Zulässigkeit und Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen [1 ed.] 9783428528608, 9783428128600

Andreas Weng untersucht den neuen rechtlichen Rahmen für grenzüberschreitende Verschmelzungen. Den Schwerpunkt seiner Ar

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German Pages 424 Year 2008

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Zulässigkeit und Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen [1 ed.]
 9783428528608, 9783428128600

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Band 187

Zulässigkeit und Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen Von

Andreas Weng

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ANDREAS WENG

Zulässigkeit und Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dörner Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles

Band 187

Zulässigkeit und Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen

Von

Andreas Weng

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Sommersemester 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 978-3-428-12860-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Sommersemester 2007 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Dissertation angenommen worden. Sie befasst sich mit den aktuellen Änderungen der bei der Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Nachdem bereits die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen in der Vergangenheit stets umstritten, jedenfalls aber ihre rechtssichere Durchführung in der Praxis kaum gewährleistet war, haben die „SEVIC“-Entscheidung des EuGH sowie die Richtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten hier weitreichende Neuerungen gebracht. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der Europäischen Union wird infolgedessen zukünftig als Gestaltungsalternative zu anderen Zusammenschlussformen an Bedeutung gewinnen. Die Umstrukturierung europäischer Konzerne wird voraussichtlich eines ihrer vorrangigen Anwendungsgebiete sein. Die Analyse der „SEVIC“-Entscheidung sowie der in Umsetzung der Richtlinie ergangenen nationalen Vorschriften steht daher im Mittelpunkt der Arbeit. Sie soll darüber hinaus dazu beitragen, eine bisher kaum geführte Diskussion zur Bedeutung der Kapitalverkehrsfreiheit für grenzüberschreitende Verschmelzungen mit Drittstaatengesellschaften anzustoßen. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Ingo Saenger, der seiner Rolle als Doktorvater in vorbildlicher Art und Weise nachgekommen ist. Er ermöglichte mir, das Thema der Dissertation fortzuentwickeln, als der ungewohnte Ehrgeiz des Gesetzgebers zur schnellen Richtlinienumsetzung dies erforderlich machte, und hat so maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Herrn Professor Dr. Matthias Casper gebührt mein Dank für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Christoph Louven, der es mir als wissenschaftlichem Mitarbeiter der internationalen Anwaltssozietät Lovells ermöglichte, an zahlreichen Mandaten zur grenzüberschreitenden Verschmelzung mitzuwirken. Dieser Einblick in die Praxis hat die Arbeit an vielen Stellen bereichert. Herrn Professor Dr. Heinrich Dörner, Herrn Professor Dr. Dirk Ehlers und Frau Professorin Dr. Ursula Nelles danke ich für die Aufnahme dieser

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Vorwort

Arbeit in die Schriftenreihe „Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft“. Dem Freundeskreis Rechtswissenschaft gebührt Dank für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses. Mein größter Dank gilt schließlich meinen Eltern. Ihnen verdanke ich meine Ausbildung. Ihr bedingungsloser Rückhalt gab mir die Möglichkeit zum erfolgreichen Studium und nicht zuletzt zur Promotion. Meiner Freundin Nina danke ich für ihre liebevolle Unterstützung und Geduld. Düsseldorf, im April 2008

Andreas Weng

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand: Zulässigkeit und Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Begriff der „grenzüberschreitenden Verschmelzung“ . . . . . . . . . . . . . . III. Die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung . . . . . . . . . . . IV. Die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung. . . . . . . . . . V. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 32 33 34 35

B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Teil Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“ – Bedeutung für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen? A. Internationales Gesellschaftsrecht, der EuGH und die Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rechtsprechung des EuGH von „Daily Mail“ bis „de Lasteyrie du Saillant“ – Ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konsequenzen für die kollisionsrechtliche Anknüpfung bei Sachverhalten im Geltungsbereich des EG-Vertrages – Stellungnahme. . . . . . . . . . . .

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39 40 48

B. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . II. Konsequenzen für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Ergebnisse des 1. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Teil Die Zulässigkeit von grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach deutschem Recht vor „SEVIC“ und Umsetzung der VRL A. Vereinbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen mit § 1 Abs. 1 UmwG?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsübersicht I.

Verhältnis des § 1 Abs. 1 UmwG zu den Grundsätzen des Internationalen Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 II. Sitzbegriff des § 1 Abs. 1 UmwG: Verwaltungssitz, Satzungssitz oder alternative Sitzanknüpfung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 B. Vereinbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen mit anderen Vorschriften des UmwG (§ 1 Abs. 2, § 3 UmwG)?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 C. Ergebnis des 2. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3. Teil Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen bei Beachtung europarechtlicher Vorgaben A. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung der Niederlassungsfreiheit – Die EU-/EWR-interne Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . II. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit – Die EU-/EWR-interne Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . III. Implikationen für Verschmelzungen unter Beteiligung von nicht in der EU/dem EWR gegründeten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Tabellarische Ergebnisübersichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung. . . . . . . . . . . . I. Vorüberlegung zur Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Regelungssystematik der VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Personaler Anwendungsbereich der VRL und seine nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Ergebnisse des 3. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Ergebnisse zu A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 II. Ergebnisse zu B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 4. Teil Die praktische Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen 197 A. Die grenzüberschreitende Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften nach Umsetzung der VRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Verfahrensablauf aus Sicht der deutschen Gesellschaft im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Hineinverschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahrensunterschiede bei der Hinausverschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsübersicht

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IV. Die unternehmerische Mitbestimmung nach grenzüberschreitenden Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 V. Verfahrenserleichterungen in besonderen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 B. Die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der gemeinsame Verschmelzungsplan und seine Überprüfung . . . . . . . . . II. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsberichts?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gesellschafterversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Spruchverfahren ohne Zustimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtmäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

351 351 352 352 352 353 354

C. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR bei einseitiger Umsetzung der VRL . . . . . . . 354 I. Die Verschmelzung bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist . . . . . . . . . . . . . . 354 II. Die Verschmelzung nach Ablauf der Umsetzungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 D. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften oder zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmung des anwendbaren Rechts – Ausgangslage. . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestimmung des anwendbaren Rechts bei Anwendung der modifizierten Vereinigungstheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konkrete Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

360 361 365 368 368

E. Die grenzüberschreitende Verschmelzung mit Drittstaatengesellschaften 369 5. Teil Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand: Zulässigkeit und Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Begriff der „grenzüberschreitenden Verschmelzung“ . . . . . . . . . . . . . . III. Die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung . . . . . . . . . . . IV. Die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung. . . . . . . . . . V. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Teil Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“ – Bedeutung für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen? A. Internationales Gesellschaftsrecht, der EuGH und die Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rechtsprechung des EuGH von „Daily Mail“ bis „de Lasteyrie du Saillant“ – Ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Daily Mail“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Centros“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Überseering“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. „Inspire Art“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. „de Lasteyrie du Saillant“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konsequenzen für die kollisionsrechtliche Anknüpfung bei Sachverhalten im Geltungsbereich des EG-Vertrages – Stellungnahme. . . . . . . . . . . . 1. Kollisionsrechtlicher Gehalt der Niederlassungsfreiheit? . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . II. Konsequenzen für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Ergebnisse des 1. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Teil Die Zulässigkeit von grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach deutschem Recht vor „SEVIC“ und Umsetzung der VRL

A. Vereinbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen mit § 1 Abs. 1 UmwG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verhältnis des § 1 Abs. 1 UmwG zu den Grundsätzen des Internationalen Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 1 Abs. 1 UmwG als autolimitierende Sachnorm. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 1 Abs. 1 UmwG als spezielle Kollisionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Indifferenz des § 1 Abs. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 1 Abs. 1 UmwG als Verweis auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung des allgemeinen Kollisionsrechts für die einzelnen Ansichten – Rechtsfolgenbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Verwaltungssitze befinden sich in den jeweiligen Gründungsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Verwaltungssitz einer EU-ausländischen Gesellschaft befindet sich in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Verwaltungssitz der deutschen Gesellschaft befindet sich im EU-Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Verwaltungssitze beider Gesellschaften befinden sich jeweils im Gründungsstaat der anderen Gesellschaft. . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Klassische“ Auslegung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzessystematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wille des historischen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Autolimitierende Sachnorm vs. kollisionsrechtliche Eigenständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sitzbegriff des § 1 Abs. 1 UmwG: Verwaltungssitz, Satzungssitz oder alternative Sitzanknüpfung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erste Ansicht: Pro Verwaltungssitz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweite Ansicht: Pro Satzungssitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Alternative Sitzanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Vereinbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen mit anderen Vorschriften des UmwG (§ 1 Abs. 2, § 3 UmwG)?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 C. Ergebnis des 2. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Inhaltsverzeichnis

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3. Teil Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen bei Beachtung europarechtlicher Vorgaben A. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung der Niederlassungsfreiheit – Die EU-/EWR-interne Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . 1. Bisherige Diskussion in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablehnung einer Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sowohl aufnehmende als auch übertragende Gesellschaften sind Berechtigte der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkung des Schutzes der (sekundären) Niederlassungsfreiheit auf die aufnehmende Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Niederlassungsfreiheit der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Gesellschafter als Gründer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Investitionen als Ausübung der Niederlassungsfreiheit . . . . . . 2. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „SEVIC“ . . . . . . . . . a) Entscheidungsinhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung des Urteils für Hineinverschmelzungen . . . . . . . . . bb) Bedeutung des Urteils für Hinausverschmelzungen . . . . . . . . . cc) „SEVIC“ als Abkehr von „Daily Mail“?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Behinderung der Niederlassungsfreiheit und ihre Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 1 Abs. 1 UmwG als Diskriminierung oder Beschränkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zukünftige Rechtfertigungsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ausblick: Die zukünftige Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen im engeren Sinne . . . . . . (a) Zur zukünftigen Differenzierung von Diskriminierungen und Beschränkungen im engeren Sinne . . . . . (b) Beschränkung der Hineinverschmelzung . . . . . . . . . . . (c) Beschränkung der Hinausverschmelzung . . . . . . . . . . . (aa) Gläubigerschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Schutz von Minderheitsgesellschaftern . . . . . . . . (a) Barabfindungsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Spruchverfahren zur Verbesserung der Barabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Arbeitnehmerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Wirksamkeit der Steueraufsicht. . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (4) Sonderfall: Beschränkungen von Verschmelzungen unter Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft mit in Deutschland gelegenem Verwaltungssitz . . . . . . . . . . . . . 3. Abschließende Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Unbestreitbarkeit der Bedeutung der Niederlassungsfreiheit . . b) Kein Schutz des Vorgangs der grenzüberschreitenden Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Freiheitsbetätigung der entstehenden Gesellschaft . . . . . . . . . d) Die Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft . . . . . . . aa) Die Verschmelzung als Sonderfall der Neugründung? . . . . . . . bb) Wirkungen der Gesamtrechtsnachfolge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Verschmelzung als identitätswahrende Rechtsträgertransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sonderfall der Niederlassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Fazit zur Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Niederlassungsfreiheit der übernehmenden Gesellschaft. . . . . . f) Die Niederlassungsfreiheit der EU-Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . II. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit – Die EU-/EWR-interne Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verhältnis der Kapitalverkehrsfreiheit zur Niederlassungsfreiheit a) Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit als Fall einer tatbestandlichen Exklusivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Abgrenzung der Freiheiten als Problem der Rechtfertigung . . c) Vorgehensweise des EuGH. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bedeutung der Kapitalverkehrsfreiheit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die übertragende Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die aufnehmende Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die bei der Verschmelzung zur Neugründung entstehende Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesellschafter mit Einflussnahmemöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gesellschafter ohne Einflussnahmemöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Implikationen für Verschmelzungen unter Beteiligung von nicht in der EU/dem EWR gegründeten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Drittstaatengesellschaft als Verschmelzungspartner . . . . . . . . . . . . . a) Die Hinausverschmelzung aus der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Hineinverschmelzung in die EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschafter aus Dritt- bzw. EU-Staaten mit Einflussnahmemöglichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschafter aus Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesellschafter an einer Drittstaatengesellschaft . . . . . . . . . . . . .

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bb) Gesellschafter an einer EU-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschafter aus EU-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesellschafter aus Dritt- bzw. EU-Staaten ohne Einflussnahmemöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Tabellarische Ergebnisübersichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . I. Vorüberlegung zur Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die grundsätzliche Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers . . . . . . . . 2. Unterschiede zur Bindung der Mitgliedstaaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Regelungssystematik der VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Sitzbegriff der VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die subsidiäre Anwendung nationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einzelverweisungen innerhalb der VRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Generalverweis, Art. 4 Abs. 1 b) VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Personaler Anwendungsbereich der VRL und seine nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die erfassten nationalen Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit der VRL auf die SE? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zum Verhältnis zwischen Richtlinien und Verordnungen . . . . . . . . b) Vereinbarkeit mit der SE-VO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grenzüberschreitende Verschmelzung zur Gründung einer SE (1) Fälle eindeutigen Vorrangs der SE-VO . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „SE-Gründung“ im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme in eine bereits bestehende SE?. . . . . . . . . . . . . . bb) Grenzüberschreitende Verschmelzung zur Gründung nationaler Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Formwechselnde Umwandlungen außerhalb des Art. 66 SE-VO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verschmelzungsmöglichkeiten außerhalb der SE-VO? . . . c) Zulässiger Ausschluss der SE aus dem Anwendungsbereich der VRL? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Art. 1 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verschmelzungen von Gesellschaften gleicher Provenienz zur Neugründung einer ausländischen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verschmelzung zur Neugründung einer Gesellschaft eines dritten EU-Staates. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung . . . . aa) Einheitliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Behandlung als inländischer Vorgang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Das Diskriminierungsverbot des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 a) VRL . . . . . . . 190 3. Die geregelten Verschmelzungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

C. Ergebnisse des 3. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Ergebnisse zu A.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 II. Ergebnisse zu B.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

4. Teil Die praktische Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen 197 A. Die grenzüberschreitende Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften nach Umsetzung der VRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Verfahrensablauf aus Sicht der deutschen Gesellschaft im Überblick II. Die Hineinverschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Erstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans. . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur des Verschmelzungsplans. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Verschmelzungsplan als Organisationsakt . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Bedürfnis zur verbindlichen Absprache . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vorgaben der Richtlinie, Art. 5 VRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die nationale Umsetzung und zusätzliche Anforderungen des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inhalt des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Angabe der Auswirkungen auf die Beschäftigung, § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Angaben zum Verfahren zur Aushandlung der Mitbestimmungsrechte, § 122c Abs. 2 Nr. 10 UmwG. . . . . . . (3) Angaben des zu übertragenden Aktiv- und Passivvermögens, § 122c Abs. 2 Nr. 11 UmwG . . . . . . . . . . . . . . (4) Angabe der Stichtage der Jahresabschlüsse, § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Form des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Richtlinienkonformität der notariellen Beurkundung . . . . . (2) Konsequenzen für die Beurkundung der Satzung . . . . . . . . cc) Verpflichtung zur Zuleitung des Verschmelzungsplans an den Betriebsrat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abstimmungsbedarf in der Praxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sprache des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Doppelbeurkundung vs. Auslandsbeurkundung. . . . . . . . . . . . . . 2. Bekanntmachung des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nationale Umsetzung des Art. 6 VRL – Grundlagen . . . . . . . . . . . . aa) Umsetzung des Art. 6 Abs. 1 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt der Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 198 202 202 202 203 205 206 207 208 210 211 212 213 214 214 215 216 217 217 218 221 221 221 222 222

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3. 4.

5.

6.

c) Verzichtbarkeit der Bekanntmachung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einheitlichkeit der Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Anforderungen des § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG an die Bekanntmachung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Beschränkung auf die eigene Gesellschaft . . . . . . . . . . . bb) Angabe der Rechte von Gläubigern, Anleihegläubigern und Sonderrechtsinhabern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Angabe der Rechte der Minderheitsgesellschafter. . . . . . . . . . . Einleitung des Verfahrens zur Aushandlung der Arbeitnehmermitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichte der Leitungs- oder Verwaltungsorgane. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorgaben der Richtlinie, Art. 7 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nationale Umsetzung und zusätzliche Erfordernisse des deutschen Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Adressaten des Verschmelzungsberichts . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Zugänglichmachen des Verschmelzungsberichts . . . . . . . . (1) Der Begriff des Zugänglichmachens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Mangelnde Richtlinienkonformität des § 122e Satz 2 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Richtlinienkonforme Information der Anteilsinhaber (aa) Richtlinienkonforme Information bei Beteiligung einer AG, SE oder KGaA . . . . . . . . (bb) Richtlinienkonforme Information bei Beteiligung einer GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Richtlinienkonforme Information der Arbeitnehmerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Verzicht auf den Verschmelzungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der gemeinsame Verschmelzungsbericht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Umsetzungsdefizit in Bezug auf Art. 7 Satz 3 VRL? . . . . . . . Prüfung und Berichte unabhängiger Sachverständiger . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorgaben der Richtlinie, Art. 8 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nationale Umsetzung und zusätzliche Erfordernisse des deutschen Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff des Vorliegens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Beurkundung der Verzichtserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die gemeinsame Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung und Durchführung der Gesellschafterversammlungen . . a) Vorgaben der Richtlinie an die Gesellschafterversammlung, Art. 9 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nationale Umsetzung und zusätzliche Anforderungen des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handhabung des § 122g Abs. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausdrücklichkeit der Bestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 223 224 225 225 226 226 227 228 228 229 229 230 230 231 231 231 232 233 234 236 238 239 239 241 242 244 245 247 247 248 248 249

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7. 8.

9. 10.

(a) Erforderlichkeit einer zweiten Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) 1. Gegenvorschlag: Die Ermächtigung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) 2. Gegenvorschlag: Festlegung der Mitbestimmung im Satzungsentwurf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wirkung des Zustimmungsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Mehrheitserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Bestätigung des Mitbestimmungsregimes . . . . . . (b) Die Erklärung des Zustimmungsvorbehalts . . . . . . . . bb) Zusätzliche Anforderungen des nationalen Rechts im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verschmelzung unter Beteiligung von AG, SE oder KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vorbereitung der Hauptversammlung. . . . . . . . . . . . . . (b) Durchführung der Hauptversammlung. . . . . . . . . . . . . (c) Sonderfall des § 76 Abs. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verschmelzung unter Beteiligung einer GmbH. . . . . . . . . Gründungsprüfung und -bericht bei der Verschmelzung zur Neugründung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rechtmäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorgaben der Richtlinie, Artt. 10, 11 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nationale Umsetzung und Anforderungen des deutschen Rechts. aa) Hineinverschmelzung zur Neugründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Prüfungsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Richtlinienkonforme Rechtmäßigkeitsbescheinigung?. . . bb) Hineinverschmelzung zur Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Prüfungsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Richtlinienkonformität der einstufigen Rechtmäßigkeitsprüfung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Problemstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vorlageberechtigung übertragender Gesellschaften? . . . . cc) Inhalt der Rechtmäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Abgrenzung der Prüfungsumfänge im Grundsatz. . . (2) Abgrenzungsprobleme?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragung und Wirksamwerden der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Regelung der Verschmelzungswirkungen im UmwG . . . . . . . b) Konkret anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedeutung von Gründungsmängeln bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anwendbarkeit des § 21 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249 250 252 254 254 254 255 256 256 257 258 259 260 261 262 262 263 263 263 264 265 265 266 266 267 269 270 270 272 274 275 275 276 279 280

Inhaltsverzeichnis

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11. Schutz von (Minderheits-)gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorgaben der Richtlinie, Artt. 4 Abs. 2, 10 Abs. 3 VRL . . . b) Nationale Umsetzung und Anforderungen des deutschen Rechts aa) Hineinverschmelzung zur Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kein spezifischer Schutz der Minderheitsgesellschafter (2) Allgemeiner Gesellschafterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Hineinverschmelzung zur Neugründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Spruchverfahren zur Kontrolle des Umtauschverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bedeutung der Kapitalerhaltungsgrundsätze . . . . . . . (c) Bedeutung des Spruchverfahrens zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses für die Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen . . . . . . (2) Abfindungsangebot der übertragenden Gesellschaft und Spruchverfahren zur Überprüfung und Verbesserung eines Abfindungsangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abstimmungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Schutz der Gesellschafter ausländischer Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Barabfindung und Kontrolle der Barabfindung nach deutschem Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Keine Anwendbarkeit des § 29 UmwG . . . . . . . . . . . (b) Spruchverfahren nach § 34 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verbesserung des Umtauschverhältnisses nach deutschem Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nachgeschalteter Gesellschafterschutz: Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahrensunterschiede bei der Hinausverschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt des Verschmelzungsplans. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bekanntmachung des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Richtlinienkonformität des § 122j UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mangelnde Richtlinienkonformität der §§ 122k Abs. 1 Satz 2, 314a UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendbarkeit des § 23 UmwG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zustimmung der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Schutz der (Minderheits-)gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abfindungsangebot der übertragenden Gesellschaft und Spruchverfahren zur Überprüfung und Verbesserung eines Abfindungsangebots. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Barabfindung als Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile und Bedeutung der Kapitalerhaltungsgrundsätze . . . .

281 281 282 282 283 283 285 285 285 286

287

289 291 292 292 292 294 294 296 298 300 300 302 303 304 308 309 309 310

311 312

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Inhaltsverzeichnis (1) Keine Relevanz nationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendbarkeit ausländischen Rechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inländischer Gerichtsstand des Spruchverfahrens?. . . . . . . . . . . cc) Die Barabfindung als Stolperstein zukünftiger Hinausverschmelzungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses . . . . aa) Anwendbarkeit ausländischen Kapitalerhaltungsrechts . . . . . . . bb) Anwendbarkeit deutschen Rechts, wenn ausländisches Recht Spruchverfahren kennt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nachgeschalteter Gesellschafterschutz: Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fazit zum Gesellschafterschutz und mögliche Verschmelzungsstrategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Rechtmäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Eintragung und Wirksamwerden der Verschmelzung. . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rechtsfolgen der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die unternehmerische Mitbestimmung nach grenzüberschreitenden Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verfahren zur Aushandlung der Mitbestimmung im Überblick . . 2. Das Mitbestimmungsregime – Unterschiede zur Mitbestimmung in der SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendung des Sitzrechts als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Aushandlung der Mitbestimmung als Regel . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die gesetzliche Auffangregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen der Mitbestimmung kraft Gesetzes. . . . . . . . . bb) Umfang und Form der Mitbestimmung kraft Gesetzes. . . . . . . 3. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Verkleinerung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhandlungen bei zuvor nicht bestehender Mitbestimmung?. . . . . c) Vermeidung zukünftiger Mitbestimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Mitbestimmung bei nachfolgenden innerstaatlichen Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Detailkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Richtlinienwidrigkeit des Schutzkonzepts des § 30 MgVG. . . e) Ablegen bestehender Mitbestimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahrenserleichterungen in besonderen Fällen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Up-stream merger einer 100-prozentigen Tochter . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umsetzung des Art. 15 Abs. 1 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des § 62 UmwG?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulässigkeit der Anwendung des § 62 UmwG . . . . . . . . . . . . . . bb) Folgeprobleme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Frist zur Auslegung und Bekanntmachung nach § 62 Abs. 3 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Frist zur Bekanntmachung nach § 122d UmwG . . . . . . . . .

312 313 314 315 317 318 318 319 319 321 322 323 323 325 327 327 328 331 331 333 334 335 337 338 339 339 340 342 345 345 345 346 346 347 348 349

Inhaltsverzeichnis

23

2. Up-stream merger einer mindestens 90-prozentigen Tochter . . . . . . . . 349 3. Der Verzicht auf die Anteilsgewährung, §§ 54 Abs. 1 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 B. Die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der gemeinsame Verschmelzungsplan und seine Überprüfung . . . . . . . . . II. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsberichts?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gesellschafterversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Spruchverfahren ohne Zustimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtmäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

351 351 352 352 352 353 354

C. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR bei einseitiger Umsetzung der VRL . . . . . . . I. Die Verschmelzung bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist . . . . . . . . . . . . . . 1. Lösungsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konkrete Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Verschmelzung nach Ablauf der Umsetzungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . .

354 354 355 356 358 360

D. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften oder zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmung des anwendbaren Rechts – Ausgangslage. . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einheitstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragungs- vs. Aufnahmetheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Moderner Ansatz – Die Vereinigungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die reine Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sog. modifizierte Vereinigungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestimmung des anwendbaren Rechts bei Anwendung der modifizierten Vereinigungstheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Lösungsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konkrete Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

360 361 361 361 362 363 363 364 365 366 366 368 368

E. Die grenzüberschreitende Verschmelzung mit Drittstaatengesellschaften 369 5. Teil Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

370

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. ABlEG ABlEU Abs. AcP a. E. a. F. AG AG AktG Alt. a. M. AnfG Anh AnwBl ArbG Art. Artt. Az. BAG BayObLG BayObLGZ BB BBK BDA BDI Begr. Begr. RegE Beil. Beschl. BetrVG BeurkG BGB

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Amtsgericht Aktiengesellschaft (auch Zeitschr. „Die Aktiengesellschaft“) Aktiengesetz Alternative anderer Meinung Anfechtungsgesetz Anhang Anwaltsblatt Arbeitsgericht Artikel Artikel (Plural) Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Bayrisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayrischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Betriebsberater (Zeitschr.) Betrieb und Rechnungswesen (Zeitschr.) Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Bund der deutschen Industrie Begründung Begründung Regierungsentwurf Beilage Beschluss Betriebsverfassungsgesetz Beurkundungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis BGBl BGH BGHZ BMA BMJ BR BReg BT BT- Drucks. BuW BV BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE CC CGI cic DAV DB ders. d. h. dies. Diss. DNotZ DrittelbG DRiZ DStR DWiR DZWiR eG EG EG EGBGB EGV EGZPO Einl Erg.-Lfg. EU EuGH

Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Sammlung der Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesminister der Justiz Bundesrat Bundesregierung Bundestag Bundestagsdrucksache Betrieb und Wirtschaft (Zeitschr.) Besloten Vernootschap Bundesverfassungsgericht (auch: BVG) Sammlung der Entscheidungen des BVerfG Bundesverwaltungsgericht Sammlung der Entscheidungen des BVerwG Code civil Code général des impoˆts culpa in contrahendo Deutscher Anwaltsverein Der Betrieb (Zeitschr.) derselbe das heißt dieselbe(n) Dissertation Deutsche Notar-Zeitschrift Drittelbeteiligungsgesetz Drucksache Deutsches Steuerrecht (Zeitschr.) Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragene Genossenschaft Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaften EG-Vertrag Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch EG-Vertrag Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung Einleitung Ergänzungslieferung Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

25

26 EuGVÜ

EuGVVO

EuR europ. EUV EuZW EWG EWiR EWR EWS f. ff. FG FGG Fn. FS GBO GbR GenG GG GK GLJ GmbH GmbHG GmbHR GoA GS GVBl GVG GYIL Hdb. HGB h. M. HR Hrsg. HS i. d. F. i. e. IntGesR

Abkürzungsverzeichnis Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europarecht (Zeitschr.) europäische Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschr.) Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschr.) folgende fortfolgende Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote Festschrift Grundbuchordnung Gesellschaft bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Grundgesetz Großkommentar German Law Journal Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH- Rundschau (Zeitschr.) Geschäftsführung ohne Auftrag Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz German Yearbook of International Law Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Handelsregister Herausgeber Halbsatz in der Fassung id est Internationales Gesellschaftsrecht

Abkürzungsverzeichnis IPR IPRax IStR i. V. m. IWB JBl JZ KapErhG KG KGaA KonTraG LG MDR MgVG

MitbestG MittBayNot MittRhNotK MünchKomm. m. w. N. NdsRPfl NJW NJW-RR NotBZ Nr. NZA NZG OGH OHG OLG OLGZ OVG OWiG Plc RabelsZ RdA RegE RG RGZ RIW

27

Internationales Privatrecht Praxis d. Internat. Privat- u. Verfahrensrechts (Zeitschr.) Internationales Steuerrecht in Verbindung mit Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschr.) Justizblatt Juristenzeitung Kapitalerhöhungsgesetz Kammergericht; Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Landgericht Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten Mitbestimmungsgesetz Mitteilungen des Bayrischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Münchener Kommentar zum BGB mit weiteren Nachweisen Niedersächs. Rechtspflege (Zeitschr.) Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zeitschr. für die notarielle Beratungs- u. Beurkundungspraxis Nummer Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberster Gerichtshof Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten public limited company Rabels Zeitschr. für ausländ. und internat. Privatrecht Recht der Arbeit (Zeitschr.) Regierungsentwurf Reichsgericht Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschr.)

28 RL Rn. RR Rs. s. SA SE SEAG SEBG SE-RL SEStEG

SE-VO SGB Slg. sog. s.p.a. StB StGB StuB StuW Syst. Darst. U. u. a. UmwG UmwStG v. VAG vgl. VO VRL VVaG VVG WFBV WiB WM WPg WpHG WpÜG WuB

Abkürzungsverzeichnis Richtlinie Randnummer Rechtsprechungsreport Rechtssache siehe Société anonyme Societas Europaea (Europäische Aktiengesellschaft) Ausführungsgesetz zur SE-VO Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft SE-Richtlinie Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften SE-Verordnung Sozialgesetzbuch Sammlung der Entscheidungen des EuGH sogenannte Società per azioni Der Steuerberater (Zeitschr.) Strafgesetzbuch Steuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft (Zeitschr.) Systematische Darstellung Urteil unter anderem Umwandlungsgesetz Umwandlungsteuergesetz von, vom Gesetz über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen vergleiche Verordnung Richtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Gesetz über den Versicherungsvertrag Wet op de formeel buitenlandse venootschappen Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschr.) Wertpapiermitteilungen (Zeitschr.) Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschr.) Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht

Abkürzungsverzeichnis ZBB ZEuP ZGR ZHR ZInsO ZIP ZPO ZVglRWiss

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Einleitung A. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand: Zulässigkeit und Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen I. Überblick Die grenzüberschreitende Verschmelzung ist seit langem Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion auf europäischer Ebene, aber auch gerade in Deutschland.1 Sowohl ihre generelle Zulässigkeit als auch ihre praktische Durchführbarkeit wurden dabei häufig in Frage gestellt. Mit der „SEVIC“-Entscheidung2 des EuGH sowie der Verabschiedung der Richtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten3 (VRL) wurden nunmehr europarechtliche Fakten geschaffen, die dem Bedürfnis eines zusammenwachsenden Binnenmarktes entsprechend grenzüberschreitende Verschmelzungen innerhalb der EU ermöglichen. Der deutsche Gesetzgeber ist seiner Pflicht zur Umsetzung der VRL mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes4 sowie dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen5 (MgVG) schon frühzeitig vor Ablauf der Umsetzungsfrist Ende 2007 nachgekommen. Zum einen bieten „SEVIC“ und VRL somit Anlass, eine Bestandsaufnahme des europarechtlichen Einflusses auf Zulässigkeit und Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen vorzunehmen. Zum anderen bedürfen die in Umsetzung der VRL vorgenommenen Änderungen des nationalen Rechts einer ersten Erläuterung, um den von 1 Vgl. bereits Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14 ff.; Koppensteiner, Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht (1971), 255 ff., 268 ff.; ders., RabelsZ 1975, 405 ff. 2 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805 ff. 3 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABlEU Nr. L 310 v. 25.11.2005, 1 ff. 4 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19. April 2007, BGBl. I-2007, 542 ff. 5 Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten vom 21. Dezember 2006, BGBl. I-2006, 3332 ff.

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Einleitung

ihnen profitierenden verschmelzungswilligen Gesellschaften Hilfestellung bei Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu geben.

II. Der Begriff der „grenzüberschreitenden Verschmelzung“ Der Terminus „Verschmelzung“ bezeichnet einen Vorgang, durch den eine oder mehrere Gesellschaften6 im Zeitpunkt ihrer Auflösung ohne Abwicklung ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen auf eine bestehende oder eine dadurch gegründete neue Gesellschaft gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften der übernehmenden oder neuen Gesellschaft an die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaften übertragen.7 „Grenzüberschreitend“ ist ein solcher Vorgang, sobald an ihm Gesellschaften unterschiedlicher Personalstatute beteiligt sind.8 Als Formen grenzüberschreitender Verschmelzungen lassen sich Hinein- und Hinausverschmelzungen unterscheiden. Während Hineinverschmelzungen aus der Sicht deutscher Gesellschaften Zusammenschlüsse bezeichnen, bei denen eine oder mehrere ausländische Gesellschaften auf eine oder zu einer deutschen Gesellschaft verschmolzen werden, bezeichnen letztere Fälle, in denen die deutsche Gesellschaft der übertragende und die ausländische der aufnehmende Partner bzw. die als Neugründung aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ist.9 6

Im Gegensatz zu den Richtlinienvorgaben der VRL verwendet das UmwG nicht den Gesellschaftsbegriff, sondern den Begriff des Rechtsträgers, vgl. nur § 1 Abs. 1, §§ 2, 3 Abs. 1, 3, 4 UmwG. Es handelt sich hierbei um einen bloßen Sammelbegriff, der neben Gesellschaften auch natürliche Personen als rechtsfähige Subjekte umfasst, nicht aber die eigenständige Rechtsfähigkeit des „Rechtsträgers“ neben der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft begründen will; vgl. Beuthien/Helios, NZG 2006, 369, 373; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 1 UmwG Rn. 2. Da sich die vorliegende Untersuchung der grenzüberschreitenden Verschmelzung unter Gesellschaften widmet, wird im Folgenden der Begriff der Gesellschaft verwendet soweit nicht die anders lautenden Vorschriften des UmwG zitiert werden. 7 Vgl. § 2 UmwG sowie die ähnlichen, aber auf Aktiengesellschaften bzw. Kapitalgesellschaften zugeschnittenen Definitionen in Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 78/855/ EWG des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (Dritte Richtlinie), abgedruckt ABlEG Nr. L 295 v. 20.10.1978, 36 ff., und Art. 2 Nr. 2 VRL. 8 Die Bezeichnung einer Verschmelzung als „grenzüberschreitend“ ist dabei in der Vergangenheit auf Kritik gestoßen, die zu Recht darauf hinweist, dass eine Grenzüberschreitung in den Fällen nicht vorliegt, in denen die ausländische Gesellschaft ihren Verwaltungssitz schon vor der Verschmelzung statutswahrend ins Inland verlegt hatte, vgl. insbesondere Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 11 ff. Dennoch soll aus Gründen allgemeiner Akzeptanz nachfolgend von der grenzüberschreitenden Verschmelzung die Rede sein. 9 Wenglorz, BB 2004, 1061.

A. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand

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III. Die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung Spätestens nach Inkrafttreten und Umsetzung der Richtlinie betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften10 (Dritte Richtlinie), die für rein innerstaatliche Verschmelzungen von Aktiengesellschaften das Verschmelzungsrecht in den Staaten der damaligen EWG harmonisierte, erschien es lohnenswert, für den Bereich der EWG die Zulässigkeit und Durchführbarkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu diskutieren. In der hierzulande geführten wissenschaftlichen Auseinandersetzung wurde die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung in der Folgezeit zunächst – soweit sie überhaupt angesprochen wurde – mehrheitlich befürwortet11, dann – nach Inkrafttreten des UmwG am 1. Januar 1995 – überwiegend abgelehnt. Der Stimmungsumschwung war dabei bedingt durch die Einführung des § 1 Abs. 1 UmwG, der lediglich die Umwandlungsfähigkeit von Rechtsträgern mit Sitz im Inland vorsah. In jüngster Vergangenheit mehrten sich dann Stimmen, die aus Gründen des Grundfreiheitsschutzes, insbesondere zur Beachtung der Niederlassungsfreiheit der Artt. 43 ff. EG, die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen im Gebiet der EU als europarechtlich geboten ansahen.12 Die „SEVIC“-Entscheidung des EuGH hat diese Ansicht nun zwar bestätigt und das Tor für die Verschmelzung von Gesellschaften unterschiedlicher Provenienz innerhalb der EU weit aufgestoßen. Detailfragen blieben durch den brüsseler Richterspruch jedoch weitgehend unbeantwortet. Unberücksichtigt ließ das Urteil auch die Kapitalverkehrsfreiheit, deren Bedeutung für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen in der bisherigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung kaum erläutert wurde. Dies verwundert, da die Kapitalverkehrs- im Gegensatz zur Niederlassungsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten gewährleistet wird, ihre potentielle Einschlägigkeit im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung dann aber über die Grenzen der EU hinweg Auswirkungen zeitigte. Die Bedeutung der Grundfreiheiten für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Ver10

Richtlinie 78/855/EWG des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABlEG Nr. L 295 v. 20.10.1978, 36 ff. 11 Vgl. Kraft, in: KK-AktG, Band 3 (1985), § 339 Rn. 27; Schilling, in: Großkommentar-AktG, 4. Band (1975), § 339 Anm. 15 sowie die grundlegenden Untersuchungen von Koppensteiner, Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht (1971), 255 ff., 268 ff. und Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14 ff. 12 Statt vieler mehr vgl. nur Wenglorz, BB 2004, 1061, 1063; Beul, IStR 2003, 737 f.; für die Hineinverschmelzung auch Drygala, ZEuP 2004, 337, 353; für die Hineinverschmelzung wohl auch Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 18.

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Einleitung

schmelzungen gilt es daher umfassend zu würdigen. Speziell für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU bedarf es in diesem Zusammenhang zudem einer Erörterung der VRL bzw. ihrer nationalen Umsetzung im UmwG.

IV. Die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung Allein die rechtliche Zulässigkeit eines Vorgangs bestätigt zu wissen, hilft verschmelzungswilligen Gesellschaften freilich solange nicht entscheidend weiter, wie die Durchführung der geplanten Transaktion im Unklaren bleibt, im schlimmsten Fall gar ihre grundsätzliche Durchführbarkeit in Frage gestellt werden muss. Die grenzüberschreitende Verschmelzung begegnet diesbezüglich besonderen Schwierigkeiten, die in der Vergangenheit ursächlich dafür waren, dass nur wenige solcher Vorhaben in enger Absprache mit den verantwortlichen Stellen und Registern der beteiligten Mitgliedstaaten erfolgreich durchgeführt wurden.13 Die Schwierigkeiten liegen darin begründet, dass die Verschmelzung die Beachtung und Koordinierung mindestens zweier nationaler Verschmelzungsrechte erfordert. Welches Recht muss also welche der beteiligten Gesellschaften für die einzelnen Abschnitte des Verschmelzungsprozesses jeweils befolgen? „SEVIC“ schweigt auch hierzu. In der Literatur hatte sich in der Vergangenheit mehr und mehr die sog. modifizierte Vereinigungstheorie als Lösung durchgesetzt, die eine Vorgehensweise anbietet, um den nationalen Rechten zur weitgehenden Anwendung auf die jeweiligen ihnen unterliegenden Gesellschaften zu verhelfen.14 Jedenfalls für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU bietet nun die VRL, genauer die zu ihrer Umsetzung ergangenen nationalen Vorschriften des UmwG und des MgVG, ein harmonisiertes Recht an, das im Regelungsbereich der VRL ein bisher nicht gekanntes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten wird. Bis zur Umsetzung der Richtlinie in den anderen Mitgliedstaaten stellt sich aber auch für Verschmelzungen unter EU-Kapitalgesellschaften weiterhin die Frage der Durchführung. Schließlich bleibt die konkrete Durchführung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Beteiligung von Personengesellschaften im Unklaren. Zum einen – und auch hierzu schweigt „SEVIC“ – bedarf es daher der Klärung, inwieweit nationales Verschmelzungsrecht Vorschriften, etwa sol13 Vgl. die Praxisberichte bei Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2560 ff.; Wenglorz, BB 2004, 1061, 1064 f.; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 649 ff. 14 Siehe ausführlich unter 4. Teil D. I. 2. b).

A. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand

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che zum Schutz der Gläubiger, Gesellschafter oder Arbeitnehmer, vorsehen darf, die die Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung erschweren. Zum anderen steht auf dem Prüfstand, inwieweit die modifizierte Vereinigungstheorie in der Lage ist, eine die Niederlassungsfreiheit berücksichtigende Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen zu gewährleisten.

V. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes Gegenstand der folgenden Untersuchung sind die neueren, europarechtlich bedingten, gesellschaftsrechtlichen Entwicklungen im Bereich der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Die Bedeutung der Grundfreiheiten im Allgemeinen, die Auswirkungen der „SEVIC“-Entscheidung des EuGH im Speziellen, sollen hierbei eingehend beleuchtet werden. Die VRL und die in ihrer Umsetzung ergangenen deutschen Regelungen werden analysiert und erläutert. Für die Durchführung zukünftiger grenzüberschreitender Verschmelzungen liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der Analyse der in Umsetzung der VRL bereits erlassenen §§ 122a ff. UmwG bzw. dem MgVG. Sie regeln aus Sicht des deutschen Rechts die Durchführung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften innerhalb der EU als dem wohl zukünftig am häufigsten anzutreffenden Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Außerhalb des Anwendungsbereichs der VRL beschränkt sich die Untersuchung auf aus eben diesen neuen Entwicklungen zu ziehende Rückschlüsse. Soweit sich die Durchführung solch grenzüberschreitender Verschmelzungen von der bisherigen Rechtslage nicht unterscheidet, kann auf zahlreiche Untersuchungen verwiesen werden, deren Ergebnissen in weitem Umfang auch weiterhin eine hohe Relevanz zukommt.15 Auch auf die Erläuterung von Problemen bei der Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung, die sich identisch bei der innerstaatlichen Verschmelzung auftun, muss an dieser Stelle verzichtet werden, andernfalls die folgende Arbeit 15 Vgl. die allgemeinen Untersuchungen von Sonntag, Zulässigkeit und Auswirkungen grenzüberschreitender Verschmelzungen (2004); Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004); Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001); Bühler, Die grenzüberschreitende Fusion von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (2000); Untersuchungen mit Länderschwerpunkt von Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000); Schädler, Die grenzüberschreitende Realsitzverlegung und sonstige grenzüberschreitende Restrukturierungsformen von Handelsgesellschaften im Verhältnis von Deutschland und Spanien (1999); Tauchert-Nosko, Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften in Deutschland und Frankreich (1999).

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Einleitung

den Umfang eines Handbuches annehmen würde. Eigenständigen Untersuchungen vorbehalten bleiben schließlich die aktuellen steuerrechtlichen Entwicklungen. Dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften16 (SEStEG) wird hierbei zukünftig die Aufgabe zukommen, gesellschaftsrechtliche, grenzüberschreitende Transaktionen, also auch die grenzüberschreitende Verschmelzung, steuerrechtlich zu begleiten.17

B. Gang der Untersuchung Wer die Gegenwart verstehen will, muss die Vergangenheit kennen! Dieser einfache Ausspruch, der in Politik und Geschichte – so oder ähnlich – vielfache Verwendung gefunden hat, kann auch bei der Untersuchung juristischer Fragestellungen nützliche Hilfestellung geben. Recht entwickelt sich mit der Zeit, die Gegenwart findet Antworten auf die Fragen der Vergangenheit. Dies gilt in besonderem Maße für die Thematik der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Auf die Unsicherheiten im Hinblick auf die generelle Zulässigkeit solcher Transaktionen sowie ihre konkrete Durchführbarkeit fanden der EuGH mit „SEVIC“ und der europäische Richtliniengeber mit der VRL auf europäischer Ebene Teilantworten. Die nachfolgende Untersuchung beginnt daher mit einem doppelten Rückblick, indem sie darlegt, welche Bedeutung die Rechtsprechung des EuGH vor der bedeutsamen „SEVIC“-Entscheidung für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen innerhalb der EU hatte (1. Teil) und welchen Standpunkt das bisherige UmwG vor dem Zweiten Gesetz zur Änderung des UmwG hierzu einnahm (2. Teil). Auf dieser Grundlage wird sich die Untersuchung im Anschluss zunächst mit der Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen bei Beachtung primär- und sekundärrechtlicher Vorgaben beschäftigen (3. Teil). Primärrechtlich ist hierbei die Bedeutung der Grundfreiheiten zu würdigen (3. Teil A.). Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung der Niederlassungsfreiheit und hier die Auseinandersetzung mit „SEVIC“ stehen im Vordergrund der Erörterungen. Aber auch die 16 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zu Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2006, BGBl. I-2006, 2782 ff. 17 Vgl. zum SEStEG Winter, Der Konzern 2007, 24, 29 f.; zum Regierungsentwurf des SEStEG Rödder/Schuhmacher, DStR 2006, 1525 ff.; Dötsch/Pung, DB 2006, 2704 ff.; K. Schäfer/Blumenberg, BB-Special 8/2006, 1 f.; Stadler/Elser, BB-Special 8/2006, 18 ff.; Blumenberg/Lechner, BB-Special 8/2006, 25 ff.; Schaflitzl/Widmayer, BB-Special 8/2006, 36 ff.; Benz/Rosenberg, BB-Special 8/2006, 51 ff.; Lausterer, BB-Special 8/2006, 80 ff.; zum Referentenentwurf vom 21.4.2006 Körner, IStR 2006, 469 ff.; Werra/Teiche, DB 2006, 1455 ff.

B. Gang der Untersuchung

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in bisherigen Untersuchungen allenfalls am Rande behandelte Kapitalverkehrsfreiheit soll ausführlich gewürdigt werden. Sekundärrechtlich gilt es, die Bedeutung der VRL für die zukünftige Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen aufzuzeigen (3. Teil B.). Im Anschluss ist die praktische Durchführung der für zulässig erachteten Verschmelzungen darzustellen (4. Teil). Den Schwerpunkt bildet hierbei die Auseinandersetzung mit der VRL und den in ihrer Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber erlassenen Regelungen (4. Teil A., B., C.). Ein kurzer Blick sei zum Abschluss der Frage gewidmet, nach welchen Vorschriften grenzüberschreitende Verschmelzungen zukünftig durchzuführen sind, die nicht in den Anwendungsbereich der VRL fallen, als Ausübung der Niederlassungsund/oder der Kapitalverkehrsfreiheit aber dennoch zuzulassen sind (4. Teil D., E.).

1. Teil

Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“1 – Bedeutung für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen? „Und vor ‚SEVIC‘ war das Nichts?“, müsste die berechtigte Frage lauten, wollte eine Untersuchung zur grenzüberschreitenden Verschmelzung ältere Rechtsprechung des EuGH ausblenden und sich mit der Darstellung des Status quo zufrieden geben. Den Blick in diesem Zusammenhang zunächst auf die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit in Fällen der Verlegung des Verwaltungssitzes sowie der Gründung von Zweigniederlassungen zu richten, erscheint hingegen gleich aus mehreren Gründen geboten. Bereits auf Grundlage dieser Rechtssprechung – insbesondere der Judikate „Überseering“ und „Inspire Art“ – wurde mitunter ein europarechtlicher Zwang zur Zulassung grenzüberschreitender Verschmelzungen angenommen.2 Nur mit ihrer vorangehenden Analyse wird daher die richtige Einordnung der „SEVIC“-Entscheidung gelingen. Aber auch für das Verständnis des bisherigen nationalen Verschmelzungsrechts wird es sich als hilfreich erweisen, die frühere niederlassungsrechtliche Rechtsprechung, insbesondere die aus ihr resultierenden Konsequenzen für die kollisionsrechtliche Anknüpfung des nationalen Internationalen Gesellschaftsrechts bei Sachverhalten im Geltungsbereich des EG-Vertrages zu beleuchten.3 Dass die Auswirkungen dieser EuGH-Rechtsprechung auf nationales Kollisionsrecht, im Ergebnis also die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für selbiges, im Rahmen dieser Untersuchung dabei nicht abschließend dargestellt werden können, mag ein Hinweis auf bereits existierende, sich des Themas annehmende Monographien verdeutlichen.4 1 Das neueste Judikat des EuGH, die Rechtssache „SEVIC“ betrifft einen Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung und wird gesondert unter 3. Teil A. I. 2. untersucht. 2 Wenglorz, BB 2004, 1061, 1063; Beul, IStR 2003, 737 f.; für die Hineinverschmelzung auch Drygala, ZEuP 2004, 337, 353; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 18. 3 Siehe unter 2. Teil A. I. 4 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 402 ff.; Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005); Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit (2005); allgemein zum Verhältnis von

A. Internationales Gesellschaftsrecht

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A. Internationales Gesellschaftsrecht, der EuGH und die Niederlassungsfreiheit Sachverhalte unter Beteiligung von Gesellschaften verschiedener Rechtsordnungen führen zur Frage des auf ein konkretes Problem anwendbaren Rechts. Bei der kollisionsrechtlichen Bestimmung des anwendbaren Gesellschaftsstatuts lassen sich zwei grundsätzliche Ansätze unterscheiden. Nach der Sitztheorie entscheidet der Sitz der tatsächlichen Verwaltung der Gesellschaft darüber, welches nationale Statut Anwendung findet.5 Dies bezeichnet den Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung getroffen und im Rahmen der laufenden Geschäftsführung umgesetzt werden.6 Mit der Sitztheorie soll dem Schutzinteresse des am meisten betroffenen Staates Rechnung getragen werden.7 Der Ansatz beruht somit in erster Linie auf dem Gedanken der Bewahrung der inländischen Regelungen zum Schutz von Arbeitnehmern, Gläubigern und Minderheitengesellschaftern beim Tätigwerden ausländischer Gesellschaften im Inland.8 Die Sitztheorie wird u. a. in Frankreich, Spanien, Polen, der Türkei, Belgien und nicht zuletzt auch in Deutschland9 vertreten.10 Vor allem in den Vereinigten Staaten11, aber etwa auch in England, den Niederlanden, der Gemeinschaftsrecht und Internationalem Privatrecht schon Brödermann, in: Brödermann/Iversen, Europäisches Gemeinschaftsrecht und Internationales Privatrecht (1994), Teil I, 3 ff. 5 Statt vieler vgl. nur G. Hohloch, in: Erman, Band II (2004), Anh II Art 37 EGBGB Rn. 25; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 400 und Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 20. 6 BGHZ 97, 269, 272; Sandrock, FS-Beitzke (1979), 669, 683; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 228; Behrens, ZGR 1994, 1, 6. 7 G. Hohloch, in: Erman, Band II (2004), Anh II Art 37 EGBGB Rn. 23; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 401; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 21, 41, 72. 8 Ebenroth, JZ 1988, 18, 22. 9 Aus der umfangreichen Rechtsprechung vgl. nur RGZ 77, 19, 22; 159, 33, 42, 46; BGHZ 25, 134, 144; 78, 318, 334; 118, 151, 167; 134, 116, 118; OLG Koblenz NZG 2001, 759; OLG Düsseldorf JZ 2000, 203; BayObLGZ 1992, 113, 115; OLG Hamburg NJW 1986, 2199; OLG Frankfurt NJW 1990, 2204; OLG Hamm RIW 1997, 236, 237. Aus der Literatur statt vieler weiterer Heldrich, in: Palandt (2008), Anh zu EGBGB 12 (IPR), Rn. 2; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 400 ff.; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 72 ff.; Mankowski, ZIP 1995, 1006, 1008; Ebenroth/Auer, GmbHR 1994, 16 ff.; Ebke, ZGR 1987, 245, 246, 269. 10 Vgl. m. w. N. zum ausländischen Recht Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 489 f. 11 Scoles/Hay/Borders/Symeonides, Conflict of Laws (2000), 1110 f.; Merkt/ Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht (2006), Rn. 184 ff.

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1. Teil: Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“

Schweiz oder Liechtenstein folgt man hingegen der Gründungstheorie.12 Nach ihr findet das Gesellschaftsstatut des Inkorporationsstaates Anwendung.13 Ein der Gründungstheorie folgender Staat lässt die ausländische Gesellschaft im Inland – im Grundsatz – nach ihrem Gründungsstatut handeln. Der Wettbewerb der Gesellschaftsrechte wird auf diese Weise gefördert.14 Unabhängig von den hinter den Ansätzen stehenden rechtspolitischen Motiven, ihren Stärken und Schwächen, soll im Folgenden die Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung in den wegweisenden Rechtssachen „Daily Mail“, „Centros“, „Überseering“, „Inspire Art“ und „de Lasteyrie du Saillant“ für die auf europäischer Ebene vertretenen kollisionsrechtlichen Konzepte dargestellt werden.15

I. Die Rechtsprechung des EuGH von „Daily Mail“ bis „de Lasteyrie du Saillant“ – Ein Überblick Die Judikate des EuGH zur Niederlassungsfreiheit in Fällen der Sitzverlegung und Gründung von Zweigniederlassungen nehmen ihren Anfang mit der Entscheidung in der Rechtssache „Daily Mail“16 und haben ihr vorläufiges Ende mit der Entscheidung „de Lasteyrie du Saillant“17 gefunden.18 12 Vgl. m. w. N. zum ausländischen Recht Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 487 f. 13 Statt vieler vgl. nur G. Hohloch, in: Erman, Band II (2004), Anh II Art 37 EGBGB Rn. 23; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 339 und Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 18. 14 Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2235 ff. Allgemein zum Wettbewerb der Rechtsordnungen Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 6, 330 ff.; Eidenmüller, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 1 Rn. 10 ff.; Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt (2002), 83 f.; Merkt, RabelsZ 59 (1995), 545 ff. 15 Als weitere Entscheidungen des EuGH zur Niederlassungsfreiheit, die in ihrer Bedeutung aber hinter den hier besprochenen zurückbleiben, sind EuGH, U. v. 22.11.1978, Rs. 33/78 – „Somafer“, Slg. 1978, 2183 ff.; EuGH, U. v. 28.1.1986, Rs. 270/83 – „Kommission/Frankreich“, Slg. 1986, 273 ff.; EuGH, U. v. 10.7.1986, Rs. 79/85 – „Segers“, Slg. 1986, 2375 ff.; EuGH, U. v. 31.3.1993, Rs.C-19/92 – „Kraus“, I-1663 ff.; EuGH, U. v. 15.2.1996, Rs. C-53/95 – „Kemmler“, Slg. 1996, I-703 ff. sowie EuGH, U. v. 15.1.2002, Rs. C-439/99 – „Kommission/Italien“, Slg. 2002, I-305 ff. zu nennen. 16 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483 ff. 17 EuGH, U. v. 11.3.2004, Rs. C-9/02 – „de Lasteyrie du Saillant“, Slg. 2004, I-2431 ff. 18 Eine Fortsetzung der Entscheidungsreihe zeichnet sich jedoch bereits ab. Vgl. das vom ungarischen Regionalgericht Szeged eingeleitete Vorlageverfahren in der Rechtssache „Cartesio“, das erstmals wieder den Wegzug einer Gesellschaft zum

A. Internationales Gesellschaftsrecht

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1. „Daily Mail“19 „Daily Mail“ beschäftigt sich mit der Frage, ob es dem Schutz der Niederlassungsfreiheit unterfällt, wenn eine englische Limited Company ihren steuerrelevanten Geschäftssitz in die Niederlande verlegen will, oder ob es dem englischen Schatzamt freisteht, den Wegzug aus steuerrechtlichen Gründen zu untersagen. Als Kernaussage des Urteils lässt sich festhalten, dass die rechtliche Existenz einer Gesellschaft von den Regelungen ihrer Gründungsrechtsordnung abhängig ist, ihr jenseits dieser Rechtsordnung mithin keine Realität zukommt20 (sog. Geschöpftheorie).21 Beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts komme einer nach dem Recht eines Mitgliedsstaates gegründeten Gesellschaft daher nicht das Recht zu, ihren Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.22 „Daily Mail“ wurde seinerzeit ganz mehrheitlich dahingehend interpretiert, dass mitgliedstaatliches Kollisionsrecht – also auch die in Deutschland Anwendung findende Sitztheorie – nicht am Maßstab der Niederlassungsfreiheit zu messen sei.23 Nur vereinzelt wurde die Grundfreiheitsprüfung noch für erforderlich gehalten.24 2. „Centros“25 Das nächste für die Konkretisierung der Niederlassungsfreiheit bedeutsame Verfahren, die Rechtssache „Centros“, hatte Fragen der sekundären Niederlassungsfreiheit zum Gegenstand. Ein dänisches Ehepaar gründete in England eine Private Limited Company und ließ sie dort unter der Adresse eines Freundes registrieren. Nach Dänemark zurückgekehrt, begehrten sie bei der dänischen ZentralverwalGegenstand hat, ZIP 2006, 1536 sowie Kleinert/Schwarz, GmbHR 2006, R 365 f.; Neye, EWiR Art. 43 EG 1/06, 459 f. 19 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483 ff. 20 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5511, Rn. 19. 21 Zur vorzugswürdigen restriktiven Auslegung dieser sog. „Daily Mail“-Doktrin siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) cc). 22 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5512, Rn. 25. 23 Statt vieler vgl. nur W.-H. Roth, ZGR 2000, 311, 321 f.; Ebke, JZ 1999, 656, 660; Sandrock, BB 1999, 1337, 1338. 24 Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 119 ff., Kruse, Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EG (1997), 227 ff., die die Anwendung der Sitztheorie freilich im Ergebnis für gerechtfertigt erachten. 25 EuGH, U. v. 9.3.1999, Rs. C-212/97 – „Centros“, Slg. 1999, I-1459 ff.

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1. Teil: Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“

tung für Handel und Gesellschaften die Eintragung einer dänischen Zweigniederlassung der Gesellschaft. Dies wurde mit dem Hinweis verweigert, dass nie eine Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich vorgelegen habe, bei alleiniger Tätigkeit in Dänemark aber nicht die Errichtung einer Zweigniederlassung, sondern, unter Umgehung der dänischen Mindestkapitalvorschriften, die Errichtung der Hauptniederlassung begehrt werde. Die Antwort des EuGH war eindeutig. Die Verweigerung der Eintragung einer Zweigniederlassung stellt eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit dar, sobald eine Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat rechtsmäßig gegründet wurde, und zwar auch dann, wenn unter Umgehung strengerer Vorschriften des Staates der Zweigniederlassung im Gründungsstaat keinerlei geschäftliche Tätigkeit stattgefunden hat.26 Das Verhältnis des Urteils zu seinem Vorgänger „Daily Mail“ war lange Zeit umstritten. Unterschiedlichste Erklärungsmodelle wurden entwickelt, um die scheinbar zwischen beiden Urteilen existierende Widersprüchlichkeit aufzulösen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Literatur konstatierte eine Abkehr des EuGH von „Daily Mail“ bei gemeinschaftsweiter Einführung der Gründungstheorie27, und das, obwohl „Daily Mail“ in „Centros“ nicht einmal Erwähnung findet. Andere beschränkten die international-gesellschaftsrechtliche Relevanz der „Centros“-Entscheidung auf den ihr zu Grunde liegenden Sachverhalt der Gründung einer Zweigniederlassung im EU-Ausland und damit auf die Ausübungsformen der sekundären Niederlassungsfreiheit.28 Nach G. H. Roth ließen sich an jeglicher Implikation des Urteils für das maßgebliche Anknüpfungskriterium im Internationalen Gesellschaftsrecht zumindest Zweifel anmelden, sei doch ebenso denkbar, dass „Centros“ nur das Recht auf Geschäftstätigkeit per Zweigniederlassung verankert, ohne dabei eine Aussage über das anzuwendende Gesellschaftsstatut zu machen.29 Andere wiederum schrieben „Centros“ für die der Sitztheorie folgenden Staaten keine Bedeutung zu, da die beteiligten Länder, England und Dänemark, der Gründungstheorie folgten.30 Schließlich wurde vielfach eine Differenzierung zwischen Wegzugsfall („Daily Mail“) und Zuzugsfall 26

EuGH, U. v. 9.3.1999, Rs. C-212/97 – „Centros“, Slg. 1999, I-1459, I-1492 ff., Rn. 21, 27, 35, 39. 27 Sedemund/Hausmann, BB 1999, 810, etwas vorsichtiger freilich dies., a. a. O., 811; Freitag, EuZW 1999, 267, 268 f. 28 Zimmer, ZHR 164 (2000), 23, 33; Leible, NZG 1999, 300, 301; Steindorff, JZ 1999, 1140, 1141; Bungert, DB 1999, 1841, 1843. Bereits auf Grund EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5511, Rn. 17 schien eine solche Differenzierung nahe zu liegen. 29 G. H. Roth, ZIP 1999, 861, 862 f. 30 Hoffmann, ZHR 164 (2000), 43, 49; Ebke, JZ 1999, 656, 660; Sonnenberger/ Großerichter, RIW 1999, 721, 726 f.; Kindler, NJW 1999, 1993, 1996 f.

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(„Centros“) diskutiert, um die vermeintliche Unvereinbarkeit beider Judikate zu widerlegen.31 Der EuGH hat mit seiner Entscheidung in der Rechtssache „Überseering“ letztlich selbst zur Aufklärung beigetragen und die Vertreter einer Differenzierung zwischen Wegzugs- und Zuzugsfall in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. 3. „Überseering“32 Die Überseering BV33, eine nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaft, hatte ihren tatsächlichen Verwaltungssitz durch Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile an zwei in Düsseldorf ansässige deutsche Staatsangehörige nach Düsseldorf verlegt. Beim Versuch, einen deutschen Schuldner zu verklagen, wurde der Überseering BV die Rechtsfähigkeit und damit zugleich die aktive Parteifähigkeit nach § 50 Abs. 1 ZPO versagt. Mit der Beantwortung der vom BGH mit Beschluss vom 30. März 2000 gemäß Art. 234 EG gestellten Vorlagefragen bekennt sich der EuGH zu einer extensiven Geltung der Grundfreiheiten. Er konstatiert, dass die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes in einen anderen EU-Mitgliedstaat unter dem Schutz der gemäß Artt. 43, 48 EG garantierten Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften steht.34 Die Versagung der Rechts- und Parteifähigkeit im Staat des Verwaltungssitzes stellt daher eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit dar.35 Darüber hinausgehend stellt der EuGH fest, dass gerade die Rechts- und Parteifähigkeit zu beachten ist, die einer Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaates zukommt.36 Ein Widerspruch zu „Daily Mail“ wird ausdrücklich verneint. Vielmehr sei zwischen Beschränkungen durch den Zuzugsstaat, die an der Niederlassungsfreiheit zu messen seien, und Beschränkungen durch den Wegzugsstaat, die eben nicht der Niederlassungsfreiheit unterfielen, zu unterscheiden.37 31

Göttsche, DStR 1999, 1403, 1405 f.; Dautzenberg, StuB 1999, 541, 543; wohl auch Meilicke, DB 1999, 627. 32 EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919 ff. 33 BV bedeutet Besloten Vernootschap (zu deutsch: geschlossene Gesellschaft) und ist die niederländische Entsprechung der GmbH. Die BV ist im 2. Buch des Burgerlijk Wetboek, 5. Titel, Artt. 175 ff. geregelt. 34 EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9969, Rn. 76. 35 EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9974, Rn. 93. 36 EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9974, Rn. 95. 37 EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9965 ff., Rn. 62, 66, 71, 73.

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Aus „Überseering“ wurde in der Literatur ganz überwiegend gefolgert, dass die bislang auf Grundlage der Sitztheorie vorgenommene Verwaltungssitzanknüpfung in EU-Zuzugsfällen die Niederlassungsfreiheit verletzt, auf EU-ausländische Gesellschaften mit deutschem Verwaltungssitz daher zukünftig die Gründungstheorie anzuwenden sei.38 Der BGH schloss sich dieser Ansicht mit seiner im Revisionsverfahren der Rechtssache „Überseering“ ergangenen Entscheidung an.39 Demgegenüber wurde und wird von Gegenstimmen teilweise nach wie vor die Beschränkung der „Überseering“-Entscheidung auf die Frage der Rechts- und Parteifähigkeit betont; diese seien zudem vom Zuzugsstaat keinesfalls zwangsläufig durch eine Gründungsanknüpfung zu gewährleisten, sondern könnten im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit auch über eine Anerkennung als deutsche Personengesellschaft gewährleistet werden.40 Wie – diesen Stimmen folgend – Ch. Teichmann jüngst festgestellt hat, soll die Niederlassungsfreiheit nationales Kollisionsrecht daher nur insoweit beschränken, als es die Existenz einer aus dem EU-Ausland zugezogenen Gesellschaft als solche in Frage stellt.41 4. „Inspire Art“42 „Überseering“ folgte „Inspire Art“. Behandelt das Judikat ähnlich der „Centros“-Entscheidung die Begründung einer Zweigniederlassung im Ausland – diesmal die einer englischen Limited Company in den Niederlanden, die de facto die Funktion einer Hauptniederlassung gehabt hätte –, also eine Frage der sekundären Niederlassungsfreiheit, so unterscheiden sich doch die den Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte. Während das dänische Recht die Eintragung der Zweigniederlassung grundsätzlich verweigerte, verband das niederländische Gesetz über formal ausländische Gesellschaften WFBV43 (Wet op de formeel buitenlandse venootschappen) die Eintragung mit speziellen Anforderungen hinsichtlich Publizität, Rech38 Behrens, IPRax 2003, 193, 202 f.; Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2238 f., 2241 f.; im Ergebnis auch Leible/Hoffmann, RIW 2002, 925, 928, die sich aber kritisch zur Reichweite der Entscheidung äußern. 39 Vgl. BGH VII ZR 370/98, ZIP 2003, 718, 720. 40 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), 112; ders., NJW 2003, 1073, 1076 f.; auch noch Zimmer, RabelsZ 67 (2003), 298, 307 f., ders., BB 2003, 1, 3 f., der sich aber mit Inspire Art der herrschenden Lehre angeschlossen hat, vgl. ders., NJW 2003, 3585, 3586 f. 41 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), 413. 42 EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155 ff. 43 Gesetz über formal ausländische Gesellschaften vom 17.12.1997, Staatsblad 1997, Nr. 697.

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nungslegung und Mindestkapital. Der EuGH erkennt hierin Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, die nicht zu rechtfertigen sind.44 Die Entscheidung leistete der sich bereits nach „Überseering“ herausbildenden herrschenden Lehre Vorschub und wurde mehrheitlich als Bestätigung jenes vorangegangenen Urteils aufgefasst, die nun endgültig eine Gründungsanknüpfung in EU-Zuzugsfällen erforderlich mache.45 Auf Grund der hohen Anforderungen an eine Rechtfertigung von Sonderanknüpfungen nach Art. 46 EG, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses oder bei missbräuchlicher oder gar betrügerischer Berufung auf Gemeinschaftsrecht, sei der Staat der Zweigniederlassung nun im Grundsatz verpflichtet, das Gründungsstatut einer Gesellschaft als maßgeblich anzuerkennen.46 Zweifel bleiben, ob dieser Stand der Rechtsprechung zur sekundären Niederlassungsfreiheit eins zu eins auf die primäre Niederlassungsfreiheit übertragbar ist.47 In Anbetracht der Entwicklung der EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit dürften sie freilich unbegründet sein. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der EuGH in „Inspire Art“ keine ausführliche Auseinandersetzung mit „Überseering“ vornimmt. Bei einem Sachverhalt der sekundären Niederlassungsfreiheit lag die vorgenommene48 Auseinandersetzung mit „Centros“ näher. Dass das Judikat auch Bedeutung für die Ausübung der primären Niederlassungsfreiheit hat, macht der EuGH selbst deutlich, wenn er ohne Zögern an einer Stelle49 auf die Grundsätze der „Überseering“-Entscheidung verweist. Dennoch wird auch nach „Inspire Art“ ein Einfluss der Niederlassungsfreiheit auf nationales Kollisionsrecht, der über das Verbot, die Existenz der Gesellschaft in Frage zu stellen, hinausgeht, teilweise abgelehnt.50

44 EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155, I-10236, Rn. 143. 45 Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005), 170 ff., 180; Horn, NJW 2004, 893, 896; Bayer, BB 2004, 1, 4; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1917; Spindler/Berner, RIW 2003, 949, 953. 46 Die konkreten Möglichkeiten zu Sonderanknüpfungen werden in der Literatur ausgiebig diskutiert, sind aber ohne Bedeutung für die vorliegende Untersuchung. 47 Dass solche Zweifel zumindest theoretisch bestehen könnten, deutet auch Zimmer, NJW 2003, 3585, 3587 an. 48 EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155, I-10223 f., Rn. 95 ff. 49 EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155, I-10225, Rn. 103. 50 So Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), 413 f., der zutreffend konstatiert, dass „Inspire Art“ die Fronten in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung kaum mehr verändert hat; Altmeppen, NJW 2004, 97, 98 ff.; Kindler, NZG 2003, 1086, 1089.

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5. „de Lasteyrie du Saillant“51 Beschäftigte sich der EuGH nach „Daily Mail“ im Jahre 1988 ausschließlich mit Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit durch den Zuzugsstaat, so gab das Verfahren „de Lasteyrie du Saillant“ dem Gericht erstmals wieder Gelegenheit, sich mit einem Wegzugshindernis auseinander zu setzen. Herr Hughes de Lasteyrie du Saillant, ein französischer Staatsbürger, verlegte seinen Wohnsitz nach Belgien. Er hielt zu diesem Zeitpunkt 50 % am Kapital einer französischen Gesellschaft. Als wesentliche Beteiligung unterfiel sie damit Art. 167bis Code général des impoˆts (CGI) und löste, da der Wert der Beteiligung im Zeitpunkt des Wegzugs über den ursprünglichen Anschaffungskosten lag, die Festsetzung einer Steuer nach Art. 167bis CGI aus. Ohne die Details der französischen Regelung an dieser Stelle darstellen zu wollen52, ging es damit letztlich um die Frage – so formuliert sinngemäß auch das dem EuGH vorlegende Gericht, der Conseil d’État – ob es mit der in Artt. 43 ff. EG verankerten Niederlassungsfreiheit vereinbar ist, dass ein Mitgliedstaat zur Vorbeugung der Steuerflucht eine Regelung einführt, nach der Wertsteigerungen von gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen bei Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland besteuert werden. Der EuGH macht in seinem Urteil deutlich, dass eine Wegzugsbesteuerung französischer Ausprägung eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit natürlicher Personen darstellt, die nicht zu rechtfertigen ist.53 So eindeutig sich die Rechtslage damit für natürliche Personen darstellt – eine Wegzugsbesteuerung ist nicht verboten, sie muss aber den hohen Rechtfertigungsanforderungen des EG und EuGH genügen – so unterschiedlich wird das Verhältnis des Judikats zur „Daily Mail“-Rechtsprechung und damit seine niederlassungsrechtliche Bedeutung für Gesellschaften beurteilt. Teilweise wird in „de Lasteyrie du Saillant“ eine Abkehr des EuGH von „Daily Mail“ gesehen und diese Bedeutung des Urteils für Gesellschaften hervorgehoben.54 Andere halten eine Wegzugsbesteuerung von Kapitalgesellschaften auf Grund der Gleichstellungsklausel des Art. 48 EG ebenfalls für unzulässig, sehen aber in „de Lasteyrie du Saillant“ nicht eine Abkehr von „Daily Mail“ als vielmehr die konsequente Fortführung der niederlassungsrechtlichen Rechtsprechung des EuGH, die zwischen Zuzugs- und 51 EuGH, U. v. 11.3.2004, Rs. C-9/02 – „de Lasteyrie du Saillant“, Slg. 2004, I-2431 ff. 52 Vgl. hierfür Schindler, IStR 2004, 300, 301. 53 EuGH, U. v. 11.3.2004, Rs. C-9/02 – „de Lasteyrie du Saillant“, Slg. 2004, I-2431, I-2458, Rn. 69. 54 Mankowski, RIW 2004, 481, 484; Campos Nave, NZG 2004, 897, 898; implizit auch Eicker/Schwind, EWS 2004, 186, 189.

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Wegzugskonstellationen unterscheidet und bei Letzterer den Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit lediglich niedriger ansiedelt, jedoch keinesfalls negiert.55 „Daily Mail“ beschränke sich danach von vornherein darauf, dem Gründungsstaat die Untersagung des Wegzugs einer seiner Gesellschaften zu erlauben, ohne jedoch weitere wegzugserschwerende Regelungen – etwa die Wegzugsbesteuerung – generell zu gestatten.56 Schließlich wird in Teilen der Literatur eine Bedeutung des Urteils „de Lasteyrie du Saillant“ für Gesellschaften abgestritten.57 Nur letztgenannte Auffassung vermag zu überzeugen. Sich in Sachen „de Lasteyrie du Saillant“ auf die Gleichstellungsklausel des Art. 48 EG zu berufen, vermag eine Aufhebung der „Daily Mail“-Doktrin nicht zu begründen. Triebel und von Hase58 kann nur darin zugestimmt werden, dass es einer Entscheidung, die natürliche Personen betrifft, solange an einer Übertragbarkeit auf Gesellschaften fehlt, wie eine Abkehr von „Daily Mail“ durch den Gerichtshof nicht vollzogen wurde. Eine solche Rechtssprechungsänderung ist „de Lasteyrie du Saillant“ aber gerade nicht zu entnehmen. Die einzige Bezugnahme des Urteils auf „Daily Mail“ – nicht einmal eine direkte, sondern eine mittelbare über die Rechtssache „Baars“ – bringt lediglich zum Ausdruck, dass sich der Gewährleistungsgehalt der Niederlassungsfreiheit nicht auf das Gebot zur Inländergleichbehandlung beschränkt, sondern darüber hinaus ein Beschränkungsverbot enthält.59 Die „Daily Mail“-Doktrin hingegen, nach der Gesellschaften in ihrer Existenz von der Anerkennung durch ihre Gründungsrechtsordnung abhängig sind60 und infolgedessen Wegzugsbeschränkungen nicht der Niederlassungsfreiheit unterfallen sollen61, bleibt gänzlich unerwähnt und damit auch unangetastet. Von einer Abkehr von „Daily Mail“ kann somit keine Rede sein. Es scheint aber auch verfehlt, „de Lasteyrie du Saillant“ dadurch Bedeutung für Gesellschaften zukommen zu lassen, dass „Daily Mail“ zwar aufrechterhalten, die 55 Weller, DStR 2004, 1218, 1219 f.; i. e. wohl auch Kleinert/Probst, NJW 2004, 2425, 2426; dies., DB 2004, 673, 674; dies., DB 2003, 2217, 2218. 56 Kleinert/Probst, NJW 2004, 2425, 2426; dies., DB 2004, 673, 674. 57 Ringe, GmbHR 2005, 487, 488; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 178 (Fn. 78); Engert, DStR 2004, 664, 668 (Fn. 44); Triebel/von Hase, BB 2003, 2409, 2410. 58 Triebel/von Hase, BB 2003, 2409, 2410. 59 Vgl. den Verweis in EuGH, U. v. 11.3.2004, Rs. C-9/02 – „de Lasteyrie du Saillant“, Slg. 2004, I-2431, I-2452, Rn. 42 über EuGH, U. v. 13.4.2000, Rs. C-251/98 – „Baars“, Slg. 2000, I-2787, I-2817, Rn. 28 auf EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5510, Rn. 16. 60 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5511, Rn. 19. 61 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5512, Rn. 23 f.

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erlaubte Wegzugsbeschränkung jedoch auf den konkreten Fall des Verbots einer Verwaltungssitzverlegung beschränkt wird. Eine stärkere Beschränkung als die eines Verbots ist nicht denkbar. Beschränkungen unterhalb der Verbotsschwelle müssen den Gründungsstaaten dann aber erst recht erlaubt sein. Auch ist jede Wegzugsauflage für den Fall ihrer Nichterfüllung letztlich leicht mit einem Wegzugsverbot oder, andersherum, ein grundsätzliches Verbot mit Freistellungsmöglichkeiten zu verbinden. Soll bei letztgenannter Konstruktion die Unwirksamkeit der Freistellungsmöglichkeiten, bei erstgenannter hingegen die Unwirksamkeit der gesamten Regelung anzunehmen sein? „Daily Mail“ ist jedenfalls keine Differenzierung zwischen absolut wirkendem Wegzugsverbot und sonstigen, die Existenz der konkreten Gesellschaft unberührt lassenden, wegzugsbeschränkenden Auflagen zu entnehmen. Das Urteil deutet vielmehr an, dass beides der Regelungsmacht des Gründungsstaates obliegt, die Niederlassungsfreiheit hingegen nicht berührt.62 Das Urteil „de Lasteyrie du Saillant“ lässt auf Grund der fehlenden direkten Auseinandersetzung mit „Daily Mail“ und damit auch der fehlenden Abkehr von „Daily Mail“ keine andere Deutung als die zu, dass die „Daily Mail“-Rechtsprechung des EuGH nach wie vor Geltung beansprucht.

II. Konsequenzen für die kollisionsrechtliche Anknüpfung bei Sachverhalten im Geltungsbereich des EG-Vertrages – Stellungnahme Die Bedeutung der vorstehend dargestellten EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit für das nationale Gesellschaftskollisionsrecht ist nach wie vor äußerst umstritten.63 Festzustellen ist, dass im Kampf der Meinungen zunehmend eine Seite die Oberhand gewinnt. Die ganz überwiegende Zahl der Autoren spricht sich für den Fall der Verwaltungssitzverlegung einer EU-ausländischen Gesellschaft nach Deutschland für eine weitgehende Beeinflussung des nationalen Kollisionsrechts durch die EuGH-Rechtsprechung mit der zu ziehenden Konsequenz der Anwendbarkeit einer – europarechtlich modifizierten – Gründungstheorie aus.64 Teilweise wird der Nie62

EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5512, Rn. 20, 23 f. 63 Vgl. nur die ausführlichen monographischen Untersuchungen bei Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 402 ff., der zu sehr restriktiven Schlussfolgerungen gelangt, und Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005), der der EuGH-Rechtsprechung weitestgehende Bedeutung für nationales Kollisionsrecht bemisst. 64 Unter ausdrücklicher Verwendung der Begrifflichkeit „europäische Gründungstheorie“ bereits zu „Überseering“ Paefgen, WM 2003, 561, 563 und Leible/Hoffmann, RIW 2002, 925, 934; i. e. auch Sandrock, BB 2004, 897, 899, 901, der von

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derlassungsfreiheit dabei unmittelbar der kollisionsrechtliche Gehalt beigemessen, der EU-weit die zwingende Anwendung der Gründungstheorie erfordert.65 Andere konstatieren zumindest den faktischen Zwang zur Anwendung der Gründungstheorie.66 Klein – wenn auch mit gewichtigen Stimmen67 besetzt – ist hingegen der Kreis derer, die weiterhin auch in Zuzugsfällen für die weitestmögliche Geltung der Sitztheorie eintreten. Die EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit verhalte sich zum nationalen Kollisionsrecht demnach indifferent.68 Nur in dem Umfang, in dem die Sitztheorie zur Anwendbarkeit von die Niederlassungsfreiheit verletzenden sachrechtlichen Vorschriften führt, werde sie aus europarechtlichen Gründen verdrängt.69 Die Bemühungen der Vertreter dieser Auffassung, die Grenzen der Vereinbarkeit nationalen Sachrechts mit der Niederlassungsfreiheit möglichst weit zu ziehen, verwundern dabei nicht.70 Unmittelbar rechtlich oder faktisch erzwungene Anwendung der Gründungstheorie mit Möglichkeiten zu gerechtfertigten Sonderanknüpfungen oder Verdrängung der Sitztheorie ausschließlich dann, wenn sie zur Anwendung von mit der Niederlassungsfreiheit nicht zu vereinbarenden sachrechtlichen Regelungen führt? Von dieser Ausgangsfrage aus betrachtet stellt sich die Diskussion vordergründig als eine in erster Linie dogmatische Auseinandersetzung um den richtigen Anknüpfungspunkt der EuGH-Rechtsprechung im Kollisions- oder im Sachrecht dar. Die Ergebnisse beider Ansätze einer eingeschränkten Gründungstheorie oder Überlagerungstheorie spricht; Behrens, in: GK-GmbHG, Band I (2005), Einl. B. Rn. 28 ff.; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665 und dies., AG 2003, 30, 36, die sich für den Arbeitsbegriff „europarechtlich moderierte Kontrolltheorie“ aussprechen; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 25 und ders., ZIP 2002, 2233, 2241; Bayer, BB 2003, 2357, 2363; Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677, 681 f.; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3591. 65 So vor allem immer wieder Behrens, in: GK-GmbHG, Band I (2005), Einl. B. Rn. 28 ff.; ders., IPRax 2000, 384, 388, ders., IPRax 1999, 323, 329. Aber auch Knobbe-Keuk, ZHR 154 (1990), 325, 342 ff. sowie dies., DB 1990, 2573, 2580, wenn sie die Unvereinbarkeit der Sitztheorie mit der Niederlassungsfreiheit konstatiert. 66 Dies für den „Überseering“-Sachverhalt feststellend Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit (2005), 68; Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2241, der die Frage nach einer Kollisionsnorm in Art. 43 EG offen lässt; Knapp, DNotZ 2003, 85, 91 f. 67 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 413, 424; Altmeppen, NJW 2004, 97 ff.; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 407 ff.; ders., NZG 2003, 1086 ff. 68 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 124; ders., NZG 2003, 1086, 1089. 69 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 406; Altmeppen, NJW 2004, 97, 100. 70 Vgl. nur Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 409 ff.

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könnten denn auch identisch sein, sprächen sich nicht die Vertreter einer europäischen Gründungstheorie zugleich für eine restriktiv zu handhabende Zulässigkeit von Sonderanknüpfungen aus, während – wie bereits erwähnt – die Gegenansicht regelmäßig für die möglichst umfassende Vereinbarkeit nationalen Sachrechts mit der Niederlassungsfreiheit eintritt. Erst dies macht den Disput für die betroffenen Gesellschaften bedeutsam. Ihn zu bewerten, macht es erforderlich, zwei Elemente der Diskussion voneinander abzugrenzen: Den Gehalt der Niederlassungsfreiheit der Art. 43 ff. EG auf der einen und die Rechtsprechung des EuGH auf der anderen Seite. 1. Kollisionsrechtlicher Gehalt der Niederlassungsfreiheit? Die Grundfreiheiten und damit auch die Niederlassungsfreiheit dienen dem Ziel der Herstellung eines gemeinsamen Binnenmarktes.71 Sie bilden den Maßstab zur Feststellung, ob nationales Recht den Binnenmarkt in ausreichender Weise gewährleistet. Sollte nationales Recht dieser Überprüfung nicht standhalten, untersagt die jeweils verletzte Grundfreiheit seine Anwendbarkeit, ohne selber Ersatznormen bereitzustellen.72 Dem entspricht die übliche Vorgehensweise des EuGH, dessen Aufgabe sich auf die Auslegung des EG-Vertrages beschränkt, ohne – jedenfalls normalerweise73 – weitergehende Vorgaben an das nationale Recht zu machen.74 Der Niederlassungsfreiheit eine Kollisionsnorm zu entnehmen, die die Mitgliedstaaten unmittelbar zur Gründungsanknüpfung im Internationalen Gesellschaftsrecht verpflichtet, kann vor diesem Hintergrund nicht überzeugen.75 Die Grundfreiheiten bleiben auf das Ziel des Binnenmarktes konzentriert, schreiben den Nationalstaaten die Wege zur Erreichung dieses Ziels aber grundsätzlich nicht vor.76

71 Vgl. Art. 14 Abs. 1, 2 EG. Aus der Literatur statt vieler nur Leible, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 14 EGV Rn. 16; Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 14 EGV Rn. 8. 72 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 415. 73 Eine Ausnahme stellt hier gerade die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage in der Entscheidung „Überseering“ dar. Dazu, dass der Antwort durchaus klarstellende Funktion zukommt, siehe unter 1. Teil A. II. 2. 74 Vgl. Haratsch/König/Pechstein, Europarecht (2006), Rn. 505; Bochert, Grundlagen der EU (2002), Rn. 489 ff. 75 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 415 ff., 419; Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005), 79 ff., 83. 76 Eine faktische positiv-rechtliche Vorgabe der Grundfreiheiten kann sich aber dann ergeben, wenn allein die Beachtung einer speziellen Norm ein grundfreiheitskonformes Ergebnis gewährleistet, vgl. unter 1. Teil A. II. 2.

A. Internationales Gesellschaftsrecht

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2. Auswirkungen der Rechtsprechung Den Vertretern der sachrechtlichen Anknüpfung der EuGH-Rechtsprechung ist zuzugestehen, dass das Gericht in seinen Entscheidungen sachrechtliche Fragestellungen zu beantworten hatte, die kollisionsrechtliche Anknüpfung hingegen kein Gegenstand der Verfahren war. Dies wird aber auch innerhalb der herrschenden Lehre ganz überwiegend nicht bestritten.77 Im Grundsatz herrscht zudem unabhängig der sonstigen Positionierung mittlerweile Einigkeit, dass nicht nur Sachrecht, sondern eben auch Kollisionsrecht, der Überprüfung am Maßstab der Grundfreiheiten nicht entzogen ist.78 Der Disput spitzt sich daher heute in der Frage zu, inwieweit mit der Niederlassungsfreiheit konforme Ergebnisse allein durch eine Anknüpfung am Gründungsrecht zu erzielen sind. Der EuGH gibt einen Hinweis zu ihrer Beantwortung, wenn er in „Überseering“ ausführt, dass gerade die Rechts- und Parteifähigkeit zu beachten ist, die einer Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaates zukommt.79 Der Aussage ist ihre kollisionsrechtliche Bedeutung nicht abzusprechen.80 Vereinzelt vorgenommene Versuche, die kollisionsrechtliche Tragweite mit Hinweis auf die Formulierung des Urteils zu leugnen81, überzeugen nicht. Denn auch wenn der EuGH a. a. O. nicht der zweiten Vorlagefrage entsprechend die Beurteilung der Rechts- und Parteifähigkeit nach dem Recht des Gründungsstaates, sondern nur die Beachtung derselben fordert, spricht der Entscheidungswortlaut doch dafür, dass nicht irgendeine abstrakte Rechts- und Parteifähigkeit, sondern gerade die im Gründungsstaat erlangte zu achten ist. Freilich war weder die Vorlage an sich, noch die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage nötig, um der Überseering B.V. die Rechts- und Parteifähigkeit in Deutschland zu sichern.82 Ihre Behandlung als GbR oder OHG wäre auf Grundlage der damals neues77 In diesem Sinne zu „Centros“ etwa Hoffmann, NZG 1999, 1077, 1083; Ebke, JZ 1999, 656, 658, 660. Zu „Überseering“ etwa Wagner, GmbHR 2003, 684, 685. Insgesamt in diesem Sinne auch Martin-Ehlers, in: Sandrock/Wetzler (Hrsg.), Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb der Rechtsordnungen (2004), 1, 13. 78 Vgl. stellvertretend für die sich gegenüberstehenden Lager nur Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 418 und Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005), 84. So bereits früh W.-H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623, 660, 671. 79 EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9974, Rn. 95. 80 Vgl. statt vieler mehr nur Sonnenberger, in: MünchKomm. zum BGB – IPR (2006), Einl. IPR Rn. 162; Großfeld, RIW 2002, „Die erste Seite“ zu Heft 12.; Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2238 f.; Leible/Hoffmann, RIW 2002, 925, 928 f. 81 So Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 413, Kindler, NJW 2003, 1073, 1077. 82 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 107; Leible/Hoffmann, RIW 2002, 925, 928.

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1. Teil: Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“

ten BGH-Rechtsprechung83 zulässig, die Rechts- und Parteifähigkeit gesichert gewesen. Schon Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer schlug daher vor, die zweite Vorlagefrage nicht zu beantworten.84 Und dennoch, die kollisionsrechtliche Tragweite der Aussage des EuGH ist nicht aus der Welt zu schaffen. Sie stellt sich in der Gesamtschau von „Überseering“ und „Inspire Art“ als eine frühzeitige Klarstellung dar, um der Fehlvorstellung vorzubeugen, nationales Kollisionsrecht bliebe von der Niederlassungsfreiheit unberührt. Der EuGH sieht in „Inspire Art“ spezielle Anforderungen an ausländische Gesellschaften hinsichtlich Publizität, Rechnungslegung und Mindestkapital als nicht zu rechtfertigende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit an.85 Die Rechts- und Parteifähigkeit durch einen Statutenwechsel zu gewährleisten und damit die Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Inland vollständig dem innerstaatlichen Personalstatut zu unterstellen, würde dem jedenfalls nicht gerecht. Die Artt. 43, 48 EG gewährleisten die Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften. Diese definieren sich über ihr Gesellschaftsstatut. Wer fordert, die Rechts- und Parteifähigkeit EU-ausländischer Gesellschaften im Inland als GbR bzw. OHG sicherzustellen, und auch für andere Elemente des Gesellschaftsstatus die weitgehende Verwaltungssitzanknüpfung für zulässig erachtet86, läuft Gefahr, die für Gesellschaften gewährleistete Niederlassungsfreiheit zur Freiheit eines gedachten, der Gesellschaft übergeordneten Rechtsträgers zu degradieren.87 Dass die Niederlassungsfreiheit Gesellschaften zukommt, legt vielmehr den Schluss nahe, dass die im Gesellschaftsstatut zum Ausdruck kommende Identität88 einer Gesellschaft bei Ausübungen der Niederlassungsfreiheit – von zu rechtfertigenden Sonderanknüpfungen abgesehen – von der fremden Rechtsordnung zu akzeptieren ist. Einer solchen Interpretation steht schließlich auch der BGH seit seiner abschließenden Entscheidung der Rechtssache „Überseering“ nahe.89 83

BGHZ 151, 204. Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9940 f., Rn. 64 ff. 85 EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155, I-10236, Rn. 143. 86 In diese Richtung gehen die Ausführungen von Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 7, 413, Kindler, NJW 2003, 1073, 1076 ff. 87 Vgl. zur hier für vorzugswürdig erachteten Bedeutung des Begriffs des Rechtsträgers in Fn. 6. 88 Vgl. Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005), 164, 197. 89 Vgl. BGHZ 154, 185, 190; auch im Verhältnis zu US-Gesellschaften durch die Delaware-Entscheidung bestätigt, BGH, NJW-RR 2004, 1618. Die instanzgerichtlich Rechtsprechung leisten dieser Auffassung seither ganz überwiegend Folge, vgl. OLG Celle, IPRax 2003, 245; OLG Zweibrücken, BB 2003, 864; a. A. OLG Düsseldorf, DB 2004, 128, 129. 84

B. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts

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Zusammenfassend sei daher folgender Standpunkt als vorzugswürdig erachtet: Es erscheint kaum sinnvoll, in Fällen der Verlegung des Verwaltungssitzes einer EU-ausländischen Gesellschaft ins Inland weiterhin an einer Sitztheorie festhalten zu wollen, die nur noch in Ausnahmefällen Sachrecht zur Anwendung bringt, das nicht gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Von der Anwendbarkeit einer Gründungstheorie auszugehen, die in Einzelfällen gerechtfertigten Sonderanknüpfungen an den Sitz der tatsächlichen Verwaltung einer Gesellschaft offen steht, erscheint als die konsequentere Deutung einer EuGH-Rechtsprechung, die in Übereinstimmung mit der Gesellschaften zukommenden Niederlassungsfreiheit im Grundsatz dem gesamten Personalstatut des Gründungsstaates einer EU-ausländischen Gesellschaft zur Anwendung verhilft. Wie weitgehend die Niederlassungsfreiheit Sonderanknüpfungen offen steht, bedarf einer im Rahmen dieser Untersuchung letztlich nicht zu leistenden Analyse90, die sich im Folgenden auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung der Umwandlungsfähigkeit konzentrieren kann.

B. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen I. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts Im Regelungsbereich des Gesellschaftsstatuts liegen grundsätzlich alle gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse.91 Das Statut bestimmt, unter welchen Voraussetzungen die juristische Person entsteht, lebt und vergeht.92 Die Umwandlungsfähigkeit stellt sich als gesellschaftsrechtliches Verhältnis in diesem Sinne dar. Die Möglichkeiten einer Gesellschaft zur Umwandlung, insbesondere auch zur Verschmelzung, betreffen Fragen der Gesellschaftsexistenz. Die Umwandlungsfähigkeit wird aus diesen Gründen allgemein als Bestandteil des Gesellschaftsstatuts betrachtet.93 Selbst Gegner einer euro90 Vgl. hierzu etwa Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften (2006), Dritter Abschnitt; Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfungen unter der Gründungstheorie (2005); Ungan, ZVglRWiss 104 (2005), 355 ff.; Sandrock, ZVglRWiss 102 (2003), 447, 469 ff. sowie die einzelnen Beiträge bei Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland (2005). 91 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 520; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 249; Beitzke, ZHR 127 (1965), 14, 10. 92 BGHZ 25, 134, 144; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 17. 93 Vgl. nur Kusserow/Prüm, WM 2005, 633, 634 f.; G. Hohloch, in: Erman, Band II (2004), Vor Art 38 EGBGB Rn. 39; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR

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1. Teil: Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“

päischen Gründungstheorie erkennen an, dass sich die Umwandlungsfähigkeit, als eine Handlungsoption, die auf das Engste mit der Frage nach dem Bestand der Gesellschaft verbunden ist, nach dem Gesellschaftsstatut des Gründungsstaates zu richten hat.94 Die Umwandlungsfähigkeit einer innerhalb der EU gegründeten Gesellschaft richtet sich somit – vorbehaltlich möglicherweise zulässiger Sonderanknüpfungen95 – nach dem Gesellschaftsstatut ihres Gründungsstaates. Zu beachten bleibt freilich, dass sich die Umwandlungsfähigkeit der Verschmelzungspartner ihrerseits nach deren Gesellschaftsstatuten richtet. Die schon früh in der Wissenschaft entwickelte sog. modifizierte Vereinigungstheorie96 weist hier den Weg, die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beachtung aller Statute durchzuführen.

II. Konsequenzen für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen Ergibt sich bereits aus diesen Feststellungen die zwingende Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen innerhalb der EU? Vereinzelt wird versucht, allein unter Berufung auf „Überseering“ und „Inspire Art“ die zwingende Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen zu begründen.97 Teilweise wird dieser Schluss nur für die Fallkonstellation gezogen, in der sich eine EU-ausländische Gesellschaft, die ihren Verwaltungssitz zuvor nach Deutschland verlegt hat, anschließend mit einer deutschen verschmelzen möchte.98 Der OGH99 wiederum folgert aus „Überseering“ die zwingende Zulässigkeit einer – aus deutscher Sicht – Hineinverschmelzung, (1998), Rn. 368; Kronke, ZGR 1994, 26, 31; Kaligin, DB 1985, 1449, 1453 sowie Sonnenberger/Bauer, Vorschlag des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht für eine Regelung des Internationalen Gesellschaftsrechts auf europäischer/nationaler Ebene, RIW Beilage 1 2006, 1, 3, 4. 94 Vgl. Altmeppen, NJW 2004, 97, 100. 95 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (4). 96 Siehe ausführlich unter 4. Teil D. I. 2. b). 97 Wenglorz, BB 2004, 1061, 1063; Beul, IStR 2003, 737 f.; für die Hineinverschmelzung auch Drygala, ZEuP 2004, 337, 353; für die Hineinverschmelzung wohl auch Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 18. 98 Vgl. Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 320, 332; W. H. Roth, IPRax 2003, 117, 122, der jedoch vorsichtiger (und richtiger) formuliert und die zwingende Anerkennung der Verschmelzungsfähigkeit der ausländischen Gesellschaft nur dann annimmt, wenn das Gründungsstatut eine solche annimmt. Hierzu sei der Gründungsstaat aus europarechtlichen Gründen verpflichtet. Ähnlich vorsichtig auch Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 15; Drygala, ZEuP 2004, 337, 353; Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 1 Rn. 16. 99 OGH Wien, Beschluss v. 20.3.2002 – 6 Ob 283/02i (OLG Linz), ZIP 2003, 1086 ff.

B. Die Umwandlungsfähigkeit als Teil des Gesellschaftsstatuts

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die dann – auch ohne zuvor vollzogene Verlegung des Verwaltungssitzes – ausschließlich nach dem Gesellschaftsstatut der aufzunehmenden Gesellschaft zu beurteilen sei. Die Auffassungen vermögen nicht zu überzeugen. Die Rechtssprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit vor der „SEVIC“-Entscheidung und die Zuordnung der Umwandlungsfähigkeit zum anzuwendenden Gesellschaftsstatut können allenfalls zu der Verpflichtung des Zuzugsstaates führen, die Umwandlungsmöglichkeiten, mit denen das Gesellschaftsstatut des Gründungsstaates die ausländische Gesellschaft ausstattet, anzuerkennen. Steht der ausländischen Gesellschaft nach ihrem Gesellschaftsstatut etwa eine formwechselnde Umwandlung in eine inländische Rechtsform offen, so ist eine solche vom Zuzugsstaat zwingend zuzulassen. Gibt die Gründungsrechtsordnung der fortgezogenen Gesellschaft ein solches Recht hingegen nicht, ginge auch die Anerkennungspflicht des Zuzugsstaates ins Leere.100 Im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung fällt der Einfluss der oben skizzierten EuGH-Rechtsprechung damit noch geringer aus. Die Forderung einer grundsätzlichen Gründungsanknüpfung verliert an dem Punkt ihre Verbindlichkeit, an dem der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit endet. Auch wenn das ausländische Gesellschaftsstatut seiner Gesellschaft eine grenzüberschreitende Verschmelzung gestattet, steht die Pflicht des Zuzugsstaates, dieses Recht der ausländischen Gesellschaft zu tolerieren, unter der weiteren Bedingung, dass sich die auflösende Gesellschaft für die Verschmelzung auf den Schutz der Niederlassungsfreiheit berufen kann. Gerade das wurde – jedenfalls vor „SEVIC“ – häufig bestritten.101 Folgt man in diesem Punkt hingegen der Gegenansicht102, so kann sich die zuvor hinzugezogene Gesellschaft auf die Niederlassungsfreiheit berufen. 100 Nach richtiger, aber umstrittener und auch nach „SEVIC“ wohl – noch – nicht herrschender Auffassung, sind Fälle fehlender Anerkennungspflicht freilich nicht denkbar, da der die Rechtsträgeridentität wahrende grenzüberschreitende Formwechsel – von „Daily Mail“ unberührt – auch gegenüber dem Gründungsstaat eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellt; in diesem Sinne Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 362; W.-H. Roth, FS-Heldrich (2005), 974, 988; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 126 ff.; Herrler, EuZW 2007, 295, 298; tendenziell auch Decher, in: Lutter, UmwG (2004), Vor § 190 Rn. 37; beschränkt auf den Formwechsel ausländischer Gesellschaften in deutsche Gesellschaften Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721, 725; a. A. Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 47 f.; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 832 f., 509, 513, 877 f.; Siems, EuZW 2006, 135, 139 f. 101 Paefgen, GmbHR 2004, 463, 469; ders., IPRax 2004, 132, 133; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 649 (Fn. 28); Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 77; Eyles, Das Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft (1990), 116 f.

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1. Teil: Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“

Eine Berufung auf die Niederlassungsfreiheit ist dann aber auch einer Gesellschaft möglich, die die direkte Verschmelzung nach Deutschland anstrebt, ohne zuvor ihren Verwaltungssitz über die Grenze verlegt zu haben. Der Ansicht, nach der grenzüberschreitende Verschmelzungen auf Grund „Überseering“ und „Inspire Art“ nur zuzulassen sind, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Verwaltungssitz zuvor ins Inland verlegt, ist jedenfalls entgegenzutreten. Da sich der EuGH vor „SEVIC“ nicht dazu geäußert hat, ob sich eine grenzüberschreitende Verschmelzung für die aufzunehmende Gesellschaft als Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellt, ist auch der Ansicht des OGH die Gefolgschaft zu verweigern. Dass sich die grenzüberschreitende Verschmelzung ausschließlich nach dem Gesellschaftsstatut der aufzunehmenden und, in der Vorstellung des OGH, damit zuziehenden ausländischen Gesellschaft richten soll, wäre aber auch bei Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch die aufzunehmende Gesellschaft unhaltbar. Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen sind im Gegensatz zur formwechselnden Umwandlung oder zur Sitzverlegung mindestens zwei Rechtsträger unterschiedlicher Rechtsordnungen beteiligt. Die ausschließliche Anwendung ausländischen Umwandlungsrechts auf grenzüberschreitende Verschmelzungen würde dem multinationalen Charakter des Vorgangs daher nicht gerecht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die aufnehmende Gesellschaft dabei ebenfalls unter dem Schutz der Niederlassungsfreiheit stünde.103 Auch zu dieser Frage äußerte sich der EuGH vor „SEVIC“ hingegen nicht.104 Die Bedeutung der niederlassungsrechtlichen EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“, insbesondere die der Entscheidungen „Überseering“ und „Inspire Art“, für die Frage nach der europarechtlich zwingenden Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen ist damit gering.

C. Ergebnisse des 1. Teils Die unmittelbaren Auswirkungen der EuGH-Rechtssprechung vor „SEVIC“ auf die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen dürfen nicht überbewertet werden. Dass sie gerade keine positive Aussage dazu trifft, ob und inwieweit die grenzüberschreitende Verschmelzung eine 102 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 321; Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000), 139 f. 103 Siehe hierzu unter 3. Teil A. I. 3. e). 104 Selbst in „SEVIC“ trifft der EuGH hierzu keine Aussage. Anders noch Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805, I-10815, Rn. 34 ff.

C. Ergebnisse des 1. Teils

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Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellt, haben die bisherigen Ergebnisse der Untersuchung deutlich werden lassen, die in folgenden Thesen zusammenzufassen sind: – Auch wenn sich die Rechtsprechung des EuGH von „Daily Mail“ bis „Inspire Art“ nicht unmittelbar mit der europarechtlichen Vereinbarkeit kollisionsrechtlicher Anknüpfungspunkte auseinandersetzt, sind mittelbare kollisionsrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Es ist danach grundsätzlich an das Gründungsstatut einer Gesellschaft anzuknüpfen. Nur als Ausnahme sind gerechtfertigte Sonderanknüpfungen an das am Verwaltungssitz geltende Gesellschaftsstatut denkbar. Es gilt somit im Bereich der EU zumindest faktisch eine Gründungstheorie europarechtlicher Prägung. – Die „Daily Mail“-Doktrin hat durch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „de Lasteyrie du Saillant“ nicht an Geltung verloren. „De Lasteyrie du Saillant“ hatte Fragen der Niederlassungsfreiheit natürlicher Personen zum Gegenstand. Die gefundenen Antworten lassen sich nicht auf juristische Personen übertragen. – Die Umwandlungsfähigkeit gehört zum Gesellschaftsstatut einer Gesellschaft. – Allein aus den vorstehenden Ergebnissen lässt sich eine europarechtlich zwingende Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen nicht folgern. Die europäische Gründungstheorie findet ihre Grenzen an den Grenzen der Niederlassungsfreiheit. Eine Maßgeblichkeit des Gründungsstatuts ist – für die Mitgliedstaaten zwingend – daher nur in den Fällen anzunehmen, in denen das Vorhaben einer Gesellschaft auch tatsächlich der Niederlassungsfreiheit unterfällt. Der Rechtsprechung des EuGH in den Fällen der Verwaltungssitzverlegung sowie der Gründung von Zweigniederlassungen lässt sich diesbezüglich keine Antwort entnehmen. Darüber hinaus bleibt zu beachten, dass an grenzüberschreitenden Verschmelzungen im Gegensatz zur Sitzverlegung mindestens zwei Gesellschaften beteiligt sind, die sich unter Umständen beide auf die Niederlassungsfreiheit berufen können. Auch der Lösung des OGH, einer einseitigen Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut der sich auflösenden Gesellschaft, kann damit nicht gefolgt werden. – Welche der an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften sich auf die Niederlassungsfreiheit berufen können, beantwortet diese Rechtssprechung des EuGH mithin nicht. Insofern ist unmittelbar auf die Artt. 43, 48 EG und die speziell zur grenzüberschreitenden Verschmelzung ergangene Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „SEVIC“ abzustellen.105 105

Siehe ausführlich unter 3. Teil A. I.

2. Teil

Die Zulässigkeit von grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach deutschem Recht vor „SEVIC“ und Umsetzung der VRL Die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen nach deutschem Umwandlungsrecht vor der „SEVIC“-Entscheidung des EuGH und der Umsetzung der VRL in den §§ 122a ff. UmwG sowie dem MgVG war ungewiss. Dies galt – und gilt auch weiterhin – insbesondere für Verschmelzungen unter Beteiligung nicht europäischer Gesellschaften. Aber auch für Verschmelzungen auf europäischer Ebene ist die Frage in Deutschland von einer umfassenden Diskussion begleitet worden, die sich damit beschäftigte, inwieweit einzelne Regelungen des im UmwG kodifizierten deutschen Verschmelzungsrechts solchen Vorhaben entgegenstehen. Den Schwerpunkt des Disputs bildete dabei die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten des § 1 Abs. 1 UmwG.1 Aber auch das Analogieverbot des § 1 Abs. 2 UmwG sowie die Aufzählung verschmelzungsfähiger Rechtsträger in § 3 UmwG boten in der Vergangenheit Ansatzpunkte, die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen zu negieren.2 Die Auseinandersetzung verliert nun mit „SEVIC“ und der Umsetzung der VRL einen Großteil ihrer Bedeutung. Sie bleibt aber nach wie vor für grenzüberschreitende Verschmelzungen mit Gesellschaften, die nicht in der EU oder dem EWR gegründet wurden, relevant.3 Ihre Kenntnis bildet zugleich die Grundlage, um die neueren Entwicklungen – die „SEVIC“-Entscheidung und die Umsetzung der VRL – in ihrer Bedeutung für deutsche Gesellschaften einordnen zu können.

1

Siehe hierzu die unter 2. Teil A. I. dargestellten Ansichten. Vgl. zu § 1 Abs. 2 UmwG Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.Lfg., § 1 UmwG Rn. 110; Kindler, in: MünchKomm zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 874; Kruse, Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EG (1997), 138 und zu § 3 UmwG Busekist, GmbHR 2004, 650, 652; Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), Einl. A Rn. 112. 3 Vgl. aber dazu, dass nach hier für richtig befundener Ansicht aus Sicht des deutschen Rechts auch Verschmelzungen mit Drittstaatengesellschaften sehr weitgehend von der Kapitalverkehrsfreiheit geschützt werden, unter 3. Teil A. III. 2

A. Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 1 UmwG?

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A. Vereinbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen mit § 1 Abs. 1 UmwG? Der Streit um die Vereinbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen mit § 1 Abs. 1 UmwG wird am Wortlaut der Vorschrift, „Rechtsträger mit Sitz im Inland können umgewandelt werden“, festgemacht. Zwei in letzter Konsequenz nicht völlig zu trennende Streitstände sind zu berücksichtigen. Zum einen ist das Verhältnis des § 1 Abs. 1 UmwG zu den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts, im Speziellen hier des Internationalen Gesellschaftsrechts, zu klären. Zum anderen ist die Zulässigkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auch davon abhängig, welcher Sitzbegriff in § 1 Abs. 1 UmwG Verwendung gefunden hat.

I. Verhältnis des § 1 Abs. 1 UmwG zu den Grundsätzen des Internationalen Gesellschaftsrechts Einfache Gesetzesformulierungen eröffnen Möglichkeiten der Interpretation. Es verwundert daher nicht, dass § 1 Abs. 1 UmwG in der wissenschaftlichen Diskussion unterschiedliche Auslegungen erfahren hat. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Frage nach dem Verhältnis der Vorschrift zu den Grundsätzen des Internationalen Gesellschaftsrechts, d. h. ihre Einordnung als Sach- und/oder spezielle Kollisionsnorm. 1. § 1 Abs. 1 UmwG als autolimitierende Sachnorm Nach einer Ansicht4 ist § 1 Abs. 1 UmwG autolimitierende oder selbstbeschränkende Sachnorm, die ihren räumlich-persönlichen Anwendungs4 Der Ansicht lassen sich zuordnen Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721; dies., in: Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis (2005), Rn. 504; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 840; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 1 UmwG Rn. 104; Kronke, ZGR 1994, 26, 35; v. Busekist, GmbHR 2004, 650, 651 (Fn. 22). In diesem Sinne wohl auch Schädler, Die grenzüberschreitende Realsitzverlegung und sonstige grenzüberschreitende Restrukturierungsformen (1999), 156 f., der an anderer Stelle (S. 158) jedoch widersprüchlich davon spricht, dass § 1 Abs. 1 UmwG einen „deklaratorischen Hinweis auf die Beschränkung des Gesetzes auf den inländischen Tatbestandsteil einer grenzüberschreitenden Restrukturierungsmaßnahme“ enthält. Dies rückt ihn in die Nähe der unter cc) dargestellten Ansicht. Entgegen Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 298 (Fn. 1686) ist auch Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 64 f., dieser Ansicht zuzuordnen. Obwohl die Begrifflichkeit der selbstbeschränkenden Sachnorm nicht verwendend, sind inhaltlich auch Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

bereich selber definiert, wenn das Kollisionsrecht zuvor zur Anwendbarkeit deutschen Rechts geführt hat.5 Eine eigenständige Kollisionsnorm stelle die Vorschrift hingegen nicht dar.6 In einem ersten Schritt ist demnach festzustellen, ob das allgemeine Kollisionsrecht zur Anwendbarkeit deutschen Sachrechts führt. Erst wenn die Anwendbarkeit deutschen Sachrechts und damit auch des UmwG festgestellt wurde, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage, inwieweit das Sachrecht des § 1 Abs. 1 UmwG grenzüberschreitende Verschmelzungen zulässt. Die Vertreter dieser Ansicht sind sich diesbezüglich uneins. Sie deuten den Wortlaut des § 1 Abs. 1 UmwG zum Teil als eine sachrechtliche Selbstbeschränkung der Regelung auf reine Inlandssachverhalte7, zum Teil als Beschränkung des Anwendungsbereichs des Gesetzes auf den inländischen Sachverhaltsteil8. Grenzüberschreitende Verschmelzungen wären aus der Sicht des deutschen Rechts demnach nur vom zuletzt genannten Standpunkt aus zulässig.

Rn. 73; Semler, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 1 Rn. 49 f.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 1 UmwG Rn. 22; Bermel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG (1996), § 1 Rn. 6; Beul, IStR 2003, 737, 738; Hoffmann, NZG 1999, 1077, 1078 f. sowie unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früher vertretenen Auffassung auch Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 1 Rn. 10 ff. dieser Ansicht zuzuordnen. 5 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 840; Spahlinger/ Wegen, NZG 2006, 721; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Unternehmen (2001), 56, 65. 6 Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721; dies., in: Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis (2005), Rn. 504; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 1 UmwG Rn. 104; Semler, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 1 Rn. 50; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 840; Kronke, ZGR 1994, 26, 35. 7 Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 1 Rn. 10; Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis (2005), Rn. 509; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 79; Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), Einleitung A, Rn. 110; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 681, 683; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 45, 64 f.; im Ergebnis auch Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 1 UmwG Rn. 104, der hierfür auf das Analogieverbot des § 1 Abs. 2 UmwG verweist. 8 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 1 UmwG Rn. 23; Kronke, ZGR 1994, 26, 35 f., der zwar den Willen des Gesetzgebers sieht, die Regelung von Auslandssachverhalten auszusparen, eine Ausweitung des Ausschlusses der Anwendbarkeit des Gesetzes auf die an einer grenzüberschreitenden Umwandlung teilnehmende nationale Gesellschaft aber als falsche Weichenstellung im Anschluss ablehnt; Schädler, Die grenzüberschreitende Realsitzverlegung und sonstige grenzüberschreitende Restrukturierungsformen (1999), 157.

A. Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 1 UmwG?

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2. § 1 Abs. 1 UmwG als spezielle Kollisionsnorm Als Weiterentwicklung des soeben dargestellten Ansatzes vertritt vor allem Kloster die Ansicht, dass es sich bei § 1 Abs. 1 UmwG um eine Norm mit einem eigenständigen kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehl handelt.9, 10 Der Regelung käme kollisionsrechtliche Eigenständigkeit gegenüber den kollisionsrechtlichen Grundsätzen des Internationalen Gesellschaftsrechts zu.11 Im Unterschied zur ausschließlichen Einordnung des § 1 Abs. 1 UmwG als selbstbeschränkende Sachnorm ist der in einem ersten Schritt erfolgende Rückgriff auf die Grundsätze des allgemeinen Kollisionsrechts hier auf Grund der spezielleren Kollisionsnorm des § 1 Abs. 1 UmwG versperrt. Aus der das Sachrecht betreffenden Fragestellung, ob es für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 UmwG ausreicht, dass eine der beteiligten Gesellschaften ihren Sitz im Inland hat, wird auf diesem Wege eine Frage nach der korrekten Auslegung des Kollisionsrechts. Handelt es sich bei § 1 Abs. 1 UmwG um eine Kollisionsnorm, nach der alle an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften ihren Sitz im Inland haben müssen, oder stellt die Regelung lediglich einen einseitigen Anwendungsvorbehalt dar? Kloster will diese Frage im ersteren Sinne beantwortet wissen.12 Bei ausschließlicher Betrachtung deutschen Rechts – d.h. bei Außerachtlassung möglicher europarechtlicher Einflüsse – war eine grenzüberschreitende Verschmelzung danach unzulässig. 3. Die Indifferenz des § 1 Abs. 1 UmwG Nach anderer Auffassung verhält sich der § 1 Abs. 1 UmwG zur Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen indifferent, d. h. er regelt diese weder positiv im Sinne einer Zulässigkeit noch negativ im Sinne eines Verbots, sondern blendet die Frage aus seinem Regelungsgegen9 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 301, 303 ff.; ders., GmbHR 2003, 1413; in diesem Sinne auch Becht, Fusion und Spaltung von Kapitalgesellschaften im europäischen Binnenmarkt (1996), 267 f. 10 Entgegen Klosters Ausführungen wird teilweise eine Norm des materiellen Rechts, die einen kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehl enthält auch als versteckte Kollisionsnorm bezeichnet. Selbstbeschränkende Sachnorm sei hingegen eine Regelung, die nicht positiv die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung bestimmt, sondern negativ ihre Anwendbarkeit auf einen grenzüberschreitenden Sachverhalt ausschließt. Vgl. S. Lorenz, in: Bamberger/Roth, Band 3 (2003), Einl. IPR EGBGB, Rn. 46 f. 11 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 303, 307; ders., GmbHR 2003, 1413 (Fn. 5). 12 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 307, der im Folgenden nur die Möglichkeit einer europarechtskonformen Auslegung sieht.

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

stand aus.13 Das sich zwangsläufig ergebende Folgeproblem ist dann, nach welchen Vorschriften sich eine solche Verschmelzung vollziehen lässt. Hier wird von der direkten Anwendung des UmwG auf den in Deutschland sitzenden Rechtsträger14 über eine analoge Heranziehung der Vorschriften15 bis zu der Entwicklung der erforderlichen Regelungen aus den allgemeinen Grundsätzen für Strukturentscheidungen und den Regeln der 3. und 6. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie16 alles vertreten. Zunächst bleibt es jedoch dabei, die theoretische Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach dieser Auffassung festzustellen. 4. § 1 Abs. 1 UmwG als Verweis auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts Nach einer ehemals vor allem von Kallmeyer vertretenen Ansicht nimmt die Formulierung „Rechtsträger mit Sitz im Inland“ des § 1 Abs. 1 UmwG lediglich Bezug auf die allgemeinen kollisionsrechtlichen Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts.17 Die Anwendung der Sitztheorie führe dazu, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen zulässig seien, das UmwG aber nur auf die Rechtsträger mit Verwaltungssitz im Inland Anwendung finde, während für den ausländischen Rechtsträger das Recht seines Sitzstaates maßgeblich sei.18 13

Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 648, die freilich widersprüchlich § 1 Abs. 1 UmwG zuvor (S. 647) bereits als selbstbeschränkte Sachnorm bezeichnet haben; Horn, ZIP 2000, 473, 477; Lawall, IStR 1998, 345, 347; Bungert, AG 1995, 489, 502; Paefgen, IPRax 2004, 132, 135, der sich aber in GmbHR 2004, 463, 465 vorsichtiger äußert und die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach deutschem Recht anzweifelt; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 6, die aber zugleich statt von einem Ausschluss grenzüberschreitender Sachverhalte aus dem Regelungsbereich des UmwG von einer Autolimitierung durch Ausklammerung solcher Sachverhalte aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes sprechen, was auch eine Zuordnung zu der unter aa) dargestellten Ansicht ermöglicht. 14 Wenglorz, BB 2004, 1061, 1062 (Fn. 29); Lawall, IStR 1998, 345, 349. 15 Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 648 f.; für eine analoge Heranziehung des UmwG spricht sich auch Beul, IStR 2003, 737, 738 aus, der aber im Ausgangspunkt der unter aa) dargestellten Ansicht zuzuordnen ist. 16 So noch Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 28, die diese Ansicht jedoch seit Verabschiedung der VRL aufgegeben haben, vgl. Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 772. 17 Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2001), § 1 Rn. 12; ders. im Ergebnis, ZIP 1996, 535, 536; aus neuerer Zeit aber auch Kraft/Bron, RIW 2005, 641. Kallmeyer hat diese früher von ihm vertretene Auffassung nun zu Gunsten der unter aa) dargestellten Ansicht aufgegeben, vgl. Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 1 Rn. 10. 18 Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2001), § 1 Rn. 12 ff.; Kraft/Bron, RIW 2005, 641.

A. Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 1 UmwG?

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5. Stellungnahme Die dargestellten Ansichten unterscheiden sich nur in Nuancen voneinander.19 Allen gemeinsam ist – zwangsläufig – die zumindest teilweise kollisionsrechtliche Betrachtungsweise. Während diese bei der Ansicht von der Indifferenz des § 1 Abs. 1 UmwG und der Identifizierung der Vorschrift als selbstbeschränkende Sachnorm der sachrechtlichen Betrachtung lediglich vorgeschaltet ist, ist nach der Auffassung von der kollisionsrechtlichen Eigenständigkeit sowie der Meinung, die in § 1 Abs. 1 UmwG lediglich einen Verweis auf das allgemeine Kollisionsrecht sieht, ausschließlich eine kollisionsrechtliche Betrachtung vorzunehmen. Der „klassischen“ Gesetzesauslegung sei hier zunächst ein Blick auf die Bedeutung des gegenwärtigen Status quo des allgemeinen Kollisionsrechts für die einzelnen Ansichten bei Anwendung des § 1 Abs. 1 UmwG vorangestellt. a) Bedeutung des allgemeinen Kollisionsrechts für die einzelnen Ansichten – Rechtsfolgenbetrachtung20 Den Anknüpfungsalternativen des Kollisionsrechts, dem Satzungs- oder dem Verwaltungssitz, ist die Differenzierung zwischen verschiedenen Fallgruppen der grenzüberschreitenden Verschmelzung geschuldet. Es wird dabei davon ausgegangen, dass sich der Satzungssitz der Gesellschaften im jeweiligen Gründungsstaat befindet. Eine statutenwahrende Satzungssitzverlegung nach Deutschland hinein oder aus Deutschland hinaus ist nicht möglich.21 aa) Die Verwaltungssitze befinden sich in den jeweiligen Gründungsstaaten Diese Ausgangslage dürfte sich auch zukünftig als der Normalfall bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen darstellen. Sieht man in § 1 Abs. 1 UmwG eine autolimitierende Sachnorm, so führt die in Deutschland immer noch herrschende Sitztheorie zur Anwendbarkeit des Sachrechts auf die Ge19

Dies mag dazu geführt haben, dass in manch einer Bearbeitung des Themas scheinbar mehrere Ansichten zugleich vertreten werden und ist wohl der vom gewollten Ergebnis ausgehenden Argumentation – die grenzüberschreitende Verschmelzung sei zulässig/unzulässig – zuzuschreiben. 20 Zur Bedeutung der Folgenprognose bei der Auslegung von Gesetzen vgl. Schmalz, Methodenlehre (1998), Rn. 287 ff.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff (1991), 404. 21 Statt vieler Drinhausen/Gesell, BB-Special 8/2006, 3, 6; Altmeppen, in: MünchKomm. zum AktG – Band 9/2 (2006), Europ. Niederlassungsfreiheit Rn. 177 ff. m. w. N.

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

sellschaft mit inländischem Verwaltungssitz. Auch die Vertreter der Indifferenzthese und die Befürworter eines Verweises auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts gelangen über die Sitztheorie zu diesem Ergebnis. Folgt man hingegen Klosters These vom § 1 Abs. 1 UmwG als Sachnorm mit eigenständigem kollisionsrechtlichem Anwendungsbefehl, so wird die Sitztheorie nicht bemüht. § 1 Abs. 1 UmwG selbst führt dann als spezielle Kollisionsnorm zur Anwendbarkeit deutschen Sachrechts. Da in dieser Fallgruppe sowohl Satzungs- als auch Verwaltungssitz im Inland liegen, ist es dabei unerheblich, ob der Sitzbegriff dieser speziellen Kollisionsnorm den Satzungs- oder den Verwaltungssitz anspricht. bb) Der Verwaltungssitz einer EU-ausländischen Gesellschaft befindet sich in Deutschland Wollte deutsches Recht in dieser Konstellation weiterhin der Sitztheorie folgen, kämen die Ansichten der autolimitierenden Sachnorm, der Indifferenz und des Verweises auf das Internationale Gesellschaftsrecht zur Anwendung deutschen Umwandlungsrechts auf die inländische, aber auch auf die im Ausland gegründete Gesellschaft, die ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt hat. Für Gesellschaften, die in einem EU-Mitgliedstaat gegründet wurden, kann dieses Ergebnis keinen Bestand haben. Die als Folge der EuGH-Rechtssprechung vorzugswürdiger Weise anzuwendende europarechtlich geprägte Gründungstheorie22 führt hier dazu, dass auf die ausländische Gesellschaft das Gründungsstatut, also auch das ausländische Umwandlungsrecht, Anwendung findet. Gleiches muss geschehen, wenn man § 1 Abs. 1 UmwG einen speziellen kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehl entnimmt und dieser, gleich der Sitztheorie, ebenfalls den Verwaltungssitz zum Anknüpfungspunkt nimmt. Hingegen erzielt letztgenannte Auffassung ein europarechtskonformes Ergebnis, sobald der Anwendungsbefehl an den Satzungssitz einer Gesellschaft anknüpft. cc) Der Verwaltungssitz der deutschen Gesellschaft befindet sich im EU-Ausland Ebenso sind grenzüberschreitende Verschmelzungen denkbar, bei denen die deutsche Gesellschaft ihren Verwaltungssitz im Ausland hat. Obwohl „Daily Mail“ in der aktuellen Diskussion vielfach Kritik erfährt und als überholt dargestellt wird23, beansprucht die Entscheidung als good law weiterhin 22

Siehe unter 1. Teil A. II. 2. Vgl. etwa Paefgen, GmbHR 2004, 463, 466 f.; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1919; Zimmer, BB 2003, 1, 3. 23

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Geltung24. Die Anwendung der Sitztheorie durch den Gründungsstaat ist damit grundfreiheitskonform.25 Bei Geltung der Sitztheorie im Inland führt die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes ins Ausland dazu, dass sich das Personalstatut der Gesellschaft fortan nach dem ausländischen Recht richtet. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB wird hiermit auch auf das internationale Privatrecht des Zuzugsstaates verwiesen. Folgt der neue Sitzstaat kollisionsrechtlich der Gründungstheorie, findet auf Grund des immer noch in Deutschland liegenden Satzungs- und Gründungssitzes eine Rückverweisung (sog. Renvoi) auf deutsches Recht statt, die nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB angenommen wird und auf diesem Wege letztlich deutsches Sachrecht zur Anwendung bringt.26 Diese kollisionsrechtliche Konsequenz entspricht der heute ganz herrschenden Lehre.27 Ob die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes ins Ausland zu einer Auflösung des Rechtsträgers führt, ist damit keine kollisionsrechtliche Frage nach der eventuellen Nichtanerkennung des Renvoi bei Verwaltungssitzverlegung ins Ausland28, sondern eine des zur Anwendung berufenen Sachrechts29. Nach zutreffender, wohl ganz herrschender Lehre fordert deutsches Sachrecht die Auflösung der Gesellschaft in diesem Fall jedenfalls solange nicht, wie eine Geschäftstätigkeit der Gesellschaft im Inland nicht vollends eingestellt wird.30 Für die Ansichten von der autolimitierenden Sachnorm, der Indifferenz des § 1 Abs. 1 UmwG sowie des Verweises auf das Internationale Gesell24

Dieses Ergebnis mit Bedauern feststellend auch Eidenmüller, JZ 2004, 24, 29. Ebenso Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit (2005), 45; Paefgen, WM 2003, 561, 568; Sedemund, BB 2006, 519, 521. 26 OLG Hamm, OLG-Report 2001, 198, 199. 27 Vgl. etwa Leible, in: Michalski, GmbHG (2002), Syst. Darst. 2, Rn. 132; Hoffmann, ZHR 164 (2000), 43, 45; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 501; Kruse, Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EG (1997), 33; Ebenroth/Eyles, DB 1989, 363, 368; zweifelnd nur Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 93, 107, der jeweils von einer unter Umständen gegebenen Beachtlichkeit spricht, ohne seine Zweifel näher auszuführen. 28 So aber wohl Ebenroth/Eyles, DB 1989, 363, 368. 29 Hoffmann, ZHR 164 (2000), 43, 46; Schmidt, ZGR 1999, 20, 22. 30 Vgl. nur Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 501, 504 ff.; Ebenroth/Eyles, DB 1988, Beilage Nr. 2, 1, 7 f.; dies., DB 1989, 363, 368, die die Beibehaltung eines inländischen Betriebs oder eine sonstige Geschäftstätigkeit im Inland fordern. Auch Knobbe-Keuk, ZHR 154 (1990), 325, 350 f., die das Ergebnis der herrschenden Lehre zwar als konsequent bezeichnet, die Gründungstheorie jedoch für vorzugswürdig hält. Die Verwaltungssitzverlegung auch im Falle von Briefkastenfirmen zulassend Leible, in: Michalski, GmbHG (2002), Syst. Darst. 2, Rn. 132; Kieninger, NZG 2001, 610; Wenckstern, FS-Drobnig (1998), 465, 473 ff.; a. A. Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 93, 610, 617, 629, 677, der trotz Rückverweisung konstatiert, dass mit der Verwaltungssitzverlegung eine Voraussetzung für die für die Erlangung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft konstitutiven Registereintragung verloren geht und diese somit ihre Berechtigung verliere. 25

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

schaftsrecht ist also die Anwendbarkeit des UmwG erst auf Grund einer Rückverweisung feststellbar, wenn die deutsche Gesellschaft ihren Verwaltungssitz in das der Gründungstheorie folgende Ausland verlegt hat. Gleiches gilt bei Annahme der kollisionsrechtlichen Spezialität der Regelung, solange man den Verwaltungssitz als den richtigen Anknüpfungspunkt des Anwendungsbefehls betrachtet. Ohne den Umweg über den Renvoi kommt auch die Ansicht von der kollisionsrechtlichen Spezialität zur Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts auf den in Deutschland gegründeten Rechtsträger, wenn man den Satzungssitz als den richtigen Anknüpfungspunkt des kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehls betrachtet. Dies gilt dann sogar unabhängig davon, ob der den Verwaltungssitz der deutschen Gesellschaft beherbergende Staat der Gründungs- oder der Sitztheorie folgt. dd) Die Verwaltungssitze beider Gesellschaften befinden sich jeweils im Gründungsstaat der anderen Gesellschaft Diese Sachverhaltskonstellation stellt sich als Kombination der unter bb) und cc) dargestellten Varianten dar. Dementsprechend darf auf Grund der vom EuGH initiierten Gründungstheorie deutsches Umwandlungsrecht nicht auf die EU-ausländische Gesellschaft mit deutschem Verwaltungssitz angewendet werden. Alle Ansichten, mit der Ausnahme der Auffassung von der kollisionsrechtlichen Spezialität des § 1 Abs. 1 UmwG bei Wahl des Satzungssitzes als Anknüpfungspunkt für den Anwendungsbefehl, müssen ihr ursprünglich gefundenes Ergebnis bei Verschmelzungen innerhalb der EU damit revidieren. Für die deutsche Gesellschaft mit Verwaltungssitz in einem der Gründungstheorie folgenden Staat führt wiederum der über Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB angenommene Renvoi zur Anwendbarkeit des UmwG auf die in Deutschland gegründete Gesellschaft. Ohne den Umweg über den Renvoi und unabhängig davon, ob der den Verwaltungssitz der deutschen Gesellschaft beherbergende Staat der Gründungs- oder der Sitztheorie folgt, kommt auch die Ansicht von der kollisionsrechtlichen Spezialität zur Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts auf den in Deutschland gegründeten Rechtsträger, wenn man den Satzungssitz als den richtigen Anknüpfungspunkt des kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehls betrachtet. ee) Zwischenergebnis Die Darstellung der Bedeutung des allgemeinen Kollisionsrechts für die einzelnen Ansichten hat einen vermeintlichen Anwendungsvorteil der Annahme einer kollisionsrechtlichen Spezialität bei Anknüpfung an den Sat-

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zungssitz aufgezeigt. Folgt man, wie v. a. Kloster, dieser Auffassung, so werden unmittelbar jene Ergebnisse erreicht, die die anderen Ansichten erst durch eine europarechtlich bedingte Korrektur oder durch eine vom deutschen Recht angenommene Rückverweisung erzielen. Die Einfachheit einer solchen Lösung ist im Grundsatz begrüßenswert. Sie macht die übliche Auslegung eines Gesetzes anhand seines Wortlauts, der Gesetzessystematik, des Gesetzgeberwillens sowie des Sinn und Zwecks der Regelung aber nicht entbehrlich und muss letztlich ein vertretbares und überzeugendes Auslegungsergebnis darstellen.31 b) „Klassische“ Auslegung der Regelung aa) Wortlaut Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 UmwG enthält keine expliziten Aussagen hinsichtlich des Verhältnisses der Regelung zum allgemeinen Kollisionsrecht. Dahingehende Klarstellungen sind indes auch unüblich. Allenfalls die Einführung einer speziellen dem allgemeinen Kollisionsrecht vorgehenden Kollisionsnorm hätte eine Klarstellung des Gesetzgebers im Gesetz erwarten lassen. Die Unvertretbarkeit der entsprechenden Ansicht folgt daraus jedoch nicht. Darüber hinaus deutet der im Plural verwendete Begriff „Rechtsträger“ an, dass alle an einer Umwandlung beteiligten Rechträger ihren Sitz im Inland haben müssen.32 Der früher vor allem von Kallmeyer vertretenen Auffassung eines Verweises des § 1 Abs. 1 UmwG auf das allgemeine Kollisionsrecht und eine daraus folgende Anwendbarkeit des UmwG auf inländische Rechtsträger auch in grenzüberschreitenden Fällen, wäre demnach zu widersprechen. Zwingend ist diese Wortlautinterpretation hingegen nicht. So ist dem UmwG nirgends ausdrücklich zu entnehmen, dass alle an einer Verschmelzung beteiligten Rechtsträger ihren Sitz im Inland haben müssen.33 Dass auch die Verwendung eines Begriffes im Singular nicht immer dieser ansonsten nahe liegenden gesetzgeberischen Intention entspringen muss, wurde bereits bei anderen Gesetzen festgestellt.34 31 Zur Bedeutung der Folgenprognose bei der Auslegung von Gesetzen vgl. Schmalz, Methodenlehre (1998), Rn. 287 ff.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff (1991), 404. 32 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 307. 33 Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 78; früher auch Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2001), Rn. 13; ders., ZIP 1996, 535. 34 Vgl. etwa die §§ 174 ff., 271, 288 und 306 StGB, die allesamt im Plural formuliert sind, deren geforderte Tathandlungen jedoch ganz unstreitig bereits bei einer

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

Alle Auffassungen bewegen sich demnach noch innerhalb der möglichen Auslegungen des Wortlauts. Spricht dieser auch eher gegen die Annahmen eines Verweises auf das allgemeine Kollisionsrecht sowie einer kollisionsrechtlichen Eigenständigkeit der Regelung, so ist es doch nicht möglich, einen eindeutigen Rückschluss aus dem Wortlaut der Vorschrift auf die Normart und damit ihre Funktion zu ziehen. bb) Gesetzessystematik § 1 Abs. 1 UmwG ist erste Regelung im Ersten Buch des UmwG, das mit „Möglichkeiten der Umwandlungen“ überschrieben ist. Die Formulierung dieser Überschrift deutet eine rein sachrechtliche Regelung von Umwandlungen an. Demgegenüber hätte die Eingliederung des § 1 Abs. 1 UmwG in einen mit „Anwendbarkeit des Gesetzes“ überschriebenen Abschnitt für eine kollisionsrechtliche Bedeutung der Regelung gesprochen. Die Annahme einer speziellen Kollisionsnorm scheint vor gesetzessystematischem Hintergrund daher eher fernliegend. Aber auch für die Annahme eines bloßen Verweises auf das allgemeine Kollisionsrecht kann mit der Gesetzessystematik nicht gestritten werden. cc) Wille des historischen Gesetzgebers Der Wille des historischen Gesetzgebers hat in der Begründung des Regierungsentwurfs des UmwG35 Ausdruck gefunden. Der Gesetzgeber macht deutlich, dass es ihm um eine Beschränkung der Umwandlungsmöglichkeiten auf Rechtsträger mit Sitz im Inland geht, um europäischen Harmonisierungsbemühungen nicht vorzugreifen und rechtspolitischen wie -technischen Problemen aus dem Weg zu gehen.36 Vor diesem Hintergrund in der Formulierung des § 1 Abs. 1 UmwG einen Verweis auf das allgemeine Kollisionsrecht zu sehen, ist nicht haltbar. Es ging den Machern des UmwG nicht lediglich darum, die Anwendbarkeit des Gesetzes auf inländische Rechtsträger zu beschränken. Ihr Anliegen war vielmehr, nur rein nationale Umwandlungen den Regelungen des Gesetzes zu unterstellen. Dementsprechend wird als Einleitung der Begründung zum Ersten Buch des UmwG klargestellt, dass es regele, „inwieweit Umwandlungen von Rechtsträgern überhaupt möglich sind“37. einmaligen sexuellen Handlung, bei mittelbarer Falschbeurkundung einer Erklärung, Verhandlung oder Tatsache, der Veräußerung nur eines Vermögensbestandteils oder der Inbrandsetzung eines Gebäudes etc. erfüllt sind. 35 Begr. RegE zum UmwG, BT-Drucks. 12/6699 v. 1.2.1994, 71 ff. 36 Begr. RegE zum UmwG, BT-Drucks. 12/6699 v. 1.2.1994, 80.

