w i g s c h e n Ständen.

Eine fernere

dänische Anerkennung d e r w a h r e n Gränze z w i s c h e n und S c h l e s w i g finden

und

der

deutschen

wir in einen» dänischen

Qualität

des

Holstein

Kronwerks

W e r k e , w e l c h e s als L e h r b u c h

für die m i l i t ä r i s c h e Hochschule in Kopenhagen

dient.

Es ist

von dem Chef d e s G e n e r a l s t a b e s d e r dänischen Armee, Herrn August B a g g e s e n , und enthält folgende h i e r h e r g e h ö r i g e S t e l l e : „Die

Gränze

zwischen

wird gebildet durch den nal und die E i d e r . es

Schleswig

und

Holstein

schleswig-holsteinschen

docli nur im Allgemeinen,

sind Ausnahmen wie

folgt:

2 ) R a n m o r t mit 6 Dörfern, 1

Kadenn

1) O s t e r a d e u. s. w., Meile Areal.

3) Ausser

d e r Altstadt o d e r dem Theil R e n d s b u r g s , w e l c h e r von d e r Eider umflossen werk" der

oder

Festung

wird,

der nördlich zugleich

Stadt Rendsburg zu Herr B a g g e s e n

mit

gehört auch das

„Kron-

d e r Eider b e l e g e n e dem

übrigen

Theile

Theil der

Holstein."

wird jetzt eine v e r b e s s e r t e Ausgabe sei-

nes W e r k e s veranstalten

müssen.

(Heiterkeit auf d e r Linken.) Ich e r l a u b e mir noch

die vielleicht Einige

interessirende

historische Notiz hinzuzufügen, dass die hier b e z e i c h n e t e Gränze die ä l t e s t e wenigen Karl's

von D e u t s c h l a n d w a r und die einzige b i s Tagen

des

noch

bestehende

Gränze

des

vor

Reiches

Grossen.

E b e n so hätten die S t a a t s m ä n n e r von Olmütz sich leicht über

die Verhältnisse von

F r i e d r i c h s o r t unterrichten

können,

w e l c h e s mit dem ganzen S t r a n d e und allen Hoheitsrechten b e reits

im J a h r e

1330

an

Kiel

abgetreten

ward,

und

worauf

eine Servitut der Nichtbefestigung zu Gunsten d e s kieler Hafens ruht; eine Servitut, die nicht geltend g e m a c h t wurde, so lange

und

so oft

die

beiden

Herzogtümer

eng

verbunden

waren, die a b e r w i e d e r aufleben müsste, wenn diese Verbindung

aufhören

und

Dänemark

dadurch

Nachbarn von Deutschland werden soll. Regierung

hätte

man sich

namentlich

zum

unmittelbaren

Von S e i t e n

unserer

erinnern können,

dass

hierauf und auf die Verhältnisse bei R e n d s b u r g sich die preus-

-

37 —

sische Declaration zum Frieden vom 2. Juli 1850 bezieht, welche die gegenseitigen Terrilorialrechte d e r Herzogthümer. abgesehen von der Gränzbestimmung, ausdrücklich vorbehält. Sollte gegen diese Bezugnahmen etwas erinnert w e r d e n , so glaube ich mich deshalb auf das Zeugniss d e s Unterhändlers und Unterzeichners des Friedens vom 2. Juli, so wie d e r Declaration, beziehen zu k ö n n e n , d e r , wenn ich nicht irre, auf seinem Platz in dieser Kammer ist. Vielleicht giebt diese Erörterung der Regierung auch Gelegenheit, uns zu sagen, weshalb die im Art. 5 d e s Friedens vom 2, Juli verheissene Ernennung von Commissarien d e s Bundes und Dänemarks behufs d e r Gränzregulirung zwischen den Herzogthümern immer noch auf sich warten lässt. Der Bericht Ihrer Commission erwähnt zwar auch dieser Verheissung, vergisst a b e r zu b e m e r k e n , d a s s die Commissarien bereits 6 Monate nach Unterzeichnung d e s Friedens ernannt w e r d e n sollten, also schon seit dem 2. Januar d. J. in Ausübungen ihrer Function sein müssten. Soll diese Gränzregulirung vielleicht jetzt den Dänen allein überlassen w e r d e n , unter Zuziehung höchstens der Pacifications-Commissarien? O d e r wäre es nicht den Bestimmungen d e s Friedens vom 2. Juli g e m ä s s e r und zugleich vortheilhafter für Deutschland, wenn d e r Bund eigene Commissarien für diesen Zweck e r n e n n t e ? Ich gestehe wenigstens, dass ich die Ernennung selbst durch den sogenannten Bundestag vorziehen w ü r d e . Es ist ja leider dahin gekommen, dass man für die Herzogthümer und für Deutschland von d e r frankfurter Versammlung noch e h e r etwas zu erwarten hat, als von den beiden deutschen Grossmächten. Denn, m. H„ wir dürfen nicht vergessen und müssen a n e r k e n n e n , dass die im Herbste vorigen Jahres beabsichtigte Beilegung der schleswig-holsteinischen Angelegenheiten durch die frankfurter Versammlung u n e n d l i c h vortheilhafter für Deutschland und die Herzogthümer g e w e s e n w ä r e , als die jetzt beliebte Pacification. Die damals in Frankfurt entworfenen Instructionen gingen e n t s c h i e d e n auf die Räumung S ü d - S c h l e s w i g s durch die Dänen, und von einer Abtretung deutscher Gebietstheile oder Gränzfestungen war natürlich keine Rede. Es ist traurig, zu sehen, und sehmerzlich, a n e r k e n n e n zu m ü s s e n , dass

die b e s s e r e n sammlung

und

38 —

deutscheren

ausgegangen

sind,

Bedingungen an

der

von

Preussen

einer

Ver-

nicht

Theil

nimmt, und d a s s sie erst härter und den deutschen Interessen gefährlich g e w o r d e n sind, lication

hat betheiligen

seit

Preussen

müssen.