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Das Umwandlungsgesetz darf danach bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen keine Anwendung finden. Auch Vertreter der Indifferenzthese, die in diesen Fällen für die analoge Anwendung des UmwG streiten, werden dem Gesetzgeberwillen nicht gerecht. § 1 Abs. 1 soll mehr als die Nichtregelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung, nämlich die Sperrung des UmwG für eben solche Vorgänge, zu entnehmen sein. Die Kenntnis dieses Willens und der damalige Status quo des Internationalen Gesellschaftsrechts, d. h. ohne „Überseering“ und einen von der herrschenden Lehre anerkannten Renvoi, sprechen für die Annahme einer autolimitierenden Sachnorm, die von der Sitztheorie zunächst einmal zu Anwendung berufen werden muss. dd) Teleologische Auslegung Sinn und Zweck des § 1 Abs. 1 UmwG müssen – gerade nach dem zum gesetzgeberischen Willen Gesagten – darin gesehen werden, dass das Umwandlungsgesetz allein auf rein innerstaatliche Umwandlungen Anwendung finden soll. Die Vorschrift ist darüber hinaus im Kontext des gesamten UmwG zu sehen. Die Regelung des deutschen Umwandlungsrechts im UmwG führte zur Zusammenführung einer bis dato uneinheitlich geregelten Materie und dient durch diese Rechtsbereinigung der effizienten Nutzbarkeit der Umwandlungsmöglichkeiten.38 Der Begründung des Gesetzes ist dabei zu entnehmen, dass dem UmwG das Konzept der Eigenverantwortlichkeit der Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger bei gleichzeitiger Sicherstellung eines hinreichenden Gläubiger- und Minderheitengesellschafterschutzes zu Grunde liegt, um auf diese Weise – unter weitestgehendem Verzicht auf staatliche Aufsicht und behördliche Genehmigungen – die erforderliche Rechtssicherheit für die Unternehmenspolitik und den Rechtsverkehr zu garantieren.39 Die Formulierung des § 1 Abs. 1 UmwG stellt sich vor diesem Hintergrund als konsequente erste Regelung des neuen Gesetzes dar. Es hätte dem Gesetzgeber an der notwendigen Regelungskompetenz gefehlt, auch grenzüberschreitende Verschmelzungen komplett dem deutschen Umwandlungsrecht zu unterwerfen.40 Die denkbare einseitige Anwendung des UmwG auf den inländischen Rechtsträger wiederum hätte Fragen der Anwendbarkeit der im UmwG vorgesehenen Schutzinstrumente aufgeworfen41 37

Begr. RegE zum UmwG, BT-Drucks. 12/6699 v. 1.2.1994, 80. Vgl. Begr. RegE zum UmwG, BT-Drucks. 12/6699 v. 1.2.1994, 71. 39 Begr. RegE zum UmwG, BT-Drucks. 12/6699 v. 1.2.1994, 79 f. 40 Vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 1 UmwG Rn. 109; Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), Einl A Rn. 110. 41 So hätte sich etwa die Frage aufgedrängt, wie bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ausreichender Gläubigerschutz zu gewährleisten ist, wenn die 38

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

und das Konzept der Eigenverantwortlichkeit bei gesetzlich gewährleistetem Interessenschutz in Frage gestellt. Zudem wäre das Ziel, Rechtssicherheit bei Umwandlungen zu garantieren, für grenzüberschreitende Transaktionen durch den deutschen Gesetzgeber allein nicht erreichbar gewesen. Sinn und Zweck der Regelung sprechen somit gegen die Annahme eines Verweises auf das allgemeine Kollisionsrecht. Die Indifferenzthese erscheint ebenso unhaltbar, will man den Zweck des § 1 Abs. 1 UmwG ernst nehmen und ihn nicht konterkarieren. c) Autolimitierende Sachnorm vs. kollisionsrechtliche Eigenständigkeit Alle Auslegungsansätze sprechen gegen einen Verweis des § 1 Abs. 1 UmwG auf das allgemeine Kollisionsrecht. Auch die Indifferenzthese erscheint in Anbetracht des gesetzgeberischen Willens und insbesondere des Regelungszwecks unhaltbar. Gegen eine kollisionsrechtliche Eigenständigkeit lassen sich im Wortlaut, der Gesetzessystematik, aber auch im gesetzgeberischen Willen Anhaltspunkte finden. Die klassische Gesetzesauslegung spricht somit für den § 1 Abs. 1 UmwG als autolimitierende Sachnorm. Zwar hat die Rechtsfolgenbetrachtung einen weitgehenden Gleichlauf der unterschiedlichen Ansichten aufgezeigt. Die einfache Anwendung spricht hier aber für eine Vorzugswürdigkeit der Annahme einer kollisionsrechtlichen Eigenständigkeit der Norm.42 Nur auf diesem Wege werden unmittelbar die Ergebnisse erzielt, die man bei einer autolimitierenden Sachnorm erst unter korrigierender Zuhilfenahme der europäischen Gründungstheorie sowie des Renvoi erhält. Trotzdem bleibt zu beachten, dass sowohl die Entwicklung der europäischen Gründungstheorie nach Maßgabe der EuGH-Rechtsprechung als auch die Anerkennung des Renvoi durch die herrschende Lehre zeitlich nach Erlass des UmwG in seiner heutigen Fassung liegen. Die kollisionsrechtliche Eigenständigkeit des § 1 Abs. 1 UmwG erscheint daher zwar aus heutiger Sicht konsequent. Der Gesetzgeber des UmwG konnte diese Änderungen des Internationalen Gesellschaftsrechts hingegen nicht vorhersehen. Er ging vielmehr von der einAnwendung des § 22 UmwG bei einer Hinausverschmelzung zu einer kompetenzwidrigen Verpflichtung der ausländischen Gesellschaft führen würde, die Vorschrift dann aber mangels Regelungskompetenz des Gesetzgebers leer liefe. Die Frage stellte sich auch bei Umsetzung der VRL und wurde gesetzgeberisch durch eine Vorverlagerung des Gläubigerschutzes gelöst, vgl. hierzu unter 4. Teil A. III. 3. a). 42 Siehe unter 2. Teil A. I. 5. a) ee).

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heitlichen Geltung der Sitztheorie aus43 und musste keine Veranlassung sehen, ihre Anwendbarkeit durch eine kollisionsrechtliche Spezialregelung für das Umwandlungsrecht aufzuheben. Entscheidend für das heutige Verständnis der Norm ist somit, ob weiterhin der gesetzgeberische Wille maßgeblich ist oder ob die Annahme einer kollisionsrechtlichen Spezialregelung möglich ist, die heute den Sinn und Zweck des Gesetzes einfacher zu erfüllen vermag. Ersteres ist der Fall. Zwar ist die Bedeutung der Rechtsfolgenbetrachtung als Auslegungselement weitgehend anerkannt.44 Auch ist bei der Auslegung von einem Vorrang des historischen Normzwecks vor den Norminhaltsvorstellungen der Gesetzesverfasser auszugehen.45 Die gefundenen Ergebnisse zeigen hingegen, dass auch die Behandlung des § 1 Abs. 1 UmwG als autolimitierende Sachnorm dem Gesetzeszweck gerecht wird und die Rechtsfolgen beider Ansichten identisch sind. Die bloße Einfachheit der Rechtsanwendung aber kann nicht ausreichen, ein in Hinblick auf den Gesetzeswortlaut, die Gesetzessystematik sowie den Willen des historischen Gesetzgebers wenig überzeugenden Ansatz zu legitimieren. Es bleibt daher nur festzustellen, dass es sich bei § 1 Abs. 1 UmwG um eine autolimitierende Sachnorm handelt, die durch nationales Kollisionsrecht zur Anwendung gebracht werden muss.

II. Sitzbegriff des § 1 Abs. 1 UmwG: Verwaltungssitz, Satzungssitz oder alternative Sitzanknüpfung? Ist vom „Sitz“ einer Gesellschaft oder, wie in § 1 Abs. 1 UmwG, eines Rechtsträgers die Rede, kann der Verwaltungs-, der Satzungssitz oder eine alternative Sitzanknüpfung angesprochen sein. Der Verwaltungssitz bezeichnet dabei den Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung getroffen und im Rahmen der laufenden Geschäftsführung umgesetzt werden46, an dem sich also die tatsächliche Verwaltung der Gesellschaft befindet. Welcher Sitzbegriff in § 1 Abs. 1 UmwG Verwendung gefunden hat, ist umstritten.

43 So auch Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 43; Neye, ZIP 1994, 917, 920. 44 Schmalz, Methodenlehre (1998), Rn. 287 ff.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff (1991), 404. 45 Canaris, FS-Medicus (1999), 25, 50 f. 46 BGHZ 97, 269, 272; Sandrock, FS-Beitzke (1979), 669, 683; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 228; Behrens, ZGR 1994, 1, 6.

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

1. Erste Ansicht: Pro Verwaltungssitz47 Die Befürworter einer Anknüpfung des § 1 Abs. 1 UmwG an den Verwaltungssitz der verschmelzungswilligen Gesellschaften stützen ihre Argumentation in erster Linie auf die früher ganz herrschende kollisionsrechtliche Sitztheorie.48 Nach dieser ist die Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts vom Verwaltungssitz einer Gesellschaft abhängig.49 Nach deutschem Umwandlungsrecht umwandlungsfähig sind demnach alle Gesellschaften, deren tatsächlicher Verwaltungssitz in Deutschland liegt. Die Gegenansicht verkenne insoweit die ordnungspolitische Aufgabe des Gesellschafts- und Mitbestimmungsrechts, ein Wegtauchen von Gesellschaften ins Ausland zu verhindern.50 Zudem ließe sich aus dem aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG i. V. m. § 1 Abs. 1 UmwG folgenden Sitzerfordernis für die ebenfalls verschmelzungsfähigen natürlichen Personen ein Indiz für eine Verwaltungssitzanknüpfung gewinnen, gleiche der einzig heranziehbare Sitz der natürlichen Person, der Wohnsitz, mit seinem tatsächlichen Element doch dem Verwaltungssitz der juristischen Person.51 Schließlich wird angeführt, dass auch der Gesetzgeber bei Schaffung des § 1 Abs. 1 UmwG von der kollisionsrechtlichen Sitztheorie ausgegangen sei und eine Auslegung des Sitzerfordernisses vor diesem Hintergrund zu sinnvollen Ergebnissen führen müsse.52 Ein Satzungssitzerfordernis in § 1 Abs. 1 UmwG hineinzulesen werde dem hingegen nicht gerecht. Das UmwG wäre in diesem Falle auf den ausländischen Rechtsträger mit Verwaltungssitz in Deutschland nicht anzuwenden, obwohl nach der Sitztheorie auch für diese Gesellschaft deutsches Sachrecht berufen ist, eine internationale 47 Dieser Ansicht folgen etwa Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2001), § 1 UmwG Rn. 5; Großfeld, in: Staudinger – IntGes (1998), Rn. 699; ders., AG 1996, 302; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 44 f.; früher auch Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2001), § 1 Rn. 14, der diese Ansicht mittlerweile jedoch aufgegeben hat und sich fortan für eine Anknüpfung an den Satzungssitz ausspricht, vgl. Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 1 Rn. 11. 48 Großfeld, AG 1996, 302; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2001), § 1 UmwG Rn. 5; früher auch Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2001), § 1 Rn. 14, der es freilich ausreichen ließ, dass ein beteiligter Rechtsträger seinen Verwaltungssitz im Inland hat, so dass ausschließlich auf diesen das deutsche Umwandlungsrecht zur Anwendung kommen sollte, vgl. Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2001)., § 1 Rn. 12. 49 Vgl. statt vieler nur Leible, in: Michalski, GmbHG (2002), Syst. Darst. 2, Rn. 48 oder Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 400. 50 Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 699. 51 Großfeld, AG 1996, 302, 303. 52 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 43.

A. Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 1 UmwG?

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Umwandlung damit gar nicht im Raum stände.53 Auch die Lösung des entgegengesetzt gelagerten Falles überzeuge bei Annahme des Satzungssitzerfordernisses nicht. Die Anwendbarkeit deutschen Umwandlungsrechts auf eine deutsche Gesellschaft mit Verwaltungssitz im Ausland auszusprechen, wäre nur in den wenigen Ausnahmefällen sinnvoll, in denen das deutsche Recht durch eine Rückverweisung internationalprivatrechtlich überhaupt zur Anwendung berufen würde.54 2. Zweite Ansicht: Pro Satzungssitz55 Ein Abstellen auf den Satzungssitz bei Anwendung des § 1 Abs. 1 UmwG wird zunächst gesetzessystematisch mit der einheitlichen Verwendung des Sitzbegriffes im gesamten UmwG begründet.56 So findet der Sitzbegriff unzweifelhaft an anderer Stelle des Gesetzes, z. B. §§ 16, 19 Abs. 1, 26 Abs. 1, 306 Abs. 1 UmwG, stets in der Bedeutung des statuarischen Sitzes Verwendung.57 Eine solche Auslegung sei auch deshalb geboten, weil Gesellschaften mit ausländischem Satzungs-, aber inländischem Verwaltungssitz andernfalls die Gestaltungsoptionen des deutschen Umwandlungsrechts offen stehen, obwohl es ihnen an einer inländischen Gerichtszuständigkeit nach dem UmwG fehlt.58 Zudem setzt die Abhängigkeit des Wirksamwerdens einer Umwandlung von ihrer Eintragung in den Handelsregistern59 voraus, dass 53 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 44. 54 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 44. 55 Dieser Ansicht folgen etwa Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.Lfg., § 1 UmwG Rn. 106; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 77; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 7; Semler, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 1 Rn. 49; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 875; Bermel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG (1996), § 1 Rn. 6; Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 311; v. Busekist, GmbHR 2004, 650, 652; Triebel/v. Hase, BB 2003, 2409, 2416; Dötsch, BB 1998, 1029, 1030; Bungert, AG 1995, 489, 502 (Fn. 170). 56 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 875; Semler, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 1 Rn. 51. 57 Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 76; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 875 (Fn. 110); Semler, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 1 Rn. 51. 58 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (1999), Rn. 875. 59 Vgl. §§ 19, 20 UmwG für die Verschmelzung, §§ 130, 137 UmwG für die Spaltung, § 176 Abs. 3 UmwG für die Vermögensübertragung und §§ 198 ff. UmwG für den Formwechsel.

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

die beteiligten Gesellschaften auf Grund eines statuarischen Sitzes im Inland über die notwendige Eintragungsfähigkeit verfügen.60 Schließlich beruft sich auch diese Auffassung auf den Willen des historischen Gesetzgebers. Einzig die Anknüpfung an den Satzungssitz sei mit dem Willen des Gesetzgebers zu vereinbaren, Umwandlungen mit Auslandsbezug nicht in den Anwendungsbereich des UmwG einzubeziehen.61 Den in den Fällen eines Renvoi denkbaren Auslandsbezug habe der Gesetzgeber bei Erlass des UmwG dabei schlichtweg nicht bedacht.62 3. Alternative Sitzanknüpfung Theoretisch angedacht, wenn auch von niemandem für gut befunden, wurde die alternative Sitzanknüpfung.63 Der Anwendungsbereich des UmwG wäre dabei eröffnet, sobald entweder der Satzungs- oder der Verwaltungssitz oder aber beide Sitze im Inland liegen. 4. Stellungnahme Eine alternative Sitzanknüpfung erscheint bei Annahme des selbstbeschränkenden Charakters der Norm von vornherein als abwegig. So erfordert die zunächst zur Anwendung gelangende Sitztheorie ohnehin einen inländischen Verwaltungssitz. Auf einen solchen kann außer im Falle des Renvoi somit nicht verzichtet werden. Im Übrigen ist der korrekte Sitzbegriff erneut durch Auslegung zu ermitteln. Der Wortlaut der Vorschrift zeigt sich auch diesbezüglich als wenig ergiebig. Die einheitliche Verwendung des Satzungssitzbegriffes an anderer Stelle des Gesetzes – §§ 16, 19 Abs. 1, 26 Abs. 1, 306 Abs. 1 UmwG – spricht aber in der Tat für eben diese Verwendung des Sitzbegriffes auch in § 1 Abs. 1 UmwG. Der gesetzgeberische Wille, die Anwendbarkeit des UmwG auf reine Inlandsachverhalte zu beschränken64, lässt hingegen unmittelbar keine Rückschlüsse auf ein spezielles Sitzverständnis des Gesetzgebers zu. Beim damaligen Stand des Internationalen Gesellschaftsrechts mussten beide Sitzalternativen gleichermaßen geeignet erscheinen, den gesetzgeberischen Willen zu verwirklichen. Mittelbar erscheint es jedoch un60

Semler, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 1 Rn. 53. Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 311. 62 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 311. 63 Semler, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 1 Rn. 42; Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 310 f. 64 Siehe unter 2. Teil A. I. 5. b) cc). 61

A. Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 1 UmwG?

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wahrscheinlich, dass es Absicht des Gesetzgebers war, eine sachrechtliche Regelung zu schaffen, die die identische Sitzanknüpfung wie das ihr vorgeschaltete Kollisionsrecht wählt. Einzig die Anwendbarkeit des UmwG bereits bei Beteiligung eines ausländischen Rechtsträgers auszuschließen, wohingegen das Kollisionsrecht zur generellen Anwendbarkeit des UmwG auf die beteiligten deutschen Rechtsträger führt, verbliebe als Sinn einer zusätzlichen sachrechtlichen Anknüpfung an den Verwaltungssitz. Liegt der objektive Sinn und Zweck der Regelung – wie festgestellt65 – darin, Umwandlungen mit Auslandberührungen auszuschließen, so kann schließlich nicht bezweifelt werden, dass die sachrechtliche Anknüpfung an den Satzungssitz bei kollisionsrechtlichem Abstellen auf den Verwaltungssitz die höchsten Anforderungen an die Anwendbarkeit des UmwG stellt und somit Sinn und Zweck der Vorschrift in bestmöglicher Weise gerecht wird. Insbesondere das systematische und teleologische Verständnis der Norm sprechen damit für das Erfordernis des inländischen Satzungssitzes. Letztlich vermögen auch die diesem Ergebnis der Auslegung entgegengehaltenen Argumente der Gegenansicht nicht zu überzeugen. Dass bloße Hinweise auf die Anknüpfung an den Verwaltungssitz im Rahmen der Sitztheorie eine identische Anknüpfung im Sachrecht nicht begründen können, hat bereits die Auslegung des § 1 Abs. 1 UmwG gezeigt. Aber auch die diesbezüglich konkreteren Ausführungen von Lennerz verfangen nicht. So verlangt es der EuGH mit „Überseering“ und „Inspire Art“ heute geradezu, dass das UmwG auf den EU-ausländischen Rechtsträger mit deutschem Verwaltungssitz keine Anwendung findet.66 Andererseits war es vor den wegweisenden Judikaten des EuGH gar nicht denkbar, dass die ausländische Gesellschaft ihren Verwaltungssitz ins Inland verlegt, ohne dass deutsches Recht daran ihre Auflösung knüpft. Einer rein inländischen Verschmelzung jedenfalls steht die sachrechtliche Anknüpfung an den Satzungssitz damals wie heute nicht entgegen. In der umgekehrten Konstellation, eines ins Ausland verlegten Verwaltungssitzes der deutschen Gesellschaft, wird der Mangel einer sachrechtlichen Verwaltungssitzanknüpfung noch umso deutlicher. Unterliegt die Gesellschaft im Falle eines Renvoi dem deutschen Gesellschaftsstatut, so würde § 1 Abs. 1 UmwG die Anwendung des UmwG untersagen und die Durchführung einer rein innerstaatlichen Verschmelzung unmöglich machen. Die sachrechtliche Anknüp65

Siehe unter 2. Teil A. I. 5. b) dd). Siehe unter 1. Teil A. II. 2. Freilich ergibt sich die Nichtanwendbarkeit inländischen Verschmelzungsrechts auf den ausländischen Rechtsträger nach hier vertretener Ansicht bereits aus der europarechtlich geforderten Gründungsanknüpfung. Aber auch wenn man mit der Gegenauffassung grundsätzlich an der Sitztheorie festhalten wollte, wäre die dann vom deutschen Sachrecht bewirkte Nichtanwendbarkeit zumindest im Ergebnis europarechtskonform. 66

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

fung an den Satzungssitz hingegen ermöglicht auch die Verschmelzung im Fall des Renvoi. Die Argumentation Großfelds67, von der Beteiligungsfähigkeit natürlicher Personen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG auf die Maßgeblichkeit des Verwaltungssitzes juristischer Personen zu schließen, verfängt gleichermaßen nicht. Hier werden in unzulässiger Weise aus dem Ausnahmefall der Beteiligung natürlicher Personen Rückschlüsse auf die allgemeine Regelung des § 1 Abs. 1 UmwG gezogen.68 Der Hinweis auf die ordnungspolitische Aufgabe des Gesellschafts- und Mitbestimmungsrechts, ein Wegtauchen von Gesellschaften ins Ausland zu verhindern, ist rechtspolitisch motiviert und somit von vornherein von geringem argumentativem Wert. Sie ist aber auch insofern zweifelhaft, als dass sich eine Unzulässigkeit von Hineinverschmelzungen, bei denen auf den aufnehmenden oder neu entstehenden Rechtsträger nach vollzogener Verschmelzung ja gerade deutsches Gesellschafts-, insbesondere auch Mitbestimmungsrecht zur Anwendung gelangt, auf diese Weise nicht begründen lässt. Es ist somit der Satzungssitzbegriff, der in § 1 Abs. 1 UmwG Verwendung gefunden hat.

III. Ergebnis Betrachtet man ausschließlich die deutsche Rechtslage vor Einführung der §§ 122a ff. UmwG und lässt auch einen möglichen Einfluss der Grundfreiheiten, insbesondere die „SEVIC“-Entscheidung des EuGH zunächst unberücksichtigt, so ist festzustellen, dass die Regelung des § 1 Abs. 1 UmwG der Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen im Wege stand. Als autolimitierende Sachnorm knüpft sie die Anwendbarkeit des UmwG an den inländischen Satzungssitz aller an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger. Als Sachnorm setzt sie aber auch voraus, dass Kollisionsrecht ihr selber zur Anwendung verhilft. Die insoweit in Deutschland immer noch Anwendung findende Sitztheorie verlangt den inländischen Verwaltungssitz, um zur Anwendbarkeit deutschen Rechts zu gelangen. Sowohl die Satzungs- als auch grundsätzlich die Verwaltungssitze – eine Ausnahme hiervon liegt im Falle eines Renvoi vor – aller an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger müssen daher im Inland liegen, um die Umwandlung nach dem UmwG durchführen zu können.

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Großfeld, AG 1996, 302. Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 45 (Fn. 158), die selber die Maßgeblichkeit des Verwaltungssitzes auf anderem Wege begründet. 68

B. Vereinbarkeit mit anderen Vorschriften des UmwG

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B. Vereinbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen mit anderen Vorschriften des UmwG (§ 1 Abs. 2, § 3 UmwG)? In der Diskussion um die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen nach deutschem Recht haben seit jeher weitere Vorschriften des UmwG eine Rolle gespielt, die gegen die Zulässigkeit ins Feld geführt wurden. Zu nennen sind § 1 Abs. 2 UmwG sowie § 3 UmwG. Das Analogieverbot des § 1 Abs. 2 UmwG soll nach einer Ansicht der Beteiligung inländischer Rechtsträger an grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Anwendung von Regelungen des UmwG entgegenstehen.69 Andere beschränken die Bedeutung des Analogieverbots hingegen darauf, den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 UmwG festgelegten numerus clausus der Umwandlungsarten durch Analogie zu erweitern.70 Aber auch, wenn man das Analogieverbot auf die Herkunft der an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger ausweitet, ist § 1 Abs. 2 UmwG kaum eigenständiger Gehalt pro oder contra grenzüberschreitende Verschmelzung zu entnehmen, sobald eine solche – wie hier vertreten – bereits allein auf Grund des § 1 Abs. 1 UmwG für unzulässig gehalten wird. Gleiches gilt – vice versa –, hält man die grenzüberschreitende Verschmelzung nach § 1 Abs. 1 UmwG für zulässig. Eigenständige Bedeutung erlangt der Streit um die Weite des Analogieverbots damit allein für den Fall, dass man § 1 Abs. 1 UmwG keine Aussage zur Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen beimisst. Ähnlich ist die Bedeutung des § 3 UmwG einzuschätzen, der die verschmelzungsfähigen deutschen Rechtsträger abschließend benennt.71 Auch seine Auslegung setzt bereits ein Vorverständnis von einer Verschmelzung i. S. d. § 1 Abs. 1 UmwG voraus. Die Untersuchung des § 1 Abs. 1 UmwG hat bereits gezeigt, dass die Vorschrift grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Anwendung des UmwG entgegensteht. § 1 Abs. 2 UmwG und § 3 UmwG können dann keine eigenständigen Argumente gegen die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung entnommen werden. 69 Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 1 UmwG Rn. 110; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 874; Kruse, Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EG (1997), 138. 70 Paefgen, GmbHR 2004, 463, 465; Triebel/von Hase, BB 2003, 2409, 2417; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 649; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 63 f. 71 Vgl. zum abschließenden Charakter des § 3 UmwG Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 3 Rn. 2; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 3 Rn. 4; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 3 Rn. 4.

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2. Teil: Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht

C. Ergebnis des 2. Teils Lässt man die „SEVIC“-Entscheidung des EuGH und einen weitergehenden Einfluss der Grundfreiheiten mit den daraus gegebenenfalls nötig werdenden europarechtskonformen Auslegungen des UmwG zunächst außer Betracht, stand das UmwG grenzüberschreitenden Verschmelzungen in der Vergangenheit ablehnend gegenüber. Jedenfalls grenzüberschreitende Verschmelzungen mit Gesellschaften aus Staaten, die nicht von der „SEVIC“-Entscheidung des EuGH, den in Umsetzung der VRL ergangenen §§ 122a ff. UmwG oder anderweitig von Grundfreiheiten profitieren, werden danach auch zukünftig nicht zulässig sein.72

72 Dazu, inwieweit die Grundfreiheiten auch grenzüberschreitende Verschmelzungen mit Drittstaatengesellschaften ermöglichen, siehe unter 3. Teil A. III.

3. Teil

Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen bei Beachtung europarechtlicher Vorgaben Die nationale Rechtslage wird für grenzüberschreitende Verschmelzungen innerhalb der EU vom Europarecht beeinflusst. Die „SEVIC“-Entscheidung1 des EuGH hat hinsichtlich eines möglichen Schutzes durch Grundfreiheiten zu Klarstellungen, wenn auch nicht zu abschließender Gewissheit geführt. Sekundärrechtlich sind die Mitgliedstaaten bis Dezember 2007 zur Umsetzung der VRL verpflichtet.2 Das europäische Recht hat darüber hinaus Auswirkungen auf die Zulässigkeit von grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Beteiligung von nicht in der EU beheimateten Gesellschaften.

A. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten Ein Ergebnis der bisherigen Untersuchung war, dass der Rechtsprechung des EuGH zur Sitzverlegung keine unmittelbare Aussage darüber zu entnehmen ist, ob auch die grenzüberschreitende Verschmelzung eine Ausübungsform von Grundfreiheiten darstellt.3 In Betracht zu ziehen ist insoweit zunächst eine Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit (Artt. 43 ff. EG). Daneben ist auch die durch Artt. 56 ff. EG gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit zu würdigen.

I. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung der Niederlassungsfreiheit – Die EU-/EWR-interne Verschmelzung Die grenzüberschreitende Verschmelzung innerhalb der EU kann sich als Ausübung der primären und/oder der sekundären Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften oder ihrer Gesellschafter darstellen. Gleichberechtigt neben 1 2 3

EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805 ff. Vgl. Art. 19 Satz 1 VRL. Siehe unter 1. Teil B. II.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

EU-Gesellschaften und -Gesellschaftern stehen dabei nach Art. 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum4 (EWR-Abkommen) solche aus den Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein.5 Unter einer Niederlassung wird die Aufnahme und Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit verstanden, die auf Basis einer festen Einrichtung die dauerhafte Teilnahme am Wirtschaftsverkehr eines anderen Mitgliedstaates zum Ziel hat.6 Berechtigte sind sowohl natürliche Personen als auch die ihnen über Art. 48 EG gleichgestellten Gesellschaften.7 Die primäre Niederlassungsfreiheit verbürgt gemäß Artt. 43 Abs. 1 Satz 1, 48 EG das Recht der natürlichen Personen/Gesellschaften, im EUAusland ein Unternehmen zu gründen, ein solches zu übernehmen oder aber den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.8 Die sekundäre Niederlassungsfreiheit nach Artt. 43 Abs. 1 Satz 2, 48 EG gewährt daneben das Recht, Tochtergesellschaften, Agenturen oder Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten zu errichten.9 Ob und inwieweit sich die an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung innerhalb der EU beteiligten Gesellschaften bzw. deren Gesellschafter auf die Niederlassungsfreiheit der Artt. 43 ff. EG berufen können, war in der Literatur lange Zeit umstritten. Als Konsequenz hatte schließlich der EuGH10, nach Anrufung durch das LG Koblenz11, Gelegenheit, in einem Fall der Hineinverschmelzung, der Rechtssache „SEVIC“, Stellung zu nehmen.

4 Vgl. das Gesetz zu dem Abkommen vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl. II-1993, 266 ff. 5 Der Vereinfachung halber wird im Folgenden nur von den „EU-Gesellschaften“ und „EU-Gesellschaftern“ die Rede sein, EWR-Berechtigte hingegen ausschließlich in abschließenden Ergebnissen Erwähnung finden. 6 Müller-Graff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 11; Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 3, 77. 7 Vgl. zum denkbar weiten Gesellschaftsbegriff des Art. 48 EG Randelzhofer/ Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 48 Rn. 7 f.; Lackhoff, Die Niederlassungsfreiheit des EGV (2000), 188 ff. 8 Statt vieler Bröhmer, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV (2002), Art. 43 EG Rn. 17 sowie Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 43 Rn. 46. 9 Statt vieler Bröhmer, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV (2002), Art. 43 EG Rn. 17 sowie Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 43 Rn. 46. 10 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805 ff. 11 LG Koblenz vom 16.9.2003 – 4 HK.T 1/03, GmbHR 2003, 1213 f.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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1. Bisherige Diskussion in der Literatur a) Ablehnung einer Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften Vereinzelt wurde vor „SEVIC“ die Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen abgelehnt.12 Die grenzüberschreitende Verschmelzung sei nicht mit der grenzüberschreitenden Verlegung des Verwaltungssitzes zu vergleichen, da erstere im Gegensatz zur letzteren zu einer Änderung des Gesellschaftsstatuts führt.13 Die grenzüberschreitende Verschmelzung stelle vielmehr den Wunsch der einwanderungswilligen Gesellschaft dar, in die Rechtsordnung des Zuzugsstaates inkorporiert zu werden. Genauso wenig wie die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG natürlichen Personen ein Einbürgerungsrecht gewährt, könne dieser Inkorporationswunsch auf Artt. 43, 48 EG gestützt und damit zu einer Inkorporationspflicht des Zuzugsstaates werden.14 b) Sowohl aufnehmende als auch übertragende Gesellschaften sind Berechtigte der Niederlassungsfreiheit15 Nach gegenteiliger Ansicht stand die grenzüberschreitende Verschmelzung innerhalb der EU seit jeher sowohl aus Sicht der übertragenden Ge12

Ausführlich Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 1 UmwG Rn. 206 ff.; Triebel/von Hase, BB 2003, 2409, 2415, die sich allerdings nur mit der primären Niederlassungsfreiheit der aufzunehmenden Gesellschaft auseinandersetzen. Zweifelnd auch von Busekist, GmbHR 2004, 650, 652 f. Auf der Grundlage von „Daily Mail“ auch Tauchert-Nosko, Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften in Deutschland und Frankreich (1999), 264 sowie Kreuzer, EuZW 1994, 73, 74. Im Übrigen bereits Schlosser, Die gesellschaftlichen Niederlassungen innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als Problem des internen und des internationalen Privatrechts (1965), 153, der mit dem „corporate suicide“ der übertragenden Gesellschaft argumentiert – freilich ohne Verwendung des konkreten Begriffs –, die (sekundäre) Niederlassungsfreiheit einer aufnehmenden Gesellschaft unberücksichtigt lässt und stattdessen allein auf die Niederlassungsfreiheit der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft abstellen möchte. 13 Triebel/von Hase, BB 2003, 2409, 2415. 14 Triebel/von Hase, BB 2003, 2409, 2415. 15 Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 18, 22; Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 321 f.; ders., GmbHR 2003, 1413, 1414; Koppensteiner, RabelsZ 1975, 405, 423; Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 25 f.; Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000), 139 f., der den Vorgang der grenzüberschreitenden Verschmelzung insgesamt als eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit einordnet; Lawall, IStR 1998, 345, 347, der allerdings nur auf die primäre Nieder-

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

sellschaft als auch aus der Sicht der aufnehmenden Gesellschaft im Rahmen einer Verschmelzung zur Aufnahme unter dem Schutz der Niederlassungsfreiheit.16 Die zu übertragende Gesellschaft könne sich bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auf ihre primäre Niederlassungsfreiheit berufen; als Sonderfall einer grenzüberschreitenden Neugründung unterfalle insbesondere die Verschmelzung zur Neugründung der primären Niederlassungsfreiheit der Artt. 43, 48 EG.17 Aber auch bei einer Verschmelzung zur Aufnahme sei aus Sicht der übertragenden Gesellschaft keine andere Bewertung gerechtfertigt.18 Darüber hinaus sei es auf Grund der im Wege der Verschmelzung herbeigeführten Wirkungen der Gesamtrechtsnachfolge für eine Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit nicht erforderlich, dass eine Gesellschaft vor und nach der Verschmelzung existiert.19 Neben der Berufung der übertragenden Gesellschaft auf die primäre Niederlassungsfreiheit übe die aufnehmende Gesellschaft bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ihre sekundäre Niederlassungsfreiheit aus, da sie auf diesem Wege eine Zweigniederlassung im Ausland gründe.20 Gillessen lehnt schließlich eine Differenzierung zwischen aufnehmender und übertragender Gesellschaft sowie zwischen einer Verschmelzung zur Neugründung und zur Aufnahme ab und ermöglicht damit wohl auch der im Rahmen einer Verschmelzung zur Neugründung erst entstehenden Gesellschaft eine Berufung auf die Niederlassungsfreiheit.21 lassungsfreiheit der sich auflösenden Gesellschaft eingeht; ohne Differenzierung zwischen primärer und sekundärer Niederlassungsfreiheit auch Müller-Huschke, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 48 EGV Rn. 13, 25, Lutter, Europäisches Unternehmensrecht (1996), 42, ders., ZGR 1994, 87, 91, Ebenroth/Kaiser, ZVglRWiss 1992, 223, 244 sowie Timmermanns, RabelsZ 1984, 1, 38, 41. 16 Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 18, 22; Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 321 f.; ders., GmbHR 2003, 1413, 1414; Koppensteiner, RabelsZ 1975, 405, 423; Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 25 f. 17 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 321. 18 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 321. 19 Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 321. In diesem Sinne auch Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000), 140. 20 Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 18, 22; Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 322; ders., GmbHR 2003, 1413, 1414; Koppensteiner, RabelsZ 1975, 405, 423. Dies sehen auch die Vertreter der unter 3. dargestellten Ansicht so. 21 Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000), 139 f. Die Argumentation von Gillessen übernehmend Kraft/Bron, IStR 2006, 26, 27. Auch Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Auslän-

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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c) Beschränkung des Schutzes der (sekundären) Niederlassungsfreiheit auf die aufnehmende Gesellschaft22 Schließlich war eine Gruppe von Autoren bisher der Auffassung, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen ausschließlich die sekundäre Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden Gesellschaft tangieren23, ansonsten aber nicht von niederlassungsrechtlicher Relevanz seien. So setze eine Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit durch eine Gesellschaft voraus, dass diese bereits vor, aber auch noch nach der Verschmelzung existiere. Die übertragende Gesellschaft hingegen begehe durch die Verschmelzung einen sogenannten „corporate suicide“.24 Die bei der Verschmelzung zur Neugründung entstehende neue Gesellschaft wiederum existiert vor Abschluss der Verschmelzung noch nicht. Für beide stellt sich die Verschmelzung daher nicht als Ausübungsform der Niederlassungsfreiheit dar. d) Die Niederlassungsfreiheit der Gesellschafter Die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaftern der sich verschmelzenden Gesellschaften könnte bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen in zweierlei Hinsicht Bedeutung erlangen. Zum einen stellt sich die Frage, ob die Gesellschafter nicht als Gründer der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft von der Niederlassungsfreiheit profitieren. Zum anderen ist zu klären, inwieweit sich die grenzüberschreitende Verschmelzung für die Gesellschafter als niederlassungsrechtlich relevantes Investment darstellt. Für beide Ansätze gilt dabei freilich die Einschränkung, dass von vornherein nur solche Gesellschafter mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung die Niederlassungsfreiheit ausüben können, die niederlassungsfreiheitsberechtigt dische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 82, der darauf hinweist, dass es „wenig glücklich“ sei, den Schutz der Niederlassungsfreiheit zu versagen, wenn dadurch lediglich der Umweg über die Gründung einer Auslandsgesellschaft im Vorfeld einer Verschmelzung zur Aufnahme nötig wird. 22 Kuntz, EuZW 2005, 524, 526; Paefgen, GmbHR 2004, 463, 467 f.; ders., IPRax 2004, 132, 133; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 649 (Fn. 28); Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 75 ff.; Eyles, Das Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft (1990), 114 ff. 23 Die Einschlägigkeit der sekundären Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden Gesellschaft wird dabei mit der bereits unter 2. vorgestellten Argumentation begründet. 24 Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 41; Kuntz, EuZW 2005, 524, 526; Paefgen, GmbHR 2004, 463, 467 f.; ders., IPRax 2004, 132, 133; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 77; Eyles, Das Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft (1990), 116.

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sind.25 Für Gesellschafter aus Nicht-EU-Staaten stellt sich die Verschmelzung daher nicht als – originäre26 – Ausübung ihrer Niederlassungsfreiheit dar. Des Weiteren ist zu beachten, dass für den einzelnen Gesellschafter eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit nur dann vorliegen kann, wenn die Verschmelzung aus seiner Sicht zu einer Niederlassung im EU-Ausland führt.27 aa) Die Gesellschafter als Gründer? Eine Gründereigenschaft von Gesellschaftern der sich verschmelzenden Gesellschaften wird in der Literatur mehrheitlich abgelehnt.28 Nur vereinzelt wird mit Verweis auf die „ICI“-Entscheidung des EuGH in Erwägung gezogen, auch die Gesellschafter als Gründer anzusehen.29 Dem ist nicht zu folgen. Das Judikat bringt lediglich zum Ausdruck, dass es die Niederlassungsfreiheit verletzt, wenn „Gesellschaften, die zu einem gebietsansässigen Konsortium gehören und über eine Holdinggesellschaft von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen, um über diese Holdinggesellschaft Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten zu gründen“ durch nationales Recht ein Steuervorteil für Verluste einer Tochtergesellschaft versagt wird, sobald die Holding nicht hauptsächlich Inlandsbeteiligungen 25 Vgl. Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), 164; Eyles, Das Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft (1990), 88 f. 26 Gleichberechtigt nach Art. 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aber Gesellschaften aus den Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein. 27 Soll beispielsweise eine britische Gesellschaft auf eine deutsche verschmolzen werden, ohne dass eine wirtschaftliche Betätigung in Großbritannien verbleibt, so stellt sich die Verschmelzung aus Sicht des deutschen Gesellschafters der britischen Gesellschaft nicht als niederlassungsrechtlich relevanter Vorgang dar. 28 Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 36 Rn. 8; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 78; Ihrig, GmbHR 1995, 622, 634. 29 Kraft/Bron, IStR 2006, 26, 28 mit Verweis auf EuGH, Urteil v. 16.7.1998 – C-264/96 – „ICI“, Slg. 1998, I-4695, I-4721 f., Rn. 22. Entgegen Kraft/Bron, IStR 2006, 26, 28 (Fn. 44) sowie Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 78 kann Kruse, Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EG (1997), 66 nicht als Vertreterin dieser Ansicht angefügt werden. Kruse macht a. a. O. lediglich deutlich, dass sich eine Gesellschaft für ihre eigene Gründung nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann, in diesem Falle vielmehr die Niederlassungsfreiheit der zukünftigen Gesellschafter zur Ausübung kommt. Hiervon ist jedoch die bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung gegebene Sachlage zu unterscheiden, die dadurch gekennzeichnet ist, dass bereits existierende Gesellschaften eine neue Gesellschaft im Wege einer Verschmelzung gründen.

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hält.30 Das Gericht konstatiert damit zwar, dass die Muttergesellschaften einer die Niederlassungsfreiheit wahrnehmenden Holdinggesellschaft durch die beanstandete Regelung in ihrer Niederlassungsfreiheit verletzt werden. Der „ICI“-Entscheidung ist aber keineswegs zu entnehmen, dass die Gesellschafter der Holding in ihrer Funktion als Gründer derselben auch als Gründer der durch die Holding gegründeten Tochtergesellschaften anzusehen sind und sie gerade aus diesem Grund den Schutz der Niederlassungsfreiheit genießen. Im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung spricht für die herrschende Lehre zudem der Wortlaut des § 36 Abs. 2 Satz 2 UmwG, der zum Ausdruck bringt, dass bei einer Verschmelzung zur Neugründung die übertragenden Rechtsträger und gerade nicht ihre Gesellschafter Gründer sind.31 Die Gesellschafter der verschmelzenden Gesellschaften sind somit nicht Partei des Errichtungsaktes, sondern wirken an der Verschmelzung nur durch ihre Beteiligung am Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung mit.32 Eine Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit zu Gunsten der Gesellschafter lässt sich auf diese Weise nicht begründen. bb) Investitionen als Ausübung der Niederlassungsfreiheit Die Zusammenführung von Gesellschaften im Wege einer Verschmelzung stellt sich für die Gesellschafter der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft als sog. Direktinvestition33 dar, die sie mit ihren Zustimmungen zur Verschmelzung in den Gesellschafterversammlungen betreiben. Die Gesellschafter übertragender Gesellschaften erhalten im Wege der als Wirkung der Verschmelzung eintretenden Universalsuksession nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG Anteile an der entstehenden Gesellschaft, verlieren – besser, 30 EuGH, Urteil v. 16.7.1998 – C-264/96 – „ICI“, Slg. 1998, I-4695, I-4724, Rn. 30. 31 Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 36 Rn. 8; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 36 Rn. 14; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2006), § 36 UmwG Rn. 35; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 78; Ihrig, GmbHR 1995, 622, 634. 32 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 78; Ihrig, GmbHR 1995, 622, 634. 33 Eine Definition des Begriffs findet sich in Anhang I, XIII, F. der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages. Danach handelt es sich bei Direktinvestitionen um „Investitionen jeder Art durch natürliche Personen, Handels-, Industrie- oder Finanzunternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmern oder Unternehmen, für die die Mittel zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind“.

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investieren – dafür aber ihre Anteile an der nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erloschenen Gesellschaft. Aber auch für die Gesellschafter einer aufnehmenden Gesellschaft ist die Verschmelzung in aller Regel mit einer niederlassungsrechtlich relevanten Direktinvestition verbunden. Die für eine Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit zwingend erforderliche grenzüberschreitende Dimension des Sachverhalts liegt dabei dann vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung die Investition in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt, d. h. Renditechancen im Ausland realisiert werden sollen.34 Der Verschmelzungsbeschluss der Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft macht die Verschmelzung und damit die Beteiligung der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft möglich. Im Gegenzug geht das Vermögen der übertragenden gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die aufnehmende Gesellschaft über. Wirtschaftlich betrachtet lässt sich die grenzüberschreitende Verschmelzung damit aus Sicht der Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft als Zustimmung zur Ausweitung des Aktionärskreises bei gleichzeitiger Änderung des Vermögensbestandes der Gesellschaft und damit einhergehender neuer Renditechancen beschreiben. Diese Renditechancen sollen zumindest solange auch im Ausland realisiert werden, wie eine wirtschaftliche Betätigung der übertragenden ausländischen Gesellschaft im Ausland von der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft fortgeführt werden soll. Ob mit einer grenzüberschreitenden Investition die Niederlassungsfreiheit ausgeübt wird, wird schließlich auf Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtung von der wohl ganz herrschenden Lehre differenziert beurteilt. Vermitteln diese sog. Direktinvestitionen unternehmerischen Einfluss oder zumindest unternehmerische Kontrollrechte, ermöglichen sie also eine selbstständige unternehmerische Tätigkeit, so sollen sie (auch) in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit fallen, wohingegen sog. Portfolioinvestitionen allein durch die Kapitalverkehrsfreiheit geschützt würden.35 34 Für die nach zutreffender Auffassung parallel anwendbare Kapitalverkehrsfreiheit formulieren ebenso Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 186; Ohler, Europäische Kapitalund Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 205. 35 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band II, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 56 EGV Rn. 30; Geiger, EUV/EGV (2004), Art. 56 Rn. 4; Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 43 EG Rn. 26; MüllerGraff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 15; Sedlaczek, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 56 EGV Rn. 12; Glaesner, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 56 EGV Rn. 11; etwas kryptisch, aber im Ergebnis wohl auch Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV (2007), Art. 56 EGV Rn. 25; dafür, dass diese sog. Direktinvestitionen ausschließlich von der Niederlassungsfreiheit geschützt werden Kainer, Unternehmensübernahmen im Binnenmarktrecht (2004), 64 f.; Schnitger, IStR 2002, 711, 712.

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Zur Diskussion steht dabei freilich noch immer die Frage, welchen Umfang eine Beteiligung konkret annehmen muss, um Ausübung der Niederlassungsfreiheit sein zu können. Teilweise wird unter Verweis auf die vierte36 und siebente37 gesellschaftsrechtliche Richtlinie angedacht, ein unternehmerisches Engagement bereits bei einer 20 % überschreitenden Beteiligung als gegeben zu unterstellen.38, 39 Generalanwalt Alber spricht sich in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache „Baars“ hingegen gegen einen solchen statischen Mindestbeteiligungsprozentsatz aus und plädiert für die Durchführung von Einzelfallprüfungen, in denen auf der Grundlage der Satzung der Gesellschaft und der nach Maßgabe ihres Personalstatuts auf sie anwendbaren gesellschaftsrechtlichen Regelungen festzustellen sei, ob die gehaltene Beteiligung unternehmerische Kontrolle ermöglicht.40 Dass sich in einer grenzüberschreitenden Direktinvestition und demnach auch in einer grenzüberschreitenden Verschmelzung die Niederlassungsfreiheit von aus EU-Mitgliedstaaten kommenden Gesellschaftern realisieren kann, ist damit jedenfalls im Grundsatz anerkannt. Das gewählte Differenzierungskriterium, die durch die gehaltene Beteiligung vermittelte unternehmerische Kontrolle, schließt dabei eine Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit zu Gunsten der Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft in der Regel nicht aus. 36 Vierte Richtlinie 78/660/EWG aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABlEG Nr. L 222/11 vom 14.8.1978. 37 Siebente Richtlinie 83/349/EWG aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss, ABlEG Nr. 193/1 vom 18.7.1983. 38 Sedlaczek, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 56 EGV Rn. 12; Troberg, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EUV/EGV (1997), Art. 52 EGV Rn. 12 (Fn. 14), anders jedoch heute Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 29, die eine solche Möglichkeit zwar andeuten, im Ergebnis aber ablehnen. 39 Die Annahme eines unternehmerischen Engagements bei einer Beteiligung von über 20% resultiert aus den Wertungen der vierten und siebenten Richtlinie. Richtlinie 78/660/EWG legt in Art. 17 Satz 1 den Beteiligungsbegriff dahingehend fest, dass es sich um Anteile an anderen Unternehmen handelt, „die dazu bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen“ und schreibt gleichzeitig in Art. 17 Satz 2 den Mitgliedstaaten die Vermutung einer solchen Beteiligung verpflichtend vor, sobald Anteile in Höhe von über 20% am Kapital einer anderen Gesellschaft gehalten werden. Auch Art. 1 Abs. 1 Satz 5 der Richtlinie 83/349/EWG ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass von der Möglichkeit zu unternehmerischer Einflussnahme bei Beteiligungen ab 20% auszugehen ist. 40 Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rs. C-251/98 – „Baars“, Slg. 2000, I-2787, I-2797, Rn. 33. Ebenso auf den Einzelfall abstellend jetzt Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 29 sowie Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 121.

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Zwar halten diese nach wie vor ausschließlich Anteile einer inländischen Gesellschaft. Solange die unternehmerische Betätigung der Gesellschaft durch die Verschmelzung auf diesem Wege aber auf entstehende Zweigniederlassungen im Ausland ausgedehnt wird, weitet sich auch ihr unternehmerischer Einfluss ins Ausland aus. Hervorzuheben bleibt schließlich, dass die Freiheitsausübung unter der Bedingung steht, dass die Verschmelzungsbeschlüsse der beteiligten Gesellschaften mit den erforderlichen Quoren gefasst werden. Die gesetzlich festgelegten Mindestquoren41 stellen dabei – jedenfalls solange sie nicht höher liegen als bei innerstaatlichen Verschmelzungen – selber keine Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit solcher Gesellschafter dar.42 Bereits auf Ebene der Gesellschaft gilt, dass die gesellschaftsinterne Willensbildung der Niederlassungsfreiheit vorgelagert und daher nicht an ihr zu überprüfen ist.43 Die Gesellschafter haben sich dieser Form der Willensbildung mit Eintritt in die Gesellschaft freiwillig unterworfen. Kann man mit einiger Berechtigung vom Grundsatz ausgehen, dass die Freiheit des einen dort endet, wo die Freiheit des anderen beginnt, d. h. für Gesellschaftsbeschlüsse eigentlich das 100-prozentige Zustimmungserfordernis den Normalfall bilden müsste, so stellen sich die für den erfolgreichen Verschmelzungsbeschluss erforderlichen Quoren gar als Erleichterung der Ausübung der Niederlassungsfreiheit dominierender Gesellschafter dar.44 2. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „SEVIC“45 In der Rechtssache „SEVIC“ hatte der EuGH erstmals Gelegenheit, zur Problematik der grenzüberschreitenden Verschmelzung innerhalb der EU Stellung zu nehmen. Das LG Koblenz46 hatte die Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorgelegt, ob die Artikel 43 EG und 48 EG dahingehend auszulegen sind, „dass es im Widerspruch zur Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften steht, wenn einer ausländischen europäischen Gesellschaft die Eintragung ihrer angestrebten Verschmelzung mit einer deutschen Gesellschaft in das deutsche Handels41 Vgl. für Gesellschaften deutschen Gründungsstatuts §§ 43 Abs. 1, 45d Abs. 1, 50 Abs. 1, 65 Abs. 1, 84 Abs. 1, 103, 112 Abs. 3 UmwG. 42 Ohne Einschränkung Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 358 f. Vgl. aber zur hier gemachten Einschränkung unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (3) (c) (bb) (a). 43 Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 358 f. 44 Dafür, dass in den Quoren auch eine Erleichterung der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaft liegt, Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 359. Vgl. aber auch hierzu die zu machende Einschränkung unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (3) (c) (bb) (a). 45 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805 ff. 46 LG Koblenz, Beschluss v. 16.9.2003 – 4 HK.T 1/03, GmbHR 2003, 1213.

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register gemäß §§ 16 ff. UmwG versagt wird, weil § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nur eine Umwandlung von Rechtsträgern mit Sitz im Inland vorsieht“.

In dem zur Vorlage Anlass gebenden Verfahren hatte die SEVIC Systems AG mit Sitz im deutschen Neuwied Beschwerde vor dem Landgericht Koblenz gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Neuwied erhoben. Das Registergericht hatte die Eintragung der Verschmelzung der SEVIC Systems AG mit der in Luxemburg ansässigen Security Vision SA in das deutsche Handelsregister mit der Begründung abgelehnt, dass das deutsche Umwandlungsrecht nur Verschmelzungen von Gesellschaften mit Sitz in Deutschland vorsehe.47 Da die Security Vision SA auf die SEVIC Systems AG verschmolzen werden sollte, handelte es sich aus deutscher Sicht um einen Fall der Hineinverschmelzung zur Aufnahme. a) Entscheidungsinhalt Der EuGH macht in seinen Ausführungen deutlich, dass es der durch Artt. 43, 48 EG gewährleisteten Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften nicht gerecht wird, wenn die Eintragung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung in das nationale Handelsregister generell verweigert wird, obwohl rein innerstaatliche Verschmelzungen von der Rechtsordnung zugelassen sind.48 Die grenzüberschreitende Verschmelzung ermögliche die tatsächliche Teilnahme am Wirtschaftsleben anderer Mitgliedstaaten und sei Ausübungsform der Niederlassungsfreiheit.49 Eine unterschiedliche Behandlung von grenzüberschreitenden und innerstaatlichen Verschmelzungen verstoße daher gegen Art. 43 Abs. 2 EG, der Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten das Recht zuspricht, im EU-Ausland Gesellschaften nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates zu gründen und zu leiten.50 Nationalstaatliche Beschränkungen dieser Ausübung der Niederlassungsfreiheit seien zwar durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, etwa den Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern, zu rechtfertigen.51 Eine generelle Eintragungsverweigerung greife hingegen unabhängig von etwaigen Schutzinteressen und sei zudem 47 Vgl. zum Sachverhalt LG Koblenz, Beschluss GmbHR 2003, 1213. 48 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – I-10836, Rn. 31. 49 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – I-10832, Rn. 18 f. 50 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – I-10832, Rn. 17. 51 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – I-10833 ff., Rn. 23, 28.

v. 16.9.2003 – 4 HK.T 1/03, „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805, „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805, „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805, „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805,

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zur Erreichung eines eventuell notwendigen Interessenschutzes nicht erforderlich.52 b) Bewertung der Entscheidung Die „SEVIC“-Entscheidung wurde nicht nur von den im konkreten Fall betroffenen Gesellschaften, sondern nicht minder von der sich mit der Problematik der grenzüberschreitenden Verschmelzung beschäftigenden Wissenschaft sehnlichst erwartet. Man erhoffte sich weitgehende Aufklärung über den Einfluss der Niederlassungsfreiheit auf nationales Verschmelzungsrecht sowie eine Entschärfung des Disputs53 um die richtige Auslegung des § 1 Abs. 1 UmwG.54 Manche hielten gar eine Abkehr des Gerichts von der immer noch Geltung beanspruchenden „Daily Mail“-Doktrin für möglich55 oder erwarteten zumindest eine restriktive Interpretation dieses Judikats56. Sollte die Bedeutung der Entscheidung – wie zu zeigen sein wird – für „Daily Mail“ auch nicht überschätzt werden, so sollte über die europarechtlich zwingende Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen doch fortan Einigkeit bestehen. Diskussionswürdig bleibt, nach welchen Maßstäben sich zukünftig nationale Regelungen rechtfertigen lassen, die die grenzüberschreitende Verschmelzung beschränken. Die Entscheidung ist hier knapp und steht der Interpretation offen. aa) Bedeutung des Urteils für Hineinverschmelzungen Die Rechtssache „SEVIC“ hatte einen Fall der Hineinverschmelzung zur Aufnahme zum Gegenstand. Insofern steht fest, dass zukünftig zumindest der Verschmelzung einer ausländischen auf eine inländische Gesellschaft vom deutschen Recht im Grundsatz nicht die Anerkennung versagt werden darf.57 Auf die Rechtsformen der beteiligten Gesellschaften kommt es dabei 52 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805, I-10835, Rn. 30. 53 Siehe hierzu unter 2. Teil A. 54 Sinewe, DB 2005, 2061. 55 Diese Möglichkeit in Betracht ziehend Kuntz, EuZW 2005, 524, 526. 56 Drygala, ZIP 2005, 1995, 1998. 57 Einhellige Interpretation, vgl. nur Kleinert, GmbHR 2006, R 45. In diesem Sinne, aber ohne Differenzierung von Hineinverschmelzung zur Aufnahme und zur Neugründung, auch Kappes, NZG 2006, 101, 102; Hoffmann, RIW 2006, Heft 2 „Die erste Seite“; Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 149; Bungert, BB 2006, 53, 53 f.; C. Schmidt/Maul, BB 2006, 13; Ringe, DB 2005, 2806 f. Gar ohne Differenzierung zwischen Hinein- und Hinausverschmelzung Beul, IStR 2006, 34 sowie Kraft/Bron, IStR 2006, 26, 28 (Fn. 50).

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nicht an.58 Unter den in der Entscheidung niedergelegten Voraussetzungen ist jeder Gesellschaftsform, die unter den Gesellschaftsbegriff des Art. 48 Abs. 2 EG und damit in den persönlichen Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit fällt, die grenzüberschreitende Verschmelzung zu ermöglichen.59 Gesellschaften in diesem Sinne sind – negativ formuliert – alle Wirtschaftssubjekte, die keine natürlichen Personen sind, also nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern etwa auch Personengesellschaften, Vereine und Stiftungen.60 Aber auch für Verschmelzungen zur Neugründung kann die Beurteilung bei genauer Betrachtung des Urteils nicht anders ausfallen. Zwar folgt das Gericht nicht wörtlich der Argumentation des Generalanwalts Tizzano. Dieser sah, wie die korrespondierende Auffassung in der Literatur61, in der Verhinderung grenzüberschreitender Verschmelzungen nicht nur eine Verletzung der sekundären Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden Gesellschaft, sondern auch eine Verletzung der primären Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft62, wonach im Ergebnis auch Hineinverschmelzungen zur Neugründung in Zukunft zuzulassen wären. Ähnlich Gillessen63 verzichtet das Gericht vielmehr auf die ausdrückliche Differenzierung zwischen der Niederlassungsfreiheit der übertragenden und der aufnehmenden Gesellschaft und scheint in seinem Urteil mitunter die Einheitlichkeit des Verschmelzungsvorgangs in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken zu wollen.64 Andererseits ergibt sich aus den Ausführungen des EuGH zumindest mittelbar, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung für die übertragende Gesellschaft von niederlassungsrechtlicher Relevanz ist. Wenn das Gericht in seiner Begründung das Diskriminierungsverbot des Art. 43 58

Vgl. den hiervon abweichenden persönlichen Anwendungsbereich der VRL sowie der §§ 122a ff. UmwG, die allein die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften regeln, unter 3. Teil B. III. 59 So die einhellige Interpretation der Entscheidung, vgl. nur Sedemund, BB 2006, 519, 520; Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 164; Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 212; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 151. 60 Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 2; ähnliche, für eine Subsumtion keine Unterschiede begründende Definitionen finden sich u. a. bei Müller-Graff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 48 EGV Rn. 2 sowie Geiger, EUV/EGV (2004), Art. 48 Rn. 2 f. 61 Siehe unter 3. Teil A. I. 1. b). 62 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805, I-10817 f., Rn. 46 ff. 63 Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000), 139 f. 64 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10831 f., Rn. 16, 19. Die Entscheidung in diesem Sinne interpretierend Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 356, 358; Kindler, Der Konzern 2006, 811, 818 f.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

Abs. 2 EG bemüht65, kann hiermit letztlich nur die Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft angesprochen sein, die durch ausländisches – d. h. hier deutsches – Recht an der Teilnahme an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung gehindert und somit diskriminiert wird.66 Diese Schlussfolgerung findet ihre Bestätigung im Fortgang der Begründung des EuGH. Unter ausdrücklicher Berufung auf den Generalanwalt stellt das Gericht fest, dass in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit alle Maßnahmen fallen, „die den Zugang zu einem anderen Mitgliedstaat als dem Sitzmitgliedstaat und die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in jenem Staat dadurch ermöglichen oder auch nur erleichtern, dass sie die tatsächliche Teilnahme der betroffenen Wirtschaftsbeteiligten am Wirtschaftsleben des letztgenannten Mitgliedstaates unter denselben Bedingungen gestattet, die für die inländischen Wirtschaftsbeteiligten gelten“67.

Mit der entsprechenden Passage in den Schlussanträgen des Generalanwalts68 beendet dieser seine Begründung zur niederlassungsrechtlichen Relevanz einer grenzüberschreitenden Verschmelzung für die übertragende Gesellschaft. Nimmt das Gericht die Argumentation des Generalanwalts auch nicht explizit in seine eigene Urteilsbegründung auf, so schließt es sich doch offensichtlich im Ergebnis den Ausführungen des Generalanwalts an. Der EuGH lehnt damit die in der Literatur vertretene Auffassung vom „corporate suicide“ der übertragenden Gesellschaft ab.69 Die Differenzierung zwischen Verschmelzungen zur Neugründung und solchen zur Aufnahme ist aus niederlassungsrechtlichen Aspekten fortan irrelevant. Auch die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Neugründung ist aus europarechtlichen Gründen grundsätzlich zuzulassen. 65 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10832, Rn. 17. 66 So auch Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163; Sedemund, BB 2006, 519, 520. Zur nicht unumstrittenen Frage, ob der EuGH in „SEVIC“ letztlich von einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit oder einer Diskriminierung durch § 1 Abs. 1 UmwG ausgeht, siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (1). Unabhängig von der Beantwortung der Frage deutet aber allein die Zitierung des Art 43 Abs. 2 EG darauf hin, dass der EuGH der übertragenden Gesellschaft zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung die Niederlassungsfreiheit zuspricht. 67 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10832, Rn. 18. 68 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10814, Rn. 30. 69 Dies stellen auch Siems, EuZW 2006, 135, 136 sowie Drygala, EwiR 2006, 25 fest. Ebenso Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 41 f., der die Argumentation des EuGH jedoch in Zweifel zieht und stattdessen seinerseits mit der sekundären Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden Gesellschaft sowie der Kapitalverkehrsfreiheit argumentiert.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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bb) Bedeutung des Urteils für Hinausverschmelzungen In dem der „SEVIC“-Entscheidung zu Grunde liegenden Ursprungsverfahren ging es um den Fall einer Hineinverschmelzung. Eine potentielle Bedeutung des Urteils für den umgekehrten Fall der Hinausverschmelzung bleibt klärungsbedürftig. Zunächst ist festzustellen, dass der EuGH in „SEVIC“ an keiner Stelle eine Differenzierung zwischen Hinein- und Hinausverschmelzung vornimmt.70 Bezögen sich die Ausführungen des Gerichts auf die vom LG Koblenz formulierte Vorlagefrage, müssten Implikationen des Judikats für die Hinausverschmelzung angezweifelt werden. Die original Vorlagefrage lautete: „Sind die Artikel 43 EG und 48 EG dahin auszulegen, dass es im Widerspruch zur Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften steht, wenn einer ausländischen europäischen Gesellschaft die Eintragung ihrer angestrebten Verschmelzung mit einer deutschen in das deutsche Handelsregister gemäß den §§ 16 ff. UmwG versagt wird, weil § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nur eine Umwandlung von Rechtsträgern mit Sitz im Inland vorsieht?“71

Es wird demnach ausschließlich gefragt, ob deutsches Recht im Falle einer Hineinverschmelzung einer ausländischen Gesellschaft die Eintragung der Verschmelzung verweigern darf. Der EuGH hätte sich zur Beantwortung der ihm gestellten Frage auf Ausführungen zur Hineinverschmelzung beschränken können. Eine solche Beschränkung liegt hingegen nicht vor.72 Im Gegenteil, das Gericht beginnt 70 Statt vieler, so weisen darauf auch Kieninger, EWS 2006, 49, 51, Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 211 sowie Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 150 hin. 71 LG Koblenz, Beschluss v. 16.9.2003 – 4 HK.T 1/03, GmbHR 2003, 1213. 72 In diesem Sinne auch Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 226; Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 125; Drygala, EWiR 2006, 25, 26; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 150, die aber allein darauf abstellen, dass der EuGH in seiner Entscheidung an keiner Stelle zwischen Hinein- und Hinausverschmelzung unterscheidet. Im Ergebnis, aber ohne Begründung, auch Beul, IStR 2006, 34 sowie Kraft/ Bron, IStR 2006, 26, 28 (Fn. 50). A. A. Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 771; Sedemund, BB 2006, 519, 520 f.; Kieninger, EWS 2006, 49, 52; Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 358; Gottschalk, EuZW 2006, 83, 84; Kappes, NZG 2006, 101; Hoffmann, RIW 2006, Heft 2 „Die erste Seite“; Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 211 sowie Bungert, BB 2006, 53, 56, die aber deutlich machen, dass die Ausführungen des EuGH eine ähnliche Entscheidung auch in einem Fall der Hinausverschmelzung erwarten lassen; Oechsler, NJW 2006, 812, 813, 814; Kindler, Der Konzern 2006, 811, 819 f.; Forsthoff, DStR 2006, 613, 617; Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 166; Picot, M&A Review 2/2006, III; C. Schmidt/Maul, BB 2006, 13, 14; Ringe, DB 2005, 2806 f. Eine erste nach „SEVIC“ ergangene instanzgerichtliche Entscheidung tendiert – in Anbetracht der Historie der bisherigen niederlassungsrechtlichen Rechtsprechung nicht verwunderlich – in Richtung einer restriktiven Interpretation der Entscheidung, vgl. OLG München, DB 2006, 1148, 1149.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

seine Beantwortung der Vorlagefrage mit einer Interpretation derselben. Die Vorlagefrage ist nach Auffassung des EuGH dahingehend auszulegen, „dass das vorlegende Gericht damit im Wesentlichen wissen möchte, ob die Artikel 43 EG und 48 EG dem entgegenstehen, dass in einem Mitgliedstaat die Eintragung einer Verschmelzung durch Auflösung ohne Abwicklung einer Gesellschaft und durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes auf eine andere Gesellschaft in das nationale Handelsregister generell verweigert wird, wenn eine der beiden Gesellschaften ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, während eine solche Eintragung, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, möglich ist, wenn beide an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ihren Sitz im erstgenannten Mitgliedstaat haben.“73

Der EuGH will die Vorlagefrage demnach so verstanden wissen, dass es unerheblich ist, ob die aufgelöste oder die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz in dem die Eintragung verweigernden Staat hat. Auf diese im Wege der Auslegung ermittelte Abwandlung der ursprünglichen Vorlagefrage beziehen sich die anschließenden Ausführungen des Gerichts. Die Differenzierung zwischen Hinein- und Hinausverschmelzung ist damit in der „SEVIC“-Entscheidung nicht zu finden, weil der EuGH beide Konstellationen einer einheitlichen Lösung zuführen will. Diese Annahme wird durch Formulierungen an anderer Stelle der Urteilsgründe unterstützt, an der das Gericht ausführt, dass eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt, wenn „eine der Gesellschaften“ – die aufnehmende oder die übertragende – „ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat“74 und die Eintragung der Verschmelzung in diesem Fall verweigert wird. Sie findet schließlich ihre Bestätigung, wenn das Gericht für Recht erkennt, „dass die Artikel 43 EG und 48 EG dem entgegenstehen, dass in einem Mitgliedstaat die Eintragung einer Verschmelzung durch Auflösung ohne Abwicklung einer Gesellschaft und durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes auf eine andere Gesellschaft in das nationale Handelsregister generell verweigert wird, wenn eine der beiden Gesellschaften ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, während eine solche Eintragung, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, möglich ist, wenn beide an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ihren Sitz im erstgenannten Mitgliedstaat haben.“75

Die Vertreter der Gegenansicht übersehen oder ignorieren diese Formulierungen des Gerichts zumeist, äußern sich jedenfalls nicht zur dargestellten – naheliegenden – Interpretation des Urteils. Einzig Leible/Hoffmann setzen sich argumentativ mit den entsprechenden Urteilspassagen auseinander und 73

EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10831, Rn. 15. Kursive Hervorhebung durch den Verfasser. 74 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10833, Rn. 22. Kursive Hervorhebung durch den Verfasser. 75 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10836, Rn. 31. Kursive Hervorhebung durch den Verfasser.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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negieren im Ergebnis ihre Bedeutung für Hinausverschmelzungen.76 Nach ihrer Ansicht läge bei Zulassung von Hineinverschmelzungen trotz Untersagung von Hinausverschmelzungen keine Diskriminierung der ausländischen wie der inländischen Gesellschaft vor, da es auch bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen der übertragenden Inlandsgesellschaft nicht möglich sei, sich ihrem bisherigen Gesellschaftsstatut zu entziehen.77 Diese Überlegung überzeugt nicht. Bereits die Richtigkeit des zur Ablehnung einer Diskriminierung gewählten Vergleichskriteriums eines Statutenwechsels erscheint zweifelhaft. Zwar ist es richtig, dass die aus einer innerstaatlichen Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft keine ausländische Rechtsform annehmen kann, es der übertragenden Gesellschaft mithin nicht möglich ist, einen Statutenwechsel vorzunehmen. Selbiges liegt schon in der Selbstverständlichkeit begründet, dass die Regelungskompetenz nationaler Gesetzgeber nicht die Gründung ausländischer Gesellschaften umfassen kann. Wäre das Kriterium des Statutenwechsel aber richtiger Bezugspunkt zur Bestimmung einer Diskriminierung, wäre nicht zu erklären, warum der EuGH in „SEVIC“ – als einem Fall der Hineinverschmelzung – das Diskriminierungsverbot78 als Ausgangspunkt seiner Untersuchung wählt und eine Behinderung der Niederlassungsfreiheit der ausländischen Gesellschaft auf dieser Grundlage bejaht, obwohl es auch der übertragenden Gesellschaft einer rein innerstaatlichen Verschmelzung nicht möglich ist, ihr Gesellschaftsstatut zu wechseln. Entscheidend gegen die Auffassung von Leible und Hoffmann spricht schließlich, dass ihre Ansicht auf der Fehlannahme aufbaut, der EuGH hätte in seinen Urteilsgründen lediglich die Diskriminierung der ausländischen Gesellschaft konstatiert.79 Wäre dies richtig, würde sich die Bedeutung des Urteils in der Tat auf die Hineinverschmelzung beschränken.80 Die Untersagung von Hinausverschmelzungen ist als Diskriminierung inländischer Gesellschaften durch nationales Recht nicht denkbar.81 Sie stellt sich als eine 76

Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 165 f. Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 165. 78 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10832, Rn. 17. 79 Vgl. Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 162 f. 80 Dass es bei einer Hinausverschmelzung zur Aufnahme der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft regelmäßig verwehrt wird, eine Zweigniederlassung im Ausland zu gründen, sie mithin gegenüber inländischen Gesellschaften diskriminiert wird, lässt der EuGH in seiner Entscheidung unberücksichtigt. Siehe hierzu aber unter 3. Teil A. I. 3. e). 81 Eine Diskriminierung der Inlandsgesellschaft ist dabei jedoch keineswegs bereits denklogisch ausgeschlossen. Sie wäre anzunehmen, wenn der nationale Gesetzgeber von seiner Regelungsbefugnis – in dem Umfang, wie diese auch die ausländische Gesellschaft erfasst – in der Weise Gebrauch machen würde, dass die an der 77

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

unterschiedslos wirkende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Das sieht am Ende wohl82 auch der EuGH. Beginnt er seine Urteilsbegründung indem er auf das Diskriminierungsverbot abstellt, so hält er doch letztlich fest, dass nach deutschem Recht ein „Mittel zur Umwandlung von Gesellschaften nicht zur Verfügung steht, wenn eine der Gesellschaften ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland hat [. . .]“.83

Dies begründe „eine unterschiedliche Behandlung von Gesellschaften nach Maßgabe dessen, ob es sich um eine innerstaatliche oder um eine grenzüberschreitende Verschmelzung handelt“.84

Gerade weil das Gericht an dieser Stelle Hinein- wie Hinausverschmelzung gleichermaßen anspricht, konnte eine für beide Verschmelzungsarten verbindliche Aussage nicht auf die Diskriminierung, sondern auf die bloße Beschränkung85 der grenzüberschreitenden im Vergleich zur innerstaatlichen Vergrenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligte inländische Gesellschaft strengeren Anforderungen unterliegt als die ausländische. Eine Diskriminierung kann daher nicht darin gesehen werden, dass bei alleiniger Zulässigkeit der Hineinverschmelzung nur die innerstaatliche Verschmelzung den Gesellschaften die Wahl lässt, welche Gesellschaft die übertragende und welche die aufnehmende sein soll. Diese unterschiedliche Behandlung – vergleichbarer – Vorgänge reicht für die Feststellung einer Diskriminierung nicht aus. Eine Diskriminierung kann sich immer nur aus dem Vergleich von Handlungsfreiheiten verschiedener Rechtssubjekte ergeben. Die Unzulässigkeit der Hinausverschmelzung aber trifft in- wie ausländische Gesellschaft gleichermaßen. Als mögliche Diskriminierung der inländischen Gesellschaft bliebe dann noch anzudenken, dass die ausländische Gesellschaft mit deutschem Verwaltungssitz im Gegensatz zur deutschen Gesellschaft durch deutsches Recht nicht an der grenzüberschreitende Verschmelzung gehindert wird. Diese Überlegung ist jedoch aus zwei Gründen zu verwerfen. Zunächst handelt es sich bei der „Hinausverschmelzung“ der ausländischen Gesellschaft zwar um eine grenzüberschreitende, nicht aber um eine rechtsüberschreitende Verschmelzung, was die Ungenauigkeit der hier gewohnheitsmäßig Anwendung findenden Begrifflichkeit vor Augen führt. Zum anderen hat der deutsche Gesetzgeber bezüglich der grenzüberschreitenden Verschmelzung der ausländischen Gesellschaft von vornherein keine Regelungskompetenz und kann die inländische Gesellschaft daher auch nicht willentlich diskriminieren. 82 Ob dies wirklich den Überlegungen des Gerichts entspricht, kann freilich nur Spekulation bleiben. Jede dogmatisch stimmige Interpretation eines Urteils, insbesondere solcher des EuGH, bleibt immer der Gefahr ausgesetzt, dass sie durch spätere Entscheidungen, die mit der – vermeintlich – identifizierten dogmatischen Grundlage nicht zu erklären sind, überholt werden. 83 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10833, Rn. 22. Kursive Hervorhebung durch den Verfasser. 84 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10833, Rn. 22. Kursive Hervorhebung durch den Verfasser. 85 Zu den Auswirkungen auf die Rechtfertigungsdogmatik siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (2).

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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schmelzung abstellen.86 Die dem widersprechende – unzutreffende – Argumentation von Leible/Hoffmann ist hingegen offenbar von dem Bestreben getragen, die Hinausverschmelzungsfähigkeit deutscher Gesellschaften abzulehnen, um einen – vermeintlichen – Widerspruch des Judikats zur „Daily Mail“-Entscheidung zu vermeiden.87 Ein solcher Widerspruch liegt – wie nachfolgend zu zeigen sein wird88 – aber gerade nicht zwangsläufig vor. Daher kann den Ausführungen des EuGH nur entnommen werden, dass auch Hinausverschmelzungen aus europarechtlichen Gründen in Zukunft zuzulassen sind. cc) „SEVIC“ als Abkehr von „Daily Mail“? Die Zulässigkeit von Hinausverschmelzungen zur Aufnahme ließ sich für viele Fälle bereits bisher schlüssig begründen. Die Verhinderung der Hinausverschmelzung beeinträchtigt den aufnehmenden Rechtsträger in seiner sekundären Niederlassungsfreiheit, sobald es ihm erschwert wird, eine Zweigniederlassung im Ausland zu begründen.89 Noch in den Schlussanträgen des Generalanwalts Tizzano90 findet sich dieser Begründungsansatz wieder. Im Gegensatz dazu erwähnt der EuGH die sekundäre Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden Gesellschaft mit keiner Silbe. Wird demnach in „SEVIC“ also auch die Zulässigkeit der Hinausverschmelzung aus der primären Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft gefolgert, so steht Gesellschaften diese Grundfreiheit nach Ansicht des EuGH im Falle der Verschmelzung auch gegenüber ihren Gründungsstaaten zu. Diese Feststellung wirft die Frage auf, in welchem Verhältnis die „SEVIC“-Entscheidung zur Entscheidung „Daily Mail“ steht. „Daily Mail“ stellte seinerzeit klar, dass die rechtliche Existenz einer Gesellschaft von ihrer Anerkennung durch eine Rechtsordnung abhängig ist91, einer nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaft mithin 86 A. A. Siems, EuZW 2006, 135, 138, Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 126, die die Argumentation des Gerichts dahingehend auf die Hinausverschmelzung übertragen, dass auch diese zuzulassen sei, da andernfalls die aufnehmende ausländische Gesellschaft in ihrer – sekundären – Niederlassungsfreiheit diskriminiert würde. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich hingegen – anders als die des Generalanwalts – ausschließlich auf die primäre Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft. Auch vermag der Interpretationsansatz Siems’ die zwingende Zulässigkeit einer Hinausverschmelzung zur Neugründung nicht zu begründen. Zu Letzterem siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) cc). 87 Vgl. Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 166. 88 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) cc). 89 Siehe unter 3. Teil A. I. 1. c). 90 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03, „SEVIC“, I-10805, I-10815, Rn. 34 ff. 91 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5511, Rn. 19.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

nicht das Recht zukomme, ihren Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.92 Es war Gesellschaften demnach nicht möglich, sich für die Verlegung des Verwaltungssitzes gegenüber ihren Gründungsstaaten auf die primäre Niederlassungsfreiheit zu berufen. Das „SEVIC“-Urteil scheint dem nun zu widersprechen. Folgende Interpretationen der Entscheidung sind denkbar: 1. Der EuGH ändert mit „SEVIC“ seine Rechtssprechung. „Daily Mail“ beansprucht im Gegenzug keine Geltung mehr. Der Gründungsstaat darf die Verlegung des Verwaltungssitzes einer seiner Gesellschaften fortan nicht mehr verhindern.93 2. „SEVIC“ stellt keine Abkehr von „Daily Mail“ dar. Für die Sitzverlegungsmöglichkeiten ändert sich nichts.94 Die letztgenannte Interpretation der Entscheidung erscheint vorzugswürdig. „Daily Mail“ wird in „SEVIC“ mit keinem Wort erwähnt.95 Es wäre dem EuGH ein Leichtes gewesen, eine Rechtsprechungsänderung durch eine Auseinandersetzung mit „Daily Mail“ deutlich werden zu lassen. Es würde dem Gericht auch nicht gerecht, den Vorwurf zu erheben, es hätte die explizite Auseinandersetzung mit „Daily Mail“ gescheut und es vorgezogen, das Judikat durch die „SEVIC“-Entscheidung implizit96 aufzuge92 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5512, Rn. 24. 93 In diesem Sinne Drygala, EWiR 2006, 25, 26. Wohl auch Sedemund, BB 2006, 519, 521, der die praktische Aufgabe von „Daily Mail“ konstatiert sowie Siems, EuZW 2006, 135, 138. Ebenso, aber ohne Begründung, offenbar Beul, IStR 2006, 34, 36, der sich freilich schon vor „SEVIC“ gegen eine Fortgeltung von „Daily Mail“ aussprach und Rechtsanwalt der SEVIC Systems AG im Verfahren vor dem EuGH war. Nach Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 357 hat bereits die Entscheidung „de Lasteyrie du Saillant“ zu der Klarstellung geführt, dass „Daily Mail“ die Berufung auf die Niederlassungsfreiheit gegenüber dem Wegzugsstaat keineswegs ausschließt; „SEVIC“ stellt sich dann lediglich als eine erneute Klarstellung dar. 94 Zu diesem Ergebnis gelangen Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 45; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 150. Auch Oechsler, NJW 2006, 812, 813; Leible/ Hoffmann, RIW 2006, 161, 166; Picot, M&A Review 2/2006, III sowie Kappes, NZG 2006, 101, 102, die diese Feststellung allerdings auf Grund der unzutreffenden Annahme treffen, der EuGH habe sich in „SEVIC“ nicht zu Hinausverschmelzungen geäußert. Wohl auch, wenn auch zurückhaltend in seiner Äußerung, Gottschalk, EuZW 2006, 83, 84. Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 226 sehen in „SEVIC“ zumindest für den Fall der Verschmelzung ein Abrücken von „Daily Mail“. 95 Darauf weisen zu Recht auch Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 226; Leible/ Hoffmann, RIW 2006, 161, 166 hin. Mit Bedauern feststellend auch Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 211, die sich aber zum Verhältnis von „Daily Mail“ zu „SEVIC“ im Folgenden nicht äußern. 96 Eine solche faktische Aufgabe der „Daily Mail“-Grundsätze wird von Drygala, EWiR 2006, 25, 26 attestiert. Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 226 sehen sie zu-

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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ben. Die fehlende Auseinandersetzung mit „Daily Mail“ liegt vielmehr darin begründet, dass das Gericht zwischen beiden Urteilen keinen Widerspruch ausmacht. Eine Rechtfertigung hierfür kann dann aber nur in der Unterschiedlichkeit der den Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalten begründet liegen. Als elementarer Unterschied zwischen Sitzverlegung und Hinausverschmelzung ist dabei zunächst hervorzuheben, dass die Sitzverlegung allein durch eine Gesellschaft durchgeführt wird, während an der Verschmelzung zumindest zwei Gesellschaften beteiligt sind.97 Die aufnehmende ausländische Gesellschaft kann sich zur Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf ihre (sekundäre) Niederlassungsfreiheit berufen, sofern mit der Verschmelzung eine Zweigniederlassung im EU-Ausland entsteht. Untersagt eine Rechtsordnung ihren Gesellschaften solche Verschmelzungen über die Grenze, so liegt bei Verschmelzungen innerhalb der EU eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft vor.98 Deutsches Recht darf die Hinausverschmelzung seiner Gesellschaften auf EU-Gesellschaften daher nicht grundsätzlich untersagen. Die Fähigkeit deutscher Gesellschaften zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen ergibt sich so gesehen als Reflexwirkung aus der Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft. Zwar ist damit ein Unterschied zwischen grenzüberschreitender Sitzverlegung und Verschmelzung aufgezeigt. Es muss jedoch erneut festgehalten werden, dass der EuGH die sekundäre Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden Gesellschaft in „SEVIC“ unberücksichtigt lässt. Das Gericht scheint vielmehr davon auszugehen, dass sich die grenzüberschreitende Verschmelzung – auch ohne die beschriebene Reflexwirkung – immer als Ausübung der Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft darstellen lässt.99 Zudem bliebe die Abgrenzung zu „Daily Mail“ für den Fall im Unklaren, dass eine grenzüberschreitende Verschmelzung zur Neugründung mindest für den Fall der Verschmelzung, lassen die Bedeutung der „SEVIC“-Entscheidung für Fälle der Sitzverlegung jedoch offen. 97 Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 45; Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721, 724; Gottschalk, EuZW 2006, 83, 84; Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 126; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 150; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 87. 98 Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721, 724; Gottschalk, EuZW 2006, 83, 84; Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 126; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 150; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 87; a. A. Oechsler, NJW 2006, 812, 813, der „Daily Mail“, d.h. also der Möglichkeit des Gründungsstaates über das Bestehen und Untergehen einer Gesellschaft zu entscheiden, auch bei der Hinausverschmelzung Vorrang einräumt. 99 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) bb).

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vollzogen werden soll und die Rechtsordnung der übertragenden Gesellschaft eine solche verbietet.100 Mit der herrschenden Literatur ist hierbei davon auszugehen, dass die erst durch die Verschmelzung entstehende ausländische Gesellschaft sich für die Verschmelzung nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann101, die bei der Verschmelzung zur Aufnahme zu beobachtende Reflexwirkung bliebe bei der Verschmelzung zur Neugründung mithin aus. Ein weiteres Unterscheidungskriterium muss demnach zur Auflösung des vermeintlichen Widerspruchs zwischen „SEVIC“ und „Daily Mail“ gefunden werden. Bereits vor „SEVIC“ wurde der Versuch unternommen, den Schutz der Niederlassungsfreiheit in Abgrenzung zu „Daily Mail“ für die grenzüberschreitende Hinausverschmelzung zur Neugründung zu begründen.102 Dabei wird zunächst darauf hingewiesen, dass „Daily Mail“103, im zumindest vermeintlichen Widerspruch zum Tenor des Urteils, durchaus zu entnehmen sei, dass sich die Niederlassungsfreiheit einer Gesellschaft auch gegen ihren Herkunftsstaat richte.104 Im Folgenden wird dann der Versuch einer Begrenzung des Aussagegehalts des Urteils unternommen. So beschränke sich die Bedeutung des Judikats auf den Fall, in dem eine Gesellschaft eine grenzüberschreitende Sitzverlegung unter Bewahrung ihrer Eigenschaft als Gesellschaft ihres Gründungsstaates vollziehen wolle, also auf die Konstellation eines Wegzugs ohne Statutenwechsel.105 Bei einer grenzüberschreiten100 Die Problematik der Verschmelzung zur Neugründung in ihrem Verhältnis zu „Daily Mail“ bereits vor „SEVIC“ erkennend, Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 88. 101 Statt vieler Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 4; Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 322; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 649 (Fn. 28); Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 77; Kruse, Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EG (1997), 66; Eyles, Das Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft (1990), 118. Dieser Ansicht ist schon deshalb beizupflichten, weil bereits der Wortlaut des Art. 48 Abs. 1 EG den persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit auf gegründete Gesellschaften beschränkt. Eine Vorwirkung der Freiheit bedarf hingegen als Fiktion der eindeutigen gesetzlichen Festlegung, für die jeglicher Anhaltspunkt fehlt. Nicht ausreichend ist es jedenfalls, den persönlichen Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit mit dem Hinweis auf mögliche Umgehungsstrategien auszuweiten; a. A. ist offenbar Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 82. 102 Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 88. 103 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5510, Rn. 16. 104 W.-H. Roth, FS-Heldrich (2005), 973, 983; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 88. 105 Unter Hinweis auf die Urteilsformulierungen in EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5510, Rn. 18, 24 W.-H. Roth, FS-Heldrich

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den Hinausverschmelzung existiert die verziehende Gesellschaft nun aber gerade nicht als Gesellschaft ihres Gründungsstaates fort. Insofern wird eine Interpretation „Daily Mails“ für zulässig und vorzugswürdig erachtet, nach der der grenzüberschreitende Wegzug einer Gesellschaft aus Gründen der Niederlassungsfreiheit dann nicht vom Gründungsstaat untersagt werden darf, wenn er, wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung, mit einem Statutenwechsel einhergeht.106 Jedenfalls für die statutsändernde Sitzverlegung steht „Daily Mail“ einer solchen Interpretation nicht nur offen, sondern fordert sie geradezu. Stellt der EuGH in „Daily Mail“ zunächst fest, dass sich Gesellschaften auch gegenüber ihren Gründungsstaaten auf die Niederlassungsfreiheit berufen können107, um dann anschließend doch die Verwaltungssitzverlegung gegenüber dem Gründungsstaat aus dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit auszuschließen108, so erscheint die Entscheidung auf den ersten Blick in der Tat widersprüchlich. Letztlich weist das Gericht aber selber den Weg zu einem widerspruchsfreien, korrekten Urteilsverständnis, wenn es ausführt, dass die Artt. 52, 58 EWG (heute: Artt. 43, 48 EG) den Gesellschaften nationalen Rechts kein Recht gewähren, „den Sitz ihrer Geschäftsleitung unter Bewahrung ihrer Eigenschaft als Gesellschaften des Mitgliedstaates ihrer Gründung in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen“109.110

Zwar wird eine Sitzverlegung danach nicht durch die Niederlassungsfreiheit geschützt, solange sie unter Beibehaltung des Gesellschaftsstatuts vollzogen werden soll. Beschränkungen des identitätswahrenden, statutsändern(2005), 973, 983; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 88. Ohne dabei auf die grenzüberschreitende Verschmelzung Bezug zu nehmen, sieht auch Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit (2005), 38 f. hierin die richtige Deutung der „Daily Mail“-Entscheidung. 106 In diesem Sinne W.-H. Roth, FS-Heldrich (2005), 973, 983 f.; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 88. Ohne konkret auf die grenzüberschreitende Verschmelzung abzustellen auch Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit (2005), 38 f. A. A. aber unverständlich Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 166, die eine Differenzierung zwischen Sitzverlegung und grenzüberschreitender Verschmelzung gerade auch mit dem Hinweis darauf ablehnen, dass es in beiden Fällen darum gehe, sich als Gesellschaft dem Zugriff des Inlandsrechts zu entziehen. 107 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5510, Rn. 16. 108 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5510, Rn. 23. 109 EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5510, Rn. 24. Kursive Hervorhebung durch den Verfasser. 110 Ausführlich hierzu insbesondere Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit (2005), 38 f.

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den Wegzugs müssen sich aber durchaus an der Niederlassungsfreiheit messen lassen, wäre selbige durch das andernfalls bestehende Recht der Gründungsstaaten zur Einsperrung ihrer Gesellschaften doch sinnentleert111.112 Stellt „Daily Mail“ die Gestaltung des Gründungsstatuts für Gesellschaften demnach in das Belieben des Gründungsstaates, so erfordert es die Niederlassungsfreiheit, diese Gestaltungsfreiheit eben dort enden zu lassen, wo sich eine Gesellschaft eben diesem Statut entziehen möchte. Dass nur diese Interpretation der „Daily Mail“-Entscheidung der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften gerecht wird, wurde kürzlich von Ch. Teichmann ausführlich dargelegt.113 Sie überzeugt insbesondere bei einer angebracht kritischen Würdigung114 des in die Jahre gekommenen Urteils. Ob diese für die identitätswahrende statutsändernde Sitzverlegung vorzugswürdige Argumentation auch bei der statutsändernden, aber gerade nicht identitätswahrenden grenzüberschreitenden Verschmelzung verfängt, kann im vorliegenden Kontext dahinstehen.115 Mit dem Statutenwechsel bzw. der Ablegung des ursprünglichen Gründungsstatuts ist jedenfalls ein Kriterium gefunden, das die Tür für eine differenzierte niederlassungsrechtliche Behandlung von statutswahrender Sitzverlegung und statutsändernder grenzüberschreitender Verschmelzung weit aufstößt. Ein Widerspruch zwischen „Daily Mail“ und „SEVIC“ kann dann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Die aufgezeigte Differenzierung zwischen statutswahrender Sitzverlegung und Verschmelzung zeigt vielmehr, dass der „SEVIC“-Entscheidung allein keine Abkehr von „Daily Mail“ zu entnehmen ist. Ob das Gericht den Wegzug durch Sitzverlegung ohne Statutenwechsel heute noch im Sinne „Daily Mails“ entscheiden würde, bleibt freilich offen. 111 Vgl. EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5510, Rn. 16. 112 Andernfalls würde jeder einzelne Mitgliedstaat de facto über die Niederlassungsfreiheit der in ihm gegründeten Gesellschaften bestimmen. Eine auf solchem Wege hergeleitete Geltung der Niederlassungsfreiheit führte die grundfreiheitliche Konzeption des EG-Vertrages ad absurdum. Eine europarechtliche Niederlassungsfreiheit von nationalstaatlichen Gnaden ist keine europäische, sondern eine Freiheit nationalen Ursprungs. Der – vermeintlich – in den Artt. 43 ff. EG statuierten Niederlassungsfreiheit bliebe dann einzig die Funktion einer Kollisionsnorm, die dafür sorgt, dass eine durch den Gründungsstaat vorgesehene Niederlassungsform in anderen Mitgliedsländern anzuerkennen ist. 113 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), 173 ff. 114 Kritische Auseinandersetzungen mit „Daily Mail“, die über die ansonsten übliche – gerechtfertigte – rechtspolitische Kritik hinausgehen finden sich u. a. bei Eidenmüller, JZ 2004, 24, 29; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1918 f. Dieser Kritik sei hier ausdrücklich zugestimmt, ohne dass dies freilich etwas an Fortgeltung der „Daily Mail“-Doktrin zu ändern vermag. 115 Siehe aber die kritischen Ausführungen unter 3. Teil A. I. 3. d).

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Das vom ungarischen Regionalgericht Szeged eingeleitete Vorlageverfahren in der Rechtssache „Cartesio“, das wie „Daily Mail“ den Wegzug durch Verwaltungssitzverlegung zum Gegenstand hat, lässt hierbei eine baldige eindeutige Stellungnahme des EuGH erwarten.116 dd) Die Behinderung der Niederlassungsfreiheit und ihre Rechtfertigung Die in „SEVIC“ gemachten Ausführungen des EuGH zur Rechtsfertigung von Diskriminierungen ausländischer Gesellschaften und unterschiedslos wirkenden Behinderungen bei der Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung bleiben – ob des eindeutigen Ergebnisses des Urteils nicht überraschend – äußerst knapp.117 Die in dieser Hinsicht relevanten Urteilspassagen werden denn auch in der Literatur auf unterschiedlichste Weise interpretiert. (1) § 1 Abs. 1 UmwG als Diskriminierung oder Beschränkung?118 Bereits die der Rechtsfertigung vorgelagerte Frage nach der Einordnung des § 1 Abs. 1 UmwG durch das Gericht als Diskriminierung oder unterschiedslos wirkende Beschränkung wird unterschiedlich beantwortet. Teilweise wird dem Urteil entnommen, dass der EuGH § 1 Abs. 1 UmwG lediglich eine die Niederlassungsfreiheit beschränkende Wirkung attestiert, hingegen nicht die Diskriminierung ausländischer Gesellschaften.119 Letz116 Vgl. Regionalgericht Szeged, ZIP 2006, 1536. Neye, EWiR Art. 43 EG 1/06, 459, 460 erwartet hierbei wohl eine Bestätigung der „Daily Mail“-Entscheidung, geht aber jedenfalls davon aus, dass eine Wegzugsfreiheit nicht einfach als Spiegelbild der anerkannten Zuzugsfreiheit zu begründen ist; a. A. Kleinert/Schwarz, GmbHR 2006, R 365 f. 117 Beul, IStR 2006, 34, 35; insbesondere die Nennung bloßer abstrakter Rechtsfertigungsgründe, ohne konkrete Maßstäbe aufzuzeigen, beklagend, Oechsler, NJW 2006, 812; allgemein auf die regelmäßig knapp ausfallenden Begründungen des Gerichts hinweisend auch Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 162. 118 Bereits vor „SEVIC“ gingen hierzu die Ansichten in der Wissenschaft auseinander. Überwiegend wurde eine diskriminierende Wirkung des § 1 Abs. 1 UmwG festgestellt, vgl. etwa Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 81; Paefgen, GmbHR 2004, 463, 468; Kloster, GmbHR 2003, 1413, 1414 f.; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 648; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 83 f. fest. Eine unterschiedslos wirkende Beschränkung sieht hingegen Behrens, in: GK-GmbHG, Band I (2005), Einl. B. Rn. 130. 119 Beul, IStR 2006, 34 f.; Kieninger, EWS 2006, 49, 50; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 147; Drygala, EWiR 2006, 25; auch Ch. Teichmann, ZIP 2006,

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tere Urteilsinterpretation wird demgegenüber wohl von der Mehrzahl der Kommentatoren bevorzugt.120 Beiden Lagern ist in gleicher Weise zuzustimmen wie zu widersprechen. Das Gericht setzt in seinen Urteilsgründen am Diskriminierungsverbot an, macht selbiges demnach zum Maßstab seiner weiteren Erörterungen.121 Eine Diskriminierung konstatierte auch Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen.122 Zwar übernimmt der EuGH die Aussage des Generalanwalts nicht explizit. Er verweist jedoch auf den vom Generalanwalt zur Überprüfung einer Diskriminierung abgesteckten Prüfungsrahmen und macht so (noch einmal) deutlich, dass es auch ihm um die Untersuchung einer möglichen Diskriminierung geht.123 Zunächst nicht recht zu erklären ist daher, warum das Gericht an mehreren späteren Stellen seiner Entscheidungsbegründung von einer „Beschränkung“ der Niederlassungsfreiheit spricht.124 Bei genauerer Betrachtung der Entscheidung schließt dies die Annahme einer Diskriminierung jedoch nicht aus.125 Der Terminus der Beschränkung findet im Verlauf der Urteilsbegründung als Oberbegriff Verwendung und umfasst sowohl die Diskriminierung als auch nicht diskriminierende Beschränkungen im engeren Sinne.126 Nur so ist es dem Gericht, das in seinen Erwägungen allein auf die Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft abstellt127, möglich, auch ein Statement zum Fall der Hinausverschmelzung abzugeben.128 Schließlich spricht es nicht gegen die 355, 356, der persönlich in § 1 Abs. 1 UmwG aber eine diskriminierende Vorschrift sieht. 120 Ausführlich Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 162 ff.; Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 41, 42 (Fn. 26); Siems, EuZW 2006, 135, 137; Oechsler, NJW 2006, 812; Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 126; Behrens, EuZW 2006, 65; anders hingegen ders., in: GK-GmbHG, Band I (2005), Einl. B. Rn. 130, wo er in § 1 Abs. 1 UmwG eine nichtdiskriminierende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit sieht. 121 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10832, Rn. 17. 122 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10819, Rn. 56. 123 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10832, Rn. 18 mit Verweis auf Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10814, Rn. 30. 124 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10832 ff., Überschriften vor Rn. 20 und 24 sowie Rn. 23, 28. 125 So aber offenbar Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 356; wohl auch Drygala, EWiR 2006, 25. 126 Dafür, dass das Diskriminierungsverbot nur einen Unterfall des Beschränkungsverbots darstellen soll, bereits Beul, IStR 2006, 34, 35. 127 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) aa). 128 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) bb).

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Annahme einer Diskriminierung, dass das Gericht eine Rechtfertigung auf Grund zwingender Gründe des Allgemeininteresses für möglich hält.129 Zwar waren nach bisheriger Rechtfertigungsdogmatik nur unterschiedslos wirkende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit durch zwingende Allgemeininteressen zu rechtfertigen.130 Der Rückschluss auf das alleinige Vorliegen einer solchen Beschränkung im vorliegenden Falle ist dadurch jedoch nicht gerechtfertigt. Der EuGH ändert vielmehr endgültig die Rechtfertigungsdogmatik zur Niederlassungsfreiheit.131 Der EuGH hat mithin vom Ansatz her eine Diskriminierung geprüft und bejaht. Gleichzeitig stellt er für den Fall der Hinausverschmelzung die beschränkende Wirkung des § 1 Abs. 1 UmwG fest. (2) Zukünftige Rechtfertigungsdogmatik Die bisher übliche Rechtfertigungsdogmatik bei Eingriffen in die Niederlassungsfreiheit unterschied zwischen zwei in ihrer Intensität unterschiedlichen Typen von Behinderungen. Zu einem war dies die Diskriminierung ausländischer Personen oder Gesellschaften durch nationales Recht, die nur in den engen Grenzen des Art. 46 EG, d. h. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit oder Ordnung zu rechtfertigen war.132 Zum anderen wurde den Artt. 43, 48 EG seit den Entscheidungen „Kraus“133 und „Gebhard“134 auch das grundsätzliche Verbot unterschiedslos anwendbarer Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit entnommen.135 Solche Beschrän129 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10833 ff., Rn. 23, 28. A. A. Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 356 f. 130 Vgl. statt vieler Müller-Graff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 74; Tiedje/Troberg von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 43 EG Rn. 87; Schlag, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 43 EGV Rn. 48. 131 So auch Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163. Ähnlich Beul, IStR 2006, 34, 35 der jedoch zu dem Schluss kommt, dass sich das Gericht auf Grund seiner neuen Dogmatik zur Rechtfertigung mit der Prüfung einer Beschränkung begnügt hat. Zur neuen Rechtfertigungsdogmatik siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (2). 132 Vgl. statt vieler nur Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 48 EGV Rn. 43 ff.; Müller-Graff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 40 ff. 133 Vgl. EuGH, Urteil v. 31.3.1993, Rs. C-19/92 – „Kraus“, Slg. 1993, I-1663, I-1697, Rn. 32. 134 Vgl. EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94 – „Gebhard“, Slg. 1995, I-4165, I-4197, Rn. 37. 135 Vgl. statt vieler Müller-Graff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 43 EGV Rn. 74; Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 43EG Rn. 87; Schlag, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 43 EGV Rn. 48.

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kungen sollten einer Rechtfertigung zugänglich sein, wenn sie dem Schutz zwingender Allgemeininteressen, z. B. dem Schutz der Interessen von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern oder der Wahrung der Wirksamkeit der Steueraufsicht, dienten und zur Gewährleistung des Schutzes geeignet und erforderlich waren.136 Demgegenüber hatte sich bereits in der jüngeren Rechtsprechung des EuGH eine Aufweichung dieser strikten Differenzierung zwischen diskriminierenden und nicht diskriminierenden Maßnahmen angedeutet.137 Auch in der Literatur wird seit einiger Zeit eine Neuordnung der Rechtfertigungsdogmatik diskutiert. Zur Vereinfachung der bisherigen Systematik wird zum einen eine für Diskriminierungen und sonstige Beschränkungen einheitliche Lösung innerhalb der ausdrücklichen Schranken des EG-Vertrages vorgeschlagen, bei der die vom Gerichtshof bisher zugelassenen Allgemeininteressen in den Tatbestand der „öffentlichen Ordnung“ zu integrieren wären.138 Andere plädieren hingegen für die vereinheitlichte Prüfung der „Allgemeininteressen“139, ein Ansatz, dem sich offenbar in Fortführung seiner jüngsten Rechtsprechung auch der EuGH in der „SEVIC“-Entscheidung verbunden fühlt.140 Vom Ausgangspunkt einer Diskriminierungsprüfung startend und eine Diskriminierung ausländischer Gesellschaften durch § 1 Abs. 1 UmwG bejahend141, stellt das Gericht fest, dass eine solche Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nur zulässig sein kann, „wenn mit ihr ein legitimes mit dem EG-Vertrag vereinbares Ziel verfolgt wird und wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Zusätzlich muss ihre Anwendung zur Erreichung des damit verfolgten Ziels geeignet sein und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist.“142 136 EuGH, Urteil v. 31.3.1993, Rs. C-19/92 – „Kraus“, Slg. 1993, I-1663, I-1697, Rn. 32; EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94 – „Gebhard“, Slg. 1995, I-4165, I-4197, Rn. 37; EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9974, Rn. 92; EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155, I-10233, Rn. 132 f. 137 Vgl. EuGH, Urteil v. 14.7.1998, Rs. C-389/96 – „Aher-Waggon“, Slg. 1998, I-4473, I-4488 f., Rn. 18 ff.; EuGH, Urteil v. 28.4.1998, Rs. C 158/96 – „Kohll“, Slg. 1998, I-1931, I-1947 ff., Rn. 37 ff. Diese tendenzielle Änderung der Rechtfertigungsdogmatik feststellend Leible, in: MünchKomm. zum Lauterkeitsrecht, Band 1 (2006), Teil III, EG A Rn. 107 f.; Jarass, EuR 2000, 705, 719. 138 Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163; Kingreen, Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts (1999), 154 ff. 139 Weiß, EuZW 1999, 493, 497 f.; Novak, DB 1997, 2589, 2592; Eberhartinger, EWS 1997, 43, 51 f. 140 Ähnlich Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163, die davon ausgehen, dass der EuGH beginnt, sich „damit langsam, aber sicher von der ursprünglichen Differenzierung zwischen diskriminierenden und unterschiedslos anwendbaren Maßnahmen auf der Rechtfertigungsebene zu verabschieden“. 141 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (1).

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Dies entspricht den in ständiger Rechtsprechung des EuGH angewandten und in der Literatur anerkannten Anforderungen an die Rechtfertigung nichtdiskriminierender Beschränkungen.143 Diese beanspruchen somit nach dem Willen des EuGH fortan auch für Diskriminierungen Geltung. Die Diskriminierung stellt sich insoweit zukünftig lediglich als eine spezielle Form der Beschränkung dar.144 Mangels Entscheidungserheblichkeit enthält das Judikat keine weiterführenden Hinweise auf konkrete nationalstaatliche Maßnahmen, die sich bei Anwendung der neuen Rechtfertigungsdogmatik als gerechtfertigt darstellen.145 (3) Ausblick: Die zukünftige Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen im engeren Sinne Die für Diskriminierungen und Beschränkungen einheitliche Rechtfertigung an Hand zwingender Gründe des Allgemeininteresses mag aus dogmatischer Sicht fragwürdig erscheinen.146 Trotzdem scheint der EuGH diesen Weg beschreiten zu wollen. Jenseits aller dogmatischer Vorbehalte bleibt dann die konkrete Handhabung des neuen Konzepts klärungsbedürftig. Insbesondere die nationalen Gesetzgeber müssen besser als bisher in die Lage versetzt werden, schützenswerte nationale Allgemeininteressen und die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit mit ihren Regelungen in Einklang zu bringen. Relevanz kommt einer Konkretisierung des Rechtfertigungskonzepts dabei zukünftig insbesondere für all die Verschmelzungen zu, die nicht in den Anwendungsbereich der VRL und ihrer nationalen 142 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10833, Rn. 23. 143 Vgl. EuGH, Urteil v. 31.3.1993, Rs. C-19/92 – „Kraus“, Slg. 1993, I-1663, I-1697, Rn. 32; EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94 – „Gebhard“, Slg. 1995, I-4165, I-4197, Rn. 37; EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9974, Rn. 92; EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155, I-10233, Rn. 132 f.; aus der Literatur Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 43 EG Rn. 104 ff.; MüllerGraff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 43 Rn. 71 ff.; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV (2007), Art. 43 EGV Rn. 27 f.; Geiger, EUV/EGV (2004), Art. 43 EGV Rn. 15. 144 Beul, IStR 2006, 34, 35. 145 Kritisch zur beharrlichen Zurückhaltung des EuGH in diesem Punkt Oechsler, NJW 2006, 812, der bemängelt, „dass die zwingenden Erfordernisse des Allgemeininteresses [. . .] einstweilen nur auf dem Papier stehen“. Ähnlich auch Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 212. 146 Kritisch hierzu Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163; Leible, in: MünchKomm. zum Lauterkeitsrecht, Band 1 (2006), Teil III, EG A Rn. 109. Bereits kritisch zu jeglicher außerhalb des EG-Vertrages entwickelten Rechtfertigung Schweitzer/Hummer, Europarecht (1996), Rn. 1135.

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Umsetzungsvorschriften fallen. Für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR wird man hingegen von einer grundfreiheitskonformen Rechtslage ausgehen können, soweit die Vorgaben der VRL im UmwG und im MgVG korrekt umgesetzt wurden.147 (a) Zur zukünftigen Differenzierung von Diskriminierungen und Beschränkungen im engeren Sinne Der Frage, ob die fortan zumindest im Grundsatz einheitliche Rechtfertigungsdogmatik noch Differenzierungen zwischen Diskriminierungen und Beschränkungen im engeren Sinne zulässt, kommt vorrangige Bedeutung zu, soll nationalen Gesetzgebern Hilfestellung gegeben werden. „SEVIC“ steht ihrer Bejahung dabei nicht entgegen. Dass sich dem Urteil keine differenzierenden Aussagen zur Rechtfertigung von diskriminierenden und unterschiedslos wirkenden Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit entnehmen lassen, ist dem Umstand der strikten Untersagung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen durch deutsches Recht geschuldet, der den Hinweis auf die offensichtliche Unverhältnismäßigkeit einer solchen Diskriminierung/Beschränkung im engeren Sinne ausreichen ließ. Die unterschiedliche Eingriffsintensität von diskriminierenden und unterschiedslos wirkenden Maßnahmen fordert hingegen auch in Zukunft ein flexibles System der Rechtfertigung. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung wird dabei umso strenger ausfallen müssen, je stärker eine Maßnahme die Ausübung der Grundfreiheit beschränkt.148 Den Kreis zulässiger Beschränkungen wird man aber jedenfalls weiter ziehen dürfen als bei der Verlegung des Verwaltungssitzes einer ausländischen Gesellschaft nach Deutschland. Dort ging es um den Schutz zukünftiger Gläubiger und Arbeitnehmer, der – jedenfalls regelmäßig – bereits durch die Möglichkeiten informationellen Schutzes als ausreichend gesichert erscheint.149 Die grenzüberschreitende Verschmelzung jedoch greift in bestehende Rechtsbeziehungen ein. Der Verweis der Gläubiger und Arbeitnehmer auf informationellen Selbstschutz ist daher nicht möglich, weitergehende Schutzmechanismen erforderlich.150 Trotz weiterhin bestehender dogmatischer Schwächen begrenzt eine flexible Rechtfertigungsprüfung die Wertungswidersprüche zwischen einer nach wie vor 147

Ausführlich hierzu unter 3. Teil B. sowie unter 4. Teil A. Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163; Jarass, EuR 2000, 705, 719, 723; Lackhoff, Die Niederlassungsfreiheit des EGV (2000), 463 ff. 149 Vgl. Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2004), Rn. 187, der a. a. O. Rn. 228 ff. eine ausführliche Analyse der Bedeutung von Informationsregeln im Europäischen Gesellschaftsrecht folgen lässt. 150 Wie vorstehend ausführlich Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 359. 148

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möglichen Rechtfertigung nach Art. 46 EG und dem vom EuGH entwickelten Rechtfertigungskonzept. Ein dogmatisch vertretbares, widerspruchsfreies Gesamtkonzept der Rechtfertigung könnte freilich allein darin bestehen, die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses im Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Ordnung“ innerhalb des Art. 46 EG zu prüfen.151 (b) Beschränkung der Hineinverschmelzung Auf möglicherweise zulässige spezifische Regelungen zur Hineinverschmelzung hat das neue Rechtfertigungskonzept des EuGH keinen Einfluss. Der EuGH stellt in „SEVIC“ – für die Hinein-, aber auch für die Hinausverschmelzung – klar, dass gemeinschaftliche Harmonisierungsvorschriften keine Voraussetzung zur Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellen, ein allgemeines Verbot grenzüberschreitender Verschmelzungen jedenfalls mangels Erforderlichkeit nicht zu rechtfertigen sei.152 Wie bereits bisher153, so sind darüber hinaus auch keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses erkennbar, die eine zwischen Inlandsverschmelzung und grenzüberschreitender Hineinverschmelzung differenzierende Regelung rechtfertigen könnten.154 Deutsches Recht findet auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft weiterhin Anwendung. Gesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger der beteiligten deutschen Gesellschaft sowie der Fiskus werden allein auf Grund des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung nicht weitergehend betroffen als im Fall einer Inlandsverschmelzung.155 Sollte dennoch einmal ein Grund des Allgemeininteresses ausfindig gemacht werden, wird eine Rechtfertigung regelmäßig an der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme scheitern. Spezifische Vorschriften zur Hineinverschmelzung einer ausländischen Gesellschaft diskriminieren selbige gegenüber Inlandsgesellschaften und müssen sich demnach einer strengen Rechtfertigungsprüfung stellen. 151 So zu Recht Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163; Leible, in: MünchKomm. zum Lauterkeitsrecht, Band 1 (2006), Teil III, EG A Rn. 109. 152 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10834 f., Rn. 26 ff. So schon Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, Slg. 2005, I-10805, I-108, I-10821 f., Rn. 66 ff. 153 Die schon bisher herrschende Lehre sah im Fall einer Hineinverschmelzung nationale Schutzinteressen kaum tangiert, vgl. nur Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 93; Kloster, GmbHR 2003, 1413, 1415. 154 Drygala, EWiR 2006, 25, 26; bereits ders., ZIP 2005, 1995, 1996; Bungert, BB 2006, 53, 54; ähnlich auch Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 164, die den Bedarf für Beschränkungen von Hineinverschmelzungen doch deutlich reduziert sehen. 155 Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 357; Bungert, BB 2006, 53, 54; Drygala, ZIP 2005, 1995, 1996.

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Die Inlandsverschmelzung sowie die Hineinverschmelzung unterschiedslos behandelnde Vorschriften bleiben dagegen denkbar. Zum Schutz der Gläubiger der aufnehmenden deutschen Gesellschaft ist daher auch für grenzüberschreitende Verschmelzungen § 22 UmwG anwendbar.156 Die Schutzbedürftigkeit der Gläubiger einer übernehmenden Gesellschaft resultiert daraus, dass sie fortan mit den Gläubigern der übertragenden Gesellschaft konkurrieren.157 Der Sicherung unternehmerischer Mitbestimmungsrechte ist für diesbezüglich in erster Linie relevante Verschmelzungsfälle – der Verschmelzung unter Kapitalgesellschaften – mit Umsetzung der VRL in deutsches Recht bereits hinreichend Rechnung getragen worden158 und führt für sonstige Verschmelzungskombinationen bei der Hineinverschmelzung schon zu keiner Minderung der Mitbestimmungsrechte. Zum Schutz der Gesellschafter bleibt es schließlich bei der Möglichkeit zur Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses (§ 14 Abs. 1 UmwG). (c) Beschränkung der Hinausverschmelzung Spezielle Vorschriften zur Regelung von Hinausverschmelzungen erscheinen demgegenüber auf den ersten Blick notwendig, um zwingenden Gründen des Allgemeininteresses Rechnung tragen zu können. Als prinzipiell schützenswerte Allgemeininteressen erkennt der EuGH den Schutz der Interessen von Minderheitsgesellschaftern, Arbeitnehmern und Gläubigern sowie die Wahrung der Wirksamkeit der Steueraufsicht und der Lauterkeit des Handelsverkehrs an.159 Speziell für die grenzüberschreitende Verschmelzung konstatiert das Gericht, dass diese spezifische Probleme mit sich bringen kann, die Beschränkungen rechtfertigen können.160

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Eine Anwendung des § 22 UmwG auf die Gläubiger einer ausländischen Gesellschaft ist hingegen abzulehnen. Der Gläubigerschutz richtet sich nach vorzugswürdiger Ansicht nach dem Gesellschaftsstatut des jeweiligen Schuldners; vgl. Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 149; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 116; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 1 Rn. 17; Kronke, ZGR 1994, 26, 36 f. 157 Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 22 Rn. 1; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 22 Rn. 4. 158 Siehe hierzu unter 4. Teil A. IV. 159 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10835, Rn. 28; EuGH, U. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 – „Inspire Art“, Slg. 2003, I-10155, I-10233, Rn. 132; EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9974, Rn. 92. 160 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10835, Rn. 27 f.

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(aa) Gläubigerschutz Der Schutz von Gläubigern wird bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen durch § 22 UmwG gewährleistet. Gläubigern der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ist unter den Voraussetzungen der Vorschrift Sicherheit zu leisten. Die Gläubiger übertragender Gesellschaften werden auf diesem Wege vor Gefahren geschützt, die damit einhergehen, dass ohne ihr Zutun der Schuldner ihrer Forderungen wechselt.161 Im Falle der Hinausverschmelzung ist eine Schutzbedürftigkeit der Gläubiger der übertragenden deutschen Gesellschaft aus demselben Grund gegeben wie bei der Inlandsverschmelzung. Hier wie dort birgt der automatische Wechsel des Schuldners Risiken. Ein erhöhtes Schutzbedürfnis, bedingt durch den grenzüberschreitenden Charakter der Transaktion und ein dadurch ausgelöstes Erfordernis der Rechtsverfolgung im Ausland, besteht hingegen in aller Regel nicht.162 Der inländische Gerichtsstand bleibt bestehen, solange Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft nach der Verschmelzung in Deutschland liegen163 oder zumindest eine Niederlassung im Inland verbleibt und die Forderung dieser zuzuordnen ist164.165 Es erscheint daher zunächst nicht abwegig, § 22 UmwG auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall zu Gunsten der Gläubiger der deutschen Gesellschaft für anwendbar zu halten.166 Rechtsunsicherheiten könnten jedoch daraus resultieren, dass auf diesem Wege die aufnehmende ausländische Gesellschaft originär zur Leistung der Sicherheit verpflichtet würde.167 Unklar ist, wie die Regelung nach international-ge161

Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 22 Rn. 1; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 22 Rn. 3. 162 So auch Kieninger, EWS 2006, 49, 52; Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 843; DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 742; a. A. offenbar Geyrhalter/ Weber, NZG 2005, 837, 838. 163 Vgl. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Artt. 59, 60 EuGVVO. 164 Vgl. Art. 5 Nr. 5 EuGVVO. Zu den Voraussetzungen der Zuordnung einer Forderung zu einer Niederlassung vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO (2007), Art. 5 EuGVVO Rn. 28; Dörner, in: Saenger, HK-ZPO (2006), Art. 5 EuGVVO Rn. 46; Hüßtege, in: Thomas/Putzo (2007), Art. 5 EuGVVO Rn. 23. 165 Kieninger, EWS 2006, 49, 52. 166 Ohne weiteres gehen hiervon etwa Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 149 sowie Kieninger, EWS 2006, 49, 52 aus. A. A. H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289. Probleme bei der Anwendbarkeit des § 22 UmwG auf die ausländische Gesellschaft sehen auch Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 228 sowie Kallmeyer, Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, GmbHR 2006, 418, 420. 167 Die originäre Verpflichtung der ausländischen Gesellschaft ergibt sich auf Grundlage der wohl herrschenden Lehre, nach der der Anspruch auf Sicherheitsleis-

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sellschaftsrechtlichen Grundsätzen auf die ausländische Gesellschaft zur Anwendung zu bringen ist.168 Jeweils von der für grenzüberschreitende Verschmelzungen entwickelten sog. modifizierten Vereinigungstheorie169 ausgehend, wird die Anwendbarkeit des § 22 UmwG auf verschiedenen Wegen begründet.170 Die Vorschrift auf den ausländischen Verschmelzungspartner im Wege einer Anpassung des ausländischen Verschmelzungsrechts zur Anwendung zu bringen, erscheint danach zwar nicht prinzipiell ausgeschlossen. Sie erfordert aber beträchtlichen juristischen Begründungsaufwand und die anschließende entsprechende Kooperationsbereitschaft der beteiligten Registergerichte und ist kaum mit dem in „SEVIC“ festgelegten Anspruch auf Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen zu vereinbaren. Selbst wenn man die Europarechtswidrigkeit nicht bereits durch die Rechtsunsicherheiten eines solchen Vorgehens begründet sieht, wird man nach der erfolgten Umsetzung der VRL jedenfalls eine Erforderlichkeit der kollisionsrechtlichen Anpassung ablehnen müssen. Näherliegend ist es heute, die mit der fehlenden Anwendbarkeit des § 22 UmwG auf die ausländische Gesellschaft festgestellte – planwidrige – Regelungslücke durch eine analoge Anwendung des § 122j UmwG zu füllen. Ein Gläubigerschutz, der Ansprüche auf Sicherheitsleistung bereits vor Wirksamkeit der Verschmelzung gewährt, vermeidet nicht nur die umständliche Begründung der Anwendbarkeit des § 22 UmwG auf die ausländische Gesellschaft171, sondern stellt sich aus ihrer Sicht auch als eine die Niederlassungsfreiheit in geringerem Umfang betung erst mit Wirksamwerden der Verschmelzung entsteht und dann sofort fällig wird, vgl. Maier-Reimer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 22 Rn. 42; wohl auch Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 22 Rn. 21; Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 22 Rn. 11. A. A. und damit im hier interessierenden Zusammenhang unproblematisch Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 22 UmwG Rn. 8, die den Anspruch bereits mit Beginn der in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwG festgesetzten Ausschlussfrist entstehen lassen wollen, so dass dieser zunächst gegenüber der zu übertragenden Gesellschaft besteht und erst anschließend durch Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft übergeht; in diesem Sinne offenbar auch Vossius, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 22 UmwG Rn. 26, 55. 168 Grundlegend Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 199 ff. 169 Siehe ausführlich unter 4. Teil D. I. 2. b). 170 Ausführlich hierzu Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 212 ff., 220 f., 230, die überzeugend darlegt, dass eine kumulative Berufung der Personalstatuta mit anschließender Bestimmung des strengsten Rechts kaum praktikabel ist und selber dafür plädiert, Gläubiger ausschließlich durch das Personalstatut der ursprünglichen Schuldnerin zu schützen und § 22 UmwG im Wege der Anpassung auf die ausländische Gesellschaft zur Anwendung zu bringen. 171 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 231.

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schränkende Maßnahme dar. Originär verpflichtet würde auf diese Weise die übertragende deutsche Gesellschaft. Die übernehmende ausländische Gesellschaft würde lediglich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge für die bei Wirksamwerden der Verschmelzung noch nicht befriedigten Ansprüche auf Sicherheitsleistung einzustehen haben.172 Einen vorverlagerten Gläubigerschutz ausschließlich für Hinausverschmelzungen vorzusehen, würde eine differenzierte Behandlung zur innerstaatlichen Verschmelzung begründen. Eine Diskriminierung der ausländischen Gesellschaft liegt hierin jedoch nicht. Sie wird – wie gezeigt – von der Pflicht zur Sicherheitsleistung weitgehend entlastet. Der vorverlagerte Gläubigerschutz stellt eine einfache Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aller beteiligten Gesellschaften dar, die zum Schutz berechtigter Gläubigerinteressen erforderlich und damit verhältnismäßig ist.173 Über die bloße Vorverlagerung hinaus die Analogie auf die strafbewehrte Versicherung ausreichender Sicherheitsleistungen nach §§ 122k Abs. 1 Satz 3, 314a UmwG auszuweiten, ist zur Sicherstellung ausreichenden Gläubigerschutzes hingegen nicht erforderlich, wäre mithin eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung.174 Freilich wäre aus Gründen endgültiger Rechtssicherheit eine explizite Regelung der Vorverlagerung des Gläubigerschutzes wünschenswert. Auch die analoge Anwendung des § 122j UmwG wird den Anforderungen der „SEVIC“-Entscheidung an die Durchführbarkeit grenzüberschreitender Hinausverschmelzungen hingegen gerecht. (bb) Schutz von Minderheitsgesellschaftern (a) Barabfindungsangebot Die Regelung eines Barabfindungsangebots zu Gunsten der Minderheitsgesellschafter der übertragenden deutschen Gesellschaft ist als Vorausset172 Ähnlich Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 223 f., die aber speziell für § 22 UmwG davon ausgeht, dass die Pflicht zur Sicherheitsleistung bereits dann auf die übernehmende Gesellschaft übergeht, wenn der Anspruch auf Sicherheitsleistung fristgerecht bei der übertragenden Gesellschaft angemeldet wurde und somit der Rechtsboden für den Anspruch gelegt sei. Dem ist nicht zuzustimmen. Selbst wenn man die Auffassung teilt, dass für ein Greifen der Gesamtrechtsnachfolge ein solches Legen des Rechtsbodens ausreichend sein soll, wird sich dadurch nicht vermeiden lassen, dass ein nach Wirksamwerden der Verschmelzung angemeldeter Anspruch auf Sicherheitsleistung originär gegenüber der ausländischen Gesellschaft entstehen müsste. 173 Siehe hierzu für den Anwendungsbereich der VRL ausführlich unter 4. Teil A. III. 3. a). 174 Siehe hierzu für den Anwendungsbereich der VRL ausführlich unter 4. Teil A. III. 3. b).

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zung der Hinausverschmelzung grundsätzlich europarechtlich unbedenklich. Eine unterschiedslos für innerstaatliche und grenzüberschreitende Verschmelzungen vorgesehene Barabfindungsverpflichtung stellt bereits keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, sondern erleichtert vielmehr deren Ausübung.175 So wurde in der Vergangenheit überzeugend dargelegt, dass die Verschmelzung einer Gesellschaft unter der Voraussetzung eines zustimmenden Beschlusses ihrer Gesellschafter steht, die Willensbildung in der Gesellschaft damit aber der Niederlassung vorgelagert ist. Niederlassungsrechtlich irrelevant sei damit zum einen das Mehrheitserfordernis, das nationales Recht für einen erfolgreichen Verschmelzungsbeschluss vorsieht.176 Zum anderen beschränkten aber auch Austrittsrechte, die den anstatt eines Einstimmigkeitserfordernisses vorgesehenen Mehrheitsbeschluss kompensieren, die Niederlassungsfreiheit nicht.177 Das verdient jedenfalls für innerstaatliche und grenzüberschreitende Verschmelzungen unterschiedslos regelnde Vorschriften Zustimmung. Ein Rechtfertigungsbedürfnis bleibt, wollte der nationale Gesetzgeber für die grenzüberschreitende Verschmelzung eine höhere Zustimmungshürde oder eine extensivere Barabfindungsverpflichtung einführen.178 Denn auch, wenn die Gesellschaft von ihrer Niederlassungsfreiheit nur mit Zustimmung ihrer Gesellschafter Gebrauch machen kann, wird ihr die Ausübung derselben doch durch die strengeren rechtlichen Vorgaben erschwert. Aus Sicht einer aufnehmenden ausländischen Gesellschaft stellen sich die grenzüberschreitende Verschmelzung benachteiligende Vorschriften zudem als mittelbare Diskriminierung dar. Man bedenke etwa die Konsequenzen eines Einstimmigkeitserfordernisses auf Seiten der deutschen Gesellschaft. Jedenfalls Publikumsgesellschaften wäre der Weg der Verschmelzung über die Grenze faktisch versperrt.179 Sie kämen für ausländische Gesellschaften von vornherein nicht als Verschmelzungspartner in Betracht. Allein für grenzüberschreitende Verschmelzungen höhere Anforderungen an den Verschmelzungsbeschluss zu stellen, erscheint 175

Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 359. Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 359; in diese Richtung auch Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 175; a. A. Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 25 f. 177 Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 359. 178 So für ein verschärftes Quorum Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 175; auch Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 233, der allerdings ein Einstimmigkeitserfordernis stets für unzulässig hält; a. A. wohl Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 358 f. 179 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 177; Steiger, Grenzüberschreitende Fusion und Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU nach spanischem und portugiesischem Recht (1997), 112. 176

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einer europarechtlichen Rechtfertigung daher nicht zugänglich.180 Eine Ausweitung der Barabfindung ist hingegen gerechtfertigt, wenn eine erhöhte Schutzbedürftigkeit der Minderheitsgesellschafter eine solche Regelung erforderlich macht. Es bleibt also bei der Möglichkeit, auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall ein Barabfindungsangebot zum Schutz der Gesellschafter vorzusehen, die der Verschmelzung widersprechen. Ein solches sieht für innerstaatliche Verschmelzungen § 29 UmwG vor. Die – an sich naheliegende – Ausweitung der Anwendbarkeit der Vorschrift auf Hinausverschmelzungen erweist sich hingegen als problematisch. § 29 Abs. 1 Satz 1 UmwG verpflichtet die übernehmende Gesellschaft unter den weiteren Voraussetzungen des § 29 UmwG zur Abgabe des Barabfindungsangebots im Verschmelzungsvertrag. Wie entsprechend bereits zum Gläubigerschutz nach § 22 UmwG festgestellt, würde auch die einfache Übertragung des § 29 UmwG auf die grenzüberschreitende Verschmelzung eine originäre Verpflichtung der ausländischen Gesellschaft mit sich bringen, obwohl diese dem deutschen Personalstatut nicht unterliegt.181 Die Anordnung des § 29 UmwG ginge damit ins Leere. Erneut braucht es erheblichen juristischen Begründungsaufwand und den entsprechenden Kooperationswillen der beteiligten Registergerichte, um die Angebotsverpflichtung der ausländischen Gesellschaft im Wege der Anpassung des ausländischen Umwandlungsrechts zu begründen. Und selbst dann erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Angebotsverpflichtung unversöhnlich mit einem im ausländischen Recht vorgesehenen Verbot des Erwerbs eigener Anteile kollidiert oder diesbezügliche restriktive Vorschriften die Erfüllung der Barabfindung doch erheblich erschweren.182 Teilweise wird für solche Fälle auf das allgemeine Austrittsrecht aus wichtigem Grund verwiesen, das bei anderweitig nicht gewährleistetem Gesellschafterschutz zu einem Abfindungsanspruch gegen die übertragende deutsche Gesellschaft führen soll.183 Auf Grund der Viel180 So auch Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 175 ff. 181 Für unproblematisch halten dies Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 122; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 182. 182 Vgl. Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 183. 183 Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 122; a. A. Sonntag, Zulässigkeit und Auswirkungen grenzüberschreitender Verschmelzungen (2004), 189, der ein Austrittsrecht erst nach Wirksamwerden der Verschmelzung nach dem ausländischen Gesellschaftsstatut bestimmen will. Zur innerstaatlichen Verschmelzung Grunewald, FS-Boujong (1996), 175, 199 f.; dies., in: Lutter, UmwG (2004), § 29 Rn. 32.