sich

bei

der

Soll ich auch noch

nen, dass u n s e r e R e g i e r u n g d e r Statthalterschaft damals gend

abrieth,

einzugehen?

auf diese



billigeren

frankfurter

Es ist nur zu w a h r ,

Paci-

erwähdrin-

Bedingungen

und in den

Herzogthü-

mern weiss man jetzt nur zu gut, w a s d e r Rath einer solchen R e g i e r u n g bedeutet, und was das Vertrauen zu einen) solchen Ministerium für F r ü c h t e

trägt. ( B r a v o links.)

In Olrnütz,

wo P r e u s s e n

mit s i c h s e l b s t

dadurch so e n t s c h i e d e n g e b r o c h e n

brach

und

ward, dass e s die Frlaub-

niss, unter die kaudinischen G a b e l n

d e r Cooperation in Kur-

b e s s e n und Schleswig-Holstein zu gehen, als einen S i e g feiern musste, in Olrnütz halte u n s e r e flüchtige k e i n e Zeit, auf Untersuchungen und Berücksichtigung

wegen

von Verträgen

dort W i c h t i g e r e s zu thun,

als

die

einzugehen. als

gen d i e s e r olmiitzer Fahrlässigkeit h a b e Zwar

gingen

die

Man hatte

Integrität Deutschlands zu

wahren, und G r ö s s e r e s auszuführen, tet.

Diplomatie natürlich

Territorial-Verhaltnisse

Commissarien

Verträge.

Die Fol-

ich b e r e i t s

angedeu-

in Kiel auf die B e m e r -

kungen d e r Statthalterschaft ü b e r die Gefahr e i n e s unbedingten Rückzuges

über

die

Kider

ein und

erbaten

sich

schriftliche

Erklärung ü b e r die Verhältnisse von R e n d s b u r g und Friedrichso r t ; zwar scheint ihnen hieraus eingeleuchtet zu haben, dass d i e s e festen Plätze auch nicht (heilweise und auch nich( provisorisch ü b e r g e b e n

werden dürften: denn die. wie Sie g e s e -

hen haben, von den Commissarien autorisirte Proclamalion an die A r m e e verheisst d i e s e r die B e s e t z u n g von R e n d s b u r g und Friedrichsort.

Aber das konnte sie doch nicht retten.

reich halte einmal seinen

alten

U e b e r g a b e dieser Plätze, durch Instructionen

nach

und

treuen Verbündeten

Mittheilung

Kopenhagen,

zugesagt;

der und

weiss, w a s es will, und e s hält seinen F r e u n d e n ( B r a v o auf d e r W a s konnte

Oesterdie

betreffenden Oesterreich Wort.

Linken.)

es da helfen, w e n n P r e u s s e n

widersprach,



39



und wenn noch kürzlich ein öffentliches Blatt, welches mit dem Ministerium auf dem Fusse einer gewissen Reciprocität der Inspirationen stellt, erklärte: P r e u s s e n habe n i c h t s versprochen, u n d es stehe jetzt bei Preussen, ob das Kronwerk von R e n d s b u r g ü b e r g e b e n w e r d e n solle oder nicht. Es w a r ja v o r h e r z u s e h e n , dass dieser k ü h n e Willensanflug nicht von Dauer sein werde, Es hat daher Niemanden ü b e r rascht, als vor einigen Tagen die Nachricht von der Uebergabe d e s K r o n w e r k e s von Rendsburg, sowie ü b e r den freundlichen Empfang der Dänen durch den österreichischen Generalstab hier einlief. Ihr Commissionsbericht führt nun freilich a u s , dass es sich bei dieser Besetzung nur um eine vorläufige militairische Abgränzung handle, als Basis der künftigen Unterhandlungen; dass sie nicht den Charakter eines Besitzstandes h a b e , nur factischer Natur sei und keine rechtliche Vermuthung b e g r ü n d e und deshalb auch d e r künftigen Festsetzung nicht p r ä j u d i c i r e , dass mithin keine Gefahr für die Integrität des deutschen Bundesgebiets vorhanden sei. Es kann nun wohl nicht e r w a r t e t werden, dass ich auf solche Beruhigungs- u n d Trostgründe ernstlich eingehe. Giebt es noch Menschen, und ich muss es hiernach a n n e h m e n , die trotz Allem, was wir täglich e r l e b e n , einen solchen wahrhaft r ü h r e n d e n Glauben bewahrt haben, (Heiterkeit.) so w ä r e es eine unnütze Grausamkeit, sie darin zu s t ö r e n ; u n n ü t z , weil es doch kaum gelingen würde, solche seltene Gemüther zur gewöhnlichen politischen Anschauung d e r Dinge herabzuziehen. Sollten Andere aber, w a s ich nicht a n n e h m e n darf, sich und Andere mit solchen leidigen Vertröstungen beruhigen, ohne selbst daran zu g l a u b e n , so h a b e ich diesen natürlich gar nichts zu sagen. Es mag also genügen, hier die Ueberzeugung a u s z u s p r e chen, dass d e r deutsche Bund d a s , was er provisorisch a b getreten hat, bei der definitiven Regulirung d e r Gränzverhältnisse e b e n so wenig wiedererhalten wird, als etwa ein s c h w e r Verwundeter, bei der definitiven Regulirung seiner leiblichen Verhältnisse, den Arm oder das Bein wiedererhalten w ü r d e ,

-

40

-

w a s e r s o gut g e w e s e n w ä r e , provisorisch sich a m p u t i r e n zu lassen. ( B r a v o v o n d e r Linken u n d Heilerkeit.) In R e n d s b u r g u n d Friedrichsort w e h t d e r D a n e b r o g , und eine a n d e r e F a h n e w i r d

d o r t nicht w i e d e r a u f g e p f l a n z t w e r -

den, w e n i g s t e n s nicht d u r c h O e s t e r r e i c h u n d P r e u s s e n , d e n n Oesterreich w o l l t e

diesen

festen Platz an D a n e m a r k

abtre-

ten, u n d P r e u s s e n hat e s z w a r nicht m i t g e w o l l t , a b e r gethan.

M. H.! D u r c h

die

l'ebergabe

mit-

d e s K r o n w e r k s und

d e r n ö r d l i c h e n F o r t s ist R e n d s b u r g als F e s t u n g annullirt; wird

von

dort

schiessung

beherrscht

könnte

nicht d r e i Tage halten;

von F r i e d r i c h s o r l wird Grunde

und

gerichtet.

ist

theils

Kiel g e s p e r r t und zu

also eine d e u t s c h e

auf G n a d e

und

und

bei

Griinzfestung

Ungnade

u n d so sind wichtige R e c h t e u n d I n t e r e s s e n , definitiven R e g u l i r u n g g e w a h r t

es Be-

u n d d u r c h die B e s e t z u n g

d e r Hafen von

So

theils ü b e r g e b e n ,

sich bei e i n e r

geliefert,

w e l c h e bis zur

derselben

behauptet

w e r d e n k o n n t e n , s c h o n in v o r a u s h i n g e g e b e n u n d a u f g e o p f e r t worden. D a s ist m e h r als S t r a s s b u r g , ni. H„ S t r a s s b u r g ging wohl a u c h mitten

im

Frieden

verloren,

aber

e s w a r d von einer

Grossmacht überfallen und weggenommen.

Friedrichsort

und

R e n d s b u r g sind g e g e n alle Politik u n d alles Recht, u n d einem von e i n e r G r o s s m a c l i t g a r a n t i r t e n V e r t r a g e z u w i d e r , von zwei deutschen Grossmächten ausgeliefert und hingeworfen worden. (Bravo

links.)

In f r ü h e r e n Zeiten w ü r d e m a n d a s L a n d e s v e r r a t h haben.

genannt

Man n e n n t e s jetzt nicht m e h r so, ( U n r u h e auf d e r

und, was Preussen

Rechten.)

betrifft, allerdings

mit Recht.

Denn die

A b s i c h t liegt freilich nicht v o r ; w a s hilft u n s d a s a b e r , w e n n die h ö c h s t e Indifferenz für v a t e r l a n d i s c h e I n t e r e s s e n u n d die Abhängigkeit

von

fremden,

g e p a a r t mit politischer Kurzsich-

ligkeil u n d d i p l o m a t i s c h e m U n g e s c h i c k , d i e s e l b e n

verderb-

lichen F o l g e n h a b e n , wie sie a b s i c h t l i c h e r Verrath n u r irgend haben

könnte? (Zischen

rechts.)

M. H.! Ich h a b e mich d u r c h die W i c h t i g k e i t d e s G e g e n -

-

41 —

standes u n d d e n Verlauf meiner Rede verleiten lassen, den zweiten Theil meines Antrags zuerst abzuhandeln, welcher darauf ging: wenn d o c h das Herzoglhum Holstein von Bund e s t r u p p e n besetzt w e r d e n sollte, m i n d e s t e n s alsdann die Integrität d e s deutschen Bundes gegen Dänemark zu wahren. W e r hätte um diesen Preis die sonst ungerechtfertigte Besetzung nicht entschuldigt? Man hat dies auch in gewissen Regionen gefühlt und deshalb versucht, d e r Besetzung von Holstein im voraus diese Deutung zu geben. W e r glaubt a b e r noch an den Schutz des deutschen Bundesgebiets, nachd e m R e n d s b u r g und Friedrichsort ausgeliefert sind? W e r wagt noch, auf W a h r u n g deutscher Interessen zu hoffen, sowohl jetzt als künftig, nachdem schon im voraus Alles aus der Hand gegeben w u r d e und für die definitive Regulirung eben so wenig etwas übrig bleiben w i r d , als in K u r h e s s e n ? Wer, wenn er nicht ein vollkommener politischer Neuling und völlig unbekannt mit einer gewissen florentinischen Politik ist, b e rechnet nicht vielmehr mit Besorgniss, d a s s die Oesterreicher, nach ihrer Vereinigung mit den Dänen, eine Armee von 70,000 Mann in u n s e r e m Rücken zur Disposition haben w e r d e n , wenn auch nicht zum S c h l a g e n , denn dazu lassen wir es ja doch nicht k o m m e n , so doch zum nachdrücklicheren S c h r e c k e n und D r o h e n , und s o m i t zur Durchführung alles dessen, w a s sie wollen? Ist nun die Deutung, womit man die Occupation von Holstein durch Bundestruppen entschuldigen wollte u n d könnte, nicht m e h r möglich, so bleibt mir in Bezug auf den ersten Theil meines Antrags nur noch zu zeigen, d a s s d i e s e Massregel den gegebenen Zusicherungen schnurstracks z u w i d e r läuft. Dies ergiebt sich aus den bereits angeführten Protokollen, w e l c h e ü b e r die am 7. und 11. Januar auf dem Schlosse zu Kiel gepflogenen Conferenzen aufgenommen w o r den sind. Die anfangs bezweifelte Authenticität der aus diesen Protokollen von mir vorgelegten Auszüge ist nachher von der Regierung zwar z u g e g e b e n , a b e r dagegen eingewandt w o r d e n , dass diese Urkunden gar nicht den Charakter von Protokollen halten, nur von einem Beamten der Statthalterschaft beglaubigt, von den Bundes-Commissarien gar nicht u n -