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zahl von Unwägbarkeiten genügt eine Gewährung ausreichenden Schutzes von Minderheitsgesellschaftern über eine kollisionsrechtliche Anpassung ausländischen Rechts und einen eventuellen Rückgriff auf das allgemeine Austrittsrecht dem in „SEVIC“ konstatierten Anspruch auf Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen nicht. Eine in der Praxis mit der geforderten Rechtssicherheit handhabbare Regelung wäre es demgegenüber, bereits die übertragende deutsche Gesellschaft zur Barabfindung vor Wirksamwerden der Verschmelzung zu verpflichten.184 Für die ausländische Gesellschaft bringt eine solche Regelung keine niederlassungsrechtlich relevante Benachteiligung mit sich.185 Aber auch die aus Sicht der deutschen Gesellschaft gegenüber der innerstaatlichen Verschmelzung eintretende Verschärfung der Rechtslage ist aus Gründen eines effektiven Schutzes der Minderheitsgesellschafter gerechtfertigt. Ohne Einführung einer entsprechenden Vorschrift bleibt zu überlegen, ob bereits die aktuelle Rechtslage Wege eröffnet, um „SEVIC“ mehr als durch die komplizierte und unsichere Anpassung ausländischen Rechts gerecht zu werden. Die Lösung verläuft auch insoweit ähnlich zu dem beim Gläubigerschutz gefundenen Ergebnis: Auf Grund der fehlenden Verpflichtung ausländischer Gesellschaften durch § 29 UmwG besteht trotz vergleichbarer Interessenlage bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter nicht ausschließlicher Beteiligung von Kapitalgesellschaften ein geringerer Schutz der Minderheitsgesellschafter als bei innerstaatlichen Verschmelzungen. Geht der Gesetzgeber zudem offenbar davon aus, dass der „SEVIC“-Entscheidung allein Bedeutung für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften zukommt186, liegt für die hier interessierenden Verschmelzungskombinationen eine planwidrige Nichtregelung des Schutzes der Minderheitsgesellschafter vor. Es liegt daher nicht fern, die auf grenzüberschreitende Sachverhalte zugeschnittene Regelung des § 122i Abs. 1 UmwG analog anwenden zu wollen. Zwar sind die bei Anpassung des ausländischen Rechts auftretenden Probleme dadurch insoweit nicht behoben, als ausländisches Recht ihren Gesellschaften den Erwerb eigener Anteile untersagt. Die mit Unsicherheiten behaftete Begründung der Barabfindungspflicht durch Anpassung des ausländisches Umwandlungsrechts aber wäre fortan entbehrlich. Das von der deutschen Gesellschaft gemachte Barabfindungsangebot ginge unproblematisch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Wirksamwerden der Verschmelzung auf die ausländische Gesellschaft 184

Vgl. Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 183. 185 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 183 f. 186 Vgl. Begr. des RegE eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BT-Drucks. 16/2919, 11.

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über. Bleiben daher auch letzte Zweifel, ob die analoge Anwendung des § 122i Abs. 1 UmwG der Niederlassungsfreiheit vollends gerecht wird, so ist sie doch vorerst der Anpassung des ausländischen Umwandlungsrechts vorzuziehen. (b) Spruchverfahren zur Verbesserung der Barabfindung Die Höhe der Barabfindung ist bei innerstaatlichen Verschmelzungen gemäß § 34 UmwG im Wege eines Spruchverfahrens überprüfbar und gegebenenfalls zu verbessern. Die Vorschrift dient dem Schutz der Minderheitsgesellschafter und steht einer europarechtlichen Rechtfertigung somit im Grundsatz offen. Auch hier stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit der Vorschrift im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall. So kann der Antrag auf Überprüfung der Barabfindung gemäß § 34 UmwG i. V. m. §§ 1 Nr. 4, 4 Abs. 1 Nr. 4 SpruchG erst gestellt werden, wenn die zur Wirksamkeit der Verschmelzung führende Eintragung bekannt gemacht worden ist.187 Zu diesem Zeitpunkt sind die ehemaligen Gesellschafter der deutschen Gesellschaft bereits zu Anteilsinhabern an der übernehmenden ausländischen Gesellschaft geworden, die grundsätzlich allein ihrem Personalstatut unterliegt. Hält man – wie hier für vorzugswürdig erachtet – zudem § 122i Abs. 1 UmwG auf grenzüberschreitende Verschmelzungen, die nicht unter ausschließlicher Beteiligung von Kapitalgesellschaften vorgenommen werden, für analog anwendbar, kommt eine direkte Anwendung des § 34 UmwG von vornherein nicht in Betracht. Eine solche ist nur zu erreichen, wollte man auch § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG für analog anwendbar halten. Man wird diesen Weg gehen müssen. Ausländisches Recht muss dann in Orientierung an den Vorgaben des Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL an deutsches Umwandlungsrecht angepasst werden. Diese Anpassung genügt der Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der geforderten Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen.188 Das Ergebnis der Anpassung ist durch die VRL in diesem Fall fest vorgegeben, was Rechtsunsicherheiten minimiert. Freilich wäre es wünschenswert, würden die nationalen Gesetzgeber Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL entsprechende Vorschriften für alle denkbaren Verschmelzungskombinationen vorsehen.

187 Volhard, in: MünchKomm. zum AktG – Band 9/1 (2004), § 4 SpruchG Rn. 7; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 4 SpruchG Rn. 3; zum alten Recht Volhard, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 305 Rn. 2; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2001), § 305 UmwG Rn. 1. 188 Siehe zum hier für vorzugswürdig erachteten Konzept der Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen unter Beteiligung von Personengesellschaften unter 4. Teil D. II.

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(g) Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses In der soeben dargestellten Weise wird man vorerst auch für Spruchverfahren zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses – für innerstaatliche Verschmelzungen in § 15 UmwG i. V. m. dem SpruchG vorgesehen – verfahren müssen, will man auch dieses Spruchverfahren für die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung mindestens einer Personengesellschaft retten. Die Einwilligung der Gesellschafterversammlungen ausländischer Verschmelzungspartner zur Durchführung eines Spruchverfahrens nach § 15 UmwG i. V. m. dem SpruchG ist dabei noch aus einem weiteren Grund geboten, um die europarechtskonforme Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung sicherzustellen. § 15 UmwG dient dem Schutz aller Gesellschafter einer übertragenden Gesellschaft.189 Allgemeiner Gesellschafterschutz hat in der bisherigen Judikatur des EuGH als schützenswertes Allgemeininteresse keine Erwähnung gefunden. Ihn mit Hinweis auf Art. 44 Abs. 2 g) EG als weiteres Allgemeininteresse anerkennen zu wollen190, kann auf Grund der im Ergebnis unterschiedlich starken Bindung des europäischen Gesetzgebers einerseits und der nationalen Gesetzgeber andererseits an die Grundfreiheiten nicht überzeugen.191 Mit Zustimmung der ausländischen Gesellschafterversammlungen aber wird das Schutzkonzept des § 15 UmwG beim EuGH nicht in Ungnade fallen. Mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar wäre es freilich auch, eine Regelung zu schaffen, die die Vorteile des Spruchverfahrens – ähnlich der erst mit Einführung des UmwG weggefallenden §§ 352c, 245 Nr. 1 AktG und § 31a KapErhG – auf Minderheitsgesellschafter beschränkt. Ergänzend sollte jedenfalls rasch eine Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL entsprechende Vorschrift in die nationalen Umwandlungsrechte implementiert werden. (cc) Arbeitnehmerschutz Der betriebliche Arbeitnehmerschutz bleibt nach dem auf deutsche Betriebe beschränkten Anwendungsbereich des BetrVG für die nach der Verschmelzung weiterhin in deutschen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer erhalten.192 Für den Bereich der unternehmerischen Mitbestimmung ist zu189 Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 15 Rn. 1, 5; Bork, in: Lutter, UmwG (2004), § 15 Rn. 1, 4; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 15 Rn. 1, 9. 190 So Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2004), Rn. 187. 191 Vgl. zur Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten unter 3. Teil B. I. 192 BAG BB 1975, 327, 328; BAG IPRax 1983, 232, 233; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 104; Großfeld/Erlinghausen, JZ 1993, 217; Richardi, IPRax 1983, 217, 218.

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nächst noch einmal festzuhalten, dass Hineinverschmelzungen inländische Arbeitnehmerinteressen unberührt lassen.193 Für die Verschmelzung unter Kapitalgesellschaften kommt hier das die VRL umsetzende MgVG zur Anwendung. Soll eine ausländische Personengesellschaft aufgenommen werden, gilt bisher geltendes nationales Mitbestimmungsrecht unverändert fort. Bei Hinausverschmelzungen muss dagegen zwischen vier Verschmelzungskombinationen differenziert werden: (1) Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften wird auch für die Hinausverschmelzung seit dem 29. Dezember 2006 abschließend durch das Art. 16 VRL umsetzende MgVG geregelt.194 Der nationale Gesetzgeber ist hier nicht legitimiert, von den Vorgaben der VRL abzuweichen. (2) Die Verschmelzung zweier Personengesellschaften berührt von vornherein keine Mitbestimmungsrechte. (3) Verschmelzt eine deutsche Kapitalgesellschaft auf eine ausländische Personengesellschaft, gehen die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer der deutschen Gesellschaft verloren. In dieser Rechtsfolge unterscheidet sich die grenzüberschreitende Verschmelzung nicht von ihrem innerstaatlichen Pendant.195 Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer sind hier nicht zu rechtfertigen, würden sie die ausländische Personengesellschaft doch jedenfalls gegenüber einer inländischen Personengesellschaft bei Durchführung einer innerstaatlichen Verschmelzung diskriminieren. Letztlich wird man aber bereits eine Berufung des Gesetzgebers auf das Allgemeininteresse des Arbeitnehmerschutzes ablehnen müssen, da auch bei innerstaatlichen Verschmelzungen der Arbeitnehmerschutz insoweit nicht konsequent verfolgt wird.196 (4) Möglicherweise sinnvoll wären mitbestimmungsschützende Vorschriften hingegen, sobald eine deutsche Personengesellschaft auf eine mitbestimmte ausländische Kapitalgesellschaft verschmelzt. Zwar profitieren die Arbeitnehmer der deutschen Gesellschaft hier vor der Verschmelzung von keinerlei Mitbestimmungsrechten. Allerdings bleiben ihnen solche auch nach 193

Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (3) (b). Der zwischenzeitlich in der Literatur geführte Streit, ob sich nach „SEVIC“ bis zur Umsetzung der VRL für mitbestimmte deutsche Unternehmen ein Zeitfenster zur Flucht aus der Mitbestimmung öffnet, hat sich somit erledigt. Befürwortet wurde dies von Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 51; Kieninger, EWS 2006, 49, 53; ähnlich Drygala, ZIP 2005, 1995, 1999 f., der ein Zeitfenster aber für den Fall ablehnt, dass die aufnehmende Gesellschaft keinerlei Mitbestimmung unterworfen ist; generell ablehnend Nagel, NZG 2006, 97, 101. 195 Vgl. zur innerstaatlichen Verschmelzung Willemsen, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 325 Rn. 2; Joost, in: Lutter, UmwG (2004), § 325 Rn. 14; Simon, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 325 Rn. 3. 196 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 105 f. Vgl. auch EuGH, Urt. v. 7.3.1989, Rs. 215/87 – „Schumacher“, Slg.1989, 617, 640, Rn. 21. 194

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

einer grenzüberschreitenden Verschmelzung mit einer Kapitalgesellschaft vorenthalten, während sie bei einer innerstaatlichen Verschmelzung fortan mitbestimmungsberechtigt wären, sobald die Arbeitnehmerzahlen die erforderlichen Schwellenwerte erreichen. Es handelt sich also um ein spezifisches Problem der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Ein naheliegender Gedanke wäre nun, dass in Umsetzung der VRL im MgVG geregelte Verhandlungsverfahren mit – gegebenenfalls – anschließender gesetzlicher Auffanglösung auf die Verschmelzung der deutschen Personengesellschaft auf die ausländische mitbestimmte Kapitalgesellschaft analog anzuwenden oder ein Verhandlungsverfahren speziell für diese Verschmelzungskombination gesetzlich festzulegen. Hingegen wird man die Europarechtskonformität einer solchen Regelung ablehnen müssen. Bestehende Arbeitnehmerrechte würden dadurch nicht geschützt, bereits ein entsprechendes Allgemeininteresse ist daher fragwürdig. Zudem würden allein ausländische Kapitalgesellschaften in ein Verhandlungsverfahren gezwungen und so gegenüber einer nationalen Kapitalgesellschaft bei Durchführung einer innerstaatlichen Verschmelzung diskriminiert. Schließlich sind langwierige Verhandlungen der Mitbestimmung zwischen den Verschmelzungsparteien nicht nur organisatorisch aufwendig, sondern verzögern die Verschmelzung in erheblichem Maße. Mag es dem europäischen Gesetzgeber offen stehen, ein Verhandlungsverfahren im Rahmen der VRL für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften vorzusehen197, bleibt nationalen Gesetzgebern eine Ausweitung dieses Modells doch aus primärrechtlichen Gründen versagt. (dd) Wirksamkeit der Steueraufsicht Die Diskussion, inwieweit bisherige, im Steuerrecht begründete Beschränkungen, insbesondere aber die Hinausverschmelzung gegenüber der innerstaatlichen Verschmelzung diskriminierende Vorschriften, mit der Wirksamkeit der Steueraufsicht zu rechtfertigen waren, kann hier nicht nachgezeichnet werden.198 Auch die Frage nach der Vereinbarkeit der nun im SEStEG199 zur Hinausverschmelzung getroffenen Regelungen mit der Niederlassungsfreiheit, insbesondere die des sog. Betriebsstättenvorbehalts200, 197 Siehe zur Bindung des Richtliniengebers an die Grundfreiheiten unter 3. Teil B. I. 198 Vgl. hierzu Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 264 ff.; ders., GmbHR 2003, 1413, 1416 f.; Kraft/Bron, IStR 2006, 26, 28 ff. 199 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG), BGBl. I-2006, 2782 ff. 200 Für die Vereinbarkeit des Betriebsstättenvorbehalts mit der Niederlassungsfreiheit wohl Thiel, DB 2005, 2316, 2318; in diese Richtung auch Louven/Dettmeier/

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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könnte hier allenfalls eine skizzierende Antwort finden und soll daher steuerrechtlich ausgerichteten Untersuchungen vorbehalten bleiben. (4) Sonderfall: Beschränkungen von Verschmelzungen unter Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft mit in Deutschland gelegenem Verwaltungssitz201 Seit „Überseering“ und „Inspire Art“ sehen sich Zuzugsstaaten in der EU gezwungen, EU-ausländischen Gesellschaften die Verlegung ihres Verwaltungssitzes ins Inland zu erlauben; inländisches Gesellschaftsrecht ist auf solche Gesellschaften nur in engen Grenzen auf Grund von Sonderanknüpfungen anwendbar.202 Der Umfang europarechtlich zulässiger Sonderanknüpfungen ist hingegen nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Allein die Diskussion um die Ausweitung deutscher unternehmerischer Mitbestimmung auf Auslandsgesellschaften mit deutschem Verwaltungssitz zeigt die Komplexität der Thematik.203 Inwieweit im Zeitraum vor der Verschmelzung deutsches Gesellschaftsrecht im Wege einer Verwaltungssitzanknüpfung zum Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern oder aber der inländischen Arbeitnehmer Anwendung findet, muss daher anderen Untersuchungen überlassen bleiben.204 Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 6 f.; dagegen Stadler/Elser, BB-Special 8/2006, 18, 22; Werra/Teiche, DB 2006, 1455, 1457; Körner, IStR 2006, 469. 201 Die Bezeichnung „grenzüberschreitende Verschmelzung“ bezeichnet diese Fallgruppe nur unzureichend, da ein grenzüberschreitendes Element nicht erkennbar ist. Vereinzelt werden daher die Termini „rechtsüberschreitende Verschmelzung“, so etwa Kieninger, EWS 2006, 49, 54 oder „internationale Verschmelzung“, so Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 11 ff. vorgeschlagen. 202 Siehe unter 1. Teil A. II. 2. 203 Vgl. für die Anwendbarkeit deutschen Mitbestimmungsrechts auf Auslandsgesellschaften mit inländischem Verwaltungssitz von Halen, WM 2003, 571, 577; unter der Einschränkung, dass das ausländische Recht keine der deutschen vergleichbare Mitbestimmung kennt Franzen, RdA 2004, 257, 258 ff.; einschränkend auch Thüsing, in: Rieble, Zukunft der Unternehmensmitbestimmung (2004), 95, 100 ff., der de lege lata die Anwendbarkeit ablehnt, die explizite Regelung einer Sonderanknüpfung durch den Gesetzgeber aber für zulässig erachtet; ähnlich auch Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590 f., der einen solchen Schritt des Gesetzgebers auf Grund der praktischen Schwierigkeiten die deutsche Mitbestimmung in ausländischen – womöglich monistisch verfassten – Gesellschaften zu implementieren, aber nicht befürwortet; a. A. Henssler, RdA 2005, 330, 332 f.; Kuntz, EuZW 2005, 524, 527 f.; Veit/Wichert, AG 2004, 14, 16 ff.; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1917 f.; zumindest zweifelnd auch Eidenmüller, ZIP 2002, 2232, 2242. 204 Vgl. hierzu etwa Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften (2006), Dritter Abschnitt; Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfungen unter der Gründungstheorie (2005); Ungan, Philipp, ZVglRWiss 104 (2005), 355 ff.; Sand-

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

Von Interesse bleibt vorliegend lediglich, ob es aus europarechtlicher Sicht zulässig wäre, eine EU-ausländische Gesellschaft mit Verwaltungssitz in Deutschland bei der Durchführung der Verschmelzung drittschützenden Normen des deutschen Verschmelzungsrechts zu unterwerfen. Die Frage ist richtigerweise zu verneinen. Für grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Kapitalgesellschaften steht dem schon die VRL entgegen, die zwar selber keine abschließende Gründungsanknüpfung statuiert, jedoch faktisch von einer Gründungsanknüpfung ausgeht, die den Spielraum für Sonderanknüpfungen praktisch gegen Null gehen lässt.205 Im Übrigen ist in sämtlichen denkbaren Verschmelzungskombinationen, und unabhängig davon, ob eine Hinein- oder Hinausverschmelzung geplant ist, ein Sonderanknüpfungen rechtfertigendes Drittschutzbedürfnis nicht auszumachen. Ein gegebenenfalls bestehendes Schutzbedürfnis der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter der ausländischen Gesellschaft mit deutschem Verwaltungssitz über eine Sonderanknüpfung und die mit ihr einhergehende Verpflichtung der ausländischen Gesellschaft sicherzustellen, ist jedenfalls nicht erforderlich, mithin nicht zu rechtfertigen. Auch ohne Sonderanknüpfung könnte der Schutz durch eine Ausweitung des Anwendungsbereichs innerstaatlicher Schutzvorschriften, z. B. § 22 UmwG oder § 29 UmwG, auf die Gläubiger bzw. Minderheitsgesellschafter der ausländischen Gesellschaft gewährt werden. Der Gesetzgeber ist hier gegebenenfalls gefordert, die Ausweitung der Anwendungsbereiche zu bestimmen. Auch eine solche Ausweitung wird hingegen nicht ohne Weiteres europarechtlich unbedenklich sein, erschwert sie doch die Durchführung der Verschmelzung und stellt sich somit als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Ein doppelter Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter wird hierbei kaum erforderlich sein. Eine Anwendung innerstaatlicher Schutzvorschriften auf Gläubiger und Minderheitsgesellschafter ausländischer Gesellschaften sollte daher jedenfalls unter dem Vorbehalt stehen, dass die involvierte ausländische Rechtsordnung entsprechende Schutzvorschriften nicht kennt. Schließlich ergeben sich auch für die unternehmerische Mitbestimmung durch die grenzüberschreitende Verschmelzung – vom regelmäßigen Verhandlungsverfahren bei der Verschmelzung unter Kapitalgesellschaften abgesehen – keine Besonderheiten. Eine unternehmerisch mitbestimmte ausländische Kapitalgesellschaft entzieht sich durch die Verschmelzung auf rock, ZVglRWiss 102 (2003), 447, 469 ff. sowie die einzelnen Beiträge bei Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland (2005). 205 Siehe unter 3. Teil B. II. A. A. wohl die Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 2. Dort wird gefordert, in § 122a Abs. 2 UmwG klarzustellen, ob das UmwG auf Gesellschaften mit Satzungs- oder Verwaltungssitz in Deutschland anwendbar ist.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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eine inländische Personengesellschaft ihrem Mitbestimmungsregime. Dies entspricht der Rechtsfolge bei der innerstaatlichen Verschmelzung und rechtfertigt keine Sonderanknüpfung. Die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung einer Auslandsgesellschaft mit inländischem Verwaltungssitz – zutreffender als rechtsüberschreitende Verschmelzung bezeichnet – eröffnet dem nationalen Gesetzgeber damit im Vergleich zur gewöhnlichen grenzüberschreitenden Verschmelzung allenfalls einen minimal erweiterten Spielraum für die Niederlassungsfreiheit beschränkende Maßnahmen. 3. Abschließende Stellungnahme „SEVIC“ hat die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für grenzüberschreitende Verschmelzungen herausgestellt. Das Urteil zieht unter einige der zuvor diskutierten Fragen einen richterlichen Schlussstrich, ohne die argumentativen Grundlagen seines eindeutigen Ergebnisses – von den dogmatischen ganz zu schweigen – deutlich werden zu lassen. Dem der Argumentation und der Dogmatik verpflichteten deutschen Juristen sei der Versuch der argumentativen Begleitung des Urteils sowie seiner dogmatischen Einordnung allem case law zum Trotz dennoch erlaubt, um zukünftige Entscheidungen bisher noch nicht verhandelter Fälle vorhersehbarer zu machen. Die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen stellt sich danach wie folgt dar: a) Die Unbestreitbarkeit der Bedeutung der Niederlassungsfreiheit Spätestens mit „SEVIC“ ist die den Einfluss der Niederlassungsfreiheit auf die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen leugnende Ansicht nicht mehr vertretbar. Ihre Position war freilich schon vor „SEVIC“ nicht haltbar. Den Schutz der Niederlassungsfreiheit mit dem Vergleich der fehlenden Einbürgerungspflicht bei natürlichen Personen versagen zu wollen, lässt die trotz der Pflicht nach Art. 48 Abs. 1 EG zur Gleichbehandlung zwischen natürlichen Personen und Gesellschaften bestehenden Unterschiede bei der Ausübung der Niederlassungsfreiheit unberücksichtigt und konnte als alleinige Begründung für einen Ausschluss der Niederlassungsfreiheit daher seit jeher nicht überzeugen. Erneut ist hierbei auf die Kernaussage der „Daily Mail“-Entscheidung hinzuweisen, nach der die rechtliche Existenz einer Gesellschaft von den Regelungen ihrer Gründungsrechtsordnung abhängig ist,

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

ihr jenseits dieser Rechtsordnung mithin keine Realität zukommt.206 Einer ähnlichen Beschränkung sind natürliche Personen nicht unterworfen. Sie können sich ohne Wechsel der Staatsbürgerschaft in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen, also ohne „Statutenwechsel“ wegziehen. Ihre Niederlassungsfreiheit würde gerade dann verletzt, wenn eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit den Verlust der Staatsbürgerschaft zur Folge hätte.207 Demgegenüber erfordert es die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften, den statutenändernden Wegzug – zumindest in Form des grenzüberschreitenden Formwechsels bzw. der formändernden Sitzverlegung – zuzulassen, soll die Niederlassungsfreiheit in Wegzugsfällen nicht ins Leere laufen.208 Freilich ist damit noch nicht gesagt, inwieweit die grenzüberschreitende Verschmelzung – als weitere Option zur Ablegung nationaler Rechtsformen – niederlassungsrechtlich relevant ist. Dass der Vergleich zur natürlichen Person eine Versagung der Niederlassungsfreiheit tragen sollte, war aber seit jeher nicht überzeugend. Praktische Überlegungen unterstützen eine solche Differenzierung. Die Einbürgerung an sich erleichtert die Niederlassung natürlicher Personen nicht. Arbeitskollegen oder Geschäftskontakte werden zumeist ohnehin nicht wissen, welche Staatsangehörigkeit ihr Gegenüber besitzt. Für sie ist vielmehr entscheidend, ob die zugezogene Person wie ein Inländer oder ein Ausländer auftritt, insbesondere ob er ihre oder eine andere Sprache spricht. Nicht die formelle Einbürgerung, sondern das im Verantwortungsbereich eines jeden Einzelnen liegende persönliche Auftreten entscheidet mithin über Erfolg oder Misserfolg einer Niederlassung natürlicher Personen. Dass ausländische Rechtsformen über eine Verschmelzung nicht zugänglich sein sollen, ist im Gegensatz dazu durchaus geeignet, die Betätigung einer Gesellschaft im Ausland erheblich zu erschweren. Erst die Fähigkeit, eine einheimische Rechtsform anzunehmen, macht es einer Gesellschaft möglich, am Wirtschaftsverkehr allein nach den im Zuzugsstaat bekannten Regeln – also in der „Sprache“ ihrer Wahlheimat – teilzunehmen. Steht die Einbürgerung natürlicher Personen außerhalb der Niederlassungsfreiheit209, ist der Rechtsformwechsel – jedenfalls in Form des grenzüberschreitenden Formwechsels bzw. der formändernden Sitzverlegung – für Gesellschaften elementarer Bestandteil derselben. 206 Vgl. EuGH, U. v. 27.9.1988, Rs. 81/87 – „Daily Mail“, Slg. 1988, 5483, 5511, Rn. 19. 207 Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., vor Art. 39–55 EGV Rn. 13. 208 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) cc). 209 Vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., vor Art. 39–55 EGV Rn. 12 f.; Brechmann, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV (2002), Art. 39 EGV Rn. 18.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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Die Unterschiede zwischen natürlichen Personen und Gesellschaften sprachen daher seit jeher eher für eine Einbeziehung der grenzüberschreitenden Verschmelzung in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit, vermochten einen Ausschluss selbiger aber jedenfalls nicht zu begründen. b) Kein Schutz des Vorgangs der grenzüberschreitenden Verschmelzung Den Vorgang der grenzüberschreitenden Verschmelzung selbst dem Schutz der Niederlassungsfreiheit zu unterstellen210, überzeugt nicht. Ob ein Vorgang dem Schutz der Niederlassungsfreiheit unterfällt, kann nicht losgelöst von der Frage beantwortet werden, ob die an dem Vorgang beteiligten Personen oder Gesellschaften niederlassungsberechtigt sind.211 Die in diese Richtung gehenden Andeutungen des EuGH in der „SEVIC“-Entscheidung212 können allein die europarechtlich zwingende Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen daher nicht begründen. c) Keine Freiheitsbetätigung der entstehenden Gesellschaft Es erscheint ebenfalls nicht überzeugend, der durch die Verschmelzung erst entstehenden Gesellschaft für eben diese Entstehung bereits den Schutz der Niederlassungsfreiheit zu gewähren.213 Die entstehende Gesellschaft hat auf die Entscheidung zur Verschmelzung wie auch auf die Verschmelzung selber und damit auf ihr eigenes Entstehen keinerlei Einfluss. Als Ausübung welcher Freiheit auch immer sich eine grenzüberschreitende Verschmelzung darstellen lässt, vor Begründung ihrer Existenz jedenfalls ist eine Gesellschaft nicht in der Lage, von einer Freiheit Gebrauch zu machen. Oder anders formuliert – um eine bekannte Begrifflichkeit aufzunehmen – ein „cor210 So vor allem Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000), 139 f. Die Argumentation von Gillessen übernehmend Kraft/Bron, IStR 2006, 26, 27. 211 Ähnlich Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 163. 212 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10831 f., Rn. 16, 19. 213 A. A. wohl Gottschalk, EuZW 2006, 83 sowie insbesondere Gillessen, Europäische transnationale Sitzverlegung und Fusion im Vereinigten Königreich und in Irland (2000), 139 f. Die Argumentation von Gillessen übernehmend Kraft/Bron, IStR 2006, 26, 27. Auch Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 82, der darauf hinweist, dass es „wenig glücklich“ sei, den Schutz der Niederlassungsfreiheit zu versagen, wenn dadurch lediglich der Umweg über die Gründung einer Auslandgesellschaft im Vorfeld einer Verschmelzung zur Aufnahme nötig wird.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

porate suicide“ kann – vielleicht – Ausdruck der Freiheit der Gesellschaft sein, ein „corporate birth“ hingegen nie. Demgegenüber den Freiheitsschutz mit dem Hinweis auf mögliche Umgehungsmöglichkeiten begründen zu wollen214, erscheint zwar pragmatisch, vor dem eindeutigen Wortlaut des Art. 48 EG aber nicht sachgerecht. In diesem Zusammenhang käme dann allenfalls noch eine vorwirkende Anwendung der Niederlassungsfreiheit auf die durch die Verschmelzung entstehende Gesellschaft in der Gründungsphase, mithin auf eine Vorgesellschaft in Betracht.215 Dass sich auch eine Vorgesellschaft an der Vorbereitung der Verschmelzung der aus ihr hervorgehenden Kapitalgesellschaft auf eine weitere bzw. zu einer weiteren Gesellschaft beteiligen kann, ist in der Literatur anerkannt.216 So kann etwa der Verschmelzungsvertrag geschlossen und der Verschmelzungsbeschluss gefasst werden, bevor die zu verschmelzende Gesellschaft eingetragen ist, sofern nur die Eintragung als juristische Person im Handelsregister vor Wirksamwerden der Verschmelzung liegt.217 Selber verschmelzungsfähig ist die Vorgesellschaft hingegen nicht.218 Zustimmung verdient insoweit zwar die Ansicht, Vorgesellschaften in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit einzubeziehen.219 Eine gänzlich anders gelagerte Frage ist hingegen die nach der Niederlassungsberechtigung einer Vorgesellschaft, die bei der Verschmelzung zur Neugründung auf Grund des Abschlusses eines Verschmelzungsvertrages entsteht, in Bezug auf eben diese Verschmelzung.220 Eine Freiheitsausübung der Vor214 Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 82. 215 So wohl Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 82. 216 Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 3 Rn. 9; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 3 Rn. 5; Fronhöfer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 3 UmwG Rn. 75; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 3 Rn. 48; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 3 UmwG Rn. 23. 217 Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 3 Rn. 9; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 3 Rn. 5 (Fn. 9); Fronhöfer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.Lfg., § 3 UmwG Rn. 75. 218 Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 3 Rn. 9; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 3 Rn. 5; K. Schmidt, FS-Zöllner (1998), Teil I, 521, 524; Streck/ Mack/Schwedhelm, GmbHR 1995, 161, 162. 219 Der Hinweis bei Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 78, dass dieser Vorgesellschaft die Niederlassungsfreiheit zu versagen sei, da andernfalls das Gründungserfordernis des Art. 48 Abs. 1 EG unterlaufen würde greift daher zu kurz. 220 Dazu, dass bei einer Verschmelzung zur Neugründung mit Beurkundung des Verschmelzungsvertrages und der Verschmelzungsbeschlüsse eine Vorgesellschaft entsteht Fronhöfer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 3 UmwG Rn. 76; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG (2006), § 11 Rn. 22; Ihrig, GmbHR 1995, 622, 633.

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gesellschaft, z. B. durch die Fassung eines Verschmelzungsbeschlusses, kann es in diesem Fall nicht geben. Wie die aus der Verschmelzung letztlich hervorgehende Gesellschaft, so ist auch die Vorgesellschaft kein im Zusammenhang mit dieser Verschmelzung handelndes Subjekt. d) Die Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft Dass die übertragende Gesellschaft mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung ihre Niederlassungsfreiheit ausübt, ist „SEVIC“ in Ablehnung des „corporate suicide“ unzweifelhaft zu entnehmen.221 Warum die bisher nicht selten aufgestellte These vom besagten „corporate suicide“ nicht verfangen soll, macht die Entscheidung allerdings weitaus weniger deutlich.222 aa) Die Verschmelzung als Sonderfall der Neugründung? Vereinzelt anzutreffen war bisher die Argumentation, dass insbesondere die Verschmelzung zur Neugründung als Sonderfall einer grenzüberschreitenden Neugründung der primären Niederlassungsfreiheit des Artt. 43, 48 EG unterfalle. Aber auch bei einer Verschmelzung zur Aufnahme sei aus Sicht der übertragenden Gesellschaft keine andere Bewertung gerechtfertigt.223 Diese Begründung trägt kaum. Zwar behandelt § 36 Abs. 2 Satz 2 UmwG die sich verschmelzenden Gesellschaften bei der Verschmelzung zur Neugründung als Gründer der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft. Schon bei der Verschmelzung zur Aufnahme stößt der Ansatz jedoch konsequenterweise an seine Grenzen. Letztlich kann auch bei der Verschmelzung zur Neugründung § 36 Abs. 2 Satz 2 UmwG nicht darüber hinweg täuschen, dass die mit der Verschmelzung untergehenden Gesellschaften selber keine niederlassungsrechtlich relevante Betätigung im Ausland anstreben können, da nicht sie, sondern ihre Gesellschafter Anteile an der neuen Gesellschaft erlangen. bb) Wirkungen der Gesamtrechtsnachfolge Einen weiteren Begründungsansatz lieferte bereits bisher der Verweis auf die als Konsequenz der Verschmelzung eintretende Gesamtrechtsnachfolge.224 Die ununterbrochene Existenz niederlassungsberechtigter Gesell221 222 223 224

Siehe die Ausführungen unter 3. Teil A. I. 2. b) aa), bb). Kritisch daher Kindler, Der Konzern 2006, 811, 818. Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 321. Siehe bereits unter 3. Teil A. I. 1. b).

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schaften bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung lässt in der Tat Zweifel daran aufkommen, ob es richtig sein kann, gerade den Vorgang der Verschmelzung von dieser Niederlassungsberechtigung auszunehmen.225 Ein zwingendes Argument für die Niederlassungsberechtigung der übertragenden Gesellschaft ist darin freilich nicht zu sehen. Da gerade das Zuordnungssubjekt der Niederlassungsfreiheit bei der Verschmelzung – nach üblichem Verständnis – wechselt, ist der Argumentationsansatz des „corporate suicide“ damit nicht zwingend zu entkräften. cc) Die Verschmelzung als identitätswahrende Rechtsträgertransformation Man könnte auf die Idee kommen, der EuGH lege „SEVIC“ de facto die bereits in „Daily Mail“ enthaltene Argumentation zu Grunde, dass Wegzugshindernisse jedenfalls dann an der Niederlassungsfreiheit zu messen sind, wenn der Wegzug mit einem Wechsel des Personalstatuts einhergeht.226 Da sich die Statutsänderung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen im Gegensatz zu der bei grenzüberschreitenden Satzungssitzverlegungen und Formwechseln jedoch nicht identitätswahrend vollzieht, unterstellte man dem EuGH damit zusätzlich eine Ausweitung der „Daily Mail“-Argumentation auf Fälle der Statutsänderung bei gleichzeitigem Identitätswechsel. Die Begründung einer Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch die übertragende Gesellschaft auf diesem Wege zu suchen, überzeugte vor allem dann, wenn eine Versagung der Niederlassungsfreiheit andernfalls in der differenzierenden dogmatischen Ausgestaltung des nationalen Umwandlungsrechts begründet läge. So könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass der „corporate suicide“ ausschließlich der Tatsache geschuldet sei, dass das deutsche Umwandlungsrecht zwar einen identitätswahrenden Formwechsel, aber keine identitätswahrende Verschmelzung kennt. Die Gewährung der Niederlassungsfreiheit der rechtstechnischen Kreativität nationaler Gesetzgeber zu überlassen, würde ihr dann weder gerecht noch würde der EuGH 225 Ähnlich zu verstehen wohl die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10813, Rn. 25 ff., die von einer Verwechslung von Ursache und Wirkung sprechen. So sei nicht der Untergang der übertragenden Gesellschaft als Ursache für eine fehlende Berechtigung eben dieser Gesellschaft zur Verschmelzung anzuführen. Vielmehr sei die Niederlassungsberechtigung der Gesellschaft Ursache für die Wirkung ihres Untergangs im Wege der Verschmelzung. Die grenzüberschreitende Verschmelzung betreffe daher Gesellschaften im vollen Besitz ihrer Rechtsfähigkeit. Kritisch hingegen Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 41, der diese Verwechslung von Ursache und Wirkung anzweifelt, da von Anfang an klar sei, dass der Rechtsträger mit dieser vermeintlichen Ausübung der Niederlassungsfreiheit notwendigerweise verschwindet. 226 Zu dieser Interpretation „Daily Mails“ siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) cc).

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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solch nationale Barrieren für unüberwindlich halten. Dies könnte umso mehr gelten, als es für möglich gehalten wird, Verschmelzungen bereits auf Grundlage des aktuellen Umwandlungsrechts als identitätswahrende Rechtsträgertransformationen zu betrachten.227 Und dennoch, zwingend sind solche Überlegungen letztlich nicht. Zu berücksichtigen bleibt, dass das im deutschen Umwandlungsrecht zu findende Konzept der identitätswechselnden – übertragenden – Verschmelzung sowohl für die innerstaatliche Verschmelzung von AGs als auch für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften bereits im europäischen Sekundärrecht angelegt ist.228 Auch dieser Begründungsansatz kann damit nicht mehr als ein Angebot zur Erklärung der „SEVIC“-Entscheidung und damit der Niederlassungsberechtigung der übertragenden Gesellschaft bieten. Sollte er den Ausführungen des EuGH in „SEVIC“ zu Grunde gelegen haben, so muss die Anmerkung erlaubt sein, dass das Gericht seine Kompetenzen in diesem Falle durch die Korrektur von nationalen Vorschriften, die in Umsetzung der primärrechtskonformen Dritten Richtlinien ergangen sind, überschritten hätte. dd) Sonderfall der Niederlassung Ein letzter Anker bleibt, die Niederlassungsberechtigung der übertragenden Gesellschaft zu begründen. Zwar stehen Gesellschaften nach Art. 48 Abs. 1 EG bei Ausübung der Niederlassungsfreiheit natürlichen Personen gleich. Diese Gleichstellung verlangt hingegen nicht die Eins-zu-eins-Anwendung der Artt. 43 ff. EG auf Gesellschaften, sondern fordert die entsprechende Anwendung der Vorschriften unter Berücksichtigung der gegebenen Unterschiede zwischen Gesellschaften und natürlichen Personen.229 Wie aufgezeigt230, ist es für den wirtschaftlichen Erfolg einer Gesellschaft im Ausland – im Unterschied zur Situation bei natürlichen Personen – von Bedeutung, in einer „einheimischen“ Rechtsform am Markt aufzutreten. Gesellschaften ist es bei Fortgeltung der „Daily Mail“-Entscheidung zudem nur in begrenztem Umfang möglich, ihre wirtschaftliche Tätigkeit ohne Verlust ihrer Gründungsrechtsform ins EU-Ausland zu verlegen.231 Die Möglichkeit, ohne Auflösung in eine ausländische Rechtsform zu wech227

So ausführlich Beuthien/Helios, NZG 2006, 369, 372 ff. Vgl. Art. 19 Abs. 1 Dritte Richtlinie sowie Art. 14 Abs. 1, 2 VRL. 229 Explizit für die grenzüberschreitende Verschmelzung Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 357, 358; allgemein Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 48 EGV Rn. 28; ähnlich MüllerGraff, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 48 EGV Rn. 1, 13. 230 Siehe unter 3. Teil A. I. 3. a). 231 Ähnlich Ch. Teichmann, ZIP 2006, 355, 358. 228

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seln, ist dann aber für Umfang und Erfolg der Betätigung im Ausland von hervorgehobener Bedeutung. Es ist daher daran zu denken, in entsprechender Anwendung des Art. 43 EG den Vorgang des Wechsels in eine EU-ausländische Rechtsform auch dann als Niederlassung anzusehen, wenn dieser Wechsel nicht identitätswahrend vollzogen wird. Dass der Vorgang des Rechtsformwechsels zwar noch mit einem alltäglichen Verständnis eines „Sichniederlassens“ – im Sinne eines Niederlassens zum Sterben – zu vereinbaren ist, mit der üblichen Definition einer Niederlassung nach Artt. 43, 48 EG aber nicht mehr viel gemein hat, steht dabei freilich auf einem anderen Blatt.232 Auch dieser Erklärungsversuch bleibt daher Spekulation und Angebot, nicht aber zwingende Begründung. ee) Fazit zur Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft Daran, dass die übertragende Gesellschaft bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch macht, lässt „SEVIC“ keine Zweifel aufkommen. Schon die Einschlägigkeit der primären Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft verhindert fortan nach dem Willen des Gerichtes die ungerechtfertigte Verhinderung von Hinein- und Hinausverschmelzungen zur Neugründung oder zur Aufnahme durch nationales Recht. Die Annahme bietet den Vorteil, auch die Hinausverschmelzung zur Neugründung gewährleisten zu können. Der argumentative und dogmatische Unterbau der Entscheidung ist in diesem Punkt hingegen äußerst dürftig. Die Feststellung des Generalanwalts einer Verwechslung von Ursache und Wirkung233, die wohl in dem Sinne zu verstehen ist, dass nicht der durch nationales Recht veranlasste „corporate suicide“ eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit ausschließt, sondern die Ausübung der Niederlassungsfreiheit den „corporate suicide“ nach sich zieht, erhellt die Entscheidung nicht. Die hier aufgezeigten Argumente wiederum vermögen eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit der übertragenden Gesellschaft weder einzelnd noch in ihrer Gesamtheit zwingend zu begründen. e) Die Niederlassungsfreiheit der übernehmenden Gesellschaft Bei einer Verschmelzung zur Aufnahme bleibt es sinnvoll, auf die Beeinträchtigung der sekundären Niederlassungsfreiheit der aufnehmenden Ge232 Kindler, Der Konzern 2006, 811, 818 bemerkt in diesem Zusammenhang kritisch, dass sich der EuGH „argumentativ auf eine rechtspolitische Ebene“ zurückziehe. 233 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10813, Rn. 25.

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sellschaft abzustellen, sofern es ihr erschwert wird, eine Zweigniederlassung im Ausland zu begründen.234 Ein dahingehendes beredtes Schweigen des EuGH, dass eine aufnehmende Gesellschaft ihre Niederlassungsfreiheit bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht ausübt, ist „SEVIC“ jedenfalls nicht zu entnehmen. f) Die Niederlassungsfreiheit der EU-Gesellschafter Schließlich kann die grenzüberschreitende Verschmelzung auch Ausübung der Niederlassungsfreiheit der aus EU-Mitgliedstaaten stammenden Gesellschafter der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft sein. Allein überzeugend ist es dabei, die für eine Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit geforderte Möglichkeit zur unternehmerischen Betätigung durch Prüfung der konkreten Einzelfallumstände und nicht über eine starre Mindestbeteiligungsschwelle zu ermitteln. Nur so wird – auch in Abgrenzung zur Kapitalverkehrsfreiheit – deutlich, dass eben nicht der Umfang einer Beteiligung niederlassungsrechtlich relevant, sondern vielmehr die über die Beteiligung vermittelte Möglichkeit zur unternehmerischen Betätigung von entscheidender Bedeutung ist. Darüber hinaus erlaubt die Bestimmung des Schutzbereichs einer Grundfreiheit von vornherein keine pauschalierenden Ansätze. Da der Schutzumfang der gewährleisteten Freiheiten zugleich festlegt, inwieweit weiterhin nationalstaatliche Regelungen getroffen werden können, hat dies auch zu gelten, wenn sich die pauschale Betrachtung zu Gunsten der Grundfreiheitsberechtigten auswirkt.

II. Die grenzüberschreitende Verschmelzung als Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit – Die EU-/EWR-interne Verschmelzung Inwieweit eine grenzüberschreitende Verschmelzung eine Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellt, ist – soweit ersichtlich – noch nicht einge234 Eine Inanspruchnahme der sekundären Niederlassungsfreiheit ist dabei nicht auf Gesellschaften beschränkt, die neben ihrem Satzungssitz auch eine wirtschaftliche Verbindung zur EU aufweisen. Für dieses vereinzelt geforderte, aus Artt. 48 Abs. 1, 43 Abs. 1 Satz 2 EG hergeleitete zusätzliche Kriterium der Ansässigkeit besteht keinerlei Bedürfnis. Eine Gesellschaft, die bisher ausschließlich über einen Satzungssitz in der EU verfügte, nun aber eine Niederlassung innerhalb der EU errichten möchte, dokumentiert damit gerade ihren Wunsch der wirtschaftlichen Betätigung innerhalb der EU. Gegen das Merkmal der Ansässigkeit auch Bröhmer, in: Calliess/ Ruffert, EUV/EGV (2007), Art. 48 EGV Rn. 7; Müller-Huschke, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 48 EGV Rn. 11 f. A. A. Troberg/Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 48 EG Rn. 11 f.

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hend untersucht worden. Dass die Kapitalverkehrsfreiheit tangiert wird, ist aber bereits des öfteren behauptet worden.235 1. Das Verhältnis der Kapitalverkehrsfreiheit zur Niederlassungsfreiheit Das Verhältnis der Kapitalverkehrsfreiheit zur Niederlassungsfreiheit ist in der Literatur nicht zweifelsfrei geklärt. Auch die Entscheidungen des EuGH wollen die diesbezügliche Position des Gerichts nicht recht deutlich werden lassen. a) Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit als Fall einer tatbestandlichen Exklusivität Manche Stimme in der Literatur geht oder ging jedenfalls vormals von der tatbestandlichen Exklusivität beider Grundfreiheiten aus.236 Durch Schwerpunktbildung, die sich an Zweck und Inhalt der wirtschaftlichen Betätigung orientiert, soll dabei die tatbestandliche Abgrenzbarkeit beider Freiheiten erreicht werden.237 Bei einer sog. Direktinvestition sei daher tatbestandlich allein die Niederlassungsfreiheit einschlägig, sobald sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unternehmerischen Einfluss vermittelt.238 b) Die Abgrenzung der Freiheiten als Problem der Rechtfertigung Ganz überwiegend wird heute eine Lösung der Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit nicht auf der Ebene des Tatbestandes, sondern auf Rechtfertigungsebene gesucht. Verschiedene Ansätze konkurrieren dabei miteinander. Nicht selten wird davon ausgegangen, dass trotz Einschlägigkeit beider Tatbestände eine Prüfung exklusiv an einer Grundfreiheit zu erfolgen hat. 235 Vgl. Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 1 Rn. 14; Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 42; Paefgen, GmbHR 2004, 463, 472. 236 In diese Richtung wohl Kainer, Unternehmensübernahmen im Binnenmarktrecht (2004), 65; Schnitger, IStR 2002, 711, 712; Freitag, EWS 1997, 186, 190; Bachlechner, ZEuS 1998, 519, 528 ff. Vormals auch Streinz, Europarecht (1999), Rn. 765 f. sowie Ohler, WM 1996, 1801, 1802 f., die sich jedoch heute für eine kumulative Prüfung beider Tatbestände aussprechen, vgl. Streinz, Europarecht (2005), Rn. 896 sowie Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 114 ff. 237 Bachlechner, ZEuS 1998, 519, 529. 238 Kainer, Unternehmensübernahmen im Binnenmarktrecht (2004), 64 f.; Schnitger, IStR 2002, 711, 712; früher Streinz, Europarecht (1999), Rn. 766.

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Teilweise geht man dabei von einer Subsidiarität der Kapitalverkehrsfreiheit gegenüber der Niederlassungsfreiheit aus239, teilweise wird ein Vorrang der Kapitalverkehrsfreiheit propagiert240. Nach heute wohl überwiegender Auffassung hat bei gleichzeitiger Einschlägigkeit beider Tatbestände eine kumulative Prüfung der betroffenen Grundfreiheiten zu erfolgen.241 Die Mehrzahl der Autoren geht dabei von einer gleichberechtigten Stellung der Grundfreiheiten aus, mit der Folge, dass auf Grund der gegenseitigen Verweisungen der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG bereits die Rechtfertigung einer Maßnahme am Maßstab einer Grundfreiheit für die Feststellung ihrer Rechtmäßigkeit ausreichend ist.242 Zum Teil wird aus den gegenseitigen Verweisungen der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG aber auch ein begrenzter Vorrang der Niederlassungsfreiheit abgeleitet.243 So sei eine die beiden Grundfreiheiten beschränkende Maßnahme insgesamt vertragskonform, wenn sie eine gerechtfertigte Beschrän239 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 66; Freitag, EWS 1997, 186, 190 f.; wohl auch Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 166. 240 Schlag, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 43 EGV Rn. 11; Kimms, Die Kapitalverkehrsfreiheit im Recht der Europäischen Union (1996), 141; mit der Einschränkung einer kumulativen Prüfung für den Fall, dass auch „der vom Kapitalverkehr zu trennende Niederlassungsaspekt“ betroffen ist Eckhoff, in: Bleckmann, Europarecht (1997), Rn. 1726 f. 241 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 229 ff.; von Wilmowsky, in: Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten (2005), § 12 Rn. 3; Streinz, Europarecht (2005), Rn. 896; Kloster, Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse (2004), 173, 331; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht (2006), § 3 Rn. 28; Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 193 f.; Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 114 ff.; Bayer, BB 2002, 2289, 2290; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV (2007), Art. 56 EGV Rn. 25 f.; J. Müller, Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Union (2000), 192 f.; Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 111; Schön, GS-Knobbe-Keuk (1997), 743, 749; Weber, EuZW 1992, 561, 564 f. 242 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 334, 472 ff.; von Wilmowsky, in: Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten (2005), § 12 Rn. 3; Streinz, Europarecht (2005), Rn. 896; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht (2006), § 3 Rn. 28; Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 118; Glaesner, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 56 Rn. 12; Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 110; Weber, EuZW 1992, 561, 565. 243 Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 202; Borchardt, Rn. 1041; Schön, GS-Knobbe-Keuk (1997), 743, 749, 752; Bachmann, RIW 1994, 849, 851; wohl auch Saß, EWS 1998, 347, 348.

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kung der Niederlassungsfreiheit darstellt, während die alleinige Rechtfertigung am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit hierfür nicht ausreiche.244 In vermittelnder Position finden sich schließlich die Vertreter der Ansicht, nach der eine Maßnahme und potentielle Beschränkung nur an der Grundfreiheit gemessen wird, deren Schutzziel sie typischerweise zugeordnet werden kann.245 Anders gewendet bedeutet dies, dass eine kumulative Prüfung nur dann in Betracht kommt, wenn eine Maßnahme Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit in einem gemeinsamen Schutzziel betrifft, nicht jedoch, wenn sich die Beschränkung der einen lediglich als mittelbare Folge einer Beschränkung der anderen, in ihrem primären Schutzziel betroffenen, Grundfreiheit darstellt.246 c) Vorgehensweise des EuGH Der EuGH war bereits mit zahlreichen Sachverhalten im Spannungsfeld von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit befasst.247 Auffällig hierbei, das Gericht prüfte jeweils nur eine der beiden – möglicherweise – einschlägigen Grundfreiheiten.248 Es ignoriert in seinen Urteilen hingegen be244 Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 202. 245 Sedlaczek, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 56 Rn. 12 f.; ähnlich Schürmann, in: Lenz/Borchardt, EUV/EGV (2006), Art. 56 EGV Rn. 12; Randelzhofer/ Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 43 EGV Rn. 114. 246 Schürmann, in: Lenz/Borchardt, EUV/EGV (2006), Art. 56 EGV Rn. 12; in diesem Sinne auch Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 353 f. 247 Vgl. etwa EuGH, U. v. 1.6.1999, Rs. C-302/97 – „Konle“, Slg. 1999, I-3099 ff.; EuGH, U. v. 18.11.1999, Rs. C-200/98 – „X und Y“, Slg. 1999, I-8261 ff.; EuGH, U. v. 13.4.2000, Rs. C-251/98 – „Baars“, Slg. 2000, I-2787 ff.; EuGH, U. v. 6.6.2000, Rs. C-35/98 – „Verkooijen“, Slg. 2000, I-4071 ff.; EuGH, U. v. 13.7.2000, Rs. C-423/98 – „Albore“, Slg. 2000, I-5965 ff.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-367/98 – „Kommission/Portugal“, Slg. 2002, I-4731 ff.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-483/99 – „Kommission/Frankreich“, Slg. 2002, I-4781 ff.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-503/99 – „Kommission/Belgien“, Slg. 2002, I-4809 ff.; EuGH, U. v. 13.5.2003, Rs. C-463/00 – „Kommission/Spanien“, Slg. 2003, I-4581 ff.; EuGH, U. v. 13.5.2003, Rs. C-98/01 – „Kommission/UK und Nordirland“, Slg. 2003, I-4641 ff. 248 So wurde in den Verfahren EuGH, U. v. 1.6.1999, Rs. C-302/97 – „Konle“, Slg. 1999, I-3099, I-3131 ff., Rn. 23 ff.; EuGH, U. v. 6.6.2000, Rs. C-35/98 – „Verkooijen“, Slg. 2000, I-4071, I-4125 ff., Rn. 25 ff.; EuGH, U. v. 13.7.2000, Rs. C-423/98 – „Albore“, Slg. 2000, I-5965, I-6001 ff., Rn. 14 ff.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-367/98 – „Kommission/Portugal“, Slg. 2002, I-4731, I-4771 ff., Rn. 36 ff.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-483/99 – „Kommission/Frankreich“, Slg. 2002, I-4781, I-4801 ff., Rn. 35 ff.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-503/99 – „Kommission/Belgien“, Slg. 2002, I-4809, I-4830 ff., Rn. 36 ff.; EuGH, U. v. 13.5.2003,

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harrlich die gegenseitigen Verweisungen der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG.249 Trotzdem lässt dieser Befund nicht darauf schließen, dass das Gericht das Verhältnis beider Freiheiten im Sinne einer Exklusivität auffasst.250 Auf den ersten Blick scheint der EuGH vielmehr der Ansicht zu sein, dass auch bei tatbestandlicher Einschlägigkeit beider Grundfreiheiten die am Maßstab einer Freiheit gescheiterte Rechtfertigung ausreicht, um einer Maßnahme insgesamt die Europarechtskonformität abzusprechen.251 Ein solches Vorgehen würde sich der herrschenden Lehre entgegenstellen, die – wie aufgezeigt – davon ausgeht, dass die gelungene Rechtfertigung am Maßstab einer Freiheit zur Feststellung der Europarechtskonformität genügt252, Rs. C-463/00 – „Kommission/Spanien“, Slg. 2003, I-4581, I-4629, Rn. 52 f.; EuGH, U. v. 13.5.2003, Rs. C-98/01 – „Kommission/UK und Nordirland“, Slg. 2003, I-4631, I-4661, Rn. 39 f. die Kapitalverkehrsfreiheit, in den Verfahren EuGH, U. v. 18.11.1999, Rs. C-200/98 – „X und Y“, Slg. 1999, I-8261, I-8285 f., Rn. 26 ff.; EuGH, U. v. 13.4.2000, Rs. C-251/98 – „Baars“, Slg. 2000, I-2787, I-2814 ff., Rn. 19 ff. hingegen die Niederlassungsfreiheit geprüft. Auch in EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10831, Rn. 16 ff. bemüht das Gericht allein die Niederlassungsfreiheit. Der EuGH beschränkte sich damit auf die Beantwortung der allein auf eine Überprüfung am Maßstab der Niederlassungsfreiheit gerichteten Vorlagefrage. Dass andererseits auch in „SEVIC“ die Kapitalverkehrsfreiheit Beachtung verdient hätte, zeigen die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10822 ff., Rn. 71 ff. auf. 249 Lehnen sich Entscheidungen des EuGH in aller Regel eng an die Schlussanträge der Generalanwälte an, so könnte die Vernachlässigung der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG auch auf die Vorarbeit der Generalanwälte zurückzuführen sein. Allein den Schlussanträgen des Generalanwalts La Pergola in der Rs. C-35/98 – „Verkooijen“, Slg. 2000, I-4071, I-4095 f., Rn. 38 enthalten eine knappe Auseinandersetzung mit Art. 43 Abs. 2 EG, ohne dabei jedoch auf die Parallelvorschrift des Art. 58 Abs. 2 EG einzugehen. 250 Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 189; ausführlich und im Ergebnis ebenso Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 218 ff., 225. 251 Vgl. etwa EuGH, U. v. 1.6.1999, Rs. C-302/97 – „Konle“, Slg. 1999, I-3099, I-3138, Rn. 55; EuGH, U. v. 18.11.1999, Rs. C-200/98 – „X und Y“, Slg. 1999, I-8261, I-8286, Rn. 29 f.; EuGH, U. v. 13.4.2000, Rs. C-251/98 – „Baars“, Slg. 2000, I-2787, I-2810 Rn. 42; EuGH, U. v. 13.7.2000, Rs. C-423/98 – „Albore“, Slg. 2000, I-5965, I-6003 f., Rn. 24 f.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-483/99 – „Kommission/Frankreich“, Slg. 2002, I-4781, I-4806, Rn. 56. 252 Vgl. Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrsund Niederlassungsfreiheit (2006), 334, 472 ff.; von Wilmowsky, in: Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten (2005), § 12 Rn. 3; Streinz, Europarecht (2005), Rn. 896; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht (2006), § 3 Rn. 28; Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 118; Glaesner, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 56 Rn. 12; Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 110; Weber, EuZW 1992, 561, 565.

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und wäre mit dem Wortlaut der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG nur schwerlich zu vereinbaren.253 Hingegen erscheint eine solche Interpretation der Rechtsprechung keineswegs zwingend. Den sie stützenden Judikaten war die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme nach Prüfung von nur einer Grundfreiheit gemein. In der Rechtssache „Kommission/Belgien“ jedoch stellt der EuGH nach alleiniger Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit und gelungener Rechtfertigung fest, dass es einer weiteren Prüfung der Niederlassungsfreiheit auf Grund eines Gleichlaufs in der Rechtfertigung nicht mehr bedürfe.254 Sobald man dem EuGH auch bei den Entscheidungen mit scheiternder Rechtfertigung unterstellt, er gehe von einer weitestgehend einheitlichen Rechtfertigung von Beschränkungen der Kapitalverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit aus255, würde sich die Vorgehensweise des Gerichts insgesamt als konsequent darstellen. Für ein solches Verständnis spricht gerade auch die in neueren Urteilen des EuGH verstärkt zum Ausdruck kommende neue – einheitliche – Rechtfertigungsdogmatik.256 Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass der EuGH bei Rechtfertigungsprüfungen im Schnittfeld von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit die Prüfung an einer – dabei aber keineswegs zufällig ausgesuchten257 – Freiheit vornimmt und bei Annahme eines für beide Freiheiten weitgehend einheitlichen Rechtfertigungsmaßstabs dem Ergebnis der Prüfung auch für die jeweils nicht geprüfte Freiheit Maßgeblichkeit zumisst. d) Stellungnahme Die Annahme einer tatbestandlichen Exklusivität beider Tatbestände ist nicht überzeugend. Sie lässt die Existenz der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG gänzlich unberücksichtigt, die eine kumulative Betroffenheit von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit voraussetzt, und sieht sich den Prob253 Kritisch gegenüber der Vorgehensweise des EuGH daher Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 476; Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 201. 254 EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-503/99 – „Kommission/Belgien“, Slg. 2002, I-4809, I-4835 f., Rn. 55 ff. 255 Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 189. Auch Generalanwalt Tizzano vertritt in seinen Schlussanträgen zur „SEVIC“-Entscheidung zumindest für den dort entschiedenen Sachverhalt diesen Standpunkt, vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10824, Rn. 77 f. 256 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (2). 257 Eingehend Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 189 f.

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lemen einer zwingend erforderlichen Abgrenzbarkeit zwischen den Freiheiten ausgesetzt.258 Die unterschiedlichen Ansichten, die die Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit als Problem der Rechtfertigung auffassen, liegen in den divergierenden Interpretationen der Artt. 43 Abs. 2 und 58 Abs. 2 EG begründet.259 Ähnlich der Problematik einer eindeutigen Abgrenzbarkeit auf Tatbestandsebene, setzt auch die exklusive Rechtfertigung einer Maßnahme am Maßstab nur einer Grundfreiheit die Abgrenzbarkeit beider Freiheiten voraus. Im Unterschied zur tatbestandlichen Abgrenzung, die bei der Einordnung des freiheitsausübenden Verhaltens ansetzt, ist Ausgangspunkt der jeweiligen Ansichten nun die Interpretation der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG. Bereits die Existenz divergierender Untermeinungen zeigt hierbei, dass auch auf dieser Ebene eine eindeutige Abgrenzbarkeit zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit offensichtlich nicht gegeben ist. Je nach Standpunkt auf Art. 43 Abs. 2 EG oder aber Art. 58 Abs. 2 EG zu verweisen und die jeweils unpassend erscheinende Verweisung dabei zu unterschlagen, überzeugt jedenfalls nicht. Als nur wenig vielversprechender präsentiert sich der Ansatz, der die Bedeutung der Verweisung des Art. 43 Abs. 2 EG wegen der mittlerweile unbedingten Liberalisierung des Kapitalverkehrs einschränken möchte und auf diese Weise zu einem begrenzten Vorrang der Niederlassungsfreiheit kommt.260 Diese Ansicht, die selber von sich behauptet, auf der kumulativen Prüfung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit aufzubauen261, betreibt damit zunächst Etikettenschwindel. Soll eine die beiden Grundfreiheiten beschränkende Maßnahme insgesamt vertragskonform sein, wenn sie eine gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt, während die alleinige Rechtfertigung am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit hierfür nicht ausreichen soll262, so würde stets die Überprüfung am Maßstab der Niederlassungsfreiheit den Ausschlag geben. Eine 258 Ausführlich zur Unhaltbarkeit der Exklusivitätsthese Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 229 ff.; Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 194 ff. 259 Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 199. 260 Zur historischen Argumentation Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 194, 201, 202; im Ergebnis auch Borchardt, Rn. 1041; Schön, GS-Knobbe-Keuk (1997), 743, 752; Bachmann, RIW 1994, 849, 851; wohl auch Saß, EWS 1998, 347, 348. 261 Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 193 f.; Schön, GS-Knobbe-Keuk (1997), 743, 749. 262 Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 202.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

niederlassungsrechtliche Rechtfertigung reicht dann aus, um die Vertragskonformität einer Maßnahme festzustellen, die fehlgeschlagene niederlassungsrechtliche Rechtfertigung genügt zur Konstatierung ihrer Europarechtswidrigkeit. Dies aber hat nichts mit einer kumulativen Prüfung der Grundfreiheiten und einem begrenzten Vorrang der Niederlassungsfreiheit zu tun, die Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit wird vielmehr gänzlich hinfällig. Die Ansicht überzeugt zudem in ihrer rechtshistorischen Begründung nicht. Zwar ist es richtig, dass der vormalige Art. 52 Abs. 2 EG (heute Art. 43 Abs. 2 EG) vor der unbedingten Liberalisierung des Kapitalverkehrs den Zweck verfolgte, zulässige Beschränkungen des Kapitalverkehrs nicht über eine weitergehende Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit europarechtswidrig werden zu lassen.263 Warum aber Art. 43 Abs. 2 EG mit fortschreitender Liberalisierung des Kapitalverkehrs und mit Einführung des Art. 58 Abs. 2 EG (vormals Art. 73d Abs. 2 EG) diesen Zweck verloren haben sollte, ist nicht ersichtlich. Mag es auch unwahrscheinlich sein, dass es bei Betroffenheit beider Grundfreiheiten heute die Kapitalverkehrsfreiheit sein wird, die einer weitergehenden Beschränkung offen steht, so besteht doch kein Bedürfnis, durch eine einschränkende Auslegung des Art. 43 Abs. 2 EG diese – zumindest theoretische – Möglichkeit von vornherein zu leugnen. Auch die unterschiedlichen Formulierungen der Art. 43 Abs. 2 EG und 58 Abs. 2 EG sollten vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Zeitpunkte ihrer Einführung in den EG-Vertrag nicht überbewertet werden; unterschiedliche Regelungen sind damit nicht verbunden.264 Vielmehr wäre bei einer Vorrangstellung der Niederlassungsfreiheit gegenüber der Kapitalverkehrsfreiheit im Rahmen der Änderungen des EG-Vertrages eine Streichung des Art. 43 Abs. 2 EG zu erwarten gewesen. Es ist somit davon auszugehen, dass der EG-Vertrag das Verhältnis von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit durch Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG in einer Weise prärogiert, die nur dann sinnvoll erscheint, wenn nicht nur die gleichzeitige tatbestandliche Einschlägigkeit beider Freiheiten, sondern zumindest in Einzelfällen ihre kumulative Prüfung denkbar erscheint. Im Einklang mit der herrschenden Lehre ist dem EG-Vertrag dabei die Gleichberechtigung der Verweisungen zu entnehmen, die dazu führt, dass jede der beiden Grundfreiheiten durch eine gerechtfertigte Beschränkung der jeweils anderen begrenzt wird.265 Eine Begrenzung dieser Regelungssyste263 Insoweit zu Recht Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 194. 264 A. A. Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 201. 265 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 334, 472 ff.; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht (2006), § 3 Rn. 28; Müller-Graf, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 43

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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matik auf Fälle der unmittelbaren Betroffenheit beider Freiheiten in einem gemeinsamen Schutzziel266 erscheint auf Grund der bei dann erforderlicher Abgrenzung auftretenden Rechtsunsicherheiten hingegen nicht angebracht. Wann liegen gemeinsame Betroffenheit, wann Unmittelbarkeit, wann gemeinsame Schutzziele vor? Die Unbestimmtheit der verwendeten Abgrenzungskriterien erscheint insbesondere vor dem Hintergrund kritikwürdig, dass der hier erörterten Abgrenzungsfrage nur dann praktische Relevanz zukommt, wenn die Rechtfertigungsprüfung der Kapitalverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Dies erscheint – insbesondere angesichts der sich durchsetzenden neuen Rechtfertigungsdogmatik des EuGH267 – zwar auf Grund unterschiedlicher Maßstäbe in der Verhältnismäßigkeitsprüfung theoretisch denkbar, dürfte aber praktisch nur selten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.268 Das verbleibende Risiko, dass bei Prüfung auch der nur mittelbar betroffenen Grundfreiheit eine ungerechtfertigte unmittelbare Beschränkung der primär betroffenen Freiheit mit der gerechtfertigten Beschränkung der nur mittelbar berührten Freiheit zu überwinden ist, erscheint daher vernachlässigbar und sollte nicht gegen eine nur schwer handhabbare Dogmatik eingetauscht werden. Zu guter Letzt widerspricht der hier für vorzugswürdig befundene Ansatz zwar der dogmatischen Vorgehensweise, auf Grund der weitestgehend einheitlich verlaufenden Rechtfertigung von Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit einerseits wie der Niederlassungsfreiheit andererseits nicht aber den praktischen Ergebnissen des EuGH.269 Dogmatisch allerdings erscheint die EuGH-Rechtsprechung bereits auf Grund der Existenz der Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG nicht überzeugend.

Rn. 103; ders., FS-Ulmer (2003), 929, 934; Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 118; Bröhmer, in: Callies/Ruffert, EUV/ EGV (2002), Art. 43 EGV Rn. 8, Art. 58 EGV Rn. 16; Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 110; Weber, EuZW 1992, 561, 565. A. A. Schön, GS-Knobbe-Keuk (1997), 743, 752, der im Rahmen der Rechtfertigung aus dem früheren Art. 73 d Abs. 2 EG folgert, dass bei gerechtfertigter Beschränkung der Niederlassungsfreiheit keine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegen kann; wohl auch Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 166. 266 Sedlaczek, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 56 Rn. 12 f.; Randelzhofer/ Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band I, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 43 EGV Rn. 114. 267 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (2). 268 Ähnlich auch Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (2003), 203. 269 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 476.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

2. Die Bedeutung der Kapitalverkehrsfreiheit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen Wurde soeben die kumulative Anwendbarkeit von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit festgestellt, so sagt dies noch nichts darüber aus, inwieweit die Freiheiten bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ausgeübt werden. Dass und inwieweit die grenzüberschreitende Verschmelzung eine Ausübungsform der Niederlassungsfreiheit darstellt, wurde bereits erörtert.270 Die Kapitalverkehrsfreiheit ihrerseits kann bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nun auf zweierlei Art und Weise Bedeutung erlangen. Zunächst einmal ist daran zu denken, die als Wirkung der Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eintretenden Kapitalbewegungen – Kapitalbewegungen im Sinne der Kapitalverkehrsfreiheit schließen Wertübertragungen von Sach- und Geldkapital ein271 – gesondert unter den Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit zu stellen.272 Zum anderen resultieren Abgrenzungsprobleme daraus, dass nach der Nomenklatur von Anhang I der Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361/EWG Direktinvestitionen u. a. in der Form der Gründung und Erweiterung von Zweigniederlassungen oder neuer Unternehmen, die ausschließlich dem Geldgeber gehören, sowie die vollständige Übernahme bestehender Unternehmen Ausübungsformen der Kapitalverkehrsfreiheit sind.273 Gleiches gilt laut Nomenklatur zudem für die Beteiligung an neuen oder bereits bestehenden Unternehmen.274 Vieles erinnert hier an Art. 43 EG. Und auch wenn die Kapitalverkehrsrichtlinie nach Aufhebung der Art. 67 ff. EWGV ihre ausdrückliche Rechtsgrundlage, Artt. 69, 70 Abs. 1 EWGV, verloren hat, dient sie vor allem dem EuGH doch immer noch zur Konkretisierung der Inhalte des Kapitalverkehrs.275 Nach wohl ganz 270

Siehe unter 3. Teil A. I. 3. Kiemel, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 56 EG Rn. 1; Sedlaczek, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 56 EGV Rn. 5; Glaesner, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 56 EGV Rn. 7. 272 In diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10822 ff., Rn. 71, 76 f., der an dieser Stelle den zweifelhaften Verweis auf EuGH, Urteil v. 16.3.1999 – C-222/97 – „Trummer und Mayer“, Slg. 1999, I-1661, Rn. 24 vornimmt, einer Entscheidung, in der festgestellt wurde, dass die Liquidation einer Immobilieninvestition untrennbar mit einem Vorgang des Kapitalverkehrs verbunden ist. 273 Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages, ABl. 1988, L 178/5, Anhang I, Nomenklatur I, Nr. 1. 274 Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages, ABl. 1988, L 178/5, Anhang I, Nomenklatur I, Nr. 2. 275 Vgl. EuGH, U. v. 13.5.2003, Rs. C-463/00 – „Kommission/Spanien“, Slg. 2003, I-4581, I-4629, Rn. 52 f.; EuGH, U. v. 13.5.2003, Rs. C-98/01 – „Kommis271

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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herrschender Lehre ist die Abgrenzung von Kapital- und Niederlassungsfreiheit für die sog. Direktinvestitionen bei wirtschaftlicher Betrachtung daher darin zu finden, dass Investitionen, die unternehmerischen Einfluss oder zumindest unternehmerische Kontrollrechte vermitteln, zugleich in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit fallen, wohingegen sog. Portfolioinvestitionen ausschließlich durch die Kapitalverkehrsfreiheit geschützt werden.276 Auch der EuGH hat sich dem mehrfach angeschlossen.277 Inwieweit für die Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung die Kapitalverkehrsfreiheit in Anspruch genommen werden kann, ist auf dieser Grundlage dann für jede an der Verschmelzung beteiligte Gruppe gesondert zu beantworten. Es ist zu differenzieren zwischen der übertragenden und der aufnehmenden sowie der im Wege der Verschmelzung zur Neugründung entstehenden Gesellschaft. Zudem ist auf der Ebene der Gesellschafter die Unterscheidung zu machen, ob Gesellschafter Einfluss auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft nehmen können oder ob sie lediglich zu Minderheitsgesellschaftern werden. Zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden soll der Blick darauf, ob und inwieweit der Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit auch grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung von Gesellschaften und Gesellschaftern aus Drittstaaten ermöglicht.278 sion/UK und Nordirland“, Slg. 2003, I-4631, I-4661, Rn. 39 f.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-367/98 – „Kommission/Portugal“, Slg. 2002, I-4731, I-4772, Rn. 37 f.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-483/99 – „Kommission/Frankreich“, Slg. 2002, I-4781, I-4801, Rn. 36 f.; EuGH, U. v. 4.6.2002, Rs. C-503/99 – „Kommission/Belgien“, Slg. 2002, I-4809, I-4830 f., Rn. 37 f.; EuGH, Urteil v. 11.1.2001 – Rs. C-464/98 – „Stefan“, Slg. 2001, I-173, I-197, Rn. 5; EuGH, Urteil v. 1.6.1999 – Rs. C-302/97 – „Konle“, Slg. 1999, I-3099, I-3131, Rn. 22; EuGH, Urteil v. 16.3.1999 – C-222/97 – „Trummer und Mayer“, Slg. 1999, I-1661, I-1678, Rn. 21. Im Übrigen wir auch in der Literatur überwiegend davon ausgegangen, dass die Kapitalverkehrsrichtlinie nicht aufgehoben wurde und daher zur Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zur Kapitalverkehrsfreiheit herangezogen werden kann; vgl. Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Band II, Stand: 33. Erg.-Lfg., vor Art. 56 EGV Rn. 14, Art. 56 EGV Rn. 17; Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 172 ff.; Kiemel, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 56 EG Rn. 41; Glaesner, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 56 EGV Rn. 3; Kimms, Die Kapitalverkehrsfreiheit im Recht der Europäischen Union (1996), 210; a. A. Eckhoff, in: Bleckmann, Europarecht (1997), Rn. 1699 sowie Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 24 ff., der eine Heranziehung der Kapitalverkehrsrichtlinie als Auslegungshilfe aber dennoch für möglich hält. 276 Vgl. bereits oben zur Niederlassungsfreiheit unter 3. Teil A. I. 1. d) bb). 277 EuGH, U. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 – „Überseering“, Slg. 2002, I-9919, I-9969 f., Rn. 77; EuGH, Urteil v. 13.8.2000 – C-251/98 – „Baars“, Slg. 2000, I-2787, I-2814 f., Rn. 21 f. 278 Siehe hierzu unter 3. Teil A. III.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

a) Die übertragende Gesellschaft Die übertragende Gesellschaft übt bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach „SEVIC“ ihre primäre Niederlassungsfreiheit aus; der sog. „corporate suicide“ wurde vom EuGH abgelehnt.279 Dem würde es vordergründig entsprechen, auch für die Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit den „corporate suicide“ abzulehnen. Als Direktinvestment wäre der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung dann unabhängig davon eröffnet, ob unternehmerischer Einfluss vermittelt wird oder nicht. Hingegen ist bei der Eins-zu-eins-Übertragung der nunmehr verbindlich festgestellten niederlassungsrechtlichen Rechtslage auf die Kapitalverkehrsfreiheit Vorsicht geboten. Sie wäre von vornherein nur dann möglich, fingierte der EuGH in „SEVIC“ die grenzüberschreitende Verschmelzung als identitätswahrende Rechtsträgertransformation. Die dann zugleich zu konstatierende Kompetenzüberschreitung des Gerichts spricht aber auch dann dafür, diesen möglichen Ansatz zur Erklärung der Entscheidung nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit zu übertragen. Auch die Überlegung, die grenzüberschreitende Verschmelzung aus Sicht der übertragenden Gesellschaft als Sonderfall einer Ausübung der Niederlassungsfreiheit zu behandeln, überzeugt für die Kapitalverkehrsfreiheit nicht. So wird es nicht gelingen, in der grenzüberschreitenden Verschmelzung eine Direktinvestition der übertragenden Gesellschaft zu erkennen. Weder erhält die Gesellschaft unternehmerischen Einfluss auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft, noch kann sie aus der Verschmelzung Kapitalerträge ziehen. Eine sich auflösende Gesellschaft kann für sich also weder unternehmerische noch andere Investments tätigen. Hierin ist auch kein Widerspruch zur Ablehnung des „corporate suicide“ durch den EuGH zu sehen. Eine Direktinvestition würde ihre beabsichtigten Wirkungen – sei es die Vermittlung unternehmerischen Einflusses oder die Erzielung von Kapitalerträgen – erst in der Zukunft zeitigen, in der die übertragende Gesellschaft aber bereits nicht mehr existiert. Mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung eine Form der Niederlassungsfreiheit auszuüben, ist hingegen eine Entscheidung, die die Gesellschaft in voller Rechtsfähigkeit trifft und deren beabsichtigte Wirkung nicht nach ihrer Auf279 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) aa), bb). A. A. Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 166, die von einer Geltung der „Daily Mail“-Doktrin im Falle der Hinausverschmelzung ausgehen, und auf Grundlage dieser Annahme – im Ergebnis richtig, in der Begründung falsch – eine Einschlägigkeit der Kapitalverkehrsfreiheit ablehnen, da die „Daily Mail“-Doktrin als ungeschriebene Tatbestandrestriktion auch im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit Beachtung finden müsse.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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lösung, sondern u. a. gerade in ihrer Auflösung liegt, mit dieser also zeitlich zusammenfällt.280 Ist ein „Sichniederlassen“ zum Sterben vielleicht noch mit dem Begriff der Niederlassung zu vereinbaren, so ist eine Investition zur Erzielung eigener Erträge über den Tod hinaus jedenfalls nicht als Kapitalverkehr denkbar. Hierzu passt, dass auch der EuGH in „SEVIC“ die Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit nicht über eine unternehmerischen Einfluss vermittelnde Direktinvestition begründet hat. Übertragende Gesellschaften können sich für die Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen daher nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Konsequenz dieser Argumentation ist freilich, dass die bei Wirksamwerden der Verschmelzung eintretenden Kapitalbewegungen sehr wohl auch aus Sicht der übertragenden Gesellschaft in den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit fallen. Allerdings darf hierbei nicht verkannt werden, dass der Schutz dieser Kapitalbewegungen erst während der Durchführung der zulässigen Verschmelzung greift. Nach dem hier als vorzugswürdig erachteten Konzept281 hat somit eine kumulative Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit jedenfalls bei ansonsten gegebener Zulässigkeit der Verschmelzung zu erfolgen. b) Die aufnehmende Gesellschaft Die aufnehmende Gesellschaft gründet durch die Verschmelzung regelmäßig eine Zweigniederlassung im Ausland; sie macht dann von ihrer sekundären Niederlassungsfreiheit Gebrauch.282 Die Gründung einer Zweigniederlassung ist nach I Nr. 1 der Nomenklatur von Anhang I der Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361/EWG zugleich als Ausübungsform der Kapitalverkehrsfreiheit vorgesehen. Die kumulative Prüfung beider Freiheiten ist erforderlich. Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 1 Abs. 1 UmwG stellen sich auch insoweit als unverhältnismäßig dar. Zudem ist eine Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit – wie schon im Falle der übertragenden Gesellschaft – bei Durchführung der Verschmelzung auf Grund der bei Wirksamwerden der Verschmelzung eintretenden Kapitalbewegungen angezeigt.

280 Mit ähnlicher Argumentation und dem Hinweis, dass ansonsten „Ursache und Wirkung miteinander verwechselt“ würden, Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. C-411/03 – „SEVIC“, I-10805, I-10813, Rn. 24 ff. Die Argumentation des Generalanwalts ablehnend und damit a. A., Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 41. 281 Siehe unter 3. Teil A. II. 1. d). 282 Siehe unter 3. Teil A. I. 3. e).

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

c) Die bei der Verschmelzung zur Neugründung entstehende Gesellschaft Für die bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zur Neugründung entstehende Gesellschaft stellt sich der Vorgang nicht als Ausübung der Niederlassungsfreiheit dar; sie ist vor Wirksamwerden der Verschmelzung nicht existent und genießt somit bis zu ihrem Entstehen nicht den Schutz der Niederlassungsfreiheit.283 Aus gleichem Grunde wird niemand behaupten können, die Verschmelzung stelle sich aus ihrer Sicht als Direktinvestition dar und unterfalle, wenn schon die Niederlassungsfreiheit nicht einschlägig sei, zumindest der Kapitalverkehrsfreiheit. Die entstehende Gesellschaft hat auf die Entscheidung zur Verschmelzung wie auch auf die Verschmelzung selber und damit auf ihr eigenes Entstehen keinerlei Einfluss. Als Ausübung welcher Freiheit auch immer sich eine grenzüberschreitende Verschmelzung darstellen lässt, vor Begründung ihrer Existenz jedenfalls ist eine Gesellschaft nicht in der Lage, von einer Freiheit Gebrauch zu machen. Da auch übertragende Gesellschaften bei der Verschmelzung nicht durch die Kapitalverkehrsfreiheit geschützt sind284, ist die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Neugründung nicht unter Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit durchführbar. d) Gesellschafter mit Einflussnahmemöglichkeit Für Gesellschafter, die an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft eine unternehmerischen Einfluss vermittelnde Beteiligung halten werden – was durch eine Prüfung im Einzelfalle zu ermitteln ist285 –, stellt sich die Verschmelzung – in aller Regel – als ein unter die Niederlassungsfreiheit fallendes Direktinvestment dar.286 Nach hier vertretener Auffassung steht ihr Direktinvestment – wie die Niederlassungsfreiheit ebenfalls bedingt durch erfolgreiche Verschmelzungsbeschlüsse – zugleich unter dem Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit.287 Allerdings gilt dies nur mit der Einschränkung, dass die Verschmelzung aus Sicht des jeweiligen Gesellschafters Renditechancen im EU-Ausland eröffnet.288 Die Untersagung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung verletzt dann auch Gesellschafter 283

Siehe unter 3. Teil A. I. 3. c). Siehe unter 3. Teil A. II. 2. a). 285 Siehe unter 3. Teil A. I. 3. f). 286 Siehe unter 3. Teil A. I. 1. d) bb) auch zur Ausnahme, in der eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit aus Sicht der Altgesellschafter der übernehmenden Gesellschaft abzulehnen ist, wenn die Verschmelzung keine Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung im Ausland mitbringt. 287 Siehe unter 3. Teil A. II. 1. d). 284

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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mit Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft in ihrer Kapitalverkehrsfreiheit. Eine zusätzliche Einschlägigkeit der Kapitalverkehrsfreiheit ist unter gleicher Einschränkung auf Grund der bei Wirksamwerden der Verschmelzung eintretenden Kapitalbewegung – der gesetzliche Anteilserwerb an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG – für die Neugesellschafter der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft anzunehmen. Auch die das Kapital empfangende Seite ist hier durch die Grundfreiheit geschützt.289 e) Gesellschafter ohne Einflussnahmemöglichkeit Anders gestaltet sich der Freiheitsschutz für die Gesellschafter, die an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft beteiligt sind, ohne dass sie deren Leitung beeinflussen können. Ihr Investment fällt als reine Portfolioinvestition von vornherein nach allgemeiner Abgrenzung allein in den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit. Erneut gilt dies nur mit der Einschränkung, dass die Verschmelzung aus Sicht des jeweiligen Gesellschafters Renditechancen im EU-Ausland eröffnet.290 Zusätzlich erscheint speziell im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung bereits zweifelhaft, ob der Vorgang für einen Gesellschafter ohne Einflussmöglichkeit auf die unternehmerischen Geschicke der Gesellschaft überhaupt eine Ausübung der Grundfreiheit darstellen kann. Diese Zweifel sind letztlich ausräumbar. Stimmt der Gesellschafter der Verschmelzung im Verschmelzungsbeschluss zu, so übt er seine positive Kapitalverkehrsfreiheit – wie der dominierende Gesellschafter – unter der Bedingung erfolgreicher Verschmelzungsbeschlüsse aus. Verweigert er seine Zustimmung hingegen, so steht die negative Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit unter der Bedingung eines ablehnenden Beschlusses. Die erforderlichen Quoren stellen dabei – wie bereits dargelegt291 – keine Beschränkung der Grundfreiheiten, in diesem Fall 288 Vgl. Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrsund Niederlassungsfreiheit (2006), 186; Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 205. 289 Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2004), Rn. 635; Sedlaczek, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 56 EGV Rn. 27. Aus der Rechtssprechung des EuGH etwa EuGH, U. v. 6.6.2000, Rs. C-35/98 – „Verkooijen“, Slg. 2000, I-4071, I-4127, Rn. 35 sowie EuGH, U. v. 26.9.2000, Rs. C-478/98 – „Kommission/Belgien“, Slg. 2000, I-7587, I-7620, Rn. 18. 290 Vgl. Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrsund Niederlassungsfreiheit (2006), 186; Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 205. 291 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (3) (c) (bb) (a).

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der Kapitalverkehrsfreiheit, dar. Die Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit in Form einer Portfolioinvestition durch den Gesellschafter ohne Einfluss auf die Gesellschaft ist der gesellschaftsinternen Willensbildung, deren Ausgestaltung der Gesellschafter durch seinen Beitritt zur Gesellschaft zugestimmt hat, nachgelagert. Sobald aber die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften der Verschmelzung in ihren Verschmelzungsbeschlüssen zustimmen, verletzt eine Untersagung der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch deutsches Umwandlungsrecht Gesellschafter ohne Einflussmöglichkeit in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft in ihrer Kapitalverkehrsfreiheit.292 Auch die mit dem gesetzlichen Anteilserwerb nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG verbundene Kapitalbewegung wird aus Sicht der Neugesellschafter ohne Einflussmöglichkeit – unter der Bedingung entsprechender Verschmelzungsbeschlüsse – vom Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit umfasst.

III. Implikationen für Verschmelzungen unter Beteiligung von nicht in der EU/dem EWR gegründeten Gesellschaften Die bisherige Untersuchung beschränkte sich darauf, die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen innerhalb der EU/des EWR für EU-/EWR-Gesellschaften aus europäischem Primärrecht zu begründen. Es steht aus, einen Blick darauf zu werfen, ob die grenzüberschreitende Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Gesellschaft und Drittstaatengesellschaft durch den EG-Vertrag gewährleistet ist.293 Berechtigte der Niederlassungsfreiheit können nur EU-/EWR-Bürger oder in einem Mitgliedstaat gegründete Gesellschaften sein, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in292 So im Ergebnis auch Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 42. A. A. Leible/ Hoffmann, RIW 2006, 161, 166, die davon ausgehen, „dass sich aus der Kapitalverkehrsfreiheit keine weiterreichenden Rechtsfolgen für die grenzüberschreitende Hinein- und Hinausverschmelzung [. . .] herleiten lassen als aus der Niederlassungsfreiheit“. 293 Nicht verschwiegen werden sollte an dieser Stelle, dass in der Literatur für Verschmelzungen mit US-amerikanischen Gesellschaften zudem bereits bisher diskutiert wurde, inwiefern diese unter Berufung auf den Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika – abgedruckt BGBl. II-1956, 487 – durchführbar sind. Hierfür sprechen sich etwa Kiem, WM 2006, 1091, 1093; Samson/Flindt, NZG 2006, 290, 292; Hoffmann, NZG 1999, 1077, 1082 aus; dagegen Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 879; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 98 f.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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nerhalb der Gemeinschaft haben (vgl. Artt. 43, 48 EG). Die Kapitalverkehrsfreiheit ist im Gegensatz dazu auch zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten zu gewährleisten (vgl. Art. 56 Abs. 1 EG). Ob Gesellschaften und Gesellschafter aus Drittstaaten bereits auf Grundlage des EG-Vertrages an grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu beteiligen sind bzw. ob sich EU-/EWR-Gesellschaften und Gesellschafter aus der EU bzw. dem EWR hierfür auf das Primärrecht berufen können, ist daher am Schutzgehalt der Kapitalverkehrsfreiheit festzumachen.294 Für die Beteiligung von Gesellschaften aus Drittstaaten an Verschmelzungen über die Grenzen der EU/des EWR295 hinweg käme ein Eingreifen der Kapitalverkehrsfreiheit insofern in Betracht, als dass auch ohne den Schutz des Vorgangs durch die Niederlassungsfreiheit eine Beschränkung der mit der Verschmelzung einhergehenden Kapitalbewegungen vorliegt. Ein solches Eingreifen der Kapitalverkehrsfreiheit zu Gunsten der Gesellschaften und ihrer Gesellschafter schützt freilich allein die Durchführung der Verschmelzung, setzt die Zulässigkeit selbiger aber voraus. 1. Die Drittstaatengesellschaft als Verschmelzungspartner Die Zulässigkeit der Verschmelzung ist für die Hinausverschmelzung aus der EU und die Hineinverschmelzung in die EU differenziert zu untersuchen. a) Die Hinausverschmelzung aus der EU Für die übertragende EU-Gesellschaft fällt die Hinausverschmelzung in einen Drittstaat nicht unter die Kapitalverkehrsfreiheit.296 Gleiches gilt bei der Hinausverschmelzung zur Neugründung für die übertragende Drittstaatengesellschaft. Die Hinausverschmelzung aus der EU zur Neugründung einer Drittstaatengesellschaft lässt sich daher nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit stützen. Hingegen gründet die Drittstaatengesellschaft bei Aufnahme einer EU-Gesellschaft regelmäßig eine Zweigniederlassung innerhalb der EU, tätigt nach der hier für vorzugswürdig erachteten Auffassung also ein der Kapital294 Da die Liberalisierung der Kapitalverkehrsfreiheit nur einseitig durch den EGVertrag gewährleistet wird, muss zur Durchführbarkeit einer – gegebenenfalls aus EU-Sicht zulässigen – Maßnahme jedenfalls noch ihre Zulässigkeit nach der involvierten Drittrechtsordnung treten. 295 Im Folgenden wird zur Vereinfachung erneut nur von EU-Gesellschaften und EU-Gesellschaftern die Rede sein. 296 Vgl. unter 3. Teil A. II. 2. a).

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

verkehrsfreiheit unterfallendes Direktinvestment. Für Hinausverschmelzungen einer EU-Gesellschaft zur Aufnahme in eine Drittstaatengesellschaft kann sich Letztere danach in den meisten Fällen auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Das hat zur Konsequenz, dass ein die unternehmerische Betätigung im Ausland begründender und damit primär niederlassungsrechtlicher Vorgang bei der Aufnahme einer EU-Gesellschaft auf Grund des damit verbundenen, zugleich unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallenden Direktinvestments, auch mit drittstaatlichen Gesellschaften zuzulassen ist. Sind viele Ausübungsformen der Niederlassungsfreiheit – von der Beteiligung an EU-Gesellschaften über die Übernahme selbiger bis hin zur Gesellschaftsneugründung in der EU – zugleich Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit, können Gesellschaften aus Drittstaaten über den Umweg der Kapitalverkehrsfreiheit de facto auch die Niederlassungsfreiheit in Anspruch nehmen. In der Literatur wird dagegen bisweilen vertreten, dass die Kapitalverkehrsfreiheit Gesellschaften aus Drittstaaten keine Handlungsmöglichkeiten eröffnet, die im EU-internen Fall zugleich unter die Niederlassungsfreiheit fallen würden.297 Um dem Anspruch an eine zu Grunde liegende, in sich stimmige Dogmatik gerecht zu werden, sei davon auszugehen, dass auch in der Unanwendbarkeit des Art. 43 EG auf drittstaatliche Gesellschaften eine – gerechtfertigte – „Beschränkung“ der Niederlassungsfreiheit zu sehen ist, die es im Rahmen des Art. 58 Abs. 2 EG zu berücksichtigen gilt298. 297

Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 167; Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 130. 298 Vgl. Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 167; Ohler, Europäische Kapitalund Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), Art. 56 Rn. 130; a. A. Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 478; Schön, FS-Wassermeyer (2005), 489, 501 f.; Haferkamp, Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EGV (2003), 211; Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 133, die einer mittelbaren Ausweitung der Niederlassungsfreiheit auf Drittstaatsangehörige über Art. 57 EG entgegenwirken möchte. Dass Art. 57 EG und insbesondere die sog. Standstill-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG eine solche Ausweitung nicht zu verhindern vermag, zeigt gerade auch der Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung. So war das nationale Verschmelzungsrecht zum für Art. 57 Abs. 1 EG maßgeblichen Zeitpunkt, dem 31. Dezember 1993, in den §§ 339 ff. AktG geregelt und nach herrschender Lehre, mangels einer § 1 Abs. 1 des späteren Umwandlungsgesetzes vergleichbaren expliziten Beschränkung auf Rechtsträger mit Sitz im Inland, nicht auf Inlandsverschmelzungen beschränkt; vgl. Kraft, in: KK-AktG, Band 3 (1985), § 339 Rn. 27; Schilling, in: Großkommentar-AktG, 4. Band (1975), § 339 Anm. 15 sowie die grundlegenden Untersuchungen von Koppensteiner, Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht (1971), 255 ff., 268 ff. und Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14 ff. Eine aktuelle Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit von Drittstaatesangehörigen durch § 1 Abs. 1 UmwG wäre demnach gemeinschaftsrechtswidrig.

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

149

Das überzeugt nicht.299 Die dogmatische Herleitung des von der Gegenansicht gewünschten Ergebnisses findet im EG-Vertrag keine Grundlage. Der in Art. 58 Abs. 2 EG Verwendung findende Beschränkungsbegriff bezeichnet allein die Eingriffsebene.300 Für seine Ausweitung auf Grenzen des Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit bietet weder der Wortlaut der Vorschrift Anhaltspunkte, noch lässt sich der Wille des EG-Gesetzgebers hierfür anführen. Zwar hat dieser im Verhältnis zu Drittstaaten nur den Kapitalverkehr liberalisiert. Gerade Art. 57 EG zeigt jedoch, dass sich der Gesetzgeber der Parallelität von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit dabei durchaus bewusst gewesen ist. Art. 57 Abs. 2 EG erlaubt ihm die Einschränkung von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, was die Liberalisierung selbiger voraussetzt.301 Die Verschmelzung zur Aufnahme aus der EU hinaus ist danach zwar durch Gemeinschaftsrecht beschränkbar, de lege lata jedoch eine von den Mitgliedstaaten zu gewährleistende Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit von Drittstaatengesellschaften. b) Die Hineinverschmelzung in die EU Aus Sicht der Drittstaatengesellschaft lässt sich die zwingende Zulässigkeit der Hineinverschmelzung in die EU hinein nicht begründen. Erneut ist festzuhalten, dass sich die grenzüberschreitende Verschmelzung für eine übertragende Gesellschaft nicht als unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallen299 Ebenso ausführlich Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 478; auch Schön, FS-Wassermeyer (2005), 489, 501 f.; Haferkamp, Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EGV (2003), 211; Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 133. 300 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 477. 301 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit (2006), 477. Für die grenzüberschreitende Verschmelzung nicht zu folgen ist hingegen Honrath, Umfang und Grenzen der Freiheit des Kapitalverkehrs (1998), 133, die einer mittelbaren Ausweitung der Niederlassungsfreiheit auf Drittstaatsangehörige bereits heute durch Art. 57 EG ausgeschlossen sieht. Dass Art. 57 EG und insbesondere die sog. Standstill-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG eine solche Ausweitung nicht zu verhindern vermag, zeigt gerade auch der Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung. So war das nationale Verschmelzungsrecht zum für Art. 57 Abs. 1 EG maßgeblichen Zeitpunkt, dem 31. Dezember 1993, in den §§ 339 ff. AktG geregelt und nach herrschender Lehre, mangels einer § 1 Abs. 1 des späteren Umwandlungsgesetzes vergleichbaren expliziten Beschränkung auf Rechtsträger mit Sitz im Inland, nicht auf Inlandsverschmelzungen beschränkt; vgl. Kraft, in: KK-AktG, Band 3 (1985), § 339 Rn. 27; Schilling, in: Großkommentar-AktG, 4. Band (1975), § 339 Anm. 15 sowie die grundlegenden Untersuchungen von Koppensteiner, Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht (1971), 255 ff., 268 ff. und Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14 ff.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

des Investment darstellt.302 Da Gleiches auch hier für eine übertragende EU-Gesellschaft gilt, ist die Hineinverschmelzung zur Neugründung nicht unter Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit durchführbar. Auch die Hineinverschmelzung in die EU stellt sich jedoch für die aufnehmende EU-Gesellschaft als unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallendes Investment dar, sobald durch die Verschmelzung eine Zweigniederlassung im Drittstaat entsteht.303 2. Gesellschafter aus Dritt- bzw. EU-Staaten mit Einflussnahmemöglichkeit a) Gesellschafter aus Drittstaaten Man könnte meinen, in gleicher Weise zu behandeln sei der Fall, dass Gesellschafter aus Drittstaaten an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligt sind, die unternehmerischen Einfluss auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft nehmen könnten. Hingegen scheint es angebracht, hier zunächst eine weitere Differenzierung danach vorzunehmen, ob ein solcher Gesellschafter – unabhängig, ob natürliche Person oder seinerseits Gesellschaft – Anteile an einer Drittstaatengesellschaft oder einer „EU-Gesellschaft“ hält. aa) Gesellschafter an einer Drittstaatengesellschaft Der Gesellschafter der Drittstaatengesellschaft unterwirft sich mit seinem Beitritt zur Gesellschaft dem Gesellschaftsstatut; die durch seine Gesellschafterstellung vermittelten Rechte können dann nicht weiter gehen als die der Gesellschaft.304 Die Hineinverschmelzung in die EU ist aus seiner Sicht dann aber keine Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit, da auch seine Gesellschaft in diesem Falle kein Investment tätigt.305 Anders jedoch bei der Aufnahme einer EU-ausländischen Gesellschaft, solange mit der Verschmelzung eine Zweigniederlassung in der EU entsteht, das Investment aus Sicht des Gesellschafters also Renditechancen im Ausland eröffnet.306 Beschrän302

Vgl. unter 3. Teil A. II. 2. a). Vgl. unter 3. Teil A. II. 2. b). 304 Gleiches gilt im Übrigen auch für die an der Drittstaatengesellschaft beteiligten Gesellschafter, die – je nachdem ob natürliche Person oder selber Gesellschaft – EU-Bürger sind bzw. in der Gemeinschaft gegründet wurden. Ihre grundsätzliche Grundfreiheitsberechtigung führt nicht dazu, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung der Drittstaatengesellschaft zuzulassen wäre. 305 Vgl. unter 3. Teil A. III. 1. b). 306 Vgl. unter 3. Teil A. III. 1. a). 303

A. Verschmelzung als Ausübung von Grundfreiheiten

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kungen der Ausübung ihrer Kapitalverkehrsfreiheit sind dann nach richtiger Ansicht auch nicht auf Grund einer über Art. 58 Abs. 2 EG zu berücksichtigenden Nichtgewährung der Niederlassungsfreiheit zu rechtfertigen. bb) Gesellschafter an einer EU-Gesellschaft Auch der Drittstaatengesellschafter einer „EU-Gesellschaft“ hat sich mit seinem Eintritt in die Gesellschaft deren Gesellschaftsstatut unterworfen. Seine Rechte können nicht weiter gehen als die der Gesellschaft.307 Er kann sich daher allein bei Aufnahme einer Drittstaatengesellschaft auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen, sofern sich daraus für ihn – aus seiner Sicht– Renditechancen im Ausland eröffnen. b) Gesellschafter aus EU-Staaten Die Ausführungen unter a) gelten entsprechend für den EU-Gesellschafter mit Einflussnahmemöglichkeit, der als Gesellschafter der Drittstaatengesellschaft oder auf Seiten der EU-Gesellschaft an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unter Überschreitung der EU-Grenzen beteiligt ist. Als Gesellschafter der Drittstaatengesellschaft übt er bei der Aufnahme einer EUGesellschaft, als Gesellschafter der EU-Gesellschaft bei Aufnahme einer Drittstaatengesellschaft seine Kapitalverkehrsfreiheit aus, sofern mit der Verschmelzung eine Zweigniederlassung in der EU bzw. im Drittstaat entsteht und sich für ihn – aus seiner Sicht – Renditechancen im Ausland ergeben. 3. Gesellschafter aus Dritt- bzw. EU-Staaten ohne Einflussnahmemöglichkeit Die Ausführungen unter 2. gelten entsprechend. Im Unterschied zur Teilnahme von Gesellschaftern mit Einflussnahmemöglichkeit, stellt sich die grenzüberschreitende Verschmelzung aus bzw. in die EU hinein hier jedoch lediglich als Portfolioinvestition dar, die freilich ebenfalls unter dem Schutz des Art. 56 Abs. 1 EG steht.308 Eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit 307 Freilich führt das nicht vice versa dazu, dass der Drittstaatengesellschafter einer EU-Gesellschaft mit Einflussnahmemöglichkeit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen innerhalb der EU neben seiner auch dann gegebenen Kapitalverkehrsfreiheit selber zum Berechtigten der Niederlassungsfreiheit wird, vgl. Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), 164; Eyles, Das Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft (1990), 88 f. 308 Dies übersehen Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 166 f., die sich mit der Kapitalverkehrsfreiheit drittstaatlicher Gesellschafter nicht auseinandersetzen.

152

3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

nach Art. 58 Abs. 2 EG über eine gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ablehnen zu wollen, scheidet in diesem Falle von vornherein aus, was Schwächen in der praktischen Umsetzung dieser – im Übrigen abzulehnenden – Ansicht offenbart. Unter dem Vorbehalt erfolgreicher Verschmelzungsbeschlüsse kann sich daher auch der eine reine Portfolioinvestition tätigende Drittstaatengesellschafter bzw. der EU-Gesellschafter für die Verschmelzung über die Grenzen der EU hinweg in den Fällen auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen, in denen seine Gesellschaft die Kapitalverkehrsfreiheit ausübt.

IV. Tabellarische Ergebnisübersichten Für EU-/EWR-Gesellschaften und ihre EU-/EWR-Gesellschafter stellt sich die grenzüberschreitende Verschmelzung innerhalb der EU/des EWR wie folgt als Ausübung von Grundfreiheiten dar: Schutz durch Niederlassungsfreiheit

Schutz durch Kapitalverkehrsfreiheit

Übertragende Gesellschaft

+, (aber bisher nicht zwingend begründet)



Übernehmende Gesellschaft

+, wenn Zweigniederlassung im Ausland entsteht

+, wenn Zweigniederlassung im Ausland entsteht; zusätzlich bei Durchführung der Verschmelzung Schutz der Kapitalbewegungen

Entstehende Gesellschaft



–, (Verschmelzung zur Neugründung daher nicht geschützt)

Gesellschafter mit Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme

+, wenn nach der Verschmelzung unternehmerischer Einfluss im Ausland existiert (Voraussetzung: erfolgreiche Verschmelzungsbeschlüsse)

+, wenn die Verschmelzung Renditechancen im Ausland eröffnet (Voraussetzung: erfolgreiche Verschmelzungsbeschlüsse); zusätzlich bei Durchführung der Verschmelzung Schutz der Kapitalbewegungen

Gesellschafter ohne Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme



+, wenn die Verschmelzung Renditechancen im Ausland eröffnet (Voraussetzung: erfolgreiche Verschmelzungsbeschlüsse); zusätzlich bei Durchführung der Verschmelzung Schutz der Kapitalbewegungen

Die Verschmelzung zwischen EU-/EWR und Drittstaatengesellschaften stellt sich für die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften und ihre EU-/EWR- oder Drittstaatengesellschafter wie folgt als ausschließliche Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit dar:

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

153

Schutz durch Kapitalverkehrsfreiheit

Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit durch den EU- oder Drittstaatengesellschafter mit Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme?

Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit durch den EU- oder Drittstaatengesellschafter ohne Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme?

Übertragende EU- bzw. Drittstaatengesellschaft







Übernehmende EU- bzw. Drittstaatengesellschaft

+, wenn Zweigniederlassung im Ausland entsteht; zusätzlich bei Durchführung der Verschmelzung Schutz der Kapitalbewegungen

+, wenn für seine Gesellschaft die Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig ist und sich für ihn – aus seiner Sicht eine Renditechance im Ausland eröffnet; (Voraussetzung: erfolgreiche Verschmelzungsbeschlüsse); zusätzlich bei Durchführung der Verschmelzung Schutz der Kapitalbewegungen

+, wenn für seine Gesellschaft die Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig ist und sich für ihn – aus seiner Sicht eine Renditechance im Ausland eröffnet; (Voraussetzung: erfolgreiche Verschmelzungsbeschlüsse); zusätzlich bei Durchführung der Verschmelzung Schutz der Kapitalbewegungen

Entstehende Gesellschaft

–, (Verschmelzung – zur Neugründung daher nicht geschützt)



B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung309 Die Richtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten310 (VRL), am 19. September 2005 vom Rat der Europäischen Union verabschiedet, schafft auf europäischer Ebene eine gemeinsame rechtliche Grundlage zur Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen unter Kapitalgesellschaften innerhalb der EU. Sie bildet den Schlussstein der vier Jahrzehnte andauernden Bemühungen um die Er309 Im Folgenden wird zunächst die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen nach der VRL und der in ihrer Umsetzung ergangenen §§ 122a ff. UmwG dargestellt. Die Untersuchung der Verschmelzungsdurchführung wird unter 4. Teil A. vorgenommen. 310 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABlEU Nr. L 310 v. 25.11.2005, 1 ff.

154

3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

möglichung der grenzüberschreitenden Verschmelzung innerhalb der heutigen Gemeinschaft.311 Erstmals bereits 1972 lag mit dem Entwurf eines Übereinkommens über die internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften ein entsprechender Vorschlag zur Regelung der Thematik vor.312 Wie auch ein später vorgelegter erster Vorschlag für eine Zehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Aktiengesellschaften vom 14. Januar 1985313 (VRL-Vorschlag 1985) scheiterte der Entwurf jedoch an der Problematik der unterschiedlichen Bedeutung der Arbeitnehmermitbestimmung in den Mitgliedstaaten.314 Erst nachdem der zur Einführung der SE notwendige Kompromiss zur Mitbestimmung 2001 gefunden war, konnten – unter weitgehender Übernahme des Kompromisses – auf Grundlage eines zweiten Vorschlags für eine Richtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten315 (VRL-Vorschlag 2003) die Bemühungen um die grenzüberschreitende Verschmelzung erfolgreich beendet werden. Die Umsetzung der VRL in nationales Recht erfolgte – mit Ausnahme mitbestimmungsrechtlicher Regelungen – in Deutschland im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, das am 25. April 2007 in Kraft getreten ist.316 Die mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben der VRL wiederum haben Eingang in ein Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (MgVG) gefunden, das bereits seit dem 29. Dezember 2006 Geltung beansprucht.317 Nach der vollständigen Umsetzung der Richtlinie auch in den übrigen nationalen Rechtsordnungen wird die grenzüberschreitende Verschmelzung für Kapitalgesellschaften innerhalb der EU dann erstmals rechtssicher durchführbar sein. 311 Ausführlich zur Entstehungsgeschichte der VRL Pluskat, EWS 2004, 1, 2 f.; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht (2006), § 7 Rn. 52 f. 312 Entwurf eines Übereinkommens über die internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften und Bericht zu diesem Entwurf vom 27.9.1972, abgedruckt in RabelsZ 1975, 539 ff. sowie bei Lutter, Europäisches Gesellschaftsrecht (1984), 351 ff. 313 Vorschlag für eine Zehnte Richtlinie des Rates über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Aktiengesellschaften vom 14.1.1985, ABlEG Nr. C 23 v. 25.1.1985, 11 ff., auch abgedruckt bei Lutter, Europäisches Gesellschaftsrecht (1996), 261 ff. Vgl. dazu Däubler, DB 1988, 1850 ff.; Kolvenbach, DB 1986, 1973, 1975 f.; Ganske, DB 1985, 581 ff. 314 Pluskat, EWS 2004, 1, 2 f. 315 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten v. 18.11.2003, KOM (2003) 703 endgültig. 316 BGBl. I-2007, 542 ff. 317 BGBl. I-2006, 3332 ff.

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

155

I. Vorüberlegung zur Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten Die Untersuchung der VRL und ihrer Umsetzung in nationales Recht zwingt dazu, im Vorfeld eine grundlegende Frage zu beantworten. Eine Auslegung der Richtlinie setzt Klarheit über den Umfang der Bindung des Richtliniengebers an die Grundfreiheiten voraus. Die Mitgliedstaaten sind dabei freilich die zu aller erst durch europäisches Primär-, aber auch Sekundärrecht Verpflichteten.318 Wird der Gemeinschaftsgesetzgeber in Form von Verordnungen oder Richtlinien aktiv, stellt sich die Frage, ob und inwieweit auch er die Vorgaben des EG-Vertrages bei der Rechtsetzung zu beachten hat. 1. Die grundsätzliche Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers Die grundsätzliche Bindung des europäischen Gesetzgebers an die Vorgaben des Primärrechts ist heute unumstritten.319 Lediglich ihre dogmatische Herleitung befindet sich weiterhin in der Diskussion. Wenig festgelegt präsentierte sich ursprünglich der EuGH, der in früheren Judikaten zunächst vorsichtig von einer Bindung der Gemeinschaftsorgane an einen Grundsatz des Freiverkehrs ausging320, schon sehr bald jedoch mehr und mehr in Richtung einer Bindung der Gemeinschaftsorgane an die Grundfreiheiten argumentierte.321 In der Literatur wurde der Ansatz einer Bindung an einen Grundsatz des Freiverkehrs zum Teil aufgegriffen.322 Überwiegend wurde und wird jedoch von einer Geltung der Grundfreiheiten des EG-Vertrages 318

Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 79; Leible, ZGR 2004, 531,

539. 319 Ganz herrschende Lehre, vgl. nur Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 83; Müller-Graf, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 28 EG Rn. 295; Wägenbaur, EuZW 1998, 709, 712 f.; Scheffer, Die Marktfreiheiten des EG-Vertrages als Ermessensgrenze des Gemeinschaftsgesetzgebers (1997), 196; Jarass, FS-Everling Band I (1995), 593, 595; Schwemer, Die Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten (1995), 45; W.-H. Roth, EuR 1987, 7, 10 f.; Mestmäcker, FS-von der Groeben (1987), 9, 18. A. A. wohl Ehricke, WuW 1993, 817, 820 ff. 320 In diese Richtung geht für den Warenverkehr EuGH, Urteil v. 20.4.1978 – verb. Rs. 80/77 und 81/77 – „Ramel“, Slg. 1978, 927, 947, Rn. 35/36. 321 So bereits EuGH, Urteil v. 17.5.1984, Rs. 15/83 – „Denkavit Nederland“, Slg. 1984, 2171, 2184, Rn. 15 unter Verweis auf das Urteil in der Rechtssache „Ramel“ und EuGH, Urteil v. 29.2.1984, Rs. 37/83 – „Rewe“, Slg. 1984, 1229, 1248 f., Rn. 18. 322 Scheffer, Die Marktfreiheiten des EG-Vertrages als Ermessensgrenze des Gemeinschaftsgesetzgebers (1997), 46 f.; Schwemer, Die Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten (1995), 44; Matthies, GS-Sasse (1981), 115, 127.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

ausgegangen, die den europäischen Gesetzgeber mal unmittelbar323, mal mittelbar über Art. 3 EG324 binden sollen. Dies entspricht im Ergebnis der heute ständigen Rechtsprechung des EuGH.325 Auch wenn damit von der grundsätzlichen Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten oder einem – diese Bindung letztlich umfassenden – Grundsatz des Freiverkehrs auszugehen ist, eine darüber hinaus gehende dogmatische Klärung an dieser Stelle also unterbleiben könnte, sollte doch festgehalten werden, dass eine bloß vermittelte Geltung der Grundfreiheiten nicht überzeugt.326 Der EG-Vertrag macht eine solche Herleitung des Freiheitsschutzes nicht erforderlich. Sind mit den Mitgliedstaaten die ihm primär Verpflichteten benannt, so macht doch insbesondere der Aufgabenkatalog des Art. 3 EG deutlich, dass eben auch die Tätigkeiten der Gemeinschaft, insbesondere die gemeinschaftliche Gesetzgebung, nur unter Beachtung der im EG-Vertrag festgeschriebenen Freiheiten ausgeführt werden dürfen. Die Grundfreiheiten selber stehen ihrer Anwendbarkeit auf den europäischen Gesetzgeber dabei nicht entgegen. Sie enthalten keine ausdrückliche Adressierung der Mitgliedstaaten327 und gerade ihre systematische Stellung in dem mit „Die Politiken der Gemeinschaft“ überschriebenen dritten Teil des EG-Vertrages sprechen für eine Adressierung eben auch der Gemeinschaftsorgane. Nur die zumindest grundsätzliche Bindung der europäischen Organe an die Grundfreiheiten kann zudem als Ergebnis einer am Sinn und Zweck der Freiheiten – der Förderung eines europäischen Binnenmarktes328 – orien323 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 3, 154; Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 84; Schaefer, Die unmittelbare Wirkung des Verbots nichttarifärer Handelshemmnisse (Art. 30 EWGV) in den Rechtsbeziehungen zwischen Privaten (1987), 44 ff.; Wägenbaur, EuZW 1998, 709, 713; v. Bogdandy, EuZW 1992, 9, 14; Steindorff, Grenzen der EG-Kompetenzen (1990), 66 f.; Hauschka, DB 1990, 873; Mestmäcker, FS-von der Groeben (1987), 9, 18 f. Diese Ansicht ist zudem unter den Generalanwälten des EuGH verbreitet, vgl. etwa Schlussanträge des Generalanwalts Capotorti in der Rs. 34/78 – „Yoshida“, Slg. 1979, 115, 147 f.; Schlussanträge des Generalanwalts Rozès in der Rs. 172/82 – „Inter-huiles“, Slg. 1983, 555, 571 f. 324 W.-H. Roth, FS-Mestmäcker (1996), 725, 731; ders., EuR 1987, 7, 9 f. 325 Vgl. etwa zur Bindung an die Warenverkehrsfreiheit EuGH, Urteil v. 14.7.1998, Rs. C-284/95 – „Safety Hi-Tech“, Slg. 1998, I-4301, I-4350, Rn. 63; EuGH, Urteil v. 25.6.1997, Rs. C-114/96 – „Kieffer und Thill“, Slg. 1997, I-3629, I-3655, Rn. 27; EuGH, Urteil v. 9.8.1994, Rs. C-51/93 – „Meyhui“, Slg. 1994, I-3879, I-3898, Rn. 11. 326 Ausführlich hierzu Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 83 f. 327 Vgl. Artt. 25, 28, 29, 59 EG, die zwar eine Beschränkung des Handels bzw. des Kapital- und Zahlungsverkehrs „zwischen den Mitgliedstaaten“ untersagen, nicht aber explizit an die Mitgliedstaaten gerichtet sind, sowie Artt. 39, 43, 49 EG. 328 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (2006), § 3, 156; Leible, ZGR 2004, 531, 539.

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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tierten Auslegung überzeugen. Letztlich entspricht die unmittelbare Bindung eines Gesetzgebers mehr als abgeleitete oder gar Bindungen an abstrakte, übergeordnete Prinzipien rechtsstaatlichen Bedürfnissen. 2. Unterschiede zur Bindung der Mitgliedstaaten Ist der Gemeinschaftsgesetzgeber im Grundsatz den Grundfreiheiten verpflichtet, so ist noch nichts über den Umfang seiner Bindung gesagt. Binden ihn die Grundfreiheiten in gleicher Art und Weise wie die mitgliedstaatlichen Gesetzgeber? Die Antwort auf diese Frage fällt in der Literatur äußerst kontrovers aus. Nicht Wenige sprechen sich dafür aus, eine Bindung der Gemeinschaftsorgane an die Grundfreiheiten von der Art anzunehmen, die der Bindung der Mitgliedstaaten inhaltlich entspricht.329 Vereinzelt wird lediglich die Anwendbarkeit der Grundfreiheiten in ihrer Funktion als Diskriminierungsverbote postuliert.330 Vermittelnd tritt schließlich die wohl herrschende Lehre auf, die im Grundsatz von einer gleichgerichteten Verbotsreichweite der Grundfreiheiten gegenüber den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ausgeht, einschränkend jedoch hervorhebt, dass vom europäischen Gesetzgeber zur Rechtsharmonisierung formulierte Verordnungen oder Richtlinien, die gemeinschaftsweit einheitliche Regelungen einführen bzw. zu ihrer Einführung verpflichten, grundsätzlich mit den Grundfreiheiten vereinbar seien, obwohl eine Einführung der gleichen oder ähnlicher Regelungen durch eine autonome Gesetzgebung der Mitgliedstaaten verboten wäre.331 In die gleiche 329 Petersmann, EuZW 1993, 593, 594; ähnlich Wägenbaur, EuZW 1998, 709, 713 sowie Leupold/Nachbaur, JZ 1991, 1110, 1114 f.; faktisch auch Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 40, 43, Haar, GPR 2007, 27, 28, Beul, IStR 2006, 34, 35 und Ringe, DB 2005, 2806, 2807, wenn sie die VRL an „SEVIC“ messen wollen; in diese Richtung auch Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1918, Grundmann, DStR 2004, 232, 233, Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005), 146 f., wenn sie der „Centros-Überseering-Inspire Art“-Rechtssprechung unmittelbare Bedeutung für den europäischen Gesetzgeber beimessen. 330 Barents, GYIL 33 (1990), 9, 21 ff. 331 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gemeinschaftsrecht (2006), 153 ff.; Leible, ZGR 2004, 531, 540 ff.; ders., EuZW 1998, 528; W.-H. Roth, FS-Mestmäcker (1996), 725, 732; ders., EuR 1987, 7, 13; Schwemer, Die Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten (1995), 95; Götz, JZ 1989, 1021, 1023; zu weitgehend an dieser Stelle Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 86, der gar davon ausgeht, dass die meisten Harmonisierungsakte nicht in den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten fallen. Diese Lehre eröffnet den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit, abseits der EU-Ebene Recht zu harmonisieren und sich anschließend, wie der europäische Gesetzgeber, auf die binnenmarktfördernde Wirkung der Gesamtregelung zu berufen; vgl. von Wilmowsky, RabelsZ 62 (1998), 1, 13; a. A. offenbar Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 86 (Fn. 153). Die Mitgliedstaaten sind, anders als die Organe der Gemeinschaft, nicht lediglich zur

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

Richtung bewegt sich in praxi der EuGH, wenn er europäisches Sekundärrecht zwar an den Grundfreiheiten misst, dem europäischen Gesetzgeber aber zugleich einen weiten Ermessensspielraum zubilligt.332 Der herrschenden Lehre ist beizupflichten. Zwar sollte nicht verkannt werden, dass damit Konflikte im Verhältnis der gesetzgebenden europäischen Organe und dem EuGH in Einzelfällen nicht auszuschließen sind.333 Letztlich sprechen aber sowohl rechtstheoretische als auch rechtspraktische Erwägungen für diese Auffassung. Zunächst ist dabei festzustellen, dass Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane in großem Umfang von vornherein nicht geeignet sind, die Grundfreiheiten zu beschränken.334 Z. B. die Einführung EU-einheitlicher Produktions- oder Sicherheitsstandards für Waren oder einheitliche Anforderungen an die Publizitätsverpflichtungen oder die Kapitalausstattung spezieller Gesellschaftsformen berühren die Grundfreiheiten nicht335, die gerade nicht der Beseitigung sämtlicher Schranken wirtschaftlicher Freiheit dienen336, sondern – für die im Bereich der genannten Förderung des Binnenmarktes, sondern zur vollkommenden Verwirklichung der Grundfreiheiten verpflichtet. 332 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.5.1997, Rs. C-233/94 – „Deutschland/Parlament und Rat (Einlagensicherungsrichtlinie)“, Slg. 1997, I-2405, I-2461, Rn. 56; EuGH, Urteil v. 13.11.1990, Rs. C-331/88 – „Fedesa“, Slg. 1990, I-4023, I-4063 f., Rn. 16; zur Existenz eines Ermessensspielraums auch EuGH, Urteil v. 25.6.1997, Rs. C-114/96 – „Kieffer und Thill“, Slg. 1997, I-3629, I-3655, Rn. 37; EuGH, Urteil v. 9.8.1994, Rs. C-51/93 – „Meyhui“, Slg. 1994, I-3879, I-3898, Rn. 21. 333 Oechsler, NJW 2006, 812 übt in diesem Zusammenhang grundlegende Kritik an der „SEVIC“-Entscheidung des EuGH. Er wirft die Frage auf, ob die Zuständigkeit des Gerichts nicht durch das Ausüben einer politischen Einschätzungsprärogative durch den europäischen Richtliniengeber, die Verabschiedung der VRL, verdrängt war und plädiert im Sinne der Gewaltenteilung für eine konsequentere Selbstbeschränkung des Gerichts. Um parallele Rechtsentwicklungen, vorangetrieben durch den europäischen Gesetzgeber sowie den EuGH, zu vermeiden und Rechtsunsicherheiten vorzubeugen, kann dem nur zugestimmt werden. Allerdings dürfte eine solche Selbstbeschränkung des EuGH nicht vor der Wirksamkeit der gesetzlichen Regelung, im Falle einer Richtlinie also in der Regel ihrer Umsetzung in nationales Recht, befürwortet werden. Keine Selbstbeschränkung ist zudem bei einer Nichtregelung angezeigt. Da die Vorlagefrage des LG Koblenz rechtsformneutral formuliert war, die VRL die Verschmelzung von Personengesellschaften aber nicht regelt, dazu im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht in nationales Recht umgesetzt war, war die von Oechsler geforderte Zurückhaltung des Gerichts bei „SEVIC“ nicht angezeigt. 334 Ausführlich hierzu und zum Folgenden Leible, ZGR 2004, 531, 541 ff. Im Ergebnis ebenso Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 86; zu Art. 28 EG W.-H. Roth, FS-Mestmäcker (1996), 725, 732; Schwemer, Die Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten (1995), 95. 335 Plastisch Leible, ZGR 2004, 531, 541 ff. 336 Leible, ZGR 2004, 531, 541; W.-H. Roth, FS-Großfeld (1999), 929, 944; auch Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro in der Rs. C-292/92 – „Hünermund“, Slg. 1993, I-6787, I-6814, Rn. 28.

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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Beispiele relevanten Grundfreiheiten – lediglich dafür Sorge tragen, dass rechtmäßig produzierte Waren in der EU gehandelt oder gesetzeskonform errichtete Gesellschaften sich innerhalb der EU niederlassen können. Geschützt wird also der Marktzutritt, was die Überprüfung von Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane am Maßstab der Grundfreiheiten immer dann erforderlich macht, wenn eben dieser Marktzutritt in irgendeiner Form erschwert wird.337 Es ist in solchen Fällen dann weiterhin überzeugend, die Überprüfung von Maßnahmen der Gemeinschaft weit weniger streng ausfallen zu lassen als die mitgliedstaatlicher Maßnahmen.338 Dienen Regelungen des Gemeinschaftsgesetzgebers – jedenfalls prima facie – der Rechtsangleichung innerhalb der Gemeinschaft und damit der Förderung eines einheitlichen Binnenmarktes, haben Alleingänge nationaler Gesetzgeber stets rechts- und damit auch marktzersplitternde Wirkung.339 Diese den Gemeinschaftsgesetzgeber begünstigende Annahme ist nur dann nicht angebracht, wenn ein grundsätzlich der Rechtsharmonisierung dienender Rechtsakt der Gemeinschaft einzelne Mitgliedstaaten bzw. Grundfreiheitsberechtigte gegenüber anderen diskriminiert340 oder aber in Teilen einen Rechtszustand herbeiführt, der in der Verwirklichung der Grundfreiheiten hinter dem Ursprungszustand zurück bleibt341. In diesen Fällen sollte der europäische Gesetzgeber den Grundfreiheiten in gleicher Weise verpflichtet sein wie die nationalen Gesetzgeber. Eine Rechtfertigung solcher Regelungen wird dann in aller Regel ausscheiden. Für ein differenziertes Vorgehen bei der Beurteilung von Grundfreiheitsbeschränkungen durch die Mitgliedstaaten bzw. durch die Gemeinschaft sprechen schließlich rechtspraktische Erwägungen. Die Annahme ginge fehl, dass eine effektive europäische Gesetzgebung existieren könnte, die bei jeder ihrer Maßnahmen vollumfänglich den Grundfreiheiten verpflichtet ist. Europäische Gesetzgebung basiert auf politischen Kompromissen. Ohne die Flexibilität, politische Kompromisse durch die Übernahme eben doch teilweise beschränkender Regelungen in ansonsten freiheitsfördernde Maßnahmen zu ermöglichen, würde es eine europäische Gesetzgebung nicht geben. Soll der europäische Binnenmarkt nicht von vornherein zur Utopie ver337

Leible, ZGR 2004, 531, 541. Ausführlich Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gemeinschaftsrecht (2006), 153 ff.; kritisch hingegen Emmerich-Fritsche, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (2000), 438 ff. 339 Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gemeinschaftsrecht (2006), 153. 340 EuGH, Urteil v. 27.9.1988, Rs. 313/86 – „Lenoir“, Slg. 1986, 5391, 5423, Rn. 14; aus der Literatur W.-H. Roth, FS-Mestmäcker (1996), 725, 732. 341 EuGH, Urteil v. 27.9.1988, Rs. 313/86 – „Lenoir“, Slg. 1986, 5391, 5423, Rn. 14; EuGH, Urteil v. 15.1.1986, Rs. 41/84 – „Pinna“, Slg. 1986, 1, 25, Rn. 21; aus der Literatur W.-H. Roth, FS-Mestmäcker (1996), 725, 732. 338

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

kommen, müssen bei Einzelbetrachtung beschränkende Regelungen als Bestandteil eines Harmonisierungsaktes den Grundfreiheiten genügen, solange die Gesamtregelung dem Ziel dient, den Binnenmarkt zu fördern, und die Einzelregelungen keine Diskriminierungen bewirken oder zuvor bestehende Beschränkungen vertiefen.342 Bei Grundfreiheiten beschränkenden Regelungen, die Teil eines Harmonisierungsaktes sind, ist es daher ausreichend, wenn der von der Gemeinschaft mit der Harmonisierungsmaßnahme verfolgte Hauptzweck in der Förderung des Binnenmarktes liegt.343 Die Grundfreiheiten verpflichten den Gesetzgeber der Gemeinschaft demnach zur Förderung des Binnenmarktes, nicht jedoch zur sofortigen abschließenden Verwirklichung des Binnenmarktes im jeweils geregelten Teilbereich.344 Diese Förderungspflicht macht letztlich auch deutlich, dass es sich als eine zu weitgehende Privilegierung der Organe der Gemeinschaft erweisen würde, die Grundfreiheiten ihnen gegenüber nur als Diskriminierungsverbote anzuwenden. Eine derart zum Zwecke der Binnenmarktförderung durchgeführte Maßnahme der Gemeinschaft unterliegt dann lediglich einer abgeschwächten allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Da die Prognose von binnenmarktfördernden Wirkungen eines Harmonisierungsaktes der Analyse komplexer, zukünftiger wirtschaftlicher Zusammenhänge bedarf, räumt der EuGH den gesetzgebenden Organen der Gemeinschaft hierbei einen weitgehenden Prognosespielraum ein und beschränkt sich selber auf eine Evidenzkontrolle.345 Ein der Förderung des Binnenmarktes dienender Harmonisierungsakt ist damit immer dann verhältnismäßig, wenn die mit der Maßnahme einhergehenden Beschränkungen des Binnenmarktes nicht völlig außer Verhältnis zu den erzielbaren Vorteilen stehen346, Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsordnungen nicht gar punktuell ver342

Ähnlich Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 86, 88 f. EuGH, Urteil v. 13.5.1997, Rs. C-233/94 – „Deutschland/Parlament und Rat (Einlagesicherungsrichtlinie)“, Slg. 1997, I-2405, I-2457, Rn. 42 f. Ähnlich Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 88.; zur Dienstleistungsfreiheit W.-H. Roth, EuR 1987, 7, 14 f.; zu Art. 28 EG Müller-Graf, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 28 Rn. 298. 344 EuGH, Urteil v. 20.6.1991, Rs.C-39/90 – „Denkavit Futtermittel“, Slg. 1991, I-3069, I-3108, Rn. 26. 345 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.5.1997, Rs. C-233/94 – „Deutschland/Parlament und Rat (Einlagesicherungsrichtlinie)“, Slg. 1997, I-2405, I-2461, Rn. 54 ff.; ähnlich EuGH, Urteil v. 13.11.1990, Rs. C-331/88 – „Fedesa“, Slg. 1990, I-4023, I-4063, Rn. 16; hierzu Ch. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gemeinschaftsrecht (2006), 154 ff.; Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 88 f. 346 EuGH, Urteil v. 13.5.1997, Rs. C-233/94 – „Deutschland/Parlament und Rat (Einlagesicherungsrichtlinie)“, Slg. 1997, I-2405, I-2461, Rn. 54 ff.; ähnlich Everling, GS-Knobbe-Keuk (1997), 607, 624. 343

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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tieft werden347 und keine Diskriminierung einzelner Mitgliedstaaten festgeschrieben wird348.349

II. Die Regelungssystematik der VRL Aussagen zur Regelungssystematik der VRL, insbesondere zum Verhältnis der in der Richtlinie getroffenen Regelungen zum nationalen Recht zu treffen, ist grundlegendes, zugleich vielleicht aber auch schwierigstes Unterfangen bei der Interpretation der Richtlinie. Probleme sind dem Umstand geschuldet, dass bereits die Existenz einer einheitlichen Regelungssystematik fraglich erscheint, mehr noch – im Wissen um die Tatsache, dass die VRL letztlich Ergebnis politischer Kompromisse gewesen ist – letztlich zu verneinen ist. Trotzdem kann es Auswirkungen auf die Auslegung der VRL wie auch die Art ihrer nationalen Umsetzung haben, ließen sich, wenn schon kein einheitliches Regelungssystem, so doch zumindest Grundgedanken einer zugrundeliegenden Systematik aufzeigen. 1. Der Sitzbegriff der VRL Art. 4 Abs. 1 b) VRL legt fest, dass eine Gesellschaft bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung die Vorschriften des für sie geltenden innerstaatlichen Rechts einhalten bzw. erledigen muss, sofern die Richtlinie nicht etwas anderes bestimmt. Ohne ausdrücklich von einer Sitzanknüpfung zu reden, verweist die VRL mit dem Generalverweis des Art. 4 Abs. 1 b) VRL auf diese Weise auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts. Explizite Sitzanknüpfungen an anderer Stelle der Richtlinie bringen nichts Gegenteiliges zum Ausdruck.350 Offen ist danach freilich, welcher der kollisionsrechtlichen Ansätze, die Gründungs- oder aber die Sitztheorie, für die Bestimmung des subsidiär anwendbaren nationalen Rechts erheblich sein soll. Hier muss im Grundsatz der Gründungstheorie und der mit ihr einhergehenden Anknüpfung an den Satzungssitz der Vorzug gegeben werden.351 347

EuGH, Urteil v. 27.9.1988, Rs. 313/86 – „Lenoir“, Slg. 1986, 5391, 5423, Rn. 14; EuGH, Urteil v. 15.1.1986, Rs. 41/84 – „Pinna“, Slg. 1986, 1, 25, Rn. 21; aus der Literatur W.-H. Roth, FS-Mestmäcker (1996), 725, 732. 348 EuGH, Urteil v. 27.9.1988, Rs. 313/86 – „Lenoir“, Slg. 1986, 5391, 5423, Rn. 14; aus der Literatur W.-H. Roth, FS-Mestmäcker (1996), 725, 732. 349 Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht (2004), 88 f. 350 Vgl. Art. 16 Abs. 1 VRL. 351 Die Frage der Anknüpfung offenlassend hingegen Heckschen, in: Widmann/ Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122a UmwG Rn. 75 ff.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

Eine einheitlich zu bestimmende kollisionsrechtliche Anknüpfung ist essentielle Voraussetzung für die rechtssichere Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen nach den in Umsetzung der VRL zu erlassenden Regelungen. Auf europäischer Ebene ist unter Auslegung der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit hierbei von der Geltung einer europäischen Gründungstheorie, d. h. einer grundsätzlichen Anknüpfung an den Satzungssitz bei nur ausnahmsweise zulässigen Sonderanknüpfungen an den Verwaltungssitz einer Gesellschaft auszugehen.352 In den Erläuterungen der EU-Kommission zum VRL-Vorschlag 2003 war gar ein noch weitergehendes Bekenntnis zur Gründungstheorie zu finden, wenn es dort heißt, dass es sich nach dem Ort des Satzungssitzes bestimmt, welchem Recht die neue Gesellschaft unterliegt.353 Zu Recht ist eine solche absolute Formulierung in der endgültigen Richtlinienbegründung nicht mehr zu finden. Es ist nicht Anliegen der VRL, die kollisionsrechtliche Anknüpfung bei Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen selbständig zu regeln. Sie begnügt sich mit dem Verweis auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts in ihrer europarechtlichen Ausprägung. Insofern bleibt es zumindest bei der theoretischen Möglichkeit einer Anknüpfung an den Verwaltungssitz in den Ausnahmefällen, in denen die Grundfreiheiten eine Satzungssitzanknüpfung nicht erfordern.354 Für eine grundsätzliche Gründungssitzanknüpfung lässt sich schließlich Art. 16 Abs. 1 VRL anführen, der in seiner deutschen Fassung zwar unkonkret vom Sitz der Gesellschaft spricht, in englischer – „registered office“ – bzw. französischer – „siège statutaire“ – Version für den Bereich der unternehmerischen Mitbestimmung die Gründungsanknüpfung jedoch deutlich zum Ausdruck bringt. 2. Die subsidiäre Anwendung nationalen Rechts Ist das „Wie“ der kollisionsrechtlichen Anknüpfung geklärt, so sagt dies noch nichts darüber aus, in welchem Umfang und auf welchen Wegen nationales Recht, das nicht auf einer Umsetzung der VRL-Vorgaben beruht, in Zukunft bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen subsidiär Anwendung finden wird. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf Gesellschaften mit Satzungssitz im Inland kann über Einzelverweisungen der VRL oder aber über den Generalverweis des Art. 4 Abs.1 b) VRL begründet werden.