42



t e r z e i c h n e t u n d d a h e r n u r als eine einseitige Aufzeichnung d e r Statthalterschaft a n z u s e h e n seien. W e n n d e r Herr R e g i e r u n g s - C o m m i s s a r d i e s e m noch hinzugefügt hat, d a s s die B u n d e s - C o m m i s s a r i e n die s c h r i f t l i c h e Mittheilung d e r g e stellten F r a g e n verlangt h ä t t e n , um s c h r i f t l i c h d a r a u f zu a n t w o r t e n , so zieht d e r Herr Berichterstatter Ihrer C o m m i s sion h i e r a u s die nicht ganz logische F o l g e r u n g , d a s s die B u n d e s - C o m m i s s a r i e n a u s d r ü c k l i c h j e d e r Aufzeichnung ihrer mündlichen A e u s s e r u n g e n die definitive Gellung a b g e s p r o c h e n hätten. Diese m i n d e s t e n s g e w a g t e F o l g e r u n g ist nun factisch vollkommen falsch, u n d d e r H e r r B e r i c h t e r s t a t t e r w ü r d e sich diese unrichtige A n n a h m e e r s p a r t h a b e n , w e n n e r m e h r , als e r nach d e m Berichte es thun zu m ü s s e n g e g l a u b t hat, Gewicht darauf gelegt hätte, o b d i e s e Aufzeichn u n g e n d e n C h a r a k t e r von Protokollen h a b e n o d e r nicht. Die B u n d e s - C o m m i s s a r i e n h a b e n diese Protokolle j e d e n f a l l s v o l l k o m m e n a n e r k a n n t , d e n n sie h a b e n d i e s e U r k u n d e n als Protokolle genehmigt, u n d w e n n sie a u c h ü b e r Einiges s c h r i f t l i c h e Erklärungen verlangten, so ist d o c h nirgend ersichtlich ( a u s s e r in d e m Berichte I h r e r Commission), d a s s sie d e r Aufz e i c h n u n g ihrer m ü n d l i c h e n A e u s s e r u n g e n die b i n d e n d e Geltung a b g e s p r o c h e n hätten. „Aber sie h a b e n doch d i e s e Protokolle nicht u n t e r z e i c h n e t . " M. II.! Ich w u n d e r e mich nicht, d a s s die R e g i e r u n g d i e sen Einwand g e m a c h t h a t . sie ist c o n s é q u e n t , sie bleibt sich gleich; a b e r ich darf mich wohl w u n d e r n u n d m u s s b e d a u e r n , d a s s sich N i e m a n d in Ihrer Commission g e f u n d e n h a t , d e m es eingefallen w ä r e , wie e s d e r Unterzeichnung dieser P r o l o kolle gar nicht b e d u r f t e , um ihnen b i n d e n d e Geltung zu g e b e n . Es w a r e n d o c h R e c h l s g e l e h r t e in d i e s e r Commission u n d n a m e n t l i c h g e h ö r t d e r H e r r Berichterstatter zu d e n R e c h t s g e l e h r t e s t e n — und d i e s e m u s s l e n d o c h d a s gemeine Nun weiss man a b e r , R e c h t und seine F o r m e n k e n n e n . d a s s i) ich d i e s e n F o r m e n Protokolle niemals von d e n P a r t e i e n u n t e r z e i c h n e t w e r d e n , s o n d e r n n u r vom Protokollführer, n a c h d e m e r sie v o r g e l e s e n hat und sie g e n e h m i g t sind. So w i r d es n o c h in e i n e m g r o s s e n Theile D e u t s c h l a n d s g e h a l t e n , n a mentlich in den H a n s e s t ä d t e n und in d e n H e r z o g t ü m e r n . Und so ist es d e n n a u c h b e i d e n C o n f e r e n z e n in Kiel gehalten

— 43

-

w o r d e n , ohne dass constirt, dass die Bundes-Commissarien gegen diese Form protestirl hätten. Die Protokolle sind nach d e m Schluss j e d e r Conferenz verlesen und genehmigt worden, nicht ohne Bemerkungen, Nachträge und Correcturen der Bundes - Commissarien. Sie finden sich am Rande notirt. Nachdem das Protokoll auf diese Weise definitiv festgestellt und geschlossen w o r d e n , hat der Protokollführer im Beisein d e r Bundes-Commissarien sein „Verlesen und Genehmigt, in fidem: Schleiden" daruntergesetzt. M. H.! Das sind die Urkunden, welche die Regierung einseitige Aufzeichnungen nennt, und denen Ihre Commission j e d e bindende Geltung abspricht. So viel, was die F o r i n betrifft. Aber auch aus dem I n h a l t der Protokolle geht hervor, d a s s uns in denselben eine wirkliche C o n v e n t i o n vorliegt. Man hat in Ihrer Commission zwar behauptet, dass die Bundes-Commissarien gar nicht den Auftrag gehabt hätten, eine Convention abzuschliessen, sondern nur zu befehlen, dass die H e r z o g t ü m e r nur zu gehorchen gehabt hätten. Es ist möglich, d a s s diese Idee den Staatsmännern von Olmütz vorgeschwebt hat, doch wie es solchen Vorschwebungen wohl ergeht, hat sie sich als unpractisch erwiesen und in der Ausführung die Sache ganz anders gestaltet. Wenn im Namen des deutschen Bundes auch von den H e r z o g t ü m e r n categorisch die Unterwerfung verlangt wurde, so mussten die Bundes-Commissarien, zur Ausführung dieses Befehles, sich doch an die vorgesetzte Behörde, d. h. an die Statthalterschaft, w e n d e n , und diese musste wieder die Zustimmung und den Beschluss der Landes - Versammlung einholen. Es versteht sich also von selbst, dass die Statthalterschaft mit den Commissarien Verabredung treffen und ein Uebereinkominen schliessen musste, welches sie der Landes-Vertretung vorlegen konnte, um ihren Beschluss hervorzurufen. Denn auf Gnade und Ungnade haben sich die Herzogthümer nicht ü b e r geben. So pflegen dergleichen Dinge nicht zu geschehen und abgemacht zu w e r d e n , vorzüglich in einem Falle, wie hier, wo man noch eine schlagfertige Armee von nahe an 40,000 Mann hinter sich hatte, und wo auf der anderen Seite nur zwei B u n d e s - C o m m i s s a r e gegenüberstanden. Pie. c e Conven-