352

Siehe unter 1. Teil A. II. 2. Vgl. Kom (2003) 703 endgültig, Erläuterungen zu Art. 3. Hierauf weisen Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2635 hin. 354 Dazu, dass Sonderanknüpfungen nach vorzugswürdiger Ansicht hingegen aus primärrechtlichen Gründen nicht zu rechtfertigen sind, siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (4). 353

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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a) Einzelverweisungen innerhalb der VRL Einzelverweisungen finden sich in der VRL für die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans355, das Wirksamwerden der Verschmelzung356, die Eintragung der Verschmelzung357, Verfahrenserleichterungen bei der Verschmelzung zur Aufnahme einer 90-prozentigen Tochtergesellschaft358, die unternehmerische Mitbestimmung359 sowie teilweise auch für den Übergang von Vermögen als Verschmelzungswirkung360. Jedenfalls in den genannten Bereichen ist nationales Recht mithin anwendbar. b) Der Generalverweis, Art. 4 Abs. 1 b) VRL Der Generalverweis des Art. 4 Abs. 1 b) VRL erfährt in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL eine Konkretisierung. Danach gehören zu den anwendbaren nationalen Vorschriften und Formalitäten insbesondere Bestimmungen über das die Verschmelzung betreffende Beschlussfassungsverfahren, den Gläubiger-, Gesellschafter- und Arbeitnehmerschutz.361 Wie der Wortlaut der Vorschrift deutlich werden lässt, handelt es sich hierbei keineswegs um eine abschließende Aufzählung der über den Generalverweis erfassten Regelungsbereiche. Vielmehr stellt bereits die Formulierung des Art. 4 Abs. 1 VRL heraus, dass nationales Verschmelzungsrecht Anwendung findet, sofern die Richtlinie nicht etwas anderes bestimmt. Eine Vorgabe der Richtlinie muss dementsprechend ohne inhaltliche Abweichung in nationales Recht übertragen werden. Zudem verbieten sich zusätzliche nationale Regelungen jedenfalls insoweit, als die VRL eine abschließende Regelung trifft. Kallmeyer und Kappes sind diesbezüglich der Ansicht, dass die Regelungen der VRL stets Höchstvorschriften darstellen, die zusätzliche nationale Regelungen in den von der Richtlinie geregelten Bereichen verbieten, und ebendort auftretende Lücken ausschließlich durch einen Rückgriff auf europäisches Recht, namentlich durch die unmittelbare Anwendung der Richtlinie 78/855/EWG betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften 355

Vgl. Art. 6 Abs. 1 VRL. Vgl. Art. 12 VRL. 357 Vgl. Art. 13 Satz 1 VRL. 358 Vgl. Art. 15 Abs. 2 VRL. 359 Vgl. Art. 16 Abs. 1 VRL. 360 Vgl. Art. 14 Abs. 3 VRL. 361 Im Gegensatz zu Art. 24 SE-VO macht Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL deutlich, dass der Gesellschafterschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nicht auf den Schutz von Minderheitsgesellschaftern beschränkt ist, sondern auch die bei innerstaatlichen Verschmelzungen alle Gesellschafter gleichermaßen schützenden Vorschriften anwendbar sind. 356

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

(Dritte Richtlinie), zu füllen seien.362 Z. B. die vom deutschen Gesetzgeber in § 122c Abs. 4 UmwG vorgesehene Pflicht zur notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans stelle sich aus diesem Grund als unzulässig dar; die Nichtregelung eines Formerfordernisses in der VRL lasse nur den Rückgriff auf das in Art. 5 Abs. 1 Dritte Richtlinie vorgesehene Schriftlichkeitserfordernis zu.363 Diese Ansicht vermag nicht zu überzeugen. Obwohl sich an anderer Stelle der VRL durchaus Verweisungen oder Inbezugnahmen auf die Dritte Richtlinie finden364, verweist Art. 4 Abs. 1 b) VRL nicht auf die Richtlinie, sondern auf die Vorschriften des nationalen Rechts. Die Verpflichtung zur Einhaltung der auch bei innerstaatlichen Verschmelzungen einzuhaltenden Formalitäten wird dabei in Art. 4 Abs. 1 b) VRL sogar besonders hervorgehoben. Der VRL mag zwar eine Tendenz zur abschließenden Höchstvorschrift immanent sein.365 Das in Art. 5 EG verankerte Subsidiaritätsprinzip musste bei Erlass der Richtlinie freilich trotzdem Beachtung finden, was nach Ansicht des Richtliniengebers auch geschehen ist.366 Der VRL lässt sich daher nicht entnehmen, dass sie durchweg Höchstvorschriften enthält; der Sinn des Generalverweises in Art. 4 Abs. 1 b) VRL bliebe anderenfalls auch im Verborgenen. Vielmehr erfordert eine am Primärrecht, d. h. hier insbesondere am Subsidiaritätsprinzip orientierte Auslegung der VRL, jede Richtlinienvorschrift daraufhin zu überprüfen, ob sie eine abschließende Regelung treffen will und treffen darf. Kann dies positiv festgestellt werden, bleibt für eigenständige Regelungen des nationalen Gesetzgebers kein Raum. Gelingt die Feststellung nicht, findet über Art. 4 Abs. 1 b) VRL nationales Verschmelzungsrecht insoweit Anwendung, als es nicht seinerseits Primärrecht, in erster Linie also die Grundfreiheiten, verletzt.367 Ist die Regelungstechnik der VRL erkannt, gilt es eine letzte Hürde auf dem Weg zu einer sinnvollen Interpretation des Generalverweises und somit zur Bestimmung des Umfangs des subsidiär anwendbaren nationalen Rechts 362

Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 227. Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 228. Ausführlich zur Zulässigkeit der notariellen Beurkundung siehe unter 4. Teil A. II. 1. c) bb) (1). 364 Vgl. Artt. 8 Abs. 3 Satz 1, 9 Abs. 3 VRL. 365 Hierfür lässt sich Erwägungsgrund (15) zur VRL anführen, der als Ziel der Maßnahme die Einführung EU-weit einheitlicher Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung angibt, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 3. 366 Vgl. ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 3 Erwägungsgrund (15). Aus der Literatur Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 402; Zweifel ob der Vereinbarkeit der umfänglichen sachrechtlichen Regelungen der VRL mit dem Subsidiaritätsprinzip äußert hingegen Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 51 ff., 54. 367 Für ein solches Verständnis der Richtlinie spricht auch Erwägungsgrund (3) zur VRL, ABlEU Nr. 310 v. 25.11.2005, 1. Zur Frage der primärrechtlichen Zulässigkeit der in § 122c Abs. 4 UmwG vorgesehenen notariellen Beurkundung siehe unter 4. Teil A. II. 1. c) bb) (1). 363

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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zu nehmen. Art. 4 Abs. 1 b) VRL verlangt – in den beschriebenen Grenzen – die Anwendung des auf innerstaatliche Verschmelzungen anwendbaren Rechts. Gleichzeitig ist es der Wille des Richtliniengebers, dass eben dieses auf grenzüberschreitende Verschmelzungen anzuwendende Recht keine ungerechtfertigten Beschränkungen der Niederlassungs- oder der Kapitalverkehrsfreiheit mit sich bringt.368 Eine Beschränkung der einen und/oder anderen Grundfreiheit könnten einige Regelungen zur innerstaatlichen Verschmelzung im grenzüberschreitenden Kontext aber darstellen. Zu denken wäre etwa an die Beurkundungserfordernisse für den Verschmelzungsplan oder die auch von den Gesellschaftern der ausländischen Gesellschaft für den Verzicht auf die Verschmelzungsprüfung nach §§ 9 Abs. 3, 12 Abs. 3, 8 Abs. 3 UmwG einzuholenden Verzichtserklärungen sowie die Absicherung der Inhaber von Sonderrechten nach § 23 UmwG, die die Verschmelzung im Einzelfall unattraktiv werden lassen kann. Wären diese Beschränkungen zu ihrer Rechtfertigung an den üblicherweise für die Mitgliedstaaten geltenden strengen Maßstäben zu messen, ist nicht auszuschließen, dass einige der nationalen Regelungen vor den Augen des EuGH in Ungnade fallen würden.369 Die verbleibenden anwendbaren nationalen Vorschriften präsentierten sich in Folge dessen als ein Sammelsurium, das die grenzüberschreitende Verschmelzung nur unvollständig regelt; der Generalverweis könnte seinen Zweck, für eine umfassende Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu sorgen, nicht mehr erfüllen. Ein solches Ergebnis kann hingegen nicht überzeugen. Viele der in Frage stehenden Regelungen haben ihren Weg in das UmwG in Umsetzung der Richtlinie 78/855/EWG betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (Dritte Richtlinie) gefunden. Es handelt sich demnach bereits um Teile der Umsetzung eines europäischen Harmonisierungsaktes. Der nationale Gesetzgeber profitiert bei der Umsetzung eines Harmonisierungsaktes, der eine Materie grenzüberschreitend regelt, von der gelockerten Grundfreiheitsbindung des europäischen Gesetzgebers.370 Allerdings regelte die Dritte Richtlinie nur die innerstaatliche Verschmelzung von Aktiengesellschaften. Eine gelockerte Bindung des nationalen Gesetzgebers an die Grundfreiheiten kann sich daraus unmittelbar nicht ergeben. Indem aber der Richtliniengeber der VRL auf die bisherigen nationalen Vorschriften zur Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, also nicht nur auf die in Umsetzung der Dritten Richtlinie ergangenen verweist, werden diese Vorschriften nach seinem Willen zugleich Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmel368

Vgl. erneut ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 1, Erwägungsgrund (3). Dass „SEVIC“ den nationalen Gesetzgebern nach vorzugswürdiger Ansicht aber durchaus Spielräume für Beschränkungen grenzüberschreitender Verschmelzungen lässt, siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (3). 370 Vgl. unter 3. Teil B. I. 369

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zung. Dies macht es erforderlich, die Rechtfertigung von Beschränkungen der Niederlassungs- und/oder Kapitalverkehrsfreiheit, auf die auf diesem Wege mitverwiesen wird, am Maßstab der abgeschwächten Grundfreiheitsbindung des europäischen Gesetzgebers vorzunehmen. Oder anders ausgedrückt, um eine umfassende Regelung grenzüberschreitender Verschmelzungen zu gewährleisten, ohne eine Vollharmonisierung durch die VRL vornehmen zu wollen, spricht der Richtliniengeber den über den Generalverweis anwendbaren nationalen Vorschriften zur Verschmelzung im Rahmen seiner Möglichkeiten die Grundfreiheitskonformität zu. Die Rechtfertigung wird daher nur dann misslingen, wenn eine Regelung trotz Verfolgung legitimer Gemeinwohlbelange eine völlig unverhältnismäßige Beschränkung des Binnenmarktes mit sich bringt, zukünftige Neuregelungen bestehende Beschränkungen vertiefen oder diskriminierende Vorschriften bestehen bzw. eingeführt werden sollen. Auf diese Weise wird nicht nur die Vollständigkeit der Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung gewahrt, sondern Klarheit über das anwendbare Recht geschaffen und somit dem Regelungsziel des Richtliniengebers, die grenzüberschreitende Verschmelzung rechtssicher zu ermöglichen, Rechnung getragen. Für ein solches Verständnis spricht schließlich Art. 4 Abs. 1 b) Satz 2 VRL, der es den Behörden eines Mitgliedstaates gestattet, eine grenzüberschreitende Verschmelzung aus Gründen des öffentlichen Interesses zu verbieten, wenn unter den gleichen Voraussetzungen auch eine innerstaatliche Verschmelzung zu untersagen wäre.371 Wird diese stärkste denkbare Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Kapitalverkehrsfreiheit durch den Richtliniengeber legitimiert, solange sie nur nicht eine Diskriminierung ausländischer Gesellschaften mit sich bringt, wäre nicht zu erklären, warum weit geringfügigere Beschränkungen europarechtswidrig sein sollten. Zusammenfassend lässt sich sagen: Auch wenn die auf Art. 44 EG gestützte VRL372 zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit einen Grundstock einheitlicher Vorschriften zur Gewährleistung der rechtssicheren Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen einführen will, liegt 371 Die Vorschrift entspricht inhaltlich weitgehend Art. 19 SE-VO, der seiner Zeit auf britischen Wunsch in die SE-VO aufgenommen wurde, vgl. J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 162; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 139. Im Unterschied zu Art. 19 SE-VO, der eine Ermächtigungsgrundlage für die nationalen Gesetzgeber zur Schaffung eigenständiger Einspruchsrechte darstellt, erlaubt Art. 4 Abs. 1 b) Satz 2 VRL jedoch lediglich die Ausweitung der bei innerstaatlichen Verschmelzungen bestehenden Einspruchsrechte auf den grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall. Da solche Einspruchsrechte deutschem Verschmelzungsrecht bislang fremd waren, spielte Art. 4 Abs. 1 b) Satz 2 VRL bei Umsetzung der VRL in deutsches Recht keine Rolle. 372 Vgl. ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 1.

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ihrer Regelungssystematik doch ein kollisionsrechtlicher Ansatz zu Grunde.373 Verschmelzungswillige Gesellschaften haben bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch das Verschmelzungsrecht im Mitgliedstaat ihres Satzungssitzes zu berücksichtigen, sofern die VRL nicht selber eine abschließende Regelung vornimmt und das berufene nationale Recht seinerseits mit den primärrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten zu vereinbaren ist. Die Rechtfertigung von Beschränkungen erfolgt am Maßstab der abgeschwächten Bindung des europäischen Gesetzgebers an die Grundfreiheiten.

III. Personaler Anwendungsbereich der VRL und seine nationale Umsetzung 1. Die erfassten nationalen Rechtsformen Der personale Anwendungsbereich der Richtlinie ist gemäß Art. 1 VRL auf grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften begrenzt, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden sind und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Gemeinschaft haben. Als nicht nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet, erscheint die Möglichkeit der SE, sich an grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu beteiligen, insofern problematisch.374 Der nationale Gesetzgeber des Umsetzungsgesetzes legt in § 122a Abs. 1 UmwG zunächst fest, dass eine grenzüberschreitende Verschmelzung eine solche ist, bei der mindestens eine der beteiligten Gesellschaften dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegt. Danach wären auch Gesellschaften verschmelzungsfähig, die erst durch identitätswahrenden Wegzug in den Geltungsbereich der Rechtsordnung eines EU-Mitgliedstaates gelangt sind. Zudem wäre die Beteiligung einer Drittstaatengesellschaft an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung als weiterer Verschmelzungspartner vermeintlich zulässig, sobald sich eine deutsche Gesellschaft mit der Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaates verschmelzt.375 Eine im Vergleich zur VRL weitergehende Zulassung grenzüberschreitender Verschmelzungen ist damit 373 Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 51; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 402; im Ergebnis auch Kiem, WM 2006, 1091, 1092; wohl zu weitgehend Inwinkl/ Schneider, Der Konzern 2008, 4, 9; dies., Der Konzern 2007, 705, 709; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 836, die von einer positiv-rechtlichen Verankerung der Vereinigungstheorie ausgehen; ähnlich weitgehend Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 52; Paefgen, GmbHR 2004, 463, 475. 374 Siehe hierzu ausführlich unter 3. Teil B. III. 2. 375 Kritisch hierzu auch DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

jedoch nicht verbunden.376 Der Gesetzgeber greift den Wortlaut des Art. 1 VRL in § 122b Abs. 1 UmwG erneut auf und stellt klar, dass Voraussetzung für die Beteiligung einer Gesellschaft an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auch ihre Gründung in einem Mitgliedstaat der EU ist.377 Verschmelzungsfähig im Sinne der VRL sind nur Kapitalgesellschaften. Die Richtlinie enthält in Art. 2 Nr. 1 VRL zwei alternative Definitionen der erfassten nationalen Kapitalgesellschaften. Gemäß Art. 2 Nr. 1 a) VRL handelt es sich zum einen um die Gesellschaften im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 68/151/EWG378 (Publizitätsrichtlinie). Zum anderen betrifft die VRL Kapitalgesellschaften, die Rechtspersönlichkeit besitzen, über ein gesondertes Gesellschaftskapital verfügen, das allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, und nach dem für sie maßgebenden innerstaatlichen Recht Schutzbestimmungen im Interesse von Gesellschaftern und Dritten im Sinne der Richtlinie 68/151/EWG einhalten müssen (Art. 2 Nr. 1 b) VRL). Der deutsche Gesetzgeber begnügt sich in § 122b Abs. 1 UmwG mit einem Verweis auf diese Definition.379 Jedenfalls den deutschen Gesellschaftsrechtsformen der AG, der GmbH, aber auch der KGaA380, die alle376 Zur Bedeutung der neuen Regelungen für die Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen mit Gesellschaften aus Drittstaaten, i. e. nicht EU-/EWRStaaten, siehe unter 4. Teil E. 377 A. A. DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740, der die klarstellende Funktion des § 122b Abs. 1 UmwG mit dem Hinweis bestreitet, dass danach eine grenzüberschreitende Verschmelzung nach dem UmwG auch eine solche wäre, an der ausschließlich EU-Auslandsgesellschaften teilnehmen. Diese Kritik kann in zweifacher Hinsicht nicht überzeugen. Zum einen ergibt es sich bereits aus der begrenzten Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers, dass das UmwG nur auf eine sich verschmelzende deutsche Gesellschaft oder auf eine aus einer Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft Anwendung finden kann. Zum anderen ist die Verschmelzung zweier Gesellschaften aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten zur Neugründung einer deutschen Gesellschaft aber durchaus denkbar, vgl. unter 3. Teil B. IV. 1. b). Auch in diesem Fall muss das UmwG teilweise Anwendung finden. 378 ABlEG Nr. L 65 v. 14.3.1968, 8 ff. 379 Damit genügt der Gesetzgeber seinem eigenen Anspruch, durch das UmwG nicht nur den Vorgaben der VRL, sondern ebenso der „SEVIC“-Entscheidung gerecht zu werden, nicht, vgl. Begr. des RegE eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BT-Drucks. 16/2919, 11. Nach „SEVIC“ ist auch die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung von Personengesellschaften zuzulassen, vgl. hierzu unter 3. Teil A. I. 2. b) aa). Zur zukünftigen Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen unter Beteiligung von Personengesellschaften siehe unter 4. Teil D. 380 Vor dem Hintergrund des ursprünglichen Richtlinienvorschlags, der die alternative Definition der Kapitalgesellschaft des Art. 2 Abs. 1 a) VRL nicht kannte, war die Teilnahmefähigkeit der KGaA umstritten. So wurde zum einen auf Grund der Nennung der KGaA in Art. 1 der Richtlinie 68/151/EWG, unter Missachtung der kumulativen Anforderungen der ursprünglichen Definition, von ihrer Teilnahme-

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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samt in Art. 1 der Richtlinie 68/151/EWG genannt werden, steht somit aus deutscher Sicht die Teilnahme an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht offen. Wie aus den Verweisen des § 122a UmwG auf die Regelungen des UmwG bezüglich der Beteiligung von AGs, GmbHs und KGaAs an nationalen Verschmelzungen deutlich wird, geht der deutsche Gesetzgeber offenbar von einer momentanen Beschränkung der Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Verschmelzung auf diese nationalen381 Gesellschaftsrechtsformen aus. In Anbetracht der alternativen abstrakten Definition des Begriffs der Kapitalgesellschaft durch Art. 2 Nr. 1 b) VRL erscheint aber auch die Beteiligung eines großen VVaG an derlei Transaktionen nicht von vornherein ausgeschlossen.382 Der große VVaG besitzt als rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein383 Rechtspersönlichkeit, verfügt mit dem Gründungsstock, später mit der gesetzlich vorgeschriebenen Verlustrücklage, die beide mindestens die Höhe des nach § 53c VAG zu bildenden Mindestgarantiefonds erreichen müssen384, über ein Gesellschaftskapital, das ausschließlich den Gläubigern des VVaG haftet und unterliegt Publizitätsvorschriften im Sinne der Publizitätsrichtlinie385. Dass der VVaG nach üblichem Verständnis nicht unter den Begriff der „Kapitalgesellschaft“ fällt386, steht dabei eifähigkeit ausgegangen, so z. B. Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2635; Schulte-Hillen/Hirschmann, GPR 2003/2004, 89, 90. Zum anderen wurde die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung unter Beteiligung einer KGaA durch eine zweifelhafte Auslegung des ursprünglichen Definitionswortlauts verneint. So sei die KGaA nicht beteiligungsfähig, da nicht das Gesellschaftskapital allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafte, sondern darüber hinaus noch nach § 278 Abs. 1 AktG zumindest ein Komplementär als persönlich haftender Gesellschafter existiere, so H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1792. Ersterer Ansicht ist im Ergebnis zuzustimmen. Die KGaA fiel unter die Definition des Kapitalgesellschaftsbegriffs des Richtlinienvorschlags. Zwar konnte es damals nicht ausreichen, allein auf die Nennung der KGaA in Art. 1 der Richtlinie 68/151/EWG zu verweisen. Dass in einer KGaA neben dem Gesellschaftskapital ein persönlich haftender Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, führt jedoch nicht dazu, dass die KGaA nicht als Kapitalgesellschaft i. S. d. Definition anzusehen ist. Der Gegenansicht liegt ein falsches Verständnis des Definitionswortlauts – „allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet“ – zu Grunde. 381 Zur Beteiligung der SE siehe unter 3. Teil B. III. 2. 382 Louven, ZIP 2006, 2021, 2024. 383 Weigel, in: Prölls, VAG (2005), § 15 Rn. 3 ff.; Wegener, in: Anwaltformulare Gesellschaftsrecht (2002), § 9 Rn. 5; Grunewald, Gesellschaftsrecht (2005), 2. Teil I. Rn. 3. 384 Weigel, in: Prölls, VAG (2005), § 22 Rn. 3, § 37 Rn. 5. 385 Vgl. §§ 30 ff. VAG sowie § 16 VAG i. V. m. den handelsrechtlichen Publizitätsvorschriften des HGB. 386 Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht (2006), Rn. 1.6; Wegener, in: Anwaltformulare Gesellschaftsrecht (2002), § 9 Rn. 6.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

ner Beteiligung der Rechtsform an grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach den §§ 122a ff. UmwG jedenfalls nicht entgegen. Die VRL legt in Art. 2 Nr. 1 VRL den Begriff der Kapitalgesellschaft eigenständig fest, der deutsche Gesetzgeber hat sich – ohne dass er eine andere Wahl gehabt hätte – durch den Verweis in § 122b Abs. 1 UmwG dieser Definition angeschlossen. Jedoch, es würde der VRL nicht gerecht, ihren persönlichen Anwendungsbereich unter ausschließlicher Betrachtung der Definition der Kapitalgesellschaft zu bestimmen, das übrige Regelungswerk aber zu ignorieren. So bringen Artt. 2 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Satz 2 b), c), d) VRL den Willen des Richtliniengebers deutlich zum Ausdruck, nur solche Gesellschaftsformen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung zuzulassen, in denen die Gesellschafterstellung im Halten von Gesellschaftsanteilen, nicht aber – wie im Falle des VVaG – in einer bloßen Mitgliedschaft zum Ausdruck kommt.387 Der VVaG kann sich mithin nicht an zukünftigen grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach den §§ 122a ff. UmwG beteiligen.388 Eine Sonderregelung wurde in Art. 3 Abs. 2 VRL für Genossenschaften getroffen. Die Mitgliedstaaten können danach die Beteiligung ihrer Genossenschaften an grenzüberschreitenden Verschmelzungen untersagen. Art. 3 Abs. 2 HS 2 VRL fügt hinzu, dass dies auch dann gilt, wenn die Genossenschaft unter die Definition des Begriffs „Kapitalgesellschaft“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 VRL fällt. Der Wortlaut des zweiten Halbsatzes bietet Potential für Fehlinterpretationen und ist als missglückt anzusehen. So ließe sich die Formulierung „auch dann“ als Hinweis deuten, dass die gesetzgeberische Möglichkeit eines Ausschlusses der Rechtsform Genossenschaft von grenzüberschreitenden Verschmelzungen erst recht besteht, wenn die Genossenschaft in der jeweiligen nationalen Ausprägung nicht unter die Definition des Begriffs „Kapitalgesellschaft“ fällt. Dies setzt allerdings zunächst einmal voraus, dass eine Genossenschaft auch in diesem Fall zu den verschmelzungsfähigen Gesellschaften gehören soll, andernfalls eine Ermächtigung der mitgliedstaatlichen Gesetzgeber doch überflüssig wäre. Die unscheinbar als Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur Einschränkung des Anwendungsbereichs daherkommende Regelung implizierte dann die grundsätzliche Ausweitung eben dieses Anwendungsbereichs auf Genossenschaften. Auch deutsche Genossenschaften wären damit unabhängig von der Frage, ob sie dem in Art. 2 Nr. 1 b) VRL festgelegten Anwendungsbereich der Richtlinie unterfallen, zunächst in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen. Letztlich kann eine solche Auslegung des Art. 3 Abs. 2 VRL jedoch nicht überzeugen. Die übrige Formulierung der Vorschrift 387

Louven, ZIP 2006, 2021, 2024. Louven, ZIP 2006, 2021, 2024; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122b Rn. 6; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122b UmwG Rn. 73; a. A. Frenzel, RIW 2008, 12, 14. 388

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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weist darauf hin, dass nationalen Gesetzgebern lediglich eine Einschränkung des in Art. 2 Nr. 1 VRL festgelegten Anwendungsbereichs der Richtlinie ermöglicht werden, nicht jedoch selbiger eine Ausweitung erfahren soll. Die Formulierung des zweiten Halbsatzes sollte insofern zur Klarstellung des ersten Halbsatzes der Vorschrift dienen. Nur eine solche Auslegung der Richtlinie findet zudem Unterstützung in der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die in Erfüllung des Wunsches mehrerer Mitgliedstaaten, Genossenschaften auch dann aus dem Anwendungsbereich der VRL ausschließen zu dürfen, wenn es sich um Kapitalgesellschaften im Sinne der Richtlinie handelt, Eingang in die VRL gefunden hat.389 Für deutsche Genossenschaften spielt all dies letztlich keine Rolle. Erwartungsgemäß390 – es war u. a. gerade die Bundesregierung, die kein Bedürfnis für eine Einbeziehung von Genossenschaften in den Anwendungsbereich der Richtlinie sah – hat der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung des Art. 3 Abs. 2 VRL Gebrauch gemacht und eine Beteiligung von Genossenschaften an grenzüberschreitenden Verschmelzungen ausgeschlossen (vgl. § 122b Abs. 2 Nr. 1 UmwG). Schließlich erklärt Art. 3 Abs. 3 VRL die Unanwendbarkeit der Richtlinie für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/611/EWG391, deren Wortlaut die Vorschrift beinahe eins-zu-eins übernimmt.392 Der deutsche Gesetzgeber setzt diese Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs in § 122b Abs. 2 Nr. 2 UmwG um.393 2. Anwendbarkeit der VRL auf die SE? Da die SE auf Grundlage europäischen Rechts und damit gerade nicht nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wird, könnte die Anwendung der Richtlinie auf eine grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung einer SE durch den Wortlaut der Regelung ausgeschlossen sein.394 Der Gesetzgeber des Umsetzungsgesetzes hingegen geht auf Grund der 389

Vgl. Neye/B. Timm, DB 2006, 488. Diese Erwartung äußert etwa Wiesner, DB 2005, 91, 92. 391 Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20.12.1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, ABlEG Nr. L 375 vom 31.12.1985, 3 ff. 392 Vgl. hierzu Inwinkl/Schneider, Der Konzern 2008, 4, 6; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122b UmwG Rn. 101 ff. 393 Begr. RegE zu § 122b UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15. 394 So H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1792, der sich mittlerweile jedoch der ganz herrschenden Lehre angeschlossen hat und von der Beteiligungsfähigkeit der SE ausgeht, H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 287. 390

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

durch Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO veranlassten Gleichbehandlung der SE mit nationalen Aktiengesellschaften von der Möglichkeit einer Beteiligung der SE an grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach den Regeln der VRL aus.395 Mit eben dieser Argumentation, zum Teil aber auch nur unter Berufung auf den Willen der Verfasser des Referentenentwurfs, nimmt auch die herrschende Lehre die zukünftige Beteiligungsfähigkeit der in Deutschland ansässigen SE an grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach den §§ 122a ff. UmwG an.396 a) Zum Verhältnis zwischen Richtlinien und Verordnungen Sich für oder gegen die Beteiligungsfähigkeit der SE an grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach den Regelungen der umgesetzten VRL auszusprechen, setzt zunächst voraus, das Verhältnis zwischen Richtlinien und Verordnungen zu klären. Gibt es hier ein generelles Vorrangverhältnis oder allgemeine Grundsätze, die die Ermittlung der vorrangigen Regelung für den Einzelfall erlauben? Eine ausdrückliche Regelung zur Rangordnung der beiden Handlungsarten besteht nicht.397 Teilweise wird für einen Vorrang von Verordnungen gegenüber Richtlinien plädiert.398 Vereinzelt wird es aber auch für möglich gehalten, dass eine Richtlinie eine frühere Verordnung verdrängt, wenn das durch die Richtlinie festgesetzte Regelungsziel von den Mitgliedstaaten nur zu erreichen ist, sofern von einem Gebot der Verordnung abgewichen wird.399 Mehrheitlich werden Aussagen zu derart konkreten und grundsätzlichen Vorrangregelungen jedoch gescheut und stattdessen auf die allgemeinen Regeln juristischer Methodenlehre verwiesen.400 Danach soll zum einen 395

Vgl. Begr. RegE zu § 122b UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 14. H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 287; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 341; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 726. Diese Ansicht wurde auch vor Veröffentlichung des Referentenentwurfs zur Änderung des UmwG bereits mehrheitlich vertreten; vgl. Oechsler, NZG 2006, 161 f.; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401; a. A. damals hingegen noch H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1792. 397 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 231; Geiger, EUV/EGV (2004), Art. 249 EGV Rn. 3; Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV (2003), Art. 249 EGV Rn. 13; Hetmeier, in: Lenz/Borchardt, EUV/EGV (2006), Art. 249 EGV Rn. 22. 398 Vgl. Geiger, EUV/EGV (2004), Art. 249 EGV Rn. 3; so auch Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 235 für den Fall, dass die Verordnung der Richtlinie zeitlich nachfolgt. 399 Hetmeier, in: Lenz/Borchardt, EUV/EGV (2006), Art. 249 Rn. 23; ausdrücklich a. A. Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 235; Biervert, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 249 EGV Rn. 10. 396

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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der Grundsatz lex posterior derogat legi priori gelten.401 Zum anderen finde auch die Regel des lex specialis derogat legi generali Anwendung.402 Die Gleichberechtigung der Gemeinschaftsorgane sowie die Funktion einzelner Verfahren machen es dabei jedoch erforderlich, die Grundsätze nur mit der Vorgabe anzuwenden, dass der spätere bzw. vermeintlich speziellere Rechtsakt durch dasselbe Organ im gleichen oder aber einem strengeren Verfahren wie der frühere Rechtsakt erlassen wurde.403 Die VRL ist im Verfahren der Mitentscheidung nach Art. 251 EG auf Vorschlag der Kommission nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses durch das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union erlassen worden. Die SE-VO hingegen wurde, gestützt auf Art. 308 EG, ausschließlich vom Rat der Europäischen Union erlassen. Das hierbei zur Anwendung kommende Anhörungsverfahren404 stellt sich auf Grund der auf eine Anhörung beschränkten Beteiligung des Europäischen Parlamentes als das weniger strenge Verfahren dar. Auch ist der spätere Rechtsakt – die VRL – unter maßgeblicher Beteiligung des Rates zustande gekommen, so dass von einer Anwendbarkeit der „lex posterior“-Regel auszugehen sein könnte. Ein solches Ergebnis vermag hingegen nicht zu überzeugen. Vielmehr erscheint die Auffassung vorzugwürdig, die eine Anwendung der „lex posterior“-Regel ablehnt, wenn eine Richtlinie auf eine zuvor erlassene Verordnung folgt.405 Gemäß Art. 249 Abs. 2 EG handelt es sich 400 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 234; Schmidt, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2004), Art. 249 EG Rn. 24; Ruffert, in: Callies/Ruffert, EUV/ EGV (2002), Art. 249 EGV Rn. 11; Biervert, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 249 EGV Rn. 10. 401 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 234; Schmidt, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2004), Art. 249 EG Rn. 24; Ruffert, in: Callies/Ruffert, EUV/ EGV (2002), Art. 249 EGV Rn. 11; Biervert, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 249 EGV Rn. 10. 402 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 234; Ruffert, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV (2002), Art. 249 EGV Rn. 11. 403 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 234. Ohne Begründung diese Vorgabe auf den Grundsatz lex posterior derogat legi priori beschränkend wohl Ruffert, in: Callies/ Ruffert, EUV/EGV (2002), Art. 249 EGV Rn. 11; Biervert, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 249 EGV Rn. 10. 404 Vgl. hierzu Schwartz, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2004), Art. 308 Rn. 193 ff.; Bitterlich, in: Lenz/Borchardt, EUV/EGV (2006), Art. 308 EGV Rn. 14; Schreiber, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 308 EGV Rn. 30. 405 Gegen eine Anwendbarkeit der „lex posterior“-Regel in dieser Konstellation sprechen sich Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III,

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

bei der Verordnung um einen Rechtsakt, der allgemeine Geltung hat, in all seinen Teilen verbindlich ist und in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gilt. Die Richtlinie ist gemäß Art. 249 Abs. 3 EG nur in ihren Zielen verbindlich, die Wahl der Form und der Mittel, also letztlich die Umsetzung, bleibt jedoch den Mitgliedstaaten überlassen. Verordnung und Richtlinie zeichnen sich demnach vorrangig durch ihre unterschiedliche Bindungswirkung aus. Zwar liegt die Annahme der „lex posterior“-Regel damit nicht fern, wenn eine Verordnung auf eine früher erlassene Richtlinie folgt, der Gemeinschaftsgesetzgeber eine nationale Umsetzungsregelung also durch eine unmittelbar geltende europäische Regelung ersetzen will. Im hier fraglichen umgekehrten Fall kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass stets die Aufgabe der unmittelbar geltenden Regelung gewollt ist.406 Jedenfalls von einem Grundsatz des lex posterior ist hier nicht auszugehen. Aber auch der Grundsatz des lex specialis derogat legi generali erscheint zur Beschreibung des Verhältnisses von SE-VO und VRL nicht zielführend. Als speziellere Regelung der Gesellschaftsrechtsform der SE muss hier die SE-VO gelten, die allerdings im Vergleich zur VRL im weniger strengen Verfahren erlassen wurde. Bereits aus diesem Grunde scheidet die schematische Anwendung des Grundsatzes aus. Mangels expliziter Festlegung einer Rangordnung zwischen Verordnung und Richtlinie und ohne die Anwendbarkeit allgemeiner Grundsätze zur Bestimmung der Normenhierarchie, kann vorliegend nur auf den konkreten Einzelfall abgestellt werden. Für die Beteiligung einer SE an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach den Regelungen der umgesetzten VRL bedeutet dies, dass solche Verschmelzungen jedenfalls zuzulassen sind, soweit sie den in der SE-VO getroffenen Regelungen nicht widersprechen und die VRL die SE nicht in zulässiger Weise aus ihrem Anwendungsbereich ausschließt. b) Vereinbarkeit mit der SE-VO? aa) Grenzüberschreitende Verschmelzung zur Gründung einer SE Zunächst lässt sich feststellen, dass die SE-VO der VRL jedenfalls insoweit als Spezialgesetz vorgeht, wie sie die Gründung einer SE im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung regelt.407 Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 235; Biervert, in: Schwarze (Hrsg.), EUKommentar (2000), Art. 249 EGV Rn. 10 aus. 406 In diesem Sinne Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, Band III, Stand: 33. Erg.-Lfg., Art. 249 EGV Rn. 235; Biervert, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar (2000), Art. 249 EGV Rn. 10.

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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(1) Fälle eindeutigen Vorrangs der SE-VO Gemäß Art. 2 Abs. 1 SE-VO steht es den nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaates gegründeten Aktiengesellschaften offen, eine SE durch Verschmelzung zu gründen. Die für die Gründung einer SE bei allen Gründungsformen geforderte Internationalität ist im Falle der Verschmelzungsgründung gemäß Art. 2 Abs. 1 SE-VO gegeben, wenn mindestens zwei der beteiligten Gesellschaften in verschiedenen Mitgliedstaaten gegründet wurden. Voraussetzung ist auch, dass sowohl der „Sitz“, d. h. der Satzungssitz408, als auch die Hauptverwaltung der Gesellschaften in der Gemeinschaft liegen. Die Verschmelzung kann nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 a) SE-VO zur Aufnahme oder nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 b) SE-VO zur Neugründung einer SE erfolgen. Die aufnehmende oder die neu gegründete Gesellschaft nimmt dabei die Rechtsform der SE an (Art. 17 Abs. 2 Satz 2, 3 SE-VO). Die SE kann ihren Sitz in einem der Heimatstaaten der beteiligten Gesellschaften, aber auch, wie Art. 22 Satz 1 SE-VO e contrario zu entnehmen ist, in einem EU-Drittstaat nehmen.409 Diese Gründung der SE durch nationale Aktiengesellschaften kann nicht in Konflikt mit den Verschmelzungsmöglichkeiten der VRL treten, die keine eigenen Wege zur Gründung einer SE eröffnet. Mit der gleichen Begründung gestaltet sich auch der Fall als unproblematisch, in dem eine SE, die gemäß Art. 3 Abs. 1 SE-VO für eine SE-Gründung nach Art. 2 SE-VO als Aktiengesellschaft ihres Sitzstaates gilt, mit einer nationalen Aktiengesellschaft oder der SE eines anderen Mitgliedstaates eine SE nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 b) SE-VO neu gründet.

(2) „SE-Gründung“ im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme in eine bereits bestehende SE? Zweifel ob einer Anwendbarkeit der SE-VO oder aber der VRL sieht sich die Sachverhaltskonstellation ausgesetzt, in der eine Aktiengesellschaft 407

Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837; Louven, ZIP 2006, 2021, 2024; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 726; H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1792. 408 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 2 SE-VO Rn. 10; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 2 Rn. 38; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 2 SE-VO Rn. 30; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 98. 409 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Special 3/2006, 1, 8; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 153 f.; Kallmeyer, AG 2003, 197, 198; mit der Beschränkung auf die Verschmelzung zur Neugründung einer SE auch Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973 (Fn. 67).

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bzw. eine als solche zu behandelnde SE grenzüberschreitend auf eine bereits bestehende SE verschmelzen will.410 Art. 17 Abs. 2 Satz 2, 3 SE-VO stellt klar, dass im Falle der Verschmelzung durch Aufnahme die aufnehmende, im Falle der Verschmelzung durch Neugründung die neue Gesellschaft die Form einer SE annimmt. Bei ausschließlicher Betrachtung dieses Regelungswortlauts müsste demnach bei jeder SE-Gründung durch Verschmelzung im Ergebnis eine neue SE entstehen. Die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Aufnahme in eine bereits bestehende SE fände in der Verordnung dann keine Regelung und wäre somit – jedenfalls nach der SE-VO – nicht durchführbar.411 Planen zwei oder mehrere SE eine Verschmelzung durch Aufnahme, so sollte dies vor Umsetzung der VRL nach einer Ansicht daher auch nur möglich sein, wenn die beteiligten SEs ihre Satzungssitze im selben Mitgliedstaat haben.412 Nationales Recht finde in diesem Falle über Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO Anwendung.413 Befinden sich die Satzungssitze hingegen in verschiedenen Mitgliedstaaten, liege der Sachverhalt einer grenzüberschreitenden Fusion vor, der von der SE-VO nicht geregelt werde.414 Nach anderer Auffassung ist die Verschmelzung einer SE zur Aufnahme in eine andere unter Anwendung der SE-VO unabhängig davon unzulässig, ob sich die Satzungssitze der Gesellschaften im gleichen oder in unterschiedlichen Mitgliedstaaten befinden.415 Im genauen Gegensatz dazu wird schließlich vertreten, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung einer Aktiengesellschaft oder einer SE zur Aufnahme auf eine weitere SE sehr wohl von Artt. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 SE-VO gewährleistet wird.416 Die zu einer anderen Annahme Anlass 410

Vgl. Louven, ZIP 2006, 2021, 2024; Oechsler, NZG 2005, 161 f., der allerdings nur die Konstellation diskutiert, in der eine bereits bestehende SE eine andere SE im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung aufnehmen soll. 411 In diesem Sinne Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837; Veil, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 10. Kapitel, Rn. 11, 19; Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 6 (Fn. 16); Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 16; Kallmeyer, AG 2003, 197, 199, der zudem die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zweier SE zur Neugründung einer SE mit dem vagen Hinweis auf den Sinn und Zweck der VO ausschließt. 412 Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 16; Kallmeyer, AG 2003, 197, 199. Gleiches muss nach dieser Ansicht für die Verschmelzung einer AG zur Aufnahme in eine bereits bestehende SE gelten. 413 Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 16; Kallmeyer, AG 2003, 197, 199, der die Anwendbarkeit nationalen Rechts auf Art. 10 SE-VO stützt. 414 Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837. 415 Veil, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 10. Kapitel, Rn. 11, 19. 416 Reichert, Der Konzern 2006, 821, 834; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 17 SE-VO Rn. 3 sowie Art. 66

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bietende Formulierung des Art. 17 Abs. 2 Satz 2 SE-VO stehe im Widerspruch zum klaren Wortlaut und Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 1 SE-VO, nach denen bei allen Gründungsformen auch SEs als Gründer zugelassen sind, und sei als Redaktionsversehen des Verordnungsgebers somit unbeachtlich.417 Nur letztgenannte Auffassung vermag zu überzeugen. Bei Betrachtung der Wortlaute der verschiedenen VO-Regelungen ergibt sich in der Tat der Eindruck einer teilweise widersprüchlichen Regelungslage, die einer sinnvollen, am Sinn und Zweck der SE-VO orientierten, Auflösung bedarf. Art. 3 Abs. 1 SE-VO fordert die Behandlung der SE als Aktiengesellschaft, der dann nach Art. 2 SE-VO alle SE-Gründungsformen, also gemäß Art. 17 Abs. 2 Satz 1 a) SE-VO auch die Verschmelzung durch Aufnahme, offen stehen. Demgegenüber regelt Art. 17 Abs. 2 Satz 2 SE-VO scheinbar eindeutig, dass im Falle einer Verschmelzung durch Aufnahme die aufnehmende Gesellschaft die Form einer SE erstmals annehmen muss. Art. 17 Abs. 2 Satz 2 SE-VO würde somit die Bedeutung einer expliziten Ausnahme zu Art. 3 Abs. 1 SE-VO, Art. 2 SE-VO, Art. 17 Abs. 2 Satz 1 SE-VO zukommen. Eine dahingehende Deutung heißt, der Aussage des Art. 17 Abs. 2 Satz 2 SE-VO, aber auch dem Sinn und Zweck der gesamten SE-VO nicht gerecht zu werden. Wollte der Verordnungsgeber mit Art. 17 Abs. 2 Satz 2 SE-VO tatsächlich eine Ausnahmeregelung treffen, so hätte er hierfür eindeutigere Worte finden können und auch gefunden. Gerade die systematische Stellung der Vorschrift vor Art. 17 Abs. 2 Satz 3 SE-VO lässt dies deutlich werden. Art. 17 Abs. 2 Satz 3 SE-VO, der klarstellt, dass bei einer Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft die neue Gesellschaft die Form einer SE annimmt, kommt selber in keiner Weise die Funktion einer Ausnahmeregelung zu. Art. 17 Abs. 2 Satz 2 und 3 SE-VO dienen lediglich der Erläuterung, das am Ende einer Verschmelzung durch Aufnahme oder durch Neugründung eine SE steht. Die Formulierung des Art. 17 Abs. 2 Satz 2 SE-VO muss somit als missglückt und als Redaktionsversehen bezeichnet werden. Zum gleichen Ergebnis führt die teleologische Auslegung der zur Diskussion stehenden Regelungen unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der gesamten Verordnung. Sinn und Zweck von Art. 3 Abs. 1 SE-VO ist es, der bereits existenten SE die SE-Gründungsformen des Art. 2 SE-VO im vollen Ausmaß zu eröffnen. Auch kann Art. 17 Abs. 2 Satz 2 SE-VO nicht die Bedeutung einer Ausnahmeregelung zugesprochen werden (s. o.). Soll die EinfühSE-VO Rn. 7; wohl auch Kalss, in: Kalss/Hügel, SE-Komm. (2004), Vor § 17 SEG – Gründung der SE, Rn. 13. Jedenfalls für den Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung zweier SEs auch Oechsler, NZG 2006, 161, 162. 417 Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 17 SE-VO Rn. 3.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

rung der SE der Verwirklichung des Binnenmarktes418 und der grenzüberschreitenden Zusammenfassung der Wirtschaftspotentiale bereits bestehender Unternehmen dienen419, so muss es als willkürlich erscheinen, die Verschmelzung einer Aktiengesellschaft auf eine andere Aktiengesellschaft, konsequenterweise auch die Verschmelzung einer SE auf eine Aktiengesellschaft zur Gründung einer SE zuzulassen, die Verschmelzung einer SE auf eine weitere oder die Verschmelzung einer Aktiengesellschaft auf eine SE aber zu untersagen. Insbesondere spricht für den Willen des Verordnungsgebers nach weitestgehender Gleichbehandlung von Aktiengesellschaft und SE, dass den Mitgliedstaaten die Diskriminierung der SE gegenüber der Aktiengesellschaft ausdrücklich untersagt wird.420 Eine von europäischer Seite aus angeordnete Diskriminierung hätte dann aber einer eindeutigen Regelung bedurft. Die Verschmelzung einer SE oder Aktiengesellschaft auf eine bereits bestehende SE ist daher gemäß Art. 3 Abs. 1 SE-VO, Art. 2 Abs. 1 SE-VO, Art. 17 Abs. 2 Satz 1 a) SE-VO zulässig. Auch diese Konstellation der grenzüberschreitenden Verschmelzung unterfällt demnach ausschließlich den Regelungen der SE-VO, nicht aber denen der VRL.421 Die grenzüberschreitende Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft, die nicht die Rechtsform einer AG innehat, etwa einer GmbH oder KGaA, auf eine SE stellte sich vor diesem Hintergrund als unzulässige Umgehung der restriktiven SE-Gründungsvorschriften dar und ist konsequenterweise nicht nach den Regelungen der VRL durchführbar.422 Für eine Anwendung der VRL verbleibt somit immer dann kein Raum, wenn eine SE die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaftsrechtsform sein soll.423

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ABlEG Nr. L 294 v. 10.11.2001, 1, Grund 1. ABlEG Nr. L 294 v. 10.11.2001, 1, Grund 2. 420 ABlEG Nr. L 294 v. 10.11.2001, 1, Grund 5. 421 So im Ergebnis auch Reichert, Der Konzern 2006, 821, 834; Louven, ZIP 2006, 2021, 2024; a. A. Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 27; Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 54; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837; Heckschen, DNotZ 2007, 444, 455; ders., in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122b UmwG Rn. 64 ff.; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122b Rn. 5. 422 A. A. Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837. 423 So im Ergebnis auch Reichert, Der Konzern 2006, 821, 834; Louven, ZIP 2006, 2021, 2024; auch Oechsler, NZG 2006, 161, 162, allerdings auf den Fall beschränkt, dass eine SE grenzüberschreitend auf eine weiterer, bereits bestehende SE verschmolzen werden soll; a. A. Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 27; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122b Rn. 5; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 726; Heckschen, DNotZ 2007, 444, 455. 419

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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bb) Grenzüberschreitende Verschmelzung zur Gründung nationaler Rechtsformen Die Regelungen der SE-VO zur Umwandlungsfähigkeit einer SE sind auf Art. 66 SE-VO beschränkt. Danach kann eine SE unter Einhaltung einer zweijährigen Wartezeit gemäß Art. 66 SE-VO in eine Aktiengesellschaft ihres Sitzstaates umgewandelt und somit renationalisiert werden. Die Regelung wirft die Frage auf, inwieweit nationales Umwandlungsrecht, im vorliegend interessierenden Fall insbesondere nationales Verschmelzungsrecht und damit auch die zur Umsetzung der VRL zu erlassenden Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, auf die SE anwendbar ist bzw. sein wird. Oder andersherum formuliert: Trifft die SE-VO hinsichtlich der Umwandlungsfähigkeit einer SE mit Art. 66 SE-VO eine abschließende Regelung? (1) Formwechselnde Umwandlungen außerhalb des Art. 66 SE-VO? Zur Frage der Zulässigkeit formwechselnder identitätswahrender Umwandlungen außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 66 SE-VO, also zur Frage nach der Fähigkeit einer SE, sich nicht nur in eine AG, sondern auch in andere Gesellschaftsformen des nationalen Rechts ihres Sitzstaates umzuwandeln, bestehen divergierende Ansichten. Nach einer Ansicht stellt Art. 66 SE-VO eine abschließende Regelung dar, die formwechselnden Umwandlungen einer SE in nationale Gesellschaftsformen außer der Aktiengesellschaft entgegensteht.424 Nach anderer Ansicht sind die umwandlungsrechtlichen Regelungen der SE-VO, insbesondere Art. 66 SE-VO, nicht abschließend.425 Eine Umwandlung der SE, etwa in eine Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung ihres Sitzstaates, sei möglich, allerdings nur unter Einhaltung der in Art. 66 Abs. 1 Satz 2 SE-VO festgesetzten Wartezeit.426 424 Veil, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 10. Kapitel Rn. 13 ff.; Mahi, Die Europäische Aktiengesellschaft. Societas Europaea – SE (2004), 120 (Fn. 522); Zollner, in: Kalss/Hügel, SE-Komm. (2004), § 33 SEG Rn. 7; ohne Begründung Hirte, NZG 2002, 1, 9 f. 425 Casper, AG 2007, 97, 104; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 66 SE-VO Rn. 8; Blumers/Kinzl, AG 2005, 196; Brandt, Die Hauptversammlung der europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 155; Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 15 f.; Karollus, in: Lutter, UmwG (2004), § 120 Rn. 18; Happ, in: Lutter, UmwG (2004), § 226 Rn. 4 (Fn. 5); ohne explizit auf Art. 66 SE-VO einzugehen auch Haritz/Wisniewski, GmbHR 2004, 28, 31; an einer abschließenden Regelung zweifelnd auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 28. 426 Casper, AG 2007, 97, 104; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 66 SE-VO Rn. 9; Brandt, Die Hauptversamm-

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Letztere, mittlerweile in Deutschland als herrschende Lehre zu bezeichnende Auffassung verdient Zustimmung. Bei grammatikalischer Auslegung des Art. 66 Abs. 1 Satz 1 SE-VO ließe sich der abschließende Charakter der Vorschrift zwar noch begründen. Zwingend ist die Auslegung des Wortlauts der Vorschrift in diesem Sinne hingegen nicht. Ein „kann ausschließlich“ oder ein „kann nur in eine [. . .] Aktiengesellschaft umgewandelt werden“ hätte eine eindeutige Nichtanwendbarkeit des Verweises des Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO auf das nationale Umwandlungsrecht indiziert. Der vom Verordnungsgeber gewählte Wortlaut lässt das Verhältnis beider Vorschriften zueinander hingegen offen. Nach der Gegenansicht sollen so auch vor allem rechtshistorische Gründe für den abschließenden Charakter der SE-VO sprechen. Der europäische Gesetzgeber habe in allen vorangegangenen Verordnungsvorschlägen und -entwürfen rein nationale Umwandlungen unter Beteiligung einer SE stets für regelungsbedürftig erachtet.427 Dem wird zu Recht entgegengesetzt, dass eine Beschränkung der Rückumwandlungsfähigkeit auf die nationale Aktiengesellschaft auf Grund bestehender Umgehungsmöglichkeiten, etwa der sofortigen Weiterumwandlung in eine nationale Gesellschaft mit beschränkter Haftung, weitestgehend wirkungslos bliebe.428 Ebenso gut kann deshalb behauptet werden, der Verordnungsgeber habe die Wirkungslosigkeit von in früheren VO-Vorschlägen enthaltenen Beschränkungen der Umwandlungsfähigkeit der SE erkannt und daher im Rahmen der SE-VO auf Beschränkungen verzichtet. Da die zu Rechtsetzungsvorhaben auf europäischer Ebene angefertigten Protokolle jedoch nicht veröffentlicht werden429, muss eine allein rechtshistorische Begründung des abschließenden Charakters der SE-VO letztlich in hohem Maße auf Spekulationen basieren. Einer am Sinn und Zweck der einzelnen Regelung sowie dem Ziel der gesamten SE-VO, eine funktionsfähige supranationale Rechtsform anzubieten, orientierten Auslegung430 ist in jedem Fall der Vorzug zu geben. Zweck der in Art. 66 Abs. 1 Satz 2 SE-VO festgeschriebenen zweijährigen lung der europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 155; Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 15 f.; ohne Einschränkung offenbar Vossius, in: Wiedemann/Mayer, Stand: 91. Erg.-Lfg., § 20 UmwG Rn. 425. 427 Veil, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 10. Kapitel Rn. 17. 428 Brandt, Die Hauptversammlung der europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 155; Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 15. Dies erkennen auch Kalss, in: Kalss/Hügel, SE-Komm. (2004), Vor § 17 SEG – Gründung der SE, Rn. 47 sowie Mahi, Die Europäische Aktiengesellschaft. Societas Europaea – SE (2004), 120 (Fn. 522) an. 429 Casper, FS-Ulmer (2003), 51, 56. 430 Casper, FS-Ulmer (2003), 51, 55; Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 405 f.

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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Sperrfrist ist die Verhinderung eines Missbrauchs der Rechtsform SE zum alleinigen Zweck einer Umgehung unternehmerischer Mitbestimmungsrechte.431 Die teleologische Grundlage für eine zwingende Beschränkung der Renationalisierungsfähigkeit der SE auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft zu ermitteln, ist dagegen gerade in Anbetracht der existierenden Umgehungsmöglichkeiten (s. o.) kaum möglich.432 Eine teleologische Auslegung kann ihren Fokus somit darauf legen, eine größtmögliche Übereinstimmung des Regelungsgehalts des Art. 66 Abs. 1 SE-VO mit dem Ziel der SE-VO, eine funktionsfähige supranationale Rechtsform zu schaffen, zu erzielen. Die Attraktivität und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Rechtsform SE wird aber auch gerade dadurch erhöht, dass einfache, kostensparende Wege der Renationalisierung bestehen. Die Annahme des abschließenden Charakters des Art. 66 Abs. 1 SE-VO und die verbleibenden Optionen kostspieliger und zeitaufwendiger Umgehungsvarianten entsprechen diesem SE-VO-Ziel nicht. Bei analoger Anwendung der Sperrfrist des Art. 66 Abs. 1 Satz 2 SE-VO433 ist die Renationalisierung der SE in nationale Gesellschaftsrechtsformen neben der Aktiengesellschaft daher zulässig. (2) Verschmelzungsmöglichkeiten außerhalb der SE-VO? Zur Erinnerung: Die grenzüberschreitende Verschmelzung von SEs und Aktiengesellschaften zur Neugründung einer SE oder zur Verschmelzung auf eine bereits bestehende SE ist in allen denkbaren Kombinationsmöglichkeiten allein unter Anwendung der SE-VO zulässig.434 Steht jedoch die Zulässigkeit der Beteiligung einer SE an einer Verschmelzung zur Neugründung einer Kapital- oder Personengesellschaft oder zur Verschmelzung auf eine Kapital- oder Personengesellschaft oder SE des gleichen Mitgliedstaates oder aber die Beteiligung an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung mit einer nationalen Gesellschaftsrechtsform als Zielrechtsform zur Diskussion, so stellt sich erneut die Frage der Reichweite des Verweises des Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO auf nationales Recht und einer eventuell abschließenden Regelung der SE-VO. 431 Instruktiv hierzu Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 14 f., die sich konsequenterweise für eine teleologische Reduktion der Regelung in dem Fall aussprechen, dass eine Missbrauchsgefahr nicht besteht, da nach kurzfristiger Umwandlung in eine SE die Renationalisierung in eine Aktiengesellschaft im selben Staat vorgenommen werden soll. 432 So auch Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 15. 433 Dies fordernd auch Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 15. Für die analoge Anwendung der Sperrfrist auch Casper, AG 2007, 97, 104; Schröder, in: Manz/ Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 66 SE-VO Rn. 9. 434 Siehe unter 3. Teil B. III. 2. b) aa).

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

Mit oben vorgestellter Argumentation435 ist auch hier von einer nicht abschließenden Regelung durch die SE-VO und damit von der Teilnahmefähigkeit der SE an den durch das nationale Recht gewährleisteten Verschmelzungsoptionen auszugehen.436 Die Verschmelzung einer nationalen Gesellschaftsform zur Aufnahme in eine bestehende SE desselben Mitgliedstaates ist dementsprechend als rein nationaler Vorgang möglich, soweit das nationale Recht, das über Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO Anwendung findet, dies zulässt.437 Das Gleiche gilt für die Verschmelzung der SE zur Neugründung eines oder zur Verschmelzung auf einen Rechtsträger nationaler Rechtsform desselben Mitgliedstaates. Schließlich ist auch für den Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung bei nationaler Zielrechtsform seitens der SE-VO kein Grund ersichtlich, der für einen Ausschluss der Teilnahmefähigkeit der SE spricht. Um den Wertungen der SE-VO trotz Freigabe nationaler Verschmelzungsmöglichkeiten weitestgehend gerecht zu werden und Missbrauchsgefahren zu verhindern, muss aber erneut eine zweijährige Sperrfrist über § 76 Abs. 1 UmwG438 oder in analoger Anwendung des Art. 66 Abs. 1 Satz 2 SE-VO439 Anwendung finden, wenn die Rechtsform der SE im Wege der Verschmelzung abgelegt wird. Wird einem Missbrauch der Rechtsform SE in dieser Weise vorgebeugt, ist es für die Attraktivität und Funktionsfähigkeit der supranationalen Rechtsform der SE nur förderlich, ihr nationale Regelungen auch gerade zur grenzüberschreitenden Verschmelzung vollumfänglich zur Verfügung zu stellen.

435

Siehe unter 3. Teil B. III. 2. b) bb) (1). So etwa für rein innerstaatliche Verschmelzungen Haritz/Wisniewski, GmbHR 2004, 28, 31; Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 16; a. A. auch hier Veil, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 10. Kapitel Rn. 19, der eine rein innerstaatliche Verschmelzung nur zwischen SE und AG für zulässig erachtet. 437 Dass grenzüberschreitend nur eine Aktiengesellschaft auf eine SE verschmolzen werden kann, steht dazu nicht im Widerspruch. Die SE-VO regelt ausschließlich die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Gründung einer SE. Die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Aufnahme in eine bereits bestehende SE ist nach den Regelungen der SE-VO dabei – wie unter 3. Teil B. III. 2. b) aa) (2) gezeigt – als SE-Gründung zu behandeln. Soll rein national auf eine existente SE verschmolzen werden, liegt eine SE-Gründung hingegen nicht vor. Die differenzierte Behandlung von innerstaatlicher und grenzüberschreitender Verschmelzung in diesem Punkt ist damit den unterschiedlichen Regelungsregimen geschuldet. 438 Vgl. Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 16. 439 Louven, ZIP 2006, 2021, 2024; Karollus, in: Lutter, UmwG (2004), § 120 Rn. 18; Kalss, in: Kalss/Hügel, SE-Komm. (2004), Vor § 17 SEG – Gründung der SE, Rn. 47; mit Zweifeln, ob der Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung der SE auf Nicht-Aktiengesellschaften auch Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837. 436

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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c) Zulässiger Ausschluss der SE aus dem Anwendungsbereich der VRL? Eine Beteiligung der SE an grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach den in Umsetzung der VRL erlassenen nationalstaatlichen Regelungen könnte damit allenfalls dann ausscheiden, wenn die VRL die SE in zulässiger Weise aus ihrem persönlichen Anwendungsbereich ausschließt. Dabei erscheint es bereits von vornherein zweifelhaft, ob der Wortlaut des Art. 1 VRL – „Diese Richtlinie gilt für Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden sind . . . .“ – tatsächlich einen Ausschluss der SE bezweckt. In diesem Falle käme Art. 1 VRL die Bedeutung einer expliziten Ausnahme zum Grundsatz des Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO zu. Die Statuierung einer solchen Ausnahmeregelung hätte zunächst eine deutlichere Formulierung erwarten lassen. Da Art. 1 VRL mit der Formulierung „nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet“ zudem unzweifelhaft jedenfalls den Zweck verfolgt, in Drittstaaten gegründete Gesellschaften von den Regelungen der VRL auszuschließen, liegt die Annahme nicht fern, dass der Richtliniengeber die Problematik um die SE verkannt hat und der missglückte Richtlinienwortlaut keineswegs die Ausgrenzung der SE bewirken sollte. Ebenfalls für die Einbeziehung der SE in den Anwendungsbereich der VRL spricht schließlich, dass der Richtliniengeber mit der in Art. 1 VRL gewählten Formulierung deutliche Anleihen bei Art. 48 EG nimmt, mithin offenbar eine Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung für sämtliche niederlassungsberechtigte Kapitalgesellschaften schaffen wollte.440 Der Niederlassungsfreiheit verpflichtet ist grundsätzlich aber auch der europäische Gesetzgeber441, sein Geschöpf, die SE, mithin niederlassungsberechtigt. Aber auch wenn eine solche Auslegung nicht über jeden Zweifel erhaben wäre, müssten andere denkbare Auslegungsvarianten doch mit europäischem Primärrecht zu vereinbaren sein. Richtlinien sind primärrechtskonform auszulegen.442 Zwar wäre der ausdrückliche Ausschluss der SE auf Grund der gelockerten Bindung des Richtliniengebers an die Grundfreiheiten wohl noch mit diesen zu vereinbaren gewesen.443 Bei – wie im vorliegenden Fall – nicht eindeutiger Richtlinienformulierung muss sich eine 440 Ohne die Bedeutung für die SE herausstellend Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2635. 441 Siehe unter 3. Teil B. I. 1. 442 Leible, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 116, 117; Langenbucher, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 1 Rn. 15; Lutter, JZ 1992, 593, 603. 443 Zum Umfang der Bindung der gesetzgebenden Organe der Gemeinschaft an die Grundfreiheiten siehe unter 3. Teil B. I.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

Auslegung dann aber an der Verwirklichung des Primärrechts ausrichten.444 Eine grenzüberschreitende Verschmelzung innerhalb der EU präsentiert sich als Ausübung der Niederlassungs- und/oder der Kapitalverkehrsfreiheit aller beteiligten Gesellschaften und EU-Gesellschafter.445 Der SE den erleichterten Weg zur grenzüberschreitenden Verschmelzung zu versperren, würde diesen Grundfreiheiten nicht gerecht. Auch dass die SE als europäische Rechtsform ein Geschöpf des europäischen Gesetzgebers ist, vermag hieran nichts zu ändern. Wie die Mitgliedstaaten, so kann sich auch der europäische Gesetzgeber für eine Untersagung grenzüberschreitender Verschmelzungen nicht auf „Daily Mail“ berufen.446 Unabhängig von der Frage eines Redaktionsversehens steht mithin zumindest als Ergebnis einer primärrechtskonformen Auslegung fest, dass Art. 1 VRL die SE nicht aus dem persönlichen Anwendungsbereich der SE ausschließt. In Übereinstimmung mit der SE-VO und der VRL ist es der SE damit möglich, an grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Anwendung der in Umsetzung der VRL zukünftig erlassenen Regelungen teilzunehmen, solange Zielrechtsform der Verschmelzung keine SE ist.

IV. Sachlicher Anwendungsbereich Die Anforderungen an eine grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne der VRL sind den Artt. 1 und 4 Abs. 1 Satz 1 a) VRL zu entnehmen. Die geregelten Verschmelzungsarten finden sich in Art. 2 Nr. 2 VRL. 1. Anforderungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Art. 1 VRL Die geplante Transaktion muss eine grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne des Art. 1 VRL darstellen. Zumindest zwei der beteiligungsfähigen Kapitalgesellschaften müssen danach dem Recht verschiedener EU-Mitgliedstaaten unterliegen. Der deutsche Gesetzgeber übernimmt diese Rege444 Vgl. Leible, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 116, 117, 119. 445 Siehe die Ergebnisübersicht unter 3. Teil A. IV. 446 Siehe zu „Daily Mail“ unter 3. Teil A. I. 2. b) cc). Anders für die der SE durch Art. 7 SE-VO versagte Möglichkeit einer separaten Verlegung ihres Verwaltungssitzes Eidenmüller, JZ 2004, 24, 31; Ch. Teichmann, ZGR 2003, 367, 399 f.; auch für die Untersagung der Verlegung des Verwaltungssitzes einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit annehmend hingegen Jestädt, Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftskollisionsrecht (2005), 146 f.; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1918; mit Zweifeln auch Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 9; Kallmeyer, AG 2003, 197, 201.

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

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lung in §§ 122a, 122b Abs. 1 UmwG, will grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung von nicht in der EU gegründeten Gesellschaften also auch weiterhin nicht zulassen. Eine Ausnahme bilden hier lediglich Gesellschaften aus den EWR-Mitgliedstaaten Norwegen, Island und Liechtenstein, sobald die Vorgaben der VRL nach Art. 7 b) EWR-Abkommen auch dort in die nationalen Umwandlungsrechte integriert wurden.447 Auf eine wirtschaftliche Betätigung der Auslandsgesellschaft kommt es hingegen nicht an.448 Diese knappe und einfache Regelung des Anwendungsbereichs der VRL ist zwar im Grundsatz zu begrüßen. Es gelingt ihr hingegen nicht, den Begriff der „grenzüberschreitenden Verschmelzung“ im Sinne der VRL in jedem Fall eindeutig festzulegen.449 a) Verschmelzungen von Gesellschaften gleicher Provenienz zur Neugründung einer ausländischen Gesellschaft Zu hinterfragen bleibt, ob es auf Grundlage der VRL und ihrer nationalen Umsetzungen zukünftig zulässig sein muss, dass zwei Kapitalgesellschaften des gleichen Mitgliedstaates grenzüberschreitend zu einer Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaates verschmelzen. Zum VRL-Vorschlag 2003 wurde eine solche Ansicht von Grundmann vertreten.450 Nach Erlass der VRL und Vorstellung der Entwürfe zu ihrer Umsetzung ins nationale Recht hat diese Ansicht vereinzelt Anhänger gefunden.451 Überzeugen konnte sie freilich damals wie heute nicht.452 Bereits dem Wortlaut des VRL-Vorschlags 2003 war nichts Gegenteiliges zu entnehmen.453 Art. 1 Spiegelstrich 2 legte den Begriff der grenzüber447

Vgl. das Gesetz zu dem Abkommen vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl. II-1993, 266 ff. 448 Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 53; Forsthoff, DStR 2006, 613, 614. 449 Nicht zu folgen ist dabei allerdings der in der Gemeinsamen Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 2, geäußerten Kritik, es sei schon nicht klar, welche Gesellschaften den deutschen Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung unterliegen. Sowohl die Rechtsprechung des EuGH als auch die Konzeption der VRL sprechen sich an dieser Stelle für eine grundsätzliche Anknüpfung an den Satzungssitz aus, so dass das UmwG entsprechend richtlinienkonform auszulegen ist; vgl. hierzu auch unter 1. Teil A. II. 2. sowie 3. Teil B. II. 1. 450 Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2004), Rn. 901. 451 Vgl. Frenzel, RIW 2008, 12, 13 f.; H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 287; wohl auch Frischhut, EWS 2006, 55, 56. 452 Im Ergebnis auch Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 27 f.; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122a UmwG Rn. 73; zur VRL auch Oechsler, NZG 2006, 161, 162; Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721, 722. 453 So aber Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2004), Rn. 901.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

schreitenden Verschmelzung dahingehend fest, dass an einer solchen Kapitalgesellschaften beteiligt sind, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden sind und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Gemeinschaft haben, sofern mindestens zwei der Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen.454 Eine Verschmelzung zweier Gesellschaften gleicher Provenienz zu einer ausländischen Gesellschaft käme vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn auch die durch Verschmelzung erst zu gründende Gesellschaft in Art. 1 Spiegelstrich 2 VRL-Vorschlag 2003 angesprochen wäre. Dies ist hingegen gerade nicht der Fall. Sie ist nicht nach dem Recht eines Mitgliedstaates „gegründet worden“, sondern wird vielmehr erst Produkt der Verschmelzung sein. Zu einem identischen Ergebnis führt die Auslegung des Wortlauts des Art. 1 VRL.455 Die aus der Verschmelzung zur Neugründung hervorgehende Gesellschaft ist vor und während des Verschmelzungsverfahrens nicht existent und damit – zumindest für diesen Verschmelzungsvorgang – keine Berechtigte der Niederlassungsfreiheit.456 Mit der in Art. 1 der endgültigen Richtlinienfassung eingegangenen Formulierung „nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet“ nimmt der Richtliniengeber aber auch gerade Bezug auf den ganz ähnlichen Wortlaut des Art. 48 EG.457 Eine nicht niederlassungsberechtigte Gesellschaft in den Anwendungsbereich der VRL einzubeziehen, hätte dann einer expliziten Stellungnahme des Richtliniengebers bedurft. Eben diese ist nicht ersichtlich. Nur diese Interpretation der VRL vermeidet im Übrigen eine Kollision mit dem Regelungsgegenstand der geplanten458 Sitzverlegungsrichtlinie.459 Wäre die hier diskutierte Form der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach den Regelungen der VRL geboten, eröffnete dies nationalen Kapitalgesellschaften die Möglichkeit, ihren Satzungssitz ohne Hilfe einer weiteren EU-ausländischen Gesellschaft ins EU-Ausland zu verlegen. Das Bedürfnis für eine spezielle Sitzverlegungsrichtlinie wäre dann nur noch gering.460

454

Für Art. 1 VRL gilt nichts anderes. Im Ergebnis auch Frenzel, RIW 2008, 12, 14. 456 Vgl. unter 3. Teil A. I. 3. c). 457 Hierauf weisen in anderem Zusammenhang auch Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2635 hin. 458 Die Verabschiedung der Sitzverlegungsrichtlinie erscheint momentan freilich mehr als ungewiss, vgl. zuletzt das Konsultationsverfahren der Kommission unter http://ec.europa.eu/internal_market/company/seat-transfer/index_de.htm#consult. 459 Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 27; Oechsler, NZG 2006, 161, 162. 460 Es bleibt freilich auch so bei der Möglichkeit, im Vorfeld und zum Zwecke der Hinausverschmelzung eine Gesellschaft im EU-Ausland zu gründen; vgl. Oechsler, NZG 2006, 161, 162. 455

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

187

Schließlich kann auch nicht angenommen werden, dass der deutsche Gesetzgeber die VRL an dieser Stelle überschießend umsetzen wollte.461 Zwar könnte die systematische Betrachtung der §§ 122a Abs. 1, 122b Abs. 1 UmwG in diese Richtung deuten, da § 122b Abs. 1 UmwG zu den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften auch die durch die Verschmelzung neugegründete Gesellschaft zählt.462 Ziel des Gesetzgebers war es jedoch, die grenzüberschreitende Verschmelzung in § 122a Abs. 1 UmwG in Übereinstimmung mit Art. 1 VRL zu definieren.463 Weder die VRL noch ihre deutsche Umsetzung sehen die Verschmelzung zweier Gesellschaften gleicher Provenienz zur Neugründung einer ausländischen Gesellschaft mithin vor. Ebenso wenig wie die Eingrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs der VRL die Beteiligung von Personengesellschaften an anderweitig durchführbaren grenzüberschreitenden Verschmelzungen aber verbietet, ist der Beschränkung ihres sachlichen Anwendungsbereichs ein Verbot sonstiger Verschmelzungsvariationen zu entnehmen.464 Da der EuGH in „SEVIC“ für Hinein- wie Hinausverschmelzung die europarechtlich gebotene Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen aber gerade mit der Niederlassungsfreiheit übertragender Gesellschaften begründet465, hat nationales Recht, d. h. hier § 1 Abs. 1 UmwG, in europarechtskonformer Auslegung auch die Verschmelzung zweier Gesellschaften gleicher Herkunft zur Neugründung einer ausländischen Gesellschaft zuzulassen.466 b) Verschmelzung zur Neugründung einer Gesellschaft eines dritten EU-Staates Wie Art. 8 Abs. 2 VRL e contrario entnommen werden kann, stellt eine grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne der VRL auch eine Verschmelzung zweier Gesellschaften dar, die dem Recht verschiedener Mit461 Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 28; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122a UmwG Rn. 73. 462 Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 27. 463 Vgl. Begr. RegE zu § 122a UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 14. So zu Recht auch Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 28; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122a UmwG Rn. 73; dennoch für die Anwendbarkeit der §§ 122a ff. UmwG Frenzel, RIW 2008, 12, 14. 464 Wollte man der VRL hingegen einen Verbotscharakter unterstellen, würde die Regelung trotz des weiten Einschätzungsspielraums des europäischen Gesetzgebers einen sekundärrechtlichen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit begründen. Die Richtlinie wäre dann ihrerseits primärrechtskonform auszulegen. 465 Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) aa), bb). 466 Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122a UmwG Rn. 75 ff.; a. A. Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721, 724.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

gliedstaaten unterliegen und mit der Verschmelzung eine Gesellschaft in einem dritten Mitgliedstaat gründen wollen. Dies entspricht dem bereits zur SE-Gründung vornehmlich durch Art. 22 Satz 1 SE-VO geprägten Verständnis.467 Freilich gilt Gleiches hierbei im Gegensatz zur SE-Gründung nicht für die Verschmelzung zur Aufnahme.468 Dass bei der SE-Gründung im Wege der Verschmelzung zur Aufnahme die SE ihren Sitz nicht in einem der Sitzstaaten ihrer Gründungsgesellschaften nehmen muss, lässt sich allein damit rechtfertigen, dass die aufnehmende Gesellschaft als eine der Wirkungen der Verschmelzung ohnehin ihre Rechtsform ändert und die bei der Verschmelzung zu beachtenden drittschützenden Vorschriften eine Umgehung der Vorschriften zur in Art. 8 SE-VO vorgesehenen Sitzverlegung nicht befürchten lassen.469 Beides lässt sich für grenzüberschreitende Verschmelzungen zur Aufnahme im Sinne der VRL nicht anführen. Die Rechtsform einer aufnehmenden Gesellschaft ist im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht veränderbar. Die Aufführung der Rechtsfolgen einer solchen Verschmelzung in Art. 14 Abs. 1 VRL ist abschließend. Die Option der identitätswahrenden Satzungssitzverlegung kennt die VRL im Gegensatz zur SE-VO nicht. Sie fällt von vornherein nicht in den Regelungsbereich der Richtlinie. Eine Umsetzung des Art. 8 Abs. 2 VRL findet sich im UmwG nicht.470 § 122a Abs. 1 UmwG ist daher entsprechend richtlinienkonform auszulegen. c) Gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung Schwieriger fällt die Beantwortung der Frage, ob es sich um eine grenzüberschreitende Verschmelzung handelt, wenn neben einer ausländischen zugleich zwei aus der gleichen Rechtsordnung hervorgegangene Gesellschaften miteinander verschmolzen werden sollen. Denkbar ist hierbei die völlig einheitliche Behandlung als grenzüberschreitende Verschmelzung oder aber die separate Beurteilung der Verschmelzung der Gesellschaften gleicher Provenienz als rein nationaler Vorgang. 467 Vgl. zur SE-Gründung Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Special 3/2006, 1, 8; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 153 f.; Kallmeyer, AG 2003, 197, 198. 468 Vereinzelt wird auch für die SE-Gründung die Möglichkeit bestritten, bei einer Verschmelzung zur Aufnahme zugleich den Satzungssitz der aufnehmenden Gesellschaft ins EU-Ausland zu verlegen, vgl. Buchheim, Europäische Aktiengesellschaft und grenzüberschreitende Konzernverschmelzung (2001), 138, 193. 469 Zu letzterem Argument Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 153. 470 Zur fehlerhaften Umsetzung der Vorschrift siehe ausführlich unter 4. Teil A. II. 5. b) cc).

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

189

aa) Einheitliche Behandlung Für eine einheitliche Behandlung der gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Verschmelzung als grenzüberschreitende Transaktion lassen sich die Wortlaute des Art. 1 VRL sowie der nationalen Umsetzung, § 122a Abs. 1 UmwG, anführen. Diese Sichtweise erscheint insbesondere auch dann sinnvoll, wenn eine nachträgliche innerstaatliche Verschmelzung einer Tochter- auf ihre Muttergesellschaft im Mitgliedstaat der Zielgesellschaft unzulässig oder steuerlich unerwünscht ist.471 bb) Behandlung als inländischer Vorgang Art. 1 VRL sowie § 122a Abs. 1 UmwG schließen freilich nicht aus, dass in unmittelbarem Anschluss an einen grenzüberschreitenden Verschmelzungsvorgang eine rein innerstaatliche Verschmelzung durchgeführt wird. Wenn aber ohnehin eine Umgehung der §§ 122a ff. UmwG durch separate Durchführung der Verschmelzungen leicht erreichbar ist, so ist es zumindest denkbar, dass die Verschmelzung zweier Gesellschaften gleicher Herkunft im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung allein nach den für innerstaatliche Verschmelzungen geltenden Regelungen durchzuführen ist. cc) Stellungnahme Die Behandlung als rein inländische Verschmelzung vermag nicht zu überzeugen. § 2 UmwG bringt den Gedanken der Einheitsverschmelzung zum Ausdruck. Die Verschmelzung mehrerer Gesellschaften auf eine bestehende Gesellschaft wird danach einheitlich als eine gemeinsame Verschmelzung behandelt; mit der Eintragung der Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträger werden alle Verschmelzungen zugleich wirksam.472 Art. 1 VRL sowie § 122a Abs. 1 UmwG bringen Gleiches zum Ausdruck, wenn sie von der Beteiligung „mindestens“ einer EU-ausländischen Gesellschaft reden. Gehen aber die bisherige nationale Regelung zur Verschmelzung wie auch die neu zu schaffenden Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von der Einheitsverschmelzung aus, so ist auch die gleichzeitige Verschmelzung zweier Gesellschaften gleicher Herkunft im Rahmen 471

Halász/Kloster, DStR 2004, 1324, 1325. Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 2 Rn. 4. Die Zulässigkeit einer Verschmelzung durch Aufnahme unter Beteiligung von mehr als einem übertragenden Rechtsträger war früher streitig, vgl. Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2006), § 2 UmwG Rn. 8. 472

190

3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

einer grenzüberschreitenden Verschmelzung einheitlich als eben solche nach den in Umsetzung der VRL zu erlassenden Vorschriften zu behandeln.473 Ob es möglich ist, einzelne Regelungen zur innerstaatlichen Verschmelzung als Ausnahme hiervon insoweit zur Anwendung kommen zu lassen, als dies den Interessen der übertragenden nationalen Gesellschaft, ihrer Gesellschafter oder Gläubiger eher gerecht wird, ohne dass damit zugleich eine Benachteiligung der zu übertragenden ausländischen Gesellschaft, ihrer Gesellschafter oder Gläubiger einhergeht, muss die Untersuchung der Durchführung dieser Verschmelzungsart zeigen.474 2. Das Diskriminierungsverbot des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 a) VRL Sofern der VRL nicht anderweitige Beschränkungen zu entnehmen sind, sollen gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 a) VRL grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen in der EU gegründeten Gesellschaften solcher Rechtsformen möglich sein, deren nationale Entsprechungen sich auch nach innerstaatlichem Recht bei rein nationalen Vorgängen verschmelzen dürfen.475 Das Umsetzungsgesetz enthält keine dementsprechende Formulierung. Die nach deutschem Recht zulässigen Kombinationen grenzüberschreitender Verschmelzungen ergeben sich jedoch aus dem Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG auf § 3 Abs. 1 UmwG. AG, GmbH und KGaA sind daher bei alleiniger Betrachtung deutschen Umwandlungsrechts mit ihren ausländischen Pendants beliebig verschmelzbar. Beschränkungen der zulässigen Verschmelzungskombinationen können sich freilich aus den Rechtsordnungen der ausländischen Verschmelzungspartner ergeben.476 Eine SE, die sich nach Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO i. V. m. § 3 Abs. 1 UmwG innerstaatlich wie eine AG verschmelzen kann, ist für grenzüberschreitende Verschmelzungen nach den in Umsetzung der VRL ergangenen Vorschriften nur als übertragende Gesellschaft zuzulassen.477

473

Auf Grund der Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der §§ 122a ff. UmwG auf Kapitalgesellschaften ist damit ausgeschlossen, dass sich im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zugleich eine deutsche Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft verschmelzt. Ein solches Vorhaben ist nur durch zwei einander folgende Verschmelzungen durchführbar. Vgl. zur österreichischen Rechtslage Inwinkl/Schneider, Der Konzern 2007, 705, 711. 474 Zum anwendbaren Recht bei der Durchführung einer gemischt innerstaatlichgrenzüberschreitenden Verschmelzung siehe unter 4. Teil B. 475 Inwinkl/Schneider, Der Konzern 2008, 4, 8; dies., Der Konzern 2007, 705, 708. 476 Heckschen, DNotZ 2007, 444, 455. 477 Vgl. ausführlich zur eingeschränkten Anwendbarkeit der VRL bzw. der §§ 122a UmwG auf die SE unter 3. Teil B. III. 2. b).

B. Die Verschmelzungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung

191

3. Die geregelten Verschmelzungsarten Die Verschmelzung kann zur Aufnahme, Art. 2 Nr. 2 a) VRL, oder aber zur Neugründung, Art. 2 Nr. 2 b) VRL, erfolgen. Bei beiden Verschmelzungsarten darf eine bare Zuzahlung zehn Prozent des Nennwerts oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, des rechnerischen Werts der gewährten Anteile nicht übersteigen. Allerdings umfasst der Anwendungsbereich der VRL nach Art. 3 Abs. 1 VRL eine grenzüberschreitende Verschmelzung auch dann, wenn nach dem Recht mindestens einer der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften die bare Zuzahlung höher ausfallen darf. Artt. 2 Nr. 2 a), b), 3 Abs. 1 VRL entsprechen Artt. 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 30 Dritte Richtlinie und führen somit zu einem Gleichlauf der geregelten Verschmelzungsarten im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Kontext. Nationales Verschmelzungsrecht erlaubt für innerstaatliche Verschmelzungen gemäß § 68 Abs. 3 UmwG – für AG, SE und KGaA – bzw. § 54 Abs. 4 UmwG – für die GmbH – die Festsetzung einer die 10-ProzentGrenze überschreitenden Zuzahlung im Verschmelzungsvertrag nicht.478 Darüber hinaus entspricht die Differenzierung der Verschmelzungsarten der aus dem nationalen Recht bekannten Unterscheidung (vgl. § 2 UmwG). Der Gesetzgeber konnte daher auf eine ausdrückliche Erwähnung der Verschmelzungsarten im Umsetzungsgesetz verzichten und sich mit einem Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG auf § 2 UmwG begnügen. Als Unterfall der Verschmelzung zur Aufnahme hat die Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochter- auf ihre Muttergesellschaft (sog. up-streammerger) in Art. 2 Nr. 2 c) VRL besondere Erwähnung gefunden. Sie ist nach Art. 15 Abs. 1 VRL mit Verfahrenserleichterungen verbunden479 und ebenfalls von der innerstaatlichen Verschmelzung bereits hinlänglich bekannt480. Der umgekehrte Fall, i. e. die Verschmelzung einer Mutter- auf ihre Tochtergesellschaft (sog. down-stream-merger)481, wird in der VRL hingegen nicht explizit genannt. Dennoch kann die bisweilen geäußerte Behauptung, der down-stream-merger werde von der VRL nicht erfasst, so dass auch die in Umsetzung der VRL erlassenen Vorschriften auf ihn keine Anwendung fänden482, nicht überzeugen. Bereits bisher fand der down478

Vgl. aber die hiervon zu unterscheidende gerichtlich Festsetzung einer Zuzahlung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG i. V. m. dem SpruchG, die gemäß § 15 Abs. 1 HS 2 UmwG der Höhe nach nicht beschränkt ist. 479 Siehe hierzu 4. Teil A. V. 1. 480 Vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 3, 9 Abs. 2, 3, 12 Abs. 3 UmwG. 481 Zu den im Steuerrecht zu findenden Motiven einer derartigen Verschmelzung vgl. Bärwaldt, in: Haritz/Benkert, UmwStG (2000), Vor §§ 11–13 UmwStG Rn. 8. 482 So Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 151; Sinewe, DB 2005, 2061 (Fn. 12); a. A. Heckschen, DNotZ 2007, 444, 455; Forsthoff, DStR 2006, 613, 614.

192

3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

stream-merger im UmwG keine ausdrückliche Erwähnung, ohne dass deshalb durchgreifende Zweifel an seiner Zulässigkeit aufgekommen wären.483 Im Gegensatz zum up-stream-merger bedurfte der down-stream-merger in der VRL keiner expliziten Erwähnung, da er – wie sonstige Verschmelzungen zur Aufnahme auch – mit der Gewährung von Anteilen einhergeht.484

C. Ergebnisse des 3. Teils I. Ergebnisse zu A. – Die „SEVIC“-Entscheidung gibt Antwort auf die Frage, inwieweit sich die übertragende Gesellschaft bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung innerhalb der EU/des EWR auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann. Dies soll ihr unabhängig davon, ob es sich um eine Hinein- oder Hinausverschmelzung zur Aufnahme oder zur Neugründung handelt, möglich sein. Den in der Literatur zuvor nicht selten befürworteten „corporate suicide“ lehnt der EuGH damit ab. – „SEVIC“ ist keine Abkehr von „Daily Mail“ zu entnehmen. Eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist nicht gegeben. Nach zustimmungswürdiger Auffassung erlaubt „Daily Mail“ den Mitgliedstaaten lediglich, einen Wegzug ihrer Gesellschaft unter Beibehaltung der inländischen Rechtsform zu untersagen. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung geht im Gegensatz dazu aber gerade mit einem Wechsel der Rechtsform einher. – Der EuGH prüft in „SEVIC“ vom Ansatz her eine Diskriminierung der bei der Hineinverschmelzung übertragenden ausländischen Gesellschaft und bejaht diese. Gleichzeitig stellt er für den Fall der Hinausverschmelzung die beschränkende Wirkung des kategorischen Verbots der grenzüberschreitenden Verschmelzung fest. – Der EuGH vollzieht mit „SEVIC“ den sich bereits ankündigenden Wechsel in der Rechtfertigungsdogmatik. Die ursprünglich für nicht diskrimi483 Vgl. etwa zum down-stream-merger Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 5 Rn. 71; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 5 UmwG Rn. 37 ff.; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 5 Rn. 134 ff. 484 Beim down-stream-merger gehen die von der Muttergesellschaft an der Tochter gehaltenen Anteile durch die Verschmelzung nach herrschender Lehre unmittelbar, d. h. ohne Durchgangserwerb der übernehmenden Tochter, auf die Gesellschafter der übertragenden Mutter über; vgl. Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 5 Rn. 71; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 5 UmwG Rn. 38; Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 54 Rn. 14; Reichert, in: Semler/Stengel (2007), § 54 Rn. 16; a. A. event. Bärwaldt, in: Haritz/Benkert, UmwStG (2000), Vor §§ 11–13 UmwStG Rn. 9 ff.; Lutter, in: KK-AktG, Band 1 (1988), § 71 Rn. 64.

C. Ergebnisse des 3. Teils

193

nierende Beschränkungen aufgestellten Anforderungen beanspruchen fortan auch für Diskriminierungen Geltung. Die Diskriminierung stellt sich zukünftig lediglich als eine spezielle Form der Beschränkung dar. – Auch die neue Rechtfertigungsdogmatik ermöglicht ein flexibles System der Rechtfertigung. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung wird dabei umso strenger ausfallen müssen, je stärker eine Maßnahme die Ausübung der Grundfreiheit beschränkt. – Der Kreis zulässiger einfacher Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit ist bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen weiter zu ziehen, als bei der Verlegung des Verwaltungssitzes einer ausländischen Gesellschaft nach Deutschland. Während letztere Beschränkungen zukünftige Arbeitnehmer und Gläubiger einer Gesellschaft schützen sollen, greift die grenzüberschreitende Verschmelzung in bestehende Rechtsbeziehungen ein. – Die Hineinverschmelzung gegenüber einer innerstaatlichen Verschmelzung erschwerende Regelungen sind unzulässig. Unterschiedslos eingreifende Vorschriften bleiben dagegen denkbar. Zum Schutz der Gläubiger der aufnehmenden deutschen Gesellschaft ist für grenzüberschreitende Verschmelzungen § 22 UmwG anwendbar. – Zur Sicherstellung hinreichenden Gläubigerschutzes bei der Hinausverschmelzung ist § 122j UmwG über seinen eigentlichen Anwendungsbereich hinaus in Übereinstimmung mit den Anforderungen der „SEVIC“-Entscheidung analog anwendbar. Aus Gründen endgültiger Rechtssicherheit wäre eine explizite Regelung der Vorverlagerung des Gläubigerschutzes wünschenswert. Über die bloße Vorverlagerung hinaus die Analogie auf die strafbewehrte Versicherung ausreichender Sicherheitsleistungen nach §§ 122k Abs. 1 Satz 3, 314a UmwG auszuweiten, ist zur Sicherstellung ausreichenden Gläubigerschutzes hingegen nicht erforderlich, wäre mithin eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung. – Eine unterschiedslos für innerstaatliche und grenzüberschreitende Verschmelzungen vorgesehene Barabfindungsverpflichtung stellt keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, sondern erleichtert deren Ausübung. Eine Ausweitung der Barabfindung ist gerechtfertigt, wenn eine erhöhte Schutzbedürftigkeit der Minderheitsgesellschafter eine solche Regelung erforderlich macht. Wünschenswert wäre eine Regelung, die bereits die übertragende deutsche Gesellschaft zur Barabfindung vor Wirksamwerden der Verschmelzung verpflichtet. Vorerst ist zum Schutz der Minderheitsgesellschafter bei der Hinausverschmelzung § 122i Abs. 1, 2 Satz 1 UmwG analog anzuwenden. Ausländisches Recht muss in Orientierung an den Vorgaben des Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL an deutsches Umwandlungsrecht angepasst werden.

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

– Abseits des in Umsetzung der VRL ergangenen MgVG bleibt es nationalen Gesetzgebern versagt, eine Ausweitung des in der VRL vorgesehenen Verfahrens zur Aushandlung der unternehmerischen Mitbestimmung vorzusehen. Das Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer der deutschen Gesellschaft rechtfertigt diese Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nicht. – Die Verschmelzung einer deutschen und einer EU/EWR-ausländischen Gesellschaft, die ihren Verwaltungssitz bereits vor der Verschmelzung in Deutschland hatte, rechtfertigt die Ausweitung deutschen Umwandlungsrechts auf die ausländische Gesellschaft mittels Sonderanknüpfungen nicht. – Der Vorgang der grenzüberschreitenden Verschmelzung an sich – d. h. ohne Berücksichtigung der Niederlassungsberechtigung der verschmelzenden Gesellschaften – ist durch die Niederlassungsfreiheit nicht geschützt. – Die bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung zur Neugründung entstehende Gesellschaft übt mit der Verschmelzung nicht ihre Niederlassungsfreiheit aus. – Der „SEVIC“-Entscheidung ist nicht zu entnehmen, inwiefern die übertragende Gesellschaft bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung ihre Niederlassungsfreiheit wahrnimmt. Mögliche Begründungsansätze erscheinen nicht zwingend. – Ohne dass „SEVIC“ hierzu Stellung nimmt, ist auch der Schutz der aufnehmenden Gesellschaft durch die sekundäre Niederlassungsfreiheit anzuerkennen, sofern mit der Verschmelzung eine Zweigniederlassung im Ausland entsteht. – EU-/EWR-Gesellschafter, die Anteile an einer innerhalb der EU über die Grenze verschmelzenden Gesellschaft halten, üben mit der Verschmelzung ihre Niederlassungsfreiheit aus, sobald ihre Beteiligung die Möglichkeit zur unternehmerischen Betätigung eröffnet. Ausschlaggebend bei der Bestimmung des unternehmerischen Einflusses ist die Prüfung der konkreten Einzelfallumstände. – Der EG-Vertrag regelt das Verhältnis von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit durch die Artt. 43 Abs. 2, 58 Abs. 2 EG. Bei gleichzeitiger tatbestandlicher Einschlägigkeit beider Freiheiten ist eine kumulative Prüfung vorzunehmen. Im Einklang mit der herrschenden Lehre ist dem EGVertrag dabei eine Gleichberechtigung der Verweisungen zu entnehmen, die dazu führt, dass jede der beiden Grundfreiheiten durch eine gerechtfertigte Beschränkung der jeweils anderen begrenzt wird. – Investitionen, die unternehmerischen Einfluss oder zumindest unternehmerische Kontrollrechte vermitteln, fallen zugleich in die Schutzbereiche der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit. Sogenannte Portfolio-

C. Ergebnisse des 3. Teils

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investitionen werden hingegen ausschließlich durch die Kapitalverkehrsfreiheit geschützt. – Übertragende Gesellschaften können sich für die Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Eine Übertragung der anders lautenden Ausführungen der „SEVIC“-Entscheidung zur Niederlassungsfreiheit scheidet aus. – Die aufnehmende Gesellschaft gründet durch die Verschmelzung regelmäßig eine Zweigniederlassung im Ausland; sie macht damit nicht nur von ihrer sekundären Niederlassungsfreiheit, sondern auch von ihrer Kapitalverkehrsfreiheit Gebrauch. – Für die durch die Verschmelzung zur Neugründung entstehende Gesellschaft stellt sich selbige nicht als Ausübungsform der Kapitalverkehrsfreiheit dar. – Eine Drittstaatengesellschaft begründet bei Aufnahme einer EU-/EWRGesellschaft regelmäßig eine Zweigniederlassung innerhalb der EU/des EWR und tätigt somit ein der Kapitalverkehrsfreiheit unterfallendes Direktinvestment. – Die Hineinverschmelzung einer Drittstaatengesellschaft in die EU/den EWR stellt sich – vice versa – für die aufnehmende EU-/EWR-Gesellschaft als ein unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallendes Direktinvestment dar, sobald mit der Verschmelzung eine Zweigniederlassung im Drittstaat entsteht. – Die Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit durch EU-/EWR- oder Drittstaatengesellschafter einer EU-/EWR- oder Drittstaatengesellschaft setzt die Freiheitsausübung der jeweiligen Gesellschaft voraus. Eine Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit kommt daher von vornherein nur für die Gesellschafter einer aufnehmenden Gesellschaft in Betracht, wenn diese mit der Verschmelzung eine Zweigniederlassung im Ausland begründet. Voraussetzung für die Freiheitsausübung eines Gesellschafters ist zudem, dass ihm die Verschmelzung – aus seiner Sicht – Renditechancen im Ausland eröffnet.

II. Ergebnisse zu B. – Der Gemeinschaftsgesetzgeber ist den Grundfreiheiten im Grundsatz unmittelbar verpflichtet. Die Bindung an die Grundfreiheiten ist allerdings gegenüber der der Mitgliedstaaten gelockert. Ein der Förderung des Binnenmarktes dienender Harmonisierungsakt ist bereits dann verhältnismäßig, wenn die mit der Maßnahme einhergehenden Beschränkungen des Binnenmarktes nicht völlig außer Verhältnis zu den erzielbaren Vorteilen

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3. Teil: Beachtung europarechtlicher Vorgaben

stehen, Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsordnungen nicht gar punktuell vertieft werden und keine Diskriminierung einzelner Mitgliedstaaten festgeschrieben wird. Bei der Beurteilung der in der Gesamtbetrachtung binnenmarktfördernden Wirkung einer Maßnahme kommt dem Gemeinschaftsgesetzgeber ein weiter Prognosespielraum zu. – Der Regelungssystematik der VRL liegt ein kollisionsrechtlicher Ansatz zu Grunde. Verschmelzungswillige Gesellschaften haben bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch das Verschmelzungsrecht im Mitgliedstaat ihres Satzungssitzes zu berücksichtigen, sofern die VRL nicht selber eine abschließende Regelung vornimmt und das berufene nationale Recht seinerseits mit den primärrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten zu vereinbaren ist. Die Rechtfertigung von Beschränkungen erfolgt am Maßstab der abgeschwächten Bindung des europäischen Gesetzgebers an die Grundfreiheiten. – Den nationalen Gesellschaftsrechtsformen der AG, der GmbH sowie der KGaA steht aus deutscher Sicht die Teilnahme an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach Umsetzung der VRL in nationales Recht offen. – Der SE ist es möglich, an grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Anwendung der in Umsetzung der VRL erlassenen Regelungen teilzunehmen, solange die Zielrechtsform der Verschmelzung keine SE ist. Um den Wertungen der SE-VO gerecht zu werden und Missbrauchsgefahren zu verhindern, muss eine zweijährige Sperrfrist über § 76 Abs. 1 UmwG oder in analoger Anwendung des Art. 66 Abs. 1 Satz 2 SE-VO Anwendung finden. – Ein VVaG kann nicht an grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach den §§ 122a ff. UmwG teilnehmen. – Eine Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften gleicher Provenienz zu einer EU-ausländischen Kapitalgesellschaft stellt keine grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne der VRL dar. – Eine grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne der VRL stellt auch die Verschmelzung zweier Gesellschaften dar, die dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen und die Neugründung der Gesellschaft eines dritten Mitgliedstaates beabsichtigen. – Die gleichzeitige Verschmelzung zweier Gesellschaften gleicher Herkunft im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung) ist grundsätzlich einheitlich als eben solche nach den in Umsetzung der VRL erlassenen Vorschriften zu behandeln. – Der grenzüberschreitende down-stream-merger wird vom sachlichen Anwendungsbereich der VRL sowie des UmwG umfasst.

4. Teil

Die praktische Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU werden nach Umsetzung der VRL in die nationalen Rechte erstmals mit einem Maß an Rechtssicherheit durchführbar sein, das es europäischen Gesellschaften erlaubt, sie als ernsthafte Alternative bei transnationalen Kooperationen, Übernahmen und Umstrukturierungen in Betracht zu ziehen. Ein gleiches Maß an Rechtssicherheit wird für Verschmelzungen mit Gesellschaften aus den EWR-Mitgliedstaaten Norwegen, Island und Liechtenstein gegeben sein, sobald die Vorgaben der VRL nach Art. 7 b) EWRAbkommen auch dort in die nationalen Umwandlungsrechte integriert wurden.1 Personengesellschaften sehen sich – „SEVIC“ zum Trotz – hingegen auch zukünftig der schon bisher unbefriedigenden Rechtslage ausgesetzt, die eine rechtssichere Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen unter ihrer Beteiligung fraglich macht.2 Die Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen unter Beteiligung von Drittstaatengesellschaften sieht sich gar noch stärkeren Restriktionen ausgesetzt.

A. Die grenzüberschreitende Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften nach Umsetzung der VRL Die VRL ist bis Ende 2007 in nationales Recht umzusetzen, so dass spätestens ab 2008 Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU 1 Vgl. das Gesetz zu dem Abkommen vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl. II-1993, 266 ff. 2 Dazu, wie bereits heute eine europarechtlichen Vorgaben gerecht werdende Durchführung solcher Verschmelzungen sichergestellt werden kann, siehe unter 4. Teil D. Mittelfristig verspricht zudem die Umsetzung des Vorschlags des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht für eine Regelung des Internationalen Gesellschaftsrechts auf europäischer/nationaler Ebene Abhilfe, vgl. Sonnenberger/Bauer, RIW Beilage 1 2006, 1, 3, 4 f. sowie den auf diesen Vorarbeiten aufbauenden Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen vom 7.1.2008, abrufbar unter http://www.bmj.bund.de.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

bzw. des EWR nach den in Umsetzung der VRL erlassenen Vorschriften durchzuführen sind.3 Der deutsche Gesetzgeber hat die VRL frühzeitig umgesetzt. Dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen (MgVG), in Kraft getreten am 29. Dezember 2006, das die Richtlinienvorgaben zur unternehmerischen Mitbestimmung umsetzt, folgte das am 25. April 2007 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, das vorrangig die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften – innerhalb der EU bzw. des EWR – nach Vorgabe der VRL in den §§ 122a ff. UmwG einführte. Für die Untersuchung der Richtlinienumsetzung in den §§ 122a ff. UmwG ist die Hineinverschmelzung einer ausländischen auf die deutsche Gesellschaft von der Hinausverschmelzung in der umgekehrten Konstellation zu unterscheiden. Auf die bedeutende Frage der Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft sowie auf Verfahrensvereinfachungen für bestimmte Verschmelzungsvorhaben innerhalb eines Konzern wird im Anschluss gesondert eingegangen. Vorangestellt sei jedoch ein Überblick über den Verfahrensablauf zukünftiger grenzüberschreitender Verschmelzungen in Anwendung der §§ 122a ff. UmwG, der in Vielem dem der innerstaatlichen Verschmelzung ähnelt, aber auch einige Besonderheiten aufweist, um dem grenzüberschreitenden Charakter der Transaktion gerecht zu werden.

I. Der Verfahrensablauf aus Sicht der deutschen Gesellschaft im Überblick4 Nach Abschluss interner Verhandlungen zwischen den potentiellen Verschmelzungspartnern und der Übereinkunft, die Verschmelzung durchführen zu wollen, beginnt das eigentliche Verschmelzungsverfahren mit der Aufstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans durch die Vertretungsorgane aller beteiligten Gesellschaften (§ 122c Abs. 1 UmwG5).6 Der von 3

Vgl. Art. 19 Satz 1 VRL. Eine Übersicht des möglichen Verschmelzungsablaufs findet sich bei Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 25 f. 5 Für die beteiligten ausländischen Verschmelzungspartner ergibt sich die Verpflichtung zur Aufstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans aus der § 122c Abs. 1 UmwG entsprechenden Vorschrift ihres jeweiligen nationalen Rechts. Auch im weiteren Verlauf der Verschmelzung ergeben sich die gesetzlichen Anforderungen für jede Gesellschaft aus der jeweiligen Gründungsrechtsordnung. Im Folgenden werden allein die Vorschriften des UmwG genannt, die Verschmelzung also aus Sicht der deutschen Gesellschaft beschrieben. 6 Ist die Entscheidung zu Gunsten der Verschmelzung gefallen, ist ggf. eine Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG zu beachten. Zudem ist das Vorhaben ggf. frühzeitig bei den zuständigen Kartellbehörden anzumelden. 4

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den Verschmelzungspartnern erweiterbare Mindestinhalt des Verschmelzungsplans ist § 122c Abs. 2 UmwG zu entnehmen.7 Die in § 122c Abs. 2 Nr. 2 UmwG geforderte Angabe des Umtauschverhältnisses der Gesellschaftsanteile und die Höhe einer baren Zuzahlung setzen die frühzeitig veranlasste Bewertung aller verschmelzungswilligen Gesellschaften voraus. Auch der Verschmelzungsstichtag ist in den Verschmelzungsplan aufzunehmen (§ 122c Abs. 2 Nr. 6 UmwG).8 Ist der Verschmelzungsplan bzw. sein Entwurf aufgestellt, hat das Leitungsorgan oder – im Fall der monistischen SE – das Verwaltungsorgan der beteiligten deutschen Gesellschaft gemäß § 122e Satz 1 UmwG i. V. m. § 8 UmwG einen Verschmelzungsbericht zu erstellen, in dem es neben der Verschmelzung, dem Verschmelzungsplan sowie dem Umtauschverhältnis und der Höhe einer Barabfindung auch die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Gläubiger und Arbeitnehmer der Gesellschaft rechtlich und wirtschaftlich erläutert. Parallel hierzu überprüfen unabhängige Sachverständige den Verschmelzungsplan und erstellen Berichte für die Gesellschaften. Die Verschmelzungsprüfung richtet sich für deutsche Gesellschaften grundsätzlich nach § 122f Satz 1 UmwG i. V. m. §§ 9 ff. UmwG.9 Spätestens einen Monat vor der über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan beschließenden Versammlung der Anteilsinhaber10 ist der Verschmelzungsbericht den Anteilsinhabern sowie dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern es keinen Betriebsrat gibt, den Arbeitnehmern der Gesellschaft zugänglich zu machen (§ 122e Satz 2 UmwG i. V. m. § 63 7 § 122c Abs. 2 UmwG setzt Art. 5 Satz 2 VRL eins zu eins in nationales Recht um. Die Richtlinie gibt den Mitgliedstaaten an dieser Stelle keinerlei Ausgestaltungsspielraum. Dennoch wird im Einzelfall nicht auszuschließen sein, dass einzelne Planinhalte in der nationalstaatlichen Praxis unterschiedlich konkretisiert werden. In diesem Fall muss der Plan allen zu beachtenden Rechtsordnungen gerecht werden. Der mit Art. 5 Satz 2 VRL gemeinsame Ursprung der nationalen Vorschriften sowie eine an der Richtlinie orientierte Auslegung nationalen Rechts sollten unterschiedliche Anforderungen an den Planinhalt jedoch auf ein Minimum reduzieren. 8 Der Stichtag, zu dem die Schlussbilanz aufgestellt wird, liegt nach ganz herrschender Lehre unmittelbar vor dem Verschmelzungsstichtag, a. A. wohl nur W. Müller, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 5 Rn. 34. Da die Schlussbilanz übertragender Gesellschaften bei Anmeldung der Verschmelzung beim Handelsregister einzureichen ist und in diesem Moment nicht älter als acht Monate sein darf (vgl. § 17 Abs. 2 UmwG), kann sich – wie bei innerstaatlichen Verschmelzungen – die Festlegung eines variablen Verschmelzungsstichtags im Verschmelzungsplan als sinnvoll erweisen; vgl. hierzu für die innerstaatliche Verschmelzung Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 5 UmwG Rn. 164 f.; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2006), § 5 UmwG Rn. 69; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 5 Rn. 43; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 5 Rn. 62 f. 9 Siehe jedoch zu Abweichungen von diesem Grundsatz bei gemeinsamer Verschmelzungsprüfung unter 4. Teil A. II. 4. b) dd). 10 Die VRL verwendet hierfür durchweg den Begriff „Gesellschafterversammlung“, ohne dass damit inhaltliche Unterschiede verknüpft wären.

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Abs. 1 Nr. 4 UmwG) und muss der Prüfungsbericht der Sachverständigen vorliegen (§ 122f Satz 2 UmwG). Spätestens zu eben diesem Zeitpunkt ist zudem der Verschmelzungsplan bzw. – sofern die erforderliche Beurkundung noch aussteht – sein Entwurf zum Handelsregister einzureichen und dann unverzüglich bekannt zu machen (§ 122d UmwG). Nach Bekanntmachung des Verschmelzungsplans haben die Leitungen der Gesellschaften unverzüglich ein eventuell erforderliches Verfahren zur Aushandlung der Arbeitnehmermitbestimmung einzuleiten. Für deutsche Gesellschaften kommt insoweit § 6 MgVG zur Anwendung.11 Die Versammlungen der Anteilinhaber sind fristgerecht einzuberufen (§ 123 Abs. 1 AktG bzw. § 51 Abs. 1 GmbHG), die erforderlichen Unterlagen zur Einsicht der Anteilsinhaber in den Geschäftsräumen der Gesellschaften auszulegen (§ 63 Abs. 1 UmwG bzw. § 49 Abs. 2 UmwG). Die Versammlungen der Anteilsinhaber aller beteiligten Gesellschaften werden in Übereinstimmung mit dem jeweiligen innerstaatlichen Recht durchgeführt und stimmen dem Verschmelzungsplan zu (§§ 64, 65 UmwG bzw. §§ 50, 51 UmwG). Bei einer übernehmenden deutschen Gesellschaft wird regelmäßig zugleich ein Kapitalerhöhungsbeschluss erforderlich sein.12 Es folgt ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verschmelzung, das für deutsche Gesellschaften bei der Hinausverschmelzung sowie der Hineinverschmelzung zur Neugründung zweistufig, für die Hineinverschmelzung zur Aufnahme hingegen einstufig ausgestaltet wurde. Zunächst überprüfen die zuständigen Stellen eines jeden beteiligten Mitgliedstaates, ob die beteiligte inländische Gesellschaft die sie betreffenden Verfahrensanforderungen erfüllt hat. Das Vertretungsorgan einer übertragenden deutschen Gesellschaft hat das Vorliegen der Voraussetzungen hierzu beim Handelsregister anzumelden; §§ 16 Abs. 2, 3, 17 UmwG gelten entsprechend (§ 122k Abs. 1 Satz 1 UmwG). Zusätzlich haben die Mitglieder des Vertretungsorgans gemäß § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG die nach § 314a UmwG strafbewehrte Versicherung anzugeben, dass allen Gläubigern, die unter den Voraussetzungen des § 122j UmwG einen Anspruch auf Sicherheitsleistung geltend gemacht haben, eine angemessene Sicherheit geleistet wurde. Werden diese Anforderungen erfüllt und fällt die Rechtmäßigkeitsprüfung auch im Übrigen positiv aus, so stellt das zuständige Register der übertragenden deutschen Gesellschaft hierüber eine Bescheinigung aus 11 Zu Vorbereitung und Ablauf der Verhandlungen siehe im Überblick unter 4. Teil A. IV. 1. 12 Die Kapitalerhöhung bringt im Vergleich zur innerstaatlichen Verschmelzung keine Besonderheiten mit sich. Vgl. zum nach §§ 68, 69 UmwG bzw. – für die GmbH – §§ 54, 55 UmwG Anwendung findenden, für die Verschmelzung vereinfachten Kapitalerhöhungsverfahren etwa Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2006), §§ 54, 55, 68, 69 UmwG.

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(§ 122k Abs. 1 Satz 1 UmwG). Diese dient der Vorlage bei der öffentlichen Stelle – Artt. 10, 11 VRL verwenden als Oberbegriff die „Behörde“ –, die für die zweite Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung verantwortlich ist. Hierbei werden in dem Mitgliedstaat, dessen Recht die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt, die noch nicht mit den Bescheinigungen abgedeckten Teile des Verschmelzungsverfahrens überprüft. Bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung prüft das Register am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden deutschen Gesellschaft hierbei insbesondere den Gleichlaut des gemeinsamen Verschmelzungsplans sowie die Klärung der Mitbestimmungsfrage (§ 122l Abs. 2 UmwG). Bei der Hinausverschmelzung findet die entsprechende Prüfung durch die zuständige Stelle im Sitzstaat der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft statt. Die bei einer Hineinverschmelzung zur Aufnahme aufnehmende Gesellschaft muss nach deutschem Recht keine Verschmelzungsbescheinigung einholen. Aus ihrer Sicht erfolgt die Verschmelzungsprüfung vielmehr nach § 122l UmwG einstufig durch ein Registergericht. Frühestens nach Beendigung der Rechtmäßigkeitsprüfung kann es zur Wirksamkeit der Verschmelzung kommen; der Zeitpunkt des Wirksamwerdens richtet sich im Übrigen nach dem Recht des Mitgliedstaates, dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt.13 Die Hineinverschmelzung wird demnach mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister der neuen/aufnehmenden Gesellschaft wirksam (§ 20 Abs. 1 UmwG). Das Wirksamwerden einer Hinausverschmelzung richtet sich nach entsprechendem ausländischen Verschmelzungsrecht. Das eigentliche Verschmelzungsverfahren ist damit abgeschlossen. Anteilsinhabern der im Rahmen einer Hinausverschmelzung übertragenden deutschen Gesellschaft, die gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift eingelegt haben, ist es ab Eintragung der Verschmelzung im Ausland möglich, ein ihnen bereits im Verschmelzungsplan gemachtes Barabfindungsangebot innerhalb von zwei Monaten anzunehmen (§§ 122i Abs. 1 Satz 3, 31 UmwG). Haben die ausländischen Versammlungen der Anteilsinhaber, deren Rechtsordnungen Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses sowie zur Überprüfung und Verbesserung eines Barabfindungsangebots nicht kennen, der Durchführung solcher Spruchverfahren zu Gunsten der Anteilsinhaber deutscher Gesellschaften zugestimmt (§§ 122h Abs. 1, 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG), wird die Verschmelzung endgültig erst mit Abschluss eventuell beantragter Spruchverfahren abgeschlossen sein.

13

Vgl. Art. 12 VRL.

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II. Die Hineinverschmelzung Der Verfahrensablauf von Hinein- und Hinausverschmelzungen ist im Grundsatz gleich. Unterschiede liegen im Detail. Während Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der Hineinverschmelzung nachfolgend zu würdigen sind, sei den Besonderheiten der Hinausverschmelzung ein eigener Abschnitt gewidmet.14 1. Die Erstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans Ist die Entscheidung für die Verschmelzung gefallen, ist erster Schritt auf dem Weg ihrer Durchführung die Erstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans durch die Leitungs- oder Verwaltungsorgane15 der sich verschmelzenden Gesellschaften.16 Für die Verschmelzung zur SE noch umstritten17, macht der Wortlaut des Art. 5 VRL für sonstige grenzüberschreitende Verschmelzungen deutlich, dass die separate Aufstellung eines Verschmelzungsplans durch jeden Verschmelzungspartner weder erforderlich noch zulässig ist.18 a) Rechtsnatur des Verschmelzungsplans Im Gegensatz zu den §§ 4 ff. UmwG fordert die VRL nicht den Abschluss eines Verschmelzungsvertrags, sondern in Art. 5 VRL die Aufstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans. Noch nicht abschließend ge14

Zur Hinausverschmelzung siehe unter 4. Teil A. III. Die Formulierung „Leitungs- oder Verwaltungsorgane“ ist den unterschiedlichen Leitungsstrukturen in europäischen Kapitalgesellschaften geschuldet. Eine dualistische Leitungssstruktur – etwa der deutschen AG – verfügt dabei über ein Leitungsorgan, den Vorstand, und ein Kontrollorgan, den Aufsichtsrat. Eine monistische Führungsstruktur – etwa der englischen Plc – verfügt hingegen über ein einheitliches Verwaltungsorgan. 16 Vgl. Art. 5 VRL. 17 Für die Aufstellung je eines Verschmelzungsplans durch jede an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaft Drees, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) in Deutschland (2006), 45; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SEKommentar (2008), Art. 20 SE-VO Rn. 2; ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 34; Heckschen, DNotZ 2003, 251, 257; Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 417; a. A. zu Recht Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 141 f.; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 10 f.; Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel Rn. 37. 18 Heckschen, DNotZ 2007, 444, 455; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 5; ausführlich hierzu Kallmeyer, AG 2007, 472, 473. 15

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klärt ist bislang, wie sich die Rechtsnatur des Verschmelzungsplans im Vergleich zu der des Verschmelzungsvertrags beschreiben lässt. Zum Teil wird eine praktische, aber auch dogmatische Identität zwischen Verschmelzungsplan und -vertrag gesehen.19 Andere halten den Plan hingegen für einen reinen Organisationsakt ohne jedwedes schuldrechtliche Element.20 aa) Der Verschmelzungsplan als Organisationsakt Nach der heute herrschenden Auffassung stellt sich der Verschmelzungsvertrag bei der innerstaatlichen Verschmelzung primär als körperschaftlicher Organisationsakt, daneben aber auch als schuldrechtlicher Vertrag zwischen den beteiligten Gesellschaften dar.21 Dass die VRL – wie schon die Dritte Richtlinie – lediglich die Aufstellung eines Verschmelzungsplans fordert, spricht dafür, den Verschmelzungsplan als reinen Organisationsakt zu begreifen.22 Gleichsam scheint der nationale Gesetzgeber einen Unterschied 19 Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 56; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 837; Vetter, AG 2006, 613, 617; Forsthoff, DStR 2006, 613, 614; zu Art. 20 SE-VO Drees, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) in Deutschland (2006), 45. 20 Frenzel, RIW 2008, 12, 16; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 15, 17; Stellungnahme des Deutschen Notarvereins zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 6. DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740. Dies entspricht der herrschenden Lehre zu Art. 20 SE-VO, der bei einer Verschmelzung zur SE die Aufstellung eines Verschmelzungsplans durch die Leitungs- oder Verwaltungsorgane der verschmelzenden Gesellschaften fordert, vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 20 SE-VO Rn. 5; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 12 f.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 151 f.; Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 419 f.; a. A. Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 20 SE-VO Rn. 1; Kersting, DB 2001, 2079, 2080. 21 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 4 UmwG Rn. 23, 26; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 4 Rn. 2; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 4 Rn. 4 f.; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 4 Rn. 4 f.; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 4 UmwG Rn. 7. 22 So im Ergebnis auch Kallmeyer, AG 2007, 472, 474; auch Kiem, WM 2006, 1091, 1094, der dies daraus folgert, dass die VRL in Art. 5 für den Verschmelzungsplan im Gegensatz zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG nicht die Aufnahme einer Vereinbarung über die Übertragung des Vermögens jeder übertragenden Gesellschaft als Ganzes gegen Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft fordert. Hingegen kann hierin allein keine hinreichende Begründung für die Ablehnung einer schuldrechtlichen Bedeutung des Verschmelzungsplans gesehen werden. Der schuldrechtliche Gehalt eines Verschmelzungsvertrages erschöpft sich zum einen nicht in der Vereinbarung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Die beteiligten Gesell-

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zwischen Vertrag und Plan ausgemacht zu haben. Anstatt wie bei Umsetzung der Dritten Richtlinie aus dem Verschmelzungsplan einen Verschmelzungsvertrag zu machen, führten dahingehende Forderungen aus Wissenschaft23 und Praxis24 bei Umsetzung der VRL nicht zum Erfolg. Die unterschiedlichen Umsetzungen der Dritten Richtlinie und der VRL tragen somit jedenfalls faktisch dem Umstand Rechnung, dass es Erstere – auf Grund unterschiedlicher bisheriger Vorgehensweisen in den Mitgliedstaaten – den nationalen Rechtsordnungen überließ, die Form festzulegen, in der sich die verschmelzungswilligen Gesellschaften über die Verschmelzung verständigen25, wohingegen grenzüberschreitende Verschmelzungen nach der VRL unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten entgegenstehen.26 Der Annahme eines körperschaftlichen Organisationsakts steht auch nicht entgegen, dass § 122c Abs. 4 UmwG die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans verlangt. Wie bereits im Streit um die Erforderlichkeit einer notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans bei Verschmelzungsgründung einer SE herausgestellt wurde, kann nicht angenommen werden, dass die aus § 6 UmwG für innerstaatliche Verschmelzungen folgende Beurkundungspflicht allein auf dem schuldrechtlichen Teil des Verschmelzungsvertrages basiert.27 Rechtsvergleichend lässt sich für die Annahme eines reinen Organisationsaktes schließlich anführen, dass es dem Recht vieler Mitgliedstaaten unbekannt ist, dem Verschmelzungsplan schuldrechtliche Wirkung beizumessen.28 Der Verschmelzungsplan bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ist in der VRL mithin als bloßer Organisationsakt konzipiert.

schaften verpflichten sich vielmehr gegenseitig zur Förderung und Durchführung der Verschmelzung. Zum anderen erscheint gerade für § 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG zweifelhaft, inwieweit der geforderten „Vereinbarung“ neben der generellen Verpflichtung zur Durchführung der Verschmelzung ein eigenständiger schuldrechtlicher Gehalt zugeordnet werden kann, da die Rechtsfolgen der „Vereinbarung“ letztlich als Wirkung der Verschmelzung ipso iure eintreten. 23 Für eine Gleichsetzung von Verschmelzungsplan und -vertrag Forsthoff, DStR 2006, 613, 614. 24 Stellungnahme des Deutschen Notarvereins zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 6 f. 25 Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht (2000), Rn. 645. 26 So zur SE-Verschmelzung Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 419. 27 Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 96; ähnlich auch C. Schäfer, in: MünchKomm. zum AktG (2006), Art. 20 SE-VO Rn. 6, der auf die Beweisfunktion der Verschmelzung hinweist. 28 Kiem, WM 2006, 1091, 1094; ähnlich Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 17.

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bb) Das Bedürfnis zur verbindlichen Absprache Die Konzeption des Verschmelzungsplans als Organisationsakt darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Verschmelzung mit einem oder gar mehreren Gesellschaften – als Maßnahme von erheblicher Bedeutung für alle beteiligten Gesellschaften – allein auf Grundlage eines unverbindlichen Planes nicht denkbar ist, vielmehr ein evidentes Bedürfnis einer gegenseitigen Verpflichtung zur Durchführung der Verschmelzung besteht. Führt der Verschmelzungsplan auf Grund seiner Rechtsnatur nicht automatisch zu einer schuldrechtlichen Verpflichtung der Verschmelzungsparteien, so muss es diesen dennoch möglich sein, eine Verpflichtung zu vereinbaren. Einen Weg hierzu bietet der Abschluss eines separaten Zusammenschlussvertrages (sog. Business Combination Agreement)29, der bereits in der bisherigen Praxis internationaler Unternehmenszusammenschlüsse30 vielfach Verwendung fand.31 Die VRL verbietet es den Verschmelzungsparteien aber auch nicht, den Verschmelzungsplan im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit mit vertraglichen Inhalten anzureichern oder gegebenenfalls zum Vertrag aufzuwerten.32 Denkbar ist schließlich, dass der Verschmelzungsplan zum Vertrag aufgewertet, zusätzlich jedoch weitere Verpflichtungen in eine gesonderte Vereinbarung aufgenommen werden, solange diese nicht im Widerspruch zum Planinhalt stehen. 29

Vgl. allgemein zum Zusammenschlussvertrag bzw. Business Combination Agreement Horn, FS-Lutter (2000), 1113 ff.; zur umstrittenen Frage, ob auch ein Business Combination Agreement der Zustimmung der Hauptversammlungen bedarf, vgl. für die befürwortende Ansicht Horn, FS-Lutter (2000), 1113, 1124; ablehnend hingegen Aha, BB 2001, 2225, 2231 f.; Decher, FS-Lutter (2000), 1209, 1222 f. 30 Namhafte Zusammenschlüsse, denen ein Business Combination Agreement zu Grunde lag, stellen etwa die Zusammenschlüsse von Daimler-Benz mit Chrysler und von Rhoˆne-Poulenc mit Hoechst dar, vgl. hierzu Hoffmann, NZG 1999, 1077 ff. 31 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 18: Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 6; zur Verschmelzung zur SE bereits Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 14; J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 166; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 20 SE-VO Rn. 4; ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 34; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 152. 32 Ähnlich Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 6; bereits zur SE Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 20 SE-VO Rn. 4; ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 34; J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 166; Hügel, in: Kalss/Hügel, SEKomm. (2004), § 17 SEG Rn. 5; a. A. wohl Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 152, der a. a. O., 171, allerdings sehr wohl die Möglichkeit sieht, schuldrechtliche Elemente in der Plan aufzunehmen; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 14.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

b) Die Vorgaben der Richtlinie, Art. 5 VRL Die inhaltlichen Anforderungen an den Verschmelzungsplan werden in Art. 5 VRL einzeln aufgezählt. Sie orientieren sich an den entsprechenden Anforderungen der 3. Richtlinie33 sowie der SE-VO34, statuieren im Vergleich zu diesen jedoch drei zusätzliche Pflichtangaben. So muss der Verschmelzungsplan einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auch Angaben zu den voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Beschäftigung35, zur Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens, das auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft übergehen wird36, sowie zu den Stichtagen der Jahresabschlüsse der beteiligten Gesellschaften, die zur Festlegung der Bedingungen der Verschmelzung Verwendung finden37, machen.38 Im Vergleich zu dem auf innerstaatliche Verschmelzungen anwendbaren § 5 UmwG ergeben sich für die grenzüberschreitende Verschmelzung gar vier zusätzliche Pflichtangaben. Wie Art. 20 Abs. 1 Satz 1 h) SE-VO, verlangt nun auch Art. 5 i) VRL stets die Angabe der Satzung der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft im Verschmelzungsplan.39 Ebenso sind die durch Art. 5 k), l) VRL geforderten Angaben dem nationalen Recht bisher fremd. Gleiches gilt selbstredend für die gegebenenfalls erforderlichen Angaben zum Anwendung findenden Verfahren zur Festlegung der Arbeitnehmermitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft.40 Die von europäischer Seite erstmalig geforderte Darlegung der Auswirkungen der – grenzüberschreitenden – Verschmelzung auf die Beschäftigung findet sich hingegen bereits in § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG, der sogar über die Anforderungen der VRL hinausgeht.41 Wie der Formulierung des Art. 5 Satz 2 VRL zu entnehmen ist, beschränkt sich die VRL auch ohne eine dem Art. 20 Abs. 2 SE-VO entsprechende Regelung darauf, den Mindestinhalt des Verschmelzungsplans festzulegen. Zumindest den beteiligten Gesellschaften bleibt es unbenommen, weitere Angaben in den Plan aufzunehmen.42 33 34 35 36 37 38

Vgl. Art. 5 Dritte Richtlinie, ABlEG vom 20.10.1978, L 295, 36 ff. Vgl. Art 20, VO (EG) Nr. 2157/2001, ABlEU Nr. L 294, 1 ff. Vgl. Art. 5 Satz 2 d) VRL. Vgl. Art. 5 Satz 2 k) VRL. Vgl. Art. 5 Satz 2 l) VRL. Zur Herkunft dieser neuen Anforderungen vgl. Neye/B. Timm, DB 2006, 488,

489. 39 Die Angabe der Satzung ist für innerstaatliche Verschmelzungen in § 37 UmwG nur für Verschmelzungen zur Neugründung vorgesehen. 40 Vgl. Art. 5 Satz 2 j) VRL. 41 Siehe hierzu die Ausführungen zu § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG unter 4. Teil A. II. 1. c) aa) (1).