— 44 — tion, w e l c h e d e r U n t e r w e r f u n g d e r H e r z o g t ü m e r lage u n d zugleich d e r S t a t t h a l t e r s c h a f t u n d d e r

als G r u n d Landes-Ver-

s a m m l u n g als R e c h t f e r t i g u n g ihres A u f g e b e n s d e s W i d e r s t a n d e s dient, d i e s e

so zu S t a n d e

nun in d e m P r o t o k o l l e

g e k o m m e n e Convention liegt u n s

v o m 7. J a n u a r vor.

nach-

Zusicherungen und Ermächtigungen der Bundes-

träglichen Commissarien

(die

mationen

Statthalterschaft

der

nachdem

Und die

Ermächtigung

zu

den

kennen

beiden

wir

Procla-

bereits)

sind,

d i e U n t e r w e r f u n g vollzogen w a r , in d a s P r o t o k o l l

vom 11. J a n u a r n i e d e r g e l e g t w o r d e n . r u n g , e s h a t ja a u c h hierauf legt sie u n d

A b e r , sagt die Regie-

ein S c h r i f t w e c h s e l

stattgefunden,

n a c h ihr Ihre C o m m i s s i o n d e n

und

grössten

Werth, i n d e m darin d a s Alleingeltcnde e n t h a l t e n und dies von d e m in d e m

angeblichen

s c h i e d e n sei. Bedeutung leugnen,

M. H.!

des

Protokoll Enthaltenen

ganz

ver-

Ich bin weit entfernt, die Geltung

Schriftwechsels

ich w ü n s c h t e

neben

vielmehr

nur,

den

und

Protokollen

zu

d a s s Alles, w a s darin

enthalten ist, a u c h zur W a h r h e i t g e w o r d e n w ä r e , z. B. d e r im S c h r e i b e n d e r B u n d e s - C o m m i s s a r i e n v o m (5. J a n u n r

verspro-

c h e n e s t a t u s q u o ante b e l l u m ; o d e r die E r l ä u t e r u n g e n ,

welche

die C o m m i s s a r e in d e m S c h r e i b e n vom 7. g a b e n , w o r a u f sich eine Stelle d e s v e r l e s e n e n S u b m i s s i o n s - S c h r e i b e n s d e r Statthalterschaft bezieht, von d e m

und wonach

gleichzeitigen

sie g e w i s s e A n f o r d e r u n g e n

Zurückziehen

der

dänischen

Armee

aus S ü d - S c h l e s w i g a b h ä n g i " m a c h t e n . Haben

sich

die d ä n i s c h e n T r u p p e n

zurückgezogen,

o d e r i s t d e r Status

Uebergabe

Rendsburg

von

und

quo

aus

Siid-Schleswig

ante

bellum

Friedrichsort

etwa

durch wieder-

hergestellt? Ich k o m m e nun zu d e r A n f r a g e d e r S t a u h a l t e r s c h a f t zu d e r A n t w o r t d e r C o m m i s s a r e , auf w e l c h e , wie ich bemerkt habe,

die R e g i e r u n g

d e m n ä c h s t Ihre C o m m i s s i o n . ich m u s s

den

a l l e n Werth

h a l t e r s c h a f t hat allerdings

bereits

legt

und

D a s k a n n ich n u n n i c h t ,

ein kleines V e r g e s s e n

Beweisstücken

grössten Werth

und

constatiren,

nimmt.

welches

Die A n f r a g e

ihre Richtigkeit

und

denn diesen

der

eben

Stattso

die

darauf ertheilte nicht ganz p a s s e n d e A n t w o r t d e r B u n d c s - C o m missare, dass dem Lande d e r D r u c k

der Execution

er-

— 45 — spart werden

könne;

aber es

ist v e r g e s s e n w o r d e n ,

an-

zuführen, d a s s die Statthalterschaft, die s e h r wohl den Unterschied

kennt zwischen

bei n i c h t Betreff d e s stellte.

Execution und Occupation, sich h i e r -

beruhigte, sondern eine w i e d e r h o l t e Anfrage in Einrückens

Hierauf

der

ist a b e r

Truppen

nun

eben

an

die

die

Commissare

mitgetheilte

d e s Protokolls vom 7. J a n u a r die A n t w o r t

der

Stelle

Commis-

s a r e , e i n e Antwort, die in d e m Protokoll vom 1 1 . noch b e stimmter w i e d e r h o l t

wird —

d e r Herr B e r i c h t e r s t a t t e r legt

einen b e s o n d e r e n W e r t h auf das W o r t „ w i e d e r h o l t , "

des-

halb e r l a u b e ich m i r , e s hier auch zu unterstreichen —

und

das N i c h t - E i n r ü c k e n

der Truppen u n b e d i n g t

zusagt.