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c) Die nationale Umsetzung und zusätzliche Anforderungen des deutschen Rechts Der nationale Gesetzgeber statuiert in § 122c Abs. 1 UmwG die Pflicht der Vertretungsorgane aller an der Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaften, mit den Vertretungsorganen der übrigen – ausländischen – beteiligten Gesellschaften einen gemeinsamen Verschmelzungsplan aufzustellen. Die Vorschrift weicht in ihrer Formulierung von der Vorgabe des Art. 5 Satz 1 VRL ab, der die Planaufstellung durch die „Leitungs- oder Verwaltungsorgane“ vorsieht. Die nationale Formulierung umfasst damit nicht den zu regelnden Fall, dass sich eine monistisch organisierte deutsche SE43 an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligt.44 § 122c Abs. 1 UmwG ist insoweit richtlinienkonform auszulegen. Überdies ist die gewählte Formulierung auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Führungsstrukturen potentieller ausländischer Verschmelzungspartner unvollständig. Positiv zu bewerten, wenn auch erst durch den nationalen Sonderweg der nach § 122c Abs. 4 UmwG erforderlichen notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans notwendig geworden45, ist hingegen die Formulierung in § 122c Abs. 2 UmwG, nach der „der Verschmelzungsplan oder sein Entwurf“ die Angaben enthalten soll. Ohne notarielle Beurkundung bleibt der Verschmelzungsplan ein Entwurf.46 Die Formulierung stellt klar, dass wie im Fall der innerstaatlichen Verschmelzung das Verschmelzungsverfahren auch auf Grundlage eines endgültigen Planentwurfs betrieben werden kann, um die Beurkundung erst nach erfolgreichen Verschmelzungsbeschlüssen vornehmen zu lassen.47 Dies verhindert Verzögerungen des Verschmel42 So der explizit aus Erwägungsgrund (4) zu entnehmende Wille des Richtliniengebers, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 1. Vgl. auch Begr. RegE zu § 122c UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15. Inwieweit es den nationalen Gesetzgebern offen steht, zusätzliche verbindliche Vorgaben für den Inhalt des Verschmelzungsplanes zu machen, siehe unter 4. Teil A. III. 1. 43 Zu den Möglichkeiten der Beteiligung einer SE an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung siehe unter 3. Teil B. III. 2. b), c). 44 Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 727. 45 Siehe hierzu unter 4. Teil A. II. 1. c) bb) (1). 46 Vgl. zur Rechtslage beim Verschmelzungsvertrag nach § 4 UmwG Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 6 UmwG Rn. 32; Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 6 Rn. 2; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 6 Rn. 3; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 6 UmwG Rn. 3. 47 Die Formulierung hat mit dem Regierungsentwurf eines UmwG Eingang in den Text gefunden. Eine diesbezügliche Ausbesserung des Referentenentwurfs hatte der Deutsche Notarverein, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 7 f. gefordert.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

zungsverfahrens und spart Beurkundungskosten im Falle eines späteren Scheiterns von Verschmelzungsbeschlüssen.48 Anders als diese kleineren Formulierungsfragen, bedürfen die neuen inhaltlichen Anforderungen an den Verschmelzungsplan, die Frage seiner Formbedürftigkeit, aber auch das Verhältnis des § 122c UmwG zu § 5 UmwG der genaueren Erläuterung. aa) Inhalt des Verschmelzungsplans Der deutsche Gesetzgeber setzt die inhaltlichen Vorgaben der VRL an den Verschmelzungsplan in § 122c Abs. 2 UmwG weitestgehend Wort für Wort um. Lediglich die in Art. 5 VRL Verwendung findende Formulierung von der „aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft“ wurde nicht übernommen. § 122c Abs. 2 UmwG wurde hier begrüßenswerterweise präziser formuliert und spricht von der „übernehmenden oder neuen Gesellschaft“. Hiermit wird auf die beiden Verschmelzungsarten – die Verschmelzung zur Aufnahme bzw. zur Neugründung – Bezug genommen und zugleich klargestellt, dass bei einer Verschmelzung zur Aufnahme keine neue Gesellschaft entsteht.49 Lediglich in § 122c Abs. 2 Nr. 10 UmwG verlässt der Gesetzgeber diese Linie und übernimmt den Wortlaut der VRL. Dies sollte bei nächster Gelegenheit angepasst werden. Indem der Gesetzgeber auf einen Verweis auf § 5 Abs. 1 UmwG verzichtet, wird zugleich deutlich, dass für die inhaltlichen Anforderungen an den zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung aufzustellenden Verschmelzungsplan allein § 122c Abs. 2 UmwG maßgeblich ist.50 Freilich steht dem nicht entgegen, für die konkrete Erstellung des Verschmelzungsplans auf die Erfahrungen mit den Parallelregelungen des § 5 48 Vgl. auch die Auflistung weiterer Vorteile durch den Deutschen Notarverein, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 7 f. 49 Vgl. Art. 5 Satz 2 a), c), f), g), i), j), k) VRL mit § 122c Abs. 2 Nr. 1, 3, 6, 7, 9, 11 UmwG. 50 Heckschen, DNotZ 2007, 444, 455; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 341; vgl. zum Willen des Gesetzgebers auch Begr. RegE zu § 122c UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15. Gegen ein solches systematisches Vorgehen und stattdessen den weitgehenden Verweis auf § 5 Abs. 1 UmwG bevorzugend der Deutsche Notarverein, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 6 f.; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 402. Ebenso H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 288, der zudem vorschlägt, die neuen Pflichtangaben, außer Art. 5 Satz 2 j) VRL, gleich ganz in den Katalog des § 5 Abs. 1 UmwG zu integrieren, um den Gleichlauf von innerstaatlicher und grenzüberschreitender Verschmelzung in diesem Punkt zu gewährleisten und zugleich die Transparenz innerstaatlicher Verschmelzungsvorgänge zu erhöhen.

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Abs. 1 UmwG zurückzugreifen. Für die Angabe des Umtauschverhältnisses der Gesellschaftsanteile und der Höhe einer gegebenenfalls zu zahlenden baren Zuzahlung ist daher grundsätzlich auf die zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG entwickelten Grundsätze zurückzugreifen.51 Der Rückgriff auf die bei innerstaatlichen Verschmelzungen gewonnenen Erkenntnisse kann grundsätzlich auch im Hinblick auf die Regelungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1, 4, 5, 6, 7, 8 UmwG erfolgen, die weitestgehend den Regelungen des § 122c Abs. 2 Nr. 1, 352, 5, 6, 753 bzw. 8 UmwG entsprechen. Schließlich wäre auch ein nach §§ 122a Abs. 2, 29 UmwG zu machendes Abfindungsangebot für die Anteilsinhaber einer deutschen Gesellschaft, die im Wege einer Verschmelzungsneugründung ihre Rechtsform ändert oder als AG ihre Börsennotierung verliert, in den Plan aufzunehmen.54 Grundsätzliche inhaltliche Besonderheiten im Vergleich zur innerstaatlichen Verschmelzung weisen bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung 51 Die Rechtsordnungen der Verschmelzungspartner können andere Bewertungsmethoden bevorzugen. Die grenzüberschreitende Verschmelzung bringt dann die besondere Herausforderung mit sich, die Bewertung der Unternehmen zur Festlegung eines korrekten Umtauschverhältnisses zu vereinheitlichen, vgl. zu eben dieser Problematik bei der Verschmelzung zur SE Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 81 ff.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 154 ff.; Großfeld, NZG 2002, 353 ff. Bare Zuzahlungen, die insbesondere auf Grund krummer Umtauschverhältnisse gewährt werden, sind für AG, SE und KGaA gemäß § 68 Abs. 3 UmwG auf zehn Prozent des auf die den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft gewährten Anteile entfallenden Anteils am Grundkapital bzw. – bei der aufnehmenden GmbH – gemäß § 54 Abs. 4 UmwG auf den Anteil in gleicher Höhe des Gesamtnennbetrags der gewährten Anteile beschränkt. 52 Nach § 122c Abs. 2 Nr. 3 UmwG muss der Verschmelzungsplan Angaben über „die Einzelheiten hinsichtlich der Übertragung der Gesellschaftsanteile der übernehmenden oder neuen Gesellschaft“ enthalten. Bei Beteiligung einer übertragenden deutschen AG, SE oder KGaA schließt das eine Erläuterung der dann gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 71 UmwG erforderlichen Treuhänderbestellung ein, vgl. hierzu bereits für die Verschmelzung zur SE J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 174 f.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 158. 53 § 122c Abs. 2 Nr. 7 UmwG entspricht Art. 20 Abs. 1 Satz 2 f) SE-VO. Beide Vorschriften unterscheiden sich im Detail von ihrem bei innerstaatlichen Verschmelzungen anwendbaren Pendant des § 5 Abs. 1 Nr. 7 UmwG. Abweichend von letzterer Vorschrift sind bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen auch solche Sonderrechte aufzuführen, die allen Gesellschaftern gleichermaßen gewährt werden, vgl. hierzu bereits für die Verschmelzung zur SE J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 176; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 161 f.; a. A. Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 92; C. Schäfer, in: MünchKomm. zum AktG (2006), Art. 20 SE-VO Rn. 18. 54 Ob §§ 122a Abs. 2, 29 UmwG bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung anwendbar sind, wird ausführlich unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (2) untersucht.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

damit lediglich die Regelungen des § 122c Abs. 2 Nr. 4, 9, 10, 11 und 12 UmwG auf. Unproblematisch dürfte hierbei vor allem die Angabe der Satzung der übernehmenden oder neuen Gesellschaft im Verschmelzungsplan nach § 122c Abs. 2 Nr. 9 UmwG sein.55 Die übrigen Neuerungen bedürfen der Erörterung. (1) Angabe der Auswirkungen auf die Beschäftigung, § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG In Umsetzung des Art. 5 Satz 2 d) VRL fordert § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG eine Erläuterung der voraussichtlichen Auswirkungen der Verschmelzung auf die Beschäftigung. Die Regelung findet für die innerstaatliche Verschmelzung ihr – vermeintliches – Pendant in § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG. Der nationale Gesetzgeber tat jedoch gut daran, für die grenzüberschreitende Verschmelzung nicht auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG zu verweisen. Die Vorschrift wird ganz überwiegend als eine im Rahmen des § 5 Abs. 1 UmwG systemfremde Regelung gesehen, die zur Vermeidung einer unpraktikablen Ausuferung des Verschmelzungsvertragsinhalts restriktiv auszulegen ist.56 § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG ist demgegenüber – entsprechend Art. 5 Satz 2 d) VRL – von vornherein enger gefasst.57 Verlangt § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG die Angabe der voraussichtlichen Auswirkungen der Verschmelzung auf die Beschäftigung, so muss es zwar als notwendig angesehen werden, einen bereits konkret geplanten Abbau sowie die in Aussicht genommene Verlagerung von Arbeitsplätzen im Verschmelzungsplan darzulegen. Einer hinreichenden Angabe wird es aber bereits genügen, würde die Darstellung der konkreten Planungen um einen Ausblick auf die zukünftig erwartete Arbeitsplatzentwicklung ergänzt. Der Terminus „Beschäf55 Im Gegensatz zu einer Verschmelzung zur SE, für die die SE-VO an zahlreichen Stellen besondere inhaltliche Anforderungen an die SE-Satzung aufstellt, richtet sich der Satzungsinhalt für grenzüberschreitende Verschmelzungen nach den in Umsetzung der VRL ergangenen Vorschriften allein nach den Vorschriften des jeweiligen nationalen Rechts. Für eine aus der Verschmelzung hervorgehende AG oder KGaA gelten die §§ 23 Abs. 3, 4, 24, 26, 27 AktG, für eine GmbH § 3 GmbHG. 56 Willemsen, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 5 Rn. 47, 53 ff.; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 5 UmwG Rn. 77 ff.; Bungert, DB 1997, 2209, 2210 f.; A. Drygala, ZIP 1996, 1365, 1368 ff.; a. A. Hjort, NJW 1999, 750, 751 ff. 57 DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740, der zur Entlastung des Verschmelzungsvertrags daher die Anpassung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG an den neuen § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG fordert; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 95; im Ergebnis auch Heckschen, DNotZ 2007, 444, 456; a. A. offenbar Kiem, WM 2006, 1091, 1094.

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tigung“ ist demnach eng auszulegen.58 Angaben der Folgen für Arbeitsverträge, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Kündigungsschutz sowie zur zukünftigen betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung – allesamt erforderlich im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG – bedarf es jedenfalls zur Aufstellung des Verschmelzungsplans nicht. Eine im Vergleich zur innerstaatlichen Verschmelzung schlechtere Informationslage für Arbeitnehmer bzw. ihre Vertretungen ist trotz dieser sinnvollen Verschlankung des Verschmelzungsplans nicht gegeben. So erfordert der jeweils durch das Vertretungsorgan einer an der Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaft aufzustellende Verschmelzungsbericht59 nach § 122e UmwG auch die Erläuterung der Auswirkung der Verschmelzung auf die Arbeitnehmer. Die ansonsten nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG im Verschmelzungsvertrag zu machenden Angaben finden sich hier für die grenzüberschreitende Verschmelzung an geeigneterer Stelle wieder. Da sowohl § 5 Abs. 3 UmwG – für die innerstaatliche Verschmelzung – die Zuleitung des Verschmelzungsvertrages an den Betriebsrat als auch § 122e UmwG – für die grenzüberschreitende Verschmelzung – die Zuleitung des Verschmelzungsberichts an selbiges Organ spätestens einen Monat vor der den Verschmelzungsbeschluss fassenden Versammlung der Anteilsinhaber vorschreibt, ist auch in zeitlicher Hinsicht eine Verschlechterung der Informationslage der Arbeitnehmer bzw. ihrer Vertretungen bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht feststellbar.60 (2) Angaben zum Verfahren zur Aushandlung der Mitbestimmungsrechte, § 122c Abs. 2 Nr. 10 UmwG § 122c Abs. 2 Nr. 10 UmwG fordert – für den Fall, dass die Mitbestimmung auszuhandeln ist – Angaben zum Verfahren, das die Einzelheiten über die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Festlegung ihrer zukünftigen Mitbestimmungsrechte regelt. Um auch an dieser Stelle die Überfrachtung des Verschmelzungsplans mit arbeitsrechtlichen Informationen zu verhin58

Ähnlich Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, die es – etwas unbestimmt – für zulässig erachten, die Angaben im Verschmelzungsplan zu den voraussichtlichen Auswirkungen der Verschmelzung auf die Beschäftigung auf Grundzüge zu beschränken; a. A. Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 838, die sämtliche für die Anteilsinhaber relevanten Informationen in den Verschmelzungsplan aufnehmen lassen wollen, was auch eine Information zur zukünftig anwendbaren Mitbestimmung umfassen soll, sowie Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 21 und Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 98, die eine weitgehende Orientierung an § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG befürworten. 59 Zum Verschmelzungsbericht siehe ausführlich unter 4. Teil A. II. 4. 60 Weitere Informationsrechte der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmervertretungen ergeben sich aus § 6 MgVG.

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dern, ist die Vorschrift restriktiv dahingehend auszulegen, dass die Darstellung der Grundzüge des Verfahrens ausreicht und nähere Erläuterungen erneut dem auch der Information der Arbeitnehmer(-vertretungen) dienenden Verschmelzungsbericht vorbehalten bleiben.61 (3) Angaben des zu übertragenden Aktiv- und Passivvermögens, § 122c Abs. 2 Nr. 11 UmwG Bei der innerstaatlichen Verschmelzung zur Aufstellung des Verschmelzungsvertrags nicht erforderlich, verlangt § 122c Abs. 2 Nr. 11 UmwG in Umsetzung des Art. 5 Satz 2 k) VRL Angaben zur Bewertung des Aktivund Passivvermögens, das auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft übertragen wird. Die Aufnahme in den Katalog der für die Aufstellung eines Verschmelzungsplans verbindlichen Mindestangaben geht auf Initiative Frankreichs während der Verhandlungen zur VRL zurück.62 Die Vorschrift verlangt keine Angaben zur Bewertung der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften und der aus der Bewertung folgenden Festsetzung des Umtauschverhältnisses.63 Auch weiterhin ist das Umtauschverhältnis nicht auf Grundlage einer Bewertung der Aktiva und Passiva der Gesellschaften, sondern im Wege einer vergleichenden Unternehmensbewertung unter besonderer Berücksichtigung der zukünftigen Ertragskraft der Unternehmen festzusetzen.64 Eine sinnvolle Auslegung des § 122c Abs. 2 Nr. 11 UmwG ergibt sich aus der Art. 5 Satz 2 k) VRL zu Grunde liegenden Vorschrift des französischen Rechts65, die als Angabe im Verschmelzungsvertrag den Hinweis verlangt, ob das Aktiv- und Passivvermögen übertragender Gesellschaften in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft zu Buch- oder Verkehrswerten übernommen wird.66 Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, eröffnet zudem nur diese 61 A. A. Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 838. Ähnlich wie hier zur SE J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 181 f.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 170. 62 Neye/B. Timm, DB 2006, 488, 489; Neye, ZIP 2005, 1893, 1895 f. 63 Louven, ZIP 2006, 2021, 2024; J. Vetter, AG 2006, 613, 618; Kiem, WM 2006, 1091, 1095. 64 J. Vetter, AG 2006, 613, 618; Kiem, WM 2006, 1091, 1095; a. A. Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 341. 65 Art. 254 Abs. 3 Décret Nr. 67-236 vom 23.3.1967 in der Fassung von Art. 1 Décret Nr. 88-418 vom 22.4.1988. 66 Heckschen, DNotZ 2007, 444, 456; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 35; J. Vetter, AG 2006, 613, 618; Kiem, WM 2006, 1091, 1095; Louven, ZIP 2006, 2021, 2025; J. Tebben/T. Tebben, DB 2007, 2355, 2357. Im Ergebnis auch DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740.

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Auslegung des § 122c Abs. 2 Nr. 11 UmwG den Weg zu einer sinnvollen Interpretation des § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG.67 (4) Angabe der Stichtage der Jahresabschlüsse, § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG Der mit § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG in nationales Recht umgesetzte Art. 5 Satz 2 l) VRL findet sein Vorbild ebenso wie Art. 5 Satz 2 k) VRL im französischen Recht.68 Die französische Ursprungsvorschrift69 steht im unmittelbaren Zusammenhang zu der Art. 5 Satz 2 k) VRL und damit letztlich auch § 122c Abs. 2 Nr. 11 UmwG zu Grunde liegenden französischen Vorschrift. Auch bei Auslegung des Art. 5 Satz 2 l) VRL ist diese Herkunft der Vorschrift bei Bestimmung ihres Regelungsinhalts zu berücksichtigen. Verlangt Art. 5 Satz 2 k) VRL Angaben hinsichtlich des Ansatzes des Aktiv- und Passivvermögens der übertragenden Gesellschaften in der Bilanz der aufnehmenden Gesellschaft, so ist Art. 5 Satz 2 l) VRL – und damit in richtlinienkonformer Auslegung § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG – in der Weise zu deuten, dass die Stichtage der zur Bestimmung der anzusetzenden Wertansätze maßgeblichen Schlussbilanzen der übertragenden Gesellschaften im Verschmelzungsplan anzugeben sind.70 Dass der Richtliniengeber in Art. 5 Satz 2 l) VRL nicht – wie im französischen Vorbild – die Angabe der Stichtage der Bilanzen, sondern der Jahresabschlüsse fordert, lässt keine abweichende Auslegung zu.71 Gefordert ist – ob des eindeutigen Wortlauts der VRL an dieser Stelle – dabei stets nur die Angabe der Stichtage der Bilanzen, nicht aber die Angabe der Bilanzen selbst.72

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Kiem, WM 2006, 1091, 1095. Neye/B. Timm, DB 2006, 488, 489; Neye, ZIP 2005, 1893, 1895 f. 69 Art. 254 Abs. 5 Décret Nr. 67-236 vom 23.3.1967 in der Fassung von Art. 1 Décret Nr. 88-418 vom 22.4.1988. 70 Kiem, WM 2006, 1091, 1095; J. Tebben/T. Tebben, DB 2007, 2355, 2357; im Ergebnis auch DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740; a. A. Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 37, nach dem auch der Stichtag der Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft anzugeben sei sowie J. Vetter, AG 2006, 613, 619, der zusätzlich für die übernehmende Gesellschaft die Angabe des Stichtags der Bilanz für notwendig erachtet, in der das durch die Verschmelzung übergegangene Vermögen erstmals abbilden wird. 71 Der deutsche Gesetzgeber scheint der abweichenden Formulierung der VRL ebenfalls keine Bedeutung beizumessen und fordert seinerseits in § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG die Angabe der Stichtage der „Bilanzen“; anders noch die Formulierung des § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG im Referentenentwurf. 72 J. Vetter, AG 2006, 613, 619; a. A. Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 341. 68

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bb) Form des Verschmelzungsplans (1) Richtlinienkonformität der notariellen Beurkundung Die für die Wirksamkeit des Verschmelzungsplans erforderliche Form ist den Gesellschaftsstatuten der Gründungsgesellschaften zu entnehmen; die Ortsform nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB ist unbeachtlich.73 Enthält sich die VRL einer Aussage hinsichtlich eines Formerfordernisses, soll nach § 122c Abs. 4 UmwG die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplanes erforderlich sein. Der Gesetzgeber ist offenbar bemüht, einem sich bereits anbahnenden Streit74 um die Anwendbarkeit des § 6 UmwG auf den Verschmelzungsplan zuvorzukommen und versucht damit, die entsprechende Lehre aus der – jedenfalls anfangs – umstrittenen Rechtslage bei Gründung einer SE durch Verschmelzung75 zu ziehen. Dieser guten Absicht zum Trotz wurde zunächst vereinzelt davon ausgegangen, dass dem nationalen Gesetzgeber keine Kompetenz zur Regelung eines Formerfordernisses für den Verschmelzungsplan zukomme.76 Da die VRL Höchstvorschriften enthalte, dürfe eine in der Richtlinie nicht geregelte Formbedürftigkeit des Verschmelzungsplanes keinesfalls durch einen Rückgriff auf nationale Formvorschriften, sondern nur auf europarechtlicher Ebene über eine Anwendung des Schriftlich73

Ausführlich hierzu Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 270 ff.; auch Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 174. So auch die ganz herrschende Ansicht zur innerstaatlichen Verschmelzung, vgl. LG Kiel DB 1997, 1223; LG Augsburg, NJW-RR 1997, 420; in diese Richtung im Ergebnis aber offenlassend auch BGHZ 80, 76, 78; aus der Literatur statt vieler Brück, DB 2004, 2409, 2411 m. w. N. 74 Sich im Vorfeld des UmwG für eine Beurkundungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 b) VRL i. V. m. § 6 UmwG aussprechend Drinhausen/Keinath, RIW 2006, 81, 83; H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1793; Mau/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2637; a. A. wohl Pluskat, EWS 2004, 1, 6. 75 Nach der Gesetzesbegründung bedarf der Verschmelzungsplan bei einer SEGründung durch Verschmelzung gemäß Art. 18 SE-VO, § 6 UmwG der notariellen Beurkundung. Dem haben sich in der Literatur neben anderen Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 50 f.; Drees, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) in Deutschland (2006), 48; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 6 Rn. 11; Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel Rn. 38 angeschlossen; a. A. hingegen Schulz/Geismar, DStR 2001, 1078, 1080; wohl auch Brandes, AG 2005, 177, 182. 76 So früher Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 228; Kallmeyer, Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, GmbHR 2006, 418, 420 sowie zum VRL-Entwurf bereits Halász/Kloster, DStR 2004, 1324, 1326. Anders nun aber Kallmeyer, AG 2007, 472, 474 f., der das Formerfordernis stets der Rechtsordnung entnehmen will, dem die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt.

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keitserfordernisses des Art. 5 Abs. 1 Dritte Richtlinie kompensiert werden.77 Zustimmung verdient indes die Gegenansicht78, die von der Richtlinienkonformität des Formerfordernisses ausgeht. Die Annahme Kallmeyers’ und Kappes’, die VRL bestünde aus Höchstvorschriften, geht fehl.79 Der Ansatz der Richtlinie ist vielmehr ein kollisionsrechtlicher.80 Dort, wo die VRL nicht erkennbar eine abschließende Regelung treffen will, bleibt subsidiär über den Verweis des Art. 4 Abs. 1 b) VRL nationales Verschmelzungsrecht anwendbar, solange nicht die primärrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten verletzt werden.81 Eben dies ist bei der nach § 122c Abs. 4 UmwG erforderlichen notariellen Beurkundung auf Grund des abgemilderten Beurteilungsmaßstabs, dem diese nationale Regelung unterliegt82, nicht der Fall. Das Erfordernis der notariellen Beurkundung bestand bereits bisher bei innerstaatlichen Verschmelzungen und wird zukünftig nicht diskriminierend, d. h. unabhängig von der Provenienz der Verschmelzungspartner, bei Verschmelzungen unter Beteiligung einer deutschen Gesellschaft zu beachten sein. Die Festsetzung des Formerfordernisses einer notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans durch den nationalen Gesetzgeber in § 122c Abs. 4 UmwG ist mithin europarechtskonform.83 (2) Konsequenzen für die Beurkundung der Satzung Die erforderliche notarielle Beurkundung des gesamten Verschmelzungsplans macht die andernfalls bei der Hineinverschmelzung nach § 23 Abs. 1 AktG bzw. § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG erforderliche separate Beurkundung der Satzung entbehrlich.84 Allerdings wird bei einer Beteiligung von mit77 Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 227, 228; ähnlich auch Kallmeyer, Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, GmbHR 2006, 418, 420. 78 H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 288; ders., ZIP 2004, 1790, 1793 bereits zum VRL-Entwurf; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 402 f.; Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 54; ebenso zum VRL-Entwurf Mau/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2637, die in rechtshistorischer Argumentation eine Parallele zum Richtlinienvorschlag von 1985 ziehen, der in Art. 5 Abs. 2 eine öffentliche Beurkundung des Verschmelzungsplans vorsah, sobald das Recht eines Mitgliedstaates dies vorschreibe. Keine Zweifel an der Richtlinienkonformität des Formerfordernisses haben offenbar auch Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 341; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 727. 79 Zur Regelungssystematik der VRL siehe ausführlich unter 3. Teil B. II. 80 So auch Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 51. 81 Siehe unter 3. Teil B. II 2. b). 82 Siehe auch hierzu 3. Teil B. II. 2. b). 83 Im Ergebnis auch Frenzel, RIW 2008, 12, 16. 84 Vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

bestimmten Gesellschaften an der Verschmelzung auf Grund des dann regelmäßig durchzuführenden langwierigen Verfahrens zur Aushandlung der zukünftigen Mitbestimmung85 der endgültige Satzungsinhalt im Zeitpunkt der Verschmelzungsbeschlüsse noch nicht feststehen. Es empfiehlt sich dann, der beschließenden Gesellschafterversammlung zunächst den Entwurf des Verschmelzungsplans zur Abstimmung vorzulegen86 und nach Abschluss der Verhandlungen der Mitbestimmung eine Nachbeurkundung des Verschmelzungsplans vornehmen zu lassen.87 Einwände gegen die Zulässigkeit einer Nachbeurkundung im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall sind nicht ersichtlich.88 cc) Verpflichtung zur Zuleitung des Verschmelzungsplans an den Betriebsrat? Nicht selten wird über den Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG § 5 Abs. 3 UmwG auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall für anwendbar gehalten und eine Verpflichtung der Unternehmensleitungen deutscher Gesellschaften zur Zuleitung des Verschmelzungsplans an deren Betriebsräte befürwortet.89 Eine Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 UmwG bei grenzüberschreitenden Transaktionen ist hingegen abzulehnen.90 Mit § 122c UmwG hat der Gesetzgeber eine abschließende Spezialregelung getroffen. § 122c Abs. 2 UmwG zählt den Mindestinhalt des Verschmelzungsplans, auch soweit er dem eines Verschmelzungsvertrags entspricht, abschließend auf, § 122c Abs. 3 UmwG wiederholt die Regelung des § 5 Abs. 2 UmwG, § 122c Abs. 4 UmwG das Erfordernis der notariellen Beurkundung nach 85

Siehe hierzu ausführlich unter 4. Teil A. IV. 1. Vgl. § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 4 Abs. 2 UmwG. 87 Ebenso für die Verschmelzung zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 169. 88 Vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 20 SE-VO Rn. 9; C. Schäfer, in: MünchKomm. zum AktG (2006), Art. 20 SE-VO Rn. 6; Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 96 f.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 175; Ch. Teichmann, ZGR 2003, 367, 374 (Fn. 29). 89 Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 60 f.; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 727; dies., RIW 2006, 81, 84 sowie Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Special 3/2006, 1, 14 auf der Grundlage der VRL; Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2638 bereits auf der Grundlage des Richtlinienvorschlags zur VRL. 90 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 29 ff.; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 44; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 836, 837; im Ergebnis auch DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740. 86

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§ 6 UmwG.91 §§ 5, 6 UmwG werden von § 122c UmwG daher vollständig verdrängt, der Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG greift nicht. Dieser differenzierten Beteiligung des Betriebsrats an einer Verschmelzung, je nachdem, ob es sich um eine innerstaatliche oder aber eine grenzüberschreitende handelt, steht ein zwingendes Informationsbedürfnis der Arbeitnehmer nicht entgegen. Durch die ausnahmslose Pflicht zur Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, die im Übrigen allein auf Grund richtlinienwidriger Umsetzung der VRL nicht in der gleichen Frist wie – bei der innerstaatlichen Verschmelzung – die Zuleitung eines Verschmelzungsvertrages an den Betriebsrat nach § 5 Abs. 3 UmwG vorzunehmen ist92, wird es den Arbeitnehmervertretern ein Leichtes sein, den Text des Plans zu erhalten. Ein Informationsdefizit der Arbeitnehmer entsteht bereits aus diesem Grunde nicht. Zudem werden die für die Arbeitnehmerschaft relevanten Aspekte der Verschmelzung im Verschmelzungsbericht erläutert und den Arbeitnehmern bzw. ihren Vertretungen zugänglich gemacht.93 d) Abstimmungsbedarf in der Praxis Das auf Art. 5 VRL zurückgehende Erfordernis der gemeinsamen Aufstellung eines Verschmelzungsplans und die von § 122c Abs. 4 UmwG geforderte notarielle Beurkundung des Plans werden in der Praxis eine enge Abstimmung zwischen den Verschmelzungspartnern erforderlich machen.94 aa) Sprache des Verschmelzungsplans Fraglich ist bereits, in welcher Sprache der Plan aufzustellen ist. Da der Plan im weiteren Verlauf der Verschmelzung zur Information von Gesellschaftern und Gläubigern jeder Gesellschaft in den entsprechenden nationalstaatlichen Registern bekannt zu machen ist und die Versammlung der Anteilsinhaber einer jeden Gesellschaft zudem dem Verschmelzungsplan zustimmen muss, erscheint die einsprachige Aufstellung des Plans aus Gründen effektiven Drittrechtsschutzes rechtlich fragwürdig, im Übrigen jedenfalls nicht praktikabel. Jedenfalls aus Sicht des deutschen Rechts macht die später erforderliche Einreichung des Plans beim Handelsregister und die 91

Vgl. Begr. RegE zu § 122c UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15. Siehe unter 4. Teil A. II. 2. b). 93 Ebenso Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 29; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122c Rn. 44. Siehe auch unter 4. Teil A. II. 4. 94 Vgl. hierzu das instruktive Beispiel der Verschmelzung einer Limited auf eine GmbH bei J. Tebben/T. Tebben, DB 2007, 2355, 2357 f. 92

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damit nach § 8 FGG i. V. m. § 184 GVG verbindliche deutsche Gerichtssprache eine deutschsprachige Version – zumindest als Übersetzung95 – erforderlich.96 Der Plan ist daher mehrsprachig abzufassen. Es empfiehlt sich, die Maßgeblichkeit einer Version festzulegen.97 Einer solchen Absprache unter den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften kann dabei freilich nur interne Wirkung zukommen. Der Gleichlaut des beschlossenen Verschmelzungsplans ist nach den Art. 11 Abs. 1 Satz 2 VRL umsetzenden Vorschriften des nationalen Rechts Bedingung für eine erfolgreich verlaufende Rechtmäßigkeitsprüfung.98 Der Verschmelzungsplan ist aus Sicht der für die Überprüfung zuständigen Stelle daher in allen Sprachfassungen verbindlich.99 Um die inhaltliche Übereinstimmung der verschiedenen sprachlichen Versionen für die Gesellschafter und – später – für die die Registereintragung der Verschmelzung vornehmende Stelle leichter nachprüfbar zu machen, erscheint eine synoptische Darstellung vorzugswürdig. Ein solches Vorgehen ist bei Verschmelzungen zur SE bereits erfolgreich praktiziert worden.100 bb) Doppelbeurkundung vs. Auslandsbeurkundung Zum Erfordernis der Beurkundung des Verschmelzungsplans nach § 122d Abs. 4 UmwG ist zunächst festzuhalten, dass sich das deutsche Formerfordernis wegen des der VRL zu Grunde liegenden kollisionsrechtlichen Ansatzes101 bei Anwendung der herrschenden modifizierten Vereinigungstheorie102 gegenüber ausländischen Formerfordernissen in aller Regel als strenger durchsetzen wird.103 Denkbar bleibt, dass auch die Rechtsordnung eines 95 Dazu, dass die Einreichung einer Übersetzung des Verschmelzungsplans beim Registergericht ausreichend ist, vgl. Heckschen, DNotZ 2007, 444, 458; J. Tebben/T. Tebben, DB 2007, 2355, 2357. 96 Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 59; Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 33 (Fn. 109); Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 341 (Fn. 7); Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 24. 97 Ähnlich bei der Verschmelzung zur SE J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 170; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 34. 98 Vgl. § 122l Abs. 2 UmwG. 99 Ähnlich bei der Verschmelzung zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 177, der die Möglichkeit, intern die Maßgeblichkeit einer Sprachfassung zu vereinbaren, allerdings nicht anspricht. 100 Vgl. den Verschmelzungsplan zur Verschmelzung der Riunione Adriatica di Sicurtà (RAS S. p. A.) auf die Allianz AG; abrufbar unter http://www.allianz.com/ migration/images/pdf/saobj_1007982_allianz_merger_und_einlegeblatt.pdf. 101 Siehe hierzu unter 3. Teil B. II. 2. b). 102 Siehe hierzu unter 4. Teil D. I. 2. b). 103 Ein Formwahlrecht besteht hingegen nach ganz herrschenden Lehre nicht, da Art. 11 EGBGB auf Verschmelzungen als gesellschaftsrechtlichem Verfassungsakt

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Verschmelzungspartners die Beurkundung des Verschmelzungsplans erfordert.104 In diesem Fall stellt sich die Frage, ob eine doppelte Beurkundung des Verschmelzungsplans erforderlich ist oder die Beurkundung durch einen ausländischen Notar in Deutschland bzw. die Beurkundung durch einen deutschen Notar im Ausland anerkannt wird. Das gleiche Problem stellt sich auch dann, wenn die beteiligte ausländische Rechtsordnung selber keine Beurkundung des Verschmelzungsplans vorsieht, eine Beurkundung in Deutschland aber nicht sinnvoll erscheint, da die maßgebliche Planfassung nicht in deutscher Sprache verfasst ist, oder aus Kostengründen eine Beurkundung im Staat des ausländischen Verschmelzungspartners oder gar in einem Drittstaat bevorzugt wird. Die bereits zur innerstaatlichen Verschmelzung105 – hier wäre die Auslandsbeurkundung aus Kostengründen interessant – und bei der Verschmelzung zur SE106 geführte Diskussion kann für grenzüberschreitende Verschmelzungen nach den neuen §§ 122a ff. UmwG hier nur aus Sicht des deutschen Rechts beantwortet werden. Dabei ist zweierlei festzustellen: Für innerstaatliche Verschmelzungen wird die Möglichkeit einer Auslandsbeurkundung in Rechtsprechung107 und Literatur108 überwiegend abgelehnt. Die restriktive Haltung wird heute vorrangig mit den mangelnden nicht anwendbar ist, vgl. zur innerstaatlichen Verschmelzung LG Kiel DB 1997, 1223; LG Augsburg, NJW-RR 1997, 420; Brück, DB 2004, 2409, 2411 m. w. N.; im Zusammenhang der grenzüberschreitenden Verschmelzung ausführlich Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 270 ff.; auch Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 174. 104 Sofern keine Sonderregelung für die grenzüberschreitende Verschmelzung geschaffen wird, ist mit einer Beurkundungspflicht des Verschmelzungsplans etwa auch in Österreich zu rechnen. § 222 öAktG verlangt dort für innerstaatliche Verschmelzungen bereits bisher die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsvertrags. 105 Vgl. statt vieler Brück, DB 2004, 2409 ff.; Kröll, ZGR 2000, 111 ff.; Goette, DStR 1996, 709 ff.; Schervier; NJW 1992, 593 ff. 106 Vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 34 f.; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 53; Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 97 f.; Hügel, in: Kalss/Hügel, SE-Komm. (2004), § 17 Rn. 6; Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 554. 107 LG Augsburg, NJW-RR 1997, 420; AG Köln, DB 1989, 2014; a. A. LG Nürnberg-Fürth, NJW 1992, 633. 108 Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 6 Rn. 11; Haerendel, DStR 2001, 1802, 1804; Goette, DStR 1996, 709, 712 f.; Bredthauer, BB 1986, 1864, 1868; auch Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 6 Rn. 8, Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 6 Rn. 17 sowie Schervier; NJW 1992, 593, 596, falls der ausländische Notar nicht wie ein deutscher Notar haftet; a. A. Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 6 UmwG Rn. 8 ff., 12; Kröll, ZGR 2000, 111, 150.

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Kenntnissen des ausländischen Notars im materiellen deutschen Verschmelzungsrecht begründet.109 Dagegen wird bei der Verschmelzung zur SE eine weitergehende Zulässigkeit von Auslandsbeurkundungen gerade mit der entsprechenden Argumentation befürwortet, dass es hierbei in erster Linie um die Überprüfung der korrekten Befolgung europäischen Rechts – i. e. der SE-VO – gehe, die überlegenen Rechtskenntnisse des deutschen Notars im deutschen Verschmelzungsrecht dann aber einen Ausschluss von Auslandsbeurkundungen nicht zu rechtfertigen vermögen.110 Dies überzeugt auch für grenzüberschreitende Verschmelzungen nach den in Umsetzung der VRL erlassenen nationalstaatlichen Vorschriften.111 Zwar ist die rechtmäßige Aufstellung des Verschmelzungsplans hierbei an nationalem Recht, für deutsche Gesellschaften an § 122c UmwG zu prüfen. Da die VRL die Mitgliedstaaten aber gerade nicht ermächtigt, zusätzliche Pflichtangaben für den Verschmelzungsplan vorzusehen, nationale Besonderheiten bei der Planaufstellung also weitestgehend auszuschließen sind, ist die Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit eines Verschmelzungsplans auch von Notaren aus dem EU-Ausland zu bewerkstelligen. Freilich sind diese Überlegungen zur Auslandsbeurkundung bloße Theorie und wenig hilfreich, solange das für die Rechtmäßigkeitsprüfung und Eintragung der Verschmelzung zuständige deutsche Registergericht anderer Ansicht ist und die Auslandsbeurkundung für unzulässig hält. Ein klarstellendes Wort des Gesetzgebers in § 122c Abs. 4 UmwG wäre hier wünschenswert gewesen.112 Stattdessen beschränkt er sich darauf, für Auslandsbeurkundungen auf das allgemeine Erfordernis der Gleichwertigkeit zu verweisen.113 109 LG Augsburg, NJW-RR 1997, 420; AG Köln, DB 1989, 2014; Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 6 Rn. 11; Haerendel, DStR 2001, 1802, 1804; Goette, DStR 1996, 709, 712 f.; Bredthauer, BB 1986, 1864, 1868; vgl. hierzu auch die Entscheidung BGHZ 105, 324, 338, auf der diese Argumentation aufbaut; abweichend aber Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 6 Rn. 8; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 6 Rn. 17. 110 Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 53; Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 97 f.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SEKommentar (2008), Art. 20 SE-VO Rn. 8; ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 35; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 20 SE-VO Rn. 50; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 176. 111 Im Ergebnis ebenso H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1793; a. A. Heckschen, DNotZ 2007, 444, 457 f.; ders., in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122c UmwG Rn. 192 ff. 112 Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 842; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 341 (Fn. 6); bereits zum SEAG Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 98; Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 38. 113 Vgl. Begr. RegE zu § 122c UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15.

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Verschmelzungswilligen Gesellschaften kann vorerst nur eine enge Absprache mit den zuständigen Registergerichten zu mehr Rechtssicherheit verhelfen.114 2. Bekanntmachung des Verschmelzungsplans Abgesehen von einem durch Art. 6 Abs. 2 VRL verbindlich festgelegten Mindestinhalt der Bekanntmachung, der in nationales Recht umzusetzen war, richten sich die Bekanntmachungen des Verschmelzungsplans nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht, dem die beteiligten Gesellschaften unterliegen.115 Eine Bekanntmachung muss spätestens einen Monat vor der über den Verschmelzungsplan beschließenden jeweiligen Gesellschafterversammlung erfolgen. Die Regelung der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans in § 122d UmwG wirft dabei einige Detailfragen auf. a) Nationale Umsetzung des Art. 6 VRL – Grundlagen aa) Umsetzung des Art. 6 Abs. 1 VRL § 122d Nr. 1 UmwG- setzt Art. 6 Abs. 1 VRL um und sieht vor, dass die Bekanntmachung auch einen Hinweis darauf enthalten muss, dass der Verschmelzungsplan beim Handelsregister eingereicht worden ist. Die Vorschrift des § 122d Nr. 1 UmwG wäre für die Rechtsformen der AG, SE sowie der KGaA überflüssig gewesen, wiederholt sie doch die andernfalls über den Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG zur Anwendung gelangende wortgleiche Regelung des § 61 Satz 2 UmwG bzw. §§ 78, 61 Satz 2 UmwG. Anders als bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen, führt § 122d Nr. 1 UmwG dieses Bekanntmachungserfordernis nun bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung aber für alle Kapitalgesellschaften, insbesondere also auch für die GmbH ein.116 Dass sich der deutsche Gesetzgeber dabei in Bezug auf den eingereichten Verschmelzungsplan bzw. dessen Entwurf mit einer Hinweisbekanntmachung begnügt, steht in Einklang mit 114

So bereits zur innerstaatlichen Verschmelzung Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 6 UmwG Rn. 12; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 6 Rn. 17. 115 Vgl. Art. 6 Abs. 1, 2 VRL. 116 Ohne die Spezialregelung des § 122d Nr. 1 UmwG wäre für die GmbH in richtlinienkonformer Auslegung des Art. 6 Abs. 1 VRL über § 122a Abs. 2 UmwG § 10 HGB zur Anwendung gekommen. In diesem Fall hätte eine GmbH den gesamten Verschmelzungsplan bekannt machen lassen müssen, während für andere Rechtsformen lediglich eine Hinweisbekanntmachung erforderlich gewesen wäre, vgl. Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 727; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 403.

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Art. 3 Abs. 4 Richtlinie 68/151/EWG (Publizitätsrichtlinie)117 und damit auch in Einklang mit Art. 6 Abs. 1 VRL.118 bb) Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 VRL § 122d Nr. 1 bis 3 UmwG übernimmt die inhaltlichen Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 VRL. Bekannt zu machen sind demnach die Rechtsform, die Firma und der Sitz aller an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die Register, bei denen die beteiligten Gesellschaften eingetragen sind, inklusive der Nummern ihrer Eintragungen sowie ein Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger und der Minderheitsgesellschafter der beteiligten Gesellschaften sowie die Anschrift, unter der vollständige Auskünfte über diese Modalitäten kostenlos eingeholt werden können. Die Angaben sind dem Handelsregister nach § 122d Satz 3 UmwG bei Einreichung des Verschmelzungsplans oder seines Entwurfs mitzuteilen. b) Zeitpunkt der Bekanntmachung Der Verschmelzungsplan ist nach § 122d UmwG spätestens einen Monat vor der beschließenden Versammlung der Anteilsinhaber zum Handelsregister einzureichen; das Registergericht trifft die Pflicht zur unverzüglichen Bekanntmachung nach § 10 HGB. Die Bekanntmachung erfolgt damit seit Inkrafttreten des EHUG am 1. Januar 2007 in elektronischer Form.119 Diese Regelung des § 122d Satz 1 UmwG erfüllt die Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 VRL nicht und ist damit richtlinienwidrig.120 Die Richtlinie erfordert 117 Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEG Nr. L 065 v. 14.3.1968, 8 ff. 118 Louven, ZIP 2006, 2021, 2025. 119 Vgl. Art. 1 Nr. 2 und Art. 13 Abs. 2 des Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), BGBl. I-2006, 2553 ff. 120 So im Ergebnis auch Louven, ZIP 2021, 2025; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122d UmwG Rn. 8; zumindest zweifelnd Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122d Rn. 8 (Fn. 12); Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 839 sowie der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BR-Drucks. 548/06, 6. Die Bundesregierung verwirft hingegen die Bedenken des Bundesrates mit Hinweis auf den bisher unbeanstandeten § 61 UmwG, Begr. RegE zu § 122d UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15.

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die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans spätestens einen Monat vor der darüber beschließenden Gesellschafterversammlung. Demgegenüber setzt die deutsche Regelung eben diese Frist für die Einreichung des Verschmelzungsplanes zum Register. Zwar wird sich das Bekanntmachungsverfahren seit Einführung des neuen § 10 HGB durch das EHUG durch die nun vorgesehene elektronische Form der Bekanntmachung beschleunigen. Zumindest in Fällen einer Einreichung der in § 122d UmwG geforderten Unterlagen zu dem im UmwG vorgesehenen spätest möglichen Zeitpunkt wird dem Registergericht eine im Sinne der VRL rechtzeitige Bekanntmachung jedoch nicht möglich sein.121 Auch wenn diese mangelhafte Umsetzung des Art. 6 Abs. 1 VRL nicht zu Lasten der einreichungspflichtigen Gesellschaft gewertet werden darf, ist dieser die zeitige Einreichung der Unterlagen im Vorfeld der den Verschmelzungsbeschluss fassenden Versammlung der Anteilsinhaber anzuraten. Aufgabe des Gesetzgebers aber wird es sein, an dieser Stelle eine richtlinienkonforme Anpassung des UmwG an die VRL vorzunehmen. c) Verzichtbarkeit der Bekanntmachung? Bei der innerstaatlichen Verschmelzung einer AG, SE oder einer KGaA fordern § 61 UmwG bzw. §§ 78, 61 UmwG die Einreichung und Bekanntmachung des Verschmelzungsvertrages beim bzw. durch das Registergericht. Ein nicht unerheblicher Teil der Literatur geht hierbei davon aus, dass die Vorschrift ausschließlich dem Informationsinteresse der Anteilsinhaber – in diesem Fall der Aktionäre – diene, diese daher auf Einreichung und Bekanntmachung verzichten könnten.122 Dem kann jedenfalls für die Parallelvorschrift zur grenzüberschreitenden Verschmelzung des § 122d UmwG nicht gefolgt werden.123 Wie § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG in getreuer Umsetzung der VRL deutlich werden lässt, dient die Einreichung und Bekanntmachung des Verschmelzungsplans hier auch der Information der Gläubiger. Bereits der Richtliniengeber hebt diesen drittschützenden Charakter der Regelung hervor.124 121 Ähnlich Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122d UmwG Rn. 8. 122 Marsch-Barner, in: Kallmeyer (2006), § 61 Rn. 1; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 61 Rn. 4; Schuhmacher, Das Informationssystem der Verschmelzung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften (2004), 162 f.; Diekmann, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 61 Rn. 5, 17; a. A. Rieger, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 61 UmwG Rn. 7.1. 123 Ebenso H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 288; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122d UmwG Rn. 30. 124 Vgl. Erwägungsgrund (5) zur VRL, nach dem die Bekanntmachung dem Schutz der Interessen der Gesellschafter und Dritter dient. Hierzu auch H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 288 (Fn. 36).

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Zur Disposition der Anteilsinhaber steht hingegen die Monatsfrist des § 122d Satz 1 UmwG.125 Dass Gläubiger ihre Forderungen bei einer Hinausverschmelzung gemäß § 122j Abs. 1 Satz 2 UmwG binnen zwei Monaten nach der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans bzw. des Planentwurfs anmelden können, macht deutlich, dass die Einhaltung der Einreichungsfrist nicht dem Schutz der Gläubiger dient.126 Da den Gläubigern ein Recht auf Sicherheitsleistung nach § 122j Abs. 2 UmwG nur im Hinblick auf solche Forderungen zustehen kann, die vor oder bis zu fünfzehn Tage nach der Bekanntmachung entstanden sind, ist das Hinauszögern der Einreichung und damit auch der Bekanntmachung in der Praxis jedoch regelmäßig nicht zu empfehlen. d) Einheitlichkeit der Bekanntmachung Bezüglich des Zeitpunktes der Bekanntmachung der nach Art. 6 VRL geforderten Angaben ist davon auszugehen, dass alle in Art. 6 Abs. 1, 2 VRL geforderten Angaben zu einem einheitlichen Zeitpunkt bekannt gemacht werden müssen.127 Hierfür spricht die an dieser Stelle von der SE-VO abweichende Konzeption der VRL128 sowie die im Singular gewählte Überschrift des Art. 6 VRL („Bekanntmachung“). Auch nach der – zustimmungswürdigen – Auffassung des nationalen Gesetzgebers, die in der Umsetzungsvorschrift des § 122d UmwG ihren Ausdruck gefunden hat, handelt es sich bei den in Art. 6 Abs. 2 VRL geforderten Angaben um Mindestangaben, die im Rahmen einer einheitlichen Bekanntmachung zusammen mit dem Verschmelzungsplan spätestens einen Monat vor der über die Verschmelzung beschließenden Gesellschafterversammlung bekannt zu machen sind.129 125

Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122d Rn. 12. Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122d Rn. 12. 127 Demgegenüber wird die Frage des Bekanntmachungszeitpunktes in der Literatur nicht angesprochen und wohl ganz überwiegend ohne weitere Begründung von einem einheitlichen Zeitpunkt ausgegangen, vgl. H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 288; Kiem, WM 2006, 1091, 1095; Neye/B. Timm, DB 2006, 488, 489; Kallmeyer/ Kappes, AG 2006, 224, 232. 128 Die SE-VO fordert in Art. 21 SE-VO nicht die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans; ein solches Erfordernis ergibt sich erst aus § 61 UmwG. Für die Verschmelzung zur SE fordert die SE-VO demnach nicht zwangläufig eine einheitliche Bekanntmachung. Dennoch wurde die einheitliche Bekanntmachung des Verschmelzungsplans und der zusätzlich in Art. 21 SE-VO geforderten Angaben spätestens einen Monat vor der über die Verschmelzung beschließenden Hauptversammlung zumindest für zweckmäßig, überwiegend gar für geboten gehalten; vgl. hierzu Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 21 SE-VO Rn. 7; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 21 Rn. 19; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 190; Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 422. Dieser Forderung der Wissenschaft entsprach der Gesetzgeber mit § 5 SEAG. 126

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e) Anforderungen des § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG an die Bekanntmachung § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG setzt Art. 6 Abs. 2 c) VRL fast Wort für Wort in nationales Recht um. Gefordert ist danach die Bekanntmachung eines Hinweises auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger und der Minderheitsgesellschafter der beteiligten Gesellschaften sowie die Anschrift, unter der vollständige Auskünfte über diese Modalitäten kostenlos eingeholt werden können. Auch im Zeitalter des Internets bleibt hierbei die Angabe einer postalischen Anschrift erforderlich, die eher als die Angabe einer Internetadresse die zur Auskunftserteilung angerufenen Personen erkennbar werden lässt.130 aa) Keine Beschränkung auf die eigene Gesellschaft Gegenstand der Bekanntmachung ist nach dem eindeutigen Wortlaut der VRL zunächst ein Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter in jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften. Das heißt, dass auch im deutschen Handelsregister Hinweise auf gegebenenfalls bestehende Rechte der Gesellschafter und Gläubiger der ausländischen Verschmelzungspartner gegeben werden müssen.131 Die Anforderungen an die Bekanntmachung unterscheiden sich in diesem Punkt von denen des Art. 21 c), d) SE-VO, der lediglich Hinweise auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger bzw. Minderheitsgesellschafter „der betreffenden Gesellschaft“ fordert.132 Für ein Redaktionsversehen des Richtliniengebers bei der Formulierung des Art. 6 Abs. 2 c) VRL fehlt hier jeglicher Anhaltspunkt. Vielmehr wird der zu129

Begr. RegE zu § 122d UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15. Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 107 f. mit weitergehenden Ausführungen zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Auskünfte. 131 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122d UmwG Rn. 14; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122d Rn. 18; DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740; wohl auch Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 107. Demgegenüber wird dieser Unterschied in den Formulierungen von VRL und SE-VO nicht selten übersehen und von einem Gleichlauf des Bekanntmachungserfordernis in diesem Punkt ausgegangen, vgl. Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 727 (Fn. 29); Neye/B. Timm, DB 2006, 488, 489; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 403; Kiem, WM 2006, 1091, 1095 (Fn. 45). 132 Vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 21 SE-VO Rn. 6 f.; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 21 Rn. 11; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 188. Art. 19 Abs. 3 des geänderten Vorschlags einer SE-VO von 1991, ABlEG Nr. C-176/1 v. 8.7.1991, entsprach in seiner Konzipierung hingegen noch dem Art. 6 Abs. 2 c) VRL. 130

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sätzliche Hinweis auf die bestehenden Rechte der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter der ausländischen Verschmelzungspartner dem Vorschriftszweck einer effektiven Information der beiden Gruppen weit mehr gerecht als Art. 21 c), d) SE-VO. Zum einen ist deutschen Gläubigern der ausländischen verschmelzenden Gesellschaft mit einem deutschsprachigen Hinweis auf ihre Rechte im deutschen Handelsregister mehr geholfen als die alleinige Bekanntmachung im Register ihrer Schuldnergesellschaft. Zum anderen haben gerade Gesellschafter der ausländischen Verschmelzungspartner vor dem Hintergrund ihrer nach Art. 10 Abs. 3 VRL für die Durchführbarkeit von deutschen Spruchverfahren erforderlichen Zustimmung ein evidentes Interesse an einer frühzeitigen und umfassenden Aufklärung über die Rechte der Minderheitsgesellschafter der deutschen Gesellschaft. bb) Angabe der Rechte von Gläubigern, Anleihegläubigern und Sonderrechtsinhabern Die Pflicht zur Angabe der Gläubigerrechte umfasst neben einem Hinweis auf den Gläubigerschutz nach § 22 UmwG – bei der Hineinverschmelzung – bzw. nach § 122j UmwG – bei der Hinausverschmelzung – auch die Angabe etwaiger Rechte von Anleihegläubigern und Sonderrechtsinhabern.133 Zwar spricht § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG wie der ihm zugrundeliegende Art. 6 Abs. 2 c) VRL nur die Rechte der Gläubiger an, während Art. 4 Abs. 2 VRL zwischen dem Schutz der Gläubiger, der Anleihegläubiger sowie der Inhaber sonstiger Anteile differenziert. Ein entsprechendes Informationsbedürfnis liegt aber auch bei Anleihegläubigern und Sonderrechtsinhabern vor. Eine am Europarecht ausgerichtete Auslegung des Gläubigerbegriffs sollte zudem, dem Gebot der Freiheit von Widersprüchen innerhalb einer Rechtsordnung folgend, vergleichbare Quellen des Sekundärrechts bemühen.134 Die SE-VO versteht unter Gläubigerrechten eben aber auch Rechte der Anleihegläubiger und der Sonderrechtsinhaber.135 cc) Angabe der Rechte der Minderheitsgesellschafter Ein hinreichender Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Minderheitsgesellschafter umfasst zunächst den Hinweis auf den 133

Siehe hierzu auch unter 4. Teil A. II. 12. sowie – für die Hinausverschmelzung unter 4. Teil A. III. 3. c). 134 Ähnlich Lutter, JZ 1992, 593, 603. 135 Vgl. Art. 24 Abs. 1 b), c) SE-VO.

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nach §§ 29 ff. UmwG – für spezielle Fälle der Hineinverschmelzung136 – bzw. nach § 122i UmwG – im Falle einer Hinausverschmelzung – gewährleisteten Gesellschafterschutz. Aber auch die nach § 122h UmwG bestehenden Rechte sind anzugeben. Zwar kann ein Spruchverfahren zur Überprüfung und Verbesserung des Umtauschverhältnisses nicht ausschließlich von Minderheitsgesellschaftern betrieben werden. Da Mehrheitsgesellschaftern auch ohne Spruchverfahren aber der Weg bliebe, die Verschmelzung und ein zu niedrig bemessenes Umtauschverhältnis über die Versagung eines positiven Verschmelzungsbeschlusses zu verhindern, dient auch § 122i Abs. 1 UmwG faktisch in besonderem Maße dem Minderheitenschutz. Sollte bei Einreichung des Verschmelzungsplans zum Handelsregister auf Grund einer ausstehenden Zustimmung der Gesellschafterversammlung der ausländischen Gesellschaft137 noch nicht feststehen, inwieweit den Gesellschaftern einer übertragenden deutschen Gesellschaft – also in Fällen der Hineinverschmelzung zur Neugründung oder der Hinausverschmelzung – ein Spruchverfahren zur Kontrolle des Umtauschverhältnisses bzw. einer Barabfindung offen steht, so ist hierauf ebenfalls hinzuweisen und die Bedeutung einer unterbleibenden bzw. erfolgenden späteren Zustimmung für die Gesellschafterrechte aufzuzeigen. 3. Einleitung des Verfahrens zur Aushandlung der Arbeitnehmermitbestimmung Der Zeitaufwand zur Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen wird in hohem Maße vom Verlauf der Verhandlungen über die Unternehmensmitbestimmung abhängen. Die möglichst frühzeitige Einleitung des Verhandlungsverfahrens ist ein erster Schritt, hierbei keine unnötige Zeit zu verlieren. § 6 Abs. 1, 2 MgVG fordert diesbezüglich in Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 a) VRL i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/86/EG (SERL) die Einleitung des Verhandlungsverfahrens unmittelbar nach Offenlegung des Verschmelzungsplans. Offenlegung meint die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans im Handelsregister nach § 122d UmwG.138 Spätestens mit Bekanntmachung des Verschmelzungsplans ist das Verfahren demnach von den Unternehmensleitungen für die jeweilige Gesellschaft einzuleiten. Allerdings kann die Einleitung des Verhandlungsverfahrens be136

Siehe zur Anwendbarkeit des § 29 UmwG bei Hineinverschmelzungen zur Neugründung unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (2). 137 Vgl. Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL. 138 Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 32; zur SE-Verschmelzung Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 40; Brandes, AG 2005, 177, 184; Walden/Meyer-Landrut, DB 2005, 2119, 2126.

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reits früher erfolgen, sobald die Unternehmensleitung in der Lage ist, die von § 6 Abs. 2, 3 MgVG zur Bildung des Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) erforderlichen Angaben zu machen.139 Um eine zusammenhängende Darstellung des Verhandlungsverfahrens, das einen Großteil des übrigen Verschmelzungsprozesses zeitlich begleitet, anbieten zu können, sei seiner Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt der Untersuchung ein eigener Abschnitt gewidmet.140 4. Berichte der Leitungs- oder Verwaltungsorgane Im Gegensatz zum VRL-Vorschlag 2003141 trifft die VRL für die Verschmelzungsberichte der Leitungs- oder Verwaltungsorgane der verschmelzenden Gesellschaften in Art. 7 VRL eigene Regelungen.142 Trotz ansonsten weitgehender Anwendbarkeit nationalen Verschmelzungsrechts sind daher zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hinsichtlich des Verschmelzungsberichts einige Besonderheiten zu berücksichtigen. a) Die Vorgaben der Richtlinie, Art. 7 VRL Das Leitungs- oder Verwaltungsorgan jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften hat einen Bericht zu erstellen, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte des Vorhabens erläutert und begründet sowie die Auswirkungen auf die Gesellschafter, die Gläubiger und die Arbeitnehmer dargelegt werden.143 Der weitere Inhalt der Berichte richtet sich über den Verweis des Art. 4 Abs. 1 b) VRL nach dem jeweils einschlägigen nationalen Recht. Die VRL sieht des Weiteren vor, dass der Bericht neben den Gesellschaftern auch den Vertretern der Arbeitnehmer oder – wenn es eine Vertretung nicht gibt – den Arbeitnehmern direkt spätestens einen Monat vor der über die Verschmelzung beschließenden Gesellschafterversammlung zugänglich zu machen ist.144 Eine rechtzeitige Stellungnahme der Arbeit139 Ähnlich Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 32; zur SE-Verschmelzung Kleinsorge, in: Nagel/Freis/Kleinsorge, Kommentar zum SEBG (2005), § 4 SEBG Rn. 9; Oetker, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 277, 292; Walden/Meyer-Landrut, DB 2005, 2119, 2126. 140 Siehe unter 4. Teil A. IV. 141 Vgl. KOM (2003) 703 endgültig. 142 Dass aber auch der Richtlinienvorschlag von der Notwendigkeit eines Verschmelzungsberichts ausging, macht seine Erwähnung in Art. 13 Abs. 2 deutlich. Zur Notwendigkeit eines Verschmelzungsberichts H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1793; Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2637. 143 Vgl. Art. 7 Satz 1 VRL. 144 Vgl. Art. 7 Satz 2 VRL.

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nehmervertretung ist dem Bericht beizufügen, wenn nationales Recht eine solche Möglichkeit vorsieht.145 b) Nationale Umsetzung und zusätzliche Erfordernisse des deutschen Rechts Der Verschmelzungsbericht des Leitungs- oder Verwaltungsorgans der an der Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaft hat in § 122e UmwG seine Regelung gefunden.146 Der Gesetzgeber setzt mit der Vorschrift diejenigen Anforderungen der VRL an den Verschmelzungsbericht um, die dem nationalen Recht bislang unbekannt waren, i. e. die Pflicht, auch die Auswirkungen der Verschmelzung auf Arbeitnehmer und Gläubiger147 zu erläutern sowie die Vorgabe, den Bericht auch der Arbeitnehmerseite zugänglich zu machen. Daneben hat der Bericht die Anforderungen des § 8 Abs. 1, 2 UmwG zu erfüllen, der über § 122a Abs. 2 UmwG anwendbar ist. Diese weiteren inhaltlichen Anforderungen an den Verschmelzungsbericht bringen keine spezifischen Anforderungen mit sich, die nicht bereits bei der innerstaatlichen Verschmelzung148 bzw. der Verschmelzung zur SE149 hinreichende Erläuterung gefunden hätten. Abseits inhaltlicher Anforderungen lassen die Vorschriften zum Verschmelzungsbericht hingegen gleich mehrere Zweifelsfragen offen. aa) Die Adressaten des Verschmelzungsberichts Noch nach § 122e Satz 2 des damaligen Referentenentwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes war unklar, gegen145

Vgl. Art. 7 Satz 3 VRL. § 122a Abs. 2 UmwG verpflichtet über § 8 UmwG allein die Vertretungsorgane der beteiligten deutschen Gesellschaften zur Erstellung eines Verschmelzungsberichts. Dazu dass die Gesetzesformulierung den Fall der Beteiligung einer monistisch organisierten deutschen SE unberücksichtigt lässt, vgl. bereits 4. Teil A. II. 1. c). Das nationale Recht bedarf daher auch an dieser Stelle einer richtlinienkonformen Auslegung. 147 Dass die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Gläubiger zu erläutern sind, entspricht der Vorgabe des Art. 7 Satz 1 VRL. Die Angaben dienen freilich allein dem Allgemeininteresse. § 122e Satz 1 UmwG ist keine gläubigerschützende Vorschrift, die i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB Schadensersatzansprüche der Gläubiger begründen kann. Hierzu und zum fehlenden Anfechtungsrecht der Gesellschafter bei gläubigerbezogenen Falschangaben vgl. Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 108. 148 Vgl. statt vieler Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 8 UmwG Rn. 10 ff.; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 8 Rn. 13 ff. 149 Vgl. hierzu Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 101 ff.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 182 ff. 146

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4. Teil: Die praktische Durchführung

über wem der einmal erstellte Verschmelzungsbericht zugänglich zu machen ist. Die in Umsetzung der VRL damals vorgeschlagene nationale Regelung schien diesbezüglich über die Anforderungen der Richtlinie hinauszugehen. Letztere fordert in Art. 7 Satz 1 VRL die Erstellung jeweils eines Verschmelzungsberichts durch das Leitungs- oder Verwaltungsorgan einer beteiligten Gesellschaft150; dieser Bericht ist anschließend den Gesellschaftern und den Arbeitnehmervertretern bzw. den Arbeitnehmern der eigenen Gesellschaft zugänglich zu machen. Demgegenüber haben Haritz und von Wolff den Referentenentwurf an dieser Stelle zu Recht kritisiert, der missverständlich davon sprach, den Verschmelzungsbericht „den Anteilsinhabern sowie [. . .] den Arbeitnehmern der an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften [. . .] zugänglich zu machen“.151 Die Kritik wurde bereits bei Formulierung des Regierungsentwurfs berücksichtigt, die Vorschrift in klarstellender Weise geändert. Der Verschmelzungsbericht der deutschen Gesellschaft ist damit gemäß § 122e Satz 2 UmwG lediglich ihren Anteilsinhabern und Arbeitnehmervertretungen bzw. gegebenenfalls den Arbeitnehmern zugänglich zu machen. bb) Das Zugänglichmachen des Verschmelzungsberichts (1) Der Begriff des Zugänglichmachens Ist der Adressatenkreis bestimmt, bleibt zu konkretisieren, auf welche Art und Weise der Verschmelzungsbericht den Anteilsinhabern und Arbeitnehmervertretungen bzw. den Arbeitnehmern der eigenen Gesellschaft zugänglich zu machen ist. Bereits zu § 122e Satz 2 des Referentenentwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes war der Begriff des Zugänglichmachens umstritten152. Seit dem Regierungsentwurf herrscht – jedenfalls nach der Vorstellung des Gesetzgebers153 – in dieser Frage nun Klarheit. Das Gesetz übernimmt die Formulierung des Regierungsentwurfs 150 Dazu, inwieweit die VRL die Erstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts zulässt vgl. unter 4. Teil A. II. 4. b) dd). 151 Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 342. 152 Dafür, dass zugänglich machen auch bei der Information der Arbeitsnehmervertreter nicht zuleiten bedeutet Kiem, WM 2006, 1091, 1096 sowie die Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 3 f. Bereits die Auslage des Verschmelzungsberichts oder seine Einstellung in ein Intranet bzw. das Internet sollen für ein Zugänglichmachen danach ausreichend sein. A. A. Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 232, die auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfalle von einer Verpflichtung zur Zuleitung des Verschmelzungsberichts an den Betriebsrat ausgehen. 153 Siehe aber im Anschluss unter 4. Teil A. II. 4. b) bb) (2).

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und sieht in § 122e Satz 2 UmwG eine Zugänglichmachung des Verschmelzungsberichts nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG vor. Sowohl zur Information der Anteilsinhaber als auch der Arbeitnehmer soll demnach die Auslage des Verschmelzungsberichts im Geschäftsraum der Gesellschaft ausreichend sein.154 In Anbetracht des oft enormen Umfangs eines Verschmelzungsberichts begrüßenswert, ist dieser damit jedenfalls nicht jedem Anteilsinhaber, Betriebsrat oder – falls ein Betriebsrat nicht existiert – gar jedem Arbeitnehmer zuzuleiten. (2) Mangelnde Richtlinienkonformität des § 122e Satz 2 UmwG Unter dem Begriff des Geschäftsraums im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG wird allgemein der Ort verstanden, an dem sich die Hauptverwaltung der Gesellschaft befindet.155 Würden §§ 122e Satz 2, 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG allein die Auslage des Verschmelzungsberichts an diesem Ort verlangen, wäre eine effektive Information der Anteilsinhaber und der Arbeitnehmerseite nicht gewährleistet.156 Ein gewisses Maß an Effektivität ist jedoch zu fordern, soll die durch Art. 7 Satz 2 VRL intendierte frühzeitige Information beider Lager nicht leer laufen. Durch Anwendung des § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG allein ist daher keine richtlinienkonforme Information der Anteilsinhaber sowie der Arbeitnehmerseite sichergestellt. (a) Richtlinienkonforme Information der Anteilsinhaber (aa) Richtlinienkonforme Information bei Beteiligung einer AG, SE oder KGaA Einen Weg der richtlinienkonformen Unterrichtung bereitet das UmwG für die Gesellschafter von AG, SE und KGaA. Für diese Gesellschaftsformen war der Verweis des § 122e Satz 2 UmwG auf § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG keineswegs überflüssig. Art. 7 Satz 2 VRL fordert, dass der Verschmelzungsbericht den Gesellschaftern spätestens einen Monat vor der den Verschmelzungsbeschluss fassenden Gesellschafterversammlung zugänglich zu machen ist. § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG statuiert seinerseits die 154

Vgl. Begr. RegE zu § 122e UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15. Rieger, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 63 UmwG Rn. 23; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 63 Rn. 2; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 63 Rn. 2; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 230 UmwG Rn. 5; zu § 175 Abs. 2 AktG Hüffer, AktG (2006), § 175 Rn. 5; a. A. Diekmann, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 63 Rn. 9. 156 A. A. Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 62. 155

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Verpflichtung, den Verschmelzungsbericht von der Einberufung der Hauptversammlung an im Geschäftsraum der Gesellschaft auszulegen. Die Hauptversammlung aber ist nach § 123 Abs. 1 AktG nur noch mindestens dreißig Tage vor dem Tage der Versammlung einzuberufen.157 Obwohl § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG auch über § 122a Abs. 2 UmwG Anwendung findet, musste daher zur korrekten Umsetzung der in Art. 7 Satz 2 VRL geforderten Frist in § 122e Satz 2 UmwG gesondert auf diese Vorschrift verwiesen werden. Um nun eine dem Art. 7 Satz 2 VRL genügende Information der Anteilsinhaber zu gewährleisten, bedarf es zudem der richtlinienkonformen Auslegung von § 63 Abs. 3 UmwG, der seinerseits über § 122a Abs. 2 UmwG Anwendung findet.158 Mit Einberufung der Hauptversammlung, jedenfalls aber einen Monat vor selbiger, spätestens aber zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verschmelzungsbericht am Sitz der Hauptverwaltung der Gesellschaft ausgelegt wird, ist den Aktionären auf Verlangen daher unverzüglich und kostenlos eine Abschrift des Berichts zu erteilen.159 (bb) Richtlinienkonforme Information bei Beteiligung einer GmbH Im Falle der Verschmelzung einer GmbH liegt eine richtlinienkonforme Auslegung des § 63 Abs. 3 UmwG fern. Die Vorschrift ist über § 122a Abs. 2 UmwG allein auf die AG, die SE sowie die KGaA, nicht aber auf die GmbH anwendbar. Ihre richtlinienkonforme Anwendbarkeit auf die GmbH zu begründen, bedürfte daher einer zusätzlichen Analogie. Bereits das Erfordernis einer Regelungslücke erscheint hingegen zweifelhaft. Das Recht zur innerstaatlichen Verschmelzung einer GmbH kennt mit § 47 UmwG eine Vorschrift, die u. a. die Übersendung des Verschmelzungsberichts an die Gesellschafter mit Einberufung der Gesellschafterversammlung verlangt. § 47 UmwG findet über § 122a Abs. 2 UmwG auf den grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall bei Beteiligung einer GmbH Anwendung. Näher als die Analogie zu § 63 Abs. 3 UmwG liegt für die GmbH daher, § 47 UmwG – wie § 63 Abs. 3 UmwG für AG, SE und KGaA – in der Weise richtlinienkonform auszulegen, dass eine Zusendung 157 Die frühere Monatsfrist wurde durch Art. 1 Nr. 5 UMAG zu Gunsten der neuen 30-Tagefrist aufgegeben. 158 A. A. Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122e UmwG Rn. 21. 159 Richtlinienkonform wäre überdies die die Gesellschaft mit weniger Verwaltungsaufwand belastende Einstellung des Verschmelzungsberichts in das Internet. Eine dahingehende Regelung, die – sinnvollerweise – zumindest für die grenzüberschreitende Verschmelzung zugleich § 63 Abs. 3 UmwG anpassen müsste, kann nur der Gesetzgeber schaffen.

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des Verschmelzungsberichts zusammen mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung, spätestens aber einen Monat vor selbiger zu erfolgen hat.160 (b) Richtlinienkonforme Information der Arbeitnehmerseite Es erweist sich schließlich als problematisch, die Arbeitnehmerseite stets allein durch die Auslegung des Verschmelzungsberichts am Ort der Hauptverwaltung informieren zu wollen. Hat die Gesellschaft einen Gesamtbetriebsrat, ist eine hinreichende Information der Arbeitnehmerseite zwar noch gewährleistet. Es reicht in diesem Falle die Auslegung des Verschmelzungsberichts am Ort der Hauptverwaltung aus, um dem Gesamtbetriebsrat den Bericht zugänglich zu machen. Fehlt es jedoch an einem Gesamtbetriebsrat oder gibt es in den von der Verschmelzung betroffenen Betrieben keine Betriebsräte, kann die Auslage des Berichts am Ort der Hauptverwaltung eine frühzeitige Inkenntnissetzung der Arbeitnehmer bzw. ihrer Vertreter nicht gewährleisten. Sinn und Zweck des Art. 7 Satz 2 VRL würden dann verfehlt, die in seiner Umsetzung ergangene Regelung des § 122e Satz 2 UmwG i. V. m. § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG regelt diese Fälle mithin nicht richtlinienkonform. Erneut kann nur die richtlinienkonforme Auslegung weiterhelfen, soll der nationalen Regelung nicht von vornherein der Makel der Richtlinienwidrigkeit anhaften. Der Weg zur richtlinienkonformen Auslegung der Regelung erschließt sich dabei durch folgende Überlegung: § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG verpflichtet bei der innerstaatlichen Verschmelzung im Vorfeld der den Verschmelzungsbeschluss fassenden Hauptversammlung zur Auslage der Verschmelzungsberichte am Ort der Hauptversammlung. Die Vorschrift dient allein der Information der Aktionäre. Aber auch sie gewährleistet einen ausreichenden Zugang der Aktionäre zu den für sie bestimmten Informationen erst im Zusammenspiel mit der ergänzenden Vorschrift des § 63 Abs. 3 UmwG, nach der jeder Aktionär unverzüglich und kostenlos eine Abschrift des Verschmelzungsberichts verlangen kann. Die Auslage nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG war also ursprünglich nicht zur Information der Arbeitnehmer bzw. ihrer Vertreter gedacht. Der für den Zugang zur Information bedeutende § 63 Abs. 3 UmwG wurde erst 160 Die Einberufung der Gesellschafterversammlung ist nach § 51 Abs. 1 Satz 2 GmbHG mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. Außer in Fällen einer sehr frühen Einberufung mehr als einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, ist der originäre Anwendungsbereich der Vorschrift im Hinblick auf den Verschmelzungsbericht damit ohne Belang. Der vom Gesetzgeber eigentlich gewollten alleinigen Auslegung des Berichts im Geschäftsraum der Gesellschaft gemäß § 122e Satz 2 UmwG i. V. m. § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG kommt bei einer GmbH nur für die Information der Arbeitnehmervertreter bzw. der Arbeitnehmer Bedeutung zu.

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gar nicht in den Verweis des § 122e Satz 2 UmwG aufgenommen. Beides steht einer Eins-zu-eins-Anwendung des § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG bei der Information der Arbeitnehmer bzw. ihrer Vertreter entgegen. Sachgerecht ist vielmehr eine teleologisch extensive Fortbildung der Vorschrift im Wege der richtlinienkonformen Auslegung.161 § 122e Satz 2 UmwG eröffnet hierzu die Möglichkeit, ist doch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die VRL auch an dieser Stelle mit dem Willen umsetzte, eine richtlinienkonforme Regelung zu schaffen.162 Existiert daher kein Gesamtbetriebsrat oder fehlt es in den von der Verschmelzung betroffenen Betrieben gänzlich an Betriebsräten, ist der Verschmelzungsbericht gemäß §§ 122e Satz 2, 64 Abs. 1 Nr. 4 UmwG daher in allen Betrieben der sich verschmelzenden Gesellschaft auszulegen, um eine richtlinienkonforme Information der Arbeitnehmerseite auch in diesem Fall sicherzustellen. cc) Der Verzicht auf den Verschmelzungsbericht § 8 Abs. 3 UmwG wird gemäß § 122e Satz 3 UmwG von einer Anwendung auf die grenzüberschreitende Verschmelzung ausgeschlossen. Die VRL sieht es nicht vor, unter bestimmten Umständen auf den Bericht zu verzichten.163 Dass jedenfalls der einfache Verweis auf § 8 Abs. 3 UmwG zur Umsetzung des Art. 7 VRL nicht zulässig gewesen wäre, liegt in der unterschiedlichen Weite der persönlichen Schutzbereiche der beiden Vorschriften begründet.164 Im Unterschied zum Verschmelzungsbericht nach § 8 UmwG, der einzig der Information der Anteilsinhaber dient, muss der 161

Zur Möglichkeit der Rechtsfortbildung im Wege der richtlinienkonformen Auslegung vgl. W.-H. Roth, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 250, 257 ff.; Riesenhuber/Domröse, RIW 2005, 47, 50; Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kap. 3 Rn. 38, 42 f.; Canaris, FS-Bydlinski (2002), 47, 81 ff.; Staudinger, NJW 2002, 653, 655; eingehend hierzu Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft (1999), 405 ff.; a. A. Habersack/Mayer, WM 2002, 253, 256; zur Differenzierung zwischen Analogie und teleologischer Extension vgl. Gebauer, in: Gebauer/ Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kap. 3 Rn. 47 ff.; Canaris, FS-Bydlinski (2002), 47, 89 f. 162 Zur Zulässigkeit der richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts auch vor Ablauf der Umsetzungsfrist vgl. Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kap. 3 Rn. 27; Canaris, FS-Bydlinski (2002), 47, 74 ff.; Langenbucher, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 1 Rn. 77; a. A. W.-H. Roth, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 250, 254 f. 163 Vgl. Begr. RegE zu § 122e UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 15. 164 Das übersehen Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 403, die der Auffassung sind, dass Art. 7 VRL einer Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 UmwG nicht entgegensteht; explizit a. A. jedoch Frenzel, RIW 2008, 12, 18, der die Zulei-

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von der VRL geforderte Verschmelzungsbericht auch den Vertretern der Arbeitnehmer bzw. – wenn es solche Vertreter nicht gibt – den Arbeitnehmern selber zugänglich gemacht werden. Vor diesem Hintergrund kommt ein Verzicht der Anteilsinhaber auf den Bericht nicht in Betracht.165 Aber auch die in § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 UmwG vorgesehene Ausnahme von der Berichtspflicht im Falle der Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochterauf ihre Muttergesellschaft ist für die grenzüberschreitende Verschmelzung ohne Relevanz.166 Steht somit fest, dass jedenfalls die in § 8 Abs. 3 UmwG vorgesehenen Ausnahmen von der Berichtspflicht im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall keine Anwendung finden können, so ist noch nichts darüber gesagt, inwiefern die VRL der Einführung anderer Ausnahmetatbestände durch den nationalen Gesetzgeber offen steht. Hiergegen lässt sich anführen, dass Art. 7 VRL im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 4 VRL, der es ermöglicht, auf eine Verschmelzungsprüfung durch unabhängige Sachverständige zu verzichten, wenn alle Anteilsinhaber aller sich verschmelzenden Gesellschaften zustimmen, keinerlei Ausnahme von der Berichtspflicht kennt.167 Letztlich ist jedoch nicht ersichtlich, warum eine Regelung, die einen Verzicht auf den Bericht zulässt, wenn alle Anteilsinhaber aller sich verschmelzenden Gesellschaften sowie alle Arbeitnehmer bzw. deren Vertretungen dem zustimmen, dem erweiterten Schutzzweck des Art. 7 VRL nicht gerecht werden sollte.168 Insbesondere bei der Verschmelzung arbeitnehmerlotung des Verschmelzungsberichts als lediglich „akzessorisches Recht“ der Arbeitnehmer auffasst, das ein Recht auf die Berichterstellung gerade nicht beinhalte. 165 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122e UmwG Rn. 37; H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 82; a. A. und damit befürwortend, dass die VRL einer solchen Regelung des nationalen Rechts nicht entgegensteht Frenzel, RIW 2008, 12, 18. 166 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122e UmwG Rn. 37; a. A. Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 403, die eine Entbehrlichkeit des Berichts bei Konzernverschmelzungen annehmen und hierzu auf Art. 15 Abs. 1 VRL verweisen. Art. 15 Abs. 1 VRL sieht hinsichtlich des Verschmelzungsberichts hingegen gerade keine Erleichterungen bei der Konzernverschmelzung vor. 167 Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 728. Auch die Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 3, sieht diesen Punkt, hält eine Anwendung des § 8 Abs. 3 UmwG aber dennoch für denkbar. 168 Louven, ZIP 2006, 2021, 2026; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122e Rn. 13; im Ergebnis auch H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 82. Für eine dahingehende Anpassung des Referentenentwurfs Stellungnahme des Deutschen Notarvereins zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 8; ebenso zum Regierungsentwurf Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 842. Die Möglichkeit dieser Ausnahme nicht ausschließend auch Drinhausen/Keinath, RIW 2006, 81, 83. Gar einen Schritt weitergehend die Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf

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ser Gesellschaften oder bei nur geringer Anzahl an betroffenen Arbeitnehmern böte eine solche Ausnahmeregelung die Chance, die erheblichen Kosten und den Zeitaufwand der Erstellung eines Verschmelzungsberichts zu vermeiden.169 Darüber hinaus ist eine weitere Lockerung der Berichtspflicht mit der Vorgabe des Art. 7 VRL zu vereinbaren. Der Verschmelzungsbericht ist – im Gegensatz zur Verschmelzungsprüfung – primär auf die eigene Gesellschaft fokussiert.170 Ganz in diesem Sinne fordert Art. 7 VRL, dass die Leitungs- oder Verwaltungsorgane jeder Gesellschaft einen Bericht für ihre Anteilsinhaber und Arbeitnehmer erstellen müssen, nicht aber, dass dieser Bericht auch den Anteilsinhabern und Arbeitnehmern der anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften zugänglich zu machen ist. Es muss dann aber auch die Einführung einer Ausnahme zur Berichtspflicht zulässig sein, die eine Verzichtsmöglichkeit bereits dann vorsieht, wenn nur die Anteilsinhaber und Arbeitnehmer – bzw. deren Vertreter – der eigenen Gesellschaft dem zustimmen.171 Hiervon könnten dann insbesondere Konzernverschmelzungen profitieren, bei denen arbeitnehmerlose Tochter- auf ihre Muttergesellschaften verschmolzen werden sollen. Vorerst bleibt jedoch der Wille des Gesetzgebers zu respektieren. Ein Verzicht auf den Verschmelzungsbericht ist bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung momentan nicht möglich. dd) Der gemeinsame Verschmelzungsbericht Neben der speziellen Regelung, die der Verschmelzungsbericht in § 122e UmwG gefunden hat, bleibt über den Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG die Vorschrift des § 8 Abs. 1, 2 UmwG anwendbar. Da in § 122e Satz 3 eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 3, die vom Gesetzgeber die Anordnung der Anwendung des § 8 Abs. 3 UmwG fordert und dabei offensichtlich übersieht, dass Art. 7 VRL auch der Information der Arbeitnehmer dient. 169 Ähnlich die Stellungnahme des Deutschen Notarvereins zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 8; Louven, ZIP 2006, 2021, 2026. 170 Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 403. 171 Eine solche Regelung würde sich in diesem Punkt positiv von § 8 Abs. 3 UmwG unterscheiden. Da nach § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 UmwG der Verzicht auf den Verschmelzungsbericht nur bei Zustimmung aller Anteilsinhaber aller beteiligten Gesellschaften möglich ist, war die Vorschrift in der Vergangenheit vielfacher Kritik ausgesetzt, vgl. Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 8 Rn. 48; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 8 Rn. 70; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 8 UmwG Rn. 36.

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UmwG lediglich die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3 UmwG ausgeschlossen wird, wäre es aus Sicht des deutschen Rechts nach § 8 Abs. 1 Satz 1 HS 2 UmwG zulässig, auch bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung alternativ einen gemeinsamen Bericht der Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften zu erstellen. Ob die VRL dieser nationalen Regelung eines gemeinsamen Berichts offen steht, erscheint hingegen nicht ohne Zweifel. Zwar kann die Regelung des UmwG von vornherein nur der beteiligten deutschen Gesellschaft diese Möglichkeit eröffnen.172 Ein gemeinsamer Bericht wäre also nur möglich, wenn auch die involvierte ausländische Rechtsordnung einen solchen vorsieht.173, 174 Die VRL geht in Art. 7 Satz 1 VRL jedoch offenbar davon aus, dass in jeder Gesellschaft ein eigener Bericht durch das jeweilige Leitungs- oder Verwaltungsorgan erstellt werden muss. Entscheidend für die Frage der Zulässigkeit eines gemeinsamen Berichts ist damit, inwieweit die VRL eine abschließende Regelung trifft oder aber einer derartigen nationalen Regelung offen steht. Für einen abschließenden Charakter der VRL lässt sich anführen, dass Art. 8 Abs. 2 VRL für die Verschmelzungsprüfung die gemeinsame Bestellung unabhängiger Sachverständiger vorsieht, Art. 7 VRL die gemeinsame Erarbeitung des Verschmelzungsberichts aber gerade nicht kennt.175 Hingegen sollte diese unterschiedliche Regelung von Verschmelzungsbericht und Verschmelzungsprüfung nicht überbewertet werden. Sie findet sich bereits in Artt. 9, 10 Dritte Richtlinie, ohne dass die deutsche Umsetzung in § 8 Abs. 1 Satz 1 HS 2 UmwG bislang für europarechtswidrig gehalten wurde. Entscheidend für die Frage der Richtlinienkonformität muss es letzt172

Der Gesetzgeber hat keine Kompetenz, das Personalstatut ausländischer Gesellschaften mitzugestalten. 173 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122e UmwG Rn. 35; Frenzel, RIW 2008, 12, 17; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122e Rn. 5; Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 62; Louven, ZIP 2006, 2021, 2026; H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 288; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 403; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 728. So auch die ganz herrschende Lehre bei einer Verschmelzung zur SE, vgl. Ch. Teichmann, in: van Hulle/Maul/Drinhausen, Hdb. zur SE (2007), 4. Abschn. § 2 Rn. 50; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 59; Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 99 (Fn. 6); Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 179 sowie Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 20 SE-VO Rn. 30, ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 40, der aber dennoch die Erstellung getrennter Verschmelzungsberichte empfiehlt. 174 Zur Zulässigkeit eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen mit Kapitalgesellschaften aus dem Vereinigten Königreich vgl. J. Tebben/T. Tebben, DB 2007, 2355, 2359. 175 Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 728; Louven, ZIP 2006, 2021, 2026, der die Zulässigkeit eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts letztlich aber aus teleologischen Erwägungen heraus bejaht.

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lich darauf ankommen, ob man dem Sinn und Zweck des Art. 7 VRL, eine möglichst frühzeitige und vollständige Information von Anteilsinhabern und Arbeitnehmern aller beteiligten Gesellschaften zu gewährleisten, auch mit einer gemeinsamen Berichterstattung gerecht werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn ein gemeinsamer Bericht dazu benutzt werden könnte, Informationen zu den Auswirkungen der Verschmelzung auf die Gesellschafter, die Gläubiger sowie die Arbeitnehmer, die Art. 7 VRL für jede Gesellschaft explizit fordert, zu verallgemeinern oder die unterschiedlichen Interessen der Gesellschaften an der Verschmelzung zu verschleiern. Ein Verschmelzungsbericht, der Art. 7 VRL genügen will, darf damit zwar von den Vertretungs- oder Verwaltungsorganen aller beteiligten Gesellschaften gemeinsam erstellt werden.176 Dabei müssen jedoch die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Gesellschafter, die Gläubiger und die Arbeitnehmer für alle Gesellschaften getrennt dargestellt sowie unterschiedliche Interessen der Gesellschaften zum Ausdruck gebracht werden177. Daneben muss die gemeinsame Berichterstattung nach allgemeinen Grundsätzen den jeweiligen inhaltlichen Anforderungen der involvierten nationalen Rechtsordnungen gerecht werden, die kumulativ anzuwenden sind.178 In diesem Fall bietet der Verschmelzungsbericht Anteilsinhabern wie Arbeitnehmervertretungen bzw. Arbeitnehmern allein ein Mehr an Information. Freilich wird sich eine solchermaßen durchgeführte gemeinsame Berichterstattung dann vielfach als aufwendiger herausstellen als eine getrennte Berichterstattung. ee) Umsetzungsdefizit in Bezug auf Art. 7 Satz 3 VRL? Art. 7 Satz 3 VRL legt fest, dass eine Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter dem Verschmelzungsbericht anzufügen ist, wenn das Leitungsoder Verwaltungsorgan einer Gesellschaft diese nach Maßgabe des nationalen Rechts rechtzeitig erhält. Mit Änderung des UmwG wurde hierzu keine Regelung getroffen, was ein richtlinienwidriges Umsetzungsdefizit begründen würde, wäre eine solche Stellungnahme denkbar. 176 So auch Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122e UmwG Rn. 36; Frenzel, RIW 2008, 12, 17; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122e Rn. 5; Herrler, EuZW 2007, 295, 296; Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 62; Louven, ZIP 2006, 2021, 2026. 177 So bereits für die Verschmelzung zur SE Ch. Teichmann, in: van Hulle/Maul/ Drinhausen, Hdb. zur SE (2007), 4. Abschn. § 2 Rn. 50; zur innerstaatlichen Verschmelzung Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 8 Rn. 4. 178 Frenzel, RIW 2008, 12, 17; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122e Rn. 5; zur SE ebenso Ch. Teichmann, in: van Hulle/Maul/Drinhausen, Hdb. zur SE (2007), 4. Abschn. § 2 Rn. 50; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 180.

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Die Möglichkeit zu einer solchen Stellungnahme könnte sich allein aus einer die Unternehmensleitung treffenden Verpflichtung ergeben, dem zuständigen Betriebsrat – d. h. in der Regel dem Gesamtbetriebsrat – nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 5 Abs. 3 UmwG spätestens einen Monat vor der den Verschmelzungsbeschluss fassenden Versammlung der Anteilsinhaber den Verschmelzungsplan bzw. seinen Entwurf zuzuleiten.179 Die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 UmwG bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen ist hingegen abzulehnen.180 Ein Recht zur Stellungnahme wird man dem Betriebsrat jedenfalls ohne die Verpflichtung der Unternehmensleitung zur Zuleitung des Verschmelzungsplans bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nicht zubilligen können.181 Die fehlende Umsetzung des Art. 7 Satz 3 VRL in nationales Recht begründet somit keinerlei Umsetzungsdefizit. 5. Prüfung und Berichte unabhängiger Sachverständiger Parallel zu den Berichten der Leitungs- oder Verwaltungsorgane erfolgt im Regelfall in jeder an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft eine Prüfung des Verschmelzungsplans durch unabhängige Sachverständige, die anschließend für die Anteilsinhaber bestimmte Prüfungsberichte erstellen. a) Die Vorgaben der Richtlinie, Art. 8 VRL Jede der sich verschmelzenden Gesellschaften muss einen unabhängigen Sachverständigen zur Überprüfung des Verschmelzungsplans bestellen.182 179 Stellungnahmen von Betriebsräten, die aus einer Beteiligung gemäß § 111 BetrVG resultieren, sind für den Verschmelzungsbericht hingegen unerheblich. Auch wenn eine Verschmelzung Betriebsänderungen i. S. d. § 111 BetrVG mit sich bringt, handelt es sich um eine Beteiligung auf einzelbetrieblicher Ebene. Dem Verschmelzungsbericht die Stellungnahmen einer Vielzahl von Betriebsräten anzuhängen, erscheint jedoch nicht sinnvoll und von Art. 7 Satz 3 VRL auch nicht verlangt. 180 Siehe unter 4. Teil A. II. 1. c) cc). So im Ergebnis auch DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 740; a. A. Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 60 f.; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 727; dies., RIW 2006, 81, 84 sowie Louven/ Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Special 3/2006, 1, 14, aber auf der Grundlage der VRL; Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2638 bereits auf der Grundlage des Richtlinienvorschlags zur VRL. 181 Zu Recht weisen Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 728, die selber von einer Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 UmwG ausgehen, darauf hin, dass das Recht zur Stellungnahme auch dann nicht besteht, da § 5 Abs. 3 UmwG ein solches nicht umfasst. 182 Vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VRL.

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Nationalem Recht bleibt es überlassen, dabei auch die Bestellung einer juristischen Person zuzulassen.183 Der von dem Sachverständigen für die Gesellschafter zu erstellende Bericht muss – wie auch die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans und der Bericht des Leitungs- oder Verwaltungsorgans – spätestens einen Monat vor der den Verschmelzungsbeschluss fassenden Gesellschafterversammlung vorliegen.184 Art. 8 Abs. 2 VRL lässt alternativ die gemeinsame Prüfung und die Erstellung eines einheitlichen Berichts durch einen oder mehrere unabhängige Sachverständige zu, die auf gemeinsamen Antrag der beteiligten Gesellschaften von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde eines Mitgliedstaates, dessen Recht eine der sich verschmelzenden Gesellschaften oder die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt, bestellt bzw. zugelassen wurden.185 Besser als die Parallelregelung des Art. 22 SE-VO macht die Systematik des Art. 8 VRL – Regelung zur getrennten Prüfung in Abs. 1 der Vorschrift, Regelung zur gemeinsamen Prüfung in Abs. 2 – deutlich, dass nur bei gemeinsamer Prüfung eine öffentliche Bestellung bzw. Zulassung der Verschmelzungsprüfer gefordert wird.186 Bei Zustimmung sämtlicher Gesellschafter aller beteiligten Gesellschaften kann auf Prüfung und Bericht verzichtet werden187, eine Verfahrenserleichterung, die bei Verschmelzungen von GmbHs und ihren ausländischen Pendants auf Grund der in der Regel überschaubaren Anzahl an Gesellschaftern zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen kann, bei anderen Gesellschaftsformen, insbesondere bei Verschmelzungen unter Beteiligung von Aktiengesellschaften, aber von geringer Bedeutung sein wird. Der Mindestinhalt von Prüfung und Bericht richtet sich gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 VRL nach Art. 10 Abs. 2 Dritte Richtlinie. Dabei haben die Sachverständigen das Recht, von jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften alle Auskünfte zu erlangen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe für erforderlich halten.188 Das Auskunftsrecht der Sachverständigen beinhaltet 183 Vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 VRL. Das deutsche Umwandlungsrecht sieht diese Möglichkeit in § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwG i. V. m. § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB vor. 184 Vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VRL. 185 Die schon aus Art. 22 Satz 1 SE-VO bekannte explizite Erwähnung des Rechts der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft stellt klar, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen auch in der Form zuzulassen sind, dass Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten sich zur Neugründung einer Gesellschaften eines dritten Mitgliedstaates verschmelzen, vgl. hierzu bereits unter 3. Teil B. IV. 1. b). 186 Diesbezügliche Zweifel bei der Verschmelzung zur SE ausräumend Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 195 ff. 187 Vgl. Art. 8 Abs. 4 VRL. 188 Vgl. Art. 8 Abs. 3 Satz 2 VRL.

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ein umfassendes Einsichts- und Nachprüfungsrecht.189 Zwar wird ein solches in der VRL nicht ausdrücklich wie in Art. 10 Abs. 3 Dritte Richtlinie festgeschrieben. Im Sinne einer effektiven Prüfung ist jedoch davon auszugehen, dass der europäische Gesetzgeber bei identischen Anforderungen an die Sachverständigenberichte den Sachverständigen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung mit den gleichen Rechten ausstatten wollte wie den Prüfer einer innerstaatlichen Verschmelzung.190 b) Nationale Umsetzung und zusätzliche Erfordernisse des deutschen Rechts Im Gegensatz zum Referentenentwurf191 begnügte sich bereits der Regierungsentwurf in § 122f Satz 1 HS 1 UmwG damit, für die Verschmelzungsprüfung auf die §§ 9 bis 12 UmwG zu verweisen. Die Vorschrift ist in der Fassung des Regierungsentwurfs Gesetz geworden. Ein Verzicht auf Prüfung und schriftlichen Bericht entsprechend den Vorgaben der VRL wird somit über die Anwendung der §§ 9 Abs. 3, 12 Abs. 3, 8 Abs. 3 UmwG ermöglicht.192 Wie bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen sollte es dabei möglich sein, einen Verzicht auf den Prüfungsbericht erst dann zu erklären, wenn eine mündliche Erörterung der Prüfungsergebnisse ausreichend erscheint.193 Ohne dass die VRL dies fordert, ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UmwG auch die getrennte Prüferbestellung für die an der Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaften allein auf gerichtlichem Wege möglich.194 Die Mög189 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 14. So auch bei Bestimmung des Umfangs des in der Formulierung vergleichbaren Auskunftsrechts nach Art. 22 Satz 2 SE-VO Schwarz, SE-VO (2006), Art. 22 Rn. 32; Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 115; Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 424; a. A. hingegen noch Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1851, der dem Wortlaut des Art. 22 Satz 2 SE-VO eine Reduzierung des Prüfungsrechts entnahm. 190 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 14. Ebenso bereits zum Vorschlag einer VRL H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1793 f., der – zu Recht – die klarstellende Erwähnung des Einsichts- und Prüfungsrechts in der endgültigen Richtlinienfassung forderte. 191 Der Referentenentwurf stellte in § 122f Satz 1 HS 1 noch überflüssigerweise fest, dass der Verschmelzungsplan durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer zu prüfen ist. Dies ergab sich freilich schon aus § 122a Abs. 2 des Entwurfs i. V. m. § 9 Abs. 1 UmwG. Auf den Generalverweis des § 122a Abs. 2 UmwG muss für eine Anwendbarkeit der §§ 9 bis 12 UmwG nach der Umformulierung von § 122f Satz 1 HS 1 UmwG nun nicht mehr zurückgegriffen werden. 192 Zur Problematik der notariellen Beurkundung der Verzichtserklärungen siehe unter 4. Teil A. II. 5. b) bb). 193 Vgl. Begr. RegE zu § 12 Abs. 3 UmwG, BR-Drs. 75/94. 194 Das Vertretungsorgan der Gesellschaft hat den Antrag auf gerichtliche Bestellung des Verschmelzungsprüfers schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll bei

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lichkeit eines gemeinsamen Antrags auf gerichtliche Bestellung eines oder mehrerer Verschmelzungsprüfer gewährleistet deutsches Umwandlungsrecht über die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 2, 1 UmwG. § 122f Satz 1 HS 2 UmwG schließt die Anwendbarkeit des § 48 UmwG aus und stellt damit klar, dass bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch eine beteiligte GmbH grundsätzlich eine Verschmelzungsprüfung durchführen lassen muss. Die zeitlichen Vorgaben der VRL werden durch § 122f Satz 2 UmwG umgesetzt. Der Prüfungsbericht muss spätestens einen Monat vor der Versammlung der Anteilsinhaber vorliegen. Darüber hinaus ergeben sich die Anforderungen des deutschen Rechts an den Umfang der Prüfung sowie den Inhalt des Berichts über den Verweis auf die §§ 9 bis 12 UmwG in § 122f Satz 1 HS 1 UmwG. Damit hat ein Sachverständiger über § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwG i. V. m. § 320 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1, 2 HGB bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung – richtlinienkonform195 – das gleiche Einsichts- und Nachprüfungsrecht wie bei einer innerstaatlichen Verschmelzung. Unproblematisch werden bei der Erstellung eines gemeinsamen Prüfungsberichts auch die beteiligten ausländischen Gesellschaften zur Auskunft verpflichtet. Schon durch die Wahl des Regelungsregimes für die Verschmelzungsprüfung akzeptieren alle Gesellschaften die daraus für sie entstehenden Verpflichtungen. Sieht Art. 8 Abs. 3 Satz 2 VRL eine Pflicht zur Auskunftserteilung für alle Gesellschaften aber auch bei getrennten Prüfungsberichten vor, so hätte sich in der Formulierung des § 122f UmwG klarstellend niederschlagen sollen, dass die inländische Gesellschaft ausländischen Prüfern in dem Umfang zur Auskunft verpflichtet ist, wie die ausländische Rechtsordnung dies vorsieht. Ist die Verweisungstechnik des § 122f Satz 1 HS 1 UmwG ansonsten im Grundsatz zu begrüßen, um eine Aufblähung des neu eingefügten Zehnten Abschnitts des UmwG zu vermeiden und einen weitgehenden Gleichlauf von innerstaatlicher und grenzüberschreitender Verschmelzung herzustellen, so bleiben auch bezüglich der Verschmelzungsprüfung, was die Umsetzung der VRL, aber auch, was die Anwendung der bisherigen Regelungen zur innerstaatlichen Verschmelzung angeht, zum Teil bereits von anderer Stelle bekannte Fragen offen. aa) Der Begriff des Vorliegens Wird im Falle des Berichts des Leitungs- oder Verwaltungsorgans gefordert, dass er den Gesellschaftern vor der Gesellschafterversammlung zuder Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts oder eines Amtsgerichts zu stellen (§ 10 Abs. 3 UmwG i. V. m. § 11 FGG). 195 Siehe zur diesbezüglichen Anforderung der VRL unter 4. Teil A. II. 5. a).

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gänglich zu machen ist, so spricht Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VRL abstrakt von einem „Vorliegen“ des Prüfungsberichts. Der nationale Gesetzgeber übernimmt den Terminus in § 122f Satz 2 UmwG, ohne ihn mit Inhalt zu füllen. Seine weitergehende Konkretisierung steht daher aus. Gemäß Art. 8 Abs. 1 VRL ist der Prüfungsbericht für die Gesellschafter bestimmt. Das legt es nahe, dass der Bericht spätestens einen Monat vor besagter Gesellschafterversammlung bei den Gesellschaftern und nicht etwa bei der Unternehmensleitung vorliegen muss. Auch der im systematischen Zusammenhang stehende Art. 9 Abs. 1 VRL, der in Gleichbehandlung des Berichts des Leitungs- oder Verwaltungsorgans und des Prüfungsberichts von einer Kenntnisnahme der Gesellschafter im Vorfeld der Gesellschafterversammlung ausgeht, stellt dies klar. Schließlich wird man dem Sinn und Zweck des Art. 8 VRL, im Vorfeld der Gesellschafterversammlung eine hinreichende Informationsgrundlage der Gesellschafter sicherzustellen, nur gerecht werden können, wenn man von einer Pflicht zur Vorlage des Prüfungsberichts spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung bei den Gesellschaftern ausgeht. Für ein Vorliegen dürfte es dabei genügen, dass der Bericht für die Gesellschafter einsehbar und – zumindest auf Verlangen – erhältlich ist. Zwischen einem „Zugänglichmachen“ des Verschmelzungsberichts und einem „Vorliegen“ des Prüfungsberichts besteht damit kein erkennbarer Unterschied. § 122f Satz 2 UmwG sowie die über § 122a Abs. 2 UmwG zur Anwendung kommenden Vorschriften genügen bei – möglicher – richtlinienkonformer Auslegung den soeben beschriebenen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VRL an ein Vorliegen des Prüfungsberichts. Für AG, KGaA und SE ist der Prüfungsbericht nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 63 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 UmwG bzw. §§ 78 Satz 1, 63 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 UmwG bzw. Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO, § 63 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 UmwG von der Einberufung der Hauptversammlung an am Ort der Hauptverwaltung der Gesellschaft auszulegen; auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich und kostenlos eine Abschrift des Prüfungsberichts zu erteilen. Für die GmbH geht das geltende Recht gar einen Schritt weiter. Hier ist jedem Gesellschafter nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 47 UmwG analog ein Prüfungsbericht zuzusenden.196 Die Auslegung bzw. Zusendung hat dabei nach 196 A. A. Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122f UmwG Rn. 22, der entsprechend seiner entgegen der herrschenden Lehre zur innerstaatlichen Verschmelzung vertretenen Ansicht die analoge Anwendung des § 47 UmwG auf den Prüfungsbericht auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall ablehnt; vgl. zur entsprechenden herrschenden Lehre bei innerstaatlichen Verschmelzungen Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 47 Rn. 1; Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 47 Rn. 7; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 47 UmwG Rn. 1; Zimmermann, FS-Brandner (1996), 167, 176 f.; a. A. Mayer, in:

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4. Teil: Die praktische Durchführung

§ 122f Satz 2 UmwG spätestens einen Monat vor der über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan beschließenden Versammlung der Anteilsinhaber zu erfolgen. bb) Die Beurkundung der Verzichtserklärungen Art. 8 Abs. 4 VRL sieht die Möglichkeit vor, auf die Verschmelzungsprüfungen und die darauf basierenden Prüfungsberichte der unabhängigen Sachverständigen zu verzichten, wenn alle Gesellschafter aller beteiligten Gesellschaften der Verzicht erklären. Deutsches Recht setzt diese Vorgabe mit § 122f Satz 1 HS 1 UmwG i. V. m. §§ 9 Abs. 3, 12 Abs. 3 UmwG i. V. m. § 8 Abs. 3 UmwG um. Wie ausdrücklich von der VRL gefordert, kann die deutsche Gesellschaft danach auf Verschmelzungsprüfung und Prüfungsbericht nur verzichten, wenn die Gesellschafter aller Gesellschaften – also auch sämtliche Gesellschafter der ausländischen Verschmelzungspartner – auf Prüfung und Bericht verzichten.197 Im Unklaren bleibt, ob auch die Verzichtserklärungen der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaften gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 UmwG notariell zu beurkunden sind.198 Ähnlich der Problematik um die Formbedürftigkeit des Verschmelzungsplans199, wird man Art. 8 Abs. 4 VRL keine abschließende Regelung des Prüfungs- und Berichtsverzichts entnehmen können. Art. 8 Abs. 4 VRL enthält sich zu Fragen der Form der Verzichtserklärungen jeglicher Äußerung. Die Anwendung des Formerfordernisses des § 8 Abs. 3 Satz 2 UmwG auf die Gesellschafter ausländischer Gesellschaften ist dann aber Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 47 UmwG Rn. 4, der auf das Auskunftsund Einsichtsrecht der Gesellschafter nach allgemeinen Grundsätzen verweist. 197 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122f UmwG Rn. 24; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122f Rn. 7; auf Grund fehlender expliziter Vorgabe der SE-VO, insbesondere des Art. 22 SE-VO, ist es für die Verschmelzung zur SE hingegen umstritten, ob auch die Gesellschafter ausländischer Gesellschaften ihren Verzicht erklären müssen, damit die deutsche Gesellschaft auf Prüfung und Bericht verzichten kann, vgl. die dahingehende Ansicht bei Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 63; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 18 SE-VO Rn. 39; a. A. Schwarz, SE-VO (2006), Art. 22 Rn. 30; Neun, in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 108; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 202. 198 Auf diese Frage zu Recht hinweisend Drinhausen/Gesell, BB 2006 Special 8, 3, 12; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 729. Kritisch zum Verweis auf § 8 Abs. 3 UmwG auch Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 342 (Fn. 10), die von einer Beurkundungspflicht ausgehen. Eine Beurkundungspflicht hingegen mangels Schutzbedürftigkeit der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaften verneinend Herrler, EuZW 2007, 295, 296. 199 Siehe hierzu unter 4. Teil A. II. 1. c) bb).

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

245

durch Art. 4 Abs. 1 b) VRL legitimiert.200 Zu beachten bleibt freilich, dass § 122f Satz 1 HS 1 UmwG i. V. m. §§ 9 Abs. 3, 12 Abs. 3 UmwG i. V. m. § 8 Abs. 3 UmwG nur regelt, unter welchen Voraussetzungen die an der Verschmelzung beteiligte deutsche Gesellschaft auf ihre Verschmelzungsprüfung und den Prüfungsbericht verzichten kann.201 Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 UmwG erfolgt die Beurkundung der Verzichtserklärung grundsätzlich vor einem deutschen Notar. Da der mit der Beurkundung bezweckten Warnfunktion202 aber auch mit der Beurkundung durch einen ausländischen Notar gedient ist, wird man die Beurkundung im jeweiligen Heimatstaat der ausländischen Gesellschaft als der Beurkundung in Deutschland gleichwertig und somit nach den Grundsätzen der Rechtsprechung203 für zulässig erachten müssen.204 cc) Die gemeinsame Verschmelzungsprüfung Die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags auf gerichtliche Bestellung eines oder mehrerer Verschmelzungsprüfer gewährleistet deutsches Umwandlungsrecht über die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 2, 1 UmwG. Unberücksichtigt lässt die Neufassung des UmwG das den Gesellschaften durch Art. 8 Abs. 2 VRL verbürgte Wahlrecht, die Prüfer auf gemeinsamen Antrag der Gesellschaften nicht nur nach dem deutschen, sondern alternativ auch nach dem Recht einer der Verschmelzungspartner oder gar nach dem Recht eines dritten EU-Mitgliedstaates205, dem die aus der Verschmelzung hervorgehende 200 Für die Anwendung im Ergebnis auch Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 842; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122f Rn. 7; a. A. Frenzel, RIW 2008, 12, 19; H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 83; auch Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 342 (Fn. 10), die rechtliche, aber nicht näher definierte, Zweifel äußern. 201 Sieht das für die ausländische Gesellschaft relevante innerstaatliche Recht vor, dass die Verzichtserklärungen der Gesellschafter aller beteiligten Gesellschaften lediglich schriftlich zu dokumentieren sind, so ist es für den Verzicht auf Prüfung und Bericht dieser Gesellschaft ausreichend, wenn auch die Verzichtserklärungen der Gesellschafter der deutschen Gesellschaft nur in schriftlicher Form vorliegen. 202 Zur innerstaatlichen Verschmelzung Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 8 UmwG Rn. 37; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 8 UmwG Rn. 58; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 8 Rn. 71. 203 Zu den Voraussetzungen für die Gleichwertigkeit von Auslandsbeurkundungen siehe unter 4. Teil A. II. 1. d) bb). 204 Im Ergebnis ebenso Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122f Rn. 7; offenlassend hingegen noch Drinhausen/Gesell, BB-Special 8/2006, 3, 12; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 729; a. A. wohl Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 342 (Fn. 10). 205 Zur Möglichkeit einer solchen Verschmelzung siehe unter 3. Teil B. IV. 1. b).

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Gesellschaft unterliegen wird, bestellen zu lassen.206 Zur Klarstellung, dass der gemeinsame Antrag und die Bestellung der Verschmelzungsprüfer auch nach dem jeweiligen ausländischen Recht vorgenommen werden können, sollte § 122f UmwG bei nächster Gelegenheit entsprechend angepasst werden.207 Das Wahlrecht der Gesellschaften beschränkt sich auf die Bestellung der Verschmelzungsprüfer, die dann hinsichtlich Qualifikation/persönlicher Voraussetzungen208 und Haftung209 ausschließlich der Rechtsordnung unterliegen, nach der sie bestellt werden.210 Demgegenüber sind die materiellen Prüfungsinhalte der Rechtsordnungen aller beteiligten Gesellschaften – dem der VRL zu Grunde liegenden kollisionsrechtlichen Ansatz und der modifizierten Vereinigungstheorie entsprechend – kumulativ zu beachten.211 Einer richtlinienkonformen Auslegung bedarf in diesem Zusammenhang zudem § 10 Abs. 2 UmwG. Ist ausschließlich eine deutsche Gesellschaft als aufnehmende Gesellschaft an der Verschmelzung beteiligt, muss das Landgericht ihres Bezirks bei Wahl der deutschen Rechtsordnung für die Bestellung der Prüfer zuständig sein.212 Wird der Sitz der aufnehmenden deutschen Gesellschaft zugleich mit der Verschmelzung innerhalb des Inlandes verlegt oder soll die aus der Verschmelzung hervorgehende neue Gesellschaft ihren Sitz im Inland abweichend vom Sitz der zu ihrer Gründung 206 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122f UmwG Rn. 12; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122f Rn. 5 (Fn. 10); Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 842 f.; H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 288 f. 207 So bereits zum Regierungsentwurf Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 842. 208 Vgl. für die Bestellung nach deutschem Recht § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwG i. V. m. §§ 319, 319a HGB. 209 Vgl. für die Bestellung nach deutschem Recht § 11 Abs. 2 UmwG. Auch die §§ 314, 315 UmwG finden im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall entsprechende Anwendung. Zwar verweist § 122a Abs. 2 UmwG nicht auf das Sechste Buch des UmwG. Dass auch die §§ 313 ff. UmwG nach dem Willen des Gesetzgebers anzuwenden sind, macht aber bereits die mit Umsetzung der VRL erfolgte Einfügung des § 314a UmwG deutlich. 210 Ähnlich Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122f Rn. 5; Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 842; für die Verschmelzung zur SE Neun, in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 113; J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE (2006), 198, 201; auch Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 198, der es a. a. O., 200 f., jedoch für zulässig hält, bei gemeinsamem Antrag der Verschmelzungspartner auch nach anderen Rechtsordnungen prüfungsbefugte Prüfer zu bestellen. Obwohl aus rechtspraktischen Erwägungen heraus sicher wünschenswert, dürfte dem die insoweit eindeutige momentane Gesetzeslage entgegenstehen. 211 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122f UmwG Rn. 10; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122f Rn. 5; für die Verschmelzung zur SE bereits Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 198 f. 212 Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122f Rn. 4.

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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übertragenden Gesellschaft nehmen, kann die Bestellung auch vom Landgericht im Bezirk der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft vorgenommen werden.213 6. Vorbereitung und Durchführung der Gesellschafterversammlungen Wurde der Verschmelzungsplan bekannt gemacht, der Bericht des tungs- oder Verwaltungsorgans sowie der Sachverständigenbericht zur sicht ausgelegt bzw. auf letzteren verzichtet, so kann frühestens einen nat später die Gesellschafterversammlung abgehalten werden, die über Zustimmung zum Verschmelzungsplan beschließt.

LeiEinMoeine

a) Vorgaben der Richtlinie an die Gesellschafterversammlung, Art. 9 VRL Sowohl die Einberufung als auch das Abhalten der Gesellschafterversammlung sowie die erforderlichen Mehrheiten richten sich gemäß Art. 4 Abs. 1 b) VRL nach nationalem Recht.214 Die VRL enthält diesbezüglich selber lediglich zweierlei Regelungen. Die Gesellschafterversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften kann nach Art. 9 Abs. 2 VRL die Verschmelzung davon abhängig machen, dass sie den Modalitäten der Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zustimmt. Der Wortlaut der Vorschrift macht im Gegensatz zu dem des Art. 23 Abs. 2 SE-VO215 deutlich, dass sich der Zustimmungsvorbehalt nicht nur auf eine vereinbarte Mitbestimmung bezieht, sondern auch die gegebenenfalls eingreifende gesetzliche Auffangregelung umfasst.216 Das Letztentscheidungsrecht der Anteilsinhaber wird damit auch in Bezug auf die Mitbestimmung gewahrt217; eine 213

Dementsprechend für die Verschmelzung zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 197. 214 Für das die Verschmelzung betreffende Beschlussverfahren wird die Maßgeblichkeit nationalen Rechts in Art. 4 Abs. 2 VRL gar explizit festgestellt. 215 Dazu, dass auch der Zustimmungsvorbehalt des Art. 23 Abs. 2 SE-VO über den Wortsinn hinaus auf eine gesetzlich eingreifende Mitbestimmung anzuwenden ist Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 23 SE-VO Rn. 15; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 23 Rn. 29 f.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 216. 216 Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 11 (Fn. 18); Oechsler, NZG 2006, 161, 163. 217 Neye/B. Timm, DB 2006, 488, 489. Bereits zum Entwurf der VRL Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2639.

248

4. Teil: Die praktische Durchführung

weitere Gesellschafterversammlung kann jedoch erforderlich werden, wenn – was häufig der Fall sein wird – die Verhandlungen um die Mitbestimmung bei Abhalten der ersten Gesellschafterversammlung noch nicht beendet sind218. Auch wird es nach Art. 9 Abs. 3 VRL ausdrücklich für zulässig erachtet, dass die nationalen Rechtsvorschriften auf eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft verzichten, wenn die Bedingungen des Artikels 8 der Dritten Richtlinie erfüllt sind. Darüber hinaus wiederholt Art. 9 Abs. 1 VRL die sich bereits aus den Artt. 7 Satz 2 und 8 Abs. 1 VRL ergebende Regelung, dass der Beschluss einer jeden Gesellschafterversammlung über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan die (mögliche) Kenntnisnahme des Berichts des Leitungsoder Verwaltungsorgans sowie des Sachverständigenberichts voraussetzt. b) Nationale Umsetzung und zusätzliche Anforderungen des deutschen Rechts Der nationale Gesetzgeber setzt die Vorgabe des Art. 9 Abs. 2 VRL in § 122g Abs. 1 UmwG um. Da Art. 8 Dritte Richtlinie bei Umsetzung selbiger Richtlinie bereits keine Berücksichtigung im nationalen Recht gefunden hat, wurde auf eine Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 VRL verzichtet.219 Im Übrigen kommen für die Einberufung und das Abhalten der Gesellschafterversammlung sowie hinsichtlich der für die Zustimmung zum Verschmelzungsplan erforderlichen Mehrheit gemäß § 122a Abs. 2 UmwG die bei innerstaatlichen Verschmelzungen einschlägigen speziellen Vorschriften zur Gesellschafterversammlung, daneben die allgemeinen Regelungen des AktG bzw. des GmbHG zur Anwendung. aa) Handhabung des § 122g Abs. 1 UmwG § 122g Abs. 1 UmwG ermöglicht den Anteilsinhabern zu verschmelzender deutscher Gesellschaften in Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 2 VRL, ihre Zustimmung zum Verschmelzungsplan von ihrer Bestätigung der noch auszuhandelnden unternehmerischen Mitbestimmung abhängig zu machen. Die Regelung ist im Grundsatz notwendig. Das langwierige Verhandlungsverfahren wird zum Zeitpunkt der Versammlung der Anteilsinhaber nur selten seinen Abschluss gefunden haben. Ohne Kenntnis der zukünftigen Corporate Governance der Gesellschaft ist den Anteilsinhabern die Beurteilung des Ver218 Mi. Winter, Der Konzern 2007, 24, 31 (Fn. 89); Louven/Dettmeier/Pöschke/ Weng, BB-Special 3/2006, 1, 14. 219 Siehe aber zur Entbehrlichkeit der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft bei Konzernverschmelzungen unter 4. Teil A. V.

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schmelzungsvorhabens nicht möglich, ein endgültiger zustimmender Verschmelzungsbeschluss daher unzumutbar.220 Die Vorschrift wahrt mithin eine Selbstverständlichkeit, das Letztentscheidungsrecht der Anteilsinhaber.221 Bedauerlicherweise beschränkt sich der Gesetzgeber auf die Wiedergabe des Richtlinientextes und versäumt es dabei zu konkretisieren, inwieweit ein Verschmelzungsbeschluss davon „abhängig“ gemacht werden kann, dass das zukünftige Mitbestimmungsregime „ausdrücklich“ von den Anteilsinhabern bestätigt wird.222 Bereits die Parallelregelung des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO hat in dieser Hinsicht einige Zweifelsfragen aufgeworfen, die sich nun bei Anwendung des § 122g Abs. 1 UmwG erneut zur Diskussion stellen. (1) Ausdrücklichkeit der Bestätigung (a) Erforderlichkeit einer zweiten Gesellschafterversammlung Macht die Gesellschafterversammlung die Verschmelzung von ihrer Zustimmung zum zukünftigen Mitbestimmungsregime abhängig, verlangt § 122g Abs. 1 UmwG in Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 2 VRL eine ausdrückliche Bestätigung der Mitbestimmungsmodalitäten. Allein durch eine weitere Gesellschafterversammlung wird man dieser zwingenden Vorgabe der VRL gerecht werden können.223 Zwar mangelt es nicht an praxisfreundlicheren Alternativvorschlägen.224 Jedoch genügen diese nicht den Anforderungen der VRL, ob es sich um die Fassung des Verschmelzungsbeschlusses als Vorratsbeschluss oder als Beschluss mit teilweise aufschiebend oder auflösend bedingtem Inhalt handelt oder der Verschmelzungs220

Kiem, WM 2006, 1091, 1097. Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 232; H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 342 (Fn. 11); Neye/B. Timm, DB 2006, 488, 489; Drinhausen/Keinath, RIW 2006, 81, 84. Trotzdem mag es Fälle geben, in denen Gesellschaftern das zukünftige Mitbestimmungsregime bereits so vorhersehbar und gleichzeitig akzeptabel erscheint, dass sie – so geschehen etwa bei der Verschmelzung zur Allianz SE – auf die Ausübung des Zustimmungsvorbehalts verzichten. 222 Zutreffend weist der Deutsche Notarverein, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 8 darauf hin, dass diese Unklarheiten bereits in Art. 9 Abs. 2 VRL angelegt sind. 223 Ebenso zu Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 41; Schwarz, SE-VO (2006). Art. 23 Rn. 31; Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 85. 224 Deutsche Notarverein, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 9. 221

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4. Teil: Die praktische Durchführung

beschluss unter Widerrufsvorbehalt gefasst werden soll.225 Dass der VRL selber nicht zu entnehmen sei, wie eine ausdrückliche im Gegensatz zu einer nicht ausdrücklichen Bestätigung auszusehen habe, und sich hieraus Gestaltungsspielräume für die Praxis ergeben226, kann jedenfalls nicht überzeugen. Art. 9 Abs. 2 VRL – genau wie § 122g Abs. 1 UmwG – fordert nicht nur ein ausdrückliches Statement zu den zukünftig geltenden Mitbestimmungsmodalitäten. Die Gesellschafterversammlung muss diese, macht sie vom Zustimmungsvorbehalt Gebrauch, vielmehr bestätigen. Eine Bestätigung kann aber nach üblichem Sprachgebrauch erst vorgenommen werden, sobald der zu bestätigende Gegenstand – die konkreten Mitbestimmungsmodalitäten – feststeht und der Gesellschafterversammlung bekannt ist. Nur eine ausdrückliche Bestätigung durch eine zweite Versammlung der Anteilsinhaber ermöglicht zudem dem Registergericht im Rahmen seiner nach § 122k Abs. 2 Satz 1 UmwG bzw. § 122l Abs. 2 UmwG vorzunehmenden Rechtmäßigkeitsprüfung, zweifelsfrei das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen227 zu überprüfen.228 Die Spielräume, ohne Aufgabe des Zustimmungsvorbehalts durch die Anteilsinhaber eine zweite Gesellschafterversammlung zu vermeiden, werden von Art. 9 Abs. 2 VRL damit im Ergebnis sehr eng gesteckt. Ein Szenario bleibt denkbar, die Möglichkeit, die die Verschmelzungsbeschlüsse fassenden Gesellschafterversammlungen erst dann anzusetzen, wenn die Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft feststeht.229 Dieser Weg dürfte sich insbesondere bei enger Absprache mit den wichtigen Anteilsinhabern als vorteilhaft herausstellen. (b) 1. Gegenvorschlag: Die Ermächtigung des Aufsichtsrats Auf anderer Ebene findet sich der Vorschlag Ch. Teichmanns, der Gesellschafterversammlung zu ermöglichen, die Mitbestimmungsmodalitäten gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG unter den Vorbehalt einer Zustimmung 225

A. A. zumindest für die ersten beiden Varianten der Deutsche Notarverein, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 9. 226 So wohl der Deutsche Notarverein, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 8 f. 227 Dazu, ob die Bestätigung bloße Eintragungsvoraussetzung ist oder aber erst sie die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses herbeiführt, siehe unter 4. Teil A. II. 6. b) aa) (2). 228 So zu Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO Schwarz, SE-VO (2006), Art. 23 Rn. 31. 229 So die Empfehlung bei der Gründung einer SE im Wege der Verschmelzung von Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 85; andeutungsweise auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 41.

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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durch den Aufsichtsrat zu stellen.230 Ein solches Vorgehen würde sich von vornherein nicht auf § 122g Abs. 1 UmwG bzw. Art. 9 Abs. 2 VRL berufen, sondern mit § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG originär nationales Recht zur Anwendung bringen.231 Gangbar ist dieser Weg freilich nur, soweit die VRL ihm offen steht und auch nationales Recht nicht entgegensteht. Aus Sicht des nationalen Rechts bestehen diesbezüglich keine Zweifel.232 Die zukünftige Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft ist wesentlicher Verhandlungspunkt im Verschmelzungsverfahren, das seinerseits von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft ist.233 Durch satzungsändernden/gesellschaftsvertragsändernden Beschluss gemäß § 179 Abs. 1, 2 AktG bzw. § 53 GmbHG könnte die Gesellschafterversammlung den Abschluss einer Mitbestimmungsvereinbarung daher von einer Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig machen. Dem steht letztlich auch Art. 9 Abs. 2 VRL nicht entgegen. Zwar wird zu Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO die Ansicht vertreten, dass es sich um eine abschließende Regelung handele, die die Delegation der Entscheidung an den Aufsichtsrat gerade nicht vorsehe.234 Überzeugen kann derlei Überlegung jedoch weder bei Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO noch zur Parallelregelung des Art. 9 Abs. 2 VRL. Die VRL – wie auch die SE-VO – schützt an entsprechender Stelle das Letztentscheidungsrecht der Gesellschafterversammlung. Wenn aber die Gesellschafterversammlung von ihrem Zustimmungsvorbehalt keinen Gebrauch macht, delegiert sie ihr Letztentscheidungsrecht auf die Unternehmensleitung. Sieht die europarechtliche Vorgabe eine Delegation aber selbst vor, erscheint es nicht ersichtlich, warum ein Verzicht auf das Letztentscheidungsrecht nicht auch durch die Delegation auf ein weiteres Gesellschaftsorgan zulässig sein sollte.235 Letztlich ergeben sich auch aus § 122g 230

So zur SE Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 430. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG wäre dabei auf alle verschmelzungsfähigen Gesellschaftsformen gleichermaßen anwendbar, vgl. § 278 Abs. 3 AktG, Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO sowie § 52 Abs. 1 GmbHG. 232 A. A. Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 85, der darin „eine mit der Organisationsstruktur der AG unvereinbare Selbstbeschränkung der Hauptversammlung“ sieht und damit die Regelung des § 111 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 AktG ignoriert. 233 Zu den Anforderungen an potentiell zustimmungsbedürftige Geschäfte vgl. Hüffer, AktG (2006), § 111 Rn. 18; Semler, in: MünchKomm. zum AktG (2004), § 111 Rn. 395 ff. 234 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 23 SE-VO Rn. 21; ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 42; Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 85; zweifelnd auch Neun, in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 132 f. 235 So im Ergebnis auch Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 839; so zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 218. 231

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Abs. 1 UmwG, der lediglich um die getreue Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 VRL bemüht ist, keine weitergehenden Beschränkungen. Es ist also theoretisch zulässig, in der Satzung/dem Gesellschaftsvertrag die Zustimmung des Aufsichtsrates zu der zu treffenden Mitbestimmungsvereinbarung vorzusehen. Auf einem ganz anderen Blatt steht jedoch, inwieweit der Gesellschafterversammlung ein solches Vorgehen anzuraten ist. Die Einschaltung des Aufsichtsrates erhöht den Einfluss der Arbeitnehmer auf die Verhandlungen zur Mitbestimmung. Wird unter den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat regelmäßig eine Neigung bestehen, die Verschmelzung generell oder doch zumindest eine Reduzierung des bisherigen Mitbestimmungsniveaus abzulehnen, so gefährdet dies bei paritätisch mitbestimmten Aufsichtsräten die Verhandlungen oder gar die gesamte Verschmelzung, sobald nur ein Arbeitgebervertreter ebenso denkt. Auch sollte sich die Gesellschafterversammlung vor Augen führen, dass im Falle des Eingreifens der gesetzlich vorgesehenen – mitbestimmungserhaltenden – Auffanglösung eine Zustimmung des Aufsichtsrates nicht erforderlich sein wird, handelt es sich hierbei doch nicht um eine Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstandes.236 Die Gesellschafterversammlung delegiert also nur einen Teil ihres in Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 VRL gemäß § 122g Abs. 1 UmwG geschützten Letztentscheidungsrechts auf den Aufsichtsrat, verzichtet aber ersatzlos auf die Möglichkeit, der mitbestimmungserhaltenden Auffanglösung zu widersprechen. (c) 2. Gegenvorschlag: Festlegung der Mitbestimmung im Satzungsentwurf? Ein weiterer Vorschlag aus der Wissenschaft zur Vermeidung einer zweiten Hauptversammlung erscheint bereits rechtlich fragwürdig, in praktischer Hinsicht jedenfalls nicht sinnvoll. Kiem trägt vor, die Unternehmensleitung solle das künftige Mitbestimmungsmodell bereits in den Satzungsentwurf – nach § 122c Abs. 2 Nr. 9 UmwG Bestandteil des Verschmelzungsplans – der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft aufnehmen; den Anteilsinhabern wäre dann bei Fassung des Verschmelzungsbeschlusses das künftige Mitbestimmungsmodell bekannt, die Unternehmensleitung müsste sich bei den Verhandlungen an diese Vorgabe halten und sich notfalls auf die gesetzliche Auffanglösung zurückfallen lassen.237 Soll dieses Vorgehen eine rechtliche Bindung der Unternehmensleitung bewirken, wäre es mit den Vorgaben der VRL nicht zu vereinbaren.238 236

So im Ergebnis bei der SE-Verschmelzung Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), Anhang Rn. 65. 237 Kiem, WM 2006, 1091, 1097 (Fn. 55). 238 Vgl. Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 9.

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

253

Art. 9 Abs. 2 VRL kennt nur die nachträgliche Bestätigung eines Mitbestimmungsmodells. Zwar legt der über Art. 16 Abs. 3 VRL anwendbare Art. 3 Abs. 3 SE-RL nicht eindeutig fest, welches Organ auf Anteilsinhaberseite die Verhandlungen zu führen hat.239 In der Konzeption der VRL i. V. m. der SE-RL tritt das nach nationalem Recht berufene Organ bei den Verhandlungen aber jedenfalls nicht in Vertretung der Anteilsinhaber mit wirksam zu beschränkender Vertretungsmacht auf, sondern in Ausübung eigener Verhandlungsmacht. Nicht überzeugen kann auch das teilweise zur Paralleldiskussion bei der SE vorgetragene Argument, dass bei Abweichungen eines später geschlossenen Mitbestimmungskompromisses von den Festlegungen zur Mitbestimmung in der Satzung stets eine Satzungsänderung vorläge, die nach Art. 23 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 h) SE-VO der Zustimmung der Gesellschafterversammlungen der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bedürfe.240 Die VRL geht vielmehr in Art. 9 Abs. 2 davon aus, dass die in den Verschmelzungsplan aufgenommene Satzung bei Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse regelmäßig noch keine Angaben zur Mitbestimmung enthält und die dadurch erforderliche Satzungsanpassung ohne Zustimmung der Anteilsinhaber – solange diese vom Vorbehalt des Art. 9 Abs. 2 VRL keinen Gebrauch machen – von der Unternehmensleitung vorgenommen werden kann. Eine rechtliche Bindung der Unternehmensleitungen an die Vorgaben der Anteilsinhaber ist daher mit der Konzeption des Art. 9 Abs. 2 VRL nicht zu vereinbaren.241 Unproblematisch erscheint es demgegenüber, im Vorfeld und während der Verhandlungen die Absprache mit wichtigen Aktionären zu suchen und die Leitlinien eines Verhandlungsziels gemeinsam festzulegen. Auch dann sollte allerdings eine Aufnahme dieser informellen Absprache in den Verschmelzungsplan im Sinne einer erfolgsorientierten Verhandlungsführung unterbleiben. Die zwangsläufige Information der Arbeitnehmervertreter über das Verhandlungsziel der Arbeitgeber würde ansonsten regelmäßig ein Scheitern der Verhandlungen und einen schnellen Rückzug auf die gesetzliche Auffangregelung bewirken, die – da mitbestimmungserhaltend – nicht im Sinne der Anteilsinhaber ist.

239

Steinberg, Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (2006),

172. 240 So aber Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 839; vgl. zur SE Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 23 SE-VO Rn. 17; im Ergebnis zu Recht a. A., wenn auch mit fragwürdiger, sich auf Art. 12 Abs. 4 SE-VO stützender Begründung Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 41; Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 430. 241 Im Ergebnis ebenso zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 214 (Fn. 415).

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4. Teil: Die praktische Durchführung

(2) Wirkung des Zustimmungsvorbehalts Zu Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO ist umstritten, welche Wirkung die Ausübung des Zustimmungsvorbehaltes bzw. eine spätere Versagung der Zustimmung haben. Unter Berufung auf den Wortlaut der Vorschrift wird in der Ausübung des Vorbehalts überwiegend ein gesetzliches Eintragungshindernis gesehen242, während teilweise in einer späteren Zustimmung eine Bedingung für die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses gesehen wird243. Auf Grund der von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO abweichenden Formulierung des Art. 9 Abs. 2 VRL wird man für Verschmelzungen auf Grundlage der VRL Letzteres annehmen müssen. Dem trägt § 122g Abs. 1 UmwG Rechnung, nach dem der Verschmelzungsbeschluss nach § 13 UmwG von der Bestätigung der auszuhandelnden Mitbestimmung abhängig gemacht, also bedingt werden kann.244 (3) Mehrheitserfordernisse Art. 9 Abs. 2 VRL wirft – wie Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO – die Frage nach den für die separate Erklärung des Zustimmungsvorbehalts sowie für die Bestätigung des künftigen Mitbestimmungsregimes benötigten Mehrheiten auf. Letzteres ist dabei eindeutiger als ersteres zu beantworten. (a) Die Bestätigung des Mitbestimmungsregimes Im Hinblick auf die Genehmigung der Mitbestimmungsvereinbarung sieht sich das Erfordernis der einfachen Mehrheit der qualifizierten, für die Zustimmung zum Verschmelzungsplan erforderlichen, Dreiviertelmehrheit gegenübergestellt.245 Die Rechtslage stellt sich für die Anwendung der Um242 Schwarz, SE-VO (2006), Art. 23 Rn. 33; Neun, in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 132. 243 Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 23 SE-VO Rn. 18. 244 Frenzel, RIW 2008, 12, 19; a. A. Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 12. 245 Für die einfache Mehrheit bei der SE-Gründung Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 23 SE-VO Rn. 20; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), Anhang Rn. 64; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 23 Rn. 32; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 217; für eine qualifizierte Mehrheit Ch. Teichmann, in: van Hulle/Maul/Drinhausen, Hdb. zur SE (2007), 4. Abschn. § 2 Rn. 64; konkret bezogen auf den entsprechenden Zustimmungsvorbehalt bei der SE-Holdinggründung – vgl. Art. 32 Abs. 6 Satz 3 SE-VO – auch Oplustil, 4 GLJ No. 2 2003, Rn. 18.

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setzungsvorschrift § 122g Abs. 1 UmwG eindeutiger dar, als es der Streit bei der SE-Gründung erwarten lässt. Dass es § 122g Abs. 1 UmwG in korrekter Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 VRL entgegen der entsprechenden Vorschrift der SE-VO erlaubt, die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses von der Bestätigung der Mitbestimmungsregelungen abhängig zu machen, stellt klar, dass die Anteilsinhaber die Mitbestimmung mit Berufung auf den Zustimmungsvorbehalt zu einem Teil des Verschmelzungsplans machen, jedenfalls aber die Mitbestimmungsvereinbarung wie den Verschmelzungsplan behandelt wissen wollen. Nur die für den Verschmelzungsbeschluss erforderliche qualifizierte Mehrheit vermag es dann aber, die Wirksamkeit des Beschlusses herzustellen.246 Eine ganz andere Frage ist dagegen, ob die Gesellschafterversammlung bei Erklärung des Zustimmungsvorbehalts ein geringeres Mehrheitserfordernis für die spätere Zustimmung festlegen kann. In Anbetracht der bestehenden Möglichkeit der Gesellschafter, auf die Zustimmung vollends zu verzichten, ist hiergegen grundsätzlich nichts einzuwenden.247 (b) Die Erklärung des Zustimmungsvorbehalts Scheifele spricht sich bei der Verschmelzung zur SE bezüglich der Erklärung des Zustimmungsvorbehalts für die einfache Mehrheit aus248, will selbige freilich auch für die spätere Genehmigung der Mitbestimmungsvereinbarung genügen lassen. Gleiches dürfte sich bei unbefangener Anwendung der Gesetzeslage aus § 133 Abs. 1 AktG bzw. § 47 Abs. 1 GmbHG ergeben. Hingegen erscheint es bereits fragwürdig, inwieweit die von dieser Auffassung implizierte Trennung von Verschmelzungsbeschluss und Erklärung des Zustimmungsvorbehalts in einem zweiten Beschluss rechtlich umsetzbar ist.249 Näher liegt es, die Erklärung des Zustimmungsvorbehalts als immanenten Bestandteil des Verschmelzungsbeschlusses anzusehen.250 Aber auch 246 Im Ergebnis auch Frenzel, RIW 2008, 12, 19 f.; Heckschen, DNotZ 2007, 444, 463; ders., in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122g UmwG Rn. 137; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 839; a. A. Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 11. 247 Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 839; bezogen auf den entsprechenden Zustimmungsvorbehalt bei der SE-Holdinggründung Oplustil, 4 GLJ No. 2 2003, Rn. 18. 248 Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 215; auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 23 SE-VO Rn. 17. 249 Ohne Zweifel hingegen Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 10 f. 250 Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122g UmwG Rn. 109.

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wenn man zumindest die vorgezogene Erklärung des Zustimmungsvorbehalts vor Fassung des Verschmelzungsbeschlusses für zulässig hielte, würde das Erfordernis der einfachen Mehrheit der Bedeutung des zukünftig anwendbaren Mitbestimmungsregimes für die Verschmelzung im Hinblick auf einen angemessenen Gesellschafterschutz nicht gerecht werden.251 Wie ausgeführt, sieht es die VRL und in ihrer Umsetzung § 122g Abs. 1 UmwG vor, dass die Anteilsinhaber die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses von ihrer ausdrücklichen Bestätigung des Mitbestimmungsregimes abhängig machen können. Die Bestätigung ist richtigerweise mit Dreiviertelmehrheit zu fassen. Dieser Dreiviertelmehrheit entspräche es an sich, würde man für die separate Erklärung des Zustimmungsvorbehalts bereits eine Mehrheit von 25 Prozent ausreichen lassen. Nur eine solche Mehrheit korrespondierte dann mit der bei einem gleichzeitigen Beschluss von Verschmelzung und Zustimmungsvorbehalt notwendigen Dreiviertelmehrheit.252 Dass aber ausgerechnet eine einfache Mehrheit einen 75-ProzentBeschluss notwendig werden lassen soll, erscheint demgegenüber willkürlich und trägt der aus Sicht der Anteilsinhaber hohen Bedeutung der Mitbestimmungsfrage unzureichend Rechnung. Um die Unsicherheiten ob der Zulässigkeit einer separaten Erklärung des Zustimmungsvorbehalts und der dabei erforderlichen Mehrheit zu vermeiden, ist verschmelzungswilligen Gesellschaften in der Praxis daher anzuraten, den Verschmelzungsbeschluss gegebenenfalls direkt unter dem Vorbehalt späterer Zustimmung zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu fassen.253 bb) Zusätzliche Anforderungen des nationalen Rechts im Überblick (1) Verschmelzung unter Beteiligung von AG, SE254 oder KGaA Bereits die für die innerstaatliche Verschmelzung hinsichtlich der Vorbereitung und Durchführung einer Hauptversammlung von AG, SE und KGaA vorgesehenen Regelungen255 genügen (weitestgehend) den Anforderungen der VRL. Sie kommen über den Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG 251

A. A. Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 10. Vgl. Frenzel, RIW 2008, 12, 19. 253 Für zwingend geboten halten dies Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 122g UmwG Rn. 112; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 839. 254 Nach hier für richtig befundener Ansicht kann eine SE weder als neu gegründete noch als aufnehmende Gesellschaft aus einer Hineinverschmelzung hervorgehen. Ihre Beteiligung an einer Hineinverschmelzung ist daher nur denkbar, wenn diese zur Neugründung einer AG, KGaA oder GmbH erfolgt, vgl. hierzu unter 3. Teil B. III. 2. 255 §§ 119, 121 ff. AktG, §§ 13, 63 ff., 78 UmwG. 252

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bzw. als allgemeines Gesellschaftsrecht auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung entsprechend zur Anwendung. (a) Vorbereitung der Hauptversammlung Die Hauptversammlung ist mindestens dreißig Tage vor dem Tage der Versammlung vom Vertretungsorgan der Gesellschaft einzuberufen.256 Gleichzeitig mit der Einberufung sind die in § 63 Abs. 1 UmwG aufgelisteten Unterlagen im Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre, die sich nach § 63 Abs. 3 UmwG eine kostenlose Abschrift der Unterlagen zuschicken lassen können, auszulegen.257 Wie bei innerstaatlichen Verschmelzungen258 ist die Gesellschaft zur Auslegung des Verschmelzungsplans bzw. seines Entwurfs, der letzten drei Jahresabschlüsse und Lageberichte259, eventuell zu erstellender Zwischenbilanzen260 sowie der erstatteten Verschmelzungs- bzw. Prüfungsberichte261 aller an der Verschmelzung beteiligten, d. h. auch der ausländischen Gesellschaften verpflichtet.262 Zwar wurden die Verschmelzungs- und Prüfungsberichte der ausländischen Gesellschaften nicht nach § 8 UmwG bzw. §§ 60, 12 UmwG erstellt. Die über § 122a Abs. 2 UmwG bewirkte entsprechende Anwendung des § 63 Abs. 1 Nr. 4 und 5 UmwG macht hingegen auch die Auslage der erstatteten Verschmelzungs- und Prüfungsberichte der ausländischen Gesellschaften erforderlich.263 Dass diese Regelung des nationalen Rechts nur für die ihm unterworfenen Gesellschaften Bindungswirkung entfalten kann, steht dabei der dargestellten entsprechenden Anwendung des § 63 Abs. 1 UmwG auf die an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaften nicht im Wege. Freilich, verweigert die ausländische Gesellschaft die Herausgabe der Dokumente, so scheitert die Verschmelzung. Es 256

Vgl. §§ 121 Abs. 2 Satz 1, 123 Abs. 1 AktG ggf. i. V. m. § 278 Abs. 3 AktG. Für den Verschmelzungsbericht und den Prüfungsbericht der deutschen Gesellschaft ist die Auslegungsfrist ggf. – bei 31-tägigem Monat – unbeachtlich, da diese bereits einen Monat vor der Versammlung auszulegen sind, vgl. §§ 122e Satz 2, 122f Satz 2 UmwG. 258 Zur innerstaatlichen Verschmelzung Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 63 Rn. 3; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 63 UmwG Rn. 3. 259 Vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. 260 Vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 3 UmwG. 261 Vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 4, 5 UmwG. 262 Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 64; Louven, ZIP 2006, 2021, 2026 f.; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 4; Drinhausen/Keinath, RIW 2006, 81, 84; bereits zu Art. 6 des Vorschlags einer VRL Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2638. 263 Louven, ZIP 2006, 2021, 2026. 257

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wird ein mittelbarer Zwang auf die ausländische Gesellschaft ausgeübt.264 Dieser besteht aber auch bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen. Die verbleibende mittelbare Beschränkung der Niederlassungsfreiheit der ausländischen Gesellschaft ist bei Anwendung des abgeschwächten Prüfungsmaßstabs265 genauso wie eine Beschränkung der inländischen Gesellschaft aus überwiegenden Gründen des Schutzes von Minderheitsgesellschaftern gerechtfertigt und somit nicht zu beanstanden. Soweit die zur Anwendung berufenen Vorschriften grundfreiheitsschonenden Auslegungen offen stehen, dürfen diese Gestaltungsspielräume von den Gesellschaften genutzt werden. Es ist der deutschen Gesellschaft daher zu erlauben, die ausländischen Unterlagen in der Originalsprache auszulegen und auf aufwendige Übersetzungen zu verzichten.266 Zur rechtlichen Absicherung dieser Möglichkeit wäre freilich sowohl aus Sicht der Gesellschaft als auch aus Sicht des die Rechtmäßigkeitsprüfung durchführenden Registergerichts eine entsprechende positivrechtliche Regelung wünschenswert gewesen.267 (b) Durchführung der Hauptversammlung Wurden die solchermaßen erforderlichen Unterlagen rechtzeitig zur Einsicht ausgelegt, kann die die Zustimmung zum Verschmelzungsplan beschließende Hauptversammlung abgehalten werden. Die §§ 64 ff. UmwG finden Anwendung. Der Aufsichtsrat einer aufnehmenden AG hat unter den Voraussetzungen des neugefassten § 67 UmwG268 vor Beschlussfassung der 264

Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2638. Siehe hierzu unter 3. Teil B. II. 2. b). 266 Louven, ZIP 2006, 2021, 2027; a. A. Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122g Rn. 4. 267 Louven, ZIP 2006, 2021, 2027; Drinhausen/Keinath, RIW 2006, 81, 84. 268 Die Vorschriften zur Nachgründung sind gemäß § 67 Satz 1 UmwG bei innerstaatlichen Verschmelzungen auf eine AG bzw. KGaA anwendbar, sobald der Verschmelzungsvertrag innerhalb der ersten zwei Jahre seit Eintragung der übernehmenden Gesellschaft in das Register geschlossen wird. Da ein Vertragsschluss bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung entfällt, ist entscheidender Zeitpunkt hier die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans, vgl. für die Verschmelzung zur SE Neun, in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 119 sowie Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 178. § 52 Abs. 3, 4, 6, 7, 8, 9 AktG finden nach der Neufassung des § 67 Satz 2 UmwG keine Anwendung, wenn – wie bisher – „auf die zu gewährenden Aktien nicht mehr als der zehnte Teil des Grundkapitals der Gesellschaft entfällt“ oder – neu – die „Gesellschaft ihre Rechtsform durch Formwechsel einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erlangt hat, die zuvor bereits seit mindestens zwei Jahren im Handelsregister eingetragen war“, vgl. zu dieser Neuregelung Drinhausen, BB 2006, 2313, 2315; DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Än265

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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Hauptversammlung gemäß § 52 Abs. 3 AktG einen Nachgründungsbericht zu erstatten. Nach § 52 Abs. 4 AktG ist gegebenenfalls eine Gründungsprüfung durch unabhängige Gründungsprüfer erforderlich. Der Verschmelzungsplan ist nach Zustimmung der Hauptversammlung gemäß § 52 Abs. 6 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Verschmelzungsbeschluss der Hauptversammlung einer AG bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, wobei diese Mehrheit in jeder vorhandenen Aktiengattung zu erreichen ist; die Satzung kann eine größere Mehrheit vorsehen und weitere Erfordernisse aufstellen.269 Der Beschluss einer KGaA bedarf zusätzlich gemäß § 78 Satz 3 UmwG der Zustimmung aller persönlich haftenden Gesellschafter; die Satzung der KGaA kann ihren Mehrheitsentscheid vorsehen. Die Verschmelzungsbeschlüsse der beteiligten deutschen Gesellschaft sowie die erforderlichen Zustimmungserklärungen einzelner Anteilsinhaber sind schließlich nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG zu beurkunden. (c) Sonderfall des § 76 Abs. 1 UmwG Besondere Beachtung erfordern bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung – Gleiches gilt für die Hinausverschmelzung zur Neugründung – die §§ 122a Abs. 2, 76 Abs. 1 UmwG. Für die innerstaatliche Verschmelzung regelt § 76 Abs. 1 UmwG, dass eine zu übertragende AG, SE oder KGaA270 die Verschmelzung zur Neugründung erst dann beschließen kann, wenn sie und jede andere übertragende Gesellschaft der genannten Rechtsformen bereits zwei Jahre in einem Register eingetragen sind. Freilich kann diese Sperrfrist bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung dem kollisionsrechtlichen Ansatz der VRL, der modifizierten Vereinigungstheorie, insbesondere aber der limitierten Regelungskompetenz des nationalen Gesetzgebers entsprechend lediglich die dem deutschen Personalstatut unterliegenden Gesellschaften betreffen. Der deutschen Gesellschaft ist die Fassung des Verschmelzungsbeschlusses nach §§ 122a Abs. 2, 76 Abs.1 UmwG aber auch dann untersagt, wenn eine der an der Verschmelzung beteiligten ausländischen Gesellschaften, deren Rechtsformen der AG, KGaA oder SE entsprechen, ihrerseits noch keine zwei Jahre in ihrem Heimatstaat registriert ist.271 derung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 739; kritisch Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 845. 269 Vgl. § 65 UmwG. 270 § 76 Abs. 1 UmwG ist über den Generalverweis des § 78 Satz 1 UmwG entsprechend anwendbar, vgl. Rieger, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 78 UmwG Rn. 8. 271 So zutreffend bereits für die Hinausverschmelzung zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 212.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

(2) Verschmelzung unter Beteiligung einer GmbH Ist eine deutsche GmbH an der Verschmelzung beteiligt, finden auf sie – im Grundsatz – die §§ 48 ff. GmbHG sowie die §§ 13, 47, 49 ff. UmwG Anwendung. Außerhalb von Konzernverschmelzungen272 ist damit stets gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG eine Gesellschafterversammlung zur Einholung des Verschmelzungsbeschlusses abzuhalten; § 48 Abs. 2 GmbHG ist – wie bei der innerstaatlichen Verschmelzung – nicht anwendbar.273 Die Einberufung der Gesellschafterversammlung ist mit einer Frist von einer Woche durch die Geschäftsführer mittels eingeschriebener Briefe zu bewirken274; die Verschmelzung ist dabei gemäß § 49 Abs. 1 UmwG als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen. Spätestens mit Einberufung der Versammlung sind der Verschmelzungsplan bzw. sein Entwurf und der Verschmelzungsbericht den Gesellschaftern nach § 47 UmwG zu übersenden.275 Analog § 47 UmwG ist auch die Übersendung des Prüfungsberichts erforderlich.276 Die Jahresabschlüsse und Lageberichte der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre sind nach § 49 Abs. 2 UmwG zur Einsicht der Gesellschafter im Geschäftsraum der Gesellschaft auszulegen. Die Auslage der Unterlagen der ausländischen Gesellschaften in der Originalsprache ist auch bei der GmbH zulässig. In der Gesellschafterversammlung muss der Verschmelzungsbeschluss der Gesellschafter mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen gefasst werden; der Gesellschaftsvertrag kann eine größere Mehrheit sowie weitere Erfordernisse festlegen.277 Gesellschafter, denen der Gesellschaftsvertrag besondere Rechte einräumt, müssen der Verschmelzung gemäß § 50 Abs. 2 UmwG zustimmen; ihre Zustimmungserklä272 Zu Verfahrenserleichterungen bei Konzernverschmelzungen siehe unter 4. Teil V. 273 Zur innerstaatlichen Verschmelzung Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 13 Rn. 3; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 13 Rn. 9; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 13 Rn. 10, 14. 274 Vgl. §§ 49 Abs. 1, 51 Abs. 1 GmbHG. 275 Der Verschmelzungsbericht ist den Gesellschaftern sowie den Arbeitnehmervertretern zudem bereits mindestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung zugänglich zu machen, vgl. § 122e Satz 2 UmwG. Gleiches gilt in richtlinienkonformer Auslegung des § 122f Satz 2 UmwG für einen Prüfungsbericht unabhängiger Sachverständiger, vgl. zu § 122f UmwG unter 4. Teil A. II. 5. b) aa). 276 Louven, ZIP 2006, 2021, 2027; für eine Pflicht zur Übersendung eines Prüfungsberichts bei der innerstaatlichen Verschmelzung, wenn das Prüfungsverlangen vor der Einberufung der Gesellschafterversammlung gestellt wurde Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 47 Rn. 1; Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 47 Rn. 7; a. A. Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 47 UmwG Rn. 4. 277 Vgl. § 50 Abs. 1 UmwG.

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rungen sind in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG notariell zu beurkunden. Das besondere Erfordernis einer Zustimmung aller – auch der abwesenden – Gesellschafter kann sich bei der Hineinverschmelzung aus § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 3 UmwG278 ergeben, falls das ausländische Pendant einer GmbH aufgenommen werden soll, auf dessen Geschäftsanteile nicht alle zu leistenden Einlagen in voller Höhe bewirkt sind. Die Höhe der Einlage ist dabei dem ausländischen Recht zu entnehmen. Die Zustimmungserklärungen der bei der Gesellschafterversammlung abwesenden Gesellschafter sind gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG notariell zu beurkunden. Gleiches gilt schließlich für den Verschmelzungsbeschluss selbst. 7. Gründungsprüfung und -bericht bei der Verschmelzung zur Neugründung? Bei innerstaatlichen Verschmelzungen zur Neugründung einer AG oder KGaA sind Gründungsprüfung und -bericht nach § 75 Abs. 2 UmwG bzw. – bei Neugründung einer GmbH – ein Sachgründungsbericht nach § 58 Abs. 2 UmwG entbehrlich, falls an der Verschmelzung ausschließlich Kapitalgesellschaften beteiligt sind.279 Werden auch Personengesellschaften oder Vereine übertragen, bleibt es hingegen bei der Prüfungs- und Berichtspflicht nach § 36 Abs. 2 UmwG i. V. m. §§ 32, 33 AktG bzw. der Berichtspflicht nach § 36 Abs. 2 UmwG i. V. m. § 5 Abs. 4 GmbHG. Die Berichtspflicht erstreckt sich in diesem Fall allein auf das Vermögen und das Unternehmen der übertragenden Personengesellschaft bzw. des übertragenden Vereins.280 278 Zu § 51 Abs. 1 Satz 3 UmwG a. F. war streitig, wie die dort vorgesehene entsprechende Anwendung des § 51 Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG zu interpretieren sei. Teilweise wurde auf Grund der Regelung die Zustimmung der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft für erforderlich erachtet, vgl. etwa Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 51 UmwG Rn. 10. Zu Recht anderer Ansicht war hingegen die herrschende Lehre, die die Zustimmung der Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft für erforderlich hielt, vgl. Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 51 Rn. 6; Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.Lfg., § 51 UmwG Rn. 25; Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 51 Rn. 10; Reichert, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 51 Rn. 18; Bermel, in: Goutier/Knopf/ Tulloch, UmwG (1996), § 51 Rn. 9. § 51 Abs. 1 Satz 3 UmwG führt nun zu einer Klarstellung im Sinne der herrschenden Lehre. 279 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 58 UmwG Rn. 16; Reichert, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 58 Rn. 11. 280 Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 58 UmwG Rn. 16; Reichert, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 58 Rn. 11; wohl ebenso Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 58 Rn. 3, Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 58 Rn. 8, die allerdings missverständlich von der Berichtspflicht der Personengesellschaft bzw. des Vereins sprechen.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Berichtspflichtig bleiben dabei alle übertragenden Gesellschaften.281 Wäre dem nicht so, wären Gründungsprüfung und -bericht im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall nie erforderlich. Die bevorzugte Behandlung von Kapitalgesellschaften durch die §§ 58 Abs. 2, 75 Abs. 2 UmwG beruht auf dem Gedanken einer hier bereits vor der Verschmelzung bestehenden strengen Kapitalbindung.282 Auf deutscher Seite sind bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach den §§ 122a ff. UmwG nur Kapitalgesellschaften beteiligt. Auf ausländischer Seite mögen sich zwar Kapitalgesellschaften beteiligen, die den in §§ 58 Abs. 2, 75 Abs. 2 UmwG vorausgesetzten Anforderungen an die Kapitalbindung nicht genügen. Sie wären mangels Regelungskompetenz des nationalen Gesetzgebers jedoch von vornherein nicht die aus §§ 58 Abs. 2, 75 Abs. 2 UmwG Verpflichteten. Da die deutsche Kapitalgesellschaft hingegen auch im Hinblick auf ihre ausländischen Verschmelzungspartner berichtspflichtig ist, ist mit Oechsler davon auszugehen, dass Gründungsprüfung und -bericht dann erforderlich sind, wenn beteiligte ausländische Kapitalgesellschaften nach ihrem Gründungsrecht nicht den Regelungen der Kapitalrichtlinie unterworfen sind und eine ausreichende Kapitalbindung damit nicht gesichert ist.283 8. Die Rechtmäßigkeitsprüfung Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verschmelzung sieht die VRL – ähnlich den Artt. 25, 26 SE-VO – ein zweistufiges Verfahren vor, das in Artt. 10, 11 VRL seine Regelung gefunden hat. Die Umsetzung der Rechtmäßigkeitsprüfung in nationales Recht erfolgte in den §§ 122k, l UmwG. a) Die Vorgaben der Richtlinie, Artt. 10, 11 VRL Jeder Mitgliedstaat hat die zuständige Stelle („Behörde“) zu benennen, die die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung für die Verfahrensabschnitte kontrolliert, welche diejenigen der sich verschmelzenden Gesellschaften betreffen, die seinem Recht unterliegen.284 Wurden die 281 Missverständlich insoweit allein Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 58 Rn. 3; Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 58 Rn. 8. 282 Oechsler, NZG 2006, 161, 163; vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, abgedruckt bei Ganske, UmwR (1995), 105, 117. Dass diese Begründung keinesfalls überzeugend ist, wird in der Literatur vielfach betont, vgl. nur Mayer, in: Widmann/ Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 58 UmwG Rn. 17; Reichert, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 58 Rn. 12; Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 58 Rn. 7. 283 Oechsler, NZG 2006, 161, 163 f. 284 Vgl. Art. 10 Abs. 1 VRL.

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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der eigentlichen Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß vollzogen, stellt diese Stelle den dem Recht ihres Mitgliedstaates unterliegenden Gesellschaften hierüber eine sog. Vorabbescheinigung (im Folgenden: Rechtmäßigkeitsbescheinigung) aus.285 Ist in einem der involvierten Mitgliedstaaten ein Verfahren anhängig, das der Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien oder sonstigen Anteile oder der Abfindung von Minderheitsgesellschaftern dient, hat die Bescheinigung einen dementsprechenden Hinweis zu enthalten.286 In der zweiten Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung ist eine von jedem Mitgliedstaat zu ernennende Stelle aufgefordert, die Durchführung der Verschmelzung sowie – bei der Verschmelzung zur Neugründung – die Gründung der neuen, aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu prüfen, wenn die aufnehmende oder neue Gesellschaft ihrem innerstaatlichen Recht unterliegt.287 Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung ist der Stelle von jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Erteilung gemeinsam mit je einem Exemplar des Verschmelzungsplans vorzulegen.288 b) Nationale Umsetzung und Anforderungen des deutschen Rechts Die §§ 122k, l UmwG legen es nahe, bei der Untersuchung der Rechtmäßigkeitsprüfung nach deutschem Recht zwischen der Hineinverschmelzung zur Neugründung und der Hineinverschmelzung zur Aufnahme zu differenzieren. aa) Hineinverschmelzung zur Neugründung (1) Prüfungsablauf Die erste Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung wurde für die Hineinverschmelzung zur Neugründung – Gleiches gilt für die Hinausverschmel285 Vgl. Art. 10 Abs. 2 VRL. Die Formulierung des Art. 10 Abs. 2 VRL ist weiter als die des Art. 10 Abs. 1 VRL. Sie umfasst alle dem Wirksamwerden der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten. Dennoch bestehen auf Grund des systematischen Zusammenhangs beider Absätze sowie ihres Sinn und Zwecks keine Zweifel, dass die Rechtmäßigkeitsbescheinigung als Abschluss der ersten Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung eben nur die Rechtmäßigkeit der dort geprüften Punkte bestätigen kann und soll. Vgl. ebenso für die Verschmelzung zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 265. 286 Vgl. Art. 10 Abs. 3 VRL. 287 Vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 VRL. 288 Vgl. Art. 11 Abs. 2 VRL.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

zung289 – in § 122k Abs. 1, 2 UmwG umgesetzt. Das Vertretungsorgan einer übertragenden deutschen Gesellschaft hat nach § 122k Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG die Verschmelzung beim Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft anzumelden. Es gelten §§ 16 Abs. 2 und 3, 17 UmwG entspechend mit der Maßgabe, dass sich die nach § 16 Abs. 2 UmwG erforderliche Negativerklärung nur auf den Verschmelzungsbeschluss der übertragenden deutschen Gesellschaft bezieht und dass die in § 17 UmwG aufgeführten Unterlagen nicht für die weiteren an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften beigebracht werden müssen.290 Der nationale Gesetzgeber beschränkt den Regelungsbereich der Vorschrift damit auf die seinem Recht unterliegenden übertragenden Gesellschaften.291 Nur für diese richtet sich die Erteilung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung nach dem UmwG. Das Registergericht am Sitz der übertragenden Gesellschaft hat das Vorliegen der diese betreffenden Voraussetzungen für die Verschmelzung nach § 122k Abs. 2 Satz 1 UmwG zu überprüfen und – bei positivem Prüfungsverlauf – unverzüglich die Rechtmäßigkeitsbescheinigung auszustellen. Ist ein Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses oder der Barabfindung anhängig, ist dies gemäß § 122k Abs. 2 Satz 4 UmwG in der Rechtmäßigkeitsbescheinigung anzugeben. Unter Abgabe der Bescheinigung innerhalb von sechs Monaten292 seit ihrer Ausstellung hat das Vertretungsorgan einer übertragenden deutschen Gesellschaft zusammen mit den Vertretungsorganen der anderen Gesellschaften die Verschmelzung beim zuständigen Register am Sitz der neu zu gründenden Gesellschaft anzumelden, das anschließend die zweite Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung durchführt.293 Das solchermaßen skizzierte Kontrollverfahren entspricht in seiner zweistufigen Ausgestaltung den Vorgaben der Artt. 10, 11 VRL. (2) Richtlinienkonforme Rechtmäßigkeitsbescheinigung? Nach § 122k Abs. 2 Satz 2 UmwG gilt die – nur bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung sowie der Hinausverschmelzung erforderliche – Nachricht über die Eintragung der Verschmelzung im Register der übertragenden Gesellschaft als Rechtmäßigkeitsbescheinigung. Zwar müsste 289 Zur Rechtmäßigkeitskontrolle bei der Hinausverschmelzung siehe zudem unter 4. Teil A. III. 6. 290 Vgl. Begr. RegE zu § 122k UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 17. 291 Vgl. § 122k Abs. 1 Satz 1 UmwG. 292 Bei einer Hineinverschmelzung zur Neugründung richtet sich die Fristberechnung nach deutschem Recht. Mangels spezieller Regelungen ist hier auf die §§ 186 ff. BGB zurückzugreifen. 293 Vgl. §§ 122k Abs. 3, 122l Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG.

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auch dem inländischen Register der neu entstehenden Gesellschaft bzw. – bei der Hinausverschmelzung – der beteiligten ausländischen Stellen ohne Weiteres einsichtig sein, dass die Eintragungsnachricht nur bei positivem Verlauf der ersten Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung durch das deutsche Registergericht ausgestellt wird.294 Dennoch bleiben letzte Zweifel, ob die Art und Weise der Bescheinigung – wie von Art. 10 Abs. 2 VRL gefordert – zweifelsfrei den ordnungsgemäßen Vollzug der der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten belegt.295 Es wäre jedenfalls als Klarstellung zu begrüßen gewesen, hätte der Gesetzgeber eine Art. 10 Abs. 2 VRL entsprechende Formulierung verpflichtend in die Nachricht über die Eintragung der Verschmelzung aufnehmen lassen.296 bb) Hineinverschmelzung zur Aufnahme (1) Prüfungsablauf Im Falle einer Hineinverschmelzung zur Aufnahme ist § 122k UmwG unanwendbar.297 Die Rechtmäßigkeitskontrolle wurde hier für die aufnehmende deutsche Gesellschaft in § 122l Abs. 1, 2 UmwG einstufig ausgestaltet. Nach Anmeldung der Verschmelzung durch das Vertretungsorgan der übernehmenden Gesellschaft unter Hinzufügung der Rechtmäßigkeitsbescheinigungen aller übertragenden Gesellschaften prüft das Registergericht am Sitz der aufnehmenden Gesellschaft einheitlich sowohl das Vorliegen der Voraussetzungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung für diese Gesellschaft als auch die ordnungsgemäße Durchführung der Verschmelzung. E contrario § 122l Abs. 1 a. E. UmwG und ohne Anzeichen für eine gewollte Ungleichbehandlung von aufnehmenden und übertragenden Gesellschaften ist zudem von der entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 16 Abs. 2, 3, 17 Abs. 1 UmwG auf die aufnehmende Gesellschaft auszugehen.298 294

Ähnlich Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 68. Kallmeyer, Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, GmbHR 2006, 418, 420; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 344 (Fn. 15), die gar allzu pessimistisch von einer erheblichen Gefährdung der praktischen Durchführbarkeit von Hinausverschmelzungen ausgehen. 296 Generell für ein gesetzgeberisches Tätigwerden an dieser Stelle auch Haritz/ von Wolff, GmbHR 2006, 340, 344; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 404. Vgl. auch den Formulierungsvorschlag bei Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 25 SE-VO Rn. 17. 297 A. A. offenbar H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289. 298 Etwas kryptisch an dieser Stelle § 122l Abs. 1 a. E. UmwG, der lediglich davon spricht, dass §§ 16 Abs. 2, 3, 17 UmwG auf die übertragenden Gesellschaften keine Anwendung finden. Für ausländische Gesellschaften fehlte es hierfür freilich 295

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Die solchermaßen skizzierte Umsetzung der in der VRL vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle begegnet – zumindest auf den ersten Blick – grundsätzlichen Bedenken und stellt im Detail eine eher freie Umsetzung der Richtlinie dar. (2) Richtlinienkonformität der einstufigen Rechtmäßigkeitsprüfung? (a) Problemstellung Deutsches Recht sieht für die Hineinverschmelzung zur Aufnahme in § 122l Abs. 1, 2 UmwG eine einstufige Rechtmäßigkeitsprüfung vor. Inwieweit diese nationale Ausgestaltung den Vorgaben der Artt. 10, 11 VRL entspricht, erscheint fraglich. Der Wortlaut des Art. 10 Abs. 1, 2 VRL bringt zum Ausdruck, dass die erste Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung auf aufnehmende wie auf übertragende Gesellschaften unterschiedslos anwendbar sein soll; jede „der sich verschmelzenden Gesellschaften“ hat demnach eine Rechtmäßigkeitsbescheinigung einzuholen.299 Eine dahingehende Auslegung entspräche zudem der für die SE getroffenen Parallelregelung des Art. 25 Abs. 1, 2 SE-VO, welche auch auf die an der Verschmelzung beteiligte aufnehmende Gesellschaft anzuwenden ist.300 Bereits hieraus wird auf Grundlage einer rein formellen Betrachtung teilweise die Richtlinienkonformität der deutschen Vorschrift angezweifelt.301 Andererseits bliebe der Nutzen einer für die aufnehmende Gesellschaft auszustellenden Bescheinigung im Unklaren, wenn die Rechtmäßigkeitsprüfung auch ohne eine solche Bescheinigung rechtssicher durchführbar wäre.302 Für die rechtssichere Durchführung der Rechtmäßigkeitsprüfung ist die einheitliche Zuständigkeit eines Registergerichts für beide Stufen der Prüfung erste Voraussetzung. Wollte man auch dann eine Rechtmäßigkeitsbescheinigung fordern, so würde sich das zuständige Registergericht – zumindest auf den ersten Blick wenig sinnvoll – selber die ihm vorzulegende Bescheinigung ausstellen. Hingegen würde die rechtssichere Durchführbarkeit der Rechtmäßigkeitsprüfung bei Beteiligung zweier nationaler Registergerichte ohne Rechtmäßigkeitsbescheinigung leiden. Eben dieses Problem an der Kompetenz des Gesetzgebers. Inländische übertragende Gesellschaften hingegen müssen §§ 16 Abs. 2, 3, 17 UmwG nach § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG bereits beachten, um die Rechtmäßigkeitsbescheinigung erhalten zu können. 299 Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343; Louven, ZIP 2006, 2021, 2027. 300 Vgl. zur unstreitigen Rechtslage bei der SE-Verschmelzung statt vieler Schwarz, SE-VO (2006), Art. 25 Rn. 5; C. Schäfer, in: MünchKomm. zum AktG (2006), Art. 25 SE-VO Rn. 2. 301 Louven, ZIP 2006, 2021, 2027; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343. 302 So auch Louven, ZIP 2006, 2021, 2027.

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einer geteilten örtlichen Zuständigkeit wird teilweise sowohl bei der Verschmelzung zur SE303 als auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen im Sinne der VRL304 für die Hineinverschmelzung zur Aufnahme bei gleichzeitig durchzuführender Verlegung des Satzungssitzes der aufnehmenden Gesellschaft gesehen bzw. zumindest für nicht ausgeschlossen gehalten.305 (b) Stellungnahme Überzeugen können diese Bedenken letztlich nicht. Zwar ist zuzugeben, dass sowohl § 4 SEAG i. V. m. § 125 Abs. 1, 2 FGG als auch § 122l Abs. 1 Satz 1 UmwG die Zuständigkeit des konkreten Registergerichts für die Eintragung der Verschmelzung im Falle gleichzeitiger Sitzverlegung der aufnehmenden Gesellschaft ungeregelt lassen. Auch liegt den Regelungen der Artt. 25, 26 SE-VO und Artt. 10, 11 VRL offensichtlich die Annahme einer stets zweigeteilten Rechtmäßigkeitsprüfung zu Grunde, so dass die Annahme einer geteilten Prüfungskompetenz bei Kombination von Verschmelzung und Sitzverlegung zumindest nicht fern liegt. Bei der Benennung der zuständigen Stellen lassen SE-VO und VRL den nationalen Gesetzgebern hingegen völlig freie Hand. Die Benennung derselben Stelle für beide Prüfungsstufen verstößt damit nicht gegen die europarechtlichen Vorgaben. Auch die Zuständigkeitsfrage ist schließlich keineswegs so ungeklärt, wie es die offenen Formulierungen des § 4 SEAG i. V. m. § 125 Abs. 1, 2 FGG sowie des § 122l Abs. 1 Satz 1 UmwG erwarten lassen. Die Vorschriften teilen ihre Zurückhaltung in der eindeutigen Festlegung des zuständigen Registergerichts mit der auf die innerstaatliche Verschmelzung Anwendung findenden Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 1 UmwG. Dennoch wird nach dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz der verfahrensrechtlichen Einheit der Anmeldung einer Satzungsänderung, die neben der Sitzverlegung weitere Satzungsänderungen enthält, allein das Registergericht am zukünftigen Sitz der Gesellschaft für zuständig befunden, die erforderlichen Eintragungen vorzunehmen.306 Seine Zuständigkeit für die Prüfung 303

Schwarz, SE-VO (2006), Art. 25 Rn. 5. Louven, ZIP 2006, 2021, 2027. 305 Die Möglichkeit einer mit der Verschmelzung vorzunehmenden Satzungssitzverlegung ist für die innerstaatliche Verschmelzung anerkannt; vgl. OLG Hamm v. 1.8.1994 – 15 Sbd 37/94, FG Prax 1995, 43 f.; OLG Oldenburg v. 11.12.1996 – 5 AR 26/96, GmbHR 1997, 657; Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 16 Rn. 2 (Fn. 1); Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 5 Rn. 5; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 5 Rn. 5. Auch für die SE-Verschmelzung wird von der Zulässigkeit eines solchen Vorgehens ausgegangen; vgl. Schwarz, SE-VO (2006), Art. 25 Rn. 5. 306 OLG Hamm FG Prax 1995, 43, 44; OLG Oldenburg GmbHR 1997, 657, 658. Als Ausnahme hierzu ist die Eintragung einer gegebenenfalls mit der Verschmel304

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4. Teil: Die praktische Durchführung

und Eintragung der Sitzverlegung ergibt sich dabei bereits aus §§ 45, 278 Abs. 3 AktG bzw. § 54 GmbHG i. V. m. § 13h Abs. 2 HGB. Der Grundsatz beansprucht auch Geltung, wenn die Satzungssitzverlegung im Rahmen einer Verschmelzung vorgenommen wird.307 Diese Rechtsprechung lässt sich ohne Weiteres auf grenzüberschreitende Verschmelzungen zur Aufnahme bei gleichzeitiger Satzungssitzverlegung der aufnehmenden Gesellschaft übertragen. Nur auf diesem Wege wird man letztlich auch dem Parteiwillen gerecht werden können, die Sitzverlegung nicht vor oder nach, sondern gerade mit der Verschmelzung durchzuführen.308 Wird also die Anmeldung der Verschmelzung nach § 122l Abs. 1 UmwG genauso wie die geplante Sitzverlegung nach § 45 Abs. 1 AktG bzw. § 13h Abs. 1 HGB beim Register am noch aktuellen Sitz der aufnehmenden Gesellschaft angemeldet, so wird doch die materielle Überprüfung der Rechtmäßigkeit beider miteinander verknüpfter Maßnahmen vom Registergericht am zukünftigen Gesellschaftssitz durchgeführt. Das Bedürfnis nach einer Rechtmäßigkeitsbescheinigung ist insoweit nicht zu erkennen.309 Obwohl – wie gezeigt – die materielle Rechtmäßigkeitsprüfung bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme stets nur ein Registergericht beschäftigt, bleibt es sinnvoll, die Rechtmäßigkeitsprüfung auch hier faktisch in zwei Stufen durchführen zu lassen. Wollte man mit der Prüfung erst zu dem Zeitpunkt beginnen, in dem die Verschmelzungsbescheinigungen aller übertragenden Gesellschaften gemäß § 122l Abs. 1 Satz 2 UmwG beim Registergericht der übernehmenden Gesellschaft eingegangen sind, drohten erst dann auf Seiten der aufnehmenden Gesellschaft entdeckte Fehler bei der Vorbereitung der Verschmelzung den ganzen weiteren Verschmelzungsprozess aufzuhalten und letztlich die Verschmelzung zum Scheitern zu bringen. Das Bedürfnis nach einer Rechtmäßigkeitsbescheinigung besteht freilich auch bei faktischer Zweiteilung der Rechtmäßigkeitsprüfung nicht. Letztlich wird man der einstufigen Ausgestaltung der Rechtmäßigkeitsprüfung durch § 122l UmwG die Richtlinienkonformität nicht absprechen können.310 Artt. 10, 11 VRL gehen von einer Zweiteilung der Rechtmäßigkeitsprüfung bei Zuständigkeit unterschiedlicher nationaler Stellen aus. Das Erfordernis einer Rechtmäßigkeitsbescheinigung und damit auch die Befriszung vorzunehmenden Kapitalerhöhung durch das Registergericht am alten Gesellschaftssitz vorzunehmen; vgl. OLG Hamm FG Prax 1995, 43, 44. 307 OLG Hamm FG Prax 1995, 43 f.; OLG Oldenburg GmbHR 1997, 657 f. 308 Die Sitzverlegung wird mit Eintragung im Register des neuen Gesellschaftssitzes wirksam; vgl. § 45 Abs. 2 Satz 5 AktG bzw. § 54 Abs. 3 GmbHG i. V. m. § 13h Abs. 2 HGB. 309 Im Ergebnis auch Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 67. 310 A. A. Louven, ZIP 2006, 2021, 2027; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343.

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tung der Möglichkeit zur Vorlage der Bescheinigung sind bei dieser Annahme konsequente, notwendige Folgeregelungen, um das Verfahren rechtssicher auszugestalten. Andererseits überlassen es Artt. 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 VRL den Mitgliedstaaten, die für die Durchführung der Rechtmäßigkeitsprüfung zuständigen Stellen eigenständig zu bestimmen. Dies schließt bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme die Möglichkeit mit ein, beide Prüfungsstufen in die Hände derselben Stelle zu legen. Bescheinigung und Vorlagefrist verlieren dann ihren Sinn – eine vollständige Dokumentation des Prüfungsverlaufs sowie der Prüfungsergebnisse beim zuständigen Registergericht vorausgesetzt. Die Konzeption der Rechtmäßigkeitsprüfung in der VRL ist damit insoweit lückenhaft, als sie allein ein zweistufiges Verfahren regelt, zugleich aber – wohl unbewusst – die Möglichkeit einer einstufigen Prüfung gewährt. Diese Regelungslücke ist es, die es dem nationalen Gesetzgeber erlaubt, die Rechtmäßigkeitsprüfung bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme mit § 122l UmwG richtlinienkonform zu regeln. (3) Vorlageberechtigung übertragender Gesellschaften? Ebenfalls im Wortlaut nicht vollständig der Vorgabe der VRL311 gerecht werdend, legt § 122l Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG für die Verschmelzung zur Aufnahme die Verpflichtung des Vertretungsorgans der aufnehmenden Gesellschaft fest, der Anmeldung der Verschmelzung die Rechtmäßigkeitsbescheinigungen aller übertragenden Gesellschaften beizufügen. Die Vorschrift ist aus der Perspektive des deutschen Gesetzgebers verständlich, der bei der Umsetzung der VRL bemüht war, nur die seinem Recht unterliegenden Gesellschaften zu verpflichten.312 Andererseits entspricht es nicht der eindeutigen Vorgabe des Art. 11 Abs. 2 VRL, die Vorlage der Rechtmäßigkeitsbescheinigung durch eine in- oder ausländische übertragende Gesellschaft im nationalen Recht nicht vorzusehen. Um Art. 11 Abs. 2 VRL gerecht zu werden und um Widersprüche zum ausländischen Recht sowie im Verhältnis der §§ 122k Abs. 3, 122l Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG313 zueinander zu vermeiden, ist § 122l Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG daher richtlinienkonform 311

Vgl. Art. 11 Abs. 2 VRL. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Vorverlagerung des Gläubigerschutzes bei der Hinausverschmelzung in § 122j UmwG sowie – in Modifikation des § 29 UmwG – die Verpflichtung der übertragenden deutschen Gesellschaft zum Barabfindungsangebot nach § 122i Abs. 1 Satz 1 UmwG. 313 Ein Widerspruch der beiden Vorschriften ist bei einer gemischt innerstaatlichgrenzüberschreitenden Verschmelzung denkbar. § 122k Abs. 3 UmwG macht dann die übertragende deutsche Gesellschaft, § 122l Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG die aufnehmende deutsche Gesellschaft für die Einreichung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung beim zuständigen Handelsregister verantwortlich. 312

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4. Teil: Die praktische Durchführung

auszulegen und auch die Einreichung der Bescheinigungen beim Handelsregister durch die übertragenden ausländischen Gesellschaften oder eine übertragende deutsche Gesellschaft anzuerkennen bzw. die aufnehmende deutsche Gesellschaft bei Vorlage der Bescheinigungen durch die übertragenden Gesellschaften von ihrer Vorlageverpflichtung zu befreien. cc) Inhalt der Rechtmäßigkeitsprüfung Die inhaltliche Abgrenzung der beiden Stufen der Rechtmäßigkeitsprüfung ist zunächst für die Hineinverschmelzung zur Neugründung von Interesse.314 Aber auch bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme kommt ihr insoweit Relevanz zu, als es um eventuell verbleibende Prüfungskompetenzen des deutschen Registergerichts in Bezug auf die übertragenden ausländischen Gesellschaften geht. Die Abgrenzung der Prüfungskompetenzen ergibt sich dabei zum einen aus den zwingenden Vorgaben der VRL. Sie kann darüber hinaus auf der zu Artt. 25, 26 SE-VO erarbeiteten Abgrenzung aufbauen. (1) Die Abgrenzung der Prüfungsumfänge im Grundsatz Der größte Teil der Prüfungsinhalte der ersten und zweiten Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung lässt sich anhand der Vorgaben der VRL sicher bestimmen. Gemäß Art. 10 Abs. 1 VRL, der seine Umsetzung in § 122k Abs. 1 Satz 1 UmwG, für die Hineinverschmelzung zur Aufnahme auf Grund der dort einstufig erfolgenden Prüfung aber auch in § 122l Abs. 1 Satz 1 UmwG findet, hat die zuständige Stelle im Mitgliedstaat einer sich verschmelzenden Gesellschaft die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung für die diese Gesellschaft betreffenden Verfahrensabschnitte zu kontrollieren. Diese erste Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung, die bei positivem Verlauf nur bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung sowie der Hinausverschmelzung mit der Ausstellung einer Rechtmäßigkeitsbescheinigung abgeschlossen wird, umfasst damit – jedenfalls im Grundsatz315 – die Überprüfung der Verschmelzungsfähigkeit der Gesellschaft, des Verschmelzungsplans, der ordnungsgemäßen Bekanntmachung des Plans und der ergänzenden Angaben, des Verschmelzungsberichts, einer durchgeführten Verschmelzungsprüfung, der Einhaltung der Informationsrechte der Anteilsinhaber sowie der Informations- und Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer bzw. ihrer Vertretungen, der Existenz eines 314 315

(2).

Die Ausführungen gelten entsprechend für die Hinausverschmelzung. Zu Abgrenzungsproblemen siehe im Anschluss unter 4. Teil A. II. 8. b) cc)

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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wirksamen316 und nicht angefochtenen Beschlusses der Gesellschafterversammlung, inklusive der Einholung einer Negativerklärung nach § 16 Abs. 2 UmwG, der Einhaltung der Vorschriften zum Schutz der (Minderheits-)gesellschafter, der Einholung einer Versicherung des Vertretungsorgans der Gesellschaft, dass allen berechtigten Gläubigern eine angemessene Sicherheit geleistet wurde sowie der ordnungsgemäßen Einreichung der in entsprechender Anwendung des § 17 UmwG erforderlichen Unterlagen.317 Gegebenenfalls hat das Registergericht bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme die vorherige Eintragung einer Kapitalerhöhung im Handelsregister zu beachten. Für die zweite Prüfungsstufe – bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung – bzw. zur Komplettierung der einheitlichen Rechtmäßigkeitsprüfung – bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme –, in Umsetzung des Art. 11 Abs. 1 Satz 1 VRL nach § 122l Abs. 1 Satz 1 UmwG durch das Registergericht am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft vorzunehmen, legt Art. 11 Abs. 1 VRL den Prüfungsumfang weitgehend explizit fest. Das Registergericht hat danach insbesondere zu prüfen, dass einem gemeinsamen gleichlautenden Verschmelzungsplan zugestimmt318 und gegebenenfalls eine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gemäß Art. 16 VRL geschlossen wurde319. Der Gesetzgeber hat diese Vorgaben in § 122l Abs. 2 UmwG umgesetzt. Daneben ist nach Art. 11 VRL zu überprüfen, ob die für die Gründung einer Gesell316 Gegebenenfalls erfordert ein wirksamer Beschluss der Gesellschafterversammlung die Zustimmung der Gesellschafter zur zukünftigen Mitbestimmung, vgl. § 122g Abs. 1 UmwG. 317 Vgl. die ausführlichen Auflistungen der einzelnen Prüfungspunkte bei Louven, ZIP 2006, 2021, 2027; zu Art. 25 SE-VO Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 25 SE-VO Rn. 5; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 25 Rn. 13; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 264. 318 Art. 11 Abs. 2 VRL sieht zu diesem Zweck vor, dass jede der verschmelzenden Gesellschaften der zuständigen Stelle den Verschmelzungsplan, dem auf ihrer Hauptversammlung zugestimmt wurde, vorlegen muss. 319 Der in Art. 11 Abs. 1 Satz 2 VRL und § 122l Abs. 2 UmwG gebrauchte Terminus „Vereinbarung“ darf nicht zu der Annahme verleiten, die Prüfungspflicht des Registergerichts beschränke sich auf den Abschluss einer Mitbestimmungsvereinbarung. Ob „gegebenenfalls“ eine Vereinbarung der Mitbestimmung zu schließen war, kann das Registergericht nur beurteilen, wenn es gleichzeitig ein gesetzliches Eingreifen der Mitbestimmung, etwa durch Beschluss der Leitungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MgVG, überprüft. A. A. Schubert, RdA 2007, 9, 15 die eine dahingehende richtlinienkonforme Auslegung des § 122l Abs. 2 UmwG für erforderlich hält. Zur gleichgelagerten Problematik bei der SE vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 26 SE-VO Rn. 12; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 26 Rn. 12; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 275.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

schaft relevanten innerstaatlichen Vorschriften beachtet wurden. Letzteres umfasst die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Vollständigkeit der Satzung der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft.320 Daneben bleibt es Aufgabe des Gerichts, die Mehrstaatlichkeit der Verschmelzung festzustellen321, nach § 122l Abs. 1 Satz 3 HS 1 UmwG die fristgerechte Einreichung der Rechtmäßigkeitsbescheinigungen aller übertragenden Gesellschaften zu kontrollieren sowie – bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme – die Einhaltung der §§ 16 Abs. 2, 17 Abs. 1 UmwG durch die übernehmende Gesellschaft zu beachten. (2) Abgrenzungsprobleme? Die VRL legt die Abgrenzung beider Prüfungsstufen insoweit scheinbar klar fest. Dennoch erscheint es nicht ausgeschlossen, dass – wie bereits zu Artt. 25, 26 SE-VO – auch bei der Parallelregelung der Artt. 10, 11 VRL eine weitergehende Prüfungskompetenz des Registergerichts der zweiten Prüfungsstufe unter Berufung auf den weiten Wortlaut des Art. 11 Abs. 1 VRL angenommen werden kann.322 Einer genaueren Untersuchung hält diese Annahme hingegen nicht stand.323 Bereits die in Art. 10 Abs. 2 VRL vorgesehene Einführung von Rechtmäßigkeitsbescheinigungen lässt das Regelungsziel der VRL an dieser Stelle deutlich werden. Anliegen des Richtliniengebers ist die Erleichterung der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch eine möglichst sinnvolle Aufteilung der Rechtmäßigkeitsprüfung.324 320

Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004),

276 f. 321 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 26 SE-VO Rn. 14; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 26 Rn. 19; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 277. 322 So wird zur SE teilweise vertreten, dass die Kontrolle der Verfahrensabschnitte „der Durchführung der Verschmelzung und der Gründung der SE“ Doppelprüfungen auf beiden Prüfungsstufen erforderlich werden lassen, sobald eine bestimmte Rechtshandlung nicht nur das Verfahren bei den Gründungsgesellschaften betrifft, sondern zugleich Voraussetzung der Eintragung der SE ist, mithin der SEGründung zuzuordnen ist; vgl. Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 25 SE-VO Rn. 6. Einen erneut anderen Prüfungsumfang befürworten Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 7, die davon ausgehen, dass auf zweiter Prüfungsstufe die Erfüllung der Gründungsvorschriften, aber auch die Verschmelzungsvorschriften nach der SE-VO überprüft werden. 323 So im Ergebnis auch Heckschen, DNotZ 2007, 444, 464; Oechsler, NZG 2006, 161, 163. Zu Recht auch für eine restriktive Auslegung des Prüfungsumfangs nach Art. 26 SE-VO Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 26 SE-VO Rn. 11; Schwarz, SE-VO (2006), Art. 26 Rn. 16; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 276. 324 Vgl. Erwägungsgrund (7) zur VRL.

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Dem würde es nicht gerecht, auf erster Stufe kontrollierte und für rechtmäßig befundene Verfahrensabschnitte einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung ist für die zuständige Stelle am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft vielmehr bindend.325 Dass dem Konzept der Rechtmäßigkeitsprüfung der VRL der Gedanke der Verfahrensbeschleunigung zu Grunde liegt, der die Vermeidung von Doppelprüfungen beinhaltet, zeigt auch Art. 11 Abs. 1 Satz 2 VRL. Die VRL statuiert an dieser Stelle eine Ausnahme. Obwohl der Gleichlaut des Verschmelzungsplans oder genauer die Zustimmung zu einem gleichlautenden Verschmelzungsplan als Verschmelzungsvoraussetzung jede einzelne an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaft betrifft, ist der Gleichlaut nicht auf erster Stufe mehrfach von den jeweils zuständigen Stellen, sondern einmalig von der Stelle im Mitgliedstaat der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu überprüfen. Die Vorschrift erspart den für die erste Stufe zuständigen Prüfstellen auf diese Weise die aufwendige Kontrolle der Übersetzungen des Verschmelzungsplans, verhindert unnötige Doppelprüfungen und begegnet einer anderenfalls vorhersehbaren Verfahrensverzögerung. Demgegenüber sind die wirksame Zustimmung zum Verschmelzungsplan sowie dessen Rechtmäßigkeit trotz der insoweit missverständlichen Formulierung des Art. 11 Abs. 1 Satz 2 VRL bereits auf der ersten Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung zu kontrollieren.326 Die Zielsetzung der VRL muss zu guter Letzt auch dann Beachtung finden, wenn es um die Prüfung einer gemeinsam beantragten Sachverständigenprüfung bzw. des gemeinsamen Sachverständigenberichts geht. Art. 8 Abs. 2 VRL gibt den Gesellschaften hier das Recht zur Wahl des Prüfungsrechts.327 Die Überprüfung der nach ausländischem Recht zu bestellenden Prüfer und der Anforderungen des ausländischen Rechts an den Prüfungsbericht durch ein deutsches Registergericht ist einer Verfahrensbeschleunigung aber abträglich.328 Das deutsche Registergericht sollte daher eine Komplettprüfung von Prüfung und Bericht nur durchführen müssen, wenn 325 So für die Verschmelzung zur SE Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar (2008), Art. 26 SE-VO Rn. 16; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 272; bereits Trojan-Limmer, RIW 1991, 1010, 1014. 326 Im Ergebnis auch Heckschen, DNotZ 2007, 444, 464. Ähnlich für Art. 26 Abs. 3 SE-VO bei der Verschmelzung zur SE Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 274. 327 Siehe unter 4. Teil A. II. 5. b) cc). 328 Drastischer Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 276, der bei der Gründung einer SE davon ausgeht, dass es inländischen Kontrollstellen generell unzumutbar ist, ausländisches Verschmelzungsrecht zu überprüfen.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

beides nach deutschem Recht umgesetzt wurde, sich ansonsten aber auf die Kontrolle der materiellen Anforderungen des deutschen Rechts an den Berichtsinhalt sowie die rechtmäßige Auslegung des Berichts beschränken. 9. Eintragung und Wirksamwerden der Verschmelzung Art. 12 Satz 1 VRL sieht vor, dass sich das Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach dem Recht des Mitgliedstaates richtet, dem die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt.329 Lediglich die Rechtmäßigkeitsprüfung gemäß Art. 11 VRL ist zwingend abzuschließen, bevor die Verschmelzung wirksam werden kann.330 Bei einer Hineinverschmelzung ist für das Wirksamwerden der Verschmelzung demnach deutsches Recht ausschlaggebend. Die Verschmelzung wird nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. §§ 20 Abs. 1, 36 Abs. 1 UmwG mit der Eintragung der Verschmelzung in das Register der übernehmenden bzw. der neuen deutschen Gesellschaft wirksam. Die Eintragung im ausländischen Register richtet sich nach entsprechendem ausländischem Recht.331 Das deutsche Registergericht hat den Tag der Eintragung der Verschmelzung nach § 122l Abs. 3 UmwG von Amts wegen jedem Register mitzuteilen, bei dem eine der übertragenden Gesellschaften ihre Unterlagen zu hinterlegen hatte. Den Anforderungen des Art. 13 Satz 2 VRL entsprechend ist § 122l Abs. 3 UmwG dabei dahingehend auszulegen, dass die Vorlage durch das deutsche Registergericht unverzüglich zu erfolgen hat.332 Sowohl bei einer aufnehmenden als auch bei einer übertragenden deutschen Gesellschaft hat das Registergericht die Verschmelzung gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 19 Abs. 3 UmwG bekannt zu machen. § 19 UmwG findet im Übrigen auf die grenzüberschreitende Verschmelzung keine Anwendung.333 §§ 122k Abs. 2 Satz 3, Abs. 4, 122l Abs. 3 UmwG gehen § 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 UmwG als leges speciales vor. Das Voreintragungserfordernis des § 19 Abs. 1 Satz 1 UmwG, in der Vergangenheit eines der wesentlichen Hindernisse bei der Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen334, kann in europarechtskonformer Auslegung bei der grenzüberschreitenden 329 Zu den im Ausland relevanten Zeitpunkten für ein Wirksamwerden einer innerstaatlichen Verschmelzung vgl. Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 260 ff. 330 Vgl. Art. 12 Satz 2 VRL. 331 Vgl. Art. 13 Satz 1 VRL. 332 Bereits Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 843 forderten eine diesbezügliche Korrektur des RegE eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes. 333 A. A. offenbar Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 233. 334 Zu den früheren Problemen vgl. Wenglorz, BB 2004, 1061, 1064 f.; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 652 f.

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Verschmelzung keine Geltung beanspruchen.335 Anderenfalls bestünde auch weiterhin die Gefahr einer Gefährdung der Verschmelzung auf Grund einander widersprechender Eintragungsvoraussetzungen. 10. Rechtsfolgen der Verschmelzung a) Die Regelung der Verschmelzungswirkungen im UmwG Die in Art. 14 Abs. 1, 2, 5 VRL vorgegebenen Verschmelzungswirkungen entsprechen denen der Artt. 19 Abs. 1, 2, 23 Abs. 1 Dritte Richtlinie. Im deutschen Umwandlungsrecht sind diese Anforderungen mit §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 UmwG für die grenzüberschreitende Verschmelzung umgesetzt. Ebenso konnte auf eine separate Umsetzung des Art. 14 Abs. 3 VRL verzichtet werden. Die Vorschrift sieht vor, dass besondere Formalitäten, deren Erfüllung nach nationalem Recht Voraussetzung ist, um Dritten den im Wege der Verschmelzung erfolgten Übergang von Gegenständen, Rechten und Verbindlichkeiten entgegenhalten zu können, nach Wirksamwerden der Verschmelzung von der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu erfüllen sind.336 In Deutschland ist diesbezüglich die zur Zerstörung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs nach § 894 BGB i. V. m. der GBO vorzunehmende Grundbuchberichtigung von Relevanz.337 Der Gesetzgeber hat seinerzeit bei Umsetzung der Dritten Richtlinie – im Sinne der Gesamtrechtsnachfolge – darauf verzichtet, auch der durch Verschmelzung bereits untergegangenen Gesellschaft eine Berichtigung des Grundbuchs zu erlauben338, und ersparte sich damit die separate Umsetzung des Art. 14 Abs. 3 VRL. Fragen an die Anforderungen einer korrekten Umsetzung wirft hingegen Art. 14 Abs. 4 VRL auf, der den Übergang der im Zeitpunkt des Wirksam335 Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 233 f.; a. A. Drinhausen/Keinath, RIW 2006, 81, 85. 336 Die Vorschrift entspricht weitgehend Art. 29 Abs. 3 SE-VO sowie Art. 19 Abs. 3 Dritte Richtlinie, zieht den Kreis der Erfüllungsberechtigten jedoch enger. Art. 19 Abs. 3 Dritte Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten, für einen Übergangszeitraum von maximal sechs Monaten ab Wirksamwerden der Verschmelzung die Erfüllung der Formalitäten auch durch eine übertragende Gesellschaft vorzusehen, Art. 29 Abs. 3 SE-VO sieht dies gar zwingend vor. Dass die VRL nun allein die Erfüllung der Formalitäten durch die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft vorsieht, setzt den Gedanken der Gesamtrechtsnachfolge konsequenter um und ist daher zu begrüßen. 337 Für Art. 29 Abs. 3 SE-VO Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 292. 338 Vgl. Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 20 UmwG Rn. 77.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

werdens bestehenden Rechte und Pflichten aus Arbeitsverträgen und Beschäftigungsverhältnissen auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft festschreibt. Erst die Richtlinienbegründung macht hier deutlich, dass es keineswegs die Intention des Richtliniengebers gewesen ist, die auf Grund der Umsetzung der Richtlinie 2001/23/EG339 bestehenden Arbeitnehmerrechte durch eine Spezialregelung verdrängen zu wollen.340 § 324 UmwG i. V. m. § 613a Abs. 1 und 4 BGB bzw. die entsprechenden Vorschriften des ausländischen Rechts finden daher auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung Anwendung. Ein klarstellender Hinweis des Gesetzgebers wäre wünschenswert gewesen. Sofern Art. 14 Abs. 4 VRL aber den Übergang von Rechten und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen fordert, die nicht bereits in Umsetzung der Richtlinie 2001/23/EG übergehen, fungiert § 20 Abs. 1 UmwG als Auffangregelung, die den Übergang gewährleistet.341 Auf eine besondere Regelung der Verschmelzungswirkungen des Art. 14 VRL in den §§ 122a ff. UmwG wurde daher zu Recht verzichtet.342 b) Konkret anwendbares Recht Zwar sieht das UmwG die mit der Verschmelzung eintretenden Wirkungen in § 20 Abs. 1 UmwG vor. Das sagt jedoch nicht, welche Rechtsordnung – die der übertragenden oder die der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft – die einzelnen Verschmelzungswirkungen auslöst. Der VRL sind dazu keine Vorgaben zu entnehmen. Lediglich der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung richtet sich gemäß Art. 12 VRL nach dem Recht der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft. Art. 12 VRL dient dabei allein der Festlegung eines eindeutigen Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Verschmelzung, ohne dass die Regelung weitergehende Aussagen zu den Wirkungen der Verschmelzung impliziert. Anhaltspunkte sind diesbezüglich allein Art. 14 Abs. 3 VRL zu entnehmen, der die Beachtlichkeit von Formalitäten für die Wirksamkeit des Ver339 Richtlinie 2001/23/EG des Rates v. 12.3.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen, ABlEG Nr. L 82 v. 22.3.2001, 16 ff. 340 Erwägungsgrund (12) zur VRL, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 2. 341 So zur innerstaatlichen Verschmelzung Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 20 Rn. 11; früher auch Simon, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 20 Rn. 35 ff.; ders., in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 20 Rn. 35 sieht nun in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG eine gegenüber § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB speziellere Regelung. 342 Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 344; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 730.

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mögensübergangs gegenüber Dritten festlegt, die das Recht der Mitgliedstaaten im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung vorsieht. Der Vorschrift ist mittelbar zu entnehmen, dass das Recht der Mitgliedstaaten die dingliche Wirkung der durch die Verschmelzung eintretenden Gesamtrechtsnachfolge nicht beschränken darf, sondern allein Dritte in ihrem guten Glauben an die zuvor bestehende rechtliche Zuordnung von Vermögen schützt.343 Die VRL trifft an dieser Stelle demnach lediglich eine Klarstellung zu Gunsten des Gutglaubensschutzes, weicht darüber hinaus jedoch nicht von der bereits konstatierten Enthaltsamkeit ab. Die VRL lässt sich daher nur in der Weise interpretieren, dass sie keine eigenständige Regelung dazu treffen will, inwieweit die einzelnen Wirkungen der Verschmelzung nach der Rechtsordnung der übertragenden oder aber der aufnehmenden Gesellschaft eintreten. Diese Zurückhaltung der Richtlinie ist verständlich.344 Aus Sicht des Richtliniengebers stellt sich die Vereinheitlichung der Wirkungen in Art. 14 VRL, die Festlegung des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Verschmelzung in Art. 12 VRL sowie der Regelung des Bestandsschutzes durch Art. 17 VRL345 als ausreichende Harmonisierung der nationalstaatlichen Verschmelzungsrechte dar. Es bleibt, ob der Zurückhaltung der VRL an dieser Stelle, daher nur der Rückgriff auf die bereits bisher zum Eintritt der Wirkungen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung geführte Diskussion. Teilweise wird – allerdings ohne Begründung – davon ausgegangen, dass sich die Wirkungen der Verschmelzung bei einer Hineinverschmelzung einheitlich nach deutschem Recht, d. h. § 20 UmwG, und dementsprechend bei einer Hinausverschmelzung nach dem Recht der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft richten.346 Aufbauend auf der sog. modifizierten Vereinigungstheorie347, wird überwiegend jedoch nicht bestritten, dass allen beteiligten Rechtsordnungen Einfluss auf den Eintritt der Verschmelzungswirkungen zukommt.348 Das verdient Zustimmung. Nur das Zusammenspiel aller Rechtsordnungen kann im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall die Verschmelzungswirkungen erklären. Das Erlöschen der übertragenden 343 A. A. Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 861, der zu Art. 11 Abs. 3 VRL-Vorschlag 2003 ausführt, dass ein gesonderter dinglicher Vollzug nach Maßgabe des Belegenheitsrechts auszuführen ist, wenn Vermögen in Mitgliedstaaten belegen ist, die in die konkrete Verschmelzung nicht involviert sind. 344 A. A. Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 167. 345 Siehe unter 4. Teil A. II. 10. c). 346 Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 730; Drinhausen/Gesell, BB-Special 8/2006, 3, 14; insoweit unentschieden Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 167. 347 Siehe genauer unter 4. Teil D. I. 2. b). 348 Doralt, IPRax 2006, 572, 576; Kallmeyer, ZIP 1996, 535, 536; Kronke, ZGR 1994, 26, 31 f., 35; bereits Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 28.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Gesellschaft kann sich als wesentlicher Bestandteil ihres Personalstatuts dabei allein nach ihrer Gründungsrechtsordnung richten.349 Die automatische Entstehung von Anteilsinhaberschaften an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft kann denklogisch demgegenüber nur der Rechtsordnung eben dieser aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft entspringen.350 Die §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG kommen bei der Hineinverschmelzung zur Anwendung.351 Nicht ohne Zweifel bleibt hingegen, nach welcher Rechtsordnung sich die Gesamtrechtsnachfolge vollzieht. Teilweise findet sich hierzu die These, dass sich der Übergang des Vermögens der übertragenden Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich nach ihrem Personalstatut richtet.352 Andere wollen die Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge allen beteiligten Rechtsordnungen unterwerfen.353 Letzteres überzeugt. Der Vermögensübergang uno actu über Rechtsgrenzen hinweg kann nur dann erfolgreich sein, wenn und soweit sowohl die Rechtsordnung der übertragenden Gesellschaft als auch die Rechtsordnung der übernehmenden Gesellschaft die Gesamtrechtsnachfolge kennen und zulassen.354 Die Gesamtrechtsnachfolge richtet sich somit nach §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG und den entsprechenden Vorschriften in den Rechtsordnungen der ausländischen Verschmelzungspartner.

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Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2560; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 258; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 688; bereits Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 28. 350 Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 258. 351 Jedenfalls bei einer Hineinverschmelzung werden damit über §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 UmwG auch die Rechte Dritter an den Anteilen der übertragenden ausländischen Gesellschaft gesichert. Zur Hinausverschmelzung siehe unter 4. Teil A. III. 8. 352 Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 147; Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2560; Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 860; Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 239 ff., 256 f. Eine Ausnahme stellt laut Kindler a. a. O. insoweit allein der gesetzlich angeordnete Übergang aktiver Arbeitsverhältnisse in § 613a BGB dar. Die Regelung stellt eine Vorschrift des Arbeitsvertragsstatuts dar und findet damit auch dann Anwendung, wenn die übertragende Gesellschaft nicht dem deutschen Recht unterliegt. 353 Kallmeyer, ZIP 1996, 535, 536; Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 28; zur grenzüberschreitenden Ausgliederung Ebenroth/Offenloch, RIW 1997, 1, 4. 354 Im Ergebnis ebenso Kallmeyer, ZIP 1996, 535, 536; bereits Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 28; anschaulich zur grenzüberschreitenden Ausgliederung Ebenroth/Offenloch, RIW 1997, 1, 4.

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c) Bedeutung von Gründungsmängeln bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen Schwerer noch als eine Entschmelzung im innerstaatlichen Verschmelzungsfall würde auf Grund der Beteiligung mehrerer Rechtsordnungen die Rückabwicklung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung fallen.355 Bereits bei der innerstaatlichen Verschmelzung ist in Anbetracht der praktischen Schwierigkeiten umstritten, inwieweit § 20 Abs. 2 UmwG den Bestandsschutz der Verschmelzung gewährleistet.356 Für die grenzüberschreitende Verschmelzung macht nun Art. 17 VRL die der Erhöhung der Rechtssicherheit dienende Vorgabe, dass die einmal wirksam gewordene Verschmelzung nicht mehr für nichtig erklärt werden kann.357 Der deutsche Gesetzgeber hat Art. 17 VRL nicht separat umgesetzt. Über § 122a Abs. 2 UmwG ist daher zukünftig § 20 Abs. 2 UmwG auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall anwendbar. Es erscheint fraglich, inwieweit § 20 Abs. 2 UmwG den Vorgaben der Richtlinie genügt.358 Art. 17 VRL verbietet es, Vorschriften nationalen Rechts vorzusehen, die eine einmal wirksam gewordene Verschmelzung für nichtig erklären, d. h. ihr die Wirksamkeit ex tunc absprechen. Zwar ist die Vorschrift damit enger gefasst als ihre Parallelregelung in Art. 22 Dritte Richtlinie, die die Nichtigkeit der innerstaatlichen Verschmelzung in Ausnahmefällen durchaus zulässt. Dennoch trifft es nicht zu, dass Art. 17 VRL explizit einen absoluten Bestandsschutz für die einmal wirksam gewordene Verschmelzung fordert.359 Zumindest der Wortlaut der Vorschrift steht vielmehr der Möglichkeit einer 355 Vgl. zu den Problemen der Entschmelzung bei innerstaatlichen Verschmelzungen Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 20 Rn. 71. 356 Der zu § 20 Abs. 2 UmwG geführte Streit dreht sich um die Frage, ob als Rechtsfolge der Vorschrift eine ex nunc-Rückabwicklung der Verschmelzung steht oder aber absoluter Bestandsschutz gewährt wird; vgl. zur letzteren Ansicht MarschBarner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 20 Rn. 33 ff.; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 20 Rn. 71 ff.; Kübler, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 20 Rn. 85 f.; a. A. hingegen K. Schmidt, ZIP 1998, 181, 186 f.; Kreuznacht, Wirkungen der Eintragungen fehlerhafter Verschmelzungen von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach § 20 Abs. 2 UmwG (1998), 48 ff.; Kiem, Die Eintragung der angefochtenen Verschmelzung (1991), 153 ff.; Schmid, ZGR 1997, 493, 515. 357 Vgl. Erwägungsgrund (8) zur VRL, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 2. 358 Einen nicht weiter konkretisierten Anpassungsbedarf bei § 20 Abs. 2 UmwG sehen Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 344; Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 70; a. A. Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 730; DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 743. 359 So aber Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 70; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 730; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 344.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

ex nunc-Abwicklung der mängelbehafteten Verschmelzung offen. Freilich wird sich eine solche „Abwicklung“ der aus der Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft auf die absoluten Ausnahmefälle beschränken müssen, in denen die Entschmelzung mangels zwischenzeitlicher Vermögensvermischung und -vermehrung unproblematisch möglich ist und die Regelung einem absoluten Bestandsschutz damit im Ergebnis sehr nahe kommen. In allen anderen Fällen aber wird der Sinn und Zweck des Art. 17 VRL, die Rechtssicherheit auch nach Wirksamwerden der Verschmelzung zu sichern, einer Entschmelzung mit ex nunc-Wirkung entgegenstehen.360 Eine derart extensive Lesart des Art. 17 VRL drängt sich nicht zuletzt im Vergleich der Vorschrift mit ihren Parallelregelungen, Art. 22 Dritte Richtlinie bzw. Art. 30 SE-VO, auf. Dass die zur grenzüberschreitenden Verschmelzung erlassenen Vorschriften den Bestand der wirksamen Verschmelzung umfassender schützen als dies für die innerstaatliche Verschmelzung vorgesehen ist, macht den hohen Stellenwert, den der europäische Gesetzgeber der Bestandssicherung der grenzüberschreitenden Verschmelzung beimisst, deutlich. Demgegenüber ist aus der in Art. 17 VRL fehlenden Parallelregelung zu Art. 30 Satz 2 SE-VO, die das Fehlen einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit bei der Verschmelzung zur SE ausdrücklich als einzigen Mangel anerkennt, der die Auflösung der SE begründen kann, nicht der Schluss zu ziehen, dass eine Rückabwicklung von außerhalb der SE-VO durchgeführten grenzüberschreitenden Verschmelzungen weitergehend zulässig sein soll. Gerade Art. 30 Satz 2 SE-VO macht vielmehr deutlich, dass ein grundsätzlicher Ausschluss von Auflösungsgründen in der Vorstellung des europäischen Gesetzgebers bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen für einen hinreichenden Bestandsschutz unerlässlich ist. Für die Hineinverschmelzung361 konnte daher auf eine separate Umsetzung des Art. 17 VRL verzichtet werden. Dem Disput um die korrekte Auslegung des § 20 Abs. 2 UmwG bei innerstaatlichen Verschmelzungen wird jedoch mit Art. 17 VRL für die grenzüberschreitende Verschmelzung die Berechtigung genommen. Nur in extensiver richtlinienkonformer Auslegung gewährt § 20 Abs. 2 UmwG über § 122a Abs. 2 UmwG den von Art. 17 VRL für grenzüberschreitende Verschmelzungen geforderten Bestandsschutz. d) Anwendbarkeit des § 21 UmwG Wie innerstaatliche Verschmelzungen, so können auch grenzüberschreitende Verschmelzungen durch den Übergang vertraglicher Verpflichtungen 360 Ähnlich restriktiv für Art. 30 Satz 1 SE-VO Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 300. 361 Für die Hinausverschmelzung siehe unter 4. Teil A. III. 8.

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von der übertragenden auf die übernehmende Gesellschaft zu Situationen führen, in denen die Erfüllung der Verpflichtung mit anderen Verpflichtungen der übernehmenden Gesellschaft unvereinbar wäre362 bzw. die Erfüllung eine schwere Unbilligkeit darstellen würde. Für die innerstaatliche Verschmelzung ist dann nach § 21 UmwG eine Vertragsanpassung vorzunehmen bzw. – sofern eine solche nicht möglich ist – der Vertrag aufzuheben.363 Bei der Hineinverschmelzung findet § 21 UmwG über § 122a Abs. 2 UmwG Anwendung.364 Zwar wird bei der Verschmelzung zur SE die Anwendbarkeit des § 21 UmwG überwiegend abgelehnt und auf die Vorschriften zur Störung der Geschäftsgrundlage verwiesen.365 Inwieweit eine Störung der Geschäftsgrundlage der übernehmenden Gesellschaft Hilfe verspricht, erscheint hingegen zweifelhaft, da die Störung durch die Gesellschaft mit Betreiben der Verschmelzung freiwillig herbeigeführt wurde und somit ihrer Risikosphäre zuzurechnen ist.366 Jedenfalls für Hineinverschmelzungen nach den §§ 122a ff. UmwG lässt der Verweis in § 122a Abs. 2 UmwG die Anwendung des § 21 UmwG nun zu. 11. Schutz von (Minderheits-)gesellschaftern a) Die Vorgaben der Richtlinie, Artt. 4 Abs. 2, 10 Abs. 3 VRL Die Richtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, für die ihrem Recht unterliegenden Gesellschaften Regelungen zu erlassen, die einen angemessenen Schutz der Gesellschafter sichern, die die grenzüberschreitende Verschmelzung ablehnen.367 Darüber hinaus gehören die bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen Anwendung findenden gesellschafterschützenden Regelungen zu den Materien, die – sofern die VRL nichts Abweichendes bestimmt – auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu beachten 362 Prägnantes Beispiel für die Unvereinbarkeit verschiedener Verpflichtungen ist z. B. das Zusammentreffen unterschiedlicher Exklusiv-Bezugs- oder -Vertriebsrechte, die die übernehmende Gesellschaft nach der Verschmelzung nicht gleichzeitig erfüllen kann. 363 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 21 UmwG Rn. 10; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 21 Rn. 6 ff.; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 21 Rn. 9. 364 Zur Hinausverschmelzung siehe unter 4. Teil A. III. 8. 365 Vossius, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 20 UmwG Rn. 444 f.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 295 f. 366 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 21 UmwG Rn. 2. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Störung der Geschäftsgrundlage vgl. Grüneberg, in: Palandt (2008), § 313 Rn. 17 ff.; Schulze, in: HK-BGB (2007), § 313 Rn. 12 ff. 367 Vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL.

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sind.368 Einschränkend stellt Art. 10 Abs. 3 VRL klar, dass ein national vorgesehenes Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Anteile oder zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern grenzüberschreitend nur zur Anwendung kommt, wenn die anderen sich verschmelzenden Gesellschaften in Mitgliedstaaten, denen ein solches Verfahren unbekannt ist, eine Anwendung bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan ausdrücklich akzeptieren. b) Nationale Umsetzung und Anforderungen des deutschen Rechts Der Schutz der Gesellschafter einer sich verschmelzenden Gesellschaft hat in Deutschland Tradition. Der für die grenzüberschreitende Verschmelzung in den §§ 122h, i UmwG vorgesehene Gesellschafterschutz ähnelt daher auch nicht zufällig dem von der innerstaatlichen Verschmelzung her bekannten Schutzsystem. Zu differenzieren ist zwischen den verschiedenen Ausprägungen des Gesellschafterschutzes – der Möglichkeit zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses in einem Spruchverfahren, einem Austrittsrecht gegen Barabfindung mit gegebenenfalls anschließendem Spruchverfahren sowie der Möglichkeit zur Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses durch einen Gesellschafter. Der Gesellschafterschutz greift dabei mit unterschiedlicher Intensität, je nachdem, ob es sich um eine Hinausverschmelzung, eine Hineinverschmelzung zur Neugründung oder eine Hineinverschmelzung zur Aufnahme handelt. Darüber hinaus stellt sich die Frage eines Eingreifens des im UmwG vorgesehenen Gesellschafterschutzes zu Gunsten der Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft. Insgesamt – um ein entscheidendes Ergebnis vorwegzunehmen – präsentiert sich der Gesellschafterschutz bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung als komplexes und an seinen Rändern bisher keineswegs ausdiskutiertes System, das für das Gelingen zukünftiger grenzüberschreitender Verschmelzungen abseits der Verschmelzung 100-prozentiger Konzerntöchter von erheblicher Bedeutung sein wird. aa) Hineinverschmelzung zur Aufnahme Die Hineinverschmelzung zur Aufnahme ist die Verschmelzungsart, die für die Gesellschafter der übernehmenden deutschen Gesellschaft die wenigsten Änderungen mit sich bringt. Sie bleiben Gesellschafter der deut368

Vgl. Art. 4 Abs. 1 b), Abs. 2 Satz 1 VRL.

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schen Gesellschaft, die überdies ihre Rechtsform nicht geändert hat.369 Die sich daraus ergebene geringe Schutzbedürftigkeit der Gesellschafter spiegelt sich in der Intensität des eingreifenden Gesellschafterschutzes wider. (1) Kein spezifischer Schutz der Minderheitsgesellschafter Ein spezifischer Schutz von Minderheitsgesellschaftern der an der Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaft existiert jedenfalls bei einer Hineinverschmelzung zur Aufnahme nicht.370 Die Pflicht, den dem Verschmelzungsbeschluss widersprechenden Minderheitsgesellschaftern ein Barabfindungsangebot zu unterbreiten, ist durch § 122i Abs. 1 UmwG auf die übertragende deutsche Gesellschaft bei der Hinausverschmelzung begrenzt. Jedenfalls die Versagung eines spezifischen Schutzes der Minderheitsgesellschafter bei einer Hineinverschmelzung zur Aufnahme ist gerechtfertigt. Ohne dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die übernehmende Gesellschaft ändern, ist ein schutzwürdiges Interesse der Anteilsinhaber der übernehmenden Gesellschaft an einem Abfindungsangebot nicht erkennbar.371 (2) Allgemeiner Gesellschafterschutz Der allgemeine Gesellschafterschutz ist – wie bei der innerstaatlichen Verschmelzung – für die Hineinverschmelzung zur Aufnahme auf die Möglichkeit zur Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss beschränkt. Ausschließlich die Anteilsinhaber der übertragenden deutschen Gesellschaft profitieren gemäß § 122h Abs. 1 UmwG von der Möglichkeit eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses. Bereits die Rechtslage bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen sah sich ob dieser Begrenzung des Schutzumfangs vielfacher Kritik ausgesetzt.372 Die Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft wer369 Anders die Hineinverschmelzung auf eine SE, bei der die aufnehmende Gesellschaft zur SE wird. Bei der innerstaatlichen Verschmelzung findet bei der Verschmelzung zur Aufnahme ein gleichzeitiger Formwechsel hingegen nicht statt. 370 Zur Hineinverschmelzung zur Neugründung siehe im Anschluss unter 4. Teil A. II. 11. b) bb). 371 Ohne Beschränkung auf die Hineinverschmelzung zur Aufnahme H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1796; im Ergebnis auch Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2639. 372 Von Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 406 wurde die Forderung erhoben, bei Umsetzung der VRL zugleich das Recht der innerstaatlichen Verschmelzung anzupassen und auch für die Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft ein Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vorzusehen. Sehr instruktiv zu den qualitativen Unterschieden des Rechtsschutzes der Anteilsinhaber

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den damit mit dem Vorbringen eines falsch ermittelten Umtauschverhältnisses auf die Erhebung einer Anfechtungsklage verwiesen.373 Im Vergleich zum Spruchverfahren haben sie das, wenn auch durch § 247 AktG geminderte, Kostenrisiko sowie die Darlegungs- und Beweislast im Prozess zu tragen. Entscheidender Nachteil zum Spruchverfahren ist jedoch zum einen die kassatorische Wirkung der Anfechtungsklage – ihr Erfolg bringt den Verschmelzungsbeschluss zu Fall –, wohingegen das Spruchverfahren auf die Festsetzung eines angemessenen Umtauschverhältnisses abzielt.374 Zum anderen hindert eine Klageerhebung das Registergericht daran, im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung gemäß § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG i. V. m. § 16 Abs. 2 Satz 2 UmwG eine Verschmelzungsbescheinigung auszustellen, und führt so zu einer Verzögerung im Verschmelzungsprozess, der gerade im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall durch ein Freigabeverfahren entsprechend § 16 Abs. 3 UmwG nur unzureichend entgegengewirkt werden kann.375 Vereinzelt wird für die innerstaatliche Verschmelzung in der Literatur daher eine analoge Anwendung des Spruchverfahrens auf die Anteilsinhaber der aufnehmenden Gesellschaft in Erwägung gezogen.376 Jedoch, bereits bei Erlass des Umwandlungsgesetzes wusste der Gesetzgeber um die beschriebene Problematik, ohne dass ihn dies zu einer Anpassung der Regelung im Sinne einer Gleichbehandlung aller Anteilsinhaber bewogen hätte. Für eine analoge Anwendung fehlt es damit schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Gleiches gilt nun für die grenzüberschreitende Verschmelzung. Nur die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft können also gemäß § 122h Abs. 1UmwG von einem Spruchverfahren der übernehmenden und der übertragenden Gesellschaft Martens, AG 2000, 301, 303 ff. Kritisch zu dieser Ungleichbehandlung äußern sich auch Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 14 UmwG Rn. 60 ff.; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 14 Rn. 16; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2006), § 14 UmwG Rn. 22. 373 Dass ein nicht angemessenes Umtauschverhältnis für die Anteilsinhaber der aufnehmenden Gesellschaft ein Grund zur Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses darstellen kann, entspricht der heute ganz herrschenden Lehre und Rechtsprechung; vgl. etwa BGHZ 112, 9, 19; OLG Stuttgart, AG 2003, 456, 457; Bork, in: Lutter, UmwG (2004), § 14 Rn. 14; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2006), § 14 UmwG Rn. 22; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 14 Rn. 15; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 14 Rn. 17; Martens, AG 2000, 301, 303; a. A. OLG Hamm, DB 1988, 1842, 1844; Mertens, AG 1990, 20, 23 f. 374 Martens, AG 2000, 301, 303. 375 H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 84; Kiem, WM 2006, 1091, 1097; ausführlich und differenzierend J. Vetter, AG 2006, 613, 624 f. Vgl. allgemein zum Freigabeverfahren gemäß § 16 Abs. 3 UmwG Noack, ZHR 164 (2000), 274 ff.; Kösters, WM 2000, 1921 ff.; Decher, AG 1997, 388 ff. 376 Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2003), § 14 Rn. 21 bezeichnet die Frage nach der Zulässigkeit einer analogen Anwendung zumindest als offen.

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zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses profitieren. Dies ist auch für die grenzüberschreitende Verschmelzung rechtspolitisch angreifbar, entspricht jedoch dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. bb) Hineinverschmelzung zur Neugründung (1) Spruchverfahren zur Kontrolle des Umtauschverhältnisses377 (a) Grundlagen Wie dargelegt, ist ein Spruchverfahren zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 15 Abs. 1 UmwG bei Hineinverschmelzungen – wie bei der innerstaatlichen Verschmelzung – nur den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft bei einer Verschmelzung zur Neugründung zugänglich. Die Ermächtigung zur Übertragung dieses Schutzkonzeptes auf die grenzüberschreitende Verschmelzung ergibt sich aus Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL, die dabei zu beachtenden Beschränkungen aus Art. 10 Abs. 3 VRL.378 Die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft können danach gemäß § 122h Abs. 1 UmwG i. V. m. § 15 UmwG ein Spruchverfahren mit dem Ziel, durch bare Zuzahlung eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses zu erreichen, nur einleiten, sofern die Anteilsinhaber der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen, dessen Rechtsvorschriften ein solches Verfahren nicht kennen, dem im Verschmelzungsbeschluss ausdrücklich zustimmen. Kennen die beteiligten Rechtsordnungen ein solches Verfahren oder wird die erforderliche Zustimmung erteilt, kann eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses der übertragenden deutschen Gesellschaft nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen ist.379 Ist das Verfahren einer der zu beachtenden Rechtsordnungen hingegen unbekannt und wird die Zustimmung von den Anteilsinhabern verweigert, bleibt es für die Anteilsinhaber der übertragenden deutschen Gesellschaft bei der Möglichkeit, ohne die Beschränkung des § 14 Abs. 2 UmwG Klage zu erheben. 377 Die Durchführung eines Spruchverfahrens richtet sich nach dem SpruchG, das die alten Regelungen der §§ 305 ff. UmwG für die Verfahren abgelöst hat, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung seit dem 1.9.2003 gestellt worden ist, vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG. 378 A. A. Neye/Timm, DB 2006, 488, 491, die Art. 10 Abs. 3 VRL auch als Ermächtigungsgrundlage sehen. 379 Vgl. § 122h Abs. 1 UmwG i. V. m. § 14 Abs. 2 UmwG.

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(b) Bedeutung der Kapitalerhaltungsgrundsätze Das Verhältnis des Verbots der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 AktG bzw. § 30 Abs. 1 GmbHG zu einem Anspruch auf bare Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses nach § 15 Abs. 1 UmwG ist bei der innerstaatlichen Verschmelzung umstritten.380 Für die Hineinverschmelzung zur Neugründung erlangt dieser Disput unmittelbare Bedeutung.381 Er dreht sich um die Fragen, ob und wie der Gefahr für die Existenz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft begegnet werden kann, die sich daraus ergibt, dass eine von ihr zu leistende bare Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses zu einem schwer kalkulierbaren zukünftigen Zeitpunkt – mit Abschluss des Spruchverfahrens – ihr Grundoder Stammkapital bedroht. Die ganz herrschende Lehre plädiert für einen Vorrang der Kapitalerhaltungsgrundsätze382, wonach die bare Zuzahlung nur aus dem freien Vermögen der Gesellschaft383 oder, in analoger Anwendung des § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG384, aus den zum Rückerwerb eigener Aktien zur Verfügung stehenden Mitteln geleistet werden darf. Wird bereits auf diese Weise einem hinreichenden Gläubigerschutz Rechnung getragen, ist eine darüber hinausgehende Beschränkung des Zuzahlungsanspruchs der Höhe nach auf das bei Abschluss des Spruchverfahrens zur freien Ver380 Dass die Regelungen miteinander in Konflikt geraten können, wird nur sehr vereinzelt bestritten, vgl. Ch. Teichmann, ZGR 2003, 367, 381; Hoffmann-Becking, ZGR 1990, 482, 485 f. Die dafür vorgetragene Argumentation, eine Einlagenrückgewähr sei nicht gegeben, da die bare Zuzahlung lediglich eine Kompensation für eine zu hohe Gegenleistung der Gesellschafter in Form der Übertragung des Vermögens ihrer Gesellschaft darstelle, überzeugt nicht. Zu Recht weist J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 18 diesbezüglich darauf hin, dass eine bare Zuzahlung auch in dem Fall in Betracht kommt, in dem eine Überbewertung der aufnehmenden Gesellschaft die Schlechterstellung der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft verursacht hat. 381 Zur Bedeutung bei der Hinausverschmelzung siehe unter 4. Teil A. III. 5. a) aa) bzw. b) aa). 382 Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 15 Rn. 2; Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 15 UmwG Rn. 53; J. Vetter, AG 2006, 613, 623; ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 127; ders., ZHR 168 (2004), 8, 19 f.; Bork, in: Lutter, UmwG (2004), § 15 Rn. 5; Kalss, ZGR 2003, 593, 622; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 15 Rn. 22 f.; Petersen, Der Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht (2001), 179 ff.; Ihrig, ZHR 160 (1996), 317, 336.; a. A. Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG (2006), § 15 UmwG Rn. 17; Seetzen, WM 1999, 565, 566 sowie früher Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (1997), § 15 Rn. 2. 383 Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 15 Rn. 2; Bork, in: Lutter, UmwG (2004), § 15 Rn. 5; Kalss, ZGR 2003, 593, 622; Ihrig, ZHR 160 (1996), 317, 336. 384 J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 41 f.; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 15 Rn. 23.

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fügung stehende Kapital abzulehnen.385 Eine höhenmäßige Beschränkung des Anspruchs liefe der Konzeption des § 15 UmwG zuwider und ist für einen Ausgleich von Gesellschafter- und Gläubigerschutz zudem nicht erforderlich. Mit der herrschenden Lehre zur innerstaatlichen Verschmelzung ist daher auch für die grenzüberschreitende Hineinverschmelzung zur Neugründung davon auszugehen, dass die Durchsetzbarkeit des Zuzahlungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 UmwG lediglich insoweit und solange gehemmt ist, wie frei verfügbare Mittel nicht zur Verfügung stehen.386 Einer Verzögerung der Auszahlung durch die übernehmende Gesellschaft wirkt dabei die Verzinsungspflicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 UmwG entgegen. (c) Bedeutung des Spruchverfahrens zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses für die Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen Grenzüberschreitende Verschmelzungen werden zukünftig nur insoweit eine Alternative zu bisherigen Transaktionsformen darstellen, als sie rechtssicher innerhalb eines absehbaren Zeitraums durchführbar sind. Für die innerstaatliche Verschmelzung kommt hierbei u. a. dem Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses nach §§ 15 Abs. 1, 14 UmwG387 die Aufgabe zu, die Anfechtbarkeit der Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses mit einer Bewertungsrüge auszuschließen. In der deutschen Verschmelzungspraxis zwar etabliert, ist die Ausgestaltung des Spruchverfahrens hierzulande keinesfalls von Kritik verschont geblieben. Die einseitige Begünstigung der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft388, der Ausschluss einer Verschlechterung des Umtauschverhältnisses389, die Begüns385

A. A. Bork, in: Lutter, UmwG (2004), § 15 Rn. 5. J. Vetter, AG 2006, 613, 623; bereits für die Verschmelzung zur SE ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 127 f.; Kalss, ZGR 2003, 593, 622. Vgl. zur innerstaatlichen Verschmelzung bereits J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 41 f.; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 15 Rn. 23. 387 Zur Bedeutung eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung einer Barabfindung siehe unter 4. Teil A. III. 5. a) cc). 388 Kritisch hierzu die ganz herrschende Lehre, vgl. Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 14 Rn. 16; J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 24 ff.; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 14 Rn. 35; Winter, FS-Ulmer (2003), 699, 720; Fritzsche/Dreier, BB 2002, 737, 739 ff.; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 548 ff. sowie die Praxis, vgl. Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2002, 119, 124, NZG 2003, Sonderbeilage zu Heft 9, 14; ebenso aber einschränkend zur generellen Geeignetheit des Spruchverfahrens G. Bezzenberger/T. Bezzenberger, FS-W. Müller (2001), 1, 12 ff.; a. A. Grunewald, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG (1994), § 352c AktG Rn. 8. 389 Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 844; J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ Societas Europaea (2006), 227 f.; Ch. Teichmann, ZGR 2003, 367, 386 f. 386

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tigung aller Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft durch die Verbesserung des Umtauschverhältnisses, unabhängig davon, ob sie das Spruchverfahren eingeleitet haben390, die Unzulässigkeit der Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch die Gewährung weiterer Anteile391, die strenge Regelung des § 15 Abs. 2 UmwG zur Verzinsung der Zuzahlung ab Wirksamwerden der Verschmelzung392 – all dies beschäftigt die Wissenschaft hinsichtlich der innerstaatlichen Verschmelzung seit längerem und hat Anlass zu zahlreichen Reformvorschlägen gegeben. Der Gesetzgeber hingegen nutzt die Einführung der Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht zu einer zeitgleichen Reform des Spruchverfahrens zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses.393 Man wird daher die Voraussage wagen dürfen, dass es deutschen Gesellschaften bei Hineinverschmelzungen zur Neugründung – Gleiches gilt für Hinausverschmelzungen – äußerst schwer fallen wird, die nach § 122h Abs. 1 UmwG erforderliche Zustimmung ihrer ausländischen Verschmelzungspartner, deren Rechtsordnungen – mit Ausnahme der österreichischen394 – ein solches Verfahren unbekannt ist, zu bekommen.395 Der neu eingeführte § 6c SpruchG396, der die Gesellschafter des ausländischen Verschmelzungspartners über einen gemeinsamen Vertreter am Spruchverfahren beteiligt, gibt der deutschen Gesellschaft hierbei kaum ein Argument an die Hand, das es vermag, die Nachteile des Spruchverfahrens für die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft und ihre Gesellschaft abzumildern.397 Einzig der Verweis auf die andernfalls gegebene Möglichkeit, eine Bewertungsrüge im Wege der Anfechtungsklage geltend zu machen, lässt sich zu Gunsten des Spruchverfahrens ins Feld führen.398 In der 390 Hiergegen und für die ausschließliche Begünstigung der Gesellschafter, die ihr Recht im Spruchverfahren aktiv verfolgen, Philipp, AG 1998, 264, 268, 270. 391 Für die Gewährung von Aktien J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 42 ff.; Winter, FS-Happ (2006), 363, 379 ff.; ders., FS-Ulmer (2003), 699, 721; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 15 Rn. 26; Martens, AG 2000, 301, 303; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 551; Philipp, AG 1998, 262, 271. 392 Kritisch hierzu Martens, AG 2000, 301, 302 f.; Philipp, AG 1998, 262, 268 f. 393 Eine Reform dringend anratend Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405 f. 394 Vgl. §§ 225c ff. öAktG. 395 J. Vetter, AG 2006, 613, 622; ähnlich Bayer/Schmidt, NJW 2006, 401, 405 f., die gar die Gefahr eines Leerlaufens des Klageausschlusses nach § 14 Abs. 2 UmwG bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen sehen; ebenso Kiem, WM 2006, 1091, 1097, der das Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses als „Fremdkörper“ im europäischen Kontext identifiziert. Ähnlich bereits für die Verschmelzung zur SE Ch. Teichmann, ZGR 2003, 367, 385 ff.; ders., ZGR 2002, 383, 428. 396 Die Änderung des SpruchG war Bestandteil des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes. 397 J. Vetter, AG 2006, 613, 622. 398 J. Vetter, AG 2006, 613, 622.

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Tat wird es den Verschmelzungspartnern kaum zumutbar erscheinen, eine geplante Verschmelzung der Gefahr einer Eintragungssperre nach § 16 Abs. 2 Satz 2 UmwG auszusetzen, die bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens in Einzelfällen mehrere Jahre bestehen kann. Auch über ein Freigabeverfahren gemäß § 16 Abs. 3 UmwG kann bei vorherrschender gerichtlicher Praxis die Eintragung der Verschmelzung kaum sichergestellt werden.399 Die gegebene Rechtslage stellt sich danach für in- wie ausländische Verschmelzungspartner als äußerst unbefriedigend dar. Eine Hineinverschmelzung zur Aufnahme sieht sich der Gefahr von Bewertungsrügen ausgesetzt, die dann im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden können und die Verschmelzung zur Hängepartie werden lassen. Die Hineinverschmelzung zur Aufnahme wird als realistisches Transaktionsszenario damit oftmals ausscheiden, sobald die aufnehmende Gesellschaft über zahlreiche Minderheitsgesellschafter verfügt. Die Hineinverschmelzung zur Neugründung wiederum – Gleiches gilt erneut für die Hinausverschmelzung – setzt nach § 122h Abs. 1 UmwG für die Durchführung eines Spruchverfahrens fast immer – es sei denn der Verschmelzungspartner ist eine österreichische Gesellschaft – die Zustimmung der Anteilsinhaber der ausländischen Gesellschaft voraus. Die Hineinverschmelzung zur Neugründung wird dabei zumeist aus Kostengründen, insbesondere aber aus steuerlichen Erwägungen, nicht gewünscht sein. Gelingt es der Leitung der deutschen Gesellschaft, ihre ausländischen Verschmelzungspartner vom Sinn eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses zu überzeugen, bleibt die Hinausverschmelzung der deutschen Gesellschaft – bei ausschließlicher Betrachtung des das Umtauschverhältnis betreffenden Gesellschafterschutzes – die vorzugswürdige Verschmelzungsvariante.400 (2) Abfindungsangebot der übertragenden Gesellschaft und Spruchverfahren zur Überprüfung und Verbesserung eines Abfindungsangebots Nicht diskutiert wurde – soweit ersichtlich – hingegen bisher, inwieweit den Gesellschaftern der übertragenden deutschen Gesellschaft bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung ein Barabfindungsangebot nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 29 UmwG zu machen ist.401 Die Frage ist 399 Vorschläge, um Bewertungsrügen im Freigabeverfahren abzuhelfen, sind bereits erarbeitet worden; vgl. J. Vetter, AG 2006, 613, 624 f.; ausführlich bereits zur SE-Gründung ders., in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 133 ff. 400 J. Vetter, AG 2006, 613, 622. 401 § 29 UmwG findet über § 36 Abs. 1 UmwG auch auf die innerstaatliche Verschmelzung zur Neugründung Anwendung. Entgegen dem Wortlaut der §§ 36 Abs. 1,

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nur auf den ersten Blick eindeutig zu verneinen. Der Gesetzgeber wollte mit § 122i Abs. 1 UmwG für die grenzüberschreitende Verschmelzung eine verdrängende Spezialregelung zu § 29 UmwG schaffen.402 Ein genaueres Hinsehen offenbart jedoch bei der Gesetzgebung offenbar nicht bemerkte konzeptionelle Brüche zwischen § 29 UmwG einerseits und § 122i Abs. 1 UmwG andererseits. So geht der Gesetzgeber davon aus, § 122i Abs. 1 UmwG läge der Gedanke zu Grunde, dass Anteilsinhabern die mit einem Wechsel in eine ausländische Rechtsform verbundene Änderung ihrer Rechte und Pflichten nicht aufgezwungen werden soll, eine solche aber nicht drohe, wenn die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft deutschem Recht unterliegt.403 Dem kann nicht zugestimmt werden. Gerade § 29 UmwG zeigt die Fälle auf, in denen die Rechtsstellung eines Anteilsinhabers auch bei einer deutschen Zielgesellschaft verändert wird. Würde aber die Verschmelzung einer AG auf eine plc von § 122i Abs. 1 UmwG erfasst, die Verschmelzung von AG und plc zu einer neuen GmbH hingegen keine Barabfindungsansprüche der der Verschmelzung widersprechenden Aktionäre der AG begründen, so läge einer solchen Regelungslage eben die Negativbewertung ausländischen Rechts zu Grunde, die der Gesetzgeber gerade abstreitet.404 Die restriktive Gestaltung der Barabfindungspflicht im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall steht zudem im Gegensatz zu ihrer kürzlich erfolgten Ausweitung bei innerstaatlichen Verschmelzungen.405 Handelt es sich somit bei § 122i Abs. 1 UmwG um die rechtspolitisch – zur Erleichterung grenzüberschreitender Verschmelzungen – motivierte Begrenzung der Barabfindungspflicht?406 Mitnichten, für eine solche Absicht 29 Abs. 1 Satz 1 UmwG kann es jedoch nicht die aus der Verschmelzung hervorgehende neue Gesellschaft sein, die das Angebot im Verschmelzungsvertrag unterbreitet. Sie ist kein Vertragspartner. Die übertragende Gesellschaft hat das Angebot zu machen, das dann mit Wirksamwerden der Verschmelzung auf die entstehende neue Gesellschaft übergeht. Vgl. hierzu Mayer, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.Lfg., § 36 UmwG Rn. 8. 402 Vgl. Begr. RegE zu § 122i UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 16. 403 Begr. RegE zu § 122i UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 16. 404 Vgl. Begr. RegE zu § 122i UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 16. 405 § 29 UmwG wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung des UmwG dahingehend geändert, dass zukünftig auch bei der Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nicht börsennotierte AG ein Barabfindungsangebot zu machen ist. 406 Eine weitgehende Begrenzung der Barabfindungsverpflichtung bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung wird im Schrifttum mehrheitlich befürwortet, vgl. Vetter, AG 2006, 613, 623; Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 4; H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1796; Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 844; DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 741.

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des Gesetzgebers fehlt jeglicher Anhaltspunkt. § 122i Abs. 1 UmwG stellt vielmehr die unbesehene Übernahme der bei der Verschmelzung zur SE einschlägigen Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1, 2 SEAG dar.407 Orientierte sich § 7 Abs. 1 SEAG in der Fassung des Diskussionsentwurfs des SEAG noch ganz an § 29 UmwG, sieht der später Gesetz gewordene § 7 Abs. 1 Satz 1, 2 SEAG ein Barabfindungsangebot an die der Verschmelzung widersprechenden Aktionäre nur vor, wenn die SE ihren Sitz im Ausland haben soll.408 Für die SE-Verschmelzung konsequent – auf eine SE mit Sitz im Inland findet über Artt. 15 Abs. 1, 18 SE-VO weitestgehend nationales Aktienrecht Anwendung, so dass es kaum zu einer Änderung der Rechtsstellung der Aktionäre kommt – verkennt der Gesetzgeber bei der Übernahme der Regelung in § 122i Abs. 1 UmwG die Schutzbedürftigkeit der Anteilsinhaber der übertragenden deutschen Gesellschaft bei einer Hineinverschmelzung zur Neugründung, sobald sich die Rechtsformen der übertragenden und der neuen Gesellschaft unterscheiden. § 122i Abs. 1 UmwG kann für die bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung übertragende Gesellschaft daher nicht als lex specialis zu § 29 UmwG aufgefasst werden, der somit über § 122a Abs. 2 UmwG Anwendung findet. Ein Spruchverfahren ist aber auch hier auf Grund der zwingenden Vorgabe des Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL nur unter den Voraussetzungen des § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG zulässig, der auf Grund einer planwidrigen Regelungslücke und der Vergleichbarkeit der Interessenlage für ein Barabfindungsangebot nach § 29 UmwG analog anzuwenden ist. Die Barabfindung ist gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 2 UmwG zu verzinsen. (3) Abstimmungsbedarf Der bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung vorgesehene Schutz der Minderheitsgesellschafter der übertragenden deutschen Gesellschaft stellt an die Verschmelzungsparteien besondere Anforderungen bezüglich der Planung des Verschmelzungsablaufs. Als problematisch erweist sich, dass vor Abhalten der Versammlungen der Anteilsinhaber aller ausländischen Gesellschaften auf Grund ihrer nach § 122h Abs. 1 UmwG bzw. analog § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG erforderlichen Zustimmungen deutsche Minderheitsaktionäre in aller Regel nicht wissen können, ob sie das Umtauschverhältnis bzw. eine als zu niedrig empfundene Barabfindung im Spruchverfahren überprüfen lassen können oder ob ihnen nur die Möglich407 § 7 SEAG als Ausgangspunkt für § 122i Abs. 1 UmwG erkennend auch H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289; Kiem, WM 2006, 1091, 1098; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 731; Neye/B. Timm, DB 2006, 488, 492 (Fn. 66). 408 Eine synoptische Darstellung aller Entwürfe des SEAG sowie des Gesetz gewordenen Textes findet sich bei Brandt, BB-Special 3/2005, 8 ff.

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keit einer Anfechtungsklage bleibt. Für das Vorgehen in der Praxis lässt sich daraus Folgendes ableiten: Es bietet sich bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung – Gleiches gilt im Übrigen für die Hinausverschmelzung – regelmäßig an, die Versammlung der Anteilsinhaber der deutschen Gesellschaft erst nach den Versammlungen aller ausländischen Verschmelzungspartner abhalten zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt steht das zu Gunsten der Minderheitsgesellschafter der deutschen Gesellschaft eingreifende Schutzkonzept endgültig fest. Freilich bleibt es aber möglich, die Versammlung der Anteilsinhaber der deutschen Gesellschaft zuerst abzuhalten. Eine Anfechtungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 1 UmwG ab Beschlussfassung besteht dann zunächst, da die nach § 122h Abs. 1 UmwG bzw. analog § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG erforderliche Zustimmung der ausländischen Gesellschafterversammlungen zur Durchführung von Spruchverfahren noch aussteht. In diesem Falle wäre in der Versammlung der deutschen Gesellschaft zum Schutz der Minderheitsgesellschafter der Hinweis erforderlich, dass zur Wahrung der Frist des § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 14 Abs. 1 UmwG vorsorglich Anfechtungsklagen gegen das Umtauschverhältnis und/oder die Höhe der Barabfindung zu erheben ist. Eine spätere Unzulässigkeit der Klagen nach Zustimmung der ausländischen Gesellschafterversammlungen zur Durchführung von Spruchverfahren zieht keine prozessualen Kosten für die klagenden Gesellschafter nach sich.409 cc) Der Schutz der Gesellschafter ausländischer Gesellschaften (1) Barabfindung und Kontrolle der Barabfindung nach deutschem Recht? (a) Keine Anwendbarkeit des § 29 UmwG Nach der Vorgabe des Art. 4 Abs. 1 b), Abs. 2 VRL werden Gesellschafter im Grundsatz durch das Recht des Mitgliedstaates, dem ihre Gesellschaft unterliegt, geschützt. Unklar ist, ob daneben § 29 UmwG über § 122a Abs. 2 UmwG bei Hineinverschmelzungen zu Gunsten der Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft anzuwenden ist, dementsprechend die übernehmende deutsche Gesellschaft den Anteilsinhabern 409

Kostenschuldner im Spruchverfahren ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG der Antragsgegner. Ein Kostenbelastung der Antragssteller aus Billigkeitsgründen nach § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG kommt hier nicht in Betracht, vgl. Rosskopf, in: KK-SpruchG (2005), § 15 Rn. 33 ff.; Klöckner/Frowein, SpruchG (2004), § 15 Rn. 9 f.

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der ausländischen Gesellschaft, die der Verschmelzung widersprechen, ein Abfindungsangebot im Verschmelzungsplan zu unterbreiten hätte.410 Man wird dies verneinen müssen.411 Bereits vor Erlass der VRL bzw. der Änderung des UmwG konnte bezweifelt werden, ob es Sinn macht, die Gesellschafter ausländischer Gesellschaften bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen vom Minderheitenschutz des § 29 UmwG profitieren zu lassen und sie damit besser zu stellen, als ihre Rechtsordnung sie bei rein innerstaatlichen Verschmelzungen stellen würde.412 Zwar bleibt es nationalen Gesetzgebern unbenommen, inländische Gesellschaften zum Schutz der Gesellschafter ausländischer Gesellschaften, die sich im Wege der Verschmelzung auflösen, zu verpflichten.413 Gerade die in Umsetzung der VRL ergangenen Vorschriften machen jedoch deutlich, dass eben dies nicht die Absicht der Verfasser des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes war. Diese führten für die grenzüberschreitende Verschmelzung einen neuen Abschnitt in das UmwG ein und waren bestrebt, Besonderheiten der grenzüberschreitenden Verschmelzung dort abschließend zu regeln. Gerade weil der Gesetzgeber in § 122i Abs. 2 Satz 2 UmwG eine Regelung zur Anwendbarkeit des § 34 UmwG auf die Anteilsinhaber einer übertragenden ausländischen Gesellschaft trifft, wäre für eine Ausweitung des bisherigen Schutzbereichs des § 29 UmwG ein expliziter Verweis in § 122i Abs. 2 UmwG zu erwarten gewesen. Der Generalverweis des § 122a Abs. 2 UmwG allein aber kann nicht ausreichen, um einen solchen Willen des Gesetzgebers unterstellen zu können. Die Widersinnigkeit, die Anteilsinhaber ausländischer Gesellschaften über § 29 UmwG schützen zu wollen, wird denn auch augenfällig, sobald dieser Gedanke konsequent zu Ende gedacht wird. Eine aufnehmende deutsche Gesellschaft zur Abgabe eines Barabfindungsangebots zu Gunsten der Anteilsinhaber der ausländischen Gesellschaft zu zwingen, könnte im Einzelfall zur Existenz zweier divergierender Angebote führen, falls ausländisches Recht die ihm unterliegende Gesellschaft ebenfalls – in Parallele zu § 122i UmwG – zur Abgabe eines Angebots verpflichtet. Geht das ausländische Abfindungsangebot dann noch – wie auch im deutschen Recht vorgesehen – im Wege 410

Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 233; Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146,

148 f. 411

Im Ergebnis auch H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 88. Geyrhalter/Weber, DStR 2006, 146, 148 f.; Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 121. 413 So für das Abfindungsangebot bei der Verschmelzung zur SE auch Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 429, der dort ein Recht der Aktionäre der ausländischen Gesellschaft befürwortet hat, um deren Zustimmung zum Spruchverfahren zu fördern; ähnlich auch Brandt, DStR 2003, 1208, 1214. A. A. Schwarz, SE-VO (2006), Art. 24 Rn. 19; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 232. 412

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4. Teil: Die praktische Durchführung

der Gesamtrechtsnachfolge auf die aufnehmende deutsche Gesellschaft über, müsste diese schließlich beide Angebote bedienen. Zudem ließe sich der Schutz der Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft bei einer Hineinverschmelzung zur Neugründung kaum begründen. Mangels Möglichkeit des deutschen Gesetzgebers, die ausländischen Gesellschaft zur Abgabe des Abfindungsangebots zu verpflichten, könnte hierzu nur die ebenfalls übertragende deutsche Gesellschaft verpflichtet werden. Um solch seltsam anmutende Ergebnisse zu vermeiden, zumal im Sinne einer eindeutigen Zuweisung von Verantwortung, muss der Schutz von Gesellschaftern – im Grundsatz – allein der Gründungsrechtsordnung ihrer Gesellschaft überlassen bleiben. § 29 UmwG findet daher zu Gunsten der Gesellschafter einer übertragenden ausländischen Gesellschaft keine Anwendung. (b) Spruchverfahren nach § 34 UmwG § 122i Abs. 2 Satz 2 UmwG eröffnet Gesellschaftern ausländischer übertragender Gesellschaften die Möglichkeit, gemäß § 34 UmwG ein Spruchverfahren vor deutschen Gerichten zur Überprüfung der Höhe eines Barabfindungsangebots durchführen zu lassen. Voraussetzung ist, dass ausländisches Recht ihre Gesellschaft zur Abgabe eines Barabfindungsangebots verpflichtet – aus deutschem Recht lässt sich ein Barabfindungsanspruch der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft hingegen nicht herleiten414 –, ein Spruchverfahren zur Kontrolle und Verbesserung der Barabfindung auch im ausländischen Verschmelzungsrecht vorgesehen ist sowie dass deutsche Gerichte für die Durchführung eines solchen Verfahrens international zuständig sind.415 (2) Verbesserung des Umtauschverhältnisses nach deutschem Recht? Scheinbar ohne zwingende Vorgaben der VRL sieht § 122h Abs. 2 UmwG vor, dass die Gesellschafter der übertragenden ausländischen Ge414

Siehe vorstehend unter 4. Teil A. II. 11. b) cc) (1) (a). Die internationale Zuständigkeit kann sich aus einer Gerichtsstandsvereinbarung oder der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO) vom 22.12.2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ergeben, vgl. Neye/B. Timm, GmbHR 2007, 561, 564 (Fn. 56). Im Verhältnis zu Dänemark, für das die EuGVVO nicht anwendbar ist, gilt weiterhin das Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (EuGVÜ), vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO (2007), Anh I, Art. 1 EuGVVO Rn. 1. 415

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sellschaft ein Spruchverfahren nach § 15 UmwG zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vor deutschen Gerichten einleiten können, wenn – auch hier – nach dem Recht dieses Staates ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Anteile vorgesehen ist416 und deutsche Gerichte für die Durchführung des Verfahrens international zuständig sind. Durch die Regelung sollen Doppelarbeiten und sich widersprechende Entscheidungen deutscher und ausländischer Gerichte vermieden werden.417 Man wird nicht umhin können, dieser allein zur Ausweitung des deutschen Spruchverfahrens eingeführten Vorschrift einen darüber hinausgehenden materiell-rechtlichen Regelungsgehalt beizumessen, soll deutsches Recht zwingenden Vorgaben des Europarechts genügen. Abweichend von der zur Barabfindung getroffenen Regelung des § 122i Abs. 1 UmwG sieht der Gesetzgeber bezüglich des Umtauschverhältnisses nicht vor, dass bereits die übertragende Gesellschaft die Festlegung eines angemessenen Umtauschverhältnisses schuldet. Ein Anspruch auf bare Zuzahlung im Falle des falsch ermittelten Umtauschverhältnisses nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwG entsteht vielmehr erst mit Wirksamwerden der Verschmelzung unmittelbar gegenüber der aufnehmenden/entstehenden Gesellschaft.418 Wollte man den Altgesellschaftern der ausländischen Gesellschaft in dieser Situation den Anspruch aus § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwG versagen, ihn – bei der Verschmelzung zur Neugründung oder einer gemischt innerstaatlichgrenzüberschreitenden Verschmelzung – den Altgesellschaftern der zugleich übertragenden deutschen Gesellschaft aber zubilligen, läge an dieser Stelle ein Verstoß gegen die VRL, jedenfalls aber gegen die Niederlassungsfreiheit der übertragenden ausländischen Gesellschaft und ihrer Gesellschafter vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 4 Abs. 1 b), Abs. 2 VRL. Die Vorschrift mag zwar vom Grundsatz ausgehen, dass das Recht der jeweiligen Gründungsgesellschaft für einen ausreichenden Schutz der Minderheitsgesellschafter Sorge trägt. Begründet nationales Recht einen Anspruch der Gesellschafter aber erst nach Wirksamwerden der Verschmelzung, verbietet es sich, eine Gesellschaftergruppe im Hinblick auf ihre „Herkunft“ zu benachteiligen. Wollte die VRL zu dieser Diskriminierung ermächtigen, so wäre sie ihrerseits primärrechtskonform auszulegen. 416

So derzeit auch in Österreich, vgl. §§ 225c ff. öAktG. Begr. RegE zu § 122h UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 16. Kritisch im Hinblick auf die Zweckerreichung Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 841. 418 Heckschen, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 15 UmwG Rn. 48, 51; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 15 Rn. 4, 7; Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 15 Rn. 13, 17. 417

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4. Teil: Die praktische Durchführung

§ 122h Abs. 2 UmwG ist in richtlinienkonformer Auslegung mithin dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass er auch die materielle Anspruchsberechtigung aus § 15 UmwG auf die Anteilsinhaber einer übertragenden ausländischen Gesellschaft ausweitet.419 c) Nachgeschalteter Gesellschafterschutz: Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG? Bereits zur innerstaatlichen Verschmelzung hoch umstritten420, ist das eventuelle Eingreifen eines der Verschmelzung nachgeschalteten, übernahmerechtlichen Gesellschafterschutzes in Form eines Pflichtangebotes nach § 35 WpÜG auch für den grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall zu diskutieren. § 1 Abs. 1 WpÜG beschränkt dabei den Anwendungsbereich des WpÜG und damit auch die mögliche Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots von vornherein auf den Erwerb von Wertpapieren, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Der zur innerstaatlichen Verschmelzung geführte Disput unterscheidet regelmäßig drei Fallgruppen, in denen ein Pflichtangebot im Anschluss an eine Verschmelzung in Betracht kommt421: – Ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft erlangt im Wege der Verschmelzung mindestens 30 % der Stimmrechte der übernehmenden Gesellschaft und damit die Kontrolle gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG (Variante a). 419 Ein solches Normverständnis ebenfalls andeutend DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 741. 420 Aus der umfangreichen Literatur, die mittlerweile zu dieser Thematik bereitsteht, vgl. nur Muschter, Die Verschmelzung von börsennotierten Aktiengesellschaften im Spannungsverhältnis zwischen WpÜG und Umwandlungsgesetz (2005); Schwarte, Das Pflichtangebot im Anschluss an Verschmelzung und Spaltung (2006); Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG (2005), § 35 Rn. 136 ff.; Ekkenga/Schulz, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG (2003), § 35 Rn. 28 ff.; v. Bülow, in: KK-WpÜG (2003), § 35 Rn. 67 ff.; Süßmann, WM 2003, 1453, 1454 ff.; Grabbe/Fett, NZG 2003, 755 ff.; J. Vetter, WM 2002, 1999 ff.; Technau, AG 2002, 260 ff.; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466 ff. 421 Zu unterscheiden sind die genannten Fallgruppen von Konstellation, in denen eine Kontrollerlangung ohne Beteiligung der Zielgesellschaft an der Verschmelzung erfolgt. Hält die übertragende Gesellschaft eine kontrollierende Beteiligung an einer dritten Gesellschaft, die die aufnehmende Gesellschaft im Wege der Verschmelzung erwirbt, so kommt aus Sicht der aufnehmenden Gesellschaft allenfalls eine Befreiung vom Pflichtangebot an die Gesellschafter der Drittgesellschaft nach § 37 WpÜG in Betracht. Hält die aufnehmende Gesellschaft die kontrollierende Beteiligung, bedarf es hingegen keines Pflichtangebots; ausführlich hierzu Schwarte, Das Pflichtangebot im Anschluss an Verschmelzung und Spaltung (2006), 165 ff.

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– Bereits die übernehmende Gesellschaft hat einen kontrollierenden Gesellschafter, dessen Kontrollposition auch nach der Verschmelzung Bestand hat (Variante b). – Die Verschmelzung erfolgt zur Neugründung. Ein Gesellschafter der neugegründeten Gesellschaft erlangt im Wege der Verschmelzung eine Kontrollposition i. S. d. § 29 Abs. 2 WpÜG (Variante g). Mit der herrschenden Lehre zur innerstaatlichen Verschmelzung ist die Einschlägigkeit des § 35 WpÜG in den Konstellationen b422 und g423 auch für die grenzüberschreitende Verschmelzung zu Recht abzulehnen.424 Für die Verschmelzungsvariante a befürwortet die herrschende Lehre hingegen die Anwendbarkeit des § 35 WpÜG.425 Auch die BaFin nimmt bisher diesen Standpunkt ein.426 Übertragen auf den grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall hätte dies für grenzüberschreitende Hineinverschmelzungen zur Aufnahme gravierende Folgen. Der kontrollierende Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft wird der Verschmelzung nur selten zustimmen, wenn ihm ein im Anschluss an die Verschmelzung durchzuführendes Pflichtangebot nach § 35 WpÜG droht. Mit beachtlichen Argumenten – insbesondere der nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der verschiedenen Verschmelzungsvarianten, der hinreichende Gesellschaftersicherung durch das UmwG, der unangemessenen Benachteiligung eines kontrollierenden, zur Übernahme verpflichteten Gesellschafters bei der Preisbildung im unmittelbaren Anschluss an eine Verschmelzung sowie der 422 Ekkenga/Schulz, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG (2003), § 35 Rn. 33; v. Bülow, in: KK-WpÜG (2003), § 35 Rn. 79 ff.; Süßmann, WM 2003, 1453, 1454 f.; J. Vetter, WM 2002, 1999 ff.; Technau, AG 2002, 260, 261 ff.; a. A. Schwarte, Das Pflichtangebot im Anschluss an Verschmelzung und Spaltung (2006), 86 ff.; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 481 f.; Kleindiek, ZGR 2002, 546, 571. 423 J. Vetter, WM 2002, 1999 ff.; Technau, AG 2002, 260, 263 f.; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 488; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG (2005), § 35 Rn. 155 f. 424 So bereits für die Verschmelzung zur SE J. Vetter, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 150 ff.; a. A. für Variante b Kalss, ZGR 2003, 593, 639. 425 So zur innerstaatlichen Verschmelzung Schwarte, Das Pflichtangebot im Anschluss an Verschmelzung und Spaltung (2006), 76 ff.; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG (2005), § 35 Rn. 136 ff.; Ekkenga/Schulz, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG (2003), § 35 Rn. 31; v. Bülow, in: KK-WpÜG (2003), § 35 Rn. 78; Süßmann, WM 2003, 1453, 1455 f.; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 479 ff.; a. A. Grabbe/Fett, NZG 2003, 755, 759 ff.; J. Vetter, WM 2002, 1999 ff.; Weber-Rey/Schütz, AG 2001, 325, 328 f. Zur Verschmelzung zur SE Ch. Teichmann, AG 2004, 67, 78 f.; Kalss, ZGR 2003, 593, 639; a. A. J. Vetter, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 150 ff. 426 Vgl. Lenz/Linke, AG 2002, 361, 367 f.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

nicht zu rechtfertigenden und daher korrekturbedürftigen Angebotsverpflichtung gegenüber den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft, die dem kontrollierenden Gesellschafter schon zuvor ausgesetzt waren – wurde bereits zur innerstaatlichen Verschmelzung die Nichtanwendbarkeit des § 35 WpÜG bei einem Anteilserwerb im Wege der Verschmelzung vertreten.427 Gleiches lässt sich auch für den grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall anführen.428 Soweit demgegenüber ein Pflichtangebot in Variante a zwar gefordert wird, zugleich aber eine teilweise Befreiung von der Angebotsverpflichtung nach § 37 WpÜG gegenüber den Gesellschaftern der bereits zuvor kontrollierten übertragenden Gesellschaft befürwortet wird429, stellt sich zumindest im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall mit Nachdruck die Frage der Vereinbarkeit dieser Vorgehensweise mit Art. 3 Abs. 1 a) der Übernahmerichtlinie430, der die Gleichbehandlung aller Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft fordert.431 Eine abschließende Behandlung des Themenkomplexes kann hier nicht geleistet werden und bleibt anderweitigen Untersuchungen vorbehalten. Im jeden Fall sollte im Vorfeld einer Verschmelzung die ökonomische Sinnhaftigkeit eines freiwilligen Übernahmeangebots geprüft werden. Der Praxis wird im Übrigen letztlich allein eine enge Absprache mit der BaFin weiterhelfen. Deren bisherige restriktive Linie in innerstaatlichen Verschmelzungsfällen lässt freilich befürchten, dass sich drohende Pflichtangebote zu Hindernissen grenzüberschreitender Verschmelzungen entwickeln werden.432 12. Gläubigerschutz Die VRL stellt keine eigenen Anforderungen an den bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen greifenden Gläubigerschutz. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL stellt lediglich klar, dass der im nationalen Recht vorgesehene Gläubigerschutz zu den Regelungskomplexen gehört, die eine zu verschmelzende Gesellschaft gemäß Art. 4 Abs. 1 b) VRL einzuhalten hat. 427 Ausführlich J. Vetter, WM 2002, 1999 ff.; im Ergebnis auch Grabbe/Fett, NZG 2003, 755, 763. 428 Vgl. J. Vetter, AG 2006, 613, 625. 429 So für die innerstaatliche Verschmelzung Schwarte, Das Pflichtangebot im Anschluss an Verschmelzung und Spaltung (2006), 119 ff., 121 f., 140 f. 430 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABlEG Nr. L 142 vom 30.4.2004, 12 ff. 431 Schwarte, Das Pflichtangebot im Anschluss an Verschmelzung und Spaltung (2006), 141 ff. hält die Diskriminierung bei innerstaatlichen Verschmelzungen für zulässig. 432 Vgl. Lenz/Linke, AG 2002, 361, 367 f.