Sie s e h e n , m. H., d a s s e s doch von einigem Gewicht ist, ob

gewisse

Aufzeichnungen

den

Charakter

von

Protokollen

haben o d e r nicht, und d a s s man d a h e r nicht wohl thut, ihnen vonvornherein

alle

bindende

Geltung

abzusprechen.

Wenn

hiernach die ganze Argumentation Ihres C o m m i s s i o n s - B e r i c h t s , welche sich auf den Umstand stützt, cution ich

wohl

dass

doch keine

in Holstein eingerückt ist, zu B o d e n fällt, s o kaum

noch

hervorzuheben,

Exe-

brauche

wie d e r B e r i c h t

Ihrer

Commission p r e i s t , dass die eingerückten Truppen Land uDd Volk als b e f r e u n d e t e s selbst vergüten.

behandeln

und ihre

Verpflegungsmittel

Ich h a b e k e i n e U r s a c h e , an d e r guten Manns-

zucht d e r Truppen zu zweifeln, will a b e r b e m e r k e n , dass die Vergütung d e r Verpflegungsmittel

von ö s t e r r e i c h i s c h e r

Seite

in Anweisungen auf die B u n d e s k a s s e geleistet wird. (Heiterkeit links.) Sollte J e m a n d

hier

die

Garantie

für diese B o n s

über-

nehmen o d e r dieses n e u e ö s t e r r e i c h i s c h e Papiergeld für b a a r e Münze a n n e h m e n wollen, s o wird dies für die Betheiligten in den H e r z o g t ü m e r n s e h r erfreulich sein. (Heiterkeit.) W a s endlich die völlige „ E r l e d i g u n g "

betrifft,

welche

die S a c h e dadurch finden soll, dass die Statthalterschaft g e g e n das b e v o r s t e h e n d e

Einrücken

der

clamation erhoben h a t , so d a r f

Bundestruppen

ich hierauf nicht

keine

Re-

antworten;

denn, m. H., wenn ich J e m a n d e n an Händen und F ü s s e n binde und ihm den Mund verstopfe und dann s a g e : w a r u m

wehrst

— 46 — du dich nicht, warum schreist du nicht m e h r ? so ist dies ein Hohn, den ich nicht qualificiren darf. Nach Allem, was ich die Ehre gehabt h a b e , zutragen durch

und auseinanderzusetzen,

nichts gerechtfertigter

o d e r an

Bedingungen,

Zusicherungen vor.

die

Ihnen vor-

liegt nun ein

Bruch erfüllt

der

offenbarer,

unbedingt

worden

sind,

ertheilten geknüpften

O d e r hat etwa J e m a n d die Stirn zu b e -

haupten, dass die Herzogthümer gegen die Anordnungen

des

B u n d e s Widerstand geleistet oder nur den Versuch dazu gemacht halten?

M. H.!

Sie haben

sich

eben

so

edelmüthig

und standhaft in der Unterwerfung gezeigt, als sie sich mulhig und beharrlich

im Widerstande

noch Hoffnung für denselben

bewiesen

haben,

so

lange

war.

( B r a v o links.) Ist nun so auf alle W e i s e constatirt

und b e w i e s e n , dass

man den Herzogthümern das feierlich g e g e b e n e W o r t gehalten h a t , so

müssten

nicht

wir zur Ehre d e r unterhandelnden

Grossmächte annehmen, dass ihre Commissare ihre Instructionen überschritten h a b e n , als sie die Nichtbesetzung von Holstein zusagten.

Für

solche

Fälle

enthalten

bekanntlich

alle

Vollmachten einen Vorbehalt; und ein solcher findet sich auch in

der

Vollmacht

des

preussischen

Commissars.

Dieselbe

sagt, nach Bezeichnung d e s Commissars und seines Auftrages: „ W i r v e r s p r e c h e n , bei U n s e r e m und

zu

Königlichen

das zu

genehmigen

seinen

Instructionen

halten,

wird."

„ S e i n e n Instructionen gemäss, 1 '

gemäss

was

Wort,

Unser

verhandeln das

alles

Commissar

und

zusagen

ist d e r gewöhn-

liche Vorbehalt aller Vollmachten; denn es ist ja denkbar, dass ein Bevollmächtigter seine Instructionen überschreitet.

In die-

s e m Falle genehmigt

L'eber-

die Regierung

nachträglich

die

schreitung, oder sie ratificirt die Ueberschreitung und das danach A b g e s c h l o s s e n e nicht. Im letzteren Falle wird dies officiell erklärt, d e r Bevollmächtigte und die Verhandlungen Neue.

wird

beginnen

desavouirt und durch

abberufen,

einen Anderen

Es giebt kein anderes Mittel fiir eine Regierung,

aufs um

das, was in ihrem Namen versprochen und zugesagt ist, nicht zu halten und anzuerkennen.

Es ist dies

auch

zugleich

das

einzige Verfahren, wobei der politische Charakter des Bevoll-

— •nächtigten bestehen kann. er über

47



Er kann sich geirrt haben, indem

seine Instructionen hinausging und auf nachträgliche

G e n e h m i g u n g derselben hoffte; a b e r er muss diesem lrrthum zum Opfer fallen, wenn nicht seine und s e i n e r Regierung Aufrichtigkeit und Redlichkeit in Zweifel gezogen werden sollen. Dies ist der alte geheiligte, in der Natur

der S a c h e

be-

g r ü n d e t e diplomatische G e b r a u c h und die Regel, ohne w e l c h e j e d e Verhandlung unmöglich sein w ü r d e ; denn eine j e d e hat T r e u e und Glauben bei dem Bevollmächtigten und seiner R e gierung zur unerlässlichen

Voraussetzung.

M. H.! Ich spreche von d i e s e r Observanz aus Erfahrung, a u s e i g e n e r Erfahrung.

Ich bin selbst als Gesandter in d e m

Falle g e w e s e n , meine Instructionen überschreiten zu müssen, weil die Zeit, um n e u e einzuholen, nicht vorhanden war, weil ich

Gefahr

im Verzuge

einsandle, war,

zu

sah; aber

dessen Abschluss

und mit Bedingungen,

indem

ich

einen

Verlrag

ich nicht autorisirt g e w e s e n

auf die

ich nicht instruirt

war,

b a t ich dringend, mich zu dasavouiren und abzuberufen, d i e s e r Vertrag

für das Interesse

des Vaterlandes

und d a h e r unannehmbar gefunden werden sollte. solche

Desavouirung

Einsicht

und Umsicht

hätte

der

Ruf

meiner

bei d e r geführten

wenn

nachtheilig Durch eine

diplomatischen

Verhandlung

leiden

können, mein moralischer guter Ruf wäre a b e r intact geblieben, und das ist das Wichtigste für einen

Staatsmann.

(Bravo links.) Ich w u r d e nicht desavouirt, Verdienst

belohnt,

und der

a b g e s c h l o s s e n hatte, meiner

Vertrag

ratificirt.

Überschreitung

ich wurde belobt und ü b e r

Ohne

würde

ich

w u r d e , so wie ich eine solchc keinen

ihn

Ratification

Augenblick

auf

meinem Posten geblieben sein, denn ich würde geglaubt haben, durch mein Bleiben, ohne Wort hallen zu können, meine und meiner Regierung Ehre zugleich zu vernichten. (Bravo links.) S o ward es früher gehalten, meine Herren.

Nach diesen

Maximen d e r Ehre, der T r e u e und des Glaubens verfuhren v o r dem

bei

uns die Regierung

wetteiferten seiner Diener

sie

gegenseitig,

und den

ihre Bevollmächtigten, guten

dem Auslande g e g e n ü b e r

Ruf P r e u s s e n s

so und

zu erhalten und zu

— 48 — befestigen. Und wie wird es jetzt damit gehalten ? Sie sehen es, m. H., aus dem vorliegenden Beispiel. Ein preussischer General, mit königlicher Vollmacht versehen, ertheilt die b e stimmtesten Zusicherungen im Namen seiner Regierung. Diese Zusicherungen werden später, wenn die öffentlichen Blätter und andere glaubwürdige Nachrichten uns nicht vollkommen gelauscht haben, in Berlin und Dresden bestätigt, und gleich darauf geschieht von alledem, was feierlich versprochen worden ist, das Gegentheil; und Minister und Bevollmächtigter bleiben in ihrer Stellung und Würden — quasi re bene gesta. Sollen denn auf diese W e i s e alle geheiligten allen Grundsätze in Preussen nicht mehr gelten und mit Füssen getreten werden ? Ist das etwa das verkündete Brechen mit der Revolution, wenn man auf diese Weise mit der ganzen rühmlichen Vergangenheit Preussens und zugleich mit aller Moral bricht? (Bravo links.) Sieht man denn nicht ein, dass dadurch die Revolution vielmehr fortgesetzt und gefördert wird, durch ihr schlimmeres Gegenstück, die Contre-Revolution? Und glaubt man denn wirklich, dass ein solches unpreussisches Regiment, ohne Treue und Glauben, ohne Muth und Selbstständigkeit, bestehen kann? W e r das glaubte, der müsste an der Zukunft Preussens verzweifeln! (Bravo links.) Das wollen wir nicht, m. H„ wir wollen noch hoffen, dass in dem preussischen genug

von

dem

Volke und in seiner

alten

preussischen

Vertretung

Geiste,

von

noch

der alten

Rechtlichkeit und Mannhaftigkeit lebt, um nicht dazu zu schweigen, dass einem edlen deutschen Stamme die Treue gebrochen, dass eine deutsche Gränzfestung dem Feinde ausgeliefert wird. M. H.!

Ich habe nichts mehr hinzuzufügen.

Wir haben

unsere Pflicht gethan. indem wir vor einer zwiefachen Gefahr warnten,

Dass es zu spät geworden, um diese Gefahr noch

abzuwenden, fällt nicht u n s zur Last; wir sind nur noch die Stimme eines Rufendon in der Wüste der preussischen Ehre und dar,Allarmschrei äus9erst£n

einer verlorenen Schildwacht auf dem

Vorposten Deutschlands.

Wer

diesen

doppelten



49 —

Mahnruf ü b e r h ö r e n will, d e r thut e s auf seine

Verantwortung

und G e f a h r ! (Lebhaftes Bravo

auf d e r L i n k e n ,

Zischen auf d e r

Rechten.)