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Noch der Regierungsentwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes sah für die Hineinverschmelzung zur Aufnahme und die Hineinverschmelzung zur Neugründung unterschiedliche Gläubigerschutzkonzepte vor. Der Gläubigerschutz bei Hineinverschmelzungen zur Aufnahme richtete sich bereits in der damaligen Vorstellung des Gesetzgebers über den Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG nach § 22 UmwG, war also der Verschmelzung nachgelagert.433 Der Gläubigerschutz bei Hineinverschmelzungen zur Neugründung wäre dagegen – jedenfalls dem Wortlaut des Regierungsentwurfs nach – dem § 122j UmwG unterfallen und somit bereits für das Wirksamwerden der Verschmelzung zu berücksichtigen gewesen.434 Der Wortlaut des § 122j Abs. 1 UmwG war missglückt435 und wurde auf Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – zu Recht – noch spät im Gesetzgebungsverfahren geändert.436 Für die Hineinverschmelzung, unabhängig ob zur Aufnahme oder zur Neugründung, gilt damit zukünftig § 22 UmwG.437 Bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung ist über § 122a Abs. 2 UmwG zudem § 23 UmwG zum Schutz der Inhaber der dort genannten Sonderrechte in der übertragenden deutschen Gesellschaft anzuwenden.438 Zudem verpflichtet § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 23 UmwG die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft auch zu Gunsten der Sonderrechtsinhaber der übertragenden ausländischen Gesellschaft. 433

Begr. RegE zu § 122j UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 17. A. A. offenbar Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 843. 434 Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 843; DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 742; a. A. offenbar H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289. 435 Der Wortlaut des § 122j Abs. 1 UmwG entsprach in der Fassung des Regierungsentwurfs hinsichtlich der Hineinverschmelzung zur Neugründung weder der Regelungsintention des Gesetzgebers noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Gesetzgeber verfolgt mit § 122j UmwG das Ziel, Gläubigern einen im Vergleich zu § 22 UmwG vorverlagerten Schutz anzubieten, wenn die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz im Ausland hat, vgl. Begr. RegE zu § 122j UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 17. Die Vorschrift dient dem hinter dieser Intention stehenden Sinn und Zweck, Unzulänglichkeiten des der Verschmelzung nachgelagerten Gläubigerschutzes nach § 22 UmwG und eine unzulässige Verpflichtung der aus der Verschmelzung hervorgehenden ausländischen Gesellschaft, mithin ein Leerlaufen des Gläubigerschutzes zu vermeiden, vgl. H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289, aber auch Begr. RegE zu § 122j UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 17. All dies betraf hingegen allein den Fall der Hinausverschmelzung, war für die Hineinverschmelzung zur Neugründung hingegen ohne Relevanz. 436 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BT-Drucks. 16/4193, 3. 437 Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122j Rn. 4; Neye/B. Timm, GmbHR 2007, 561, 564. 438 Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122j Rn. 4.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

III. Verfahrensunterschiede bei der Hinausverschmelzung Verfahrensunterschiede zum zuvor untersuchten Fall einer Hineinverschmelzung resultieren in erster Linie daraus, dass die nun aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft nicht deutschem, sondern ausländischem Recht unterliegt. Daneben statuiert das UmwG für die Hinausverschmelzung einen weitergehenden Schutz der (Minderheits-)gesellschafter und verlegt den Gläubigerschutz zeitlich vor das Wirksamwerden der Verschmelzung. 1. Inhalt des Verschmelzungsplans Im Vergleich zur Hineinverschmelzung legt das UmwG für die Hinausverschmelzung eine zusätzlich zwingend in den Verschmelzungsplan aufzunehmende Angabe fest. Die übertragende deutsche Gesellschaft hat nach § 122i Abs. 1 Satz 1 UmwG im Verschmelzungsplan oder – solange dieser noch nicht beurkundet ist – in seinem Entwurf jedem Anteilsinhaber, der gegen den Verschmelzungsbeschluss der Gesellschaft Widerspruch zur Niederschrift erklären wird, den Erwerb seiner Anteile gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten. Die Ermächtigungsgrundlage, die der Verschmelzung widersprechenden Gesellschafter der dem nationalen Recht unterliegenden Gesellschaften in besonderer Weise zu schützen, findet sich in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL. Der den Pflichtinhalt des Verschmelzungsplans bestimmende Art. 5 VRL sieht hingegen keine ausdrückliche Ermächtigung an die nationalen Gesetzgeber vor, weitere verbindliche Inhalte des Verschmelzungsplans festzulegen. Inwieweit mit dem Verschmelzungsplan der Ort der Veröffentlichung des Abfindungsangebots in richtlinienkonformer Weise gewählt wurde, erscheint somit fraglich. Teilweise wird in Art. 5 VRL eine abschließende Regelung gesehen, die es dem nationalen Gesetzgeber untersagt, weitere verpflichtende Inhalte des Verschmelzungsplans festzulegen.439 Zwar sehe Art. 5 VRL entgegen Art. 3 Nr. 2 VRL-Vorschlag 2003 und der Parallelvorschrift des Art. 20 SE-VO440 439 Louven, ZIP 2006, 2021, 2025; Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 14. Einen abschließenden Charakter der entsprechenden Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 des Kommissionsvorschlags einer VRL sehen H.-F. Müller, ZIP 2004, 1790, 1793 und Maul/Ch. Teichmann/Wenz, BB 2003, 2633, 2637; a. A. Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 402; Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 51 (Fn. 125). 440 Eine abschließende Regelung des Inhalts des Verschmelzungsplans bei der SE-Gründung durch Art. 20 SE-VO wird von der überwiegenden Literatur angenommen; vgl. Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 46; Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 84; Jannott, in: Jannott/Frodermann,

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keine Regelung vor, die ausschließlich eine Vereinbarung weiterer Planinhalte durch die Gesellschaften erlaube; ein unterschiedlicher Regelungsinhalt gehe damit jedoch nicht einher.441 Dem ist im Grundsatz zuzustimmen. Die Festlegung weiterer verpflichtender Inhalte des Verschmelzungsplans ist durch die VRL nicht in das Belieben nationaler Gesetzgeber gestellt.442 Die Aufstellung eines gemeinsamen Plans und die Erlangung der erforderlichen Zustimmung auf den Gesellschafterversammlungen würden durch spezifische nationale Anforderungen erschwert, das Anliegen der VRL, ein handhabbares, effektives Regelungswerk zur Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen anzubieten, in Frage gestellt. Ungeklärt bleibt bei dieser Ausgangslage jedoch, inwieweit die Ermächtigung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Festlegung weiterer Planinhalte zulässt. Im Verhältnis des an sich abschließenden Art. 20 SE-VO zur Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers zur Schaffung eines angemessenen Schutzes der Minderheitsaktionäre durch Art. 24 Abs. 2 SE-VO wird ganz überwiegend eine solche Ausnahme gesehen.443 Dies überzeugt auch für die VRL im Ergebnis. Allein der Hinweis auf die Ermächtigung des Gesetzgebers durch Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL vermag das Verhältnis der Vorschrift zu Art. 5 VRL jedoch nicht abschließend zu beschreiben. Dass die Ermächtigung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL die Festlegung weiterer Inhalte des Verschmelzungsplans durch den nationalen Gesetzgeber umfasst, wird erst mit Blick auf Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL deutlich, der die Durchführung von Spruchverfahren zur Überprüfung und Verbesserung des Umtauschverhältnisses der Gesellschaftsanteile sowie eines Barabfindungsangebots zu Gunsten der Anteilsinhaber einer Gesellschaft nur zulässt, wenn die Anteilsinhaber der beteiligten ausländischen Gesellschaften – soweit deren Rechtsordnungen solche Verfahren nicht kennen – dem ausdrücklich bei Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse zustimmen. Beschlussgegenstand des Verschmelzungsbeschlusses ist dabei nach Art. 9 Abs. 1 VRL der VerschmelzungsHandbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 37, 39; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 38 f.; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 170; Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 418 ff.; a. A. Schröder, in: Manz/Meyer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 20 SE-VO Rn. 9. 441 Louven, ZIP 2006, 2021, 2025; Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 14; a. A. Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 402. 442 Vgl. Erwägungsgrund (4) zur VRL, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 1. 443 Schwarz, SE-VO (2006), Art. 20 Rn. 47; Neun, in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft (2005), 57, 87; Jannott, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 3. Kapitel, Rn. 50; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 171; a. A. Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 10.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

plan.444 Soll im, jedenfalls aber zusammen mit dem445 Verschmelzungsbeschluss die Anwendbarkeit der deutschen Spruchverfahren erklärt werden, müssen entsprechende Inhalte demnach von den Gesellschaften in den Verschmelzungsplan aufgenommen werden.446 Dies erscheint für ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses insofern konsequent, als dass bereits das Umtauschverhältnis gemäß Art. 5 c) VRL zwingend in den Verschmelzungsplan aufzunehmen ist. Demgegenüber wäre es nicht verständlich, verlangte die VRL die gleiche Zustimmung auch für ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Barabfindungsangebots, ohne dass das Angebot selbst seinen Platz im Verschmelzungsplan haben dürfte. Art. 4 Abs. 2 VRL statuiert damit zumindest für das Barabfindungsangebot eine Ausnahme zu Art. 5 VRL. Der deutsche Gesetzgeber hat mit § 122i Abs. 1 Satz 1 UmwG die Ermächtigung des Art. 4 Abs. 2 VRL richtlinienkonform und – darüber hinaus – konsequent in Fortführung des für das Umtauschverhältnis in Art. 5 b), 10 Abs. 3 Satz 1 VRL angelegten Konzeptes umgesetzt. 2. Bekanntmachung des Verschmelzungsplans Die Attraktivität einer grenzüberschreitenden Verschmelzung wird in der Praxis auch an der Dauer ihrer Durchführung zu messen sein. Bei der Hinausverschmelzung einer 100-prozentigen deutschen Tochtergesellschaft auf ihre ausländische Muttergesellschaft stellt § 122d UmwG besondere Anforderungen an die Planer des Verschmelzungsablaufs. Die einheitliche Bekanntmachung nach § 122d UmwG ist auf Grund ihrer auch gläubigerschüt444 Dem entspricht die Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG; vgl. Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 13 Rn. 7; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG (2004), § 13 Rn. 17; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 13 UmwG Rn. 17. 445 Kalss, ZGR 2003, 593, 623 spricht sich bei der Verschmelzung zur SE dafür aus, die Zustimmung im Verschmelzungsbeschluss einzuholen. Ein solches Vorgehen ist gewiss auch mit der Vorgabe der VRL zu vereinbaren. Jedoch unterläge die Zustimmung dann dem gleichen Mehrheitserfordernis wie der Verschmelzungsplan. Soll der Verschmelzungsbeschluss und damit die gesamte Verschmelzung dann nicht an der fehlenden Zustimmung der Anteilsinhaber zur Durchführung von Spruchverfahren scheitern, sollten alternative Beschlussanträge vorbereitet werden. Ein mit dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL ebenfalls zu vereinbarendes Vorgehen besteht in einer getrennten Antragstellung. Der Antrag auf Zustimmung zum Spruchverfahren braucht in diesem Fall lediglich die einfache Mehrheit finden; vgl. Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 220. 446 Eine solche einvernehmliche Aufnahme weiterer Planinhalte durch die Verschmelzungsparteien ist ohne weiteres mit Art. 5 VRL zu vereinbaren. Sollte die Zustimmung der Versammlung der Anteilsinhaber ungewiss sein, empfiehlt sich die alternative Formulierung des Plans.

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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zenden Wirkung in diesem Falle nicht verzichtbar.447 Hingegen kann auf die Gesellschafterversammlung der übertragenden Tochtergesellschaft nach § 122g Abs. 2 UmwG sehr wohl verzichtet werden. Ohne abzuhaltende Gesellschafterversammlung lässt § 122d UmwG die übertragende Gesellschaft dann hinsichtlich des Zeitpunkts der Bekanntmachung im Unklaren. Die Gesellschaft kann den Zeitpunkt der Gesellschaft damit weitgehend frei bestimmen, muss aber beachten, dass die Gläubiger der Gesellschaft nach der Bekanntmachung zwei Monate Zeit haben, um gemäß § 122j UmwG Sicherheitsleistungen zu verlangen. Die frühzeitige Bekanntmachung nach § 122d UmwG liegt damit im Interesse der übertragenden Gesellschaft. 3. Gläubigerschutz Der Schutz der Gläubiger bei einer Hinausverschmelzung richtet sich nach § 122j UmwG.448 Können die Gläubiger einer übertragenden deutschen Gesellschaft keine Befriedigung verlangen und machen sie die Gefährdung der Erfüllung ihrer Forderungen durch die Verschmelzung glaubhaft, so sind ihnen, wenn sie innerhalb von zwei Monaten nach dem Tag, an dem der Verschmelzungsplan bzw. sein Entwurf bekannt gemacht worden ist, ihre Ansprüche schriftlich anmelden, für Forderungen, die bis zu 15 Tage nach Bekanntmachung des Verschmelzungsplans entstanden sind, Sicherheiten zu leisten.449 Der Schutz der Gläubiger wird abgesichert durch die für den Erhalt der Verschmelzungsbescheinigung nach § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG notwendige und nach § 314a UmwG strafbewehrte Versicherung der Mitglieder des Vertretungsorgans der übertragenden Gesellschaft, dass den berechtigten Gläubigern angemessene Sicherheiten geleistet wurden.450 447

Siehe hierzu die Ausführungen zur Hineinverschmelzung unter 4. Teil A. II.

2. c). 448 Bei Hineinverschmelzungen – egal ob zur Aufnahme oder zur Neugründung – gilt dagegen § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 22 UmwG; siehe unter 4. Teil A. II. 12. 449 § 122j des Referentenentwurfs verwendete demgegenüber im Vergleich zum Rest des Entwurfs noch eine uneinheitliche Terminologie, in dem das Sicherheitsverlangen „zwei Monate nach dem Tag, an dem der Verlegungsplan offen gelegt worden ist,“ zulässig war. Zur diesbezüglichen Kritik am Referentenentwurf vgl. Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 5; Stellungnahme des Deutschen Notarvereins zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 9; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343. 450 Kritisch Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 107, die in der Vorverlagerung des Gläubigerschutzes bei der Hinausverschmelzung ein Betätigungsfeld für „räuberische Gläubiger“ sieht.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

a) Richtlinienkonformität des § 122j UmwG Die Regelung des § 122j UmwG weicht von der für rein innerstaatliche Verschmelzungen wie auch für die Hineinverschmelzung einschlägigen Vorschrift des § 22 UmwG ab, die einen entsprechenden Gläubigerschutz erst nach Eintragung der Verschmelzung im Register der jeweiligen Gesellschaft gewährt.451 Die Richtlinienkonformität dieses für die Hinausverschmelzung vorverlagerten Gläubigerschutzes wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Teilweise wird in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL eine Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers gesehen, den für innerstaatliche Verschmelzungen geltenden Gläubigerschutz an die besonderen Anforderungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung anzupassen.452 Überwiegend wird eine solche Ermächtigung hingegen abgelehnt und die Vorverlagerung des Gläubigerschutzes für richtlinienwidrig erachtet, da Art. 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 b) VRL allein die Anwendung der auch bei der innerstaatlichen Verschmelzung anwendbaren Vorschriften erlaube.453 Beide Ansichten überzeugen letztlich nicht. Zunächst enthält Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL keine Ermächtigung zur Einführung von gläubigerschützenden Sonderregelungen bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen. Zwar lässt sich für die gegenteilige Auffassung die fehlerhafte deutsche Übersetzung des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL anführen, die „angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung“ zur Anwendbarkeit des innerstaatlichen Gläubigerschutzes gelangt, obwohl die Anwendung in korrekter Über451 Bei der innerstaatlichen Verschmelzung ist dabei im Einzelnen umstritten, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwG fällig wird und wer Schuldner des Anspruchs ist. Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 22 Rn. 21 f., Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 22 Rn. 11 und Maier-Reimer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 22 Rn. 42, 45 sehen eine Fälligkeit des Anspruchs erst bei Wirksamwerden der Verschmelzung mit der übernehmenden Gesellschaft als Schuldner. Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 22 UmwG Rn. 8 und wohl auch Vossius, in: Widmann/ Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 22 UmwG Rn. 26, 55 sehen die Fälligkeit des Anspruchs hingegen schon mit Beginn der Ausschlussfrist, so dass zunächst die übertragenden Gesellschaft Schuldner des Anspruchs ist, bevor dieser mit Wirksamwerden der Verschmelzung auf die aufnehmende Gesellschaft übergeht. 452 Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 75; H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289; ders., ZIP 2004, 1790, 1795 sowie Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 227 ff. bereits zum VRL-Entwurf. Auch der Gesetzgeber selbst stützt § 122j UmwG auf Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL, vgl. Begr. RegE zu § 122j UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 17. 453 Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 732 sowie Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405; ähnlich Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 107; Zweifel an der europarechtlichen Zulässigkeit der Vorverlagerung äußert auch Herrler, EuZW 2007, 295, 297.

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setzung „unter Berücksichtigung“454 des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung zu erfolgen hat.455 Im Umkehrschluss zur eindeutig ermächtigenden Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL und in Kenntnis des Willens des Richtliniengebers, die Vorschriften zur innerstaatlichen Verschmelzung auch auf die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Anwendung kommen zu lassen, sofern die VRL selbst nichts anderes bestimmt, kann der Vorschrift hingegen allein ein verweisender, jedoch kein ermächtigender Charakter entnommen werden.456 Andererseits erweist es sich als unzutreffend, Art. 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 b) VRL einzig die Anwendbarkeit der gläubigerschützenden Vorschriften auf die grenzüberschreitende Verschmelzung zu entnehmen, die auch bei innerstaatlichen Verschmelzungen Geltung beanspruchen.457 Die VRL sieht an genannter Stelle vor, dass eine Gesellschaft die innerstaatlichen Vorschriften zum Schutz ihrer Gläubiger einhalten muss.458 Auch § 122j UmwG stellt eine innerstaatliche, gläubigerschützende Vorschrift in diesem Sinne dar. Zwar ging der Richtliniengeber offenbar selber davon aus, dass regelmäßig das bei einer innerstaatlichen Verschmelzung anwendbare Recht auch im grenzüberschreitenden Fall Anwendung finden wird.459 Genauso wenig wie man Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL eine explizite Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers zur Schaffung ei454 Eine solche Übersetzung legt sowohl die französische Richtlinienfassung („compte tenu“) als auch die englische („taking into account“) nahe. Auch die Parallelregelung zur SE-Verschmelzung, Art. 24 Abs. 1 SE-VO, ist entsprechend formuliert. 455 Auf die mangelhafte Übersetzung des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VRL weisen auch Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405 (Fn. 39) hin, die im Ergebnis freilich eine Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers ablehnen. 456 Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343 (Fn. 13); Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 732 sowie Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405. So auch die herrschende Lehre zur Parallelregelung des Art. 24 Abs. 1 SE-VO, vgl. Schwarz, SE-VO (2006), Art. 24 Rn. 11; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 43; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Die Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 24 SE-VO Rn. 34; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 226 ff.; a. A. zu Art. 24 SE-VO aber Neye/Ch. Teichmann, AG 2003, 169, 175. 457 So aber ausdrücklich Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 732; ähnlich, aber vorsichtiger auch Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 107. 458 Vgl. Art. 4 Abs. 1 b), Abs. 2 Satz 1 VRL, der damit in seiner Formulierung von der ebenfalls kontrovers diskutierten Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 a) SE-VO abweicht. Zur Diskussion bei der Verschmelzung zur SE vgl. Schwarz, SE-VO (2006), Art. 24 Rn. 11 (Fn. 27); Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 24 SE-VO Rn. 34; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 224 ff.; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973. 459 Vgl. Erwägungsgrund (3) zur VRL, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 1.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

nes spezifischen, auf die grenzüberschreitende Verschmelzung zugeschnittenen Gläubigerschutzes entnehmen kann, wird man der Gesamtregelung des Art. 4 VRL in primärrechtskonformer Auslegung aber eine entsprechende Versagung der Regelungskompetenzen des nationalen Gesetzgebers entnehmen dürfen. Soweit die Harmonisierung nationaler Rechte durch den Richtliniengeber nicht erforderlich ist, fehlt diesem auf Grund des in Art. 5 EG Ausdruck findenden Subsidiaritätsprinzips seinerseits die Regelungskompetenz.460 Der Gläubigerschutz wird durch die VRL gerade nicht harmonisiert. Innerstaatliche Regelungen zum Gläubigerschutz sind daher solange zulässig, wie sie nicht ihrerseits gegen die Grundfreiheiten – hier die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit – verstoßen.461 Nicht Art. 4 VRL beantwortet mithin die Frage nach der europarechtlichen Zulässigkeit des § 122j UmwG – Gleiches gilt im Übrigen auch für die §§ 122k Abs. 1 Satz 2, 314a UmwG –, sondern – ohne dass die VRL dabei gänzlich an Bedeutung verliert – die Grundfreiheiten. Man wird hierbei im Ergebnis zwischen der Grundregelung des § 122j UmwG und den Nebenregelungen der §§ 122k Abs. 1 Satz 2, 314a UmwG differenzieren müssen. § 122j UmwG führt zu einer Vorverlagerung des Gläubigerschutzes und infolgedessen zu einer finanziellen Belastung der übertragenden deutschen Gesellschaft. Lässt aber Art. 4 Abs. 1 b) VRL u. a. die Anwendung des auf die innerstaatliche Verschmelzung anwendbaren Gläubigerschutzes im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall zu und profitieren die entsprechenden Regelungen damit von der abgeschwächten Bindung des Richtliniengebers an die Grundfreiheiten462, so ist auch eine Neuregelung des Gläubigerschutzes für die grenzüberschreitende Verschmelzung europarechtskonform, wenn die Unterschiede der Schutzkonzepte gerechtfertigt sind. Als unproblematisch stellt sich dabei die Rechtfertigung für § 122j Abs. 2 UmwG dar, der das Recht auf Sicherheitsleistung zeitlich auf solche Forderungen begrenzt, die vor oder bis zu 15 Tagen nach Bekanntmachung des Verschmelzungsplans entstanden sind, und demnach den Kreis der zu sichernden Forderungen zeitlich enger zieht als § 22 UmwG. Aber auch die Vorverlagerung des Schutzes nach § 122j Abs. 1 UmwG präsentiert sich als geeignet, erforderlich und angemessen zur Sicherung der Gläubiger und so460 Auch der Richtliniengeber nimmt mit Erwägungsgrund (15) zur VRL ausdrücklich Bezug auf Art. 5 EG und das dort niedergelegte Subsidiaritätsprinzip, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 1, 3. Zum Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzausübungsschranke vgl. Geiger, EUV/EGV (2004), Art. 5 Rn. 6; Zuleeg, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV (2003), Art. 5 EG Rn. 25 f. 461 Dass sich innerstaatliche Vorschriften an den Grundfreiheiten messen lassen müssen, erkennt in Erwägungsgrund (3) zur VRL auch der Richtliniengeber, ABlEG Nr. 310 v. 25.11.2005, 1. 462 Siehe unter 3. Teil B. II. 2. b).

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mit als gerechtfertigt. Zweifel an einer Erforderlichkeit der Regelung wären zwar angebracht, wollte man sie allein mit einer faktischen Erschwerung der Durchsetzung des Sicherungsanspruchs gegen die ausländische Gesellschaft begründen.463 Entscheidend für die Erforderlichkeit des vorverlagerten Gläubigerschutzes spricht jedoch, dass die Sicherung der Gläubiger einer ins Ausland verschmelzenden Gesellschaft über § 22 UmwG keinesfalls gesichert ist.464 Die mehrheitlich zu § 22 UmwG vertretene Ansicht geht von der Entstehung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung und der unmittelbaren Verpflichtung der übernehmenden Gesellschaft aus.465 Im Falle einer Hinausverschmelzung würde § 22 UmwG also versuchen, die ausländische Gesellschaft zur Sicherheitsleistung zu verpflichten und wäre somit mangels Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers von vornherein nicht anwendbar.466 Der Gläubigerschutz des § 22 UmwG liefe bei Hinausverschmelzungen mithin leer. 463 Hierauf weisen Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 107 und Louven, ZIP 2006, 2021, 2028 zu Recht hin und kommen anschließend zu dem hier nicht für vorzugswürdig erachteten Ergebnis der Richtlinienwidrigkeit des gesamten Gläubigerschutzes bei der Hinausverschmelzung. So die Regierungsbegründung zu § 13 SEAG, BT-Drucks. 15/3405, 35 und im Ansatz auch Begr. RegE zu § 122j UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 17. Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 732, Kieninger, EWS 2006, 49, 52, Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 843, DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 742 weisen demgegenüber – explizit, zumindest aber implizit – auf die Erleichterung der Durchsetzung und Vollstreckung von titulierten Forderungen im europäischen Ausland durch die EuGVVO hin; a. A. offenbar Geyrhalter/Weber, NZG 2005, 837, 838. 464 Dies räumt auch Grunewald, Der Konzern 2007, 106, 107 ein. A. A. Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 4 f.; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 732; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405 sowie die Fraktion der FDP im Bundestag, die im Rechtsausschuss mit ihrem Antrag zur Streichung des § 122j UmwG scheiterte, vgl. BT-Drucks. 16/4193, 8 ff. 465 Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 22 Rn. 21 f.; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 22 Rn. 11; Maier-Reimer, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 22 Rn. 42, 45. A. A. Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 22 UmwG Rn. 8 und wohl auch Vossius, in: Widmann/Mayer, Stand: 97. Erg.-Lfg., § 22 UmwG Rn. 26, 55, für die der Anspruch schon mit Beginn der Ausschlussfrist entsteht, so dass zunächst die übertragende Gesellschaft Schuldnerin des Anspruchs ist, bevor dieser mit Wirksamwerden der Verschmelzung auf die aufnehmende Gesellschaft übergeht. 466 H.-F. Müller, NZG 2006, 286, 289. Probleme bei der Anwendbarkeit des § 22 UmwG auf die ausländische Gesellschaft sehen auch Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 228 sowie Kallmeyer, Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, GmbHR 2006, 418, 420. In diesem Zusammenhang bereits im Vorfeld auf die beschränkte Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers hinweisend auch Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 16.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

b) Mangelnde Richtlinienkonformität der §§ 122k Abs. 1 Satz 2, 314a UmwG Ob §§ 122k Abs. 1 Satz 2, 314a UmwG mit Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar sind, erscheint demgegenüber äußerst fraglich. Die Abgabe der Versicherung angemessenen Gläubigerschutzes durch das Vertretungsorgan der deutschen Gesellschaft nach § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG ist zwingende Voraussetzung für die Durchführung einer Hinausverschmelzung. Die Versicherung ist nach § 314a UmwG strafbewehrt. Die Organmitglieder sehen sich zudem dem Risiko einer persönlichen Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 314a UmwG ausgesetzt.467 All dies wird der betroffenen Gesellschaft die Durchführung einer Hinausverschmelzung erheblich erschweren. Um die haftungs- und strafrechtlichen Risiken einer falschen Versicherung gering zu halten, wird das verantwortliche Organ extensive Sicherheitsleistungen befürworten, die die Gesellschaft über Gebühr belasten können. Gläubiger mit zweifelhafter Sicherungsberechtigung könnten die Chance nutzen und unberechtigt Sicherheiten für ihre Forderungen verlangen.468 Ohne die gesetzliche Festlegung handhabbarer Kriterien zur Forderungsgefährdung469 sowie zur Festlegung angemessener Sicherheiten sind §§ 122k Abs. 1 Satz 2, 314a UmwG daher jedenfalls unangemessen.470 Bereits die Erforderlichkeit der Regelung muss jedoch in Zweifel gezogen werden. So geht die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung – unabhängig ob mit oder ohne Versicherung nach § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG – mit Wirksamwerden der Verschmelzung auf die ausländische Gesellschaft über. Allein der Wechsel des Schuldners dürfte Versicherung wie Strafbewehrung aber kaum erforderlich machen.471 467 Vgl. Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343, die hierin einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit erblicken. 468 Demgegenüber dürfte die Motivation der Gläubiger entgegen Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343 (Fn. 12) nicht darin liegen, die Hinausverschmelzung behindern zu wollen. 469 Bei der Verschmelzung auf oder zur Neugründung einer ausländischen SE werden in der Literatur der mögliche Verlust des inländischen Gerichtsstands sowie der Umfang der mit der Verschmelzung einhergehenden Vermögensverlagerung ins Ausland als mögliche Argumente zur Glaubhaftmachung einer Forderungsgefährdung gesehen, vgl. Thümmel, Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) (2005), Rn. 92; Neye/Ch. Teichmann, AG 2003, 169, 175. 470 In der Begr. RegE zu § 122j UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 17 wird hingegen den Gerichten die Aufgabe zugewiesen, entsprechende Kriterien zu entwickeln. Kritisch hierzu zu Recht Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 4. 471 Zu Recht weisen Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 732 in diesem Zusammenhang auf die Erleichterung der Durchsetzung und Vollstreckung von titulierten

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c) Anwendbarkeit des § 23 UmwG? Als problematisch erweist sich bei Hinausverschmelzungen schließlich die Anwendbarkeit des § 23 UmwG zum Schutz der Inhaber von Sonderrechten.472 § 23 UmwG verpflichtet die übernehmende Gesellschaft, den Inhabern von Sonderrechten in der übertragenden Gesellschaft gleichwertige Rechte zu gewähren. Diese Verpflichtung träfe im Hinausverschmelzungsfall die übernehmende ausländische Gesellschaft und geht somit mangels Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers ins Leere. Jedenfalls bei der Hinausverschmelzung einer Aktiengesellschaft sind Sonderrechtsinhaber hingegen ausreichend durch ausländisches Recht geschützt. § 23 UmwG beruht für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften auf der zwingenden Vorgabe des Art. 15 Dritte Richtlinie. Dem § 23 UmwG entsprechende Regelungen finden sich für diese Verschmelzungen daher auch in den ausländischen Verschmelzungsrechten. Sie sind zu Gunsten der Sonderrechtsinhaber in der deutschen Gesellschaft zur Anwendung zu bringen. Soweit für andere Verschmelzungskombinationen eine entsprechende Vorschrift im ausländischen Recht nicht existiert oder bei Verschmelzungen unter Beteiligung unterschiedlicher Gesellschaftsformen eine Gleichwertigkeit der Sonderrechte durch die übernehmende Gesellschaft aus rechtlichen Gründen nicht zu gewährleisten ist, bleiben die Sonderrechtsinhaber jedoch ohne Ausgleich. Obwohl diese Schutzlücke für Mischverschmelzungen bereits bei innerstaatlichen Verschmelzungen aufgetreten ist, hat der Gesetzgeber sie offenbar erneut verkannt. Ähnlich dem für innerstaatliche Verschmelzungen teilweise befürworteten Abfindungsanspruch analog § 29 UmwG473, ist den Sonderrechtsinhabern der an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten übertragenden Gesellschaft gegebenenfalls ein widerspruchsunabhängiger Abfindungsanspruch analog § 122i Abs. 1 UmwG zu gewähren. 4. Zustimmung der Gesellschafterversammlung Besonderheiten für die Gesellschafterversammlung einer übertragenden Gesellschaft kann bei der Hinausverschmelzung § 51 UmwG mit sich brinForderungen im europäischen Ausland durch die EuGVVO hin. Ähnlich auch Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 343 sowie Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 4 f. 472 Ohne Weiteres hingegen von einer Anwendbarkeit des § 23 UmwG ausgehend Forsthoff, DStR 2006, 613, 615. 473 Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 23 Rn. 15; Bermel, in: Goutier/ Knopf/Tulloch, § 23 Rn. 15; a. A. Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 23 Rn. 13.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

gen. Soll eine AG, SE, KGaA oder GmbH auf das ausländische Pendant einer GmbH verschmolzen werden, kann das Mehrheitserfordernis nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 1 UmwG Bedeutung erlangen und die sonst üblichen Mehrheitserfordernisse verdrängen.474 § 51 Abs. 1 Satz 1 UmwG fordert für einen erfolgreichen Verschmelzungsbeschluss die Zustimmung aller anwesenden Anteilsinhaber einer übertragenden Gesellschaft, falls an der Verschmelzung eine GmbH als übernehmende Gesellschaft beteiligt ist, auf deren Geschäftsanteile nicht alle zu leistenden Einlagen in voller Höhe bewirkt wurden. Die Regelung kann mangels Kompetenz des Gesetzgebers keine Erfordernisse für den Verschmelzungsbeschluss ausländischer Gesellschaften aufstellen. Ihre Relevanz für die grenzüberschreitende Verschmelzung beschränkt sich daher auf den Fall, das ein ausländisches Pendant einer deutschen GmbH als aufnehmende Gesellschaft an der Verschmelzung mit einer deutschen Gesellschaft – AG, SE, KGaA – beteiligt ist, obwohl ihre Einlagen nicht in voller Höhe bewirkt wurden.475 Ob eine Einlage nicht in voller Höhe bewirkt wurde, richtet sich dabei nach dem auf die ausländische Gesellschaft anwendbaren Recht. Ist übertragende Gesellschaft eine GmbH, so bedarf der Verschmelzungsbeschluss nach § 51 Abs. 1 Satz 2 UmwG auch der Zustimmung der nicht erschienenen Gesellschafter. Die Zustimmungserklärungen der zur Gesellschafterversammlung nicht erschienenen Gesellschafter sind gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG notariell zu beurkunden. 5. Schutz der (Minderheits-)gesellschafter Die Vorgaben der VRL wurden bereits bei der Untersuchung der Hineinverschmelzung dargestellt.476 Der Schutz von Minderheitsgesellschaftern erlangt in Form des Barabfindungsangebots – auf Grund der Seltenheit einer Hineinverschmelzung zur Neugründung – nach § 122i UmwG hingegen vorrangig bei der Hinausverschmelzung Bedeutung.

474 Auf eine Verschmelzung zur Neugründung findet § 51 UmwG hingegen gemäß § 56 UmwG keine Anwendung. 475 Gleiches gilt im Übrigen auch für die ggf. nach § 51 Abs. 2 UmwG erforderliche Zustimmung einzelner Aktionäre einer übertragenden AG, SE oder KGaA; vgl. zur innerstaatlichen Rechtslage Ma. Winter, in: Lutter, UmwG (2004), § 51 Rn. 15 ff.; Zimmermann, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 51 Rn. 9 ff. 476 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. a).

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a) Abfindungsangebot der übertragenden Gesellschaft und Spruchverfahren zur Überprüfung und Verbesserung eines Abfindungsangebots Die Regelung des § 122i UmwG beruht auf der Ermächtigung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL477 und setzt zugleich die Anforderungen des Art. 10 Abs. 3 VRL um. Eine Hinausverschmelzung bringt nach § 122i Abs. 1 Satz 1 UmwG für die übertragende deutsche Gesellschaft die Verpflichtung mit sich, jedem Anteilsinhaber, der gegen den Verschmelzungsbeschluss der Gesellschaft Widerspruch zur Niederschrift erklärt, im Verschmelzungsplan478 oder – bei noch ausstehender notarieller Beurkundung – in seinem Entwurf den Erwerb seiner Anteile gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten.479 Um die Angemessenheit des Abfindungsangebots überprüfen zu lassen, kann von einem Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft gemäß §§ 122i Abs. 2 Satz 1, 34 UmwG ein Spruchverfahren beantragt werden, wenn dem die Anteilsinhaber der anderen an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen, dessen Rechtsvorschriften ein solches Abfindungsverfahren nicht vorsehen, im Verschmelzungsbeschluss ausdrücklich zustimmen.480 Wird die Zustimmung erteilt, kann eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss der übertragenden Gesellschaft nicht mehr darauf gestützt werden, dass die Abfindung zu niedrig bemessen oder nicht bzw. nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist.481 Ohne Zustimmung bleibt es bei der Möglichkeit, Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss 477

Begr. RegE zu § 122i UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 16. Das die Wahl des Ortes der Veröffentlichung des Angebotes den Anforderungen der VRL entspricht, wurde bereits unter 4. Teil A. III. 1. dargelegt. 479 Kritisch hierzu Kiem, WM 2006, 1091, 1098, der vorschlägt im Vorfeld der Verschmelzung ein freiwilliges Erwerbsangebot zu Gunsten der Anteilsinhaber der zu übertragenden Gesellschaft durchzuführen; Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI, DIHK und GDV zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, 4. Unklar dagegen Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 75 f., Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 731 sowie Kallmeyer, Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, GmbHR 2006, 418, 420, die einen ausreichenden Schutz der Minderheitsgesellschafter einer übertragenden deutschen Gesellschaft über § 29 UmwG gewährleistet sehen, wobei zweifelhaft bleibt, wie deutsches Recht die aufnehmende ausländische Gesellschaft in diesem Falle zur Abgabe eines Abfindungsangebots verpflichten soll. 480 Dazu, dass es sich – wie bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung – daher regelmäßig empfiehlt, die Gesellschafterversammlung der übertragenden deutschen Gesellschaft als letzte abzuhalten, siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (3). 481 Vgl. § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG i. V. m. § 32 UmwG. 478

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zu erheben. Die anhängige Klage verhindert gemäß § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG i. V. m. § 16 Abs. 2 UmwG die Eintragung der Verschmelzung durch das Registergericht. Ein Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG ist zulässig. Ist der Ablauf eines Barabfindungsangebots somit in den Grundzügen geklärt, blieben Detailfragen bisher unbeantwortet. Auch auf die Bedeutung der Barabfindung für die Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen sei ein kurzer Blick gerichtet. aa) Barabfindung als Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile und Bedeutung der Kapitalerhaltungsgrundsätze (1) Keine Relevanz nationalen Rechts Für die Annahme des Abfindungsangebots ist § 31 UmwG entsprechend anzuwenden.482 Danach kann das Angebot nur binnen zwei Monaten nach dem Tage angenommen werden, an dem die Eintragung der Verschmelzung im Register der übernehmenden Gesellschaft als bekanntgemacht gilt. Die Annahme des Abfindungsangebots erfolgt damit nach Wirksamwerden der Verschmelzung. Die Regelung sieht sich den gleichen Einwänden ausgesetzt wie die Parallelregelung bei Gründung einer SE durch Verschmelzung, Art. 7 SEAG.483 Zwar geht das im Verschmelzungsplan abgegebene Angebot bei Wirksamwerden der Hinausverschmelzung unproblematisch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die aufnehmende ausländische Gesellschaft über.484 Dass bei Annahme des Angebots durch die ehemaligen Anteilsinhaber aber nach § 122i Abs. 1 Satz 2 UmwG die deutschen Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile anwendbar sein sollen, leuchtet nicht ein. Im Zeitpunkt der Annahme des Angebots existiert die deutsche übertragende Gesellschaft nicht mehr. Die annehmenden Anteilsinhaber halten als Wirkung der Verschmelzung Anteile der ausländischen Gesellschaft.485 Inwieweit diese eigene Anteile zurückerwerben darf, wird durch das entsprechende ausländische Recht geregelt.486 Der Ver482

Vgl. § 122i Abs. 1 Satz 3 UmwG. Zur Problematik bei der SE Brandes, AG 2005, 177, 180; Louven/Dettmeier/ Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 10. 484 Begr. RegE zu § 122i UmwG, BT-Drucks. 16/2919, 16; Picot/Antropius, M&A Review 2007, 433, 436; Louven, ZIP 2006, 2021, 2026; Haritz/von Wolff, GmbHR 2006, 340, 342; Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 731. 485 Missverständlich Kiem, WM 2006, 1091, 1098. 486 So auch J. Vetter, AG 2006, 613, 623; Drinhausen, in: Semler/Stengel, UmwG (2007), § 122i Rn. 8; im Ergebnis auch Louven, ZIP 2006, 2021, 2026; a. A. zur Parallelregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SEAG-RegE, die später unverändert Ge483

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weis des § 122i Abs. 1 Satz 2 UmwG auf anwendbares nationales Recht versucht zu regeln, was von deutschem Recht nicht mehr zu regeln ist und ist somit – bei nächster Bereinigung des UmwG – zu streichen. Ebenso erweist sich der an gleicher Stelle zu findende Hinweis auf die Nichtanwendbarkeit von § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG sowie § 33 Abs. 2 Satz 3 GmbHG als überflüssig. Da deutsches Recht – wie aufgezeigt – den Rückerwerb der Anteile nicht regeln und somit auch nicht verbieten kann, wird der Rückerwerb der Anteile nicht, wie für die Anwendbarkeit von § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG bzw. § 33 Abs. 2 Satz 3 GmbHG vorausgesetzt, gegen dieses Recht verstoßen. (2) Anwendbarkeit ausländischen Rechts? Wird demnach der Barabfindungsanspruch aus § 122i Abs. 1 UmwG bzw. – nach Durchführung eines entsprechenden Spruchverfahrens – aus § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG i. V. m. § 34 UmwG der Höhe nach durch ausländisches Kapitalerhaltungsrecht begrenzt? Einer solchen Begrenzung widerspricht für die im Spruchverfahren ermittelte Barabfindung der Vorgabe des Art. 10 Abs. 3 Satz 3 VRL, nach der das Ergebnis eines solchen Verfahrens für die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft verbindlich ist. Aber auch ohne Spruchverfahren kann nichts anderes gelten. Weder ist Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL die Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers zu entnehmen, den Schutz der Minderheitsgesellschafter inländischer Gesellschaften unter Übergehung ausländischen Kapitalerhaltungsrechts regeln zu dürfen, noch beschränkt selbige Vorschrift den Gesetzgeber darin, ein Barabfindungsangebot als typische Form des Schutzes der Minderheitsgesellschafter vorzusehen. Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VRL erkennt diese Form des Gesellschafterschutzes vielmehr an. Eine richtlinienkonforme Auslegung hat dann dafür Sorge zu tragen, den vorgesehenen Schutz der Minderheitsgesellschafter, zugleich aber auch die Integrität ausländischen Kapitalerhaltungsrechts zu gewährleisten. In Übertragung des hier bereits im Zusammenhang mit dem Zuzahlungsanspruch zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vertretenen Konzepts487 ist ein Barabfindungsanspruch danach insoweit und solange in seiner Durchsetzbarkeit gehemmt, wie nach ausländischem Kapitalerhaltungsrecht keine frei verfügbaren Mittel zu seiner Erfüllung bereitstehen. Im Unterschied zur neugegründeten deutschen Gesellschaft bei einer Hineinverschmelzung488 ist eine aufnehmende oder neue setz geworden ist Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 250. 487 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (1) (b). 488 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (2).

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ausländische Gesellschaft bei der Hinausverschmelzung jedoch nach deutschem Recht nicht zur Verzinsung der Barabfindung entsprechend §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 2 UmwG verpflichtet. Dem deutschen Gesetzgeber kommt diesbezüglich keine Regelungskompetenz zu. bb) Inländischer Gerichtsstand des Spruchverfahrens? Oechsler weist mit der fraglichen Existenz eines inländischen Gerichtsstandes für die Durchführung des Spruchverfahrens auf ein – vermeintlich – weiteres Problem der Barabfindung hin, das im Ablauf des Barabfindungsverfahrens begründet liege.489 § 4 Abs. 1 Nr. 5 SpruchG erlaubt die Beantragung des in § 122i UmwG vorgesehenen Spruchverfahrens binnen drei Monaten seit dem Tag, an dem die Verschmelzung nach den Vorschriften des Staates, dessen Recht die übertragende oder neue Gesellschaft unterliegt, als bekanntgemacht gilt, also nach Wirksamwerden der Verschmelzung. Zu diesem Zeitpunkt bestehe ein zur Ermittlung des nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SpruchG zuständigen Landgerichts erforderlicher Sitz der Gesellschaft im Inland – gemeint ist der in der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag festgelegte Sitz490 – nicht mehr.491 Es bliebe daher nur der Weg, in den Anerkennungsbeschlüssen der ausländischen Verschmelzungspartner zugleich ein Angebot zur Vereinbarung des sich bei innerstaatlichen Verschmelzungen aus § 2 Abs. 1 SpruchG ergebenden Gerichtsstands zu sehen; das Angebot könnte dann nach Wirksamwerden der Verschmelzung von den Antragsberechtigten durch die Antragstellung angenommen werden.492 Dem ist nicht zuzustimmen. Bereits für die innerstaatliche Verschmelzung wird § 2 SpruchG in der Weise ausgelegt, dass im Falle eines Antrags auf Durchführung des Spruchverfahrens nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 SpruchG das Landgericht zuständig ist, in dessen Bezirk der durch die Verschmelzung erloschene Rechtsträger seinen Sitz hatte.493 Es ist zur eindeutigen Bestimmung eines Gerichtsstands daher ausreichend und in Vermeidung einer umständlichen Vertragskonstruktion auch als vorzugswürdig zu erachten, § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG – gleich der Einordnung des Art. 25 Abs. 3 489

Oechsler, NZG 2006, 161, 164 f. Klöckner/Frowein, SpruchG (2004), § 2 Rn. 2; Volhard, in: MünchKomm. zum AktG – Band 9/1 (2004), § 2 SpruchG Rn. 2; Krieger, in: Lutter, UmwG (2004), Band II, Anhang I, § 2 SpruchG Rn. 3. 491 Oechsler, NZG 2006, 161, 164 f. 492 Oechsler, NZG 2006, 161, 164 f. 493 Wasmann, in: KK-SpruchG (2005), § 2 Rn. 6; Klöckner/Frowein, SpruchG (2004), § 2 Rn. 2; Volhard, in: MünchKomm. zum AktG – Band 9/1 (2004), § 2 SpruchG Rn. 1. 490

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SE-VO494 – als international-zivilprozessuale Zuständigkeitsvorschrift zu deuten, die bei Anerkennung des inländischen Spruchverfahrens durch die Gesellschafterversammlungen der ausländischen Verschmelzungspartner zur Zuständigkeit des Landgerichts am Sitz der übertragenden Gesellschaft nach § 2 SpruchG führt.495 Als wenig problematisch gestaltet es sich dann, die Zuständigkeit deutscher Gerichte auch in den – seltenen – Fällen zu sichern, in denen eine Anerkennung des Spruchverfahrens durch die Gesellschafterversammlungen der ausländischen Gesellschaften nicht erforderlich ist, ein Spruchverfahren also auch im Ausland bekannt ist. Zwar spricht nichts dagegen, den deutschen Gerichtsstand auch hier über anerkennende Beschlüsse der ausländischen Gesellschafterversammlungen zu begründen.496 Erforderlich ist ein solches Vorgehen aber nicht. Unabhängig davon, ob Beschlüsse erfolgreich eingeholt werden könnten oder nicht, ergibt sich die Zuständigkeit deutscher Gericht zur Durchführung des Spruchverfahrens bereits aus Art. 5 Abs. 1 a) EuGVVO.497 Daneben steht den barabfindungsberechtigten Gesellschaftern der deutschen Gesellschaft nach Artt. 2 Abs. 1, 60 Abs. 1 EuGVVO der Weg offen, das Spruchverfahren vor dem ausländischen Gericht durchführen zu lassen.498 cc) Die Barabfindung als Stolperstein zukünftiger Hinausverschmelzungen? Die Verpflichtung zur Barabfindung der der Verschmelzung widersprechenden Anteilsinhaber belastet bei der Hinausverschmelzung die aufnehmende ausländische Gesellschaft. Sie muss die Abfindung zahlen, deren Höhe im Voraus kaum zu kalkulieren ist und im schlechtest denkbaren Fall – der in praxi freilich kaum eintreten wird – einen Liquiditätsabfluss von annähernd 25 % des Unternehmenswertes betragen kann.499 Bereits die Parallelregelung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO ist in der Vergangenheit zudem 494 Vgl. Schäfer, in: MünchKomm. zum AktG (2006), Art. 20 SE-VO Rn. 33, Art. 24 Rn. 15; zum österreichischen Recht auch Hügel, in: Kalss/Hügel, SEKomm. (2004), §§ 21, 22 SEG Rn. 25. 495 So für § 122h Abs. 1 UmwG H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 84. 496 So bereits zur SE Schäfer, in: MünchKomm. zum AktG (2006), Art. 20 SE-VO Rn. 34, Art. 24 Rn. 16. 497 Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 840, 842; a. A. wohl H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 85. 498 Simon/Rubner, Der Konzern 2006, 835, 840 f., 842; H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 85. 499 J. Vetter, AG 2006, 613, 623; zur SE ausführlich bereits ders., in: Lutter/ Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 144 f.

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vielfach dafür kritisiert geworden, dass sie auf Grund der für die ausländische Gesellschaft negativen Kostenregelung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG500 sowie der einseitigen Vorteilhaftigkeit des Spruchverfahrens für die Anteilsinhaber der inländischen Gesellschaften501 zu einer faktischen Sperre des Spruchstellenverfahrens führe. Gleiches wird nun gegen § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG vorgebracht.502 Man wird ohne Zweifel sagen dürfen, dass die Zustimmung der Gesellschafter der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft zur Durchführung eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung einer Barabfindung nicht als bloße Formalie bei zukünftigen Hinausverschmelzungen vorausgesetzt werden kann. Für die Kontrolle der Barabfindung von einer faktischen Sperre des Spruchverfahrens bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen auszugehen, erscheint hingegen nicht angebracht.503 Im Gegensatz zum Spruchverfahren zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses resultiert der weit überwiegende Teil der finanziellen Belastung der aufnehmenden Gesellschaft hier nicht aus dem Spruchverfahren, sondern aus dem zwingend in den Verschmelzungsplan aufzunehmenden Barabfindungsangebot.504 Die mit einer Zustimmung zum Spruchverfahren drohende zusätzliche Belastung der Gesellschaft ist hingegen vergleichsweise gering. Es liegt in den Händen deutscher Gesellschaften, auf die Akzeptanz des Spruchverfahrens bei ihren ausländischen Verschmelzungspartnern hinzuwirken. Um die Chancen einer Zustimmung der Anteilsinhaber der ausländischen Verschmelzungspartner zum ihnen meist unbekannten Spruchverfahren zu erhöhen, sollten die vorteilhaften Auswirkungen der Regelung auf eine zügige Durchführung der Verschmelzung daher frühzeitig gegenüber den Verschmelzungspartnern und ihren Anteilsinhabern kommuniziert werden.505 Stellt man der durch ein Spruchverfahren drohenden Belastung die Gefahr der Blockade der gesamten Verschmelzung durch die Geltendmachung von Bewertungsrügen im Wege der Anfechtungsklage gegenüber, sollten die Anteilsinhaber der ausländischen Gesellschaft für eine Zustimmung zu gewinnen sein.506 500

Schwarz, SE-VO, Art. 25 Rn. 30. Ch. Teichmann, ZGR 2002, 383, 428. 502 Skeptisch, was die Chancen einer Zustimmung angeht Kiem, WM 2006, 1091, 1097 f.; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 406. 503 Optimistischer auch J. Vetter, AG 2006, 613, 623. 504 J. Vetter, AG 2006, 613, 623. 505 Oechsler, NZG 2006, 161, 164. 506 J. Vetter, AG 2006, 613, 623. Der gemeinsame Vertreter, der mit Einführung eines § 6c SpruchG bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen die Interessen der Anteilsinhaber ausländischer Gesellschaften im Spruchverfahren vertreten soll, wird den Willen zur Zustimmung hingegen kaum fördern. 501

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Es bleibt die nicht unerhebliche und nur schwer abschätzbare Belastung, die der ausländischen Gesellschaft bereits aus der Barabfindung an sich droht. Die Vermutung liegt nicht fern, dass deutsche Gesellschaften das Risiko einer Barabfindung als Argument für eine Hineinverschmelzung zur Aufnahme oder – solange sich die Rechtsform der deutschen übertragenden Gesellschaft dabei nicht ändert507 – einer Hineinverschmelzung zur Neugründung statt einer Hinausverschmelzung in die Verschmelzungsverhandlungen einbringen werden.508 Die Überzeugungskraft des Vorbringens ist freilich differenziert zu beurteilen und wird in erster Linie von den Voraussetzungen des Einzelfalles – der Gesellschafterstruktur, der Anzahl der Minderheitsgesellschafter, der maximal zu erwartenden Kostenbelastung, der Liquidität der aufnehmenden Gesellschaft etc. –, insbesondere aber von den gesellschafterschützenden Regelungen der parallel anwendbaren ausländischen Rechtsordnung abhängig sein. Fest steht daneben auch, dass zwar die andernfalls drohende Barabfindung für eine Hineinverschmelzung spricht, andererseits – wie aufgezeigt509 – eine Blockade des Verschmelzungsverfahrens durch im Anfechtungsverfahren im Hinblick auf das Umtauschverhältnis geltend gemachte Bewertungsrügen gerade im Fall der Hineinverschmelzung droht. Die nationale Verschmelzungspraxis behilft sich hier in aller Regel mit Vergleichen, die die Verschmelzung retten, dabei aber wiederum Kosten verursachen. Für grenzüberschreitende Verschmelzungen wird mittlerweile in gleicher Weise vorgegangen.510 b) Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses Bezüglich eines möglichen Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch bare Zuzahlung gelten weitgehend die bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung gemachten Ausführungen.511 Zur Problematik der Bestimmung eines inländischen Gerichtsstands zur Durchführung des Spruchverfahrens gilt das zum Spruchverfahren zur Verbesserung des Abfindungsangebots Gesagte.512 Zwei verbleibende Be507 Zur andernfalls erforderlichen Barabfindung bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (2). 508 Ähnlich J. Vetter, AG 2006, 613, 623, der allerdings auch eine Hineinverschmelzung zur Neugründung stets ohne Barabfindung für durchführbar hält. 509 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (1) (c). 510 So etwa bei der Verschmelzung zur Allianz SE, vgl. http://www.allianz.com/ de/allianz_gruppe/investor_relations/investor_news/investor_relations_mitteilungen/ archiv_2006/page7.html. 511 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (1). 512 Siehe unter 4. Teil A. III. 5. a) bb).

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sonderheiten des Spruchverfahrens zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses bei Hinausverschmelzungen bedürfen jedoch der Erläuterung. aa) Anwendbarkeit ausländischen Kapitalerhaltungsrechts Die Problematik um die Begrenzung des Zuzahlungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 UmwG durch Kapitalerhaltungsvorschriften wird um einen weiteren Gesichtspunkt erweitert. Bei der Hinausverschmelzung ist die aufnehmende/ neue ausländische Gesellschaft Schuldnerin des Anspruchs. Nicht die deutschen, sondern die Kapitalerhaltungsregelungen ihres Mitgliedstaates treten demnach in Konflikt zum Zuzahlungsanspruch.513 Wird man zugleich Art. 10 Abs. 3 Satz 3 VRL nicht die Verpflichtung der Mitgliedstaaten entnehmen können, neben der zwingenden Verbindlichkeit im Ausland durchgeführter Spruchverfahren gar deren Vorrang vor den eigenen Kapitalerhaltungsvorschriften einzuführen, wird der zur innerstaatlichen Verschmelzung und der Hineinverschmelzung zur Neugründung gefundene Kompromiss auch auf die Hinausverschmelzung Anwendung finden müssen, will man im Ausland der Vorgabe des Art. 10 Abs. 3 Satz 3 VRL gerecht werden.514 Die Durchsetzbarkeit des Zuzahlungsanspruchs der Gesellschafter der deutschen übertragenden Gesellschaft aus § 15 Abs. 1 UmwG ist bei der Hinausverschmelzung daher insoweit und solange gehemmt wie der übernehmenden Gesellschaft nach ihren ausländischen Kapitalerhaltungsregelungen keine Mittel zur freien Verfügung stehen, um den Anspruch zu erfüllen. bb) Anwendbarkeit deutschen Rechts, wenn ausländisches Recht Spruchverfahren kennt? Gänzlich zweifelhaft erscheint die Anwendbarkeit des § 15 UmwG, sobald ausländisches Recht die Überprüfung des Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren selbst vorsieht. Letztlich wird man den Anspruch auf eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses nur dann dem deutschen Recht entnehmen dürfen, wenn hierzu auch die Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaften eingeholt wird, deren Rechtsordnungen ein Spruchverfahren ebenfalls kennen.515 Dem deutschen Gesetzgeber 513 J. Vetter, AG 2006, 613, 623; zur Verschmelzung zur SE ders., in: Lutter/ Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 128; an der Anwendbarkeit deutschen Rechts zweifelnd auch H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 87. 514 So zur Parallelregelung bei der Verschmelzung zur SE, Art. 25 Abs. 3 Satz 3 SE-VO, bereits J. Vetter, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 111, 128. 515 Offenlassend H.-F. Müller, Der Konzern 2007, 81, 85.

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kommt in anderen Fällen nicht die Kompetenz zu, die ausländische aufnehmende Gesellschaft zur baren Zuzahlung zu verpflichten. Nach dem der VRL zu Grunde liegenden kollisionsrechtlichen Ansatz ist vielmehr davon auszugehen, dass der im Ausland gewährte Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses allen Gesellschaftern der aufnehmenden Gesellschaft unabhängig von ihrer Provenienz zusteht.516 c) Nachgeschalteter Gesellschafterschutz: Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG? Bereits originär umwandlungsrechtlicher Gesellschafterschutz kann zum entscheidenden Hindernis bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung werden. Zudem werden Hineinverschmelzungen zur Aufnahme bei bisheriger Handhabung des übernahmerechtlichen Gesellschafterschutzes faktisch gesperrt, sobald ein Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft im Wege der Verschmelzung nach §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die aufnehmende Gesellschaft erlangen würde und sich demnach zur Abgabe eines Pflichtangebots gezwungen sähe. Für die Hinausverschmelzung kann selbiges Verschmelzungshindernis zu Lasten eines Gesellschafters der übertragenden deutschen Gesellschaft aus der Anwendungspraxis des ausländischen Übernahmerechts folgen. Die bei der Hineinverschmelzung zum deutschen Übernahmerecht gemachten Ausführungen gelten dann für das Übernahmerecht anderer Mitgliedstaaten der EU entsprechend.517 d) Fazit zum Gesellschafterschutz und mögliche Verschmelzungsstrategien Zusammenfassend lässt sich der für grenzüberschreitende Verschmelzungen im deutschen Recht vorgesehene Gesellschafterschutz als konsequente Fortführung des bisherigen Verschmelzungsrechts beschreiben, der zugleich einen nicht unerheblichen Stein in den Weg der erfolgreichen Durchführung zukünftiger grenzüberschreitender Verschmelzungen legt. Ein Aufgreifen der schon bisher am System des Gesellschafterschutzes geübten Kritik durch den Gesetzgeber wäre an dieser Stelle wünschenswert gewesen. Darüber hinaus lässt sich ein pauschales Pro oder Contra Hinein- bzw. Hinausverschmelzung allein aus dem deutschen Gesellschafterschutz nicht ablei516 Siehe hierzu die in der umgekehrten Konstellation der Hineinverschmelzung gemachten Ausführungen unter 4. Teil A. II. 11. b) cc) (2). 517 Vgl. zur Anwendbarkeit des § 35 WpÜG bei der Hineinverschmelzung unter 4. Teil A. II. 11. c).

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ten. Der Einzelfall wird hier ausschlaggebend sein. Geht man von geringeren Anforderungen des umwandlungsrechtlichen Gesellschafterschutzes in der Rechtsordnung des Verschmelzungspartners aus, macht also die strategischen Überlegungen zum Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft allein von den hohen Hürden des deutschen umwandlungsrechtlichen Gesellschafterschutzes abhängig und blendet zudem andere entscheidungserhebliche Faktoren, etwa Fragen der Mitbestimmung, der gesellschaftspolitischen Akzeptanz der einzelnen Verschmelzungsvarianten in den Heimatstaaten oder aber einen eventuell greifenden nachgelagerten übernahmerechtlichen Gesellschafterschutz aus, bieten sich folgende Verschmelzungsstrategien an: – die Hineinverschmelzung ohne Zustimmung zur Durchführung eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses für Gesellschaften, die eine höchstmögliche Planungssicherheit hinsichtlich zusätzlicher finanzieller Belastungen anstreben und diese zugleich minimieren wollen, dabei aber bereit sind, die Durchführbarkeit der Verschmelzung zu riskieren und die Auseinandersetzung mit anfechtenden Gesellschaftern über einen Vergleich zu lösen, – die Hineinverschmelzung518 mit Zustimmung des ausländischen Verschmelzungspartners zur Durchführung eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses für Gesellschaften, die die Durchführbarkeit der Verschmelzung nicht riskieren wollen und dafür bereit sind, eine nur schwer kalkulierbare zusätzliche finanzielle Belastung einzugehen; abhängig vom im Ausland gewährten Schutz der Minderheitsgesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft kann es sich zur Erhöhung der Planungssicherheit hierbei anbieten, als aufnehmende deutsche Gesellschaft im Vorfeld der Verschmelzung ein freiwilliges Erwerbsangebot zu Gunsten der Minderheitsgesellschafter der übertragenden Gesellschaft abzugeben und die potentiell Barabfindungsberechtigten auf diese Weise zu reduzieren519, – die Hinausverschmelzung mit Zustimmungen zur Durchführung von Spruchverfahren zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses sowie der Barabfindung für Gesellschaften, die aus anderen Gründen – etwa aus Fragen zukünftiger Mitbestimmung oder der im Vergleich geringen Größe des deutschen Verschmelzungspartners – eine Hinausverschmelzung bevorzugen, diese sicher durchführen wollen und dafür bereit sind, eine in ihrer Höhe unbekannte Verbindlichkeit einzugehen; zur Erhöhung 518 Gemeint sei hier die Hineinverschmelzung zur Aufnahme und die Hineinverschmelzung zur Neugründung bei identischer Rechtsform von übertragender und neuer deutscher Gesellschaft. 519 Kiem, WM 2006, 1091, 1098.

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der Planungssicherheit bietet es sich dabei an, als aufnehmende ausländische Gesellschaft ein freiwilliges Erwerbsangebot zu Gunsten der Minderheitsgesellschafter der übertragenden deutschen Gesellschaft abzugeben520, – die Hinausverschmelzung ohne Zustimmung zur Durchführung eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses521 für Gesellschaften, die die Verschmelzung nicht um jeden Preis durchführen wollen und bereit sind, das Risiko einer Einigung auf dem Vergleichswege einzugehen; auch hier bietet sich im Vorfeld der Verschmelzung ein freiwilliges Erwerbsangebot der übernehmenden ausländischen Gesellschaft an. 6. Rechtmäßigkeitsprüfung Die erste Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung ist für die Hinausverschmelzung in § 122k UmwG geregelt. Es kann weitgehend auf die Ausführungen zur Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Hineinverschmelzung verwiesen werden.522 Das Gesetz stellt für die Hinausverschmelzung jedoch in § 122k Abs. 1 Satz 3 UmwG eine zusätzliche Anforderung auf. Die Mitglieder des Vertretungsorgans der übertragenden deutschen Gesellschaft haben die nach § 314a UmwG strafbewehrte Versicherung abzugeben, dass allen Gläubigern, die nach § 122j UmwG einen Anspruch auf Sicherheitsleistung haben, eine angemessene Sicherheit geleistet wurde, andernfalls eine Rechtmäßigkeitsbescheinigung nicht ausgestellt werden kann.523 Von zumindest zweifelhafter Relevanz ist bei der Hinausverschmelzung die Vorschrift des § 122k Abs. 3 UmwG, die das Vertretungsorgan der übertragenden Gesellschaft zur fristgemäßen Vorlage der Rechtmäßigkeitsbescheinigung bei der zuständigen ausländischen Stellen verpflichten möchte.524 Das Bedürfnis einer fristgerechten Einreichung der Bescheinigung ergibt 520

Kiem, WM 2006, 1091, 1098. Demgegenüber dürfte es für die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft wenig Sinn machen, die Zustimmung zur Durchführung eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Verbesserung der Barabfindung zu verweigern, vgl. 4. Teil A. III. 5. a) cc). 522 Siehe unter 4. Teil A. II. 8. 523 Zur fehlenden Richtlinienkonformität dieser Regelung siehe unter 4. Teil A. III. 3. b). 524 Vgl. Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 730, die § 122k Abs. 3 UmwG bei der Hinausverschmelzung für unbeachtlich halten, da sich die zweite Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung in diesem Falle allein nach dem entsprechenden ausländischen Recht richte. 521

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sich bereits aus dem anwendbaren ausländischen Registerrecht. § 122k Abs. 3 UmwG kommt daher wohl eher deklaratorische Bedeutung zu. Die Hinausverschmelzung einer AG, SE oder KGaA auf eine ausländische AG, SE oder KGaA erfordert daneben nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 71 Abs. 1 Satz 2 UmwG die Anzeige der Inbesitznahme der Aktien und der im Verschmelzungsplan vorgesehenen baren Zuzahlung durch einen eingeschalteten Treuhänder beim Registergericht. Die Kontrolle der Gewährung des gesetzlich vorgesehenen Schutzes der Minderheitsgesellschafter schließt zudem ein nach § 122i Abs. 1 Satz 1 UmwG im Verschmelzungsplan unterbreitetes Barabfindungsangebot ein. Für die zweite Stufe der Rechtmäßigkeitsprüfung kann auf die Ausführungen zur Hineinverschmelzung verwiesen werden.525 7. Eintragung und Wirksamwerden der Verschmelzung Bei einer Hinausverschmelzung richtet sich der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung – unter der Einschränkung der Beendigung der Rechtmäßigkeitsprüfung – nach den entsprechenden Vorschriften des Mitgliedstaates, dem die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt.526 Das deutsche Registergericht hat seine Eintragung der Verschmelzung daher gemäß § 122k Abs. 2 Satz 3 UmwG mit dem Vermerk zu versehen, dass die Verschmelzung unter den Voraussetzungen des Rechts des Staates wirksam wird, dem die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt. Nicht ganz ohne Zweifel ist dabei, ob sich eine solche Eintragung mit Vorläufigkeitsvermerk mit den Vorgaben der Art. 12, 13 VRL vereinbaren lässt.527 Jedenfalls wird man Art. 13 Satz 3 VRL zu entnehmen haben, dass eine Löschung der übertragenden Gesellschaft erst dann vorgenommen werden darf, wenn die Benachrichtigung über das Wirksamwerden der Verschmelzung durch das ausländische Register der aufnehmenden oder neuen Gesellschaft beim Handelsregister eingeht. Zugleich hat das deutsche Registergericht gemäß § 122k Abs. 4 UmwG den Tag des Wirksamwerdens zu vermerken und die bei ihm aufbewahrten elektronischen Dokumente an das ausländische Register zu übermitteln.528 Die 525

Siehe unter 4. Teil A. II. 8. Vgl. Art. 12 Satz 1 VRL. 527 Vgl. die ausführlichen Ausführungen bei Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) (2004), 267 ff., der es für die Verschmelzung zur SE letztlich offen lässt, ob eine Eintragung mit Vorläufigkeitsvermerk mit Art. 28 SE-VO zu vereinbaren ist. 528 Zu möglichen Problemen bei der Zusendung an die zuständigen ausländischen Stellen vgl. Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38, 71. 526

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Eintragung der grenzüberschreitenden Verschmelzung ist bei einer Hinausverschmelzung demnach zweiaktig ausgestaltet. Sowohl die Eintragung der Verschmelzung mit dem Vermerk des § 122k Abs. 2 Satz 3 UmwG als auch die Eintragung des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Verschmelzung sind daher in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 UmwG bekannt zu machen. 8. Rechtsfolgen der Verschmelzung Es kann weitgehend auf die Ausführungen zu den Rechtsfolgen einer Hineinverschmelzung verwiesen werden.529 Der Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge richtet sich entsprechend der zur Hineinverschmelzung aufgestellten Grundsätze sowohl nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG als auch nach der entsprechenden Regelung des ausländischen Rechts. Die deutsche Gesellschaft erlischt gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft werden nach den § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG entsprechenden Vorschriften des Rechts der aufnehmenden bzw. neuen Gesellschaft Anteilsinhaber dieser Gesellschaft. Ob dabei die Rechte Dritter an den Anteilen der übertragenden deutschen Gesellschaft an den Anteilen der übernehmenden Gesellschaft fortbestehen, ist davon abhängig, ob das anwendbare Recht eine dem § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG vergleichbare Vorschrift kennt. Die Rechtsfolgen bei einem Zusammentreffen unvereinbarer Verpflichtungen – für die Hineinverschmelzung in §§ 122a Abs. 2, 21 UmwG geregelt – ist ebenfalls dem ausländischen Recht zu entnehmen. Schließlich richtet sich auch der von Art. 17 VRL geforderte Bestandsschutz der Verschmelzung bei der Hinausverschmelzung nach dem Recht der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft.

IV. Die unternehmerische Mitbestimmung nach grenzüberschreitenden Verschmelzungen Die unterschiedlichsten Ausprägungen der Mitbestimmung in den Mitgliedstaaten der EU waren lange Zeit Hindernis auf dem Weg zur Ermöglichung grenzüberschreitender Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften.530 Erst der auf dem Gipfel von Nizza gefundene Mitbestimmungskom529

Siehe unter 4. Teil A. II. 10. Vgl. Erwägungsgrund (5) der Richtlinie 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer: „Angesichts der in den Mitgliedstaaten bestehenden Vielfalt an Regelungen und Ge530

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4. Teil: Die praktische Durchführung

promiss zur Komplettierung des SE-Statuts schaffte die entscheidende Voraussetzung zur Verabschiedung der VRL.531 Art. 16 Abs. 3 VRL verweist so auch weitgehend auf die Richtlinie 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer532 (SE-RL). Der deutsche Gesetzgeber setzt die Vorgaben des Art. 16 VRL vorrangig mit dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen (MgVG) um, das am 29. Dezember 2006 in Kraft getreten ist.533 Das MgVG regelt ausschließlich die unternehmerische Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft534, wie § 2 Abs. 7 MgVG in Umsetzung der Art. 16 Abs. 2, 3 h) VRL zu entnehmenden Beschränkungen klarstellt. Betriebliche Beteiligungsrechte in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft richten sich hingegen nach deren Sitzrecht.535 Der persönliche Geltungsbereich des Gesetzes wird durch § 3 Abs. 1 MgVG festgelegt. Die Vorschriften des Gesetzes gelten je nach ihrem individuellen Regelungsbereich für eine aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, für alle an der Verschmelzung beteiligten inländischen Gesellschaften, Tochtergesellschaften und Betriebe sowie vor und nach der Verschmelzung für alle im Inland beschäftigten Arbeitnehmer. Sachlich regelt das MgVG lediglich die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Kapitalgesellschaften, wie §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 MgVG deutlich macht.

pflogenheiten für die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter an der Beschlussfassung in Gesellschaften ist es nicht ratsam, ein auf die SE anwendbares einheitliches europäisches Modell der Arbeitnehmerbeteiligung vorzusehen.“. 531 Kisker, RdA 2006, 206; Nagel, NZG 2006, 97; Wiesner, DB 2005, 91. 532 Richtlinie 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft des Rates hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer vom 8.10.2001, ABlEG Nr. L 294, 22 ff. 533 Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten vom 21. Dezember 2006, BGBl. I-2006, 3332 ff. Daneben macht die Umsetzung des Art. 16 VRL kleinere Anpassungen des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie des Aktiengesetzes erforderlich, vgl. BGBl. I-2006, 3332, 3341 f. 534 Habersack, ZHR 171 (2007), 613, 624; Lunk/Hinrichs, NZA 2007, 773, 775; Schubert, RdA 2007, 9; zur VRL Kisker, RdA 2006, 206, 209; Nagel, NZG 2006, 97, 98. 535 Kisker, RdA 2006, 206, 209. Vgl. auch Erwägungsgrund (12) der VRL, der für Rechte der Arbeitnehmer abseits der unternehmerischen Mitbestimmung auf das Sitzrecht der aus der Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft sowie die Umsetzungen der Massenentlassungsrichtlinie, der Richtlinie zum Betriebsübergang, der Rahmenrichtlinie zur Anhörung und Unterrichtung der Arbeitnehmer sowie der Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat verweist.

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1. Das Verfahren zur Aushandlung der Mitbestimmung im Überblick536 Wollen EU-Kapitalgesellschaften zukünftig grenzüberschreitend verschmelzen, kommen unter sehr engen Voraussetzungen die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen im Sitzstaat der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zur Anwendung.537 Weitaus häufiger werden Verhandlungen zwischen Arbeitnehmervertretern und den Leitungen der verschmelzenden Gesellschaften zur Aushandlung der Mitbestimmung erforderlich sein (Vorrang der Verhandlungslösung)538. Erst wenn Verhandlungen scheitern greift im Grundsatz eine gesetzlich vorgesehene Auffangregelung, die das höchste Mitbestimmungsniveau in den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften für die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft bewahrt (Vorher-Nachher-Prinzip539). Die Arbeitnehmer werden in der regelmäßig erforderlichen Aushandlung der Mitbestimmung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 MgVG540 durch ein besonderes Verhandlungsgremium (BVG) vertreten. Das BVG ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 MgVG auf Grund schriftlicher Aufforderungen der Unternehmensleitungen zu bilden; die Aufforderung umfasst die Information der Arbeitnehmervertretungen und Sprecherausschüsse aller beteiligten Gesellschaften, betroffenen Tochtergesellschaften und Betriebe und – soweit keine Arbeitnehmervertretungen bestehen – auch der Arbeitnehmer über das Verschmelzungsvorhaben und erfolgt unverzüglich nach Offenlegung des Verschmelzungsplans (§ 6 Abs. 2 MgVG541). Nach § 7 MgVG werden die in jedem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer pro angefangenem Zehnprozentanteil an der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeit536 Das Verfahren entspricht dem bei der Gründung einer SE und soll daher hier nur skizziert werden; ausführlich Lunk/Hinrichs, NZA 2007, 773, 775 ff. Vgl. auch zu den entsprechenden Regelungen der Richtlinie 2001/86/EG und ihrer Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber im SEBG Steinberg, Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (2006), 115 ff.; Nagel/Freis/Kleinsorge, Kommentar zum SEBG (2005); Oetker, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 277, 290 ff. 537 Vgl. Art. 16 Abs. 1 VRL, der den Einschränkungen des Art. 16 Abs. 2 VRL unterliegt; hierzu ausführlich unter 4. Teil A. IV. 2. a), b). 538 Kisker, RdA 2006, 206; Nagel, NZG 2006, 97, 98. 539 Kisker, RdA 2006, 206. 540 In Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 a) VRL i. V. m. Art. 3 Abs. 1, 2 Richtlinie 2001/86/EG. 541 In Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 a) VRL i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/86/EG. Gemäß der Vorgabe des Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/86/EG regelt § 6 Abs. 3, 4 MgVG detailliert die inhaltlichen Anforderungen an die Information der Arbeitnehmervertreter bzw. Arbeitnehmer.

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nehmer durch ein Mitglied im BVG vertreten; gleichzeitig wird in § 7 Abs. 2, 3 MgVG dafür Sorge getragen, dass grundsätzlich jede im Wege der Verschmelzung zu übertragende Gesellschaft durch mindestens ein Mitglied im BVG vertreten ist.542 § 13 Abs. 1 Satz 1 MgVG sieht die Wahl oder Bestellung der Mitglieder des BVG innerhalb von zehn Wochen nach der in § 6 Abs. 2, 3 MgVG vorgesehenen Information vor. Die Vertreter der in Deutschland tätigen Arbeitnehmer werden durch ein speziell zu diesem Zweck zu errichtendes Wahlgremium in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 MgVG).543 Mitglieder des Wahlgremiums, das nach § 10 Abs. 6 Satz 1 MgVG aus höchstens 40 Mitgliedern besteht, sind die Mitglieder der Konzernbetriebsräte der an der Verschmelzung beteiligten inländischen Unternehmensgruppen oder – sofern solche nicht bestehen – die Mitglieder der Gesamtbetriebsräte der inländischen Unternehmen oder – sofern solche nicht bestehen – die Mitglieder der Betriebsräte (vgl. § 10 Abs. 2, 3, 4, 5 MgVG). Nach der Wahl der Mitglieder des BVG durch das Wahlgremium hat dieses den Unternehmensleitungen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 MgVG die Namen, Anschriften und Betriebszugehörigkeiten der gewählten Mitglieder unverzüglich mitzuteilen. Die Leitungen ihrerseits laden gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MgVG nach Benennung der Mitglieder des BVG oder mit Ablauf der zehnwöchigen Frist zur Wahl des BVG zur konstituierenden Sitzung des BVG ein. Die Verhandlungen zwischen BVG und allen beteiligten Unternehmensleitungen können gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 MgVG zunächst bis zu sechs Monate ab Einsetzung des BVG, d. h. nach § 21 Abs. 1 Satz 2 MgVG ab dem Tag, zu dem die Leitungen zur konstituierenden Sitzung des BVG eingeladen haben, andauern. Sie sind im Einvernehmen der Verhandlungsparteien nach § 21 Abs. 2 MgVG auf bis zu ein Jahr verlängerbar. Am Ende der Verhandlungen sollte eine Verhandlungslösung stehen, deren Mindestinhalt § 22 MgVG544 zu entnehmen ist und dem das BVG mit der Mehrheit seiner Mitglieder, die zugleich die Mehrheit der Arbeitnehmer vertreten, zuzustimmen hat. Die Vereinbarung muss ihren Geltungsbereich, den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens, ihre Laufzeit sowie die Fälle, die erneute Verhandlungen auslösen, insbesondere aber die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, regeln. Wird in den Verhandlungen eine Minderung der Mitbestimmungsrechte – gemessen nach § 17 Abs. 4 MgVG an dem höchs542 In Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 a) VRL i. V. m. Art. 3 Abs. 2 a) Richtlinie 2001/86/EG. 543 Nach Art. 16 Abs. 3 a) VRL i. V. m. Art. 3 Abs. 2 b) Satz 1 Richtlinie 2001/86/EG ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, das Verfahren für die Wahl oder die Bestellung der Mitglieder des BVG festzulegen. 544 In Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 b) i. V. m. Art. 4 Abs. 2 a), g), h), 3 Richtlinie 2001/86/EG.

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ten Mitbestimmungsstandard in einer der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften – vereinbart, so muss das BVG dem gemäß § 17 Abs. 3 MgVG mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten, zustimmen, sofern sich die Mitbestimmung auf mindestens 25 Prozent der Gesamtzahl der Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaften erstreckt.545 Mit der gleichen Mehrheit kann das BVG nach § 18 Satz 1 MgVG546 beschließen, keine Verhandlungen aufzunehmen oder aber bereits aufgenommene Verhandlungen abzubrechen. Es gelten dann nach § 18 Satz 2 MgVG die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen des Sitzstaates der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft. 2. Das Mitbestimmungsregime – Unterschiede zur Mitbestimmung in der SE Die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung bauen in erheblichem Maße auf der SE-RL auf. Bei der Frage nach dem letztlich auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft anwendbaren Mitbestimmungsregime geht die VRL jedoch teilweise eigene Wege. a) Anwendung des Sitzrechts als Ausgangspunkt Art. 16 Abs. 1 VRL sieht vor, dass unbeschadet umfassender in Art. 16 Abs. 2 VRL aufgeführter Ausnahmen auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft die Regelungen zur Arbeitnehmermitbestimmung Anwendung finden, die in ihrem Sitzstaat gelten. Der nationale Gesetzgeber setzt diese Vorgabe mit § 4 MgVG um. Der dort verwendete Sitzbegriff ist in richtlinienkonformer Auslegung der Satzungssitz.547 Bei der Verschmelzung zur SE ist ein solcher Verweis auf das Sitzrecht für die Mitbestimmung hingegen nicht vorgesehen. Ausgangspunkt sind hier stets die Verhandlungen der zukünftigen Mitbestimmung in der SE zwischen dem BVG und den Unternehmensleitungen.

545

Dazu, dass die 25%-Klausel an dieser Stelle unbesehen aus der SE-RL übernommen wurde und in Anlehnung an Art. 16 Abs. 3 e) VRL eine Anhebung des Schwellenwertes auf ein Drittel nahegelegen hätte, vgl. Kisker, RdA 2006, 206, 210. 546 In Umsetzung des Art. 16 Abs. 4 b) VRL. 547 Siehe unter 3. Teil B. II. 1.

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b) Die Aushandlung der Mitbestimmung als Regel Art. 16 Abs. 2 VRL sieht weitreichende Konstellationen vor, in denen § 4 MgVG und damit das Mitbestimmungsrecht am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft – zumindest vorerst – keine Anwendung findet.548 Die Verhandlungen über die Mitbestimmung werden danach zum Regelfall. § 5 MgVG setzt die Vorschrift in nationales Recht um. Eine Mitbestimmungsvereinbarung oder – unter den weiteren Voraussetzungen des § 23 MgVG – die in §§ 24 ff. MgVG vorgesehene mitbestimmungsrechtliche Auffangregelung finden gemäß § 5 MgVG in drei Fällen Anwendung: – Mindestens eine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften hat sechs Monate vor Veröffentlichung des Verschmelzungsplans durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt und unterliegt einem System der unternehmerischen Mitbestimmung (Variante a).549 – Das Recht am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft sieht einen geringeren Umfang an unternehmerischer Mitbestimmung der Arbeitnehmer vor, als er in den jeweiligen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bestand (Variante b).550 – Das Recht am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft gewährt in ausländischen Betrieben arbeitenden Arbeitnehmern nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungsrechten wie inländischen Arbeitnehmern (Variante g).551 Die textliche Gestaltung und die Oder-Verknüpfung zwischen Variante b und g machen deutlich, dass es sich um drei gleichberechtigte Varianten handelt, die jede für sich eine Anwendung des § 4 MgVG ausschließt. Dies entspricht der Vorgabe des Art. 16 Abs. 2 VRL, der trotz missglückter textlicher Gestaltung die Varianten durch zwei explizite Oder-Verknüpfungen verbindet. Die Richtlinienkonformität des § 5 MgVG steht damit außer Zweifel. Kritikwürdig erscheint an dieser Stelle dann auch nicht die Arbeit des deutschen Gesetzgebers, sondern die verbindliche Vorgabe des Art. 16 Abs. 2 VRL.552 Die Regelung geht in ihrer Wirkung über Erwägungsgrund (13) der VRL hinaus, der eine Neuregelung der Mitbestimmung nur für nötig erachtet, wenn in einer der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften Mitbestimmungsrechte bestanden und das am Sitz der aus der Ver548 549 550 551 552

Zu eventuellen Rückausnahmen siehe unter 4. Teil A. IV. 2. c) aa). Vgl. § 5 Nr. 1 MgVG. Vgl. § 5 Nr. 2 MgVG. Vgl. § 5 Nr. 3 MgVG. Vgl. hierzu ausführlich Kisker, RdA 2006, 206, 211 f.

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schmelzung hervorgehenden Gesellschaft anwendbare Recht dieses Mitbestimmungsniveau unterschreitet.553 Demgegenüber führt die jetzige – wohlgemerkt richtlinienkonforme – Regelung dazu, dass Verhandlungen über die Mitbestimmung bereits dann vorgesehen sind, wenn mindestens eine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften sechs Monate vor Veröffentlichung des Verschmelzungsplans durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmer554 beschäftigte und einem System der unternehmerischen Mitbestimmung unterliegt. Eine Absenkung des Mitbestimmungsniveaus ist in diesem Fall nicht relevant. Andersherum ist es in Variante b völlig unerheblich, wie viele Arbeitnehmer eine mitbestimmte Gesellschaft vor der Verschmelzung beschäftigte, solange die Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft den vorherigen Umfang der Mitbestimmung nicht gewährleistet.555 Die Regelung erscheint vor dem Hintergrund der in Erwägungsgrund (13) der VRL genannten Zielrichtung der Richtlinie als zu restriktiv. Die Kommission sollte spätestens die in Art. 18 VRL vorgesehene Überprüfung der Richtlinie nutzen, um entsprechende Änderungen in die Wege zu leiten und unnötige und zeitaufwendige Verhandlungsverfahren dort zu verhindern, wo eine Reduzierung des Mitbestimmungsniveaus durch die Verschmelzung nicht droht.556 553

Der nationale Gesetzgeber übernimmt diesen Widerspruch zwischen Erwägungsgrund und Inhalt der VRL, wenn er in § 1 Abs. 2 MgVG als Zielsetzung des Gesetzes festlegt, dass eine Neuregelung der Mitbestimmung durch Vereinbarung oder Gesetz erforderlich sei, sobald das Recht am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft keinen ausreichenden Schutz zur Sicherung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer gewährt. 554 Dazu, dass es nach Sinn und Zweck der VRL erforderlich ist, bei Anwendung des § 5 Nr. 1 MgVG den im nationalen Mitbestimmungsrecht relevanten Arbeitnehmerbegriff zu Grunde zu legen, vgl. Schubert, RdA 2007, 9, 12. 555 A. A. Schubert, RdA 2007, 9, 12, die auch Verhandlungen nach § 5 Nr. 2 und Nr. 3 MgVG in vermeintlich richtlinienkonformer Auslegung nur dann für notwendig erachtet, wenn die Gesellschaft mit der intensivsten Mitbestimmung mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Eine solche Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung aus dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 2 VRL zu folgern, erscheint zwar möglich. Hingegen spricht das Bekenntnis des Richtliniengebers zum Bestandsschutz in Erwägungsgrund (13) zur VRL gerade gegen eine derartige Privilegierung kleinerer Unternehmen. 556 Der der VRL ursprünglich zugrundeliegende Richtlinienvorschlag KOM (2003) 703 endgültig sah in Art. 14 eine noch weitergehende Zurückdrängung des Verhandlungsverfahrens zu Gunsten des Sitzrechts vor. Danach sollte das Sitzrecht der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft Anwendung finden, sobald es ein beliebiges System der unternehmerischen Mitbestimmung vorsah. Kritiker forderten daraufhin, das Verhandlungsverfahren auf alle Fällen auszuweiten, in denen die Verschmelzung zu einer Reduzierung zuvor bestehender Mitbestimmungsrechte führe, vgl. Koberski, FS-Wißmann (2005), 474, 486; Braun, Die Sicherung der Unternehmensmitbestimmung im Lichte des europäischen Rechts (2005), 125.

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Vorerst bleibt es aber bei der Geltung des § 5 MgVG. Die Kumulierung der Voraussetzungen in § 5 Nr. 1 MgVG, wonach das Verhandlungsverfahren in dieser Variante nur dann zur Anwendung kommt, wenn über 500 in einer Gesellschaft beschäftigte Arbeitnehmer von einem System der Mitbestimmung profitieren, erspart deutschen Gesellschaften die Verhandlung der Mitbestimmung in aller Regel nicht. Sie unterliegen ab eben dieser Beschäftigtenzahl der Drittelbeteiligung nach dem DrittelbG.557 Denkbar bleibt, dass auf Grund der bei einer früheren grenzüberschreitenden Hineinverschmelzung notwendigen Verhandlungen der Mitbestimmung Mitbestimmungsrechte vereinbart wurden, ohne dass die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangene deutsche Gesellschaft später den Schwellenwert von 500 beschäftigten Arbeitnehmern erreicht hat.558 § 5 Nr. 1 MgVG wäre in diesem Falle bei einer späteren weiteren grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht einschlägig. Unabhängig davon werden Mitbestimmungsverhandlungen bei Hineinverschmelzungen stets nach § 5 Nr. 3 MgVG erforderlich werden, sobald die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft an sich gesetzlich mitbestimmt wäre, da im Ausland tätige Arbeitnehmer nicht in das deutsche Mitbestimmungsrecht einbezogen sind, ihnen bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat das aktive und passive Wahlrecht dementsprechend nicht gewährt wird.559 § 5 Nr. 3 MgVG beugt dieser Benachteiligung ausländischer Arbeitnehmer vor.560 Für die SE ist diese Problematik hingegen ohne Relevanz, da sich die unternehmerische Mitbestimmung bei ihr nie nach ihrem Sitzrecht richtet.561 Aus der Zusammenschau der Vorschriften des § 5 Nr. 1 MgVG und des § 5 Nr. 3 MgVG lässt sich schließlich folgern, dass es für die Begründung der Verhandlungspflicht nur selten des Rückgriffs auf den in § 5 Nr. 2 557

Vgl. § 1 Abs. 1 DrittelbG. Kisker, RdA 2006, 206, 210 (Fn. 48) hält es zudem für denkbar, dass deutsche Gesellschaften ohne vorherige grenzüberschreitende Verschmelzung freiwillig Arbeitnehmervertreter in ihre Aufsichtsräte aufnehmen. 559 Habersack, ZHR 171 (2007), 613, 622; vgl. allgemein zum sog. Territorialitätsprinzip Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht (2006), § 3 MitbestG Rn. 36; Kisker, RdA 2006, 206, 211; Schiessl, ZHR 167 (2003), 235, 251; Rieble, in: Rieble, Zukunft der Unternehmensmitbestimmung (2004), 9, 12 f.; bereits LG Düsseldorf, DB 1979, 1451. 560 Die fehlende Einbindung ausländischer Arbeitnehmer in die Unternehmensmitbestimmung ist kein singuläres Problem des deutschen Rechts. Es existiert auch in anderen Mitgliedstaaten. Bei Hinausverschmelzungen in Staaten, die eine unternehmerische Mitbestimmung kennen, werden dann Verhandlungen der Mitbestimmung nach der § 5 Nr. 3 MgVG entsprechenden Vorschrift des jeweiligen ausländischen Rechts erforderlich, vgl. Rebhahn, in: Rieble, Zukunft der Unternehmensmitbestimmung (2004), 41, 57. 561 Kisker, RdA 2006, 206, 211. 558

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MgVG geforderten Mitbestimmungsvergleich bedarf.562 Ein solcher wird allein dann nötig, wenn eine mitbestimmte ausländische oder eine auf Grund einer vorherigen grenzüberschreitenden Verschmelzung mitbestimmte deutsche Gesellschaft weniger als 500 Arbeitnehmer hat und auch die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung nun hervorgehende deutsche Gesellschaft unter dieser Arbeitnehmerzahl bliebe, d. h. der gesetzlichen Mitbestimmung nicht unterliegen würde. c) Die gesetzliche Auffangregelung aa) Voraussetzungen der Mitbestimmung kraft Gesetzes Die Voraussetzungen, unter denen die gesetzliche Auffangregelung zur Mitbestimmung greift, regelt § 23 MgVG, der Art. 16 Abs. 3 e) VRL i. V. m. Art. 7 Abs. 1, Abs. 2 Unterabsatz 1 b) und Unterabsatz 2 sowie Abs. 3 SE-RL, daneben aber auch Art. 16 Abs. 4 a) VRL in nationales Recht umsetzt. Nach dem in § 3 Abs. 1 MgVG festgesetzten Geltungsbereich des Gesetzes finden die §§ 23 ff. MgVG nur auf aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaften Anwendung, die ihren Sitz in Deutschland haben. § 23 MgVG differenziert zwischen fünf Fällen, in denen es danach bei Hineinverschmelzungen zur gesetzlichen Mitbestimmung nach dem MgVG kommt. Die Parteien können die Geltung der Auffangregelung vereinbaren.563 Die Auffangregelung greift auch dann, wenn bis zum Ende des regelmäßig halbjährlichen Verhandlungszeitraums keine Vereinbarung zustande gekommen ist und das BVG nicht nach § 18 MgVG die Nichtaufnahme oder den Abbruch der Verhandlungen beschlossen hat. Allerdings steht die Mitbestimmung kraft Gesetzes dann unter dem zusätzlichen Vorbehalt, dass in einer oder mehrerer der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bestanden haben, die sich entweder auf mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften oder Tochtergesellschaften erstreckte oder – sofern dieser Schwellenwert unterschritten wird – ein entsprechender Beschluss des BVG vorliegt.564 Schließlich sollen die Leitungen der beteiligten Gesellschaften die Anwendbarkeit der Auffangregelung ohne vorhergehende Verhandlungen be562

Zur genaueren Handhabung des § 5 Nr. 2 MgVG sei daher auf Schubert, RdA 2007, 9, 10 f. verwiesen. 563 Vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MgVG. 564 Vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Satz 2 Nr. 1 bzw. Satz 2 Nr. 2 MgVG.

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schließen können, wenn – erneut – in mindestens einer der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften eine Form der Mitbestimmung bestanden hat, die sich entweder auf mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften oder Tochtergesellschaften erstreckte oder – sofern dieser Schwellenwert unterschritten wird – ein entsprechender Beschluss des BVG vorliegt.565 Die SE-RL enthält ein solches Recht der Gesellschaftsleitungen bei Gründung einer SE nicht. Die Einschränkung des Rechts, ohne vorhergehende Verhandlungen die Anwendung der Auffangregelung zu beschließen, durch das nationale Recht ist Art. 16 Abs. 4 a) VRL unbekannt und bereits aus diesem Grund richtlinienwidrig.566 Für den Schutz der Arbeitnehmer nicht erforderlich, bleibt der Sinn der Einführung des Beschlusserfordernisses zudem völlig im Unklaren. Sofern es dem nationalen Gesetzgeber darum geht, dem BVG auch bei einer Entscheidung der Gesellschaftsleitungen für die Auffangregelung die Aushandlung einer aus seiner Sicht verbesserten Mitbestimmung zu ermöglichen, geht § 23 MgVG über die Regelungsintention des Richtliniengebers hinaus, vor der Verschmelzung bestehende Mitbestimmungsrechte zu sichern.567 § 23 MgVG ist daher insoweit in richtlinienkonformer Auslegung teleologisch zu reduzieren. Beschließen die Leitungen der sich verschmelzenden Gesellschaften die Anwendung der Auffangregelung, bedarf es in keinem Falle eines bestätigenden Beschlusses des BVG.568 Statt der im MgVG vorgesehenen fünf Fälle bleiben damit vier, in denen das gesetzliche Auffangmodell zur Mitbestimmung eingreift. Da Verhandlungen der Mitbestimmung nicht nur langwierig sind, sondern überdies nur selten zu einer Reduzierung des Mitbestimmungsniveaus führen dürften, wird sich die sofortige Entscheidung der Leitungen für die Auffangregelung dabei regelmäßig als attraktive Handlungsoption erweisen. Die Voraussetzungen für eine Mitbestimmung kraft Gesetzes weichen daneben nur marginal von den aus der SE-RL bekannten Voraussetzungen ab. Der Schwellenwert für ein Eingreifen der Auffangregelung wurde von ei565

Vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 Nr. 1 bzw. Satz 2 Nr. 2 MgVG. A. A. Nagel, NZG 2007, 57, 58, der davon ausgeht, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 Nr. 2 MgVG die Vorgaben der VRL umsetzt. 567 Vgl. Erwägungsgrund (13) zur VRL. 568 A. A. Lunk/Hinrichs, NZA 2007, 773, 779. Allerdings kommen die Gesellschaften jedenfalls auch dann nicht umhin, dass BVG bilden zu lassen. Ihm obliegt zum einen nach § 25 Abs. 1 MgVG die Verteilung der Sitze der Arbeitnehmer auf die Mitgliedstaaten. Zum anderen hat es nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 MgVG bei divergierenden Mitbestimmungssystemen in den Ausgangsgesellschaften das bei der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft einzuführende System auszuwählen; a. A. Ch. Teichmann, Der Konzern 2007, 89, 92; Heckschen, DNotZ 2007, 444, 460 f.; Krause/Janko, BB 2007, 2194, 2197. 566

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nem Viertel569 in Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 e) VRL auf ein Drittel mitbestimmungsberechtigter Arbeitnehmer angehoben. An der weiterhin starken Verhandlungsposition der Arbeitnehmerseite ändert dies freilich kaum etwas. Sollten einmal weniger als ein Drittel der Gesamtzahl der von der Verschmelzung betroffenen Arbeitnehmer von einer unternehmerischen Mitbestimmung profitieren, kann das BVG das höchste Mitbestimmungsniveau durch einen mit der von § 17 Abs. 2 MgVG geforderten Mehrheit gefassten Beschluss sichern. bb) Umfang und Form der Mitbestimmung kraft Gesetzes Richtet sich die Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden deutschen Gesellschaft nach der gesetzlichen Auffangregelung, ist der Umfang dieser Mitbestimmung in § 24 Abs. 1 MgVG geregelt. Die Zahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der Gesellschaft bemisst sich nach dem höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern, der in den Organen der beteiligten Gesellschaften vor Eintragung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft bestanden hat.570 Bestehen vor der Verschmelzung in den beteiligten Gesellschaften verschiedene Formen der Mitbestimmung, entscheidet gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 MgVG das BVG darüber, welche Form auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft Anwendung finden soll. Ohne Beschluss des BVG wird nach § 23 Abs. 2 Satz 2 MgVG die Mitbestimmungsform einer inländischen mitbestimmten Gesellschaft übernommen. Ist eine solche an der Verschmelzung nicht beteiligt, bestimmt § 23 Abs. 2 Satz 3 MgVG, dass die Form der Mitbestimmung auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft Anwendung finden soll, die sich auf die höchste Zahl der in den beteiligten Gesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer erstreckt.571 Keine Umsetzung im deutschen Recht findet Art. 16 Abs. 4 c) VRL, der die Mitgliedstaaten ermächtigt, bei Eingreifen der Auffangregelung den Anteil der Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsorgan der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu begrenzen. Die Vorschrift, der offen569

Vgl. Art. 7 Abs. 2 b) SE-RL. Die Regelung dient der Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 h) VRL i. V. m. Anhang, Teil 3 b) SE-RL. Zur Frage, ob damit auch die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Wahrung der nationalen Gesellschaftsrechtsform wie die SE-Verschmelzung zur Verkleinerung eines Aufsichtsrates eingesetzt werden kann, vgl. unter 4. Teil A. IV. 3.a). 571 § 23 Abs. 2 MgVG setzt Art. 16 Abs. 3 e) VRL i. V. m. Art. 7 Abs. 2 Unterabsatz 2 SE-RL in nationales Recht um. 570

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4. Teil: Die praktische Durchführung

bar die Auffassung zu Grunde liegt, dass sich der Anteil der Arbeitnehmervertreter in einer monistisch geführten Gesellschaft auf die Gesamtzahl der Verwaltungsratsmitglieder bezieht, beantwortet für grenzüberschreitende Verschmelzungen nach den in Umsetzung der VRL zu erlassenen Vorschriften die bei der Verschmelzung zur SE umstrittene Frage nach der Bedeutung der Auffanglösung für die Mitbestimmung im monistischen System.572 Wie bereits der Wortlaut der Vorschrift deutlich macht, beschränkt sich die Ermächtigung auf die Begrenzung der Mitbestimmung bei monistischer Organisationsstruktur.573 Es handelt sich zudem ausschließlich um eine Beschränkung der ansonsten auf gesetzlichem Wege eingreifenden Auffangregelung, die das Recht der Leitungen der beteiligten Gesellschaften, ohne Verhandlungen ein Eingreifen der Auffangregelung zu beschließen, unberührt lässt.574 Ebenso wenig ermächtigt Art. 16 Abs. 4 c) VRL die mitgliedstaatlichen Gesetzgeber, eine Begrenzung der Mitbestimmung bei monistischer Führungsstruktur auch für den – zugegeben wohl äußerst seltenen – Fall vorzusehen, dass sich die Verhandlungsparteien auf ein Eingreifen der Auffangregelung einigen. Art. 16 Abs. 4 c) VRL legitimiert keine Limitierung der Vertragsfreiheit der Verhandlungsparteien. 3. Einzelfragen Die unternehmerische Mitbestimmung in Deutschland wird von inländischen Unternehmen nicht selten als Standortnachteil im internationalen Wettbewerb empfunden. Mit der Gründung einer SE zeigt sich deutschen Gesellschaften hier erstmals ein Weg auf, um kurzfristige Reduzierungen, mittelfristig gar die Befreiung vom rigiden deutschen Mitbestimmungssystem, zu erreichen.575 Für die grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine 572 Überwiegend wird auch bei der SE-Gründung die Ansicht vertreten, dass sich der für die Arbeitnehmer ausgehandelte oder gesetzlich vorgesehene Arbeitnehmeranteil bei monistischer Leitungsstruktur auf die Gesamtzahl der Verwaltungsratsmitglieder bezieht, vgl. Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1756; Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1534; von numerischer Parität im Verwaltungsrat gehen auch Kämmerer/Veil, ZIP 2005, 369, 370 aus, die im Anschluss die Gesetzeslage jedoch als Verstoß gegen Art. 14 GG identifizieren. A. A. Ch. Teichmann, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 195, 215; ders., BB 2004, 53, 56 f.; Manz, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 43 SE-VO Rn. 129; Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767, 792. 573 Kisker, RdA 2006, 206, 210; Wiesner, DB 2006, 91, 92 f.; Louven/Dettmeier/ Pöschke/Weng, BB-Special 3/2006, 1, 15; a. A. Nagel, NZG 2006, 97, 98 sowie Neye, ZIP 2005, 1893, 1897 f., die auch die Beschränkung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat für zulässig halten. 574 Kisker, RdA 2006, 206, 210 (Fn. 41). 575 Vgl. Casper, AG 2007, 97, 102 ff.; Reichert, Der Konzern 2006, 821, 823 ff.

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bzw. zu einer nationalen Gesellschaftsrechtsform stellt sich die Frage, inwieweit auch sie solche Optionen bietet. Daneben treten weitere bisher ungeklärte Einzelfragen. a) Die Verkleinerung des Aufsichtsrats Die Gründung einer SE kann als erwünschten Nebeneffekt die Verkleinerung des Aufsichtsrates mit sich bringen.576 So führte die Verschmelzung der Riunione Adriatica di Sicurtà (RAS SpA) auf die Allianz AG, die damit zur Allianz SE wurde, zu einer Verkleinerung des Aufsichtsrates von 20 auf 12 Mitglieder. Wird eine solche Verkleinerung des Aufsichtsrates zukünftig auch mit der Verschmelzung einer plc, SA, SpA etc. auf eine AG umsetzbar sein? Man wird dies ohne Zweifel bejahen dürfen.577 Hierfür spricht zunächst, dass Anhang, Teil 3 b) SE-RL über Art. 16 Abs. 3 h) VRL auf die grenzüberschreitende Verschmelzung uneingeschränkt Anwendung finden muss. Nach dem Wortlaut des Anhangs, Teil 3 b) Satz 1 SE-RL, den § 24 Abs. 1 MgVG eins zu eins umsetzt, sichert die Regelung der Arbeitnehmerseite nur den relativen Anteil an Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat, nicht aber deren absolute Zahl.578 Der Wille des Gesetzgebers, für den die Regierungsbegründung zum Regierungsentwurf des MgVG zumindest einen wichtigen Anhaltspunkt bietet579, spricht daneben ebenso für die Zulässigkeit einer Verkleinerung des Aufsichtsrates wie die Systematik des Gesetzes, das in § 24 Abs. 2 MgVG zwar einen Verweis auf § 95 AktG enthält und damit die Maximalgröße eines Aufsichtrates auch für die aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangene Gesellschaft mit beschränkter Haftung festlegt, hingegen aber gerade nicht auf § 7 MitbestG verweist. Zu guter Letzt hätte eine abweichende Regelung im MgVG im Widerspruch zu Art. 16 VRL gestanden, wäre mithin richtlinienwidrig gewesen. Gemäß Art. 16 Abs. 1 VRL kommen die Regelungen zur Mitbestimmung in dem Mitgliedstaat, in dem die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat, nur unbeschadet des Art. 16 Abs. 2 576 Begr. RegE zu § 35 Abs. 2 SEBG, BT-Drucks. 15/3405, 54; Henssler, RdA 2005, 330, 335; Kienast, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 13. Kapitel, Rn. 279. 577 Im Ergebnis auch Nagel, NZG 2007, 57, 58; Habersack, ZHR 171 (2007), 613, 623, 632 f.; Lunk/Hinrichs, NZA 2007, 773, 778 f. 578 Nagel, NZG 2007, 57, 58; so auch die einhellige Ansicht zur SE-Gründung, vgl. statt vieler Kienast, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 13. Kapitel, Rn. 279. 579 Vgl. Begr. RegE zu § 24 Abs. 1 MgVG, BT-Drucks. 16/2922, 68.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

VRL zur Anwendung. Sind dementsprechend Verhandlungen der Mitbestimmung erforderlich oder greift bei gescheiterten Verhandlungen die gesetzliche Auffangregelung, findet bisheriges innerstaatliches Mitbestimmungsrecht keine Anwendung.580 Unanwendbar ist damit aber auch die Vorgabe verbindlicher Aufsichtsratsgrößen durch § 7 Abs. 1 MitbestG, die der ausgewogenen Beteiligung der verschiedenen Arbeitnehmergruppen im Aufsichtsrat dient581 und somit eine originär mitbestimmungsrechtliche Regelung darstellt. Die Größe des Aufsichtsrates einer aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden deutschen Gesellschaft kann damit gemäß § 95 Satz 2 AktG durch die Satzung festgesetzt bzw. bei der GmbH im Gesellschaftsvertrag geregelt werden.582 Die Höchstzahlen des § 95 Satz 3 AktG sind für AG und KGaA einzuhalten. Ist für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft qua Auffangregelung eine Drittelbeteiligung oder eine paritätische Mitbestimmung vorgesehen, ist die Größe des Aufsichtsrates – bei der monistisch organisierten SE die Größe des Verwaltungsrates – so festzulegen, dass die entsprechende Beteiligung der Arbeitnehmer gesichert ist.

580

A. A. offenbar Heckschen, DNotZ 2007, 444, 461. Begr. RegE zu § 7 MitbestG, BT-Drucks. 7/2172, 22; Gach, in: MünchKomm. zum AktG (2004), § 7 MitbestG Rn. 2. 582 Bereits zur SE-Gründung ist hingegen die davon zu unterscheidende Frage aufgetaucht, ob die Größe des Aufsichtsrats auch zum Gegenstand der Mitbestimmungsvereinbarung gemacht werden kann; hierfür Hennings, in: Manz/Mayer/ Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 4 SE-RL Rn. 28; Kienast, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 13. Kapitel, Rn. 386; ausführlich Oetker, ZIP 2006, 1113 ff.; dagegen Reichert/Brandes, in: MünchKomm. zum AktG (2006), Art. 40 SE-VO Rn. 70 f.; Reichert, Der Konzern 2006, 821, 824; Kallmeyer, AG 2003, 197, 199; ausführlich Habersack, AG 2006, 345 ff. Da es den Leitungen abweichend von der Rechtslage bei der SE-Gründung erlaubt ist, ohne Verhandlungen ein Eingreifen der gesetzlichen Auffangregelung zu vereinbaren, andererseits Verhandlungen nur selten zu einer Reduzierung der Mitbestimmung führen dürften, haben es die Leitungen selbst in der Hand, die Aufsichtsratsgröße nicht zum Gegenstand der Verhandlungen werden zu lassen und ihren Wünschen nach Verkleinerung des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans durch eine Satzungsänderung nachzugehen, vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwG. Der bei der SE-Gründung aufkommende Streit sollte für grenzüberschreitende Verschmelzungen nach UmwG und MgVG daher verminderte Relevanz zukommen. Ausführlich zum Umfang der Parteiautonomie bei den Verhandlungen der Mitbestimmung bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach den §§ 122a ff. UmwG und dem MgVG Habersack, ZHR 171 (2007), 613, 629 ff.; Ch. Teichmann, Der Konzern 2007, 89, 93 ff. 581

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b) Verhandlungen bei zuvor nicht bestehender Mitbestimmung? Die Gründung einer SE setzt stets Verhandlungen über die Mitbestimmung voraus, es sei denn, alle an der Gründung beteiligten Gesellschaften haben zusammen keine zehn Arbeitnehmer.583 Verhandlungen sind somit auch in den Fällen erforderlich, dass in keiner der beteiligten Gesellschaften zuvor Mitbestimmungsrechte bestanden584 oder eine zu gründende Tochter-SE arbeitnehmerlos bleiben soll.585 Ansonsten zügig durchzuführende SE-Gründungen werden so um bis zu sechs Monate verlängert. Es fragt sich, ob auch die VRL bzw. das MgVG Verhandlungen über die Mitbestimmung erfordern, wenn keine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften mitbestimmt ist. Hierfür spricht, dass Anhang, Teil 3 b) SE-RL, der über Art. 16 Abs. 3 h) VRL Geltung beansprucht, keine Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft vorsieht, wenn in den verschmelzenden Gesellschaften keine Mitbestimmungsrechte bestanden. Die Regelung liefe leer, wären in diesem Fall bereits keine Verhandlungen zur Mitbestimmung erforderlich. Allerdings fordert Art. 16 Abs. 3 VRL nicht die uneingeschränkte Anwendung des Anhangs, Teil 3 b) SE-RL, sondern lediglich seine entsprechende Anwendung in den in Art. 16 Abs. 2 VRL genannten Fällen. Art. 16 Abs. 2 VRL sieht Verhandlungen zur Mitbestimmung jedoch von vornherein nicht vor, wenn keine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften mitbestimmt war. Etwas anderes könnte sich allenfalls aus Art. 16 Abs. 2 b) VRL ergeben, der die Gleichberechtigung ausländischer Arbeitnehmer bei der Mitbestimmung sicherstellen will. Dieses Regelungsziel wird verfehlt, wenn nicht mitbestimmte Gesellschaften auf Verhandlungen über die Mitbestimmung verzichten könnten und erst beim Überschreiten des im DrittelbG festgesetzten Schwellenwertes von 500 Arbeitnehmern eine Mitbestimmung einzuführen wäre. Allerdings sichert Art. 16 Abs. 2 b) VRL die Gleichberechtigung nur für Gesellschaften, die bei ihrem Hervorgehen aus der Verschmelzung bereits mitbestimmt sind.586 Die zukünftige Gleichberechtigung wäre zudem auch mit Verhandlungspflicht nicht zu gewährleisten. Die Auffangregelung des Anhangs, Teil 3 b) SE-RL sieht bei 583 Casper, AG 2007, 97, 100, 105 sowie Reichert, Der Konzern 2006, 821, 829, die zutreffend darauf hinweisen, dass sowohl § 5 Abs. 1 SEBG als auch die europarechtliche Vorgabe in Art. 3 Abs. 2 SE-RL zehn Arbeitnehmer zur Gründung des BVG erfordern; für arbeitnehmerlose Gründungsgesellschaften auch Henssler, RdA 2005, 330, 333, 335. Vereinzelt wird die Gründung arbeitnehmerloser VorratsSEs aus diesem Grunde bestritten, vgl. Blanke, ZIP 2006, 789, 791 f. 584 Ch. Teichmann, Der Konzern 2007, 89, 91. 585 Zu Letzterem LG Hamburg ZIP 2005, 2018, 2119. 586 Vgl. Erwägungsgrund (13) zur VRL.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Verschmelzung ausschließlich nicht mitbestimmter Gesellschaften auch für die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft keine Mitbestimmung vor. Dann aber wird es der Arbeitnehmerseite in Verhandlungen kaum gelingen, Mitbestimmungsrechte zu vereinbaren und darüber eine Gleichberechtigung der im Ausland arbeitenden Arbeitnehmer sicherzustellen. Art. 16 Abs. 3 h) VRL i. V. m. Anhang, Teil 2 b) SE-RL läuft demnach bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung teilweise ins Leere. Die Verschmelzung nicht mitbestimmter Gesellschaften erfordert anders als bei Gründung einer SE keine Verhandlungen der Mitbestimmung. c) Vermeidung zukünftiger Mitbestimmung? Eine deutsche SE bleibt mitbestimmungsfrei, wenn sie erst nach ihrer Gründung die Schwellenwerte des DrittelbG oder später des MitbestG durch organisches Wachstum überschreitet.587 Bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf eine deutsche Gesellschaftsrechtsform ist eine solche Vermeidung zukünftiger Mitbestimmung nur mit Einschränkung umsetzbar. Sie kann von vornherein nicht gelingen, wenn die sich verschmelzenden Gesellschaften mitbestimmungsfrei sind. In diesem Fall finden auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft in Umsetzung des Art. 16 Abs. 1 VRL nach § 4 MgVG zukünftig die deutschen Mitbestimmungsregelungen Anwendung. Auch eine im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung zunächst mitbestimmungsfrei gegründete deutsche Vorratsgesellschaft lässt sich daher nicht gegen die später eingreifende Mitbestimmung des DrittelbG oder des MitbestG absichern.588 Eine Vermeidung zukünftiger Mitbestimmung nach dem DrittelbG oder dem MitbestG ohne 587 Reichert, Der Konzern 2006, 821, 824; Kisker, RdA 2006, 206, 208; Henssler, RdA 2005, 330, 333 f.; Wollburg/Barnerja, ZIP 2005, 277, 282; Müller-Bonanni/ Melot de Beauregard, GmbHR 2005, 195, 198; a. A., aber vor Veröffentlichung des SEBG-Entwurfs, wohl Köstler, ZGR 2003, 800, 808; Kleinsorge, RdA 2002, 343, 351. Nicht endgültig geklärt ist hingegen, inwieweit externes Wachstum einer Gesellschaft durch Zukäufe oder Verschmelzungen als strukturelle Änderungen der SE i. S. d. § 18 Abs. 3 SEBG anzusehen sind und infolgedessen zu Neuverhandlungen der Mitbestimmung führen, vgl. Henssler, RdA 2005, 330, 333 f.; ders., in: Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht (2006), Einl SEBG Rn. 207 ff.; bereits vor Veröffentlichung eines SEBG-Entwurfs hierzu Kleinsorge, RdA 2002, 343, 351. 588 Die Gründung arbeitnehmerloser mitbestimmungsfreier SE-Vorratsgesellschaften ist hingegen von der bisherigen Rechtsprechung und der ganz herrschenden Lehre für zulässig erachtet worden, vgl. AG München ZIP 2006, 1300 f.; AG Düsseldorf ZIP 2006, 287; Casper, AG 2007, 97, 99; Reichert, Der Konzern 2006, 821, 829 f.; Henssler, RdA 2005, 330, 334 f.; Kienast, in: Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft – SE (2005), 13. Kapitel, Rn. 210 (Fn. 192); Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft (2005), 25, 29; Lange, EuZW 2003, 301 f. A. A. wohl nur Blanke, ZIP 2006, 789, 791 f.

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Aufgabe der deutschen Rechtsform bleibt aber möglich, wenn eine mitbestimmte ausländische Gesellschaft auf eine bisher nicht mitbestimmte oder zumindest nicht paritätisch mitbestimmte Gesellschaft verschmelzt. In diesem Fall bleibt es bei der ausgehandelten Mitbestimmung auch beim späteren Überschreiten der entsprechenden Schwellenwerte nationaler Mitbestimmungsgesetze.589 Daneben steht einer bisher mitbestimmungsfreien deutschen Gesellschaft natürlich der Weg offen, über eine Hinausverschmelzung deutschem Mitbestimmungsrecht zu entgehen. d) Die Mitbestimmung bei nachfolgenden innerstaatlichen Verschmelzungen § 30 MgVG sichert die Mitbestimmung in der aus einer Hineinverschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft für einen Zeitraum von drei Jahren ab Wirksamwerden der Verschmelzung, wenn eine nachfolgende innerstaatliche Verschmelzung zu einer Reduzierung des Umfangs der Mitbestimmung im Sinne des § 5 Nr. 2 MgVG führen würde. Ihre Richtlinienkonformität vorausgesetzt, begründet die Vorschrift einen bedeutenden Unterschied zur Gründung einer SE. Anders als eine AG ist die SE keine originär mitbestimmte Rechtsform.590 § 47 Abs. 1 Nr. 1 SEBG erklärt die deutschen Regelungen zur unternehmerischen Mitbestimmung daher ausdrücklich für auf die SE nicht anwendbar.591 Anders § 30 MgVG, der einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nachfolgende innerstaatliche Verschmelzungen deutschem Mitbestimmungsrecht unterstellt, solange durch diese in den ersten drei Jahren ab Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung der Umfang der Mitbestimmung im Sinne des § 5 Nr. 2 MgVG nicht reduziert wird.592 Diese Regelung des § 30 MgVG überzeugt im Detail nicht und ist auch grundsätzlich im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit der VRL zu hinterfragen. aa) Detailkritik Art. 16 Abs. 2 b) VRL macht Verhandlungen der Mitbestimmung erforderlich, sobald in ausländischen Betrieben arbeitenden Arbeitnehmern nicht 589 Freilich wird die Arbeitnehmerseite bemüht sein, in der Vereinbarung eine Neuverhandlungspflicht gerade auch beim Überschreiten bestimmter Arbeitnehmerzahlen festzuhalten, vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 2 MgVG. 590 Henssler, RdA 2005, 330, 333. 591 Henssler, RdA 2005, 330, 333; Kleinsorge, in: Nagel/Freis/Kleinsorge, Kommentar zum SEBG (2005), § 47 Rn. 2. 592 Vgl. Begr. RegE zu § 30 MgVG, BT-Drucks. 16/2922, 72.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

der gleiche Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungsrechten gewährt wird wie den inländischen Arbeitnehmern. Den Mitbestimmungsrechten der in ausländischen Betrieben arbeitenden Arbeitnehmer ist aber durch § 30 MgVG wenig geholfen, wenn eine unmittelbar nach der grenzüberschreitenden Verschmelzung durchgeführte innerstaatliche Verschmelzung für die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder zur Amtsbeendigung, daneben zugleich zur Anwendbarkeit eines neuen Mitbestimmungsregimes und dadurch auf Seiten der im Ausland arbeitenden Arbeitnehmer zum Verlust des eben erst gewonnenen aktiven und passiven Wahlrechts für die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat führt.593 Es kann daher von vornherein nicht überzeugen, dass § 30 MgVG eine nach dem MgVG vereinbarte oder gesetzlich eingreifende Mitbestimmung nur dann gewährleistet, wenn der bestehende Umfang an Mitbestimmung im Sinne des § 5 Nr. 2 MgVG durch die innerstaatliche Verschmelzung gemindert würde.594 Um dem durch Art. 16 Abs. 2 b) VRL intendierten Schutz im Ausland arbeitender Arbeitnehmer gerecht zu werden, wäre § 30 MgVG richtlinienkonform auszulegen und § 30 Satz 2 MgVG in dem Fall analog anzuwenden, dass der Umfang der Mitbestimmung im Sinne des § 5 Nr. 3 MgVG in Folge einer innerstaatlichen Verschmelzung nicht gewahrt wird. bb) Richtlinienwidrigkeit des Schutzkonzepts des § 30 MgVG Die Umsetzungsmängel des § 30 MgVG sind damit nicht abschließend dargestellt. Es bleiben die grundsätzlicheren Fragen zu beantworten, ob der in § 30 Satz 1 MgVG postulierte Grundsatz der Anwendbarkeit nationalen Mitbestimmungsrechts bei innerstaatlichen Verschmelzungen und die in § 30 Satz 2 MgVG als Ausnahme konzipierte Sicherung der in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft bestehenden Mitbestimmung innerhalb der ersten drei Jahre nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung den Vorgaben der VRL gerecht werden. 593 Einen solchen Verlust von Mitbestimmungsrechten hätte jedenfalls die innerstaatliche Verschmelzung zur Aufnahme mit der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft als übertragender Gesellschaft sowie die Verschmelzung zur Neugründung zur Folge, vgl. zur Amtsbeendigung bei innerstaatlichen Verschmelzungen Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG (2006), § 20 UmwG Rn. 8; Hüffer, AktG (2006), § 103 Rn. 16; Semler, in: MünchKomm. zum AktG (2004), § 103 Rn. 117; Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 20 Rn. 28. Aber auch bei Aufnahme einer Gesellschaft durch die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangene Gesellschaft erscheint ein Verlust der Mitbestimmungsrechte nicht ausgeschlossen. 594 Ebenso Schubert, RdA 2007, 9, 16.

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Die VRL enthält zur zumindest vorübergehenden Sicherung der Mitbestimmung in aus grenzüberschreitenden Verschmelzungen hervorgehenden Gesellschaften zwei Vorgaben, zum einen Art. 16 Abs. 7 VRL595, zum anderen Art. 16 Abs. 3 VRL i. V. m. Art. 4 Abs. 2 h) SE-RL, der die Festlegung der Fälle, in denen eine Mitbestimmung neu verhandelt werden soll, als Bestandteil einer Mitbestimmungsvereinbarung vorsieht. Beide Vorschriften machen zunächst gleichermaßen deutlich, dass es Aufgabe der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft ist, bei innerstaatlichen Verschmelzungen für einen Erhalt der Mitbestimmung zu sorgen.596 Art. 16 Abs. 7 VRL geht mit seinen Vorgaben sogar noch einen Schritt weiter, wenn er vorsieht, den Schutz der Arbeitnehmer über die entsprechende Anwendung der Vorschriften des Art. 16 VRL, d. h. über Verhandlungen und ein subsidiäres Eingreifen der Auffangregelung, sicherzustellen. § 30 Satz 1 MgVG, der Grundsatz der Anwendbarkeit nationalen Mitbestimmungsrechts, wird dem nicht gerecht. Aber auch § 30 Satz 2 MgVG überzeugt vor diesem Hintergrund nicht.597 Auf Grund fehlender Mitbestimmungsberechtigung der im Ausland arbeitenden Arbeitnehmer werden die nationalen mitbestimmungsrechtlichen Regelungen den bisherigen Umfang der Mitbestimmung in aller Regel nicht vorsehen598, so dass die in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft bestehende Mitbestimmung nach § 30 Satz 2 MgVG fortbesteht. Soll also die Verschmelzung einer paritätisch mitbestimmten Gesellschaft auf eine Gesellschaft mit geringerem Mitbestimmungsniveau zu einer Sicherung dieses geringeren Niveaus führen, nur weil letztere Gesellschaft aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangen ist und nationales Mitbestimmungsrecht im Ausland arbeitende Arbeitnehmer rechtlos stellt? Dies dürfte kaum den Vorstellungen des nationalen Gesetzgebers entsprechen, der mit § 30 MgVG doch offenbar ein Maximum an Mitbestimmung gewährleisten wollte.599 Das Resultat widerspricht zudem Erwägungsgrund (18) der SE-RL. Danach ist es der Wille des Richt595

Zweifel an der Vereinbarkeit des Art. 16 Abs. 7 VRL mit der Niederlassungsfreiheit haben Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 126. Angesichts des weiten Spielraums des Richtliniengebers bei Ausgestaltung der VRL, können diese Bedenken nicht geteilt werden, vgl. unter 3. Teil B. I. 2.; allgemein pro Rechtmäßigkeit der VRL auch Forsthoff, DStR 2006, 613, 617. 596 Habersack, ZHR 171 (2007), 613, 638; Schubert, RdA 2007, 9, 16; a. A. Nagel, NZG 2007, 57, 59. 597 Habersack, ZHR 171 (2007), 613, 638; Schubert, RdA 2007, 9, 16. 598 Einzig die innerstaatliche Verschmelzung mit einer SE und der in diesem Fall anwendbare § 18 Abs. 3 SEBG ermöglichen über Neuverhandlungen der Mitbestimmung die weitere mitbestimmungsrechtliche Gleichberechtigung zwischen inländischen und im Ausland tätigen Arbeitnehmern, vgl. Begr. RegE zu § 30 MgVG, 72. 599 Vgl. Begr. RegE zu § 30 MgVG, 72.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

liniengebers der SE-RL, der auf Grund des Verweises auf die Grundsätze der SE-RL600 auch bei der Auslegung der VRL Beachtung zu finden hat601, dass die Mitbestimmung nicht nur zu Gunsten der Arbeitnehmer der sich grenzüberschreitend verschmelzenden Gesellschaften gesichert, sondern das „Vorher-Nachher-Prinzip“ – freilich mit der zeitlichen Begrenzung des Art. 16 Abs. 7 VRL – bei nachfolgenden innerstaatlichen strukturellen Änderungsprozessen zu Gunsten aller hiervon betroffenen Gesellschaften Anwendung finden soll.602 Diese grundsätzliche Abweichung der Regelungssystematik des § 30 MgVG von den Vorgaben der VRL kann auch nicht als die von Art. 16 Abs. 7 VRL geforderte entsprechende Anwendung der Vorschriften des Art. 16 VRL bei innerstaatlichen Verschmelzungen bezeichnet werden. Eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift ist aber nicht möglich. Es fehlt dem MgVG damit an einer europarechtsfesten Umsetzung des Art. 16 Abs. 7 VRL, dessen Konzeption eine dem § 18 Abs. 3 SEBG entsprechende Umsetzung erfordert hätte.603 Die mit der Nichtumsetzung des Art. 16 Abs. 7 VRL begründete planwidrige Regelungslücke ist daher in analoger Anwendung des § 18 Abs. 3 SEBG zu schließen.604 e) Ablegen bestehender Mitbestimmung? Die Gründung einer SE eröffnet einer deutschen Gesellschaft mittelfristig Wege, eine bestehende unternehmerische Mitbestimmung abzulegen. Fand die SE-Gründung durch eine Hinausverschmelzung statt, kann die SE gemäß Art. 66 Abs. 1 SE-VO nach einer Sperrfrist von maximal zwei Jahren ab Eintragung der SE in eine dem Recht ihres Sitzstaates unterliegende Aktiengesellschaft, z. B. bei englischem Satzungssitz einer mitbestimmungsfreien plc, umgewandelt werden.605 Liegt der SE-Gründung ursprünglich 600

Vgl. Erwägungsgrund (13) zur VRL. Kisker, RdA 2006, 206, 209. 602 Vgl. Erwägungsgrund (18) zur SE-RL, ABLEG Nr. L 294, 22, 23. 603 Im Ergebnis auch Schubert, RdA 2007, 9, 16. 604 Ob zeitaufwendige Verhandlungen bei innerstaatlichen Verschmelzungen rechtspolitisch vorzugswürdig sind, ist damit freilich nicht beantwortet. Jedenfalls ist es dem Gesetzgeber nicht erlaubt, Vorgaben der VRL unter Berufung auf eine erhöhte Rechtssicherheit unbeachtet zu lassen, vgl. Begr. RegE zu § 30 MgVG, 72. A. A. offenbar Nagel, NZG 2007, 57, 59. 605 Nach herrschender Lehre sind auch Umwandlungen in andere nationale Rechtsformen sowie Verschmelzungen oder Spaltungen auf bzw. zu anderen nationalen Rechtsformen zulässig. Die zweijährige Sperrfrist des Art. 66 SE-VO findet dabei jedoch analoge Anwendung, vgl. Schwarz, SE-VO (2006), Art. 66 Rn. 29 ff.; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft – SE (2005), Art. 66 SE-VO Rn. 8 f.; ausführlich zu Art. 66 Abs. 1 SE-VO Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 14 ff. 601

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eine Hineinverschmelzung zu Grunde, ist als Zwischenschritt nach Art. 8 SE-VO eine Sitzverlegung in einen Mitgliedstaat, dessen nationale Aktiengesellschaft keiner oder zumindest einer geringeren Mitbestimmung unterliegt, vorzunehmen. Die Hinausverschmelzung einer deutschen AG auf eines ihrer ausländischen Pendants wird zukünftig ähnliche Vorgehensweisen ermöglichen wie die Verschmelzung zur SE. Zwar bringt die grenzüberschreitende Verschmelzung bei Beteiligung einer mitbestimmten deutschen AG zunächst stets eine vereinbarte oder gesetzlich eingreifende Mitbestimmung mit sich, die sich in ihrem Umfang in den meisten Fällen mit der zuvor in der AG bestehenden Mitbestimmung decken wird. Durch eine nachfolgende Umwandlung in oder Verschmelzung auf eine nicht oder geringer mitbestimmte Rechtsform lässt sich das Mitbestimmungsniveau jedoch später bis auf Null senken. Eine Grenze wird einem solchen Vorgehen dabei nur durch die in Umsetzung des Art. 16 Abs. 7 VRL erlassenen ausländischen Vorschriften gezogen.606 Die VRL verweist in Art. 16 hingegen nicht auf die Vorschrift zum Verfahrensmissbrauch, Art. 11 SE-RL.607 Art. 16 Abs. 7 VRL verpflichtet die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft, während dreier Jahre nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung sicherzustellen, dass Mitbestimmungsrechte durch innerstaatliche Verschmelzungen nicht beeinträchtigt werden. Die Beschränkung der zeitlichen Mitbestimmungssicherung auf Verschmelzungen verwundert. Eine der grenzüberschreitenden Verschmelzung unmittelbar nachfolgende Umwandlung in eine mitbestimmungsfreie Rechtsform wäre danach ohne weiteres zulässig. Etwas anderes kann zunächst auch nicht Art. 16 Abs. 6 VRL entnommen werden, der bei vereinbarter oder gesetzlich eingreifender Mitbestimmung die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft verpflichtet, eine Rechtsform anzunehmen, die die Ausübung dieser Mitbestimmungsrechte ermöglicht. Der Bestandsschutz der Mitbestimmungsrechte ist also im Falle einer der grenzüberschreitenden Verschmelzung unmittelbar nachfolgenden Umwandlung nicht gesichert. Dies widerspricht dem Regelungsziel der SE-RL, eine Sicherung bestehender Mitbestimmungsrechte zu gewährleisten.608 Zwar findet sich in den Erwägungsgründen zur VRL kein dementsprechendes explizites Bekenntnis. Der Verweis auf die Grundsätze der SE-RL609 erlaubt jedoch, die Wertungen der SE-RL zur Auslegung der VRL heranzuziehen.610 Die Absicherung 606 Die entsprechende deutsche Umsetzung in § 30 MgVG ist hingegen nur für den Fall einer vorrangegangenen Hineinverschmelzung von Relevanz. 607 Kritisch zum Fehlen des Verweises Kisker, RdA 2006, 206, 210. 608 Vgl. Erwägungsgrund (18) zur SE-RL, ABLEG Nr. L 294, 22, 23. 609 Vgl. Erwägungsgrund (13) zur VRL. 610 Kisker, RdA 2006, 206, 209.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

der Mitbestimmungsrechte erfolgt in der VRL damit offensichtlich lückenhaft, ohne dass der Richtliniengeber sich dessen bewusst gewesen ist. In Analogie zu Art. 16 Abs. 6, 7 VRL ist daher eine Umwandlung innerhalb der ersten drei Jahre nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung unzulässig, wenn sie zu einer Absenkung des Mitbestimmungsstandards führen würde. Die nationalen Gesetzgeber sind gefordert, die Analogie in nationales Recht umzusetzen, andernfalls das nationale Recht richtlinienkonformer Auslegung bedarf. In diesem Sinne richtlinienkonform auszulegen und damit bei Umwandlungen analog anzuwenden, wäre daher an sich auch der bei der Hineinverschmelzung relevante § 30 MgVG, der die Absicherung bestehender Mitbestimmungsrechte nur bei innerstaatlichen Verschmelzungen vorsieht. Ein solches Vorgehen verhindert hingegen die grundsätzliche Richtlinienwidrigkeit der Vorschrift und ihre dadurch bedingte Unanwendbarkeit.611 Umwandlungen sind daher – wie Verschmelzungen – als strukturelle Änderungen der Gesellschaft im Rahmen der analogen Anwendung des § 18 Abs. 3 SEBG zu berücksichtigen. Die Umwandlung einer mitbestimmten AG in eine Personengesellschaft ist somit innerhalb der ersten drei Jahre ab Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung grundsätzlich nicht zulässig.612 Innerhalb des gleichen Zeitraums setzt auch die Umwandlung in eine andere Kapitalgesellschaftsform Verhandlungen über die Mitbestimmung voraus, da nationales Mitbestimmungsrecht jedenfalls die Gleichberechtigung im Ausland arbeitender Arbeitnehmer nicht gewährleistet. Darüber hinaus ist durch eine Hineinverschmelzung der bei der SEGründung genannte Vorteil einer Ablegung der Mitbestimmung nach vorrangehender Sitzverlegung ins Ausland nicht realisierbar. Eine Verlegung des Satzungssitzes über die Grenze unter identitätswahrender Umwandlung in eine ausländische Rechtsform wird – rechtssicher – erst mit Verabschiedung und Umsetzung einer Sitzverlegungsrichtlinie möglich werden. Sobald aber europäische Gesellschaften eine Verlegung des Satzungssitzes über die Grenze offen steht, werden grenzüberschreitende Verschmelzungen als Vehikel zur Ablegung einer als lästig empfundenen Mitbestimmung an Attraktivität verlieren.