Z u s ä t z e . 1. Durch

die,

in

der

Minister - P r ä s i d e n t e n dass

die P r o t o k o l l e

Commissarien n i c h t

hierauf gehaltenen Rede

v. Manteuffel, der

aufgestellte

Statthalterschaft

genehmigt

von

worden

des Herrn Behauptung:

den

Bundes-

seien,

hat d e r

damalige Protokollführer Herr v. S c h l e i d e n sich veranlasst g e sehen, folgendes S c h r e i b e n in öffentliche Blätter e i n r ü c k e n zu lassen: „ D a die B e m e r k u n g d e s Herrn M i n i s t e r - P r ä s i d e n t e n , sowie A e u s s e r u n g e n

d e s Berichterstatters, Abg. Stahl,

d e r Auffassung Raum g e b e n , als o b die von den Herren Bundes-Commissairen

in den Conferenzen vom 7. und

11. Januar abgegebenen

Erklärungen in j e n e n

Proto-

kollen nicht w a h r h e i t s g e m ä s s a u f g e n o m m e n seien,

so

glaubt d e r Unterzeichnete, w e l c h e r j e n e Protokolle g e führt h a t , e s s e i n e r Ehre schuldig zu sein, h i e r d u r c h öffentlich a u s z u s p r e c h e n , dass j e n e Erklärung des Herrn Minister-Präsidenten v. Manteuffel n i c h t

richtig

ist.

Die Protokolle sind nach b e e n d i g t e r Sitzung j e d e s m a l sofort laut v e r l e s e n und, n a c h d e m einzelne A u s d r ü c k e auf Verlangen g e ä n d e r t

worden, von sämmtlichen An-

w e s e n d e n , namentlich auch von den Herren Commissairen schehen,

als richtig

ist auch

in d e r

anerkannt. zu

Bundes-

Dass

dies

ge>-

allen Zeiten

und

J»ei

allen B e h ö r d e n in den H e r z o g t ü m e r n ü b l i c h e s ' W e i s e am

Schlüsse

der

Protokolle

durch

die

„V. G." (d. h. vorgelesen und genehmigt) bemerkt bigt.

Btfcbijffcben ^(fajtfcklich

und mit m e i n e r N a m e n s u n t e r s e i ö i l l b e g l a u -

Demnächst

ist unmittelbar

naebhetp eine '

:4

fide-



50



mirte Abschrift der resp. Protokolle den Herren BundesCommissarien von

offieiell

denselben

mitgetheilt,

nachträglich

ohne

irgend

dass

eine

g e g e n die R i c h t i g k e i t d e r P r o t o k o l l e e r h o b e n Jeder



Zweifel

über

die

Januar

beseitigt,

welches

b e m e r k u n g enthalt, bei Verlesung

worden.

gewissenhafte

t u n g d i e s e r F o r m wird d u r c h

jemals

Einwendung Beobach-

das Protokoll vom

unter Anderm

eine

in w e l c h e r ausführlich ü b e r

des Protokolls

entstandene

11.

Randeine

Discussion

r e f e r i r t wird, und die gleichfalls v o r g e l e s e n , g e n e h m i g t und

beglaubigt

ist.

Dieser Erklärung

habe

ich

nur

n o c h e i n e V e r w a h r u n g g e g e n die s c h o n f r ü h e r g e h ö r t e , in d e r s e l b e n S i t z u n g d e r p r e u s s i s c h e n e r s t e n K a m m e r wiederholte Beschuldigung Herzogthümer Landesherrn

hinzuzufügen,

S c h l e s w i g - Holstein aufgelehnt

hätten.

sich

Nur

als

ob

gegen

die

die ihren

gewissen-

hafte U e b e r z e u g u n g , die R e c h t c d e s L a n d e s und d e s legitimen

Landeshcrrn

gegen

die

Umsturzpläne

des

d ä n i s c h e n Ministeriums zu v e r l h e i d i g e n , hat d e n H e r zogtümern

und

ihrer von D e u t s c h l a n d

eingesetzten

R e g i e r u n g die Kraft v e r l i e h e n , a u c h in s c h w e r e n Zeiten in u n g l e i c h e m

Kample

zeugung

Land

hat

auszuharren;

und

dieselbe

Regierung

nicht

Ueberanstehen

l a s s e n , d i e W a f f e n n i e d e r z u l e g e n , als O e s t e r r e i c h Preusscn

Namens

des

deutschen

Bundes

und

erklärten,

d i e s e R e c h t e im W e g e f r i e d l i c h e r V e r h a n d l u n g e n ,

auf

G r u n d l a g e d e s status a n t e b e l l u m , w a h r e n zu wollen Dresden,

18. F e b r .

1851.

R. S c h l e i d e n

aus

Kiel,

v o r m a l i g e r k ö n i g l i c h d ä n i s c h e r wirkl. J u s t i z r a t h

etc."

2. Nach dem Scbluss der Debatte. Freiherr zuzufügen.

v. A r n i m .

Die B e m e r k u n g e n ,

j e n e r Seite gemacht politischen

Ich h a b e k a u m n o c h E t w a s die

mir

Freunden schon beantwortet

Minister h a b e geantwortet

ich

Nichts

hat.

auf m e i n e R e d e

w o r d e n sind, sind z u m Theil zu

weil

Auf p e r s ö n l i c h e Angriffe

von

von m e i n e n

worden.

erwidern,

hin-

Dem er

zu

mir

Herrn nicht

antworten,

-

51



halte ich nicht Tür würdig. Persönliche Angriffe sind ein u n parlamentarisches Verfahren, d e s s e n ich mich nicht schuldig gemacht habe. Ich h a b e nie den Freiherrn von Manteuffel, sondern nur den Minister-Präsidenten, als Chef des Ministeriums angegriffen. W a s übrigens das Beispiel von d e r l a h m e n Z i e g e betrifft, so e r w a r t e n Sie wohl nicht, d a s s ich darauf eingehe. Ich d e n k e , wir lassen es da hingelegt sein, wo bereits der S c h l a f r o c k und die P a n t o f f e l n liegen. (Bravo von d e r Linken.)

G e d r u c k t bei J u l i u s S i t t e n f e k l

in

Berlin.