611

Siehe unter 4. Teil A. IV. 3. d) bb). Eine Ausnahme stellt insoweit die Umwandlung in eine „Kapitalgesellschaft & Co.“ dar. Diese ist von ihrer Struktur her mitbestimmungsfähig, so dass Verhandlungen über die Mitbestimmung geführt werden können, vgl. Meister/Klöcker, in: Kallmeyer, UmwG (2006), § 197 Rn. 64. 612

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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V. Verfahrenserleichterungen in besonderen Fällen Die VRL setzt in den meisten der von ihr getroffenen Regelungen den Fall einer Verschmelzung unter – mehr oder minder – gleichberechtigten Partnern voraus. Der beim sog. merger of equals regelmäßig zur Anwendung gelangende Schutz der (Minderheits-)gesellschafter nach §§ 122h Abs. 1, 122i UmwG oder, bei Beibehaltung der aufsichtsrechtlichen Praxis der BaFin, die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots nach § 35 WpÜG wird einen Großteil solcher Vorhaben zum schwer kalkulierbaren finanziellen Risiko für die aufnehmende/neue Gesellschaft bzw. einen kontrollierenden Gesellschafter machen und damit letztlich verhindern. Schon die Praxis zur innerstaatlichen Verschmelzung hat gezeigt, dass Umwandlungen in Form der Verschmelzung überwiegend bei Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns eingesetzt werden. Hier fehlen die unbequemen Minderheitsgesellschafter oder sind zumindest von geringerer Zahl. Konzerninterne Vorgänge profitieren in Artt. 15, 9 Abs. 3 VRL von weiteren Verfahrenserleichterungen, die – soweit sie nicht bereits Regelungen des UmwG entsprechen – in §§ 122c Abs. 3, 122g Abs. 2 UmwG ihre Umsetzung gefunden haben. Daneben wurde mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes unabhängig von der Umsetzung der VRL in den §§ 54, 68 UmwG eine Verfahrenserleichterung eingeführt, die – im Falle ihrer Anwendbarkeit – auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall von einiger Bedeutung sein dürfte. 1. Up-stream merger einer 100-prozentigen Tochter Von weitgehenden Vereinfachungen des Verschmelzungsverfahrens profitiert die Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft. a) Umsetzung des Art. 15 Abs. 1 VRL Zwingende Verfahrensvereinfachungen für den up-stream merger einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft sieht Art. 15 Abs. 1 VRL vor. Da die Muttergesellschaft im Rahmen einer solchen Verschmelzung keine eigenen Anteile erwirbt613, entfallen die Angaben über den Umtausch von Anteilen nach § 122c Abs. 2 Nr. 2, 3, 5 UmwG bereits aus sachlogischen Gründen. § 122c Abs. 3 UmwG hat in Umsetzung des Art. 15 Abs. 1 VRL in diesem Zusammenhang eine bloß feststellende Funktion. Echte Erleichterungen se613 Vgl. Artt. 2 Nr. 2 c), 15 Abs. 1 VRL und in Umsetzung der Vorschriften §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

hen hingegen § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. §§ 9 Abs. 2 und 3, 8 Abs. 3 UmwG und § 122g Abs. 2 UmwG vor. Den Vorgaben des Art. 15 Abs. 1 VRL gerecht werdend, sind eine Prüfung der Verschmelzung durch unabhängige Sachverständige sowie ein Prüfungsbericht danach ebenso wenig erforderlich wie ein Verschmelzungsbeschluss der übertragenden Gesellschaft, der andernfalls lästige Formalie bliebe. b) Anwendbarkeit des § 62 UmwG? Eine bedeutende zusätzliche Verfahrensvereinfachung bei der Verschmelzung auf eine deutsche AG oder KGaA614 würde eine Anwendbarkeit des § 62 UmwG mit sich bringen. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 62 UmwG wäre eine Zustimmung der Aktionäre der aufnehmenden Gesellschaft zur Verschmelzung nicht erforderlich, solange die Aktionäre eine Beschlussfassung nicht ausdrücklich verlangen.615 Machten die Gesellschafter der übernehmenden deutschen Gesellschaft nicht von ihrem Recht aus § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 62 Abs. 2 UmwG Gebrauch, in einer Hauptversammlung über die Zustimmung zur Verschmelzung zu beschließen, würde jedenfalls die Verschmelzung einer ausländischen 100-prozentigen Tochtergesellschaft auf eine AG bzw. KGaA mit Sitz in Deutschland zukünftig ohne Abhalten einer Gesellschafterversammlung bei übertragender und übernehmender Gesellschaft durchgeführt werden können.616 Man wird einer Anwendbarkeit des § 62 UmwG für diese grenzüberschreitenden Verschmelzungsfälle im Ergebnis zustimmen dürfen, sollte aber nicht darauf verzichten, dieses Ergebnis mit den Vorgaben der VRL abzugleichen. Im Einzelnen: aa) Zulässigkeit der Anwendung des § 62 UmwG Neben Art. 15 VRL sieht Art. 9 Abs. 3 VRL eine weitere Verfahrenserleichterung vor. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass auf die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft bei jeder grenzüberschreitenden Verschmelzung verzichtet werden kann, wenn die Bedingungen des Art. 8 Dritte Richtlinie vorliegen. Zwar beruht 614 Dazu, dass nach den §§ 122a ff. UmwG nicht auf eine SE verschmolzen werden kann, siehe unter 3. Teil B. III. 2. b). 615 Dem § 62 UmwG entsprechende Regelungen dürften sich auf Grund der europarechtlichen Grundlage der Vorschrift in der Dritten Richtlinie allerdings in vielen Mitgliedstaaten finden, so dass ein Verzicht auf Hauptversammlungen auch bei zahlreichen Hinausverschmelzungen möglich sein wird. 616 Hiervon ohne weiteres ausgehend Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 731.

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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§ 62 UmwG nicht auf einer Umsetzung des Art. 8 Dritte Richtlinie, sondern auf der des Art. 27 Dritte Richtlinie.617 Die jeweiligen Vorgaben der Dritten Richtlinie entsprechen sich hier jedoch weitestgehend. Art. 27 Dritte Richtlinie verzichtet lediglich auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Aktionäre der aufnehmenden Gesellschaft von Verschmelzungsbericht und Prüfbericht, da diese bei Konzernverschmelzungen ebenfalls entfallen bzw. entfallen können.618 Es kann dann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Artt. 9 Abs. 3, 15 VRL die Vereinfachung des Verschmelzungsverfahrens abschließend regeln und damit gerade der Entbehrlichkeit der Hauptversammlung einer Muttergesellschaft bei Aufnahme ihrer 100-prozentigen Tochter im Wege stehen, da die gemäß Art. 9 Abs. 3 VRL i. V. m. Artt. 8 b), 11 Abs. 1 e) Dritte Richtlinie erforderliche Möglichkeit der Aktionäre zur Kenntnisnahme eines – nach Art. 15 Abs. 1 VRL nicht zu erstellenden – Prüfungsberichts von vornherein ausscheidet. Eröffnet Art. 9 Abs. 3 VRL den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter den Voraussetzungen des Art. 8 Dritte Richtlinie stets auf die Durchführung einer Gesellschafterversammlung bei der übernehmenden Gesellschaft zu verzichten, so steht die VRL einem solchen Verzicht im Falle der konzerninternen Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft erst recht nicht entgegen. Die Anwendung der §§ 122a Abs. 2, 62 UmwG kann sich daher in richtlinienkonformer Weise auf den Generalverweis des Art. 4 Abs. 1 b) VRL stützen. bb) Folgeprobleme Die damit gesicherte Anwendbarkeit des § 62 UmwG führt im deutschen Recht zu einem Folgeproblem. § 62 Abs. 3 Satz 1, 2 UmwG fordert die Auslegung der in § 63 Abs. 1 UmwG genannten Unterlagen in dem Geschäftsraum der übernehmenden Gesellschaft zur Einsicht ihrer Aktionäre sowie die Bekanntmachung eines Hinweises auf die bevorstehende Verschmelzung in den Gesellschaftsblättern der übernehmenden Gesellschaft. Beides soll einen Monat vor der Gesellschafterversammlung der übertragenden Gesellschaft erfolgen. Bei der Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft ist nun aber nach der Vorgabe des Art. 15 Abs. 1 VRL, die § 122g Abs. 2 UmwG in nationales Recht umsetzt, bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zukünftig auch ein Verschmelzungsbeschluss der Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft nicht erforderlich. Jedenfalls bei einer Hineinverschmelzung läuft der zeitliche Anknüpfungspunkt zur Offenlegung des Verschmelzungsplans und die Auslegung der Ver617 618

Vgl. Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht (2000), Rn. 667. Vgl. Artt. 24, 28 Dritte Richtlinie.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

schmelzungsunterlagen für die aufnehmende deutsche AG/KGaA damit ins Leere. Bei der Hinausverschmelzung ergibt sich das gleiche Problem für übernehmende „AGs“ in den Mitgliedstaaten, in denen die Artt. 25, 27 Dritte Richtlinie seiner Zeit in nationales Recht umgesetzt wurde, eine Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft mithin ebenfalls entbehrlich ist.619 Gleichfalls im Unklaren bleibt damit – jedenfalls für die Hineinverschmelzung – zudem der korrekte Zeitpunkt der nach § 122d UmwG stets erforderlichen Bekanntmachung des Verschmelzungsplans.620 Man wird auch hier letztlich auf eine Bekanntmachung des Verschmelzungsplans sowie die Auslegung der in § 63 Abs. 1 UmwG bezeichneten Unterlagen nicht verzichten können. Sie erst stellen Minderheitsgesellschaftern die Informationsgrundlage zur Verfügung, um beurteilen zu können, ob eine Beschlussfassung verlangt werden soll. Die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans nach § 122d UmwG dient zudem dem Gläubigerschutz und ist ebenso nicht verzichtbar.621 Was nun den Zeitpunkt der Auslegung bzw. Bekanntmachung nach § 62 Abs. 3 UmwG sowie der Bekanntmachung nach § 122d UmwG angeht, so lassen sich nationalem Recht wie auch europarechtlichen Vorgaben unterschiedliche Anhaltspunkte entnehmen. (1) Frist zur Auslegung und Bekanntmachung nach § 62 Abs. 3 UmwG § 62 Abs. 3 UmwG gewährleistet, dass Minderheitsgesellschaftern der die Tochter- aufnehmenden Muttergesellschaft mindestens ein Monat – nämlich bis zur Anmeldung der Verschmelzung nach der Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft – Zeit bleibt, um eine Einberufung der Hauptversammlung zu verlangen.622 Der seinerzeit vom deutschen Gesetzgeber nicht in nationales Recht umgesetzte Art. 25 Dritte Richtlinie sieht wiederum die Offenlegung des Verschmelzungsplans sowie die Auslegung der dort genannten Dokumente einen Monat vor dem Zeitpunkt vor, zu dem die Verschmelzung wirksam wird. Die Frist des Art. 25 Dritte Richtlinie ist Bestandteil der europarechtlichen Vorgaben zur innerstaatlichen Verschmelzung von AGs. Im Gegensatz zur VRL kennt dieses Verfahren 619 Die Umsetzung der Artt. 25, 27 Dritte Richtlinie war nicht zwingend, so dass auch grenzüberschreitende Verschmelzungen denkbar sind, in denen sich das oben beschriebene Problem nicht stellt. 620 Dazu, dass diese Bekanntmachung aus Gründen des Gläubigerschutzes unverzichtbar ist siehe unter 4. Teil A. II. 2. c). 621 Letzteres führt zudem dazu, dass auch die übertragende Gesellschaft auf eine Bekanntmachung des Verschmelzungsplans nicht verzichten kann, obwohl ihre Hauptversammlung keinen Verschmelzungsbeschluss fassen muss und § 122d UmwG insoweit leer läuft. 622 Grunewald, in: Lutter, UmwG (2004), § 62 Rn. 13.

A. Verschmelzung zwischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaften

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keine zweistufige Rechtmäßigkeitsprüfung, so dass Anmeldung und Wirksamwerden der Verschmelzung zeitlich kaum auseinanderfallen. Erfordert ein angemessener Ausgleich zwischen dem Schutz der Minderheitsgesellschafter und dem Interesse der übernehmenden Gesellschaft an frühzeitiger Rechtssicherheit aber auch im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfalls ein Einberufungsverlangen vor Anmeldung der Verschmelzung, so sind beide Interessen nur dann in Ausgleich zu bringen, wenn die Auslegung der nach § 62 Abs. 3 Satz 1 UmwG erforderlichen Dokumente spätestens einen Monat vor Anmeldung der Verschmelzung durch die übernehmende Gesellschaft vorzunehmen ist und das Einberufungsverlangen dann bis zu jener Anmeldung gestellt werden kann. Spätestens einen Monat vor Anmeldung der Verschmelzung hat auch die Einreichung des Verschmelzungsplans mit anschließender Hinweisbekanntmachung durch das Registergericht nach § 62 Abs. 3 Satz 2 UmwG zu erfolgen. (2) Frist zur Bekanntmachung nach § 122d UmwG Für die Bekanntmachung nach § 122d UmwG läge es für die Hineinverschmelzung623 an sich näher, auf die Vorgabe des Art. 25 Dritte Richtlinie zurückzugreifen und die dort geforderte Bekanntmachung bis einen Monat vor Wirksamwerden der Verschmelzung ausreichen zu lassen. Für die Praxis erscheint es jedoch wenig sinnvoll, zunächst eine Bekanntmachung nach § 62 Abs. 3 Satz 2 UmwG vornehmen zu lassen, um zu einem späteren Zeitpunkt selbige Bekantmachung unter Ergänzung der in § 122d UmwG geforderten Angaben zu wiederholen. Dogmatisch lässt sich freilich sowohl die Anwendung der unter (1) für § 62 Abs. 3 UmwG herausgearbeiteten zeitlichen Vorgaben als auch die Anwendung der in Art. 25 Dritte Richtlinie genannten Frist auf die Bekanntmachung nach § 122d UmwG kaum sauber begründen. Der Gesetzgeber ist an dieser Stelle zur Schaffung der nötigen Rechtssicherheit aufgefordert. 2. Up-stream merger einer mindestens 90-prozentigen Tochter Auf die Verschmelzung einer mindestens 90-prozentigen Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft findet über § 122a Abs. 1 UmwG § 62 UmwG Anwendung. Die Zustimmung der Aktionäre einer aufnehmenden AG ist unter den dort genannten Voraussetzungen nicht erforderlich. Auf 623 Zur besonderen Situation bei der Hinausverschmelzung, die aus Gründen des Gläubigerschutzes eine Bekanntmachung des Verschmelzungsplans nach § 122d UmwG mindestens zwei Monate vor Anmeldung der Verschmelzung erfordert, siehe unter 4. Teil A. III. 2.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Grund des stets erforderlichen Verschmelzungsbeschlusses der übertragenden Gesellschaft sind die bei der Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft dargestellten Abstimmungsdefizite hier nur bezüglich § 122d UmwG von Relevanz. Praktisch dürfte sich auch hier empfehlen, die Bekanntmachung nach § 122d UmwG mit der nach § 62 Abs. 3 Satz 2 UmwG zu verbinden. Ein Wort des Gesetzgebers bleibt wünschenswert. Der Verweis des Art. 15 Abs. 2 VRL, nach dem für die Verschmelzung einer mindestens 90-prozentigen Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft hinsichtlich der Verschmelzungsprüfung weitere Verfahrenserleichterungen nach nationalem Recht erlaubt sind, bringt deutschen Gesellschaften keine weiteren Erleichterungen. Die Vorschrift setzt eine Umsetzung des Art. 28 Dritte Richtlinie voraus, der solche Erleichterungen für die innerstaatliche Verschmelzung von AGs ermöglichte. Art. 28 Dritte Richtlinie wurde vom deutschen Gesetzgeber seinerzeit jedoch nicht umgesetzt.624 3. Der Verzicht auf die Anteilsgewährung, §§ 54 Abs. 1 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG Die neuen §§ 54 Abs. 1 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG sehen vor, dass eine aufnehmende GmbH bzw. eine aufnehmende AG oder KGaA von der Anteilsgewährung absehen darf, wenn alle Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers in notariell beurkundeten Erklärungen hierauf verzichten.625 Wenn die VRL eine solche Verzichtsmöglichkeit auch nicht vorsieht, so ist doch nicht ersichtlich, inwiefern sie Vorgaben der Richtlinie oder gar dem Primärrecht widersprechen könnte. Die §§ 54 Abs. 1 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG wahren durch die Erforderlichkeit des einstimmigen Verzichts die Rechte der Gesellschafter und führen insbesondere bei der Verschmelzung innerhalb eines Konzern zu einer weiteren Verfahrenserleichterung. Die Vorschriften finden im grenzüberschreitenden Verschmelzungsfall daher über § 122a Abs. 2 UmwG Anwendung. Freilich werden sie den verschmelzungswilligen Gesellschaften nur bei einer Hineinverschmelzung zu Gute kommen.626 Deutsches Recht kann hingegen nicht vorsehen, inwieweit die bei einer Hinausverschmelzung aufnehmende ausländische Gesellschaft auf die Anteilsgewährung verzichten kann. 624

Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht (2000), Rn. 667 a. E. Vgl. zu dieser Verfahrenserleichterung im innerstaatlichen Kontext Drinhausen, BB 2006, 2313, 2315; DAV, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, NZG 2006, 737, 739. 626 Zur dann notwendigen notariellen Beurkundung der Verzichtserklärungen der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft vgl. die Ausführungen unter 4. Teil A. II. 5. b) bb). 625

B. Die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung

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B. Die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR Als Sonderfall einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach den §§ 122a ff. UmwG präsentiert sich die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR. Sie ist – jedenfalls im Grundsatz – einheitlich als grenzüberschreitende Verschmelzung zu behandeln.627 Es erscheint jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, einzelne Regelungen zur innerstaatlichen Verschmelzung auf den rein nationalen Verschmelzungsteil zur Anwendung zu bringen, falls diese die Verschmelzung erleichtern, ohne schützenswerte Drittinteressen zu beeinträchtigen. Entscheidend für die Frage nach dem jeweils anwendbaren Recht wird damit, wessen Schutz die einzelnen Vorschriften der §§ 122a ff. UmwG dienen.

I. Der gemeinsame Verschmelzungsplan und seine Überprüfung Gemäß § 122c UmwG haben die Vertretungsorgane aller beteiligten Gesellschaften – damit auch aller beteiligten deutschen Gesellschaften – einen gemeinsamen Verschmelzungsplan aufzustellen. Der Plan ist zum Schutz der Interessen der Gesellschafter und Dritter in den beteiligten Mitgliedstaaten öffentlich bekannt zu machen. Der Zweck des gemeinsamen Verschmelzungsplans, Gesellschaftern, aber auch Dritten eine einheitliche, gleichlautende Informationsgrundlage zu bieten, verbietet es, dass sich die zu übertragende deutsche Gesellschaft an der Planaufstellung nicht beteiligt und stattdessen einen Verschmelzungsvertrag nach §§ 4 ff. UmwG mit der aufnehmenden deutschen Gesellschaft schließt. Der zur Durchführung der Verschmelzung erforderliche Aufwand würde im Übrigen durch ein anderweitiges Vorgehen nur erhöht. Folge der gemeinsamen Planaufstellung ist, dass auch die für die grenzüberschreitende Verschmelzung vorgesehenen, das Recht zur rein innerstaatlichen Verschmelzung ergänzenden Regelungen zur Prüfung des Verschmelzungsplans durch unabhängige Sachverständige (§ 122f UmwG) vollumfänglich Anwendung finden müssen.

627

Siehe unter 3. Teil B. IV. 1. c).

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4. Teil: Die praktische Durchführung

II. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsberichts? Etwas anderes könnte für den in § 122e UmwG geregelten, durch die Vertretungsorgane jeder Gesellschaft jeweils zu erstellenden Verschmelzungsbericht gelten.628 Dieser dient nicht der Information der anderen beteiligten Gesellschaften, ihrer Gesellschafter, Arbeitnehmer oder etwa Gläubiger. Dennoch ist der Bericht auch aus Sicht der übertragenden deutschen Gesellschaft nicht nach § 8 Abs. 3 UmwG entbehrlich. Der in § 122e UmwG vorgesehene Verschmelzungsbericht dient nicht – wie der des § 8 UmwG – ausschließlich der Information der Gesellschafter, sondern darüber hinaus auch der Information der Arbeitnehmer. Die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 UmwG auf den nationalen Verschmelzungsteil einer gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Verschmelzung ist damit nicht zu vereinbaren. Aber auch § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 UmwG kann keine Anwendung finden.

III. Die Gesellschafterversammlung Der Verschmelzung muss auf Versammlungen der Gesellschafter zugestimmt werden. Deutsches Recht findet Anwendung (vgl. Artt. 9 Abs. 1, 4 Abs. 1 b) VRL).629 Auch die Anteilsinhaber der bei der gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Verschmelzung übertragenden deutschen Gesellschaft profitieren dabei von der ihrem Interesse dienenden Vorschrift des § 122g Abs. 1 UmwG und können ihre Zustimmung von der Bestätigung des zukünftigen Mitbestimmungsregimes abhängig machen. Im Falle der Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochter auf ihre Mutter ist eine Zustimmung der Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft gemäß § 122g Abs. 2 UmwG nicht erforderlich. Aus Sicht der übertragenden deutschen Gesellschaft ergeben sich demnach auch hier keine Besonderheiten.

IV. Spruchverfahren ohne Zustimmung? Eine spürbare Vereinfachung auf dem Weg zur wirksamen Verschmelzung würde es mit sich bringen, setzte die Zulässigkeit von Spruchverfahren zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses bzw. einer Barabfindung – § 15 bzw. 34 UmwG i. V. m. dem SpruchG – für die Gesellschafter der im Rahmen der gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Ver628 Zur Problematik, inwieweit ein gemeinsamer Bericht aller Gesellschaften zulässig ist, siehe unter 4. Teil A. II. 4. b) dd). 629 Zu den in concreto anwendbaren Normen siehe unter 4. Teil A. II. 6. b) bb).

B. Die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung

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schmelzung übertragenden deutschen Gesellschaft nicht nach § 122h Abs. 1 UmwG bzw. § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG voraus, dass der Rechtsordnung des ausländischen Verschmelzungspartners solch ein Spruchverfahren ebenfalls bekannt ist bzw. die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft der Durchführung eines Spruchverfahrens zustimmen. Die Gesellschafter der übertragenden deutschen Gesellschaft könnten den Verschmelzungsbeschluss dann nach § 14 Abs. 2 bzw. § 32 UmwG nicht anfechten. Die Wortlaute der §§ 122h Abs. 1, 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG umfassen hingegen auch die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung. Sinn und Zweck der Regelungen lassen es ebenfalls nicht zu, zu Gunsten der Gesellschafter der übertragenden deutschen Gesellschaft auf ihre Anwendung zu verzichten. Zwar verletzt die Anwendung der §§ 14 Abs. 2, 15 bzw. 32, 34 UmwG weder die Interessen der aufnehmenden deutschen Gesellschaft, deren Rechtsordnung Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung ja gerade kennt, noch die der übertragenden ausländischen Gesellschaft, die durch eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses bzw. der Barabfindung im Verhältnis der beiden deutschen Gesellschaften nicht belasten wird. Einseitig zu Gunsten der Gesellschafter der übertragenden deutschen Gesellschaft festgesetzte bare Zuzahlungen zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses oder eine Verbesserung der Barabfindung begründen jedoch für die ehemaligen Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft die Gefahr, dass ihre mit der Verschmelzung erlangte Gesellschafterstellung in der aufnehmenden deutschen Gesellschaft nachträglich durch einen Entzug von Gesellschaftsvermögen entwertet wird. In ihrem Interesse sind ihre in §§ 122h Abs. 1, 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG vorgesehenen Zustimmungen daher auch aus Sicht der bei der gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Verschmelzung übertragenden deutschen Gesellschaft einzuholen.

V. Rechtmäßigkeitsprüfung Da der Grundsatz der Einheitsverschmelzung mit sich bringt, dass die Verschmelzung von mehr als zwei Gesellschaften vom Gesetz als einheitliche Verschmelzung gewertet und behandelt wird und alle Verschmelzungen gleichzeitig Wirksamkeit erlangen, ist es unumgänglich, auf die gesamte gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung das in §§ 122k, 122l UmwG festgelegte Verfahren zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit und zur Eintragung der Verschmelzung zur Anwendung zu bringen. Auch die übertragende deutsche Gesellschaft hat somit etwa eine Rechtmäßigkeitsbescheinigung einzuholen und gemäß § 122k Abs. 3 UmwG innerhalb von sechs Monaten beim Handelsregister der aufnehmenden Gesellschaft einzureichen.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

VI. Ergebnis Dem Grundsatz der Einheitsverschmelzung wird bei der gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften allein die Anwendung der §§ 122a ff. UmwG auf deutscher Seite gerecht.

C. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR bei einseitiger Umsetzung der VRL Der deutsche Gesetzgeber vergeudete bei der Umsetzung der VRL keine Zeit. Bereits vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der VRL Ende Dezember 2007 stellte er deutschen Kapitalgesellschaften mit dem geänderten UmwG sowie dem MgVG den rechtlichen Rahmen zur Durchführung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU bzw. des EWR zur Verfügung.630 Die Gesetzgeber anderer Mitgliedstaaten gehen die Umsetzung der VRL derweilen weniger energisch an und werden nur mit Mühe – wenn überhaupt – die Umsetzungsfrist einhalten können. Für eine hoffentlich nur kurze Übergangsphase wird sich daher die Frage stellen, nach welchen Vorschriften eine grenzüberschreitende Verschmelzung unter Kapitalgesellschaften bei einseitiger Umsetzung der VRL im deutschen Recht auf deutscher und auf ausländischer Seite durchzuführen ist. Da der VRL und damit auch den zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Vorschriften der §§ 122a ff. UmwG der Gedanke zu Grunde liegt, dass alle beteiligten Rechtsordnungen bei Durchführung der Verschmelzung Beachtung finden müssen631, steht eben diese Vorgehensweise jedenfalls für die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften fortan fest.632

I. Die Verschmelzung bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist Für die an der Verschmelzung beteiligten inländischen Kapitalgesellschaften steht mit der Änderung des UmwG und dem Inkrafttreten des MgVG 630 Nicht mehr zu diskutieren ist daher die Durchführung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften vor Umsetzung der VRL in Deutschland. Vgl. hierzu die Praxisberichte bei Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2560 ff.; Wenglorz, BB 2004, 1061, 1064 f.; Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 649 ff. 631 Zum kollisionsrechtlichen Regelungsansatz der VRL siehe unter 3. Teil B. II. 2. b). 632 Dass auch für Verschmelzungen von Personengesellschaften oder zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften im Ergebnis nicht anderes gelten kann, siehe unter 4. Teil D. II.

C. Einseitige Umsetzung der VRL

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eine Rechtsgrundlage zur Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften zur Verfügung, die unabhängig von einer Umsetzung der VRL in anderen Mitgliedstaaten Geltung beansprucht.633 Für ausländische Gesellschaften, in deren Rechtsordnungen die VRL bisher nicht umgesetzt wurde, ist die Frage nach den anwendbaren Vorschriften hingegen ungeklärt. Unterschiedlich Lösungsansätze befinden sich hierzu in der deutschen Literatur in der Diskussion. Sie beziehen sich in erster Linie auf das Vorgehen in Deutschland vor Umsetzung der VRL, können nach nun erfolgter Umsetzung im Inland aber auf die ausländische Rechtslage übertragen werden. 1. Lösungsansätze Nachdem fast gleichzeitig mit der „SEVIC“-Entscheidung des EuGH die VRL erlassen wurde, sprechen sich einige Autoren dafür aus, die Richtlinie bereits vor ihrer Umsetzung im Wege einer Vorwirkung auf grenzüberschreitende Verschmelzungen anzuwenden.634 Verweist die Richtlinie dabei auf nationales Recht oder ermächtigt den nationalen Gesetzgeber zu einer Regelung, so sei das jeweilige nationale Verschmelzungsrecht analog heranzuziehen.635 Eine Reihe weiterer Ansichten geht im Ausgangspunkt von einer Anwendbarkeit des nationalen Verschmelzungsrechts aus. Ein Großteil der Literatur plädiert dabei dafür, die Anwendbarkeit des jeweiligen nationalen Umwandlungsrechts in europarechtskonformer Auslegung auf grenzüberschreitende Sachverhalte auszudehnen.636 Bei einer Inkompatibilität der verschiedenen anzuwendenden Verschmelzungsrechte sei der Registerrichter – bzw. die im Ausland zuständige öffentliche Stelle – dann durch „SEVIC“ verpflichtet, die Verschmelzung im Wege der Anpassung der Ver633

Spahlinger/Wegen, NZG 2006, 721, 725; Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210,

212. 634 Nagel, NZG 2006, 97, 101; Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 231. So auch Drygala, EWiR 2006, 25, 26, für Vorschriften der Richtlinie, die klar und eindeutig formuliert sind und keiner Wertentscheidung des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung bedürfen. Eine Vorwirkung ablehnend nun aber Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 773. 635 Vgl. Bungert, BB 2006, 53, 55, der dieser Ansicht im Ergebnis aber nicht folgen möchte. 636 Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 212; Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2560; wohl auch Bungert, BB 2006, 53, 55, der etwas unklar von einer entsprechenden Anwendung des UmwG auf Grund des Anwendungsbefehls der „SEVIC“-Entscheidung spricht; für die Hineinverschmelzung auch Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 164 f.; Kappes, NZG 2006, 101, 102 f., anders aber Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 231.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

schmelzungsrechte zu ermöglichen.637 Vereinzelt wird eine analoge Anwendung der SE-VO bzw. des SEAG in den Bereichen des Gläubiger-, Gesellschafter- und Arbeitnehmerschutzes befürwortet.638 Schließlich plädieren manche für eine europarechtskonforme Auslegung des nationalen Verschmelzungsrechts im Sinne der VRL in den Bereichen, in denen anders ein europarechtskonformes Ergebnis nicht zu erzielen ist.639 2. Stellungnahme Nur letztgenannter Vorschlag bietet eine geschlossene und praxistaugliche Lösung zur Bestimmung des auf Seiten der ausländischen Gesellschaft anwendbaren Rechts, die zugleich in dogmatischer Hinsicht belastbar ist. Eine generelle Vorwirkung oder auch nur eine teilweise echte Vorwirkung der VRL widerspricht der ganz herrschenden Lehre640, insbesondere aber der Rechtsprechung des EuGH641 zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien.642 Zwar ist eine Vorwirkung von Richtlinien vor Ablauf der Umsetzungsfrist insoweit anerkannt, als dass den nationalen Gesetzgebern ab Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der EG eine Vereitelung des Regelungsziels des europäischen Gesetzgebers untersagt ist (sog. Gebot 637

Leible/Hoffmann, RIW 2006, 161, 164 f.; ähnlich Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2559, die aber zugestehen, dass die VRL ein Indiz für die Auslegung des nationalen Rechts sein mag. 638 Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 49 f. mit Zweifeln bezüglich der Mitbestimmung; Siems, EuZW 2006, 135, 138 f., der die Arbeitnehmermitbestimmung bei der Hinausverschmelzung allerdings als nicht geschützt ansieht, die SE-VO also nur in den Bereichen des Gesellschafter- sowie des Gläubigerschutzes zur Anwendung bringen will. 639 Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 776; Forsthoff, DStR 2006, 613, 618, der aber für den Bereich der Mitbestimmung kein Bedürfnis für eine europarechtskonforme Auslegung sieht; genau entgegen gesetzt Oechsler, NJW 2006, 812 ff., der zwar grundsätzlich eine analoge Anwendung der SE-VO befürwortet, jedenfalls für die Unternehmensmitbestimmung aber eine Orientierung des Registergerichts an den Vorgaben der VRL fordert. 640 Statt vieler Langenbucher, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 1 Rn. 53 ff.; Canaris, FS-Bydlinski (2002), 47, 54. 641 EuGH, U. v. 4.12.1974, Rs. 41/74 – „van Duyn“, Slg. 1974, 1349, Rn. 13 f.; EuGH, U. v. 5.4.1979, Rs. 148/78 – „Ratti“, Slg. 1979, 1629, 1642, Rn. 22 f.; EuGH, U. v. 19.1.1982, Rs. 8/81 – „Becker“, Slg. 1982, 53, 71, Rn. 24 f.; EuGH, U. v. 24.3.1987, Rs. 286/85 – „Mc Dermott, Cotter“, Slg. 1987, 1453, 1466, Rn. 11; EuGH, U. v. 22.2.1990, Rs. C-221/88 – „Busseni“, Slg. 1990, I-519, I-525, Rn. 22; EuGH, U. v. 12.7.1990, Rs. C-188/89 – „Foster“, Slg. 1990, I-3313, I-3347, Rn. 16. 642 Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 773; Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2559; Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 213; im Ergebnis auch Doralt, IPRax 2006, 572, 577 (Fn. 68).

C. Einseitige Umsetzung der VRL

357

des Stand-Still oder Frustrationsverbot).643 Eine unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinie besteht hingegen allein bei nicht fristgerechter bzw. nicht hinreichender Umsetzung soweit sie inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist.644 Die Anwendung des jeweiligen nationalen Verschmelzungsrechts ist demgegenüber zwar dogmatisch begründbar. Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Widersprüche der zu beachtenden Verschmelzungsrechte im Wege der Anpassung nicht zu beseitigen sind oder die Möglichkeit einer Anpassung in einem Maße unsicher erscheint, das der Niederlassungsfreiheit nicht gerecht wird.645 In diesen Fällen bleibt die Orientierung an europarechtlichen Vorgaben. Ein Rückgriff auf die SE-VO bzw. das SEAG – der im Übrigen in der vertretenen Beschränkung auf die Bereiche des Gesellschafter-, Gläubiger- und Arbeitnehmerschutzes nicht zu überzeugen vermag – ist hierbei nicht notwendig.646 Vielmehr bietet die VRL den zuständigen Stellen bereits vor ihrer Umsetzung Hilfestellung, um zu einer europarechtskonformen Auslegung des nationalen Verschmelzungsrechts zu kommen.647 Der Terminus „europarechtskonforme Auslegung“ bezeichnet dabei, dem Verständnis des EuGH folgend, nicht nur die aus der deutschen Methodenlehre bekannten Methoden der Gesetzesauslegung, sondern umfasst auch die Methoden zulässiger Rechtsfortbildung.648 Eine Rechtsfortbildung an Hand zukünftiger Normen ist dabei insoweit legitim, als die Nor643

EuGH, U. v. 18.12.1997, Rs. C-129/96 – „Inter-Environnement Wallonie“, Slg. 1997, I-7411, I-7449, Rn. 44 ff.; EuGH, U. v. 22.11.2005, Rs. C-144/04 – „Mangold“, Slg. 2005, I-9981, I-10038, Rn. 67. Zustimmend allgemein Neuner, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 231, 238; ders., Beiträge für Canaris (2002), 83, 111; W.-H. Roth, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 250, 255; Bühring/Lang, ZEuP 2005, 88, 97 f.; im Speziellen zur VRL Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 776; Forsthoff, DStR 2006, 613, 617. 644 Statt vieler Langenbucher, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 1 Rn. 54; Canaris, FS-Bydlinski (2002), 47, 54. 645 Ähnlich Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 776. 646 Im Ergebnis auch Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2560, die darauf hinweisen, dass die Vorschriften zur SE speziell auf die SE zugeschnitten seien. 647 Dass dies nicht ausschließt, nationale Regelungen zur SE – hier die dem SEBG entsprechenden Vorschriften des ausländischen Rechts – analog anzuwenden, siehe unter 4. Teil A. IV. 3. d) bb). Im Gegensatz zur teilweise anzutreffenden Literaturansicht wird diese Anwendung von SE-Vorschriften über eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts vermittelt. 648 W.-H. Roth, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 250, 257 ff.; Riesenhuber/Domröse, RIW 2005, 47, 50; Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kap. 3 Rn. 38; Canaris, FSBydlinski (2002), 47, 81 ff.; Staudinger, NJW 2002, 653, 655; eingehend hierzu Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft (1999), 405 ff.; a. A. Habersack/Mayer, WM 2002, 253, 256.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

men Ausdruck eines Konsenses sind und Rechtssicherheit fördern.649 Freilich darf dies regelmäßig nicht im Sinne einer Verpflichtung nationaler Gerichte zur Rechtsfortbildung verstanden werden.650 Gerade bei einseitiger Umsetzung der VRL zeigt sich aber, dass es faktisch doch zu einer solchen Verpflichtung kommen kann. So hat die bisherige Untersuchung gezeigt, dass an der Europarechtskonformität deutschen Rechts – hinsichtlich der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften – nach Umsetzung der VRL nur an wenigen Stellen Zweifel bestehen, die zudem fast immer durch eine richtlinienkonforme Auslegung ausgeräumt werden können. Bestehen zudem kaum Zweifel an der Vereinbarkeit der VRL mit den Vorgaben des Primärrechts, wird man auch „SEVIC“ hinsichtlich der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften von deutscher Seite aus gerecht.651 Anderes gilt für die Rechtsordnungen, in die die Implementierung der VRL bislang unterblieb. Auf ihrer Seite erfordert „SEVIC“, ein Scheitern der Verschmelzung auf Grund einer Unvereinbarkeit der beteiligten Verschmelzungsrechte durch die europarechtskonforme Auslegung und ggf. eine Rechtsfortbildung des nationalen Verschmelzungsrechts zu verhindern. Dies kann aber jedenfalls bei einer Verschmelzung mit einer deutschen Gesellschaft nur gelingen, wenn die Auslegung und Rechtsfortbildung in Orientierung an der VRL vorgenommen wird. 3. Konkrete Durchführung Aufbauend auf dem bereits weitgehend durch die Dritte Richtlinie vereinheitlichten Verschmelzungsverfahren, führt bereits die einseitige Umsetzung der VRL durch den deutschen Gesetzgeber zu einer merklichen Erleichterung grenzüberschreitender Verschmelzungen: Der Verschmelzungsplan ist fortan gemeinsam aufzustellen (§ 122c Abs. 1 UmwG). Sein Mindestinhalt ergibt sich aus § 122c Abs. 2 UmwG, der es zulässt, weitergehende Anforderungen der involvierten ausländischen Rechtsordnungen – parteiautonom – im Plan zu berücksichtigen. Die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, der Verschmelzungsbericht, die Verschmelzungsprüfung und die Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse bringen keine die Verschmelzung gefährdenden rechtlichen Hindernisse mit 649

Neuner, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 231, 239; ähnlich Leible/Sosnitza, NJW 1998, 2507, 2508; Lutter, JZ 1992, 593, 605; Langenbucher, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 1 Rn. 102. 650 Leible/Sosnitza, NJW 1998, 2507, 2508; Lutter, JZ 1992, 593, 605; Langenbucher, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 1 Rn. 102. 651 Ähnlich Forsthoff, DStR 2006, 613, 617.

C. Einseitige Umsetzung der VRL

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sich. Die gemeinsame Erstattung des Verschmelzungsberichts durch die Unternehmensleitungen und die Durchführung der Verschmelzungsprüfung durch gemeinsame unabhängige Prüfer sind zulässig, soweit alle beteiligten Rechtsordnungen ein solches Vorgehen zulassen. Inwieweit auf Bericht, Prüfung oder den Verschmelzungsbeschluss verzichtet werden kann, richtet sich für jede Gesellschaft nach dem jeweiligen nationalen Recht. Der im deutschen Recht sehr ausgeprägte Schutz der Gesellschafter durch Spruchverfahren zur Kontrolle und Verbesserung des Umtauschverhältnisses bzw. einer Barabfindung kommt nur zur Anwendung, soweit die Gesellschafter der an der Verschmelzung beteiligten ausländischen Gesellschaften, deren Rechtsordnungen ein solches Verfahren nicht vorsehen, im Verschmelzungsbeschluss ausdrücklich zustimmen (§§ 122h Abs. 1, 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG). Der Schutz der Gläubiger einer hinausverschmelzenden deutschen Gesellschaft wird durch seine Vorverlagerung nach § 122j UmwG gesichert. Auch das bisher zuweilen auftretende Problem eines Auseinanderfallens der Zeitpunkte, zu denen nach den involvierten Rechtsordnungen die Verschmelzung wirksam werden sollte652, ist für die Hinausverschmelzung durch § 122k Abs. 2 Satz 3 UmwG gelöst. Es bleiben damit – soweit ersichtlich – im Wesentlichen drei Bereiche, die bis zu einer beiderseitigen Umsetzung der VRL bei der Durchführung der Verschmelzung Probleme verursachen werden. Zunächst besteht bei der Hineinverschmelzung vorerst weiterhin die Gefahr eines Auseinanderfallens der Zeitpunkte des Wirksamwerdens der Verschmelzung. Ohne Abstimmung mit den ausländischen Rechtsordnungen bleibt auch das in §§ 122k, 122l UmwG vorgesehene Verfahren der Rechtmäßigkeitskontrolle und der Eintragung der Verschmelzung. Hier muss das jeweilige nationale Recht der ausländischen Verschmelzungspartner vor Umsetzung der VRL im Sinne der Artt. 10–13 VRL ausgelegt werden, um die Verschmelzung mit der deutschen Gesellschaft nicht zu gefährden.653 Schließlich erfordert das für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften bereits heute europarechtskonforme deutsche Verschmelzungsrecht regelmäßig Verhandlungen über die Mitbestimmung in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft nach den Vorschriften des MgVG. Hier wird allein die in Orientierung an Art. 16 VRL vorgenommene Rechtsfortbildung des ausländischen Verschmelzungsrechts ein Scheitern der Verschmelzung verhindern, was im Ergebnis regelmäßig zur analogen Anwendung der dem SEBG entsprechenden ausländischen Gesetze führen dürfte. 652 Vgl. etwa die dargestellten Verschmelzungsfälle bei Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2563; Doralt, IPRax 2006, 572, 577; Wenglorz, BB 2004, 1061, 1064 f. 653 Im Ergebnis ebenso Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 776, die allerdings von dem Fall ausgehen, dass die VRL auf beiden Seiten noch nicht umgesetzt wurde.

360

4. Teil: Die praktische Durchführung

II. Die Verschmelzung nach Ablauf der Umsetzungsfrist Nach Ablauf der Frist zur Umsetzung einer Richtlinie ist diese im Verhältnis von Privatrechtssubjekten zum nicht bzw. nicht hinreichend umsetzenden Mitgliedstaat insoweit unmittelbar anzuwenden, als sie inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist.654 Die Vorgaben der VRL werden diese Voraussetzungen ganz überwiegend erfüllen. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass eine unmittelbare Anwendbarkeit nicht in Frage kommt, soweit eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts möglich ist.655 Gleiches muss dann aber erst recht gelten, wenn Primärrecht die Anpassung nationalen Rechts in Orientierung an einer Richtlinie erfordert. Da nach hier für vorzugswürdig befundener Ansicht bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist bei Verschmelzungen mit deutschen Gesellschaften eine faktische Pflicht zur Rechtsfortbildung der in die Verschmelzung involvierten ausländischen Rechtsordnungen im Sinne der VRL besteht, wird der Ablauf entsprechender Verschmelzungen nach Ablauf der Umsetzungsfrist – bei dann subsidiär bestehender rechtlicher Pflicht zur unmittelbaren Anwendung der VRL – in identischer Weise durchzuführen sein. Insofern kann hier auf obige Ausführungen verwiesen werden.

D. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften oder zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR Bereits die einseitige Umsetzung der VRL durch den deutschen Gesetzgeber ist – wie soeben dargestellt – für Verschmelzungen im Anwendungsbereich der VRL ausreichend, um auch das auf Seiten der ausländischen Verschmelzungspartner zur Durchführung der Verschmelzung anwendbare Recht zu bestimmen. Schwieriger stellt sich die Bestimmung des auf beiden Seiten anzuwendenden Rechts für solche Verschmelzungen dar, die gerade nicht von der VRL zugelassen, sondern ausschließlich unter Berufung auf 654 EuGH, U. v. 4.12.1974, Rs. 41/74 – „van Duyn“, Slg. 1974, 1349, Rn. 13 f.; EuGH, U. v. 5.4.1979, Rs. 148/78 – „Ratti“, Slg. 1979, 1629, 1642, Rn. 22 f.; EuGH, U. v. 19.1.1982, Rs. 8/81 – „Becker“, Slg. 1982, 53, 71, Rn. 24 f.; EuGH, U. v. 24.3.1987, Rs. 286/85 – „Mc Dermott, Cotter“, Slg. 1987, 1453, 1466, Rn. 11; EuGH, U. v. 22.2.1990, Rs. C-221/88 – „Busseni“, Slg. 1990, I-519, I-525, Rn. 22; EuGH, U. v. 12.7.1990, Rs. C-188/89 – „Foster“, Slg. 1990, I-3313, I-3347, Rn. 16. Aus der Literatur statt vieler Langenbucher, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 1 Rn. 54; Canaris, FS-Bydlinski (2002), 47, 54. 655 W.-H. Roth, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre (2006), 250, 256.

D. Verschmelzung von Personengesellschaften

361

die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit durchführbar sind.656 Der EuGH hat in „SEVIC“ zwar geklärt, dass auch Verschmelzungen unter Personengesellschaften oder solche zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften insoweit zulässig sind, als sich die entsprechenden nationalen Gesellschaften innerstaatlich verschmelzen können. Für die praktische Durchführbarkeit solcher Vorhaben ist damit aber nicht viel gewonnen. Es bleibt daher die Frage zu beantworten, nach welchen Regelungen sich derartige grenzüberschreitende Verschmelzungen zukünftig richten.657

I. Bestimmung des anwendbaren Rechts – Ausgangslage Bereits vor „SEVIC“ wurde – soweit man eine grenzüberschreitende Verschmelzung für zulässig hielt – diskutiert, nach welchen Vorschriften eine solche Verschmelzung durchzuführen sei. Da an grenzüberschreitenden Verschmelzungen Gesellschaften verschiedener – zumeist zweier – Rechtsordnungen beteiligt sind, war theoretisch denkbar, das Personalstatut der übertragenden Gesellschaft oder das der übernehmenden Gesellschaft allein über das anwendbare Recht bestimmen zu lassen oder aber beide Rechtsordnungen in koordinierter Weise zur Anwendung zu bringen. 1. Einheitstheorien a) Übertragungs- vs. Aufnahmetheorie Nach der sog. Übertragungstheorie bestimmt allein das Personalstatut der übertragenden Gesellschaft das auf die Verschmelzung anwendbare Sachrecht.658 Das Recht der aufnehmenden oder neu zu gründenden Gesellschaft bleibt hingegen unberücksichtigt. Der Ansatz wahrt somit die Interessen der hinter der übertragenden Gesellschaft stehenden Gesellschafter und Gläubiger. 656

Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841 halten die Durchführbarkeit von grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Beteiligung von Personengesellschaften mangels rechtssicherer Rechtsgrundlage gar für „illusorisch“. 657 Mittelfristig könnte hier eine Umsetzung des Vorschlags des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht für eine Regelung des Internationalen Gesellschaftsrechts auf europäischer/nationaler Ebene Abhilfe schaffen, vgl. Sonnenberger/ Bauer, RIW Beilage 1 2006, 1, 3, 4 sowie den auf diesen Vorarbeiten aufbauenden Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen vom 7.1.2008, abrufbar unter http://www. bmj.bund.de. 658 So jüngst noch OGH Wien, ZIP 2003, 1086; aus der Literatur Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 124.

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4. Teil: Die praktische Durchführung

Im genauen Gegensatz zur Übertragungstheorie vollzieht sich die Verschmelzung nach der sog. Aufnahmetheorie659 ausschließlich nach dem Recht der aufnehmenden bzw. neu gegründeten Gesellschaft. b) Stellungnahme Eine grenzüberschreitende Transaktion unter Beteiligung mindestens zweier Gesellschaften ausschließlich nach einer Rechtsordnung beurteilen zu wollen, kann keine interessengerechte Durchführung der Verschmelzung gewährleisten. Insbesondere die Aufnahmetheorie erscheint hier ungenügend, werden doch stärker die Interessen der Gesellschafter, Gläubiger und Mitarbeiter der übertragenden als der aufnehmenden Gesellschaft von einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beeinträchtigt. Das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft ist zudem bei alleiniger Anwendung der fremden Rechtsordnung nicht zu erklären.660 Trotz einzelner, kürzlich unternommener Versuche661, der Übertragungstheorie doch noch zu ihrem Durchbruch zu verhelfen, erweist sich auch dieser Lösungsansatz letztlich als mangelhaft. Stake- und Shareholderinteressen in der aufnehmenden Gesellschaft finden auf diesem Wege keine Berücksichtigung.662 Der Hinweis663 von Vertretern dieser Ansicht, dass sich die Verschmelzung einer deutschen Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter ja auch dann ausschließlich nach deutschem Recht richte, wenn Alleingesellschafter eine ausländische natürliche Person ist664, verfängt nicht. Es blieben hierbei zwei entscheidende Unterschiede zwischen natürlichen Personen und Gesellschaften unberücksichtigt. So stellt sich die Verschmelzung aus Sicht der natürlichen Person als vermögensrechtlicher Vorgang, nicht aber – wie im Falle einer Gesellschaft – als gesellschaftsrechtliche Umorganisation dar.665 Als aus einer Rechtsordnung geborene Gebilde stehen die Handlungsmöglichkeiten von Gesellschaften im Ausland 659 Vgl. hierzu Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 843 f. (Fn. 37) m. w. N., der diese Ansicht selber aber ablehnt. 660 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 844; Beitzke, FSHallstein (1966), 14, 20. 661 Vgl. OGH Wien ZIP 2003, 1086; zu den Unterschieden einer österreichischen Umwandlung zur deutschen Verschmelzung, die aber im Falle der Grenzüberschreitung keine Anwendung der Übertragungstheorie rechtfertigen, vgl. Engert, in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004), § 4 Rn. 69 f.; Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 124. 662 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 845. 663 In diesem Sinne argumentieren Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, 123, 124. 664 Vgl. §§ 120 ff. UmwG. 665 Beuthien/Helios, NZG 2006, 369, 371.

D. Verschmelzung von Personengesellschaften

363

zudem immer unter der Bedingung ihrer Akzeptanz durch das Gründungsrecht, das andernfalls die Auflösung der Gesellschaft herbeiführen kann. Schließlich sollte heute auch die VRL zum Vorbild dienen, deren Regelungssystematik auf dem Gedanken aufbaut, die Verschmelzungsrechte aller verschmelzenden Gesellschaften bei der Durchführung der Verschmelzung einzubeziehen.666 Beide Auffassungen sollten daher heute nicht mehr vertreten werden. 2. Moderner Ansatz – Die Vereinigungstheorie Die Schwächen der Einheitstheorien förderten früh die Erkenntnis, dass eine interessengerechte Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen nur durch Berücksichtigung der Rechtsordnungen aller beteiligten Gesellschaften zu gewährleisten ist. Für die konkrete Ausgestaltung der Vereinigungstheorie war damit freilich nicht viel gewonnen. Modifikationen vielfältigster Art wurden vorgenommen. Die „Vereinigungstheorie“ bezeichnet in diesem Sinne heute die Gesamtheit der alle beteiligten Rechtsordnungen integrierenden Lösungsansätze. a) Die reine Lehre Selbst die Vereinigungstheorie in ihrer reinsten Form führt nicht zu einer uneingeschränkten Kumulierung der beteiligten Rechtsordnungen.667 Ihr Ziel ist vielmehr ein Ineinandergreifen der Rechtsordnungen dergestalt zu organisieren, dass sich für gemeinsame Erfordernisse grundsätzlich das strengere Recht durchsetzt.668 Wann jedoch gemeinsame Erfordernisse vorliegen und anhand welcher Kriterien das strengere Recht ermittelt werden soll, bleibt dieser grundsätzliche Ansatz noch schuldig. Eine reine Vereinigungstheorie ist auf Grund dieser Unbestimmtheiten in der Anwendung – soweit ersichtlich – noch nie vertreten worden.669

666

Vgl. hierzu unter 3. Teil B. II. 2. b). Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 848. 668 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 848. 669 Am nächsten kommt dem wohl der funktionale Ansatz von Züllig, Die internationale Fusion im schweizerischen Gesellschaftsrecht unter Berücksichtigung des deutschen und italienischen Rechts (1975), 100 ff. 667

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4. Teil: Die praktische Durchführung

b) Sog. modifizierte Vereinigungstheorie Die wohl herrschende Lehre670 trat bis zum Inkrafttreten der VRL, aufbauend auf den Vorarbeiten Beitzkes671, für die Anwendung einer modifizierten Vereinigungstheorie ein. Dabei wird eine Unterteilung der Verschmelzung in die Kategorien der Voraussetzungen, des Verfahrens und der Wirkungen propagiert, die jeweils gesonderten Regeln der Anknüpfung unterliegen. Die VRL verschafft dieser Ansicht de facto bereits in ihrem Anwendungsbereich Geltung.672 Sie erscheint insbesondere aus diesem Grund vorzugswürdig und behält daher auch in Zukunft ihre Gültigkeit.673 Im Einzelnen: Die Voraussetzungen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung richten sich für jede beteiligte Gesellschaft nach ihrem Personalstatut.674 Zu den Voraussetzungen werden im Allgemeinen gezählt, dass die beteiligten Rechtsordnungen das Institut der Verschmelzung kennen, die aktive675 und passive676 Verschmelzungsfähigkeit der beteiligten Gesellschaften sowie die Beachtung von Verschmelzungsverboten.677 Für das eigentliche Verschmel670 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 850 ff. (Fn. 49) m. w. N.; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 683 ff.; Koppensteiner, Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht (1971), 268 ff.; hierauf ebenfalls aufbauend, jedoch mit Modifikationen beim Schutz der Rechte Dritter Lennerz, Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften (2001), 141 ff. Vgl. auch den für grenzüberschreitende Verschmelzungen durch die Vereinigungstheorie geprägten Vorschlag des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht für eine Regelung des Internationalen Gesellschaftsrechts auf europäischer/nationaler Ebene bei Sonnenberger/Bauer, RIW Beilage 1 2006, 1, 3, 4 sowie den auf diesen Vorarbeiten aufbauenden Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen vom 7.1.2008, abrufbar unter http://www.bmj.bund.de. 671 Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14 ff. 672 Siehe unter 3. Teil B. II. 2. b). 673 Im Ergebnis ebenso Gesell/Krömker, DB 2006, 2558, 2560. 674 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 853; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 683; Lüderitz, in: Soergel – Einführungsgesetz (1996), Anh Art 10 Rn. 53; Beitzke, FS-Hallstein (1966), 14, 20. Es handelt sich demnach hierbei um einen Fall der distributiven Rechtsanwendung; vgl. zur Begrifflichkeit Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 20 V.; Lüderitz, Internationales Privatrecht (2002), Rn. 67. 675 Die aktive Verschmelzungsfähigkeit einer Gesellschaft ist gegeben, wenn ihr nach ihrer Rechtsordnung die Teilnahme an Verschmelzungen offen steht; vgl. Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 854; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 686. 676 Die passive Verschmelzungsfähigkeit bringt zum Ausdruck, mit welchen Gesellschaftsformen sich eine Gesellschaft verschmelzen kann; vgl. Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 854; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 686.

D. Verschmelzung von Personengesellschaften

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zungsverfahren gilt im Grundsatz ebenfalls die Statutsanknüpfung.678 Es soll die jeweils zu fassenden Verschmelzungsbeschlüsse, einen Verschmelzungsvertrag bzw. -plan, notwendige Prüfungen, Berichte, Genehmigungen, Registrierungen, Kapitalerhöhungen bzw. -herabsetzungen und die Publizierung umfassen.679 Erfordern einzelne Verfahrensschritte das gemeinsame Tätigwerden aller Verschmelzungspartner, sind die Rechtsordnungen zu kumulieren, wodurch sich im Ergebnis die strengste Rechtsordnung durchsetze.680 Bei den Wirkungen der Verschmelzung gilt es schließlich zu differenzieren; allen beteiligten Rechtsordnungen kommt hier Bedeutung zu.681 Ab Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers kann hingegen nur noch das Personalstatut des aufnehmenden Verschmelzungspartners maßgeblich sein. Dies macht es erforderlich, die Wirkungen der Verschmelzung – insbesondere das Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers – erst dann eintreten zu lassen, wenn den kumulierten Anforderungen aller beteiligter Rechtsordnungen Rechnung getragen wurde.682 Ist eine eventuell erforderliche Kumulierung der Rechtsordnungen im Einzelfall nicht möglich, so ist die kollisionsrechtliche Technik der Anpassung heranzuziehen, die im Ergebnis zur Schaffung spezieller, auf den grenzüberschreitenden Sachverhalt zugeschnittener Regelungen führt.683

II. Bestimmung des anwendbaren Rechts bei Anwendung der modifizierten Vereinigungstheorie Sind damit die Prinzipien geklärt, nach denen sich bestimmt, wann welche nationale Rechtsordnung bei Durchführung der Verschmelzung zur Anwendung kommt, so blieb bis jetzt offen, welche Vorschriften zur Durchführung der Transaktion anwendbar sind. Wie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften bei einseitiger Umsetzung der VRL finden sich hierzu im Wesentlichen vier Lösungsansätze. 677 Vgl. die Aufzählungen bei Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (1999), Rn. 852 ff.; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 686. 678 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 856; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 687. 679 Vgl. die Aufzählungen bei Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 857; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 687; Beitzke, FSHallstein (1966), 14, 20. 680 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 856; Großfeld, in: Staudinger – IntGesR (1998), Rn. 683; Lüderitz, in: Soergel – Einführungsgesetz (1996), Anh Art 10 Rn. 53. 681 Siehe hierzu bereits unter 4. Teil A. II. 10. b). 682 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 863. 683 Kindler, in: MünchKomm. zum BGB – IntGesR (2006), Rn. 866.

366

4. Teil: Die praktische Durchführung

1. Lösungsansätze Wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften wird auch für die anderen denkbaren Verschmelzungskombinationen vereinzelt die direkte Anwendung der VRL gefordert.684 Verweist die Richtlinie dabei auf nationales Recht oder ermächtigt den nationalen Gesetzgeber zu einer Regelung, so sei das UmwG analog heranzuziehen.685 Überwiegend spricht man sich hingegen auch hier dafür aus, die Anwendbarkeit des Umwandlungsgesetzes – jedenfalls – in europarechtskonformer Auslegung auf grenzüberschreitende Sachverhalte auszudehnen.686 Teilweise wird wiederum die analoge Anwendung der SE-VO befürwortet.687 Schließlich plädieren manche erneut für eine europarechtskonforme rechtsfortbildende Auslegung des nationalen Verschmelzungsrechts im Sinne der VRL in den Bereichen, in denen anders ein europarechtskonformes Ergebnis nicht zu erzielen ist.688 2. Stellungnahme Nur letztgenannte Ansicht überzeugt im Ansatz, ist jedoch für die hier diskutierten Verschmelzungskombinationen einzuschränken. Es kann im Wesentlichen zunächst auf die entsprechende Stellungnahme zur grenzüber684 Kallmeyer/Kappes, AG 2006, 224, 231. Früher wohl auch Drygala, EWiR 2006, 25, 26, für Vorschriften der Richtlinie, die klar und eindeutig formuliert sind und keiner Wertentscheidung des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung bedürfen. Dies ablehnend nun aber Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 773. 685 Bungert, BB 2006, 53, 55, der dieser Ansicht im Ergebnis aber nicht folgen möchte. 686 So nach „SEVIC“ Bayer/J. Schmidt, ZIP 2006, 210, 212; wohl auch Bungert, BB 2006, 53, 55, der etwas unklar von einer entsprechenden Anwendung des UmwG auf Grund des Anwendungsbefehls der SEVIC-Entscheidung spricht. Bereits früher für eine direkte Anwendbarkeit des UmwG Kallmeyer, UmwG (2001), § 1 Rn. 12, der freilich in § 1 Abs. 1 UmwG lediglich einen Verweis auf das Internationale Gesellschaftsrecht gesehen hat; dem folgend Lawall, IStR 1998, 345, 349; Triebel/von Hase, BB 2003, 2409, 2416 f.; für eine analoge Anwendung Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647, 648 f.; offenlassend, ob es sich um eine direkte oder analoge Anwendung des UmwG handeln soll Wenglorz, BB 2004, 1061, 1062 f. 687 Siems, EuZW 2006, 135, 138 f., der die SE-VO bei Hinausverschmelzungen in den Bereichen des Gesellschafter- sowie des Gläubigerschutzes zur Anwendung bringen will; wohl nicht Koppensteiner, Der Konzern 2006, 40, 49 f. (Fn. 101), der eine teilweise analoge Anwendbarkeit der SE-VO wohl nur für die Verschmelzung unter Kapitalgesellschaften diskutiert. 688 Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 776; in diese Richtung schon Oechsler, NJW 2006, 812 ff., der zwar zugleich eine analoge Anwendung der SE-VO befürwortet, jedenfalls für die Unternehmensmitbestimmung aber eine Orientierung des Registergerichts an den Vorgaben der VRL fordert.

D. Verschmelzung von Personengesellschaften

367

schreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften bei nur einseitiger Umsetzung der VRL verwiesen werden.689 Ergänzend sollte aber auf Folgendes hingewiesen werden: Eine direkte Anwendbarkeit der VRL auf die hier diskutierten Verschmelzungskombinationen zu fordern, erscheint schon auf Grund des auf die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften begrenzten Anwendungsbereichs der Richtlinie nicht vertretbar. Eine von der unmittelbaren Anwendbarkeit zu unterscheidende Frage ist jedoch, inwieweit auch hier eine Orientierung an den Vorgaben der VRL zulässig und geboten erscheint, wenn Widersprüche der beteiligten Rechtsordnungen ihre Anpassung erforderlich machen. Man kann Lutter und Drygala nur zustimmen, wenn sie sinngemäß feststellen, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung nach „SEVIC“ nicht mehr bloß ein Gnadenakt wohlwollender Registerrichter sein darf.690 Den Anspruch verschmelzungswilliger Gesellschaften, eine grenzüberschreitende Verschmelzung rechtssicher durchführen zu können, wird bei auftretendem Anpassungsbedarf aber nur die einheitliche Orientierung an der VRL erfüllen können. Ein solches Vorgehen tritt dabei nicht in Konkurrenz zur modifizierten Vereinigungstheorie, sondern baut konsequent auf ihr auf. Nur wenn widersprüchliche Anforderungen kumulativ anzuwendender Verschmelzungsrechte eine Anpassung erfordern, ist diese zukünftig verbindlich in Orientierung an der VRL vorzunehmen.691 Auf deutscher Seite werden diese Widersprüche dann regelmäßig durch die analoge Anwendung der §§ 122a ff. UmwG behebbar sein. Dies begründet einen Unterschied zum für vorzugswürdig befundenen Vorgehen bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften. Während dort bereits heute die einseitige Umsetzung der VRL auf deutscher Seite die Anpassung der beteiligten ausländischen Rechtsordnung im verstärktem Maße erforderlich macht, sind hier die Vorgaben der VRL nur insoweit relevant, als die von einer Umsetzung der VRL nicht berührten Verschmelzungsrechte widersprüchliche Anforderungen aufstellen. Diese Einschränkung gilt nicht nur für die Verschmelzung unter Personengesellschaften, sondern auch für die zwischen Kapital- und Personengesellschaften, auf die die §§ 122a ff. UmwG gleichermaßen keine Anwendung finden. Ist die Verschmelzung für die an ihr beteiligten Gesellschaften auf diese Weise rechtssicher durchführbar, so bleibt die Frage zu beantworten, wie schützenswerte Drittinteressen gewahrt werden können, die bei einer Hinausverschmelzung auf Grund des dann ins Leere laufenden Gläubiger- und 689

Siehe unter 4. Teil C. I. 2. Vgl. Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 775. 691 Wohl für eine weitergehende Orientierung an der VRL Lutter/Drygala, JZ 2006, 770, 776. 690

368

4. Teil: Die praktische Durchführung

Gesellschafterschutzes der §§ 22, 29 UmwG nur unzureichend gesichert erscheinen. Man wird sich auch hier der analogen Anwendung der §§ 122a ff. UmwG bedienen können, um angemessenen Drittschutz zu gewährleisten. Ein Wort des Gesetzgebers bleibt freilich wünschenswert. Ein solches Vorgehen kommt den Anforderungen des Primärrechts an die Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen entgegen. Nicht auszuschließen ist aber, dass einzelne der auf diesem Wege Anwendung findenden nationalen Vorschriften vom EuGH als nicht zu rechtfertigende Beschränkungen der Niederlassungs- oder Kapitalverkehrsfreiheit angesehen werden könnten. Die Gefahr wird dabei dadurch erhöht, dass der nationale Gesetzgeber, anders als im Anwendungsbereich der VRL, für die Regelung von Verschmelzungen unter Beteiligung von Personengesellschaften nicht von der abgeschwächten Bindung des Richtliniengebers an die Grundfreiheiten profitiert.692 Wie bereits die Untersuchung der „SEVIC“-Entscheidung gezeigt hat, stehen die Grundfreiheiten einfachen Beschränkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung aber durchaus nicht ablehnend gegenüber693, so dass „prima facie“ von der Europarechtskonformität des anwendbaren nationalen Rechts ausgegangen werden kann.

III. Konkrete Durchführung Ohne Kenntnis der Rechtsordnung des ausländischen Verschmelzungspartners, müssten Ausführungen zur konkreten Durchführung der Verschmelzung an dieser Stelle Spekulation bleiben. Auf sie soll daher hier verzichtet werden.

IV. Ergebnis Bei Anwendung der modifizierten Vereinigungstheorie sind auf der Seite der deutschen Gesellschaft bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unter Beteiligung einer Personengesellschaft die §§ 2 ff. UmwG insoweit anwendbar als die beteiligten Rechtsordnungen keine widersprüchlichen Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren stellen. Vorhandene Widersprüche werden über die einheitliche Anpassung der unterschiedlichen Rechte in Orientierung an der VRL, in Deutschland damit regelmäßig über die analoge Anwendung der §§ 122a ff. UmwG, ausgeräumt. 692 Siehe hierzu für die Verschmelzungen im Anwendungsbereich der VRL, i. e. solche unter Kapitalgesellschaften, unter 3. Teil B. II. 2. b). 693 Siehe die Ausarbeitung zulässiger Beschränkungen unter 3.Teil A. I. 2. b) dd) (3).

E. Verschmelzung mit Drittstaatengesellschaften

369

E. Die grenzüberschreitende Verschmelzung mit Drittstaatengesellschaften Die Untersuchung der Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen hat gezeigt, dass die Kapitalverkehrsfreiheit des EG-Vertrags grenzüberschreitenden Verschmelzungen mit Drittstaatengesellschaften durchaus zum Durchbruch verhelfen kann.694 Allein dass europäisches Recht solche Verschmelzungen zulässt, heißt auf Grund der einseitigen Gewährung der Niederlassungsfreiheit nicht, dass die Gründungrechtsordnung potentieller Verschmelzungspartner aus Drittstaaten solche Verschmelzungen ihrer Gesellschaften erlaubt, geschweige denn, dass sie das Institut der Verschmelzung auch nur kennt. Die Durchführung der Verschmelzung an dieser Stelle aus der Sicht der Drittstaatengesellschaft betrachten zu wollen, macht daher kaum Sinn. Betrachtungen hierzu müssen speziellen, auf einzelne Länder ausgerichteten Untersuchungen vorbehalten bleiben. Aus Sicht der deutsche Gesellschaft erscheint es sachgerecht, die Verschmelzung nach den zur grenzüberschreitenden Verschmelzung zwischen EU-Personengesellschaften bzw. zwischen EU-Personen- und Kapitalgesellschaften erarbeiteten Prinzipien durchzuführen.695

694 695

Siehe unter 3. Teil A. III. Siehe unter 4. Teil D. II. 2.

5. Teil

Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen 1. Teil Die EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“ – Bedeutung für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen? Die Bedeutung der niederlassungsrechtlichen EuGH-Rechtsprechung vor „SEVIC“ für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen war gering. Zwar führten die Judikate von der weiterhin Geltung beanspruchenden „Daily Mail“-Entscheidung bis zu „Inspire Art“ für Zuzugsfälle in der EU zumindest faktisch eine Gründungstheorie europarechtlicher Prägung ein, die nur noch in Ausnahmefällen gerechtfertigten Sonderanknüpfungen an das am Verwaltungssitz geltende Gesellschaftsstatut offen steht.1 Auch ist heute unbestritten, dass die Umwandlungsfähigkeit einer Gesellschaft elementarer Bestandteil ihres Gesellschaftsstatuts ist.2 Allein daraus die europarechtlich zwingende Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen zu folgern, sobald eine solche nach dem Gründungsstatut zulässig ist, ist jedoch nicht möglich. Die europäische Gründungstheorie findet ihre Grenzen an den Grenzen der Niederlassungsfreiheit. Eine Maßgeblichkeit des Gründungsstatuts ist – für die Mitgliedstaaten zwingend – daher nur in den Fällen anzunehmen, in denen das Vorhaben einer Gesellschaft auch tatsächlich der Niederlassungsfreiheit unterfällt. Der Rechtsprechung des EuGH in den Fällen der Verwaltungssitzverlegung sowie der Gründung von Zweigniederlassungen lässt sich diesbezüglich keine Antwort entnehmen. Darüber hinaus bleibt zu beachten, dass an grenzüberschreitenden Verschmelzungen im Gegensatz zur Sitzverlegung mindestens zwei Gesellschaften beteiligt sind, was der einfachen Übertragung der Rechtsprechung zusätzlich im Wege steht.3 Ob die grenzüberschreitende Verschmelzung durch die Niederlassungsfreiheit geschützt ist und für welche der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften sie gegebenenfalls eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellt, musste daher bisher unmittelbar den Artt. 43, 48 EG entnommen 1 2 3

Siehe unter Teil 1 A. II. 2. Siehe unter Teil 1 B. I. Siehe unter Teil 1 B. II.

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

371

werden, zu deren Auslegung nun die „SEVIC“-Entscheidung wichtige Hilfestellung leistet. 2. Teil Die Zulässigkeit von grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach deutschem Recht vor „SEVIC“ und Umsetzung der VRL Betrachtet man ausschließlich die deutsche Rechtslage vor Inkrafttreten der neuen §§ 122a ff. UmwG und lässt einen möglichen Einfluss der Grundfreiheiten, insbesondere die „SEVIC“-Entscheidung des EuGH zunächst unberücksichtigt, so ist festzustellen, dass die Regelung des § 1 Abs. 1 UmwG der Durchführbarkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen bisher im Wege stand. Als autolimitierende Sachnorm knüpft sie die Anwendbarkeit des UmwG an den inländischen Satzungssitz aller an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger. Als Sachnorm setzt sie aber auch voraus, dass Kollisionsrecht ihr selber zur Anwendung verhilft. Die insoweit in Deutschland immer noch Anwendung findende Sitztheorie verlangt den inländischen Verwaltungssitz, um zur Anwendbarkeit deutschen Rechts zu gelangen. Sowohl die Satzungs- als auch grundsätzlich die Verwaltungssitze – eine Ausnahme hiervon liegt im Falle eines Renvoi vor – aller an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger müssen daher im Inland liegen, um die Umwandlung nach dem UmwG aF durchführen zu können.4 Die Unzulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach § 1 Abs. 1 UmwG unterstellt, können § 1 Abs. 2 UmwG und § 3 UmwG keine eigenständigen Argumente pro/contra die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung entnommen werden.5 3. Teil Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen bei Beachtung europarechtlicher Vorgaben Zur Bedeutung der Niederlassungsfreiheit: Die Diskussion um die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen innerhalb der EU/des EWR hat zukünftig die durch „SEVIC“ getroffenen Feststellungen zu berücksichtigen. Der EuGH macht in seiner Entscheidung deutlich, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung von Gesellschaften gerade eine Ausübung der Niederlassungsfreiheit der im Wege der Verschmelzung übertragenden Gesellschaft 4 5

Siehe unter 2. Teil A. Siehe unter 2. Teil B.

372

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

ist. Die bisher häufig befürwortete These vom „corporate suicide“, die ein Eingreifen der Niederlassungsfreiheit zu Gunsten der übertragenden Gesellschaft auf Grund ihres „Selbstmordes“ an der Grenze ausschließt, wird damit durch das Gericht verworfen und sollte fortan nicht mehr vertreten werden.6 Dass der EuGH eine zwingende Begründung für seine Auffassung schuldig bleibt, steht dabei freilicht auf einem anderen Blatt. Die Verschmelzung ließe sich hierzu etwa als identitätswahrende Rechtsträgertransformation denken, was einem „corporate suicide“ vorbeugen würde. Angesichts der Tatsache, dass europarechtliche Vorgaben – die Richtlinien zur innerstaatlichen Verschmelzung von Aktiengesellschaften sowie die VRL – die Verschmelzung selber als übertragende Umwandlung ausgestalten sowie der im case law verhafteten Tradition des Gerichts erscheint es jedoch vorzugswürdig, die grenzüberschreitende Verschmelzung als wesentlich für die Mobilität übertragender Gesellschaften anzuerkennen und dem durch eine Anwendung der Artt. 43, 48 EG Rechnung zu tragen, die die Unterschiede zwischen Gesellschaften – als Geschöpfen ihrer Rechtsordnung – und natürlichen Personen berücksichtigt. Gerade die Möglichkeit der Staaten, ihren Gesellschaften den statutswahrenden Wegzug zu versagen („Daily Mail“), rechtfertigt es dann, Wegzugsoptionen mit Statutsänderung als Sonderfall der gesellschaftlichen Niederlassungsfreiheit anzuerkennen.7 Auch ein vermeintlicher Widerspruch der Entscheidung zu „Daily Mail“ lässt sich auf diesem Wege ausräumen.8 Zwar versagt das immer noch Geltung beanspruchende Judikat den Schutz der Niederlassungsfreiheit bei der statutswahrenden Sitzverlegungen. Gerade die statutsändernde Sitzverlegung ist nach vorzugswürdiger Ansicht aber als Ausübung der Niederlassungsfreiheit anzuerkennen. Als Wegzug, der ebenfalls mit einer Ablegung des bisherigen Gesellschaftsstatuts einher geht, steht die grenzüberschreitende Verschmelzung letzterer Sitzverlegung näher als ersterer. Ohne Gefahr zu laufen, sich zu „Daily Mail“ in Widerspruch zu setzen, hat der EuGH in „SEVIC“ daher entschieden, dass nicht nur die Hineinverschmelzung, sondern eben auch die Hinausverschmelzung – unabhängig, ob zur Aufnahme oder zur Neugründung – eine Ausübungsform der Niederlassungsfreiheit durch die übertragende Gesellschaft darstellt.9 Angesichts der doch schwachen argumentativen Grundlage, mit der der EuGH „SEVIC“ ausgestattet hat, bleibt es sinnvoll, nach weiteren Berechtigten der Niederlassungsfreiheit bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung innerhalb der EU/des EWR Ausschau zu halten. Der 6 7 8 9

Siehe Siehe Siehe Siehe

unter unter unter unter

3. 3. 3. 3.

Teil Teil Teil Teil

A. A. A. A.

I. I. I. I.

2. 3. 2. 2.

b) aa). d). b) cc). b) bb).

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

373

Vorgang der Verschmelzung an sich kann dabei nicht unter den Schutz der stets subjektsbezogenen Grundfreiheit gestellt werden. Auch stellt sich die grenzüberschreitende Verschmelzung für eine mit der Verschmelzung neu gegründete Gesellschaft nicht als Grundfreiheitenausübung dar. Eine aufnehmende Gesellschaft begründet mit der Verschmelzung hingegen regelmäßig eine Zweigniederlassung im Ausland. Sie macht dann von ihrer sekundären Niederlassungsfreiheit Gebrauch. Niederlassungsrelevant ist die Verschmelzung zudem für EU-/EWR-Gesellschafter, die an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft bei Betrachtung der Einzelfallumstände eine unternehmerischen Einfluss vermittelnde Beteiligung halten, sobald dieser Einfluss aus ihrer Sicht auch im Ausland Wirkung entfaltet. Ihre Freiheitsausübung steht dabei freilich unter dem Vorbehalt erfolgreicher Verschmelzungsbeschlüsse.10 Es steht damit für die Zukunft fest, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung regelmäßig gleich für mehrere Beteiligte eine Ausübungsform der Niederlassungsfreiheit ist. Den nationalen Gesetzgebern obliegt es, schutzwürdigen Interessen von Minderheitsgesellschaftern, Gläubigern und Arbeitnehmern im auf die grenzüberschreitende Verschmelzung anwendbaren nationalen Verschmelzungsrecht Rechnung zu tragen. Inwieweit hierbei eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zulässig ist, hat der EuGH in „SEVIC“ mangels Entscheidungserheblichkeit nicht konkretisiert. Dass Judikat führt jedoch auf abstrakter Ebene die bereits mehrfach angedeutete Änderung der Rechtfertigungsdogmatik herbei. Die ursprünglich für nicht diskriminierende Beschränkungen aufgestellten Anforderungen an eine Rechtfertigung beanspruchen fortan auch für Diskriminierungen Geltung. Die Diskriminierung stellt sich damit zukünftig lediglich als eine spezielle Form der Beschränkung dar.11 Die unterschiedliche Intensität verschiedener Beschränkungen muss jedoch im Rahmen einer flexiblen Verhältnismäßigkeitsprüfung weiterhin Berücksichtigung finden.12 Für die grenzüberschreitende Verschmelzung ist im Übrigen davon auszugehen, dass der Kreis zulässiger einfacher Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit hier weiter zu ziehen ist als bei der Verlegung des Verwaltungssitzes einer ausländischen Gesellschaft nach Deutschland. Während letztere Beschränkungen zukünftige Arbeitnehmer und Gläubiger einer Gesellschaft schützen sollen, greift die grenzüberschreitende Verschmelzung in bestehende Rechtsbeziehungen ein.13 Diskriminierungen bei der Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung im Vergleich zur innerstaatlichen Verschmelzung sind hin10 11 12 13

Siehe unter 3. Teil A. I. 3. Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (2). Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (3) (a). Für weitere Einzelergebnisse siehe unter 3. Teil C. I.

374

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

gegen grundsätzlich nicht zu rechtfertigen. Auch eine Ausweitung drittschützender Vorschriften des UmwG mittels Sonderanknüpfung auf ausländische Gesellschaften, die bereits vor der Verschmelzung ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt haben, ist unzulässig.14 Zur Bedeutung der Kapitalverkehrsfreiheit: Neben der Ausübung der Niederlassungsfreiheit stellt sich die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Aufnahme für EU-/EWR-Gesellschaften und ihre EU-/EWR-Gesellschafter regelmäßig als unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallendes Investment dar. Beide Freiheiten sind nach vorzugswürdiger Ansicht nebeneinander anwendbar.15 Im Vergleich zur Niederlassungsfreiheit ist eine Freiheitsausübung auf Gesellschaftsseite dabei auf die aufnehmende Gesellschaft beschränkt, sobald durch die Verschmelzung eine Zweigniederlassung im Ausland entsteht. Die übertragende Gesellschaft übt hingegen die Kapitalverkehrsfreiheit nicht aus, was Verschmelzungen zur Neugründung allein dem Schutz der Niederlassungsfreiheit überlässt.16 Kann der Gesellschafterschutz nicht weiter reichen als der zu Gunsten der jeweiligen Gesellschaft greifende Grundfreiheitsschutz, so stellt sich die grenzüberschreitende Verschmelzung – erfolgreiche Verschmelzungsbeschlüsse vorausgesetzt – zudem allein für die Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft – unabhängig, ob mit oder ohne Einflussnahmemöglichkeit –, für die die Verschmelzung Renditechancen im Ausland mit sich bringt, als unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallendes Investment dar.17 Zu den Implikationen bei Verschmelzungen mit Drittstaatengesellschaften: Die Kapitalverkehrsfreiheit ist aus Sicht der EU/des EWR auch im Verhältnis zu Drittstaaten geschützt. Aus europäischer Sicht sind daher auch Verschmelzungen mit Drittstaaten teilweise zulässig. So gründet die Drittstaatengesellschaft bei Aufnahme einer EU-/EWR-Gesellschaft regelmäßig eine Zweigniederlassung innerhalb der EU/des EWR, tätigt nach der hier für vorzugswürdig erachteten Auffassung also ein der Kapitalverkehrsfreiheit unterfallendes Direktinvestment. Im umgekehrten Fall der Aufnahme einer Drittstaatengesellschaft entsteht wiederum regelmäßig eine Zweigniederlassung der europäischen Gesellschaft im Drittstaat, was den Vorgang 14 15 16 17

Siehe unter 3. Teil A. I. 2. b) dd) (4). Siehe unter 3. Teil A. II. 1. d). Siehe unter 3. Teil A. II. 2. a), b). Vgl. auch die erste tabellarische Ergebnisübersicht unter 3. Teil A. IV.

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

375

ebenso zu einer Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit macht. Hingegen werden Verschmelzungen zur Neugründung allein durch die Niederlassungsfreiheit geschützt und sind damit im Verhältnis zu Drittstaaten unzulässig. Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft profitieren bei erfolgreichen Verschmelzungsbeschlüssen unabhängig von ihrer Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme von der Kapitalverkehrsfreiheit, wenn die Verschmelzung – aus ihrer Sicht – Renditechancen im Ausland mit sich bringt.18 Zur VRL und ihrer nationalen Umsetzung: Sekundärrechtlich gewährleistet die VRL – besser: die in ihrer Umsetzung ergangenen nationalen Vorschriften – ab 2008 die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen unter Kapitalgesellschaften innerhalb der EU bzw. – nach Übernahme der Richtlinie durch Island, Norwegen und Liechtenstein – des EWR. Der Richtliniengeber war bei Erlass der VRL den Grundfreiheiten im Grundsatz zwar unmittelbar verpflichtet. Seine Bindung an die Grundfreiheiten ist allerdings gegenüber der der Mitgliedstaaten gelockert. Ein der Förderung des Binnenmarktes dienender Harmonisierungsakt ist bereits dann verhältnismäßig und primärrechtskonform, wenn die mit der Maßnahme einhergehenden Beschränkungen des Binnenmarktes nicht völlig außer Verhältnis zu den erzielbaren Vorteilen stehen, Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsordnungen nicht gar punktuell vertieft werden und keine Diskriminierung einzelner Mitgliedstaaten festgeschrieben wird. Dem Richtliniengeber kommt dabei ein weiter Prognosespielraum zu, so dass „prima facie“ von der Vereinbarkeit der in der VRL getroffenen Regelungen mit dem Primärrecht auszugehen ist.19 Der Richtliniengeber hat sich im Rahmen seiner Befugnisse in der VRL für einen kollisionsrechtlichen Regelungsansatz entschieden. Verschmelzungswillige Gesellschaften haben bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch das Verschmelzungsrecht im Mitgliedstaat ihres Satzungssitzes zu berücksichtigen, sofern die VRL nicht selber eine abschließende Regelung vornimmt und das berufene nationale Recht seinerseits mit den primärrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten zu vereinbaren ist. Die Rechtfertigung von Beschränkungen erfolgt für Verschmelzungen unter Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR, d. h. im Anwendungsbereich der VRL, am Maßstab der abgeschwächten Bindung des europäischen Gesetzgebers an die Grundfreiheiten.20 18 19 20

Vgl. auch die zweite tabellarische Ergebnisübersicht unter 3. Teil A. IV. Siehe unter 3. Teil B. I. Siehe unter 3. Teil B. II. 2. b).

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5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

Der nationale Gesetzgeber setzt die Vorgaben der VRL zum persönlichen Anwendungsbereich in § 122b UmwG um. Der AG, KGaA und GmbH steht die Teilnahme an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach den §§ 122a ff. UmwG aus deutscher Sicht offen. Aber auch der SE ist es möglich, an derlei grenzüberschreitenden Verschmelzungen teilzunehmen, solange die Zielrechtsform der Verschmelzung keine SE ist. Um den Wertungen der SE-VO gerecht zu werden und Missbrauchsgefahren zu verhindern, muss eine zweijährige Sperrfrist über § 76 Abs. 1 UmwG oder in analoger Anwendung des Art. 66 Abs. 1 Satz 2 SE-VO Anwendung finden, wenn die Rechtsform der SE durch eine Verschmelzung nach den §§ 122a ff. UmwG abgelegt werden soll.21 Dem VVaG sowie auch der Genossenschaft eröffnen die §§ 122a ff. UmwG die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht. Der für Einzelfälle nicht ganz eindeutig festgelegte sachliche Anwendungsbereich der VRL bzw. der §§ 122a ff. UmwG umfasst die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften gleicher Provenienz zu einer EU-/EWRausländischen Kapitalgesellschaft nicht. Eine solche Verschmelzung bleibt jedoch nach „SEVIC“ zulässig.22 Von VRL und ihrer Umsetzung umfasst ist hingegen die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften, die dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen und sich zur Neugründung der Gesellschaft eines dritten Mitgliedstaates verschmelzen.23 Auch die gleichzeitige Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften gleicher Herkunft im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung) ist eine grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne der VRL und einheitlich als eben solche nach den in Umsetzung der VRL erlassenen Vorschriften zu behandeln.24 4. Teil Die praktische Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen Unterschieden in der Durchführung ist die Differenzierung zwischen grenzüberschreitenden Verschmelzungen unter Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR bei allseitiger oder einseitiger Umsetzung der VRL, der gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in EU/EWR, der grenzüberschreitenden Verschmelzung unter Beteiligung von Personengesellschaften innerhalb dieses Gebiets und 21 22 23 24

Siehe Siehe Siehe Siehe

unter unter unter unter

3. 3. 3. 3.

Teil Teil Teil Teil

B. B. B. B.

III. 2. b). IV. 1. a). IV. 1. b). IV. 1. c).

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

377

der Verschmelzung unter Beteiligung von Gesellschaften und Gesellschaftern aus Drittstaaten geschuldet. A. Die grenzüberschreitende Verschmelzung unter EU-/EWR-Kapitalgesellschaften nach Umsetzung der VRL

Mit Umsetzung der VRL in allen Mitgliedstaaten der EU bzw. des EWR werden grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Kapitalgesellschaften innerhalb dieses Wirtschaftsraums erstmals mit einer den Anforderungen der Praxis gerecht werdenden Rechtssicherheit durchführbar sein. In Deutschland werden hierbei die §§ 122a ff. UmwG sowie das MgVG zur Anwendung gelangen, deren Untersuchung für die Durchführung solch grenzüberschreitender Verschmelzungen zu folgenden Thesen geführt hat: 1. In Übereinstimmung mit der Vorgabe des Art. 5 VRL fordert § 122c Abs. 1 UmwG, dass das Vertretungs- bzw. Verwaltungsorgan einer an der Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaft mit den Vertretungsbzw. Verwaltungsorganen der übrigen Gesellschaften einen gemeinsamen Verschmelzungsplan aufstellt. Die Aufstellung mehrerer Verschmelzungspläne ist weder erforderlich noch zulässig.25 2. Art. 5 VRL konzipiert den Verschmelzungsplan als bloßen Organisationsakt. Dem entspricht § 122c UmwG. Dem Bedürfnis der Praxis nach vertraglichen Absprachen kann sowohl durch ein sog. Business Combination Agreement als auch über die Ergänzung des Verschmelzungsplans mit vertraglichen Inhalten, die bis zu einer Aufwertung des Plans zum Verschmelzungsvertrag gehen kann, Rechnung getragen werden.26 3. § 122c Abs. 2 UmwG setzt in Übereinstimmung mit Art. 5 VRL den Mindestinhalt des Verschmelzungsplans fest. Den Gesellschaften bleibt es überlassen, weitere Planinhalte zu vereinbaren.27 4. § 122c Abs. 2 UmwG verdrängt § 5 UmwG als Spezialregelung. Dies schließt es nicht aus, für die gleichlautenden Anforderungen an Verschmelzungsplan und Verschmelzungsvertrag auf die Erfahrungen mit § 5 UmwG zurückzugreifen.28 5. § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG fordert in Übereinstimmung mit Art. 5 Satz 2 d) VRL, die voraussichtlichen Auswirkungen der Verschmelzung auf die Beschäftigung im Verschmelzungsplan anzugeben. Einer hinreichenden 25 26 27 28

Siehe Siehe Siehe Siehe

unter unter unter unter

4. 4. 4. 4.

Teil Teil Teil Teil

A. A. A. A.

II. II. II. II.

1. 1. a). 1. b). 1. c) aa).

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5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

Angabe genügt es, wird die Darstellung der konkreten Planungen um einen Ausblick auf die zukünftig erwartete Arbeitsplatzentwicklung ergänzt.29 6. § 122c Abs. 2 Nr. 10 UmwG ist restriktiv auszulegen. Die Darstellung der Grundzüge des Verfahrens zur Festlegung der unternehmerischen Mitbestimmung im Verschmelzungsplan sind ausreichend. Nähere Erläuterungen bleiben dem auch der Information der Arbeitnehmer(-vertretungen) dienenden Verschmelzungsbericht vorbehalten.30 7. § 122c Abs. 2 Nr. 11 UmwG erfordert es, den Hinweis in den Verschmelzungsplan aufzunehmen, ob das Aktiv- und Passivvermögen übertragender Gesellschaften in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft zu Buch- oder Verkehrswerten übernommen wird. Darauf aufbauend ist § 122c Abs. 2 Nr. 12 UmwG in richtlinienkonformer Auslegung des Art. 5 Satz 2 l) VRL in der Weise zu deuten, dass die Stichtage der zur Bestimmung der anzusetzenden Wertansätze maßgeblichen Schlussbilanzen der übertragenden Gesellschaften im Verschmelzungsplan anzugeben sind.31 8. Die Festsetzung des Formerfordernisses einer notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans durch den nationalen Gesetzgeber in § 122c Abs. 4 UmwG ist sowohl richtlinien- als auch im Übrigen europarechtskonform.32 9. Die Beurkundung des Verschmelzungsplans macht die separate Beurkundung der Satzung entbehrlich. Da die Verhandlungen der Mitbestimmung im Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung regelmäßig noch nicht abgeschlossen sind, der Satzungsinhalt dann aber noch nicht vollständig feststehen kann, empfiehlt sich eine Nachbeurkundung.33 10. Eine Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 UmwG bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen ist abzulehnen, der Verschmelzungsplan nicht dem Betriebsrat zuzuleiten. § 122c UmwG stellt eine die §§ 5, 6 UmwG vollständig verdrängende Spezialregelung dar.34 11. Der Verschmelzungsplan ist mehrsprachig abzufassen. Es empfiehlt sich, die Maßgeblichkeit einer Version festzulegen. Die synoptische Darstellung der verschiedenen Sprachfassungen erleichtert die spätere Rechtmäßigkeitsprüfung.35 12. Die Auslandsbeurkundung des Verschmelzungsplans wird regelmäßig zulässig sein. Ohne gesetzliche Verankerung kann hinreichende Rechts29 30 31 32 33 34 35

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5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

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sicherheit freilich vorerst nur über eine enge Absprache mit den zuständigen Registergerichten hergestellt werden.36 13. Die Regelung der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans in § 122d Satz 1 UmwG erfüllt die Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 VRL nicht und ist damit richtlinienwidrig. Ihr gelingt es nicht – wie von Art. 6 Abs. 1 VRL gefordert –, die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans einen Monat vor der den Verschmelzungsbeschluss fassenden Gesellschafterversammlung in jedem Fall sicherzustellen.37 14. Die Einreichung und Bekanntmachung des Verschmelzungsplans dient auch der Information der Gläubiger (vgl. § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG). Der für die innerstaatliche Verschmelzung teilweise diskutierte Verzicht der Gesellschafter auf die Bekanntmachung kommt für grenzüberschreitende Verschmelzungen im Anwendungsbereich der VRL daher nicht in Betracht.38 15. Die in Art. 6 Abs. 2 VRL geforderten Mindestangaben sind im Rahmen einer einheitlichen Bekanntmachung zusammen mit dem Verschmelzungsplan bekannt zu machen. § 122d UmwG folgt diesem Konzept der einheitlichen Bekanntmachung.39 16. Die Angabe der in § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG genanten Gläubigerrechte umfasst die Angabe etwaiger Rechte von Anleihegläubigern und Sonderrechtsinhabern. Als Rechte der Minderheitsgesellschafter sind auch die nach § 122h UmwG bestehenden Rechte anzugeben. Ebenso ist ein Hinweis auf gegebenenfalls bestehende Rechte der Gesellschafter und Gläubiger der ausländischen Verschmelzungspartner bekannt zu machen.40 17. Spätestens mit Bekanntmachung des Verschmelzungsplans ist das Verfahren zur Aushandlung der unternehmerischen Mitbestimmung von den Unternehmensleitungen für die jeweilige Gesellschaft einzuleiten. Die Einleitung des Verhandlungsverfahrens kann bereits früher erfolgen, sobald die Unternehmensleitung in der Lage ist, die von § 6 Abs. 2, 3 MgVG zur Bildung des Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) erforderlichen Angaben zu machen.41 18. Der Verschmelzungsbericht der deutschen Gesellschaft ist in Übereinstimmung mit Art. 7 Satz 1 VRL gemäß § 122e Satz 2 UmwG lediglich ihren Anteilsinhabern und Arbeitnehmervertretungen bzw. – sofern Arbeit36 37 38 39 40 41

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5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

nehmervertretungen nicht existieren – den Arbeitnehmern zugänglich zu machen.42 19. Die Zugänglichmachung des Verschmelzungsberichts nach § 122e Satz 2 UmwG i. V. m. § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG stellt keine richtlinienkonforme Information der Anteilsinhaber sowie der Arbeitnehmerseite sicher. Zur hinreichenden Information der Anteilsinhaber sind § 63 Abs. 3 UmwG bzw. § 47 UmwG in der Weise richtlinienkonform auszulegen, dass eine Zusendung des Verschmelzungsberichts zusammen mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung, spätestens aber einen Monat vor selbiger zu erfolgen hat. Existiert kein Gesamtbetriebsrat oder fehlt es in den von der Verschmelzung betroffenen Betrieben gar an Betriebsräten, ist der Verschmelzungsbericht gemäß §§ 122e Satz 2, 64 Abs. 1 Nr. 4 UmwG in allen Betrieben der sich verschmelzenden Gesellschaft auszulegen, um eine richtlinienkonforme Information der Arbeitnehmerseite auch in diesem Fall sicherzustellen.43 20. Da der Verschmelzungsbericht auch der Information der Arbeitnehmerseite dient, kommt ein Verzicht der Anteilsinhaber auf den Bericht nicht in Betracht. Dem Gesetzgeber steht es jedoch frei, eine Regelung in das UmwG aufzunehmen, die einen Verzicht auf den Bericht zulässt, wenn die Anteilsinhaber der sich verschmelzenden deutschen Gesellschaft sowie deren Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmervertretungen dem zustimmen.44 21. Es ist mit Art. 7 VRL zu vereinbaren, dass die Vertretungs- oder Verwaltungsorgane aller beteiligten Gesellschaften einen gemeinsamen Verschmelzungsbericht erstellen. Dabei müssen jedoch die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Gesellschafter, die Gläubiger und die Arbeitnehmer für alle Gesellschaften getrennt dargestellt sowie unterschiedliche Interessen der Gesellschaften zum Ausdruck gebracht werden.45 22. Die fehlende Umsetzung des Art. 7 Satz 3 VRL in nationales Recht begründet keinerlei Umsetzungsdefizit.46 23. Ein unabhängiger Sachverständiger hat bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwG i. V. m. § 320 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1, 2 HGB – wie von der VRL vorausgesetzt – das gleiche vollumfängliche Einsichts- und Nachprüfungsrecht wie bei einer innerstaatlichen Verschmelzung. Gleiches gilt für nach ausländischem Recht be42 43 44 45 46

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stellte Sachverständige. Es hätte sich daher in der Formulierung des § 122f UmwG klarstellend niederschlagen sollen, dass die inländische Gesellschaft ausländischen Sachverständigen in dem Umfang zur Auskunft verpflichtet ist, wie die ausländische Rechtsordnung dies vorsieht.47 24. Für AG, KGaA und SE ist der Prüfungsbericht nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 63 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 UmwG bzw. §§ 78 Satz 1, 63 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 UmwG bzw. Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO, § 63 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 UmwG von der Einberufung der Hauptversammlung an am Ort der Hauptverwaltung der Gesellschaft auszulegen. Auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich und kostenlos eine Abschrift des Prüfungsberichts zu erteilen. Bei einer GmbH ist jedem Gesellschafter nach § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 47 UmwG analog ein Prüfungsbericht zuzusenden. Die Auslegung bzw. Zusendung hat dabei nach § 122f Satz 2 UmwG spätestens einen Monat vor der über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan beschließenden Versammlung der Anteilsinhaber zu erfolgen.48 25. Die deutsche Gesellschaft kann auf Verschmelzungsprüfung und Prüfungsbericht nur verzichten, wenn die Gesellschafter aller Gesellschaften – also auch die der ausländischen Verschmelzungspartner – hierzu ihr Einverständnis erklären. Sämtliche Verzichtserklärungen, auch die der Gesellschafter der ausländischen Verschmelzungspartner, sind gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 UmwG notariell zu beurkunden. Die Auslandsbeurkundung der Verzichtserklärungen ist zulässig.49 26. Der Gesetzgeber hat bei Umsetzung der VRL das den Gesellschaften durch Art. 8 Abs. 2 VRL verbürgte Wahlrecht, die Prüfer auf gemeinsamen Antrag der Gesellschaften nicht nur nach der deutschen, sondern alternativ auch nach dem Recht einer der Verschmelzungspartner oder gar nach dem Recht der Rechtsordnung, der die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegen wird, bestellen zu lassen, unberücksichtigt gelassen. § 122f UmwG sollte klarstellend ergänzt werden. Einer richtlinienkonformen Auslegung bedarf in diesem Zusammenhang zudem § 10 Abs. 2 UmwG. Ist ausschließlich eine deutsche Gesellschaft als aufnehmende Gesellschaft an der Verschmelzung beteiligt, muss das Landgericht ihres Bezirks bei Wahl der deutschen Rechtsordnung für die Bestellung der Prüfer zuständig sein.50 27. Verlangt die Gesellschafterversammlung bei Fassung des Verschmelzungsbeschlusses nach § 122g Abs. 1 UmwG eine ausdrückliche Bestäti47 48 49 50

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5. 5. 5. 5.

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5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

gung der Mitbestimmungsmodalitäten, so wird man dem – in richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift – allein durch eine weitere Gesellschafterversammlung gerecht werden können.51 28. Es ist zulässig, als Gesellschafterversammlung zwar auf die Bestätigung der Mitbestimmungsmodalitäten zu verzichten, gleichzeitig in der Satzung/dem Gesellschaftsvertrag aber die Zustimmung des Aufsichtsrates zu der zu treffenden Mitbestimmungsvereinbarung vorzusehen. Ein solches Vorgehen erhöht bei mitbestimmten Gesellschaften jedoch den Einfluss der Arbeitnehmer. Zudem greift der satzungsmäßig/gesellschaftsvertraglich vorgesehene Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten des Aufsichtsrates nicht, wenn es zum gesetzlichen Eingreifen der Auffanglösung zur unternehmerischen Mitbestimmung kommt.52 29. Die Unternehmensleitungen für die Verhandlungen der unternehmerischen Mitbestimmung an Verhandlungsweisungen der Gesellschafterversammlung zu binden, ist mit den Vorgaben der VRL nicht zu vereinbaren.53 30. Hat sich die Gesellschafterversammlung ihre Zustimmung zur anwendbaren Mitbestimmung nicht nach § 122g Abs. 1 UmwG vorbehalten, kann eine mit Abschluss der Mitbestimmungsverhandlungen erforderlich werdende Satzungsanpassung ohne Zustimmung der Gesellschafter von der Unternehmensleitung vorgenommen werden kann.54 31. Behält sich die Gesellschafterversammlung ihre Zustimmung zur anwendbaren Mitbestimmung nach § 122g Abs. 1 UmwG vor, so bedingt dies die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses.55 32. Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur anwendbaren Mitbestimmung ist mit der für den Verschmelzungsbeschluss erforderlichen qualifizierten Mehrheit zu fassen. Die Gesellschafterversammlung kann bei Erklärung des Zustimmungsvorbehalts ein geringeres Mehrheitserfordernis für die spätere Zustimmung festlegen. Die Erklärung des Zustimmungsvorbehalts selbst ist mit einfacher Mehrheit zu fassen.56 33. Die über § 122a Abs. 2 UmwG bewirkte entsprechende Anwendung des § 63 Abs. 1 Nr. 4 und 5 UmwG macht mit Einberufung der Hauptversammlung auch die Auslegung der erstatteten Verschmelzungs- und Prüfungsberichte der ausländischen Gesellschaften am Verwaltungssitz der 51 52 53 54 55 56

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6. 6. 6. 6. 6. 6.

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(1) (a). (1) (b). (1) (c). (1) (c). (2). (3).

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deutschen Gesellschaft erforderlich. Eine Auslegung in der Originalsprache ist zulässig.57 34. Der deutschen Gesellschaft ist die Fassung des Verschmelzungsbeschlusses nach §§ 122a Abs. 2, 76 Abs.1 UmwG bei einer Verschmelzung zur Neugründung auch dann untersagt, wenn eine der an der Verschmelzung beteiligten ausländischen Gesellschaften, deren Rechtsformen der AG, KGaA oder SE entsprechen, ihrerseits noch keine zwei Jahre in ihrem Heimatstaat registriert ist.58 35. Bei Verschmelzung einer GmbH ist mit Einberufung analog § 47 UmwG auch die Übersendung des Prüfungsberichts erforderlich. Die nach § 49 Abs. 2 UmwG ebenfalls auszulegenden Unterlagen der ausländischen Verschmelzungspartner dürfen auch hier in der Originalsprache ausgelegt werden.59 36. Gründungsprüfung und -bericht bzw. ein Sachgründungsbericht durch die Leitungen der sich zur Neugründung verschmelzenden deutschen Gesellschaft sind erforderlich, wenn beteiligte ausländische Kapitalgesellschaften nach ihrem Gründungsrecht nicht den Regelungen der Kapitalrichtlinie unterworfen sind.60 37. Ob die Rechtmäßigkeitsbescheinigung nach § 122k Abs. 2 Satz 2 UmwG – wie von Art. 10 Abs. 2 VRL gefordert – den ordnungsgemäßen Vollzug der der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten belegt, erscheint zweifelhaft.61 38. Die Rechtmäßigkeitskontrolle wurde aus Sicht einer aufnehmenden deutschen Gesellschaft in § 122l Abs. 1, 2 UmwG einstufig ausgestaltet. Dies widerspricht den Vorgaben der Artt. 10, 11 VRL nicht. Dennoch bleibt es sinnvoll, die Rechtmäßigkeitsprüfung auch für die aufnehmende Gesellschaft faktisch in zwei Stufen durchführen zu lassen, um der Gefahr einer Verzögerung der Verschmelzung durch spät entdeckte Fehler im Verschmelzungsverfahren vorzubeugen.62 39. § 122l Abs. 1 Satz 1, 2 UmwG ist richtlinienkonform auszulegen. Auch die Einreichung der Rechtmäßigkeitsbescheinigungen beim Handelsregister durch die übertragenden ausländischen Gesellschaften oder eine übertragende deutsche Gesellschaft sind vom Gericht anzuerkennen, die 57 58 59 60 61 62

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6. 6. 6. 7. 8. 8.

b) bb) (1) (a). b) bb) (1) (c). b) bb) (2). b) aa) (2). b) bb) (2).

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5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

aufnehmende deutsche Gesellschaft bei Vorlage der Bescheinigungen durch die übertragenden Gesellschaften von ihrer Vorlageverpflichtung zu befreien.63 40. Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung ist für die zuständige Stelle am Sitz der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft bindend, Doppelprüfungen daher unzulässig.64 41. Das deutsche Registergericht hat eine Komplettprüfung von Verschmelzungsprüfung und Prüfungsbericht nur durchzuführen, wenn beides nach deutschem Recht umgesetzt wurde, sich ansonsten aber auf die Kontrolle der materiellen Anforderungen des deutschen Rechts an den Berichtsinhalt sowie die rechtmäßige Auslegung des Berichts zu beschränken.65 42. § 324 UmwG i. V. m. § 613a Abs. 1 und 4 BGB bzw. die entsprechenden Vorschriften des ausländischen Rechts finden auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung Anwendung.66 43. Die VRL trifft keine eigenständige Regelung dazu, inwieweit die einzelnen Wirkungen der Verschmelzung nach der Rechtsordnung der übertragenden oder der aufnehmenden Gesellschaft eintreten.67 44. Das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft richtet sich nach ihrer Gründungsrechtsordnung. Die automatische Entstehung von Anteilsinhaberschaften an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft wird durch deren Gründungsrechtsordnung bewirkt. Die Gesamtrechtsnachfolge ist insoweit möglich als dies sowohl die Rechtsordnung der übertragenden Gesellschaft als auch die Rechtsordnung der übernehmenden Gesellschaft zulässt.68 45. Nur in extensiver richtlinienkonformer Auslegung gewährt § 20 Abs. 2 UmwG den von Art. 17 VRL für grenzüberschreitende Verschmelzungen geforderten Bestandsschutz. Eine Entschmelzung ist auf die Ausnahmefälle zu beschränken, in denen sie mangels zwischenzeitlicher Vermögensvermischung und -vermehrung unproblematisch möglich ist.69 46. § 21 UmwG ist bei der Hineinverschmelzung über § 122a Abs. 2 UmwG anwendbar.70 63 64 65 66 67 68 69 70

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unter unter unter unter unter unter unter unter

4. 4. 4. 4. 4. 4. 4. 4.

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II. II. II. II. II. II. II. II.

8. b) bb) (3). 8. b) cc) (2). 8. b) cc) (2). 10. a). 10. b). 10. b). 10. c). 10. d).

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47. Die Durchsetzbarkeit eines Zuzahlungsanspruch nach § 15 Abs. 1 UmwG ist lediglich insoweit und solange gehemmt ist, wie frei verfügbare Mittel bei der verpflichteten Gesellschaft nicht zur Verfügung stehen.71 48. Bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung findet § 29 UmwG zu Gunsten der Gesellschafter der übertragenden deutschen Gesellschaft über § 122a Abs. 2 UmwG Anwendung. Ein Spruchverfahren ist auch hier nur unter den Voraussetzungen des § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG zulässig, der analog anzuwenden ist. Die Barabfindung ist gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 2 UmwG zu verzinsen.72 49. Es bietet sich bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung wie bei der Hinausverschmelzung an, die Versammlung der Anteilsinhaber der deutschen Gesellschaft erst nach den Versammlungen aller ausländischen Verschmelzungspartner abhalten zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt steht das zu Gunsten der Minderheitsgesellschafter der deutschen Gesellschaft eingreifende Schutzkonzept endgültig fest.73 50. § 29 UmwG findet nicht zu Gunsten der Gesellschafter einer übertragenden ausländischen Gesellschaft Anwendung.74 51. § 122h Abs. 2 UmwG ist in richtlinienkonformer Auslegung teleologisch zu reduzieren, so dass auch die materielle Anspruchsberechtigung aus § 15 UmwG auf die ehemaligen Anteilsinhaber der übertragenden ausländischen Gesellschaft auszuweiten ist.75 52. Der Gläubigerschutz bei Hineinverschmelzungen richtet sich insbesondere nach § 22 UmwG. Bei der Hineinverschmelzung zur Neugründung ist über § 122a Abs. 2 UmwG zudem § 23 UmwG zum Schutz der Inhaber der dort genannten Sonderrechte an der übertragenden deutschen Gesellschaft anzuwenden. § 122a Abs. 2 UmwG i. V. m. § 23 UmwG verpflichtet die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft auch zu Gunsten der Sonderrechtsinhaber der übertragenden ausländischen Gesellschaft.76 53. Art. 4 Abs. 2 VRL statuiert für das Barabfindungsangebot eine Ausnahme zu Art. 5 VRL, der den Inhalt des Verschmelzungsplans ansonsten abschließend regelt. Der deutsche Gesetzgeber hat die Ermächtigung des 71 Siehe zur Hineinverschmelzung zur Neugründung unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (1) (b) sowie zur Hinausverschmelzung unter 4. Teil A. III. 5. b) aa). 72 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (2). 73 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) bb) (3). 74 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) cc) (1) (a). 75 Siehe unter 4. Teil A. II. 11. b) cc) (2). 76 Siehe unter 4. Teil A. II. 12.

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Art. 4 Abs. 2 VRL für die Hinausverschmelzung mit § 122i Abs. 1 Satz 1 UmwG richtlinienkonform ausgenutzt.77 54. Die Vorverlagerung des Gläubigerschutzes bei der Hinausverschmelzung nach § 122j Abs. 1 UmwG genügt den diesbezüglichen Vorgaben des Art. 4 Abs. 1 b), 2 Satz 1 VRL. Die Abgabe der Versicherung angemessener Sicherheitsleistung durch das Vertretungsorgan der deutschen Gesellschaft nach § 122k Abs. 1 Satz 2 UmwG sowie ihre Strafbewehrung nach § 314a UmwG sind hingegen nicht zu rechtfertigende Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit.78 55. Jedenfalls bei der Hinausverschmelzung einer Aktiengesellschaft profitieren deren Sonderrechtsinhaber von den § 23 UmwG entsprechenden Vorschriften des ausländischen Rechts, deren gemeinsame europarechtliche Grundlage in Art. 15 Dritte Richtlinie zu finden ist. Soweit für andere Verschmelzungskombinationen eine entsprechende Vorschrift im ausländischen Recht nicht existiert oder bei Verschmelzung unter Beteiligung unterschiedlicher Gesellschaftsformen eine Gleichwertigkeit der Sonderrechte durch die übernehmende Gesellschaft aus rechtlichen Gründen nicht zu gewährleisten ist, ist den Sonderrechtsinhabern der übertragenden Gesellschaft gegebenenfalls im Vorfeld der Verschmelzung ein widerspruchsunabhängiger Abfindungsanspruch analog § 122i Abs. 1 UmwG zu gewähren.79 56. Der Verweis des § 122i Abs. 1 Satz 2 UmwG auf das national Recht zum Erwerb eigener Anteile geht ins Leere. Inwieweit die bei einer Hinausverschmelzung aufnehmende ausländische Gesellschaft im Rahmen einer Barabfindung eigene Anteile zurückerwerben darf, wird durch das entsprechende ausländische Recht geregelt. Ein Barabfindungsanspruch ist danach insoweit und solange in seiner Durchsetzbarkeit gehemmt wie nach ausländischem Kapitalerhaltungsrecht keine frei verfügbaren Mittel zu seiner Erfüllung bereitstehen. Die ausländische Gesellschaft ist nicht zur Verzinsung der Barabfindung gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 2 UmwG verpflichtet.80 57. § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG ist – gleich der Einordnung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO – als international-zivilprozessuale Zuständigkeitsvorschrift zu deuten, die bei Anerkennung des inländischen Spruchverfahrens durch die Gesellschafterversammlungen der ausländischen Verschmelzungspartner zur Zuständigkeit des Landgerichts am Sitz der übertragenden Gesellschaft nach § 2 SpruchG führt.81 77 78 79 80 81

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4. 4. 4. 4. 4.

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III. III. III. III. III.

1. 3. 3. 5. 5.

a), b). c). a) aa). a) bb).

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58. Ist ein Spruchverfahren zur Kontrolle einer Barabfindung auch im Ausland bekannt, seine Anerkennung durch die Gesellschafterversammlung der ausländischen Gesellschaft dann aber nicht erforderlich, ergibt sich die Zuständigkeit deutscher Gericht zur Durchführung des Spruchverfahrens aus Art. 5 Abs. 1 a) EuGVVO. Daneben steht den barabfindungsberechtigten Gesellschaftern der deutschen Gesellschaft nach Artt. 2 Abs. 1, 60 Abs. 1 EuGVVO der Weg offen, das Spruchverfahren vor dem ausländischen Gericht am Satzungssitz der übernehmenden Gesellschaft durchführen zu lassen.82 59. Wie für die Barabfindung, so gilt auch für die Durchsetzbarkeit des Zuzahlungsanspruchs der Gesellschafter der deutschen übertragenden Gesellschaft aus § 15 Abs. 1 UmwG, dass dieser insoweit und solange gehemmt ist, wie der übernehmenden Gesellschaft nach ihren ausländischen Kapitalerhaltungsregeln keine freien Mittel zur Auszahlung zur Verfügung stehen.83 60. Gewährt die involvierte ausländische Rechtsordnung ebenfalls einen Anspruch auf angemessene bare Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses, dessen Höhe in einem Spruchverfahren zu ermitteln ist, so entspricht es dem der VRL zu Grunde liegenden kollisionsrechtlichen Ansatz, dass der Anspruch allen Gesellschaftern der aufnehmenden Gesellschaft unabhängig von ihrer „Herkunft“ – also auch den ehemaligen Gesellschaftern der übertragenden deutschen Gesellschaft – zusteht. Ein Anspruch aus § 15 UmwG ist demgegenüber nur dann gegeben, wenn hierzu auch die Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaften eingeholt wird, deren Rechtsordnungen ein Spruchverfahren ebenfalls kennen.84 61. Eine Löschung der übertragenden deutschen Gesellschaft aus dem Handelsregister darf in Übereinstimmung mit Art. 13 Satz 3 VRL erst dann vorgenommen werden, wenn die Benachrichtigung über das Wirksamwerden der Verschmelzung durch das ausländische Register der aufnehmenden oder neuen Gesellschaft beim Handelsregister eingegangen ist. Sowohl die Eintragung der Verschmelzung mit dem Vermerk des § 122k Abs. 2 Satz 3 UmwG als auch die Eintragung des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Verschmelzung sind in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 UmwG bekannt zu machen.85 62. Ob und inwieweit die Rechte Dritter an den Anteilen der übertragenden deutschen Gesellschaft an den Anteilen der übernehmenden auslän82 83 84 85

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4. 4. 4. 4.

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III. III. III. III.

5. a) bb). 5. b) aa). 5. b) bb). 7.

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dischen Gesellschaft fortbestehen, ist davon abhängig, ob das anwendbare Recht eine dem § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG vergleichbare Vorschrift kennt. Die Rechtsfolgen bei einem Zusammentreffen unvereinbarer Verpflichtungen – für die Hineinverschmelzung in §§ 122a Abs. 2, 21 UmwG geregelt – ist ebenfalls dem ausländischen Recht zu entnehmen. Schließlich richtet sich auch der von Art. 17 VRL geforderte Bestandsschutz der Verschmelzung bei der Hinausverschmelzung nach dem Recht der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft.86 63. § 5 MgVG setzt Art. 16 Abs. 2 VRL richtlinienkonform um. Die Vorgaben der VRL zur Erforderlichkeit von Mitbestimmungsverhandlungen erscheinen vor dem Hintergrund der in Erwägungsgrund (13) zur VRL genannten Zielrichtung der Richtlinie hingegen als zu restriktiv. Die Kommission sollte spätestens die in Art. 18 VRL vorgesehene Überprüfung der Richtlinie nutzen, um entsprechende Änderungen in die Wege zu leiten und unnötige und zeitaufwendige Verhandlungsverfahren dort zu verhindern, wo eine Reduzierung des Mitbestimmungsniveaus durch die Verschmelzung nicht droht.87 64. Die Leitungen der beteiligten Gesellschaften können die Anwendbarkeit der Auffangregelung ohne vorhergehende Verhandlungen beschließen. Dieses durch Art. 16 Abs. 4 a) VRL ohne Einschränkung vorgesehene Recht wird in der nationalen Umsetzung dahingehend beschränkt, dass in mindestens einer der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften eine Form der Mitbestimmung bestanden haben muss, die sich auf mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften oder Tochtergesellschaften erstreckte oder – sofern dieser Schwellenwert unterschritten wird – ein bestätigender Beschluss des BVG vorliegt.88 Diese Einschränkungen sind richtlinienwidrig, das MgVG an entsprechender Stelle in richtlinienkonformer Auslegung teleologisch zu reduzieren.89 65. Wie die Verschmelzung zur SE, so bietet auch die grenzüberschreitende Verschmelzung nach den §§ 122a ff. UmwG sowie dem MgVG die Chance einer Verkleinerung des Aufsichtsrates. Die Aufsichtsratsgröße kann dabei gemäß § 95 Satz 2 AktG durch die Satzung bzw. – bei der GmbH – durch den Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden. Die Höchstzahlen des § 95 Satz 3 AktG sind für AG und KGaA einzuhalten.90 86 87 88 89 90

Siehe unter 4. Teil A. III. 8. Siehe unter 4. Teil A. IV. 2. b). Vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 Nr. 1 bzw. Satz 2 Nr. 2 MgVG. Siehe unter 4. Teil A. IV. 2. c) aa). Siehe unter 4. Teil A. IV. 3. a).

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66. Die Verschmelzung nicht mitbestimmter Gesellschaften erfordert anders als bei Gründung einer SE keine Verhandlungen der Mitbestimmung.91 67. Eine im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung zunächst mitbestimmungsfrei gegründete deutsche Vorratsgesellschaft lässt sich anders als bei einer Verschmelzung zur SE nicht gegen die später eingreifende Mitbestimmung des DrittelbG oder des MitbestG absichern.92 68. § 30 MgVG ist richtlinienwidrig, eine richtlinienkonforme Auslegung nicht möglich. Art. 16 Abs. 7 VRL hätte eine dem § 18 Abs. 3 SEBG entsprechende Umsetzung erfordert. Die mit der Nichtumsetzung des Art. 16 Abs. 7 VRL begründete planwidrige Regelungslücke ist in analoger Anwendung des § 18 Abs. 3 SEBG zu schließen.93 69. Die Absicherung von Mitbestimmungsrechten wird durch Art. 16 Abs. 6, 7 VRL nur lückenhaft vorgegeben, ohne dass der Richtliniengeber sich dessen bewusst gewesen ist. In Analogie zu Art. 16 Abs. 6, 7 VRL ist daher auch eine Umwandlung innerhalb der ersten drei Jahre nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung unzulässig, wenn sie zu einer Absenkung des Mitbestimmungsstandards führen würde. Für nationales Recht folgt daraus, dass Umwandlungen – wie Verschmelzungen – als strukturelle Änderungen der Gesellschaft im Rahmen der analogen Anwendung des § 18 Abs. 3 SEBG zu berücksichtigen sind.94 70. § 62 UmwG ist auch bei grenzüberschreitenden Hineinverschmelzungen anwendbar. Einer Hauptversammlung der ihre zumindest 90-prozentige ausländische Tochter aufnehmenden deutschen Muttergesellschaft bedarf es nur, wenn die Aktionäre dies verlangen.95 71. Die Auslegung der nach § 62 Abs. 3 Satz 1 UmwG erforderlichen Dokumente ist spätestens einen Monat vor Anmeldung der Verschmelzung durch die übernehmende Gesellschaft vorzunehmen. Die Aktionäre der aufnehmenden Gesellschaft können die Einberufung einer Hauptversammlung zur Fassung des Verschmelzungsbeschlusses bis zu jener Anmeldung verlangen. Spätestens einen Monat vor Anmeldung der Verschmelzung hat auch die Einreichung des Verschmelzungsplans mit anschließender Hinweisbekanntmachung durch das Registergericht nach § 62 Abs. 3 Satz 2 UmwG zu erfolgen. Für die Praxis bietet sich zudem die gleichzeitige Bekanntmachung der in § 122d UmwG geforderten zusätzlichen Angaben an.96 91 92 93 94 95 96

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

unter unter unter unter unter unter

4. 4. 4. 4. 4. 4.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil

A. A. A. A. A. A.

IV. 3. b). IV. 3. c). IV. 3. d). IV. 3. e). V. 1. b), 2. V. 1. b) bb).

390

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

72. Die §§ 54 Abs. 1 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG sind bei der Hineinverschmelzung zur Aufnahme über § 122a Abs. 2 UmwG anwendbar. Eine Anteilsgewährung ist nicht erforderlich, wenn alle Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft in notariell beurkundeten Erklärungen hierauf verzichten.97 B. Die gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR

Im Sonderfall einer gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR ist es nicht zulässig, im Verhältnis der beiden sich verschmelzenden deutschen Gesellschaften das Recht zur innerstaatlichen Verschmelzung anzuwenden. Dem Grundsatz der Einheitsverschmelzung wird allein die Anwendung der §§ 122a ff. UmwG gerecht.98 C. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR bei einseitiger Umsetzung der VRL

Für deutsche Kapitalgesellschaften steht mit der Änderung des UmwG und dem Inkrafttreten des MgVG bereits heute eine Rechtsgrundlage zur Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR zur Verfügung, die unabhängig von einer Umsetzung der VRL in anderen Mitgliedstaaten Geltung beansprucht.99 Bei Durchführung der Verschmelzung ist ausländisches Recht schon vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der VRL immer dann in europarechtskonformer Auslegung in Orientierung an den Vorgaben der VRL an deutsches Recht anzupassen, wenn ein europarechtskonformes Ergebnis auf anderem Wege nicht sicher zu erzielen ist.100 Insbesondere die Gefahr eines Auseinanderfallens der Wirksamkeitszeitpunkte bei einer Hineinverschmelzung, die koordinierte Durchführung der Rechtmäßigkeitsprüfung sowie die Regelung der Mitbestimmungsfrage werden den Rückgriff auf die VRL im Ausland erforderlich machen. Im letzteren Fall wird sich dabei regelmäßig die analoge Anwendung des dem deutschen SEBG entsprechenden ausländischen Gesetzes anbieten.101 In gleicher Weise wird sich die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR auch 97

Siehe unter 4. Teil A. V. 3. Siehe unter 4. Teil B. VI. 99 Siehe unter 4. Teil C. I. 100 Siehe unter 4. Teil C. I. 2. 101 Siehe unter 4. Teil C. I. 3. 98

5. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

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dann darstellen, wenn die VRL trotz eines Ablaufs der Umsetzungsfrist in den Rechtsordnungen ausländischer Verschmelzungspartner noch nicht umgesetzt wurde. Zwar erfüllen die VRL-Vorschriften dann weitgehend auch die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass eine unmittelbare Anwendbarkeit nicht in Frage kommt, soweit – wie hier – eine primärrechtskonforme Anpassung des nationalen Rechts erforderlich und möglich ist.102 D. Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften oder zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften innerhalb der EU/des EWR

Zwar regeln die §§ 122a ff. UmwG in Umsetzung der VRL grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung von Personengesellschaften nicht. Trotzdem kommt ihnen bei der Durchführung solcher Verschmelzungen innerhalb der EU/des EWR Bedeutung zu, um den in „SEVIC“ zum Ausdruck gebrachten Anforderungen des Primärrechts an das nationale Recht gerecht zu werden. Unter Anwendung der modifizierten Vereinigungstheorie sind daher zwar auf der Seite der deutschen Gesellschaft bei Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unter Beteiligung einer Personengesellschaft die §§ 2 ff. UmwG insoweit anwendbar als die beteiligten Rechtsordnungen keine widersprüchlichen Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren stellen. Vorhandene Widersprüche sind hingegen über die einheitliche Anpassung der unterschiedlichen Rechte in Orientierung an der VRL, in Deutschland damit regelmäßig über die analoge Anwendung der §§ 122a ff. UmwG, auszuräumen.103 E. Die grenzüberschreitende Verschmelzung mit Drittstaatengesellschaften

Die grenzüberschreitende Verschmelzung einer deutschen mit einer Drittstaatengesellschaft ist nach den zur grenzüberschreitenden Verschmelzung unter Beteiligung von Personengesellschaften entwickelten Prinzipien durchzuführen. Die Möglichkeit der Durchführung einer solchen Verschmelzung setzt dabei ihre Zulässigkeit nach der Rechtsordnung der Drittstaatengesellschaft voraus.104

102 103 104

Siehe unter 4. Teil C. II. Siehe unter 4. Teil D. II. 2. Siehe unter 4. Teil E.

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Stichwortverzeichnis Anfechtungsklage 283, 288, 292, 311, 316 autolimitierende Sachnorm 59 Barabfindungsangebot 113 – Erwerb eigener Anteile 312 – Hinausverschmelzung 311 – Hineinverschmelzung zur Neugründung 289 – Kapitalerhaltung 312 Bekanntmachung des Verschmelzungsplans 221 – Anforderungen 225 – Verzichtbarkeit 223 – Zeitpunkt 222 Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten 155 Business Combination Agreement 205 Centros 41 Daily Mail 40, 57, 97, 123, 184 de Lasteyrie du Saillant 46 Diskriminierungsverbot 190 Einheitstheorien 361 Eintragung der Verschmelzung 274, 322 gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung 188, 295, 351 Gesamtrechtsnachfolge 127, 140, 275, 277, 294, 312, 323 Gesellschafterschutz 113, 281, 310 Gesellschafterversammlung 247, 309 – AG, SE, KGaA 256

– gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung 352 – GmbH 260 – Zustimmungsvorbehalt 248 Gesellschaftsstatut 53 Gläubigerschutz 111 – Hinausverschmelzung 303 – Hineinverschmelzung 298 grenzüberschreitende Verschmelzung – bei einseitiger Richtlinienumsetzung 354 – Beteiligung von Drittstaatengesellschaften 369 – Beteiligung von Personengesellschaften 360 Gründungsbericht 261 Gründungsprüfung 261 Gründungstheorie 40, 53 Inspire Art 44 – Bedeutung für grenzüberschreitende Verschmelzungen 54 – kollisionsrechtliche Bedeutung 52 Kapitalverkehrsfreiheit – Bedeutung für Drittstaatengesellschaften 146 – der aufnehmenden Gesellschaft 143 – der entstehenden Gesellschaft 144 – der Gesellschafter mit Einflussnahmemöglichkeit 144 – der Gesellschafter ohne Einflussnahmemöglichkeit 145 – der übertragenden Gesellschaft 142 – Verhältnis zur Niederlassungsfreiheit 132

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Stichwortverzeichnis

Niederlassungsfreiheit 79, 123 – der entstehenden Gesellschaft 125 – der Gesellschafter 83, 131 – der übernehmenden Gesellschaft 130 – der übertragenden Gesellschaft 127 – kollisionsrechtlicher Gehalt 50 – Rechtfertigung von Behinderungen 103 – Rechtsprechung 40 – SEVIC 88 – Verhältnis zur Kapitalverkehrsfreiheit 132

Sitzbegriff – der Richtlinie 161 – des § 1 Abs. 1 UmwG 71 Sitztheorie 39 Spruchverfahren 285 – gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung 352 – Gerichtsstand 314 – Kontrolle des Umtauschverhältnisses 118, 285, 317 – Kontrolle eines Barabfindungsangebots 117, 289, 311

Personaler Anwendungsbereich der Richtlinie 167 – SE 171 – VVaG 169 Pflichtangebot 296, 319 Rechtmäßigkeitsbescheinigung 264 Rechtmäßigkeitsprüfung 262 – Einstufigkeit 266 – gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung 353 – Hinausverschmelzung 321 – Hineinverschmelzung zur Aufnahme 265 – Hineinverschmelzung zur Neugründung 263 – Inhalt 270 Rechtsfolgen der Verschmelzung 275, 323 Regelungssystematik der Richtlinie 161 Renvoi 65–66, 69–70, 74–76

Überseering 43 – Bedeutung für grenzüberschreitende Verschmelzungen 54 – kollisionsrechtliche Bedeutung 51 unternehmerische Mitbestimmung 118, 323 – Ablauf des Verhandlungsverfahrens 325 – Ablegen bestehender Mitbestimmung 342 – Einleitung des Verhandlungsverfahrens 227 – gesetzliche Auffangregelung 331 – nachfolgende Verschmelzungen 339 – Vergleich zur SE 327 – Verkleinerung des Aufsichtsrats 335 – Vermeidung zukünftiger Mitbestimmung 338 Up-stream merger – 90-prozentige Tochter 349 – 100-prozentige Tochter 345

Sachlicher Anwendungsbereich der Richtlinie 184 SEVIC – Abkehr von Daily Mail 97 – Bedeutung für Hinausverschmelzungen 93 – Bedeutung für Hineinverschmelzungen 90 – Entscheidungsinhalt 89

Vereinigungstheorie 363 Verschmelzungsbericht 228 – Adressaten 229 – gemeinsame Berichterstattung 236 – Verzichtbarkeit 234, 352 – Zugänglichmachen 230 Verschmelzungsplan 202 – Auslandsbeurkundung 218

Stichwortverzeichnis – – – –

Bekanntmachung 221, 302 Form 214 gemeinsame Planaufstellung 202 gemischt innerstaatlich-grenzüberschreitende Verschmelzung 351 – Inhalt 208, 300 – Rechtsnatur 202 – Sprache 217 – Zuleitung an den Betriebsrat 216 Verschmelzungsprüfung 239 – Begriff des Vorliegens 242

– Beurkundung der Verzichtserklärungen 244 – gemeinsame Prüfung 245 Wirksamwerden der Verschmelzung 274, 322 Zustimmungsvorbehalt – Mehrheit zur Erklärung des Vorbehalts 255 – Wirkung 254 – Zustimmungsmehrheit 254

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